Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan 9783161534034, 9783161533655

Individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten sind in Japan über einen langen Zeitraum hinweg nicht als bedeutsamer Konflik

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abbildungen im Text
Tabellen im Text
Tabellen im Anhang
Kapitel 1: Einleitung
A. Einführung in die Thematik
B. Gegenstand der Arbeit
C. Zielsetzung der Arbeit
D. Aufbau der Arbeit
E. Terminologie
Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik
A. Alternative Streitbeilegung
I. Alternative Streitbeilegung in Deutschland
II. Alternative Streitbeilegung in Japan
III. Arbeitsdefinition
B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht
I. Vorteile der alternativen Streitbeilegung im Allgemeinen
a) Vorteile der alternativen Streitbeilegung aus deutscher Sicht
b) Vorteile der alternativen Streitbeilegung aus japanischer Sicht
II. Besondere Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten für die alternative Streitbeilegung
a) Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten aus deutscher Sicht
b) Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten aus japanischer Sicht
III. Würdigung
C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan
I. Allgemeines
a) Regulierende Verfahren und Entscheidungsverfahren
b) Der Aspekt der Einflussnahme eines neutralen Dritten auf den Ausgang eines Verfahrens
II. Vermittlung (assen)
a) Vermittlung in der japanischen Literatur
b) Abgrenzung der Vermittlung von der Schlichtung
c) Zur Verwendung des deutschen Begriffs „Vermittlung“
III. Schlichtung (chōtei)
a) Die Schlichtung allgemein
b) Die Sonderform der Schlichtung nach dem ZSchliG
(1) Das Prinzip jōri im Verfahren nach dem ZSchliG: keine strenge Bindung an das materielle Recht
(2) Die Möglichkeit der einseitigen Entscheidung im Verfahren nach dem ZSchliG: der die Schlichtung ersetzende Beschluss
IV. Verständigung (shinpan)
a) Das kaji shinpan-Verfahren für familienrechtliche Streitigkeiten
b) Das rōdō shinpan-Verfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten
c) Rechtliche Einordnung der Verständigung
d) Abgrenzung der Verständigung von der Schlichtung und der Vermittlung
D. Bedeutung der Definitionen für den weiteren Verlauf der Arbeit
Kapitel 3: Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanische Verwaltung
A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene
I. Vermittlung bei den Arbeitsbehörden
a) Hintergrund
b) Exkurs: Beratungsangebot der Arbeitsbehörden vor 2001
(1) Organisation des MGWA auf Zentralstaatsebene
(2) Organisation der Arbeitsbehörden auf Präfekturebene
(a) Bereich Arbeitsstandard
(b) Bereich Sicherung der Beschäftigung
(c) Bereich Gleichstellung in der Beschäftigung
(2) Exkurs: Informelles Verwaltungshandeln durch gyōsei shidō
(a) Begriffsbestimmung
(b) Rechtsnatur von gyōsei shidō
(c) Das „Erfolgsrezept“ gyōsei shidō
(d) Verfassungsrechtliche Bedenken
(e) gyōsei shidō im Arbeitsrecht
c) Angebot der Arbeitsbehörden seit 2001
(1) Beratung durch die Allgemeinen Beratungsstellen
(2) Ratschlag und Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde
(a) Gegenstand von Ratschlag und Anleitung
(b) Ablauf von Ratschlag und Anleitung
(c) Rechtliche Einordnung
(3) Vermittlungsverfahren vor der Streitregulierungskommission
(a) Gesetzgeberische Entscheidung für ein Vermittlungsverfahren
(b) Streitregulierungskommission
(c) Zuständigkeit
(d) Gegenstand der Vermittlung
(e) Einleitung des Verfahrens auf Antrag
(f) Ablauf des Vermittlungsverfahrens
(g) Öffentlichkeit
(4) Exkurs: Besondere Regelungen im ChancenGG und Teilzeitarbeitsgesetz
B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene
I. Vermittlung bei den arbeitspolitischen Büros der Präfekturen
a) Zuständigkeit
b) Uneinheitlichkeit der arbeitspolitischen Büros
c) Das arbeitspolitische Büro der Präfektur Tokio
(1) Zuständigkeit
(2) Beratungsangebot und Vermittlungsverfahren
II. Vermittlung bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen
a) Ursprüngliche Aufgabe der Arbeitskommissionen
(1) Abhilfe bei unfairen Arbeitgeberpraktiken
(2) Beilegung sonstiger kollektiver Streitigkeiten
(a) Vermittlungsverfahren
(b) Schlichtungsverfahren
(c) Schiedsverfahren
(d) Würdigung der Tätigkeit der Arbeitskommissionen in kollektivrechtlichen Streitigkeiten
b) Zuständigkeit für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten
c) Beratungsangebot
d) Vermittlungsverfahren
C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis
I. Beilegung bei den Arbeitsbehörden seit 2001
a) Neueingänge
b) Gegenstände
c) Erledigung
d) Dauer
e) Bewertung der statistischen Zahlen
II. Beilegung bei den arbeitspolitischen Büros am Beispiel der Präfektur Tokio
a) Neueingänge
b) Gegenstände
c) Erledigung
d) Dauer
III. Beilegung bei den Arbeitskommissionen
a) Neueingänge
b) Einigung
c) Dauer
IV. Bewertung der Umsetzung der Vermittlungsverfahren
D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren
I. Streitbeilegung durch die Verwaltung unter dem Aspekt der Gewaltenteilung
II. Funktion der Vermittlungsverfahren
III. Kostenfreiheit der Verfahren der Verwaltung
Kapitel 4: Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanischen Gerichte
A. Entwicklung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen
I. Hintergrund
II. Beratungsausschuss der Großen Justizreform
a) Aufgabe des Beratungsausschusses
b) Beratungen des Beratungsausschusses über den Umgang mit individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten
c) Abschlussbericht des Beratungsausschusses
(1) Grundlegende Feststellungen des Beratungsausschusses
(2) Aufgabenkatalog des Beratungsausschusses für die Untersuchungsgruppe Arbeit
III. Untersuchungsgruppe Arbeit
a) Aufgabe der Untersuchungsgruppe
b) Verlauf der Beratungen der Untersuchungsgruppe
(1) Arbeitsschlichtung (Aufgabe 1)
(2) Beteiligung von Fachlaien im streitigen Verfahren (Aufgabe 2)
(3) Eigenes Verfahrensrecht (Aufgabe 3)
(4) Zwischenergebnis der Untersuchungsgruppe
c) Entwicklung des Verständigungsverfahren
(1) Abgrenzung zur zivilen Schlichtung
(2) Die „Vier Vorschläge“
d) Ergebnis der Untersuchungsgruppe
IV. Würdigung
B. Analyse des Verständigungsverfahren
I. Abriss des Verfahrens
II. Zuständigkeit
a) Gesetzliche Zuständigkeit
(1) Sachliche Zuständigkeit der Distriktgerichte
(2) Örtliche Zuständigkeit
b) Zuständigkeit aufgrund von Parteidisposition
c) Verweisung
d) Aussetzung eines anhängigen/rechtshängigen Prozessverfahrens
III. Verständigungskommission
a) Zusammensetzung der Verständigungskommission
b) Qualifikation der Verständigungslaienrichter
c) Ausschluss und Entlassung der Verständigungslaienrichter
d) Bewertung der Verständigungslaienrichter
e) Anzahl der Verständigungslaienrichter
IV. Gegenstand des Verständigungsverfahrens
V. Einleitung des Verständigungsverfahrens auf Antrag
a) Anforderungen an den Antrag
b) Grund für die strengen Anforderungen an den Antrag
VI. Erwiderung der Gegenseite
a) Fristverlängerung und Kritik an der Regelung zur Replik
VII. Ablauf des Verständigungsverfahrens
a) Besprechungen der Verständigungskommission
b) Untersuchung von Amts wegen
c) Teilung und Verbindung von Verständigungsverfahren
d) Gleichberechtigte Position der Verständigungslaienrichter?
VIII. Beendigung des Verständigungsverfahrens
a) Beilegung durch Schlichtung
(1) Form der Schlichtung
(2) Wirkung der Schlichtung
(3) Kostenlast
b) Beilegung durch Verständigungsspruch
(1) Inhalt des Verständigungsspruchs
(a) Entscheidungsgrundlage
(b) Keine strenge Bindung an das materielle Recht
(2) Form des Verständigungsspruchs
(3) Widerruf des Verständigungsspruchs
(4) Wirkung des Verständigungsspruchs
(5) Kostenlast
c) Beendigung nach Art. 24 Abs. 1 VerstGA
IX. Rechtsmittel
X. Übergang in das Zivilprozessverfahren
a) Fiktion der Klageerhebung
b) Zuständigkeit
XI. Öffentlichkeit
XII. Vertretung
a) Vertretung durch Nicht-Rechtsanwälte
b) Vertretungsbefugnis
C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis
I. Neueingänge
II. Gegenstände
III. Erledigung
IV. Dauer
V. Vertretungssituation
VI. Bewertung der statistischen Zahlen
D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens
I. Funktion des Verständigungsverfahrens
a) Zielsetzung der Justizreform
(1) Realisierung eines für das Volk leicht zu nutzenden Justizsystems
(2) Kritik
b) Zielsetzung des VerstGA
(1) Rasche Beilegung
(2) Angemessene Beilegung
(3) Effektive Beilegung
(4) Kritik
c) Entscheidungsfunktion?
d) Kritik am sogenannten Kompromisscharakter des Verständigungsverfahrens
(1) Kritik an der Beendigung nach Art. 24 VerstGA
(2) Kritik am Inhalt des Verständigungsspruchs
(a) Sachverhaltsermittlung
(b) Behandlung von Kündigungsstreitigkeiten
(3) Zusammenfassung
II. Rechtliche Einordung des Verständigungsverfahrens
a) Alternatives Verfahren oder streitiges Verfahren?
(1) Gründe für die Orientierung des VerstGA an zivilprozessualen Vorschriften
(2) Zwischenergebnis
b) Alternatives Verfahren oder Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit?
(1) Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – ein Definitionsversuch
(2) Analyse der Verweisungsnorm zur Einordnung des Verständigungsverfahrens
(a) Anwendbarkeit des japFGG
(b) Eigene Regelung im VerstGA trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit des japFGG
(c) Keine Anwendbarkeit des japFGG
(3) Ergebnis
E. Kosten des Verständigungsverfahren
I. Kosten für die Parteien
II. Vergütung der Verständigungslaienrichter
Kapitel 5 Schlusswertung
Anhänge
A. Statistiken
I. Statistiken zum BFördG
II. Statistiken des Beratungszentrums der Präfektur Tokio
III. Statistiken der Arbeitskommissionen
B. Gesetzesübersetzungen
I. Gesetz über das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen (rōdō shinpan hō)
II. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Verständigung in Arbeitssachen (rōdō shinpan kisoku)
III. Verordnung zu den Verständigungslaienrichtern (rōdō shinpan-in kisoku)
C. Liste der japanischen Rechtsnormen
Schrifttum
Sonstige Quellen
Register
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Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan
 9783161534034, 9783161533655

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 339 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Heike Alps

Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan

Mohr Siebeck

Heike Alps, geboren 1976; Studium der Rechtswissenschaften in Trier und Tübingen; Postgraduiertenstudium „Japanische Sprache und Kultur“ an der Universität Tübingen und der Do¯shisha Universität in Kyoto, Japan; Studienaufenthalt in Kyoto; Referendariat in Lübeck und Hamburg; Masterstudiengang Recht an der Chu¯o¯ Universität in Tokyo, Japan; seit 2005 Tätigkeit als Rechtsanwältin; seit 2012 Lehrauftrag für „Einführung in die japanische Rechtssprache“ an der Universität Augsburg; 2013 Promotion, Marburg.

Gedruckt mit Unterstützung der Stiftung zur Förderung japanisch-deutscher Wissenschafts- und Kulturbeziehungen (JaDe-Stiftung). e-ISBN PDF 978-3-16-153403-4 ISBN 978-3-16-153365-5 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2015  Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­ tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Für Papa und Mama

Vorwort Mein tiefer Dank gilt zu allererst meinem Doktorvater Prof. Dr. Heinrich Menkhaus, ohne dessen außergewöhnliche fachliche und persönliche Unterstützung mir die Erstellung der Dissertation nicht in der Weise gelungen wäre, wie sie nun vorliegt. Prof. Menkhaus hat sich nicht nur mit sehr konstruktiven Vorschlägen und viel Geduld auf das Projekt „Doktorarbeit Alps“ eingelassen, sondern hat auch den Kontakt zur Chuo-Universität in Tokio, dort insbesondere zu Prof. Kunishige Sumida und Prof. Katsutoshi Kezuka, hergestellt und damit die Weichen für meinen dreijährigen Japanaufenthalt gestellt. Prof. Sumida hat mich für einen Forschungsaufenthalt an der ChuoUniversität aufgenommen und sowohl meine Masterarbeit als auch meine Recherchen zu der Doktorarbeit mit einem Engagement betreut, wie ich es nicht zu hoffen gewagt hatte. Prof. Sumida war dankenswerterweise immer bereit, meine zahlreichen Fragen zum japanischen Recht zu diskutieren und mir die nötigen Kontakte für meine Forschung zu vermitteln. Auch Prof. Kezuka, der als Experte an der Errichtung des Verständigungssystems beteiligt war, danke ich für seine Unterstützung während meines Aufenthaltes in Japan. Des Weiteren gilt mein aufrichtiger Dank Prof. Dr. Kenji Takahashi und Prof. Tomoko Kawada, die sehr viel Zeit geopfert haben, um sich meine Gedanken zur japanischen Streitbeilegung anzuhören und die auch mit meinen Ausführungen in japanischer Sprache sehr geduldig waren. Ich empfinde es als großes Glück, dass sich hieraus sehr enge private Kontakte und Freundschaften entwickelt haben, die weit über das gemeinsame Interesse an der Wissenschaft hinausgehen. Auch Prof. Kimimasa Hata danke ich, da ich in seinem Unterricht sehr viel zum japanischen Prozessrecht gelernt habe. Prof. Dr. Thomas Henne hat für uns deutsche Doktoranden in Tokio ein Kolloquium angeboten und uns anhand von sehr gelungenen, aber auch weniger gelungenen Textbeispielen aus Doktorarbeiten vorangehender Generationen an die Hand gegeben, wie wir in unseren eigenen Projekten vorgehen könnten, aber auch, vielleicht noch wichtiger, was wir unbedingt vermeiden sollten. Herzlichen Dank für die vielen Anregungen. Natürlich wäre mir der dreijährige Studienaufenthalt in Japan ohne die großzügige finanzielle Unterstützung, die ich vom japanischen Bildungsmi-

VIII

Vorwort

nisterium (Monbukagakushō), dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und nicht zuletzt auch von meinen Eltern erhalten habe, nicht möglich gewesen. Ich danke herzlich dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, insbesondere Prof. Dr. Jürgen Basedow und Prof. Dr. Harald Baum, für die Aufnahme meiner Dissertation in die Schriftenreihe „Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht“. Für ihre redaktionellen Anmerkungen und die intensive Unterstützung im Vorfeld der Veröffentlichung danke ich Frau Dau und Frau Trispel. Der JaDe-Stiftung gilt mein Dank für den großzügigen Druckkostenzuschuss für die Veröffentlichung. Aus meinem privaten Umfeld möchte ich zuvorderst meinen Eltern einmal mehr meinen Dank aussprechen, da sie mir über die doch recht lange Zeit der Arbeit an der Dissertation immer mit Rat und Tat zur Seite standen und mich ohne Zögern immer unterstützt haben. Ihr seid die Besten und ich liebe Euch sehr! Meiner bezaubernden Gastfamilie Inoue aus Miyamaki bei Kyoto möchte ich ebenfalls danken, denn sie hat den Grundstein für mein Interesse an Japan gelegt. Nachdem ich ein Semester mit ihnen zusammenwohnen und das japanische Familienleben kennenlernen durfte, wollte ich gar nicht wieder weg, zumindest aber unbedingt wieder nach Japan zurück. Sie sind also „schuld“ daran, dass ich ein japanbezogenes Forschungsthema ausgewählt habe und noch einmal für drei Jahre nach Japan gegangen bin. Ich danke Euch. Ihr habt einen großen Einfluss auf mein Leben gehabt. Nicht vergessen werden dürfen meine lieben Freundinnen Sonja, Jana, Tine und natürlich meine Schwester Garnet und mein Vater, die die finale Fassung der Doktorarbeit gelesen haben, als mir nur noch ein betriebsblinder Blick auf den Text möglich war. Ich kann kaum glauben, dass Ihr die Geduld und Muße aufgebracht habt, Euch Teile und manche von Euch sogar den gesamten Text zu Gemüte zu führen und zu kommentieren. Danke! Natascha möchte ich für ihre Unterstützung bei der Formatierung und Naomi für ihre Hilfe mit der Übersetzung dieser Worte herzlich danken. Meine Freundinnen Mayoko und Elli haben mir in unterschiedlichen Phasen der Arbeit die wenige Freizeit sehr versüßt, so dass ich immer wieder auftanken konnte. Elli, unsere „Anwalt aktuell“-Nachmittage sind unvergessen. Das I-Tüpfelchen des Abenteuers „Forschungsaufenthalt in Japan“ war es, die Zeit in Tokio mit Sandra, Tim, Anne, Maite und Maria teilen zu können. Meinen lieben Freunden Amreil, Jem, Gregor, Marcel, Esther und Oliver danke ich für Ihre Freundschaft. Bernward, dass Du mit Garnet und meinen Eltern extra zu meiner Disputation gekommen bist, war der Hammer. Meinen Lieblingsnachbarn, den Stephans aus Celle, die mich nun schon ewig kennen und trotzdem immer noch aushalten, gilt natürlich allein dafür ein besonderer Dank, aber auch, weil sie immer ein offenes Ohr für mich haben. Vielen Dank an Ute und Dieter, weil Ihr immer Interesse an dem habt,

Vorwort

IX

was ich in meinem Leben mache. Und nicht zuletzt an Karl-Heinz, mit Dir bin ich groß geworden und das war spitze. Nachdem mich diese Arbeit insgesamt fast ein Jahrzehnt begleitet hat, erscheint es nun fast unwirklich, dass dieses Kapitel tatsächlich abgeschlossen ist. Und trotzdem ist eines klar: Ich freue mich auf die Zeit ohne! Die Arbeit gibt den Rechtsstand August 2012 wieder. 序文 最初に私の指導教官であるハインリヒ メンクハウス教授に深く感謝の 意を表したいと存じます。メンクハウス先生の一方ならぬ専門的かつ個人 的なご指導なくして、博士論文を現在のような形で完成させることは不可 能でした。メンクハウス先生はプロジェクト「博士論文 アルプス」にお いて非常に建設的な提案をし、忍耐を以って対応してくださったのみなら ず、東京の中央大学の、特に角田邦重教授及び毛塚勝利教授にコンタクト をお取りくださり、それが私の 3 年間に渡る日本滞在の契機となりました。 角田先生は私の中央大学での研究滞在の受入れをしてくださり、修士論 文及び博士論文執筆のための研究において、願ってもないほどの熱意を持 ってご指導くださいました。また、角田先生が日本法に関する私の少なか らぬ質問に対して常に快く答えてくださり、私の研究においてお世話にな った方々をご紹介くださったことに非常に感謝しております。そして、労 働審判制度の設置に専門家として関与してくださり、私の日本滞在中何か と支援の手を差し伸べてくださった毛塚先生にも、厚く御礼申し上げます。 更に、日本の紛争解決において私の内心の声に耳を傾け、それを私が日 本語で表現するのにかなりの時間の費やして辛抱強くつきあってくださっ た高橋賢司教授及び川田知子教授にも心より感謝の気持ちを伝えたいと存 じます。それが共通の学術的興味を持つ学友の枠を超え、生涯の友人とし ての固い友情へと発展していったことは大幸運であったと感じております。 また、秦公正教授にもお礼を申し上げます。秦先生の授業では、日本の訴 訟法について多くのことを学習することができました。 トーマス ヘンネ教授は、私を含む東京在住の博士課程のドイツ人学生 を集めて演習を行い、過去の博士論文を用いて良い文例及びあまり好まし くない文例を提示してくださいました。この演習は、自身の博士論文執筆 に当たって留意すべきことは何か、そして、(こちらのほうが重要かもし れませんが、)絶対に避けるべきことは何かを学ぶ好機となりました。ヘ ンネ先生には多大な刺激を頂戴し、感謝しております。 そして、日本での 3 年間の研究滞在は日本の文部科学省、ドイツ学術協 会頂いた経済面でのご支援、ならびに両親からの経済援助なしには当然不 可能でした。また、マックス・プランク外国私法・国際私法研究所のユル ゲン バセドー教授及びハラルド バウム教授には、シリーズものの刊行 物「外国私法・国際私法研究」に私の博士論文をご掲載いただきまして、 心より感謝申し上げます。掲載にあたっては、マックス・プランク研究所 のダウさん及びモア・ジーベック出版社のトリスペルさんにも編集上の助

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Vorwort

言や多大な支援を頂きました。更に、日独学術文化交流推進財団にはこの たびの出版に当たって多額の印刷費補助を頂きました。 プライベートの分野においては、先ずは私の博士論文執筆が非常に長期 化したにも関わらず、惜しむことなく有形無形の支援をしてくれた両親に 改めて感謝の気持ちを伝えたいと思います。最高の両親です! そして、京都近郊の三山木在住の私の愛すべきホストファミリー、井上 一家にも感謝の意を表します。井上家での滞在は、私の日本に対する関心 の礎石となりました。井上家で 1 学期間(半年間)寝食を共にし、日本の 生活を経験させていただいた後には日本から離れ難くなり、また日本に絶 対に来ようと固く決心しました。私が日本関連の研究テーマを選択し、3 年の予定で日本に再来したのは、いってみれば井上一家の「責任」です。 井上一家は私の人生に多大な影響を与えてくれました。本当に感謝してい ます。 また、忘れてはならないのは、私が自分の文章の欠陥が見えなくなって いた際に、友人のゾニア、ヤーナ、ティーネ、そして妹のガルネットと私 の父が論文の最終版の査読をしてくれたことです。皆信じられないほどの 忍耐と時間を捻出して文章を吟味しコメントしてくれ、中には全文を査読 してくれる人もいました。ありがとう。ナターシャにはフォーマットの編 集、尚美にはこの感謝の言葉の翻訳に対してお礼を言います。友人の万葉 子とエリには執筆作業の別々の段階において、僅かな余暇を充実したもの にしてもらい、そのおかげでその後の執筆作業のためのエネルギーを貯め ることができました。エリ、あの一緒に過ごした「弁護士の最新情報」の 午後のことは忘れません。「研究のための日本滞在」という名の冒険の最 後の仕上げは、ザンドラ、ティム、アンネ、マイテ、マリアと共に過ごし た時間です。愛すべき友人であるアムライ、ジェム、グレゴール、マーセ ル、エスター、オリヴァー、あなたたちの友情に感謝しています。ベルン ヴァルト、あなたがガーネットと両親を連れてわざわざ私の口述試験に来 てくれたことは、すごかったとしかいいようがありません。 ツェレの実家のご近所に住む、愛するシュテファン家の皆さんは私のこ とを既にかなり昔から知っていて、いまだに忍耐強く付き合ってくださっ ているということだけでも特別な感謝に値しますが、私の話すことに素直 に耳を傾けてくれることにも感謝します。ウーテとディーター、私が人生 ですることに常に関心を持ってくれたこと、ありがとう。特に、カール‐ ハインツ、あなたとは一緒に成長しました。最高でした。 私はトータルでほぼ 10 年この執筆作業と共に過ごしてきましたので、 この人生の一節が本当に終了したのがいまだに嘘のようです。しかし、執 筆作業のない時間というのも、正直楽しみにしています! 博士論文は 2012 年 8 月時点の法制に基づいています。

Berlin, September 2015

Heike Alps

Inhaltsübersicht Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ........................................................................................... XI Inhaltsverzeichnis......................................................................................XIII Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen ...............................................XXI

Kapitel 1 Einleitung ................................................................................ 1 A. Einführung in die Thematik ...................................................................... 1 B. Gegenstand der Arbeit .............................................................................. 7 C. Zielsetzung der Arbeit............................................................................. 10 D. Aufbau der Arbeit................................................................................... 11 E. Terminologie........................................................................................... 12

Kapitel 2 Begriffe und Dogmatik ...................................................... 14 A. Alternative Streitbeilegung ..................................................................... 15 B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht ............................................ 23 C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan....................................... 28 D. Bedeutung der Definitionen für den weiteren Verlauf der Arbeit ............ 45

Kapitel 3 Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanische Verwaltung ............................. 46 A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene................................... 48 B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene ........................................ 93 C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis..............................110

XII

Inhaltsübersicht

D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren ...................................132

Kapitel 4 Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanischen Gerichte ...............................142 A. Entwicklung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen ....142 B. Analyse des Verständigungsverfahren....................................................167 C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis ........................232 D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens..............................245 E. Kosten des Verständigungsverfahren .....................................................279

Kapitel 5 Schlusswertung ...................................................................283

Anhänge .....................................................................................................287 A. Statistiken ..............................................................................................287 B. Gesetzesübersetzungen ..........................................................................300 C. Liste der japanischen Rechtsnormen ......................................................316 Schrifttum ..................................................................................................321 Sonstige Quellen ........................................................................................335 Register ......................................................................................................347

Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ........................................................................................... XI Inhaltsverzeichnis......................................................................................XIII Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen ...............................................XXI

Kapitel 1 Einleitung ................................................................................ 1 A. Einführung in die Thematik ...................................................................... 1 B. Gegenstand der Arbeit .............................................................................. 7 C. Zielsetzung der Arbeit............................................................................. 10 D. Aufbau der Arbeit................................................................................... 11 E. Terminologie........................................................................................... 12

Kapitel 2 Begriffe und Dogmatik ...................................................... 14 A. Alternative Streitbeilegung ..................................................................... 15 I. Alternative Streitbeilegung in Deutschland......................................... 15 II. Alternative Streitbeilegung in Japan .................................................. 17 III. Arbeitsdefinition .............................................................................. 21 B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht ............................................ 23 I. Vorteile der alternativen Streitbeilegung im Allgemeinen................... 23 a) Vorteile der alternativen Streitbeilegung aus deutscher Sicht........ 23 b) Vorteile der alternativen Streitbeilegung aus japanischer Sicht..... 24 II. Besondere Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten für die alternative Streitbeilegung ................................................................ 25 a) Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten aus deutscher Sicht ....... 26 b) Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten aus japanischer Sicht .... 27

XIV

Inhaltsverzeichnis

III. Würdigung ....................................................................................... 28 C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan....................................... 28 I. Allgemeines........................................................................................ 28 a) Regulierende Verfahren und Entscheidungsverfahren................... 29 b) Der Aspekt der Einflussnahme eines neutralen Dritten auf den Ausgang eines Verfahrens ........................................................... 30 II. Vermittlung (assen) ........................................................................... 31 a) Vermittlung in der japanischen Literatur....................................... 31 b) Abgrenzung der Vermittlung von der Schlichtung ........................ 32 c) Zur Verwendung des deutschen Begriffs „Vermittlung“ ............... 33 III. Schlichtung (chōtei) ......................................................................... 35 a) Die Schlichtung allgemein ............................................................ 35 b) Die Sonderform der Schlichtung nach dem ZSchliG..................... 36 (1) Das Prinzip jōri im Verfahren nach dem ZSchliG: keine strenge Bindung an das materielle Recht................................ 37 (2) Die Möglichkeit der einseitigen Entscheidung im Verfahren nach dem ZSchliG: der die Schlichtung ersetzende Beschluss.............................................................. 38 IV. Verständigung (shinpan) .................................................................. 39 a) Das kaji shinpan-Verfahren für familienrechtliche Streitigkeiten ............................................................................... 40 b) Das rōdō shinpan-Verfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten ............................................................................... 41 c) Rechtliche Einordnung der Verständigung.................................... 42 d) Abgrenzung der Verständigung von der Schlichtung und der Vermittlung ................................................................................. 44 D. Bedeutung der Definitionen für den weiteren Verlauf der Arbeit ............ 45

Kapitel 3 Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanische Verwaltung ............................. 46 A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene................................... 48 I. Vermittlung bei den Arbeitsbehörden ................................................. 48 a) Hintergrund .................................................................................. 48 b) Exkurs: Beratungsangebot der Arbeitsbehörden vor 2001 ............ 51 (1) Organisation des MGWA auf Zentralstaatsebene ................... 51 (2) Organisation der Arbeitsbehörden auf Präfekturebene ........... 52 (a) Bereich Arbeitsstandard..................................................... 54 (b) Bereich Sicherung der Beschäftigung ................................ 56 (c) Bereich Gleichstellung in der Beschäftigung ...................... 58

Inhaltsverzeichnis

XV

(2) Exkurs: Informelles Verwaltungshandeln durch gyōsei shidō ...................................................................................... 59 (a) Begriffsbestimmung .......................................................... 60 (b) Rechtsnatur von gyōsei shidō............................................. 61 (c) Das „Erfolgsrezept“ gyōsei shidō ....................................... 62 (d) Verfassungsrechtliche Bedenken ....................................... 63 (e) gyōsei shidō im Arbeitsrecht.............................................. 65 c) Angebot der Arbeitsbehörden seit 2001 ........................................ 67 (1) Beratung durch die Allgemeinen Beratungsstellen ................. 68 (2) Ratschlag und Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde....................................................................... 72 (a) Gegenstand von Ratschlag und Anleitung .......................... 72 (b) Ablauf von Ratschlag und Anleitung ................................. 73 (c) Rechtliche Einordnung ...................................................... 75 (3) Vermittlungsverfahren vor der Streitregulierungskommission ................................................ 77 (a) Gesetzgeberische Entscheidung für ein Vermittlungsverfahren....................................................... 77 (b) Streitregulierungskommission............................................ 77 (c) Zuständigkeit..................................................................... 81 (d) Gegenstand der Vermittlung .............................................. 81 (e) Einleitung des Verfahrens auf Antrag................................. 82 (f) Ablauf des Vermittlungsverfahrens .................................... 84 (g) Öffentlichkeit.................................................................... 91 (4) Exkurs: Besondere Regelungen im ChancenGG und Teilzeitarbeitsgesetz............................................................... 92 B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene ........................................ 93 I. Vermittlung bei den arbeitspolitischen Büros der Präfekturen............. 94 a) Zuständigkeit ................................................................................ 95 b) Uneinheitlichkeit der arbeitspolitischen Büros.............................. 96 c) Das arbeitspolitische Büro der Präfektur Tokio............................. 97 (1) Zuständigkeit ......................................................................... 97 (2) Beratungsangebot und Vermittlungsverfahren ....................... 98 II. Vermittlung bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen ..............101 a) Ursprüngliche Aufgabe der Arbeitskommissionen .......................102 (1) Abhilfe bei unfairen Arbeitgeberpraktiken............................102 (2) Beilegung sonstiger kollektiver Streitigkeiten.......................103 (a) Vermittlungsverfahren......................................................103 (b) Schlichtungsverfahren ......................................................105 (c) Schiedsverfahren ..............................................................106 (d) Würdigung der Tätigkeit der Arbeitskommissionen in kollektivrechtlichen Streitigkeiten.....................................106

XVI

Inhaltsverzeichnis

b) Zuständigkeit für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten .........107 c) Beratungsangebot ........................................................................108 d) Vermittlungsverfahren.................................................................109 C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis..............................110 I. Beilegung bei den Arbeitsbehörden seit 2001 ....................................110 a) Neueingänge................................................................................111 b) Gegenstände ................................................................................114 c) Erledigung ...................................................................................117 d) Dauer...........................................................................................118 e) Bewertung der statistischen Zahlen..............................................119 II. Beilegung bei den arbeitspolitischen Büros am Beispiel der Präfektur Tokio................................................................................120 a) Neueingänge................................................................................121 b) Gegenstände ................................................................................123 c) Erledigung ...................................................................................124 d) Dauer...........................................................................................125 III. Beilegung bei den Arbeitskommissionen.........................................125 a) Neueingänge................................................................................126 b) Einigung......................................................................................127 c) Dauer...........................................................................................129 IV. Bewertung der Umsetzung der Vermittlungsverfahren ....................129 D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren ...................................132 I. Streitbeilegung durch die Verwaltung unter dem Aspekt der Gewaltenteilung...............................................................................132 II. Funktion der Vermittlungsverfahren.................................................133 III. Kostenfreiheit der Verfahren der Verwaltung..................................140

Kapitel 4 Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanischen Gerichte ...............................142 A. Entwicklung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen ....142 I. Hintergrund .......................................................................................142 II. Beratungsausschuss der Großen Justizreform ...................................144 a) Aufgabe des Beratungsausschusses..............................................145 b) Beratungen des Beratungsausschusses über den Umgang mit individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten..................................146 c) Abschlussbericht des Beratungsausschusses ................................149 (1) Grundlegende Feststellungen des Beratungsausschusses.......150

Inhaltsverzeichnis

XVII

(2) Aufgabenkatalog des Beratungsausschusses für die Untersuchungsgruppe Arbeit.................................................151 III. Untersuchungsgruppe Arbeit ...........................................................153 a) Aufgabe der Untersuchungsgruppe ..............................................154 b) Verlauf der Beratungen der Untersuchungsgruppe.......................154 (1) Arbeitsschlichtung (Aufgabe 1) ............................................155 (2) Beteiligung von Fachlaien im streitigen Verfahren (Aufgabe 2)...........................................................................156 (3) Eigenes Verfahrensrecht (Aufgabe 3) ...................................159 (4) Zwischenergebnis der Untersuchungsgruppe ........................160 c) Entwicklung des Verständigungsverfahren ..................................161 (1) Abgrenzung zur zivilen Schlichtung .....................................161 (2) Die „Vier Vorschläge“..........................................................162 d) Ergebnis der Untersuchungsgruppe .............................................164 IV. Würdigung ......................................................................................165 B. Analyse des Verständigungsverfahren....................................................167 I. Abriss des Verfahrens........................................................................168 II. Zuständigkeit....................................................................................171 a) Gesetzliche Zuständigkeit ............................................................171 (1) Sachliche Zuständigkeit der Distriktgerichte.........................171 (2) Örtliche Zuständigkeit ..........................................................175 b) Zuständigkeit aufgrund von Parteidisposition ..............................176 c) Verweisung..................................................................................177 d) Aussetzung eines anhängigen/rechtshängigen Prozessverfahrens.......................................................................178 III. Verständigungskommission.............................................................179 a) Zusammensetzung der Verständigungskommission .....................179 b) Qualifikation der Verständigungslaienrichter ..............................183 c) Ausschluss und Entlassung der Verständigungslaienrichter .........186 d) Bewertung der Verständigungslaienrichter ..................................188 e) Anzahl der Verständigungslaienrichter ........................................190 IV. Gegenstand des Verständigungsverfahrens......................................190 V. Einleitung des Verständigungsverfahrens auf Antrag .......................192 a) Anforderungen an den Antrag......................................................192 b) Grund für die strengen Anforderungen an den Antrag .................194 VI. Erwiderung der Gegenseite .............................................................196 a) Fristverlängerung und Kritik an der Regelung zur Replik ............197 VII. Ablauf des Verständigungsverfahrens............................................199 a) Besprechungen der Verständigungskommission ..........................202 b) Untersuchung von Amts wegen ...................................................203

XVIII

Inhaltsverzeichnis

c) Teilung und Verbindung von Verständigungsverfahren ...............204 d) Gleichberechtigte Position der Verständigungslaienrichter? ........204 VIII. Beendigung des Verständigungsverfahrens...................................209 a) Beilegung durch Schlichtung .......................................................209 (1) Form der Schlichtung............................................................212 (2) Wirkung der Schlichtung ......................................................212 (3) Kostenlast .............................................................................212 b) Beilegung durch Verständigungsspruch.......................................212 (1) Inhalt des Verständigungsspruchs .........................................213 (a) Entscheidungsgrundlage ...................................................213 (b) Keine strenge Bindung an das materielle Recht.................215 (2) Form des Verständigungsspruchs..........................................217 (3) Widerruf des Verständigungsspruchs ....................................219 (4) Wirkung des Verständigungsspruchs ....................................219 (5) Kostenlast .............................................................................219 c) Beendigung nach Art. 24 Abs. 1 VerstGA ...................................220 IX. Rechtsmittel ....................................................................................221 X. Übergang in das Zivilprozessverfahren ............................................223 a) Fiktion der Klageerhebung...........................................................223 b) Zuständigkeit...............................................................................224 XI. Öffentlichkeit..................................................................................226 XII. Vertretung......................................................................................228 a) Vertretung durch Nicht-Rechtsanwälte ........................................228 b) Vertretungsbefugnis ....................................................................232 C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis ........................232 I. Neueingänge......................................................................................233 II. Gegenstände .....................................................................................237 III. Erledigung.......................................................................................239 IV. Dauer ..............................................................................................241 V. Vertretungssituation .........................................................................243 VI. Bewertung der statistischen Zahlen .................................................244 D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens..............................245 I. Funktion des Verständigungsverfahrens.............................................245 a) Zielsetzung der Justizreform ........................................................246 (1) Realisierung eines für das Volk leicht zu nutzenden Justizsystems ........................................................................246 (2) Kritik ....................................................................................247 b) Zielsetzung des VerstGA .............................................................248 (1) Rasche Beilegung .................................................................248

Inhaltsverzeichnis

XIX

(2) Angemessene Beilegung .......................................................249 (3) Effektive Beilegung ..............................................................250 (4) Kritik ....................................................................................251 c) Entscheidungsfunktion?...............................................................252 d) Kritik am sogenannten Kompromisscharakter des Verständigungsverfahrens ..........................................................253 (1) Kritik an der Beendigung nach Art. 24 VerstGA...................253 (2) Kritik am Inhalt des Verständigungsspruchs .........................254 (a) Sachverhaltsermittlung .....................................................255 (b) Behandlung von Kündigungsstreitigkeiten ........................256 (3) Zusammenfassung ................................................................257 II. Rechtliche Einordung des Verständigungsverfahrens .......................258 a) Alternatives Verfahren oder streitiges Verfahren? .......................260 (1) Gründe für die Orientierung des VerstGA an zivilprozessualen Vorschriften ..............................................261 (2) Zwischenergebnis .................................................................263 b) Alternatives Verfahren oder Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit? .........................................................................264 (1) Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – ein Definitionsversuch ................................................................265 (2) Analyse der Verweisungsnorm zur Einordnung des Verständigungsverfahrens.....................................................268 (a) Anwendbarkeit des japFGG..............................................272 (b) Eigene Regelung im VerstGA trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit des japFGG..............................................275 (c) Keine Anwendbarkeit des japFGG....................................276 (3) Ergebnis................................................................................278 E. Kosten des Verständigungsverfahren .....................................................279 I. Kosten für die Parteien ......................................................................279 II. Vergütung der Verständigungslaienrichter........................................281

Kapitel 5 Schlusswertung ...................................................................283

Anhänge .....................................................................................................287 A. Statistiken ..............................................................................................287 I. Statistiken zum BFördG.....................................................................287 II. Statistiken des Beratungszentrums der Präfektur Tokio ....................293 III. Statistiken der Arbeitskommissionen ..............................................299

XX

Inhaltsverzeichnis

B. Gesetzesübersetzungen ..........................................................................300 I. Gesetz über das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen (rōdō shinpan hō) ......................................................................................300 II. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Verständigung in Arbeitssachen (rōdō shinpan kisoku) ...............................................307 III. Verordnung zu den Verständigungslaienrichtern (rōdō shinpanin kisoku) .........................................................................................314 C. Liste der japanischen Rechtsnormen ......................................................316 Schrifttum ..................................................................................................321 Sonstige Quellen ........................................................................................335 Register ......................................................................................................347

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Abbildungen im Text Abb. 1: Reformierung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan: Überblick über Verständigungs- und Vermittlungsverfahren in Justiz und Verwaltung....... 7 Abb. 2: Streitbeilegungssysteme in der japanischen Verwaltung.................... 47 Abb. 3: Streitbeilegungssysteme in der japanischen Verwaltung – Zentralstaatsebene .................................................................................. 51 Abb. 4: Organisation des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit – Bereich Arbeit........................................................................... 52 Abb. 5: Organisation der Arbeitsbehörden am Beispiel der Präfektur Tokio...................................................................................................... 53 Abb. 6: Beratung in den Arbeitsbehörden...................................................... 54 Abb. 7: Aufgabenbereich Arbeits- und Ausbildungsmarkt ‒ Organisationsstruktur.............................................................................. 58 Abb. 8: Streitbeilegungssysteme in der japanischen Verwaltung Präfekturebene........................................................................................ 94 Abb. 9: Beratung und Vermittlung bei dem Beratungscenter der Präfektur Tokio...................................................................................................... 99 Abb. 10: Überblick über die Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan .................................283 Tabellen im Text Tab. I: System der Arbeitsbehörden nach dem BFördG – Zahl der Neueingänge im Geschäftsjahr 2011 ......................................................111 Tab. II: Neueingänge für Ratschlag/Anleitung und Vermittlung bei den Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren ...................................................113

XXII

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Tab. III: Häufigste Gegenstände der Beratungen in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher Natur nach Geschäftsjahren .....................................................................................115 Tab. IV: Häufigste Gegenstände der beantragten Ratschläge und Anleitungen durch die Leiter der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren .....................................................................................116 Tab. V: Häufigste Gegenstände der beantragten Vermittlungsverfahren durch die Streitregulierungskommissionen nach Geschäftsjahren............117 Tab. VI: Erledigungsarten der beendeten Vermittlungsverfahren vor den Streitreglierungskommissionen nach Geschäftsjahren.............................118 Tab. VII: Neueingänge für Beratung bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren ....................................................122 Tab. VIII: Neueingänge für Vermittlung bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren ....................................................123 Tab. IX: Einigungsrate unter den Vermittlungen bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren..................125 Tab. X: Neueingänge für Vermittlung bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen ............................................................................................128 Tab. XI: Einigungsrate unter den beendeten Vermittlungen bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen ....................................................129 Tab. XII: Anzahl der Vermittlungen bei der Streitregulierungskommission Tokio und dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren .....................................................................................131 Tab. XIII: Neueingänge sowie erledigte Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren .....................................................................................235 Tab. XIV: Neueingänge individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten im Verständigungsverfahren und Zivilprozess nach Geschäftsjahren............236 Tab. XV: Neueingänge im Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten ....................................................................................238 Tab. XVI: Erledigungsarten der erledigten Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren .....................................................................................240 Tab. XVII: Zahl der Verständigungen und der Einsprüche nach Geschäftsjahren .....................................................................................242

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

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Tab. XVIII: Dauer der erledigten Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren .....................................................................................243 Tab. XIX: Anzahl der Termine bei den erledigten Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren......................................244 Tabellen im Anhang Tab. 1: Zahl der Beratungen bei den Allgemeinen Beratungsstellen der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren ...................................................287 Tab. 2: Zahl der erledigten Ratschläge/Anleitungen durch die Leiter der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren ...................................................288 Tab. 3: Gegenstände der Beratungen in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher Natur nach Geschäftsjahren ......................289 Tab. 4: Gegenstände der beantragten Ratschläge/Anleitungen durch die Leiter der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren ...................................290 Tab. 5: Gegenstände der beantragten Vermittlungsverfahren durch die Streitregulierungskommissionen nach Geschäftsjahren ...........................291 Tab. 6: Zahl der erledigten Vermittlungsverfahren durch die Streitregulierungskommissionen nach Geschäftsjahren ...........................292 Tab. 7: Häufige Gegenstände der Beratungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren..................293 Tab 8: Beratungsanfrage durch Arbeitnehmer/Arbeitgeber nach Geschäftsjahren .....................................................................................294 Tab. 9: Häufige Gegenstände der Vermittlungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren..................295 Tab 10: Inhalt der Einigungen im Vermittlungsverfahren des Beratungszentrums der Präfektur Tokio im Geschäftsjahr 2008 ..............296 Tab. 11: Dauer der Vermittlungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren ....................................................297 Tab. 12: Dauer der Beratungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren ...................................................................298 Tab. 13: Dauer der Vermittlungen bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen ............................................................................................299

Kapitel 1

Einleitung A. Einführung in die Thematik A. Einführung in die Thematik

Die Streitbeilegung in Japan gilt traditionell als weniger stark gerichtsorientiert als in Deutschland und konzentriert sich vielfach auf Verfahren, die eine einvernehmliche Beilegung eines Konfliktes zwischen den Parteien anstreben. Zurückgeführt wird dies auf unterschiedliche Aspekte. Einerseits werden geistesgeschichtliche und soziokulturelle Faktoren genannt. Japan sei eine Gruppengesellschaft, in der nicht das Individuum im Vordergrund stehe, sondern die Harmonie in der Gemeinschaft von oberstem Rang sei, so dass ein Streit nur beigelegt werden könne, indem der konkrete Konflikt zur Zufriedenheit aller aufgelöst wird. 1 Die Beilegung mit Hilfe gerichtlicher Verfahren, die mit einer Schwarz-Weiß-Entscheidung enden, entspricht dieser Sichtweise naturgemäß nicht. Rahn formuliert dazu wie folgt: „Die kosmische Ordnung kann aber durch menschliche Konflikte in Unruhe gebracht werden. Menschliche Konflikte werden daher nicht primär unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen gesetzte Normen gesehen, sondern als unheilvolle Störungen der mannigfachen Verästelungen des Netzwerks von Ursache und Wirkung, das die Menschen auf allen Seiten mit der sie umgebenden Natur verbindet. Eine solche Störung ist deshalb tunlichst zu vermeiden oder durch gegenseitiges Nachgeben beizulegen, nicht aber durch Austragen des Streits noch zu vertiefen.“ 2

Auf der anderen Seite werden institutionelle Gründe für die zahlenmäßig geringe Nutzung japanischer Gerichte angeführt. Hirowatari spricht von „a severe shortage of applicable legal apparatus“. 3 Der Beratungsausschuss für die Reform des Justizwesens 4 (im Folgenden: Beratungsausschuss) (shihō seido kaikaku shingi-kai), der im Jahr 1999 im Rahmen der Großen Justizre1 KIM /LAWSON, The Law of the Subtle Mind: The Traditional Japanese Conception of Law, in: The International and Comparative Law Quarterly, Vol. 28, 1979, S. 506, 507. 2 RAHN , Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, München 1990, S. 41. 3 HIROWATARI, Post-war Japan and the Law: Mapping Discourses of Legalization and Modernization, in: Social Science Japan Journal, Vol. 3, 2000, S. 164. 4 Der Beratungsausschuss war mit der Aufgabe betraut worden, die Rolle der Justiz in Japan im 21. Jahrhundert zu bestimmen, Art. 2 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens (shihō seido kaikaku shingi-kai setchi hō), Gesetz Nr. 68 vom 09.06.1999.

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Kapitel 1: Einleitung

form (dai-kibo no shihō seido kaikaku) eingerichtet worden war und dessen Tätigwerden letztlich zur Verabschiedung des in der vorliegenden Arbeit analysierten Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen 5 (im Folgenden: VerstGA) führte, beschrieb die Probleme des japanischen Zivilprozesses gleich zu Beginn in seiner ersten Sitzung wie folgt: „Die Dauer und die Kosten in der Justiz sind schwer abschätzbar, weshalb die Justiz für das Volk nicht vertrauenswürdig ist. Darüber hinaus ist der Zugang zu Rechtsanwälten schwierig. Die Sprache, die vor Gericht verwendet wird, ist schwer zu verstehen. Infolgedessen scheint die Empfindung, das Gericht nicht zu mögen, im Volk verbreitet zu sein.“ 6

Mit diesem vernichtenden Zeugnis über die Funktionsfähigkeit des japanischen Justizwesens machte der Beratungsausschuss die negativen Anreize deutlich, die die Justiz in ihrer damaligen Ausgestaltung für das japanische Volk schaffte. Im Bereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten traten die negativen Anreize besonders deutlich zu Tage. Neben den hohen Kosten und der meist langen Dauer eines Prozessverfahrens waren und sind die Arbeitnehmer 7 der zusätzlichen Problematik ausgesetzt, dass japanische Richter in der Regel nicht über die für eine angemessene Behandlung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten nötigen arbeitsrechtlichen und betrieblichen Kenntnisse verfügen.8 Im Gegensatz zu Deutschland kennt das japanische System grundsätzlich keine Fachgerichtsbarkeiten. 9 Für individualarbeitsrechtliche Strei5

Rōdō shinpan hō, Gesetz Nr. 45 vom 12.05.2004. „Ima no saiban ha jikan ya hiyō ga doredake kakaru no ka wakarazu, kokumin ni totte mijikani natte inai. Mata, bengo-shi he no akusesu mo muzukashii. Saiban de tsukawareru kotoba mo wakarinikui. Kokumin no naka ni saiban kirai to iu kankaku ga aru no de ha nai ka.“, in: shihō seido kaikaku shingi-kai dai-ikkai giji gaiyō [Zusammenfassung der 1. Sitzung des Beratungsausschusses] vom 27.07.1999, im Internet zugänglich unter

(zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 7 Der Einfachheit und besseren Lesbarkeit halber werden Begriffe wie Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Antragsteller, Antragsgegner, Richter etc. in der männlichen Form verwendet, obwohl damit selbstverständlich weibliche und männliche Personen gemeint sind. Sind in den Ausführungen speziell nur männliche oder weibliche Personen betroffen, wird dies im Text kenntlich gemacht. 8 INOUE, jitsumu-ka kara mita rōdō saiban no genjō to kaikaku [Die derzeitige Lage und die Reform der gerichtlichen Befassung mit Arbeitsstreitigkeiten aus Praktikersicht], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 98, dort auch das Beispiel eines Fehlurteils des Distriktgerichts Tokio; MARUTSCHKE , Einführung in das japanische Recht, 2. Auflage, München 2010, S. 233, verweist darauf, dass es unter den japanischen Richtern keine Fachrichter für Arbeitssachen gibt, da Richter aufgrund des Rotationsprinzips regelmäßig an andere Gerichte versetzt werden und daher ständig Fälle aus unterschiedlichen Rechtsbereichen behandeln. 9 Für den deutschen Rechtskreis regelt Art. 95 Abs. 1 Grundgesetz die Trennung in fünf Fachgerichtsbarkeiten: „Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet der Bund als oberste Gerichtshöfe den 6

A. Einführung in die Thematik

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tigkeiten stehen somit weder eine eigenständige Gerichtsbarkeit noch ein eigenständiges Verfahrensrecht zur Verfügung. Als Sonderbereich des Zivilrechts fallen individuelle Arbeitsstreitigkeiten in den Zuständigkeitsbereich der Zivilgerichte. 10 Zu Beginn der Reformbewegung war eine Streitpartei, die in Japan einen arbeitsrechtlichen Anspruch im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geltend machen wollte, somit auf das zivilprozessuale Verfahren beschränkt. An einigen Distriktgerichten sind zwar besondere Abteilungen eingerichtet worden, die nur bzw. überwiegend mit der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten betraut sind, 11 aufgrund der für japanische Richter üblichen Rotation sind jedoch auch die Richter in diesen Abteilungen keine Arbeitsrechtsspezialisten. 12 Um es mit Sugenos 13 Worten zu sagen: Für den Bereich von Arbeitsstreitigkeiten ist die japanische Justiz schlicht „keine Fachjustiz“ (hi-senmonteki shihō). 14 Takagi 15 kam als Mitglied des BeraBundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht.“ Eine entsprechende Regelung findet sich im japanischen Recht nicht. 10 NISHITANI, Vergleichende Einführung in das japanische Arbeitsrecht, Köln 2003, S. 356; SUGENO, Judicial Reform and the Reform of the Labor Dispute Resolution System, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 5. 11 Das Distriktgericht Tokio verfügt über eine Abteilung, die sich ausschließlich mit der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten beschäftigt; Abteilungen, die überwiegend Arbeitskonflikte beilegen, gibt es unter anderem bei den Distriktgerichten Osaka, Nagoya, Fukuoka, Gunma und Kioto, siehe USHIJIMA, jitsumu hōka kara mita genjō to kaikaku no hōkō [Die Richtung der derzeitigen Reform aus der Sicht eines Justizbediensteten ], in: nihon rōdō-hō gakkai shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 109; Einzelheiten zu der Fachabteilung für Arbeitssachen (rōdō senmonbu) am Distriktgericht Tokio bei I NOUE, 2001, S. 94. 12 NISHITANI, 2003, S. 357; M ARUTSCHKE, 2010, S. 234. 13 Kazuo Sugeno ist einer der führenden Professoren für Arbeitsrecht in Japan, der als Vorsitzender der Untersuchungsgruppe Arbeit (rōdō kenkyū-kai) wesentlich an der Errichtung des in dieser Arbeit analysierten Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen beteiligt war und Mitherausgeber der einzigen Kommentierung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen ist: SUGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/J ŌZUKA /OTOKOZAWA, rōdō shinpan seido – kihon shushi to hōrei kaisetsu [System über die Verständigung in Arbeitssachen – Grundsätzliche Bedeutung und Erläuterung der Vorschriften], 2. Auflage, Tokio 2007. 14 SUGENO, shihō seido kaikaku to rōdō saiban [Die Reform des Justizsystems und die gerichtliche Befassung mit Arbeitsstreitigkeiten], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 85. 15 Tsuyoshi Takagi war sowohl Mitglied des Beratungsausschusses als auch der im Anschluss mit der konkreten Ausgestaltung des Verständigungssystems betrauten Untersuchungsgruppe Arbeit, siehe shingi i’in meibō [Liste der Mitglieder des Beratungsausschusses] (im Folgenden: PM Japan, Liste der Mitglieder des Beratungsausschusses), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015), sowie rōdō kentō-kai no menbā [Liste der Mitglieder der Untersuchungsgruppe Arbeit] (im Folgenden: PM Japan, Liste der Mitglieder der Untersu-

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Kapitel 1: Einleitung

tungsausschusses zu einem ähnlich negativen Resultat. Zivilprozessuale Verfahren in Arbeitssachen seien neben zu hohen Kosten und zu großem Zeitaufwand mit erheblichen Problemen auf Seiten der Arbeitnehmer – wie z.B. der psychologischen Barriere, ein Gericht zu konsultieren (Schwellenangst) – verbunden, die den Gang zu Gericht erheblich erschwerten. 16 Hinzu kommt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg der Fokus der arbeitsrechtlichen Streitbeilegung zunächst deutlich auf kollektivrechtlichen Konflikten und deren Beilegung gelegen hatte, wofür im Jahre 1946 in den japanischen Präfekturen sogenannte Arbeitskommissionen (rōdō i’in-kai) eingerichtet wurden. 17 Diese Kommissionen führen Vermittlungs-, Schlichtungsund Schiedsverfahren durch, die speziell nur der Beilegung kollektiver Arbeitsstreitigkeiten dienen und auf deren Besonderheiten ausgerichtet sind. Sie sind paritätisch mit Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite besetzt, was stark an die Kammerbesetzung vor den deutschen Arbeitsgerichten erinnert. Im Gegensatz zu den deutschen Arbeitsgerichten sind die japanischen Arbeitskommissionen aber Verwaltungsorgane und gehören somit nicht zur Judikative. Individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten wurden demgegenüber gar nicht als bedeutsamer Konflikttypus wahrgenommen, für deren Beilegung es eines eigenen Systems bedurft hätte. 18 Bis ins Jahr 2001 gab es kein landesweit einheitliches Beilegungsverfahren für individuelle Arbeitsstreitigkeiten, lediglich administrative Beratungs- und Vermittlungsangebote in vereinzelten

chungsgruppe Arbeit), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 16 TAKAGI , rōdō funsō kaiketsu shisutemu no kaikaku ni tsuite [Über die Reform des Systems zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten], umfangreicher Bericht für die 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000, S. 10, 11, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015); so auch N AKAKUBO, Introduction – Feature Articles: Labor Dispute Resolution System, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 2. 17 Die Errichtung der Arbeitskommissionen sowie der Zentralen Arbeitskommission (chūō rōdō i’in-kai) sowie der Ablauf der Verfahren sind im Gewerkschaftsgesetz (rōdō kumiai hō, Gesetz Nr. 174 vom 01.06.1949) und Gesetz über die Regulierung von Arbeitsbeziehungen (rōdō kankei chōsei hō, Gesetz Nr. 25 vom 27.09.1946) geregelt. Eine kurze Einführung in das System der Arbeitskommissionen bietet Japan’s Labour Relations Commission, eine Veröffentlichung des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit anläßlich des 60-jährigen Bestehens der Arbeitskommissionen im Jahr 2006, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015); siehe auch D OKO, The Labor Relations Commission as an Organization to Resolve Collective Labor Disputes, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 32–50. 18 SUGENO, 2006, S. 5.

A. Einführung in die Thematik

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Präfekturen. 19 Die Zahl gerichtlicher Klagen im Bereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten war im Verhältnis zu anderen Industrienationen wie Deutschland und den USA verschwindend gering. 20 Zurückgeführt wurde dies unter anderem auf eine Reihe von informellen innerbetrieblichen Mechanismen zur Vermeidung von Streitigkeiten. Sugeno präzisiert wie folgt: „Supervisors absorbed employee dissatisfaction through daily communication. Joint consultation mechanisms worked to execute disciplinary measures or employment adjustment smoothly. Above all, the mechanisms of firm’s internal labor markets, based upon the long-term employment system, had created a community of interests between labor and management inducing both sides to avoid overt confrontation.“ 21

Die Forderung nach einer grundlegenden Veränderung und der Errichtung eines Streitbeilegungssystems für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten nahm erst in den 1990er Jahren mit dem Platzen der Blasenwirtschaft 22 (baburu keizai) konkrete Formen an. Als Folge der Rezession war das japanische Beschäftigungssystem drastischen Veränderungen unterzogen worden. 23 Insbesondere das Prinzip der lebenslangen Beschäftigung (shūshin koyō seido) sowie das Senioritätsprinzip (nenkō seido), die ein festes Anstellungsverhältnis bis zum Erreichen der Altersgrenze und eine Bezahlung in Abhängigkeit zur Dauer der Betriebszugehörigkeit garantierten, haben seitdem für einen großen Teil der japanischen Arbeitnehmer ihre Gültigkeit verloren. 24 Die Folge war eine Verdreifachung der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten vor den japanischen Zivilgerichten in der Zeit von 1990 bis 2000. 25 19 Das Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen der Präfektur Tokio (tōkyō-to rōdō sōdan jōhō sentā) bietet beispielsweise seit 1956 erfolgreich Beratungsdienste und Vermittlungsverfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten an. 20 SUGENO, 2006, S. 6. 21 SUGENO, 2006, S. 6. 22 Der Begriff „Blasenwirtschaft“ beschreibt die Spekulationsblase des japanischen Aktien- und Immobilienmarktes in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre. Das Platzen dieser Blase zu Beginn der 1990er Jahre führte zu einer elementaren Wirtschaftskrise, von der sich Japan über viele Jahre nicht erholte. Die 1990er Jahre werden in Japan daher auch als „das verlorene Jahrzehnt“ (ushinawareta jūnen) bezeichnet, siehe BAUM /BÄLZ (Bearbeiter ROKUMOTO), Institutionen: Recht und Juristen in der Transformation, § 2 in: Baum/Bälz (Hrsg.), Handbuch Japanisches Handels- und Wirtschaftrecht, Köln 2011, S. 40. 23 MARUTSCHKE, 2010, S. 199; siehe auch A LPS, Arbeitsvermittlung in Japan, in: Conermann (Hrsg.), Referate des 13. Deutschsprachigen Japanologentages II) Sozial-, Geschichts- und Rechtswissenschaft, Berlin 2009, S. 250, 251. 24 Zu den Veränderungen des Beschäftigungssystems seit den 1990er Jahren siehe ARAKI, Labor and Employment Law, The Japan Institute of Labor, 2002, S. 17 ff.; ALPS, 2009, S. 241–259. 25 Die Zahl der Neueingänge vor den Zivilgerichten stieg von 647 Fällen im Jahr 1990 (siehe heisei 2 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken vo gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 1991], in: Hōsō Jihō, Band

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Kapitel 1: Einleitung

Um die ansteigende Zahl von Streitigkeiten bewältigen zu können, wurde in einem ersten Schritt im Jahr 2001 das Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten 26 (im Folgenden: BFördG) verabschiedet, das zur Errichtung eines Vermittlungsverfahrens bei den regionalen Zweigstellen des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit (im Folgenden: MGWA) (kōsei rōdō-shō), den Arbeitsbehörden (rōdō-kyoku), führte. Damit ist in Japan erstmals ein System auf zentralstaatlicher Ebene eingeführt worden, das umfassend für individuelle Arbeitsstreitigkeiten zuständig ist. 27 Daneben bestehen auf Präfekturebene weitere administrative Vermittlungsverfahren bei den arbeitspolitischen Büros (rōsei (shukan) jimusho) und den Arbeitskommissonen der Präfekturen (Abb. 1). 28 Die Vermittlungsverfahren in der japanischen Verwaltung haben die einvernehmliche Beilegung zwischen den Streitparteien zum Ziel und gehören allesamt zu den alternativen Streitbeilegungsmethoden.

43, Nr. 7, Tab. 2, S. 96) auf 2.063 im Jahr 2000 (heisei 12 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken vo gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 2000], in: Hōsō Jihō, Band 53, Nr. 8, Tab. 1, S. 98). Im Vergleich zu den deutschen Arbeitsgerichten, bei denen im Jahr 2000 fast 560.000 Neueingänge allein im Urteilsverfahren zu verzeichnen waren (Tätigkeit der Arbeitsgerichte, in: Bundesarbeitsblatt, 1/2000, S. 128) ist der japanische Wert geradezu verschwindend gering. Der Ausgangspunkt der Bewertung des Anstiegs muss jedoch die japanische Statistik selbst sein und aus dieser ergibt sich in absoluten Zahlen eine Verdreifachung der Verfahren, was durchaus als erheblicher Anstieg zu werten ist. 26 Kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu, Gesetz Nr. 112 vom 11.07.2001; zur Einordnung als Verfahrensgesetz siehe kobetsu rōdō funsō kaiketsu sokushin hō [Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Ministerkanzlei des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, Zuständigkeitsbereich Regionales, Geschäftsabteilung Erledigung von Arbeitsstreitigkeiten (Hrsg.), Tokio 2001, S. 130 (im Folgenden: MGWA, BFördG – Kommentierung). 27 Zur Situation vor 2001 siehe unter Kapitel 3 A.I.b). 28 Zu den Details der Verwaltungsverfahren auf Präfekturebene siehe unter Kapitel 3 B.

7

B. Gegenstand der Arbeit

Verfahren der Justiz

Verfahren der Verwaltung

Zentralstaatsebene

Distriktgericht

Arbeitsbehörde

Seit 2006 -VerstGA-

Seit 2001 -BFördG-

Verständigung

Vermittlung

Präfekturebene

Arbeitspolitisches Büro

Arbeitskommission

Seit 2001 -BFördG-

Vermittlung

Vermittlung

Abb. 1: Reformierung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan: Überblick über Verständigungs- und Vermittlungsverfahren in Justiz und Verwaltung

In einem zweiten Schritt beendete der japanische Gesetzgeber im Jahr 2004 die über Jahrzehnte hinweg bestehende ausschließliche Existenz außergerichtlicher Verfahren zur Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte und verabschiedete das Gesetz über die Verständigung in Arbeitssachen (VerstGA), das 2006 in Kraft trat. Mit dem Verständigungsverfahren wurde erstmals ein gerichtliches Verfahren speziell zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten eingeführt. Die vorliegende Arbeit unterzieht die Reformierung der Verwaltungs- wie gerichtlichen Systeme zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten erstmals einer umfangreichen Analyse aus deutschrechtlicher Sicht.

B. Gegenstand der Arbeit B. Gegenstand der Arbeit

Gegenstand dieser Arbeit sind Systeme zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, die in der japanischen Verwaltung und in der japanischen Justiz angesiedelt sind. Betriebsinterne Mechanismen zur Verhinderung

8

Kapitel 1: Einleitung

arbeitsrechtlicher Streitigkeiten und, falls sie dennoch entstehen, zur Lösung solcher Konflikte werden demgegenüber nicht behandelt. 29 Die Verfahren der Justiz sind sämtlich auf zentralstaatlicher Ebene angesiedelt, wohingegen im Bereich der Verwaltung sowohl auf zentralstaatlicher als auch auf Präfekturebene Systeme zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten etabliert worden sind. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf den Beilegungsmechanismen, die auf zentralstaatlicher Ebene eingeführt worden sind. Dabei stehen solche Systeme im Mittelpunkt, die über ein eigenes Verfahrensrecht verfügen. Gemeint sind das BFördG, das der japanischen Verwaltung gewisse Kompetenzen im Rahmen arbeitsrechtlicher Streitbeilegung einräumt, und das VerstGA, das ein Sonderverfahren vor den Zivilgerichten regelt. Mit Hilfe dieser Gesetze sind Anfang des neuen Jahrtausends in Japan erstmals auf zentralstaatlicher Ebene speziell auf die Lösung individualarbeitsrechtlicher Konflikte zugeschnittene Streitbeilegungssysteme geschaffen worden. Die Verfasserin konzentriert sich dabei auf den Umgang mit arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die aus Arbeitsverhältnissen entstehen, die dem Privatrecht unterliegen. Für Arbeitsverhältnisse, deren Arbeitgeber auf staatlicher Seite anzusiedeln sind, wie beispielsweise das Verhältnis zwischen sogenannten besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung (tokutei dokuritsu gyōsei hōjin) und ihren Beschäftigten, bestehen in vielen Fällen Sonderregelungen, 30 die in dieser Arbeit keine Berücksichtigung finden. Neben den Systemen zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten gibt es auch zahlreiche private Einrichtungen, die unter der Bezeichnung rōdō sōdan (Beratung in Arbeitssachen) insbesondere Beratungen bei arbeitsrechtlichen Konflikten anbieten. 31 Darunter befinden sich zum Beispiel

29 Japanische Arbeitgeber verfügen über eine Reihe von internen Mechanismen und Maßnahmen, die helfen sollen, Konfliktpotenziale möglichst früh zu erkennen und zu vermeiden, siehe dazu kigyō-nai funsō shori shisu-temu no seibi shien ni kan suru chōsa kenkyū [Untersuchung zur Instandhaltung der betriebsinternen Streitbeilegungssysteme], rōdō seisaku kenkyū hōkoku-sho [Arbeitspolitischer Forschungsbericht], No. 98, Japan Institute of Labour Policy and Training, 2008; kurze Erläuterung in SUGENO, 2006, S. 6, zur Tätigkeit der japanischen Gewerkschaften in diesem Bereich siehe H ISAMOTO, The functions and limits of enterprise unions in individual labor disputes, Japan Labor Review, Vol. 9, No. 1, 2012, S. 44–62. 30 Auf das Verhältnis zwischen den besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung (tokutei dokuritsu gyōsei hōjin) und ihren Beschäftigten findet beispielsweise das Gesetz über die Arbeitsverhältnisse mit besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung (tokutei dokuritsu gyōsei hōjin tō no rōdō kankei ni kan suru hōritsu), Gesetz Nr. 257 vom 20.12.1948, Anwendung. 31 MURATA widmet einigen dieser privaten Einrichtungen jeweils ein Kapitel in M URATA, nihon ni okeru rōshi funsō shori seido no genjō [Die gegenwärtige Situation der Systeme zur Erledigung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan], Tokio 2008, Kapitel IV,

B. Gegenstand der Arbeit

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die Vereinigung der Rechtsanwälte für Arbeitsrecht (nihon rōdō bengodan), 32 der Verband der japanischen Gewerkschaften (nihon rōdō kumiai sōrengō-kai)33 sowie die gemeinnützige Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen (NPO hōjin rōdō sōdan sentā). 34 Diese bieten überwiegend telefonische Beratungen an, teilweise besteht jedoch auch die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch mit einem der Berater. 35 Da diese privaten S. 177 ff. sowie in M URATA, rōshi funsō shori seido [Das System zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Tokio 2007, Kapitel IV, S. 195 ff. 32 Die Vereinigung der Rechtsanwälte für Arbeitsrecht bietet seit 1993 unter dem Stichwort Hotline für die Beratung in Arbeitssachen (rōdō sōdan hottorain) eine telefonische Beratung an. Insbesondere für Fälle sexueller Belästigung am Arbeitsplatz besteht auch eine Hotline, in der weibliche Rechtsanwälte der Vereinigung die Beratung betroffener Arbeitnehmerinnen durchführen (josei bengoshi ni yoru hataraku josei no tame no hottorain), siehe Internetauftritt der Vereinigung, dort hottorain [Hotline], unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015), sowie josei bengoshi ni yoru hataraku josei no tame no hottorain [Hotline für arbeitende Frauen bedient von weiblichen Rechtsanwälten], unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). Die telefonische Beratung in Arbeitssachen wird im Vergleich zu den später dargestellten Allgemeinen Beratungsstellen bei den Arbeitsbehörden (siehe unter Kapitel 3 C.I.a)) wenig genutzt. In den Jahren 2005 bis 2008 gab es lediglich 1.000 bis 1.200 Anfragen jährlich, siehe rōdō-sha no kenri hakusho [Weißbuch der Arbeitnehmerrechte], Vol. 276, 2008, herausgegeben von Nihon rōdō bengo-dan [Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht] (im Folgenden: Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008), S. 18. 33 Der Verband der japanischen Gewerkschaften bietet ebenfalls telefonische Beratungen über eine kostenlose Telefonnummer an (rōdō sōdan furī daiyaru), siehe Internetauftritt des Verbands, dort denwa de sōdan [Telefonische Beratung] unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). Es ist jedoch auch eine Anfrage über Email möglich, siehe Internetauftritt des Verbands, dort rōdō sōdan intānetto de uketsuke [Beratung in Arbeitssachen Internet Auskunft] unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 34 Das Zentrum für Beratung in Arbeitssachen besteht seit 1988, siehe Internetauftritt des Zentrums, dort NPO hōjin rōdō sōdan sentā no oitachi to genzai [Entwicklung und Gegenwart der gemeinnützigen Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen], unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). Das Zentrum bietet kostenlose Beratungen für Arbeitnehmer an, telefonisch sowie in persönlichen Gesprächen im Zentrum, siehe Internetauftritt des Zentrums, dort NPO hōjin rōdō sōdan sentā to ha? [Über die gemeinnützige Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen], unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 35 Bei der Vereinigung der Rechtsanwälte für Arbeitsrecht (nihon rōdō bengo-dan) sind die telefonischen Beratungen kostenlos, eine persönliche Beratung durch einen der Rechtsanwälte ist demgegenüber kostenpflichtig, wobei der Betrag vom jeweils beratenden Rechtsanwalt abhängt, siehe Internetauftritt der Vereinigung der Rechtsanwälte für Arbeitsrecht, dort hottorain [Hotline] unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015).

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Kapitel 1: Einleitung

Einrichtungen sich meist auf die Beratung beschränken und kein einheitliches Verfahren wie das administrative Vermittlungsverfahren nach dem BFördG oder das gerichtliche Verständigungsverfahren nach dem VerstGA vorhalten, werden sie in dieser Arbeit jedoch nicht weiter behandelt.

C. Zielsetzung der Arbeit C. Zielsetzung der Arbeit

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine eingehende Analyse der genannten Verfahren und der ihnen zu Grunde liegenden Verfahrensgesetze einschließlich einer Untersuchung der Hintergründe und der Entwicklung der Gesetze. Die Funktionen, die die einzelnen Verfahren bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten haben, sollen ermittelt werden. Die Analyse des Verständigungsverfahrens soll darüber hinaus eine rechtliche Einordung des Verfahrens ermöglichen. Das Verständigungsverfahren ist ein Verfahren der japanischen Justiz, verfügt jedoch in bedeutendem Ausmaß über Bestandteile der alternativen Streitbeilegung, was die Vermutung nahelegt, dass mit diesem Verfahren zwar ein gerichtliches, aber dennoch ein weiteres alternatives Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten geschaffen worden ist. Diese Vermutung soll in der Arbeit mit Hilfe der genauen Analyse des Verfahrens bestätigt bzw. – sollte sie sich als unrichtig erweisen – widerlegt werden. Die Untersuchung der Systeme zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten erfolgt von zwei unterschiedlichen Standpunkten aus. Zum einen zeigt die vorliegende Arbeit durch eine Analyse der Verwaltungsverfahren und des gerichtlichen Verfahrens in Japan deren jeweilige Funktion innerhalb des Streitbeilegungssystems auf. Das Verständigungsverfahren ist unter anderem geschaffen worden, um die Rolle der Justiz im Bereich der arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zu stärken. Ob dies gelingt, wird in der Arbeit untersucht. Insgesamt soll nicht nur das geschriebene Recht, sondern auch das Recht in seiner praktischen Ausgestaltung betrachtet werden, da es zwischen beiden erhebliche Unterschiede gibt. Zum anderen wird das Verständigungsverfahren als Verfahren der Justiz den sonstigen gerichtlichen Verfahren gegenübergestellt, soweit es der Verfasserin geeignet erscheint. Aus dem japanischen Recht werden das Zivilprozessverfahren nach dem japanischen Zivilprozessgesetz 36 (im Folgenden: ZPG) und das Verfahren der zivilen Schlichtung nach dem Gesetz über die zivile Schlichtung37 (im Folgenden: ZSchliG) für diese vergleichende Untersuchung hinzugezogen, aus dem deutschen Recht das arbeitsgerichtliche 36

Minji soshō hō, Gesetz Nr. 109 vom 26.06.1996, ursprünglich Gesetz Nr. 29 aus dem Jahr 1890. 37 Minji chōtei hō, Gesetz Nr. 222 vom 09.06.1951.

D. Aufbau der Arbeit

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Urteilsverfahren nach dem Arbeitsgerichtsgesetz (im Folgenden: ArbGG). Auf eine gesonderte Darstellung insbesondere des deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird jedoch bewusst verzichtet, da eine solche keine neue Erkenntnis bringen würde.

D. Aufbau der Arbeit D. Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert, wobei der Schwerpunkt auf Kapitel 2 und Kapitel 4 liegt. Nach einer kurzen Einleitung in die Thematik in Kapitel 1 dient Kapitel 2 der Einführung in die Begriffe und Dogmatik. Das Kapitel beschäftigt sich eingangs mit der Frage nach der alternativen Streitbeilegung in Deutschland und in Japan; dieser Abschnitt mündet in der Erstellung einer Definition des Begriffs „alternative Streitbelegung“ für die vorliegende Arbeit, d.h. einer Arbeitsdefinition (Kapitel 2 A.III.). Im Anschluss folgt ein Abschnitt über die alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht, der sich mit den Vorteilen der alternativen Streitbeilegung und ihrer besonderen Eignung für den Bereich der arbeitsrechtlichen Konflikte beschäftigt (Kapitel 2 B.). Den Abschluss von Kapitel 2 bildet die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Streitbeilegungsmethoden. Sie werden nach unterschiedlichen Kriterien gruppiert und der Abschnitt endet mit einer Definition der Begriffe „Vermittlung“ (assen), „Schlichtung“ (chōtei) und „Verständigung“ (shinpan), den drei Kernmethoden zur Beilegung individueller Arbeitsstreitigkeiten in Japan (Kapitel 2 C.). Kapitel 3 thematisiert die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanische Verwaltung, wobei der Schwerpunkt auf dem Verfahren auf Zentralstaatsebene, d.h. auf der Vermittlung bei den Arbeitsbehörden nach dem BFördG liegt (Kapitel 2 C.I.). Im Anschluss an die Darstellung der beiden wesentlichen Verfahren auf Präfekturebene (Kapitel 3 B.) folgt eine Analyse der Umsetzung der Verwaltungsverfahren in der Praxis, getrennt nach den einzelnen Verfahren, sowie eine Gegenüberstellung der Ergebnisse (Kapitel 3 C.). Kapitel 3 endet mit einer kritischen Würdigung der administrativen Vermittlungsverfahren (Kapitel 3 D.). Kapitel 4 widmet sich der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanischen Gerichte. Da sich die vorliegende Arbeit auf Verfahren konzentriert, die speziell und ausschließlich der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten dienen, beschränkt sich Kapitel 4 auf eine Untersuchung des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen. Das allgemeine zivilprozessuale Verfahren ist nicht Gegenstand der Arbeit, wird jedoch zur Veranschaulichung als Vergleichsobjekt herangezogen. Kapitel 4 beginnt mit einer Darstellung des Hintergrunds der Entwicklung des VerstGA sowie der umfangreichen Diskussionen zur Ausgestaltung des Verfahrens (Kapitel 4 A.), gefolgt von einer ausführlichen Analyse des Verständigungs-

12

Kapitel 1: Einleitung

verfahrens (Kapitel 4 B.), die sich an geeigneter Stelle immer wieder mit der Frage befassen wird, ob und inwieweit sich die Ziele, die in der Reformgruppe diskutiert wurden, in den einzelnen Vorschriften des VerstGA wiederfinden. Parallel zum Aufbau des dritten Kapitels enthält auch Kapitel 4 einen Abschnitt über die Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis (Kapitel 4 C.) sowie eine kritische Würdigung des Verfahrens (Kapitel 4 D.). Im ausleitenden Kapitel 5 erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse. In Anlage A finden sich Statistiken zur Umsetzung der analysierten Verfahren in der Praxis. Die statistischen Zahlen stammen aus Veröffentlichungen des MGWA, der Präfektur Tokio, der Zentralen Arbeitskommission sowie juristischer Fachzeitschriften. Sie sind der Übersichtlichkeit halber in Diagrammform abgebildet. Auf diese Statistiken wird in den entsprechenden Abschnitten über die Umsetzung der Vermittlungs- und des Verständigungsverfahrens (Kapitel 3 C. sowie Kapitel 4 C.) verwiesen. Zur leichteren Nachvollziehbarkeit der gesetzlichen Regelungen, die für die Arbeit von Bedeutung sind, sind in Anlage B deutsche Übersetzungen der Gesetze und Verordnungen rund um das Verständigungssystem abgedruckt. Übersetzt worden sind das VerstGA, die Verordnung zur Durchführung der Verständigung 38 (im Folgenden: DV VerstGA) sowie die Verordnung zu den Verständigungslaienrichtern39 (im Folgenden: VLaienRVO). Die Übersetzungen hat die Verfasserin selbst angefertigt. Für das BFördG ist eine englische Übersetzung des japanischen Justizministeriums im Internet zugänglich. 40 Anlage C enthält schließlich eine Liste der japanischen Rechtsnormen, die im Text Erwähnung finden, sowie ihre Abkürzung, falls eine solche eingeführt worden ist.

E. Terminologie E. Terminologie

Die Auseinandersetzung mit dem japanischen Recht in deutscher Sprache birgt einige Schwierigkeiten. Sie beginnen mit dem Anspruch, eine verständliche Übersetzung für japanische Begriffe zu finden, eine Aufgabe, die oft nur schwer zu lösen ist, insbesondere, da es nicht für alle Strukturen ein bereits etabliertes Pendant in der deutschen Sprache gibt. Die Verfasserin hat sich dennoch dafür entschieden, allen japanischen Begriffen einen deutschen Be38

Rōdō shinpan kisoku, Verordnung Nr. 2 des Obersten Gerichtshofs vom 11.1.2005. Rōdō shinpan-in kisoku, Verordnung des Obersten Gerichtshofs Nr. 3 vom 11.01.2005, die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass dieser Verordnung findet sich in Art. 9 Abs. 3 Satz 2 VerstGA. 40 Die inoffizielle englische Übersetzung des BFördG durch das japanische Justizministerium ist zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 39

E. Terminologie

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griff zuzuweisen.41 Dies gilt insbesondere auch für den Begriff shinpan, der eine Entscheidungsform des japanischen Rechts beschreibt, die es im deutschen Recht nicht gibt. Die Verfasserin greift auf die begriffliche Neuschöpfung „Verständigung“ zurück, die von Menkhaus eingeführt worden ist. 42 Wichtigen Begriffen wird der japanische Terminus in Klammern und kursiv gedruckt nachgestellt. Die Transkription japanischer Begriffe folgt dabei dem Hepburn-System. 43 Im Hinblick auf die Wortsegmentierung zur leichteren Verständlichkeit der transkribierten Begriffe folgt die Verfasserin den Vorschlägen von Götze. 44

41

Ausnahmen werden an entsprechender Stelle in der Arbeit erläutert, z.B. bei der Verwendung des Begriffs gyōsei shidō, siehe unter Kapitel 3 A.I.b)(2)(a). 42 MENKHAUS , Alternative Streitbeilegung in Japan – Entwicklung bis zum ADRGesetz 2004, in: Hengstl/Sick (Hrsg.), Recht gestern und heute. Festschrift zum 85. Geburtstag von Richard Haase, Wiesbaden 2006, S. 282. Der Begriff „Arbeitsrechtssystem“ für rōdō shinpan seido bei W OLMERATH, 5. Symposium der Deutsch-Japanischen Gesellschaft für Arbeitsrecht in Tokio, in: Arbeit und Recht, 2006, S. 159, zeigt nicht an, dass es sich beim Verständigungssystem um ein System der Streitbeilegung handelt. Der Begriff „Arbeitsprozessgesetz“ für rōdō shinpan hō bei MARUTSCHKE, 2010, S. 206 ist möglicherweise irreführend, denn er suggeriert, dass mit dem Verständigungsgesetz ein streitiges Prozessverfahren ähnlich dem deutschen arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren etabliert worden ist. Die These der vorliegenden Arbeit ist, dass das Verständigungsverfahren ein Verfahren der alternativen Streitbeilegung und kein klassisches streitiges Prozessverfahren ist, weshalb die Verfasserin den Begriff „Verständigung“ nutzt. 43 HADAMITZKY , Kanji und Kana – Die Welt der japanischen Schrift in einem Band – Lernbuch und Lexikon, verbesserte und erweiterte Neuausgabe, München 2012, Tafel 3. Transkription (Hepburn/kunrei), S. 12, 13. 44 GÖTZE , Wortsegmentierungsregeln (nicht nur) für japanische Rechtsbegriffe, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 19, 2005, S. 207–213.

Kapitel 2

Begriffe und Dogmatik Die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten findet in Japan ganz überwiegend nicht im Wege streitiger Auseinandersetzung vor den Gerichten statt, sondern mit Hilfe von Verfahren, deren Ziel die einvernehmliche Beilegung zwischen den Parteien eines Streits ist. Diese Art der Konfliktbewältigung wird als alternative Streitbeilegung bezeichnet und umfasst eine Vielzahl von Methoden der Konfliktlösung. Der Begriff „alternative Streitbeilegung“ wird sowohl in Deutschland als auch in Japan verwendet, ist jedoch weder klar definiert noch wird er einheitlich verwendet. In einem ersten Schritt entwickelt die Verfasserin – unter Zugrundelegung der Diskussionen um die alternative Streitbeilegung in beiden Staaten – eine Definition, um Klarheit zu schaffen, wie der Begriff der alternativen Streitbeilegung in der vorliegenden Arbeit verwendet wird. Auch für die verschiedenen Methoden der Streitbeilegung bestehen keine einheitlichen Definitionen bzw. Kriterien zur Unterscheidung. Für die zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan bedeutsamen Verfahrenstypen Vermittlung (assen), Schlichtung (chōtei) und Verständigung (shinpan) werden somit ebenfalls Arbeitsdefinitionen erstellt. Die Abgrenzung erfolgt dabei wesentlich über die Eingriffsmöglichkeiten und Kompetenzen des mit der Beilegung befassten unparteiischen Dritten sowie die Anbindung an das Prozessverfahren. Unter dem Begriff „Prozessverfahren“ versteht die Verfasserin das streitige gerichtliche Verfahren, das mit einem Urteil abgeschlossen werden kann, d.h. das kontradiktorische Verfahren (im Folgenden als „Prozessverfahren“ und „streitiges Prozessverfahren“ bezeichnet). Der Begriff „streitiges Prozessverfahren“ wird neben dem Ausdruck „Prozessverfahren“ verwendet, um durch die Arbeit hindurch immer wieder deutlich zu machen, dass die gerichtlichen Verfahren der alternativen (d.h. der nicht streitigen) Streitbeilegung nicht von dem Begriff „Prozessverfahren“ umfasst sind. Mit Hilfe der in diesem Kapitel erarbeiteten Struktur werden darüber hinaus die in Kapitel 3 und Kapitel 4 analysierten Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten voneinander abgegrenzt und eingeordnet.

A. Alternative Streitbeilegung

15

A. Alternative Streitbeilegung A. Alternative Streitbeilegung

Der Begriff „alternative Streitbeilegung“ stammt in wörtlicher Übersetzung von der zuerst im amerikanischen Rechtskreis verwendeten Bezeichnung Alternative Dispute Resolution (im Folgenden: ADR). Er wird sowohl im japanischen als auch im deutschen Rechtskreis verwendet. Da die historische Entwicklung in beiden Staaten unterschiedlich war, wird zunächst geprüft, ob der Begriff in übereinstimmender oder unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird. Im Anschluss an die folgende Erörterung wird eine Arbeitsdefinition erstellt. I. Alternative Streitbeilegung in Deutschland In der im deutschen Rechtskreis geführten Diskussion um die alternative Streitbeilegung (Alternativendiskussion) treten zwei Begriffe auf: „alternative Streitbeilegung“ und „außergerichtliche Streitbeilegung“. Beide Ausdrücke werden in der Regel gleichbedeutend verwendet, was genau genommen nicht ganz richtig ist, da es durchaus Verfahren gibt, auf die nicht beide Attribute zutreffen. Einerseits bestehen Verfahren, die den alternativen Beilegungssystemen zugeordnet werden, aber vor den Gerichten stattfinden. 1 Denkt man andererseits an ein Schiedsverfahren, in dessen Rahmen sich die Streitparteien vorab der Entscheidung des Schiedsrichters unterwerfen, ist dieses Verfahren zwar außergerichtlich, erinnert aber stark an die gerichtliche Entscheidung durch Urteil. Die Benutzung beider Begriffe ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die deutsche Diskussion um die Alternativen zwei unterschiedliche Ansätze hatte und insofern verschiedene Ziele verfolgte. Die Unterschiede werden bereits deutlich, wenn man die zu Beginn der Diskussion benutzten Oberbegriffe „Alternativen zum Recht“ und „Alternativen zur Justiz“ 2 be1

Als Beispiel sei die Güteverhandlung im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren genannt, deren Ziel die einvernehmliche Beilegung der Angelegenheit ist und die als Verfahrensabschnitt nicht mit einem Urteil abgeschlossen werden kann. Die Güteverhandlung gilt seit jeher als Verfahrensabschnitt mit alternativem Charakter, siehe dazu H AGER, Konflikt und Konsens – Überlegungen zu Sinn, Erscheinung und Ordnung der alternativen Streitschlichtung, Tübingen 2001, S. 94; R OTTLEUTHNER, Alternativen im gerichtlichen Verfahren, in: Blankenburg (Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz: Berichte, Analysen, Perspektiven, Köln 1982, S. 149; R ÖHL, Erfahrungen mit Güteverfahren, in: Deutsche Richterzeitung, 1983, S. 91; vgl. auch S PINNER, Referat zum Thema „Anforderungen an eine moderne Eingangsinstanz“, in: Rieble (Hrsg.), Zukunft der Arbeitsgerichtsbarkeit, 2. ZAARKongress, München 2005, S. 103. 2 Im Jahr 1980 erschien der 6. Band des Jahrbuchs für Rechtssoziologie und Rechtstheorie unter dem Titel „Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht“, Blankenburg (Hrsg.), Opladen. Zwei Jahre später, wieder herausgegeben von Blankenburg, erschien die Veröffentlichung „Alternativen in der Ziviljustiz: Berichte, Analysen, Perspek-

16

Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

trachtet. Alternative zur Justiz beschreibt wörtlich die Alternative zum gerichtlichen Verfahren. Dieser Teil der Alternativendiskussion beschäftigte sich seit Ende der 1970er Jahre insbesondere mit der Problematik der Überlastung und der Kosten der Gerichte sowie den Mängeln des Justizwesens und suchte dementsprechend nach außergerichtlichen Verfahren als Alternative. Unter Mängeln des Justizsystems verstand man kurz gesagt, dass das justizielle Verfahren für eine Vielzahl von Konflikten zu aufwendig, zu teuer und vor allem deshalb ungeeignet sei, weil es mit seinen Mechanismen diese Konflikte letztlich nicht befriedigend lösen könne. 3 In diesem Sinne sind Alternativen zur Justiz streng genommen nur außergerichtliche Verfahren. Dem steht der Begriff „Alternativen zum Recht“ gegenüber, der sich dem Thema allgemeiner nähert und die Alternativensuche nicht auf außergerichtliche Verfahren zur Streitbeilegung beschränkt. Dieser Teil der Alternativendiskussion fragt danach, ob Streitbeilegung mit anderen Mitteln als dem des Urteils erfolgen kann. Es stehen sich nicht mehr das gerichtliche und das außergerichtliche Verfahren als Begriffspaar gegenüber, sondern das streitige Verfahren, das durch bindende Entscheidung eines Dritten enden kann, und das nicht streitige, alternative Verfahren. Eine Alternative kann somit auch als gerichtliches Verfahren ausgestaltet sein. Der Aspekt trat bereits zu Beginn der Alternativendiskussion mit der Erkenntnis zu Tage, dass Alternativen zur Justiz oft nur Alternativen zum Richten und daher auch innerhalb von (bestehenden) Gerichtsverfahren zu finden seien. 4 Dieses Verständnis des Terminus „alternativ“ besteht auch zu Beginn des neuen Jahrtausends noch fort. Hager stellt der alternativen Streitbeilegung, die er „alternative Streitschlichtung“ nennt, 5 ebenfalls die richterliche Entscheidung und nicht das Verfahren vor Gericht als solches gegenüber. Er benennt zwei Möglichkeiten der Konfliktlösung: den Konsens der Parteien und die autoritative Entscheidung eines Dritten. 6 Dass alternative Verfahren der Streitbeilegung in Deutschland nicht zwingend außergerichtliche Verfahren sein müssen, zeigt z.B. das ZPO-Reformgesetz, 7 denn seit 2002 ist wie im arbeitsgerichtlichen

tiven“, Köln 1982, mit verschiedenen Beiträgen über Alternativen zur Justiz. Die Begriffe werden in der späteren Diskussion teilweise wieder aufgegriffen, vgl. R EHBINDER, Rechtssoziologie, 5. Auflage, München 2003, Rn. 155 ff.; P RÜTTING, Verfahrensrecht und Mediation, in: Breidenbach/Henssler (Hrsg.), Mediation für Juristen: Konfliktbehandlung ohne gerichtliche Entscheidung, Köln 1997, S. 59. 3 RÖHL /RÖHL, Alternativen zur Justiz, in: Deutsche Richterzeitung, 1979, S. 33. 4 ROTTLEUTHNER, 1982, S. 147. 5 So bereits im Untertitel seines Werks „Konflikt und Konsens: Überlegungen zu Sinn, Erscheinung und Ordnung der alternativen Streitschlichtung“ (H AGER, 2001). 6 HAGER, 2001, S. 1. 7 Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001.

A. Alternative Streitbeilegung

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Urteilsverfahren vor Beginn der mündlichen Verhandlung im Zivilprozess eine Güteverhandlung durchzuführen.8 II. Alternative Streitbeilegung in Japan In der japanischen Diskussion trifft man auf dieselben Begriffe wie im deutschen Rechtskreis: „außergerichtliche Streitbeilegung“ (saiban-gai no funsō kaiketsu) und „alternative Streitbeilegung“. Im Hinblick auf die Bezeichnung „alternativ“ hat sich allerdings nicht das japanische Pendant daitaiteki (alternativ), sondern der englische Begriff Alternative Dispute Resolution in seiner Abkürzung ADR durchgesetzt. 9 Wie in Deutschland werden die Begriffe „alternativ“ und „außergerichtlich“ in der Regel auch in Japan bedeutungsgleich verwendet. Ein anschauliches Beispiel ist das Gesetz über die Förderung der Nutzung außergerichtlicher Streitbeilegungssysteme, 10 das 2004 in Kraft trat und mit ADR-Gesetz (ADR hō) abgekürzt wird (im Folgenden: ADR-Gesetz). 11 Der Rückgriff auf eine englische Bezeichnung ist im Hinblick auf Japans lange Tradition mit verschiedenen Arten der alternativen Streitbeilegung überraschend. Die Nutzung von Systemen zur Beilegung von Streitigkeiten, die eine Versöhnung der Parteien zum Ziel haben, geht in Japan wenigstens bis in die Anfänge der Edo-Zeit (1603–1868) und somit Jahrhunderte zurück. 12 Teilweise werden die Vorläufer der Schlichtung sogar vor Tausenden

8

§ 278 Abs. 2 ZPO. So auch ZINGSHEIM, ADR (Alternative Dispute Resolution) nach japanischem Recht unter besonderer Berücksichtigung der Beilegung ziviler Streitigkeiten über Umweltverschmutzung (Diss.), Bonn 2003, S. 83. 10 Saiban-gai funsō kaiketsu tetsuzuki no riyō no sokushin ni kan suru hōritsu, Gesetz Nr. 151 vom 01.12.2004. 11 YAMAMOTO/YAMADA, ADR chūsai hō [Gesetz über ADR und Schiedsverfahren], Tokio 2008, S. 6. 12 Einen historischen Abriss zu Schlichtung und ADR in Japan bieten u.a. M ENKHAUS , 2006, S. 281–291; B AUM /SCHWITTEK, Mediation in Japan – Entwicklung und Praxis der außergerichtlichen Streitbeilegung, in: Hopt/Steffek (Hrsg.), Mediation ‒ Rechtstatsachen, Rechtsvergleich, Regelungen, Tübingen 2008, S. 486–566; B AUM /SCHWITTEK, Tradierte Moderne? Zur Entwicklung, Begrifflichkeit und Bedeutung von Schlichtung und Mediation in Japan, Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 26, 2008, S. 5–31 (im Folgenden: BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 26, 2008); ISHIBE, Das Schlichtungswesen aus rechtshistorischer und rechtsvergleichender Sicht, in: Kroeschell (Hrsg.), Recht und Verfahren, Heidelberg 1993, S. 215–236; ein Überblick findet sich bei ZINGSHEIM, 2003, S. 91 ff.; TAKAHASHI, waga kuni ni okeru chōtei seido no rekishi [Die Geschichte des Schlichtungssystems in Japan], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 50 f.; für eine Einführung in die Entwicklung des japanischen Rechts siehe D AVIS, Dispute Resolution in Japan, Den Haag 1996, S. 19 ff. 9

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

von Jahren vermutet. 13 Ursprünglich fanden diese viel genutzten Verfahren außerhalb der Gerichte statt, was die historische Erklärung dafür liefern könnte, dass sich der Begriff „außergerichtlich“ auch in Japan eingebürgert hat. Weshalb in Japan insbesondere zivilrechtliche Streitigkeiten traditionell fast ausschließlich im Wege alternativer Beilegungsmethoden erledigt wurden und diese Art der Konfliktlösung auch gegenwärtig stark verbreitet ist, ist auf verschiedene Ursachen zurückgeführt worden, die in zwei sich diametral entgegenstehenden Auffassungen Ausdruck finden. Die „traditionelle Auffassung“ sieht den Ursprung der Konzentration auf eine Konflikterledigung im Kompromisswege in einem in der japanischen Kultur verwurzelten genuinen Hang zu Einigkeit und Harmonie. 14 Dies wird unter anderem auf den Einfluss des Buddhismus und des Konfuzianismus zurückgeführt, wonach die Beziehung zwischen den Menschen in den Fokus rücke, nicht das Individuum. Die Betonung liege auf der Einhaltung gesellschaftlicher Harmonie und der Achtung hierarchischer Strukturen. 15 Darüber hinaus seien die japanische Familie und auch die Gesellschaft traditionell durch besondere Verhaltensregeln und Pflichten (giri ninjō) geprägt, die innerhalb der sozialen Beziehung bestimmte Verhaltensweisen zur Wahrung der harmonischen Beziehungen verlangten. 16 In einer solchen Gesellschaft könne ein Streit nur beigelegt werden, indem der konkrete Konflikt zur Zufriedenheit aller aufgelöst werde. 17 Eine Schwarz-Weiß-Entscheidung, wie Gerichte sie fällen, könne demgegenüber dem Harmoniebedürfnis nicht ge-

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P ORT /MCALINN , Comparative Law – Law and Legal Process in Japan, Second Edition, Durham 2003, S. 428. 14 So etwa NODA, The Far Eastern Conception of Law, in: International Encyclopedia of Comparative Law, Vol. II, The Legal Systems of the World. Their Comparison and Unification, Tübingen 1975, S. 120–137; N ODA, Introduction to Japanese Law (1976), in: Comparative Law – Law and the Legal Process in Japan, Durham 2003, S. 93–100; K AWASHIMA, Dispute Resolution in Contemporary Japan, in: von Mehren (Hrsg.), Law in Japan: The Legal Order in a Changing Society, Cambridge/Tokyo 1964, S. 41–72; KIM /LAWSON , 1979, S. 491–513; SENGER, Über das Normenbewusstsein der Japaner, in: Zeitschrift für Rechtsvergleichung, 1981, S. 265–282; Überblick über die widerstreitenden Ansichten bei BAUM, Aus fremder Quelle – Rechtsdenken, Rechtssystem und Rechtswirklichkeit in Japan – Rechtvergleichung mit Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 2, 1996, S. 86–109; H ATTORI, Rechtsbewusstsein und Effektivität des Rechts in der japanischen Gesellschaft, in: Tomandl/Aigner (Hrsg.), Arbeits- und sozialrechtliche Probleme in Klein- und Mittelbetrieben / Ein Vergleich zwischen Japan und Österreich, Wien 2000, S. 1–4; KINOSHITA, Legal System and Legal Culture in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 11, 2001, S. 7–35. 15 BAUM, 1996, S. 90. 16 KIM /LAWSON, 1979, S. 499, 500; zu giri ninjō siehe ebenfalls SENGER, 1981, S. 269 ff.; NODA, 1975, S. 134 f. 17 NODA, 1975, S. 133; KIM /LAWSON , 1979, S. 50.

A. Alternative Streitbeilegung

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recht werden. 18 Das Recht mit seiner abstrakt-generellen Konzeption stehe nach dieser Auffassung der japanischen Denkweise, der Betonung des Konkreten und Einzigartigen der einzelnen Beziehung entgegen.19 Im Prinzip als Kehrseite des Harmoniestrebens fehle den Japanern das Rechtsbewusstsein, 20 was als Begründung für die im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen zahlenmäßig geringe Nutzung der Gerichte vorgetragen wird. Das Bewusstsein, aufgrund des objektiven Rechts Träger subjektiver Rechte zu sein, und diese durchzusetzen wird von der traditionellen Auffassung als ein Charakteristikum der Gesellschaften in Europa und den USA angesehen. 21 Oftmals wird darauf verwiesen, dass dem japanischen Volk nach der MeijiRestauration 22 ein Rechtssystem übergestülpt wurde, das sich nicht langsam innerhalb der Gesellschaft hatte entwickeln können und das daher nicht das Gerechtigkeitsempfinden im Volk widerspiegele. 23 Aus diesem Grund wichen Japaner in die einvernehmliche Beilegung aus, da sie sich dort nicht den (als unpassend empfundenen) rechtlichen Regelungen zu unterwerfen haben. 24 In 18

KINOSHITA, 2001, S. 23, 24; vgl. KIM /LAWSON, 1979, S. 507. NODA, 1975, S. 133; RAHN , 1990, S. 31, 32, beschreibt unter der Überschrift „Konkret und intuitiv statt abstrakt und diskursiv“ als ein Merkmal der japanischen Denkart die „Bevorzugung in der Wirklichkeit vorhandener – d.h. konkreter – Gegenstände, die der unmittelbaren Anschauung zugänglich – d.h. intuitiv wahrnehmbar – sind, gegenüber abstrakten, denkgesetzlichen Betrachtungen.“ 20 NODA, 2003, S. 95; HATTORI, 2000, S. 1, 2; RAHN , Recht und Rechtsverständnis in Japan, in: Fikentscher (Hrsg.), Entstehung und Wandel rechtlicher Traditionen, München 1980, S. 485, zur Familienstruktur in der Tokugawa-Zeit (1603–1867): „Das gesellschaftliche Leben richtete sich nicht nach abstrakten, rationalen Rechtsnormen, sondern nach Brauchtum und Sitte. [...] Es gab keine individualistischen Träger von Rechten, sondern nur die konfuzianisch vorgegebene persönliche Zuordnung zu einer Gruppe [...].“ 21 Von der „typisch deutschen“ Streitsucht und Japan als dem „goldenen Garten der Harmonie“ spricht G OTTWALD , Verfahrensmäßige Bedingungen alternativer Konfliktregelung, in: Brand/Strempel (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift für Erhard Blankenburg zum 60. Geburtstag, Baden-Baden 1998, S. 636. 22 Als Meiji-Restauration wird der politische Umbruch in Japan in den Jahren ab 1868 bezeichnet. 23 HIROWATARI, 2000, S. 160. 24 MENKHAUS , 2006, S. 285; ISHIBE, 1993, S. 228; R OKUMOTO, Tschotei (Schlichtung) – Eine japanische Alternative zum Recht: Verfahren, Praxis, Funktionen, in: Blankenburg (Hrsg.), Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 6, Opladen 1980, S. 394; ein Beispiel aus der japanischen Verfassung bei L LOMPART, Rechtsphilosophie in Japan und japanische Rechtsphilosophie, in: Menkhaus (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München 1994, S. 17; zur „Europäisierung Japans“ nach der Meiji-Restauration siehe K AWAKAMI, Ist eine universale Rechtphilosophie überhaupt möglich?, in: Menkhaus (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München 1994, S. 26, 27; Takeshita spricht von einem Import der Rechtswissenschaft, siehe T AKESHITA, Universalität und Spezialität in der Rechtsphilosophie, in: Menkhaus (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München 1994, S. 34. 19

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

eine ähnliche Richtung geht die Auffassung von Hoshino, wonach das japanische Zivilgesetz als kodifiziertes Recht nur wenig Gewicht in der japanischen Gesellschaft habe, da die sozialen Beziehungen nicht durch die zivilrechtlichen Regelungen, sondern durch andere gesellschaftliche Normen bestimmt würden. Die unterstellte Abneigung gegen das Recht und gegen Prozessverfahren sei daher eher eine Abneigung gegen das übernommene westliche Recht und nicht eine Abneigung gegen jedwede Form des Rechts. 25 Die „moderne Auffassung“ hält diese Erklärung zu den geistesgeschichtlichen Unterschieden für einen Mythos, eine erfundene Tradition. 26 Sie führt die Nutzung der alternativen Streitbeilegungsmethoden auf ein schon immer unzureichend entwickeltes Justizwesen zurück, 27 welches negative Anreize schaffe, sich besser nicht auf ein gerichtliches Verfahren einzulassen. Ein Beispiel aus der Edo-Zeit (1603–1868) macht dies deutlich: Beharrten die Parteien eines Rechtsstreits vor Gericht, in dem sie sich lediglich kriechend fortbewegen durften,28 auf ihren Ansichten, ohne Kompromissbereitschaft zu zeigen, lautete die Entscheidungsregel kenka ryō-seibai, was so viel heißt wie „Wenn zwei sich streiten, werden sie beide bestraft.“ 29 Auch in jüngerer Vergangenheit wurde bemängelt, dass die geringe Zahl an Rechtsanwälten, die finanzielle und psychische Belastung, die Formalitäten bei den Gerichten sowie schlecht entwickelte Unterstützungsprogramme die Japaner von der Inanspruchnahme gerichtlicher Verfahren abhielten. 30 Mit der umfassenden Reform des Justizwesens Ende der 1990er Jahre wurde versucht, die bestehenden Zugangsbarrieren zur Justiz abzubauen. Der Verlauf und die Schwerpunktsetzung dieser Reform werden für den Bereich der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im späteren Verlauf der Arbeit detailliert untersucht. 31 Bei einer so langen Tradition der alternativen Streitbeilegung hätte die Vermutung nahegelegen, dass sich ein eigener japanischer Begriff für diese 25

law“.

HIROWATARI, 2000, S. 159; a.A. N ODA, 2003, S. 93: „In a word, Japanese do not like

26 So bereits die Titel der Beiträge von H ALEY, „The Myth of the Reluctant Litigant”, in: The Journal of Japanese Studies 4/2, 1978, S. 359–390, und von U PHAM, Weak Legal Consciousness as Invented Tradition, in: Comparative Law – Law and the Legal Process in Japan, Durham 2003, S. 101–113. 27 So etwa ISHIBE, 1993, S. 218, mit Verweis auf Ōki; NISHITANI, 2003, S. 369; HIROWATARI, 2000, S. 164, der von „a severe shortage of applicable legal apparatus” spricht; DAVIS, 1996, S. 80 bemängelt “several […] weaknesses in the judicial system”; vgl. auch BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 26, 2008, S. 487 ff., sowie MENKHAUS, 2006, S. 284 ff. (unter III. Geschichte), deren historische Abrisse die Schwächen des Justizsystems und die Reformbestrebungen aufzeigen. 28 RAHN , 1980, S. 489, Fn. 66. 29 MENKHAUS , 2006, S. 285; R AHN, 1980, S. 489. 30 Stellvertretend SUGENO, 2006, S. 6. 31 Siehe Kapitel 4 A.

A. Alternative Streitbeilegung

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besonderen Methoden der Streitbeilegung entwickelt hätte und nicht auf einen Begriff aus dem englischen Sprachraum zurückgegriffen worden wäre. Das es dennoch geschehen ist, führt Menkhaus darauf zurück, dass in der Gegenwart alles, was Englisch ist, eine hohe Anziehungskraft besitze, ein „Trend“, der nicht nur in Japan, sondern auch in Deutschland recht ausgeprägt sei. 32 Weder aus der traditionellen noch aus der modernen Auffassung folgt, dass alternative Verfahren in Japan im engen Sinn als tatsächlich außergerichtliche Verfahren verstanden werden. Im Gegenteil, in der japanischen Rechtswissenschaft sind diejenigen gerichtlichen Verfahren, deren Zielsetzung die einvernehmliche Beilegung zwischen den Streitparteien ist, im Grundsatz als alternative Streitbeilegungsformen anerkannt. Prominentes Beispiel ist die zivile Schlichtung (minji chōtei), die grundsätzlich vor den einfachen Gerichten stattfindet und als – nach japanischer Ausdrucksweise – ADR-Verfahren angesehen wird.33 III. Arbeitsdefinition Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Ein Teil der untersuchten Streitbeilegungssysteme sind 32 MENKHAUS , 2006, S. 282. Es ist in der Tat auffällig, wie oft sich Japaner, aber auch Deutsche, in jüngerer Vergangenheit englischer Begriffe zur Beschreibung aktueller Phänomene bedienen. Im für diese Arbeit relevanten arbeitsrechtlichen Bereich werden zahlreich Begriffe verwendet, die aus dem englischen Sprachraum stammen: Die Allgemeinen Beratungsstellen bei den Arbeitsbehörden, die eine Art Erstberatung anbieten, werden auf Japanisch als wan sutoppu sābisu (One Stop Service) bezeichnet, die öffentlichen Stellen zur Sicherung der Beschäftigung, die mit den deutschen Agenturen für Arbeit vergleichbar sind, sind unter der Bezeichnung harō wāku (Hello Work) bekannt. Genau in diesem Bereich hat sich jedoch auch im deutschen Sprachgebrauch eine englische Bezeichnung, namentlich das Job Center, eingebürgert. Telefonische Beratungsleistungen können in Japan wie in Deutschland über hottorain (Hotline) abgefragt werden. Japanische Präfekturen verfügen über die Kompetenz, für Arbeitsangelegenheiten besondere Dienstleistungsstellen der Verwaltung einzurichten, die allgemein rōdō gyōsei sābisu (Service) genannt werden, wobei sich „Service“-Angebote auch in Deutschland vermehrt finden lassen. In Unternehmen wird „Mobbing“ verübt und die Frage, wie sich das Arbeitsleben am besten mit der Familie vereinbaren lässt, wird unter dem Stichwort wāku raifu baransu (WorkLife-Balance) diskutiert. Wer in den Sommermonaten einmal in einem japanischen Unternehmen zu Gast sein darf, wird sich an kūru bizu (Cool Business) oder in der verstärkten Variante an supā kūru bizu (Super Cool Business) und der damit gemeinten weniger strengen Kleiderordnung in der schwülheißen Sommerzeit erfreuen. 33 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 8, Abb. 1.1; M URATA, kobetsu rōdō funsō kaiketsu sokushin hō ni motozuku funsō chōsei i’in-kai ni yoru assen no jissai [Die Vermittlung durch die Streitregulierungskommission nach dem BFördG in der Praxis]; 59. Mitteilung des Forschungsinstituts für allgemeine Angelegenheiten der Universität Matsuyama, 2009, S. ii, Abb. 1.

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

gerichtliche Verfahren, die nicht mit dem für das Prozessverfahren typischen Urteil enden. 34 Um diese Verfahrensarten begrifflich von den klassischen gerichtlichen Prozessverfahren abgrenzen zu können, ist eine Unterteilung in gerichtliche und außergerichtliche Verfahren nicht zielführend. Alternative Streitbeilegungsverfahren werden daher nicht im engen Sinne als außergerichtliche Verfahren verstanden, sondern in der Bedeutung nicht streitiger Verfahren, also als Alternative zur Entscheidung durch Urteil, verwendet. Entscheidend für die Bestimmung eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens ist damit nicht, wo das Verfahren stattfindet (gerichtlich oder außergerichtlich), sondern wie ein Verfahren zu einem Abschluss gebracht wird (durch verbindliche streitige Entscheidung eines Dritten oder auf andere Weise). In diesem Sinne versteht die Verfasserin den Begriff „alternative Streitbeilegung“. Nach dieser Definition fallen Schiedsverfahren (chūsai tetsuzuki) nicht in den Bereich der alternativen Streitbeilegung, denn sie erinnern stark an die gerichtliche Entscheidung durch Urteil. Der Schiedsrichter fällt eine Entscheidung, die für die Parteien verbindlich ist. In der japanischen Literatur werden Schiedsverfahren allerdings als ADR-Verfahren angesehen. 35 Begründet wird dies damit, dass dem Schiedsverfahren ein Moment der Einigung zwischen den Parteien inhärent sei, nämlich dann, wenn sie sich gemeinsam für ein Schiedsverfahren entscheiden und sich dessen Ergebnis im Voraus unterwerfen. Entscheidend für die Einordnung als alternatives Verfahren ist nach Ansicht der Verfasserin jedoch, wie groß der Einfluss der Parteien auf den inhaltlichen Ausgang der Streitigkeit, nicht der auf den Einstieg in das Beilegungsverfahren ist. Hinsichtlich der Entscheidung kommt es jedoch im Schiedsverfahren auf die Zustimmung der Parteien gerade nicht an. Für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan und damit für diese Arbeit sind Schiedsverfahren nicht von Bedeutung, so dass die unterschiedliche Einordnung der Schiedsverfahren an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden muss.

34 Das Verständigungsverfahren endet nicht mit einem Urteil, sondern mit einem Spruch, siehe unter Kapitel 4 B.VIII.b). Die Güteverhandlung vor den deutschen Arbeitsgerichten darf ebenfalls nicht mit einer einseitigen Entscheidung durch den Richter enden. 35 MURATA, 2009, S. ii, Abb. 1; YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 8, Abb. 1.1.

B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht

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B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht

I. Vorteile der alternativen Streitbeilegung im Allgemeinen a) Vorteile der alternativen Streitbeilegung aus deutscher Sicht Die Vorteile alternativer Beilegungsmethoden sind in der deutschen Literatur ausführlich besprochen worden und ergeben sich als unmittelbares Gegenstück aus den Nachteilen der Beilegung durch autoritative Entscheidung eines Dritten im Prozessverfahren. 36 Die Schwierigkeiten beginnen dort bereits mit dem Zugang. Die Kosten und die Dauer eines Prozessverfahrens sowie das formalisierte Verfahren stellen für viele Personen bereits eine nicht unbedeutende Barriere dar. Die Sprache der Juristen ist für juristisch nicht geschulte Streitbeteiligte eine oftmals schwer zu nehmende Hürde. 37 Der einer rechtlichen Streitigkeit zugrunde liegende Konflikt wird im streitigen Verfahren nicht in seiner Gesamtheit betrachtet. Lediglich die für die rechtliche Bewertung relevanten Fakten werden gehört; eine Ausweitung auf rechtlich Irrelevantes erfolgt im Prozess nicht. 38 Diese selektive Verarbeitung der Realität macht die prozessualen Verfahren zwar effizient, das gesamte Problemumfeld kann in ihnen jedoch nicht berücksichtigt werden. 39 Im Hinblick auf die Entscheidung gibt es im streitigen Verfahren keinen Mittelweg: Ein Verhalten war entweder rechtmäßig oder rechtswidrig, die Tatsache konnte bewiesen werden oder sie ist irrelevant, eine der Parteien obsiegt und die andere unterliegt. Dazwischen existiert nichts. Dieser binäre Schematismus der streitigen

36 Zu den jeweiligen Vor- und Nachteilen von streitigen und alternativen Beilegungsverfahren in der deutschen Literatur vgl. R ISSE, Wirtschaftsmediation, in: Neue Juristische Wochenschrift, 2000, S. 1618 ff.; H OFFMANN -RIEM, Mediation als moderner Weg zur Konfliktbewältigung, in: Brand/Strempel (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift für Erhard Blankenburg zum 60. Geburtstag, Baden-Baden 1998, S. 649–664; R EHBINDER, 2003, Rn. 151, 152; M ÄHLER/MÄHLER, Streitschlichtung – Anwaltssache, hier: Mediation, in: Neue Juristische Wochenschrift, 1997, S. 1264; P RÜTTING, 1997, S. 58, 62, 65, 66; STREMPEL, Außergerichtliche Streitbeilegung – Konjunktur, Hintergründe und Perspektiven, in: Gottwald/Strempel (Hrsg.), Streitschlichtung: rechtsvergleichende Beiträge zur außergerichtlichen Streitbeilegung, Köln 1995, S. 192, 194; P RÜTTING, Schlichten statt Richten?, in: Juristenzeitung, 1985, S. 262, 263, 266–271; G OTTWALD, Alternative Dispute Resolution und Zugang zum Recht, in: Faber/Frank (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft: Festschrift für Ekkehart Stein zum 70. Geburtstag am 24.9.2002, Tübingen 2002, S. 233–243; zum Aspekt des Rechtsfriedens vgl. R OTTLEUTHNER, Zum Rechtsfrieden, in: Brand/Strempel (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift für Erhard Blankenburg zum 60. Geburtstag, Baden-Baden 1998, S. 683–692. 37 REHBINDER, 2003, Rn. 151. 38 HOFFMANN -RIEM, 1998, S. 652; RISSE, 2000, S. 1618, nennt dies „starres Positionsdenken.“ 39 HOFFMANN -RIEM, 1998, S. 652.

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

Verfahren führt zu den für sie so typischen Schwarz-Weiß-Entscheidungen. 40 Ein Urteil ist also kompromisslos. Letztlich ist das Urteil vergangenheitsorientiert, denn es bewertet einen Sachverhalt, der bereits abgeschlossen ist. 41 Im Rahmen der alternativen Streitbeilegungsverfahren besteht demgegenüber eine große Bandbreite von Lösungsmöglichkeiten, die flexible, der Situation angemessene Ergebnisse ermöglicht. Alternative Verfahren sind günstiger, meist kürzer und zeichnen sich durch eine informelle Verhandlungssituation aus. 42 Die alternativen Verfahren bieten die Möglichkeit, eine umfassende, zukunftsorientierte und friedensstiftende Regelung zu treffen. 43 b) Vorteile der alternativen Streitbeilegung aus japanischer Sicht Auf japanischer Seite beschreiben Yamamoto und Yamada die Charakteristika der alternativen Verfahren wie folgt: Sie ermöglichten eine einfache, schnelle und günstige Beilegung. 44 Die Beilegung beruhe auf der Freiwilligkeit der Streitbeteiligten, die selbstständig zu einem Ergebnis kommen. 45 Sie seien im Hinblick auf ihre Beilegung nicht auf die gesetzlich festgelegten Rechte und Pflichten beschränkt, sondern orientierten sich in erster Linie an den tatsächlichen Umständen.46 Insgesamt führe dies zu einer Verbesserung des Zugangs zur Gerechtigkeit, die Rechtsdurchsetzung werde vereinfacht. 47 Yamamoto und Yamada sprechen einen weiteren Punkt an, der aus deutscher Sicht vor dem Hintergrund einer ausgebauten Fachgerichtsbarkeit eher nicht als ein besonderes Merkmal alternativer Verfahren aufgefasst wird: die Hinzuziehung von Fachleuten. Mit Hilfe der Kenntnisse von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen könnten besonders genaue und sorgfältige Lösungen gefunden werden. 48 Für den Bereich individueller Arbeitsrechtsstreitigkeiten ist dies in Japan in der Tat von besonderer Bedeutung, denn Japan verfügt nicht über eine eigene Fachgerichtsbarkeit für Arbeitssachen. Arbeitsrechtliche Konflikte werden vor den Zivilgerichten entschieden. 49 Richter, die sich speziell mit der Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte befassen, und die Beteiligung von Fachlaien, die man aus dem deutschen ar40

Vgl. MÄHLER/MÄHLER, 1997, S. 1264. RISSE, 2000, S. 1614. 42 MÄHLER/MÄHLER, 1997, S. 1264; P RÜTTING, 1997, S. 58. 43 EIDENMÜLLER, Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation: Möglichkeiten und Grenzen privatautonomen Konfliktmanagements, in: Breidenbach, (Hrsg.), Konsensuale Streitbeilegung, Bielefeld 2001, S. 49; siehe auch R ISSE, 2000, S. 1619; PRÜTTING, 1985, S. 262, 267. 44 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12. 45 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12. 46 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12. 47 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 13. 48 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12. 49 SUGENO, 2006, S. 5; NISHITANI, 2003, S. 356. 41

B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht

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beitsgerichtlichen Verfahren kennt, gibt es im japanischen streitigen Prozessverfahren nicht,50 so dass die Beteiligung von Arbeitsrechtsexperten in alternativen Verfahren durchaus als Vorteil dieser Verfahren gewertet werden kann. Neben den Vorteilen der alternativen Streitbeilegung werden auch die Nachteile der justiziellen Verfahren in Japan diskutiert. Prozessverfahren verursachen durch ihre Kosten und lange Dauer finanzielle und psychologische Hemmschwellen. 51 Als weitere Nachteile werden die geringe Zahl an Rechtsanwälten, die Formalitäten bei den Gerichten und schlecht entwickelte Unterstützungsprogramme angesehen. 52 Die Diskussion in Japan und Deutschland stimmt somit im Wesentlichen überein. II. Besondere Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten für die alternative Streitbeilegung Arbeitsrechtliche Streitigkeiten gelten sowohl in Japan als auch in Deutschland als Konflikttypus, für den sich die alternativen Beilegungsmethoden in besonderer Weise eignen. Einige Autoren halten die alternative Streitbeilegung für arbeitsrechtliche Streitigkeiten sogar für notwendig. 53 Sowohl in der japanischen als auch in der deutschen Diskussion spielt die Dauerhaftigkeit des Arbeitsverhältnisses (keizokuteki na kankei) die entscheidende Rolle. Dadurch, dass die Beteiligten im Grundsatz trotz der Streitigkeit weiter aneinander gebunden sind, gewinnt das versöhnende Element einvernehmlicher

50

NISHITANI, 2003, S. 357. TAKAGI , 2000, S. 10. 52 SUGENO, 2006, S. 6. Die Zahl der in Japan zugelassenen Rechtsanwälte ist im Vergleich zu den Zahlen, die man aus Deutschland kennt, überraschend gering. Im Jahr 2011 waren ca. 30.000 Rechtsanwälte registriert, siehe „White Paper on Attorneys 2011“, herausgegeben von der Japan Federation of Bar Associations, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). In Deutschland sind demgegenüber fast 160.000 Rechtsanwälte zugelassen (Stand 2012), siehe „Große Mitgliederstatistik zum 01.01.2012“, herausgegeben von der Bundesrechtsanwaltskammer, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). Darüberhinaus gibt es in Japan kein ausgebautes System von Rechtsschutzversicherungen. Für die Beilegung von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten können Versicherungen gar nicht abgeschlossen werden. 53 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 118; SUGENO, shihō seido kaikaku to rōdō kankei jiken [Die Reform des Justizsystems und Arbeitsrechtliche Fälle], Bericht für die 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000, S. 3, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015); H AGER, 2001, S. 52. 51

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

Beilegungsmethoden für Arbeitsstreitigkeiten an Bedeutung. 54 Auf die Entscheidung des Richters nehmen nur die rechtlich relevanten Tatsachen Einfluss, so dass die prozessuale Konfliktregelung aus juristischer Sicht bereits als gelungen gilt, wenn der akute Streit beendet ist. Dadurch, dass das Arbeitsverhältnis auch während und nach der Streiterledigung andauert, steht die Regulierung der in der Vergangenheit entstandenen Probleme bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten nicht immer im Fokus. Sinnvoller wären dann oftmals alternative Verfahren, in deren Rahmen eine Klärung der Situation auch über die rechtlich relevanten Fragen hinaus erfolgen und zur Normalisierung des Verhältnisses zwischen den Streitenden beitragen kann. a) Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten aus deutscher Sicht In der deutschrechtlichen Diskussion besteht Einigkeit darüber, dass arbeitsrechtliche Streitigkeiten im Grundsatz für eine Beilegung mittels alternativer Erledigungsmethoden besonders geeignet sind. Es haben sich im Laufe der Zeit aber verschiedene Modelle zur Einordnung von Konflikttypen entwickelt. Hager bezeichnet Streitigkeiten, die er für eine Beilegung durch alternative Verfahren als besonders geeignet empfindet, als „interpersonelle Konflikte“, zu denen er neben den arbeitsrechtlichen auch die familienrechtlichen, erbrechtlichen und nachbarschaftlichen zählt. 55 Diese Konflikte erwachsen aus einer auf Dauer angelegten Beziehung zwischen den Parteien. 20 Jahre zuvor hatten Falke und Gessner das Arbeitsverhältnis etwas anders bewertet und spalten das, was Hager unter interpersonell versteht, in „personenbezogene“ und „rollenbezogene Konflikte“ auf, wobei sie das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. zwischen Arbeitskollegen in der Regel als rollenbezogen und damit etwas weniger komplex als das personenbezogene Verhältnis zwischen Familienangehörigen, Freunden und Nachbarn verstehen.56 Die Geeignetheit familienrechtlicher und nachbarschaftlicher Streitigkeiten für eine interne Lösung wird hier also höher eingeschätzt als die arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Allerdings wird die Komplexität der personenbezogenen Beziehungen nur auf ein Kriterium gestützt, darauf nämlich,

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SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 53; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 118; TAKAGI, 2000, S. 23; H AGER, 2001, S. 52; siehe auch kobetsu funsō shori shisutemu no genjō to kadai [Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], chōsa kenkyū hōkoku [Untersuchungs- und Forschungsbericht], No. 65, rōdō seikaku kenkyū kenshū kikō [Japan Institute of Labour Policy and Training], 1995, S. 14, 15 (im Folgenden: JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995). 55 HAGER, 2001, S. 52. 56 FALKE /GESSNER, Konfliktnähe als Maßstab für gerichtliche und außergerichtliche Streitbehandlung, in: Blankenburg (Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz: Berichte, Analysen, Perspektiven, Köln 1982, S. 300.

B. Alternative Streitbeilegung im Arbeitsrecht

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dass sich die Parteien sehr gut kennen.57 Dies wird für langjährige Geschäftspartner anerkannt, so dass nach Ansicht der Verfasserin Arbeitsverhältnisse durchaus auch einen solch personenbezogenen Charakter aufweisen können. Ob personenbezogene (familienrechtliche) von rollenbezogenen (arbeitsrechtlichen) Konflikten anhand eines so schwammigen Kriteriums wie dem des Sich-gut-kennens strikt abgegrenzt werden können, ist zweifelhaft. Allerdings wird sowohl für die personenbezogenen als auch für die rollenbezogenen Konflikte die Beilegung durch einen Richter im Rahmen eines formellen streitigen Verfahrens nicht als passende Lösung angesehen, 58 so dass auch Falke und Gessner die Geeignetheit von Arbeitsstreitigkeiten für die alternativen Streitbeilegungsverfahren letztlich nicht in Frage stellen. b) Eignung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten aus japanischer Sicht In der japanischen Literatur wird ebenfalls diskutiert, dass der einvernehmlichen Beilegung ohne klares Obsiegen der einen und deutliche Niederlage der anderen Partei im Bereich arbeitsrechtlicher Streitigkeiten besondere Bedeutung zukommt, da die Beteiligten aufgrund des auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnisses aneinander gebunden seien. 59 Sugeno beschreibt die für eine Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten wesentlichen Koordinaten wie folgt: – selbstständige, autonome Beilegung durch die Parteien (jishuteki kaiketsu), – am Sachverhalt orientierte, flexible Beilegung (jitsu-jō ni soku suru jūnan na kaiketsu), – rasche, beschleunigte Beilegung (jinsoku na kaiketsu).60 Sugeno nimmt in diesem Zusammenhang zwar nicht ausdrücklich Bezug auf alternative Streitbeilegungsverfahren, seine Forderung nach einer einvernehmlichen, flexiblen und schnellen Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte beschreibt jedoch geradezu in Reinform die Merkmale von alternativer Streitbeilegung nach der Definition von Yamamoto und Yamada 61 und macht deutlich, dass auch in Japan arbeitsrechtliche Streitigkeiten als für alternative Beilegung prädestiniert angesehen werden.

57

FALKE /GESSNER, 1982, S. 300. FALKE /GESSNER, 1982, S. 292, 303. 59 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 118; TAKAGI, 2000, S. 23; JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995, S. 14, 15; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 53. 60 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 53. 61 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12, 13, siehe auch unter Kapitel 2 B.I.b). 58

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

III. Würdigung Im Ergebnis zeigt sich, dass alternative Streitbeilegungsmethoden sowohl in Japan als auch in Deutschland für die Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte als besonders geeignet angesehen werden, und das im Prinzip mit übereinstimmender Begründung. Ungeachtet der Frage, ob die unter Kapitel 2 A.II. vorgestellte traditionelle Auffassung, die die spezielle Eignung alternativer Streitbeilegungssysteme für den japanischen Rechtskreis auf sozio-kulturelle Faktoren und den kulturgeschichtlichen Hintergrund Japans zurückführt, im Grundsatz zur Erklärung der Nutzung alternativer Streitbeilegungssysteme in Japan herangezogen werden kann, scheint doch im Bereich individualarbeitsrechtlicher Konflikte der Charakter des Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner Dauerhaftigkeit zur Nutzung alternativer Streitbeilegungsformen zu motivieren. Dieser Faktor gilt unabhängig vom japanischen Kulturkreis auch für den deutschen und andere Rechtskreise. Der Ausgangspunkt für eine Analyse des japanischen Systems, insbesondere der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Wege alternativer Streitbeilegungsmethoden, ist dem Leser aus dem deutschen Rechtskreis mithin nicht grundsätzlich fremd. Im folgenden Abschnitt werden nun die Verfahrenstypen, die in Japan zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten genutzt werden, inhaltlich bestimmt. Mit Hilfe dieser Definitionen und unter Zugrundelegung der bereits erstellten Arbeitsdefinition wird in den anschließenden Kapiteln 3 und 4 erläutert, ob und in welcher Weise Japan sich der alternativen Streitbeilegungsverfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten bedient.

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

Ziel dieses Abschnitts ist die Untersuchung der konkreten Methoden der alternativen Streitbeilegung in Japan. Der Abschnitt beginnt mit einer Darstellung, welche Streitbeilegungsmethoden – auch streitige – im Grundsatz zur Verfügung stehen und wie diese eingruppiert werden. Im Anschluss unternimmt die Verfasserin für die drei Verfahrenstypen, die für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan von wesentlicher Bedeutung sind (namentlich Vermittlung, Schlichtung und Verständigung), einen Definitionsversuch. I. Allgemeines Die Bandbreite der Verfahrensmöglichkeiten bei der Beilegung von Streitigkeiten in Japan ist groß. Die verschiedenen Methoden der Konfliktlösung

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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können anhand unterschiedlicher Kriterien eingruppiert werden. 62 Sie können in alternative und streitige Verfahren, in Verfahren, deren Lösung vollstreckbar ist, und solche, denen diese Wirkung fehlt, eingeteilt werden. Des Weiteren ist eine Einteilung nach den Organen, die an der Beilegung beteiligt sind, möglich, d.h. Justiz (shihō), Verwaltung (gyōsei) und private Einrichtungen (minkan-kei kikan). 63 In dieser letzten Variante finden jedoch nicht alle Methoden der Beilegung ihren Platz: Ein Vergleichsabschluss als Ergebnis einer Verhandlung zwischen den Streitparteien ohne Hinzuziehung eines Dritten kann keinem Organ zugewiesen werden. Im Wesentlichen wird in Japan jedoch zwischen zwei verschiedenen Arten der Streitbeilegung unterschieden, den regulierenden Verfahren (chōsei-kei tetsuzuki oder chōseiteki na kaiketsu) und den Entscheidungsverfahren (saidan-kei tetsuzuki oder hanteiteki na kaiketsu), die im Folgenden näher beschrieben werden. a) Regulierende Verfahren und Entscheidungsverfahren Die regulierenden Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass ein Dritter zwischen die Streitparteien tritt und das Zustandekommen eines Vergleichs zwischen ihnen anstrebt.64 Diese Verfahren sind auf die Mitarbeit der Parteien an einer Lösung angewiesen, da nur der beidseitige Kompromiss zu einer Erledigung der Angelegenheit führt. 65 Auch im Hinblick auf die Durchführung ist die Freiwilligkeit der Parteien von entscheidender Bedeutung, da die Ergebnisse von regulierenden Verfahren nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Demgegenüber verfügt der Dritte bei den Entscheidungsverfahren über die Kompetenz, eine Entscheidung mit zwingender Wirkung zu erlassen.66 Die Bereitschaft der Streitparteien sich zu einigen, ist in diesen Verfahren nicht notwendig. 62

Für den japanischen Rechtskreis siehe ZINGSHEIM, 2003, S. 94–98. Diese Einteilung erweitert K OJIMA noch um die Beilegung durch die Rechtsanwaltskammer (bengo-shi-kai), KOJIMA, saiban-gai funsō shori kikan ni tuite – saikin no tenkai wo chūshin toshite [Über Organe der außergerichtlichen Streiterledigung – mit einem Fokus auf die neuere Entwicklung], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 52–56. 64 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 26. 65 So die Untersuchungsgruppe ADR (ADR kentō-kai), die im Rahmen der großen Reform des Justizwesens (shihō seido kaikaku) gegründet worden war, um die Möglichkeit eines ADR-Grundlagengesetzes zu prüfen, siehe sōsokuteki jikō 2 ADR no tetsuzuki no teigi [Allgemeiner Teil 2: Definitionen der ADR-Verfahren], Material 11–1 der Untersuchungsgruppe ADR, 11. Sitzung am 03.02.2003, S. 1 (im Folgenden: PM Japan, Material 11–1 der Untersuchungsgruppe ADR), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015); SUMIDA/KEZUKA /WAKITA, shin-gendai rōdō-hō nyūmon [Einführung in das Arbeitsrecht der modernen Gegenwart], 4. Auflage, Tokio 2009, S. 36. 66 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 26. 63

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

Die Aufteilung in regulierende Verfahren und Entscheidungsverfahren trifft keine Aussage darüber, welches Organ das Verfahren durchführt. Beide Verfahrenstypen können sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich angesiedelt werden. Insofern entspricht diese Einteilung derjenigen in der Arbeitsdefinition dieser Arbeit. 67 Die regulierenden Verfahren entsprechen insofern den alternativen, die Entscheidungsverfahren den streitigen Verfahren. b) Der Aspekt der Einflussnahme eines neutralen Dritten auf den Ausgang eines Verfahrens Mit Hilfe der oben genannten Eingruppierungskriterien werden die verschiedenen Beilegungsmethoden jeweils einem Verfahrenstyp zugewiesen. Die Verfahrenstypen dienen regelmäßig als Oberbegriff (z.B. alternative bzw. regulierende Verfahren, Verfahren der Verwaltung etc.) für mehrere Beilegungsmethoden. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Beilegungsmethoden eines Verfahrenstyps vermögen sie jedoch nicht zu klären. Um die Verfahren innerhalb einer Gruppe voneinander abgrenzen zu können, bedarf es somit eines weiteren Kriteriums. Dieses Kriterium ist der Grad der Einmischung eines Dritten auf die Streitparteien. 68 Mit Hilfe dieses Merkmals kann jede einzelne Streitbeilegungsmethode klar von den anderen abgegrenzt werden. Die geringste Einmischung erfolgt, wenn ein Dritter nicht vorhanden ist, der stärkste Grad der Einmischung im streitigen Gerichtsverfahren, wenn der Dritte einseitig und verbindlich durch Urteil entscheidet. Entsprechend dieser Einordnung, beginnend mit dem geringsten Grad der Einwirkungsintensität, stehen folgende Methoden der Streitbeilegung zur Verfügung: – Verhandlung/Vergleichsabschluss zwischen den Streitparteien (hanashiai/wakai) – Beratung einer Partei durch einen Dritten (sōdan) – Vermittlung (assen) – Schlichtung (chōtei) – Verständigung (shinpan) – Schiedsverfahren (chūsai) – streitiges gerichtliches Verfahren (soshō). Die Verhandlungen zwischen den Streitparteien ohne Hinzuziehen eines Dritten und selbst das Ausweichen und der Verzicht auf eine Klärung des Konflikts gehören in einem weiten Sinn zu dem Bereich der Beilegung von Streitigkeiten.69 Sie werden in dieser Arbeit jedoch nicht behandelt. Gleiches gilt

67

Siehe unter Kapitel 2 A.III. BAUM /SCHWITTEK, 2008, S. 504 sprechen von der Intensität der Einwirkung. 69 ROTTLEUTHNER benennt das Absehen von einem Gang vor Gericht (Resignation, Vermeidung) als Alternative zur „Vergerichtlichung“, R OTTLEUTHNER, Alternativen in 68

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

31

für den Bereich der Schiedsverfahren. Sie spielen bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan keine Rolle und bleiben daher außer Betracht. Gegenstand der Arbeit sind solche Methoden, bei denen ein neutraler Dritter in den Prozess der Beilegung eingebunden wird. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Verfahren, die über ein eigenes Verfahrensrecht verfügen. Das sind zum einen die Vermittlungsverfahren vor den Arbeitsbehörden, deren Verfahren im BFördG und der zugehörigen Durchführungsverordnung geregelt ist, und zum anderen das Verständigungsverfahren, welches detailliert durch das VerstGA und dessen Durchführungsverordnung bestimmt ist. 70 Da das Verständigungsverfahren auch durch eine Schlichtung zwischen den Parteien beendet werden kann, verdient das Schlichtungsverfahren ebenfalls eine genauere Betrachtung. Diese drei Verfahren stellen für den Bereich der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan somit die Kernverfahren dar und werden im Folgenden näher bestimmt. II. Vermittlung (assen) a) Vermittlung in der japanischen Literatur Die Vermittlung wird in der japanischen Literatur selten eigenständig, sondern meist in Abgrenzung von der Schlichtung definiert, der ein größerer Stellenwert eingeräumt zu werden scheint. Darauf deutet auch die Einordnung bei Yamamoto und Yamada hin, die die Vermittlung lediglich unter der Überschrift „Begriffe im Umkreis der Schlichtung“ (chōtei shūben no gainen) vorstellen, um sie von dieser abzugrenzen. 71 In den meisten auf Deutsch erschienenen Beiträgen japanischer und auch deutscher Autoren wird lediglich die Schlichtung, insbesondere das Verfahren der zivilen Schlichtung behandelt, ohne die Möglichkeit der Vermittlung überhaupt zu nennen. 72 Erst Baum Arbeitskonflikten, in: Blankenburg (Hrsg.), Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 6, Opladen 1980, S. 264. 70 Die Analyse des Vermittlungsverfahrens bei den Arbeitsbehörden bildet den Schwerpunkt von Kapitel 3 dieser Arbeit, das Verständigungsverfahren wird in Kapitel 4 ausführlich untersucht. 71 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 131 f. 72 ROKUMOTO, 1980, S. 390–407; ISHIBE, 1993, S. 215–236; K RAPP , Zivilrechtliche Schlichtung an japanischen Gerichten, in: Gottwald/Strempel (Hrsg.), Streitschlichtung: rechtsvergleichende Beiträge zur außergerichtlichen Streitbeilegung, Köln 1995, S. 77–84; ZINGSHEIM, 2003; STREMPEL, „Alternativen in der Ziviljustiz“ – Gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung in Japan im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland, in: Juristenzeitung, 1983, S. 698, nennt zwar kurz die Möglichkeit von assen, allerdings nicht in Abgrenzung zur Schlichtung, sondern als Konfliktlösungsmethode innerhalb der Schlichtung. Zudem stimmen die Übersetzungen von S TREMPEL, der assen als Versöhnung, chōtei als Vermittlung und chūsai als Schlichtung beschreibt, nicht mit den heute

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

und Schwittek haben sich in deutscher Sprache ausführlich mit der Vermittlung in Japan beschäftigt. 73 Ob der Vermittlung im Allgemeinen geringere Bedeutung zukommt als der Schlichtung und sie im Schrifttum deshalb eher vernachlässigt wird, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht beantwortet. Die vorliegende Arbeit behandelt den Bereich der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten, und dort spielt die Vermittlung eine derart große Rolle, dass eine genaue Begriffsbestimmung an dieser Stelle unverzichtbar ist. b) Abgrenzung der Vermittlung von der Schlichtung Die Vermittlung wird in Japan den regulierenden Verfahren zugeordnet. 74 Da auch die Schlichtung zu den regulierenden Verfahren gehört, müssen – für eine Abgrenzung – die Besonderheiten der Vermittlung herausgearbeitet werden. In der Vermittlung versucht der neutrale Dritte, der Vermittler, eine einvernehmliche Beilegung zwischen den Parteien dadurch zu erreichen, dass er eine Aussprache zwischen ihnen fördert. 75 Die Vermittlung bietet den Parteien in erster Linie eine Plattform für gemeinsame Gespräche. Ihr Schwerpunkt liegt somit darauf, die Parteien zusammenzubringen und sie bei einer selbstständigen gemeinsamen Entscheidung zu unterstützen. 76 Die Vermittlung ist ein Verfahren, in dem der hinzugezogene Dritte verhältnismäßig schwache Kompetenzen besitzt. Der Grad des Einmischens ist besonders gering. So hat der Vermittler beispielsweise nicht die Befugnis, einen Lö-

üblichen und in dieser Arbeit verwendeten Übersetzungen überein (assen – Vermittlung, chōtei – Schlichtung und chūsai – Schiedsverfahren); für den Bereich der englischsprachigen Abhandlungen siehe P ORT /MCALINN , 2003, S. 427–429, die die alternative Streitbeilegung in Japan in drei Formen einteilen, den Vergleich (wakai – compromise), die Schlichtung (chōtei – conciliation) und das Schiedsverfahren (chūsai – arbitration). 73 BAUM /SCHWITTEK, Institutionalisierung der Mediation (assen) in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 28, 2009, S. 123–145; B AUM /SCHWITTEK, 2008, S. 486– 566; BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 26, 2008, S. 5–31. 74 Zur Vermittlung bei den Arbeitskommissionen siehe MIZUMACHI , Rōdō-hō ‒ Labor and Employment Law [Arbeitsrecht], 2. Auflage, Tokio 2008, S. 394. Eine Begriffsbestimmung der regulierenden Verfahren findet sich unter Kapitel 2 C.I.a). 75 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 8, Abb. 1.1; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 117. 76 BAUM /SCHWITTEK, 2008, S. 506; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 117; dieser Darstellung entsprechen auch deutsche Definitionsversuche, die die Vermittlung als „durch eine neutrale Drittperson assistiertes Verhandeln“ beschreiben, siehe dazu S IEG, Interne Schlichtung zur Vermeidung von Arbeitsgericht und Einigungsstelle, in: Oetker/Preis/ Rieble (Hrsg.), 50 Jahre Bundesarbeitsgericht, München 2004, S. 1345.

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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sungsvorschlag zu unterbreiten. 77 Scheitern die Verhandlungen zwischen den Streitparteien ist das Vermittlungsverfahren beendet. 78 Zusammenfassend kann die Vermittlung in Japan wie folgt definiert werden: Vermittlung ist ein Verfahren, in dem ein Dritter ohne Entscheidungsbefugnis mit dem Ziel einvernehmlicher Beilegung die Kommunikation zwischen den Parteien fördert, ohne selbst aktiv einzugreifen, etwa durch einen eigenen Vorschlag zur Beilegung. c) Zur Verwendung des deutschen Begriffs „Vermittlung“ In der deutschen Literatur findet sich nicht einheitlich der Begriff „Vermittlung“. In der ersten bedeutenden Phase der deutschen Diskussion um Alternativen zum Recht in den 1970er und 1980er Jahren wurde der Begriff „Vermittlung“ verwendet, 79 in der jüngeren Diskussion um alternative Streitbeilegung findet sich überwiegend der Begriff „Mediation“. 80 Vermittlung und Mediation beschreiben in der Regel dieselbe Art von Streitbeilegung. 81 Eidenmüller bedient sich bei seiner Definition von Mediation sogar des älteren 77

YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 132. PM Japan, Material 11–1 der Untersuchungsgruppe ADR, 11. Sitzung am 03.02.2003, Schaubild S. 3; Y AMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 132. 79 ECKHOFF, Die Rolle des Vermittelnden, des Richtenden und des Anordnenden bei der Lösung von Konflikten, in: Hirsch/Rehbinder (Hrsg.), Studien und Materialien zur Rechtssoziologie (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie), Opladen/Köln 1967, S. 243–270; FALKE /GESSNER, 1982, S. 289–315; SPITTLER, Streitregelung im Schatten des Leviathan – Eine Darstellung und Kritik rechtsethnologischer Untersuchungen, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 1980, S. 4–32. 80 Diese Entwicklung ist überdeutlich, vgl. O LENHUSEN, Mediation durch Richter – ein Projekt mit Zukunft, Deutsche Richterzeitung, 2003, S. 396–397; E IDENMÜLLER, 2001, S. 45–99; HAGER, 2001; RISSE, 2000, S. 1614–1620; M ÄHLER/MÄHLER, 1997, S. 1262– 1266; P RÜTTING, 1997, S. 57–73; STREMPEL, Außergerichtliche Konfliktlösung (Mediation), in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 1998, S. 319–322; FÜCKER, Strukturelle Hemmnisse gerichtsnaher Mediation, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2004, S. 37–39; G OLL , Wie viel Freiheit benötigt, wie viel Zwang verträgt die Mediation?, in: Anwaltsblatt, 2003, S. 274–276; speziell für den Bereich der Streitbeilegung im Arbeitsrecht vgl. R ICHTER, Ringen um Konsens, in: Arbeit und Arbeitsrecht, 2000, S. 582–585; S TEVENS -BARTOL, Mediation im Arbeitsrecht, in: Breidenbach/Henssler (Hrsg.), Mediation für Juristen: Konfliktbehandlung ohne gerichtliche Entscheidung, Köln 1997, S. 141–145; P RÜTTING , Mediation im Arbeitsrecht, in: Haft/Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, München 2002, S. 950–966; P RÜTTING, Streitschlichtung und Mediation im Arbeitsrecht, in: Isenhardt/Preis (Hrsg.), Arbeitsrecht und Sozialpartnerschaft: Festschrift für Peter Hanau, Köln 1999, S. 743–753; N OTTER, Der Richter am Arbeitsgericht als Mediator, in: Der Betrieb, 2004, S. 874–876; HENKEL, Elemente der Mediation im arbeitsgerichtlichen Verfahren, dargestellt am Modell des Kündigungsschutzprozesses, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, 2000, S. 929–932; H AGER, Mediation und Recht, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2003, S. 52–56. 81 SIEG, 2004, S. 1344. 78

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

Begriffs: Mediation sei „die Vermittlung im Konflikt durch einen neutralen Dritten, der keine Entscheidungskompetenz besitzt.“ 82 Allerdings wird der Begriff „Mediation“ in der deutschen Literatur nicht durchgängig in Abgrenzung von dem Begriff „Schlichtung“ verwendet. 83 Die eigentliche Abgrenzung erfolgt oftmals vom gerichtlichen, streitigen Verfahren, so dass der Begriff „Mediation“ teilweise in sehr weiter Bedeutung als Synonym für alternative Verfahren insgesamt, speziell für die Schlichtung und Vermittlung, verwendet wird. 84 Für den Bereich des Arbeitsrechts wird in besonderem Maße die Mediation durch Rechtsanwälte bzw. Fachanwälte für Arbeitsrecht diskutiert, da arbeitsrechtliche Kenntnisse für die Tätigkeit eines Mediators in diesem Bereich für notwendig erachtet werden. 85 Im Ergebnis ist der modernere Begriff der Mediation im deutschen Sprachgebrauch nicht deutlich von dem Begriff der Schlichtung abgegrenzt und im Arbeitsrecht speziell mit der Mediation durch Rechtsanwälte verknüpft. Als Übersetzung des japanischen Begriffs assen erscheint der Begriff der Mediation für die vorliegende Arbeit nicht ideal geeignet, da er dem Leser aus dem deutschen Rechtskreis das Verständnis von assen unter Umständen erschweren könnte. Um dies zu vermeiden verwendet die Verfasserin den Begriff der Vermittlung.86

82

EIDENMÜLLER, 2001, S. 46; vgl. ebenso bereits die Titelwahl bei O LENHUSEN, Gerichtsmediation – Richterliche Konfliktvermittlung im Wandel, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2004, S. 105–107; so auch GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE, Arbeitsgerichtsgesetz: Kommentar, 7. Auflage, München 2009, Einleitung Rn. 98, S. 77. 83 SIEG, 2004, S. 1344, beispielsweise setzt Mediation und Streitschlichtung gleich; bei MÄHLER/MÄHLER, 1997, S. 1262–1266, zeigt schon der Titel „Streitschlichtung – Anwaltssache, hier: Mediation“ deutlich, dass zwischen Schlichtung und Mediation nicht streng getrennt wird; ebenso G OTTWALD , Modelle der freiwilligen Streitschlichtung unter besonderer Berücksichtigung der Mediation, in: Wertpapier-Mitteilungen, 1998, S. 1257– 1264. 84 Siehe beispielhaft M ÄHLER, Unsere Streitkultur könnte sich verändern – Mediation als Alternative zum „klassischen“ Rechtsstreit, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 2003, S. 252–255; GREGER, Die Verzahnung von Mediation und Gerichtsverfahren in Deutschland, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2003, S. 240–245. 85 GERMELMANN/MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, Einleitung Rn. 98, S. 77. 86 Bei NISHITANI hat sich eine Ungenauigkeit im Hinblick auf die Bezeichnungen der Verfahrenstypen in das deutschsprachige Werk „Vergleichende Einführung in das japanische Arbeitsrechts“ eingeschlichen. Der Begriff assen ist dort mit Versöhnung, chōtei mit Vermittlung und chūsai mit Schlichtung übersetzt worden, vgl. N ISHITANI, 2003, S. 363, 364. Die gegenwärtig übliche und auch in dieser Arbeit verwendete Übersetzung lautet: assen – Vermittlung, chōtei – Schlichtung und chūsai – Schiedsverfahren.

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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III. Schlichtung (chōtei) a) Die Schlichtung allgemein Für die Schlichtung besteht wie im Fall der Vermittlung keine Legaldefinition. Weder das ADR-Gesetz noch die einzelnen Schlichtungsgesetze definieren, was Schlichtung ist. Das ADR-Gesetz bestimmt lediglich, dass es unter alternativen Verfahren (saiban-gai funsō kai-ketsu tetsuzuki) gesetzliche Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten versteht, in denen sich die Streitparteien um eine selbstständige Streiterledigung (jishuteki na funsō kaiketsu) bemühen.87 Auch das ZSchliG gibt keine Definition von Schlichtung vor. Der Zielsetzung des Gesetzes lässt sich nur entnehmen, dass eine der Natur der Sache (jōri) entsprechende Lösung angestrebt wird, die durch gegenseitiges Nachgeben erreicht werden soll. 88 Da die Schlichtung zu den regulierenden Verfahren gehört, gilt auch für sie, dass ein Dritter zwischen die Parteien tritt, um eine einvernehmliche Beilegung der Angelegenheit zu fördern. Die Unterstützungsleistung des Dritten im Rahmen der Schlichtung ist jedoch von stärkeren Eingriffsmöglichkeiten geprägt als bei der Vermittlung. Dem Schlichter kommt eine aktivere Rolle zu als dem Vermittler, er lenkt das Verfahren stärker. 89 In deutlicher Abgrenzung von der Vermittlung gehört es zu der Aufgabe eines Schlichters, den Parteien auf der Grundlage der festgestellten Sachlage einen Schlichtungsvorschlag zu unterbreiten und sie zur Zustimmung zu bewegen. 90 Die Unterscheidung von Vermittlung und Schlichtung danach, ob ein Lösungsvorschlag unterbreitet wird, ist in der japanischen Literatur als zur Abgrenzung geeignetes Merkmal akzeptiert. 91 Dieses Kriterium ist kein lediglich für die Auseinandersetzung in der Lehre konstruiertes Merkmal, sondern findet sich auch in der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung der Verfahren wieder. Als Anschauungsobjekt bietet sich in besonderer Weise das Gesetz über die Regulierung von Arbeitsbeziehungen92 (im Folgenden: ARG) an, da es zur Beilegung kollektivarbeitsrechtlicher Streitigkeiten sowohl die Vermittlung als auch die Schlichtung (sowie Schiedsverfahren) vorsieht. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal ist die Möglichkeit, einen Vorschlags zur Erledigung der Streitsache zu unterbreiten. Nach dem ARG ist ein solches Vorschlagsrecht für den Fall der Schlichtung

87

Art. 3 Abs. 1 ADR-Gesetz. Art. 1 ZSchliG. 89 BAUM /SCHWITTEK, 2008, S. 506. 90 ITŌ, minji soshō hō [Zivilprozessrecht], 3. Auflage, Tokio 2008, S. 4; Y AMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 129. 91 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 132. 92 Rōdō kankei chōsei hō, Gesetz Nr. 25 vom 27.09.1946. 88

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

vorgesehen, nicht aber für die Vermittlung. 93 Darüber hinaus ist das Schlichtungsverfahren förmlicher ausgestaltet als die Vermittlung. 94 b) Die Sonderform der Schlichtung nach dem ZSchliG Eine besondere Form der Schlichtung ist die Schlichtung nach dem ZSchliG95 (im Folgenden, der japanischen Bezeichnung minji chōtei entsprechend: zivile Schlichtung). Betrachtet man diese spezielle Variante, tritt, wie Menkhaus richtig bemerkt, ein weiteres deutliches Abgrenzungskriterium zur Vermittlung zu Tage: die Möglichkeit der einseitigen Entscheidung. 96 Die zivile Schlichtung findet im Grundsatz vor den einfachen Gerichten (kan’i saibansho), nur in bestimmten Fällen vor den Distriktgerichten (chihō saiban-sho)97 statt. 98 Mit der Schlichtung beauftragt ist eine Schlichtungskommission (chōtei i’in-kai), die aus einem Berufsrichter, 99 der gleichzeitig immer der Leiter der Schlichtungskommission (chōtei shunin) ist, und zwei Schlichtern 93

Art. 26 Abs. 1 ARG sieht vor, dass die Schlichtungskommission den Parteien einen Schlichtungsvorschlag unterbreitet und diesen anrät, dem Vorschlag zuzustimmen. 94 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 118; Y AMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 131; das ARG enthält für das Vermittlungsverfahren im Gegensatz zum Schlichtungsverfahren keine Vorschriften über die Anberaumung von Terminen, den Ablauf der Sitzungen oder die verfahrensrechtlichen Konsequenzen für den Fall, dass nach der Beilegung Unstimmigkeiten hinsichtlich ihrer Auslegung oder Umsetzung auftreten. Für das Schlichtungsverfahren sind diese Aspekte in Art. 23–26 ARG geregelt. 95 Ausführlich zum Verfahren der zivilen Schlichtung siehe B AUM /SCHWITTEK, Recht und Praxis der Schlichtung (chōtei) in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 27, 2009, S. 127–152 (im Folgenden: B AUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 27, 2009); KRAPP, 1995, S. 77–84; ZINGSHEIM, 2003, S. 109–124; R OKUMOTO, 1980, S. 390–407; ISHIBE, 1993, S. 230 ff.; K OYAMA, minji chōtei hō [Gesetz über die Zivile Schlichtung]; Tokio 1977; KOYAMA, minji chōtei – wakai no kenkyū [Forschung über die zivile Schlichtung und den Vergleich]; Tokio 1991. 96 MENKHAUS , 2006, S. 283. 97 Sowohl KRAPP, 1995, S. 8, als auch ZINGSHEIM, 2003, S. 31 ff., verwenden Gerichtsbezeichnungen aus dem deutschen Rechtskreis, die aufgrund einer grundsätzlich unterschiedlichen Staatsorganisation auf Japan nicht übertragen werden sollten. Vielmehr haben sich für den vierstöckigen japanischen Gerichtsaufbau, beginnend mit dem höchsten Gericht, die Termini Oberster Gerichtshof (saikō saiban-sho), Obergericht (kōtō saibansho), Distriktgericht (chihō saiban-sho) und einfaches bzw. summarisches Gericht (kan’i saiban-sho) eingebürgert, vgl. MENKHAUS, Rechtsverfolgung in Zivil- und Handelssachen in Japan, 2002, S. 4, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015), und SHIBATA, Das japanische Familiengericht; Japan-Zentrum der Universität Marburg, Occasional Papers, No. 32, Marburg, 2005, S. 3. 98 Zur Zuständigkeit in der zivilen Schlichtung siehe FUJIMOTO, minji chōtei no kankatsu [Die Zuständigkeit der zivilen Schlichtung], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 82–84. 99 Seit 2003 kann es zur Entlastung der Berufsrichter auch ein Rechtsanwalt sein, siehe BAUM / SCHWITTEK, 2008, S. 526.

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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(chōtei i’in) zusammengesetzt ist. 100 Die Schlichter werden vom Obersten Gerichtshof (saikō saiban-sho) aus der Gruppe derjenigen mit fachlichem Wissen und Erfahrung (senmonteki na chishiki keiken) ausgewählt.101 Wer in diese Gruppe fällt, präzisiert die Verordnung über die Mitglieder der Schlichtungskommission bei der zivilen Schlichtung und der Schlichtung in Familiensachen 102 (im Folgenden: ZSchliKoVO). Nach deren Art. 1 können Personen zu Schlichtern ernannt werden, die die Befähigung haben, Rechtsanwalt zu werden (auch Richter im Ruhestand und Hochschullehrer), solche, die über für den zivilrechtlichen Bereich nützliches Fachwissen und Fachkenntnisse verfügen, sowie Personen mit umfangreicher sozialer Erfahrung und Wissen.103 Das Verfahren der zivilen Schlichtung ist im Gegensatz zum zivilprozessualen Verfahren nicht öffentlich. 104 Prägend für das Verfahren nach dem ZSchliG ist das Prinzip jōri, das im Folgenden genauer erläutert wird. (1) Das Prinzip jōri im Verfahren nach dem ZSchliG: keine strenge Bindung an das materielle Recht Wie eingangs beschrieben, ist das Ziel des Schlichtungsverfahrens nach dem ZSchliG eine der Natur der Sache (jōri) entsprechende Lösung.105 Beide Parteien sollen Zugeständnisse machen, die Beilegung soll das Ergebnis gegenseitigen Nachgebens (gojō) sein. Welche Bedeutung der Begriff „Natur der Sache“ (jōri) im rechtlichen Kontext hat, ist nicht klar definiert. Im Rahmen der zivilen Schlichtung wird jōri nach allgemeiner Auffassung im Sinne eines gesunden Rechtsempfindens verstanden. 106 Nach Koyama umfasst jōri u.a. die jeweils herrschenden Moralvorstellungen (dōtoku), den gesunden Menschenverstand (jōshiki) und das Bewusstsein der Gesellschaft, was den sozialen Normen entspricht (shakai ippan no kihan ishiki). 107 Im Hinblick auf eine Beilegung in Übereinstimmung mit der Natur der Sache, stellt sich die Frage, ob das Ergebnis der zivilen Schlichtung darüber hinaus streng an das materielle Recht gebunden ist. Dies wird in der japani-

100

Art. 6, 7 Abs. 1 ZSchliG. Art. 7 Abs.1 und 2 ZSchliG. 102 Minji chōtei i’in oyobi kaji chōtei i’in kisoku, Verordnung Nr. 5 des Obersten Gerichtshofs vom 13.07.1974. 103 Einzelheiten zu der Gruppe der Schlichter bei BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 27, 2009, S. 145 f. 104 Art. 10 Verordnung über die zivile Schlichtung (minji chōtei kisoku), Verordnung Nr. 8 des Obersten Gerichtshofs vom 15.09.1951 i.d.F. der Verordnung Nr. 14 vom 01.10.1992. 105 Art. 1 ZSchliG. 106 ZINGSHEIM, 2003, S. 119; BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 27, 2009, S. 136. 107 KOYAMA, 1977, S. 105; siehe auch ITŌ, 2008, S. 4, Fn. 7. 101

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

schen Literatur verneint. 108 Eine andere Einschätzung würde sowohl dem Gesetzestext als auch der Grundidee der alternativen Streitbeilegung zuwiderlaufen. Wäre eine strenge Bindung an die bestehenden Gesetze im Rahmen der Schlichtung vorgesehen, würde die Forderung in Art. 1 ZSchliG, entsprechend der Natur der Sache beizulegen, leer laufen, da ein dem gesunden Menschenverstand entsprechendes, aber dem materiellen Recht entgegenstehendes Ergebnis zwingend abzulehnen wäre. Der Vorteil der alternativen Verfahren ist jedoch, dass sie die tatsächlichen Probleme der Parteien, die oft rechtlich irrelevante Aspekte betreffen, in die Lösung einbeziehen können. 109 Sie sollen gerade nicht mit einer Alles-oder-Nichts-Entscheidung, die einen Sieger und einen Verlierer bezeichnet, enden, sondern ein für beide Seiten tragbares Ergebnis bringen. Im Rahmen der zivilen Schlichtung sind die Parteien und die Kommission somit nicht streng an das materielle Recht gebunden. In den Grenzen der Natur der Sache, des gesunden Rechtsempfindens, darf das Ergebnis der zivilen Schlichtung dem Recht entgegenstehen. 110 Im Rahmen der zivilen Schlichtung darf die Schlichtungskommission einen Vorschlag zur Lösung unterbreiten und ist dabei inhaltlich ebenfalls an das Prinzip jōri gebunden. Die Parteien können dem Vorschlag zustimmen und so eine Einigung im Rahmen der zivilen Schlichtung erreichen. Finden die Parteien selbst, also ohne Vorschlag der Kommission, eine Lösung, darf die Kommission diese ablehnen, wenn sie sie für unangemessen erachtet. 111 Neben dem Recht, einen Beilegungsvorschlag zu unterbreiten, darf die Schlichtungskommission in bestimmten Fällen auch selbst eine Entscheidung treffen. Diese Möglichkeit wird im Folgenden näher erläutert. (2) Die Möglichkeit der einseitigen Entscheidung im Verfahren nach dem ZSchliG: der die Schlichtung ersetzende Beschluss Scheitert eine Einigung zwischen den Streitparteien, kann das Verfahren gemäß Art. 17 ZSchliG mit einem Beschluss, der die Schlichtung ersetzt (chōtei ni kawaru kettei) (im Folgenden auch: Beschluss nach Art. 17), beendet werden. Inhaltlich ist dieser ebenfalls nicht zwingend dem materiellen Recht unterworfen, sondern soll eine Kompromisslösung, ein für beide Parteien ausgewogenes Ergebnis, bieten. 112 Das ZSchliG sieht allerdings einen Schutzmechismus vor, für den Fall, dass die Parteien mit dem Inhalt des Beschlusses nicht einverstanden sind. Der Beschluss der Schlichtungskommissi108

Stellvertretend ITŌ, 2008, S. 5. Siehe Kapitel 2 B.I. 110 ITŌ, 2008, S. 5. 111 BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 27, 2009, S. 139. Gemäß Art. 14 ZSchliG hat die Schlichtungskommission das Recht, eine zwischen den Parteien erzielte Einigung als unangemessen abzulehnen. 112 Art. 17 ZSchliG. 109

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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on hat zwar grundsätzlich dieselbe Wirksamkeit wie ein gerichtlicher Vergleich,113 verliert seine Wirksamkeit jedoch durch einfachen Einspruch. 114 Die Möglichkeit, den Konflikt durch eine Entscheidung zu beenden, ist eine Besonderheit der zivilen Schlichtung und nicht grundsätzlicher Bestandteil jeder Schlichtung. Sie zeigt jedoch deutlich, dass es einen qualitativen Unterschied zur Vermittlung gibt. In unterschiedlicher Ausgestaltung sind Schlichtern weitergehende Kompetenzen eingeräumt als Vermittlern. Die Befugnisse reichen von der Unterbreitung eines Lösungsvorschlags (in jedem Fall der Schlichtung) bis hin zur einseitigen Bestimmung des Lösungsinhalts, ohne dass es der Zustimmung der Parteien bedarf (im Fall der zivilen Schlichtung nach dem ZSchliG). IV. Verständigung (shinpan) Die Verständigung115 ist ein Rechtsinstitut, das im Gegensatz zu Vermittlung und Schlichtung dem deutschen Rechtskreis fremd ist. Eine Definition des Begriffs shinpan gestaltet sich schwierig, da der Begriff bereits innerhalb des japanischen Rechtskreises nicht einheitlich verwendet wird. Shinpan findet man zunächst als eine abgekürzte Form der prozessrechtlichen Begriffe shinri (Untersuchung) und saiban (Entscheidung).116 Nach dieser Bedeutung sind die shinpan-Verfahren der Verwaltung benannt, die an die Prozessverfahren angelehnt sind und als Semi-Justizverfahren (junshihōteki tetsuzuki) bezeichnet werden. 117 In diesen Verfahren untersucht ein Verwaltungsorgan in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung einen Rechtsstreit und fällt eine Entscheidung. 113

Art. 18 Abs. 3 ZSchliG. Art. 18 Abs. 2 ZSchliG. 115 Die Übersetzung von shinpan mit dem deutschen Begriff „Verständigung“ ist gewählt worden, da dieser im Gegensatz zu den Bezeichnungen Vermittlung, Mediation und Schlichtung inhaltlich noch nicht besetzt war und so in Abgrenzung zu den genannten Begriffen definiert werden kann; in Übereinstimmung mit MENKHAUS, 2006, S. 282; anders MARUTSCHKE , der das VerstGA (rōdō shinpan hō) in seiner Einführung in das Japanische Recht teilweise mit „Gesetz über die Arbeitsschlichtung“ (M ARUTSCHKE , 2010, S. 202) und teilweise mit „Gesetz über den Arbeitsgerichtsprozess“ (M ARUTSCHKE , 2010, S. 206, 234) übersetzt. Beide Begriffe sind missverständlich. Japan verfügt auch nach dem Inkrafttreten des VerstGA nicht über eine eigenständige Arbeitsgerichtsbarkeit, was die Übersetzung mit „Arbeitsgerichtsprozessgesetz“ aus deutscher Perspektive jedoch suggeriert. Auch von der Schlichtung unterscheidet sich die Verständigung deutlich, was im Folgenden analysiert wird. 116 So auch GÖTZE, Japanisch-Deutsches Rechtswörterbuch, Tokio 2007, der shinpan u.a. mit „das Beraten und Beurteilung n. von/über etwas“ übersetzt. 117 Shinpan-Verfahren in der Verwaltung sind beispielsweise Verfahren in Patentangelegenheiten (tokken shinpan), Verfahren für Unfälle auf See (kainan shinpan) sowie Verfahren der Kommission gegen unlauteren Wettbewerb (kōsei torihiki i’in-kai no okonau shinpan). 114

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

Des Weiteren ist shinpan ein verfahrensrechtlich eigenständiger Begriff, mit dem eine bestimmte Art der Entscheidung beschrieben wird. Neben dem in dieser Arbeit analysierten rōdō shinpan-Verfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten,118 gibt es für den Bereich familienrechtlicher Streitigkeiten ein weiteres shinpan-Verfahren, das sogenannte kaji shinpanVerfahren, welches im Folgenden kurz vorgestellt wird. Es sei bereits an dieser Stelle vorweggenommen, dass beide Verfahren zwar mit der Entscheidungsform shinpan abgeschlossen werden können, ansonsten aber doch so unterschiedlich geregelt sind, dass das familienrechtliche Verfahren für die Definition von shinpan in der vorliegenden Arbeit nicht herangezogen wird. a) Das kaji shinpan-Verfahren für familienrechtliche Streitigkeiten Das kaji shinpan-Verfahren weist – ganz im Gegensatz zum Verständigungsverfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten – keine nennenswerten Unterschiede zur zivilen Schlichtung auf und wird in der deutschsprachigen Literatur richtigerweise mit „Schlichtung in Familiensachen“ übersetzt. 119 Das zugehörige Verfahrensgesetz kaji shinpan hō120 wird in der deutschsprachigen Literatur weder als Verständigungsgesetz noch als Schlichtungsgesetz bezeichnet, sondern relativ neutral mit „Gesetz über das Verfahren in Familiensachen“ 121 bzw. „Gesetz über Entscheidungen in Familiensachen“ 122 (im Folgenden: FamG) übersetzt. Nach diesem Gesetz soll die mit der Angelegenheit betraute Kommission, die bezeichnenderweise den Titel Schlichtungskommission (chōtei i’in-kai) und nicht Verständigungskommission (shinpan i’in-kai) trägt, zunächst eine Beilegung durch Schlichtung versuchen. Kommt diese nicht zustande, kann die Schlichtungskommission wie bei der zivilen Schlichtung eine die Schlichtung ersetzende Entscheidung (chōtei ni kawaru shinpan) treffen. 123 Unterschiedliche Regelungen bestehen allerdings hinsichtlich der Wirksamkeit. Nach dem ZSchliG haben sowohl die Schlichtung als auch der die Schlichtung ersetzende Beschluss dieselbe Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich (saiban-jō no wakai to dōitsu no kōryoku), wohingegen die Schlichtung und die die Schlichtung ersetzende Entscheidung nach dem FamG urteilsgleiche Wirkung (kakutei hanketsu to dōitsu no kōryoku) haben. Ein Grund für diese unterschiedliche Bewertung ist nicht ersichtlich, da die Verfahren identisch 118 Nur dieses Verfahren ist in der vorliegenden Arbeit gemeint, wenn der Begriff Verständigungsverfahren verwendet wird. 119 Stellvertretend ZINGSHEIM, 2003, S. 109. 120 Gesetz Nr. 151 vom 06.12.1947. 121 SHIBATA, 2005, S. 6. 122 ZINGSHEIM, 2003, S. 109. 123 Der Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 FamG, der die inhaltlichen Anforderungen an die Entscheidung, die die Schlichtung ersetzt, festlegt, und der von Art. 17 im ZSchliG über den die Schlichtung ersetzenden Beschluss ist nahezu identisch.

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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strukturiert sind. Der Unterschied kann insbesondere nicht davon abhalten, beide Verfahren der gleichen Kategorie von Beilegungsmethoden zuzuordnen: der Schlichtung. Denn wesentlich für eine Vergleichbarkeit beider Verfahren sind die inhaltlichen Anforderungen an die Entscheidung und deren Bindungswirkung, und diese sind bei der zivilen Schlichtung und der Schlichtung in Familiensachen identisch. In beiden Verfahren verliert die Entscheidung ihre Wirkung, wenn eine der Parteien innerhalb von zwei Wochen nach der Verkündung Einspruch einlegt. 124 b) Das rōdō shinpan-Verfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten Das in der vorliegenden Arbeit behandelte shinpan-Verfahren weist zwar einige Ähnlichkeiten, aber auch deutliche Unterschiede zum Verfahren der zivilen Schlichtung und ebenso zur Schlichtung in Familiensachen auf. Da der Begriff shinpan nicht eindeutig besetzt ist, wird er für die vorliegende Arbeit anhand der Besonderheiten des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen definiert. Mit der Durchführung der Verständigung ist eine Kommission betraut, die im Gegensatz zum shinpan-Verfahren für familienrechtliche Streitigkeiten auch Verständigungskommission (shinpan i’in-kai) genannt wird. Die Verständigungskommission versucht zunächst, die Streitigkeit im Wege der Schlichtung beizulegen. Vorschriften zur Schlichtung sind im VerstGA, anders als im ZSchliG und FamG, allerdings kaum vorhanden. Kommt eine einvernehmliche Beilegung nicht zustande, fällt die Kommission eine Entscheidung, den Verständigungsspruch (shinpan). Hier besteht ein deutlicher gesetzestextlicher Unterschied zur Schlichtung in Zivil- und Familiensachen. Die Schlichtungskommissionen können einen die Schlichtung ersetzenden Beschluss bzw. eine die Schlichtung ersetzende Entscheidung treffen (kettei bzw. shinpan wo suru koto ga dekiru),125 im VerstGA heißt es demgegenüber, dass eine Verständigung durchgeführt werden muss (shinpan wo okonau).126 Allerdings steht es der Verständigungskommission wie der Schlichtungskommission in Zivilsachen zu, ein Verfahren zu beenden, wenn sie feststellt, dass die Angelegenheit für eine Verständigung nicht geeignet ist. 127 Im Bereich der Familiensachen steht der Schlichtungskommission diese Kompetenz nicht zu, da die Durchführung des Verfahrens vor dem Einreichen einer Klage verpflichtend ist (chōtei zenchi shugi ‒ obligatorische Schlichtung).128 Die Regelungen darüber, welche Anforderungen ein Verständigungsspruch inhaltlich zu erfüllen hat, weichen ebenfalls von denen im ZSchliG ab. In der 124

Art. 18 Abs. 2 ZSchliG, Art. 25 Abs. 2 FamG. Art. 17 Satz 1 ZSchliG, Art. 24 Abs. 1 Satz 1 FamG. 126 Art. 1, 20 Abs. 1 VerstGA. 127 Art. 24 Abs. 1 VerstGA, für die zivile Schlichtung Art. 13 ZSchliG. 128 Art. 18 Abs. 1 FamG. 125

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

zivilen Schlichtung soll eine der Natur der Sache (jōri) entsprechende Lösung gefunden werden, die durch gegenseitiges Nachgeben zu erreichen ist. Der Begriff jōri ist in den Text des VerstGA nicht explizit aufgenommen worden. Allerdings ist auch der Verständigungsspruch inhaltlich nicht streng an das materielle Recht gebunden. Bei der Entscheidung über den Verständigungsspruch soll zwar das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien die Grundlage bilden, zusätzlich ist jedoch auch der Verlauf des gesamten Verfahrens zu berücksichtigen. 129 Das bedeutet, dass die Verständigungskommission die Ergebnisse der Tatsachenuntersuchung und Beweisaufnahme feststellt und anhand der zuvor versuchten Schlichtung bestimmt, welche Lösung der Vorstellung der Beteiligten entspricht, um einen Spruch zu fällen, dessen Inhalt die Beteiligten nicht überraschend trifft. 130 Diese Vorgabe dürfte dem Verständnis von jōri recht nahekommen. Zumindest gilt für die Schlichtung und die Verständigung gleichermaßen, dass sie flexible Lösungen zulassen. 131 Die Vorschriften über die Wirksamkeit des Verständigungsspruchs ähneln denen des ZSchliG. Der Verständigungsspruch hat dieselbe Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich, verliert diese Wirkung jedoch, wenn innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntgabe des Spruchs Einspruch eingelegt wird. 132 Das Verständigungsverfahren verfügt jedoch über eine Besonderheit, die es klar von dem Verfahren der zivilen Schlichtung abgrenzt. Wird innerhalb der Frist Einspruch gegen den Verständigungsspruch eingelegt, wird das Verfahren automatisch in den Zivilprozess übergeleitet. Der ursprüngliche Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens wird als Klageerhebung vor dem Gericht angesehen, vor dem die Verständigungsangelegenheit zum Zeitpunkt der Herbeiführung des Verständigungsspruchs anhängig war. 133 Als Zeitpunkt für die Klageerhebung gilt der des ursprünglichen Antrags. c) Rechtliche Einordnung der Verständigung Entsprechend der weiter oben vorgenommenen Einordnung der Verfahren ist der Grad der Einmischung des Dritten bei der Verständigung grundsätzlich höher als bei der Schlichtung. Betrachtet man die für alle Schlichtungsverfahren geltende Definition, ist der Unterschied deutlich. In der Schlichtung darf der Dritte einen Vorschlag zur Beendigung des Konflikts vorlegen, aber im Gegensatz zur Verständigungskommission keine Entscheidung treffen. Der Unterschied zur Schlichtung wird jedoch ungleich kleiner, wenn die Sonderform der zivilen Schlichtung nach dem ZSchliG zum Vergleich herangezogen 129

Art. 20 Abs. 1 VerstGA. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 98. 131 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 53. 132 Art. 21 Abs. 3, 4 VerstGA. 133 Art. 22 Abs. 1 VerstGA. 130

C. Alternative Streitbeilegungsmethoden in Japan

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wird. Tatsächlich besteht im Hinblick auf die Intensität der Eingriffsmöglichkeit der Kommission selbst dann kein Unterschied mehr. Beide Kommissionen sind mit einer Entscheidungsfunktion ausgestattet, in beiden Fällen hat die Entscheidung dieselbe Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich und verliert diese Wirkung unmittelbar, wenn Einspruch eingelegt wird. In der japanischen Literatur werden beide Verfahren jedoch regelmäßig unterschiedlich eingeordnet. Die zivile Schlichtung gilt als Verfahren der alternativen Streitbeilegung, die Verständigung nicht.134 Lediglich der Verfahrensteil der Verständigung, in dem die Schlichtung versucht wird, wird den ADR-Verfahren bzw. den regulierenden Verfahren zugeordnet. 135 Der Verständigungsspruch selbst wird irgendwo zwischen Urteil und ziviler Schlichtung angesiedelt, 136 in der Regel aber den Entscheidungsverfahren zugeordnet. 137 Von einem Urteil unterscheidet sich der Spruch jedoch sowohl im Hinblick auf seine inhaltliche Gestaltung als auch in Bezug auf die Bindungswirkung. Der Richter ist beim Urteil streng an das materielle Recht gebunden, und ein Urteil verliert im Gegensatz zum Verständigungsspruch nicht unmittelbar seine Wirkung, wenn Rechtsmittel eingelegt werden. Um der Bindungswirkung eines Urteils zu entgehen, ist eine inhaltliche Aufhebung in der letzten Instanz vonnöten. Yamamoto und Yamada besprechen die Problematik und weisen auf die Ähnlichkeiten zu alternativen Verfahren hin, lehnen die Einordnung der Verständigung in die Gruppe alternativer Streitbeilegung letztlich jedoch ab. Sie siedeln shinpan zwischen den ADR- und den Entscheidungsverfahren an.138 Lediglich Murata versteht das gesamte Verständigungsverfahren als alternativ.139 Dieser Einschätzung folgt auch die Verfasserin. Die Anbindung an den Zivilprozess grenzt die Verständigung zwar von der zivilen Schlichtung ab, macht sie jedoch nicht zu einem streitigen Verfahren. Der drohende Übergang in das zivilprozessuale Verfahren im Falle des Scheiterns der Verständigung hat sicher Einfluss auf die Bemühungen der Streitparteien, zu einer einvernehmlichen Beilegung zu gelangen, um einem Prozess auszuweichen. Dieser Umstand hat jedoch keine Auswirkung auf die Einordnung der Beilegungsform selbst. Die Anbindung an ein streitiges Verfahren macht das 134

Für die Schlichtung siehe u.a. Y AMAMOTO/Y AMADA, 2008, S. 8, Abb. 1.1; SUMIDA / KEZUKA/WAKITA, 2009, S. 36; NISHITANI, rōdō-hō [Arbeitsrecht], Tokio 2008, S. 122; für die Verständigung siehe N ODA, rōdō funsō kaiketsu no arikata ni tsuite [Über das Wesen der Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten], in: Rō’i Rōkyō; 2009, S. 5, Abbildung. 135 SUMIDA/KEZUKA /WAKITA, 2009, S. 37, Abbildung; N ODA, 2009, S. 5, Abbildung. 136 NISHITANI, 2008, S. 125. 137 Der Verständigungsspruch wird als hanteiteki kaiketsu, also als Beilegung durch Entscheidung beschrieben, vgl. N ODA, 2009, Abbildung auf S. 5 und SUMIDA/KEZUKA/ WAKITA, 2009, Abbildung auf S. 37. 138 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 11. 139 MURATA, 2009, S. ii, Abb. 1.

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Kapitel 2: Begriffe und Dogmatik

Verständigungsverfahren noch nicht selbst zu einer streitigen Beilegungsmethode. Die Verständigung verfügt zudem gerade nicht über die wesentlichen Merkmale streitiger Verfahren. Die Verständigungskommission kann zwar eine einseitige Entscheidung fällen, diese ist für die Parteien jedoch nicht bindend, da sie die Wirksamkeit durch einfachen Einspruch aus der Welt schaffen können. Ferner kann die Kommission im Rahmen des Spruchs zu flexiblen Lösungen kommen, was für die Beilegungsform Urteil in den streitigen Verfahren unvorstellbar ist. Für die Ansicht, die Verständigung dem Bereich alternativer Streitbeilegung zuzuordnen, spricht auch, dass die Untersuchungsgruppe ADR (ADR kentō-kai), die im Rahmen der großen Reform des Justizwesens (dai-kibo no shihō seido kaikaku) in Japan 2004 gegründet worden war, um die Möglichkeit eines ADR-Grundlagengesetzes zu prüfen, festgelegt hat, dass nur diejenigen Verfahren in die Gruppe der sogenannten Entscheidungsverfahren (saidan-kei) fallen, bei denen ein Einspruch nicht möglich ist. 140 d) Abgrenzung der Verständigung von der Schlichtung und der Vermittlung Im Ergebnis unterscheidet sich die Verständigung von der Schlichtung im Gegensatz zur überwiegenden Auffassung in der japanischen Literatur nicht dadurch, dass das eine Verfahren dem Bereich der alternativen und das andere dem der streitigen Verfahren zuzuordnen wäre, sondern 1. durch den Grad der Einmischung und 2. durch die stärkere Anbindung an das Prozessverfahren. Trotz aller Ähnlichkeiten ist das Verständigungsverfahren von einer größeren Nähe zum Prozessverfahren geprägt als das Schlichtungsverfahren. Die Verständigung grenzt sich durch den automatischen Übergang in ein streitiges Verfahren nicht nur von der zivilen Schlichtung, sondern von allen anderen alternativen Streitbeilegungsverfahren ab. Im Gegensatz zu diesen können die Streitparteien bei der Verständigung durch einen einfachen Einspruch das Beilegungsverfahren nicht beenden. Zwar können die Streitparteien durch den Einspruch die Wirksamkeit des Verständigungsspruchs aufheben, einer Entscheidung in der Streitsache entgehen sie dadurch jedoch nicht. Bei der Vermittlung und der Schlichtung ist die Angelegenheit zumindest vorübergehend beendet, wenn die Parteien nicht zu einer einvernehmlichen Beilegung kommen oder die Entscheidung der Schlichtungskommission in den Fällen der vor Gericht durchgeführten Schlichtungsverfahren nicht annehmen. Bei diesen Beilegungsarten kann das Ergebnis der Anstrengungen sein, dass keine Lösung gefunden wird. Es bedarf immer einer erneuten Aktion einer der Parteien, um ein prozessuales Verfahren anzustrengen. Diese Entscheidung wird den Parteien im Rahmen der Verständigung abgenommen, so dass der zwangsweise Übergang in ein Prozessverfahren dazu führt, dass 140

PM Japan, Material 11–1 der Untersuchungsgruppe ADR, 11. Sitzung am 03.02.2003, S. 1.

D. Bedeutung der Definitionen für den weiteren Verlauf der Arbeit

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am Ende eines Verständigungsverfahren mit Sicherheit eine Lösung der Streitigkeit steht, sei es, dass sie einvernehmlich, durch den Verständigungsspruch oder durch ein Urteil im sich anschließenden Zivilprozess erfolgt. Die Prozessnähe ist daher ein wesentliches Kriterium für die Einordnung der Verständigung.

D. Bedeutung der Definitionen für den weiteren Verlauf der Arbeit D. Bedeutung der Definitionen für den weiteren Verlauf der Arbeit

Im vorstehenden Kapitel sind die für die vorliegende Arbeit wesentlichen Begriffe – zunächst in abstrakter Form – vorgestellt und näher bestimmt worden. Nachdem die für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan wesentlichen Verfahrensarten im Kontext dieser Arbeit definiert worden sind, soll in den folgenden Kapiteln untersucht werden, wie und wo die in Kapitel 2 definierten Verfahren in der japanischen Praxis der Streitbeilegung konkret eingesetzt werden. Für die Beilegungssysteme in der japanischen Verwaltung, die in Kapitel 3 analysiert werden, sind die Vermittlungsverfahren von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen der Beilegung durch die japanischen Gerichte, welche das Thema von Kapitel 4 ist, rückt dann das Verständigungsverfahren, untergeordnet auch das Schlichtungsverfahren, in den Fokus der Betrachtung. Die Arbeitsdefinition für den Begriff „alternative Streitbeilegung“ wird besondere Bedeutung erst in Kapitel 4 entfalten. Die Einordnung von Vermittlung und Schlichtung in den Bereich der alternativen Streitbeilegung darf wohl als unbestritten bezeichnet werden. Dieselbe Klassifizierung ist im Hinblick auf das Verständigungsverfahren in der japanischen Literatur jedoch noch nicht abschließend geklärt. Ein Ziel der eingehenden Analyse des Verständigungsverfahrens ist es daher, zu untersuchen, ob das Verständigungsverfahren tatsächlich dem Bereich der alternativen Streitbeilegung zugewiesen werden kann.

Kapitel 3

Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanische Verwaltung Kapitel 3: Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten

In Japan ist die Verwaltung traditionell in den Bereich der Streitbeilegung mit eingebunden. Bereits in der Edo-Zeit (1603–1868), als das Prinzip der Gewaltenteilung noch nicht eingeführt war, lag die prozessuale Bewältigung von Rechtsstreitigkeiten in der Verantwortung der Verwaltung. 1 Auch die staatliche Rechtspolitik nach der Meiji-Restauration (ab 1868) tendierte dahin, die Verwaltung mit der Durchsetzung des Rechts zu betrauen. 2 Im Bereich der individuellen Arbeitskonflikte spielt die Streitbeilegung durch Verwaltungsorgane auch im heutigen Japan in der Praxis eine große Rolle. Die Ausgestaltung dieser Einrichtungen ist vielfältig, sowohl im Hinblick auf ihre organisatorische Einordnung, als auch in Bezug auf die Art der Arbeitsstreitigkeiten, die sie abdecken. Teilweise sind die Verwaltungsorgane, die sich mit der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten beschäftigen, auf Zentralstaatsebene, teilweise auf Präfekturebene angesiedelt. Präfekturale Einrichtungen bestehen nicht zwingend in allen Präfekturen und sind, wenn sie bestehen, nicht einheitlich ausgestaltet, denn jede Präfektur errichtet die entsprechenden Einrichtungen eigenständig. In manchen Präfekturen bestehen solche Organe seit über 50 Jahren.3 Ein auf zentralstaatlicher Ebene eingerichtetes System innerhalb der Verwaltung, das landesweit mit einem einheitlichen Verfahren individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten aller Art behandelt, wurde demgegenüber erst 2001 eingeführt. 4 Davor gab es Einrichtungen auf der Ebene des Zentral1

MENKHAUS , 2006, S. 285. RAHN , 1980, S. 490. 3 Das Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen der Präfektur Tokio (tōkyō-to rōdō sōdan jōhō sentā) beispielsweise besteht seit 1956, siehe dazu rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen – Geschäftsjahr 2008], Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio, 2009 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). Zum System der Beilegung bei dem Beratungsund Informationszentrum für Arbeitssachen der Präfektur Tokio siehe unter Kapitel 3 B.I.c). 4 Mit dem BFördG wurden 2001 bei den Arbeitsbehörden der Präfekturen u.a. Beratungsstellen sowie sog. Streitregulierungskommissionen (funsō chōsei i’in-kai) zur Durch2

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Kapitel 3: Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten

staats, die sich jeweils nur mit einem Teilbereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten beschäftigten und hauptsächlich Beratungen durchführten. 5 Andere Einrichtungen halten zwar ein alle Arten individueller Arbeitsrechtsstreitigkeiten umfassendes Angebot bereit, agieren jedoch nur auf Präfekturebene und nicht landesweit. 6 Zentralstaatsebene (MGWA)

Arbeitsbehörde

Seit 2001

Präfekturebene

Dienstleistungsstelle der Verwaltung (Arbeitspolitisches Büro) Beratung

Arbeitskommission

Seit 2001 u.U. Vermittlung

Allgemeine Beratungsstellen - Beratung Leiter der Arbeitsbehörde -Ratschlag/Anleitung – (gyōsei shidō?)

u.U. Beratung

Abteilungen der Arbeitsbehörde

Vermittlung

Gleichstellungsabteilung - Beratung -

Einrichtungen bei der Arbeitsbehörde Abteilung zur Sicherung der Beschäftigung

Harō Wāku - Beratung -

Arbeitsstandardabteilung

Arbeitsstandardbüros - Beratung -

Streitregulierungskommission - Vermittlung -

Abb. 2: Streitbeilegungssysteme in der japanischen Verwaltung

Oberstes Organ der Verwaltung in Arbeitssachen ist das Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit (MGWA) (kōsei rōdō-shō). In den Präfekturen sind als Zweigstellen des MGWA die Arbeitsbehörden (rōdō-kyoku) eingerichtet, welche somit ebenfalls zur Zentralstaatsebene gehören und keine Behörden auf Präfekturebene sind. Die Aufgaben der Arbeitsbehörden verteilen sich auf verschiedene Abteilungen, welche – teilweise mit Hilfe zusätzliführung von Vermittlungsverfahren eingerichtet. Zum System der Beilegung bei den Arbeitsbehörden nach dem BFördG siehe unter Kapitel 3 A.I.c). 5 Die Büros zur Aufsicht über die Arbeitsstandards (rōdō kijun kantoku sho) beraten beispielsweise in Fragen rund um das Arbeitsstandardgesetz, zu den Einzelheiten siehe unter Kapitel 3 A.I.b)(2)(a). 6 Die arbeitspolitischen Büros (rōsei (shukan) jimu-sho), die in einigen Präfekturen eingerichtet sind, bieten Beratung und teilweise auch Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Konflikte. Im Japanischen werden die arbeitspolitischen Büros regelmäßig als Dienstleister der Verwaltung (gyōsei sābisu) bezeichnet. Zum System der Beilegung im Einzelnen siehe unter Kapitel 3 B.I.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

cher Einrichtungen – Beratungen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich anbieten. Seit 2001 ist ein vielschichtiges System zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten aller Art ebenfalls bei den Arbeitsbehörden etabliert worden, das von der Beratung über die Erteilung von Ratschlägen etc. bis zur Vermittlung ein umfangreiches Angebot bereithält (Abb. 2). Neben der Beratung sind Verfahren der Vermittlung im Bereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten besonders verbreitet. Organe der Verwaltung, die individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten mit Hilfe von Vermittlungsverfahren beilegen, sind neben den auf zentralstaatlicher Ebene bei den Arbeitsbehörden eingerichteten Streitregulierungskommissionen (funsō chōsei i’in-kai) die auf Präfekturebene angesiedelten arbeitspolitischen Büros (rōsei (shukan) jimu-sho) und die Arbeitskommissionen (rōdō i’in-kai) (Abb. 2). Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf den Systemen, die individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten umfassend abdecken und über eine Art eigenes Verfahrensrecht verfügen. Im Bereich der administrativen Verfahren sind das die Vermittlungsverfahren. Diese werden im Folgenden einer genaueren Analyse unterzogen. Um einen Einblick in das umfangreiche Angebot der japanischen Verwaltung zu geben, werden die zugehörigen Beratungseinrichtungen ebenfalls kurz dargestellt.

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

I. Vermittlung bei den Arbeitsbehörden Das Vermittlungssystem bei den Arbeitsbehörden ist im Jahr 2001 mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten (BFördG) entstanden. Das BFördG hat in Japan erstmals für die Einführung eines landesweit einheitlichen Verfahrens gesorgt, das individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten umfassend behandelt. Ziel dieses Gesetzes ist die Förderung einer raschen, angemessenen und im Wesentlichen von den Streitparteien selbstständig herbeigeführten Beilegung durch die Errichtung u.a. eines Vermittlungssystems. 7 a) Hintergrund Das BFördG ist in erster Linie eine Reaktion auf die seit dem Platzen der Wirtschaftsblase Anfang der 1990er Jahre stark ansteigende Zahl individual-

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Art. 1, 2 BFördG.

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. 8 Das Ende der Blasenwirtschaft (baburu keizai) und die fortschreitende Globalisierung führten zu einschneidenden Veränderungen im Beschäftigungssystem. Das Dreigestirn des traditionellen japanischen Beschäftigungssystems, 9 das Prinzip der lebenslangen Beschäftigung (shūshin koyō seido), das Senioritätsprinzip (nenkō seido) und das System der Unternehmensgewerkschaften (kigyō-betsu kumiai seido), konnte nicht im gleichen Maße wie in den Jahrzehnten zuvor aufrechterhalten werden. Es kam vermehrt zur Verschlechterung von Arbeitsbedingungen und zu Kündigungen, die im traditionellen System, wenn überhaupt, nur ultima ratio gewesen waren. Der Organisationsgrad der Gewerkschaften und damit auch deren Fähigkeit, einen Beitrag zur Lösung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu leisten, verringerte sich. 10 Neben der Veränderung des Beschäftigungssystems wird teilweise auch eine Veränderung im Bewusstsein der Arbeitnehmer im Hinblick auf ihre Rechte und deren Durchsetzung vermutet. 11 Ob ein solcher Bewusstseinswandel tatsächlich stattgefunden hat oder ob der Anstieg individueller Streitigkeiten doch eher den Verschlechterungen geschuldet ist, die Arbeitnehmer vermehrt erfuhren, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend festgestellt und ist für den Gegenstand der Arbeit auch nicht von Relevanz. Bis in die 1990er Jahre hatte in Japan die arbeitsrechtliche Streitbeilegung mit besonderem Fokus auf die Beilegung kollektiver Streitigkeiten stattgefunden. Für kollektivarbeitsrechtliche Streitigkeiten waren 1946 eigene Verfahren (Vermittlungs-, Schlichtungs- und Schiedsverfahren) 12 und mit den Arbeitskommissionen (rōdō i’in-kai) auf Präfektur- und der zentralen Arbeitskommission (chūō rōdō i’in-kai) auf Zentralstaatsebene auch eigene Streitbeilegungsorgane eingerichtet worden. Für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten gab es kein eigenständiges landesweites Beilegungsverfahren, 8 Die Zahl der Neueingänge vor den Zivilgerichten stieg von 647 Fällen im Jahr 1990 (Hōsō Jihō, Band 43, Nr. 7, Tab. 2, S. 96) auf 2.063 im Jahr 2000 (Hōsō Jihō, Band 53, Nr. 8, Tab. 1, S. 98); vgl. auch KEZUKA, Significance and Tasks involved in Establishment of a Labor Tribunal System, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 13, 14. 9 Zur Erläuterung des Beschäftigungssystems siehe u.a. M ARUTSCHKE, 2010, S. 199, 200; NISHITANI , Das japanische Arbeitsrecht unter dem Einfluss der veränderten Arbeitsbeziehungen, in: Wahsner (Hrsg.), Japans Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht in Geschichte und Gegenwart: Soziale Schattenseiten eines Modells, Baden-Baden 1996, S. 74, 75; MARUTSCHKE, Das Japanische im japanischen Arbeitsrecht, in: Menkhaus (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München 1994, S. 136–144; siehe dazu M ENKHAUS, Zusammenfassung, in: ebd., S. 546; ALPS, 2009, S. 242, 243. 10 SUMIDA/KEZUKA /WAKITA, 2009, S. 39; der Organisationsgrad lag im Jahr 2010 bei 18,5% aller Arbeitnehmer, in Betrieben mit weniger als 100 Mitarbeitern bei lediglich 1,1%, siehe HISAMOTO, 2012, S. 59. 11 MURATA, 2009, S. 9. 12 Gesetz über die Regulierung von Arbeitsverhältnissen, Gesetz Nr. 25 vom 27. September 1946.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

weder in der Verwaltung noch in der Justiz. Die Justiz bot lediglich die Möglichkeit, das allgemeine Verfahren des Zivilprozesses, das einstweilige Verfügungsverfahren sowie die zivile Schlichtung zu nutzen. Mit der steigenden Zahl individueller Streitigkeiten wurde deutlich, dass das Beilegungssystem in Arbeitssachen einer Umgestaltung bedurfte. 13 Zu dieser Zeit wurde als dringendste Aufgabe oft die Schaffung eines spezialisierten Verfahrens gefordert, um mit individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten umfassend, einfach und rasch umgehen zu können.14 Die Veränderung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten begann in einem ersten Schritt auf der Ebene der Verwaltung. Mit dem BFördG entstand im Jahr 2001 für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten ein fachspezifisches Verfahren bei den Arbeitsbehörden der Präfekturen. Das Ziel des Gesetzes, die Förderung einer selbstständigen Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, soll durch das Angebot von drei unterschiedlich ausgestalteten Beilegungsmethoden verwirklicht werden. Zunächst sind Beratungsstellen für arbeitsrechtliche Fragen aller Art (sōgō rōdō sōdan kōnā) (in Folgenden: Allgemeine Beratungsstellen) eingerichtet worden. Führt die Beratung bei diesen Allgemeinen Beratungsstellen den Hilfesuchenden noch nicht ans Ziel, sieht das BFördG neben der Erteilung von Ratschlägen und Anleitungen durch den Leiter der Arbeitsbehörde auch ein Vermittlungsverfahren vor der eigens dafür errichteten Streitregulierungskommission (funsō chōsei i’in-kai)15 vor. Da in den Arbeitsbehörden nicht nur das Vermittlungssystem samt seiner Beratungsstellen angesiedelt ist, sondern weitere vielfältige Beratungsangebote der einzelnen Abteilungen und ihrer ausführenden Einrichtungen bestehen, wirkt das System auf den ersten Blick sehr komplex (Abb. 3).

13 SUGENO, 2006, S. 8; so auch NISHITANI , 1996, S. 82, der das System zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zur damaligen Zeit als ungenügend beschreibt. 14 KEZUKA, 2006, S. 14; SUGENO, 2006, S. 8. 15 Art. 6 BFördG.

51

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene Abteilungen der Arbeitsbehörde Arbeitsbehörde

Einrichtungen bei der Arbeitsbehörde

Arbeitsstandardabteilung

Arbeitsstandardbüros - Beratung -

Abteilung zur Sicherung der Beschäftigung

Harō Wāku - Beratung -

Gleichstellungsabteilung - Beratung Allgemeine Beratungsstellen - Beratung -

Seit 2001

Leiter der Arbeitsbehörde - Ratschlag/ Anleitung – (gyōsei shidō?)

Streitregulierungskommission -Vermittlung -

Abb. 3: Streitbeilegungssysteme in der japanischen Verwaltung – Zentralstaatsebene

Die in Abb. 3 dargestellten Beratungsangebote der Arbeitsstandardbüros, der Harō Wāku-Stellen sowie der Gleichstellungsabteilungen bestanden bereits vor dem Inkrafttreten des BFördG im Jahr 2001. Der Vollständigkeit halber werden im Folgenden ein Überblick über dieses Beratungsangebot bis zum Inkrafttreten des BFördG und eine kurze Erläuterung zum Aufbau der Arbeitsbehörden gegeben. Das Vermittlungssystem aus dem Jahr 2001 hat diese Beratungsangebote nicht ersetzt, sondern erweitert. b) Exkurs: Beratungsangebot der Arbeitsbehörden vor 2001 (1) Organisation des MGWA auf Zentralstaatsebene Jede der 47 Präfekturen Japans verfügt über eine Arbeitsbehörde (todōfuken rōdō-kyoku). Die Arbeitsbehörden sind die Zweigstellen des Arbeitsministeriums. Das japanische Arbeitsministerium ist im Rahmen einer Umstrukturierung der Ministerien mit dem Ministerium für Gesundheit und Wohlfahrt zum Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit (kōsei rōdō shō) (MGWA) zusammengelegt worden. 16 Das MGWA ist in Behörden (kyoku) aufgeteilt, die wiederum über einzelne Abteilungen (bu) verfügen (Abb. 4).17

16

Die Umstrukturierung erfolgte im Jahr 2001. Abb. 4 ist erstellt worden in Anlehnung an kōsei rōdō-shō no soshiki [Organisation des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit], Internetauftritt des Ministeriums 17

52

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Zum Bereich Arbeit des MGWA gehören im Wesentlichen die Arbeitsstandardbehörde (rōdō kijun (shukan) kyoku), die Behörde zur Sicherung der Beschäftigung (shokugyō antei-kyoku), die Behörde für Gleichstellung in der Beschäftigung, Kinder und Familie (koyō kintō jidō katei-kyoku) und ihre jeweiligen untergeordneten Abteilungen (Abb. 4).18 Behörden des MGWA

MGWA

Arbeitsstandardbehörde

Abteilungen des MGWA Abteilung für Sicherheit und Hygiene Abteilung für den Ausgleich bei Arbeitsunfällen

Behörde zur Sicherung der Beschäftigung

Abteilung für Maßnahmen für Leiharbeit und befristete Arbeit Abteilung für Maßnahmen für die Beschäftigung Älterer und Behinderter

Behörde für Gleichstellung, Kinder und Familie

Abb. 4: Organisation des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit – Bereich Arbeit

(2) Organisation der Arbeitsbehörden auf Präfekturebene Die Arbeitsbehörden in den Präfekturen verfügen ihrerseits über verschiedene Abteilungen, die sich am Aufbau der Behörden des MGWA orientieren. Neben einer Abteilung für allgemeine Angelegenheiten (sōgō-bu) bestehen daher eine Arbeitsstandardabteilung (rōdō kijun-bu), eine Abteilung zur Siche-

für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 18 Organigramm des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015); siehe auch kyoku no soshiki mokuhyō [Organisatorische Zielsetzung (Anmerkung der Verfasserin: der Behörden des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit von April bis September 2010)], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 20.04.2010, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015).

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

53

rung der Beschäftigung (shokugyō antei-bu) sowie eine Abteilung für die Gleichstellung in der Beschäftigung (koyō kintō-shitsu) (Abb. 2 und Abb. 5).19 Abteilungen der Arbeitsbehörde

Arbeitsbehörde

Einrichtungen bei der Arbeitsbehörde

Allgemeine Angelegenheiten

Arbeitsstandardabteilung

Arbeitsstandardbüro - Beratung -

Abteilung zur Sicherung der Beschäftigung

Harō Wāku - Beratung -

Gleichstellungsabteilung - Beratung -

Abb. 5: Organisation der Arbeitsbehörden am Beispiel der Präfektur Tokio

Diese Abteilungen bieten selbst bzw. über ausführende Einrichtungen, die bei den Arbeitsbehörden eingerichtet sind, Beratungen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich an (Abb. 6). 20 Im Gegensatz zum MGWA sind die Einrichtungen der Arbeitsbehörden für Hilfesuchende somit ein direkter Ansprechpartner. Sie werden auch als Organe an vorderster Front, in vorderster Reihe bezeichnet (dai-issen kikan). 21 Aufgabe des MGWA ist nicht, über konkrete Einzelfälle zu entscheiden, sondern Ministerialverordnungen (shōrei) zu erlassen,22 in zu beauftragenden und dem MGWA angegliederten Untersuchungs- und Beratungsausschüssen Forschungsberichte erarbeiten zu lassen sowie Statistiken zu erstellen.

19 SASAKI , mondai kaiketsu rōdō-hō 10 funsō kaiketsu shisutemu [Problemlösung Arbeitsrecht Bd. 10 Streitbeilegungssysteme], Tokio 2008, S. 16. 20 Abb. 6 ist in Anlehnung an S ASAKI , 2008, S. 30, erstellt worden. 21 Stellvertretend SASAKI , 2008, S. 19. 22 Art. 12 Abs. 1 Gesetz über die Organisation der Staatsregierung (kokka gyōsei soshiki hō), Gesetz Nr. 120 vom 10.07.1948.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung Abteilung/ Einrichtung der Arbeitsbehörde

Arbeitsbehörde

Arbeitsstandardbüro

Art der behandelten Probleme Ausstehende Lohnzahlungen Arbeitszeit/Überstunden Bezahlter Urlaub Arbeitsunfälle Kündigungen Fragen hinsichtlich der Stellensuche Stellenangebote

Harō Wāku

Arbeitslosenversicherung Ausscheiden aus dem Berufsleben Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern

Gleichstellungsabteilung

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts Sexuelle Belästigung Mutterschutz Erziehung Pflege

Abb. 6: Beratung in den Arbeitsbehörden

Die Arbeitsbehörden in den einzelnen Präfekturbezirken unterscheiden sich teilweise ein wenig im Hinblick auf den Aufbau innerhalb der Behörde sowie der Benennung der einzelnen Bereiche, verfügen aber im Wesentlichen über dieselben Angebote, so dass die Ausführungen der folgenden Abschnitte, die sich am Aufbau der Arbeitsbehörde der Präfektur Tokio (Abb. 5) orientieren, im Grundsatz auf alle Arbeitsbehörden zutreffen. Vorgestellt werden diejenigen Bereiche, die zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten konkret beitragen. (a) Bereich Arbeitsstandard Die Arbeitsstandardbehörde des MGWA und die Arbeitsstandardabteilungen bei den Arbeitsbehörden sind in erster Linie Kontrollorgane, die die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsstandardgesetzes 23 (im Folgenden: ASG), des Gesetzes über die Arbeits(platz)sicherheit und den arbeitsrechtlichen Gesundheitsschutz 24 (im Folgenden: ASGSG), des Gesetzes über die Entschädigung für Arbeitsunfälle 25 etc. überwachen. Das ASG setzt Mindeststandards für Arbeitsbedingungen fest, die zum Schutz eines lebenswerten Daseins des einzelnen Arbeitnehmers nicht unterschritten werden dürfen. 26 23

Rōdō kijun hō, Gesetz Nr. 49 vom 07.04.1947. Rōdō anzen eisei hō, Gesetz Nr. 57 vom 08.06.1972. 25 Rōdō saigai hoshō hoken hō, Gesetz Nr. 50 vom 07.04.1947. 26 Art. 1 ASG.

24

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

55

Die Arbeitsstandardbehörde beim MGWA sowie die Arbeitsstandardabteilungen bei den Arbeitsbehörden sollen die Einhaltung dieser Mindestbedingungen sicherstellen und den Standard kontinuierlich verbessern,27 indem sie etwa Gesetzesänderungen anstoßen. So ist im Jahr 2008 beispielsweise eine Änderung des Mindestlohngesetzes 28 über die Erhöhung der Geldstrafe bei Unterschreitung des Mindestlohns in Kraft getreten. Für die Bewältigung der Aufgabe bestehen in den Bezirken der Arbeitsbehörden als ausführende Einrichtungen Büros zur Aufsicht über die Arbeitsstandards (rōdō kijun kantoku-sho) (im Folgenden: Arbeitsstandardbüros) (Abb. 5). In der Präfektur Tokio sind 18 solcher Büros eingerichtet. 29 Diese Büros sind den Arbeitsbehörden untergeordnete Organe der Arbeitsstandardverwaltung und beschäftigen sich ebenfalls mit der Sicherstellung und Verbesserung von Arbeitsbedingungen (rōdō jōken kakuho / kaizen), der Sicherheit und Hygiene (anzen eisei), sowie den Leistungen der Arbeitsunfallversicherung (rōsai hoken no kyūfu). 30 Sie werden im Gegensatz zum Ministerium im Einzelfall aktiv. Auf die Anzeige eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Vorschriften oder im Rahmen regelmäßig von Amts wegen durchgeführter Kontrollen können die Arbeitsstandardbüros Untersuchungen bei Arbeitgebern einleiten und bei einem festgestellten Verstoß durch Ermahnung (kankoku) des entsprechenden Arbeitgebers erreichen, dass der Verstoß beseitigt wird. 31 Ist ein Verstoß mit Strafe bedroht, dürfen die für das Arbeitsstandardbüro tätigen Inspektoren (rōdō kijun kantoku shokan) bei ihren Ermittlungen Polizeibefugnisse ausüben, sie gelten insofern als besondere Polizeibedienstete. 32 Geben die Arbeitgeber nach dem Einschreiten des Büros ihr gesetzeswidriges Verhalten auf, führt die Tätigkeit der Arbeitsstandardbüros faktisch zur Streitbeilegung. Obwohl deren Zuständigkeit vorrangig in der Überwachung der Einhaltung des ASG und nicht in der Beilegung liegt, gelten die Arbeitsstandardbüros in Japan als Verwaltungsorgane zur Beilegung individualar-

27 Siehe unter rōdō kijun [Arbeitsstandards], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 28 Saitei chingin hō, Gesetz Nr. 137 vom 15.04.1959. 29 Siehe unter rōdō kijun kantoku-sho no kankatsu chi’iki to shozai-chi ichiran [Übersicht über die Zuständigkeitsbereiche und Sitze der Arbeitsstandardbüros], Internetauftritt der Arbeitsbehörde der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 30 SASAKI , 2008, S. 19. 31 Ermahnungen gehören in den Bereich des gyōsei shidō, einer Art informellen Verwaltungshandelns der japanischen Administration, siehe unter Kapitel 3 A.I.b)(2). 32 Art. 102 ASG.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

beitsrechtlicher Streitigkeiten, 33 zumindest für solche Konflikte, die vom ASG etc. umfasst sind. Darüber hinaus bieten die Arbeitsstandardbüros Beratungen für Arbeitnehmer mit arbeitsrechtlichen Fragen an. 34 Entsprechend der Zuständigkeit der Büros handelt es sich überwiegend um Fragen über die Arbeitszeit, ausstehende Entgeltzahlungen, Gesundheitskontrollen und Leistungen aus der Arbeitsunfallversicherung. 35 (b) Bereich Sicherung der Beschäftigung Die Behörde zur Sicherung der Beschäftigung beim MGWA sowie die entsprechenden Abteilungen zur Sicherung der Beschäftigung in den Arbeitsbehörden befassen sich mit Fragen der Durchführung des Gesetzes zur Sicherung der Beschäftigung36 (im Folgenden: BeschSG) und des Beschäftigungsmaßnahmengesetzes 37 in den Betrieben sowie mit der Durchführung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. 38 Ihre Aufgabe ist der Erlass von Maßnahmen zur Stabilität in der Beschäftigung und in den Lebensbedingungen der jüngeren Generation, die Verwirklichung der Einstellung älterer Arbeitnehmer bzw. ihr längerer Verbleib in bestehenden Arbeitsverhältnissen, die Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen sowie die Verhinderung von Arbeitslosigkeit durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten. 39 Im Juli 2010 trat beispielsweise eine Änderung des Gesetzes zur Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen 40 in Kraft, wonach die Pflicht zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages bei Unterschreitung der gesetzlichen Behindertenquote auf Betriebe ab 201 Mitarbeitern ausgeweitet worden war und ab 2015 schon ab

33

SUGENO, rōdō-hō [Arbeitsrecht], 8. Auflage, Tokio 2008, S. 663 (im Folgenden: S U2008a). 34 Für die Präfektur Tokio siehe rōdō gyōsei no aramashi Profile 2012 [Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012], S. 4, Broschüre der Arbeitsbehörde in der Präfektur Tokio, (im Folgenden: MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015). 35 MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012, S. 4. 36 Shokugyō antei hō, Gesetz Nr. 141 vom 30.01.1947. 37 Koyō taisaku hō, Gesetz Nr. 312 vom 21.07.1966. 38 Koyō hoken hō, Gesetz Nr. 116 vom 28.12.1974. 39 Siehe unter kin’yō [Beschäftigung], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 05.07.2012). 40 Shōgai-sha no koyō no sokushin tō ni kan suru hōristu, Gesetz Nr. 123 vom 25.07.1960. GENO,

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

57

101 Mitarbeitern zur Anwendung kommt. 41 Die Behörde zur Sicherung der Beschäftigung beim MWGA erstellt darüber hinaus die Arbeitsmarktstatistiken. Der Aufgabenbereich dieser Behörde stimmt in etwa mit dem der Bundesagentur für Arbeit überein. 42 Bei den Arbeitsbehörden wurden in den Abteilungen zur Sicherung der Beschäftigung zur Umsetzung der Aufgaben im konkreten Fall die sogenannten öffentlichen Stellen zur Sicherung der Beschäftigung (kōkyō shokugyō antei sho) eingerichtet. Diese ausführenden Einrichtungen sind unter der Bezeichnung harō wāku (Hello Work) bekannt (Abb. 5). In der Präfektur Tokio sind 17 harō wāku-Stellen eingerichtet worden. 43 Sie führen u.a. Beratungen durch, etwa zur Berufswahl oder zur Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, nehmen Stellenangebote von Arbeitgebern auf, unterstützen Arbeitsuchende bei der Arbeitsuche oder auch bei der Überlegung, welche Tätigkeit für sie angemessen wäre, und bieten kostenlose Seminare und Fortbildungen zum Einstieg in das Berufsleben an.44 Die harō wāku-Stellen sind mit den Agenturen für Arbeit (Job-Center) vergleichbar, die in Deutschland auf örtlicher Ebene mit der Umsetzung der Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit betraut sind.45 41

Shōgai sha koyō sokushin hō kaisei ni tomonau seishōrei-tō no kaisei ni tsuite [Über die die Reform des Gesetzes zur Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen begleitende Reformierung der Ministerialverordnungen], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, S. 1, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 42 Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, Internetauftritt des Bundesagentur für Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 43 Eine Auflistung der 17 harō wāku-Stellen in der Präfektur Tokio findet sich bei harō wāku ichiran [Überblick Hello Work], Internetauftritt der Arbeitsbehörde der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 44 Zu den Einzelheiten der Tätigkeit der harō wāku-Stellen siehe kōkyō shokugyō antei sho (harō wāku) no omo na torikumi to jisseki- heisei 24 nen 6 gatsu [Hauptinitiativen und Erfolge der öffentlichen Stellen zur Sicherung der Beschäftigung (harō wāku) – Juni 2012], Bericht der Behörde zur Sicherung der Beschäftigung des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet ist aktuell der Bericht für das Jahr 2014 zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); Internetauftritt der harō wāku-Stellen unter , speziell für die Präfektur Tokio unter (beide zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); SASAKI , 2008, S. 24. Für die Präfektur Tokio siehe auch MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012, S. 6. 45 Zahlenmäßig stehen ca. 550 japanische harō wāku-Stellen knapp 180 deutschen Agenturen für Arbeit gegenüber. Zu der Anzahl der harō wāku Stellen siehe kōkyō shokugyō antei sho (harō wāku) no omo na torikumi to jisseki- heisei 24 nen 6 gatsu [Hauptinitiativen und Erfolge der öffentlichen Stellen zur Sicherung der Beschäftigung (Hello Work) – Juni 2012], Bericht der Behörde zur Sicherung der Beschäftigung des Ministeriums für

58

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Exkurs – kurzer Blick nach Deutschland: Abgesehen davon, dass die Bundesagentur für Arbeit im Gegensatz zu ihrem japanischen Pendant keine Behörde des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, sondern ein selbstständiges Organ ist, ähneln sich die Organisationsstrukturen im Hinblick auf den Aufgabenbereich Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland und Japan (Abb. 7).

Japan

Deutschland

Behörde zur Sicherung der Beschäftigung

Zentralstaats- bzw. Bundesebene

Bundesagentur für Arbeit

Abteilungen zur Sicherung der Beschäftigung

Zweigstelle auf regionaler Ebene

Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit

Harō Wāku

Konkrete Durchführung auf örtlicher Ebene

Agenturen für Arbeit (Job-Center)

Abb. 7: Aufgabenbereich Arbeits- und Ausbildungsmarkt ‒ Organisationsstruktur

(c) Bereich Gleichstellung in der Beschäftigung Die Abteilungen für Gleichstellung in der Beschäftigung, koyō kintō shitsu, (im Folgenden: Gleichstellungsabteilung) fördern ebenso wie die entsprechende Behörde des MGWA Maßnahmen zur Chancengleichheit und Sicherstellung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Beschäftigung nach dem Chancengleichheitsgesetz 46 (im Folgenden: ChancenGG). Dies betrifft in besonderer Weise Maßnahmen, durch die Frauen dabei unterstützt werden sollen, ihr Berufs- und Familienleben miteinander vereinbaren zu Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, S. 1, im Internet ist aktuell der Bericht für das Jahr 2014 zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); zu der Zahl der Agenturen für Arbeit siehe Organisation, Internetauftritt der Bundesagentur für Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 46 Danjō koyō kikai kintō hō, Gesetz Nr. 113 vom 01.07.1972.

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

59

können.47 Mit dem Inkrafttreten des Teilzeitarbeitsgesetzes 48 im Jahr 2008 ist auch die Verwirklichung der Gleichbehandlung von Teilzeitarbeit in den Aufgabenkatalog der Gleichstellungsabteilung gerückt. 49 Ein Beispiel dafür, wie die Behörde für Gleichstellung, Kinder und Familie des MGWA ihre Aufgaben erfüllt, findet sich bei der letzten Reform des ChancenGG aus dem Jahr 2006, mit der auch die mittelbare Diskriminierung verboten wurde. Eine mittelbare Diskriminierung im Hinblick auf das Merkmal „Geschlecht“ liegt nach dem ChancenGG dann vor, wenn eine Maßnahme des Arbeitgebers an eine Voraussetzung geknüpft ist, die zwar außerhalb des Geschlechts liegt, bei einem Vergleich der Arbeitnehmer beider Geschlechter jedoch das eine Geschlecht wesentlich benachteiligt und nicht auf einer rationalen Begründung (gōriteki na riyū) beruht.50 Klassisches Beispiel einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen ist die Schlechterstellung von Teilzeitarbeitnehmern gegenüber Vollzeitbeschäftigten, da der Anteil weiblicher Teilzeitbeschäftigter besonders hoch ist und die Regelung Frauen damit häufiger trifft als Männer. Das MGWA hat seine Zuständigkeit genutzt und im Wege einer Ministerialverordnung die Liste der gesetzlichen Verbotsgründe für eine mittelbare Diskriminierung erweitert.51 Der Gleichstellungsabteilung obliegt nicht nur die Förderung der Gleichbehandlung durch geeignete Maßnahmen, sondern auch die Beratung in Fragen, die die Gleichstellung betreffen. 52 Die Gleichstellungsabteilung verfügt somit ‒ anders als die Arbeitsstandardabteilung und die Beschäftigungssicherungsabteilung ‒ nicht über eine unterstützende Einrichtung, sondern führt die Beratungen selbst durch (Abb. 5). Ein Schwerpunkt dieser Beratungen liegt auf Fällen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. 53 (2) Exkurs: Informelles Verwaltungshandeln durch gyōsei shidō An dieser Stelle soll eine Besonderheit des japanischen Verwaltungshandelns – das gyōsei shidō (Verwaltungsanleitung) – in Grundzügen dargestellt werden, da sich die Arbeitsbehörden neben ihrer Beratungs- und Vermittlungstätigkeit auch dieser Methode bedienen, um Verstöße gegen gesetzlich festgelegte arbeitsrechtliche Standards zu beseitigen. Der Begriff gyōsei shidō ist 47

Vgl. MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012, S. 21. 48 Pāto rōdō hō, Gesetz Nr. 76 vom 18.06.1993. 49 MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012, S. 23. 50 Art. 7 ChancenGG. 51 KAWADA, Zur Gleichstellung in der Beschäftigung in Japan, in: Dieterich/Le Friant/ Nogler/Kezuka/Pfarr (Hrsg.), Individuelle und kollektive Freiheit im Arbeitsrecht – Gedächtnisschrift für Ulrich Zachert, Baden-Baden 2010, S. 419. 52 SASAKI , 2008, S. 27. 53 MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012, Abbildung auf S. 21.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

zusammengesetzt aus gyōsei, was Verwaltung bedeutet, und shidō, was wohl am besten mit Anleitung übersetzt werden kann. (a) Begriffsbestimmung Das informelle Verwaltungshandeln durch gyōsei shidō spielt in der japanischen Verwaltungspraxis eine überragende Rolle, obwohl der japanischen Verwaltung auch die aus dem deutschen Verwaltungsrecht bekannten Handlungsformen des Verwaltungsakts (gyōsei kōi) und des Verwaltungsvertrags (gyōsei keiyaku) zur Verfügung stehen.54 Walkling schätzt, dass 70 bis 80% der Verwaltungstätigkeit gyōsei shidō sind. 55 Obwohl es sich innerhalb der Verwaltung so großer Beliebtheit erfreut, war gyōsei shidō bis in das Jahr 1993 gesetzlich nicht geregelt. Erst mit der Einführung des japanischen Verwaltungsverfahrensgesetzes 56 (im Folgenden: VwVfG) wurde eine Definition dieses Begriffs eingeführt: „Gyōsei shidō ist eine Handlung der Verwaltung (keine Verfügung), die sie im Rahmen ihres Amts- und Zuständigkeitsbereichs tätigt, um ein bestimmtes Verwaltungsziel zu verwirklichen, indem sie durch eine Anleitung, Empfehlung oder einen Ratschlag von einer bestimmten Person ein Tun oder ein Unterlassen einfordert.“ 57

Anleitung (shidō), Empfehlung (kankoku) und Ratschlag (jogen) bilden hierbei lediglich eine Auswahl, keine abschließende Aufzählung der möglichen Handlungsformen, die unter gyōsei shidō fallen. Der japanische Begriff shidō ist nicht nur Bestandteil des Oberbegriffs gyōsei shidō, sondern beschreibt zusätzlich auch die in der gesetzlichen Definition genannte Unterart der Anleitung. Zur Vermeidung von Verwirrungen verwendet die Verfasserin in der vorliegenden Arbeit für den Oberbegriff den japanischen Begriff gyōsei shidō. 58 Die konkrete Maßnahme shidō wird demgegenüber im Folgenden mit Anleitung übersetzt.

54 Der Begriff des Verwaltungsakts (gyōsei kōi) wird als Handlungsform im VwVfG zwar nicht erwähnt, ist jedoch als Unterfall der Verfügung (shobun), der in Art. 2 Nr. 2 VwVfG geregelt ist, in der japanischen Literatur anerkannt, so auch W ALKLING, 2005, S. 68, 69. 55 WALKLING, Informelles Verwaltungshandeln in Deutschland und Japan (Diss.), Peter Lang Verlag, 2005, S. 71. 56 Gyōsei tetsuzuki hō, Gesetz Nr. 88 vom 12.11.1993. 57 Art. 2 Nr. 6 VwVfG. 58 In der deutschsprachigen Literatur hat sich eine einheitliche Übersetzung bislang ohnehin nicht durchsetzen können. Es finden sich folgende Termini: administrative Empfehlung, Verwaltungsanleitung, Verwaltungslenkung etc., siehe dazu W ALKLING, 2005, S. 54, Fn. 354.

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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(b) Rechtsnatur von gyōsei shidō Im Gegensatz zum Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag hat gyōsei shidō keine rechtliche Bindungswirkung 59 und ist auf die freiwillige Befolgung durch den Adressaten angewiesen.60 Anders als der Verwaltungsakt ist gyōsei shidō auch kein hoheitlicher Akt der Verwaltung. 61 Denn nur solche Verwaltungsmaßnahmen gelten als hoheitlich, die einseitig von der Verwaltung vorgenommen werden und aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung auch gegen den Willen des Adressaten durchgesetzt werden können.62 Bei gyōsei shidō ist eine Rechtsgrundlage nicht erforderlich und fehlt in der Regel. 63 Das Fehlen einer Ermächtigungsgrundlage bedeutet nach dem Verständnis der japanischen Verwaltungsrechtslehre jedoch nicht zwangsläufig, dass das Handeln durch gyōsei shidō automatisch rechtswidrig wäre. Der Grund hierfür liegt in einer zweistufigen Betrachtung der Ermächtigung von Verwaltungsorganen. In Japan wird zwischen der grundsätzlichen Handlungsermächtigung der Verwaltung und der sachlichen Ermächtigung zum Einsatz einer bestimmten Handlungsform im Einzelfall differenziert. 64 In der ersten Stufe, und diese muss stets erfüllt sein, muss die Handlung der Verwaltung in den ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgabenbereich fallen. 65 Sie muss für den betreffenden Bereich zuständig sein. In der zweiten Stufe soll eine materiellrechtliche Grundlage zur Vornahme der konkreten Handlung vorliegen. Von dieser Voraussetzung darf nach japanischer Ansicht bei gyōsei shidō abgewichen werden.66

59 ONISHI, Die Grundprobleme des japanischen Verwaltungsrechts, in: Pitschas/Kisa (Hrsg.), Internationalisierung von Staat und Verfassung im Spiegel des deutschen und japanischen Staats- und Verwaltungsrechts, Berlin 2002, S. 176; M UROI /SHIBAIKE / HAMAKAWA, Komentāru gyōsei hō I – gyōsei tetsuzuki hō / gyōsei fufuku shinsa hō [Kommentar zum Verwaltungsrecht I, Verwaltungsverfahrensrecht, Untersuchung im Widerspruchsverfahren], 2. Auflage, Tokio 2008, S. 33. 60 Gemäß Art. 32 Abs. 1 VwVfG ist im Rahmen von gyōsei shidō darauf zu achten, dass die Umsetzung nur unter freiwilliger Mithilfe des Adressaten stattfindet. Um die Freiwilligkeit sicherzustellen, darf einem Adressaten allein mit der Begründung, dass er gyōsei shidō nicht befolgt habe, keine nachteilhafte Behandlung erwachsen, Art. 32 Abs. 2 VwVfG. 61 WALKLING, 2005, S. 70. 62 WALKLING, 2005, S. 52. 63 KÖDDERITZSCH, Die Rolle der Verwaltungsvorschriften im japanischen Verwaltungsrecht (Diss.), Baden-Baden 1995, S. 63. 64 WALKLING, 2005, S. 103. 65 Für die Handlungsform gyōsei shidō ist dies in Art. 2 Nr. 6 VwVfG festgelegt, wonach die Handlung des Verwaltungsorgans im Rahmen seines Amts- und Zuständigkeitsbereichs (ninmu mata ha shoshō jimu no han’i-nai) liegen muss. 66 WALKLING, 2005, S. 52.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

(c) Das „Erfolgsrezept“ gyōsei shidō Da eine konkrete Rechtsgrundlage bei gyōsei shidō meist nicht besteht, können durch gyōsei shidō keine rechtlich verbindlichen Regelungen geschaffen werden. Bei einer solch unverbindlichen Maßnahme der Verwaltung stellt sich die Frage, weshalb der japanische Adressat ihr überhaupt nachkommt. Die verschiedenen Modelle zur Erklärung des Erfolgs von gyōsei shidō in der japanischen Gesellschaft erinnern stark an die in Kapitel 2 A.II. vorgestellte Diskussion zum Erfolg alternativer Streitbeilegungsmethoden in Japan. Zum einen werden auch für die überragende Rolle von gyōsei shidō in der japanischen Verwaltungspraxis kulturelle und geistesgeschichtliche Umstände zur Erklärung herangezogen. 67 Das besondere Harmoniestreben und ein hohes Ansehen der Staatsbediensteten in der japanischen Bevölkerung werden als Gründe für den Erfolg von gyōsei shidō genannt.68 Da sich informelles Verwaltungshandeln jedoch auch außerhalb Japans in verschiedenen Ausgestaltungen finden lässt, 69 kann der Rückgriff auf kulturelle Aspekte nicht die alleinige Erklärung bieten. So wird zusätzlich auf die tatsächlichen Gegebenheiten verwiesen. 70 Den japanischen Verwaltungsbehörden stehen beispielsweise bestimmte Druckmittel zur Verfügung. 71 Wenn sie eine Empfehlung (kankoku) aussprechen, kündigen sie oftmals an, im Falle der Nichtbefolgung die Namen der Adressaten zu veröffentlichen. 72 Dies beschert gyōsei shidō eine gewisse Durchsetzungskraft, da der Schaden, der dem gesellschaftlichen und geschäftlichen Ruf des Adressaten bei einer Veröffentlichung droht, oftmals schwerer wiegt als der finanzielle Schaden, der durch die Befolgung der Empfehlung entstünde. Muroi weist darauf hin, dass die Verwaltung zwar eine überlegene Position (yūetsuteki chi’i) innehabe, dass im Rahmen von gyōsei shidō jedoch auch oftmals Besprechungen und Erläuterungen zur gesetzlichen Lage und dem Stand der Dinge in der Verwaltung stattfinden, die eher Verhandlungscharakter haben, wobei die überlegene Position der Verwaltung dann keine Rolle spiele. 73 Die Verwaltung strebt danach grundsätzlich eine konsensuale Lösung an. In eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen bei Walkling und Köddertizsch. Ihrer Ansicht nach liegt der Erfolg von gyōsei shidō darin, dass es flexibel eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden suche und auf den 67

Vgl. Ausführungen zur sog. traditionellen Auffassung unter Kapitel 2 A.II. KÖDDERITZSCH, 1995, S. 64, Fn. 158. 69 Siehe dazu K ÖDDERITZSCH, 1995, S. 64, Fn. 158 und W ALKLING, 2005, S. 67. 70 Vgl. die „moderne Auffassung“ unter Kapitel 2 A.II. 71 ONISHI, 2002, S. 176, 177, Fn. 14. 72 Im Bereich des Arbeitsrechts betrifft dies z.B. Streitigkeiten nach dem ChancenGG und dem Teilzeitarbeitsgesetz, siehe unter Kapitel 3 A.I.c)(4). 73 MUROI /SHIBAIKE /HAMAKAWA, 2008, S. 33. 68

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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Adressaten weniger aggressiv wirke als eine rechtlich verbindliche Maßnahme. 74 Das Befolgen der Forderung entstamme häufig eher einem gewissen Grad an Einsicht als dass es auf eine Zwangslage zurückzuführen sei. 75 Im Übrigen wird auch im Hinblick auf das japanische Verwaltungsrecht der Vorwurf erhoben, dass nach der Meiji-Restauration fremde Rechtsideen übernommen worden seien, die sich nicht über einen gewissen Zeitraum anhand der Bedürfnisse der Gesellschaft entwickelt hätten. 76 Die Handlungsinstrumente im Verwaltungsrecht wurden aus dem deutschen Verwaltungsrecht übernommen. Die Bevorzugung informeller Vorgehensweisen vor rechtsverbindlichen Handlungsformen wird teilweise als Zeichen dafür gewertet, dass die fremden Instrumentarien den Anforderungen der japanischen Verwaltungsrealität kaum gerecht würden. 77 Diese Begründung findet sich auch im Hinblick auf das Ausweichen auf alternative Streitbeilegungsverfahren. Im Rahmen der informelleren Vorgehensweisen werde als vorteilhaft empfunden, dass die Beteiligten nicht streng an die rechtlichen Regelungen gebunden seien, die oftmals nicht ihr Gerechtigkeitsempfinden widerspiegelten. 78 (d) Verfassungsrechtliche Bedenken Die Nutzung von gyōsei shidō birgt allerdings aus verfassungsrechtlicher Sicht einige Gefahren. Als informelles Verfahren ist gyōsei shidō in der Regel weniger transparent als eine administrative Vorgehensweise etwa im Wege eines Verwaltungsaktes es wäre. So werden das Verfahren und das Ergebnis von gyōsei shidō nur auf Antrag des Adressaten schriftlich fixiert. 79 Dies erschwert regelmäßig die Durchsetzung des Anspruchs auf eine einheitliche und willkürfreie Behandlung durch die Verwaltung (verfassungsrechtlich garantierter Gleichheitsgrundsatz), 80 da die nötigen Vergleichsmaßstäbe und Beweisunterlagen oftmals fehlen. Mit der Einführung des VwVfG im Jahr 1993 ist das Transparenzgebot gesetzlich zumindest soweit konkretisiert worden, dass das handelnde Verwaltungsorgan den Zweck, den Inhalt und die für das Handeln verantwortliche Stelle gegenüber dem Adressaten offenlegen muss. 81 74

KÖDDERITZSCH, 1995, S. 64. Vgl. W ALKLING, 2005, S. 67, 72, 96. 76 Vgl. W ALKLING, 2005, S. 72, siehe auch unter Kapitel 2 A.II. 77 WALKLING, 2005, S. 72. 78 Siehe unter Kapitel 2 A.II. 79 Art. 35 Abs. 2 VwVfG. 80 Der Gleichheitsgrundsatz (byōdō no gensoku) ist in Art. 14 der Japanischen Verfassung niedergelegt und gilt auch für die Vorgehensweise der Verwaltung durch gyōsei shidō, WALKLING, 2005, S. 61. 81 Art. 35 Abs. 1 VwVfG. Diese Offenlegung hat jedoch nur dann schriftlich zu erfolgen, wenn der Adressat dies einfordert. 75

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Auch im Hinblick auf die Druck- und Sanktionsmaßnahmen der japanischen Verwaltung hat das VwVfG eine Neuerung gebracht und ausdrücklich bestimmt, dass die Umsetzung von gyōsei shidō nur unter freiwilliger Mithilfe des Adressaten stattfinden darf. 82 Um die Freiwilligkeit sicherzustellen, darf dem Adressaten allein mit der Begründung, er habe gyōsei shidō nicht befolgt, keine nachteilige Behandlung erwachsen. 83 Die Effektivität dieser Normen ist allerdings zweifelhaft, da die oben beschriebene Methode der Veröffentlichung der Namen der Adressaten im Falle der Nichtbefolgung nicht als Sanktion im Rechtssinne angesehen und somit nicht als nachteilige Behandlung im Sinne der Norm verstanden wird. 84 Darüber hinaus bestehen aus deutscher Sicht Bedenken dahingehend, dass der rechtsstaatliche Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (hōritsu ryūho) bei gyōsei shidō verletzt wird. Ob im Fall von gyōsei shidō eine Ermächtigungsgrundlage notwendig ist, ist in Japan hitzig diskutiert worden. 85 Nach der herrschenden Gewaltvorbehaltslehre (kenryoku ryūho-setsu) umfasst der Vorbehalt des Gesetzes lediglich hoheitliche Maßnahmen der Eingriffs- und der Leistungsverwaltung. 86 Wendet man diese Theorie auf gyōsei shidō an, folgt, dass eine Ermächtigungsgrundlage nicht notwendig ist, da gyōsei shidō keine hoheitliche Maßnahme darstellt. 87 Zu diesem Ergebnis kommt man auch bei einer genauen Betrachtung der Gesetzessystematik. Die gesetzliche Normierung erfolgte erst 1993, somit lange nachdem gyōsei shidō bereits die Verwaltungspraxis beherrschte. Zu der Notwendigkeit einer Ermächtigungsgrundlage äußert sich das VwVfG jedoch mit keinem Wort. Stattdessen stellt es Regelungen für die Verwaltung auf, die dieser bestimmte Grenzen für das Handeln durch gyōsei shidō aufzeigen, wie z.B. dass Verwaltungsorgane lediglich im Rahmen des ihnen zugewiesenen Aufgabenbereichs tätig werden dürfen. Zudem wird ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Befolgung durch den Adressaten abgestellt, was darauf hinweist, dass der Gesetzgeber nicht davon ausging, eine materiell-rechtliche Grundlage für gyōsei shidō müsse gegeben sein. Denn sonst wäre die Bestimmung über die freiwillige Mitarbeit obsolet. Die Freiwilligkeit der Befolgung hat weitergehende Folgen, die gyōsei shidō deutlich von den übrigen Handlungsformen der Verwaltung abgrenzen. 82

Art. 32 Abs. 1 VwVfG. Die Verwaltungsbediensteten sollen zudem gyōsei shidō nicht fortsetzen, wenn der Adressat erklärt, er beabsichtige nicht, gyōsei shidō zu befolgen, siehe ONISHI, 2002, S. 177, Rn. 14. 83 Art. 32 Abs. 2 VwVfG. 84 WALKLING, 2005, S. 66; zur Methode der Namensveröffentlichung siehe Kapitel 3 A.I.b)(2)(c). 85 MUROI /SHIBAIKE /HAMAKAWA, 2008, S. 31; ausführlich zum Meinungsstand siehe WALKLING, 2005, S. 77–86. 86 WALKLING, 2005, S. 78, 79. 87 WALKLING, 2005, S. 70.

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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So ist gyōsei shidō der japanischen Literatur zufolge unbestritten nicht im Wege einer verwaltungsrechtlichen Zwangsvollstreckung durchsetzbar. 88 Demgegenüber kann eine einseitig von der Verwaltung stammende Maßnahme wie ein Verwaltungsakt, die aufgrund einer rechtlichen Grundlage erlassen wird, einseitig von der Verwaltung durchgesetzt werden. Nach der Freiwilligkeit auf Seiten des Adressaten wird in diesen Fällen nicht gefragt. Eine letzte gewichtige Problematik des informellen Verwaltungshandelns liegt in der Beschneidung der Rechtsschutzmöglichkeiten. Ein direktes Vorgehen gegen gyōsei shidō ist kaum möglich.89 Denken könnte man an einen Verwaltungswiderspruch (gyōsei fufuku), eine Anfechtungsklage (torikeshi no uttae) oder eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit (mukō kakunin no uttae). All diese Möglichkeiten kommen jedoch nur in Betracht, wenn eine Verfügung oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auf dem Prüfstand steht.90 Trotz der kritisch zu beurteilenden Aspekte von gyōsei shidō ist die Frage, ob es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten abgeschafft werden müsse, in Japan nicht mit Nachdruck gestellt worden. Dafür ist es als Instrument in der japanischen Verwaltung zu fest verwurzelt. 91 Die Lehre beschäftigt sich überwiegend mit der Frage, wie die Gefahren, die von gyōsei shidō ausgehen, vermindert werden können. Um der rechtsstaatlichen Gefahren Herr zu werden, sind, wie oben beschrieben, mit dem VwVfG (dort speziell Art. 32 ff.) zumindest bestimmte Vorgaben für die Durchführung von gyōsei shidō eingeführt worden. (e) gyōsei shidō im Arbeitsrecht Es erscheint auf den ersten Blick überraschend, dass Verwaltungshandeln wie gyōsei shidō im Bereich des Arbeitsrechts auftaucht, ist das Arbeitsrecht doch ein Sonderbereich des Zivilrechts ohne nähere Verbindungen zum Verwaltungsrecht. Allerdings spielt die Verwaltung in Japan traditionell eine andere Rolle als man es aus dem deutschen Rechtskreis gewohnt ist. Historisch lag zum Beispiel die Streitbeilegung in der Verantwortung der Verwaltung. 92 Sie war somit ursprünglich nicht nur mit verwaltungsrechtlichen Aufgaben be88

KÖDDERITZSCH, 1995, S. 65. Zu der ebenfalls sehr unsicheren Variante, über eine Schadensersatzklage nach japanischem Staatshaftungsrecht gegen gyōsei shidō vorzugehen, siehe W ALKLING, 2005, S. 88–90. 90 Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Gesetz über die Prüfung eines Verwaltungswiderspruchs (gyōsei fufuku shinsa hō, Gesetz Nr. 160 vom 15.09.1962), Art. 3 Abs. 2 (Anfechtungsklage), Art. 3 Abs. 4 (Nichtigkeitsfeststellungsklage) Gesetz über den Verwaltungsprozess (gyōsei jiken soshō hō, Gesetz Nr. 139 vom 16.05.1962). 91 KÖDDERITZSCH, 1995, S. 67; W ALKLING, 2005, S. 58. 92 MENKHAUS , 2006, S. 285. 89

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

traut, sondern setzte sich auch mit privatrechtlichen Problematiken auseinander. Die Überantwortung von nicht verwaltungsrechtlichen Bereichen auf Verwaltungsorgane dauert bis heute an. Im Hinblick auf die Befolgung von Gesetzen mit arbeitsrechtlichem Inhalt wie dem ASG, dem Mindestlohngesetz, dem ASGSG, dem ChancenGG, dem BeschSG etc. bestehen Kontrollorgane in der japanischen Verwaltung. Die Kontrollfunktion obliegt konkret den Arbeitsbehörden, genauer, ihren Abteilungen und besonderen Einrichtungen. Die Arbeitsstandardbüros überwachen beispielsweise die Befolgung der Vorschriften des ASG. Besteht der Verdacht, dass die im ASG festgelegten Mindeststandards für Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden, stehen den Inspektoren der Arbeitsstandardbüros verschiedene Kompetenzen zu. Sie dürfen bei dem betreffenden Arbeitgeber Durchsuchungen (rinken) und Befragungen (jinmon) durchführen sowie Unterlagen anfordern (shorui teishutsu yōkyū).93 Da eine Nichtbefolgung der Vorschriften des ASG in vielen Fällen mit Strafe bedroht ist, 94 dürfen die Inspektoren im Rahmen der Erfüllung ihrer an sich verwaltungsrechtlichen Aufgabe bestimmte Polizeikompetenzen nach dem Strafprozessgesetz 95 (im Folgenden: StPG) ausüben.96 Dazu gehören Verhaftungen und Beschlagnahmen.97 Ähnliche Vorschriften bestehen für den Bereich des Mindestlohns und der Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz. 98 Liegt tatsächlich ein Verstoß gegen das ASG vor, können die Arbeitsstandardbüros im Rahmen von gyōsei shidō unter anderem Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände (zesei kan-koku) aussprechen.99 Mit Hilfe von gyōsei shidō wird dem betroffenen Arbeitgeber die Gelegenheit gegeben, den Verstoß zu beseitigen. Auf die Verhängung einer Strafe wird dann oft verzichtet. 100 Das Einschreiten der Verwaltung im Wege des informellen gyōsei shidō wird somit im Vorfeld gewählt, um eine eventuell nachfolgende, rechtlich verbindliche Maßnahme 93

Art. 101 Abs. 1 ASG. Kapitel 13 des ASG (Art. 117–121) enthält Strafbestimmungen. 95 Keiji soshō hō, Gesetz Nr. 131 vom 10.07.1948. 96 SUGENO, 2008a, S. 98. 97 Art. 101 Abs. 1 ASG i.V.m. Art. 199 Abs. 1, Art. 212 Abs. 1 StPG. 98 SUGENO, 2008a, S. 242, 326, 327. 99 Vgl. rōdō kijun kantoku-sho no zesei kankoku ni tsuite [Informationen über die Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände der Arbeitsstandardbüros], Internetauftritt des Beraters in Sozialversicherungs- und Arbeitsangelegenheiten Hachiya, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); Informationen über die Arbeitsstandardbüros einschließlich Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände durch die Arbeitsstandardbüros in der Präfektur Kanagawa, S. 2 und 3 eines PDF-Dokuments, veröffentlicht von der Arbeitsbehörde in der Präfektur Kanagawa, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 100 Vgl. SUGENO, 2008a, S. 663. 94

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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zu vermeiden. Eine konkrete Ermächtigungsgrundlage ist nicht vonnöten, allerdings dürfen die Arbeitsstandardbüros nur in dem ihnen übertragenen Zuständigkeitsbereich tätig werden. 101 Weshalb und auf welcher rechtlichen Basis die Verwaltung überhaupt in den Bereich des Arbeitsrechts eingebunden ist, wird in der arbeitsrechtlichen Literatur nicht weiter thematisiert. Die Kompetenz, über gyōsei shidō einen Gesetzesverstoß zu rügen und die Beseitigung anzumahnen, steht innerhalb der Arbeitsbehörden nicht nur den Arbeitsstandardbüros zu, sondern im Rahmen der Zuständigkeit für das ChancenGG und das BeschSG auch den Gleichstellungsabteilungen und den Abteilungen zur Sicherung der Beschäftigung. 102 Darüber hinaus ist im BFördG die Kompetenz des Leiters der Arbeitsbehörde normiert, auf Antrag einen Ratschlag oder eine Anleitung auszusprechen, um auf diesem Wege einen individuellen Arbeitskonflikt beizulegen. 103 In der japanischen Literatur werden der Ratschlag und die Anleitung durch den Behördenleiter oft von gyōsei shidō abgegrenzt. 104 Ob es sich bei Ratschlag und Anleitung des Leiters der Arbeitsbehörde tatsächlich um eine andere Art des Verwaltungshandelns oder doch um gyōsei shidō handelt, wird im folgenden Abschnitt unter Kapitel 3 A.I.c)(2)(c) analysiert. c) Angebot der Arbeitsbehörden seit 2001 Mit dem Inkrafttreten des BFördG im Jahr 2001 hat sich das System zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten auf der zentralstaatlichen Ebene der Verwaltung deutlich erweitert. Den Arbeitsbehörden ist mit dem BFördG die Zuständigkeit für die Durchführung von Verfahren zur Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte übertragen worden. Zusätzlich ist das bereits bestehende Beratungsangebot um die Allgemeinen Beratungsstellen ergänzt worden. Da das BFördG auf individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten umfassend Anwendung findet, hat es dafür gesorgt, dass die Lücke für all diejenigen Streitigkeiten geschlossen wurde, die von den bereits bestehenden Beratungsstellen innerhalb der Arbeitsbehörden nicht abgedeckt wurden. Als Beispiel sei die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen genannt, die nicht zu einer 101

Art. 2 Abs. 6, Art. 32 Abs. 1 VwVfG. SUGENO, 2008a, S. 663. 103 Siehe unter Kapitel 3 A.I.c)(2) und Kapitel 3 A.I.c)(4). 104 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 109; shokuba no toraburu kaiketsu sapōto shimasu – kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu [Wir unterstützen Sie bei der Beilegung von Streitigkeiten am Arbeitsplatz – Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Informationsbroschüre des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit und der Arbeitsbehörden der Präfekturen, Mai 2012, S. 3 (im Folgenden: MGWA, Broschüre BFördG, 2012), im Internet zugänglich ist die Fassung zum Stand Januar 2015 unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 102

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Unterschreitung der gesetzlich geforderten Mindeststandards führte. Diese Fälle fielen und fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsstandardbüros und sind daher nicht von deren Beratungsangebot umfasst. 105 Die Zielsetzung des BFördG ist in Art. 1 formuliert: „Dieses Gesetz hat zum Ziel, für Streitigkeiten zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Arbeitsbedingungen und sonstige Gegenstände aus dem Arbeitsverhältnis (einschließlich Streitigkeiten zwischen dem einzelnen Stellenbewerber und Arbeitgeber über Stellenangebote und die Einstellung; im Folgenden ʻindividualarbeitsrechtliche Streitigkeitenʼ), unter anderem durch die Errichtung eines Vermittlungssystems, in Übereinstimmung mit der tatsächlichen Sachlage eine rasche und angemessene Beilegung anzustreben.“

Das BFördG sieht vor, das Ziel der Förderung individualarbeitsrechtlicher Streitbeilegung durch ein mannigfaches Angebot in den Arbeitsbehörden zu erreichen. Die Vermittlung bildet zweifellos den Mittelpunkt des Systems, 106 ist allerdings nicht als Ausgangspunkt für eine Beilegung gedacht. Beginnen sollte diese in der Regel vor den Allgemeinen Beratungsstellen. Als leichte Steigerung zu einer reinen Beratung sieht das BFördG die Erteilung von Ratschlägen und Anleitungen durch den Leiter der Arbeitsbehörde vor. Führt dies nicht zu dem gewünschten Erfolg oder soll von Anfang an ein Verfahren eingeleitet werden, kann die dritte Variante im System des BFördG, die Vermittlung vor der eigens dafür errichteten Streitregulierungskommission (funsō chōsei i’in-kai), 107 genutzt werden. (1) Beratung durch die Allgemeinen Beratungsstellen Die mangelnde Kenntnis über rechtliche Bestimmungen und Entscheidungen in Präzedenzfällen ist oft die Ursache für das Entstehen von Konflikten.108 Um diesem Umstand entgegenzuwirken, legt das BFördG fest, dass in den Präfekturen ein Informations- und Beratungsangebot für Arbeitnehmer, Arbeitsuchende und Arbeitgeber bereitgestellt wird, durch das Streitigkeiten von vornherein vermieden bzw. nach deren Entstehung die selbstständige Beilegung durch die Streitparteien gefördert werden soll. 109 Aufgrund dieser Bestimmung sind landesweit rund 300 Allgemeine Beratungsstellen (sōgō rōdō sōdan kōnā) gegründet worden, die den Arbeitsbehörden unterstehen und mit

105

Siehe rōdō kijun gyōsei no sōdan madoguchi [Beratungsstellen der Arbeitsstandardverwaltung], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 106 Die Vermittlung ist als einzige Beilegungsvariante in der Zielsetzung des BFördG ausdrücklich genannt, Art. 1 BFördG. 107 Art. 6 BFördG. 108 SUGENO, 2008a, S. 667; MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 2. 109 Art. 3 BFördG.

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Fachberatern besetzt sind. 110 Diese Stellen sind in den Arbeitsbehörden, den Arbeitsstandardbüros sowie in größeren Städten in unmittelbarer Bahnhofsnähe eingerichtet worden und sichern dadurch eine leichte Zugänglichkeit für die Arbeitnehmer. 111 In der Präfektur Tokio sind 21 Allgemeine Beratungsstellen eingerichtet worden. Die Beratung erfolgt sowohl telefonisch als auch persönlich am Beratungstresen der entsprechenden Einrichtung.112 Vorgesehen ist ein einmaliger Kontakt, nicht die Beratung in mehreren Sitzungen. Darauf deutet bereits die Bezeichnung der Allgemeinen Beratungsstellen als wan sutoppu sābisu (One Stop Service) hin.113 Kann die Angelegenheit durch die Beratung nicht abschließend geklärt werden, bieten die Berater Informationen darüber, wie weiter verfahren werden kann. Dies umfasst nicht nur Informationen über die Beilegungsmöglichkeiten bei den Arbeitsbehörden, sondern auch über die gerichtlichen Möglichkeiten oder die Beilegungsorgane auf Präfekturebene. 114 Bei Verstößen gegen das ASG, das BeschSG oder das ChancenGG werden die Hilfesuchenden in der Regel an die für diese Art der Zuwiderhandlung zuständigen Verwaltungsorgane verwiesen. 115 In diesen Fällen ist auch immer die Möglichkeit des Eingreifens der Verwaltung im Wege des gyōsei shidō zu bedenken.116 Für Fälle, in denen eine Hilfesuchende die Beratung durch eine weibliche Person wünscht (z.B. wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz), ist in der Regel sichergestellt, dass in den Allgemeinen Beratungsstellen auch Beraterinnen tätig sind.117

110

MURATA, 2008, S. 133; SASAKI, 2008, S. 16; MGWA, Broschüre BFördG, 2012,

S. 2.

111

Eine Liste der Allgemeinen Beratungsstellen findet sich unter sōgō rōdō sōdan kōnā no go-annai [Informationen zu den Allgemeinen Beratungsstellen], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 2. 112 MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 2, S ASAKI, 2008, S. 16. 113 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 98, M URATA, 2008, S. 133. 114 SUGENO, 2008a, S. 666, Abb. 1; MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 1, 2. 115 Die zuständigen Organe sind die in Kapitel 3 A.I.b)(2)(a), Kapitel 3 A.I.b)(2)(b) und Kapitel 3 A.I.b)(2)(c) dargestellten Arbeitsstandardbüros, die harō wāku-Stellen und die Gleichstellungsabteilungen der Arbeitsbehörden; siehe auch S UGENO, 2008a, S. 667. 116 MURATA, 2008, S. 133, 134. 117 MURATA, 2008, S. 133; shokuba no toraburu kaiketsu sapōto shimasu – kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu [Wir unterstützen Sie bei der Beilegung von Streitigkeiten am Arbeitsplatz – Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Informationsbroschüre des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit und der Arbeitsbehörden der Präfekturen, 2009, S. 2, im Internet zugänglich ist die Fassung zum Stand Januar 2015 unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015).

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Die Errichtung der Allgemeinen Beratungsstellen hat das Angebot für Hilfesuchende überschaubarer gemacht. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich grundsätzlich mit jeder arbeitsrechtlichen Frage an die genannten Stellen wenden und werden gegebenenfalls an die speziellen Beratungsangebote oder an eines der Streitbeilegungsverfahren verwiesen. Die Möglichkeit des Zugangs zu einer geeigneten Einrichtung ist durch dieses allgemein gefasste Angebot sicher stark verbessert worden. 118 Eine Vereinheitlichung im Sinne eines Zusammenschlusses aller Beratungsangebote der Arbeitsbehörden ist durch die Allgemeinen Beratungsstellen jedoch nicht geschaffen worden. Die arbeitsrechtliche Beratung durch nur ein Organ der Verwaltung war allerdings auch nicht das Ziel des BFördG. Fraglich ist, ob die Zuständigkeit der Allgemeinen Beratungsstellen als Verwaltungseinrichtungen für die Beratung in individualarbeitsrechtlichen und damit zivilrechtlichen Streitigkeiten möglicherweise im Konflikt mit der Zuständigkeit der rechtsdienstleistenden Berufe steht, wie etwa den Rechtsanwälten. In Deutschland ist diese Zuständigkeit im Rechtsdienstleistungsgesetz119 geregelt, das im Jahr 2008 das Rechtsberatungsgesetz abgelöst hat. Ein Pendant zum Rechtsdienstleistungsgesetz, in dem die Befugnisse detailliert geregelt sind, gibt es in Japan nicht. Bestimmte Regelungen zu Rechten und Pflichten speziell von Rechtsanwälten sind im japanischen Rechtsanwaltsgesetz120 festgelegt. Der Ausschluss für Beratungsleistungen durch behördliche Einrichtungen wie die Allgemeinen Beratungsstellen kann dem Rechtsanwaltsgesetz jedoch nicht entnommen werden. Ein großer Teil der Tätigkeit der Allgemeinen Beratungsstellen dürfte wohl mit der Aufgabe der Rechtsanwälte nicht kollidieren. Für die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen, wie sie oftmals von Arbeitgeberseite gestellt werden, sowie die Weitergabe von Informationen zu den möglichen Streitbeilegungsverfahren in der japanischen Verwaltung und vor den japanischen Gerichten stellt sich bereits die Frage, ob sie überhaupt in den Bereich der Rechtsdienstleistung oder Rechtsberatung im engeren Sinn fallen. Nach dem deutschen Rechtsdienstleistungsgesetz sind Rechtsdienstleistungen Tätigkeiten in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern. 121 Viele der oben genannten Tätigkeiten der Allgemeinen Beratungsstellen gehen nicht so weit, dass eine Befassung mit einem konkreten Fall einschließlich einer rechtlichen Bewertung der einzelnen Tatsachen nötig wird. Die Weitergabe allgemeiner Infor118 So auch SASAKI , 2008, S. 16, 19, der die Allgemeinen Beratungsstellen als für die Arbeitnehmer besonders vertraute und naheliegende Einrichtungen bezeichnet. 119 Das Rechtsdienstleistungsgesetz vom 12.12.2007 ist am 01.07.2008 in Kraft getreten. 120 Bengo-shi-hō, Gesetz Nr. 205 vom 10.06.1949. 121 § 2 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz.

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mationen und das Treffen allgemeiner Aussagen, wie beispielsweise eine Aufklärung über die Anspruchsvoraussetzungen in einer bestimmten gesetzlichen Vorschrift, sollten somit nicht von dem Begriff der Rechtsdienstleistung erfasst sein. Von dieser grundsätzlichen Frage abgesehen, steht nach dem deutschen Rechtsdienstleistungsgesetz die Befugnis zur Rechtsdienstleistung zwar im Wesentlichen, jedoch nicht ausschließlich den Rechtsanwälten zu. In bestimmtem Grenzen dürfen auch andere Institutionen Rechtsdienstleistungen erbringen. Dazu gehören zum Beispiel Behörden, die im Rahmen ihres Aufgabenbereichs auch ohne die Hinzuziehung von Rechtsanwälten Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen. In diesem Zusammenhang ist zum Beispiel die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu nennen, zu deren Aufgabenbereich gehört, über Ansprüche und die Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens im Rahmen gesetzlicher Regelungen zum Schutz vor Benachteiligungen zu informieren, Beratung durch andere Stellen zu vermitteln oder eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anzustreben. 122 Entsprechend finden für den begrenzten Bereich der Diskriminierung und Benachteiligung Beratungs- und Vermittlungsverfahren bei dieser Stelle statt. Eine ähnliche Zuständigkeit liegt bei den Allgemeinen Beratungsstellen. Ihre Zuständigkeit ist zwar für den Bereich der Beratung breiter, da arbeitsrechtliche Fragestellungen aller Art an sie herangetragen werden dürfen, sie ist jedoch anderseits deutlich enger, da im Gegensatz zur Antidiskriminierungsstelle des Bundes keine Zuständigkeit für die Beilegung durch Vermittlung bei den Allgemeinen Beratungsstellen liegt. Gegen ihre Befugnis zur Rechtsberatung in allen Bereichen des Individualarbeitsrechts könnte nach den Grundsätzen des deutschen Rechtsberatungsgesetzes sprechen, dass die Befassung mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen, die dem Bereich des Zivilrechts zuzuordnen sind, nicht im Aufgabenbereich der Verwaltung liegen kann und somit auch eine Rechtsdienstleistung, soweit die Tätigkeit als solche zu qualifizieren ist, durch die Verwaltung nicht in Betracht kommt. In der japanischen Literatur wird diese Problematik einer möglichen Kollision zwischen den Befugnissen der rechtsdienstleistenden Berufe 123 und der Kompetenz der Allgemeinen Beratungsstellen allerdings nicht diskutiert. Die 122

§ 27 Abs. 2 Antidiskriminierungsgesetz. Eine ähnliche Problematik könnte in Bezug auf die sogenannten hō-terasu besprochen werden. Hō-terasu steht für nihon shihō shien sentā [Zentrum für justizielle Unterstützung Japan]. Dieses ist aufgrund des Gesetzes über die umfassende rechtliche Unterstützung (sōgō hōritsu shien hō) vom 02.06.2004 im Jahr 2006 errichtet worden. Im hōterasu beraten Rechtsanwälte im Wesentlichen über die verschiedenen Wege, die ein Fragesteller mit einem rechtlichen Problem einschlagen könnte. Auch mit Blick auf diese Zuständigkeit und die Kompetenz der Allgemeinen Beratungsstellen und eine mögliche Kollision finden sich keine Stimmen in der japanischen Literatur, weder zustimmend noch ablehnend. Die Frage wird in Japan als Problem nicht erkannt. 123

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Kompetenz der Allgemeinen Beratungsstellen, für arbeitsrechtliche Streitigkeiten Beratungsleistungen zu erbringen, wird entsprechend weder kritisch gesehen noch in Frage gestellt. (2) Ratschlag und Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde Führt die Beratung nicht zum Ziel, besteht die Möglichkeit der Erteilung eines Ratschlags (jogen) bzw. einer Anleitung (shidō) durch den Leiter der jeweiligen Arbeitsbehörde. Diese Möglichkeit ist als eine Art Zwischenstufe in das BFördG aufgenommen worden, um eine im Vergleich zum Vermittlungsverfahren einfache und raschere Beilegungsvariante anzubieten. 124 Sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt leicht zu ermitteln ist. (a) Gegenstand von Ratschlag und Anleitung Gegenstand von Ratschlag und Anleitung können im Grundsatz individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten aller Art sein. Dies ergibt sich bereits aus der Zielsetzung in Art. 1 BFördG, wonach die Beilegung von Streitigkeiten über Arbeitsbedingungen und sonstige Angelegenheiten aus Arbeitsverhältnissen zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gefördert werden soll. Ausdrücklich umfasst sind dabei Streitigkeiten über Stellenangebote und die Einstellung in ein Beschäftigungsverhältnis. 125 In vollem Umfang gilt diese Definition jedoch nur für die Beratung durch die Allgemeinen Beratungsstellen. Sowohl im Fall von Ratschlag und Anleitung als auch bei der Vermittlung schränkt das Gesetz den Anwendungsbereich ein. Die Beschränkungen im Bereich Ratschlag und Anleitung werden nachfolgend dargestellt. Keine Anwendung finden Ratschlag und Anleitung für Streitigkeiten nach dem Gesetz über die Regulierung von Arbeitsbeziehungen (ARG). 126 Diese Regelung erscheint auf den ersten Blick überflüssig, da das ARG grundsätzlich kollektivarbeitsrechtliche Streitigkeiten betrifft. Im Laufe der Jahre hat sich der Anwendungsbereich des ARG jedoch nach und nach erweitert und umfasst mittlerweile auch Streitigkeiten zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sofern sich die Gewerkschaften einschalten und als Partei

124

MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 109. Art. 1 BFördG lautet: „Dieses Gesetz hat zum Ziel, für Streitigkeiten zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Arbeitsbedingungen und sonstige Gegenstände aus dem Arbeitsverhältnis (einschließlich Streitigkeiten zwischen dem einzelnen Stellenbewerber und Arbeitgeber über Stellenangebote und die Einstellung; im Folgenden: individualarbeitsrechtliche Streitigkeit), unter anderem durch die Errichtung eines Vermittlungssystems, in Übereinstimmung mit der tatsächlichen Sachlage eine rasche und angemessene Beilegung anzustreben.“ 126 Art. 4 Abs. 1 BFördG. 125

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gegen den Arbeitgeber auftreten.127 Die Beilegung erfolgt in diesen Fällen mit Hilfe des Beilegungssystems des ARG, welches Vermittlung, Schlichtung und die Möglichkeit eines Schiedsverfahrens vor den Arbeitskommissionen eröffnet. 128 Außerdem kommen Ratschlag und Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde nicht in Betracht bei Streitigkeiten zwischen besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung (tokutei dokuritsu gyōsei hōjin) und ihren Beschäftigten.129 Für solche Fälle bestehen ebenfalls eigene Verfahren zur Beilegung vor der Zentralen Arbeitskommission, 130 welche im Rahmen dieser Arbeit nicht genauer betrachtet werden, da Gegenstand nur solche Streitigkeiten sind, die aus Arbeitsverhältnissen entstehen, die dem Privatrecht unterliegen, nicht aus Arbeitsverhältnissen, deren Arbeitgeber auf staatlicher Seite anzusiedeln sind. Im Übrigen werden Fälle, in denen ein Gesetzesverstoß vorliegt, der mittels gyōsei shidō korrigiert werden kann, zunächst an das mit der entsprechenden Kompetenz ausgestattete Organ weitergeleitet und nicht an den Leiter der Arbeitsbehörde abgegeben. 131 (b) Ablauf von Ratschlag und Anleitung Ratschlag und Anleitung können auf Antrag beider oder einer Partei erteilt werden.132 Das Ziel der Erteilung ist immer die selbstständige Streitbeilegung durch die Parteien. Beim Ratschlag wird dies oft bereits dadurch erreicht, dass eine Unterredung zwischen den Streitparteien angeregt wird. 133 Der Anleitung liegt in der Regel ein stärkerer Konflikt zwischen den Streitparteien zu Grunde. 134 In diesen Fällen fasst der Leiter der Arbeitsbehörde die Probleme zusammen und zeigt einen möglichen Weg zur Beilegung auf. 135 Der Unterschied zwischen Ratschlag und Anleitung erinnert an die Abgrenzung zwischen Vermittlung und Schlichtung.136 Beim Ratschlag und bei der Vermittlung wird der Dritte als Katalysator zur Förderung der Auseinandersetzung zwischen den Streitparteien eingesetzt, im Falle der Anleitung und Schlichtung ist er darüber hinaus angehalten, einen konkreten Lösungsvor127 NISHITANI, 2008, S. 128; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 119; siehe auch unter Kapitel 3B.II.a)(2). 128 Siehe unter Kapitel 3 B.II.a)(2). 129 Art. 4 Abs. 1 BFördG. 130 Art. 26 ff. Gesetz über die Arbeitsverhältnisse mit besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung. 131 MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 3. 132 Art. 4 Abs. 1 BFördG. 133 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 113. 134 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 113. 135 MGWA,BFördG – Kommentierung, 2001, S. 113. 136 Vgl. unter Kapitel 2 C.I. und II.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

schlag anzubieten. Entsprechend der unterschiedlichen Stärke der Einmischung unterliegt das Tätigwerden des Leiters der Arbeitsbehörde unterschiedlichen formalen Anforderungen. Der Ratschlag wird meist mündlich, die Anleitung immer schriftlich erteilt. 137 Mit dem Aufzeigen einer möglichen Beilegung ist nicht primär der Abschluss eines Vergleichs gemeint, sondern ein Hinweis auf die rechtlich korrekte Lösung auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes. 138 Die Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde ist in erster Linie für Fälle gedacht, in denen der Sachverhalt leicht festgestellt werden kann, da eine langwierige Ermittlung des Sachverhaltes von dem Behördenleiter nicht vorgenommen werden kann.139 Gestaltet sich die Bestimmung der tatsächlichen Umstände schwierig, wird das Vermittlungsverfahren, das auf eine Beilegung durch Vergleich abzielt, als ratsamer betrachtet. 140 Bestehen keine Unsicherheiten im Hinblick auf die Tatsachen, ist eine rechtliche Beurteilung besser zu leisten als in den Fällen, in denen Unsicherheiten der Beweisbarkeit zu berücksichtigen sind. Da sich Ratschlag und Anleitung an den bestehenden rechtlichen Vorschriften und Gerichtsurteilen zu orientieren haben, 141 kann der Leiter der Arbeitsbehörde die Meinung von Fachleuten in Arbeitssachen einholen, wenn er es im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Erteilung für nötig hält.142 Dies sind in der Regel Rechtsanwälte, Professoren sowie zertifizierte Berater für Sozialversicherungs- und Arbeitssachen (shakai hoken rōmu-shi). 143 Der Ratschlag kann nicht nur vom Leiter der Arbeitsbehörde, sondern auch von den Beratern der Allgemeinen Beratungsstellen erteilt werden. 144 Da die Beratungsstellen im Gegensatz zu den Arbeitsbehörden mehrere Standorte in jeder Präfektur haben, vereinfacht dies für den Hilfesuchenden in vielen Fällen den Zugang. Weder der Ratschlag noch die Anleitung können zwangsweise durchgesetzt werden. Ihnen fehlt die Bindungswirkung. 145 Sie sind auf die freiwillige Ausführung durch den Adressaten angewiesen. Das BFördG enthält die ausdrückliche Bestimmung, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmern nicht mit der Begründung, dass sie von dem Angebot des

137

MURATA, 2008, S. 137; MURATA, 2007, S. 159; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 113. 138 SUGENO, 2008a, S. 667, 668; S ASAKI, 2008, S. 42. 139 SASAKI , 2008, S. 42. 140 MURATA, 2007, S. 159; SASAKI lehnt die Erteilung von Ratschlag und Weisung ab, wenn über den Sachverhalt keine Einigkeit besteht, siehe S ASAKI, 2008, S. 42. 141 MIZUMACHI , 2008, S. 391; SUGENO, 2008a, S. 667. 142 Art. 4 Abs. 2 BFördG. 143 Siehe MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 113. 144 MURATA, 2007, S. 159. 145 MURATA, 2008, S. 136.

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Ratschlags oder der Anleitung durch Antrag Gebrauch gemacht haben, kündigen oder sie anderweitig nachteilig behandeln darf. 146 (c) Rechtliche Einordnung Ratschlag und Anleitung sind in der gesetzlichen Definition von gyōsei shidō als zwei mögliche Handlungsformen aufgeführt. 147 Die gesetzliche Regelung des Ratschlags und der Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde im BFördG wird in der japanischen Literatur jedoch von gyōsei shidō abgegrenzt. Das Ziel von gyōsei shidō sei eine Korrektur des Gesetzesverstoßes, Ratschlag und Anleitung nach dem BFördG verfolgten hingegen den Zweck, die Beilegung durch Gespräche zu fördern, und könnten nicht mit Zwang durchgesetzt werden. 148 Die Erklärung überzeugt nicht vollständig. Eine Durchsetzung mit Zwang im Sinne einer Vollstreckbarkeit ist im Fall von gyōsei shidō ebenfalls nicht möglich.149 Mit der Einführung des VwVfG und der Aufnahme des Benachteiligungsverbots sind der Verwaltung zusätzlich Grenzen für die Nutzung von Druckmitteln gesteckt worden. Das wesentliche Gewicht liegt auf der Freiwilligkeit, da gyōsei shidō keine rechtlichen Wirkungen entfaltet. Dasselbe gilt für Ratschlag und Anleitung des Leiters der Arbeitsbehörde. 150 Auch inhaltlich orientieren sich diese an gyōsei shidō. Der Leiter der Arbeitsbehörde soll die Parteien über die rechtlich korrekte Lösung auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes aufklären und ihnen so einen Leitfaden zu einer eigenständigen Lösung an die Hand geben. 151 Auch bei gyōsei shidō steht die rechtlich korrekte Situation im Vordergrund und der Arbeitgeber wird aufgefordert, die Gegebenheiten vor Ort an diese anzupassen. 152 146

Art. 4 Abs. 3 BFördG. Art. 2 Nr. 6 VwVfG lautet: „Gyōsei shidō ist eine Handlung der Verwaltung (keine Verfügung), die sie im Rahmen ihres Amts- und Zuständigkeitsbereichs tätigt, um ein bestimmtes Verwaltungsziel zu verwirklichen, indem sie durch eine Anleitung, Empfehlung oder einen Ratschlag von einer bestimmten Person ein Tun oder ein Unterlassen einfordert.“ 148 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 109; MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 3. 149 KÖDDERITZSCH, 1995, S. 65. 150 MURATA, 2008, S. 136. 151 SASAKI , 2008, S. 42; SUGENO, 2008a, S. 667, 668. 152 Vgl. rōdō kijun kantoku-sho no zesei kankoku ni tsuite [Informationen über die Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände der Arbeitsstandardbüros], Internetauftritt des Beraters in Sozialversicherungs- und Arbeitsangelegenheiten Hachiya, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); Informationen über die Arbeitsstandardbüros einschließlich Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände durch die Arbeitsstandardbüros für die Präfektur Kanagawa, S. 2 und 3 eines PDF-Dokuments, veröffentlicht von der Arbeitsbehörde in der Präfektur Kanagawa, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 153 WALKLING, 2005, S. 52. 154 MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 3; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 109. 155 MENKHAUS , 2006, S. 285; RAHN , 1980, S. 490.

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(3) Vermittlungsverfahren vor der Streitregulierungskommission Führen Ratschlag oder Anleitung nicht zum Ziel, kann ein Vermittlungsverfahren eingeleitet werden. Da der Versuch, die Streitigkeit durch Ratschlag bzw. Anleitung beizulegen, keine zwingende Voraussetzung für das Einleiten des Vermittlungsverfahrens ist, kann dies auch unmittelbar nach der Beratung an einer der Allgemeinen Beratungsstellen geschehen. Das Vermittlungsverfahren ist das Herzstück des Systems um das BFördG 156 und auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Förderung einer raschen und angemessenen, selbstständigen Beilegung zwischen den Parteien. Auf die einvernehmliche Beilegung wird in jeder Stufe des Systems nach dem BFördG (1. Beratung – 2. Ratschlag bzw. Anleitung – 3. Vermittlung) großer Wert gelegt, weil ihr gerade im Arbeitsrecht besondere Bedeutung zukommt, da das Arbeitsverhältnis auf Dauer angelegt ist. Verschlechtert sich das Verhältnis der Streitparteien während des Beilegungsprozesses und bleibt letztlich nur ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, verliert eine den Parteien aufgenötigte Streitbeilegung u.U. ihren Sinn. 157 Gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, ist für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen den Parteien somit von wesentlicher Bedeutung. (a) Gesetzgeberische Entscheidung für ein Vermittlungsverfahren Der japanische Gesetzgeber hat sich mit dem BFördG für das System der Vermittlung und gegen ein Schlichtungsverfahren ausgesprochen. Mit der zivilen Schlichtung gab es zumindest in der Justiz bereits ein Schlichtungsverfahren, das auch für arbeitsrechtliche Streitigkeiten genutzt werden kann. Ein weiteres Schlichtungsverfahren in der Verwaltung zu errichten, wurde vielfach als nicht angemessen erachtet. 158 Die Vermittlung ist zwar wie die Schlichtung ein regulierendes Verfahren, greift aber weniger als diese in die Souveränität der Streitparteien ein, da ihr Schwerpunkt darauf liegt, durch die Förderung der Aussprache zwischen den Parteien eine Beilegung zu erreichen.159 (b) Streitregulierungskommission Das BFördG bestimmt, dass in jeder Arbeitsbehörde eine Streitregulierungskommission (funsō chōsei i’in-kai) errichtet wird, deren Aufgabe die Durchführung der Vermittlung ist.160 Der Aufbau der Kommission sowie Grundle156

MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 130. MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 116, 118. 158 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 118. 159 MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 6; siehe zur Definition von Vermittlung und Schlichtung auch unter Kapitel 2 C.II. und Kapitel 2 C.III. 160 Art. 6 Abs. 1 und 2 BFördG. 157

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gendes zum Verfahrensablauf sind im BFördG selbst, Details in der Durchführungsverordnung zum BFördG 161 (im Folgenden: DV BFördG) des MGWA geregelt. Im Hinblick auf die Namensgebung sind die Arbeitsbehörden nicht frei. Die DV BFördG gibt die Bezeichnung der Kommissionen vor. 162 Dem Begriff „Streitregulierungskommission“ wird danach immer der Name der jeweiligen Präfektur vorangestellt (z.B. Tokyō funsō chōsei i’inkai). Dies stellt für das landesweit eingerichtete System der Vermittlung die Einheitlichkeit und damit auch die Erkennbarkeit für die potentiellen Nutzer sicher. (i) Hintergrund der Errichtung der Streitregulierungskommissionen Die Streitregulierungskommissionen sind als Organe zur Beilegung eingeführt worden, um die Vermittlung stärker vom Ratschlag und der Anleitung, die direkt vom Leiter der Arbeitsbehörde erteilt werden, abzugrenzen. Ein Gedanke war, dass die Parteien einem Vorschlag zum weiteren Vorgehen, der von einer Kommission aus unparteiischen, neutralen Dritten mit fachlicher Kompetenz stammt, möglicherweise leichter folgen würden. 163 Darüber hinaus unterstreicht die Abgabe der Vermittlung an eine besondere Kommission die Mannigfaltigkeit des Angebots des BFördG. Neben unterschiedlichsten Methoden der Beilegung (reine Beratung, Anleitung, Vermittlung) wird auch die Durchführung an die unterschiedlichsten Organe (Beratungsstelle, Leiter der Arbeitsbehörde, Streitregulierungskommission) übertragen. Es ist mithin davon auszugehen, dass das System des BFördG je nach Inhalt des Problems und nach den Vorstellungen und Wünschen der Streitparteien eine Möglichkeit zur Beilegung bereitstellt, zumindest wenn eine selbstständige Beilegung von den Parteien angestrebt wird. (ii) Qualifikation der Kommissionsmitglieder Die Kommissionsmitglieder werden vom MGWA aus der Gruppe der Personen von Gelehrsamkeit und Erfahrung (gakushiki keiken) ernannt. 164 Ihre Amtszeit beträgt zwei Jahre und kann verlängert werden. Aus der Gruppe der Mitglieder wird ein Vorsitzender gewählt, der die Arbeit der Kommission leitet. 165 Das BFördG verzichtet für die Streitregulierungskommissionen im Gegensatz zu den Arbeitskommissionen der Präfekturen und den Verständigungskommissionen bei den Distriktgerichten auf eine paritätische Beteiligung von Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Im Gegensatz zum 161

Art. 6 Abs. 1 und 2 BFördG. Art. 1 DV BFördG. 163 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 126. 164 Art. 7 Abs. 2 BFördG. 165 Art. 7 Abs. 3, 4 BFördG. 162

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VerstGA enthält das BFördG auch nicht ausdrücklich die Forderung, dass Gelehrsamkeit und Erfahrung im Bereich des Arbeitsrechts vorhanden sein sollen.166 Allerdings herrscht in der Literatur die Auffassung vor, unter gakushiki keiken seien neben einem grundsätzlichen Verständnis der Zusammenhänge der Industriegesellschaft auch Fachkenntnisse im Bereich der Gesetze, Verordnungen, Entscheidungen und Unternehmenspersonalverwaltung zu verstehen. 167 Obwohl der Begriff der Gelehrsamkeit in erster Linie auf Gelehrte und Wissenschaftler an Universitäten und Forschungsinstituten hindeutet, fallen auch Praktiker in diese Gruppe und können zu Mitgliedern der Streitregulierungskommissionen ernannt werden. 168 Neben Universitätsprofessoren finden sich in der Gruppe der Kommissionsmitglieder somit auch Rechtsanwälte, Berater in Sozialversicherungs- und Arbeitsangelegenheiten (shakai hoken rōmu shi) etc. Rechtsanwälte und Universitätsprofessoren bilden mit zusammen knapp 75% die weitaus größte Gruppe. 169 Die Formulierung gakushiki keiken wird auch im Zusammenhang mit den Mitgliedern der Arbeitskommissionen der Präfekturen (todōfuken rōdō i’inkai) verwendet, allerdings nur für die Gruppe der Vertreter des öffentlichen Interesses, nicht jedoch für die Vertreter der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite, die weitere Mitglieder der Arbeitskommissionen sind. 170 Die Vertreter des öffentlichen Interesses sind in der Regel ebenfalls Professoren und Rechtsanwälte. 171 Die übereinstimmende Formulierung hinsichtlich der erwarteten Fähigkeiten der Mitglieder der Streitregulierungskommissionen mit der Gruppe der Vertreter des öffentlichen Interesses bei den Arbeitskommissionen verdeutlicht, dass eine Interessenvertretung in der Streitregulierungskommission nicht vorrangig gewünscht war. Die Mitglieder der Streitregulierungskommission stehen in einem außerordentlichen Anstellungsverhältnis (hi-jōkin). 172 Sie gelten als nicht regulär beschäftigte Staatsbedienstete (hi-jōkin no kokka kōmu-in), auf die das Gesetz über die Staatsbedienstete 173 Anwendung findet. 174

166

Das VerstGA fordert in Art. 9 Abs. 2, dass die Kommissionsmitglieder über Wissen und Erfahrung im Hinblick auf arbeitsrechtliche Fragestellungen verfügen. 167 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 131. 168 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 131. 169 MURATA, 2008, S. 139. 170 Siehe unter Kapitel 3 B.II. 171 MURATA, 2008, S. 75. 172 Art. 8 Abs. 4 BFördG. 173 Kokka kōmu-in hō, Gesetz Nr. 120 vom 21.10.1947. 174 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 132.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

(iii) Ausschluss und Entlassung der Kommissionsmitglieder Personen können von vornherein vom Amt des Kommissionsmitglieds ausgeschlossen sein oder im Laufe ihrer Amtszeit als zur Ausübung des Amtes für ungeeignet befunden und entsprechend vom MGWA entlassen werden. Das BFördG nennt zwei Ausschlussgründe. 175 Ein Kommissionsmitglied darf nicht Insolvenzschuldner sein, der noch nicht rehabilitiert ist. Es darf auch nicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sein, deren Vollstreckung weniger als 5 Jahre zurückliegt. Der Grund, in diesen Fällen eine fehlende Qualifikation für das Amt eines Kommissionsmitglieds anzunehmen, liegt in der Bedeutung des Vertrauens in die Arbeit der Mitglieder. Die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten erfolgt im Rahmen der Vermittlung nicht zwangsweise, sondern freiwillig. Die Verlässlichkeit spielt eine erhebliche Rolle, wenn die Kommissionsmitglieder die beteiligten Parteien zu einer einvernehmlichen Beilegung zu bewegen versuchen. 176 Grundsätzlich kann ein Kommissionsmitglied innerhalb der zweijährigen Amtszeit nicht gegen seinen Willen entlassen werden. Da den Kommissionsmitgliedern innerhalb des Verfahrens allerdings die wichtige Aufgabe zufällt, von einem neutralen und gerechten Standpunkt aus zwischen den Parteien zu vermitteln, besteht für das MGWA ausnahmsweise die Möglichkeit, ein Mitglied zu entlassen, wenn die Erfüllung dieser Aufgabe durch das Auftreten eines besonderen Umstandes nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies ist nach dem BFördG unter anderen dann der Fall sein, wenn ein Kommissionsmitglied seine Aufgaben aufgrund einer psychischen oder körperlichen Beeinträchtigung nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann oder wenn es gegen seine Amtspflichten verstoßen hat oder sich ein sonst der Funktion als Kommissionsmitglied ungebührliches Verhalten hat zuschulden kommen lassen. 177 (iv) Anzahl der Kommissionsmitglieder Da das Vermittlungsverfahren das Kernstück der Angebote nach dem BFördG darstellt, sind die Vorschriften zur Streitregulierungskommission und der Qualifikation ihrer Mitglieder im Gesetz und der DV BFördG verhältnismäßig ausführlich.178 So ist zum Beispiel festgelegt, wie viele Kommissionsmitglieder die Kommissionen in den einzelnen Präfekturen haben dürfen. Die genaue Zahl der Kommissionsmitglieder soll der zu erwartenden Fallzahl in den Präfektu175

Art. 9 Nr. 1, 2 BFördG. Da die Kommissionsmitglieder Staatsbedienstete ohne feste Anstellung (hi-jōkin) sind, gelten auch die Ausschlussgründe des Gesetzes über die Staatsbedienstete, solange sie den Vorschriften des BFördG nicht entgegenstehen, MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 133. 176 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 132, 133. 177 Art. 10 Nr. 1, 2 BFördG. 178 Art. 7 bis 10 BFördG, Art. 2, 3 DV BFördG.

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ren entsprechen und wird konkret in der DV BFördG festgelegt. 179 Die Streitregulierungskommission in der Präfektur Tokio hat die meisten Mitglieder. Zur Einführung des Verfahrens im Jahr 2001 waren es 12, diese Zahl ist stetig erhöht worden und liegt nach der letzten Reform der DV BFördG im Jahr 2012 bei 36 Mitgliedern.180 Die Erhöhung der Anzahl der Mitglieder korrespondiert mit der seit Einführung des Verfahrens steigenden Zahl von Vermittlungen.181 (c) Zuständigkeit Zuständig für die Durchführung der Vermittlung ist die Streitregulierungskommission derjenigen Arbeitsbehörde, in der die Betriebsstätte (jigyō-sho) liegt, bei der der streitbeteiligte Arbeitnehmer beschäftigt ist. 182 Zunächst waren auch der Wohnsitz des Arbeitnehmers (rōdō-sha no jūsho-chi) und der Hauptsitz des Unternehmens (jigyō-nushi no honsha shozai-chi) als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit im Gespräch gewesen, der Sitz der Betriebsstätte schien für die für beide Seiten angemessenste Variante zu sein und setzte sich durch. 183 (d) Gegenstand der Vermittlung Grundsätzlich können alle individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens bei den Arbeitsbehörden sein. Bestimmte Streitigkeiten sind allerdings ausgenommen. Zunächst gelten für die Vermittlung dieselben Beschränkungen wie im Fall von Ratschlag und Anleitung, d.h., bei Streitigkeiten nach dem ARG und Streitigkeiten zwischen besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung (tokutei dokuritsu gyōsei hōjin) und ihren Beschäftigten kann das Vermittlungsverfahren nach dem BFördG nicht durchgeführt werden. 184 179

MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 131. Art. 2 DV BFördG in der Fassung vom 02.04.2012. Die Streitregulierungskommission der Präfektur Osaka hat mittlerweile 21 Mitglieder, die in Aichi hat 15, Hokkaido, Saitama, Chiba, und Kanagawa jeweils 12, Ibaraki, Nagano, Shizuoka, Kioto, Gunma, Nara und Fukuoka haben 9 Mitglieder. Die nicht namentlich genannten Kommissionen haben 6 Mitglieder. Die Arbeitsbehörden in den Präfekturen Tokio (1.381 Fälle), Osaka (491 Fälle) und Aichi (425 Fälle) hatten im Geschäftsjahr 2011 auch die meisten Neueingänge, siehe heisei 23 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2011], veröffentlicht vom MGWA am 29.05.2012 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2011). 181 Siehe unter Kapitel 3 C.I. 182 Art. 4 DV BFördG. 183 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 120. 184 Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 BFördG. 180

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Darüber hinaus sind Streitigkeiten über Stellenangebote (boshū) und die Einstellung in ein Beschäftigungsverhältnis (saiyō), obwohl sie in der Zielsetzung des BFördG ausdrücklich umfasst sind und daher Gegenstand der allgemeinen Beratung, des Ratschlags und der Anleitung sein können, von der Vermittlung – ebenfalls ausdrücklich – ausgenommen.185 Die Erklärung des MGWA ist verhältnismäßig kurz:186 Die Vermittlung, die auf eine selbstständige und einvernehmliche Lösung zwischen den Streitparteien abziele, sei für diese Art von Streitigkeit in der Regel nicht geeignet. Bei Angelegenheiten, die Stellenangebote und die Einstellung betreffen, befinde man sich noch im vorvertraglichen Bereich. Eine Beilegung dieser Streitigkeiten erfordere eine Entscheidung, die die Personalsituation beim Arbeitgeber betreffe, was einer einvernehmlichen Lösung gewöhnlich entgegenstehe. In diesen Fällen sei es daher für die Streitregulierungskommission in besonderer Weise schwierig, einen angemessenen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, dem beide Seiten zustimmen können. Dieselbe Erklärung wird für das Verständigungsverfahren gegeben, das ebenfalls Streitigkeiten über Stellensuche und Einstellung nicht behandelt.187 Eine Kompromisslösung scheint tatsächlich kompliziert zu sein, wenn es konkret um den Abschluss eines Arbeitsvertrages geht, da eine Einigung irgendwo zwischen Einstellung und Nicht-Einstellung nicht möglich ist. Insofern ähneln diese Fälle aber den Kündigungsstreitigkeiten. Auch hier gibt es im Hinblick auf das Bestehen des Anstellungsverhältnisses nur eine SchwarzWeiß-Entscheidung. Am Ende der Verhandlungen bleibt der Arbeitsvertrag entweder bestehen oder das Arbeitsverhältnis ist beendet. Ein Kompromiss für den Fall der Beendigung ist in der Regel die finanzielle Entschädigung. Für den Fall der Streitigkeiten über Stellenangebote und die Einstellung in ein Beschäftigungsverhältnis soll die Variante des finanziellen Ausgleichs offenbar nicht gefördert werden. Immerhin betont es den alternativen Charakter der Vermittlungsverfahren, wenn Fälle, bei denen man eine einvernehmliche Beilegung – ob zu Recht oder zu Unrecht – nicht erwartet, von vornherein ausgeschlossen werden. (e) Einleitung des Verfahrens auf Antrag (i) Einleitung auf Antrag Der Antrag auf Vermittlung ist bei der zuständigen Arbeitsbehörde einzureichen. Als Annahmestellen fungieren auch die Allgemeinen Beratungsstellen

185

Art. 5 Abs. 1 BFördG. MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 119. 187 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 59; siehe auch unter Kapitel 4 B.IV. 186

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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der Arbeitsbehörden, 188 was den Zugang aufgrund der hohen Zahl von Beratungsstellen in der Praxis stark erleichtert. Ein Antrag kann von einer oder beiden Streitparteien gestellt werden. Der Antrag nur einer Partei verpflichtet die andere zu nichts, da das Verfahren der Vermittlung auf Freiwilligkeit beruht und eine Teilnahme der Streitparteien nicht erzwungen werden kann. Hinsichtlich der formalen Gestaltung des Antrags auf Durchführung einer Vermittlung wird den potentiellen Antragstellern Unterstützung zuteil. Im Anhang zur DV BFördG finden sich Muster für den Antrag, die Einleitung und den Abbruch der Vermittlung etc. Hilfesuchende können die Antragsformulare auch von den Internetseiten des MGWA und vieler Arbeitsbehörden herunterladen.189 Der Antrag muss im Namen des Betroffenen gestellt werden. Interessenverbände können die Vermittlung daher nicht im eigenen Namen für die Beteiligten führen. Sollen die Verbände als Streitparteien auftreten, muss ein Verfahren nach dem ARG genutzt werden. 190 (ii) Notwendigkeit einer Vermittlung Der Antrag ist nicht die einzige Voraussetzung für die Einleitung eines Vermittlungsverfahrens. Der Leiter der Arbeitsbehörde muss die Vermittlung für die Beilegung der betreffenden Streitigkeit als notwendig erachten und die Angelegenheit der Streitregulierungskommission übertragen. 191 Im Hinblick auf die Beurteilung der Notwendigkeit hat der Leiter der Arbeitsbehörde jedoch keinen großen Entscheidungsspielraum. Da die Beantwortung der Frage, ob eine Beilegungsmöglichkeit besteht und auf welche Weise diese gefördert werden kann, der Streitregulierungskommission obliegt, sondert der Leiter der Arbeitsbehörde lediglich die Fälle aus, die offensichtlich nicht für eine Vermittlung geeignet sind.192 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Anträge grundsätzlich auf die Streitregulierungskommission übertragen werden. Erweist sich die Vermittlung im Nachhinein als für die betreffende Streitigkeit ungeeignet, kann die Streitregulierungskommission die Vermittlung abbrechen.193 Fälle, die offensichtlich ungeeignet sind, regelt die DV BFördG. Sie nennt zum einen Fälle, in denen aufgrund ihrer Eigenart eine Vermittlung als nicht angemessen angesehen wird, und zum anderen Fälle, in denen festgestellt

188

MURATA, 2009, S. 35. Das Antragsformular ist abgedruckt in MGWA, Broschüre BFördG, 2012. 190 Vgl. NISHITANI , 2008, S. 128; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 119; siehe auch Kapitel 3 B.II.a)(2). 191 Art. 5 Abs. 1 BFördG. 192 Siehe insgesamt MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 121. 193 Art. 15 BFördG. 189

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

wird, dass eine Partei mit ihrem Antrag ein unbilliges Ziel verfolgt. 194 Gründe, die eine Vermittlung ausschließen, sind beispielsweise ein anhängiges oder rechtskräftig abgeschlossenes Gerichtsverfahren, ein laufendes oder durch Schlichtung beendetes Verfahren der zivilen Schlichtung, ein laufendes oder einvernehmlich beigelegtes Verfahren vor einer der Arbeitskommissionen oder einem anderen Beilegungsorgan, eine Streitursache, die so weit zurückliegt, dass es schwierig wird, eine Vermittlung durchzuführen, oder ein Antrag, in dem jegliche Behauptung und Begründung fehlt. 195 Eine unbillige Zielrichtung wird angenommen, wenn ein Arbeitnehmer durch das Verfahren bezweckt, die Vertrauenswürdigkeit des Arbeitgebers anzugreifen oder wenn die Gegenseite schlicht belästigt werden soll. 196 Spricht nichts gegen eine Vermittlung, muss der Leiter der Arbeitsbehörde der Streitregulierungskommission umgehend Mitteilung machen. Mit dieser Mitteilung wird das Vermittlungsverfahren eingeleitet. (f) Ablauf des Vermittlungsverfahrens Beauftragt der Leiter der Arbeitsbehörde die Streitregulierungskommission mit der Vermittlung, ernennt der Vorsitzende der Kommission aus der Mitte aller Mitglieder drei, die sich der konkreten Sache annehmen. 197 Die konkrete Auswahl der Kommissionsmitglieder erfolgt nicht vorab, sondern im Anschluss an die Beauftragung durch den Leiter der Arbeitsbehörde. Aus der Gruppe der Kommissionsmitglieder sollen diejenigen ausgewählt werden, die für den betreffenden Fall geeignet erscheinen. 198 Der Aspekt der Transparenz, dem in Anlehnung an gerichtliche Geschäftsverteilungspläne mit einer im Voraus bestimmten Reihenfolge für den Einsatz der Kommissionsmitglieder entsprochen werden könnte, tritt hier hinter dem der angemessenen Auswahl im Einzelfall zurück. Da der Erfolg eines Vermittlungsverfahrens im Gegensatz zu dem eines gerichtlichen Verfahrens von der Freiwilligkeit der Streitparteien abhängt, kommt der Wahl eines passenden Mittlers besondere Bedeutung zu. Die Wahl eines geeigneten Vermittlers durch den Vorsitzenden der Streitregulierungskommission konkretisiert somit die grundsätzliche Forderung nach einer angemessenen Beilegung in der Zielsetzung des BFördG. Es bleibt kritisch anzumerken, dass bei dieser Art der Auswahl immer das Risiko besteht, dass ein ausgewähltes Kommissionsmitglied einen rechtlichen oder tatsächlichen Bezug zu einer der Parteien hat. Da für einen solchen Fall im Vermittlungsverfahren ein dem Befangenheitsantrag ähnliches Antragsrecht nicht vorgesehen ist, können sich die Parteien gegen die Auswahlent194

Art. 5 Abs. 2 DV BFördG. MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 122, 123. 196 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 123. 197 Art. 12 Abs. 1 BFördG. 198 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 139, 140. 195

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scheidung nicht zur Wehr setzen, was die Durchführung des Verfahrens in Einzelfällen obsolet machen kann. (i) Übertragung auf ein Kommissionsmitglied Von dem Grundsatz, dass das Verfahren von drei Kommissionsmitgliedern geführt wird, kann aus Gründen der Effektivität im Hinblick auf bestimmte Teile des Verfahrens abgewichen werden. Das Verfahren kann weitestgehend von einem der Kommissionsmitglieder alleine durchgeführt werden, wenn die Mitglieder es als erforderlich ansehen. 199 Darüber hinaus können die Vorbereitung des Termins, die Ermittlung des Sachverhalts durch die Befragung der Streitparteien und gegebenenfalls von Zeugen auf einen Beschäftigten der Abteilung für allgemeine Angelegenheiten der Arbeitsbehörde (todōfuken rōdō-kyoku sōmu-bu) übertragen werden.200 Diese Abteilung ist zuständig für die Verwaltung der Streitregulierungskommission. 201 Welche Teile des Verfahrens auf ein Mitglied der Kommission übertragen werden dürfen, ist in der DV BFördG nicht konkret bestimmt, es ergeben sich aber Grenzen aus dem BFördG selbst. Ein etwaiger Vermittlungsvorschlag kann beispielsweise nur vorgebracht werden, wenn sich die drei ernannten Mitglieder über den Inhalt einig sind. Die Übertragung der Vermittlung auf ein Mitglied hat sich in der Praxis durchgesetzt. Das Verfahren wird mittlerweile von der Vermittlung bei den Arbeitskommissionen und dem Verständigungsverfahren vor der Verständigungskommission abgegrenzt als Verfahren, das zugunsten der Beweglichkeit und Effektivität nicht von einer Kommission bestehend aus drei Mitgliedern, sondern von einem damit beauftragten Mitglied alleine durchgeführt wird.202 Der Errichtung einer Kommission lag die Annahme zugrunde, die Streitparteien würden einem Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise leichter folgen, wenn er von einer Gruppe unparteiischer, neutraler Dritter mit fachlicher Kompetenz stamme. 203 Dieser Vorstellung steht die Übertragung auf ein Kommissionsmitglied nicht entgegen, da zumindest ein neutraler Dritter mit fachlicher Kompetenz mit der Angelegenheit betraut bleibt. (ii) Einzelunterredungen im Termin Wird das Verfahren eröffnet, bestimmt die Kommission einen Termin und fordert die Streitparteien in der Regel auf, zu diesem Termin zu erscheinen. Da die Vermittlung auf der Freiwilligkeit der Parteien beruht, kann die Anwesenheit im Termin und die Mithilfe bei der Sachverhaltsermittlung nicht 199

Art. 7 Abs. 1 DV BFördG. Art. 7 Abs. 2 DV BFördG. 201 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 141. 202 MURATA, 2008, S. 139. 203 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 126. 200

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erzwungen werden. 204 Die Aufforderung an die Parteien zu erscheinen ist somit nicht bindend. Der Ablauf des Termins ist aus deutscher Sicht überraschend, denn die Vermittlungstätigkeit des beauftragten Kommissionsmitglieds erfolgt in der Regel nicht unter gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien. Vielmehr trifft das Kommissionsmitglied in abwechselnden Einzelunterredungen (kobetsu mendan hōshiki oder kōgo mendan hōshiki) mit den Beteiligten zusammen.205 Das Kommissionsmitglied stellt jeweils die vorgetragenen Tatsachen fest und erforscht, welche Lösung der Streitigkeit der jeweiligen Partei vorschwebt und wie weit der Spielraum für einen Kompromiss ist. 206 Im Hinblick auf die Ermittlung des Sachverhalts ist das beauftragte Mitglied der Kommission nicht auf die Aussagen der beteiligten Parteien beschränkt. Es kann auch Zeugen anhören oder Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, die von den Interessenverbänden des jeweiligen Arbeitsbehördenbezirks empfohlen sind, um eine Stellungnahme bitten. 207 Die genaue Sachverhaltsermittlung erfolgt, weil auch im Fall der Vermittlung eine Lösung in Übereinstimmung mit den Tatsachen der Angelegenheit angestrebt wird. 208 Da die Vermittlung innerhalb eines Termins erledigt werden soll, wird, wie oben angedeutet, die Anhörung der Zeugen etc. im Rahmen der Vorbereitung des Termins regelmäßig von einem Beschäftigten der Abteilung für allgemeine Angelegenheiten der Arbeitsbehörde (sōmu-bu) durchgeführt. In den Einzelgesprächen mit Antragsteller und Antragsgegner besteht die Aufgabe des Kommissionsmitglieds darin, herauszufinden, ob sich die Möglichkeit eines Kompromisses zwischen den Parteien abzeichnet. 209 In diesem Fall finden die Parteien selbstständig eine Lösung, die sie schriftlich festhalten, damit die anschließende Durchführung präzise erfolgen kann. Die Vermittlung endet dann mit einem zivilrechtlichen Vergleich. Besteht nach den Feststellungen der einzelnen Unterredungen zwar die Möglichkeit einer gütlichen Einigung, kommen die Parteien selbst jedoch nicht zu einem endgültigen Abschluss, kann die Kommission auf Antrag beider Parteien einen Vermittlungsvorschlag unterbreiten. Einen solchen Vorschlag darf das beauftragte Mitglied nicht ohne Absprache mit den übrigen Kommissionsmitgliedern machen. Die gesamte Kommission muss dem Vorschlag zustimmen, bevor er den beteiligten Parteien vorgestellt werden darf. 210 Sind die Parteien mit dem Vorschlag einverstanden, müssen sie dies 204

MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 141. MURATA, 2009, S. 54; MURATA, 2008, S. 140. 206 MURATA, 2008, S. 140. 207 Art. 13 Abs. 1, 14 BFördG. Art. 10 DV BFördG nennt die Voraussetzungen für eine Anhörung der Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. 208 Art. 12 Abs. 2 BFördG; SASAKI, 2008, S. 44; MURATA, 2008, S. 139. 209 MURATA, 2009, S. 59. 210 Art. 13 Abs. 2 BFördG. 205

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gegenüber der Kommission schriftlich bestätigen. 211 Auch in diesem Fall kommt ein zivilrechtlicher Vergleich zustande. Eine Verpflichtung, den Vorschlag anzunehmen, besteht nicht. Eine Ablehnung hat für die betreffende Partei keine nachteilhaften Auswirkungen. Das BFördG enthält darüber hinaus die ausdrückliche Bestimmung, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmern nicht mit der Begründung, dass sie von dem Angebot der Vermittlung Gebrauch gemacht haben, kündigen oder sie anderweitig nachteilig behandeln darf. 212 (iii) Vermittlungsvorschlag Das BFördG eröffnet den Kommissionsmitgliedern die Möglichkeit, einen Vorschlag zur Vermittlung (assen-an) zu entwickeln und den Streitparteien vorzustellen, wenn dies zur Beilegung der Streitigkeit erforderlich ist. 213 In Anbetracht der Definition von „Vermittlung“ erstaunt die Verwendung des Begriffs „Vermittlungsvorschlag“ im Gesetzestext, da die Aufgabe eines Vermittlers im Wesentlichen das Zusammenbringen der Streitparteien ist. Sein Handeln soll sich auf die Förderung der Aufnahme von Gesprächen zwischen den Beteiligten beschränken. Die Vermittlung kommt definitionsgemäß ohne einen Beilegungsvorschlag aus, so dass die Kombination der Begriffe „Vermittlung“ und „Vorschlag“ an sich widersinnig ist. In der Literatur wird die Rolle der Mitglieder der Streitregulierungskommission jedoch nur teilweise im Sinne der Definition beschrieben. In der Kommentierung des MGWA zum BFördG werden die Kommissionsmitglieder sehr anschaulich als „Schmiermittel“ (junkatsu-zai) bezeichnet, das die Verhandlungen zwischen den Streitparteien zum Laufen bringe. 214 Darüber hinaus wird jedoch die Möglichkeit eines Vermittlungsvorschlags anerkannt, nämlich für den Fall, dass sich die Streitparteien zwar einigen wollen, jedoch keine für sie in Betracht kommende Beilegungsmethode erkennen und die Verhandlung ins Stocken gerät. 215 Ein solcher Vorschlag dürfe dann eine mögliche Richtung für die Verhandlungen zwischen den Parteien aufweisen, um die Gespräche wieder anzukurbeln. Im Unterschied zu einem Schlichtungsvorschlag dürfe ein Vorschlag zur Vermittlung jedoch nicht den Inhalt eines Vergleichs vorgeben. 216 Ob diese Definition des MGWA im Einzelfall eine klare Abgrenzung ermöglicht, erscheint zweifelhaft. Zudem ist sie in der Literatur nicht unbestritten. Bei Murata beispielsweise, der sich ausführlich mit der Praxis der Vermittlungsverfahren bei den Arbeitsbehörden auseinan211

Art. 9 Abs. 1, 2 DV BFördG. Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 BFördG. 213 Art. 13 Abs. 1 BFördG. 214 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 146. 215 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 146, 147. 216 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 148. 212

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dersetzt, wird der Vermittlungsvorschlag nämlich nicht vom Schlichtungsvorschlag abgegrenzt. Er stellt klar, dass der Vermittlungsvorschlag auf der Grundlage des Sachverhaltes und der festgestellten Absichten der Parteien zur Lösung des Konflikts zu entwickeln sei, vernünftig zu sein und eine Entscheidung zu bringen habe. 217 Ein solcher Vorschlag ist nichts anderes als ein Vergleichsvorschlag, wie er in der Schlichtung gemacht wird. Die Literatur kennt, soweit sie zwischen Vermittlungs- und Schlichtungsvorschlag trennt, kein praktikables Kriterium, um einen Vorschlag zur Förderung der Verhandlungen (Vermittlungsvorschlag) von einem Vorschlag zur inhaltlichen Beilegung (Schlichtungsvorschlag) abzugrenzen. Das MGWA betont als Unterschied, dass der Entwurf eines Vergleichsvorschlags und der Versuch, die Beteiligten zur Zustimmung zu bewegen, im Falle der Schlichtung das Ziel jedes Verfahrens sei, im Falle der Vermittlung hingegen der Vorschlag lediglich eine Option für den Fall sei, dass die Parteien alleine nicht weiterkämen. Zudem sei es nicht das Ziel, die Parteien zur Zustimmung zu bewegen, sondern weiterhin, eine selbstständige Beilegung zu fördern.218 Dieses Kriterium vermag die Vermittlung jedoch nicht ausreichend von der Schlichtung abzugrenzen. Murata erkennt es zudem nicht an. Er beschreibt im Gegenteil, dass das Kommissionsmitglied im Rahmen der Vermittlung den Parteien den Vorschlag unterbreiten, sie davon überzeugen und zu einem Einverständnis hinführen solle. 219 Um einen tatsächlichen Unterschied zwischen Vermittlung und Schlichtung zu schaffen, müssen die Rollen und damit die Kompetenzen der Vermittler und Schlichter klar voneinander abgrenzbar sein. Wird den Vermittlern, in welcher Form auch immer, die Möglichkeit eingeräumt, einen Vorschlag zur Beilegung zu machen, übernehmen sie faktisch die Aufgabe eines Schlichters. Dem Gesetzestext selbst lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, ob der Vorschlag zur Vermittlung inhaltlich von dem Bereich der Schlichtung abweicht. In Art. 13 Abs. 1 BFördG heißt es lediglich, dass die Kommissionsmitglieder einen für die Beilegung der Streitigkeit erforderlichen Vorschlag zur Vermittlung vorbereiten und diesen den Streitparteien vorstellen können. Für die Beilegung der Streitigkeit erforderlich ist ein Vorschlag der Kommissionsmitglieder dann, wenn beide Streitparteien einen solchen einfordern. 220 Wenn die Parteien feststellen, dass sie für eine einvernehmliche Beilegung eine Hilfestellung zur erneuten Aktivierung ihrer Gespräche benötigen, soll ihnen diese gewährt werden. 221 Dies kann im Sinne der Auslegung des MGWA ein Vorschlag sein, der lediglich eine Richtung für weitere Verhandlungen vor217

MURATA, 2009, S. 59, 63. MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 147, 148. 219 MURATA, 2009, S. 59. 220 Art. 9 Abs. 1 DV BFördG. 221 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 148. 218

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gibt, damit die Kommunikation zwischen den Streitparteien nicht abreißt. Andererseits umfasst der Wortlaut des Gesetzes auch eine Hilfestellung in Bezug auf den Abschluss, die inhaltliche Lösung und die Erledigung der Angelegenheit. Ein solch inhaltlich präziser Beilegungsvorschlag ist streng genommen dem Schlichtungsverfahren vorbehalten und hat in der Vermittlung grundsätzlich nichts zu suchen. Trotzdem ließe der Gesetzeswortlaut auch solche Vorschläge zu. Der Gesetzestext grenzt den Vermittlungsvorschlag somit ebenfalls nicht deutlich von dem im Bereich der Schlichtung ab. Dass die Übergänge fließend sind und der Gesetzgeber im Fall des BFördG auch Vergleichsvorschläge im Rahmen der Vermittlung gutheißt, verdeutlichen die Regelungen über die Zustimmung zu den Beilegungsvorschlägen. Entschließen sich die Parteien, sich dem Inhalt des Vermittlungsvorschlags entsprechend zu einigen, liegt in dieser Einigung ein zivilrechtlicher Vergleich.222 Diese Regelung ist nur dann sinnvoll, wenn ein inhaltlicher Vorschlag zur Beendigung und nicht nur ein Aufzeigen der weiteren Verfahrensmöglichkeiten gemacht worden ist. Abschließend ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Bezeichnung des Verfahrens vor der Streitregulierungskommission als „Vermittlung“ nicht die Folge einer begrifflichen Ungenauigkeit des Gesetzgebers ist. Die Verfahrensform der Vermittlung ist gewollt. Die Abgrenzung von der Schlichtung, insbesondere in der Kommentierung des BFördG des MGWA, müsste sonst nicht erfolgen. Die Errichtung eines Schlichtungssystems innerhalb der Verwaltung war in Anbetracht der Tatsache, dass in der Justiz bereits das Verfahren der zivilen Schlichtung etabliert war, abgelehnt worden.223 Dadurch, dass ein Vorschlag im Rahmen der Vermittlung faktisch denselben Inhalt wie ein Schlichtungsvorschlag haben kann, ist das Ziel, gerade kein Schlichtungsverfahren zu errichten, im Hinblick auf die Kompetenzen der Vermittler nicht gelungen. Die Versuche der Literatur, den Vermittlungsvorschlag von dem Vorschlag in der Schlichtung abzugrenzen sind, wie oben beschrieben, zu ungenau, um ein fassbares Kriterium zur Unterscheidung zu finden. Den Parteien des Vermittlungsverfahrens wird faktisch die Möglichkeit eröffnet, durch einstimmigen Antrag in ein Schlichtungsverfahren überzuwechseln. Allerdings geht eine solche Umwandlung nicht so weit wie das Verfahren der zivilen Schlichtung nach dem ZSchliG, da der Streitregulierungskommission nicht die Kompetenz zur Entscheidung eingeräumt ist. Sie bleibt auf die Zustimmung der Parteien zu ihrem Vorschlag angewiesen. In der Praxis ist diese Problematik von untergeordneter Bedeutung. Die Vermittlung soll möglichst innerhalb eines Termins erledigt werden, was

222

Murata, 2009, S. 63; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 150; siehe auch Art. 9 Abs. 2 DV BFördG. 223 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 118.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

meistens gelingt.224 Für die überwiegende Zahl der Verfahren, in denen die Vermittlung auf ein Kommissionsmitglied übertragen worden ist, kommt ein Vorschlag somit nicht in Betracht, denn ein solcher müsste zunächst der Kommission vorgelegt und von dieser genehmigt werden. (iv) Abbruch und Beendigung des Vermittlungsverfahrens Die Kommissionsmitglieder können die Vermittlung abbrechen, wenn sie feststellen, dass keine Aussicht auf Beilegung besteht. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn die Gegenseite äußert, dass sie nicht an der Vermittlung teilnehmen möchte, eine oder beide Parteien dem Vermittlungsvorschlag der Kommission nicht zustimmen oder eine oder beide Parteien den Abbruch der Vermittlung beantragen.225 Einigen sich die Parteien im Rahmen der Vermittlung, ist diese Einigung ein privatrechtlicher Vergleich. 226 Der Vergleich entfaltet Bindungswirkung. Die Folgen sind dieselben wie bei einem privatrechtlichen Vergleich im deutschen Recht. Ohne einen Vollstreckungstitel kann die Zwangsvollstreckung aus der Einigung in der Vermittlung nicht betrieben werden. 227 (v) Regelungen bei Übergang in das gerichtliche Verfahren Art. 16 BFördG regelt die Unterbrechung der Verjährung für den Fall einer Klage im Anschluss an den Abbruch eines Vermittlungsverfahrens: „Wird die Vermittlung nach den Vorschriften des vorstehenden Artikels abgebrochen und reicht der Antragsteller innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Mitteilung über den Abbruch in derselben Angelegenheit eine Klage bei Gericht ein, dann gilt die Klage im Hinblick auf die Unterbrechung der Verjährung als zum Zeitpunkt des Antrags auf die Durchführung des Vermittlungsverfahrens eingereicht.“

Diese Regelung ist von großer Bedeutung, da sie für das sich anschließende Prozessverfahren die Einrede der Verjährung für den Fall ausschließt, dass die Verjährung während des Vermittlungsverfahrens eingetreten ist. Die Unterbrechung der Verjährung ist ganz wesentlich für die Frage, ob ein alternatives Verfahren eine ernstzunehmende Alternative für ein gerichtliches Streitverfahren darstellt oder nicht. Bestünde die Gefahr, dass ein Anspruch im Laufe des Vermittlungsverfahrens verjährt, wäre die Vermittlung keine geeignete Alternative für das Prozessverfahren. Die Gegenseite könnte das Verfahren nach Eintritt der Verjährung ohne weiteres scheitern lassen, und 224

Rōdō-sha no kenri hakusho [Weißbuch der Arbeitnehmerrechte], Vol. 281, 2009, herausgegeben von nihon rōdō bengo-dan [Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht], (im Folgenden: Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009), S. 133, 134. 225 Art. 12 Abs. 1 DV BFördG. 226 MURATA, 2008, S. 92, Abb. 5–5. 227 SASAKI , 2008, S. 45.

A. Verfahren der Verwaltung auf Zentralstaatsebene

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der Antragsteller könnte seinen Anspruch nicht weiter durchsetzen. Das BFördG räumt dem Antragsteller die bedeutende Möglichkeit ein, diese Situation durch rechtzeitiges Einreichen einer Klage zu verhindern. Es bedarf an dieser Stelle des kurzen Hinweises darauf, dass der Wortlaut des Art. 16 BFördG nicht zwingend den Rückschluss zulässt, dass bereits der Antrag auf Einleitung des Vermittlungsverfahrens selbst die Unterbrechung der Verjährung auslöst. Wenn dies die Intention des Gesetzgebers gewesen wäre, hätte er sie durch eine Regelung wie „Die Einleitung eines Vermittlungsverfahrens unterbricht die Verjährung“ ohne weiteres umsetzen können. Im BFördG ist diese Folge aber an die Klageeinreichung geknüpft und gerade nicht an den Antrag auf Durchführung eines Vermittlungsverfahrens. Die Frage ist jedoch letztlich von untergeordneter Relevanz, da die Gegenseite im Rahmen des Vermittlungsverfahrens auch bei einer nicht verjährten Forderung nicht verpflichtet ist, sich auf eine einvernehmliche Beilegung einzulassen. Auch ohne dass ihr Einwendungen und Einreden wie im gerichtlichen Verfahren zustehen, kann die Gegenseite den Abschluss eines Vergleichs ablehnen. (g) Öffentlichkeit Das Vermittlungsverfahren ist nicht öffentlich. 228 Das administrative Verfahren vor den Streitregulierungskommissionen bei den Arbeitsbehörden weist in dieser Hinsicht einen deutlichen Unterschied zu den Prozessverfahren vor den Zivilgerichten auf, für die der Öffentlichkeitsgrundsatz (kōkai shugi) gilt. Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Hinblick auf die Prozessverfahren ist in der Japanischen Verfassung 229 (im Folgenden: JV) verankert. 230 Die Möglichkeit der Aufsicht durch das Volk soll den rechtmäßigen Ablauf der Verhandlungen und gerichtlichen Untersuchungen sicherstellen. 231 Diesen Anspruch hat das Vermittlungsverfahren nicht. Im Vordergrund steht vielmehr der Gedanke, die Privatsphäre der beteiligten Parteien zu schützen. 232 Das Vermittlungsverfahren endet anders als das zivilprozessuale Verfahren nicht mit einer einseitig durch einen neutralen Dritten erlassenen bindenden Entscheidung. Es steht allein in der Verantwortung der Streitparteien, ob sie zu einer einvernehmlichen Lösung ihrer Angelegenheit kommen. Scheitern die Verhandlungen, scheitert das gesamte Verfahren und wird ohne Beilegung der Streitigkeit beendet. Im Prozessverfahren kommt dem Vergleich als einvernehmlicher Beilegung zwischen den Parteien zwar auch ein hoher Stellenwert zu, die Streitigkeit wird jedoch auch unabhängig von dem Gelingen einer 228

Art. 14 DV BFördG. Nihon-koku kenpō, Japanische Verfassung vom 03.11.1946. 230 Art. 81 Abs. 1 JV. 231 ITŌ, 2008, S. 229. 232 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 145. 229

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

solchen einer Lösung zugeführt, da am Ende eines jeden Verfahrens die Möglichkeit der Entscheidung durch Urteil steht. Dem Öffentlichkeitsgrundsatz kommt entsprechend im Vermittlungsverfahren vor der Streitregulierungskommission eine weitaus geringere Bedeutung zu als in dem Prozessverfahren, da ein Verstoß gegen den rechtmäßigen Ablauf, sollte er einmal vorkommen, von den Streitparteien mit dem Ausscheiden aus dem Verfahren ohne weitere Konsequenzen beantwortet werden kann. (4) Exkurs: Besondere Regelungen im ChancenGG und Teilzeitarbeitsgesetz Für Streitigkeiten nach dem ChancenGG und dem Teilzeitarbeitsgesetz findet das BFördG im Hinblick auf die Erteilung von Ratschlag und Anleitung sowie das Vermittlungsverfahren keine Anwendung. An Stelle des Ratschlags und der Anleitung nach dem BFördG kann in diesen Fällen auf Antrag einer oder beider Parteien ein Ratschlag, eine Anleitung oder eine Ermahnung (kankaku) durch den Leiter der Arbeitsbehörde ausgesprochen werden.233 Durch die Möglichkeit der Ermahnung bieten das ChancenGG und das Teilzeitarbeitsgesetz eine im Vergleich zu Ratschlag und Anleitung zwingendere Methode der Beilegung. Kommt ein Unternehmer der Ermahnung nicht nach, können in bestimmten Fällen von Diskriminierung der Verstoß und der Inhalt der Ermahnung öffentlich bekannt gegeben werden, was den Ermahnungen eine gewisse Durchsetzungskraft verleiht und praktisch oft zur Umsetzung der angemahnten Verbesserungen führt. 234 Diese zusätzliche Ausgestaltung der Möglichkeiten des Leiters der Arbeitsbehörde verdeutlicht nach Ansicht der Verfasserin, dass die Handlungsformen, die dem Behördenleiter zur Verfügung stehen, in Teilen der japanischen Literatur zu Unrecht von der Handlungsform des gyōsei shidō abgegrenzt werden.235 Denn die Ermahnung und das hinzutretende Druckmittel der Veröffentlichung sind klassische Bestandteile des gyōsei shidō. Nichts spricht dafür, den Ratschlag und die Anleitung durch den Behördenleiter anders als die Ermahnung von ihm zu klassifizieren. Anstatt der Vermittlung nach dem BFördG kann bei Streitigkeiten nach dem ChancenGG und dem Teilzeitarbeitsgesetz ein Schlichtungsverfahren durchlaufen werden.236 Wie bei der Vermittlung kann der Leiter der Arbeitsbehörde, wenn er es für nötig erachtet, auf Antrag einer oder beider Parteien die Schlichtung einleiten. Die die Schlichtung durchführende Kommission ist 233

Art. 17 Abs. 1 ChancenGG, Art. 21 Abs. 1 Teilzeitarbeitsgesetz. NISHITANI, 2008, S. 125; SASAKI , 2008, S. 44. 235 Siehe unter Kapitel 3 A.I.c)(2)(c). 236 Art. 18 ff. ChancenGG; seit der Reform des ChancenGG im Jahr 1997 kann das Schlichtungsverfahren auch auf Antrag nur einer der Parteien eingeleitet werden, siehe KAWADA, 2010, S. 419; Art. 22 ff. Teilzeitarbeitsgesetz. Das Teilzeitarbeitsgesetz verweist im Hinblick auf das Verfahren der Schlichtung auf die Vorschriften des ChancenGG. 234

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

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die Streitregulierungskommission nach dem BFördG, die auch die Vermittlung durchführt. Bei Streitigkeiten nach dem ChancenGG und dem Teilzeitarbeitsgesetz ist die Aufgabe der Streitregulierungskommission im Grundsatz also eine andere als bei der Vermittlung nach dem BFördG. Definitionsgemäß unterbreitet der Dritte im Rahmen der Schlichtung den Parteien einen Vorschlag zur einvernehmlichen Beilegung, setzt sich also auch inhaltlich mit der Lösung auseinander, wohingegen er im Rahmen der Vermittlung vorwiegend als Mediator auftritt, der die Verhandlungen zwischen den Parteien vorantreibt. Da die Streitregulierungskommission im Rahmen der Vermittlung nach dem BFördG jedoch in bestimmten Fällen einen Vorschlag unterbreiten darf, der inhaltlich einem Schlichtungsvorschlag in nichts nachsteht, ist die Aufgabe der Kommission trotz unterschiedlicher Bezeichnung der Verfahren vergleichbar. Im Hinblick auf die Ausarbeitung des Vorschlags ist die Kommission allerdings nicht wie bei der Vermittlung auf einen entsprechenden Antrag der Parteien angewiesen. Die Streitregulierungskommission kann auf die Parteien einwirken und ihnen die Zustimmung zum Schlichtungsvorschlag anraten.237 Erzwungen werden kann die Annahme bei der Schlichtung nicht. Ausgenommen von der Möglichkeit der Schlichtung im Hinblick auf das ChancenGG sind Streitigkeiten rund um Stellenangebote und die Einstellung.238 Auch für die Beilegungsangebote nach dem ChancenGG und dem Teilzeitarbeitsgesetz gilt, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nicht mit der Begründung, dass er von dem Angebot Gebrauch gemacht hat, kündigen oder ihn anderweitig nachteilig behandeln darf. 239

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

Unterhalb der zentralstaatlichen Ebene bestehen zwei weitere Vermittlungssysteme für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Die Präfekturen dürfen Beratung und Vermittlung bei speziellen Dienstleistungsstellen der Verwaltung (gyōsei sābisu) – oft sind dies die arbeitspolitischen Büros (rōsei (shukan) jimu-sho) – und seit 2001 auch bei den Arbeitskommissionen anbieten, betreiben jedoch in der Regel nicht beide Varianten nebeneinander (Abb. 8). Die meisten Präfekturen teilen ihr Angebot zwischen den arbeitspolitischen Büros und den Arbeitskommissionen auf. Beratungen finden meist in den arbeitspolitischen Büros, die Vermittlung mittlerweile überwiegend in den Arbeitskommissionen statt. Lediglich drei Präfekturen 237

Art. 22 ChancenGG, Art. 23 Teilzeitarbeitsgesetz i.V.m. Art. 22 ChancenGG. Art. 18 Abs. 1 ChancenGG. 239 Art. 17 Abs. 2, Art. 18 Abs. 2 ChancenGG, Art. 21 Abs. 2, Art. 22 Abs. 2 Teilzeitarbeitsgesetz. 238

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

(Tokio, Gunma und Fukuoka) haben das Vermittlungsangebot seit 2001 nicht an ihre Arbeitskommissionen abgegeben, da sie bereits über ein erfolgreiches Vermittlungsverfahren in ihren arbeitspolitischen Büros verfügten. 240

Präfektur

Dienstleistungsstelle der Verwaltung (Arbeitspolitisches Büro)

Beratung

u.U. Vermittlung

Arbeitskommission

u.U. Beratung

Vermittlung

Abb. 8: Streitbeilegungssysteme in der japanischen Verwaltung - Präfekturebene

I. Vermittlung bei den arbeitspolitischen Büros der Präfekturen Unterhalb der zentralstaatlichen Ebene machen die Präfekturen weitere Angebote zur individualarbeitsrechtlichen Streitbeilegung. Die Kompetenz zur Errichtung solcher Beilegungssysteme ist jedoch nicht ihnen allein übertragen worden. Das BFördG beispielsweise fordert die Schaffung geeigneter Informations-, Beratungs- und Vermittlungseinrichtungen und beauftragt damit nicht speziell die Präfekturen, sondern spricht allgemein die regionalen Selbstverwaltungskörperschaften (chihō kōkyō dantai) an. Zu den gewöhnlichen regionalen Selbstverwaltungskörperschaften (futsū chihō kōkyō dantai) gehören in Japan neben den Präfekturen die drei kommunalen gemeindlichen Selbstverwaltungseinheiten shi (Stadt), chō (Stadtviertel/Kleinstadt) und son

240

NODA, 2009, S. 17.

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

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(Dorf). 241 Auch sie dürfen sich nach dem BFördG um die Vermeidung und Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten bemühen. Solche unterhalb der Präfekturebene angesiedelten kommunalen Einrichtungen zur Beilegung individueller Arbeitsstreitigkeiten werden im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter untersucht. a) Zuständigkeit Die Zuständigkeit der Präfekturen zur Errichtung von Dienstleistungsstellen der Verwaltung für Arbeitssachen (rōdō gyōsei sābisu)242 lässt sich aus zwei verschiedenen Gesetzen herleiten, dem Gesetz über die regionale Selbstverwaltung 243 (im Folgenden: SVerwG) von 1947 und dem BFördG aus dem Jahr 2001. Eine allgemeine Zuständigkeit zur Errichtung von Dienstleistungsstellen der Verwaltung schafft das SVerwG. 244 Es überträgt dem jeweiligen Leiter der gewöhnlichen regionalen Körperschaften, damit auch den Gouverneuren der Präfekturen, ganz allgemein die Möglichkeit – durch Gesetz oder Satzung – Verwaltungsorgane (gyōsei kikan) für bestimmte Aufgaben einzurichten. Eine spezielle Ermächtigung nur für die Gouverneure der Präfekturen findet sich in den Nebenbestimmungen zum SVerwG. Sie können durch Satzung ein arbeitspolitisches Büro (rōsei (shukan) jimu-sho) errichten. 245 Diese Büros unterstehen innerhalb der Präfekturen meist den Behörden für Arbeitspolitik (rōsei shukan bukyoku). 246 Sie führen Untersuchungen zur Arbeitslage durch, beschäftigen sich im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit mit der Verbreitung arbeitsrechtlicher Kenntnisse in der Bevölkerung und bieten als besondere Dienstleistung in unterschiedlichem Umfang Systeme zur Erledigung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten an. Das BFördG formuliert anders als das SVerwG nicht nur eine bloße Möglichkeit, sondern fordert von den regionalen Selbstverwaltungskörperschaften das Bemühen (tsutomeru), zur Vorbeugung der Entstehung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten und zur Förderung der eigenständigen Beilegung derselben das Angebot an Informationen, Beratungs- und Vermittlungseinrichtungen sowie weiteren nötigen Maßnahmen für Arbeitnehmer, Stellensuchende und Arbeitgeber zu verbessern. 247 Ein Zwang zur Einrichtung der Dienstleistungsstellen besteht jedoch auch nach dem BFördG nicht. Zweck 241

Art. 1–3 Abs. 2 Gesetz über die regionale Selbstverwaltung (SVerwG). SASAKI , 2008, S. 31; etwas allgemeiner von gyōsei sābisu (Verwaltungsdienstleistung) spricht SUGENO, 2008a, S. 664. 243 Chihō jichi hō, Gesetz Nr. 67 vom 17.04.1947. 244 Art. 156 Abs. 1 SVerwG. 245 Art. 4 Abs. 2 der Nebenbestimmungen zum SVerwG. 246 MURATA, 2008, S. 100. 247 Art. 20 Abs. 1 BFördG. 242

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

dieser Vorschrift ist, das im Jahr 2001 auf nationaler Ebene geschaffene System der Beratungen und Vermittlung bei den Arbeitsbehörden auf präfekturaler Ebene zu erweitern, um eine optimale Förderung der schnellen und angemessenen Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu erreichen.248 b) Uneinheitlichkeit der arbeitspolitischen Büros Der überwiegende Teil der Präfekturen hat seine Zuständigkeit genutzt und besondere Verwaltungsorgane für Arbeitssachen eingerichtet. Da die Errichtung von arbeitspolitischen Büros für die Präfekturen nicht verpflichtend und die Ausgestaltung jeder Körperschaft selbst überlassen ist, unterscheiden sich die Einrichtungen im Hinblick auf ihre organisatorische Einordnung und den abgedeckten Bereich arbeitsrechtlicher Fragestellungen erheblich. 249 Auch die Bezeichnungen der Stellen sind nicht einheitlich, 250 was die Suche für einen potentiellen Nutzer etwas unübersichtlich gestaltet. In den meisten Einrichtungen werden Informationen und Beratungen zu arbeitsrechtlichen Fragen angeboten. Vermittlungsverfahren sind deutlich seltener im Angebot. Ihre Zahl ist in den letzten 15 Jahren stetig gesunken. 1998 wurden Vermittlungen noch in 17, 2003 in 6 Präfekturen durchgeführt.251 In den übrigen Präfekturen haben sich die arbeitspolitischen Büros in vielen Fällen mit den Arbeitskommissionen der Präfekturen zusammengetan und verweisen in ihren Internetauftritten auf deren Vermittlungsverfahren sowie auf das Angebot der Arbeitsbehörden. 252 248

So die Zielsetzung in Art. 1 BFördG. MURATA, 2008, S. 100; S ASAKI, 2008, S. 31. 250 Es gibt Beratungszentren für Arbeitssachen (rōdō sōdan sentā), Abteilungen für Beschäftigungsverhältnisse (rōdō koyō-ka), Beratungsecken für Arbeitssachen (rōdō sōdan kōnā), Verwaltungsbüros (gyōsei jimu-sho), Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen (rōdō jōhō sōdan sentā), Beratungsstellen für Arbeitssachen in klein- und mittelständischen Betrieben (chūshō kigyō rōdō sōdan-sho) etc., siehe u.a. die Auflistung bei SASAKI, 2008, S. 32. 251 WATANDO, kanagawa-ken ni okeru rōdō sōdan oyobi assen shidō he no shitei kanrisha seido no dōnyū ni tsuite [Über die Einführung eines bestimmten Verwaltungsorgans für die Durchführung von Beratung und Vermittlung in der Präfektur Kanagawa], 2009, S. 2, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); M URATA, 2008, S. 100. 252 Die Präfekturen Saitama und Osaka verweisen z.B. auf die Vermittlung bei der Arbeitskommission, siehe rōdō-sha kojin to shiyō-sha to no shokuba toraburu (kobetsu-teki rōshi funsō) no assen [Vermittlung bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern (individuelle Arbeitsstreitigkeiten)], Internetauftritt der Präfektur Saitama, (zuletzt aufgerufen am 24.07.2012) und kobetsu rōshi funsō kaiketsu shien seido no go-annai [Informationen über das System der Unterstützung bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Internetauftritt der Präfektur Osaka, im Internet zugänglich 249

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

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Ein Einblick in die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der regionalen Selbstverwaltungskörperschaften wird im Folgenden am prominenten Beispiel der Präfektur Tokio und dem dortigen Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen (tōkyō-to rōdō sōdan jōhō sentā) gegeben.253 c) Das arbeitspolitische Büro der Präfektur Tokio Das arbeitspolitische Büro der Präfektur Tokio trägt die Bezeichnung Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen (im Folgenden: Beratungszentrum). Es besteht seit 1956 und verfügt in der Präfektur derzeit über sechs Büros. 254 Innerhalb der Präfekturverwaltung ist das Zentrum in der Behörde für Industrie und Arbeit (sangyō rōdō-kyoku) angesiedelt und dort der Abteilung für Beschäftigung und Arbeit (koyō shūgyō-bu) angegliedert.255 (1) Zuständigkeit Die Zuständigkeit der Präfektur Tokio für die Errichtung des Beratungszentrums ergibt sich für den Zeitraum bis 2001 allein aus dem SVerwG. Gegründet wurde das Beratungszentrum bereits im Jahr 1956. Die Präfektur hatte auf der Grundlage von Art. 156 SVerwG die Satzung (jōrei) über die Errichtung des Beratungs- und Informationszentrums der Präfektur Tokio 256 (im Folgenden: BuIZ-Satzung) erlassen. Der Begriff jōrei wird speziell für Satzungen von kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, wie Präfekturen, verwendet. 257 Aufgrund der auch in Japan geltenden kommunalen Selbstverwaltung

unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 253 Internetauftritt des Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen der Präfektur Tokio (tōkyō-to rōdō sōdan jōhō sentā) unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 254 Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, Vorwort. 255 Für die Einordnung der Behörde für Industrie und Arbeit (sangyō rōdō-kyoku) innerhalb der Präfekturverwaltung siehe tōkyō-to no soshiki [Organisation der Präfektur Tokio], Internetauftritt der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). Für die Aufgliederung der Abteilungen innerhalb der Behörde für Industrie und Arbeit siehe sangyō rōdō-kyoku [Behörde für Industrie und Arbeit], Internetauftritt der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich unter, (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 256 Tōkyō-to rōdō sōdan jōhō sentā setchi jōrei, Satzung der Präfektur Tokio vom 01.08.1956. 257 Für die Satzung einer Gesellschaft wird demgegenüber der Begriff teikan verwendet und ganz allgemein kann Satzung auch mit kisoku übersetzt werden, siehe G ÖTZE, Deutsch-Japanisches Rechtswörterbuch, 5. Auflage, Tokio 2006, S. 233. Zum Begriff kisoku siehe auch Erläuterung zu den Durchführungsverordnungen des Obersten Gerichtshofs unter Kapitel 4 B.V.a)).

98

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

dürfen die Selbstverwaltungskörperschaften solche lokalen Satzungen für Bereiche, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, erlassen. 258 Das Zentrum ist nicht nur ein Organ der Verwaltung nach Art. 156 SVerwG, sondern gleichzeitig als arbeitspolitisches Büro der Präfektur Tokio eingerichtet worden. 259 Das Ziel der Satzung ist die Sicherstellung eines ausreichenden Lebensunterhalts für Arbeitnehmer sowie die Förderung der Stabilität der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.260 Um diese Zielsetzung zu erreichen, sind dem Beratungszentrum verschiedene Geschäftsbereiche zugewiesen worden. 261 Neben der Verbreitung arbeitsrechtlicher Kenntnisse in der Bevölkerung, der Durchführung von Untersuchungen der Arbeitsbeziehungen, der Beschäftigung mit Belangen rund um die Interessenvertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist dem Beratungszentrum ausdrücklich die Aufgabe der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen übertragen worden.262 (2) Beratungsangebot und Vermittlungsverfahren Die BuIZ-Satzung überträgt dem Beratungszentrum den Aufgabenbereich Beratung und Vermittlung. Eine detaillierte Beschreibung der Ausgestaltung, insbesondere Vorschriften zum Verfahrensablauf der Vermittlung, enthält sie jedoch nicht. Der jährlich erscheinende Bericht über die Beratung und Vermittlung der Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio beschäftigt sich überwiegend mit einer statistischen Auswertung und der Vorstellung von Fallbeispielen und gibt nur einen kurzen Einblick in den Ablauf der Tätigkeit des Beratungszentrums (Abb. 9263).

258

BAUM /BÄLZ (Bearbeiter ROKUMOTO), 2011, S. 45. Die Satzung bezeichnet sich zusätzlich als Satzung über die Errichtung des arbeitspolitischen Büros der Präfektur Tokio (tōkyō-to rōsei jimu-sho setchi jōrei), Satzungstext siehe unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 260 Art. 1 BuIZ-Satzung. 261 Art. 1–2 Nr. 1 bis 6 BuIZ-Satzung. 262 Art. 1–2 BuIZ-Satzung. 263 Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, S. 19. 259

99

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

Selbstständige Beilegung zwischen AN und AG Streitigkeit

Beratung

Die Streitigkeit ist für eine selbstständige Beilegung zwischen AN und AG nicht gut geeignet:

Vermittlung Anderes Beilegungsorgan

Gericht Beilegung

Abbruch

Selbstständige Beilegung zwischen AN und AG

Abb. 9: Beratung und Vermittlung bei dem Beratungscenter der Präfektur Tokio

Dieser Darstellung zufolge beginnt die Beilegung mit der Beratung. Steht der selbstständigen Lösungsfindung durch die Streitparteien etwas im Wege, wird auf Antrag eine Vermittlung durchgeführt. Das Beratungszentrum gewährt dann vom Standpunkt eines neutralen Dritten aus Unterstützung zur selbstständigen Beilegung zwischen den Beteiligten. 264 Kommt eine Einigung zustande, ist sie ein zivilrechtlicher Vergleich. Das Beratungszentrum hat im Gegensatz zu den Arbeitsbehörden und den Arbeitskommissionen keine Kommission für die Vermittlung eingerichtet. Beratung und Vermittlung werden von derselben Personengruppe durchgeführt, den Beschäftigten (shokuin) des Zentrums. 265 Diese sind in ihrer Dienstzeit wie oben angedeutet in der Regel mit Untersuchungen zu Arbeitsbedingungen, grundsätzlichen Tendenzen der Arbeitsbeziehungen etc. beschäftigt und erhalten darüber hinaus regelmäßige Schulungen zu arbeitsgesetzlichen Änderungen sowie neuen Vermittlungstechniken. 266 Sie können demnach durchaus als Personen mit arbeitsrechtlichem Sachverstand bezeichnet werden. Dies ist ein Unterschied zu den Kommissionsmitgliedern 264 Beratung in Arbeitssachen, Q&A, Internetauftritt des Beratungs- und Informationszentrums für Arbeitssachen der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 265 MURATA, 2008, S. 106. 266 MURATA, 2008, S. 136.

100

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

der Streitregulierungskommission bei den Arbeitsbehörden, von denen zumindest nach dem Gesetzeswortlaut dieser besondere Sachverstand in Arbeitssachen nicht verlangt wird.267 Das Verfahren wird von der Vermittlung vor den Arbeitskommissionen nach dem ARG, die im folgenden Abschnitt unter 2. analysiert wird, streng abgegrenzt. 268 Zum einen ist keine besondere Kommission, sondern eine Einzelperson mit der Durchführung der Vermittlung betraut. Zum anderen wird die Vermittlung dann durchgeführt, wenn sich während der Beratung herausstellt, dass eine selbstständige Beilegung schwer zu erreichen ist und durch ein Hinzutreten eines neutralen Dritten im Rahmen eines Gesprächs, nicht im Wege eines gesetzlich fixierten Verfahrens, eine Lösung gefunden werden soll. 269 Die Vermittlung im Beratungszentrum der Präfektur Tokio ist eine Art der erweiterten Beratung. 270 Die Möglichkeit eines Vermittlungsvorschlags findet keine Erwähnung, was den Schluss zulässt, dass die Vermittlung durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio als Vermittlungsverfahren in reiner Form verstanden wird, das lediglich der Schaffung einer Gesprächsplattform für die Streitparteien als Grundlage für deren eigenständige Beilegung dient, wohingegen die Vermittlungsverfahren vor den Arbeitskommissionen in der Praxis im Wesentlichen die Funktionen der Schlichtung übernommen haben, wie im folgenden Abschnitt ausgeführt wird. Für diese Einordnung spricht auch, dass die Funktion der Vermittlung bei den arbeitspolitischen Büros mit der Funktion des Ratschlags durch den Leiter der Arbeitsbehörde verglichen wird. 271 Wie oben dargestellt werden Ratschlag und Anleitung ähnlich abgegrenzt wie Vermittlung und Schlichtung. 272 Mit Hilfe des Ratschlags soll in erster Linie die Kommunikation zwischen den Streitparteien angeregt werden, bei der Anleitung soll ein Vorschlag zur Beilegung gemacht werden. 273 Die Vermittlung bei dem Beratungszentrum Tokio kommt somit ohne Beilegungsvorschlag aus und ist demnach Vermittlung in reiner Form.

267

Gemäß Art. 7 Abs. 2 BFördG werden die Mitglieder der Streitregulierungskommission aus der Gruppe der Personen von Gelehrsamkeit und Erfahrung (gakushiki keiken) ernannt. 268 Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, S. 19; M URATA, 2008, S. 105. 269 MURATA, 2008, S. 135. 270 MURATA, 2009, S. 54. 271 MURATA, 2008, S. 136. 272 Siehe unter Kapitel 3 A.I.c)(2)(b). 273 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 113.

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

101

II. Vermittlung bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen Die Arbeitskommissionen sind unabhängige Verwaltungskommissionen, 274 deren Aufgabe ursprünglich nur die Behandlung kollektivarbeitsrechtlicher Streitigkeiten war. Seit 2001 können die Präfekturen ihnen jedoch auch die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten übertragen. 275 Auf zentralstaatlicher Ebene ist die zentrale Arbeitskommission (chūō rōdō i’in-kai) und eine Ebene darunter sind die Arbeitskommissionen der Präfekturen (todōfuken rōdō i’in-kai) 276 eingerichtet. Die Zentrale Arbeitskommission ist eine Sonderbehörde (gaikyoku) des MGWA; sie untersteht im Hinblick auf die Ausübung ihrer Kompetenzen jedoch nicht der Aufsicht (shiki kan-toku) des Ministers für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit. 277 Auf Präfekturebene gilt entsprechend, dass die Arbeitskommissionen im Hinblick auf den Etat und das Personal im Verantwortungsbereich des jeweiligen Präfekten liegen, sie Weisungen von diesem jedoch nicht zu befolgen haben. 278 Im Grundsatz sind die Arbeitskommissionen dreiseitig mit Vertretern des öffentlichen Interesses, der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite besetzt (sogenannte kō-rō-shi sansha-Kommission). Die Vertreter von Arbeitnehmerund Arbeitgeberseite werden in der Regel von den jeweiligen Verbänden vorgeschlagen, die des öffentlichen Interesses mit der Zustimmung der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter ausgewählt. 279 Die Vertreter des öffentlichen Interesses stammen aus der Gruppe der Personen von Gelehrsamkeit und Erfahrung (gakushiki keiken-sha) und sind meist Hochschulprofessoren oder Rechtsanwälte, bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen jedoch auch vermehrt ehemalige Bedienstete der Präfekturen und Berater in Sozialversicherungs- und Arbeitsangelegenheiten (shakai hoken rōmu shi). 280 Die Mitglieder der Arbeitskommissionen sind – wie die Mitglieder der Streitregulierungskommision 281 – nebenamtlich beschäftigte öffentliche Bedienstete (außerordentliches Anstellungsverhältnis – hi-jōkin).282

274

SUGENO, 2008a, S. 673; MIZUMACHI, 2008, S. 393; MURATA, 2008, S. 75. Art. 20 Abs. 1 BFördG. 276 Bis zur Reform des Gewerkschaftsgesetzes im Jahr 2004 hießen die Arbeitskommissionen der Präfekturen chihō rōdō i’in-kai (NISHITANI, 2008, S. 126), eine Bezeichnung, die sich in Lehrbüchern vereinzelt immer noch findet. 277 MURATA, 2008, S. 75. 278 MURATA, 2008, S. 75. 279 Art. 19–3 Abs. 2, Art. 19–12 Abs. 3 GewerkG. 280 MURATA, 2008, S. 75. 281 Siehe unter Kapitel 3 A.I.c)(2)(b)(ii). 282 Art. 19–12 Nr. 6 i.V.m. Art. 19–3 Nr. 6 GewerkG; S UGENO, 2008a, S. 675, weist jedoch auch darauf hin, dass seit einer Änderung des GewerkG jede Präfektur durch Satzung zwei der Vertreter des öffentlichen Interesses auch als hauptamtlich beschäftigte öffentliche Bedienstete (jōkin) einstellen kann, Art. 19–12 Nr. 6 i.V.m. Art. 19–3 Nr. 6 GewerkG. 275

102

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Diejenigen Präfekturen, die eine Zuständigkeit ihrer Arbeitskommissionen für die Beilegung auch individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten begründet haben, orientieren sich bei der Durchführung der Verfahren im Wesentlichen am Ablauf der Vermittlungsverfahren vor den Arbeitskommissionen bei kollektivrechtlichen Streitigkeiten. Aus diesem Grund werden im Folgenden zunächst diese ursprüngliche Aufgabe der Beilegung kollektivrechtlicher Arbeitsstreitigkeiten sowie die Verfahrensabläufe bei der Beilegung kollektiver Streitigkeiten vorgestellt, bevor das Vermittlungsverfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten genauer erläutert wird. a) Ursprüngliche Aufgabe der Arbeitskommissionen Die Arbeitskommissionen wurden 1946 eingeführt. Vorschriften über die Errichtung und die Verfahren vor den Arbeitskommissionen finden sich in zwei Gesetzen: dem Gewerkschaftsgesetz 283 (im Folgenden: GewerkG) und dem ARG. Das GewerkG legt den Aufgabenbereich der Arbeitskommissionen fest. 284 Im Wesentlichen sind sie zuständig für die Untersuchung und Unterbindung unfairer Arbeitgeberpraktiken (futō rōdō kōi) nach Art. 7 GewerkG sowie die Durchführung von Vermittlungs-, Schlichtungs- und Schiedsverfahren bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten im Sinne des ARG. (1) Abhilfe bei unfairen Arbeitgeberpraktiken Das Verbot unfairer Arbeitgeberpraktiken ist in Japan unter dem Einfluss des amerikanischen Rechts nach dem Pazifikkrieg eingeführt und in das GewerkG aufgenommen worden. 285 Es ist Ausfluss des Koalitionsrechts, das auch in Japan verfassungsrechtlich garantiert ist286 und dient dazu, Einflussnahmen durch den Arbeitgeber im Hinblick auf die Gründung und die Aktivitäten von Gewerkschaften zu unterbinden. Das Verhalten eines Arbeitgebers wird als unfair bezeichnet, wenn er einen Arbeitnehmer wegen seiner Gewerkschaftszugehörigkeit nachteilig behandelt, Kollektivverhandlungen ohne billigen Grund ablehnt, die Gründung und/oder das Tätigwerden von Gewerkschaften kontrolliert oder finanziert sowie jede nachteilhafte Behandlung eines Arbeitnehmers, weil dieser ein Verfahren vor den Arbeitkommissionen beantragt hat.287 Die Arbeitskommissionen der Präfekturen werden in diesen Fällen auf Antrag tätig und entscheiden als Organ der Verwaltung nicht im 283

Rōdō kumiai hō, Gesetz Nr. 174 vom 01.06.1949. Art. 20 GewerkG; es irritiert zunächst, dass das GewerkG den Aufgabenbereich der Arbeitskommissionen, die 1946 gegründet wurden, festlegt, obwohl das Gesetz selbst erst aus dem Jahr 1949 stammt, erklärt sich jedoch dadurch, dass vor dem gegenwärtigen GewerkG das alte GewerkG aus dem Jahr 1945 (Gesetz Nr. 51) in Kraft war. 285 MARUTSCHKE, 2010, S. 231. 286 Art. 28 JV. 287 Art. 7 Nr. 1 bis 4 GewerkG. 284

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

103

Wege eines Urteils, sondern durch eine abhelfende oder ablehnende Anordnung (kyūsai·kyohi meirei), die am Tag ihres Zugangs wirksam wird. 288 Gegen eine solche Anordnung können die Streitparteien im Wege einer verwaltungsrechtlichen Klage vorgehen.289 (2) Beilegung sonstiger kollektiver Streitigkeiten Ziel des ARG ist es, in Übereinstimmung mit dem GewerkG, eine faire Regulierung von Arbeitsbeziehungen zu erreichen und Arbeitsstreitigkeiten zu verhindern oder beizulegen.290 Was genau unter Arbeitsstreitigkeiten im Sinne des ARG zu verstehen ist, hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Streng nach dem Gesetzeswortlaut sind es solche Streitigkeiten, wegen derer eine Aktion des Arbeitskampfes geführt wird oder zu erwarten ist, 291 somit kollektivrechtliche Arbeitsstreitigkeiten. 292 Nachdem die Zahl von Arbeitskampfmaßnahmen und damit auch die Zahl eben genannter Streitigkeiten nach ihrem Höhepunkt Mitte der 1970er Jahre stetig abnahm, wurden nach und nach auch Streitigkeiten um die Arbeitsbedingungen einzelner Arbeitnehmer als Arbeitsstreitigkeiten nach dem ARG anerkannt, sofern die Gewerkschaften als Partei für den betroffenen Arbeitnehmer auftraten. 293 Für die Beilegung der kollektivrechtlichen Streitigkeiten stehen drei Verfahren zur Verfügung, die Vermittlung, die Schlichtung und das Schiedsverfahren. 294 Die Verfahren werden grundsätzlich vor den präfekturalen Arbeitskommissionen durchgeführt. Da sich die Präfekturen bei der Ausgestaltung der Vermittlungsverfahren für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten oft an dem Vermittlungsverfahren für kollektivrechtliche Arbeitsstreitigkeiten orientieren,295 werden die Verfahren nach dem ARG kurz vorgestellt. (a) Vermittlungsverfahren Die Vermittlung wird auf Antrag einer der Streitparteien oder von Amts wegen eingeleitet.296 Der Vorsitzende der Arbeitskommission ernennt aus einer 288

Art. 27–12 Abs. 4 GewerkG. MURATA, 2008, S. 86. 290 Art. 1 ARG. 291 Art. 6 ARG. 292 Im ARG wird für arbeitsrechtliche Streitigkeiten nicht der Begriff rōdō funsō, sondern rōdō sōgi benutzt, was bereits auf kollektivrechtliche Streitigkeiten hinweist, da rōdō sōgi nicht nur als Arbeitsstreitigkeit, sondern auch mit Arbeitskampf übersetzt werden kann, vgl. auch G ÖTZE, 2007, S. 522. 293 NISHITANI, 2008, S. 128; MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 119. 294 Die Vermittlung ist in Art. 10–16 ARG, die Schlichtung in Art. 17–28 ARG und das Schiedsverfahren in Art. 29–35 ARG geregelt. 295 MURATA, 2008, S. 78. 296 Art. 12 Abs. 1 ARG. 289

104

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

vorab gefertigten Liste einen oder mehrere Vermittler (assen-in). 297 Als Vermittler kommen Personen von Gelehrsamkeit und Erfahrung (gakushiki keiken) in Betracht, die in der Lage sind, bei der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten unterstützend tätig zu werden. 298 Sie müssen nicht aus der Gruppe der Kommissionsmitglieder stammen. In der Praxis sind die gelisteten Vermittler allerdings oft (ehemalige) Kommissionsmitglieder oder Bedienstete der Arbeitskommissionen. 299 In Präfekturen, deren Arbeitskommissionen ein geringes Fallaufkommen haben, ist es mittlerweile gängige Praxis, statt der Vermittler die dreiseitig besetzte kō-rō-shi sansha Vermittlungskommission einzusetzen. 300 Wie im Fall der Streitregulierungskommission sind auch die Mitglieder der Arbeitskommissionen, zumindest die Vertreter des öffentlichen Interesses, zu 60 bis 70% Rechtsanwälte und Universitätsprofessoren.301 Eine bestimmte Form ist für das Verfahren gesetzlich nicht vorgeschrieben, da der selbstständigen Beilegung durch die Parteien eine besondere Bedeutung zukommt. 302 Die Vermittler stellen die wesentlichen Punkte der Behauptungen fest und versuchen, auf eine einvernehmliche Lösung zwischen den Streitparteien hinzuwirken. Wie im Fall der Vermittlung bei den Arbeitsbehörden wird diese einvernehmliche Beilegung nicht im Wege eines direkten Gesprächs zwischen den Streitparteien zu erreichen versucht. Die Parteien treffen sich in der Regel nur zu Beginn des Verfahrens und nehmen dann in getrennten Wartezimmern Platz, um in abwechselnden Besprechungen mit dem Vermittler (Einzelunterredungen) zusammenzukommen. Führt eine kōrō-shi sansha Vermittlungskommission das Verfahren, begeben sich die Vertreter von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite oft in die jeweiligen Wartezimmer und versuchen dort, die entsprechenden Parteien von einer einvernehmlichen Beilegung zu überzeugen. 303 Die Entwicklung eines Vermittlungsvorschlags durch den Vermittler bzw. die Vermittlungskommission ist im Gesetz nicht vorgesehen. Entgegen der gesetzlichen Bestimmung, die mit der Definition von Vermittlung voll übereinstimmt, hat sich eine Praxis ergeben, in der die Vermittler einen solchen Vorschlag dennoch vorlegen. 304 Ein Verfahren, in dem der neutrale Dritte einen inhaltlichen Vorschlag zur Beilegung macht, ist nach der in Kapitel 2 eingeführten Definition streng genommen kein Vermittlungs-, sondern ein Schlichtungsverfahren.

297

Art. 10, 12 Abs. 1 ARG. Art. 11 ARG. 299 SUGENO, 2008a, S. 683. 300 MIZUMACHI , 2008, S. 395; M URATA, 2008, S. 77. 301 SUGENO, 2008a, S. 675. 302 NISHITANI, 2008, S. 128. 303 MURATA, 2008, S. 77, 78. 304 SUGENO, 2008a, S. 683; MIZUMACHI, 2008, S. 394. 298

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

105

Eine Pflicht zur Teilnahme für die Gegenseite besteht nicht. Unter Umständen versuchen die Vermittler oder ein Beschäftigter der Verwaltungsstelle der Arbeitskommission, die Gegenseite von einer Teilnahme zu überzeugen, bevor das Verfahren abgebrochen wird. 305 Ein etwaiger Vermittlungsvorschlag entfaltet keine Bindungswirkung. 306 Das Verfahren wird durch Beilegung beendet, wenn sich die Parteien einigen oder den Vermittlungsvorschlag annehmen und abgebrochen, wenn eine Einigung nicht zustande kommt. Gut 99% der Verfahren nach dem ARG sind Vermittlungsverfahren. 307 (b) Schlichtungsverfahren Die Schlichtung wird grundsätzlich auf Antrag beider Streitparteien eingeleitet. Der Antrag nur einer Partei reicht aus, wenn es so im Tarifvertrag zwischen den Parteien festgelegt ist. 308 Die Schlichtung wird im Gegensatz zur Vermittlung immer durch eine kō-rō-shi sansha Schlichtungskommission durchgeführt, deren Mitglieder der Vorsitzende der Arbeitskommission aus der Gruppe aller Kommissionsmitglieder ernennt. 309 Die Kommission kann die Anwesenheit beider Parteien verlangen, 310 da, wie oben erwähnt, ein einseitiges Einleiten des Schlichtungsverfahrens nur in dem Fall möglich ist, in dem sich beide Seiten zuvor tarifvertraglich entsprechend verständigt haben. Die Parteien haben sich somit, wenn auch nicht zum Zeitpunkt des Antrags, über die Möglichkeit der Durchführung einer Schlichtung geeinigt. Die Kommission hört beide Seiten an, formuliert einen Schlichtungsvorschlag und rät den Parteien an, diesem zuzustimmen. 311 Der Schlichtungsvorschlag selbst entfaltet keine Bindungswirkung. 312 Nehmen die Parteien den Vorschlag an, ist das Verfahren beendet. Kommt eine Schlichtung nicht zustande, wird das Verfahren abgebrochen.

305

MURATA, 2008, S. 92, Abb. 5–5. MIZUMACHI , 2008, S. 394. 307 Administration of Labour Relations, Stand 2006, S. 7, veröffentlichst vom Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015); Japan’s Labour Relations Commission System, 2006, S. 10. 308 Art. 18 Nr. 2 ARG. 309 Art. 19 ARG. 310 Art. 24 ARG. 311 Art. 24, 26 Abs. 1 ARG. 312 MIZUMACHI , 2008, S. 394. 306

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

(c) Schiedsverfahren Die Einleitung eines Schiedsverfahrens unterliegt denselben Voraussetzungen wie die Schlichtung. 313 Beide Streitparteien müssen einen Antrag stellen. Nur wenn ein Tarifvertrag zwischen den Kontrahenten es vorsieht, reicht der Antrag nur einer Seite aus. Das Verfahren führt eine Schiedskommission aus drei Mitgliedern, die der Vorsitzende der Arbeitskommission ernennt. Die Schiedsmitglieder stammen nur aus der Gruppe der Vertreter des öffentlichen Interesses. 314 Mitglieder der Arbeitskommission, die die Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberseite vertreten, dürfen auf Vorschlag der beteiligten Parteien an den Beratungen der Schiedskommission teilnehmen und ihre Meinung zu der betreffenden Angelegenheit äußern, wenn die Schiedskommission einer Teilnahme zustimmt. 315 Am Schiedsspruch wirken sie jedoch nicht unmittelbar mit. Der Schiedsspruch ist eine bindende Entscheidung, die dieselbe Wirkung wie ein Tarifvertrag hat.316 (d) Würdigung der Tätigkeit der Arbeitskommissionen in kollektivrechtlichen Streitigkeiten Im Gegensatz zu der Situation in Deutschland wird die Regulierung der Arbeitsbeziehungen in Japan nicht primär durch den Abschluss von Kollektivvereinbarungen erreicht, obwohl auch in Japan das Prinzip der autonomen Verwaltung durch die Tarifparteien gilt; vielmehr wird den Arbeitskommissionen diese Aufgabe anvertraut.317 Die Arbeitskommissionen haben eine Art Hauptrolle übernommen, sobald es um Streitigkeiten auf kollektiver Ebene geht.318 In der japanischen Literatur werden die Arbeitskommissionen gerne als dreiseitig besetzte kō-rō-shi sansha Kommissionen dargestellt, die ihren besonderen Wert aus der Hinzuziehung der Vertreter von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ziehen. 319 Wirft man einen Blick in das Gesetz und in die Statistiken, kommen zunächst Zweifel an diesem Bild auf, da die kō-rō-shi sansha Kommission nach dem Gesetzeswortlaut nur im Falle der Schlichtung, die weniger als 1% der Fälle ausmacht, eingesetzt wird. Beim Schiedsverfahren entscheidet eine Kommission, die lediglich aus Vertretern des öffentlichen Interesses zusammengesetzt ist. Bei der Vermittlung hingegen, die den mit Abstand größten Teil der Verfahren ausmacht, werden Vermittler benannt, die nicht einmal Mitglieder der Arbeitskommission sein müssen. 313

Art. 30 Nr. 1 und 2 ARG. Art. 31-2 ARG. 315 Art. 31-5 ARG. 316 Art. 34 ARG. 317 SUMIDA/KEZUKA /WAKITA, 2009, S. 38. 318 NISHITANI, 2008, S. 126. 319 SUGENO, 2008a, S. 673, MURATA, 2008, S. 77, 78. 314

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

107

Entgegen der gesetzlichen Idealvorstellung ist das Vermittlungsverfahren in der Praxis an verschiedenen Punkten abgewandelt worden. So sind gerade Präfekturen, in denen das Fallaufkommen nicht besonders hoch ist, dazu übergegangen, die dreiseitig besetzte kō-rō-shi sansha Kommission auch für Vermittlungsverfahren einzusetzen. 320 Insofern ist das Bild, das in der Literatur von den Arbeitskommissionen gezeichnet wird, zwar nicht in der Theorie, aber doch aus praktischer Sicht angemessen. Darüber hinaus hat die Vermittlung in der Praxis in vielen Fällen die Funktion der Schlichtung übernommen. Eine Partei, die nicht lediglich eine Anleitung für eine selbstständige Verhandlung mit der Gegenseite, sondern auch inhaltliche Einflussnahme durch den neutralen Dritten wünscht, ist nicht mehr auf die Zustimmung der Gegenseite zum Antrag auf Schlichtung (bzw. eine Bestimmung im Tarifvertrag) angewiesen, sondern kann ein Vermittlungsverfahren einleiten lassen, da auch die Vermittler Vorschläge zur Beilegung der Streitigkeit machen. Etwas salopp formuliert ist die Vermittlung in der Praxis also wie die Schlichtung – nur besser. Denn sie hat den Vorteil, dass sie einseitig eingeleitet werden kann und etwas einfacher und beweglicher im Hinblick auf die Verfahrensformalitäten ist. b) Zuständigkeit für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten Auf die Möglichkeit, den Arbeitskommissionen auch die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu übertragen, hatte das Japan Institute of Labour Policy and Training (im Folgenden: JIL) (rōdō seikaku kenkyū · kenshū kikō) bereits im Jahr 1995 in ihrem Forschungsbericht über die Situation und die Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten hingewiesen.321 In einem speziellen Abschnitt über das Know-How der Arbeitskommissionen und die damit verbundenen Möglichkeiten bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten hob der Bericht insbesondere die Vorteile der kō-rō-shi sansha Kommissionsform und die Überzeugungskraft, die die Beteiligung von Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite bewirke hervor. 322 Tatsächlich besteht die Möglichkeit, die Arbeitskommissionen der Präfekturen mit der Beilegung auch individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu betrauen, seit dem Inkrafttreten des BFördG im Jahre 2001. Vorausgegangen war 1999 die Reform des SVerwG mit dem Ziel der Dezentralisierung, d.h. mit dem Ziel der Übertragung von Aufgaben auf die Einheiten der Selbstver-

320

MIZUMACHI , 2008, S. 395; M URATA, 2008, S. 77. JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995, S. 100. 322 JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995, S. 97. 321

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

waltungskörperschaften. 323 In diesem Zusammenhang waren die Leiter der jeweiligen Selbstverwaltungskörperschaften (z.B. der Gouverneur einer Präfektur) ermächtigt worden, Teile ihrer Aufgabenbereiche bestimmten Verwaltungsorganen, zum Beispiel auch den Arbeitskommissionen, anzuvertrauen.324 Art. 20 Abs. 1 BFördG fordert die Selbstverwaltungskörperschaften auf, zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. 44 der 47 Präfekturen Japans haben von dieser Zuständigkeitszuweisung Gebrauch gemacht und ihren Arbeitskommissionen diese neue Funktion übertragen. Die Übertragung erfolgt i.d.R. durch Satzung (jōrei) der Präfektur.325 Lediglich die Präfekturen Tokio, Gunma und Fukuoka haben ihre Arbeitskommissionen nicht mit dieser Aufgabe betraut. 326 Da die Präfekturen die Angebote im Rahmen der Vorgabe in Art. 20 Abs. 1 BFördG eigenständig entwickeln können, unterscheiden sich die einzelnen Systeme der Beratung und Vermittlung voneinander. Dennoch zeichnen sich Übereinstimmungen bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags ab, so dass ein grundsätzliches Bild der Beratungen und Vermittlungen bei den Arbeitskommissionen gezeichnet werden kann. c) Beratungsangebot Gemäß Art. 20 Abs. 1 BFördG sollen die Selbstverwaltungskörperschaften ein Informations- und Beratungsangebot schaffen. An den einzurichtenden Beratungstresen soll nicht nur über das Beratungsangebot des betreffenden Verwaltungsorgans, sondern auch über sonstige Beratungs- und Beilegungsangebote auf nationaler Ebene informiert werden. Darüber hinaus sollen dort auch Beratungen durchgeführt werden. 327 In der Praxis gibt es zwar vereinzelt Arbeitskommissionen, die Beratungen dieser Art durchführen, 328 in den meisten Präfekturen hat sich jedoch eine Vernetzung zwischen den Arbeitskommissionen und den arbeitspolitischen Büros bzw. Dienstleistungsstellen der Verwaltung herausgebildet: die ar323 ARAKI, rōdō-hō – Labor and Employment Law [Arbeitsrecht], Tokio 2009, S. 450; SUGENO, 2008a, S. 687. 324 Art. 180-2 i.V.m. Art. 180-5 Abs. 2 Nr. 2 SVerwG. 325 SASAKI , 2008, S. 49; zum Begriff jōrei siehe unter Kapitel 3 B.I.c)(1). 326 Diese Präfekturen verfügen über erfolgreiche Dienstleistungsstellen bzw. arbeitspolitische Büros, die ebenfalls Beratung und Vermittlung anbieten und haben die Notwendigkeit, ein weiteres System der Beratung und Vermittlung bei den Arbeitskommissionen einzurichten verneint, siehe NODA, 2009, S. 17. 327 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 166. 328 Eine Darstellung des Beratungsangebots der Arbeitskommission der Präfektur Tokushima findet sich z.B. bei MURATA, 2008, S. 94 ff.; im Übrigen finden sich Informationen auf den jeweiligen Internetseiten der Präfekturen.

B. Verfahren der Verwaltung auf Präfekturebene

109

beitspolitischen Büros übernehmen die Beratung, die Arbeitskommissionen führen die Vermittlungsverfahren durch.329 d) Vermittlungsverfahren Die Vermittlung bei den Arbeitskommissionen liegt im Zuständigkeitsbereich der Präfekturen, nicht dem des Zentralstaates. Insofern können das Verfahren und die Form der Vermittlung von den Präfekturen recht frei gestaltet werden. Insbesondere besteht keine Verpflichtung, die Vermittlung ähnlich der Vermittlungsverfahren bei den Arbeitsbehörden nach den Vorschriften des BFördG auszugestalten. 330 In der Regel wird das Vermittlungsverfahren in individualarbeitsrechtlichen Fällen in Anlehnung an die Vermittlung bei kollektiven Streitigkeiten durchgeführt.331 In der Praxis hat sich auch bei individuellen Arbeitsstreitigkeiten eingebürgert, eine kō-rō-shi sansha Kommission mit der Beilegung zu beauftragen. 332 Anstelle eines Vermittlers, der nicht zwingend einen arbeitsrechtlichen Bezug haben muss, ist die Kommission also in der Regel paritätisch mit Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite besetzt. Auch im Fall der individuellen Vermittlung verhandeln die Parteien nicht direkt miteinander, sondern Treffen nur zur Eröffnung des Verfahrens aufeinander, um dann, wie im Fall der kollektiven Streitigkeiten, getrennt voneinander in Einzelunterredungen mit der Vermittlungskommission zu sprechen. 333 Es wird als großer Vorteil empfunden, dass bei den Arbeitskommissionen im Rahmen der Vermittlung die Möglichkeit, getrennte Wartezimmer zur Besprechung zu nutzen, gewährleistet wird.334 Im Hinblick auf die dreiseitig besetzte Kommission gilt wie bei kollektiven Angelegenheiten, dass sich die Kommissionsmitglieder, die die Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberseite vertreten, in die Wartezimmer ihrer jeweiligen Interessengruppe begeben und es oft durch ihren Einsatz möglich wird, zu einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Parteien zu kommen. Obwohl die Arbeitskommissionen im Bereich der individualarbeitsrechtlichen Streitbeilegung lediglich ein Vermittlungs- und kein Schlichtungsverfahren anbieten, besteht in der Praxis nicht nur die Option, dass die Parteien ‒ angeleitet von der Vermittlungskommission ‒ selbstständig zu einer Einigung 329

SUGENO, 2008a, S. 687; MURATA, 2008, S. 91. NODA, 2009, S. 19. 331 MURATA, 2008, S. 78, 91. 332 MIZUMACHI , 2008, S. 395; SUGENO, 2008a, S. 687, Fn. 10; M URATA , 2008, S. 93. 333 Darstellung des Ablaufs eines Vermittlungsverfahren vor der Arbeitskommission der Präfektur Saitama unter Präfektur Saitama, Einführung zu den Arbeitskommissionen, Internetauftritt der Präfektur Saitama, im Internet zugänglich unter , speziell Kapitel 2 Abschnitt 2e (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 334 MURATA, 2008, S. 93. 330

110

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

gelangen. In Anlehnung an die Durchführung der Vermittlung bei kollektiven Streitigkeiten macht die Vermittlungskommission Vorschläge zur Beilegung.335 Auch in diesem Fall nähert sich die Vermittlung der Schlichtung an. Einigen sich die Parteien oder nehmen sie den Vermittlungsvorschlag an, ist die Angelegenheit durch Beilegung beendet. Die Beilegung ist ein zivilrechtlicher Vergleich. Kommt eine Einigung nicht zustande oder wird der Vermittlungsvorschlag nicht akzeptiert, wird die Vermittlung abgebrochen.

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

In den vorangehenden Abschnitten sind drei Verwaltungsorgane, namentlich die Arbeitsbehörden, die arbeitspolitischen Büros und die Arbeitskommissionen, sowie die Vermittlungsverfahren, die bei ihnen durchgeführt werden können, vorgestellt worden. Im Folgenden wird untersucht, wie diese Vermittlungsverfahren in der Praxis genutzt werden. Über die Systeme zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, die in der japanischen Verwaltung angesiedelt sind, werden zum Teil ausführliche, zum Teil in sehr knapper Darstellung Statistiken geführt. Die Werte betreffen neben der Zahl der Neueingänge auch die Frage, in wie vielen Fällen die Streitigkeit tatsächlich beigelegt werden konnte. Im Rahmen der Verfahren der Verwaltung ist eine einseitig verbindliche Entscheidung wie im gerichtlichen Verfahren nicht möglich, so dass Beilegung im Sinne der Statistiken immer eine einvernehmliche Beilegung durch Einigung der Parteien meint. Die Beilegungsrate entspricht somit der Vergleichsquote im Prozessverfahren. Die meisten Statistiken enthalten Informationen zu den häufigsten Gegenständen der Konflikte. Allerdings ist gleich zu Beginn dieses Abschnitts darauf hinzuweisen, dass die Kategorien, in die die Gegenstände eingeteilt werden, in den verschiedenen Statistiken nicht einheitlich gewählt worden sind, was einen Vergleich zwischen den Beilegungssystemen in der Verwaltung erschwert. I. Beilegung bei den Arbeitsbehörden seit 2001 Über das System zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten nach dem BFördG erscheint jährlich eine Statistik des MGWA. 336 Das Angebot der Arbeitsbehörden – namentlich Beratung, Rat335 Für die Präfektur Wakayama siehe S ASAKI, 2008, S. 49, Abb. 18; für die Präfektur Saitama siehe Präfektur Saitama, Einführung zu den Arbeitskommissionen, dort Kapitel 2 Abschnitt 2o; allgemein siehe M URATA, 2008, S. 92, Abb. 5–5. 336 Die Statistik erscheint jährlich unter der Bezeichnung kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten].

111

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

schlag/Anleitung und Vermittlung – wird unter allen Systemen, die in der japanischen Verwaltung für die Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten angeboten werden, zahlenmäßig am meisten genutzt. Seit Beginn der Tätigkeit der Arbeitsbehörden im Jahr 2001 sind die Fallzahlen stark angestiegen.337 a) Neueingänge Die Zahl der Anfragen, die insgesamt vor die Allgemeinen Beratungsstellen gebracht werden (sōgō rōdō sōdan kensū), hatte im Geschäftsjahr 2008 erstmals die Grenze von einer Million überschritten und lag für das Geschäftsjahr 2011 bei über 1,1 Millionen Beratungen (Tab. I 338 ). Im Jahr 2008 war ein besonders starker Anstieg von fast 20% zu verzeichnen gewesen. Seit dem Jahr 2010 gibt es einen leichten Rückgang bei den Beratungsanfragen zu verzeichnen. Von den Beratungen fielen 2011 gut 250.000 Anfragen in den Bereich der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher Art. Neueingänge

Veränderung zum Vorjahr

1.109.454

-1,8%

256.343

+3,8%

Ratschlag und Anleitung

9.590

+4,7%

Vermittlung

6.510

+1,9%

Beratungen insgesamt Beratungen zivilrechtlicher Art

Tab. I: System der Arbeitsbehörden nach dem BFördG – Zahl der Neueingänge im Geschäftsjahr 2011

Individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten zivilrechtlicher Art sind solche, die nicht dem Verwaltungs- oder Strafrecht zuzuordnen sind. 339 Zu letzteren gehören beispielsweise Streitigkeiten nach dem ASG. Die Befolgung der 337

Siehe Tabelle 1 in Anhang A. Tab. I ist erstellt worden in Anlehnung an: heisei 23 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2011], veröffentlicht vom MGWA am 29.05.2012 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2011). 339 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 58. 338

112

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Standards, die das ASG festsetzt, überwacht die Verwaltung durch ihre Kontrollorgane und fordert sie mit Hilfe von gyōsei shidō von den betreffenden Arbeitgebern ein. 340 Die primäre Bedeutung dieses Gesetzes liegt somit in seinem öffentlich-rechtlichen Charakter als Anordnung des Staates gegenüber den Arbeitgebern.341 Das ASG verfügt auch über Strafbestimmungen. Verstöße gegen diese Vorschriften können nicht im Rahmen des Ratschlags, der Anleitung oder der Vermittlung vor der Streitregulierungskommission beigelegt werden.342 Der Leiter der Arbeitsbehörde sowie die Streitregulierungskommissionen werden vergleichsweise selten beansprucht (Tab. II 343 ). Im Geschäftsjahr

340

Siehe unter Kapitel 3 A.I.b)(2)(e). MARUTSCHKE, 2010, S. 208. 342 Siehe unter Kapitel 3 A.I.c)(2)(a) und Kapitel 3 A.I.c)(3)(d). 343 Die Werte in Tab. II setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2011. 1. Heisei 22 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2010], veröffentlicht vom MGWA am 25.05.2011 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2010). 2. Heisei 21 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2009], veröffentlicht vom MGWA am 26.05.2010 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2009). 3. Heisei 20 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2008], veröffentlicht vom MGWA am 22.05.2009 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2008). 4. Heisei 19 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2007], veröffentlicht vom MGWA am 23.05.2008 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2007). 5. Heisei 18 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2006], veröffentlicht vom MGWA am 25.05.2007 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2006). 6. Heisei 17 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2005], veröffentlicht vom MGWA am 25.05.2006 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2005). 7. Heisei 16 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2004], veröffentlicht vom MGWA am 23.05.2005 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2004). 8. Heisei 15 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im 341

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

113

2011 wurde von den gut 250.000 Anfragen zivilrechtlicher Art an die Allgemeinen Beratungsstellen in knapp 9.600 Fällen ein Antrag auf Ratschlag oder Anleitung gestellt sowie in gut 6.500 Fällen die Einleitung eines Vermittlungsverfahren beantragt. Die Anzahl der Neueingänge ist im Grundsatz seit Beginn des Systems jährlich angestiegen. Nachdem die Vermittlungen seit dem Jahr 2009 und die Ratschläge/Anleitungen erstmals 2010 unter den Vorjahreswert gesunken waren, setzt sich im Geschäftsjahr 2011 der Trend der ersten Jahre mit steigenden Werten wieder fort. 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Ratschlag/Anleitung

411 2.332 4.377 5.287 6.369 5.761 6.652 7.592 7.778 7.692 9.590

Vermittlung

308 3.036 5.352 6.014 6.888 6.924 7.146 8.457 7.821 6.390 6.510

Tab. II: Neueingänge für Ratschlag/Anleitung und Vermittlung bei den Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren

Es zeichnet sich deutlich ab, dass sich das Instrument der Anleitung nicht hat durchsetzen können. Mit jedem Jahr ist die Zahl gesunken, in den Jahren 2009 und 2010 war nicht eine einzige Anleitung erteilt worden, 2011 ledig-

Geschäftsjahr 2003], veröffentlicht vom MGWA am 19.05.2004 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2003). 9. Heisei 14 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2002], veröffentlicht vom MGWA am 25.04.2003 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2002). 10. Todōfuken rōdō-kyoku ni okeru ,kobetsu rōdō funsō kaiketsu sokushin hō no shikō jōkyō (heisei 13 nen 10 gatsu ̴ 12 gatsu) [Die Situation bei der Umsetzung des Gesetzes über die Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten bei den Arbeitsbehörden der Präfekturen (Oktober bis Dezember 2001)], veröffentlicht vom MGWA am 21.01.2002 (im Folgenden: MGWA, Statistik BFördG 2001).

114

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

lich in einem Fall. 344 In gut 97% der beendeten Angelegenheiten vor dem Behördenleiter hat dieser einen Ratschlag ausgesprochen. Der Rest der Fälle ist zurückgenommen oder die Verfahren sind abgebrochen worden. 345 b) Gegenstände Unterzieht man die Beratungen in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher Art einer inhaltlichen Betrachtung, wird deutlich, dass knapp ein Viertel und damit die meisten Fälle Kündigungen (kaikō) betreffen, gefolgt von Problemen der Verschlechterung von Arbeitsbedingungen (rōdō jōken no hikisage), sowie Fälle von Mobbing (ijime) und Belästigung (iyagarase). 346 Diese Gegenstände machen zusammen gut die Hälfte aller Anfragen aus und waren von Beginn der Beratungstätigkeit der Allgemeinen Beratungsstellen im Jahr 2001 durchgehend die häufigsten Gegenstände der Konflikte (Tab. III 347). Mit 81% stammen die Beratungsanfragen zivilrechtlicher Natur überwiegend von der Arbeitnehmerseite, lediglich in 12% der zivilrechtlichen Konflikte wenden sich Arbeitgeber an die Arbeitsbehörden. 348 Bei den Beratungsanfragen insgesamt, die unter anderem auch die Einhaltung des ASG und sonstiger arbeitsrechtlicher Schutzgesetze betreffen, treten allerdings auch die Arbeitgeber in nicht unbedeutendem Maße an die Allgemeinen Beratungsstellen heran. Fast ein Drittel aller Beratungen wird von Arbeitgebern eingefordert. 349 Dieser Unterschied ist nicht überraschend. Prinzipielle, vom Einzelfall losgelöste Fragen zur rechtlichen Lage und den gesetzlichen Anforderungen an die Arbeitgeber haben naturgemäß sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber.

344 345

Siehe Tabelle 2 in Anhang A. Für das Geschäftsjahr 2011 siehe Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG

2011. 346

Zu den übrigen, weniger häufig vorkommenden Gegenständen siehe Tabelle 3 in Anhang A. 347 Die Werte in Tab. III setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011. 348 Für das Geschäftsjahr 2011 siehe Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG 2011. 349 Für das Geschäftsjahr 2011 siehe Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG 2011.

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

115

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Kündigung

20,9 28,6 29,8 27,1 26,1 23,8 22,9 25,0 24,5 21,2 18,9

Verschlechterte Arbeitsbedingungen

17,0 16,5 15,8 16,0 14,0 12,8 12,5 13,1 13,5 13,1 12,1

Mobbing, Belästigung

5,0

5,8

7,4

8,1

8,9

10,3 12,5 12,0 12,7 13,9 15,1

Tab. III: Häufigste Gegenstände der Beratungen in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher Natur nach Geschäftsjahren (in %)

Kommt es jedoch zu einem konkreten Streit, sind es in der Regel die Arbeitgeber, die durch ihr Verhalten Fakten schaffen und die Arbeitnehmer dadurch in Zugzwang versetzen. Arbeitnehmer werden so oft vor vollendete Tatsachen gestellt: die Arbeitsstelle ist durch eine Kündigung verloren gegangen, das Entgelt wird nicht gezahlt etc. Wenn der Arbeitnehmer im Fall solcher zivilrechtlicher Arbeitsstreitigkeiten nicht die Initiative ergreift, dann ist sein Arbeitsplatz Vergangenheit, das ausstehende Entgelt bleibt nicht ausgezahlt. Aus diesem Grund sind es in der konkreten Streitsituation meist die Arbeitnehmer, die den Antrag auf Beratung etc. stellen. Was die in Streit stehenden Gegenstände der Ratschläge und Anleitungen betrifft, wiederholt sich das Bild, das bei den Beratungen gezeichnet worden ist. Kündigungsstreitigkeiten überwiegen ebenfalls mit fast einem Viertel aller Ratschläge/Anleitungen, gefolgt von beanstandeten Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen sowie Belästigungen und Mobbing (Tab. IV 350 ). 351 Diese drei Gegenstände liegen somit im Bereich der Tätigkeit des Leiters der Arbeitsbehörde in einer Größenordnung von 50%.

350 Die Werte in Tab. IV setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011. 351 Zu den übrigen, weniger häufig vorkommenden Gegenständen siehe Tabelle 4 in Anhang A.

116

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung 60,0 40,0 20,0 0,0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Kündigung

48,0 36,4 35,8 31,3 30,9 27,2 24,0 25,1 24,4 21,2 19,6

Verschlechterte Arbeitsbedingungen

12,0 16,3 12,8 14,7 12,0 10,4 11,9 10,5 11,3 10,4 14,4

Mobbing, Belästigung

5,0

5,5

6,5

7,4

7,8

9,6

11,2 12,7 12,3 13,3

9,7

Tab. IV: Häufigste Gegenstände der beantragten Ratschläge und Anleitungen durch die Leiter der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren (in %)

Die Statistiken des MGWA enthalten keine Informationen darüber, ob die Ratschläge bzw. Anleitungen der Leiter der Arbeitsbehörden von den Parteien umgesetzt werden oder ob die Streitigkeiten ungelöst bleiben. Da weder der Ratschlag noch die Anleitung eine rechtlich verbindliche Regelung enthalten, ist die Bereitschaft der Parteien, den Konflikt entsprechend der Vorgabe zu lösen, die entscheidende Größe. Bei den durchgeführten Vermittlungsverfahren lassen die Kündigungsstreitigkeiten alle anderen Gegenstände weit hinter sich zurück; sie liegen bei ca. 40% aller Streitigkeiten (Tab. V 352 ). Gemeinsam mit den Konflikten über Mobbing und Belästigung sowie über verschlechterte Arbeitsbedingungen, die auch im Rahmen der Vermittlungsverfahren an Stelle 2 und 3 rangieren, machen sie über 60% der Verfahren aus. 353

352 Die Werte in Tab. V setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011. 353 Zu den übrigen, weniger häufig vorkommenden Gegenständen siehe Tabelle 5 in Anhang A.

117

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis 60,0

40,0

20,0

0,0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Kündigung

42,0 46,0 45,1 40,5 39,5 39,4 37,4 39,6 41,9 37,5 35,2

16,0 10,4 10,3 13,0 Verschlechterte Arbeitsbedingungen Mobbing, Belästigung

7,0

6,1

6,7

8,1

9,9

8,3

8,6

8,5

8,7

8,3

16,4

10,5 13,0 15,1 15,2 12,9 14,4

8,7

Tab. V: Häufigste Gegenstände der beantragten Vermittlungsverfahren durch die Streitregulierungskommissionen nach Geschäftsjahren (in %)

c) Erledigung Im Hinblick auf die Vermittlungsverfahren wird die Art der Erledigung statistisch erfasst (Tab. VI354).355 Knapp 40% der Verfahren sind im Geschäftsjahr 2011 im Wege einer einvernehmlichen Lösung beigelegt worden. Eine eindeutige Tendenz ist in den ersten Jahren seit der Einführung der Vermittlung jedoch nicht auszumachen. Die Einigungsrate schwankt im Rahmen einiger Prozentpunkte und steigt seit 2008 wieder etwas an. Im Gegensatz zu der Entwicklung bei der Einigungsrate wird die Zahl der abgebrochenen Verfahren von Jahr zu Jahr höher; mittlerweile ist es weit über die Hälfte der Verfahren. Die Verfahren werden abgebrochen, wenn die Gegenseite nicht an ihnen teilnimmt, was ihr aufgrund der Freiwilligkeit des Vermittlungsverfahrens zu jedem Zeitpunkt offensteht. 356

354

Die Werte in Tab. VI setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011. 355 Angaben zu den genauen Fallzahlen finden sich in Tabelle 6 in Anhang A. 356 HAMAGUCHI, rōdō-kyoku kobetsu rōdō kankei funsō shori jian no naiyō bunseki [Inhaltsanalyse der bei den Arbeitsbehörden erledigten individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 57, Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 24.

118

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung 70 60 50 40 30 20 10 0

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Einigung

38,8

37,7

42,2

44,9

43,2

40

38,4

33,4

35

36,8

38,3

Abbruch

29,9

48,2

47,8

45,9

49,7

51,5

53,7

58,8

58,1

56,6

55,8

Rücknahme

27,9

13,7

9,2

8,2

6,6

7,5

7,4

7,4

6,4

6,1

5,7

Tab. VI: Erledigungsarten der beendeten Vermittlungsverfahren vor den Streitreglierungskommissionen nach Geschäftsjahren (in %)

d) Dauer In der offiziellen Statistik des MGWA fehlten in den ersten Jahren Angaben zu der durchschnittlichen Dauer der einzelnen Abschnitte des Systems. Erst seit dem Geschäftsjahr 2011 ist die Dauer von Ratschlägen/Anleitungen und Vermittlungsverfahren in die Statistik aufgenommen worden.357 Im Hinblick auf die Beratungen ist unter Berücksichtigung der Bezeichnung der Allgemeinen Beratungsstellen als wan sutoppu sābisu (One Stop Service) von einer einmaligen Sitzung auszugehen. Da sich die Arbeitnehmer und Arbeitgeber telefonisch oder persönlich bei den Allgemeinen Beratungsstellen vorstellen können, ist die Angelegenheit nach dem entsprechenden Telefonat bzw. Gespräch, zumindest was den Teil der Beratung betrifft, abgeschlossen. Angaben hierzu enthält die Statistik des MGWA nicht. Ratschlag und Anleitung werden mit über 95% fast vollständig innerhalb eines Monats erteilt. 358 Die kurze Dauer ist nicht überraschend. Der Ratschlag wird grundsätzlich mündlich erteilt, zeitraubende Formerfordernisse bestehen nicht. Allerdings kann der Leiter der Arbeitsbehörde die Meinung von Fachleuten in Arbeitssachen einholen, wenn er es im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Erteilung für nötig hält, was zu einer zeitlichen Verzögerung führen würde. In wie vielen Fällen eine solche Meinung angefordert worden ist, wird statistisch jedoch nicht erhoben.

357 358

Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG 2011. Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG 2011.

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

119

Auch die Vermittlungsverfahren werden zeitnah zur Antragstellung durchgeführt. Über 90% der Verfahren werden innerhalb von zwei Monaten, 55% sogar innerhalb eines Monats abgeschlossen. 359 Das Vermittlungsverfahren soll möglichst in einer Sitzung abgeschlossen werden. Zwingend ist das zwar nicht, wird jedoch in den meisten Fällen eingehalten.360 Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der größte Teil der Vermittlungen abgebrochen wird, weil die Gegenseite nicht zu dem Termin erscheint.361 In Anbetracht dieser Tatsache ist eine überwiegende Erledigung in nur einem Termin keine große Überraschung. Die Streitregulierungskommission ist nach den Ausführungen des MGWA in der Kommentierung des BFördG für das Vermittlungsverfahren deshalb eingerichtet worden, weil man sich von der Arbeit eines unparteiischen Organs mit Fachkompetenz versprach, dass die Parteien den Ausführungen und Anregungen vermehrt Folge leisten würden. 362 Ob dies für diejenigen Parteien zutrifft, die sich auf das Vermittlungsverfahren einlassen, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht bewertet werden. Allerdings machen die statistischen Werte in ihrer Gesamtheit aufgrund der hohen Abbruchrate deutlich, dass die Erwartung des Gesetzgebers, dass eine Einigung vor der Kommission leichter zu erreichen sei, sich insofern nicht in vollem Umfang bestätigt hat. e) Bewertung der statistischen Zahlen Im Hinblick auf die Beratungen ist das 2001 eingeführte System zahlenmäßig erfolgreich. Jährlich steigen die Zahlen an. Die Anfragen zivilrechtlicher Art haben sich von 2002 bis 2011 mehr als verdoppelt. Die Allgemeinen Beratungsstellen haben in der öffentlichen Wahrnehmung Fuß gefasst und werden von den Betroffenen konsultiert. Die angestrebte leichte Zugänglichkeit durch eine Vielzahl von Standorten der Allgemeinen Beratungsstellen zeigt sich in den Fallzahlen bestätigt. Auf der anderen Seite gehen lediglich knapp über 3% der individualarbeitsrechtlichen Fälle zivilrechtlicher Art über die Beratung hinaus in das Vermittlungsverfahren, das eigentliche Beilegungsverfahren. Positiv ist die rasche Beilegung bei den Ratschlägen, Anleitungen und Vermittlungsverfahren. Alarmierend im Hinblick auf den Erfolg des Beilegungssystems bei den Arbeitsbehörden ist jedoch die hohe Zahl an abgebrochenen Verfahren. Diese Tendenz macht noch einmal deutlich, wie sehr alternative Streitbeilegungsverfahren von der Freiwilligkeit der Beteiligten abhängen. Im Gegensatz zu 359

Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG 2011. Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 133, 134. 361 Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 24. 362 MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001, S. 126. 360

120

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

den Verfahren der Justiz können alternative Streitregulierungsverfahren nicht ohne den Willen der Gegenseite durchgeführt werden. Die Bereitschaft der Gegenseite, im Rahmen eines alternativen Beilegungsverfahrens eine Einigung zu erzielen, sollte jedoch wachsen, je stärker die tatsächliche Durchführung eines streitigen Prozessverfahrens droht. Auch in der japanischen Literatur wird diese Sichtweise vertreten und hat die Diskussion um eine Anbindung der Vermittlungsverfahren in der Verwaltung an die Justiz entfacht. 363 Eine solche Anbindung nach dem Vorbild des Verständigungsverfahrens ist bisher jedoch nicht erfolgt. Derzeit wagen vermutlich nur wenige Betroffene nach einem gescheiterten Vermittlungsverfahren den kosten- und zeitintensiven Schritt vor die Zivilgerichte. 364 Denn wäre der Gang in den Prozess im Anschluss an eine abgebrochene Vermittlung in Japan die überwiegende Praxis, wäre die Teilnahmebereitschaft und Rate der Einigung im Vermittlungsverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit höher. 365 II. Beilegung bei den arbeitspolitischen Büros am Beispiel der Präfektur Tokio Eine alle Präfekturen umfassende Statistik über die Arbeit der arbeitspolitischen Büros in der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit gibt es nicht. Vermittlungsverfahren werden in den Büros lediglich weniger Präfekturen durchgeführt, da die meisten Präfekturen diese Aufgabe den Arbeitskommissionen übertragen haben. Im Folgenden wird exemplarisch die Tätigkeit des Beratungszentrums der Präfektur Tokio in der praktischen Umsetzung einer Wertung unterzogen. Die Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio (tōkyō-to sangyō rōdō) veröffentlicht im Jahresabstand eine ausführliche offizielle Statistik. Diese enthielt bis zum Geschäftsjahr 2008 ausführliche Beschreibungen und erscheint seitdem unter abgeändertem Namen in gekürzter Version. 366

363

Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 24. 364 Zu dieser Frage schweigt die offizielle Statistik, so dass unklar bleibt, wie viele der gescheiterten Vermittlungsverfahren im Rahmen eines streitigen Verfahrens vor den japanischen Gerichten weitergeführt werden. 365 Diese Tendenz zeigt sich im Verständigungsverfahren, bei dessen Scheitern automatisch der Zivilprozess eingeleitet wird. In den Verständigungsverfahren ist die Vergleichsquote ungleich höher als bei der Vermittlung vor der Streitkommission, siehe unter Kapitel 4 C. 366 Wegen des ausführlicheren Inhalts wird im Folgenden teilweise aus der Statistik für das Geschäftsjahr 2008 und nicht aus der aktuellsten Statistik zitiert.

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

121

a) Neueingänge In den letzten 10 Jahren liegt die Zahl der jährlichen Beratungen bei ca. 50.000 (Tab. VII367). In den Jahren bis 2009 war ein leichter Anstieg zu verzeichnen, so dass im Geschäftsjahr 2009 über 55.000 Beratungen durchge367

Die Werte in Tab. VII setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: 1. Heisei 23 nendo ni okeru rōdō sōdan oyobi assen no jōkyō ni tuite [Über die Situation der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen im Geschäftsjahr 2011], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio] am 26.04.2012 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2011). 2. Heisei 22 nendo ni okeru rōdō sōdan oyobi assen no jōkyō ni tuite [Über die Situation der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen im Geschäftsjahr 2010], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2011 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2010). 3. Heisei 21 nendo ni okeru rōdō sōdan oyobi assen no jōkyō ni tuite [Über die Situation der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen im Geschäftsjahr 2009], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2010 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2009). 4. Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008. 5. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 19 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2007], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2008 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2007). 6. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 18 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2006], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2007 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2006). 7. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 17 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2005], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2006 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2005). 8. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 16 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2004], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2005 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2004). 9. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 15 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2003], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2004 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2003). 10. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 14 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2002], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2003 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2002). 11. Rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 13 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2001], veröffentlicht von tōkyō-to sangyō rōdō [Behörde für Industrie und Arbeit der Präfektur Tokio], 2002 (im Folgenden: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001).

122

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

führt worden sind. In der Regel werden diese Beratungen telefonisch durchgeführt.368 Über die persönliche und telefonische Beratung im Beratungszentrum selbst hinaus, finden zweimal im Jahr – jeweils im Mai und im Oktober – an mehreren Standpunkten in der Präfektur Tokio Straßenberatungen (gaitō rōdō sōdan) statt, um Arbeitnehmern, die sich mit ihrem arbeitsrechtlichen Problem aus unterschiedlichsten Gründen noch nicht an das Beratungszentrum gewendet haben, ein Angebot in ungezwungener Umgebung zu machen.369 80.000

60.000

40.000

20.000

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Beratung 48.045 52.445 51.03349.156 44.73748.792 55.70054.669 54.93355.082 52.19652.363

Tab. VII: Neueingänge für Beratung bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren

Die Zahl der Vermittlungen ist seit 2000 jährlich deutlich gesunken und lag im Geschäftsjahr 2011 bei rund 600 (Tab. VIII 370). Der leichte Aufwärtstrend zwischen dem Jahr 2008 und dem Jahr 2009 ist damit wieder beendet. Aber auch dieses kurzfristige Ansteigen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Zahl der Vermittlungen innerhalb von 10 Jahren halbiert hat. Die Quote der Fälle, die aus den Beratungen in die Vermittlung übergehen, war 2010 mit 1,2% noch geringer als die bei den Arbeitsbehörden. 371

368

Für das Jahr 2008 siehe Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008,

S. 10. 369

Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, S. 12, 13: im Jahr 2008 sind bei den Straßenberatungen zusätzlich fast 1.500 Beratungen durchgeführt worden. 370 Die Werte in Tab. VIII setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2010. 371 Diese lag bei gut 3%, siehe oben unter Kapitel 3 C.I.e).

123

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis 1.600

1.200

800

400

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Vermittlung 1.367 1.319 1.175 945

969

872

918

839

677

729

639

602

Tab. VIII: Neueingänge für Vermittlung bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren

b) Gegenstände Innerhalb der Beratungen des Beratungszentrums sind Anfragen zu Kündigungen, dem Ausscheiden aus dem Betrieb, zu ausstehenden Entgeltzahlungen sowie Belästigungen in den letzten Jahren bis einschließlich 2011 am meisten zu verzeichnen gewesen. 372 Die Gruppe der veränderten Arbeitsbedingungen, die einen großen Teil der Beratungen bei den Allgemeinen Beratungsstellen der Arbeitsbehörden ausmacht, hat sich in den letzten Jahren nie unter den drei meist nachgefragten Gegenständen befunden. 373 Demgegenüber sind Fälle nicht gezahlten Entgelts, eine Kategorie, die sich in der Statistik des MGWA zu den Verfahren nach dem BFördG überhaupt nicht findet, sehr oft Gegenstand der Beratungen.374 Im Hinblick auf die Ratsuchenden ist die Situation ähnlich wie bei den Arbeitsbehörden. Drei Viertel der Anfragen stammen von Arbeitnehmerseite, nur knapp 20% von Seiten der Arbeitgeber.375 Insgesamt hat sich die Zahl der Anfragen in den letzten 10 Jahren nicht wesentlich verändert. Eine steigende Tendenz wie bei den Allgemeinen Beratungsstellen, die in der Startphase naturgemäß ein geringeres Beratungsauf-

372

Einzelheiten zu den häufig vorkommenden Gegenständen siehe Tabelle 7 in Anhang A. 373 Für eine detaillierte Einordnung der Anfragen bei der Beratung im Jahr 2008 siehe Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, S. 9. 374 Diese Fälle lagen seit 2000 regelmäßig an zweiter Stelle und sind erst im Geschäftsjahr 2009 knapp auf den vierten Rang zurückgefallen, siehe Tabelle 7 in Anhang A. 375 Siehe Tabelle 8 in Anhang A.

124

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

kommen vorzuweisen hatte, war allerdings auch nicht zu erwarten, da das Beratungszentrum der Präfektur Tokio bereits seit 1956 besteht und sich über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren etabliert hat. Die in der Beratung im Wesentlichen zur Disposition stehenden Konfliktgegenstände setzen sich in den Vermittlungen fort. Wiederum stehen die Kündigung, noch ausstehende Entgeltzahlungen, das Ausscheiden aus dem Betrieb und die Belästigung an vorderster Stelle. 376 Sie bilden gut die Hälfte aller Verfahren.377 c) Erledigung Die Einigungsrate bei den Vermittlungen liegt mit gut zwei Dritteln (Mitte des letzten Jahrzehnts und im Geschäftsjahr 2010 auch bei drei Vierteln) weitaus höher als die bei der Vermittlung durch die Streitregulierungskommission (Tab. IX 378 ). Mit knapp 55% wird in den getroffenen Vergleichen überwiegend eine finanzielle Lösung gefunden. 379 Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, die bei dem Streit um eine Kündigung regelmäßig im Raum steht, wurde im Geschäftsjahr 2008 nur in 6% der Verfahren vereinbart, obwohl gut 20% der Verfahren sich mit Kündigungsstreitigkeiten beschäftigen.380 Einen ähnlichen Trend kennt man jedoch auch aus Deutschland, wo ebenfalls ein großer Teil der Kündigungsschutzklagen mit einem Abfindungsvergleich endet. Inhalt der Vermittlungen ist in manchen Fällen auch einfach eine Entschuldigung.381 Diese Gruppe ist zwar verhältnismäßig gering, macht jedoch noch einmal den Charakter des Vermittlungsverfahrens deutlich. Als alternatives Streitbeilegungsverfahren steht im Rahmen der Vermittlung die Einigung zwischen den Parteien, auch jenseits der Möglichkeiten, die die gesetzlichen Bestimmungen vorsehen, im Mittelpunkt. Das durch die Streitigkeit gestörte Vertrauensverhältnis kann unter Umständen mit einer Entschuldigung besser wiederhergestellt werden als durch eine formale Festlegung der Rechte und Pflichten. Von dieser Möglichkeit wird im Rahmen der Vermittlungsverfahren bei dem Beratungszentrum Tokio Gebrauch gemacht.

376 Zu weiteren Einzelheiten siehe Tabelle 9 in Anhang A sowie für das Jahr 2008 Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, S. 22. 377 Siehe Tabelle 9 in Anhang A. 378 Die Werte in Tab. IX setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2011. 379 Siehe Tabelle 10 in Anhang A. 380 Siehe Tabellen 9 und 10 in Anhang A. 381 Zu dem Inhalt der Einigungen im Vermittlungsverfahren des Beratungszentrums siehe Tabelle 10 in Anhang A.

125

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis 100,0

80,0

60,0

40,0

20,0

0,0 Einigung

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 66,3

61,9 67,2

68,8

73,2 71,9

76,0 73,5

68,5

67,1 72,0

67,1

Tab. IX: Einigungsrate unter den Vermittlungen bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren (in %)

d) Dauer Die offizielle Statistik hält zumindest Angaben über die durchschnittliche Dauer der Vermittlungsverfahren bereit. 382 Sie werden verhältnismäßig rasch einer Erledigung zugeführt. 40% der Vermittlungsverfahren werden innerhalb von 10 Tagen, insgesamt gut zwei Drittel innerhalb eines Monats abgeschlossen. Zwischen 15% und 20% der Verfahren dauern länger als 50 Tage. III. Beilegung bei den Arbeitskommissionen Die Statistiken über die Tätigkeit der Arbeitskommissionen im Hinblick auf individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten, die im Weißbuch für Arbeitnehmerrechte (rōdō-sha kenri hakusho) geführt werden, sind wenig umfangreich.383

382

Zu den Einzelheiten siehe Tabelle 11 in Anhang A. Bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio wird sogar die Dauer der Beratungen erhoben, die für zwei Drittel der Fälle unter 30 Minuten liegt, zu den Einzelheiten siehe Tabelle 12 in Anhang A. 383 Die Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht (nihon rōdō bengo-dan) veröffentlicht jährlich das Weißbuch für Arbeitnehmerrechte (rōdō-sha no kenri hakusho), das in seinem Kapitel 4 rōdō saiban · rōdō i’in-kai no genjō to kadai jeweils Statistiken zu der Tätigkeit der Arbeitskommissionen vorstellt und diese kommentiert. Die Zahlen zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die Arbeitskommissionen sind jedoch lediglich bis zum Weißbuch aus dem Jahr 2009 aufgenommen worden. Im Weißbuch für Arbeitnehmerrechte (rōdō-sha no kenri hakusho), Vol. 286, 2010 und Vol. 291, 2011, wird nur noch die Situation im Hinblick auf die kollektivrechtlichen Streitigkeiten,

126

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Sie umfassen die Zahl der Neueingänge, die Einigungsrate sowie die Dauer der Verfahren. Über die Streitgegenstände, die vor die Arbeitskommissionen gebracht werden, finden sich keine Angaben. 384 Die Zentrale Arbeitskommission hat für die Jahre 2006 bis 2010 ebenfalls eine Statistik veröffentlicht, die sich jedoch im Wesentlichen auf die Neueingänge und die Art der Beendigung der Vermittlungsverfahren beschränkt. 385 a) Neueingänge Die Zahl der Neueingänge ist vergleichsweise gering, hat sich bis ins Geschäftsjahr 2009 jedoch stets gesteigert (Tab. X 386). Zum ersten Mal im Ge-

insbesondere die Neuerungen im Hinblick auf die Anordnungen (meirei) der Arbeitskommissionen dargestellt. 384 Lediglich ARAKI präsentiert die statistischen Daten zu den Gegenständen der Vermittlungen bei den Arbeitsbehörden, beschränkt sich allerdings auf die Zahlen für das Jahr 2009. Die meisten Fälle beschäftigten sich auch bei den Arbeitskommissionen mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (30,4%), gefolgt von Problemen mit der Gehaltszahlung (13,8%), Arbeitsbedingungen (12,6%) und Belästigungen (5,7%), A RAKI , rōdō i’inkai ni yoru kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu ni tuite [Über die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die Arbeitskommissionen], in: Jurist, No. 1408, 2010, S. 63–72. 385 Die aktuelleste Statistik betrifft das Geschäftsjahr 2010. Die Statistiken für die Jahre 2006 bis 2010 sind erschienen unter der Bezeichnung kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan · jogen, assen kensū [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten], getrennt nach Geschäftsjahren und veröffentlicht von chūō rōdō i’in-kai [Zentrale Arbeitskommission], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). Darüber hinaus hat die Zentrale Arbeitskommission für die Jahre 2006 bis 2010 eine Statistik erstellt, die die Vermittlungsverfahren vor den Arbeitskommissionen mit den Vermittlungsverfahren bei den arbeitspolitischen Büros und Arbeitsbehörden sowie mit dem Verständigungsverfahren vergleicht und zwar im Hinblick auf die Zahl der Neueingänge, die Beilegungsrate und die Dauer der Verfahren. Diese trägt die Bezeichnung kaku-kikan ni okeru kobetsu rōdō funsō shori seido no un’yō jōkyō [Die Umsetzung der Systeme zur Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in allen Organen] (im Folgenden: Zentrale Arbeitskommission, Vergleichsstatistik 2006–2010), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 386 Die Werte in Tab. X setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: 1. Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 134. 2. Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 119. 3. Kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan · jogen, assen kensū – heisei 22 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2010 insgesamt], veröffentlicht von chūō rōdō i’inkai [Zentrale Arbeitskommission] (im Folgenden: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2010).

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

127

schäftsjahr 2010 sank die Zahl der Vermittlungsverfahren, gleich um über 20%. Die Anträge stammen fast ausschließlich von Arbeitnehmern. 387 b) Einigung Die Einigungsrate liegt sowohl nach Angaben des Weißbuchs der Arbeitnehmerrechte als auch nach der Vergleichsstatistik der Zentralen Arbeitskommission ähnlich wie im Beratungszentrum der Präfektur Tokio bei knapp zwei Dritteln. 388 Allerdings liefern die Statistiken hier einen missverständlichen Wert. Für das Jahr 2010 wird die Einigungsrate mit knapp 65% angegeben. 389 Aus den darüber hinaus, ebenfalls von der Zentralen Arbeitskommission veröffentlichten Tabellen, die die Zahl der abgeschlossenen Fälle angeben und diese nach den Erledigungsarten Beilegung (kaiketsu), Abbruch (ochikiri) und Rücknahme (torisage) unterteilen, ergeben sich jedoch andere Werte. 390 Im Jahr 2010 sind 403 Vermittlungen abgeschlossen worden, 211 durch Beilegung, also Einigung der Parteien, 114 durch Abbruch und 43 durch

4. Kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan · jogen, assen kensū – heisei 21 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2009 insgesamt], veröffentlicht von chūō rōdō i’inkai [Zentrale Arbeitskommission] (im Folgenden: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2009). 5. Kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan · jogen, assen kensū – heisei 20 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2008 insgesamt], veröffentlicht von chūō rōdō i’inkai [Zentrale Arbeitskommission] (im Folgenden: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2008). 6. Kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan · jogen, assen kensū – heisei 19 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2007 insgesamt], veröffentlicht von chūō rōdō i’inkai [Zentrale Arbeitskommission] (im Folgenden: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2007). 7. Kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan · jogen, assen kensū – heisei 18 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2006 insgesamt], veröffentlicht von chūō rōdō i’inkai [Zentrale Arbeitskommission] (im Folgenden: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2006). 387 Für die Geschäftsjahre 2006 bis 2010 siehe Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2006–2010. 388 Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 119; Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 134; Zentrale Arbeitskommission, Vergleichsstatistik 2006–2010. 389 Zentrale Arbeitskommission, Vergleichsstatistik 2006–2010. 390 Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2006–2010; Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 136, dort Tabelle 4.

128

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Rücknahme. 391 Nach dieser Statistik liegt die Beilegungsrate bei nur 52% (Tab. XI392). 600

400

200

0 Vermittlung

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

291

318

294

300

375

481

503

397

Tab. X: Neueingänge für Vermittlung bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen

Die unterschiedlichen Werte rühren daher, dass die Statistiken, die die Einigungsrate mit etwa zwei Drittel angeben, bei der Berechnung auch diejenigen Fälle berücksichtigen, in denen durch Anraten der Kommissionsmitglieder die Parteien beschlossen haben, noch einmal außerhalb des Vermittlungsverfahrens Gespräche aufzunehmen, und in denen daraufhin das Vermittlungsverfahren ohne Beilegung beendet wurde. 393 Die Rate von 65% für das Jahr 2010 spiegelt somit nicht lediglich die Fälle wider, die durch das Eingreifen der Kommission zu einer Beilegung der Streitigkeit geführt haben. Um eine Vergleichbarkeit mit der Einigungsrate in den anderen Verfahren herzustellen, muss der geringere Wert von 52% verwendet werden.

391

Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2010. Die Werte für die Einigungsrate I setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: 1. Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 134. 2. Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 119. 3. Zentrale Arbeitskommision, Vergleichsstatistik 2006–2010. Die Werte für die Einigungsrate II setzen sich aus folgenden Statitsiken zusammen: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2006–2010. 393 Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 133. 392

129

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis 100,0

75,0

50,0

25,0

0,0

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Einigungsrate I

67,0

67,8

61,8

65,8

64,4

61,0

62,7

64,9

Einigungsrate II

-

-

-

50,2

48,9

48,2

50,7

52,4

Tab. XI: Einigungsrate unter den beendeten Vermittlungen bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen (in %)

c) Dauer Die Dauer der Vermittlungsverfahren der Arbeitskommissionen wird – anders als bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio – nicht in 10-TageAbständen, sondern in Monaten gemessen.394 Übereinstimmend werden auch die meisten Fälle vor den Arbeitskommissionen innerhalb eines Monats abgeschlossen. Im Jahr 2010 galt dies für fast 50% der Fälle, etwas weniger als im Beratungszentrum der Präfektur Tokio. Knapp 90% der Verfahren wurden innerhalb von zwei Monaten beendet. Diese Quote liegt wiederum über der des Beratungszentrums. IV. Bewertung der Umsetzung der Vermittlungsverfahren Die Vermittlungsverfahren, die auf zentralstaatlicher wie präfekturaler Ebene angeboten werden, werden in deutlich unterschiedlichem Umfang genutzt. Für das Geschäftsjahr 2010 sind im zentralstaatlichen Vermittlungsverfahren vor den Streitregulierungskommissionen knapp 6.400 Anträge auf Durchführung eines Verfahrens eingegangen, wohingegen die ebenfalls seit 2001 mögliche präfekturale Vermittlung bei den Arbeitskommissionen nur ca. 400 neue Verfahren zu verzeichnen hatte. Zu berücksichtigen ist, dass drei Präfekturen, darunter Tokio, ihre Arbeitskommissionen nicht mit der Durchführung von Vermittlung betraut haben, da sie bereits über bestehende Vermittlungsver-

394

Zu den Einzelheiten der Dauer der Vermittlungsverfahren bei den Arbeitskommissionen siehe Tabelle 13 in Anhang A.

130

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

fahren verfügten. In der Präfektur Tokio sind im Geschäftsjahr 2010 fast 640 Anträge auf Vermittlung gestellt worden. Die präfekturalen Vermittlungsverfahren lagen somit in einer Größenordnung von 1.000 Fällen. 395 Dass das Verfahren bei der Streitregulierungskommission den anderen zahlenmäßig überlegen ist, zeigt auch ein Vergleich der Neueingänge bei der Streitregulierungskommission Tokio mit denen aus der Präfektur Tokio (Tab. XII 396). 2010 sind bei der Streitregulierungskommission 1.200 Verfahren durchgeführt worden,397 doppelt so viele wie in der Einrichtung der Präfektur. Insgesamt haben sich die Fälle von Vermittlung, die in der Präfektur Tokio in den zentralstaatlichen und präfekturalen Einrichtungen eingehen, seit 2001 zwar fast in jedem Jahr erhöht, gleichzeitig ist die Zahl der Vermittlungen beim Beratungszentrum drastisch um mehr als 50% gesunken. In der Präfektur Tokio hat das 2001 eingeführte System der Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten somit nicht nur eine Plattform für all diejenigen geschaffen, die ihre Streitigkeiten sonst nicht durch ein Verwaltungsorgan hätten beilegen lassen, sondern hat augenscheinlich gleichzeitig Fälle, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zuvor dem Beratungszentrum vorgelegt hätten, von diesem abgezogen. Diese Tendenz ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Einigungsrate bei den Streitregulierungskommissionen mit Abstand unterhalb derjenigen des arbeitspolitischen Büros Tokio liegt. Vor der Streitregulierungskommission findet lediglich ein Drittel der Verfahren ein einvernehmliches Ende, wohingegen die Verfahren bei dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio in zwei Dritteln der Verfahren zu einer Beilegung der Streitigkeit gelangen. Die verhältnismäßig geringe Beilegungsquote in den Vermittlungsverfahren vor den Streitregulierungskommissionen der Arbeitsbehörden lässt aufhorchen, gelten doch arbeitsrechtliche Streitigkeiten an sich als für eine Beilegung im Wege alternativer Verfahren besonders geeignet. Das Vermittlungsverfahren als alternatives Streitbeilegungsverfahren gibt den Parteien die Möglichkeit, ihren Konflikt in seiner Ganzheit zu betrachten und einer für sie angemessenen Lösung zuzuführen. Die damit zu erwartende hohe Einigungsrate bestätigt sich bei einem ersten Blick auf die Statistiken zu den Streitregulierungskommissionen jedoch nicht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren in der Regel nicht deshalb abgebrochen werden, weil 395 Hierbei sind die Neueingänge für Vermittlung in den Präfekturen Gunma und Fukuoka, die nicht die Arbeitskommissionen mit der Durchführung betraut haben, nicht eingerechnet, speziell zur Präfektur Gunma siehe N AGATOMO, kobetsu rōdō funsō no genjō to kadai – gunma rōdō sōdan sentā kara [Die derzeitige Lage und die Aufgaben bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – aus der Sicht des Zentrums für arbeitsrechtliche Beratung der Präfektur Gunma], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 98–104. 396 Die Werte in Tab. XII setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2010, Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2010. 397 Anlage 2 (betten 2) der MGWA, Statistik BFördG 2010.

131

C. Umsetzung der Vermittlungsverfahren in der Praxis

sich in der Auseinandersetzung zwischen den Parteien keine Möglichkeit zur Einigung abzeichnet, sondern weil die Gegenseite schlicht nicht erscheint. 398 3000

2000

1000

0 Beratungszentrum Streitregulierungskommission

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 1.367 1.319 1.175 -

-

472

945

969

849

891

872

918

839

677

729

639

1.280 1.437 1.430 1.840 1.702 1.203

Tab. XII: Anzahl der Vermittlungen bei der Streitregulierungskommission Tokio und dem Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren

Dass eine Vermittlung nur bei freiwilliger Teilnahme beider Parteien durchgeführt werden kann, stellt jedoch nicht die grundsätzliche Eignung der Vermittlung und sonstiger alternativer Verfahren für individuelle Arbeitsstreitigkeiten in Frage. Davon zeugen im Übrigen auch die vergleichsweise hohen Einigungsraten in den präfekturalen Verfahren, die gleichzeitig einen Rückschluss auf die Qualität der Vermittler sowie die Funktionsfähigkeit der Systeme erlauben. Die Gegenstände der Vermittlungsverfahren lassen sich, wie eingangs bereits angedeutet, nur schlecht vergleichen, da sie ihre jeweiligen Verfahren nicht in dieselben Kategorien von Gegenständen einteilen. Ein Aspekt tritt jedoch deutlich hervor: in allen drei Vermittlungsverfahren werden Kündigungsstreitigkeiten am meisten behandelt. Im Hinblick auf die Dauer der Verfahren werden über die Hälfte der Vermittlungsverfahren vor den Streitregulierungskommissionen innerhalb eines Monats, die übrigen fast vollständig innerhalb von zwei Monaten beendet. Bei den Vermittlungsverfahren der Präfekturen lässt sich festhalten, dass die meisten Verfahren innerhalb eines Monats, somit ebenfalls zügig, abgeschlossen werden.

398

Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 24.

132

Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren

I. Streitbeilegung durch die Verwaltung unter dem Aspekt der Gewaltenteilung Aus deutscher Sicht ist die Einbindung der Exekutive in die Streitbeilegung zunächst überraschend und lässt einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung vermuten, denn die Rechtsprechung ist nicht die Aufgabe der Verwaltung.399 Die Rechtsprechung steht auch in Japan in alleiniger Zuständigkeit der Judikative zu. 400 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass allen oben vorgestellten Verwaltungseinrichtungen, die in unterschiedlichem Umfang an der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten beteiligt sind, namentlich den Leitern der Arbeitsbehörden, den Streitregulierungskommissionen, den Arbeitskommissionen sowie den arbeitspolitischen Büros keine Entscheidungskompetenz übertragen worden ist. Es handelt sich bei allen Verfahren um alternative Streitbeilegungsverfahren, in denen der für die Beilegung hinzugebetene neutrale Dritte gerade nicht über die Kompetenz verfügt, einseitig eine rechtlich verbindliche Entscheidung zu treffen. Die Beilegung im Rahmen dieser Verfahren kann somit auch unter Zugrundelegung des deutschen Rechtsverständnisses nicht als Rechtsprechung angesehen werden. 401 Die Rechtsprechung zeichnet sich gerade durch den besonderen Anspruch der Verbindlichkeit aus. 402 Die japanische Verwaltung übernimmt daher mit ihren Angeboten zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten nicht die Aufgabe der Gerichte. Diese Ansicht dürfte auch in der japanischen Literatur vorherrschen, da eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Übertragung gewisser Kompetenzen im Bereich der arbeits399

Die Gewaltenteilung ist für die Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz festgelegt. Art. 20 Abs. 2 GG lautet: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und die Rechtsprechung ausgeübt.“ Zur Gewaltenteilung siehe u.a. MANGOLDT /KLEIN /STARCK, Kommentar zum Grundgesetz, Band 2: Artikel 20 bis 82, 6. Auflage, München 2010, S. 86 ff. Für die Rechtsprechung gilt nach Art. 92 GG: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.“ Das Grundgesetz sieht eine konsequente Funktionsteilung und -trennung der Rechtsprechung von der Legislative und Exekutive vor, vgl. SCHMIDT -BLEIBTREU /HOFMANN /HOPFAUF, Kommentar zum Grundgesetz, 12. Auflage, Köln/München 2011, S. 1832, 1835. 400 Nach Art. 76 Abs. 1 JV steht die rechtsprechende Gewalt in Japan den Gerichten zu. 401 So auch M ANGOLDT /KLEIN /STARCK, Kommentar zum Grundgesetz, Band 3: Artikel 83 bis 146, 6. Auflage, München 2010, S. 655, wonach als „Unterschied zwischen richterlichen und sonstigen Bemühungen bleibt, dass ein Richter jederzeit in der Lage bleiben muss, einseitig zu entscheiden.“ 402 MANGOLDT /KLEIN /STARCK, Band 3, 2010, S. 655.

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rechtlichen Streitbeilegung mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung kollidiert, schlicht nicht existiert und insofern nicht als potentielles Problem wahrgenommen wird. II. Funktion der Vermittlungsverfahren Die Funktion, die die Vermittlungsverfahren der Verwaltung erfüllen bzw. erfüllen sollen, lässt sich aus den gesetzlichen Zielbestimmungen ableiten. Art. 1 BFördG formuliert als Zweck des Gesetzes die Förderung einer raschen und angemessenen Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Mit „rasch“ und „angemessen“ werden bereits zwei Aspekte angesprochen, die als die besonderen Vorteile alternativer Streitbeilegungsarten gelten.403 Art. 20 BFördG, der den Selbstverwaltungskörperschaften und damit den Präfekturen die Kompetenz zur Durchführung eigener Vermittlungsverfahren gibt, nennt das Streben nach einer raschen und angemessenen Beilegung zwar nicht ausdrücklich, fordert jedoch ein Zusammenwirken mit dem System der Arbeitsbehörden auf zentralstaatlicher Ebene und bezieht darüber die Zielsetzung aus Art. 1 BFördG auch für die präfekturalen Einrichtungen mit ein. Die BuIZ-Satzung, die der Errichtung des Beratungszentrums der Präfektur Tokio zugrunde liegt, hat das Ziel, Arbeitnehmern eine ausreichende Existenz zu sichern und die Stabilität der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu fördern.404 Hierzu gehört ebenfalls, dass Streitigkeiten, falls sie zwischen den Arbeitsvertragsparteien entstehen, in beschleunigter Weise einer Lösung zugeführt werden. Um der geforderten Beschleunigung Rechnung zu tragen, sind alternative Verfahren grundsätzlich und die Vermittlungsverfahren der japanischen Verwaltung im Besonderen weit weniger an Formvorschriften gebunden als die streitigen Prozessverfahren. Die rasche Beilegung ist für die Vermittlung durch die Streitregulierungskommissionen zwar in die Zielsetzung des BFördG aufgenommen worden, eine konkrete Bestimmung zur zeitlichen Begrenzung findet sich jedoch weder im BFördG noch in der DV BFördG. Insbesondere findet sich keine Obergrenze für die Anzahl der Termine innerhalb eines Vermittlungsverfahrens.405 Obwohl eine gesetzliche Konkretisierung fehlt, besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass die Vermittlung möglichst innerhalb eines Termins abgeschlossen werden soll, so dass in der Praxis die schnelle Beilegung

403 Stellvertretend für den japanischen Rechtskreis Y AMAMOTO/Y AMADA, 2008, S. 12, 13. 404 Art. 1 BuIZ-Satzung. 405 Im Gegensatz hierzu enthält das VerstGA eine entsprechende Regelung. Nach Art. 15 Abs. 2 VerstGA soll das Verständigungsverfahren innerhalb von drei Sitzungen beendet werden.

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regelmäßig erreicht wird. 406 Dasselbe gilt für die Vermittlungen auf Präfekturebene. 407 Im Hinblick auf die Angemessenheit der Beilegung werden die generellen Vorzüge alternativer Verfahren auch in den Vermittlungsverfahren der japanischen Verwaltung deutlich. Zwar wird auch im Vermittlungsverfahren der Sachverhalt ermittelt, da eine Lösung in Übereinstimmung mit den Tatsachen angestrebt wird.408 Die Orientierung an den tatsächlichen Umständen bedeutet jedoch nicht, dass die Parteien in der Vermittlung im Hinblick auf ihre Konfliktlösung auf die gesetzlich festgelegten Rechte und Pflichten beschränkt sind. Sie können jenseits des rechtlich Relevanten eine zukunftsorientierte und friedensstiftende Regelung finden. Darüber hinaus können die Einzelunterredungen, die sowohl bei der Streitregulierungskommission als auch bei den Arbeitskommissionen stattfinden, dazu beitragen, eine angemessene Lösung für die Parteien zu finden. Die Vermittler sondieren, ob sich eine Kompromisslösung zwischen den Parteien abzeichnet, und helfen durch ihr Dazwischentreten, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der gesetzlichen Zielsetzung einer angemessenen Beilegung wird somit zum einen durch die Wahl einer alternativen Beilegungsart, die eine an den Interessen der Parteien orientierte Lösung zulässt, und darüber hinaus auch durch die Umsetzung in der Praxis, d.h. mit Hilfe der Einzelunterredungen, Genüge getan. Die Durchführung der Vermittlung durch Einzelgespräche mit den betroffenen Parteien ist eine Variante, die aus dem deutschen Rechtskreis nicht weiter bekannt ist. In Deutschland treffen die Parteien direkt aufeinander. In alternativen Verfahren soll im Gegensatz zu den streitigen gerichtlichen Verfahren eine weniger formale Atmosphäre geschaffen werden, die es den Parteien ermöglicht, auch rechtlich nicht relevante Tatsachen zu erörtern und ihre wahren Interessen offenzulegen.409 Gemeinsam soll eine Lösung gefunden werden, mit deren Hilfe die involvierten Parteien auch in Zukunft miteinander umgehen können. Der Gemeinsamkeit im Sinne eines Direktmiteinander-in-Kontakt-Tretens wird in der japanischen Methode keinerlei Gewicht beigemessen. Dadurch, dass das Gespräch im wahrsten Sinne über den Vermittler geführt wird, wird ein ruhiger und leidenschaftsloser Ablauf der Gespräche gefördert. Die Vermittlungstätigkeit kann ruhig und friedlich ablaufen. 410 Verhandeln die Parteien nicht direkt miteinander, sondern über den neutralen Dritten, könnte man annehmen, dass das vermittelnde Element größer wird. Anderseits obliegt dem Dritten in dieser Konstellation eine be406

Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 133, 134. 407 Zur Dauer der Vermittlungsverfahren siehe unter Kapitel 3 C.I.d), Kapitel 3 C.II.d) und Kapitel 3 C.III.c). 408 Für die Vermittlung bei den Streitregulierungskommissionen siehe Art. 1 BFördG. 409 Stellvertretend N OTTER, 2004, S. 875. 410 MURATA, 2009, S. 54.

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sonders große Verantwortung, da nur er den Ablauf der Gespräche kennt. Er muss weitaus besser in der Lage sein, sich nicht von dem Vortrag einer der beiden Parteien beeindrucken zu lassen, um den Pfad des neutralen, nicht wertenden Dritten nicht zu verlassen, als dies der Fall ist, wenn die Beteiligten ihren jeweiligen Vortrag unter Anwesenheit beider Parteien machen. Diese Verantwortung des Dritten ist der Definition von Vermittlung nach in keiner Weise zwingend. Grundsätzlich ist die Rolle des Vermittelnden im Vergleich zu der in Schlichtung, Verständigung etc. schwach ausgeprägt. Die Beilegung selbst obliegt den Parteien. Der Vermittler schafft lediglich die Plattform für eine Auseinandersetzung zwischen den Betroffenen. Insofern wird deutlich, dass die japanischen administrativen Vermittlungsverfahren durch die Methode der Einzelunterredung eine besondere zusätzliche Verantwortung für die neutralen Dritten schaffen. Im idealen Szenario werden sie dieser Verantwortung gerecht. Die Einzelunterredungen bergen jedoch ein nicht unbedeutendes Risiko für die Parteien. Um ihre Streitigkeiten beizulegen, müssen die Parteien im Rahmen der Vermittlung selbst zu einer Einigung gelangen, und das, ohne zu wissen, was die jeweils andere Partei im Verfahren vorgetragen hat. Diese Art der Auseinandersetzung zeichnet sich also durch einen besonders hohen Grad an Intransparenz aus, ein Nachteil, der nicht zu unterschätzen ist. Die Tatsache, dass der neutrale Dritte den Streitparteien in einigen der Vermittlungsverfahren einen Lösungsvorschlag (Vermittlungsvorschlag) unterbreiten kann, ist dogmatisch unsauber. Vor den Arbeitskommissionen ist ein Vorschlag gesetzlich zwar nicht vorgesehen, wird in der Praxis jedoch regelmäßig erteilt. 411 Für das Tätigwerden der Streitregulierungskommission bei den Arbeitsbehörden erlaubt die DV BFördG sogar ausdrücklich die Entwicklung eines Lösungsvorschlags. 412 Nach dem Gesetzestext entspricht die Funktion der Vermittlung durch die Streitregulierungskommission somit eigentlich der Funktion einer Schlichtung. Die Entwicklung eines Beilegungsvorschlags durch den neutralen Dritten vermag in einigen Fällen das Finden einer für beide Parteien akzeptablen Lösung sicher zu begünstigen, so dass auch mittels eines solchen Vorschlags das Ziel der Vermittlung – die einvernehmliche Beilegung – erreicht werden kann. Die Unterbreitung eines Beilegungsvorschlags ist jedoch weder definitionsgemäßer Teil der Vermittlung, noch ist ein solcher Vorschlag für eine angemessene Beilegung durch Vermittlung notwendig. 413 Ein wesentlicher Aspekt alternativer Beilegungsmethoden ist der vereinfachte Zugang zu den Verfahren. Im Hinblick auf die Formalitäten sind die 411 MURATA, 2008, S. 92, Abb. 5–5; für die Präfektur Wakayama siehe S ASAKI, 2008, S. 49, Abb. 18. 412 Art. 13 Abs. 1 BFördG. 413 Die Vermittlung ist definiert in Kapitel 3 C.II.

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administrativen Vermittlungsverfahren sicher weniger abschreckend für den rechtlich unkundigen Arbeitnehmer als ein gerichtliches Verfahren es wäre. 414 Andererseits ist der örtliche Zugang bei den Streitregulierungs- und den Arbeitskommissionen schlechter als bei den Gerichten, da in jeder Präfektur nur eine Kommission eingerichtet ist. Das arbeitspolitische Büro der Präfektur Tokio hat in dieser Hinsicht bessere Voraussetzungen geschaffen und 6 Büros an verschiedenen Orten in der Präfektur eingerichtet. 415 Aber auch die Streitregulierungskommissionen haben auf die Problematik des Zugangs reagiert. Bei übermäßigen Anfahrtswegen entsteht die Gefahr, dass sich das Verfahren für viele Betroffene als praktisch nicht gut nutzbar entpuppt. Vor dem Hintergrund, dass man die Parteien zu einer Beilegung führen und den Streitparteien nützlich sein möchte, bieten einige Präfekturen daher an, das Verfahren nicht an dem Ort der Einrichtung der Streitregulierungskommission, sondern bei einem der Arbeitsstandardbüros oder an einem Ort in der Nähe des Wohnsitzes der Parteien durchzuführen.416 Im Rahmen alternativer Verfahren besteht im Gegensatz zum zivilprozessualen Verfahren darüber hinaus die Möglichkeit, Fachleute zur Beilegung hinzuzuziehen. Da die japanischen Gerichte im streitigen Prozessverfahren regelmäßig nicht mit Fachrichtern für Arbeitsrecht ausgestattet sind, 417 ist die Beteiligung von Fachleuten bislang tatsächlich ein Vorteil der alternativen Verfahren. Dieses Faktum steht im deutlichen Gegensatz zum deutschen Rechtskreis, der für arbeitsrechtliche Streitigkeiten eine eigenständige Arbeitsgerichtsbarkeit mit doppelter Fachbeteiligung, Fachrichtern und Fachlaien (ehrenamtliche Richter), zur Verfügung stellt. 418 Mit Hilfe der Kenntnisse von Experten aus arbeitsrechtlichem Kontext können besonders genaue und sorgfältige Lösungen gefunden werden. Der Sachverstand, den die ehrenamtlichen Richter aus der betrieblichen Praxis und aufgrund ihrer Erfahrung mitbringen, soll in die Entscheidungsfindung einfließen und zu einer größeren Akzeptanz der Urteile führen. 419 Diese speziellen Fachkenntnisse in Ar414

Die Antragsformulare für das Verfahren bei den Streitregulierungskommissionen der Arbeitsbehörden können von den Hilfesuchenden beispielsweise von den Internetseiten des MGWA und vieler Arbeitsbehörden heruntergeladen werden. Das Antragsformular findet sich u.a. in MGWA, Broschüre BFördG, 2012. 415 Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008, Vorwort. 416 MURATA, 2008, S. 140. 417 MARUTSCHKE, 2010, S. 234; NISHITANI, 2003, S. 357. 418 § 6 ArbGG: „Die Gerichte für Arbeitssachen sind mit Berufsrichtern und mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt.“ Die paritätische Besetzung der Kammern der Arbeitsgerichte ergibt sich aus § 16 Abs. 2 ArbGG. 419 SCHWAB/WETH, Arbeitsgerichtsgesetz – Kommentar, 3. Auflage, Köln 2011, S. 197; MÜLLER-GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage, München 2012, S. 362; D ÄUBLER/HJORT /SCHUBERT /WOLMERATH, Arbeitsrecht – Individualrecht mit kollektivrechtlichen Bezügen, 2. Auflage, Baden-Baden 2010, S. 359; HENSSLER/WILLEMSEN /KALB, Arbeitsrecht – Kommentar, 4. Auflage, Köln 2010, S. 130;

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beitssachen finden sich im japanischen System jedoch lediglich bei den Vermittlern der Arbeitskommissionen und der arbeitspolitischen Büros. Bei Letzteren sind die Beschäftigten des Büros, die sich regelmäßig mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen auseinandersetzen, mit der Vermittlung betraut, bei den Arbeitskommissionen entscheidet über die individuellen Arbeitskonflikte regelmäßig die kō-rō-shi-sansha-Kommission, 420 die paritätisch mit Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite besetzt ist. Die Mitglieder der Streitregulierungskommissionen sollen lediglich Personen von Gelehrsamkeit und Erfahrung (gakushiki keiken-sha) sein. 421 Ein arbeitsrechtlicher Bezug wird im BFördG nicht zwingend vorgeschrieben. Das Vermittlungsverfahren, das in der Praxis mit Abstand am häufigsten in Anspruch genommen wird, nutzt die Möglichkeit einer Fachbeteiligung somit als einziges nicht. Die Vermittlung bei den Arbeitsbehörden wird in der Regel, entgegen der gesetzlich verankerten Grundidee von einer Beilegung durch eine Kommission, zumeist nur von einem Mitglied der Streitregulierungskommission durchgeführt. Andererseits ist eine Einzelperson regelmäßig beweglicher als ein Organ, das aus mehreren Personen zusammengesetzt ist, 422 so dass die Übertragung der Vermittlung auf nur eine Person wieder der raschen Beilegung der Angelegenheit, einer weiteren wesentlichen Zielsetzung des Verfahrens, dient. Ob die einzelnen Verfahren darüber hinaus seit der Einrichtung eine besondere Funktion für bestimmte Konfliktinhalte entwickelt haben, kann aufgrund der uneinheitlich gestalteten Statistiken nicht festgestellt werden. Kündigungsstreitigkeiten stehen zumindest bei den Vermittlungsverfahren vor der Streitkommission und den arbeitspolitischen Büros an vorderster Stelle. 423 Das dreistufige Beilegungssystem bei den Arbeitsbehörden, das 2001 eingeführt worden ist, hat die Beilegungslandschaft zwar insoweit vereinfacht, als sich Betroffene nun mit ihren arbeitsrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich an die Allgemeinen Beratungsstellen wenden können. Eine Vereinheitlichung der Verfahren hat das System jedoch nicht gebracht. Die Verwaltung bietet weiterhin ein mehrgleisiges Angebot (fukusen kei sābisu), 424 an das die GERMELMANN /MATTHES/MÜLLER-GLÖGE /P RÜTTING, 2009, S. 251; D ÜWELL/LIPKE, Arbeitsgerichtsgesetz – Kommentar für die Praxis, 2. Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 191; vgl. N ATTER/GROSS, Arbeitsgerichtsgesetz – Handkommentar, Baden-Baden 2010, S. 131, 132, die darauf hinweisen, dass auch Vergleichsvorschläge von den Streitparteien eher angenommen werden, wenn sich die ehrenamtlichen Richter für den Vergleichsvorschlag stark machen. 420 MIZUMACHI , 2008, S. 395; SUGENO, 2008a, S. 687, Fn. 10; M URATA , 2008, S. 93. 421 Art. 7 Abs. 2 BFördG. 422 MURATA, 2008, S. 139. 423 Zu den Gegenständen der Vermittlung siehe unter Kapitel 3 C.I.b) und Kapitel 3 C.II.b). 424 SUGENO, 2008a, S. 666.

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

Allgemeinen Beratungsstellen weiterverweisen, wenn die Beratung die Angelegenheit noch nicht zu einem Ende führt. Das BFördG hat jedoch eine bedeutende Neuerung in das System der Verfahren der Verwaltung gebracht. Zum ersten Mal im Jahr 2001 und damit erst seit kurzer Zeit ist in Japan ein System auf zentralstaatlicher Ebene eingeführt worden, das umfassend für individuelle Arbeitsstreitigkeiten zuständig ist. Somit können individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten erstmals in ganz Japan nach einem einheitlichen Schema beigelegt werden. Die Betroffenen sind nicht weiterhin darauf angewiesen, dass die Präfektur, zu der sie gehören, ein funktionstüchtiges Verfahren anbietet. Mit seinem dreistufigen Aufbau (Beratung – Ratschlag/Anleitung – Vermittlung) bietet das zentralstaatliche Verfahren zudem eine vielseitige, aufeinander abgestimmte Methode der Beilegung. Das BFördG hat durch seinen Art. 20 die Erweiterung des Angebots auf Präfekturebene angestrebt, diese jedoch nur bedingt erreicht. Die Aufforderung hat in den meisten Präfekturen dazu geführt, dass die Arbeitskommissionen nun auch mit der Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten betraut worden sind. Dafür sind die Vermittlungssysteme, die bei den arbeitspolitischen Büros oder sonstigen Dienstleistungsstellen der Verwaltung eingerichtet waren, zu einem großen Teil auf reine Beratungsangebote zurückgeschraubt worden. Insgesamt betrachtet hat sich das Angebot jedoch verbessert. Auch die überwiegende Übertragung der präfekturalen Vermittlung auf die Arbeitskommissionen dürfte zu einem einheitlichen System über die Präfekturen hinweg führen, da sich die Präfekturen bei der Ausgestaltung an dem Vermittlungsverfahren nach dem ARG, einem staatlichen Gesetz, orientieren. Nichtsdestotrotz bleibt als grundsätzliches Problem festzuhalten, dass die Mannigfaltigkeit des Angebots zur Streitbeilegung in der japanischen Verwaltung dazu führen kann, die Hilfesuchenden zu verwirren. 425 Die Vermittlungsverfahren enden nicht mit einer verbindlichen Entscheidung. Ohne eine Annäherung der Streitparteien und deren Wille, sich um eine einvernehmliche Beilegung zu bemühen, führt die Vermittlung nicht zum Ziel. Anders darf es in einem alternativen Streitbeilegungsverfahren auch nicht sein. Die Freiwilligkeit zeigt aber gleichzeitig die Grenzen der Vermittlung auf. Im Bereich der Beilegung durch die Streitregulierungskommission ist dies allzu deutlich. Der Druck, der einem Verfahren, das durch einseitige bindende Entscheidung beendet werden kann, innewohnt, fehlt den Vermittlungsverfahren. Es mangelt ihnen an zwingender Kraft. Die Gefahr, dass eine einseitige Entscheidung getroffen wird, wenn sich eine Kompromisslösung nicht findet, besteht für die Parteien in einem alternativen Verfahren in der Regel nicht. Dies gilt insbesondere für den japanischen Rechtskreis, in dem Prozessverfahren deutlich seltener stattfinden als beispielsweise in Deutsch425

NISHITANI, 2008, S. 126.

D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren

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land. Ein Antragsgegner, in der Regel der Arbeitgeber, 426 der sich in Japan auf die Vermittlung und eine Einigung im Vergleichswege nicht einlassen möchte, hat rein statistisch betrachtet ein gerichtliches Verfahren quasi nicht zu fürchten. Auch in dem speziellen Bereich des Arbeitsrechts sind die Prozesszahlen sehr gering. Der fehlende Druck führt dazu, dass das Bemühen um einen Kompromiss nicht immer sehr ausgeprägt ist. Besonders deutlich ist dies am Beispiel der Streitregulierungskommission zu erkennen. Fast 60% der Verfahren werden abgebrochen, weil die Gegenseite ihre Teilnahme verweigert, sich also nicht um eine Einigung bemühen möchte. 427 Die Freiwilligkeit der Teilnahme führt im Ergebnis zu einer strukturellen Benachteiligung für Arbeitnehmer. Sie sind regelmäßig in der Position des Antragstellers, können ihr Recht jedoch schlicht nicht durchsetzen oder zumindest zu einer einvernehmlichen Lösung gelangen, wenn der Arbeitgeber entscheidet, dass er schlicht kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit seinem Arbeitnehmer hat. Diese strukturelle Unterlegenheit manifestiert sich in der hohen Rate von abgebrochenen Verfahren. Dass sich die Einigungsrate erhöht, wenn das alternative Verfahren für den Fall seines Scheiterns zwingend an ein Prozessverfahren angeschlossen ist, zeigt sich im nächsten Kapitel. Unter dem Aspekt von rechtlichen Risiken wie beispielsweise der Verjährung eines Anspruchs weisen die Verfahren ebenfalls Unterschiede auf. Es zeigt sich der Vorteil des Vermittlungsverfahrens vor den Streitregulierungskommissionen der Arbeitsbehörden, das mit dem BFördG über die detailliertesten Verfahrensregeln verfügt. Der Problematik der Verjährung des Anspruchs im Verlauf des Vermittlungsverfahrens tritt das BFördG mit der Regelung entgegen, dass der Tag des Antrags auf Durchführung eines Vermittlungsverfahrens als Datum der Klageeinreichung gilt, wenn der Antragsteller innerhalb von 30 Tagen nach der Bekanntgabe des Scheiterns der Vermittlung durch die Kommission eine Klage über denselben Gegenstand einreicht. Diese Vorschrift gilt nur für den Fall des Abbruchs des Vermittlungsverfahrens, nicht für die Durchführung von Ratschlag oder Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde. Auch für die Verfahren auf Präfekturebene bei den Arbeitskommissionen und den arbeitspolitischen Büros ist eine Unterbrechung der Verjährung durch die Einleitung der Vermittlung nicht vorgesehen, so dass der betroffene Antragsteller während des Verfahrens den Verjährungsstatus seines Anspruchs genau im Auge behalten muss. Diese Unsicherheit könnte durch die Schaffung einer dem BFördG entsprechenden Regelung beendet werden, so dass gewährleistet würde, dass die Inanspruchnahme

426

Vgl. unter Kapitel 3 C.I.b). Dieses Ergebnis steht in starkem Widerspruch zu der traditionellen Auffassung, dass Japaner aufgrund ihres kulturell und historisch bedingten Hangs zu Einigkeit und Harmonie Konflikterledigung im Kompromisswege bevorzugen, siehe oben Kapitel 2 A.II. 427

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Kapitel 3: Beilegung durch die Verwaltung

gerichtlichen Rechtsschutzes im Anschluss an das alternative Verfahren möglich bleibt. 428 Nicht unerwähnt bleiben darf ein grundsätzlicher Nachteil alternativer Streitbeilegungsmethoden: Im Gegensatz zu einem Urteil, das im Prozessverfahren ergeht, werden die Ergebnisse der Vermittlungsverfahren in der japanischen Verwaltung nicht veröffentlicht und dienen somit nicht der Rechtsfortbildung. Der Zweck der Vermittlungsverfahren geht dementsprechend nicht über die Lösung des Konflikts im Einzelfall hinaus. Im Prozessverfahren wird zwar auch ein Einzelfall einer Entscheidung zugeführt. Darüberhinaus kann ein veröffentlichtes Urteil aus einem Prozessverfahren nachfolgenden Streitparteien jedoch als Wegweiser dienen, wie ihr Fall entschieden werden könnte. Insbesondere dann, wenn eine Angelegenheit höchstrichterlich entschieden worden ist, kann Rechtsklarheit erlangt werden (i) über die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln und (ii) zu einzelnen, vom Gesetz nicht beantworteten Rechtsfragen. Die höchstrichterliche Rechtsfortbildung hat richtungsweisende Bedeutung für alle untergeordneten Gerichte; faktisch sind die unterinstanzlichen Gerichte in den meisten Fällen auch an diese Vorgaben gebunden, wenn sie nicht eine Aufhebung ihrer Entscheidung riskieren möchten. So entsteht aus der Fülle von Rechtsstreitigkeiten, die vor den Gerichten im Rahmen von streitigen Prozessverfahren ausgetragen werden, im Laufe der Zeit Klarheit für die nachfolgenden Generationen von Streitparteien, wie bestimmte Rechtsfragen behandelt werden und welche rechtliche Argumentation erfolgversprechend ist oder gerade nicht. Diese Sicherheit kann nicht erreicht werden, wenn die Ergebnisse von Streitbeilegung nicht veröffentlicht werden. Eine weitere Schwierigkeit, die der Rechtsfortbildung im Falle der alternativen Streitbeilegungsmethoden generell entgegensteht, ist, dass die Situation nach dem materiellen Recht lediglich die Ausgangslage für die Beilegung zwischen den Parteien darstellt, diese aber bei ihrer konkreten Lösung des Konfliktes gerade nicht bindet. Insofern entfaltet, auch wenn die Einzelheiten einer Einigung öffentlich werden sollten, diese für die Streitbeilegung anderer Streitparteien regelmäßig keinen besonderen Nutzen. III. Kostenfreiheit der Verfahren der Verwaltung Alle Stufen der Beilegung nach dem BFördG, die Beratung bei den Beratungsstellen für arbeitsrechtliche Fragen aller Art, die Erteilung eines Ratschlags oder einer Anleitung durch den Leiter der Arbeitsbehörde und die 428 Die Details einer Anwendbarkeit von Art. 151 Zivilgesetz (im Folgenden: ZG) (minpō, Gesetz Nr. 89 vom 27.04.1896), der eine Möglichkeit der Verjährungsunterbrechung für das Verfahren der zivilen Schlichtung sowie Vergleichsanträge regelt, werden im Rahmen dieser Arbeit keiner weiteren Untersuchung unterzogen.

D. Kritische Würdigung der Vermittlungsverfahren

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Vermittlung durch die Streitregulierungskommission, die Vermittlung bei den Arbeitskommissionen und bei den arbeitspolitischen Büros sind für den Hilfesuchenden und die jeweilige Gegenseite kostenfrei. 429 Die Beilegungsverfahren in der japanischen Verwaltung unterscheiden sich damit deutlich von den gerichtlichen Verfahren.430

429 Allgemein für Dienstleistungen der Verwaltungsorgane M URATA, 2008, S. 76; für die Allgemeinen Beratungsstellen vgl. S ASAKI , 2008, S. 16; für das Vermittlungsverfahren vor der Streitregulierungskommission siehe MGWA, Broschüre BFördG, 2012, S. 6; für die Vermittlung bei den Arbeitskommissionen siehe kobetsu rōdō funsō no assen [Vermittlung bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 430 Zu den Kosten des Verständigungsverfahrens und des japanischen Zivilprozessverfahren siehe unter Kapitel 4 E.

Kapitel 4

Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanischen Gerichte In diesem Kapitel wird die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die japanischen Gerichte analysiert. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen und damit auf das gerichtliche Verfahren, das im Jahr 2006 speziell für die Beilegung individueller Arbeitsstreitigkeiten etabliert worden ist. Das gewöhnliche zivilprozessuale Verfahren sowie das Verfahren der zivilen Schlichtung nach dem ZSchliG, mit Hilfe derer arbeitsrechtliche Streitigkeiten ebenfalls vor japanischen Gerichten beigelegt werden können, werden zur Veranschaulichung an geeigneter Stelle als Vergleichsobjekte herangezogen. Ähnliches gilt für das deutsche arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren, das im deutschen Rechtskreis für die gerichtliche Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten vorgesehen ist. Es wird in diesem Kapitel, soweit es der Verfasserin sinnvoll erscheint, zu Vergleichszwecken herangezogen. In einem ersten Abschnitt werden der Hintergrund für die Schaffung eines gerichtlichen Verfahrens zur Lösung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten sowie die Phase der Entwicklung des VerstGA unter Darstellung der teilweise hitzigen Diskussionen im Rahmen der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfes erläutert. Im Anschluss folgt eine genaue Analyse des Verständigungsverfahrens und seiner Besonderheiten.

A. Entwicklung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen A. Entwicklung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen

I. Hintergrund Sowohl die Erkenntnis, dass die Errichtung eines gerichtlichen Verfahrens zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten notwendig war als auch die Gelegenheit zur Umsetzung dieses Gedankens sind auf das Platzen der Wirtschaftblase Anfang der 1990er Jahre zurückzuführen. 1 Mit dem Ende 1

Dadurch, dass in Japan die Streitbeilegung im Arbeitsrecht jahrzehntelang auf kollektivarbeitsrechtliche Streitigkeiten und damit auf die Arbeit der Arbeitskommissionen konzentriert war, hatte es bis zu diesem Zeitpunkt selbst in Wissenschafts- und Praktiker-

A. Entwicklung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen

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der Blasenwirtschaft (baburu keizai) und als Folge der fortschreitenden Globalisierung kam es zu einschneidenden Veränderungen des traditionellen japanischen Beschäftigungssystems. 2 Die Beschäftigungsformen wurden vielfältiger und die Zahl derjenigen Arbeitnehmer, die in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt waren, stieg an. Parallel dazu stieg in dieser Zeit auch die Zahl individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten erheblich an. 3 Ein eigens für diese Streitigkeiten eingerichtetes Beilegungssystem gab es auf zentralstaatlicher Ebene jedoch nicht, weder in der Verwaltung noch in der Justiz, so dass die Schaffung eines spezialisierten Verfahrens, um mit individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten umfassend, einfach und rasch umgehen zu können, als dringende Aufgabe begriffen wurde. 4 Die Umsetzung begann in einem ersten Schritt auf der Ebene der Verwaltung. Mit dem BFördG entstanden im Jahr 2001 für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten das fachspezifische Verfahren bei den Arbeitsbehörden in den Präfekturen sowie die Möglichkeit, auch die Arbeitskommissionen mit der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu betrauen. 5 Der nächste Schritt in der Neuordnung der arbeitsrechtlichen Streitbeilegung war die Schaffung eines Verfahrens der Justiz zur Beilegung individueller Arbeitsstreitigkeiten. In einem System, das sich traditionell auf Verfahren der Verwaltung stützte, um Arbeitsstreitigkeiten beizulegen, muss die Errichtung eines gerichtlichen Verfahrens als einschneidendes Ereignis begriffen werden. Die Gelegenheit für diese Systemänderung bot sich im Rahmen der Großen Justizreform (dai-kibo no shihō seido kaikaku) Ende der 1990er Jahre. Nach dem Platzen der Wirtschaftsblase galt die Aufmerksamkeit der Wiedererlangung der früheren Stärke im globalen Markt. Das Bestreben war, eine fundamentale strukturelle Veränderung in der japanischen Gesellschaft zu schaffen. Erreicht werden sollte dieses Ziel mit umfangreichen Reformen in den Bereichen Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Die Reform der Verwaltung sollte zu mehr Transparenz und einer für das Volk ansprechenderen kreisen kein besonderes Interesse an einer Beschäftigung mit der Effizienz des Justizsystems gegeben, so SUGENO, 2001, S. 74. 2 Zu den Veränderungen des Beschäftigungssystems seit den 1990er Jahren siehe A RAKI, 2002, S. 17 ff.; ALPS, 2009, S. 241–259. 3 Die Zahl der Neueingänge vor den Zivilgerichten stieg von 647 Fällen im Jahr 1990 (Hōsō Jihō, Band 43, Nr. 7, Tab. 2, S. 96) auf 2.063 im Jahr 2000 (Hōsō Jihō, Band 53, Nr. 8, Tab. 1, S. 98); vgl. auch K EZUKA, 2006, S. 13, 14. 4 MIYAZATO, rōdō jiken no genjitsu to funsō kaiketsu shisutemu – rōdō-sha-gawa bengo-shi no tachiba kara [Die tatsächliche Lage bei Arbeitsrechtsfällen und die Streitbeilegungssysteme – vom Standpunkt eines Arbeitnehmerrechtsanwalts], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 205, 2004, S. 43; KEZUKA, 2006, S. 14; SUGENO, 2006, S. 8. 5 Zu den administrativen Verfahren seit 2001 siehe unter Kapitel 3 A.I.c) und Kapitel 3 A.II.b) bis d).

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Gestaltung der Verwaltung führen. Man wollte Abstand von der Bevormundung und Kontrolle durch die Verwaltung nehmen und die Eigenverantwortlichkeit der japanischen Gesellschaft stärken. 6 Die Reform des Wirtschaftssystems hatte eine Reihe von Deregulierungsmaßnahmen zur Folge. Es sollte ein neuer Weg eingeschlagen werden, „weg von der strengen Regulierung vor Eintritt in den Markt hin zu einer Steuerung des Marktes mit Hilfe der gesetzlichen Normen.“7 Im Kern ging es bei den Reformbestrebungen darum, die Kontrollfunktion von der Verwaltung auf die Justiz zu übertragen. Dies musste mit der Umgestaltung des Justizsystems einhergehen. Um eine nachteilige Behandlung von Personen in wirtschaftlich schwächerer Position ausschließen zu können, wurde ein System gefordert, in dem alle Arten von Streitigkeiten angemessen und schnell unter fairen und eindeutigen rechtlichen Regeln beigelegt werden konnten.8 Um die grundsätzliche Richtung der japanischen Justiz für die Zukunft festzulegen, wurde ein Beratungsausschuss eingerichtet. Dem Verlauf der Beratungen dieses Ausschusses widmet sich der nächste Abschnitt. II. Beratungsausschuss der Großen Justizreform Im Jahr 1999 wurde der Beratungsausschuss für die Reform des Justizwesens (shihō seido kaikaku shingi-kai) (im Folgenden: Beratungsausschuss) von der damaligen japanischen Regierung eingesetzt. 9 Der Ausschuss setzte sich aus 13 Mitgliedern zusammen, unter ihnen Professoren, Rechtsanwälte, Vertreter der Wirtschaft und verschiedener Verbände. 10 Diese Mitglieder des Beratungsausschusses wurden aus der Mitte der erfahrenen Gelehrten ausgewählt und nach Zustimmung beider Häuser des Parlaments von der Regierung ernannt.11 Eines der Mitglieder wies einen arbeitsrechtlichen Bezug aus, Tsuy6

The points at Issue in the Judicial Reform, Erläuterungen über den Sachstand und die Aufgaben des Beratungsausschusses vom 21.9.1999 (im Folgenden: PM Japan, The points at Issue in the Judicial Reform), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015), unter II.2 heißt es: „We are in a process of abolishing unclear advance control of administration”; bei S UGENO, 2006, S. 9, heißt es „from administrative paternalism to rule of law and self responsibilty.” 7 SUGENO, 2006, S. 9: „from pre-entry regulation to rule-based governance of the market.“ 8 PM Japan, The points at Issue in the Judicial Reform, II.2. 9 Art. 1 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens (shihō seido kaikaku shingikai setchi hō), Gesetz Nr. 68 vom 09.06.1999. 10 Siehe PM Japan, Liste der Mitglieder des Beratungsausschusses. Den Vorsitz führte Kōji Satō. 11 Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens.

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oshi Takagi, der zu diesem Zeitpunkt Vizepräsident des Bundes der japanischen Gewerkschaften (nihon rōdō kumiai sōrengō fuku-kaichō) war. a) Aufgabe des Beratungsausschusses Die Aufgabe des Beratungsausschusses wurde in dem Gesetz über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens 12 festgelegt und lautete, die Rolle der Justiz in Japan im 21. Jahrhundert zu bestimmen.13 Ein Schwerpunkt war die Realisierung eines für das Volk leicht zu nutzenden Justizsystems (kokumin ga yori riyō shiyasui shihō seido no jitsugen).14 Der ursprünglich vorgelegte Gesetzesentwurf enthielt diese konkrete Beschreibung zwar noch nicht, der Aspekt wurde jedoch auf Grund eines Verbesserungsantrages des japanischen Unterhauses als ausdrückliche Aufgabe in das Gesetz aufgenommen.15 Die Zielsetzung eines besseren Zugangs zur Justiz fand allgemeine Zustimmung. Auch Keizo Obuchi, der damalige Premierminister, forderte gleich in der ersten Sitzung des Beratungsausschusses eine dem Volk vertraute und leicht zu nutzende Justiz (kokumin ni totte yori mijika de riyō shiyasui shihō seido) und präzisierte dahingehend, dass das Justizsystem rechtliche Streitigkeiten angemessen und schnell (tekisei jinsoku) lösen können müsse, 16 eine Forderung, die sich in der späteren Zielsetzung des VerstGA wortwörtlich wiederfindet. 17 Das Justizsystem, das sich seit der Meiji-Zeit (1868–1912) in Japan entwickelt hatte und das im Vergleich zu anderen Industrienationen in verhältnismäßig geringem Umfang vom japanischen Volk genutzt worden war, wird in der japanischen Literatur als „kleine Justiz“ (chiisa na shihō) bezeichnet.18 Zudem waren Rechtsanwälte regional ungleich im Wesentlichen auf die Großstädte verteilt. Insgesamt

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Shihō seido kaikaku shingi-kai setchi hō, Gesetz Nr. 68 vom 09.06.1999. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens. 14 Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens. 15 Der Antrag erfolgte in der 145. Sitzungsperiode, siehe Protokoll der 145. Sitzungsperiode, 25. Sitzungstag des japanischen Parlaments am 22.04.1999, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 16 Shihō seido kaikaku shingi-kai dai-ikkai giji-roku [Protokoll der 1. Sitzung des Beratungsausschusses vom 27.07.1999] (im Folgenden: PM Japan, Protokoll der 1. Sitzung des Beratungsausschusses), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 17 Art. 1 VerstGA. 18 SUMIDA, shihō seido kaikaku to rōdō shinpan – shushi to yōyaku [Die Reform des Justizsystems und das Verständigungsverfahren – wesentliche Inhalte und Zusammenfassung], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 66. 13

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wurden diese Aspekte zum Symbol für ein Justizsystem, das weit distanziert vom Volk stand.19 Dieser Missstand sollte durch die Reform behoben werden. b) Beratungen des Beratungsausschusses über den Umgang mit individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten Die Reform betraf die Justiz in ihrer Gesamtheit. Die Frage, wie mit individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten innerhalb der Justiz umzugehen sei, war lediglich eine Teilfrage im Rahmen einer umfassenden Umstrukturierung. Ende 1999 hatte der Beratungsausschuss festgelegt, für Fälle, die besonderes Fachwissen erforderten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. 20 Die erste Hürde, die bei der Beratung über eine solche Maßnahme im Bereich von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zu nehmen war, ist aus deutscher Sicht überraschend. In der Beratungskommission herrschte nämlich keinesfalls Einigkeit darüber, dass es sich bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten überhaupt um Fälle handelte, die besonderes Fachwissen erforderten. 21 Die Beantwortung dieser Frage war von großer Bedeutung, da sie Einfluss auf die Entscheidung nehmen würde, ob für die Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte ein besonderes Verfahren und die Beteiligung von Fachleuten nötig sei. 22 Ende 2000 konzentrierte sich der Beratungsausschuss erstmals nur auf den Bereich der Arbeitsstreitigkeiten und die Frage, wie das System um die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten verstärkt werden könne. 23 In die The19

SUMIDA, 2001, S. 66. PM Japan, The points at Issue in the Judicial Reform, unter III.2(2). heißt es: „When the society becomes more complicated/specialized and social/economic activities becomes more international, the number of litigation cases requiring professional knowledge on intellectual property rights, medical malpractice or labour problems are anticipated to increase further. We must study methods to utilize experts on such issues other than legal professionals in order to properly cope with such cases.“ 21 In der Kommission gab es die Auffassung, dass im Gegensatz zu beispielsweise Fällen ärztlicher Behandlungsfehler, bei denen Richter offensichtlich nicht über das nötige Fachwissen verfügten, bei Arbeitsstreitigkeiten ein Charakter, der besonderes Fachwissen notwendig mache, möglicherweise nicht gegeben sei, siehe SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/ JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 14. 22 Aus der Sicht der Arbeitsrechtler war es somit von größter Bedeutung, dass arbeitsrechtliche Streitigkeiten in die Gruppe der Fälle aufgenommen wurden, für die Fachwissen nötig ist, da diese durch die Reform besonders gestärkt werden sollten, S UMIDA, 2001, S. 67; so auch SUGENO, 2001, S. 78. 23 Das Thema der 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000 war die Verstärkung der Justiz bei arbeitsrechtlichen Fälle (rōdō kankei jiken he no taiō kyōka ni tsuite), siehe dai-yonjū-kai shihō seido kaikaku shingi-kai giji shidai [Protokoll der 40. Sitzung des Beratungsausschusses] vom 01.12.2000 (im Folgenden: PM Japan, Protokoll der 40. Sitzung des Beratungsausschusses), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 20

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matik führten Takagi, das einzige Mitglied des Beratungsausschusses mit arbeitsrechtlichem Hintergrund und Kazuo Sugeno, der als Professor für Arbeitsrecht zu einem Hearing in die entsprechende Sitzung geladen war, ein. Beide legten ausführliche Berichte vor, 24 die die Grundlage für die sich anschließende Diskussion bildeten und den Weg für ein beschleunigtes gerichtliches Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten unter der Beteiligung von Fachlaien der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite bereiteten. Sugeno stellte gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar, dass die japanische Justiz mit Blick auf die statistischen Werte bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine nur begrenzte Rolle spiele und gestärkt werden müsse. 25 Die Bewertung der japanischen Justiz als unzulänglich resultierte aus einer Betrachtung ausländischer Beilegungssysteme. Laut Sugeno verfügten die ausländischen Systeme im Gegensatz zur eigenen Justiz in Japan über Fachgerichtsbarkeiten, die für einen zahlenmäßig großen Umfang von Fällen Systeme zur einfachen und raschen Erledigung von Streitigkeiten geschaffen haben.26 Die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bildeten dort ganz im Gegensatz zu Japan zahlenmäßig einen wesentlichen Typus. In Japan sei die Zahl der Prozesse ohnehin geringer als in vielen anderen Staaten, aber die Zahl der Zivilprozesse mit arbeitsrechtlichem Bezug mache mit rund 1.000 Fällen im Jahr27 auch innerhalb des japanischen Zivilprozesses einen besonders geringen Bestandteil aus. 28 Sowohl Takagi als auch Sugeno stellten arbeitsrechtliche Streitigkeiten als Fälle mit besonderem Charakter dar, deren Beilegung entsprechende Kenntnisse verlange. Die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten erfordere nicht nur die juristischen Kenntnisse der Berufsrichter, 29 wie beispielsweise die Kenntnis der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Auch die jeweilige betriebliche Praxis, gewohnheitsrechtliche Regelungen sowie anzuwendende kollektive Normen seien die Grundlage von gerichtlichen Entscheidungen in Arbeitssachen. 30 Sugeno verwies darüber hinaus darauf, dass viele 24

TAKAGI , 2000; SUGENO, 2000. SUGENO beschreibt später, dass er mit dem Verständigungsverfahren die Hoffnung verbindet, dass die Justiz im Bereich der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten diese Stärkung erfährt, in: SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 4. 26 SUGENO, 2001, S. 80, 81; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 4. 27 Nach dem Platzen der Wirtschaftsblase stieg diese Zahl bis zum Jahr 2000 immerhin auf rund 2.000 Fälle pro Jahr an, siehe Hōsō Jihō, Band 53, Nr. 8, Tab. 1, S. 98. 28 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 4. 29 SUGENO, 2000, S. 5, bezeichnet das juristische Fachwissen der Richter als schlicht nicht ausreichend für die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. 30 TAKAGI , 2000, S. 19; SUGENO, 2000, S. 3; eine ähnliche Bewertung findet sich in der deutschen Literatur zu der Beteiligung der ehrenamtlichen Richter im arbeitsgerichtlichen Verfahren, mit Hilfe derer die unmittelbaren Anschauungen der Kreise des Arbeitslebens durch die Rechtsprechung verwertet werden sollen, siehe GERMELMANN/MATTHES/ 25

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der arbeitsrechtlichen Normen abstrakte Rechtsbegriffe enthielten, deren Ausgestaltung die Kenntnisse aus der arbeitsrechtlichen Praxis erforderten. 31 Takagi erinnerte seinerseits daran, dass das Arbeitsrecht ein weites Feld sei und einem ständigen Wandel unterliege (z.B. steigende Zahl atypischer Arbeitsverhältnisse). 32 Beide schlugen daher vor, ein System zu etablieren, dass sich die entsprechende Kenntnis von Fachleuten aus der Praxis zunutze mache. Takagi sprach sich für die Errichtung des sogenannten sanshin-sei33 aus, eines Systems, das bereits in vielen Staaten bei der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten Anwendung fand: Die Beteiligung von Fachlaienrichtern im Prozessverfahren vor Arbeitsgerichten oder Arbeitstribunalen. 34 Die Vorteile schilderte Takagi wie folgt: Personen, die sich mit der Praxis der Arbeitsbeziehungen auskennen, seien am Prozess beteiligt und haben so die Möglichkeit auf das Ergebnis Einfluss zu nehmen; Richter könnten durch die Zusammenarbeit mit den Praktikern ihre Kenntnisse erweitern und praxisferne Entscheidungen könnten so vermieden werden.35 Zudem führten die Gerichte für viele Arbeitnehmer ein völlig entferntes Dasein. 36 Die Beteiligung von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern, die Einbeziehung ihrer Kenntnisse aus der Praxis könne die Gerichte dem japanischen Volk, in diesem Fall insbesondere der Gruppe der Arbeitnehmer, vertrauter machen, was eine der zentralen Aufgaben der Beratungskommission im Hinblick auf die Umgestaltung der Justiz war.37 Neben den inhaltlichen Besonderheiten, die bei der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten eine Rolle spielen, gab es einen weiteren Aspekt, an dem die beiden Berichterstatter den fachlichen Charakter von Arbeitsstreitigkeiten festmachten und der ihrer Ansicht nach eine besondere, vom zivilprozessualen Verfahren abweichende Behandlung erforderlich machte: die NotwendigPRÜTTING/MÜLLER-GLÖGE, 2009, § 6, S. 251, Rn. 4; vgl. M ÜLLER-GLÖGE /P REIS / SCHMIDT, 2012, § 6 ArbGG, S. 353, Rn. 1; laut N ATTER/GROSS, 2010, § 6, S. 131, Rn. 2, ist die Rechtsprechung auf diese unmittelbaren Anschauungen der Kreise des Arbeitslebens angewiesen. 31 SUGENO nannte u.a. Begriffe wie „betrieblich notwendig“ (kei’eijō no hitsuyō-sei), siehe SUGENO, 2000, S. 5. 32 TAKAGI , 2000, S. 20. 33 GÖTZE , 2007, S. 434, übersetzt sanshin-in beispielsweise mit Schöffe. Der Begriff des Schöffen ist im deutschen Sprachgebrauch jedoch eng mit dem Strafprozess verknüpft, so dass im folgenden der japanische Begriff verwendet wird und zwar in der Bedeutung der Definition Takagis, als Beteiligung von Fachlaien im gerichtlichen Verfahren. 34 Takagi hatte in seinem Bericht die Beilegungssysteme aus England, Amerika, Deutschland und Frankreich vorgestellt, in: T AGAGI, 2000, S. 12 ff. 35 TAGAGI , 2000, S. 20. 36 TAGAGI , 2000, S. 20. 37 Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens.

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keit einer beschleunigten Beilegung. Takagi zitierte mit Blick auf die verhältnismäßig lange Verfahrensdauer vor den Zivilgerichten das japanische Rechtssprichwort „eine verspätete Abhilfe ist wie eine Abweisung“ (kyūsai no chien ha kyūsai no kyozetsu de aru) und führte aus, dass für Arbeitnehmer, die sich lange Prozesse regelmäßig nicht leisten könnten, in der Realität oft keine andere Möglichkeit bliebe als sich in Vergleiche zu fügen. 38 Die rasche Beilegung, die insgesamt für die Justiz gefordert worden war, hatte im Bereich der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten für Takagi und Sugeno besondere Priorität. Diese Einschätzung teilten sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite. 39 Neben seiner Empfehlung, für Arbeitssachen ein sanshin-sei in der japanischen Justiz einzuführen, betonte Takagi die Bedeutung der Schlichtung bzw. des Vergleichs in Dauerverhältnissen wie dem Arbeitsverhältnis, da die Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses oberste Priorität habe. 40 Über die verschiedenen Lösungsansätze zur Beilegung des Konflikts könne man außerhalb des Streitverfahrens oftmals besser beraten, so dass dem eigentlichen gerichtlichen Entscheidungsverfahren ein regulierendes Verfahren vorgeschaltet werden sollte (chōseiteki tetsuzuki wo hanketsu tetsuzuki ni zenchi suru koto). 41 Takagi schlug vor, für ein solch vorab regulierendes Verfahren die zivile Schlichtung zu nutzen.42 Die Äußerungen beider Berichterstatter wurden im Beratungsausschuss diskutiert und erwiesen sich als konsensfähig, wie dem im Folgenden vorgestellten Abschlussbericht des Ausschusses zu entnehmen ist, der einige der Vorschläge von Takagi und Sugeno übernommen und andere zumindest zur weiteren Diskussion in die nachfolgende Untersuchungsgruppe gegeben hat. c) Abschlussbericht des Beratungsausschusses Der Abschlussbericht des Beratungsausschusses (shihō seido kaikaku shingikai iken-sho) wurde Mitte 2001 veröffentlicht und enthielt die Empfehlungen des Beratungsausschusses für ein Justizsystem, das Japan im 21. Jahrhundert stützen kann, so der Untertitel des Abschlussberichts. 43 Der Abschnitt über 38

TAKAGI , 2000, S. 4. YAMAZAKI in ŌKAWA /KUROKAWA/K OIKE /SATŌ/Y AMAZAKI, shihō seido kaikaku no seika wo furikaeru [Rückblick auf die Ergebnisse der Reform des Justizsystems], in: Hōritsu no Hiroba, Vol. 58, 2005, S. 65. 40 TAKAGI , 2000, S. 23. 41 Tagaki nutzt in seinem Bericht den Begriff „Urteilsverfahren“ (hanketsu tetsuzuki) und meint damit das streitige Verfahren im Gegensatz zu dem (vorgeschalteten) Teil des Verfahren, das auf eine einvernehmliche Lösung abzielt, T AKAGI , 2000, S. 23. 42 TAKAGI , 2000, S. 23. 43 Der Abschlussbericht des Beratungsausschusses vom 12.06.2001 erschien auf 118 Seiten unter dem Titel shihō seido kaikaku shingi-kai iken-sho – 21 seiki no nihon wo sasaeru shihō seido [Schriftliche Meinungsäußerung des Beratungsausschusses für die 39

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

den Umgang mit arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erschien als Teil des Kapitels kokumin no kitai ni kotaeru shihō seido (Justizsystem, das den Erwartungen des Volkes entspricht) und war inhaltlich dem Kapitel des Abschlussberichts über die Reform des Zivilprozesses zugeordnet, da ein eigenständiger Arbeitsgerichtsprozess in Japan nicht besteht. Der Abschlussbericht zeichnet im Hinblick auf die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten noch kein genaues Bild des zu errichtenden Verfahrens, da die Einzelheiten der an die Tätigkeit des Beratungsausschusses sich anschließenden Untersuchungsgruppe Arbeit (rōdō kentō-kai) überlassen wurden. Der Beratungsausschuss stellte jedoch einige grundlegende Positionen fest und einen Aufgabenkatalog für die Untersuchungsgruppe zusammen. (1) Grundlegende Feststellungen des Beratungsausschusses Der in dem Beratungsausschuss diskutierte Fachcharakter arbeitsrechtlicher Streitigkeiten, der im Prinzip die Voraussetzung für weitere Überlegungen zu geeigneten Maßnahmen gewesen war, wurde bejaht: Der Beratungsausschuss verlangte im Hinblick auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten, dass eine Entscheidung auf der Grundlage der tatsächlichen Gegebenheiten bei dem in einen Konflikt verwickelten Arbeitgeber und der jeweiligen Art von Industrie unter Berücksichtigung des Beschäftigungssystems und der jeweiligen Gewohnheiten zu treffen sei. 44 Um Fälle auf diese Weise angemessen und schnell beenden zu können, sei fachliches Wissen vonnöten, nicht im Sinne des wissenschaftlichen und technischen Fachwissens, 45 sondern im Sinne des Wissens über das Beschäftigungssystem und die Gewohnheiten. 46 Auch die Notwendigkeit eines beschleunigten Verfahrens wurde im Abschlussbericht festgehalten. Der Beratungsausschuss forderte bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine im Vergleich zu allgemeinen zivilen Streitigkeiten besonders rasche Beilegung, da ein unmittelbarer Einfluss auf die Lebensgrundlage des Arbeitnehmers bestehe. 47 Reform des Justizwesens – Ein Justizsystem, das Japan im 21. Jahrhundert unterstützt] (im Folgenden: PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). 44 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 45 Mit wissenschaftlichem und technischem Fachwissen ist das materiell- und prozessrechtliche Wissen der Berufsrichter gemeint, im Unterschied zu Kenntnissen, die sich aus der praktischen Arbeit in Betrieben ergeben, vgl. S UGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/ JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 14. 46 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 47 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. Der besondere Beschleunigungsgedanke prägt auch das deutsche arbeitsgerichtliche Verfahren, denn für arbeitsrechtliche Streitigkeiten ist eine zeitnahe Klärung aufgrund der wirtschaftlichen und

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Der Beratungsausschuss hielt somit fest, dass im Falle der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten die Nutzung besonderer Fachkenntnisse sowie eine über den grundsätzlichen Wunsch nach rascher Beilegung hinausgehende besondere Beschleunigung erforderlich seien. Es folgte, nicht als Forderung, sondern eher in Form eines Hinweises, die Bemerkung, dass im europäischen Ausland zum Erreichen dieses Ziels Streitbeilegungssysteme, die eine Beteiligung von Laien aus dem Arbeitsleben beinhalten, geschaffen worden seien und dass diese sanshin-sei in der Praxis die erwartete Funktion, nämlich die angemessene und zügige Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten, auch erfüllten. 48 Die im Anschluss an die Arbeit des Beratungsausschusses eingesetzte Untersuchungsgruppe Arbeit nahm diesen Hinweis auf und befasste sich ausgiebig mit den verschiedenen ausländischen Systemen der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. 49 (2) Aufgabenkatalog des Beratungsausschusses für die Untersuchungsgruppe Arbeit Für die Untersuchungsgruppe Arbeit, die im Anschluss an den Abschlussbericht des Beratungsausschusses ihre Arbeit aufnehmen und mit der konkreten Ausarbeitung eines Systems für die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten betraut werden sollte, legte der Beratungsausschuss einen Aufgabenkatalog fest. Der Beratungsausschuss forderte zum einen die Errichtung eines Systems der Arbeitsschlichtung (Aufgabe 1), ausgestaltet in Anlehnung an und als besondere Unterart der zivilen Schlichtung, unter Beteiligung von Personen mit besonderer Kenntnis über Beschäftigungsverhältnisse. 50 Damit kam der Beratungsausschuss dem Vorschlag Takagis nach, der ein dem streitigen Zivilprozess vorgeschaltetes Verfahren der Schlichtung empfohlen hatte.51 Hinsichtlich dieser ersten Aufgabe hatte der Beratungsausschuss die Entscheidung über das „Ob“ der Einrichtung bereits getroffen. Der Untersuchungsgruppe blieb diesbezüglich nur noch das „Wie“ der Ausgestaltung des Systems der Arbeitsschlichtung überlassen. Der Aufgabenkatalog im Abschlussbericht umfasste darüber hinaus zwei weitere Punkte, hinsichtlich welcher die Untersuchungsgruppe Arbeit selbst sozialen Bedeutung des Arbeitsverhältnisses besonders angezeigt, N ATTER/GROSS, 2010, § 9, S. 147, Rn. 1, 2. Als der Beschleunigungsgrundsatz mit dem ArbGG von 1953 aus dem dritten in den ersten Absatz von § 9 aufgenommen wurde, wurde diese Umstellung im Regierungsentwurf damit begründet, dass dieser beherrschende Grundsatz des Arbeitsgerichtsverfahrens den allgemeinen Verfahrensvorschriften vorangesetzt werden müsse, GERMELMANN / MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE, 2009, § 9, S. 279, Rn. 2. 48 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 49 Siehe unter Kapitel 4 A.III.b)(2). 50 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 51 TAKAGI , 2000, S. 23; siehe unter Kapitel 4 A.II.b).

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über das „Ob“ der Einrichtung bestimmen durfte. Die Untersuchungsgruppe sollte beraten und darüber entscheiden, ob für arbeitsrechtliche Streitigkeiten die Einführung eines Gerichtsystems unter Beteiligung von Personen mit besonderer Kenntnis über Beschäftigungsverhältnisse sinnvoll (Aufgabe 2) und ob darüber hinaus die Errichtung eines eigenen Prozessverfahrens in Arbeitssachen notwendig sei (Aufgabe 3). 52 Vor dem Hintergrund des vom Beratungsausschuss anerkannten Fachcharakters arbeitsrechtlicher Streitigkeiten sowie der steigenden Tendenz arbeitsrechtlicher Streitfälle sah der Beratungsausschuss es für notwendig an, ganz umfassend nach Maßnahmen für eine angemessene und rasche Erledigung zu suchen. 53 Mit dieser Begründung beschränkte der Beratungsausschuss die Untersuchungsgruppe Arbeit nicht auf die Errichtung eines Prozessverfahrens (soshō tetsuzuki) zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten, sondern erlaubte ausdrücklich, ein ADR-Verfahren zu entwickeln, das eine einfache, schnelle und flexible Beilegung ermögliche (soshō tetsuzuki ni kagirazu, kan’i – jinsoku – jūnan na kaiketsu ga kanō na ADR mo fukume). 54 Der Beratungsausschuss trennt hier die ADR-Verfahren von den Prozessverfahren. Der Begriff des Prozessverfahrens ist vom Beratungsausschuss in der Bedeutung streitiges Verfahren und nicht als Synonym für gerichtliches Verfahren verwendet worden. Die Unterscheidung zwischen Prozessverfahren im Sinne gerichtlicher Verfahren einerseits und alternativen Verfahren andererseits würde keinen Sinn ergeben, weil sich das vom Beratungsauschuss geforderte System der Arbeitsschlichtung am Vorbild der zivilen Schlichtung orientieren sollte und damit gleichsam beschlossen war, dass ein gerichtliches Verfahren eingeführt werden sollte. Es kann dem Beratungsausschuss somit nur noch um die Frage gegangen sein, ob ein streitiges Verfahren vor den japanischen Gerichten zu entwickeln war, oder ob auch gerichtliche alternative Elemente und Verfahrensabschnitte errichtet werden durften. Die Unterscheidung zwischen Prozessverfahren und ADR-Verfahren im Abschlussbericht entspricht der Trennung in streitige und alternative Verfahren, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegt. 55 Da bereits mit der Arbeitsschlichtung ein gerichtliches Verfahren gefordert worden war, ging die zweite Aufgabe für die Untersuchungsgruppe, die Prüfung der Einführung eines Gerichtssystems unter Beteiligung von Fachlaien über die bloße Frage, ob ein gerichtliches Verfahren geschaffen werden sollte, hinaus. Die Frage, die sich der Untersuchungsgruppe stellte, war somit, ob sie über ein alternatives gerichtliches Schlichtungsverfahren hinaus ein streitiges Verfahren mit der Möglichkeit einer einseitigen, bindenden Entschei52

PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 23. PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 54 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 55 Siehe Arbeitsdefinition in Kapitel 2 A.III. 53

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dung durch einen Dritten einschließlich der Teilnahme von Fachlaien am streitigen Verfahren errichten wollte und als Aufgabe 3, ob ähnlich dem deutschen Arbeitsgerichtsgesetz eine eigenständige Verfahrensordnung zu schaffen sei. Letzteres wurde in der Untersuchungsgruppe verneint. III. Untersuchungsgruppe Arbeit Die Maßnahmen, die der Beratungsausschuss in seinem Abschlussbericht mit Blick auf das gesamte Justizsystem forderte, lassen sich in drei Kategorien einteilen: – Maßnahmen zur Stärkung der juristischen Berufe in Quantität und Qualität,56 – Maßnahmen mit dem Ziel, die gerichtlichen Verfahren schneller, effektiver und besser zugänglich zu machen, – Maßnahmen, die die Beteiligung des Volkes im Strafprozess forderten. 57 Sumida bezeichnet diese drei Kategorien als (i) Verstärkung der personellen Basis (jinteki kiban no kakujū), (ii) Instandsetzung der systematischen Basis (seidoteki kiban no seibi) sowie (iii) Errichtung einer Volksbasis (kokuminteki kiban no kakuritsu).58 Um die Vorschläge des Beratungsausschusses in konkrete Gesetzesentwürfe auszuarbeiten, wurden Untersuchungsgruppen gebildet. Die Untersuchungsgruppe Arbeit (rōdō kentō-kai) (im Folgenden: Untersuchungsgruppe), die die gerichtlichen Verfahren im Bereich arbeitsrechtlicher Streitigkeiten neu gestalten sollte, gehörte in die zweite Kategorie und trat Anfang 2002 erstmals zusammen. 59 Sie setzte sich aus Fachleuten in Arbeitssachen zusammen, unter ihnen Professoren, Richter, Rechtanwälte, Vertreter des Ar56 Die Forderung nach der Stärkung der juristischen Berufe in Quantität und Qualität mündete in die Reform der Ausbildung der juristischen Berufe, die mit der Reform der Hochschulen und einer Gründung von Rechtsschulen (hōka daigaku-in) in Anlehnung an die US-amerikanischen Law Schools (auf Japanisch daher auch rō sukūru) einher ging. Ausführlich zur Ausbildungsreform N AKATA, Die große Reform des juristischen Ausbildungssystems in Japan: Die Einführung der Law School nach US-amerikanischem Vorbild, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 18, 2004, S. 147–159; kritisch zur quantitativen Umsetzung der Reformbestrebungen MENKHAUS, 2006, S. 288. 57 Die Forderung nach der Beteiligung des Volkes wurde in dem Gesetz über die Beteiligung von Schöffen im Strafgericht (saiban-in no sanka suru keiji saiban ni kan suru hōritsu, Gesetz Nr. 63 vom 28.05.2004) umgesetzt und führte zur Einführung einer Art Schöffensystem im Strafprozess (saiban-in seido). 58 SUMIDA, 2001, S. 66. 59 Die 1. Sitzung fand am 12.02.2002 statt, die letzte, 32. Sitzung, am 27.07.2004, siehe Liste der Sitzungen der Untersuchungsgruppe Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgesucht am 17.05.2015).

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beits- und des Justizministeriums sowie Vertreter der Interessenverbände. 60 Den Vorsitz führte Kazuo Sugeno, der bereits vom Beratungsausschuss zur Klärung der Frage nach dem Umgang mit arbeitsrechtlichen Streitigkeiten hinzugezogen worden war. a) Aufgabe der Untersuchungsgruppe Die Untersuchungsgruppe war zur Bearbeitung des oben dargestellten Aufgabenkatalogs des Beratungsausschusses zusammengekommen.61 Sie sollte – ein System der Arbeitsschlichtung errichten (Aufgabe 1), – entscheiden, ob bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten die Beteiligung von Personen mit besonderer Kenntnis über Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen eines streitigen Verfahrens eingeführt werden solle (Aufgabe 2) und – entscheiden, ob ein eigenes Prozessverfahren in Arbeitssachen notwendig sei (Aufgabe 3). 62 b) Verlauf der Beratungen der Untersuchungsgruppe Seit Beginn der Reformbewegung standen sich die Konzepte von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite im Hinblick auf die Frage, wie stark ein Beilegungssystem in die Souveränität der Streitparteien eingreifen sollte, diametral gegenüber. Die Arbeitgeberseite sprach sich für ein möglichst wenig eingreifendes Verfahren aus. Bereits im Jahr 2000 hatte der Verband der japanischen Wirtschaftsorganisationen in einer öffentlichen Meinungsäußerung zur Justizreform als beste Art der Streitbeilegung die innerbetriebliche Verhinderung von Streitigkeiten und, falls dies nicht funktioniere, die innerbetriebliche, unabhängige und selbstständige Beilegung benannt. 63 Vertreter der Arbeitnehmerseite sprachen sich demgegenüber für eine möglichst stark in die Souveränität der Streitparteien eingreifende Maßnahme, das gerichtliche streitige Verfahren aus. 64 Das Verlangen nach einem Verfahren mit Entscheidungsfunktion wurde auf die Besonderheiten arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zurückgeführt. Zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrags bestehe kein 60

Siehe PM Japan, Liste der Mitglieder der Untersuchungsgruppe Arbeit. Unter ihnen war auch Tsuyoshi Takagi, der bereits Mitglied des Beratungsausschusses gewesen war. Gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Yoshiaki Ukai vertrat er die Arbeitnehmerinteressen, Hironori Yano vom Verband der japanischen Wirtschaftsorganisationen sowie Rechtsanwalt Nobunori Ishizaki galten als Vertreter der Arbeitgeberinteressen. 61 Kapitel 4 A.II.c)(2). 62 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 63 ISHIZAKI, shiyō-sha-gawa dairi-nin kara mita rōdō kentō-kai no seika [Zu den Ergebnissen der Untersuchungsgruppe Arbeit aus der Sicht eines Arbeitgebervertreters], in: Jiyū to Seigi, Vol. 55, No. 6, 2004, S. 42. 64 SUGENO, 2006, S. 10.

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Gleichgewicht, der Arbeitgeber habe eine weitaus stärkere Machtposition als der Arbeitnehmer. 65 Insofern komme der Position eines neutralen Dritten, der mit einer Entscheidungsbefugnis ausgestattet ist, aus Arbeitnehmersicht besondere Bedeutung zu. Der Forderung nach einem alternativen und möglichst außergerichtlichen Verfahren stand der Wunsch nach einem streitigen Prozessverfahren entgegen, so dass die Ausgangspunkte in der Diskussion kaum weiter auseinander hätten liegen können. Da die Reform der Justiz zur Debatte stand und der Beratungsausschuss bereits ein gerichtliches Verfahren gefordert hatte, war die Vorstellung der Arbeitgeberseite, die Gerichte aus der individualarbeitsrechtlichen Streitbeilegung herauszuhalten, nicht realisierbar. Andererseits beinhaltete die einzige Vorgabe des Beratungsausschusses nur die Errichtung eines gerichtlichen Verfahrens der Arbeitsschlichtung und damit noch nicht die von Arbeitnehmerseite gewünschte Entscheidungsfunktion. Im Laufe der Beratungen standen sich die unterschiedlichen Auffassungen oft sehr hart gegenüber, so dass die Beratung teilweise in einen völligen Stillstand geriet. 66 In Anbetracht der Veränderungen im Beschäftigungssystem, der Diversifizierung der Beschäftigungsarten, der damit stets steigenden Zahl an individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten, war allen Mitgliedern der Untersuchungsgruppe bewusst, dass die Errichtung eines Streitbeilegungssystems unabdingbar war. 67 Zudem bot sich eine Gelegenheit wie diese, im Rahmen einer groß angelegten Justizreform unter Beteiligung von Vertretern von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, der Gerichte, Verwaltung und Rechtsanwaltsvereinigungen gemeinsam zu diskutieren und ein Konzept zu erstellen, nur äußerst selten, so dass trotz heftiger Gegensätze für alle feststand, dass es keine Option war, sich nicht zu einigen.68 Da die Gelegenheit beim Schopfe gepackt werden sollte, wurden die Beratungen von beiden Seiten trotz aller Meinungsverschiedenheiten doch grundsätzlich mit einem gewissen Grad an Kompromissbereitschaft geführt. (1) Arbeitsschlichtung (Aufgabe 1) Im Hinblick auf die erste Aufgabe war der grundsätzliche Kurs durch den Abschlussbericht des Beratungsausschusses bereits vorgegeben. Das neu zu errichtende Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten sollte das Zustandekommen einer Schlichtung fördern. Im Abschlussbericht forderte der Beratungsausschuss im Hinblick auf die Arbeitsschlichtung: 65

MIYAZATO, 2004, S. 42; T AKAGI, 2000, S. 17. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 19. 67 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 17. 68 SUGENO beschreibt die Gelegenheit als eine, die sich höchstens alle 50 Jahre einmal ergibt, SUGENO/Y AMAKAWA/S AITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 20. 66

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

„Bei dem Entwurf für ein System (Anmerkung: der Arbeitsschlichtung) soll über folgende Beilegungsmethoden beratschlagt werden: (i) die Möglichkeit, den Antrag am Wohnsitz des Antragstellers einzureichen, (ii) die Verstärkung der Bindung an das Prozessverfahren, (iii) die Errichtung eines Mechanismus zur Förderung des Zustandekommens einer Schlichtung.“69

Die Mindestvorgabe für die Untersuchungsgruppe war somit, dass das neue Verfahren einen alternativen Streitbeilegungsteil enthalten sollte. Ob das Verfahren darüber hinaus auch mit einer Entscheidungsfunktion, d.h. der Kompetenz für einen gerichtlichen Spruchkörper eine verbindliche Entscheidung zu fällen, ausgestattet werden sollte, wie die Arbeitnehmerseite es forderte, war der Untersuchungsgruppe im Rahmen der Aufgabe 2 überlassen worden und wird im Folgenden näher erläutert. In welcher Form die mit Aufgabe 1 geforderte Arbeitsschlichtung letztlich Einzug in das zu schaffende Verfahren fand, ist dann im Anschluss das Thema der Analyse unter Kapitel 4 A.III.c). (2) Beteiligung von Fachlaien im streitigen Verfahren (Aufgabe 2) Mit der zweiten Aufgabe hatte der Beratungsausschuss der Untersuchungsgruppe die Entscheidung übertragen, ob bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten die Beteiligung von Personen mit besonderer Kenntnis über Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen eines streitigen Verfahrens eingeführt werden solle. Die Kernfrage war damit, ob man in Japan ein Verfahren mit Entscheidungsfunktion etablieren wollte, in dem nicht nur Berufsrichter, sondern auch Fachlaien die Entscheidungsfunktion ausüben. In der Untersuchungsgruppe Arbeit wurde die von Arbeitnehmerseite bevorzugte Variante unter dem Begriff sanshin-sei diskutiert, welchen Takagi als Gerichtssystem, an dem Personen mit fachlichem Wissen und Kenntnissen über Beschäftigung und Arbeitsbeziehungen teilnehmen und entscheiden, definiert hatte.70 Zu Beginn der Arbeit der Untersuchungsgruppe waren verschiedene ausländische Systeme zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten von japanischen Fachleuten vorgestellt worden. 71 Die deutsche Arbeitsge-

69

PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22, 23. TAKAGI , shihō seido kaikaku to „rōdō“ [Die Reform des Justizsystems und „Arbeit“], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 102, 2003, S. 16. 71 In der 7. Sitzung der Untersuchungsgruppe gab es ein Hearing zum französischen System, in der 8. Sitzung folgten Hearings zum deutschen, englischen und USamerikanischen System, siehe rōdō kentō-kai (dai-nanakai) giji-roku [Protokoll der 7. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 04.09.2002, im Internet zugänglich unter

(zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) und rōdō kentō-kai (dai-hachikai) giji-roku [Protokoll der 8. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 30.09.2002, im Internet zugänglich unter 70

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richtsbarkeit wurde von Katsutoshi Kezuka, seines Zeichens Professor für Arbeitsrecht, als Beispiel für ein sanshin-sei ausführlich vorgestellt und kritisch bewertet. 72 Das System der ehrenamtlichen Richter, wie es die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit vorsieht, führte zu heftigen Diskussionen innerhalb der Untersuchungsgruppe. Die Arbeitnehmerseite verlangte eben diese Beteiligung von Fachlaien mit vollem Stimmrecht, mit der Begründung, sie sei für eines der Ziele der Großen Justizreform, der gesteigerten Teilhabe des japanischen Volkes am gerichtlichen Verfahren, notwendig. 73 Zudem wollte man nicht nur die Kenntnisse der Fachlaien für die Beilegung nutzen, sondern erwartete umgekehrt eine Durchdringung der Arbeitgeberbetriebe mit rechtlichen Regelungen, da die Fachlaien dort ein Feedback gäben. 74 Insgesamt wurde angezweifelt, dass die japanischen Richter über ausreichende Kenntnisse der arbeitsrechtlichen Praxis verfügten, diese jedoch notwendig seien, um den Sachverhalt beurteilen und angemessene Entscheidungen fällen zu können. 75 Die Arbeitgeberseite befürchtete demgegenüber, dass die Beteiligung von Fachlaien zu einem Vertrauensverlust in die Gerichte führe, da den Fachlaien die Kenntnisse zur juristischen Bestimmung des Sachverhaltes fehlten und Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter naturgemäß entgegengesetzte Ansichten verträten und sich nicht neutral verhalten könnten. 76 Zudem komme eine Arbeitsgerichtsbarkeit nach europäischem Vorbild ohnehin nicht in Betracht, da die gesellschaftlichen Voraussetzungen nicht vergleichbar seien. 77

(zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 72 KEZUKA, doitsu no rōdō funsō shori seido [Das System der Erledigung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Deutschland], Material Nr. 49 der Untersuchungsgruppe, 8. Sitzung der Untersuchungsgruppe vom 30.09.2002, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). Kezukas Bericht war weitaus ausführlicher als die Darstellung der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit in dem Bericht von Tsuyoshi T AGAKI im Beratungsausschuss. 73 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 16; TAKAGI, 2003, S. 17. 74 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 16; SUGENO, 2001, S. 88. 75 INOUE, 2001, S. 98, 101; SUGENO, 2000, S. 5. 76 UKAI , kobetsu rōdō funsō kaiketsu no genjō to kadai – rōdō shinpan seido wo chūshin ni [Die derzeitige Lage und Aufgaben der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten – mit Fokus auf dem Verständigungssystem], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 77; YAMAKAWA, kobetsu rōdō funsō shori shisutemu no genjō to kadai - sōron [Die derzeitige Lage und Aufgaben der Systeme zur Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten – Allgemeine Bemerkungen], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 9. 77 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 16.

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Beispielsweise seien in Europa Arbeitsbeziehungen nach Industriezweigen, in Japan aber nach Unternehmen getrennt.78 Auch die Richterseite sprach sich vermehrt gegen die Beteiligung von Fachlaien aus. Sie hielt die bestehenden Fachabteilungen bei einigen Distriktgerichten für vollkommen ausreichend und verwies auf die Befürchtung der Arbeitgeber, im japanischen Volk kein Vertrauen in ein solches System aufbauen zu können.79 Hinzu kam die Sorge, es werde zwischen den Berufsrichtern und den Fachlaien zu Uneinigkeiten im Hinblick auf die Entscheidungen kommen.80 Die meisten Befürchtungen der Arbeitgeber- und Richterseite konnten nach einem Symposium der Vereinigung der japanischen Rechtsanwälte (nichibenren), zu dem zwei Richter aus Deutschland und England eingeladen worden waren, um über ihre Erfahrungen mit dem jeweiligen sanshin-sei zu berichten, ausgeräumt werden. 81 Beide Richter konnten überzeugend darlegen, dass das praktische Wissen der Fachlaien einen großen Nutzen für die Beilegung hat. Das geschilderte Zusammenspiel zwischen den rechtlichen Kenntnissen der Berufsrichter und der praktischen Erfahrungen der Fachlaienrichter wurde daraufhin von japanischer Seite als „kraftvoller Cocktail“ beschrieben. 82 Durch die Berufsrichter werden die fehlenden juristischen Kenntnisse der Laienrichter aufgehoben. Die Sorge, Vertreter der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite seien grundsätzlich entgegengesetzter Auffassung und könnten an der Streitbeilegung nicht neutral und fair mitarbeiten, konnten die Richter aus ihrer praktischen Erfahrung nicht bestätigen. 83 Eine besondere

78

Siehe SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 16. INOUE, 2001, S. 113, 114. 80 NANBA, saiban-kan kara mita rōdō shinpan no jissai [Die Praxis der Verständigungsverfahren aus der Sicht eines Richters], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 41. 81 Das Symposium fand am 05.07.2003 statt. Aus Deutschland war Richterin am Landesarbeitsgericht Karin Aust-Dodenhoff eingeladen worden. Die Diskussion zwischen den Mitgliedern der Untersuchungsgruppe und den beiden Richtern ist im Protokoll zum Symposium festgehalten, siehe rōdō kentō-kai (dai-nijūsan-kai) giji-roku [Protokoll der 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 11.07.2003, im Internet zugänglich unter

(zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) sowie doitsu · igirisu no rōdō saiban-kan to no kondan-kai gijiroku [Protokoll zum Gespräch mit deutschen und englischen Richtern], Material Nr. 194 der Untersuchungsgruppe, 27. Sitzung der Untersuchungsgruppe vom 19.09.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 82 YOKOMIZO, nichibenren rōdō hōsei i’in-kai to rōdō kentō-kai [Die Kommission der Vereinigung japanischer Rechtanwälte zur Gesetzgebung in Arbeitssachen und die Untersuchungsgruppe Arbeit], in: Jiyū to Seigi, Vol. 55, No. 6, 2004, S. 26. 83 Rōdō kentō-kai (dai-nijūsan-kai) giji-gaiyō [Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 11.07.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015); YOKOMIZO, 2004, S. 26. 84 TAKAGI , 2003, S. 17. 85 Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe. 86 Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe. 87 Protokoll zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe. 88 Protokoll zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe. 89 Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe.

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vilprozessgesetzes im Jahre 2003. 90 Die Untersuchungsgruppe entschied hierüber nicht endgültig, sondern reichte die Aufgabe weiter. Die veränderten Vorschriften des ZPG sollten zunächst auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten angewendet werden. Ein eigenständiges Verfahrensrecht wurde somit nicht entwickelt. Allerdings sollten die in der Praxis mit solchen Fällen betrauten Richter und Rechtsanwälte über Verbesserungen in der Umsetzung beraten. 91 (4) Zwischenergebnis der Untersuchungsgruppe Im Ergebnis war ein an die Stelle des Zivilprozesses tretendes eigenständiges Prozessverfahren für Arbeitssachen nicht durchsetzbar. Immerhin stand nach umfassender Diskussion in der Untersuchungsgruppe jedoch zumindest der Beteiligung von Fachlaien in einem streitigen Verfahren nichts mehr im Wege, so dass das neue Verfahren neben einem Teil der Schlichtung (in Anlehung an die zivile Schlichtung) auch über eine Entscheidungsfunktion verfügen sollte. Der Untersuchungsgruppe stellte sich entsprechend die Frage, wie sich die Arbeitsschlichtung mit der Entscheidungsfunktion verbinden ließe. Dass die Verbindung von Schlichtung und Prozess möglich ist, zeigt u.a. das deutsche Arbeitsgerichtssystem mit der Güteverhandlung im ersten Termin. 92 90

Die Untersuchungsgruppenmitglieder, die ein eigenes Verfahren forderten, bezogen sich beispielsweise darauf, dass in Arbeitsangelegenheiten Beweismittel in der Regel zugunsten des Arbeitsgebers ungleich verteilt seien und dem Arbeitnehmer so oft nur der Zeugenbeweis bliebe. Die Gegenauffassung verwies diesbezüglich konkret auf die Erweiterung der Beweisansammlungsmöglichkeiten nach Art. 132–2 bis 132–9 ZPG, wonach u.a. die Einsicht in Beweismaterial bei der Gegenseite vereinfacht worden sei. Der geforderten Beschleunigung werde durch die planmäßige Untersuchung nach Art. 147–2, 147–3 ZPG Genüge getan, siehe zum Meinungsstreit SUGENO/Y AMAKAWA/S AITŌ/J ŌZUKA/ OTOKOZAWA, 2007, S. 16, 17; für ein eigenes Verfahrensrecht spricht sich auch I NOUE, 2001, S. 101, aus. 91 Punkt 3 des rōdō kankei jiken he no sōgōteki na taiō kyōka ni tsuite no chūkan torimatome [Zwischenbericht über die umfassende Stärkung arbeitsrechtlicher Fälle], Material Nr. 177 der Untersuchungsgruppe, 26. Sitzung der Untersuchungsgruppe vom 08.08.2003 (im Folgenden: PM Japan, Zwischenbericht der Untersuchungsgruppe), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 92 Der Hauptzweck der Güteverhandlung ist die Befriedung der Parteien und weist viele Elemente alternativer Streitbeilegung auf. In der Güteverhandlung ist der Richter nicht an die Formalien des Prozessrechts gebunden, sondern kann jenseits der nach materiellem Recht entscheidenden Tatsachen wirtschaftliche, soziale und sonstige Aspekte ansprechen, vgl. NATTER/GROSS, 2010, § 54, Rn. 12, S. 616; GERMELMANN /MATTHES/PRÜTTING/ MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 54, Rn. 23, S. 704; F RANCKEN, Das Arbeitsgericht als MultiDoor Courthouse, in: Neue Juristische Wochenschrift, 2006, S. 1105. Die Güteverhandlung hat eine weitere Funktion, und zwar für den Fall, dass eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit nicht gelingt. Dann dient der Gütetermin der Vorbereitung der streitigen Verhandlung, GERMELMANN/MATTHES/PRÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 54, Rn. 1, S. 698; HENSSLER /WILLEMSEN/KALB, 2010, § 54 ArbGG, Rn. 1, S. 196.

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Im weiteren Verlauf der Beratungen der Untersuchungsgruppe wurden die beiden ersten Aufgaben, die der Beratungsausschuss gestellt hatte (Arbeitsschlichtung und Entscheidungsfunktion unter Beteiligung von Fachlaien), dann zusammengezogen. 93 c) Entwicklung des Verständigungsverfahren (1) Abgrenzung zur zivilen Schlichtung In Anbetracht der Tatsache, dass ein System der Arbeitsschlichtung als besondere Unterart der zivilen Schlichtung eingeführt werden sollte, nutzte die Untersuchungsgruppe das ZSchliG als Ausgangspunkt für die weitere Beratung. 94 Speziell an der Regelung zu dem die Schlichtung ersetzenden Beschluss nach Art. 17 ZSchliG (chōtei ni kawaru kettei) entzündete sich eine neue Diskussion, wie die Entscheidungsfunktion im neu zu schaffenden Verfahren ausgestaltet sein sollte. Art. 17 Satz 1 ZSchliG lautet: „Besteht die Aussicht auf das Zustandekommen einer Schlichtung vor der Schlichtungskommission nicht, hört das Gericht, wenn es dies für angemessen erachtet, die Meinung der Mitglieder der besagten Kommission, erwägt unter Einbeziehung der gesamten Umstände eine für beide Parteien gerechte Lösung und erlässt von Amts wegen innerhalb der Grenzen der Anträge einen zur Beilegung der Angelegenheit notwendigen Beschluss.“

Die Streitpunkte waren zahlreich. Im Verfahren über die zivile Schlichtung erlässt der Berufsrichter den Beschluss nach Art. 17 ZSchliG allein. Die Mitglieder der Schlichtungskommission werden lediglich angehört. Diesbezüglich wurde diskutiert, die Entscheidungskompetenz im neu zu schaffenden Verfahren nicht allein dem Berufsrichter, sondern auch den Fachlaien zu übertragen. Hinsichtlich des Inhalts der Entscheidung wurde besprochen, sie auf der Basis der rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zu treffen, sie somit eher wie ein Urteil auszugestalten. 95 Der die Schlichtung ersetzende Beschluss nach Art. 17 ZSchliG soll demgegenüber lediglich die Umstände einbeziehen und eine für die Parteien gerechte Lösung schaffen. Anders als ein Urteil ist er keine Entscheidung, die sich streng an der Rechtslage orientiert. Des Weiteren stellte sich die Untersuchungsgruppe die Frage, ob die Entscheidung allein durch einen Einspruch einer der Parteien ihre Wirksamkeit verlieren sollte, wie es bei dem die Schlichtung ersetzenden Beschluss gere-

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Punkt 2 des Zwischenberichtes der Untersuchungsgruppe. Einen Überblick über das Verfahren der zivilen Schlichtung nach dem ZSchliG bietet Kapitel 2 C.III.b). 95 In der Untersuchungsgruppe wurde eine Entscheidung, die inhaltlich derjenigen im Prozessverfahren nahe kommt, gefordert (soshō de mo sono naiyō ni chikai handan ga sarete iku), Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe. 94

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gelt ist. 96 Ein Teil der Untersuchungsgruppe äußerte die Befürchtung, mit einer Entscheidung ohne Bindungswirkung bleibe das neue System zu sehr auf der Ebene der zivilen Schlichtung stehen. Diese Kritik ist gerade aus der Sicht der Arbeitnehmervertreter verständlich, da ein Verfahren, in dem die Entscheidung durch bloßen Einspruch unwirksam wird, von einem streitigen Prozessverfahren mit verbindlicher Entscheidung weit entfernt ist. Ein weiterer Punkt, der bereits im Abschlussbericht des Beratungsausschusses angesprochen worden war, war die Verbindung zum zivilprozessualen Verfahren.97 In dieser Hinsicht wurde diskutiert, einen Einspruch gegen die Entscheidung mit einer fiktiven Klageerhebung zu verbinden. Eine solche wäre eine klare Erweiterung zum Verfahren der zivilen Schlichtung gewesen, in dem das Verfahren nach erfolgtem Einspruch gegen den die Schlichtung ersetzenden Beschluss beendet ist, wenn nicht eine der Parteien aktiv Klage einreicht. Betrachtet man noch einmal die sich entgegenstehenden Interessen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, wird deutlich, dass sich das Verfahren, das die Untersuchungsgruppe entwickelte, von dem Verfahren der zivilen Schlichtung abgrenzen sollte, da dieses innerhalb der gerichtlichen Verfahren das am wenigsten in die Autonomie der Parteien eingreifende Verfahren war und somit am ehesten den Vorstellungen der Arbeitgeberseite entsprochen hätte. Die Arbeitnehmerseite bevorzugte demgegenüber ein gerichtliches streitiges Verfahren nach europäischem Vorbild. In der Untersuchungsgruppe setzte sich aus diesen Gründen im Laufe der Beratungen die Vorstellung durch, dass ein Mittelweg zwischen Schlichtung und Prozess zu finden war (soshō to chōtei no chūkan no imēji). 98 (2) Die „Vier Vorschläge“ Um in einem angemessenen Zeitrahmen zu einer Entscheidung darüber zu kommen, wie dieser Mittelweg aussehen könnte, wie also die Elemente der Schlichtung und der Entscheidung in einem Verfahren verbunden werden könnten, hatten drei der Professoren, die Mitglieder der Untersuchungsgruppe Arbeit waren, vier unterschiedliche Systeme entwickelt. 99 Alle Vorschläge hatten gemeinsam, dass 96

Art. 18 Abs. 2 ZSchliG. Im Abschlussbericht des Beratungsausschusses war im Hinblick auf das System der Arbeitsschlichtung gefordert worden, über die Möglichkeit einer im Vergleich zur zivilen Schlichtung stärkeren Anbindung an das Prozessverfahren zu beraten, siehe PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 98 Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe. 99 Die Professoren Ichirō Kasuga, Takashi Muranaka und Ryūichi Yamagawa präsentierten in der 24. Sitzung am 18.07.2003 vier Vorschläge, wie die Schlichtung und die Entscheidung miteinander verbunden werden könnten, siehe KASUGA/MURANAKA / 97

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– Richter und Fachlaien gemeinsam entscheiden, – die Entscheidung (saitei),100 die für den Fall getroffen werden soll, dass eine Schlichtung nicht zustande kommt, sich am Inhalt des Falls orientiert und auf den rechtlichen Beziehungen zwischen den Streitparteien basiert, – das Verfahren zügig, in 2 bis 3 Terminen abgeschlossen werden soll und – im Anschluss an und auch ohne die vorherige Durchführung des vorgeschlagenen Verfahrens das Zivilprozessverfahren eingeleitet werden kann. Alle Vorschläge grenzten sich deutlich von der zivilen Schlichtung ab, da sie die gemeinsame Entscheidung von Berufs- und Laienrichtern und die Entscheidung auf Grundlage der Beziehung von Rechten und Pflichten zwischen den Streitparteien vorsahen. Zusätzlich hatten sie alle die Forderung nach beschleunigter Beilegung in Arbeitssachen in der Form aufgenommen, dass die Anzahl der Termine beschränkt wurde. Die Vorschläge unterschieden sich jedoch im Hinblick auf die Wirksamkeit der Entscheidung 101 und wie die Wirksamkeit verloren gehen sollte. 102 Die hiermit verbundene Frage nach der Bindungswirkung der Entscheidung wurde zum letzten großen Streitpunkt während der Beratungen. Im Hinblick auf den Verlust der Wirksamkeit der Entscheidung hatte es in den Vorschlägen der Professorengruppe zwei Möglichkeiten gegeben: Die Wirksamkeit sollte entweder durch das Einreichen einer Klage innerhalb einer Notfrist oder durch Einspruch entfallen können. Die Kritik an dem Unwirksamwerden der Entscheidung durch bloßen Einspruch war, dass die Entscheidungsfunktion bedeutungslos werde, wenn ein einfacher Einspruch ausreiche, um die Bindung an die Entscheidung aufzuheben.103 Der Kompromiss, den die Untersuchungsgruppe letztlich fand, war der, die Wirksamkeit der Entscheidung zwar durch einen Einspruch innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen entfalYAMAGAWA, chūkanteki na seido no hōkōsei ni tsuite (memo) [Vermerk über die Richtung für ein System zwischen Schlichtung und Prozess], Material Nr. 162 der Untersuchungsgruppe, 24. Sitzung am 18.07.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 100 In den Vorschlägen wird der Begriff saitei verwendet, der deutlich macht, dass eine Art von Entscheidung das zu bildende Verfahren abschliessen sollte. Baum und Schwittek definieren saitei allgemein als außergerichtliches Urteil im Rahmen eines ADRVerfahrens, BAUM /SCHWITTEK, 2008, S. 503. Diese Bedeutung kann hier jedoch nicht gemeint sein, da das Verständigungsverfahren von Beginn an eindeutig als gerichtliches Verfahren angelegt war. 101 Zur Auswahl standen die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs (saiban-jō no wakai to dōitsu no kōryoku) und die urteilsgleiche Wirkung (hanketsu to dōitsu no kōryoku). 102 Der Verlust der Wirksamkeit sollte entweder durch das Einreichen einer Klage innerhalb einer Notfrist oder durch bloßen Einspruch herbeigeführt werden. 103 KEZUKA, 2006, S. 18.

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len zu lassen, zeitgleich mit dem Einspruch jedoch das Einreichen einer Klage zu fingieren. Zudem einigte sich die Untersuchungsgruppe darauf, dass die Entscheidung dieselbe Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich (saiban-jō no wakai to dōitsu no kōryoku) haben sollte, wenn kein Einspruch eingelegt wird. Da das neue System zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten über das der zivilen Schlichtung hinausging, andererseits jedoch nicht mit eigenem Instanzenzug das zivilprozessuale Verfahren verdrängen sollte, wären sowohl die Bezeichnung Verfahren der Arbeitsschlichtung als auch Arbeitsprozessverfahren unpassend gewesen. Die Untersuchungsgruppe gab dem neu zu errichtenden Verfahren dementsprechend einen anderen Namen und nannte es „Verständigungsverfahren in Arbeitssachen“ (rōdō shinpan tetsuzuki). 104 Das Verfahren sollte nicht von der Schlichtung dominiert werden, diese sollte vielmehr in das Entscheidungsverfahren eingegliedert werden,105 um es deutlich vom Verfahren der zivilen Schlichtung abzugrenzen. Diese Einordnung wurde interessanterweise trotz der Befürwortung eines Schlichtungssystems auch von der Arbeitgeberseite getragen.106 d) Ergebnis der Untersuchungsgruppe Ende 2003, nach fast zweijähriger Beratungszeit legte die Untersuchungsgruppe mit ihrem Kernvorschlag zur Errichtung des Verständigungssystems in Arbeitssachen (rōdō shinpan seido no seido sekkei no kosshi) die Kern-

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Der Begriff „Verständigungssystem“ fiel erstmals im Zwischenbericht der Untersuchungsgruppe vom 08.08.2003, in dem die Aufgaben 1 und 2 des Beratungsausschusses (siehe unter Kapitel 4 A.III.b)(3)) endgültig zusammengelegt wurden und die Untersuchungsgruppe festlegte, ein neues gerichtliches System zur einfachen und schnellen Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu errichten, bei dem auf der Basis einer Arbeitsschlichtung Richter und Fachleute die Angelegenheit untersuchen, sich beraten und eine Entscheidung fällen, die auf dem Inhalt des Falls und dem Rechtsverhältnis beruht. Dieses System wurde zu diesem Zeitpunkt noch vorläufig „Verständigungsverfahren in Arbeitssachen“ genannt, siehe PM Japan, Zwischenbericht der Untersuchungsgruppe. 105 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 21, sprechen von Schlichtung, die in das Verständigungsverfahren eingebettet ist (rōdō chōtei wo hōsetsu shita rōdō shinpan). 106 Die Äußerung Hironori Yanos, des Vertreters des Verbandes der japanischen Wirtschaftsorganisationen, er verstehe das Verständigungssystem als ein System, in das die Schlichtung eingebaut ist (rōdō shinpan seido to iu no ha rōdō chōtei wo biruto in shita seido de aru rikai shite iru), machte den Weg dafür frei, dass das Verständigungsverfahren in erster Linie als Verfahren mit Entscheidungsfunktion verstanden wurde. Die Äußerung Yanos stammt aus der 27. Sitzung der Untersuchungsgruppe, siehe rōdō kentō-kai (dainijūnana-kai) giji-roku [Protokoll der 27. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 19.09.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015).

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punkte des Beratungsergebnisses vor. 107 Neben den bereits in den Vorschlägen der Professoren vorgegebenen Aspekten waren dies: – Das Verständigungsverfahren wird unabhängig vom Willen des Antragsgegners durchgeführt und es wird im Grundsatz im Wege der Schlichtung oder mittels eines Beilegungsvorschlags (kaiketsu-an) beigelegt. – Ist einer der Beteiligten mit dem Beilegungsvorschlag unzufrieden, kann er innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch einlegen und dadurch die Wirksamkeit des Vorschlags vernichten. – Um eine angemessene Verbindung zwischen Verständigungsverfahren und Zivilprozess zu erreichen, wird im Fall des Einspruchs der Zeitpunkt des Antrags auf das Verständigungsverfahren als Zeitpunkt einer Klageeinreichung angesehen.108 Die Kernpunkte wurden bis zum Ende der Beratungen Mitte 2004 zu einem detaillierteren Abriss des Verständigungsverfahrens 109 (rōdō shinpan seido no gaiyō) und im Anschluss an die Arbeit der Untersuchungsgruppe zu einem Gesetzesentwurf ausgearbeitet. 110 IV. Würdigung Die rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens allein anhand der dargestellten Entstehungsgeschichte bereitet Schwierigkeiten. Nicht nur deshalb, weil die Entscheidungsform des Verständigungsspruches – welcher im Kernvorschlag der Untersuchungsgruppe noch als Beilegungsvorschlag bezeichnet wurde – im deutschen Verfahrensrecht nicht existiert, sondern auch, weil das Verständigungssystem als Kompromisslösung der widerstreitenden Interessen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite entstanden ist und nicht von Anfang an das erklärte Ziel der Justizreform gewesen war. Das Verständigungsverfahren ist das Ergebnis einer langen Beratungsphase und durch die Bereitschaft beider Seiten Zugeständnisse zu machen ermöglicht worden. Es ist ein Verfahren, das zwischen einem Schlichtungs- und einem streitigen Prozessverfahren angesiedelt wurde. 107 Rōdō shinpan seido no seido sekkei no kosshi [Kernvorschlag der Untersuchungsgruppe zur Errichtung des Verständigungssystems in Arbeitssachen], Material Nr. 206 der Untersuchungsgruppe, 30. Sitzung der Untersuchungsgruppe am 26.11.2003 (im Folgenden: PM Japan, Kernvorschlag der Untersuchungsgruppe), im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 108 PM Japan, Kernvorschlag der Untersuchungsgruppe. 109 Rōdō shinpan seido no gaiyō [Abriss zum Verständigungssystem], Material Nr. 213 der Untersuchungsgruppe, 31. Sitzung der Untersuchungsgruppe am 19.12.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 110 Das Verständigungsgesetz wurde am 12.05.2004 als Gesetz Nr. 45 verabschiedet.

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Die Aufgaben, die zunächst dem Beratungsausschuss und später der Untersuchungsgruppe übertragen worden waren, bieten selbst kaum Hinweise für eine Einordnung des Verständigungsverfahrens. Der Beratungsausschuss ist weder konkret damit beauftragt worden ein alternatives Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu entwickeln noch damit ein streitiges Verfahren zu etablieren. 111 Der Ausgangspunkt war eine grundlegende Kritik am japanischen Justizsystem, so dass die Aufgabe viel allgemeiner gefasst war: es sollte ein verbesserter Zugang zur Justiz für das japanische Volk sowie eine angemessene und schnelle Beilegung erreicht werden. 112 Wie er diese Forderung umsetzen würde, war dem Beratungsausschuss letztlich selbst überlassen. Der Beratungsausschuss forderte ein Schlichtungsverfahren für Arbeitssachen. 113 Ob ein streitiges Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten errichtet werden sollte, überließ der Beratungsausschuss seinerseits dann der Untersuchungsgruppe. 114 Die Errichtung eines streitigen Verfahrens war, obwohl die Justiz im Hinblick auf die Streitigkeiten in Arbeitssachen gestärkt werden sollte, 115 somit keine explizite Forderung innerhalb des Reformprozesses. Als die Untersuchungsgruppe ihre Arbeit aufnahm, war daher lediglich sicher, dass das neu zu errichtende Verfahren mit der Arbeitsschlichtung zumindest über einen alternativen Verfahrensabschnitt verfügen würde. Die Aufgabenstellung für die Untersuchungsgruppe gibt somit auch keinen Hinweis auf die rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens. Unabhängig von der Einordnung des Verfahrens ist mit dem Verständigungssystem erstmals den Gerichten die Zuständigkeit für ein speziell auf die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zugeschnittenes Verfahren zugewiesen worden. In einem Beilegungssystem, in dem für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten zunächst gar keine und dann ausschließlich außergerichtliche Verfahren eingerichtet worden waren, ist das Verständi111 Der Beratungsausschuss selbst hat die Aufgabe sehr breit verstanden und nicht zwingend die Errichtung eines streitigen Verfahrens gefordert, sondern ausdrücklich die Möglichkeit der Schaffung eines alternativen Verfahrens bejaht, siehe PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 112 Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens; siehe PM Japan, Protokoll der 1. Sitzung des Beratungsausschusses. 113 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 114 PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 23; siehe auch unter Kapitel 4 A.III.b)(3). 115 Die Stärkung der Justiz speziell im Hinblick auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten (rōdō kankei jiken he no taiō kyōka ni tsuite) war Thema der 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000, siehe PM Japan, Protokoll der 40. Sitzung des Beratungsausschusses.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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gungsverfahren als Bruch mit dieser Praxis ein wesentliches Ergebnis der Großen Justizreform. Der Fachcharakter von individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten ist ebenfalls anerkannt worden und führte zur Beteiligung von Fachlaien, die gemeinsam mit dem Berufsrichter die Entscheidung im Verständigungsverfahren fällen und zu verschiedenen Regelungen, die eine beschleunigte Beilegung sicherstellen sollen. Das Verständigungsverfahren weist von der Konstruktion her insofern Ähnlichkeiten zum Verfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten auf, in dem mit den ehrenamtlichen Richtern ebenfalls Fachlaien beteiligt sind und ein besonderes Beschleunigungsgebot gilt. 116 Im Verständigungssystem sind Elemente der Schlichtung und der Entscheidung miteinander verbunden worden. Durch die Möglichkeit im Wege des Verständigungsspruchs eine einseitige Entscheidung zu fällen, wird das Verständigungsverfahren in Japan als Verfahren mit Entscheidungsfunktion angesehen und von den bisherigen alternativen Verfahren abgegrenzt, die nicht mit einer solchen Funktion ausgestattet sind. 117 Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Entscheidungsfunktion das Verständigungsverfahren zwangsläufig auch zu einem streitigen gerichtlichen Verfahren macht. Im folgenden Abschnitt wird das Verständigungsverfahren einer eingehenen Analyse unterzogen, die deutlich machen soll, dass das Verständigungsverfahren trotz der Entscheidungsfunktion im Wesentlichen wie ein alternatives Verfahren ausgestaltet ist.

B. Analyse des Verständigungsverfahren B. Analyse des Verständigungsverfahren

Mit dem Inkrafttreten des VerstGA im Jahr 2006 ist in Japan erstmals ein gerichtliches Verfahren für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten eingerichtet worden. Allein die Tatsache, dass den Gerichten eine Zuständigkeit für die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zugewiesen worden ist, ist ein bedeutendes Ergebnis der Großen Justizreform, ist dadurch doch die jahrzehntelange Konzentration auf Beilegungsverfahren der Verwaltung durchbrochen worden. In diesem Abschnitt der Arbeit werden die wesentlichen Bestandteile des Verständigungsverfahrens sowie die einzelnen Verfahrensschritte analysiert 116

§ 6 ArbGG regelt die Besetzung der Arbeitsgerichte mit Berufs- und ehrenamtlichen Richtern. In § 9 Abs. 1 ArbGG findet der besondere Beschleunigungsgedanke seinen Niederschlag. 117 KEZUKA, 2006, S. 16, 17; auch die vier Vorschläge in der Untersuchungsgruppe nannten das, was später zum Verständigungsspruch wurde, Entscheidung, und zwar im Gegensatz zur Schlichtung, mit der die Entscheidung verbunden werden sollte, K ASUGA/ MURANAKA/YAMAGAWA, 2003.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

und an geeigneter Stelle mit den entsprechenden Vorschriften des japanischen ZPG, des ZSchliG sowie mit dem deutschen ArbGG verglichen, um so unmittelbar Unterschiede und Übereinstimmungen aufzeigen zu können. Auf eine davon losgelöste Darstellung des japanischen Zivilprozessverfahrens und der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit wird bewusst verzichtet. Darüber hinaus wird bei der Untersuchung der einzelnen Verfahrensabschnitte darauf eingegangen, ob in der Ausgestaltung des Verständigungsverfahren streitige oder alternative Elemente stärker zu Tage treten, um letztlich eine Einordnung des Verständigungsverfahrens als streitiges oder alternatives gerichtliches Verfahren vornehmen zu können. I. Abriss des Verfahrens Im vorangehenden Abschnitt A ist die Entwicklung der wesentlichen Eckpunkte des Verständigungsverfahrens im Beratungsausschuss und der Untersuchungsgruppe untersucht worden. Im Folgenden soll eine kurze Einführung in das Verständigungsverfahren in der Form, in der es letztlich verabschiedet wurde, erfolgen, 118 um im Anschluss daran einzelne Vorschriften des VerstGA genauer daraufhin zu untersuchen, ob es die Zielsetzung einer raschen, angemessenen und effektiven Streitbeilegung in seinen gesetzlichen Bestimmungen umsetzt. Art. 1 VerstGA gibt die Zielsetzung des Gesetzes vor: „Zweck dieses Gesetzes ist es, im Falle zivilrechtlicher Streitigkeiten zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsvertrages oder in anderen Angelegenheiten rund um das Arbeitsverhältnis (im Folgenden: individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten) nach einer raschen, angemessenen und effektiven Streitbeilegung zu streben, die sich am tatsächlichen Sachverhalt orientiert; im Gericht untersucht eine Kommission, bestehend aus Berufsrichtern und Personen, die über besondere Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Arbeitsverhältnisse verfügen, die Sache auf Antrag einer der betroffenen Parteien und versucht zu schlichten, wenn die Möglichkeit einer Streitbeilegung durch Schlichtung besteht; für die Fälle, in denen es nicht zu einer Beilegung durch Schlichtung kommt, ist ein Verfahren zur Entscheidung durch einen Verständigungsspruch in Arbeitssachen (der Verständigungsspruch soll sich am tatsächlichen Sachverhalt orientieren und auf den rechtlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Parteien der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit basieren) errichtet worden (im Folgenden: Verständigungsverfahren in Arbeitssachen).“

Das Verständigungsverfahren dient der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Unter individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten werden Streitigkeiten zivilrechtlicher Art zwischen einzelnen Arbeitnehmern und 118 Einen Überblick über das Verständigungsverfahren bietet auch S UGENO, Überblick über die Verständigung in Arbeitssachen [rōdō shinpan gaikan], in: rōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], Sondernummer des Jurist, 2008, S. 12–25.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen von Arbeitsverhältnissen und andere das Arbeitsverhältnis betreffende Angelegenheiten verstanden. Ziel des Gesetzes ist es, eine auf dem Sachverhalt beruhende rasche, angemessene und effektive Beilegung dieser Streitigkeiten zu erreichen. Am tatsächlichen Sachverhalt orientiert bedeutet, dass der Inhalt der Beilegung über die Beachtung des Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten hinaus die genauen Umstände der Angelegenheit zu berücksichtigen hat und im Sinne eines flexiblen Ergebnisses vernünftig und angemessen sein soll. 119 Für eine rasche Beilegung besteht bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern immer eine besondere Notwendigkeit, da ein solcher Streit, wenn er andauert, den Arbeitnehmer in eine äußerst instabile Position bringen kann.120 Uneinigkeit im Hinblick auf dieses Dauerverhältnis bedroht die Existenz und das tägliche Leben des Arbeitnehmers und seiner Familie. 121 Um eine schnelle Beilegung zu gewährleisen, hat die Untersuchungsgruppe im VerstGA verschiedene Maßnahmen getroffen. Das Verfahren wird von einer Kommission, die aus arbeitsrechtlichen Fachleuten zusammengesetzt ist, durchgeführt und soll innerhalb von 3 Terminen abgeschlossen werden. 122 Zudem können sich die Parteien von Rechtanwälten vertreten lassen. 123 Die Verständigungskommission besteht aus einem Berufsrichter (Verständigungsrichter) und den Fachlaienrichtern (Verständigungslaienrichter), die über fachliches Wissen und Erfahrungen im Bereich der Arbeitsbeziehungen verfügen 124 und von den Interessengruppen, den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden, vorgeschlagen werden. 125 Im Hinblick auf die Erledigung der Verständigungsfälle muss eine Entscheidung auf Grundlage des Sachverhalts getroffen werden, wobei die Fachlaienrichter im Laufe des Entscheidungsprozesses ihr Fachwissen über das Beschäftigungssystem und die Gewohnheiten in der Praxis zeigen und anwenden sollen. 126 Gleichzeitig müssen die Fachlaienrichter als ausführende Organe in einem gerichtlichen Verfahren die zur Erledigung der Angelegenheit notwendigen Tätigkeiten nicht in ihrer Funktion als Vertreter einer Interessengemeinschaft, sondern neutral und fair 119

SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 60. Vgl. YAMAZAKI in ŌKAWA/KUROKAWA /KOIKE /SATŌ/YAMAZAKI , 2005, S. 65. 121 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 54; PM Japan, Abschlussbericht des Beratungsausschusses, S. 22. 122 Art. 9, 15 Abs. 2 VerstGA. 123 Art. 4 VerstGA. 124 Art. 9 Abs. 2 VerstGA. 125 HARUNA, rōdō shinpan seido no genjō to kadai [Die derzeitige Lage und Aufgabe des Verständigungssystems], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 47. 126 SAITŌ, rōdō shinpan hō no seiritsu keii to gaian [Einzelheiten über das Zustandekommen des Gesetzes über das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen und ein allgemeiner Überblick], in: Jurist, Nr. 1275, 2004, S. 17; SUGENO /YAMAKAWA/S AITŌ/ JŌZUKA / OTOKOZAWA, 2007, S. 79. 120

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

durchführen.127 In diesem Sinne ist die Beteiligung von Fachlaien einer der wesentlichen Pfeiler des Verständigungssystems. 128 Das Verständigungsverfahren wird eingeleitet, wenn eine oder beide Parteien einen Antrag auf Durchführung bei Gericht einreichen. 129 Damit das Verfahren angemessen und effektiv verlaufen kann, obliegt die Pflicht der Verfahrensführung dem Berufsrichter. 130 Die Verständigungskommission muss rasch das Vorbringen der Beteiligten hören und die Streitpunkte und Beweisangebote ordnen und das Verfahren, mit Ausnahme besonders gelagerter Fälle, innerhalb von 3 Terminen zu einem Abschluss bringen. 131 Die Verständigungskommission ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und führt auf Antrag oder ebenfalls von Amts wegen für nötig befundene Beweiserhebungen durch (Amtsermittlungsgrundsatz). 132 Das Verständigungsverfahren ist ein nicht öffentliches Verfahren.133 Die Verständigungskommission wird auf Antrag tätig, untersucht den Streit zwischen den Parteien und versucht, wenn die Aussicht auf eine Beilegung durch Schlichtung besteht, eine solche und fällt, wenn diese Art der Beilegung nicht gelingt, einen Spruch unter Berücksichtigung des Sachverhalts und des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. 134 In Art. 1 VerstGA zeigt sich deutlich das von der Untersuchungsgruppe beschlossene System, in dem die Schlichtung in das System der Verständigung eingeordnet ist. 135 Der Charakter des gesamten Verfahrens wird nicht von der Schlichtung, sondern von der Verständigung bestimmt. Die Schlichtung soll zwar versucht werden, wenn die Aussicht auf eine einvernehmliche Beilegung im Wege der Schlichtung besteht. Grundsätzlich werden die Sitzungstermine jedoch genutzt, um den zugrunde liegenden Sachverhalt und das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien zu ermitteln, damit ein Verständigungsspruch gefällt werden kann. 136 Spricht die Verständigungskommission einen Spruch aus, können die Beteiligten innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung bzw. mündlicher Bekanntgabe des Verständigungsspruchs bei Gericht Einspruch einlegen. 137 Im Falle eines wirksamen Einspruchs gegen einen Verständigungs-

127 Art. 9 Abs. 1 VerstGA; S AITŌ, 2004, S. 17; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA / OTOKOZAWA, 2007, S. 79. 128 YAMAZAKI in ŌKAWA/KUROKAWA/KOIKE /SATŌ/YAMAZAKI , 2005, S. 66. 129 Art. 5 VerstGA. 130 Art. 13 VerstGA. 131 Art. 15 VerstGA. 132 Art. 17 VerstGA. 133 Art. 16 VerstGA. 134 Art. 1 VerstGA. 135 Vgl. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 21. 136 Art. 15 Abs. 2 VerstGA. 137 Art. 21 Abs. 1 VerstGA.

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spruch, verliert dieser seine Wirksamkeit. 138 Gleichzeitig wird das Einreichen einer Klage fingiert, d.h., bei zulässigem Einspruch wird der ursprüngliche Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens als Klageerhebung angesehen.139 Mit dieser automatischen Überleitung in das Prozessverfahren treibt das VerstGA die Streitbeilegung aktiv voran. II. Zuständigkeit a) Gesetzliche Zuständigkeit Im Verständigungsverfahren trennt sich, wie auch im streitigen Zivilprozessverfahren und im Verfahren der zivilen Schlichtung, die Zuständigkeit in die sachliche und die örtliche Zuständigkeit (jibutsu kankatsu und tochi kankatsu) auf. Für zivilrechtliche Streitigkeiten gilt in Japan ähnlich wie in Deutschland, dass durch die sachliche Zuständigkeit grundsätzlich bestimmt wird, ob das einfache Gericht (kan’i saiban-sho) oder das Distriktgericht (chihō saibansho) zuständig ist und dass in einem nächsten Schritt geklärt wird, welches der sachlich zuständigen Gerichte im konkreten Fall örtlich zuständig ist. 140 (1) Sachliche Zuständigkeit der Distriktgerichte Sachlich zuständig für die Durchführung des Verständigungsverfahrens sind ausschließlich die Distriktgerichte (chihō saiban-sho). 141 Die sachliche Zuständigkeit im Verständigungsverfahren weicht insofern von der allgemeinen Regelung im japanischen zivilprozessualen Verfahren ab. Denn wird ein individualarbeitsrechtlicher Anspruch im Zivilprozess geltend gemacht, sind in der ersten Instanz ‒ abhängig vom Streitwert ‒ die einfachen Gerichte (kan’i saiban-sho) oder die Distriktgerichte sachlich zuständig. Streitigkeiten, deren Wert 1.400.000 Yen (ca. 14.300 Euro) 142 nicht übersteigt, fallen in die Zuständigkeit der einfachen Gerichte. Die Distriktgerichte sind für Streitigkeiten zuständig, die diesen Wert überschreiten. 143 Die streitwertunabhängige Zuordnung an die Distriktgerichte im Verständigungsverfahren ausschließlich an die Distriktgerichte entspricht somit nicht der grundsätzlichen Regelung an 138

Art. 21 Abs. 3 VerstGA. Art. 22 Abs. 1 VerstGA. 140 ITŌ, 2008, S. 41, 45. 141 Art. 2 VerstGA. 142 Umrechnungskurs 1 Euro = 98 Yen, 10.07.2012. Die Streitwertgrenze zwischen einfachem Gericht und Distriktgericht liegt somit deutlich höher als zwischen den deutschen Amts- und den Landgerichten, denn gemäß § 23 Nr. 1 Gerichtsverfassungsgesetz sind die Amtsgerichte grundsätzlich zuständig für Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 5.000 Euro nicht übersteigt. 143 Art. 33 Abs. 1 Nr. 1 Gerichtsgesetz (saiban-sho hō, Gesetz Nr. 59 vom 16.04.1947); SUGENO, 2008a, S. 741. 139

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

den japanischen Zivilgerichten. Sie erinnert jedoch an die sachliche Zuständigkeit im deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren, die ebenfalls streitwertunabhängig bei einem Gericht liegt: die Arbeitsgerichte sind in der ersten Instanz ausschließlich zuständig. 144 Die Begründung dafür, die sachliche Zuständigkeit bei den Distriktgerichten zu verankern, liefert Sugeno: innerhalb der individualarbeitsrechtlichen Konflikte gäbe es Streitigkeiten wie beispielsweise die über die Wirksamkeit von Kündigungen, bei denen der Streitcharakter und das Sich-feindlichgegenüberstehen besonders ausgeprägt und die Beilegung entsprechend schwierig sei. 145 Durch die Beteiligung eines Richters des Distriktgerichts solle sichergestellt werden, dass auch in schwierigen und komplizierten Fällen nicht nur eine angemessene Leitung des Verfahrens, sondern auch die Tatsachenfeststellung sowie das Erfassen der rechtlichen Probleme gelinge und eine angemessene Entscheidung getroffen werde. 146 Dieser Ansatz ist zunächst überraschend, bedeutet er doch, dass Sugeno den Richtern der einfachen Gerichte die Tatsachenfeststellung und das Erfassen rechtlich komplizierter Probleme aus bestimmten Gründen nicht zutraut. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch, wie bereits in der Einleitung zu dieser Arbeit erläutert, 147 dass Richter, die in Japan über arbeitsrechtliche Konflikte zu entscheiden haben, nicht Richter einer besonderen Fachgerichtsbarkeit (senmon saiban-ken) sind, sondern Richter der ordentlichen Gerichte (tsūjō saiban-sho) und somit zivilrechtliche Probleme aller Art, nicht nur solche mit arbeitsrechtlichem Bezug, zu beurteilen haben. Dies gilt sowohl für die Richter der einfachen als auch für die der Distriktgerichte. Im Hinblick auf den Umgang mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen kommt daher der Dauer der Tätigkeit als Richter eine besondere Bedeutung zu.148 Um Richter am Distriktgericht zu werden, muss ein Richter mindestens 10 Jahre am einfachen Gericht tätig gewesen sein, 149 so dass Richter an Distriktgerichten jedenfalls über mehr Berufserfahrung als die Richter an einfachen Gerichten verfügen. Zudem sind nicht alle Richter der einfachen Gerich-

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Art. 8 Abs. 1 ArbGG. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 62. 146 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 62. 147 Siehe unter Kapitel 1 A. 148 Die Dauer der Tätigkeit eines Richters in Japan hat jedoch nicht zwingend eine besondere Spezialisierung z.B. auf die Beilegung arbeitsrechtlicher Sachverhalte zur Folge, da die japanischen Richter im Rahmen eines Rotationsprinzips im Grundsatz alle drei Jahre das Gericht und in der Regel auch den fachlichen Schwerpunkt wechseln, vgl. N ISHITANI , 2003, S. 357; M ARUTSCHKE, 2010, S. 234. 149 Art. 42 Abs. 1 Nr. 2 Gerichtsgesetz. 145

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te Volljuristen. 150 Sugeno erläutert seine Ansicht nicht weiter, so dass nur vermutet werden kann, dass die dargestellte Struktur der japanischen Justiz seiner skeptischen Auffassung zugrunde liegt. Auch ein Blick in den deutschen Rechtsraum hilft nicht weiter. Eine Ansicht wie die Sugenos, Richtern eines unterrangigen Gerichts fehle möglicherweise die Fähigkeit, arbeitsrechtliche Streitigkeiten in geeigneter Weise zu erledigen, dürfte vor dem Hintergrund, dass Deutschland über eine Fachgerichtsbarkeit in Arbeitssachen verfügt, in der deutschen Diskussion kaum vertreten sein.151 Eine Forderung, komplizierte Fälle in die Zuständigkeit der Landesarbeitsgerichte zu geben, um ein vollständiges Erfassen der rechtlichen Fragestellung zu gewährleisten, ist nahezu unvorstellbar. Die Richter aller Arbeitsgerichte sind Richter einer Fachgerichtsbarkeit und dauerhaft mit der Bewertung arbeitsrechtlicher Sachverhalte beschäftigt, so dass ihnen die Fähigkeit, die rechtlich relevanten Fragen einer Arbeitsstreitigkeit erkennen zu können, unterstellt und in der Regel nicht abgesprochen wird. Hinzukommt, dass Richter an deutschen Gerichten, unabhängig davon, an welchem Gericht sie tätig sind, die Befähigung zum Richteramt erworben haben müssen. Dies bedeutet in der Regel, dass sie zwei juristische Staatsexamina abgelegt haben.152 Lediglich Professoren der Rechte an einer Universität sind auch

150 Gemäß Art. 44 Gerichtsgesetz können zum Richter am einfachen Gericht folgende Personen berufen werden, vorausgesetzt, dass sie zumindest eine dreijährige Erfahrung in ihrem Beruf aufweisen können: 1. Richter vor der Ernennung zum Vollrichter (hanji-ho) 2. Polizeibedienstete (keisatsu-kan) 3. Rechtsanwälte (bengo-shi) 4. Gerichtsinterne sachkundige Referenten (saiban-sho chōsa-kan), Sekretär der Geschäftsstelle (saiban-sho jimu-kan), Ausbilder am Justizausbildungsinstitut für Referendarausbildung (shihō kenkyū-sho kyōkan), Ausbilder am Ausbildungsinstitut für die allgemeine Ausbildung Gerichtsbediensteter (saiban-shi shoku’in sōgō kenkyū-sho kyōkan), Justizbedienstete (hōmu jimu-kan), Lehrkräfte am Justizministerium (hōmu kyōkan) 5. Professoren (kyōju) und außerordentliche Professoren (jun-kyōju) der juristischen Universitätsfakultäten nach Art. 41 Abs. 1 Nr. 6 Gerichtsgesetz. Zu den Voraussetzungen zum Richteramt siehe auch N AKAMURA, Überblick über den japanischen Zivilprozess, in: Nakamura (Hrsg.), Japan und das deutsche Zivilprozessrecht – Sammelband der zivilprozessualen Abhandlungen, Band 1, Tokio 1996, S. 168. 151 In der deutschrechtlichen Diskussion gibt es eher eine allgemeine Kritik an Berufsrichtern aller Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit, da sich der rein juristisch vorgebildete Richter oftmals schwer tue, die Belange der Betriebe und des Arbeitslebens richtig zu erfassen, was einer der wesentlichen Gründe für die Beteiligung von ehrenamtlichen Richter sei, so BERGER-DELHEY, Stellung und Funktion der ehrenamtlichen Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit, in: Betriebs-Berater, 1988, S. 1662 (m.w.N.). 152 § 5 Abs. 1 Deutsches Richtergesetz, die Einzelheiten zum Studium und dem juristischen Vorbereitungsdienst sind in § 5a und b geregelt; G ERMELMANN /MATTHES/ PRÜTTING/MÜLLER-GLÖGE, 2009, Einleitung, S. 84, Rn. 122; allgemeine Gedanken zu

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

ohne zweites Staatsexamen zum Richteramt befähigt. 153 Eine bloße Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder arbeitsrechtliche Vorbildung durch sonstige fachfremde Studien werden nicht als ausreichend betrachtet, 154 so dass grundsätzlich vorausgesetzt werden kann, dass deutsche Richter aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind, rechtliche Sachverhalte zu erfassen. Darüber hinaus ist es durchaus üblich, wenn auch nicht verpflichtend, dass die Richter an den deutschen Arbeitsgerichten bereits während des juristischen Vorbereitungsdienstes wenigstens eine Station bei einem Arbeitsgericht absolvieren. 155 Wenn, wie Sugenos Begründung vermuten lässt, der japanische Gesetzgeber für das Verständigungsverfahren die Bearbeitung von individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten für die Richter der einfachen Gerichte als zu kompliziert angesehen hat, bleibt allerdings fraglich, weshalb die sachliche Zuständigkeit für diese Fälle nicht grundsätzlich auch im Rahmen des zivilprozessualen Verfahrens an die Distriktgerichte gegeben worden ist. Denn wird die Richtigkeit der Begründung unterstellt, kann das streitige Prozessverfahren für rechtlich und/oder tatsächlich komplexe individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten, die einen Streitwert von 1.400.000 Yen nicht erreichen, nicht ernsthaft empfohlen werden. Dasselbe gilt für das Verfahren der zivilen Schlichtung, das grundsätzlich den einfachen Gerichten überantwortet ist, auch wenn der zu behandelnde Fall eine individualarbeitsrechtliche Streitigkeit ist.156 Sugeno verweist auf das Beispiel der Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Kündigungen und erklärt, dass diese im zivilprozessualen Verfahren aufgrund einer besonderen Streitwertregelung ohnehin in die sachliche Zuständigkeit der Distriktgerichte fallen würden, da für Forderungen nicht vermögensrechtlicher Natur grundsätzlich ein Streitwert von 1.600.000 Yen veranschlagt wird. 157 Die Klärung von solchen Statusfragen macht in der Praxis des Verständigungsverfahrens tatsächlich einen großen Teil, fast die Hälfte der Verfahren, aus. 158 Vermögensrechtliche Ansprüche bilden jedoch den Anforderungen an deutsche Richter vgl. V ULTEJUS, Der Zugang zum Richterberuf, in: Arbeit und Recht, 1995, S. 251–255. 153 § 7 Deutsches Richtergesetz. 154 SCHWAB/WETH, 2011, S. 190. 155 SCHWAB/WETH, 2011, S. 190. 156 Art. 3 ZSchliG. 157 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 62; die Regelung, auf die SUGENO Bezug nimmt findet sich in Art. 4 Abs. 2 Gesetz über die Kosten im Zivilprozess (minji soshō hiyō tō ni kan suru hō, Gesetz Nr. 40 vom 06.04.1971) i.V.m. Art. 33 Abs. 1 Nr. 1 Gerichtsgesetz. 158 Heisei 22 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken no gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 2010], in: Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, dort Tab. 10.

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ebenfalls um die 50% der Neueingänge des Verständigungsverfahrens. Sugenos „Ohnehin“-Argument gilt demnach mitnichten für den überwiegenden Teil individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Es vermag entsprechend nicht voll zu überzeugen. Da es in Japan lediglich 50 Distriktgerichte gibt, aber 438 einfache Gerichte, 159 könnte man bei der Zuweisung an die Distriktgerichte an eine erhöhte Zugangsproblematik im Verständigungsverfahren denken. Eine solche bestätigt sich bei genauerer Betrachtung jedoch nicht. Die Distriktgerichte verfügen über 203 Zweigstellen. 160 Hinzu kommt, dass einige Distriktgerichtsbezirke zusätzliche Zweigstellen eingerichtet haben, die speziell mit der Behandlung von Verständigungsverfahren betraut worden sind. 161 Letztlich bleiben die einfachen Gerichte aufgrund ihrer Überzahl zwar leichter zugänglich, die Distriktgerichte sind über die verschiedenen Zweigstellen in den Präfekturen jedoch ebenfalls in ausreichender Weise erreichbar. Die Argumentation für die Zuständigkeit der Distriktgerichte im Verständigungsverfahren macht deutlich, dass besonderer Wert darauf gelegt worden ist, dass diejenigen, die das Verfahren leiten, in der Lage sind, die rechtlich relevanten Tatsachen und Probleme zu erfassen. Im Hinblick auf die Diskussion über die sachliche Zuständigkeit zeigt sich ein hohes Interesse an einer sauberen juristischen Lösung durch erfahrene Richter. (2) Örtliche Zuständigkeit Die Örtliche Zuständigkeit ist zunächst in Übereinstimmung mit der Regelung im ZSchliG dem Distriktgericht des Wohnsitzes (jūsho), des Aufenthaltsortes (idokoro), der Betriebsstätte (eigyō-sho) oder des Bürositzes (jimusho no shozai) der Gegenseite übertragen worden. 162 Das Verfahren soll für die Gegenseite möglichst bequem sein und an einem für sie leicht zu erreichenden Ort stattfinden.163 Dennoch gibt es Stimmen in der Literatur, die eine

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In jeder Präfektur sowie in den drei Städten Hakodate, Asahikawa und Kushiro in der Präfektur Hokkaido gibt es jeweils ein Distriktgericht, siehe The Japanese Judicial System, Ausführungen des Secretariat of the Judicial Reform Council aus Juli 1999, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015), dort Chapter I 1 (2). 160 Kakyū saiban-sho [Gerichte unterer Instanzen], Internetauftritt des Obersten Gerichtshofs, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015), dort unter chihō saibansho [Distriktgerichte]. 161 Seit April 2010 bestehen Zweigstellen in den Bezirken Tokio (dort in der Stadt Tachikawa) und Fukuoka (dort in der Stadt Kokura), H ARUNA, 2010, S. 47. 162 Art. 2 VerstGA entspricht insoweit Art. 3 ZSchliG. 163 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 63.

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Trennung von Betriebsstätte und Bürositz nicht für nötig empfinden, da der Bürositz nicht ohne weiteres selbstständige Aufgaben wahrnehme. 164 Im Rahmen der Regelung über den allgemeinen Gerichtsstand 165 (tsujō saiban-seki) hält das japanische ZPG eine etwas genauere Bestimmung vor als die Vorschriften im VerstGA und ZSchliG und nimmt eine Trennung zwischen natürlichen und juristischen Personen vor. Bei natürlichen Personen liegt die örtliche Zuständigkeit beim Gericht des Wohnsitzes (jūsho); der Aufenthaltsort (idokoro) wird nur dann relevant, wenn der Wohnsitz im Inland nicht besteht oder nicht bekannt ist.166 Für juristische Personen liegt der allgemeine Gerichtsstand am Ort des Büros (jimu-sho) oder der Betriebsstätte (eigyō-sho). 167 Letztlich sind die Anknüpfungspunkte in allen drei Gesetzen jedoch dieselben. Das VerstGA enthält allerdings einen Zusatz, der über die Regelungen im ZPG und ZSchliG hinausgeht. So ist auch das Distriktgericht an dem Standort des Betriebs (jigyō-sho no shozai) des betreffenden Arbeitgebers, in dem der betreffende Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet bzw. zuletzt gearbeitet hat, zuständig, wenn die individualarbeitsrechtliche Streitigkeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber dort ihren Ursprung hat. 168 Hier zeigt sich ein Vorteil des VerstGA, in das ‒ im Gegensatz zu den weitaus allgemeiner gefassten ZPG und ZSchliG ‒ eine Zuständigkeitsregelung aufgenommen worden ist, die die speziellen Gegebenheiten individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten berücksichtigt. Wird ein Arbeitgeber verklagt, der über mehrere Niederlassungen in ganz Japan verfügt, könnte die allgemeine Gerichtsstandregelung, wie sie sich in ZPG und ZSchliG findet, dazu führen, dass nicht das nächstgelegene, sondern ein weiter entferntes Distriktgericht für das Verfahren zuständig wäre. Die Vorschrift im VerstGA erleichtert Arbeitnehmern in gewissen Fällen somit den Zugang zum Verfahren. Allerdings dürfte es auch für den Arbeitgeber nicht von Nachteil sein, wenn die Untersuchung dort durchgeführt wird, wo der Streit tatsächlich entstanden ist und die streitrelevanten Dokumente und Unterlagen vorhanden sind.169 b) Zuständigkeit aufgrund von Parteidisposition Die sachliche Zuständigkeit der Distriktgerichte ist nicht von den Parteien abdingbar. Ihnen steht lediglich die Möglichkeit zu, sich über das örtlich 164

SAITŌ, 2004, S. 16. Das japanischen ZPG enthält wie die deutsche ZPO neben dem allgemeinen Gerichtsstand auch Bestimmungen zu besonderen Gerichtsständen, wie etwa denen des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 ZPG), des Vermögens (Art. 5 Nr. 4 ZPG) und der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 9 ZPG), die hier jedoch nicht weiter erörtert werden sollen. 166 Art. 4 Abs. 2 ZPG. 167 Art. 4 Abs. 4 ZPG. 168 Art. 2 VerstGA. 169 Vgl. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 63, 64. 165

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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zuständige Distriktgericht zu einigen. 170 Insoweit wird der übereinstimmende Wille der Parteien im Verständigungsverfahren hoch geachtet; 171 er muss allerdings schriftlich festgehalten werden. 172 Eine ähnliche Regelung besteht im Verfahren der zivilen Schlichtung. Im Gegensatz zum Verständigungsverfahren sind in der zivilen Schlichtung grundsätzlich die einfachen Gerichte zuständig. Die Parteien können jedoch einvernehmlich bestimmen, welches einfache Gericht oder auch welches Distriktgericht zuständig sein soll. 173 Den Parteien obliegt in diesem Bereich somit auch die Befugnis, über die sachliche Zuständigkeit zu entscheiden. Auch das ZPG enthält eine entsprechende Regelung.174 c) Verweisung Ist ein Antrag bei einem nicht zuständigen Gericht eingegangen, wird der Antrag nicht aufgrund mangelnder Zuständigkeit abgewiesen. Das Gericht verweist die Angelegenheit von Amts wegen oder auch auf Antrag an das zuständige Gericht. 175 Wird ein Antrag auf Verweisung gestellt, muss er schriftlich erfolgen, wenn er nicht im Termin gestellt wird, und er muss die Gründe für die Unzuständigkeit deutlich machen. 176 Eine Abweisung ist gesetzlich ausgeschlossen worden, damit die Gebühr, die für das Verfahren mit dem Einreichen des Antrags gezahlt wird, nicht verschwendet wird. 177 Außerdem wird durch den Antrag die Verjährungsfrist unterbrochen. 178 Diese Wirkung wäre dahin, wenn ein Antrag lediglich aufgrund der Unzuständigkeit abgewiesen werden könnte. 179 In dieser Hinsicht soll das Verständigungsverfahren für den Antragsteller keine unnötigen Hürden aufstellen. Dieselben Überlegungen waren bereits frühzeitig für das streitige Zivilprozessverfahren angestellt worden. Bis zur Reform des japanischen ZPG im Jahr 1926 wurde eine Klage bei Unzuständigkeit noch abgewiesen. 180 Mittlerweile gilt jedoch auch für den Zivilprozess, dass eine Klage auf Antrag oder von Amts wegen an das zuständige Gericht verwiesen wird. 181 Darüber hinaus kann ein Gericht, auch wenn es selbst zuständig ist, ein Verständigungsverfahren auf Antrag oder von Amts wegen an ein anderes, 170

Art. 2 VerstGA. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 65. 172 Art. 3 DV VerstGA. 173 Art. 3 ZSchliG. 174 Art. 11 Abs. 1 ZPG, siehe auch ITŌ, 2008, S. 55, 56. 175 Art. 3 Abs. 1 VerstGA. 176 Art. 4 Abs. 1 und 2 DV VerstGA. 177 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 66. 178 Art. 147 Nr. 1 ZG. 179 Siehe dazu Art. 149 ZG. 180 ITŌ, 2008, S. 64. 181 Art. 16 Abs. 1 ZPG. 171

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

ebenfalls zuständiges Gericht verweisen, nämlich dann, wenn es feststellt, dass dies für die Streitbeilegung angemessen ist. 182 Diese Verweisung liegt im Ermessen des Gerichts. Wurde beispielsweise am Sitz der Betriebsstätte der Antrag gestellt, liegt jedoch die Beschäftigungsstätte des betroffenen Arbeitnehmers in einem anderen Distriktgerichtsbezirk, kann mit der Begründung, dass dieses andere Distriktgericht für die Beweiserhebung geeigneter ist, eine Verweisung beschlossen werden. 183 Gegen den Verweisungsbeschluss kann sofortige Beschwerde eingereicht werden.184 d) Aussetzung eines anhängigen/rechtshängigen Prozessverfahrens Ist zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Prozessverfahren anhängig/rechtshängig (keizoku), kann das mit dem Prozess betraute Gericht das Prozessverfahren bis zum Abschluss des Verständigungsverfahrens aussetzen (chūshi suru). 185 Die Unterscheidung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit, die aus dem deutschen Rechtskreis bekannt ist, wird in Japan nicht vorgenommen. Es besteht lediglich die Bezeichnung keizoku, welche sowohl den Zustand der Anhängigkeit als auch den der Rechtshängigkeit beschreibt. 186 In der Literatur gibt es keine besondere Auseinandersetzung mit der Frage, ob unter keizoku zwei verschiedene prozessuale Zustände zu verstehen sind. Itō erläutert zwar, dass durch das Einreichen der Klageschrift eine prozessrechtliche Beziehung zwischen dem Gericht und dem Kläger entsteht,187 was nach deutschrechtlicher Auffassung den Zustand der Anhängigkeit beschreibt. 188 Er erklärt jedoch weiter, dass keizoku durch die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten entstehe. 189 Dies entspricht wiederum der Rechtshängigkeit im deutschen Zivilprozessrecht. 190 Die juristische Auseinandersetzung mit keizoku erfolgt in Japan in erster Linie für den Bereich der Rechtshängigkeit und deren Folgen, zum Beispiel dem Verbot der dop182

Art. 3 Abs. 2 VerstGA. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 68. 184 Art. 28 VerstGA. 185 Art. 27 VerstGA. 186 GÖTZE , 2006, S. 17. 187 ITŌ, 2008, S. 189. 188 Anhängigkeit wird in der deutschen Literatur als das Schweben vor dem Eintritt in die Rechtshängigkeit definiert, beginnend mit dem Eingang des verfahreseinleitenden Schriftsatzes beim Gericht, B AUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS /HARTMANN, 2011, § 261, S. 1018, Rn. 1. 189 ITŌ, 2008, S. 189. 190 Die Rechtshängigkeit setzt voraus, dass die Gegenseite mit einbezogen ist, und beginnt daher mit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes an den Gegner, BAUMBACH/L AUTERBACH /ALBERS/HARTMANN, Zivilprozessordnung, 69. Auflage, München 2011, § 261, S. 1018, Rn. 1. 183

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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pelten Rechtshängigkeit (nijū kiso kinshi).191 Dennoch ist davon auszugehen, dass die Vorschrift des VerstGA im Grundsatz sowohl anhängige als auch rechtshängige Verfahren betrifft. Für eine anderweitige Deutung geben weder der Gesetzestext noch die Kommentierung und auch nicht der Zweck der Vorschrift Anlass. III. Verständigungskommission Das Verständigungsverfahren wird in Theorie und Praxis von einer Kommission durchgeführt, die im Gegensatz zu einem Spruchkörper im streitigen Prozessverfahren nicht lediglich aus Berufsrichtern besteht. Die Beteiligung von Personen mit Fachkenntnissen ist eine der besonderen Errungenschaften der Großen Justizreform. Im Folgenden werden Einzelheiten zur Zusammensetzung der Kommission, der Ernennung ihrer Mitglieder sowie deren Aufgaben untersucht. a) Zusammensetzung der Verständigungskommission Die Verständigungskommission setzt sich zusammen aus einem Berufsrichter, dem so genannten Verständigungsrichter (rōdō shinpan-kan), sowie aus zwei Verständigungslaienrichtern (rōdō shinpan-in). 192 Der Verständigungsrichter wird vom Distriktgericht aus der Mitte der Richter des zuständigen Distriktgerichts ernannt. 193 Von den Verständigungslaienrichtern stammt jeweils einer von Arbeitnehmer- und einer von Arbeitgeberseite. Diese paritätische Besetzung der Kommission ist zwar weder im VerstGA selbst, noch in der Verordnung zur Durchführung der Verständigung (DV VerstGA) oder der Verordnung zu den Verständigungslaienrichtern 194 (VLaienRVO) ausdrücklich festgeschrieben, ist jedoch in der Literatur allgemein anerkannt und wird in der Praxis ebenso gehandhabt.195 Sie ergibt sich nach Ansicht Sugenos aus 191

Diese Problematik bezieht sich deutlich auf die Rechtshängigkeit, denn das Verbot besteht unter anderem auch deshalb, weil dem Beklagten nicht die Belastung einer doppelten Klageerwiderung aufgebürdet werden soll, siehe Y AMAMOTO, nijū soshō no han’i to kōka [Der Bereich der doppelten Prozessführung und die Wirkungen], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], Sonderband des Jurist, 2009, S. 92; I TŌ, 2008, S. 190. Diese Bürde kann erst mit der Rechthängigkeit entstehen, da der Beklagte in der anhängigen Phase noch keine Kenntnis von der Klage hat. 192 Art. 7 VerstGA. 193 Art. 8 VerstGA. 194 Rōdō shinpan-in kisoku, Verordnung des Obersten Gerichtshofs Nr. 3 vom 11.01.2005, die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass dieser Verordnung findet sich in Art. 9 Abs. 3 Satz 2 VerstGA. 195 Bereits in der Entwicklungsphase des Verständigungsverfahrens war der Ausgangspunkt für die Beteiligung von Fachlaien immer die paritätische Besetzung gewesen, siehe stellvertretend Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe sowie T AKAGI, 2000, S. 19. Festgelegt wurde die paritätische Besetzung dann in der 31. Sitzung der Untersu-

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Art. 10 Abs. 2 VerstGA, der eine angemessene Zusammensetzung der Verständigungslaienrichter in der Verständigungskommission fordert. 196 Das deutsche ArbGG ist in diesem Bereich etwas präziser und bestimmt, dass die Kammern der Gerichte für Arbeitssachen mit einem Berufsrichter und je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt sind. 197 Im Ergebnis sind die Verständigungskommission und der Spruchkörper vor den deutschen Arbeitsgerichten jedoch gleich besetzt. Die Mitglieder der Verständigungskommission stehen sich gleichberechtigt gegenüber, denn die Entscheidungen der Kommission ergehen als Mehrheitsbeschlüsse. 198 Den Verständigungslaienrichtern steht das gleiche Stimmrecht zu wie den Berufsrichtern.199 Sie können ihn theoretisch somit bei der Entscheidung überstimmen. Die Leitung des Verfahrens obliegt allerdings dem Verständigungsrichter allein, 200 der insofern eine den Fachlaien gegenüber überlegene Position (yūetsu-sei) bekleidet. 201 Vor den deutschen Arbeitsgerichten findet sich dieselbe Aufteilung der Kompetenzen. Auch dort führt der Berufsrichter den Vorsitz,202 die Stimme der ehrenamtlichen Richter

chungsgruppe am 19.12.2003, siehe rōdō kentō-kai (dai-sanjūikkai) giji-roku [Protokoll der 31. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 19.12.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). Bereits die Orientierung an ausländischen Systemen wie der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit deutete darauf hin, dass eine paritätische Beteiligung die Zielsetzung war, in der Literatur siehe u.a. MURANAKA, rōdō shinpan hō no igi to kondo noi kadai [Die Bedeutung des Verständigungsgesetzes in Arbeitssachen und künftige Aufgaben], in: Hōritsu no Hiroba, Vol. 57, 2004, S. 39; K EZUKA, 2006, S. 16; SAITŌ, 2004, S. 16. 196 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 82. 197 § 6 Abs. 1, § 16 Abs. 2 ArbGG. 198 Art. 12 Abs. 1 VerstGA; zur gleichberechtigten Position vgl. M IZUTANI , rōdō shinpan seido – kumiai kara no apurōchi to teigen [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen – Ein Vorschlag zur Herangehensweise der Gewerkschaften], in: Rōdō Hōristu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 50; K AMOTA, rōdō-sha-gawa bengo-shi kara mita rōdō shinpan seido – tōkei bunseki to korera no kadai [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen aus der Sicht eines Arbeitnehmerrechtsanwalts – Eine Analyse der Statistiken und die künftige Aufgabe], in: Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 10; F URUKAWA, rōdō shinpan seido no genjō to kadai [Gegenwärtige Lage und Aufgaben des Verfahrens über die Verständigung in Arbeitssachen], in: Rō’i Rōkyō, 2009, S. 40, 41. 199 KIMIWADA, rōdō shinpan tetsuzuki no jittai – mondai-ten – katsuyō kanō-sei – rōdōsha-gawa dairi-nin no tachiba kara [Die Lage bei den Verfahren über die Verständigung in Arbeitssachen – Problempunkte – Anwendungsmöglichkeiten – vom Standpunkt eines Arbeitnehmervertreters], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 21. 200 Art. 13 VerstGA. 201 FURUKAWA, 2009, S. 40. 202 § 16 Abs. 1, 2 ArbGG.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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zählt bei den Beratungen und Abstimmungen jedoch mit demselben Gewicht wie die des Vorsitzenden.203 Die Verständigungslaienrichter erfüllen alle Aufgaben, die für die Erledigung der jeweiligen Angelegenheit notwendig sind, nach neutralen (chūritsu) und fairen (kōsei) Gesichtspunkten. 204 Dies bedeutet, dass sie zur Erfüllung ihrer Pflichten zwar ihre Kenntnisse und ihre Erfahrungen nutzen, in ihrer Funktion als Verständigungslaienrichter jedoch nicht als Vertreter der Interessenverbände auftreten sollen. 205 Dieselbe Aufgabenzuweisung wird im Hinblick auf die ehrenamtlichen Richter der deutschen Arbeitsgerichte vorgenommen. Auch sie sollen ihre Kenntnisse und Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis für die Entscheidungsfindung einsetzen, um die Rechtsprechung für die Bevölkerung vermittelbar zu machen. 206 Wolmerath beschreibt die Aufgabe der ehrenamtlichen Richter wie folgt: „Nach dem Willen des damaligen Gesetzgebers soll ihre Mitwirkung ‘eine vom Vertrauen der Betroffenen getragene Rechtsprechung schaffen, indem Richter als Personen beteiligt sind, die mit den Parteien in den gleichen sozialen Verhältnissen stehen, welche deren besondere Lage kennen und deswegen am besten geeignet sind, insbesondere von der Arbeitnehmerschaft eine Brücke zur Rechtspflege zu schlagen’.“ 207

Die ehrenamtlichen Richter sind nicht an Weisungen ihrer Interessenverbände gebunden.208 Die Verständigungslaienrichter werden auf Japanisch als shinpan-in bezeichnet. Der Begriff „Richter“ findet sich in dieser Benennung nicht wieder. Wörtlich kann shinpan-in wohl am besten mit Verständigungskommissionsmitglied übersetzt werden. Der Aufgabe der Verständigungslaienrichter wird die Bezeichnung als Richter nach Ansicht der Verfasserin jedoch eher gerecht als die Bezeichnung als bloßes Kommissionsmitglied, da ihre Kompetenz im Hinblick auf die Entscheidung durch den Verständigungsspruch dem des Berufsrichters in nichts nachsteht. Im Folgenden wird somit der Begriff des Verständigungslaienrichters verwendet. Im deutschen Rechtskreis werden die Fachlaien ebenfalls als Richter, wenn auch ehrenamtlicher Art, bezeichnet. 203

GERMELMANN/MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 6, S. 254, Rn. 16; BADER/HOHMANN /KLEIN , Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeitsund Sozialgerichtsbarkeit, 12. Auflage, Heidelberg 2006, S. 3; B ADER/KREUTZFELD / FRIEDRICH, ArbGG – Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, 5. Auflage, München 2008, S. 109; SCHWAB/WETH, 2011, S. 197. 204 Art. 9 Abs. 1 VerstGA. 205 SAITŌ, 2004, S. 17; SUGENO/Y AMAKAWA/S AITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 79. 206 MÜLLER-GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 6 ArbGG, S. 362, Rn. 1; D ÄUBLER / HJORT /SCHUBERT /WOLMERATH, 2010, S. 359; SCHWAB/WETH, 2011, S. 197; H ENSSLER/ WILLEMSEN/KALB, 2010, § 6 ArbGG, S. 130, Rn. 2. 207 DÄUBLER /HJORT /SCHUBERT /WOLMERATH, 2010, S. 359. 208 GERMELMANN/MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 6, S. 254.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Die Besetzung der Verständigungskommission mit Fachleuten in Arbeitssachen ist eine Neuerung und unterscheidet das Verständigungsverfahren von allen anderen Verfahren vor den japanischen Gerichten. Sowohl im Zivilprozessverfahren als auch im Verfahren der zivilen Schlichtung findet sich eine solche Beteiligung nicht. Im Zivilprozessverfahren werden grundsätzlich nur Berufsrichter tätig. Das Gerichtsgesetz 209 bestimmt, dass vor den einfachen Gerichten ein einzelner Berufsrichter und vor den Distriktgerichten der Einzelrichter oder ein Spruchkörper, der aus drei Berufsrichtern besteht, zuständig ist. 210 Im Verfahren der zivilen Schlichtung führt eine Kommission durch das Verfahren, die aus einem Berufsrichter und mindestens zwei weiteren Kommissionsmitgliedern besteht, die nicht Berufsrichter sind. 211 Diese sollen fachliches Wissen und Erfahrungen (senmonteki na chishiki keiken) vorweisen können. In diese Gruppe fallen nach Art. 1 ZSchliKoVO neben Personen, die die Befähigung haben, Rechtsanwalt zu werden (einschließlich Richter im Ruhestand und Hochschullehrer), auch solche, die über für den zivilrechtlichen Bereich nützliches Fachwissen und Fachkenntnisse verfügen, sowie Personen mit einer Fülle an sozialer Erfahrung und Wissen. 212 Zu dieser letzten Gruppe gehören Personen, denen eine gewisse menschliche Reife und ein bestimmtes Maß an Erfahrung zugeschrieben wird. Sie sollen die Empfindungen des durchschnittlichen Japaners in das Justizwesen einbringen.213 Für den Bereich arbeitsrechtlicher Streitigkeiten bedeutet dies, dass es zwar möglich ist, dass Kommissionsmitglieder mit arbeitsrechtlichen Fachkenntnissen ausgewählt werden; eine paritätische Besetzung des Spruchkörpers ist damit jedoch nicht vorgeschrieben. Im Verständigungsverfahren liegt der Schwerpunkt der Beteiligung der Fachlaien demgegenüber nicht vorwiegend darin, dass die Empfindungen des Durchschnittsjapaners, sondern dass die speziellen Kennt-nisse Eingang in die Entscheidungen finden. 214 Darüber hinaus, und dies ist ein wesentlicher Unterschied zwischen der Verständigungskommission und der Schlichtungskommission nach dem ZSchliG, stehen die Schlichtungskommissionsmitglieder nicht in gleichberechtigter Position dem Berufsrichter gegenüber. Eine Art. 12 Abs. 1 VerstGA entsprechende Regelung über die Beschlussfassung durch Mehrheitsentscheidung findet sich im ZSchliG nicht. Kommt eine Schlichtung im Verfahren der zivilen Schlichtung nicht zustande, entscheidet der 209

Saiban-sho hō, Gesetz Nr. 59 vom 16.04.1947. Für die einfachen Gerichte siehe Art. 35 Gerichtsgesetz, für die Distriktgerichte siehe Art. 26 Abs. 1, 3 Gerichtsgesetz. 211 Art. 6, 7 Abs. 1 ZSchliG. 212 Einzelheiten zu der Gruppe der Schlichter bei BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 27, 2009, S. 145 f. 213 ZINGSHEIM, 2003, S. 116. 214 Natter/Gross, 2010, § 6, S. 131, Rn. 2. 210

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Berufsrichter allein über den Inhalt des die Schlichtung ersetzenden Beschlusses nach Art. 17 ZSchliG. Die Kommissionsmitglieder werden lediglich nach ihrer Ansicht befragt, welche für die Entscheidung des Berufsrichters jedoch nicht verbindlich ist. 215 Ein eigenes Stimmrecht haben die Kommissionsmitglieder nicht. b) Qualifikation der Verständigungslaienrichter Die Verständigungslaienrichter werden aus der Gruppe derjenigen ernannt, die über besondere Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Arbeitsbeziehungen (rōdō kankei ni kan suru senmonteki na chishiki keiken) verfügen und nicht älter als 68 Jahre alt sind.216 Gefordert werden von den Verständigungslaienrichtern Kenntnisse über die betriebliche Praxis, Beschäftigungsgewohnheiten und das System der Arbeitsbeziehungen, damit die Ermittlung des unter Umständen komplizierten Sachverhalts ausreichend gelingen kann. 217 Nicht gemeint sind Fachkenntnisse im Hinblick auf den Inhalt schwieriger arbeitsrechtlicher gesetzlicher Regelungen. 218 Die Beteiligung von Fachlaien soll verhindern, dass lebensfremde Entscheidungen getroffen werden und dadurch das Vertrauen in das Beilegungssystem erhöhen. 219 Dieselbe Begründung findet sich für die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter vor den deutschen Gerichten. Sie sollen für ein transparentes Verfahren sorgen und damit zu einer größeren Akzeptanz arbeitsgerichtlicher Urteile beitragen.220 Die Verständigungslaienrichter werden vom Obersten Gerichtshof ernannt.221 Eine Bestimmung darüber, wie fähige Kandidaten in den jeweiligen Distriktgerichtsbezirken aufgespürt werden sollen, enthalten das VerstGA, die DV VerstGA und die VLaienRVO nicht. Als zu Beginn der Einführung des Verständigungssystems die erste große Zahl an Verständigungslaienrichtern gefunden werden musste, hat sich jedoch eingebürgert, die Interessengruppen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite um Empfehlungen für 215 Art. 17 ZSchliG; T ANAKA, chōtei ni kawaru kettei (I) – chōtei ni kawaru kettei no riron-jō no sho mondai [Der die Schlichtung ersetzende Beschluss (I) – Theoretische Problempunkte des die Schlichtung ersetzenden Beschlusses], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 234. 216 Art. 9 Abs. 2 VerstGA. 217 TAKAGI , 2000, S. 19; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 80. 218 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 29. 219 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 29, 30. 220 MÜLLER-GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 6 ArbGG, S. 362, Rn. 1; D ÄUBLER / HJORT /SCHUBERT /WOLMERATH, 2010, S. 359; SCHWAB/WETH, 2011, S. 197; H ENSSLER/ WILLEMSEN/KALB, 2010, S. 130; GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 6, S. 251, Rn. 4. 221 Art. 1 VLaienRVO.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

geeignete Kandidaten auf das Amt eines Verständigungslaienrichters anzusprechen, da die Gerichte selbst nicht über die nötigen Informationen zu diesem Personenkreis verfügten. 222 Die Auswahl aus der Kandidatenliste treffen dann die Distriktgerichte. 223 Die Amtszeit der Verständigungslaienrichter beträgt zwei Jahre und kann verlängert werden. 224 Es gibt mittlerweile Beispiele, in denen bereits in eine dritte Amtszeit verlängert worden ist. 225 Auch in Deutschland erstellen die Gewerkschaften und sonstigen selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter, mit dem Unterschied, dass diese Organisationen gesetzlich vorschlagsberechtigt sind. 226 Die berechtigten Verbände erstellen die Listen alleinverantwortlich. 227 Es können nur solche Organisationen eine Vorschlagsliste einreichen, die in dem entsprechenden Gerichtsbezirk Mitglieder haben. 228 Die konkrete Bestimmung der Verständigungslaienrichter, die die Kommission bilden, nimmt für jeden Fall das Distriktgericht vor, das für die Sache zuständig ist.229 In der Praxis werden die Laienrichter oftmals in der Reihenfolge einer veröffentlichten Liste für die einzelnen Verfahren herangezogen.230 Diese Vorgehensweise entspricht der für die deutschen Arbeitsgerichte zwingend vorgegebenen Heranziehung der ehrenamtlichen Richter nach der Reihenfolge einer Liste, die vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres aufgestellt wird. 231 Für das Verständigungsverfahren ist jedoch die Einhaltung der Reihenfolge der Liste nicht zwingend. Denn nach dem Gesetzeswortlaut steht dem Gericht ein Ermessen bei der Auswahl der Verständigungslaienrichter für den konkreten Fall zu. 232 Dieses Ermessen nutzen die Richter. Wünschen die Parteien eines Verständigungsverfahrens Laienrichter mit guter Kenntnis in der entsprechenden Branche, können die Richter diesem Wunsch nachkommen und abweichend von der Reihenfolge der Liste Ver-

222

HARUNA, 2010, S. 47. HARUNA, 2010, S. 47. 224 Art. 3 VLaienRVO. 225 KOKUZAWA in SUGENO/WATANABE /KOKUZAWA /MURAKAMI /ISHIZAKI /UKAI , rōdō shinpan seido no jitsujō to kadai wo saguru [Sondierung über die tatsächliche Situation und die Aufgaben für das Verständigungssystem], Kikan Rōdō Hō, Nr. 231, 2010, S. 102; UKAI, 2010, S. 77. 226 § 20 Abs. 2 ArbGG. 227 KÜNZL, Die Beteiligung ehrenamtlicher Richter am arbeitsgerichtlichen Verfahren – Berufung, Stellung und Aufgaben, in: Zeitschrift für Zivilprozess, Band 104, 1991, S. 161. 228 SCHWAB/WETH, 2011, S. 421. 229 Art. 10 Abs. 1 VerstGA. 230 Für das Distriktgericht Tokio N ANBA, 2007, S. 40. 231 § 31 Abs. 1 ArbGG. 232 Art. 10 Abs. 1 VerstGA lautet: „Für jede Verständigungsangelegenheit bestimmt das Gericht diejenigen Verständigungslaienrichter, die die Verständigungskommission bilden.“ 223

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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ständigungslaienrichter in die Kommission berufen. 233 Diese Vorgehensweise ist im deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht möglich. Die Vorsitzenden Richter sind bei der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter streng an die Reihenfolge gebunden, um einer willkürlichen richterlichen Maßnahme vorzubeugen.234 Da die ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Verfahren mit gleichwertigem Stimmrecht beteiligt sind, gilt auch für sie das Gebot des gesetzlichen Richters. 235 Der gesetzliche Richter ist nur dann gewährleistet, wenn abstrakt-generell vorbestimmt ist, welcher Richter für die jeweilige Entscheidung zuständig ist. 236 Aus diesem Grund kann in Deutschland die Entscheidung, mit welchem ehrenamtlichen Richter eine Kammer besetzt werden soll, nie im Ermessen des Vorsitzenden Richters liegen. Weicht ein Vorsitzender Richter von der Reihenfolge in der zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres aufzustellenden Liste 237 ab, liegt ein Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters und damit ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO vor. 238 Auch die Variante, dass die Parteien um einen bestimmten ehrenamtliche Richter bitten, somit auf den gesetzlichen Richter verzichten, kommt nach deutschem Recht nicht in Betracht. Die Garantie des gesetzlichen Richters dient nicht nur dem Interesse der Prozessparteien, sondern auch dem grundsätzlichen Interesse aller Bürger an einer geordneten Gerichtsbarkeit. 239 Dieses Interesse aller an einer geordneten Gerichtsbarkeit besteht im Rahmen des Verständigungsverfahren bei der Auswahl der Fachlaienrichter im 233 NANBA, 2007, S. 40, beschreibt aus eigener Erfahrung als mit Verständigungsverfahren betrauter Berufsrichter, dass die Auswahl von Laien, die Kenntnisse aus der in Streit stehenden Branche haben, zu einem besonderes reibungslosen Verfahrensablauf führten. 234 HAUCK/HELML, Arbeitsgerichtsgesetz: Kommentar, 3. Auflage, München 2006, S. 192; NATTER/GROSS, 2010, § 31, S. 445, Rn. 6; GERMELMANN/MATTHES/ PRÜTTING/MÜLLER-GLÖGE, 2009, § 31, S. 502, Rn. 12; S CHWAB/WETH, 2011, S. 459. 235 Die Garantie des gesetzlichen Richters ist verfassungsrechtlich in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verankert; SCHWAB/WETH, 2011, S. 457; GERMELMANN /MATTHES/PRÜTTING/ MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 31, S. 502, Rn. 12. 236 MANGOLDT /KLEIN /STARCK, Band 3, 2010, Art. 101, S. 926, 932, Rn. 3, 19; SCHWAB/WETH, 2011, S. 457. Der für den Einzelfall zuständige Richter muss sich möglichst eindeutig aus einer allgemeinen Norm ergeben, so B ADURA, Staatsrecht, 4. Auflage, München 2010, S. 776. 237 § 31 Abs. 1 ArbGG. 238 Siehe aber SCHWAB/WETH, 2011, S. 462, mit dem Hinweis, dass dies nicht für irrtümliche Verstöße gilt, da § 31 ArbGG zum einen eine Sollvorschrift ist und zum anderen nach Ansicht der Rechtsprechung lediglich willkürliche Handlungen durch den Vorsitzenden Richter unterbunden werden sollen, ähnlich GERMELMANN /MATTHES/PRÜTTING/ MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 31, S. 502, Rn. 12; N ATTER/GROSS, 2010, § 31, S. 447, Rn. 11. 239 SCHMIDT -BLEIBTREU /HOFMANN /HOPFAUF, 2011, Art. 101, S. 2081, Rn. 5; SCHWAB/WETH, 2011, S. 461.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Zweifel etwas weniger stark als im streitigen Prozessverfahren, denn eine Entscheidung, die ihrer Bindungswirkung nach einem Urteil nahe kommt, kann von der Verständigungskommission nicht getroffen werden. 240 Insofern ist nicht nur nachvollziehbar, sondern auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu billigen, dass im Verständigungsverfahren von der Reihenfolge in der Liste abgewichen werden darf. Das Verständigungsverfahren ist im Übrigen eine zusätzliche Instanz, in deren Anschluss der Zivilprozess mit seinen drei Instanzen vollständig durchlaufen werden kann. Den Parteien eines Verständigungsverfahrens wird somit faktisch nicht der gesetzliche Richter entzogen, sollte ein Verständigungslaienrichter willkürlich entgegen der vorveröffentlichten Liste ausgewählt werden. Im Übrigen bleibt den Parteien einen Antrag auf Ablehnung wegen Befangenheit zu stellen. 241 Die Bezeichnung als Laienrichter trifft die realen Umstände hinsichtlich der Kompetenz der Verständigungslaienrichter nicht ganz richtig. Sie werden aufgrund ihrer besonderen fachlichen Fähigkeiten zu dem Beilegungsverfahren hinzugezogen. Ihnen wird teilweise sogar die Funktion eines Aufpassers (o-metsuke-yaku) gegenüber den Berufsrichtern, die nur wenig Erfahrungen mit Arbeitssachen haben, zugeschrieben. 242 Laien sind sie im Vergleich zu den Berufsrichtern lediglich im Hinblick auf die rein juristischen Kenntnisse. Aufgrund dieser Mischung, der Fachkenntnisse zu arbeitsrechtlichen Themen ohne jedoch über eine juristische Kompetenz zu verfügen, bietet sich die Bezeichnung als Fachlaienrichter an.243 Eine ähnliche Diskussion gibt es im Hinblick auf die ehrenamtlichen Richter an den deutschen Arbeitsgerichten. Auch hier gibt es Stimmen, die eine Bezeichnung als Laienrichter für verfehlt halten, da die ehrenamtlichen Richter ihre besondere Sachkunde in die Rechtsprechung mit einbringen sollen und es sich bei ihnen somit, im Gegensatz zu den Schöffen im Strafgerichtsprozessverfahren, nicht einfach um ehrenwerte Bürger, die durch das Los ermittelt worden sind, handelt. 244 c) Ausschluss und Entlassung der Verständigungslaienrichter Personen können von vornherein vom Amt des Verständigungslaienrichters ausgeschlossen sein oder im Laufe ihres Amtes zur Ausübung ungeeignet und entsprechend entlassen werden. 240

Siehe unter Kapitel 4 D.I.c). Art. 12 DV VerstGA i.V.m. Art. 10 DV ZPG; siehe auch unter Kapitel 4 B.III.c). 242 KAMOTA, 2007, S. 9; SUGENO, 2000, S. 5. 243 Im Hinblick auf die Übersetzung des Begriffs rōdō shinpan-in bleibt es bei Verständigungslaienrichter, da Verständigungsfachlaienrichter ein noch größeres Wortungetüm wäre. 244 BADER/HOHMANN /KLEIN, 2006, S. 1; NATTER/GROSS, 2010, § 6, S. 131, Rn. 2, mit etwas anderer Konnotation, da „mit dem ehrenamtlichen Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit gerade kein quivis ex popolo, sondern [...] ein Vertreter partikularer Interessen und Repräsentant bestimmter Interessengruppen berufen wird.“ 241

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Im Hinblick auf den Ausschluss eines Verständigungslaienrichters gelten zunächst die Regelungen über den Ausschluss von Berufsrichtern nach dem ZPG, die im Wesentlichen Fälle betreffen, in denen ein verwandtschaftlicher, rechtlicher oder tatsächlicher Bezug zu einer der Parteien bzw. der Streitangelegenheit besteht. 245 Den Verständigungslaienrichtern steht im Verständigungsverfahren ein eigenes Stimmrecht zu und sie nehmen gemeinsam mit dem Berufsrichter an den internen Beratungen der Kommission teil. Ihre Aufgabe im Verständigungsverfahren ist demnach mit der des Richters vergleichbar. Das Fundament für das Vertrauen der Japaner gegenüber dem Verständigungsverfahren bildet somit das Vertrauen in die Verständigungslaienrichter.246 Über die Ausschlussgründe des ZPG hinaus regelt die VLaienRVO daher zusätzliche eigene Ausschlussgründe. Nicht zum Verständigungslaienrichter ernannt werden dürfen beispielsweise Personen, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind, die gegen gesetzliche Normen mit Bezug zum Arbeitsverhältnis verstoßen haben und deswegen zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind oder die aus dem Amt als Verständigungslaienrichter nach dem VLaienRVO entlassen worden sind. 247 Der Sicherstellung einer unparteilichen Ausübung des Amtes kommt eine hohe Bedeutung zu. Besteht die Sorge, dass ein Verständigungslaienrichter im Sinne oben genannter Vorschriften des ZPG befangen ist, können die Parteien einen Antrag auf Ablehnung stellen. 248 Dieser muss, wenn er nicht im Termin gestellt wird, schriftlich eingereicht werden. 249 Eine solche Möglichkeit ist den Parteien im Verfahren der zivilen Schlichtung nicht eingeräumt.250 Auch nachdem eine Person als Verständigungslaienrichter ernannt worden ist, gibt es Umstände, die eine Entlassung erzwingen bzw. möglich machen. Ein Verständigungskommissionsmitglied muss aus dem Amt entlassen werden, wenn nach der Ernennung einer der Ausschlussgründe nach der VLaienRVO eintritt.251 Die Entlassung erfolgt durch den Obersten Gerichtshof. Im Übrigen besteht die Möglichkeit einer Entlassung, wenn durch das Auftreten eines besonderen Umstandes nicht mehr gewährleistet ist, dass ein Verständi245

Art. 11 VerstGA verweist auf die Art. 23, 25 und 26 ZPG. Jōkai rōdō shinpan kisoku [Erläuterung der Artikel der Verordnung zur Durchführung des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen], Verwaltungsstelle der Abteilung für allgemeine Angelegenheiten des Obersten Gerichtshofs, Tokio 2006, S. 99 (im Folgenden: OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006). 247 Art. 2 VLaienRVO. 248 Im Hinblick auf den Ablehnungsantrag verweist die DV VerstGA auf die DV ZPG, Art. 12 DV VerstGA i.V.m. Art. 10 DV ZPG. 249 Im Hinblick auf den Ablehnungsantrag verweist die DV VerstGA auf die DV ZPG, Art. 12 DV VerstGA i.V.m. Art. 10 DV ZPG. 250 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 11. 251 Art. 6 Abs. 1 VLaienRVO. 246

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

gungslaienrichter seiner Amtspflicht nachkommen wird. Dies kann nach der VLaienRVO dann der Fall sein, wenn festgestellt wird, dass ein Verständigungslaienrichter seine Aufgabe aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann, wenn ein Verstoß gegen seine Amtspflichten oder wenn ein Verhalten vorliegt, das darauf hindeutet, dass der Verständigungslaienrichter seine Aufgabe nicht von einem neutralen und gerechten Standpunkt aus durchführt und dadurch die Sorge begründet wird, dass das Vertrauen in das Verständigungsverfahren beschädigt wird sowie bei einem Verhalten, das für einen Verständigungslaienrichter als nicht angemessen befunden wird. 252 In diesen Fällen steht dem Obersten Gerichtshof hinsichtlich seiner Entscheidung Ermessen zu. Die Vorschriften über die mögliche Entlassung aus dem Amt stimmen mit den Entlassungsbestimmungen nach der DV BFördG gegenüber den Kommissionsmitgliedern der Streitregulierungskommission überein. 253 Auch die Ausschlussgründe im ArbGG für ehrenamtliche Richter zeigen, dass die Vertrauenswürdigkeit der ehrenamtlichen Richter von übergeordneter Bedeutung ist. 254 Bei ihnen reicht sogar bereits der Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung durch eine Anklage aus, um die für das Amt vorausgesetzte persönliche Integrität zu verneinen. 255 Die Anwendung der Bestimmungen über den Ausschluss von Berufsrichtern nach dem ZPG auf die Verständigungslaienrichter macht erneut deutlich, dass der japanische Begriff shinpan-in richtigerweise mit Verständigungslaienrichter übersetzt wird. d) Bewertung der Verständigungslaienrichter Bereits in der Entwicklungsphase des Verständigungssystems hatte es kritische Stimmen gegenüber einer Beteiligung von Fachlaienrichtern gegeben. 256 Die Sorge, die Fachlaien der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite seien nicht in der Lage, sich neutral zu verhalten, da sie grundsätzlich verschiedene Ansicht verträten, wurde insbesondere von Arbeitgeber- und Richterseite geäußert.257 Die Sorge hat sich in der praktischen Umsetzung nicht bestätigt. Die Qualität der Verständigungslaienrichter wird durchgehend als positiv bewertet. 258 Entgegen der Sorge, juristische Laien könnten sich bei den zu treffenden 252

Art. 6 Abs. 2 VLaienRVO. Art. 10 Nr. 1, 2 DV BFördG 254 § 21 Abs. 2 ArbGG 255 KÜNZL, 1991, S. 158. 256 Siehe oben Kapitel 4 A.III.b)(2). 257 INOUE, 2001, S. 113, 114; S UGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA /OTOKOZAWA , 2007, S. 16. 258 KAMOTA, 2007, S. 9; HARUNA, 2010, S. 47. 253

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Entscheidungen irren und ihre widerstreitenden Interessen mit in die Untersuchung einfließen lassen, wird in der Praxis festgestellt, dass die Verständigungslaienrichter der Untersuchung eine besondere Tiefe geben und damit für Vertrauen in die Ergebnisse sorgen.259 Sie sind in der Lage, die Probleme zu lokalisieren, eine Richtung für die Beilegung aufzuzeigen und äußern in einer für die Untersuchung nützlichen Weise ihre Ansichten. 260 Für Ogawa bestehen im Hinblick auf die Qualität einer rechtlichen Entscheidung drei Beurteilungsmaßstäbe (handan kijun): im Falle arbeitsrechtlicher Streitigkeiten muss bei der Entscheidung ein Werturteil (kachi handan) über die in Frage stehende Maßnahme oder Situation am Arbeitsplatz getroffen werden und zwar im Hinblick auf 1. die Vernünftigkeit (gōri-sei), 2. die gesetzmäßigen Gründe (seitō na riyū) und 3. die Gründe der Unvermeidbarkeit (yamu wo enai riyū). 261 Sowohl die Fachlaienrichter der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmerseite haben sich über einen gewissen Zeitraum mit Arbeitssachen beschäftigt und seien daher in der Lage, die genannten drei Beurteilungen vorzunehmen und damit eine gerechte und angemessene Beilegung zu erzielen. 262 In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die Verständigungslaienrichter entgegen der Erwartung eher streng mit der eigenen Interessengruppe umgehen und oftmals ein hohes Niveau bei den Verhaltensstandards gegenüber der eigenen Seite fordern. 263 Ebenfalls im Gegensatz zu den Befürchtungen der japanischen Richter gehen die Ansichten von Verständigungsrichtern und Verständigungslaienrichtern nur selten auseinander.264 Im Übrigen bestehen für die Kandidaten und die späteren Verständigungslaienrichter verschiedene Schulungen und Studienzirkel. Die Gesellschaft zur Forschung über Japanische Arbeitsbeziehungen (nihon rōshi kankei kenkyū kyōkai) bietet mehrfach im Jahr an verschiedenen Standorten dreitägige Trainingseinheiten über die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten (kobetsu rōshi funsō kaiketsu kenshū) an.265 Die Schulungen passen sich inhaltlich an die unterschiedlichen Beschäftigungssituationen in den verschie259

UKAI , 2010, S. 77. ŌTAKE , rōdō shinpan seido no shikō jōkyō to saiban-sho ni okeru torikumi [Die Situation bei der Ausführung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen und die Herangehensweise vor den Gerichten], in: Jurist, 2007, Nr. 1331, S. 37. 261 FURUKAWA, 2009, S. 47. 262 FURUKAWA, 2009, S. 48. 263 HARUNA, 2010, S. 48; FURUKAWA, 2009, S. 50. 264 NANBA, 2007, S. 41; FURUKAWA, 2009, S. 48. 265 Der Homepage der Gesellschaft kann ein genauer Plan für das jeweilige Jahr entnommen werden, siehe kobetsu rōdō funsō kaiketsu kenshū no go-annai [Informationen zum Training über die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten)], Internetauftritt der nihon rōshi kankei kenkyū kyōkai [Gesellschaft zur Forschung über Japanische Arbeitsbeziehungen], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 260

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

denen Distriktgerichtsbezirken an.266 Darüber hinaus werden die Teilnehmer über Urteile, arbeitsrechtliche Vorschriften, Anhörungsmethoden und Überzeugungstechniken unterrichtet und es findet ein Meinungsaustausch anhand von Fallbeispielen statt.267 In manchen Distriktgerichtsbezirken haben sich selbstständige Studienzirkel für Verständigungslaienrichter unter der Beteiligung von professionellen Ratgebern gebildet, in denen unter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht268 Fälle aus der Praxis besprochen werden. 269 e) Anzahl der Verständigungslaienrichter Als das Verständigungssystem im Jahr 2006 startete, waren knapp 1.000 Verständigungslaienrichter vom Obersten Gerichtshof ernannt worden. 498 Personen gehörten der Arbeitnehmer-, 499 der Arbeitgeberseite an. 270 Lediglich knapp 5% der Verständigungslaienrichter waren Frauen.271 Nachdem sich die Neueingänge im Verständigungsverfahren seit Beginn des Systems jährlich erhöht haben, 272 ist die Zahl der Verständigungslaienrichter im April 2010 auf 1.210 Personen erhöht worden, eine weitere Erhöhung war für April 2011 geplant. 273 IV. Gegenstand des Verständigungsverfahrens Das Verständigungsverfahren in Arbeitsachen bezweckt die Beilegung von Streitigkeiten zivilrechtlicher Art zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsvertrags oder über andere Angelegenheiten, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen.274 Diese Streitigkeiten werden im VerstGA als individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten zivilrechtlicher Art und in Lehrbüchern und Kommentaren oft einfach als individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten be266

HARUNA, 2010, S. 48. Siehe Gesellschaft zur Forschung über Japanische Arbeitsbeziehungen, kobetsu rōdō funsō kaiketsu kenshū no go-annai [Informationen zum Training über die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], dort der Abschnitt über den Inhalt und zeitlichen Ablauf der Schulungen; H ARUNA, 2010, S. 48. 268 Art. 33, 34 VerstGA. 269 FURUKAWA, 2009, S. 35, hat selbst als Ausbilder für Verständigungslaienrichter gearbeitet und einen der Studienzirkel als Ratgeber begleitet; er war sehr angetan von dem seiner Ansicht nach hohen Niveau der Wortmeldungen der Fachlaienrichter. 270 ŌTAKE , kaishi go 1 nen wo heta rōdō shinpan seido no genjō to kadai [Die Lage des Systems über die Verständigung in Arbeitssachen und dessen Aufgabe 1 Jahr nach dem Start], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 56, dort Tab. 12. 271 ŌTAKE , Jurist, 2007, S. 49, dort Tab. 12. 272 Siehe unter Kapitel 4 C. zur praktischen Umsetzung des Verständigungssystems. 273 HARUNA, 2010, S. 47. 274 Art. 1 VerstGA. 267

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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zeichnet. Die grundsätzliche Bedingung des zivilrechtlichen Bezugs der Streitigkeiten kennt das deutsche ArbGG auch (dort heißt es bürgerlichrechtlich). 275 Die Definition von individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten im VerstGA greift allerdings etwas kürzer als für das Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten. Streitigkeiten aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, wie das ArbGG formuliert, 276 sind beispielsweise vom VerstGA nicht erfasst. Im japanischen Kontext werden diese Konflikte als Streitigkeiten über Stellenangebote (boshū) und die Einstellung in ein Beschäftigungsverhältnis (saiyō) bezeichnet. Im Hinblick auf diesen Konflikttypus neigen die japanischen Beilegungssysteme dazu ihn auszuschließen. Im BFördG ist das für das Vermittlungsverfahren ausdrücklich bestimmt.277 Im VerstGA fehlt eine solch klare Angabe. Obwohl die Zuständigkeit für Streitigkeiten über Stellenangebote und die Einstellung nicht ausdrücklich ausgenommen ist, ist der einzig vorhandenen Kommentierung zum VerstGA zu entnehmen, dass sie nicht Gegenstand eines Verständigungsverfahrens sein können. 278 Dies mit der Erklärung, dass in diesen Fällen mit einer gütlichen Auflösung des Streits in der Regel nicht zu rechnen sei. Konflikte über die Einstellung beträfen nicht nur das unmittelbare Verhältnis zwischen Bewerber und Arbeitgeber; bei ihrer Beilegung sei eine Entscheidung zu treffen, die die Aufstellung des Personals beim Arbeitgeber in ihrer Gesamtheit betreffe, was einer einvernehmlichen Lösung gewöhnlich entgegenstehe. 279 Daher würden diese Streitigkeiten von vorneherein nicht zur Beilegung im Wege des Verständigungsverfahrens zugelassen. 280 Die Argumentation im Hinblick auf den Ausschluss von Streitigkeiten im Bereich der Eingehung von Arbeitsverhältnissen greift jedoch lediglich, wenn es konkret um dem Abschluss eines Arbeitsvertrages oder beispielsweise die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geht, da nur in diesem Fall das Personalgefüge betroffen sein kann. Treten jedoch Streitigkeiten über die Erstattung von Vorstellungskosten oder die Herausgabe von Bewerbungsunterlagen auf, die im Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten dem Bereich der Streitigkeiten über Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses zugeordnet werden, 281 steht einer Einigung zumindest nicht die Rücksicht auf das übrige Personal im Wege. Das gerichtliche Verfahren der Verständigung kann bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem ChancenGG sowie mit dem Teilzeitarbeitsgesetz 275

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG. 277 Art. 5 Abs. 1 BFördG. 278 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 59. 279 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 59. 280 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 59. 281 HAUCK/HELML, 2006, S. 63; N ATTER/GROSS, 2010, § 2, S. 67, Rn. 31; M ÜLLER GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 2 ArbGG, S. 348, Rn. 20. 276

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

durchgeführt werden. Beide Gesetze enthalten zwar eine ausdrückliche eigene, die Beilegungsverfahren in den Arbeitsbehörden der Präfekturen ausschließende, Regelung zur Streitbeilegung. 282 Diese Sonderregelungen betreffen jedoch nicht das Verständigungsverfahren. V. Einleitung des Verständigungsverfahrens auf Antrag Das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen wird nicht durch eine Klageschrift, sondern durch einen Antrag (mōshitate) beim zuständigen Distriktgericht eingeleitet, wenn ein Betroffener die Beilegung einer individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit anstrebt. 283 a) Anforderungen an den Antrag Als inhaltliche Anforderung an den Antrag nennt das VerstGA selbst lediglich die Angabe des Zwecks (shushi) und der Gründe (riyū) für den Antrag.284 „Zweck des Antrags“ meint den angestrebten Erfolg. Diese Angabe dient der Klärung, welche Lösung der Antragsteller inhaltlich anstrebt. 285 „Gründe des Antrags“ sind die Tatsachen, die den angestrebten Erfolg begründen sollen. 286 Diese Regelung entspricht in etwa der für die Klageschrift im ZPG, die die Angabe von Zweck und Ursachen (gen’in) fordert.287 Detaillierte Anforderungen an die Formalien von Schriftsätzen finden sich sowohl im Falle des ZPG als auch beim VerstGA in den entsprechenden Durchführungsverordnungen. 288 Der Begriff „Verordnung“ (kisoku) soll hierbei nicht implizieren, dass es sich um eine Regelung der Regierung oder einer Verwaltungsstelle handelt. Vielmehr liegt die Kompetenz in solchen Fällen beim Obersten Gerichtshof, so dass es sich bei den kisoku im vorliegenden Fall genauer gesagt um Verordnungen des Obersten Gerichtshofs in Ergänzung zu den durch das Parlament erlassenen Prozessgesetzen wie dem ZPG und dem VerstGA handelt.289 Dieser hat in Japan die verfassungsrechtliche

282

Art. 16 ChancenGG, Art. 20 Teilzeitarbeitsgesetz. Art. 5 Abs. 1 VerstGA. 284 Art. 5 Abs. 2 VerstGA. 285 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 73. 286 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 73. 287 Art. 133 Abs. 2 Nr. 2 ZPG. 288 Verordnung zur Durchführung des Zivilprozesses (minji soshō kisoku), Verordnung Nr. 5 des Obersten Gerichtshofs vom 17.12.1996; Verordnung zur Durchführung des Verständigungsverfahrens (rōdō shinpan kisoku), Verordnung Nr. 2 des Obersten Gerichtshofs vom 11.1.2005. 289 Ähnlich G ÖTZE, 2007, S. 303. Die genaue Definition des Begriffs kisoku erfolgt hier, weil er nicht nur im Fall der Durchführungsverordnungen verwendet wird, sondern auch ganz allgemein mit „Bestimmung i.S. von Gesetzesnorm“ oder auch mit „Satzung“ übersetzt werden kann, siehe wiederum G ÖTZE, 2007, S. 303. 283

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Kompetenz, Regelungen über das prozessuale Verfahren zu erlassen. 290 Ein entsprechender Auftrag findet sich in ZPG und VerstGA. Beide Gesetze legen fest, dass die über die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Verfahrensregelungen durch Durchführungsverordnung des Obersten Gerichtshofs geregelt werden. 291 Die DV VerstGA verweist hinsichtlich des Inhalts von Schriftsätzen auf die entsprechenden Regelungen im Zivilprozess. 292 Die Antragsschrift, Antragserwiderung sowie sonstige Schriftsätze müssen grundsätzlich den Namen (shimei), Titel (meishō) und Wohnsitz (jūsho) der Partei sowie den Namen des Vertreters (dairi-nin no shimei), die Bezeichnung der Angelegenheit (jiken no hyōji), die Bezeichnung der beigefügten Schriftstücke (fuzoku shorui no hyōji), das Datum (nengappi) sowie die Bezeichnung des Gerichts (saiban-sho no hyōji) enthalten und mit den Namensstempeln der Parteien bzw. des Vertreters versehen werden. 293 An dieser Stelle wird einmal mehr deutlich, dass das ZPG seine Wurzeln im deutschen Recht, speziell in der deutschen ZPO, hat.294 Die deutsche ZPO bestimmt ebenfalls, dass Schriftsätze die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung, die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes sowie die Zahl der Anlagen zu beinhalten haben.295 In Bezug auf den Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens konkretisiert die DV VerstGA die Anforderungen an den Inhalt. So müssen bereits im Antrag die voraussichtlichen Streitpunkte (yosō sareru sōten) und die diese betreffenden Tatsachen (jijitsu) und Beweismittel (shōko), sowie die bisher unternommenen Bemühungen zur Streitbeilegung (tōji-sha-kan ni oite sareta kōshō) inklusive eines Überblicks über die Umstände, die zum Antrag geführt haben (mōshitate ni itaru keii no gaiyō), dargestellt werden.296 Die Angabe der Gründe übernimmt im Verständigungsverfahren eine doppelte Funktion. Sie dient zum einen der genauen Bestimmung des Antrags und zum anderen der Begründung desselben. 297 290

Art. 77 Abs. 1 JV; die DV BFördG ist demgegenüber vom MGWA erlassen worden, das in Art. 19 BFördG damit beauftragt worden ist, notwendige Maßnahmen, die die Kommission und das Vermittlungsverfahren betreffen, durch Verordnung zu regeln. 291 Art. 3 ZPG, Art. 30 VerstGA. 292 Art. 7 DV VerstGA verweist auf Art. 2 DV ZPG. 293 Art. 2 DV ZPG. 294 HEATH/P ADBERG, Das Japanische Zivilprozessrecht; Tübingen 2002, S. 6. 295 § 130 Nr. 1 ZPO. 296 Art. 9 Abs. 1 DV VerstGA 297 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 23, dort auch der Hinweis, dass sich die DV VerstGA am Zivilprozess orientiert, da auch im Zivilprozess die Angabe der Ursachen zweierlei Zielen dient: die Anspruchsursache ist gleichermaßen Bestimmungsmittel und Angriffsmittel.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Soll ein Antrag zurückgenommen werden, muss dies schriftlich erfolgen, es sei denn, die Rücknahme erfolgt im Termin.298 Das Gericht muss der Gegenseite, wenn ihr der Antrag bereits zugestellt worden ist, die Rücknahme mitteilen. Dies gilt konsequenterweise nicht, wenn der Antrag im Termin unter Anwesenheit der Gegenseite zurückgenommen worden ist. 299 Ein Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens, der unzulässig ist, muss abgewiesen werden. 300 Unzulässig sind Anträge auch dann, wenn es nicht möglich ist, die Unzulässigkeit zu korrigieren oder eine Korrektur nicht erfolgt ist. 301 In der Regel ist das Verfahren noch nicht weit fortgeschritten, wenn festgestellt wird, dass der Antrag unzulässig ist. Die Zuständigkeit für die Abweisung des Antrags liegt daher nicht bei der Verständigungskommission, sondern beim Verständigungsrichter allein. 302 Der Antragsteller muss mit dem Antrag auch eine Abschrift des Antrags, der Beweismitteldokumente und etwaiger Erläuterungen hierzu für die Gegenseite einreichen. 303 Diese hat das Gericht, wenn es den Antrag nicht abweist, an die Gegenseite zu übersenden. 304 b) Grund für die strengen Anforderungen an den Antrag Da sich die inhaltlichen Anforderungen an den das Verständigungsverfahren einleitenden Schriftsatz (Antrag) im Wesentlichen am zivilprozessualen Verfahren orientieren, bietet das Verständigungssystem dem Rechtssuchenden keine Erleichterungen im Hinblick auf den Einstieg in das Verfahren. Schwellen, die die Rechtsverfolgung im Bereich der Prozessverfahren erschweren, bleiben daher auch im Verständigungsverfahren bestehen. 305

298

Art. 11 Abs. 1 DV VerstGA. Art. 11 Abs. 2 DV VerstGA. 300 Art. 6 VerstGA. 301 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 75. 302 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 75. 303 Art. 9 Abs. 4 DV VerstGA. 304 Art. 10 DV VerstGA. 305 In der deutschrechtlichen Alternativendiskussion hatte R OTTLEUTHNER bereits vor 30 Jahren diese Schwellen in „Barrieren“ und „Defizite“ aufgeteilt. Als Barriere im Hinblick auf den Antrag sind die Prozessformalien zu werten, als Defizite der rechtlich nicht vorgebildeten Parteien ihre Schwierigkeiten bei der diesen formalen Anforderungen entsprechenden Darstellung ihrer Angelegenheit (R OTTLEUTHNER, 1982, S. 146. Die Folgen der Barrieren und Defizite für die verschiedenen Phasen der Rechtsverfolgung sind dort anhand des sog. „Berliner Trichter“ dargestellt.). Gerichtlichen Verfahren wird in der Alternativendiskussion die nur selektive Verarbeitung der Realität, die Beschränkung des Ausgangskonflikts auf Rechtsfragen vorgeworfen (siehe stellvertretend F ALKE /GESSNER, 1982, S. 294). Diese Kritik beschreibt ziemlich treffend den Einstieg in das Verständigungsverfahren, für den die Darstellung der rechtlich relevanten Streitpunkte sowie der diese betreffenden Tatsachen und Beweismittel gefordert werden. 299

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Die strengen Anforderungen an den Inhalt des Antrags werden mit der besonderen Notwendigkeit einer beschleunigten Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten begründet. 306 Einer der Pfeiler des Verständigungssystems ist der Fokus auf einer raschen Beilegung (jinsoku na kaiketsu). Da die Beilegung innerhalb von 3 Terminen erfolgen soll, ist es von großer Bedeutung, die behaupteten Tatsachen und Ansprüche inklusive der Beweismittel bereits zu Beginn des ersten Termins möglichst in ihrer Gesamtheit vorliegen zu haben, damit sie geordnet und gerichtlich untersucht werden können. 307 Aus diesem Grund gibt die DV VerstGA auch Grenzen für eine Veränderung des Zwecks und der Gründe vor. Grundsätzlich kann eine solche Veränderung zwar jederzeit in schriftlicher Form vorgenommen werden, wenn sich die Grundlage des Antrags dabei nicht ändert.308 Stellt die Verständigungskommission jedoch fest, dass durch die Änderung die Untersuchung lediglich mit Schwierigkeiten innerhalb von 3 Terminen abgeschlossen werden kann, kann sie die Abänderung ablehnen.309 Die Struktur des Verständigungssystems selbst liefert mit der Entscheidung für einen automatischen Übergang in das zivilprozessuale Verfahren (für den Fall, dass gegen den Verständigungsspruch Einspruch eingelegt wird) einen eigenständigen Grund für die inhaltlichen Anforderungen an den Antrag. Der Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens wird im Fall des Übergangs als Klageschrift zur Einleitung eines zivilprozessualen Verfahrens angesehen, so dass über den Grund der Beschleunigung hinaus eine gewisse Notwendigkeit der Anpassung des Antrags an die Formalien des Zivilprozesses besteht. 310 Hier liegt ein dem Verständigungssystem immanentes Problem: um einen reibungslosen Übergang in das Zivilprozessverfahren zu erzeugen, erschwert sich der Zugang zu Beginn des Verfahrens. Um das formalisierte Antragsverfahren ein wenig zu erleichtern, bietet der Oberste Gerichtshof im Internet Formulare für das Verständigungsverfahren an,311 ein Angebot, das die japanische Verwaltung für ihre Vermittlungsver306

SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 160. NANBA, 2007, S. 41; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 160; KAMOTA, 2007, S. 8. 308 Art. 26 Abs. 1 und 2 DV VerstGA. 309 Art. 26 Abs. 4 DV VerstGA. 310 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 23. 311 Auf der Internetseite des Obersten Gerichtshofs findet sich ein Sammelsurium an verschiedenen Vordrucken. Im Hinblick auf den Antrag werden zwei Varianten angeboten, ein Antragsformular für Statusangelegenheiten wie Kündigungsstreitigkeiten und eines für vermögensrechtliche Konflikte, dasselbe gilt für die Antragserwiderung, siehe tōkyō chihō saiban-sho (minji-bu) rōdō shinpan tetsuzuki [Distriktgericht Tokio (Abteilung Zivilrecht) – Verständigungsverfahren], Internetauftritt des Obersten Gerichtshofs, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 307

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

fahren ebenfalls macht.312 Des Weiteren kann ein Antragsteller bei der Annahmestelle des jeweiligen Distriktgerichts den Antrag vor der Abgabe besprechen.313 Die dortigen Beschäftigten überprüfen und verbessern die Anträge, falls nötig. VI. Erwiderung der Gegenseite Die Erwiderung der Gegenseite auf die Einleitung eines Verfahrens zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch Antrag bzw. Klage sind in Japan und Deutschland genau entgegengesetzt geregelt. Interessanterweise haben beide Länder den Anspruch mit ihrer Regelung den Besonderheiten individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu begegnen. Im Verständigungsverfahren bestimmt der Vorsitzende Richter eine Frist zur Antragserwiderung für den Antragsgegner. Die Frist muss so bemessen sein, dass im Anschluss an die Erwiderung der Antragsteller seinerseits die notwendige Zeit zur Vorbereitung einer Replik bis zum ersten Termin erhält.314 Meist liegt die Frist für die Antragserwiderung bei 7 bis 10 Tagen vor dem ersten Termin.315 Die Antragserwiderung wird somit anders als im Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten noch vor dem ersten Termin eingefordert. Aus der Antragserwiderung muss hervorgehen, inwieweit das Vorbringen des Antragstellers bestritten wird und auf welche konkreten Tatsachen sich die Erwiderung stützt. Außerdem müssen auch hier die die voraussichtlichen Streitpunkte betreffenden Tatsachen und Beweismittel dargestellt werden. 316 Eine Ausfertigung der Antragserwiderung wird direkt an den Antragsteller übersendet. 317 Diese Vorgehensweise wird als Ausprägung des Beschleunigungsgedankens, der das Verständigungssystem prägt, verstanden. Das VerstGA verlangt eine Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten innerhalb von 3 Terminen. Um die rasche Beilegung verwirklichen zu können, beginnt die Verständigungskommission den ersten Termin mit der Ordnung der Streitpunkte und Beweisangebote. 318 Im Hin312 Die Antragsformulare für das Verfahren bei den Streitregulierungskommissionen der Arbeitsbehörden können von den Hilfesuchenden beispielsweise von den Internetseiten des MGWA und vieler Arbeitsbehörden herunter geladen werden. Das Antragformular findet sich u.a. in MGWA, Broschüre BFördG, 2012. 313 Für den Distriktgerichtsbezirk Tokio siehe N ANBA, 2007, S. 40. 314 Art. 14 Abs. 1, 2 DV VerstGA. 315 KIMIWADA, tegaru ni tsukaeru rōdō shinpan seido – hayakute nattoku no rōdō toraburu kaiketsu hō [Das leicht nutzbare System über die Verständigung in Arbeitssachen – Gesetz über die schnelle, einvernehmliche Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte], Tokio 2007, S. 58; für den Distriktgerichtsbezirk Tokio ISHIZAKI , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 34 (im Folgenden: KIMIWADA, Verständigungssystem, 2007). 316 Art. 16 Abs. 1 DV VerstGA. 317 Art. 20 Abs. 3 Nr. 1 DV VerstGA. 318 Art. 21 Abs. 1 DV VerstGA.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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blick auf dieses Ordnen wird es als unerlässlich betrachtet, die Termine gut vorzubereiten, wozu auch die Kenntnis des gegnerischen Vorbringens und der Beweisangebote gehört. 319 Das Einfordern der konkreten Darlegungen des Beklagten wird demgegenüber im deutschen Urteilsverfahren als der für individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten erwünschten einvernehmlichen Beilegung abträglich angesehen. Auch dieser Argumentation liegt der Beschleunigungsgedanke zu Grunde. Der Gütetermin im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren bezweckt eine rasche Beilegung der Streitigkeit, um dem Arbeitnehmer eine lang andauernde Ungewissheit zu ersparen und ihm gleichzeitig Sicherheit über seine Existenzgrundlage zu verschaffen. 320 Die Parteien sollen frei über den Sachverhalt sprechen, ohne dass die Fronten durch konkrete schriftsätzliche Darlegungen bereits verhärtet sind.321 Das ArbGG grenzt sich hinsichtlich der Klageerwiderung deutlich von der zivilprozessualen Regelung ab und bestimmt, dass eine Aufforderung an den Beklagten, sich schriftlich auf die Klage zu äußern nicht erfolgt. 322 Den Systemen beider Länder liegt die Vorstellung zu Grunde, dass bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten der raschen Beilegung eine besondere Bedeutung zukommt. Dem Gesichtspunkt der Lösung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Wege alternativer Methoden kommt in Bezug auf die Antrags- bzw. Klageerwiderung die deutsche Regelung jedoch näher, da diese konkret bezweckt, die flexible Beilegung zu begünstigen. Die Bestimmungen zur Antragserwiderung in der DV VerstGA sollen zwar auch die rasche Beilegung fördern; sie stellen aber die Darstellung der Angelegenheit unter rechtlichen Gesichtspunkten in den Vordergrund. a) Fristverlängerung und Kritik an der Regelung zur Replik In vielen Fällen kann die Gegenseite die Frist für die Antragserwiderung nicht einhalten und der entsprechende Schriftsatz geht erst kurz vor dem Termin ein.323 Für eine Replik fehlt dann die Zeit. Stellt der Antragsgegner fest, dass die Zeit bis zum Fristablauf für die Anfertigung einer Erwiderung nicht ausreicht, kann er einen Antrag auf Verlegung des ersten Termins stellen. 324 Die Entscheidung über eine solche Verle319

SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 177. OPOLONY, Der Arbeitsgerichtsprozess – Recht und Taktik des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, München 2005, S. 117. 321 HAUCK/HELML, 2006, S. 281; OPOLONY , 2005, S. 122; N ATTER/GROSS, 2010, § 54, S. 617, R. 13. 322 Art. 47 Abs. 2 ArbGG. 323 HASHIMOTO, 2007, S. 22. 324 Dies ergibt sich aus Art. 13 DV VerstGA, wonach der Verständigungsrichter den ersten Termin zwar grundsätzlich innerhalb von 40 Tagen nach Antragstellung legen muss, davon bei besonderen Umständen jedoch abweichen darf. 320

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

gung steht im Ermessen des Verständigungsrichters. Nicht im Sinne einer raschen Erledigung ist es, wenn die Gegenseite sich auf den ersten Termin nicht ausreichend vorbereiten kann, womöglich aus diesem Grund gar nicht erscheint. Anderseits stellen sich der Antragsteller, die Verständigungslaienrichter und das Gericht selbst organisatorisch auf den bestimmten Termin ein.325 Aus diesem Grund kann auf Verlängerungsanträge, die frühzeitig eingehen, verhältnismäßig flexibel reagiert werden. Anträge, die erst kurz vor dem Termin gestellt werden, werden in der Regel aber abgelehnt. 326 Im Hinblick auf eine Verschiebung des Termins gilt ebenso wie hinsichtlich der ohnehin etwas längeren Frist bis zum ersten Termin, dass sie die Beilegung zunächst zwar verzögert, mittelfristig im Zweifel jedoch der Beschleunigung des Verfahrens dient.327 Die Antragsteller sollen für die Vorbereitung einer Replik genügend Zeit haben. Ist eine Reaktion auf die Antragserwiderung nötig, wird sie im Termin mündlich vorgebracht und kann in schriftlicher Form als Ergänzungsschriftsatz (hojū shomen) nachgereicht werden. 328 Der Verständigungsrichter kann auch für das Einreichen solcher Ergänzungsschriftsätze eine Frist festlegen. 329 Von Arbeitgeberseite besteht Kritik an der Regelung zu der Replik. In den meisten Fällen werden Verständigungsverfahren von Arbeitnehmern ins Laufen gebracht. 330 Die Arbeitgeber sind somit meistens in der Rolle des Antragsgegners. Reicht dieser innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist die Antragserwiderung ein und folgt darauf noch eine Replik, ist in den meisten Fällen der erste Termin bereits so nah herangerückt, dass der Antragsgegner (Arbeitgeber) auf diese aus zeitlichen Gründen regelmäßig nicht mehr eingehen kann. Dies empfinden Arbeitgebervertreter als so starkes Ungleichgewicht, dass sie fordern, die Verständigungskommission solle solch kurzfristige Repliken nicht mehr annehmen.331 Eine solche Forderung ist indes nicht durchsetzbar, da nicht einzusehen ist, weshalb das Recht des Antragsstellers, auf neu vorgebrachte Tatsachen reagieren zu dürfen, beschränkt werden sollte. Immerhin steht dieses Recht dem Antragsgegner im Rahmen seiner Erwiderungen ebenfalls zu.

325

NANBA, 2007, S. 40. NANBA, 2007, S. 40, setzt in seinem Zuständigkeitsbezirk die Grenze für einen Verlängerungsantrag bei ca. 10 Tagen nach der Terminsbestimmung. 327 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 34. 328 Art. 17 Abs. 1 DV VerstGA. 329 Art. 19 DV VerstGA. 330 Die offizielle Statistik enthält zwar keine Angaben zu den Antragsstellern, Nanba hat jedoch für das Distriktgericht Tokio eine Statistik veröffentlicht, die Rückschlüsse auf die Situation in Japan insgesamt zulässt, siehe N ANBA, 2007, S. 44, dort die ersten beiden Tabellen zu (1). 331 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35. 326

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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VII. Ablauf des Verständigungsverfahrens In einem ersten Schritt bestimmt der Verständigungsrichter einen ersten Termin für das Verständigungsverfahren und lädt die Beteiligten der Angelegenheit zu diesem Termin.332 Im Gesetzestext ist ausdrücklich festgehalten, dass nicht nur die Parteien (tōji-sha), sondern allgemein die Beteiligten der Angelegenheit (jiken no kankei-jin) geladen werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Parteien in ausreichender Weise Gelegenheit zu Angriff und Verteidigung (kōgeki bōgyo) erhalten.333 Beteiligte sind zum Beispiel die von den Parteien angebotenen Zeugen. Der erste Termin des Verständigungsverfahrens ist auf einen Zeitpunkt innerhalb von 40 Tagen nach Antragstellung zu legen.334 Die maximale Zeitspanne bis zur ersten Sitzung ist im Verständigungsverfahren damit länger als im Zivilprozess. Dort soll der Termin zur mündlichen Verhandlung (kōtō benron kijitsu) innerhalb von 30 Tagen nach Einreichen der Klage stattfinden. 335 Auf den ersten Blick ist diese längere Frist überraschend, da das Verständigungsverfahren ein in besonderer Weise beschleunigtes Verfahren sein soll. 336 Gerade der Schnelligkeit und Effizienz des Verfahrens dient die Frist von 40 Tagen jedoch. In der ersten Sitzung werden die Tatsachen und die Beweismittel von der Verständigungskommission geordnet. 337 Damit dies geschehen kann, müssen die Parteien bereits in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens ihre Behauptungen abschließend vorgetragen haben.338 Der Vortrag der Behauptungen in möglichst umfassender Weise bedarf einer gewissen Vorbereitungsphase. Wählt der Verständigungsrichter den ersten Termin so früh, dass die Gegenseite nicht genug Zeit für die Vorbereitung und damit für eine ausreichende Darstellung der Fakten verbleibt, ist eine inhaltsreiche Untersuchung im Termin nicht zu erwarten und das Ergebnis wäre eine Verzögerung der Beilegung. 339 Dadurch, dass der ersten Sitzung eine bedeutende Rolle zukommt, ist die Vorbereitungsphase verhältnismäßig lang. 332

Art. 14 VerstGA. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 87. 334 Art. 13 DV VerstGA. 335 Art. 60 Abs. 2 DV ZPG. 336 Für das Verständigungsverfahren regelt Art. 15 VerstG den Bescheunigungsgrundsatz und bestimmt in Abs. 1, dass die Verständigungskommission unverzüglich den Parteivortrag anzuhören und die Streitpunkte sowie die Beweisangebote zu ordnen hat. Abs. 2 legt die maximale Anzahl der Termine mit drei fest. 337 ISHIZAKI, rōdō shinpan no 1 nen – shiyō-sha-gawa bengo-shi kara no hyōka to kadai [1 Jahr Verständigung in Arbeitssachen – Einschätzung und Aufgaben aus der Sicht eines Arbeitgeberrechtsanwalts], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 34; siehe auch Art. 21 Abs. 1 DV VerstGA. 338 HARUNA, 2010, S. 46. 339 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 34; SUGENO/Y AMAKAWA/SAITŌ / JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 175. 333

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Um die Vorbereitung für die Parteien ein wenig zu erleichtern, muss in der Ladung für die Parteien dargelegt werden, welche Behauptungen und Beweismittel vom Antragssteller angetragen worden sind und welche Vorbereitungen zu einer etwaigen Beweiserhebung getroffen werden müssen. 340 In der Ladung für die Gegenseite muss zusätzlich die Frist zur Antragserwiderung vermerkt werden.341 Für das Verständigungsverfahren ist gesetzlich festgeschrieben, dass die Untersuchung in lediglich 3 Terminen abgeschlossen werden muss, wenn nicht besondere Umstände vorliegen. Um diese Vorgabe verwirklichen zu können, legen das VerstGA und die DV VerstGA den Parteien bestimmte Pflichten und Fristen auf. Sie haben ihre Behauptungen und Beweismittel in einem frühen Stadium des Verfahrens, spätestens bis zum Ende der zweiten Sitzung einzureichen.342 In der Praxis hat sich allerdings der erste Termin als Höhepunkt der gesamten Untersuchung entwickelt, so dass in der Regel alle Behauptungen und Beweismittel bis zum ersten Termin eingereicht werden.343 Darüber hinaus haben die Parteien das Verfahren redlich und ehrlich zu führen und sollen sich in jeder Phase um das planmäßige und rasche Fortschreiten des Verfahrens bemühen. 344 Diesem Bemühen können die Parteien am besten nachkommen, wenn sie in den Terminen persönlich anwesend sind. Im Verständigungsverfahren besteht daher, im Gegensatz zu den vollständig auf Freiwilligkeit beruhenden Vermittlungsverfahren der Verwaltung, eine Anwesenheitspflicht für geladene Parteien. Dieser Verpflichtung wird Nachdruck verliehen, denn das Nichterscheinen einer Partei, die geladen war, wird mit einer Geldstrafe geahndet. Die gesetzliche Bestimmung sieht diese Sanktion zwingend vor. 345 Im Ermessen des Gerichts liegt lediglich die Höhe der Geldstrafe mit einer Obergrenze von 50.000 Yen (ca. 500 Euro). 346 Die Anwesenheit beider Parteien und ihre aktive Rolle im Verfahren werden in der Literatur als positive Besonderheit des Verständigungsverfahrens bewertet. Denn im zivilprozessualen Verfahren spielen die Parteien eine eher untergeordnete Rolle, ein direkter Austausch mit der Richterbank findet in vielen Fällen erst dann statt, wenn die Parteien vernommen werden oder ein Vergleich abgeschlossen werden soll. 347 Oftmals sind bei den Verhandlungen lediglich die Rechtsanwälte anwesend. Im Verständigungsverfahren wird eine 340

Art. 15 Abs. 1 DV VerstGA. Art. 15 Abs. 2 DV VerstGA. 342 Art. 2, Art. 27 DV VerstGA. 343 KAMOTA, 2007, S. 8; U KAI in SUGENO/WATANABE /KOKUZAWA/MURAKAMI / ISHIZAKI /UKAI, 2010, S. 100; N ANBA, 2007, S. 41; ISHIZAKI , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 34. 344 Art. 2 DV VerstGA. 345 Art. 31 VerstGA. 346 Umrechnungskurs 1 Euro = 98 Yen, 10.07.2012. 347 UKAI , 2010, S. 78 weist darauf hin, dass die Richter in manchem Fall die Stimmen der Parteien zum ersten Mal hören, wenn der Vergleich abgeschlossen wird. 341

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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im Vergleich informelle Atmosphäre geschaffen. Die Parteien sitzen anders als im Prozessverfahren nicht einer Richterbank gegenüber, denn die Termine des Verständigungsverfahrens finden an einem runden Tisch (raundo tēburu) statt. 348 Die Kommission wird zu Beginn des Termins vorgestellt und die Parteien werden, um die Streitpunkte und Beweisangebote ordnen zu können, persönlich angehört.349 Die Ermittlung der Tatsachen erfolgt nicht nach einer speziellen Methode. Die Verständigungskommission darf in der Art und Weise, die sie für angemessen erachtet, Informationen ansammeln, zum Beispiel durch die Vernehmung der Parteien und sonstiger Aussagewilliger (sankō-sha), mittels der Durchsicht der Unterlagen und durch die weitere Untersuchung der genaueren Umstände. 350 Werden die Parteien oder Zeugen befragt, ist die Reihenfolge wie folgt: Es beginnt der Verständigungsrichter, dann folgen die Verständigungslaienrichter und, wenn die Rechtsanwälte noch ergänzende Fragen haben, diese. 351 Zur Tatsachenfeststellung werden im ersten Termin somit anhand der ermittelten und geordneten Streitpunkte Befragungen und Vernehmungen durchgeführt und darüber hinaus, soweit möglich, Beweis erhoben.352 Diese Vorgehensweise wird in der Praxis regelmäßig eingehalten, so dass im zweiten Termin nur noch selten Zeugenbefragungen stattfinden und in der Regel die Arbeit an einem Schlichtungsversuch beginnt. 353 Für die Beweiserhebung gelten die Vorschriften des ZPG entsprechend. 354 Diese Verweisung auf die Vorschriften des ZPG betrifft unter anderem die Vernehmung von Zeugen und der Parteien, den Beweisantritt durch ein Gutachten, den Urkundenbeweis und den Augenschein sowie Rechtshilfeersuchen. 355 Allerdings ist immer zu beachten, dass das Verständigungsverfahren innerhalb von 3 Terminen abzuschließen ist.

348

Die Besonderheit der Durchführung der Untersuchung am runden Tisch ist bereits den zahlreichen bildlichen Darstellungen zum Ablauf des Verständigungsverfahrens zu entnehmen, siehe u.a. MURATA, 2008, S. 45; KIMIWADA, Verständigung, 2007, S. 63 (der runde Tisch ist hier bereits auf dem Bucheinband abgedruckt); insgesamt zur Situation am runden Tisch vgl. UKAI in SUGENO/WATANABE /KOKUZAWA /MURAKAMI /ISHIZAKI /UKAI , 2010, S. 101. 349 UKAI , 2010, S. 78. 350 SAITŌ, 2004, S. 18; SUGENO/Y AMAKAWA/S AITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 93. 351 NANBA, 2007, S. 41. 352 Art. 21 Abs. 1 DV VerstGA. 353 NANBA, 2007, S. 41; ISHIZAKI , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 34. 354 Art. 17 Abs. 2 VerstGA. 355 SAITŌ, 2004, S. 18; SUGENO/Y AMAKAWA/S AITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 93.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Der Gesetzgeber hat sich im Verständigungsverfahren für die strengen Beweisvorschriften des ZPG entschieden. 356 Der Grund liegt auf der Hand. Das Verständigungsverfahren geht, wenn es nicht zu einer Beilegung der Streitigkeit kommt, automatisch in das Zivilprozessverfahren über. In diesem Folgeverfahren können unter dem für die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten wichtigen Gesichtspunkt der Beschleunigung die Ergebnisse aus der Beweiserhebung im Verständigungsverfahren übernommen werden. 357 Dies wäre nicht möglich, wenn etwaige Beweise nicht in entsprechender Anwendung der Vorschriften des ZPG erhoben werden würden. Die Verständigungskommission muss in einem der Termine bekannt geben, wann sie die Untersuchung beenden wird. 358 Diese Regelung dient dem Schutz der Parteien. Für sie muss zum einen deutlich sein, bis zu welchem Zeitpunkt sie ihre Behauptungen einreichen und etwaige Unklarheiten in den Unterlagen aufklären können. Zum anderen dient diese zeitliche Bestimmung auch der im Anschluss raschen Durchführbarkeit des Verständigungsspruchs. 359 a) Besprechungen der Verständigungskommission Die Verständigungskommission führt im Vorfeld der Termine eine Vorbesprechung und im Anschluss eine Nachbesprechung durch. Diese Besprechungen (hyōgi) sind geheim und finden entsprechend unter Ausschluss der Parteien und sonstigen Beteiligten des Verfahrens statt. 360 Die Geheimhaltung dient der Sicherung einer wirkungsvollen Besprechung. Die Kommissionsmitglieder sollen in den Besprechungen unter Verwendung ihrer Kenntnisse und Erfahrungen frei und sicher ihre Meinung zu der betreffenden Angelegenheit äußern und eine lebhafte Diskussion miteinander führen können.361 Die Geheimhaltungspflicht umfasst den Inhalt der gesamten Angelegenheit, für die die Verständigungskommission zuständig ist, die Vorgehensweise, zu der sich die Kommission entschließt und deren Tätigwerden, so dass der Schutz der Arbeit der Verständigungskommission gewährleistet wird. Dasselbe gilt im Rahmen des grundsätzlich vom Öffentlichkeitsgrundsatz getragenen deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Die Beratungen der Kammer sind ebenfalls nicht öffentlich. 362 356

FURUKAWA, 2009, S. 43, erwähnt zwar, dass sich das Verständigungsverfahren absichtlich nicht an dem leichteren Verfahren der Beweiserhebung nach dem ZSchliG orientiert, irrt sich an dieser Stelle jedoch, da auch im Verfahren der zivilen Schlichtung die Beweiserhebung nach den Vorschriften des ZPG stattfindet (Art. 12 Abs. 5 DV ZSchliG). 357 FURUKAWA, 2009, S. 43. 358 Art. 19 VerstGA. 359 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 95. 360 Art. 12 Abs. 2 VerstGA. 361 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 85. 362 NATTER/GROSS, 2010, § 52, S. 602, Rn. 3.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Die Vorbesprechung (jizen hyōgi) findet in der Regel etwa 30 Minuten vor dem eigentlichen Termin statt.363 Der Verständigungsrichter stellt den Inhalt der Angelegenheit vor. Im Anschluss daran trägt die Kommission die strittigen Punkte und Vorschläge für eine mögliche Beilegung zusammen. 364 Im Termin werden dann die Streitpunkte festgestellt sowie Befragungen und Vernehmungen durchgeführt. Danach zieht sich die Verständigungskommission erneut zu einer Beratung zurück und legt anhand der Erkenntnisse aus der Sitzung eine grobe Richtung für einen Schlichtungsversuch fest. 365 b) Untersuchung von Amts wegen Die Untersuchung des der Streitigkeit zugrunde liegenden Sachverhaltes führt die Verständigungskommission von Amts wegen (shokken ni yori) durch.366 Eine Beweiserhebung erfolgt, wenn die Kommission diese für notwendig hält, ebenfalls von Amts wegen oder aber auf Antrag.367 Das Verständigungsverfahren folgt demnach nicht dem für das Prozessverfahren üblichen Verhandlungsgrundsatz (oder auch Beibringungsgrundsatz) (benron shugi). Vor den deutschen Arbeitsgerichten darf das Gericht bei seiner Entscheidung nur von dem von den Parteien in den Prozess eingebrachten Tatsachenvortrag ausgehen.368 Der Richter hat zwar seine richterlichen Aufklärungspflichten zu beachten, wonach er darauf hinzuwirken hat, dass die Parteien zu den erheblichen Tatsachen vollständige Angaben machen und lückenhafte Angaben ergänzen. 369 Dennoch bleibt es dabei, dass Tatsachen, die bis zuletzt nicht vorgetragen worden sind, keine Berücksichtigung finden dürfen. Die Verhandlungsmaxime gilt ebenfalls im japanischen Zivilprozess, in dem Tatsachen, die nicht vorgetragen worden sind, bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden dürfen.370 Das Beibringen von Tatsachen und Beweismitteln liegt dort vollständig in der Verantwortung der Parteien. 371

363

KAMOTA, 2007, S. 10; H ASHIMOTO, rōdō shinpan-in kara mita rōdō shinpan seido [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen aus der Sicht eines Kommissionsmitglieds],in: Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 22. 364 HASHIMOTO, 2007, S. 22; N ANBA, 2007, S. 41. 365 NANBA, 2007, S. 41. 366 Art. 17 Abs. 1 VerstGA. 367 Art. 17 Abs. 1 VerstGA. 368 NATTER/GROSS, 2010, § 46, S. 490, Rn. 30; B AUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS / HARTMANN , 2011, Grdz § 128, S. 608, Rn. 23; G ERMELMANN /MATTHES/PRÜTTING/ MÜLLER-GLÖGE , 2009, Einleitung, S. 107, Rn. 216 und § 46, S. 554, Rn. 36; H AUCK/ HELML, 2006, S. 216; BADER/CREUTZFELD /FRIEDRICH, 2008, S. 356. 369 § 139 ZPO. 370 UENO, benron shugi [Die Verhandlungsmaxime], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], Sonderband des Jurist, 2009, S. 132. 371 ITŌ, 2008, S. 264; UENO, 2009, S. 132.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

In der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit gilt im Urteilsverfahren der Beibringungsgrundsatz. 372 Allerdings findet auch der Untersuchungsgrundsatz Anwendung, nämlich im Beschlussverfahren.373 Begründet wird die Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes im deutschen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren damit, dass im Beschlussverfahren fast ausschließlich Verfahren zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern bei Streitigkeiten über die nach dem Betriebsverfassungsgesetz zustehenden Rechte und Pflichten behandelt werden und es sich damit um Angelegenheiten handele, in denen ein stärkeres öffentliches Interesse bestehe als im Urteilsverfahren. 374 c) Teilung und Verbindung von Verständigungsverfahren Ebenso wie im Zivilprozess kann die Teilung (bunri) oder Verbindung (heigō) eines Verständigungsverfahren angeordnet und diese Anordnung auch wieder zurückgenommen werden. 375 Bevor die Verständigungskommission Verfahren verbindet, muss sie die Meinung der Parteien zu dieser Verbindung anhören.376 In der Praxis stehen die Gerichte der Verbindung von Verfahren eher skeptisch gegenüber, da sich die Tatsachenzusammenhänge und damit das Verfahren dadurch oft verkomplizieren. 377 Eine solche Verbindung entspräche auch nicht der Beschleunigungsfunktion des Verständigungsverfahrens. Die Verständigungskommission hat dementsprechend darauf zu achten, dass eine Verbindung das rasche und glatte Voranschreiten des Verfahrens nicht gefährdet.378 Ist der Sachverhalt verschiedener Verständigungsverfahren überwiegend identisch wie beispielsweise bei betriebsbedingten Kündigungen, werden, auch wenn sich eine leichte Verkomplizierung ergibt, die Verfahren in der Regel verbunden, da einzelne Untersuchungen prozessökonomisch nicht sinnvoll wären. 379 d) Gleichberechtigte Position der Verständigungslaienrichter? Im Hinblick auf den Umgang mit den Verständigungslaienrichtern gibt es einen heftigen Streitpunkt zwischen den Gerichten und den Rechtsanwaltskammern, der in der überwiegenden Zahl der Veröffentlichungen zur Umsetzung des Verständigungssystems aufgegriffen wird. Denn die Verständi372

SCHWAB/WETH, 2011, S. 510. § 83 Abs. 1 ArbGG. 374 DÜWELL/LIPKE, Arbeitsgerichtsverfahren ‒ Kommentar für die Praxis, Frankfurt am Main 2000, S. 67. 375 Art. 23 Abs. 1 DV VerstGA, für den Zivilprozess regelt Art. 152 Abs. 1 ZPG, dass das Verfahren bis zur mündlichen Verhandlung geteilt oder verbunden werden kann. 376 Art. 23 Abs. 2 DV VerstGA. 377 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 18. 378 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 60. 379 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 18. 373

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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gungslaienrichter erhalten lediglich eine Abschrift der Antragsschrift und der Antragserwiderung, nicht jedoch die von den Parteien eingereichten Beweismitteldokumente in Kopie. 380 Ob die ergänzenden Schriftsätze an die Fachlaienrichter weitergereicht werden, ist von Gericht zu Gericht unterschiedlich. 381 Unter Ergänzungsschriftsatz fallen die schriftliche Replik des Antragstellers auf die Erwiderung sowie alle darauf folgenden schriftlichen Schriftsätze. 382 Erst in der Vorbesprechung und somit kurz bevor die eigentliche Untersuchung beginnt, dürfen die Verständigungslaienrichter die Akte und die Beweisurkunden einsehen.383 Einsicht in die Akte bedeutet, dass die Verständigungslaienrichter zu zweit Einblick in die Akte des Verständigungsrichters nehmen dürfen. Ihnen stehen die Unterlagen somit nur in einfacher Abschrift zur Verfügung. Von Seiten der Gerichte wird diese Handhabung unter Rückgriff auf die gesetzliche Bestimmung in Art. 9 Abs. 4, Art. 16 Abs. 2, 3 DV VerstGA gerechtfertigt. 384 Diese Vorschriften regeln die Anzahl der dem Gericht einzureichenden Abschriften der Schriftsätze. Art. 9 Abs. 4 DV VerstGA regelt dies für die Antragsschrift und lautet: „Mit dem Antrag nach Absatz 1 müssen Abschriften desselben in der Zahl der Antragsgegner plus drei, sowie Abschriften der Beweisdokumente nach Absatz 3 in der Zahl der Antragsgegner eingereicht werden.“

Die drei zusätzlichen Abschriften des Antrags sind für die einzelnen Verständigungskommissionsmitglieder, d.h. den Verständigungsrichter sowie die Verständigungslaienrichter, bestimmt. 385 Art. 16 Abs. 3 DV VerstGA bestimmt, dass mit der Antragerwiderung drei Abschriften eingereicht werden müssen. Diese Abschriften sind die Abschriften für die Verständigungskommission, denn die Kopien der Erwiderung sowie der Beweismitteldokumente für den Antragsteller muss der Antragsgegner unter Beschleunigungsgesichtspunkten nicht über das Gericht, sondern direkt an den Antragsteller übersenden.386 Für die Beweisurkunden des Antragsgegners gilt nach Art. 16 Abs. 2 DV VerstGA, dass für das Gericht nur eine Abschrift der Antragerwiderung beizufügen ist. Dadurch, dass lediglich die Klageschrift und die Erwiderung, nicht jedoch die Beweismitteldokumente zusätzlich in dreifacher Abschrift für die Kommission eingereicht werden müssen, folgern die Gerichte, dass letztere nicht 380 KAMOTA, 2007, S. 10; FURUKAWA, 2009, S. 41; N ANBA, 2007, S. 40; H ASHIMOTO , 2007, S. 22; ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35; MIZUTANI , 2007, S. 49. 381 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35. 382 Art. 17 Abs. 1 DV VerstGA. 383 MIZUTANI , 2007, S. 49; K AMOTA, 2007, S. 10. 384 FURUKAWA, 2009, S. 41; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 20; K AMOTA, 2007, S. 10. 385 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 24. 386 Art. 20 Abs. 3 Nr. 1, 4, 5 DV VerstGA.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

an die Fachlaienrichter auszugeben sind. Hinzu kommt nach ihrer Ansicht, dass das Verständigungsverfahren ein im Vergleich zum Zivilprozessverfahren leichtes Verfahren (karui tetsuzuki) sei und die Belastung der Fachlaienrichter in Grenzen gehalten werden solle. 387 Nanba, Richter am Distriktgericht Tokio, erläutert, es müsse abgewogen werden zwischen der Belastung der Parteien und der Sicherstellung einer substantiellen Teilnahme der Verständigungslaienrichter.388 Das Verständigungsverfahren sei kein System, in dem die Verständigungslaienrichter die Unterlagen vollständig in die Hand bekämen und diese während des Verfahrens durchsehen könnten; es sei vielmehr ein Verfahren, in dem aufgrund der in der Untersuchung im direkten Kontakt getätigten Behauptungen und Aussagen eine flexible Lösung angestrebt werde. 389 Daher werden die Beweismitteldokumente nicht an die Verständigungslaienrichter abgegeben. Diese Auffassung ist abzulehnen. Selbst wenn sich das Verständigungsverfahren als für die beteiligten Fachlaienrichter leichtes Verfahren darstellen soll, gilt dennoch, dass der Mittelpunkt des Verständigungsverfahrens die Feststellung des Rechten- und Pflichtenverhältnisses zwischen den Parteien ist. 390 Denn dieses Rechtsverhältnis soll sowohl der Schlichtung als auch dem Verständigungsspruch zugrunde gelegt werden.391 Da der Verständigungsrichter und die Verständigungslaienrichter gemeinsam die Untersuchung durchführen und die Entscheidungen treffen, müssen die Fachlaien in gleicher Weise wie die Berufsrichter mit dem Inhalt der Angelegenheit vertraut sein. Dies betrifft nicht lediglich die Behauptungen der Parteien, sondern auch den Inhalt der Beweisdokumente. Denn ist eine Behauptung bestritten, kann sie nur dann der Entscheidung zu Grunde gelegt werden, wenn sie nachgewiesen werden kann. Da damit nicht zwingend alle vorgetragenen Tatsachen zu berücksichtigen sind, ist der Zugang zu den Beweismitteldokumenten auch für die Verständigungslaienrichter notwendig. Bei den Arbeitskommissionen erhalten die Kommissionsmitglieder von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite vollen Einblick in die Beweisdokumente, 392 so dass nicht einzusehen ist, weshalb diese Vorgehensweise nicht auch für die Verständigungslaienrichter in Betracht kommen sollte. 387 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 20; ISHIZAKI , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35; KAMOTA, 2007, S. 10. 388 NANBA in SUGENO/TOKUZUMI /NAKAMACHI /NANBA, rōdō shinpan seido 1 nen - jisseki to kongo no kadai [1 Jahr Verständigungssystem in Arbeitssachen – Erfolg und Aufgaben für die Zukunft], in: Jurist, Nr. 1331, 2007, S. 16; die Auffassung Nanbas wird stark kritisiert von MIZUTANI, 2007, S. 49, 50. 389 Nanba äußert sich mehrfach in dieser Weise, siehe N ANBA, 2007, S. 41 und N ANBA in SUGENO/TOKUZUMI /NAKAMACHI /NANBA, Jurist, 2007, S. 16; UKAI, 2010, S. 79. 390 So bereits die Zielsetzung des VerstGA in Art. 1, siehe auch Art. 20 Abs. 1 VerstGA; F URUKAWA, 2009, S. 36. 391 UKAI , 2010, S. 79; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 20. 392 MIZUTANI , 2007, S. 50.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Die Ansicht Nanbas macht allzu deutlich, dass die Position der Verständigungslaienrichter bei vielen Gerichten nicht als gleichberechtigt angesehen wird. Die Richter haben dauerhaft Zugriff auf sämtliche Unterlagen des Falls, auch während der Untersuchung, was ihnen eine Art Monopolstellung (dokusen) im Hinblick auf die Beweisunterlagen einbringt. 393 Diese Position des Richters kann sich auf das gesamte Verfahren auswirken. Die Verständigungslaienrichter haben zwar dasselbe Stimmrecht wie der Berufsrichter, das Stimmrecht im Hinblick auf die Entscheidung durch Verständigungsspruch kann jedoch nur derjenige nutzen, der weiß, welche Tatsachen für die Feststellung des Rechtsverhältnisses herangezogen werden dürfen. Im Hinblick auf die streitigen Tatsachen ist die Untersuchung der Beweisurkunden somit unerlässlich. 394 Dasselbe gilt auch für die Schlichtung. Denn ohne genaue Kenntnis des Sachverhalts sind die Verständigungslaienrichter nicht in der Lage, einen guten Vergleichsvorschlag zu entwickeln. 395 Soll das Stimmrecht der Verständigungslaienrichter nicht nur auf dem Papier dem des Verständigungsrichters gleichwertig sein, müssen ihnen die Beweismitteldokumente in Abschrift überlassen werden. Von Seiten des Obersten Gerichtshofs hat man sich zu dieser Problematik geäußert. Danach dürfen die Parteien freiwillig Kopien für die Fachlaienrichter beifügen. Bei wesentlichen Beweismitteln hält der Oberste Gerichtshof dies sogar für wünschenswert. 396 Diese Äußerung wird jedoch nicht von allen Gerichten beherzigt. Vorwiegend an den Distriktgerichten Tokio und Osaka ist zu beobachten gewesen, dass, auch wenn Abschriften für die Verständigungslaienrichter angefertigt wurden, diese nicht weitergeleitet worden sind.397 Da es vielen Parteien wichtig ist, dass der gesamte Spruchkörper die Unterlagen vor dem Termin durcharbeitet, haben die Rechtsanwälte, die mit Verständigungsangelegenheiten betraut sind, eine Raffinesse entwickelt. Sie nehmen die entsprechenden Materialien in den Antrag selbst auf oder heften sie diesem an.398 Es hat jedoch auch im Hinblick auf diese Variante Fallbeispiele gegeben, in denen diese Anhänge des Antrags abgetrennt und nicht an die Fachlaienrichter weitergereicht worden sind. 399 Diese Vorgehensweise macht deutlich, wie hartnäckig manche Gerichte versuchen, die Verständigungslaienrichter nicht mit allen notwendigen Informationen auszustatten. Damit unterstützen sie, dass die einzelnen Mitglieder der Verständigungskommission ein unterschiedliches Verständnis von der zu bewertenden Angelegenheit haben und die Verständigungslaienrichter nicht von einem gleichbe393

KAMOTA, 2007, S. 10; FURUKAWA, 2009, S. 41. KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 20; MIZUTANI , 2007, S. 35. 395 MIZUTANI , 2007, S. 50. 396 FURUKAWA, 2009, S. 42. 397 FURUKAWA, 2009, S. 42. 398 MIZUTANI , 2007, S. 49. 399 Für das Distriktgericht Tokio schildert dieses Beispiel FURUKAWA, 2009, S. 42.

394

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

rechtigten Standpunkt aus an der Untersuchung im Verständigungsverfahren sowie den Beratungen der Kommission teilnehmen können. Einige Richter rechtfertigen diese Vorgehensweise damit, dass sich die Verständigungslaienrichter über diese Praxis nicht beschweren würden. 400 Dies kann allerdings keine Rolle bei der Bewertung spielen, ob die fehlende Überlassung der Beweisunterlagen rechtmäßig ist. Denn wenn die Verständigungslaienrichter zu bloßen Assistenten des Verständigungsrichters und Komparsen im Verfahren werden, verstößt dies gegen den wesentlichen Inhalt des VerstGA, einer gleichberechtigten Teilnahme der Berufsrichter und der Fachlaienrichter am Verfahren. Zudem ist keinesfalls davon auszugehen, dass die Verständigungslaienrichter mit der Situation zufrieden sind. Einige von ihnen fahren auf eigene Kosten zum Distriktgericht, um die Beweisdokumente einzusehen, was deutlich macht, dass sie ein Interesse an der genauen Kenntnis der von ihnen zu entscheidenden Angelegenheit haben.401 Sie müssen sich bei diesen Vorbesuchen allerdings Notizen machen, da das Anfertigen von Kopien in der Regel nicht erlaubt ist.402 Die breite Kritik an dieser Behandlung der Verständigungslaienrichter hat zu einer Veränderung an vielen Distriktgerichten geführt. Bereits seit 2007 gibt das Distriktgericht Nagoya die Beweismittel an die Verständigungslaienrichter weiter. 403 Mittlerweile legen die meisten Gerichte zumindest einen Ordner für die Verständigungslaienrichter an oder fordern von den Parteien eine entsprechende Anzahl von Abschriften. 404 Lediglich die Distriktgerichte Tokio und Osaka sperren sich gegen die vollständige Beteiligung der Fachlaienrichter.405 Die Laienrichter werden dort bereits als schmückendes Beiwerk der Richterbank (saiban-kan-seki no kazarimono) bezeichnet.406 Dies widerspricht in höchstem Maße der Grundidee des Verständigungsverfahrens. Da in den Bezirken Tokio und Osaka die meisten Fallzahlen zu verzeichnen sind, hat deren Vorgehensweise besonderes Gewicht und betrifft eine Vielzahl von Nutzern des Verständigungssystems. 407

400

Für das Distriktgericht Tokio schildert dieses Beispiel FURUKAWA, 2009, S. 42. HASHIMOTO, 2007, S. 22; I SHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35; F URUKAWA , 2009, S. 41. 402 MIZUTANI , 2007, S. 49. 403 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35. 404 UKAI in SUGENO/WATANABE /KOKUZAWA/MURAKAMI /ISHIZAKI /UKAI , 2010, S. 111. 405 FURUKAWA, 2009, S. 42; U KAI, 2010, S. 79; UKAI in SUGENO/WATANABE / KOKUZAWA/MURAKAMI / ISHIZAKI /UKAI , 2010, S. 111. 406 UKAI , 2010, S. 79. 407 Im Jahr 2009 wurden von 7.193 Neueingängen 2.938 Anträge, somit über 40% aller gestellten Anträge, in den Distriktgerichtsbezirken Tokio und Osaka gestellt, siehe H ARUNA, 2010, S. 51, dort Tab. 3. 401

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Auch die Stimmen in der deutschen Literatur zu der Frage nach einem Akteneinsichtsrecht der ehrenamtlichen Richter sind nicht so eindeutig, wie zu vermuten wäre, nachdem die ehrenamtlichen Richter im arbeitsgerichtlichen Verfahren unstreitig im Grundsatz dieselben Aufgaben wahrnehmen wie ein Berufsrichter und ein dem Berufsrichter gleichwertiges Stimmrecht haben. Nach richtiger und wohl herrschender Meinung steht den ehrenamtlichen Richtern ein Einsichtsrecht in die Akte zu, damit sie sich über die Fakten, die die Grundlage ihrer Entscheidung sein werden, informieren können.408 Ebenso wie im Fall des Verständigungsverfahrens ist das überzeugende Argument die Stellung der Fachlaienrichter als vollwertige Richter. Mit einem Stimmrecht, das dem des Berufsrichters gleichwertig ist, können die Fachlaien die Berufsrichter in beiden Verfahren, dem deutschen Urteilsverfahren und dem Verständigungsverfahren, theoretisch überstimmen. Wer über eine derart starke Position im Verfahren verfügt, kann schlechterdings nicht ohne das Recht auf Einsicht in die Akte am Verfahren teilnehmen müssen. 409 VIII. Beendigung des Verständigungsverfahrens Das Verständigungsverfahren kann auf verschiedene Weisen zu einem Ende geführt werden. Die Parteien können sich einvernehmlich im Rahmen einer Schlichtung (chōtei) über die Beendigung ihres Konflikts einigen, wobei die Verständigungskommission ihnen unterstützend zur Seite steht. Die Verständigungskommission kann, wenn eine Schlichtung nicht zustande kommt oder von Anfang an keine Aussicht auf die Erledigung durch eine Lösung im Vergleichswege besteht, das Verfahren durch den Erlass eines Verständigungsspruchs (shinpan) beilegen.410 Das Verständigungsverfahren ist letztlich also nicht auf die Freiwilligkeit der Parteien angewiesen und führt somit, im Gegensatz zu den Vermittlungsverfahren bei den japanischen Verwaltungsorganen, in jedem Fall zu einer Beilegung der in Frage stehenden Streitigkeit. a) Beilegung durch Schlichtung Bereits der Zielsetzung des VerstGA in Art. 1 ist zu entnehmen, dass, wenn die Möglichkeit einer Schlichtung besteht, diese versucht werden soll. Die Schlichtung ist nicht auf einen bestimmten Termin beschränkt. Sie kann in allen Terminen des Verständigungsverfahrens, bis zum Ende der Untersu-

408

KÜNZL, 1991, S. 185; GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 6, S. 254, Rn. 16. 409 Vgl. GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE, 2009, § 6, S. 254, Rn. 16. 410 Eine Definition von Schlichtung und Verständigung sowie Gedanken zur Abgrenzung beider Verfahrenarten voneinander finden sich sind in ausführlicher Form unter Kapitel 2 C.III. und Kapitel 2 C.IV.

210

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

chung, erfolgen.411 Dasselbe gilt für das deutsche arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren. Die Güteverhandlung, die ausschließlich mit einem Vergleich und nicht mit einer einseitigen Entscheidung des Gerichts enden kann, ist der erste Teil des arbeitgerichtlichen Verfahrens, 412 eine einvernehmliche Beilegung kann jedoch ebenfalls in der sich anschließenden streitigen Verhandlung stattfinden.413 Ein Vergleich kann, bis ein Urteil gefällt wird, in jedem Stadium des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgeschlossen werden. 414 411

Art. 22 Abs. 1 DV VerstGA. § 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Der Hauptzweck der Güteverhandlung ist die Befriedung der Parteien. Der Richter versucht in diesem Verfahrensabschnitt, die tatsächlichen Interessen der Parteien auszuloten und den wirtschaftlichen wie sozialen Hintergrund der Streitigkeit zu ermitteln. Der wesentliche Zweck des Gütetermins ist es, einen Konsens zwischen den Parteien zu erreichen. Zu diesem Zweck hat der Vorsitzende Richter das gesamte Streitverhältnis unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern, § 54 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. In der Güteverhandlung ist der Richter somit nicht an die Formalien des Prozessrechts gebunden, sondern kann jenseits der nach materiellem Recht entscheidenden Tatsachen wirtschaftliche, soziale und sonstige Aspekte ansprechen, N ATTER/GROSS, 2010, § 54, S. 616, Rn. 12; GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/M ÜLLER-GLÖGE , 2009, § 54, S. 704, Rn. 23; FRANCKEN , 2006, S. 1105; VENROOY legt § 54 Abs. 1 Satz 2 ArbGG streng aus und erlaubt dem Richter lediglich, sich in den Grenzen des „Streitverhältnisses“, das er dem weitergehenden Begriff des „Rechtsverhältnisses“ gegenüberstellt, frei zu bewegen. Wie sehr sich das Streitverhältnis dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis annähere, liege wiederum in der Dispositionsgewalt der Parteien, V ENROOY , Gedanken zur arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht, 1984, S. 357–361. Die Güteverhandlung hat eine weitere Funktion, und zwar für den Fall, dass eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit nicht gelingt. Dann dient der Gütetermin der Vorbereitung der streitigen Verhandlung, GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLERGLÖGE , 2009, § 54, S. 698, Rn. 1; HENSSLER/WILLEMSEN /KALB, 2010, § 54 ArbGG, S. 196, Rn. 1. Die Güteverhandlung sieht sich als Teil eines gerichtlichen Verfahrens der Kritik ausgesetzt, dass der Richter, der die Güteverhandlung führt, auch derjenige ist, der die Streitigkeit im Falle des Scheiterns einer einvernehmlichen Beilegung durch Urteil entscheidet. Dieser Rollenkonflikt zwischen Entscheider und Moderator könne nicht aufgelöst werden, gleich wie sehr ein Richter in Verhandlungstechniken geschult sei, W REDE, Möglichkeiten und Chancen der Mediation bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht, 2002, S. 461; so auch Henkel, 2000, S. 931, mit dem Zitat „Ein Haupthindernis für die Verwendung mediativer Verhandlungsformen ist bei Richtern regelmäßig der im Zivilverfahren angelegte Rollenkonflikt zwischen dem Richter als Entscheider und dem Richter als Vergleicher. Richter haben von ihrer Ausbildung her in ihrem Werkzeugkasten gewissermaßen nur den Streitentscheidungshammer. Wer aber als Werkzeug nur den Hammer hat, der muss jedes Problem bald als Nagel ansehen.“ 413 Gemäß § 57 Abs. 2 ArbGG soll die gütliche Erledigung des Rechtsstreits während des ganzen Verfahrens angestrebt werden. 414 § 57 Abs. 2 ArbGG bestimmt, dass die gütliche Erledigung des Rechtsstreits während des ganzen Verfahrens angestrebt werden soll. Hierfür kann das Gericht schriftliche 412

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Anders als der Gütetermin ist die Schlichtung im Verständigungsverfahren weder ein eigenständiger Verfahrensabschnitt noch klar von dem Verfahren, das mit dem Verständigungsspruch endet, trennbar. Sie ist kein gesonderter Verfahrensteil, in dem speziell Zeit nur darauf verwendet wird, gründlich zu sondieren, ob ein Kompromiss und ein Einvernehmen erreicht werden können.415 Im Gegenteil konzentriert sich das Verständigungsverfahren auf die Untersuchung des für den Antrag relevanten Rechtsverhältnisses und die Verständigungskommission erarbeitet anhand des Inhalts dieser Untersuchung sowie des Verlaufs des Verfahrens einen Vorschlag zur Schlichtung. Würde die Untersuchung nicht in allen Fällen dauerhaft fortgeführt werden, könnte, wenn die Schlichtung innerhalb von drei Terminen nicht zustande kommt, ein angemessener Verständigungsspruch nicht gefällt werden. 416 Dann würde zudem der Schlichtung der Vorrang gegenüber der Verständigung eingeräumt werden, was nicht im Einklang mit der Intention der Untersuchungsgruppe stünde, ein Verfahren, das von der Verständigung dominiert wird, zu schaffen.417 Der Verständigungsrichter lässt die Parteien an seinen Überlegungen zur rechtlichen Lage teilhaben, so dass für die Parteien eine Tendenz über den Ausgang des Verfahrens erkennbar ist.418 Aus deutscher Sicht ist dies keine Besonderheit, da sich die Richter sowohl im zivilprozessualen als auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren den Parteien gegenüber in der Regel recht deutlich darüber äußern, wie sich die Lage im Hinblick auf den Vortrag und die Beweismöglichkeiten für sie darstellt. Im japanischen Zivilprozess ist dies anders. Richter lassen in der Regel die Parteien nicht an ihren Gedankengängen teilhaben und geben auch keine Tendenz zu erkennen. 419 Der Schlichtungsversuch bedeutet für die Verständigungskommission unter Umständen aktive und hartnäckige Überzeugungsarbeit. 420 Das Überzeugen der Parteien sollte den Verständigungslaienrichtern gelingen, da sie als Vertreter der Interessengruppen für die Parteien vertrauenswürdige Ansprechpartner sind. Zudem beinhalten die Schulungen für die Fachlaienrichter auch Lehreinheiten zu Überzeugungstaktiken. 421

Vergleichsvorschläge unterbreiten, GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER-GLÖGE , 2009, § 58, S. 753, Rn. 23. 415 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 57; S UGENO/YAMAKAWA/SAITŌ / JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 198. 416 KAMOTA, 2007, S. 9. 417 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 21. 418 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 198. 419 UKAI , 2010, S. 78, so auch Prof. H ATA von der Chūō Universität in mehreren Gesprächen mit der Verfasserin im Jahr 2010. 420 NANBA, 2007, S. 41. 421 HARUNA, 2010, S. 48.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Ist die Untersuchung abgeschlossen, darf eine Schlichtung nicht mehr unternommen werden. Der Verständigungskommission bleibt dann nur noch die Möglichkeit, die Untersuchung wiederzueröffnen, wenn sie eine Schlichtung zulassen möchte. 422 (1) Form der Schlichtung Kommt eine Schlichtung zwischen den Streitparteien zustande, ist diese zu protokollieren. Über den Inhalt der Schlichtung hinaus, muss der Gerichtsschreiber die Namen, Titel und Anschriften der Parteien sowie die Namen der Vertreter mit in das Protokoll aufnehmen. 423 Die Aufnahme der persönlichen Daten der Parteien erfolgt, damit deutlich wird, wer subjektiv von der Wirkung der Schlichtung betroffen und erfasst ist. 424 (2) Wirkung der Schlichtung Die Wirkung der Schlichtung ist im VerstGA selbst nicht geregelt. Aufgrund der Verweisung in Art. 29 VerstGA findet allerdings die Regelung des ZSchliG über die Schlichtung entsprechende Anwendung. Die Schlichtung im Verständigungsverfahren wirkt demnach wie ein gerichtlicher Vergleich (saiban-jō no wakai to dōitsu no kōryoku). 425 (3) Kostenlast Die Kostenregelung für den Fall der Schlichtung entspricht der im ZSchliG. Kommt eine Schlichtung zustande, tragen die Parteien diejenigen Kosten, die in der Schlichtungsvereinbarung nicht Gegenstand einer Regelung der Verteilung der Kostenlast sind, selbst. 426 Ein gegenseitiger Kostenerstattungsanspruch entsprechend der Quote des Obsiegens und Verlierens besteht grundsätzlich nicht. Finden die Parteien selbst keine Regelung zu der Verteilung der Kosten, wird die Methode, nach der jeder seine eigenen Kosten trägt, zum einen als gerecht und zum anderen als wenig konfliktbeladen angesehen. 427 b) Beilegung durch Verständigungsspruch Bis zum Ende der Untersuchung kann die Verständigungskommission die Streitigkeit im Wege der Schlichtung beilegen. 428 Gelingt die Schlichtung 422

OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 58; SUGENO/Y AMAKAWA/SAITŌ / JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 198, 199. 423 Art. 22 Abs. 2 DV VerstGA. 424 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 58 i.V. m. S. 77. 425 Art. 16 ZSchliG. 426 Art. 18 VerstGA, für die zivile Schlichtung Art. 22 DV ZSchliG. 427 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 94, 95. 428 Art. 22 Abs. 1 DV VerstGA.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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nicht, muss ein Verständigungsspruch in Arbeitssachen (rōdō shinpan) gefällt werden. Der Verständigungsspruch ist im Gegensatz zur Schlichtung eine Entscheidung der Verständigungskommission, die unabhängig von der Zustimmung der Parteien getroffen wird. Dass das Verständigungsverfahren mit einer Entscheidungsfunktion (saitei kinō) ausgestattet wird, war eines der Hauptanliegen der Arbeitnehmerseite gewesen und stand letztlich – nach langen Diskussionen in der Untersuchungsgruppe – in den vier Vorschlägen zur Ausgestaltung des Verständigungsverfahrens nicht mehr zur Disposition, sondern war als Grundpfeiler des neu zu schaffenden Systems gesetzt. 429 (1) Inhalt des Verständigungsspruchs Die Verständigungskommission fällt den Spruch zur Verständigung basierend auf der durch die Untersuchung festgestellten Rechtsbeziehung zwischen den Parteien (shinri no kekka mi-tomerareru tōji-sha-kan no kenri kankei wo fumaete) sowie auf dem Verlauf des Verfahrens (tetsuzuki no keika wo fumaete). 430 (a) Entscheidungsgrundlage Die Entscheidung auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses zu fällen bedeutet, dass im Grundsatz eine Entscheidung nach den Vorgaben des materiellen Rechts getroffen wird. Die für den Antrag wesentlichen Tatsachen, d.h. die Anspruchsvoraussetzungen, müssen festgestellt werden, was das Ziel der Untersuchung in den Terminen des Verständigungsverfahrens ist. Dort werden die Behauptungen der Parteien zusammengetragen und nach streitigem und nicht streitigem Vortrag getrennt. Die Streitpunkte werden gemeinsam mit den angebotenen Beweismitteln in eine Ordnung gebracht und ggf. wird Beweis erhoben. Diese Vorgehensweise dient der Ermittlung der genauen Umstände und damit der Feststellung des Rechtsverhältnisses und der Frage nach dem Vorliegen eines Anspruchs. Darüber hinaus basiert der Verständigungsspruch auf dem Verlauf des Verfahrens. Dies bedeutet, dass die Verständigungskommission die Ergebnisse der Tatsachenuntersuchung und Beweisaufnahme feststellt und im Rahmen des Versuchs der Beilegung durch Schlichtung festlegt, welche Lösung der Vorstellung der Beteiligten entspricht, damit ein Spruch gefällt werden kann, dessen Inhalt die Beteiligten nicht überraschend oder ‒ wie es in der japanischen Literatur bezeichnet wird ‒ „überfallartig“ (fu’i uchi) trifft. 431 Die Ausweitung der für den Verständigungsspruch zu berücksichtigen Umstände 429

KASUGA/MURANAKA/YAMAGAWA, 2003; siehe auch unter Kapitel 4 A.III.c)(2). Art. 20 Abs. 1 VerstGA. 431 NANBA, 2007, S. 42; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 98. 430

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

auf solche, die nicht die Voraussetzungen des eingeforderten Anspruchs betreffen, macht inhaltlich flexible Lösungen (jūnan na kaiketsu) möglich.432 Dass im Verständigungsverfahren eine flexible Beilegung angestrebt wird, lässt bereits Art. 1 VerstGA vermuten, der eine auf dem Sach-verhalt beruhende Lösung fordert. Auf dem Sachverhalt beruhend bedeutet, dass nicht nur das Rechtverhältnis zwischen den beteiligten Parteien, sondern auch bestimmte Gewohnheiten am Arbeitsplatz sowie das jeweilige System der Personal- und Arbeitsführung Berücksichtigung finden. 433 Der Verständigungsspruch grenzt sich inhaltlich sowohl vom Zivilprozess als auch von der zivilen Schlichtung ab. Wird im Verfahren der zivilen Schlichtung ein die Schlichtung ersetzender Beschluss nach Art. 17 ZSchliG erlassen, ist im Gegensatz zum Verständigungsverfahren nicht ausdrücklich gesetzliche Voraussetzung, dass die Entscheidung auf dem Rechtsverhältnis beruht. Sie muss sich allerdings im Rahmen des Antrags bewegen. Der inhaltliche Fokus liegt jedoch auf dem Finden eines Kompromisses, da der Richter den Beschluss unter Berücksichtigung des Sachverhaltes so zu treffen hat, dass er sich für beide Parteien als gerechte und billige (kōhei ni) Lösung darstellt.434 Die Entscheidung im zivilprozessualen Verfahren ist demgegenüber streng an das materielle Recht gebunden und lässt außerhalb einer Beilegung im Vergleichswege keinerlei Flexibilität zu. Im Zivilprozess tragen die Parteien wechselseitig ihre Behauptungen vor, um den in Frage stehenden Anspruch zu begründen bzw. zu entkräften. Untersucht wird, ob die anspruchsbegründenden Tatsachen (yōken jijitsu) vorliegen. 435 Über streitige Tatsachen wird Beweis erhoben. Das Ergebnis der Beweiserhebung über die Streitpunkte bildet die Grundlage für die Entscheidung. 436 Das Gericht entscheidet am Ende im Rahmen eines Urteils auf der Basis des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien. 437 Im Hinblick auf diese Entscheidung steht dem Gericht kein Ermessen zu. 438 Liegen die Anspruchsvoraussetzungen vor, steht das 432

SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 38; YAMAKAWA, rōdō shinpan seido no riron kadai [Aufgaben des Systems über die Verständigung in Arbeitssachen in der Theorie], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 10. 433 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 53, betonen die Notwendigkeit einer flexibeln Beilegung. 434 Art. 17 ZSchliG. 435 YAMAKAWA, 2007, S. 8, benutzt den japanischen Begriff yōken jijitsu, der wörtlich übersetzt „Tatbestandsvoraussetzung“ bedeutet, im Rahmen des Zivilrechts aber besser mit „Anspruchsvoraussetzung“ übersetzt wird. 436 FUKUI, sōten seiri [Die Ordnung der Streitpunkte], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], Sonderband des Jurist, 2009, S. 140. 437 TOKUDA, kihan-ryoku no honshitsu to sayō [Das Wesen und die Funktion der Rechtskraft], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], Sonderband des Jurist, 2009, S. 214; Y AMAKAWA, 2010, S. 10. 438 YAMAKAWA, 2007, S. 8.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Ergebnis nach materiellem Recht fest, und das Urteil ist entsprechend zu fällen. (b) Keine strenge Bindung an das materielle Recht Im Gegensatz zum Zivilprozess ist die Verständigungskommission nicht darauf beschränkt, im Verständigungsspruch das aus dem materiellen Recht abgeleitete Ergebnis festzuhalten. 439 Die flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten des Verständigungsspruchs lassen sich dem Gesetzestext entnehmen. Gemäß Art. 20 Abs. 2 VerstGA können im Verständigungsspruch die Rechtsbeziehung zwischen den beteiligten Parteien festgestellt, Geldzahlungen, die Übergabe von Sachen sowie sonstige Vermögensleistungen bestimmt und weitere Anordnungen, die als angemessen angesehen werden, um eine Lösung der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit zu erreichen, getroffen werden.440 Durch die Einbeziehung des Verfahrensverlaufs in die Entscheidung sind die Absicht und die Neigung der Parteien im Hinblick auf eine Beilegung ebenfalls mit in die Überlegungen der Verständigungskommission einzubeziehen.441 Es stellt sich die Frage, wie stark der Verständigungsspruch vom materiellen Recht abweichen darf. Eine vage Begrenzung liefert das VerstGA in Art. 20 Abs. 2 selbst. Die Verständigungskommission darf anordnen, was sie als angemessen empfindet. Die Angemessenheit (sōtō-sei) ist somit die Grenze. Ob dieses Kriterium eine klare Grenze dafür aufstellt, welche Art von flexibler Lösung der Verständigungsspruch enthalten darf und welcher Inhalt zu sehr vom materiellen Recht abweicht, darf bezweifelt werden. Yamakawa äußert sich zwar zum Problem der Angemessenheit, allerdings wenig aufschlussreich. Er beschreibt lediglich, dass die Angemessenheit dann fehle, wenn der Verständigungsspruch nicht auf dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis beruhe und nicht am Verlauf des Verfahrens orientiert sei. 442 Das versteht sich allerdings von selbst. In der japanischen Literatur wird diese Problematik in der Regel im Rahmen der Betrachtung von Kündigungsstreitigkeiten diskutiert. 443 Konkret wird die Frage gestellt, ob die Verständigungskommission im Falle der Unwirksamkeit der Kündigung anstatt einer Weiterbeschäftigung (genshoku fukki) im Verständigungsspruch eine finanzielle Beilegung durch die Zahlung einer Abfindungssumme bestimmen kann, selbst wenn der Antrag auf Fest439

NANBA, 2007, S. 42, stellt fest, dass der Verständigungsspruch inhaltlich nicht mit einem Urteil zu vergleichen ist; Y AMAKAWA, 2007, S. 9. 440 Art. 20 Abs. 2 VerstGA. 441 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 98. 442 YAMAKAWA, 2007, S. 13. 443 NODA, Jurist, 2007, S. 57, spricht von der Entfremdung (rihan) vom materiellen Recht.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

stellung der Unwirksamkeit der Kündigung lautete. Im zivilprozessualen Verfahren wäre ein Urteil solchen Inhalts nicht möglich, da lediglich nach dem Antrag in der Klageschrift entschieden werden darf. Die Frage nach einer finanziellen Lösung stellt sich, weil die Weiterbeschäftigung von Arbeitgeberseite in vielen Fällen abgelehnt wird. 444 Sei die Zusammenarbeit zu einem Arbeitnehmer erst einmal gestört, könne sich die Kraft des Arbeitgeberbetriebs nicht mehr voll entfalten und der wirtschaftliche Erfolg verringere sich auf Dauer. 445 Arbeitgeber fürchten um den Erhalt der betrieblichen Ordnung und um die Errichtung eines zukünftigen Vertrauensverhältnisses und empfinden die Weiterbeschäftigung aus diesen Gründen oft als schwierig.446 Besteht ein Arbeitnehmer in einem solchen Fall auf der Weiterbeschäftigung, wird eine einvernehmliche rasche Beilegung in drei Terminen problematisch. Ob die beschriebenen Befürchtungen der Arbeitgeberseite sich regelmäßig tatsächlich bewahrheiten oder nicht, soll in diesem Rahmen nicht weiter kommentiert werden. Die Realität im Verständigungsverfahren ist zumindest, dass auch im Falle von unwirksamen Kündigungen Verständigungssprüche gefällt werden, die die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestimmen und eine Abfindungssumme zusprechen. 447 Diese Ausformung in der praktischen Umsetzung macht ein Defizit des Verständigungssystems im Hinblick auf eine materiell-rechtlich saubere Lösung deutlich. Dadurch, dass die Parteien den Verständigungsspruch durch bloßen Einspruch seiner Wirksamkeit berauben können, besteht, zwar nicht rechtlich, aber doch faktisch ein Druck auf die Verständigungskommission, eine aus der Sicht beider Parteien vernünftige und zustimmungsfähige Lösung im Verständigungsspruch zu bestimmen. Der Parteiwille spielt in der Praxis eine bedeutende Rolle. 448 Ist zu erwarten, dass ein Arbeitgeber in jedem Fall Einspruch gegen einen Verständigungsspruch einlegt, der die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers festlegt, ist im Hinblick auf die bezweckte rasche Beilegung nichts gewonnen. Das Verfahren verzögerte sich im Gegenteil, weil es in den Zivilprozess überginge. Das Ergebnis ist, dass sich Verständigungssprüche in vielen Fällen inhaltlich nicht mehr von den zuvor im Termin gemachten Schlichtungsvorschlägen unterscheiden. 449 Kogawa ist einer der wenigen Autoren, die diese Tendenz kritisieren. Er beklagt, dass der 444

ISHIZAKI, shiyō-sha-gawa bengo-shi kara mita rōdō shinpan seido – tōkei bunseki to korera no kadai [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen aus der Sicht eines Arbeitgeberrechtsanwalts – Eine Analyse der Statistiken und die künftige Aufgabe], in: Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 16. 445 ISHIZAKI, Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. 446 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 31. 447 FURUKAWA, 2009, S. 39; NANBA, 2007, S. 42; YAMAKAWA, 2007, S. 10; ISHIZAKI , Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. 448 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 23. 449 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 33; F URUKAWA, 2009, S. 39.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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eigentliche Kern des Verständigungsverfahrens, die Entscheidung auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses, immer mehr missachtet wird. 450 Ob diese Entwicklung im Rahmen eines Verfahrens, das nicht über eine kraftvolle Entscheidungsmethode wie das Urteil verfügt, gestoppt werden kann, ist jedoch mehr als fragwürdig. Das Verständigungssystem hat mittlerweile den Ruf (imēji) inne, bei Kündigungsstreitigkeiten von Arbeitnehmern dann genutzt zu werden, wenn sie nicht auf einer Weiterbeschäftigung bestehen, sondern eine finanzielle Regelung und das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis akzeptieren werden. 451 Ishizaki erkennt an, dass die Entscheidungsfunktion im Verständigungsverfahren durch diese Praxis an Bedeutung verliert und die Schlichtung in den Vordergrund rückt. 452 Er problematisiert jedoch nicht, dass dies im Widerspruch zu der von der Untersuchungsgruppe in der Entwicklungsphase des Verständigungssystems beschlossenen Vorrangstellung der Verständigung steht. Im Gegenteil lobt er den besonderen Wert dieser Entwicklung, da sie dazu beitrage, dass eine rasche Beilegung vorangetrieben werden könne. 453 (2) Form des Verständigungsspruchs Der Verständigungsspruch muss schriftlich abgefasst werden, den Tenor (shubun) sowie die wesentlichen Gründe (riyū no yōshi) enthalten und den Parteien zugestellt werden. 454 Eine Angabe der Gründe ist notwendig, damit die Parteien entscheiden können, ob sie mit dem Inhalt des Verständigungsspruchs einverstanden sind oder ob sie Einspruch einlegen wollen. 455 Die wesentlichen Gründe sind diejenigen, die zu der Schlussfolgerung im Tenor geführt haben. 456 Die Parteien müssen anhand der Erläuterungen zu diesen Gründen entscheiden können, ob sie den Entscheidungsprozess für richtig oder falsch halten und möglicherweise Einspruch einlegen möchten. Auf der anderen Seite zeichnet sich das Verständigungsverfahren durch seine Schnelligkeit aus. Insofern sind die Anforderungen an die Genauigkeit der Darstellung in den Gründen nicht zu hoch anzusetzen: eine zusammenfassende Darstellung in standardisierter Form (teikeiteki na bungen) ist ausreichend. 457 Eine lediglich kurze Erläuterung der Gründe ist im Grundsatz akzeptabel, 450

FURUKAWA, 2009, S. 39. KAMOTA, 2007, S. 8; ISHIZAKI, Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. 452 ISHIZAKI, Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. 453 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 31. 454 Art. 20 Abs. 3, 4 Satz 1 VerstGA. Im Hinblick auf den Inhalt des Verständigungsspruchs sowie dessen Zustellung enthält die DV VerstGA in Art. 28 und 29 weitere Einzelheiten. Die Zustellung erfolgt entsprechend der Regelungen der DV ZPG. 455 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 99. 456 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 99. 457 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 99; ISHIZAKI , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35. 451

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

wenn der Verständigungsspruch, wie regelmäßig der Fall, dem Inhalt des zuvor gemachten Schlichtungsvorschlags ähnelt und dieser den Parteien im Termin erklärt worden ist. 458 Die Ähnlichkeit zwischen dem Inhalt der Schlichtung und dem der Verständigung ist nicht lediglich eine Erscheinung in der Praxis, sondern lässt sich aus der Systematik des Verständigungssystems heraus erklären. Der Verständigungsspruch hat zwar nicht mit dem Schlichtungsvorschlag identisch zu sein, eine zu große Diskrepanz erschüttert jedoch das Vertrauen in das Verfahren, da sich auch die Schlichtung am zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu orientieren hat. 459 Zudem darf der Verständigungsspruch die Parteien nicht überraschend treffen, 460 so dass eine starke inhaltliche Abweichung von dem Schlichtungsvorschlag nicht angemessen sein dürfte. In Ausnahmefällen, wenn es der Verständigungskommission angemessen erscheint, kann sie den Verständigungsspruch auch mündlich im Termin bekannt geben, soweit die Parteien anwesend sind. 461 Bei einfach gelagerten Fällen, in denen die Parteien den Inhalt des Verständigungsspruchs durch die mündliche Bekanntgabe verstehen können, wird zugunsten einer raschen Beilegung die mündliche Erteilung als ausreichend betrachtet. 462 In diesem Fall muss der Verständigungsspruch nicht zugestellt werden. Das Gericht muss den Tenor und die wesentlichen Gründe dann jedoch durch den Gerichtsschreiber protokollieren lassen. 463 In der Praxis hat sich entgegen der gesetzlichen Vorgabe die mündliche Bekanntgabe des Verständigungsspruchs als Regelfall etabliert. 464 Kogawa führt dies darauf zurück, dass die personelle Besetzung im Hinblick auf die Berufsrichter aufgrund eines geringen Etats nicht ausreichend sei und die mit den Verfahren beauftragten Richter wann immer möglich Zeit und Kräfte sparten.465 Dafür spricht, dass der Oberste Gerichtshof selbst das gesetzliche 458

ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 36. KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 23. 460 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 98; N ANBA, 2007, S. 42. 461 Art. 20 Abs. 6 VerstGA. 462 FURUKAWA, 2009, S. 44; SUGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/J ŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 100. 463 Art. 20 Abs. 7 VerstGA. Die Einzelheiten zu dem die schriftliche Abfassung des Verständigungsspruchs ersetzenden Protokoll finden sich in Art. 30 DV VerstGA. 464 NANBA, 2007, S. 42; ISHIZAKI , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 35, stellt für das Jahr 2007 dar, dass es im Distriktgericht Tokio nur mündliche Bekanntgaben und keine schriftlich abgefassten Verständigungssprüche gab; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 23. 465 FURUKAWA, 2009, S. 46, 47, weist darauf hin, dass die Zahl der Berufsrichter im Gegensatz zu der der Verständigungslaienrichter nicht wesentlich ansteige. Zum Start des Verständigungssystems seien beispielsweise am Distriktgericht Tokio lediglich eine halbe Berufsrichterstelle und eine Verwaltungsstelle neu eingerichtet worden. Die Zahl der Richter, die mit der Bearbeitung von Verständigungsverfahren betraut sind, erhöht sich 459

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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Prinzip umgekehrt und sich für die mündliche Bekanntgabe als grundsätzliche Behandlungsweise (gensokuteki toriatsukai) ausgesprochen hat. 466 Die mündliche Bekanntgabe ist jedenfalls geeignet, die Anforderungen an eine rasche Beilegung zu erfüllen, da die schriftliche Abfassung einer Entscheidung mit zeitlichem Aufwand verbunden ist. 467 (3) Widerruf des Verständigungsspruchs Unter gewissen Voraussetzungen ist ein Verständigungsspruch zu widerrufen. In der Praxis hat diese Bestimmung wenig Relevanz, da der Widerruf nur in den Fällen zu erfolgen hat, in denen ein Verständigungsspruch nicht zugestellt werden kann.468 Wird ein Verständigungsspruch widerrufen, geht dass Verfahren automatisch in das zivilprozessuale Verfahren über. 469 (4) Wirkung des Verständigungsspruchs Die Wirkung des Verständigungsspruchs ist im Gegensatz zur Wirkung der Schlichtung im VerstGA selbst geregelt. Inhaltlich besteht jedoch kein Unterschied. Auch der Verständigungsspruch wirkt wie ein gerichtlicher Vergleich (saiban-jō no wakai to dōitsu no kōryoku). 470 Diese Entscheidung hat die Untersuchungsgruppe getroffen. In den vier Vorschlägen zur Ausgestaltung des Verständigungssystems war sowohl die Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich als auch die Wirkung wie ein Urteil (hanketsu to dōitsu no kōryoku) diskutiert worden.471 (5) Kostenlast Die Regelung der Kostenlast entspricht im Wesentlichen der für den Fall der Schlichtung. Diejenigen Kosten, über die der Verständigungsspruch keine Bestimmung zur Kostenlast enthält, tragen die Parteien selbst. 472 Diese Regelung ist für den Fall des Verständigungsspruchs kritischer zu bewerten als bei der Schlichtung. Im Fall der Schlichtung können die Parteien Einfluss nehmen auf den Inhalt der Beilegung, sowohl im Hinblick auf die Streitigkeit allerdings nach und nach. Im Distriktgerichtsbezirk Tokio hat sich die Zahl von 14 auf 17 Verständigungsrichter erhöht, W ATANABE in SUGENO/WATANABE/KOKUZAWA/ MURAKAMI /ISHIZAKI /UKAI , 2010, S. 103. 466 FURUKAWA, 2009, S. 45. 467 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 36. 468 Art. 23 Abs. 1 VerstGA bestimmt den Widerruf für Fälle, in denen der Zustellungsort unbekannt ist, eine Zustellung per Einschreiben oder im Ausland etc. nicht erfolgen kann. 469 Art. 23 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 VerstGA. 470 Art. 21 Abs. 4 VerstGA. 471 KASUGA/MURANAKA/YAMAGAWA, 2003. 472 Art. 21 Abs. 5 VerstGA.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

selbst als auch in Bezug auf die Kosten, die sie zu tragen haben. Für die Schlichtung wird die Methode, nach der jeder seine eigenen Kosten trägt, zum einen als gerecht und zum anderen als wenig konfliktbeladen angesehen, wenn die Parteien keine eigene Regelung schaffen. 473 Ob dies auch in dem Fall wenig konfliktbeladen ist, in dem nicht die Parteien selbst, sondern die Verständigungskommission entscheidet, dass die Kostenlastverteilung nicht mit in die Entscheidung aufgenommen wird, ist nicht so deutlich wie im Fall der Schlichtung. Da der Verständigungsspruch aufgrund seiner Flexibilität nicht ebenso klar wie ein Urteil das Obsiegen und Verlieren bestimmen muss, ist eine vorzugswürdigere Methode als die, dass die Parteien ihre Kosten selbst tragen, allerdings nicht offenkundig. Die Verständigungskommission sollte sich ihrer Verantwortung in diesem Bereich jedoch bewusst sein und nicht leichtfertig eine Regelung über die Kosten auslassen. c) Beendigung nach Art. 24 Abs. 1 VerstGA Eine weitere Variante zur Verfahrensbeendigung, die der Verständigungskommission zur Verfügung steht, ist die Beendigung des Verfahrens nach Art. 24 Abs. 1 VerstGA. Hiernach kann die Verständigungskommission eine Angelegenheit, die sie in Anbetracht der Fallumstände für eine schnelle und angemessene Beilegung als nicht geeignet ansieht, beenden. Der Gerichtsschreiber (saiban-sho shoki-kan) muss die Beendigung sowie das Datum der Beendigung in der Akte vermerken und die Parteien unverzüglich in Kenntnis setzen.474 Das Verständigungsverfahren findet grundsätzlich in umfassender Weise Anwendung bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Dadurch, dass ein besonderer Fokus des Verfahrens auf der beschleunigten Beilegung innerhalb von drei Terminen liegt, können bestimmte Streitigkeiten von der Beilegung im Rahmen des Verständigungsverfahrens jedoch ausgeschlossen werden. Dies betrifft zum Beispiel Fälle mit einer großen Anzahl von Streitpunkten, einer großen Zahl von Beteiligten oder rechtlich komplizierte und schwierige Fälle. 475 Darunter fallen oft Fälle des Verstoßes gegen die Arbeitsordnung, Diskriminierungsstreitigkeiten sowie Fälle des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung. 476 Das Verständigungsverfahren soll in erster Linie ein beschleunigtes Verfahren sein. Da rechtlich komplizierte Fälle in so kurzer Zeit oft nicht zu lösen sind, soll ein Verständigungsspruch gar nicht erst erlassen werden, wenn vorauszusehen ist, dass ohnehin ein Einspruch erfolgen wird, da nicht genügend Zeit für die Untersuchung der Angelegenheit bestand. In 473

SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 94, 95. Art. 33 Abs. 1, 2 DV VerstGA. Die Mitteilung gegenüber den Parteien muss nicht erfolgen, wenn der Fall im Termin beendet wurde und die Parteien anwesend waren. 475 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 112. 476 HARUNA, 2010, S. 48. 474

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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einem solchen Fall würde die Durchführung des Verständigungsverfahrens zusätzliche Zeit kosten und nicht die gewünschte Zeitersparnis bewirken. 477 Diese Möglichkeit der Beendigung ist kritisch zu bewerten, da damit Streitigkeiten ausgeschlossen werden können, für die die fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen mit arbeitsrechtlichen Problemen, über die die Verständigungskommission durch die Beteiligung der Fachlaienrichter verfügt, besondere Bedeutung haben. Die Streitigkeiten, die die Verständigungskommission ablehnt, gehen automatisch in das zivilprozessuale Verfahren über. 478 Der Zivilprozess bietet jedoch regelmäßig keine fachspezifische Streitbeilegung, Fachlaienrichter sind nicht beteiligt. Eine angemessene Beilegung komplizierter Fälle, die das Verständigungsverfahren aufgrund der Zusammensetzung der Kommission zu leisten im Stande wäre, fällt demnach der Schnelligkeit und Einfachheit des Verständigungssystems zum Opfer. IX. Rechtsmittel Das Verständigungsverfahren unterscheidet sich als gerichtliches Verfahren von den administrativen alternativen Vermittlungsverfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten dadurch, dass das mit der Beilegung betraute Organ eine Entscheidung fällen kann und dass gegen ebendiese Entscheidung Rechtsmittel möglich sind. Die Parteien können innerhalb einer Frist von zwei Wochen Einspruch (igi mōshitate) gegen den Verständigungsspruch einlegen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Zustellung bzw. mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verständigungsspruchs und ist eine nicht verlängerbare Notfrist (fu-hen kikan). 479 Der Einspruch wird nicht gegenüber der Verständigungskommission, sondern allgemein bei dem Gericht, bei dem das Verständigungsverfahren durchgeführt worden ist, eingelegt. Die besonderen Fachkenntnisse der Verständigungslaienrichter werden für die Untersuchung, die Entwicklung eines Schlichtungsvorschlags und den Verständigungsspruch benötigt. Mit dem Abschluss des Verfahrens endet jedoch die Rolle der Verständigungskommission, so dass für den Einspruch das Gericht zuständig ist. 480 Der Einspruch darf nicht mündlich, sondern muss schriftlich eingelegt werden. 481 Die Überprüfung des Einspruchs beschränkt sich auf dessen Zulässigkeit (tekihō-sei). Auf eine Begründetheit kommt es nicht an. Ist der Einspruch unzulässig, also nicht innerhalb der Notfrist bei dem Gericht eingegangen,

477 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 5; SUGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/JŌZUKA / OTOKOZAWA, 2007, S. 112. 478 Art. 24 Abs. 2 VerstGA. 479 Art. 21 Abs. 1 VerstGA. 480 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 102. 481 Art. 31 Abs. 1 DV VerstGA.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

muss ihn das Gericht durch Beschluss als unzulässig abweisen. 482 Für den Fall eines unzulässigen oder nicht eingelegten Einspruchs tritt die Wirksamkeit des Verständigungsspruchs mit der Zustellung an die Parteien, im Falle der mündlichen Erklärung mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ein. 483 Ist der Einspruch zulässig, verliert der Verständigungsspruch seine Wirkung.484 Über diesen Punkt war während der Entwicklungsphase im Rahmen der Frage, wie der Einstieg (iriguchi) und der Ausstieg (deguchi) aus dem Verständigungsverfahren geregelt werden sollten, stark diskutiert worden. Im Hinblick auf den Einstieg in das Verständigungsverfahren war diskutiert worden, ob eine Zustimmung der Gegenseite notwendig sein solle oder nicht. 485 Zum Ausstieg waren zwei Varianten diskutiert worden: Sollte der Verständigungsspruch durch bloßen Einspruch unwirksam werden oder wollte man von derjenigen Person, die Einwände gegen den Spruch hegte, verlangen, dass sie eine Klage einreicht. 486 Der Untersuchungsausschuss entschied sich für einen leichten Einstieg in das Verständigungsverfahren, ohne dass der Wille der Gegenseite eine Rolle spielte, womit sich das Verständigungssystem von den Vermittlungsverfahren der Verwaltung unterscheidet und eher dem Zivilprozess entspricht. Für die Gegenseite ist es im Verständigungsverfahren somit nicht möglich, sich durch eine Verweigerung der Zustimmung zur Teilnahme einer Streitbeilegung zu entziehen. Es sollte ihr dann jedoch relativ leicht der Ausstieg aus dem Verfahren gelingen können, weshalb sich die Untersuchungsgruppe für die Möglichkeit des Einspruchs entschied. 487 Allerdings war dieser Punkt umstritten, da die Sorge bestand, das Verständigungssystem könne ad absurdum geführt werden, wenn eine Entscheidung der Kommission durch bloßen Einspruch ihrer Wirksamkeit beraubt werden könne. 488 In der Tat würde das Verständigungssystem sich im Ergebnis nicht stark von den Verfahren der Verwaltung unterscheiden, wenn das Verfahren durch den Einspruch beendet wäre. Im Verständigungsverfahren könnte sich die Gegenseite zwar nicht gleich zu Beginn des Verfahrens mit der Weigerung zu kooperieren der Angelegenheit entziehen, sondern müsste den Verständigungsspruch abwarten, könnte dann jedoch ebenfalls durch einen Einspruch einer endgültigen Beilegung entgehen. Dieser Sorge begegnete die Untersuchungsgruppe nicht etwa damit, den Ausstieg aus dem Verständigungsverfahren noch einmal zu überdenken. Es blieb bei dem Rechtsmittel 482

Art. 21 Abs. 2 VerstGA. Gegen diesen Beschluss ist eine sofortige Beschwerde möglich, Art. 28 VerstGA. 483 Art. 20 Abs. 4 Satz 2, Art. 20 Abs. 5 Satz 2 VerstGA. 484 Art. 21 Abs. 3 VerstGA. 485 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 102. 486 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 102. 487 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 102. 488 KEZUKA, 2006, S. 18.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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des Einspruchs. Aber dieser Einspruch wurde mit einer verfahrenstechnischen Konsequenz verbunden, nämlich dem Einleiten eines zivilprozessualen Verfahrens. X. Übergang in das Zivilprozessverfahren a) Fiktion der Klageerhebung Im Falle eines wirksamen Einspruchs gegen einen Verständigungsspruch wird das Einreichen einer Klage fingiert (uttae teiki no gisei). Das heißt, dass bei zulässigem Einspruch der ursprüngliche Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens als Klageerhebung vor dem Distriktgericht, vor dem die Verständigungsangelegenheit zum Zeitpunkt der Herbeiführung des betreffenden Verständigungsspruchs anhängig war, angesehen wird. 489 Erst der Einspruch führt somit dazu, dass die Einrede der Verjährung, sollte die Verjährungsfrist während des Verständigungsverfahrens abgelaufen sein, im Prozess nicht geltend gemacht werden kann. Das bedeutet, dass das Einleiten des Verständigungsverfahrens selbst noch nicht zur Unterbrechung der Verjährung führt. Das Verständigungsverfahren unterscheidet sich, obwohl es ein gerichtliches Verfahren ist, in dieser Hinsicht nicht von dem Vermittlungsverfahren vor den Streitregulierungskommissionen bei den Arbeitsbehörden.490 Der Verbindungsmechanismus zwischen dem Verständigungsverfahren und dem Zivilprozessverfahren macht jedoch eine Abgrenzung möglich, sowohl zu den Vermittlungsverfahren der Verwaltung als auch zu dem gerichtlichen Verfahren der zivilen Schlichtung und dem weiteren shinpanVerfahren, der Schlichtung in Familiensachen (kaji shinpan). Sowohl im Falle der zivilen Schlichtung als auch bei der Schlichtung in Familiensachen kann gegen die Entscheidung Einspruch eingelegt werden. Mit dem Einspruch verliert die Entscheidung ihre Wirkung. 491 Soweit ähneln die Verfahren dem Verständigungssystem. Der Übergang in den Zivilprozess findet jedoch nur dann statt, wenn die Parteien innerhalb einer Frist von zwei Wochen Klage einreichen. Der Zeitpunkt des Schlichtungsantrags wird dann als Zeitpunkt der Klageerhebung angesehen.492 Einen automatischen Übergang in das zivilprozessuale Verfahren sehen die Schlichtungsverfahren somit nicht vor. Die Partei, die eine Beilegung in der Angelegenheit anstrebt, muss im Gegenteil aktiv tätig werden und eine Klageschrift formulieren. Der zwingende Übergang in das zivilprozessuale Verfahren ist eine Stärke des Verständigungsverfahrens, da für die Parteien ein weitaus größerer Druck 489

Art. 22 Abs. 1 VerstGA, Art. 32 DV VerstGA. Siehe oben Kapitel 3 A.I.c)(3)(f)(v). 491 Art. 18 Abs. 2 ZSchliG, Art. 25 Abs. 2 FamG. 492 Art. 19 ZSchliG, Art. 26 Abs. 3 FamG. 490

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

besteht, zu einer Einigung zu gelangen, als dies bei allen anderen Verfahren, die zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten errichtet worden sind, der Fall ist. Der Zivilprozess, der mit seiner langen Verfahrensdauer, den hohen Kosten und einer einseitigen, verbindlichen Entscheidung für viele Parteien wenig vorzugswürdig erscheint, sitzt den Parteien sozusagen im Nacken. 493 Bei den Beilegungsverfahren der Verwaltung sowie der zivilen Schlichtung ist die Konsequenz einer gescheiterten einvernehmlichen Lösung gerade nicht der Zivilprozess. Dieser ist zwar in der Theorie die mögliche Folge, um eine endgültige Beilegung zu erreichen, die statistischen Daten sprechen jedoch nicht dafür, dass das Scheitern eines alternativen Verfahrens direkt in das streitige Verfahren münden würde. Aus diesem Grund lastet kein wesentlicher Druck auf den Parteien, sich um eine Beilegung zu bemühen. Für den Fall, dass der Antragsteller im Recht ist, die Gegenseite sich aber hartnäckig zeigt und eine einvernehmliche Lösung verweigert, zeigt sich die Kraft des Verständigungsverfahrens im Vergleich zu den Vermittlungsverfahren.494 Die Regelung zum Übergang in das zivilprozessuale Verfahren gilt auch für die Beendigung des Verständigungsverfahrens nach Art. 24 VerstGA sowie für den Widerruf eines Verständigungsspruchs. 495 b) Zuständigkeit Die Zuständigkeit für das zivilprozessuale Verfahren liegt grundsätzlich bei dem Distriktgericht, bei dem die Verständigungsangelegenheit anhängig war. 496 Diese Regelung weicht von der grundsätzlichen Bestimmung im Gerichtsgesetz ab, nach der streitwertabhängig die einfachen Gerichte und die Distriktgerichte sachlich zuständig sind.497 Das Distriktgericht, das mit dem Verständigungsverfahren betraut war, ist dann das Gericht erster Instanz im zivilprozessualen Verfahren. Es gelten die Vorschriften über die Verweisung durch das erstinstanzliche Gericht an ein anderes ebenfalls zuständiges Gericht nach dem ZPG. 498 Das VerstGA enthält keine Bestimmung darüber, welcher Berufsrichter die Verständigungsangelegenheit im Zivilprozessverfahren weiterführt. Es ist 493

Zu den Problemen des Zivilprozessverfahrens siehe JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995, S. 93 ff. 494 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 24. 495 Art. 24 Abs. 2, Art. 23 Abs. 2 VerstGA. 496 Art. 22 Abs. 1, 2 VerstGA. 497 Gemäß Art. 33 Abs. 1 Nr. 1 Gerichtsgesetz sind die einfachen Gerichte (kan’i saiban-sho) in der ersten Instanz sachlich zuständig für Streitigkeiten, deren Wert 1.400.000 Yen nicht übersteigt, die Distriktgerichte (chihō saiban-sho) für Streitigkeiten, die diesen Wert überschreiten. 498 Dies betrifft insbesondere Art. 17, 19 ZPG, siehe S UGENO/YAMAKAWA/S AITŌ / JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 108.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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somit nicht eindeutig geklärt, ob der Berufsrichter, der der Vorsitzende der Verständigungskommission war, das zivilprozessuale Verfahren führen darf, soll oder ob seine Beteiligung im Gegensatz ausgeschlossen ist. Der Vorteil desselben Richters wäre, dass er bereits in die Einzelheiten des Falls eingearbeitet ist und es so zügiger zu einem Urteil kommen kann. Er ist mit den Parteien bekannt und hat die Einigungsmöglichkeiten im Schlichtungsteil des Verfahrens bereits ausgelotet. Dies könnte aber auch gleichzeitig ein Nachteil sein. Die Vorbefassung in derselben Angelegenheit könnte den Richter befangen machen. Der Richter des Verständigungsverfahrens könnte aufgrund der gescheiterten Schlichtung und des gestürzten Verständigungsspruches voreingenommen sein und einen neuen Einigungsversuch im Zivilprozessverfahren möglicherweise nicht oder eher halbherzig durchführen. Die Partei, die Einspruch einlegt, könnte bei demselben Richter fürchten, dass dieser seine Meinung bereits gefällt hat und von dieser in einem Urteil nicht abweichen wird. Die Frage der Befangenheit eines Richters stellt sich in einer dem Verständigungsverfahren ähnlichen Situation auch im deutschen und japanischen Zivilprozess, wenn der BGH respektive der Oberste Gerichtshof ein Verfahren an das Berufungsgericht zurückverweist. In diesem Fall entscheidet derselbe Spruchkörper, der bereits im Berufungsverfahren entschieden hat. Für den deutschen Rechtskreis ist die gesetzliche Wertung in diesen Fällen ausdrücklich so, dass der Umstand der Vorbefassung eines Richters allein die Befangenheit nicht begründen kann.499 Mit dieser Wertung steht der erneuten Befassung des Verständigungsrichters nichts entgegen. Des Weiteren könnte man auf den dreigliedrigen Instanzenzug verweisen, in dem die Parteien Anspruch auf drei verschieden besetzte Spruchkörper haben. Diese drei verschiedenen Spruchkörper bleiben auch für den Fall bestehen, dass der Richter des Verständigungsverfahrens und der Richter in der ersten Instanz des zivilprozessualen Verfahrens identisch sind, da das vorgeschaltete Verständigungsverfahren zu einem Vier-Instanzen-Zug führt. 500 Diese Aspekte werden in der japanischen Literatur jedoch nicht diskutiert. Im Hinblick auf die Gerichtskosten entsteht den Parteien durch die vorherige Nutzung des Verständigungsverfahrens kein Nachteil. Das Gesetz über 499

WOLFF, Zurückverweisung der Sache an das Schiedsgericht nach Aufhebung des Schiedsspruchs – zu den „geeigneten Fällen“ nach § 1059 Abs. 4 ZPO, in: Zeitschrift für Schiedsverfahren, 2007, S. 257. 500 Die vier Instanzen, zu denen das Verständigungssystem führen kann, werden mit Sorge betrachtet, weil sie dem Beschleunigungsprinzip grundlegend widersprechen, siehe stellvertretend ISHIZAKI , Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 15. Eine ähnliche Diskussion gibt es im Hinblick auf die Arbeit der Arbeitskommissionen im Bereich kollektivrechtlicher Arbeitsstreitigkeiten, allerdings führt das bereits zweistufige System bei den Arbeitkommissionen und der Zentralen Arbeitskommission insgesamt zu einem Fünf-Instanzen-Zug, siehe TAKAGI, 2000, S. 4.

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

die Kosten im Zivilprozess 501 bestimmt, dass die Gerichtskosten, die für das Verständigungsverfahren gezahlt worden sind, auf die Gerichtsgebühr für das Zivilprozessverfahren angerechnet werden. 502 XI. Öffentlichkeit Das Verständigungsverfahren ist ein im Grundsatz nicht öffentliches Verfahren (hi-kōkai)503 und steht damit in deutlichem Widerspruch sowohl zu dem japanischen Zivilprozess als auch zum deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren. Der Öffentlichkeitsgrundsatz (kōkai shugi) ist für die Prozessverfahren in der Japanischen Verfassung verankert. 504 Er dient der Sicherstellung einer angemessenen Untersuchung durch die Kontrolle des Volkes. 505 Der Öffentlichkeitsgrundsatz lässt sich auch in Deutschland aus der Verfassung herleiten, gilt er doch als wesentliches Merkmal eines rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens. 506 Im ArbGG ist die Öffentlichkeit für das arbeitsgerichtliche Verfahren konkret vorgeschrieben. 507 Neben dem Kontrollaspekt soll der gerichtliche Entscheidungsfindungsprozess transparent gestaltet sein und dadurch das Vertrauen des Volkes in die Justiz verstärken. 508 Ein wichtiger Aspekt des Verständigungsverfahrens ist der Versuch, eine Schlichtung zwischen den Parteien herbeizuführen. Um diese zu erreichen, sollen die Parteien ein offenes Gespräch miteinander führen können, wofür ein nicht öffentliches Verfahren besonders geeignet ist. 509 Dem Aspekt der Vertraulichkeit zwischen den Parteien kommt offensichtlich ebenso wie in den administrativen Vermittlungsverfahren auch im Verständigungsverfahren ein höherer Stellenwert zu als der Transparenz des Verfahrens, was auf einen alternativen Charakter des Verständigungsverfahrens hindeutet. Obwohl das Verständigungsverfahren im Grundsatz ohne Öffentlichkeit stattfindet, ist es der Verständigungskommission jedoch erlaubt, die Anwesenheit einzelner Personen zuzulassen, wenn sie dies für angemessen hält. 510 Sie entscheidet über eine solche Zulassung von Fall zu Fall. Konkret überprüft die Kommission den Zweck der Anwesenheit, die Notwendigkeit sowie

501

Minji soshō hiyō tō ni kan suru hōritsu, Gesetz Nr. 40 vom 06.04.1971. Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 Gesetz über die Kosten im Zivilprozess. 503 Art. 16 VerstGA. 504 Art. 82 Abs. 1 JV. 505 ITŌ, 2008, S. 229. 506 HAUCK/HELML, 2006, S. 269; GERMELMANN /MATTHES/P RÜTTING/MÜLLER GLÖGE , 2009, § 52, S. 684, Rn. 1. 507 § 52 Satz 1 ArbGG. 508 MÜLLER-GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 52 ArbGG, S. 436, Rn. 1; HENSSLER / WILLEMSEN/KALB, 2010, § 52 ArbGG, S. 189, Rn. 1; HAUCK/HELML , 2006, S. 269. 509 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 91. 510 Art. 16 VerstGA. 502

B. Analyse des Verständigungsverfahren

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den Einfluss des Beiwohnens einer beteiligten Person auf das Verfahren. 511 Auf Arbeitgeberseite ist die Zulassung von Beteiligten in der Regel kein Problem. Die Beteiligten aus der Personalabteilung sowie Direktoren, die nicht über ein Vertretungsrecht verfügen etc., nehmen in vielen Fällen vom Anfang bis zum Ende an den Sitzungen teil. 512 Sie sind mit der Angelegenheit vertraut und können sachdienliche Informationen zum Sachverhalt geben. Auf Arbeitnehmerseite gilt das für die Gewerkschaften in vielen Fällen ebenso. Dennoch wird ihre Anwesenheit in der Regel nicht zugelassen. 513 Von Richterseite aus wird dies mit der Nichtöffentlichkeit des Verfahrens erklärt, die den Parteien helfen soll, ungezwungen ihre Meinung zu äußern und ihre wahren Absichten kundzutun.514 Die Beteiligten auf Arbeitgeberseite, wie die Ansprechpartner aus der Personalabteilung, gehören unmittelbar zu dem Bereich des Arbeitgebers, was umgekehrt für die Gewerkschaften nicht gelte. Sie sind eine dritte Partei, die auf der Seite des Arbeitnehmers hinzustößt und damit nicht mehr in die Gruppe der Beteiligten im engen Sinn fällt. Diese Betrachtung lässt zwar eine Unterscheidung zwischen den Beteiligten auf Arbeitgeberseite und den Gewerkschaften zu, ob sie eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf deren Anwesenheit im Verständigungsverfahren rechtfertigt, erscheint jedoch zweifelhaft. Denn wenn die Gewerkschaften im Vorfeld der außerbetrieblichen Streitbeilegung in der Angelegenheit bereits Gespräche mit dem Arbeitgeber geführt haben, können sie aus diesem Dialog in gleicher Weise Auskunft über den Sachverhalt geben wie es die Beteiligten auf Arbeitgeberseite können. 515 Obwohl sich die Gewerkschaften stark mit der Beratung zu arbeitsrechtlichen Streitfragen beschäftigten, beschränkt sich ihre Erfahrung mit dem Verständigungsverfahren auf wenige Fälle. 516 Da sie bislang weder als Beteiligte noch in erwähnenswertem Umfang als Vertreter für Arbeitnehmer zugelassen werden, haben sie ihre Rolle im Verständigungsverfahren noch nicht gefunden.517 Die Verständigungskommission kann überdies, wenn sie es für angemessen hält, auch solchen Personen erlauben, am Verständigungsverfahren teilzunehmen, für die das Ergebnis des Verfahrens von Belang ist. 518 Da das Verfahren im Grundsatz nicht öffentlich ist und diese Personen anders als die 511

SAITŌ, 2004, S. 17, 18; S UGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 92; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 18. 512 UKAI in SUGENO/WATANABE /KOKUZAWA/MURAKAMI /ISHIZAKI /UKAI , 2010, S. 101; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 18. 513 MIZUTANI , 2007, S. 48; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 18. 514 Richter Kondō vom Distriktgericht Saitama wird entsprechend zitiert in M IZUTANI , 2007, S. 48, 49. 515 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 18. 516 MIZUTANI , 2007, S. 49. 517 Siehe unter Kapitel 4 C.V. 518 Art. 29 VerstGA i.V.m. Art. 11 ZSchliG.

228

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

oben genannten Beteiligten nicht an der Aufklärung des Sachverhalts beteiligt sind, muss die Verständigungskommission vor der Erlaubnis die Meinung der Parteien anhören.519 Der Ansatz im deutschen arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren ist genau entgegengesetzt. Die mündliche Verhandlung ist im Grundsatz öffentlich, in der Güteverhandlung kann die Öffentlichkeit jedoch ausnahmsweise aus Zweckmäßigkeitsgründen ausgeschlossen werden. 520 Zweckmäßig ist der Ausschluss, wenn er der Erleichterung einer gütlichen Beilegung der Rechtsstreitigkeit dient. 521 Das was im Rahmen des Verständigungsverfahrens für jeden Fall angenommen wird, muss im deutschen Verfahren somit erst positiv festgestellt und werden. XII. Vertretung Im Gegensatz zum deutschen Prozessrecht besteht vor keinem japanischen Zivilgericht Anwaltszwang (bengo-shi kyōsei). 522 Ein Kläger kann den Prozess immer ohne rechtlichen Bestand alleine bestreiten. Die Vertretungsmöglichkeiten im Rahmen des Verständigungsverfahrens sind restriktiver geregelt als im deutschen ArbGG. Die Parteien dürfen sich im Grundsatz nur durch Rechtsanwälte vertreten lassen. 523 Eine Vertretung durch Personen, die keine Rechtsanwälte sind, ist nur möglich, wenn das Gericht dies im Einzelfall ausdrücklich zulässt. 524 a) Vertretung durch Nicht-Rechtsanwälte Die Vertretung durch eine Person, die kein Rechtsanwalt ist, kann durch das Gericht zugelassen werden, wenn das Gericht die Zulassung als notwendig und angemessen erachtet, um den Schutz der Rechtsinteressen der betroffenen Parteien und einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten.525 Möchte sich eine Partei durch einen Nicht-Rechtsanwalt vertreten lassen, muss sie einen schriftlichen Antrag stellen. Dieser Antrag muss neben den persönlichen Daten des gewünschten Vertreters eine Erklärung zur Beziehung zwischen dieser Person und der beantragenden Partei sowie eine Darstellung der Gründe für den betreffenden Antrag enthalten,526 damit das Gericht in die Lage versetzt wird, über die Notwendigkeit und Angemessenheit einer Zulas519

Art. 24 DV VerstGA. § 52 Satz 3 ArbGG. 521 MÜLLER-GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 52 ArbGG, S. 437, Rn. 5. 522 MIZUTANI , 2007, S. 48; ITŌ, 2008, S. 106. 523 Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VerstGA. 524 Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VerstGA. 525 Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VerstGA. 526 Art. 5 Abs. 1 DV VerstGA. 520

B. Analyse des Verständigungsverfahren

229

sung zu entscheiden. Die Beziehung zwischen dem gewünschten Vertreter und dem Antragsteller kann beispielsweise ein verwandtschaftliches Verhältnis oder eine Beziehung aus dem beruflichen Kontext sein.527 Aus der Darstellung der Gründe für den Antrag soll hervorgehen, weshalb die Zulassung des gewünschten Vertreters angemessen oder sogar notwendig ist, um den Schutz der Rechtsinteressen des Antragstellers sowie einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten. Für den Schutz der Rechtsinteressen kann es angemessen sein, einen Nicht-Rechtsanwalt als Vertreter zuzulassen, wenn der Antragsteller nicht über ausreichende Rechtskenntnisse verfügt und das Verfahren entsprechend nicht selbst vorantreiben kann oder wenn er an einem schlecht angebundenen Ort zu Hause ist und keinen vernünftigen Zugang zu Rechtsanwälten hat.528 Zur Unterstützung eines reibungslosen Verfahrensablaufs kann es angemessen sein, wenn der Antragsteller beispielsweise einen Verwandten mit dabei hat, dem die Hintergründe und Einzelheiten der Angelegenheit bekannt sind oder wenn der gewünschte Vertreter sich mit dem Verfahren und dem materiellen Recht so weit auskennt, dass er die Fähigkeit besitzt, die Aufgabe eines Vertreters auszuführen. 529 Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kommen als sonstige, nicht als Rechtsanwalt tätige Vertreter insbesondere Vertreter der Gewerkschaften in Betracht. Diese beschäftigen sich in großem Umfang mit arbeitsrechtlicher Beratung, haben oftmals im Vorfeld zu einem Verständigungsverfahren die Vorgespräche mit der Arbeitgeberseite geführt und genießen das Vertrauen der Arbeitnehmer. 530 Im deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren sind die Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ebenfalls zur Prozessvertretung befugt. Im Gegensatz zum Verständigungsverfahren sind sie allerdings ausdrücklich als Vertreter zugelassen, sowohl vor den Arbeitsgerichten als auch in zweiter Instanz vor den Landesarbeitsgerichten. 531 Die positive Feststellung seitens des Gerichts, dass die Teilnahme eines Gewerkschaftsvertreters zur Wahrung der Interessen eines am Streit beteiligten Arbeitnehmers angemessen ist, muss daher in Deutschland nicht erfolgen. Im Gegenteil geht der Gesetzgeber davon aus, dass sie zur interessen- und sachgerechten Vertretung ihrer Mitglieder in der Lage sind.532 Im Hinblick auf die Mitglieder der Gewerkschaften, die sich unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes (im Folgenden: DGB) zusammengeschlossen haben, besteht als Besonderheit

527

OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 9. OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 10. 529 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 10. 530 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 25; MIZUTANI , 2007, S. 49. 531 § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, Abs. 4 ArbGG. 532 NATTER/GROSS, 2010, § 11, S. 175, Rn. 19. 528

230

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

die Möglichkeit die Dienste der DGB-Rechtsschutz GmbH zu nutzen. 533 Die DGB-Rechtsschutz GmbH beschäftigt bundesweit in 111 Büros rund 370 Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die sich allein um die Belange der Mitglieder kümmern und daher eine beträchliche arbeitsrechtliche Kompetenz besitzen.534 Nach eigenen Angaben hat die DGB-Rechtsschutz GmbH im Jahr 2010 135.000 neue Verfahren bearbeitet. 535 Wie viele Verfahren in erster, zweiter und dritter Instanz diese Zahlenangabe betrifft, lässt sich dem Internetauftritt leider nicht entnehmen. Der größte Teil gehört jedoch ohne Zweifel zu den erstinstanzlichen Urteilsverfahren, von denen pro Jahr ca. 450.000 bei den Arbeitsgerichten initiiert werden, 536 und die daher eine durchaus nennenswerte Größe darstellen. Im Verständigungsverfahren machen die Gerichte von der Möglichkeit, Personen als Vertreter zuzulassen, die keine Rechtsanwälte sind, bislang kaum Gebrauch. 537 Dies liegt nicht daran, dass die Vertreter der Gewerkschaften nicht als Vertreter im Verständigungsverfahren auftreten wollen, sondern schlicht daran, dass die Gerichte dies bislang überwiegend ablehnen.538 Eine sachliche Erklärung hierfür liefert die Literatur nicht. Ganz im Gegenteil äußern sich die wenigen Autoren, die sich überhaupt mit dieser Problematik auseinandersetzen, durchweg positiv über den Einsatz von Gewerkschaftsvertretern und trauen ihnen zu, eine den Rechtsanwälten gleichwertige Rolle im Verständigungsverfahren zu übernehmen. 539 Die Entscheidung des Gerichts über die Zulassung eines NichtRechtsanwalts als Vertreter erfolgt als Ermessensentscheidung durch Be-

533 Die Vertretung von Mitgliedern der DGB Einzelgewerkschaften durch die DBGRechtsschutz GmbH ist von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ArbGG umfasst, so M ÜLLERGLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 11 ArbGG, S. 372, Rn. 5; H ENSSLER/WILLEMSEN/KALB, 2010, § 11 ArbGG, Rn. 9, S. 140; siehe auch LAG Hamm, Urteil vom 25.02.1999 – 17 Sa 2281/98, Arbeit und Recht, 1999, S. 247. 534 Internetauftritt des DGB Rechtsschutzes, dort in der Rubrik Zahlen und Fakten, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 535 Internetauftritt des DGB Rechtsschutzes, die Zahlen für 2014 sind in der Rublik Zahlen und Fakten im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 536 Siehe unter Kapitel 4 C.I., dort speziell Tab XV. 537 Ein Hinweis auf die Zulassung von Vertretern, die keine Rechtsanwälte sind, findet sich in der japanischen Literatur zum ersten Mal im Jahr 2010, 4 Jahre nach Inkrafttreten des VerstGA, HARUNA, 2010, S. 46, mit der Bemerkung, dass eine solche Zulassung nur in geringem Maße stattfindet. 538 MIZUTANI , 2007, S. 48; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 25, weist darauf hin, dass aus Richterkreisen bereits vor der Einführung des Verständigungsverfahrens angekündigt worden war, dass man andere Vertreter als Rechtsanwälte nicht zulassen wolle. 539 KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 25; MIZUTANI , 2007, S. 49.

B. Analyse des Verständigungsverfahren

231

schluss. 540 In der Praxis wird der Beschluss in der Regel nicht auf einem separaten Papier erlassen, sondern die Entscheidung über die Zulassung wird an einer freien Stelle auf dem Antrag (mōshitate-sho no yohaku ni) vermerkt.541 Der Beschluss muss die Gründe für die Entscheidung nicht offen legen. 542 Die Möglichkeit einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts gibt es nicht.543 Als Begründung führt die offizielle Kommentierung des Obersten Gerichtshofs schlicht und ergreifend an, dass die Beteiligten kein Recht auf eine Zulassung von Personen haben, die keine Rechtsanwälte sind. 544 Diese Erklärung kann nicht als ausreichend betrachtet werden. Die Zulassung sonstiger Vertreter ist keine bloße Großzügigkeit der Gerichte, die den Parteien je nach Stimmung der Gerichte zuteil wird oder nicht, sondern sie ist ausdrücklich als Möglichkeit in das VerstGA aufgenommen worden, so dass die Antragsteller zumindest einen Anspruch auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bei der Entscheidung haben. Wird eine Zulassung erteilt, ist es dem Gericht jederzeit erlaubt, diese Zulassung in schriftlicher Form zu widerrufen. 545 Die gesetzliche Bestimmung knüpft einen solchen Widerruf an keine besonderen Voraussetzungen. Aus der Kommentierung wird allerdings deutlich, dass ein Widerruf nur dann in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen einer Zulassung zum Zeitpunkt der Zulassung nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind. 546 Auch gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde nicht möglich. Die Regelungen und Kommentierungen zur Erteilung und zum Widerruf der Zulassung eines Nicht-Rechtsanwalts machen deutlich, dass die Position der sonstigen Vertreter bereits gesetzlich nur schwach ausgestaltet ist. Dies spiegelt sich auch in der praktischen Umsetzung durch die Richterschaft wider, die von vorneherein eine Zulassung offen abgelehnt und Zulassungsanträge bis zum heutigen Datum fast immer abgewiesen hat. 547 Die Gerichte werden durch die gesetzlichen Bestimmungen in keiner Weise angehalten, ihre ablehnende Grundposition im konkreten Einzelfall zu reflektieren und ihre Gründe im Rahmen einer unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstandenden Entscheidung zu formulieren.

540

Art. 29 VerstGA i.V.m. Art. 17 Abs. 1 FGG; OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 11. 541 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 11. 542 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 149. 543 Die Fälle, in denen eine sofortige Beschwerde (sokuji kōkoku) eingelegt werden kann, sind abschließend in Art. 28 VerstGA geregelt. 544 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 11; so auch S UGENO/YAMAKAWA / SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 149. 545 Art. 4 Abs. 2 VerstGA. 546 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 70. 547 MIZUTANI , 2007, S. 48; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 25.

232

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

b) Vertretungsbefugnis Die Befugnis des Vertreters muss im Verständigungsverfahren schriftlich nachgewiesen werden. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem VerstGA selbst, sondern durch einen Verweis in der DV VerstGA auf die DV ZPO. 548 Das Verständigungsverfahren orientiert sich hier erneut am Zivilprozessverfahren. Streitigkeiten über das Vertretungsrecht und dessen Umfang sollen von Anfang an vermieden werden.549 Handelt es sich bei der schriftlichen Bestätigung um ein privates Dokument (shibun-sho), kann das Gericht anordnen, dass der Prozessvertreter eine Beglaubigung durch einen Notar oder einen anderen Staatsbediensteten mit Beglaubigungskompetenz beibringt. 550

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis

Über das Verständigungsverfahren gibt es eine Reihe von Statistiken, die über die praktische Umsetzung des Verfahrens Auskunft geben können. Sie zeigen, ob und in welcher Größenordnung das Verständigungsverfahren genutzt wird, welche Art von Streitigkeiten besonders oft vor die Verständigungskommissionen gebracht werden, wie lange die Verfahren dauern etc. und sie erlauben dadurch eine praktische Einschätzung des Systems. Statistiken über das Verständigungssystem werden jährlich in der Zeitschrift Hōsō Jihō veröffentlicht. Auch die Vereinigung der Rechtsanwälte für Arbeitsrecht (nihon rōdō bengo-dan) bietet regelmäßig einen Einblick in die statistisch erhobenen Daten in ihrer Zeitschrift Weißbuch der Arbeitnehmerrechte (rōdō-sha no kenri hakusho). Die Daten, die der Oberste Gerichtshof (saikō saiban-sho) auf seinem Internetauftritt zum Verständigungsverfahren veröffentlicht, gehen über die Zahl der Neueingänge (inkl. der Erledigungen), eine grobe Einteilung der Gegenstände der Verfahren sowie eine Darstellung der Erledigungsarten nicht hinaus. 551 Zusätzlich zu diesem regelmäßigen 548

Art. 6 DV VerstGA i.V.m. Art. 23 Abs. 1 DV ZPG. OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA 2006, S. 12; S UGENO/YAMAKAWA/SAITŌ / JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 151. 550 Art. 6 DV VerstGA i.V.m. Art. 23 Abs. 2 DV ZPG. 551 Der Oberste Gerichtshof veröffentlicht jährlich eine Statistik zur Gerichtstätigkeit. In den Tabellen 91 und 92 finden sich seit Inkrafttreten des VerstGA regelmäßig die Angaben zum Verständigungsverfahren. Tabelle 91 trägt den Titel rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai- zen-chihō saiban-sho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle] und Tabelle 92 rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Art der Beendigung aufgeteilt]. Für das Jahr 2011 sind diese Tabellen im Internet 549

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis

233

Angebot waren die statistisch erhobenen Daten Anlass für eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Veröffentlichungen, in denen sich die japanische Literatur mit dem Erfolg und den künftigen Aufgaben des Verständigungssystems auseinandergesetzt hat.552 In der Regel werden die Daten in den japanischen Statistiken entsprechend der japanischen Geschäftsjahre für den Zeitraum von April bis März erhoben. I. Neueingänge Vor der Einführung des Verständigungssystems war mit einer jährlichen Fallzahl zwischen 1.500 und 3.600 Fällen gerechnet worden. 553 In den ersten beiden Jahren nach Einführung des Systems war nicht einmal das Minimum von 1.500 Fällen erreicht worden (Tab. XIII554), was Ōtake veranlasst hat von

zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015). 552 IWAMURA/KINOSHITA/TOKUZUMI /NODA/W ATANABE /WATANABE, zadan-kai - kobetsu rōdō funsō shori no jitsumu to kadai [Symposium - Praxis und Aufgaben der Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Jurist, No. 1408, 2010, S. 16–43; S UGENO/W ATANABE /KOKUZAWA/M URAKAMI /ISHIZAKI /UKAI, 2010, S. 99–129; H ARUNA , 2010, S. 44–55; U KAI , rōdō shinpan tetsuzuki no un’yō no jitsujō to kentō kadai [Die Situation bei der Durchführung der Verständigungsverfahren in Arbeitssachen und Untersuchungsaufgaben], in: rōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], Sondernummer des Jurist, 2008, S. 26–82; NANBA, 2007, S. 37–45; ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 27–36; S UGENO/ TOKUZUMI /NAKAMACHI /NANBA, 2007, S. 6–31; ŌTAKE , Jurist, 2007, S. 32–49; ŌTAKE , Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 46–59; ein Vergleich mit den Vermittlungssystemen der Verwaltung unter Zugrundelegung der statistischen Daten findet sich bei A RAKI, 2010, S. 63–72; SHINTANI, kobetsu rōdō funsō no genjō to kadai – nihon rōdō kumiai sōrengōkai [Die derzeitige Lage und die Aufgaben bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – aus der Sicht des japanischen Gewerkschaftsverbandes], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 82–90, und bei TANAKA, kobetsu rōdō funsō no genjō to kadai – nihon keizai dantai rengōkai [Die derzeitige Lage und die Aufgaben bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – aus der Sicht des japanischen Wirtschaftsverbandes], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 91–97. 553 ŌTAKE , Jurist, 2007, S. 32. 554 Die Werte in Tab. XIII setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: 1. Rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai – zen-chihō saiban-sho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2010, Tabelle 91, S. 66 (im Folgenden: OGH Japan, Statistik Verständigung 2010, Tabelle 91). 2. Rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Art der Beendigung aufgeteilt], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2010, Tabelle 92, S. 66 (im Folgenden: OGH Japan, Statistik Verständigung 2010, Tabelle 92).

234

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

einem etwas ruhigen Start (ochitsuita suberidashi) in das System zu sprechen.555 Allerdings ist die Tendenz bei den Neueingängen im Grundsatz steigend. Von 2007 zu 2008 gab es einen Anstieg von über 37% und zum Jahr 2009 hin war der Zuwachs mit fast 70% von enormer Größe. Zwischen 2009 und 2010 gab es erstmals einen geringen Rückgang bei den Neueingängen. Allerdings pendelt sich der Wert bei etwas über 3.000 Fällen ein. Die weitere Entwicklung bleibt hier abzuwarten.

3. Rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai – zen-chihō saiban-sho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2009, Tabelle 91, S. 66 (im Folgenden: OGH Japan, Statistik Verständigung 2009, Tabelle 91). 4. Rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Art der Beendigung aufgeteilt], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2009, Tabelle 92, S. 66 (im Folgenden: OGH Japan, Statistik Verständigung 2009, Tabelle 92). 5. Rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai – zen-chihō saiban-sho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2008, Tabelle 91, S. 66 (im Folgenden: OGH Japan, Statistik Verständigung 2008, Tabelle 91). 6. Rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Art der Beendigung aufgeteilt], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2008, Tabelle 92, S. 66 (im Folgenden: OGH Japan, Statistik Verständigung 2008, Tabelle 92). 7. Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, Tab. 10 und 11. 8. Heisei 19 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken vo gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 2007], in: Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2436, Tab. 10 und 11. 555 ŌTAKE , Jurist, 2007, S. 32.

235

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis

4000

3000

2000

1000

0

2006

2007

2008

2009

2010

Verständigungsanträge

877

1.494

2.052

3.468

3.375

Erledigungen

606

1.450

1.911

3.226

3.436

Tab. XIII: Neueingänge sowie erledigte Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren

Eine Zielsetzung der Großen Justizreform war es, die Rolle der Justiz im Bereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu stärken.556 Ob sich diese Vorgabe seit der Einführung des Verständigungsverfahrens zumindest im Hinblick auf die zahlenmäßige Nutzung der Justiz realisiert hat, lässt sich nicht allein anhand der Neueingänge im Verständigungsverfahren beantworten. Zusätzlich ist die Entwicklung der Neuzugänge bei den Verfahren vor den Zivilgerichten zu berücksichtigen, in denen individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten behandelt werden (Tab. XIV557).

556

Das Thema der 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000 war die Verstärkung der Justiz bei arbeitsrechtlichen Fälle (rōdō kankei jiken he no taiō kyōka ni tsuite), siehe PM Japan, Protokoll der 40. Sitzung des Beratungsausschusses. 557 Die Werte in Tab. XIV setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: OGH Japan, Statistik Verständigung 2008–2010, Tabelle 91; OGH Japan, Statistik Verständigung 2008–2010, Tabelle 92; Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1840, Tab. 1 und S. 1846, Tab. 10; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2430, Tab. 1.

236

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

8.000

6.000

4.000

2.000

0 Verständigung Zivilprozess

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

-

-

-

877

1.494

2.052

3.468

3.375

2.433

2.519

2.446

2.035

2.246

2.441

3.218

3.127

Tab. XIV: Neueingänge individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten im Verständigungsverfahren und Zivilprozess nach Geschäftsjahren

Die Zahl der zivilprozessualen Verfahren bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten hat sich in den Geschäftsjahren bis 2005 relativ konstant bei etwa 2.500 Neueingängen pro Geschäftsjahr gehalten. Im Jahr 2006, dem Jahr der Einführung des Verständigungsverfahren ist die Zahl der Neueingänge zunächst recht deutlich auf rund 2.000 Fälle gesunken. Das Verständigungsverfahren hat somit zunächst nicht nur mehr Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die japanischen Gerichte gelockt, sondern auch einen Teil der Verfahren, die erwartungsgemäß im Wege des Zivilprozesses beigelegt worden wären, von diesem abgezogen.558 Diese kurzfristige Tendenz zu Beginn der Einführung des neuen Systems hat sich in den folgenden Geschäftsjahren jedoch nicht bestätigt. Die Neueingänge im Zivilprozess steigen bereits seit dem Geschäftsjahr 2007 wieder an, insgesamt hat sich die Zahl der Verfahren vor den japanischen Gerichten innerhalb kürzester Zeit mehr als verdoppelt, von 2.446 Neueingängen im Jahr 2005 zu 6.532 im Geschäftsjahr 2010. Die Situation vor den deutschen Arbeitsgerichten stellt sich im Vergleich gänzlich anders dar (Tab. XV559). Im Jahr 2010 gab es vor den Arbeitsgerich558

ŌTAKE , Jurist, 2007, S. 33. Die Werte in Tab. XV setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: 1. Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2010, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2010, S. 1, Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 12. 2. Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2009, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2009, S. 1, 1. Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 12. 3. Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2008, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2008, S. 1, 1. Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 12. 559

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis

237

ten (ohne die Neueingänge bei den Landesarbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht zu berücksichtigen) knapp 410.000 Neueingänge im Urteilsverfahren. Das ist der 60fache Wert des japanischen Fallaufkommens. Die deutsche Statistik, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales jährlich unter dem Titel „Tätigkeit der Arbeitsgerichte“ veröffentlicht, trennt zwischen Neueingängen im Urteils- und Neueingängen im Beschlussverfahren. Innerhalb des Urteilsverfahrens werden vor den deutschen Arbeitsgerichten jedoch nicht nur die klassischen individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern behandelt, sondern auch bürgerliche Rechtstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien. 560 Letztere werden im Verständigungsverfahren nicht behandelt. Der größte Teil der Urteilsverfahren gehört allerdings in den Bereich der ersten Gruppe, denn allein die Kündigungs- und Entgeltklagen machen über 85% der gesamten Urteilsverfahren aus. 561 Die Zahl der gerichtlichen Verfahren zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist in Deutschland demnach unverhältnismäßig viel höher als in Japan. II. Gegenstände Die offizielle Statistik des Obersten Gerichtshofs sowie die jährlich erscheinende Statistik in der Zeitschrift Hōsō Jihō geben nicht in gleicher Weise Aufschluss über die Gegenstände der Verständigungsverfahren wie die Statistiken zu den Vermittlungsverfahren in der japanischen Verwaltung es tun.562 Die Verfahren werden unterteilt in solche, deren Ziel der Erhalt eines Geldbetrages ist (kinsen wo mokuteki to suru mono) und solche, deren Ziel außerhalb einer Geldforderung liegt (kinsen wo mokuteki to suru mono igai). Die zweite Gruppe besteht im Wesentlichen aus Statusanlegenheiten, deren Ziel die Feststellung eines gewissen Status (chi’i kakunin) ist. Darunter fallen Kündigungsstreitigkeiten, also Anträge auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Arbeitsvertrages. Gut die Hälfte aller neu ein-gereichten Verständigungsfälle sind solche Statusangelegenheiten. 563 Die Statistiken weisen leider nicht aus, wie viele Fälle davon Kündigungsstreitigkeiten sind. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es sich fast vollständig um 4. Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2007, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2007, S. 1, 1. Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 12. 5. Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2006, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2006, S. 1, 1. Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 12. 560 Siehe z.B. § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 ArbGG. 561 Tätigkeit der Arbeitgerichte 2006–2010, jeweils S. 1, Urteilsverfahren, ZeilenNr. 14331 und 1431. 562 Siehe unter Kapitel 4 C. 563 OGH Japan, Statistik Verständigung 2008–2010, Tabelle 91; Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, Tab. 10.

238

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Kündigungsstreitigkeiten handelt. 564 In der Kategorie der Geldforderungen trennen die Statistiken nur zwischen Entgeltzahlungen und Abfindungszahlungen beim altersbedingten Ausscheiden aus einem Betrieb. Die Entgeltund Abfindungsfälle machen zusammen gut ein Drittel aus, wobei allein auf die Entgeltangelegenheiten rund 30% der Gesamtfälle entfallen. 565

600.000

400.000

200.000

0 Neueingänge

2006

2007

2008

2009

2010

467.807

454.533

454.892

494.512

409.649

Tab. XV: Neueingänge im Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten

Im Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten gibt es eine ähnliche Tendenz. Gut 50% der Verfahren sind Kündigungsstreitigkeiten, 35% Entgeltstreitigkeiten. 566 Streitigkeiten wegen der Altersabfindung gibt es in Deutschland nicht. Einfluss auf die große Anzahl von Kündigungsstreitigkeiten in Deutschland hat sicher das Kündigungsschutzgesetz. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. 567 Macht der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nicht innerhalb dieser Dreiwochenfrist geltend, so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam. 568 Im Falle von Kündigungen besteht auf den deutschen

564

NANBA, 2007, S. 37. OGH Japan, Statistik Verständigung 2008–2010, Tabelle 91; Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, Tab. 10. 566 Vgl. Tätigkeit der Arbeitgerichte 2006–2010, jeweils S. 1, Urteilsverfahren, ZeilenNr. 14331 und 1431. 567 § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz. 568 § 7 Halbsatz 1 Kündigungsschutzgesetz. 565

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis

239

Arbeitnehmer daher bereits gesetzlich ein Druck, eine Klage einzureichen, wenn er sich gegen die Kündigung zur Wehr setzen will. Unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz besteht bei Kündigungen jedoch grundsätzlich eine größere Notwendigkeit sich zur Wehr zu setzen als bei anderen Streitgegenständen. Sind beispielsweise Arbeitsbedingungen zu bemängeln, läuft das Arbeitsverhältnis selbst weiter und der Arbeitnehmer gerät nicht unmittelbar in eine existenzbedrohende Situation. Er kann daher mit der Geltendmachung seiner Rechte einige Zeit abwarten oder ganz darauf verzichten. Im Fall der Kündigung liegt das anders, da die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet und den Arbeitnehmer zum Handeln zwingt, wenn er nicht mittellos dastehen will. III. Erledigung Dadurch, dass das Verständigungsverfahren nicht öffentlich ist, sind auch die Inhalte der Verständigungssprüche nicht öffentlich zugänglich. Es stehen jedoch einige Fallstudien zur Verfügung, die einen Einblick in die Entscheidungsfindung der Verständigungskommission ermöglichen. 569 Zudem geben die offiziellen Statistiken einen Einblick in die Art der Erledigung. Der erste Schritt im Verständigungsverfahren, der Versuch einer Schlichtung, führt erstaunlich oft bereits zum Ziel. Seit dem Inkrafttreten des VerstGA werden ungefähr 70% der Verständigungsverfahren durch eine Schlichtung beendet (Tab. XVI570). In knapp einem Fünftel der Fälle wird ein Verständigungsspruch gefällt. 7% der Verfahren werden durch Rücknahme beendet und etwas mehr als 3% durch die sogenannte Beendigung nach Art. 24 erledigt, was bedeutet, dass die Verständigungskommission die Streitigkeit als nicht geeignet für eine rasche Beilegung im Verständigungsverfahren angesehen hat. Der Grund für die geringe Quote der Beendigung nach Art. 24 VerstGA liegt u.a. daran, dass Rechtanwälte und Beratungsstellen von vorne herein vom Verständigungsverfahren abraten, wenn ihnen ein komplizierter Fall geschildert wird. Zahlenmäßig zu vernachlässigen sind die Fälle der Verweisung an ein anderes Gericht.

569

SUGENO/UKAI /UMEKI /SUGA/W ADA, zadan-kai: rōdō shinpan – kaiketsu jirei kara miete kuru mono [Symposium: Verständigung – unter Betrachtung einiger Beilegungsbeispiele], in: rōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], Sondernummer des Jurist, 2008, S. 83–176; NODA, rōdō shinpan seido to rōdō keiyaku hō – rōdō jittai hō no kenchi kara [Das System der Verständigung in Arbeitssachen und Arbeitsvertragsrecht – vom Standpunkt des materiellen Arbeitsrechts aus betrachtet], in: Jurist, Nr. 1331, 2007, S. 50–60. 570 Die Werte in Tab. XVI setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: OGH Japan, Statistik Verständigung 2008–2010, Tabelle 92, Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, Tab. 11; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2436, Tab. 11.

240

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte 4000

3000

2000

1000

0

2006

2007

2008

2009

2010

erledigte Verfahren

606

1.450

1.911

3.226

3.436

Schlichtung

427

997

1.327

2.200

2.433

Verständigungsspruch

107

306

347

600

614

Art. 24 VerstGA

19

47

60

107

121

Rücknahme

50

93

169

294

240

Sonstiges

3

7

8

25

28

Tab. XVI: Erledigungsarten der erledigten Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren

Auffällig ist, dass die Quote der Einsprüche gegen die Verständigungssprüche relativ hoch liegt. 2006 lag sie bei fast 70%, bis zum Jahr 2010 ist die Quote auf knapp 60% gesunken (Tab. XVII 571). Fast 3.500 erledigte Verfahren im Jahr 2010 (Tab. XVI) und 365 Einsprüche gegen Verständigungssprüche (Tab. XVI) bedeuten, dass gut 10% aller Verständigungsverfahren in den Zivilprozess übergeleitet werden. Der Schlichtung im Verständigungsverfahren ähnelt im deutschen Arbeitsgerichtsverfahren der Vergleich. Im Jahr 2010 wurden 56% der Fälle im Wege des Vergleichs beigelegt. 572 Leider ist der deutschen Statistik nicht zu entnehmen, in welcher Phase des Verfahrens die Vergleiche abgeschlossen werden. Vergleiche können sowohl in der Güteverhandlung als auch im nach571

Die Werte in Tab. XVII setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, Tab. 11; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2436, Tab. 11. 572 Vgl. Tätigkeit der Arbeitgerichte 2010, S. 1, Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 1423.

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis

241

folgenden streitigen Verfahren abgeschlossen werden. Um herauszufinden, wie erfolgreich der Gütetermin in der Praxis ist, wäre es sinnvoll zu erfahren, wie viele der Vergleiche im Güteverfahren abgeschlossen werden. Die Verfasserin hat im Rahmen der vorbereitenden Recherchen zur vorliegenden Arbeit im Jahr 2006 sämtliche Präsidenten der Landesarbeitsgerichte angeschrieben und nach weiteren Statistiken gefragt. 573 Das Ergebnis war eindeutig. Statistiken darüber, wie viele der Verfahren mit einem Vergleich in der Güteverhandlung enden, werden nicht geführt. Einige der angeschriebenen Präsidenten der Landesarbeitsgerichte gaben jedoch zumindest Schätzwerte an. Der Präsident des Landgerichts Hamburg schätzte die Quote auf 80% im Güteverfahren, 20% in der streitigen Verhandlung, 574 die Präsidentin des Landgerichtsbezirks Hamm schätzte 60/40. 575 Der Präsident des Landesarbeitsgerichts Brandenburg wies darauf hin, dass der Kammertermin sich oft in der Sache als zweiter Gütetermin erweise, weil im Gütetermin selbst noch nicht alle relevanten Tatsachen vorlagen; in einem solchen Fall sei ein Vergleich im Prinzip wie das Ergebnis der Güteverhandlung zu werten und nicht als Ergebnis der streitigen Verhandlung. 576 Obwohl die deutsche Statistik über die Tätigkeit der Arbeitsgerichte nicht ganz sauber zwischen Vergleichsabschlüssen in der Güteverhandlung und in der sich anschließenden mündlichen Verhandlung trennt, wird doch deutlich, dass auch im deutschen Verfahren der Großteil der Verfahren durch einvernehmliche Beilegung beendet wird. IV. Dauer Die Zielsetzung des Verständigungsverfahrens ist eine rasche Beilegung. Insofern kommt den statistischen Werten zur Verfahrensdauer besondere Bedeutung zu (Tab. XVIII 577 ). Die Verfahren dauern im Durchschnitt nur 2,5 Monate, was eine deutliche Zeitersparnis zu den zivilprozessualen Verfahren bedeutet, die durchschnittlich fast ein ganzes Jahr dauern. 578 Die rasche Beilegung scheint somit zumindest für die Streitigkeiten, die vor die Verständigungskommission gebracht werden, keine Utopie zu sein. 99% der 573

Die schriftliche Korrespondenz liegt der Verfasserin vor. Schreiben des (damaligen) Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Hamburg Kirsch vom 31.10.2006; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. 575 Schreiben der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Hamm Göhle-Sander vom 06.11.2006; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. 576 Schreiben des (damaligen) Präsidenten des (ehemaligen) Landesarbeitsgerichts Brandenburg (verschmolzen zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Jahr 2007) Dr. Eisemann vom 30.10.2006; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. 577 Die Werte in Tab. XVIII setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1847, Tab. 12; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2436, Tab. 12. 578 Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1842, Tab. 4; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2432, Tab. 4. 574

242

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Verständigungsverfahren werden innerhalb von 6 Monaten beigelegt. Diesen Wert schaffen im Zivilprozess lediglich 30% der Verfahren. 579 Im Urteilsverfahren vor den deutschen Arbeitsgerichten werden immerhin 80% der Streitigkeiten innerhalb von 6 Monaten erledigt. 580

800

600

400

200

0

2006

2007

2008

2009

2010

Verständigungssprüche

107

306

347

600

614

Einsprüche

74

178

228

388

365

Tab. XVII: Zahl der Verständigungen und der Einsprüche nach Geschäftsjahren

Kritisch zu bemerken ist, dass die Statistik, die der Oberste Gerichtshof zum Verständigungsverfahren in der Justizstatistik veröffentlicht, keine Angabe zur Dauer der Verfahren enthält. Ebenfalls im Zusammenhang mit der Dauer der Verständigungsverfahren werden Daten erhoben, in welchem der Termine die Beilegung erfolgt (Tab. XIX 581). Zu Beginn der Einführung des neuen Systems wurde mit rund 40% der größte Teil der Verständigungsfälle im dritten Termin erledigt. Mittlerweile werden die meisten Verständigungsverfahren im zweiten Termin beendet, allerdings steigt die Zahl der Verfahren, die bereits im ersten Termin zu einem Ende kommen, jährlich an. Die Statistiken zeigen, dass die Erwartung, Streitigkeiten innerhalb von nur 3 Terminen beizulegen, in über 95% der erledigten Fälle erfüllt wird.

579

Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1842, Tab. 4; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2432, Tab. 4. 580 Vgl. Tätigkeit der Arbeitgerichte 2010, S. 1, Urteilsverfahren, Zeilen-Nr. 14511– 14513, 14521–14523. 581 Die Werte in Tab. XIX setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1840, Tab. 1 und S. 1847, Tab. 12; Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2436, Tab. 12.

243

C. Umsetzung des Verständigungsverfahrens in der Praxis 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0

2006

2007

2008

2009

Innerhalb 1 Jahr

0,0

0,7

0,7

0,7

2010 0,6

Innerhalb 6 Monate

28,2

28,1

27,1

25,6

23,3

Innerhalb 3 Monate

34,2

37,6

37,6

36,3

36,0

Innerhalb 2 Monate

31,7

29,5

31,3

34,0

36,1

Innerhalb 1 Monat

5,9

4,1

3,3

3,7

4,1

Tab. XVIII: Dauer der erledigten Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren (in %)

V. Vertretungssituation Die offizielle Statistik des Obersten Gerichtshofs und auch die Aufstellung in der Zeitschrift Hōsō Jihō führen keine Werte über die Vertretungssituation im Verständigungsverfahren. Haruna hat jedoch eine Statistik zu der Frage veröffentlicht, ob und in welchem Umfang sich die Parteien im Verständigungsverfahren anwaltlich vertreten lassen. 582 Demnach sind sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner in nur 5% der Fälle ohne anwaltliche Vertretung. In fast 3/4 der Fälle sind beide Seiten anwaltlich vertreten. Diese Werte sind auf den ersten Blick überraschend, da für das Verständigungsverfahren wie auch für das zivilprozessuale Verfahren Anwaltszwang nicht besteht. In der japanischen Literatur wird dieses Phänomen damit erklärt, dass ein rasches Verfahren eine gewisse Beschleunigung in der Beschaffung und Aufbereitung von Informationen erfordere, die besser zu leisten sei, wenn Rechtanwälte eingeschaltet werden.583

582 583

HARUNA, 2010, S. 54, Tabelle 8, erfasst die Situation bis einschließlich Juli 2010. Stellvertretend KIMIWADA, Rōdō Hōristu Junpō, 2007, S. 47.

244

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

Die Statistik bestätigt, dass die Gerichte von der Möglichkeit, Personen zuzulassen, die keine Rechtsanwälte sind, kaum Gebrauch machen. 584 Die deutsche Statistik gibt über die Vertretungssituation keine Auskunft. 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

2006

2007

2008

2009

2010

0

0,1

0,2

0,2

0,1

4 Termine

2,1

2,9

2,6

2,7

1,9

3 Termine

40,4

38,8

35,1

33,4

29

2 Termine

35,5

37,4

37,5

36,2

37,5

1 Termin

16,7

16,2

19,4

21,3

26,5

ohne Termin

5,3

4,6

5,3

6,2

5,0

mehr als 4 Termine

Tab. XIX: Anzahl der Termine bei den erledigten Verständigungsverfahren nach Geschäftsjahren (in %)

VI. Bewertung der statistischen Zahlen Die statistischen Werte liefern erste praktische Anhaltspunkte darüber, ob das Verständigungsverfahren seinen Zweck erfüllt. Die Große Justizreform, deren Ergebnis das VerstGA ist, hatte ein dem Volk vertrauteres, leichter zu nutzendes Justizsystem gefordert. Der Zugang zum Recht sollte erleichtert werden. Das VerstGA selbst benennt als Zielsetzung die rasche, angemessene und effektive Streitbeilegung. 585 Betrachtet man die Statistiken zur Anzahl der Termine und der Dauer der Erledigung, wird deutlich, dass tatsächlich eine rasche Beilegung der Streitigkeiten erfolgt. In Übereinstimmung mit der gesetzlichen Vorgabe, werden

584 585

Siehe unter Kapitel 4 B.XII.a). Art. 1 VerstGA.

D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens

245

fast alle Fälle innerhalb der ersten drei Termine abgeschlossen, zeitlich innerhalb eines halben Jahres. Verglichen mit der durchschnittlichen Dauer eines arbeitsrechtlichen Verfahrens vor den Zivilgerichten, die 2010 bei 11,5 Monaten lag586 und damit mehr als viermal so lange dauert wie das durchschnittliche Verständigungsverfahren, zeigt sich das Verständigungsverfahren als rasche Beilegungsmöglichkeit. Vor dem Hintergrund, dass komplizierte Fälle nach Art. 24 VerstGA von der Verständigung ausgeschlossen werden können, ist es allerdings nicht allzu überraschend, dass die Verständigungsverfahren schneller abgeschlossen werden als die Prozessverfahren. Die hohe Vergleichsquote lässt auf die Effektivität des Verständigungsverfahrens schließen. Der Verständigungskommission scheint es zu gelingen, die Interessen der streitenden Parteien in einer einvernehmlichen Lösung zu bündeln. Im Hinblick auf die Verständigungssprüche besteht demgegenüber eine weitaus geringere Akzeptanz. In 60% bis 70% wird Einspruch gegen den Verständigungsspruch eingelegt. Völlig unerwartet ist die verhältnismäßig hohe Einspruchsquote jedoch nicht. Kommt eine Schlichtung nicht zustande, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass ein Verständigungsspruch, der in der Praxis regelmäßig nicht wesentlich vom Inhalt des Schlichtungsvorschlags abweicht, 587 ebenfalls nicht auf Zustimmung stößt. Abschließend kann wohl festgehalten werden, dass die Rolle der Justiz für den Bereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch das Verständigungssystem mit Blick auf den Anstieg der Verfahren vor den japanischen Gerichten – immerhin fast eine Verdreifachung in den ersten 5 Jahren seit Inkrafttreten des VerstGA – gestärkt worden ist. 588

D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens

I. Funktion des Verständigungsverfahrens Die Funktion, die das Verständigungsverfahren erfüllen soll, war zum einen zu Beginn des Reformprozesses vorgegeben worden und ist zum anderen der gesetzlichen Zielbestimmung zu entnehmen.

586

Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1842, Tab. 4. ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 33; F URUKAWA, 2009, S. 39. 588 Zu Beginn der Reformbewegung äußerte Sugeno, dass die japanische Justiz mit Blick auf die statistischen Werte bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine nur begrenzte Rolle spiele und gestärkt werden müsse. Mit dem Verständigungsverfahren verbindet er die Hoffnung, dass die Justiz im Bereich der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten diese Stärkung erfährt, in: SUGENO/Y AMAKAWA/S AITŌ/J ŌZUKA/ OTOKOZAWA, 2007, S. 4. 587

246

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

a) Zielsetzung der Justizreform (1) Realisierung eines für das Volk leicht zu nutzenden Justizsystems Eine Zielsetzung der Großen Justizreform und damit Aufgabe des Beratungsausschusses war die Realisierung eines für das Volk leicht zu nutzenden Justizsystems (kokumin ga yori riyō shiyasui shihō seido no jitsugen).589 Vor dem Inkrafttreten des VerstGA gab es für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten lediglich die Möglichkeit des Zivilprozesses, mit seinem formalisierten Verfahren, der relativ langen Verfahrensdauer und den verhältnismäßig hohen Kosten. Den Vergleich zu dem Zivilprozessverfahren hat das Verständigungssystem im Hinblick auf die Forderung nach einem für das Volk leicht zu nutzenden Justizsystem nicht zu scheuen. Für das Verständigungsverfahren sind Regelungen geschaffen worden, die im Vergleich zum Zivilprozess anwenderfreundlich sind und eine dem Volk vertraute (kokumin ni totte yori mijika)590 Atmosphäre schaffen können. Zum einen sollen dem Antragsteller keine unnötigen Hürden bereitet werden. Der Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens darf bei dem Distriktgericht eingereicht werden, bei dem der Arbeitnehmer, der meist als Antragsteller auftritt, zuletzt gearbeitet hat, wenn die individualarbeitsrechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dort ihren Ursprung hat.591 Dies erleichtert den Zugang zum Verfahren. Wählt der Antragsteller nicht das zuständige Gericht für seinen Antrag aus, führt das nicht zur Abweisung des Verfahrens, sondern lediglich zur Verweisung an das richtige Gericht. Die Gebühr, die für das Verfahren mit dem Antrag gezahlt wird, muss so nicht doppelt gezahlt werden. 592 Durch diese Regelung bleibt auch die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung von dem Zeit-punkt der ursprünglichen Antragstellung an bestehen, wenn das Verfahren nach einem Einspruch gegen den Verständigungsspruch in das zivilprozessuale Verfahren übergeht. Da die Parteien im Verständigungsverfahren in der Regel zu den Terminen geladen werden und persönlich erscheinen müssen, kommt ihnen eine weitaus aktivere Rolle zu als den Parteien eines zivilprozessualen Verfahrens. Damit die Parteien diese aktive Position auch möglichst einnehmen, wird bereits durch die Gestaltung der Termine der Versuch unternommen, Hemmschwellen abzubauen. Die auf viele Beteiligte unter Umständen einschüchternd 589

Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens. 590 Eine dem Volk vertraute und leicht zu nutzende Justiz (kokumin ni totte yori mijika de riyō shiyasui shihō seido) hatte Keizo Obuchi, der damalige Premierminister, bereits zu Beginn der ersten Sitzung des Beratungsausschusses gefordert, siehe PM Japan, Protokoll der 1. Sitzung des Beratungsausschusses. 591 Art. 2 VerstGA. 592 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 66.

D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens

247

wirkende typische Gerichtssituation, in der sich die Parteien gegenübersitzen und das Gericht erhöht sitzt und als Autorität über das Verfahren wacht, besteht im Verständigungsverfahren nicht. Um die geforderte vertraute Atmosphäre zu schaffen, sitzen die Parteien gemeinsam mit dem Gericht an einem runden Tisch (raundo tēburu). 593 Die Kommissionsmitglieder werden zu Beginn des Termins vorgestellt und die Parteien werden persönlich angehört, damit die Streitpunkte und Beweisangebote geordnet werden können. 594 Das Verfahren ist nicht öffentlich. Die Parteien sollen sich frei über ihre Streitigkeit und die mit dem Verfahren verfolgten Interessen austauschen können, da grundsätzlich angenommen wird, dass eine einvernehmliche Beilegung so besser erreicht werden kann.595 Auch im Hinblick auf die Kosten ist das Verständigungsverfahren benutzerfreundlicher ausgestaltet als der Zivilprozess. Zumindest die Gerichtskosten reduzieren sich auf die Hälfte im Vergleich mit dem zivilprozessualen Verfahren.596 (2) Kritik Im Ergebnis ist es in vielen Punkten gelungen, der Vorgabe der Großen Justizreform nachzukommen und mit dem Verständigungsverfahren ein dem Volk vertrautes und leicht nutzbares Verfahren zu schaffen, denn es verfügt in jedem Verfahrensabschnitt über gewisse Erleichterungen im Vergleich zum klassischen streitigen Prozessverfahren. Im Hinblick auf die Vertretung der Parteien hat sich allerdings eine nicht zu unterschätzende Hürde für die Parteien entwickelt, da sich das Verständigungsverfahren in der Praxis zu einem Verfahren entwickelt hat, in dem die Parteien überwiegend von Rechtsanwälten vertreten werden, um den formellen Anforderungen an die Aufbereitung des Sachverhalts in kurzer Zeit gerecht werden zu können. Die Situation wird durch die gesetzliche Ausgestaltung zusätzlich erschwert, denn Personen, die nicht Rechtanwalt sind, dürfen im Grundsatz nicht als Vertreter einer Partei im Verständigungsverfahren auftreten, sondern müssen positiv vom Gericht zugelassen werden. Eine solche Zulassung ist möglich, wenn sie für die Gewährleistung des Schutzes der Rechtsinteressen der betroffenen Parteien und einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens not-

593 Die Besonderheit der Durchführung der Untersuchung am runden Tisch ist bereits den zahlreichen bildlichen Darstellungen zum Ablauf des Verständigungsverfahrens zu entnehmen, siehe u.a. MURATA, 2008, S. 45; KIMIWADA, Verständigungssystem, 2007, S. 63 (und ebenfalls auf dem Bucheinband abgedruckt); insgesamt zur Situation am runden Tisch UKAI in SUGENO/WATANABE /KOKUZAWA/MURAKAMI /ISHIZAKI /UKAI , 2010, S. 101. 594 UKAI , 2010, S. 78. 595 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 91. 596 Zu den Kosten des Verständigungssystems siehe unter Kapitel 4 E.

248

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

wendig und angemessen ist. 597 In der Praxis wird die Vertretung bislang fast ausschließlich von Rechtsanwälten übernommen, wodurch sich faktisch das Kostenrisiko für die Parteien deutlich erhöht. Die Zulassung von Gewerkschaftsvertretern könnte diese Situation entspannen. b) Zielsetzung des VerstGA Art. 1 VerstGA formuliert als Zweck des Verständigungsverfahrens das Streben nach rascher, angemessener und effektiver Streitbeilegung. (1) Rasche Beilegung Der Wunsch nach einer beschleunigten Streitbeilegung rührt von der besonderen Situation her, der die Parteien einer individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit ausgesetzt sind, insbesondere auf Arbeitnehmerseite. Da ein arbeitsrechtlicher Konflikt in vielen Fällen die Lebensgrundlage einer der Parteien direkt und unmittelbar gefährdet und das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Dauer belasten kann, soll der Streit von der Zeitspanne her möglichst wenig Einfluss auf die Parteien nehmen.598 Das VerstGA konkretisiert den Beschleuigungsgedanken in einigen seiner Vorschriften: Bereits die verhältnismäßig strengen, am Zivilprozess orientierten Anforderungen an den Inhalt des Antrags auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens dienen einer raschen Beilegung. 599 Die behaupteten Tatsachen und Ansprüche inklusive der Beweismittel sollen bereits zu Beginn des ersten Termins möglichst in ihrer Gesamtheit vorliegen, damit sie von der Verständigungskommission geordnet und gerichtlich untersucht werden können. 600 Dazu gehört auch, dass die Gegenseite aufgefordert wird, bis zum ersten Termin auf den Antrag zu erwidern und gegebenenfalls das Vorbingen des Antragstellers substantiiert zu bestreiten, denn für eine sinnvolle Ordnung der Streitpunkte und Beweisangebote gilt es als unerlässlich, die Termine gut vorzubereiten, wozu die Kenntnis des beiderseitigen Vortrags inklusive der Beweisangebote gehört. 601 Auch die Möglichkeit der Beendigung eines Verständigungsverfahrens, wenn es sich um einen komplexen Sachverhalt handelt, 602 ist zu Beschleunigungszwecken eingeführt worden, denn wenn bei rechtlich komplizierten Fällen ein Einspruch gegen einen Verständigungsspruch vorauszusehen ist, weil nicht genügend Zeit für die Untersuchung der Angelegenheit besteht, dann würde die Durchführung des Verständigungsver597

Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VerstGA. SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 60. 599 Art. 9 Abs. 1, 7 DV VerstGA i.V.m. Art. 2 DV ZPG; siehe unter Kapitel 4 B.V.a). 600 NANBA, 2007, S. 41; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 160; KAMOTA, 2007, S. 8. 601 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 177. 602 Art. 24 VerstGA; S UGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/J ŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 112. 598

D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens

249

fahrens nur zusätzliche Zeit kosten und nicht die gewünschte Zeitersparnis bewirken.603 (2) Angemessene Beilegung Unter angemessener Beilegung wird verstanden, dass auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien sowie unter Berücksichtigung des Verfahrensverlaufs eine – durchaus auch flexible – Lösung gefunden wird. 604 Die Regelung über die sachliche Zuständigkeit der Distriktgerichte 605 konkretisiert die Forderung nach angemessener Beilegung auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien, denn durch die Beteiligung eines Richters des Distriktgerichts soll sichergestellt werden, dass die Tatsachenfeststellung sowie das Erfassen der rechtlichen Probleme gelingen und eine angemessene Entscheidung getroffen werden kann. 606 Stellt das angerufene Gericht fest, dass die vollständige Erfassung der rechtlich relevanten Tatsachen und Probleme besser von einem anderen Gericht erreicht werden kann, darf es die Angelegenheit an das andere Gericht verweisen, wenn es die Verweisung als für die Streitbeilegung angemessen erachtet. 607 Die Möglichkeit, eine angemessene Beilegung durch eine flexible Lösung des Konflikts zu erreichen, schafft das VerstGA durch die Vorgabe, dass sich der Verständigungsspruch nicht allein an dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis, d.h. am materiellen Recht zu orientieren hat, sondern darüber hinaus auch den Verlauf des Verfahrens zu berücksichtigen hat.608 Über die Einbeziehung des Verfahrensverlaufs finden auch die Absicht und die Neigung der Parteien Eingang in die Entscheidung der Verständigungskommission. 609 Dies führt dazu, dass die Kommission im Verständigungsverfahren bei ihrer Entscheidung nicht streng an das materielle Recht gebunden ist. 610 Die Zielsetzung einer angemessenen Streitbeilegung im Sinne einer flexiblen Lösung öffnet die Tür für alternative Streitbeilegung im Verständigungsverfahren.

603

KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 5; SUGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/JŌZUKA / OTOKOZAWA, 2007, S. 112. Diese Auffassung ist kritisch zu betrachten, siehe unter Kapitel 4 B.VIII.c) und Kapitel 4 D.I.d)(1). 604 Art. 20 Abs. 1 VerstGA; zur Möglichkeit einer flexiblen Lösung siehe Y AMAKAWA , 2007, S. 10; SUGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 61. 605 Art. 2 VerstGA. 606 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 62. 607 Art. 3 Abs. 2 VerstGA. 608 Art. 20 Abs. 1 VerstGA. 609 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 98. 610 Vgl. unter Kapitel 4 B.VIII.b)(1)(b).

250

Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

(3) Effektive Beilegung Die wesentlichen Bestimmungen im VerstGA zur Sicherung der Effektivität der Streitbeilegung sind die Beteiligung von Fachlaien und der zwingende Übergang in das Zivilprozessverfahren für den Fall des Einspruchs gegen den Verständigungsspruch. Die Besetzung der Verständigungskommission mit Fachleuten in Arbeitssachen ist die essentielle Neuerung und unterscheidet das Verständigungsverfahren von allen anderen Verfahren vor den japanischen Gerichten, sowohl im Hinblick auf den fachlichen Hintergrund der beteiligten Laien als auch hinsichtlich ihrer Stimmberechtigung im Verfahren. Sie bilden gemeinsam mit dem Berufsrichter das Entscheidungsorgan im Verständigungsverfahren und sind mit dem gleichen Stimmrecht wie der Berufsrichter ausgestattet. 611 Mit Hilfe der Verständigungslaienrichter sollen lebensfremde Entscheidungen vermieden werden. 612 Teil einer effektiven Beilegung im Verständigungsverfahren ist, dass dem Gericht bei der Auswahl der Verständigungslaienrichter für den konkreten Fall ein Ermessen zusteht. 613 Das Gericht kann abweichend von der Reihenfolge der vorab veröffentlichten Liste Verständigungslaienrichter mit Kenntnissen über die betreffende Branche in die Kommission berufen.614 Zur Effektivität der Beilegung im Rahmen des Verständigungsverfahrens gehört in gewisser Weise auch der zwingende Übergang in das zivilprozessuale Verfahren nach dem Einspruch gegen den Verständigungsspruch. 615 Für die Parteien besteht ein höherer Druck, zu einer Einigung im Rahmen einer Schlichtung zu gelangen, als dies bei den Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten vor den Verwaltungsorganen der Fall ist, da im Verständigungsverfahren ganz konkret der Zivilprozess droht, der mit seiner langen Verfahrensdauer, den hohen Kosten und einer einseitigen, verbindlichen Entscheidung für viele Parteien wenig vorzugswürdig erscheinen dürfte. 616

611

Art. 12 Abs. 1 VerstGA; zur Position der Verständigungslaienrichter siehe K IMIWAKikan Rōdō Hō, 2007, S. 21; MIZUTANI, 2007, S. 50; K AMOTA, 2007, S. 10; FURUKAWA, 2009, S. 40, 41. 612 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 29, 30. 613 Art. 10 Abs. 1 VerstGA. 614 NANBA, 2007, S. 40, ist als Richter mit Verständigungsverfahren betraut und beschreibt aus eigener Erfahrung, dass die Auswahl von Laien, die Kenntnisse aus der in Streit stehenden Branche haben, zu einem besonders reibungslosen Verfahrensablauf führten. 615 Art. 22 Abs. 1 VerstGA. 616 Zu den Problemen des Zivilprozessverfahrens siehe JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995, S. 93 ff. DA,

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(4) Kritik Im Ergebnis ist es in vielen Punkten gelungen, das Ziel einer raschen, angemessenen und effektiven Streitbeilegung zu erreichen. Es gibt jedoch auch Kritikpunkte. Angesichts der gängigen Praxis an den Distriktgerichten Osaka und Tokio, nach der die Verständigungslaienrichter nicht in gleicher Weise wie die Berufsrichter Zugriff auf die in das Verständigungsverfahren eingebrachten Dokumente haben,617 ist die gesetzlich geforderte gleichberechtigte Position der Verständigungslaienrichter gerade in den Gerichtsbezirken mit dem höchsten Fallaufkommen in der praktischen Umsetzung nicht ausreichend erfüllt. Wenn die Verständigungslaienrichter nicht mit demselben Kenntnisstand wie der Berufsrichter an den Untersuchungen im Verständigungsverfahren und den Beratungen der Kommission teilnehmen und zum schmückenden Beiwerk der Richterbank (saiban-kan-seki no kazarimono) 618 werden, verstößt dies gegen einen der Pfeiler des Verständigungssystems, die gleichberechtigte Teilnahme von Berufs- und Fachlaienrichtern am Verfahren.619 Eine weitere Problematik hat sich bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Verständigungssprüche entwickelt. Der Verständigungsspruch soll nach Art. 20 Abs. 1 VerstGA auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien getroffen werden. Der genauen Sachverhaltsermittlung kommt im Verständigungsverfahren eine tragende Rolle zu. Die Untersuchung zur Feststellung des für den Antrag relevanten Rechtsverhältnisses wird über alle Termine des Verständigungsverfahrens dauerhaft fortgeführt, damit ein angemessener Verständigungsspruch gefällt werden kann. 620 Diese gesetzliche Vorgabe wird in der Praxis jedoch vermehrt unterlaufen. Besonders im Bereich der Kündigungsstreitigkeiten, die etwa 50% der Verständigungsstreitigkeiten ausmachen, 621 wird die Rechtslage nach materiellem Recht teilweise schlicht ignoriert, wenn im Falle von unwirksamen Kündigungen Verständigungssprüche gefällt werden, die die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestimmen und eine Abfindungssumme zusprechen. 622 Die Entscheidung auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien, wie das VerstGA sie fordert, tritt dabei immer weiter in den Hintergrund. 623 Diese Praxis hat innerhalb kürzester Zeit dazu geführt, dass das Verständigungsver617

Zu dieser Problematik siehe unter Kapitel 4 B.VII.d). UKAI , 2010, S. 79. 619 Vgl. Art. 12 Abs. 1, Art. 13 VerstGA. 620 Vgl. KAMOTA, 2007, S. 9. 621 OGH Japan, Statistik Verständigung 2008–2010, Tabelle 91; Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1846, Tab. 10; siehe auch unter Kapitel 4 C.II. 622 FURUKAWA, 2009, S. 39; NANBA, 2007, S. 42; YAMAKAWA, 2007, S. 10; ISHIZAKI , Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. 623 FURUKAWA, 2009, S. 39. 618

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

fahren als ein Verfahren gilt, dass von Arbeitnehmern bei Kündigungsstreitigkeiten dann genutzt wird, wenn sie nicht auf einer Weiterbeschäftigung bestehen, sondern eine finanzielle Regelung und das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis akzeptieren werden. 624 Für diejenigen Arbeitnehmer, die an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses interessiert sind, mag diese Entwicklung vorteilhaft sein, da eine verhältnismäßig schnelle Einigung mit dem Arbeitgeber oder ein entsprechender Verständigungsspruch ohne besondere Gefahr eines Einspruchs durch den Arbeitgeber erwartet werden kann. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass das Verständigungsverfahren nicht als Verfahren entwickelt und etabliert worden war, in dem dem zugrundliegenden Rechtsverhältnis und damit der Beachtung des materiellen Rechts keine wesentliche Bedeutung zukommen sollte. c) Entscheidungsfunktion? Als das Verständigungssystem im Jahr 2006 eingeführt wurde, ist von japanischen Autoren regelmäßig als eine der Besonderheiten die Entscheidungsfunktion des Verfahrens als Neuerung im Bereich der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten ins Feld geführt worden. 625 Von einigen Autoren wird der Verständigungsspruch entsprechend als hanteiteki kaiketsu, also als Beilegung durch Entscheidung beschrieben. 626 Nach Auffassung der Verfasserin ist grundsätzlich zwischen der Entscheidungsfunktion eines Verfahrens und der Bindungswirkung der entsprechenden Entscheidung zu trennen. Die Kompetenz, das Verständigungsverfahren mit einer Entscheidung – dem Verständigungsspruch – zu beenden, ist der Verständigungskommission unzweifelhaft übertragen worden. 627 Insoweit steht der Verständigungskommission auch eine Entscheidungsfunktion zu. Aller-dings ist mit dieser Entscheidungsfunktion nicht verbunden, dass die Entscheidung für die Parteien rechtlich verbindlich ist wie ein Urteil als Ergebnis eines streitigen Prozessverfahrens es wäre. Im Gegensatz zum Urteil kann der Entscheidung der Verständigungskommission nämlich durch einfachen Einspruch die Grundlage entzogen werden, 628 so dass ihr die für das Urteil typische Bindungswirkung fehlt. Im Prinzip macht allein die Regelung zur Wirksamkeit des Verständigungsspruches schon deutlich, dass das Verständigungssystem insgesamt auf eine einvernehmliche Streitbeilegung durch die Parteien selbst und nicht so 624

KAMOTA, 2007, S. 8; ISHIZAKI, Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. Stellvertretend KEZUKA, 2006, S. 16, 17. 626 Vgl. NODA, 2009, Abbildung auf S. 5; SUMIDA/KEZUKA/WAKITA, 2009, Abbildung auf S. 37. NISHITANI siedelt den Verständigungsspruch demgegenüber zwischen Urteil und ziviler Schlichtung an, NISHITANI, 2008, S. 125. 627 Art. 20 Abs. 1 VerstGA. 628 Art. 21 Abs. 3 VerstGA. 625

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sehr auf die einseitige Entscheidung eines neutralen Dritten ausgerichtet ist. Sugeno versteht den Verständigungsspruch dann auch als eine Art selbst erreichte Beilegung zwischen den Parteien, obwohl er einseitig von dritter Seite erlassen wird, denn letztlich sei der Verständigungsspruch ein Entscheidungsvorschlag seitens der Verständigungskommission, der von einer oder beiden Parteien durch Einspruch abgelehnt oder stillschweigend angenommen werden kann, indem kein Einspruch einlegt wird. 629 Im Ergebnis ist die Entscheidungsfunktion des Verständigungsverfahrens nicht vergleichbar mit der Entscheidungsfunktion im Urteilsverfahren. Der Verständigungsspruch verliert seine Wirksamkeit durch einfachen Einspruch, was den Spruch zu einem Vorschlag zur Beilegung und nicht zu einer verbindlichen Entscheidung macht. Da der Charakter des Verständigungsverfahrens nicht in erster Linie von der Entscheidungsfunktion im engeren Sinn definiert wird, kann die Entscheidungsfunktion nach Ansicht der Verfasserin nicht als wesentlicher Pfeiler des Verständigungssystems angesehen werden. d) Kritik am sogenannten Kompromisscharakter des Verständigungsverfahrens Eine wesentliche Zielsetzung des Verständigungsverfahrens ist die rasche Beilegung von individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Besondere Ausprägung findet der Gedanke der Beschleunigung in der Beschränkung auf drei Termine. In der Praxis zeigt sich, dass die besondere Schnelligkeit des Verständigungsverfahrens oft zu Lasten der Genauigkeit bei der rechtlichen Bewertung und damit zu Lasten der Qualität der Ergebnisse geht. Sumida fast diese Problematik unter dem Stichwort des Kompromisscharakters (dakyōteki na seikaku) des Verständigungsverfahrens zusammen. 630 (1) Kritik an der Beendigung nach Art. 24 VerstGA Eine Auswirkung des Beschleunigungsgrundsatzes auf die Qualität der Beilegung hatte man bereits im Entwicklungsprozess vorausgesehen und in Art. 24 VerstGA aufgenommen. 631 Nach dieser Vorschrift kann die Verständigungskommission eine Angelegenheit, die sie in Anbetracht der Fallumstände für eine schnelle und angemessene Beilegung als nicht geeignet an-

629

SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 54. Der Begriff des Kompromischarakters (dakyōteki na seikaku) stammt aus Gesprächen der Verfasserin mit Prof. SUMIDA von der Chūō Universität in den Jahren 2009 und 2010. 631 Siehe unter Kapitel 4 B.VIII.c). 630

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sieht, beenden. 632 Diese Vorschrift verleiht der Verständigungskommission letztlich die Kompetenz ihre Zuständigkeit zu Gunsten der Beschleunigung auf einfach gelagerte Streitigkeiten zu beschränken. 633 Diese Möglichkeit kann nur bestehen, weil das Verständigungsverfahren ein dem Zivilprozess vorgeschaltetes Verfahren ist, denn für das eigentliche Prozessverfahren gilt in Japan die Rechtsschutzgarantie, so dass dort arbeitsgerichtliche Streitigkeiten nicht wegen Kompliziertheit abgelehnt werden können. 634 Auch der Weg vor die deutschen Arbeitsgerichte muss offen stehen, so dass ein Ablehnen bestimmter Fälle nicht in Betracht kommt. 635 Der Vorteil der Ausschlussmöglichkeit bestimmter Verfahren zeigt sich in der Dauer der Verständigungsverfahren, die im Durchschnitt schneller beendet werden als das zivilprozessuale Verfahren und auch als die Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten. 636 Der nicht zu unterschätzende Nachteil ist, dass das Verständigungsverfahren keinen vollumfänglichen Rechtsschutz bietet und dass in Kauf genommen wird, dass für komplizierte Fälle ein gerichtliches Verfahren unter der Beteiligung von Fachlaien weiterhin nicht besteht. (2) Kritik am Inhalt des Verständigungsspruchs Ein weiteres Problem, das sich aus dem Kompromisscharakter des Verständigungsverfahrens ergibt, ist die Gefahr eines unter rechtlichen Gesichtspunkten ungenügenden Inhalts des Verständigungsspruchs. Diese Gefahr hat ihren Ursprung zum einen in der besonderen Beschleunigung des Verständigungsverfahrens, zum anderen in der gesetzlichen Formulierung der Entscheidungsgrundlage. Da der Verständigungsspruch nicht nur auf der Grundlage der Rechtsbeziehung zwischen den Parteien, sondern auch unter Berücksichtigung des Verlaufs des Verfahrens zu erlassen ist, hat er nicht nur streng materiellrechtlichen Kriterien zu folgen. 637 Was dies genau in der Praxis bedeutet, kann nur eine Untersuchung der konkreten Inhalte von Verständigungssprüchen beantworten. Im Gegensatz zu Urteilen im Prozessverfahren werden Verständigungssprüche jedoch nicht veröffentlicht. Dieser strukturelle Nachteil alternativer Streitbeilegungsmethoden gegenüber den Prozessverfahren, d.h. dass die Ergebnisse der alternativen Verfahren anders als Urteile 632 An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass in geeigneten Fällen gemäß Art. 23 Abs. 1 DV VerstGA auch die Teilung eines Verständigungsverfahrens in Betracht kommen kann, siehe unter Kapitel 4 B.VII.c). 633 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 112; HARUNA, 2010, S. 48; KIMIWADA, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 5. 634 Art. 32 JV. 635 Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG. 636 Siehe unter Kapitel 4 C.IV. 637 Art. 20 Abs. 1 VerstGA; siehe auch unter Kapitel 4 B.VIII.b)(1)(b).

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nicht der Rechtsfortentwicklung dienen, ist bereits in der Würdigung der Verfahren der Verwaltung besprochen worden. 638 Im Gegensatz zu den Verfahren, die in der Verwaltung angesiedelt sind, wäre es bei der Errichtung des Verständigungsverfahrens als gerichtlichem Verfahren jedoch durchaus möglich gewesen, das Verfahren mit einem Urteil enden zu lassen. Dies war aufgrund der widerstreitenden Interessen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite jedoch letztlich nicht erreichbar. Der japanische Gesetzgeber hat damit die Gelegenheit verstreichen lassen, eine speziell auf individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten ausgerichtete gerichtliche Beilegungsmethode zu schaffen, die der richterlichen Rechtsfortbildung offen steht. Der Rechtsklarheit dient das Verständigungsverfahren somit nicht. Zumindest gibt es verschiedene Berichte aus der Praxis, in denen Fälle vorgestellt und analysiert werden. 639 Als Ergebnis dieser Analysen haben sich zwei wesentliche Kritikpunkte herauskristallisiert, die im Folgenden vorgestellt werden. (a) Sachverhaltsermittlung Zum einen besteht die Gefahr, dass eine nicht ausreichende Ermittlung des Sachverhalts dazu führt, dass die Parteien den Verständigungsspruch als nicht gerecht empfinden und daher Einspruch einlegen. Können innerhalb der vorgesehenen drei Termine nicht alle Streitpunkte geklärt werden, versucht die Verständigungskommission dennoch zu einer Entscheidung zu kommen, die dann regelmäßig vom materiellen Recht abweicht. 640 Bei Überstundenzuschlägen wird beispielsweise nicht der genaue Betrag berechnet, sondern ein irgendwie angemessen erscheinender Betrag festgesetzt, im Falle von Kündigungsstreitigkeiten wird nicht die Unwirksamkeit mit der Folge der Wiedereinstellung festgestellt, sondern ein Abfindungsbetrag festgesetzt. 641 Noda weist in seiner Untersuchung auf Eindrücke der beteiligten Vertreter hin, die ihren Einspruch damit begründeten, dass ein Verständigungsspruch nicht gefunden werden dürfe, wenn trotz der Untersuchung der Angelegenheit über drei Termine wichtige Streitpunkte unklar blieben. 642 Rechtsanwälte beklagen darüber hinaus, dass das Verhältnis zu den Mandanten leide, wenn die Vorschläge der Verständigungskommission zur Beilegung an der vorab gemach-

638

Siehe unter Kapitel 3 D.II. NODA hat beispielsweise 16 Fälle ausgewählt, anonymisiert vorgestellt und im Anschluss analysiert, in N ODA, 2007, S. 50 ff.; weitere Fälle finden sich bei S UGENO/UKAI / UMEKI /SUGA/W ADA, 2008, S. 83–176. 640 NODA, 2007, S. 58. 641 NODA, 2007, S. 57. 642 NODA, 2007, S. 58. 639

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ten Prognose, d.h. der rechtlichen Einschätzung des Rechtsanwalts nach materiell-rechtlichen Maßstäben, vorbeigingen. 643 (b) Behandlung von Kündigungsstreitigkeiten Des Weiteren gibt es eine grundsätzliche Besorgnis hinsichtlich der Beilegung von Kündigungsstreitigkeiten. Nanba beschreibt, dass es bereits vor dem Inkrafttreten des Verständigungsgesetzes die Sorge gab, dass Kündigungsstreitigkeiten auch im Fall der Unwirksamkeit der Kündigung durch finanzielle Lösungen beigelegt würden.644 Diese Sorge hat sich in der Praxis bestätigt. Noda beschreibt in der Analyse der von im vorgestellten Fälle, dass sich ein bestimmtes Muster zeige, welches er „Rücknahme der Kündigung (Feststellung der Unwirksamkeit) – Aufhebung des Arbeitsvertrags – finanzielle Abfindung“ (kaikō tekkai (mukō kakunin) · rōdō keiyaku no kaiyaku · kinsen hoshō) nennt.645 Im Rahmen der Schlichtungsverhandlungen wird die Kündigung vom Arbeitgeber zurückgenommen oder im Verständigungsspruch für unwirksam erklärt, dann wird der Arbeitsvertrag aufgelöst und ein bestimmter Abfindungsbetrag festgesetzt. Dies ist ein Muster, das nicht erst seit der Einführung der Verständigungsverfahrens auftritt, sondern auch schon bei den Vermittlungsverfahren vor den Arbeitsbehörden im Falle von Kündigungsstreitigkeiten registriert worden ist. 646 Nanba beschreibt eine ähnliche Tendenz und weist darauf hin, dass das Verständigungsverfahren aus seiner Sicht daher kein Verfahren sei, dass genutzt werden könne, wenn ein Arbeitnehmer es auf Weiterbeschäftigung abgesehen habe, da die Weiterbeschäftigung regelmäßig nicht das Ergebnis einer Verständigung sei, auch wenn die Kündigung unwirksam sei. 647 Im Grundsatz gilt, dass ein Gericht, das wegen des Bestehens oder Nichtbestehens eines Arbeitsverhältnisses angerufen wird, eine rein an materiellrechtlichen Kriterien orientierte Entscheidung zu treffen hat, und das ist die Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung. Noda präsentiert demgegenüber einen Fall, in dem die Verständigungskommission im Verständigungsspruch die Rücknahme der Kündigung festgelegt hat. 648 Die Rücknahme einer Kündigung ist nun aber eine Erklärung, die ausschließlich der Arbeitgeber, der die Kündigung ausgesprochen hatte, vornehmen kann ‒ etwa im Rahmen eines Vergleichs ‒ und nicht das Gericht. Dasselbe gilt für die Auflösung des Arbeitsvertrags. Auch eine Abfindung kann im streitigen Prozessverfahren nicht vom Gericht zugestanden werden, wenn der Arbeitneh643

NAKAMACHI in SUGENO/TOKUZUMI /NAKAMACHI /NANBA, 2007, S. 22. NANBA, 2007, S. 21. 645 NODA, 2007, S. 56. 646 Aus eigener Erfahrung NODA, 2007, S. 56, Fn. 28. 647 NANBA, 2007, S. 21. 648 NODA, 2007, S. 54, Fall 10. 644

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mer die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung beantragt. Diese Aspekte können allerdings Inhalt eines Vergleichs zwischen den Parteien sein, was auf den alternativen Charakter des Verständigungsspruches hindeutet, der flexible, vom materiellen Recht abweichende Lösungen ermöglichen soll. 649 Darauf weist auch Sugeno hin, wenn er zwar grundsätzlich fordert, dass die materiellen Regelungen eingehalten werden, damit das Vertrauen in das Justizsystem nicht beschädigt wird, der es aber für zulässig erachtet, wenn unter Berücksichtigung der schnellen und einfachen Streitbeilegung die Regeln in einem vernünftigen Verhältnis etwas abgeändert angewendet werden.650 Im Hinblick auf Kündigungsstreitigkeiten gibt es in Deutschland die gleiche Tendenz wie in Japan. In vielen Fällen ist das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einer Kündigung derart gestört, dass sich beide Seiten eine weitere Zusammenarbeit und damit eine Weiterbeschäftigung kaum vorstellen können, so dass es faktisch im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur noch um die Höhe der Abfindung und nicht um die Wirksamkeit der Kündigung geht. 651 In Deutschland gibt es im Hinblick auf die Abfindung jedoch eine Schwierigkeit. Dadurch, dass das Kündigungsschutzgesetz auf den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses abzielt, gibt es einen direkt einklagbaren Anspruch auf eine Abfindung grundsätzlich nicht. 652 Dies bedeutet, dass auch die Arbeitnehmer, die nicht an der Weiterbeschäftigung interessiert sind, zunächst auf die Feststellung der Unwirksamkeit, und somit auf Weiterbeschäftigung klagen müssen und erst vor Gericht die Diskussion um eine Abfindung im Wege eines Vergleichs erfolgen kann. Eine Ausnahme besteht in § 9 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz, wonach das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen hat, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. (3) Zusammenfassung Ob in den von Noda vorgestellten Fällen des Verständigungsverfahrens das Verhältnis zwischen den Parteien gestört war und die Parteien eine Auflösung und finanzielle Beilegung wollten, oder ob die Arbeitnehmer zu Gunsten der schnellen Beilegung und mangelnden Sachverhaltsaufklärung in eine Abfindungslösung gedrängt wurden, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht festge649

YAMAKAWA, 2007, S. 10; SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA /OTOKOZAWA , 2007, S. 61. 650 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 41. 651 Vgl. W REDE, 2002, S. 461; N OTTER, 2004, S. 874. 652 Umkehrschluss aus § 9 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz, wonach das Gericht nur im Ausnahmefall, nämlich bei Unzumutbarkeit, das Arbeitsverhältnis auflösen und eine Abfindung zusprechen darf.

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stellt werden. Solange sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einvernehmlich trennen wollen, spricht nach Ansicht der Verfasserin nichts gegen eine schnelle Abfindungslösung. Diese würde dann wohl meistens bereits in der Stufe der Schlichtung vereinbart werden können. Für die einseitige Entscheidung durch die Verständigungskommission sollte sie jedoch nicht möglich sein, wenn der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung lautet. Sollte diese Methode zum Standard werden und beginnen, der Durchsetzung einer Weiterbeschäftigung entgegenzustehen, ist sie sehr kritisch zu betrachten. Im deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt wie im Verständigungsverfahren auch der Beschleunigungsgrundsatz. 653 Dieser geht über die allgemeine Gewährung effektiven Rechtsschutzes hinaus, da das Bedürfnis an einer schnellen Klärung strittiger Rechtsverhältnisse im Arbeitsrecht besonders groß ist. 654 Allerdings ist einer raschen Verfahrensbeendigung durch den Beschleunigungsgrundsatz kein absoluter Vorrang gegenüber der Verwirklichung von materieller Gerechtigkeit eingeräumt worden. 655 Trotzdem bleibt zu berücksichtigen, dass ein Teil der materiellen Gerechtigkeit sicher auch ein rasches Ergebnis ist, da der Wert einer materiell gerechten Entscheidung durch eine verzögerte oder verspätete Entscheidung beeinträchtigt werden kann.656 Letztlich sind die materiell-rechtlichen Normen jedoch streng anzuwenden, da die Entscheidungsform im deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren das Urteil ist, so dass eine flexible Lösung wie im Verständigungsspruch nicht möglich ist. Eine Diskussion wie die in Japan um den Kompromisscharakter der Entscheidung, d.h. die Frage, ob das beschleunigte Verfahren zu Lasten der inhaltlichen Qualität der Entscheidung geht, findet in Deutschland daher so nicht statt. II. Rechtliche Einordung des Verständigungsverfahrens Vor dem Hintergrund der Analyse des Verständigungsverfahrens in Kapitel 4 B. und der Ausführungen über die Funktion des Verständigungsverfahrens in Kapitel 4 D.I. soll die Einordnung der Verständigung als alternative

653

SCHWAB/WETH, 2011, S. 510. HÜMMERICH/BOECKEN /DÜWELL, Arbeitsrecht – Anwaltskommentar Band 1, Bonn 2008, S. 216. 655 MÜLLER-GLÖGE /P REIS/SCHMIDT, 2012, § 9, S. 364, Rn. 1; H AUCK/HELM, 2006, S. 105. 656 Dieser Gedanke entspricht dem japanischen Rechtssprichwort „kyūsai no chien ha kyūsai no kyozetsu de aru“ [eine verspätete Abhilfe ist wie eine Abweisung], das Takagi in seinem Bericht für den Beratungsausschuss nutzte, um das besondere Beschleunigungserfordernis bei der Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zu betonen, siehe T AKAGI , 2000, S. 4. 654

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Streitbeilegungsmethode aus Kapitel 2 C.IV.c) im folgenden Abschnitt noch einmal überprüft und verifiziert werden. In Kapitel 2 war zunächst eine Arbeitsdefinition erstellt worden. Als Verfahren der alternativen Streitbeilegung gelten im Rahmen der vorliegenden Arbeit die nicht streitigen Verfahren, die – gerichtlich oder außergerichtlich – eine Alternative zur gerichtlichen Entscheidung durch Urteil bieten. Diese Definition legt den Fokus der Betrachtung auf die Entscheidungsform eines Verfahrens. Die Analyse des Verständigungsspruchs in Kapitel 4 B.VIII.b)(1) hat gezeigt, dass die Verständigungskommission bei der Entscheidung über den Verständigungsspruch nicht an das materielle Recht gebunden ist, sondern flexible Lösungen schaffen kann. Im Fall der Kündigungsstreitigkeiten bedeutet dies, dass die Verständigungskommission bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestimmen und eine Abfindungssumme zusprechen kann,657 so dass sich die Verständigungssprüche im Ergebnis inhaltlich nicht mehr von den zuvor im Termin gemachten Schlichtungsvorschlägen unterscheiden. 658 Nanba kommt daher – wie die Verfasserin der vorliegenden Arbeit – zu der Erkenntnis, dass der Verständigungsspruch inhaltlich nicht mit einem Urteil zu vergleichen ist. 659 Auch im Hinblick auf die Bindungswirkung der Entscheidung ist der Verständigungsspruch weniger kraftvoll als die Entscheidungsform Urteil, da der Verständigungsspruch seine Wirksamkeit bereits durch einfachen Einspruch verliert. Der Verständigungsspruch stellt sich für Sugeno deshalb als Entscheidungsvorschlag dar, 660 im Gegensatz zum Urteil, das nicht nur Vorschlag, sondern eine tatsächliche Entscheidung bringt. Da sich der Verständigungsspruch als eine Entscheidungsform darstellt, die sich von der des Urteils unterscheidet, ist die Methode der Verständigung eine alternative Streitbeilegungsmethode im Sinne der Arbeitsdefinition. In der japanischen Literatur wird das Verständigungsverfahren von Murata, der sich intensiv mit alternativen Verfahren zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten beschäftigt hat, ebenfalls zu den alternativen Streitbeilegungsverfahren gezählt.661 Diese Einordnung stimmt auch überein mit der Definition alternativer Verfahren bei Yamamoto und Yamada, die die Charakteristika alternativer Streitbeilegungsmethoden wie folgt beschreiben: Alternative Verfahren ermöglichen eine einfache, schnelle und günstige Beilegung, die auf der Freiwilligkeit der Streitbeteiligten beruht und die nicht auf die gesetz657 FURUKAWA, 2009, S. 39; YAMAKAWA, 2007, S. 10; N ANBA, 2007, S. 42; ISHIZAKI , Rōdō Hōritsu Junpō, 2007, S. 16. 658 ISHIZAKI, Kikan Rōdō Hō, 2007, S. 33; F URUKAWA, 2009, S. 39. 659 NANBA, 2007, S. 42. 660 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 54. 661 MURATA, 2009, S. ii, Abb. 1.

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lich festgelegten Rechte und Pflichten beschränkt ist, sondern sich in erster Linie an den tatsächlichen Umständen orientiert. 662 Dieser letzte Teil der Auflistung entspricht wörtlich der Zielsetzung des Verständigungsverfahrens aus Art. 1 VerstGA, in der es heißt: „[...] der Verständigungsspruch soll sich am tatsächlichen Sachverhalt orientieren und auf den rechtlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Parteien der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit basieren [...].“

Für die Ansicht, die Verständigung dem Bereich alternativer Streitbeilegung zuzuordnen, spricht auch, dass die Untersuchungsgruppe ADR (ADR kentōkai), die 2004 im Rahmen der Großen Justizreform gegründet worden war, um die Möglichkeit eines ADR-Grundlagengesetzes auszuloten, festgelegt hat, dass nur diejenigen Verfahren in die Gruppe der sogenannten Entscheidungsverfahren (saidan-kei), also der streitigen Verfahren, fallen, bei denen ein Einspruch nicht möglich ist. 663 Der Einspruch ist jedoch gerade das Rechtsmittel gegen den Verständigungsspruch. 664 Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt des Verständigungsverfahrens, der es aus japanischer Sicht zu einem alternativen Streitbeilegungsverfahren machen sollte, denn Yamamoto und Yamada benennen die Hinzuziehung von Fachleuten zur Streitbeilegung als Besonderheit alternativer Verfahren. 665 In der Tat ist in Japan die Beilegung von individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten unter Beteiligung von Fachlaien und die Nutzung ihres besonderen Fachwissens traditionell ein charakteristisches Merkmal der alternativen Streitbeilegungsverfahren der Verwaltung. 666 Demgegenüber werden die gerichtlichen streitigen Verfahren, die mit einem Urteil enden, weder von Richtern, die sich speziell mit der Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte befassen, noch unter Beteiligung von Fachlaien geführt, wie man es aus dem deutschen arbeitsgerichtlichen Verfahren kennt. Daran hat auch die Etablierung des Verständigungssystems nichts geändert, das nicht als Substitut für das streitige Zivilprozessverfahren mit einem Instanzenzug über drei Instanzen, sondern als dem Zivilprozess vorgeschaltetes fakultatives Verfahren eingeführt worden ist. a) Alternatives Verfahren oder streitiges Verfahren? Die Analyse des Verständigungsverfahrens in Kapitel 4 B. hat gezeigt, dass das Verständigungsverfahren nicht ausschließlich über alternative Verfahrenselemente verfügt, sondern auch über eine Reihe von Verfahrensbestand662

YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12, 13. PM Japan, Material 11–1 der Untersuchungsgruppe ADR, S. 1. 664 Art. 21 Abs. 1 VerstGA 665 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 12. 666 Die Zusammensetzung der verschiedenen Kommissionen ist ausführlich unter Kapitel 3 A.I.c)(3)(b), Kapitel 3 B.I.c)(2) und Kapitel 3 B.II.d) dargestellt worden. 663

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teilen, die sich am zivilprozessualen Verfahren orientieren und damit auf einen eher streitigen Charakter des Verfahrens hindeuten könnten. 667 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die rechtliche Einordung der Verständigung als alternative Streitbeilegungsmethode ohne weiteres Bestand haben kann. Dies ist nach Ansicht der Verfasserin abhängig davon, welchem Zweck diejenigen Regelungen des VerstGA dienen, welche an die Vorschriften des ZPG angelehnt sind. Im Folgenden werden die Verfahrenabschnitte des Verständigungsverfahrens, die sich am Zivilprozess orientieren, genauer untersucht, um im Anschluss daran entscheiden zu können, ob und welchen Einfluss sie auf die rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens insgesamt haben. (1) Gründe für die Orientierung des VerstGA an zivilprozessualen Vorschriften Das VerstGA und die DV VerstGA verweisen in mehreren Vorschriften auf die entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen des ZPG und der DV ZPG. Im Einzelnen sind folgende Bereiche von solchen Verweisungen betroffen: – Im Hinblick auf den Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens sowie die weiteren Schriftsätze im Verständigungsverfahren verweist die DV VerstGA auf die entsprechende Anwendung von Art. 2, 3 DV ZPG. 668 – Für die Beweiserhebung im Verständigungsverfahren gelten die Vorschriften des ZPG entsprechend. 669 – Auf die Zustellung des schriftlich abgefassten Verständigungsspruchs finden mit wenigen Ausnahmen die Vorschriften des ZPG über die Zustellung im Zivilprozess entsprechende Anwendung. 670 – Wird nach einem Einspruch gegen den Verständigungsspruch die Klageerhebung fingiert, werden die Vorschriften des ZPG über die Zustellung der Klageschrift im Zivilprozess etc. entsprechend auf den Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens angewendet. 671 – Für das Recht auf Akteneinsicht im Verständigungsverfahren nach Art. 26 Abs. 1 VerstGA, gelten Art. 91 Abs. 4 und Abs. 5 sowie Art. 92 ZPG über die Akteneinsicht im Zivilprozess entsprechend. 672 – Für den Ausschluss eines Verständigungslaienrichters gelten die Art. 23, 25 und 26 ZPG entsprechend. 673 Die DV VerstGA konkretisiert dies wei667

Siehe unter Kapitel 4 B.V. und Kapitel 4 B.VII. Art. 7 DV VerstGA, siehe auch unter Kapitel 4 B.V.a). 669 Art. 17 Abs. 2 VerstGA, siehe auch unter Kapitel 4 B.VII. 670 Art. 20 Abs. 5 VerstGA, siehe auch unter Kapitel 4 B.VIII.b)(2). 671 Art. 22 Abs. 3 VerstGA. 672 Art. 26 Abs. 2 VerstGA. 673 Art. 11 VerstGA, siehe auch unter Kapitel 4 B.III.c). 668

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ter und verweist auf eine entsprechende Anwendung der Art. 10 und 11 DV ZPG. 674 Eine genaue Betrachtung der vorbenannten Punkte macht deutlich, dass der Großteil der Verweise auf die Vorschriften des ZPG und der DV ZPG einen reibungslosen und zeitsparenden Übergang in das zivilprozessuale Verfahren vorbereiten soll. Lediglich die Ausschlussregelungen haben keinen Bezug zum Zivilprozessverfahren, sondern sind auf die Position der Verständigungslaienrichter im Verständigungsverfahren selbst zurückzuführen. Im Einzelnen gilt Folgendes: Antrag/Zustellung: Die inhaltlichen Anforderungen an den das Verständigungsverfahren einleitenden Antrag orientieren sich am zivilprozessualen Verfahren, da der Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens im Falle eines Einspruchs als Klageschrift im nachfolgenden Prozessverfahren angesehen wird. 675 Um einen reibungslosen Übergang in das Zivilprozessverfahren zu ermöglichen, besteht eine gewisse Notwendigkeit der Anpassung des Antrags an die Formalien des Zivilprozesses. 676 Dasselbe gilt mit Blick auf die Zustellung. Beweiserhebung: Im Hinblick auf die Beweisvorschiften hat sich der japanische Gesetzgeber ebenfalls für die strengen Vorschriften des ZPG entschieden, damit unter dem für die Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten wichtigen Gesichtspunkt der Beschleunigung die Ergebnisse aus der Beweiserhebung des Verständigungsverfahrens im zivilprozessualen Verfahren verwertet werden können.677 Ausschluss vom Verfahren: Den Verständigungslaienrichtern steht im Verständigungsverfahren ein eigenes Stimmrecht zu und sie nehmen gemeinsam mit dem Berufsrichter an den internen Beratungen der Kommission teil. 678 Die Orientierung an den zivilprozessualen Regelungen im Hinblick auf den Ausschluss der Verständigungslaienrichter ist somit ihrer Stellung im Verständigungsverfahren geschuldet, die mit der eines Berufsrichters (im Zivilprozessverfahren) vergleichbar ist. Die einflussreiche Position der Verständigungslaienrichter ist eine Besonderheit im japanischen System der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, über die die Mitglieder anderer Kommissionen nicht verfügen. Im Verfahren der zivilen Schlichtung beispielsweise entscheidet, wie oben dargestellt, der Berufsrichter allein über den die Schlichtung ersetzenden Beschluss. 679 Die übrigen Mitglieder der 674

Art. 12 DV VerstGA. Art. 22 Abs. 1 VerstGA. 676 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 23. 677 FURUKAWA, 2009, S. 43. 678 KIMIWADA, Rōdō Kikan Hō, 2007, S. 21; hinsichtlich der internen Beratungen siehe unter Kapitel 4 B.VII.a). 679 Art. 17 ZSchliG. 675

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Schlichtungskommission haben keine dem Berufsrichter gleichwertige Stellung im Verfahren inne. Da ihnen insbesondere die Entscheidungskompetenz fehlt, besteht auch nicht die Möglichkeit, einen Antrag auf Ausschluss eines Kommissionsmitglieds zu stellen. 680 Die Vergleichbarkeit der Stellung der Verständigungslaienrichter mit der eines Berufsrichters sowie die entsprechende rechtliche Ausgestaltung ihrer Position im Verständigungsverfahren betreffen nach Ansicht der Verfasserin nicht die rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens selbst. Dies deshalb, weil die Beteiligung von Berufsrichtern an einem Verfahren nie den zwingenden Rückschluss darauf zulässt, dass das Verfahren als streitiges oder alternatives Verfahren anzusehen ist. 681 (2) Zwischenergebnis Die Verweise in VerstGA und DV VerstGA auf die Vorschriften des Zivilprozesses verfolgen, wie oben dargestellt, im Wesentlichen zwei Zielrichtungen: zum einen soll der Übergang in das sich für den Fall eines Einspruchs gegen den Verständigungsspruch anschließende zivilprozessuale Verfahren vorbereitet und erleichtert werden. Zum anderen ist die Rolle der Verständigungslaienrichter betroffen, wobei der Verweis auf die Regelungen des ZPG und der DV ZPG ihre dem Berufsrichter gleichwertige Position im Verständigungsverfahren betont. Im Ergebnis dienen diese Verweise nicht vorwiegend der Charakterisierung des Verständigungsverfahrens selbst, da sie keine Aspekte betreffen, die im Zusammenhang mit der Entscheidung im Verständigungsverfahren stehen. Insbesondere macht die bloße Anbindung an das streitige Prozessverfahren das Verständigungsverfahren noch nicht selbst zu einer streitigen Beilegungsmethode. Und über die wesentlichen Merkmale streitiger Verfahren, insbesondere über die Entscheidungsform des Urteils, verfügt die Verständigung gerade nicht. 682 Die Verweisungsnormen auf die Vorschriften des Zivilprozesses haben somit keinen Einfluss auf die rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens und können die Klassifizierung des Verständigungsverfahrens als alternatives Verfahren nicht in Frage stellen. Allerdings finden sich im VerstGA nicht lediglich Verweise auf das ZPG, sondern auch auf das Gesetz über das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit 683 (im Folgenden: japFGG). Im Folgenden wird entsprechend untersucht, ob möglicherweise 680

YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 11. Sowohl im normalen zivilprozessualen Verfahren als auch im Verfahren der zivilen Schlichtung sind Berufsrichter an der Beilegung beteiligt. Denoch ist das erste Verfahren ein streitiges und das letztere ein alternatives Beilegungsverfahren. 682 Siehe im ersten Abschnitt unter Kapitel 4 D.II.a). 683 Hishō jiken tetsuzuki hō, Gesetz Nr. 14 vom 21.06.1898. 681

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diese Verweisung einen Einfluss auf die rechtliche Charakterisierung des Verständigungsverfahrens hat. b) Alternatives Verfahren oder Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit? Auf das Verständigungsverfahren finden durch die Verweisung in Art. 29 VerstGA die meisten Vorschriften des ersten Kapitels des japFGG entsprechende Anwendung. In der japanischen Literatur zum Verständigungssystem wird, wenn überhaupt, meist nur ein kurzer Hinweis auf ebendiese Verweisungsvorschrift gegeben. Nur wenige Autoren beschreiben das Verständigungsverfahren ausdrücklich als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 684 Eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Bestimmung in Art. 29 VerstGA das Verständigungsverfahren zu einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit macht, erfolgt jedoch nicht. Die japanische Bezeichnung hishō jiken tetsuzuki bedeutet wörtlich „Verfahren für nicht prozessuale Angelegenheiten“. Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit alternative Streitigkeiten von den streitigen Verfahren abgegrenzt werden und speziell die Unterschiede zwischen dem gerichtlichen Verständigungsverfahren und den prozessualen Verfahren erörtert werden, erscheint die Bezeichnung nicht prozessuale Streitigkeiten irreführend, so dass auch für den japanischen Rechtskreis auf die deutsche Begrifflichkeit der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und die Abkürzung japFGG zurückgegriffen wird. Nach dem bisherigen Ergebnis der Analyse ist das Verständigungsverfahren als Verfahren mit starken alternativen Elementen ausgestaltet. Insbesondere der flexible Inhalt des Verständigungsspruchs sowie die Möglichkeit, durch bloßen Einspruch die Wirkungslosigkeit desselben zu erreichen, unterscheiden das Verständigungsverfahren von den streitigen gerichtlichen Verfahren und betonen den alternativen Charakter des Verfahrens. Fraglich ist jedoch, ob das Verständigungsverfahren tatsächlich als Verfahren mit alternativen Komponenten angesehen werden kann, wenn sich die Elemente des Verfahrens, die auf die Alternativität hindeuten, bereits und einfach aus der Tatsache ergeben, dass bestimmte Vorschriften des japFGG Anwendung finden.685 Wäre das der Fall, könnte die Bezeichnung als alternatives Verfahren nicht einfach aufrechterhalten bleiben, da sich die alternati684 TAKATA, soshō to hishō [Prozess und Freiwillige Gerichtsbarkeit], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte im Zivilprozessrecht], Sondernummer des Jurist, 2009, S. 12; SUGENO/YAMAKAWA/SAITŌ/J ŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 91. 685 Auf diesen Aspekt haben die Professoren Sumida, Kezuka und Kondō der Chūō Universität die Verfasserin im Rahmen einer mündlichen Prüfung im Februar 2010 hingewiesen. Sie diskutierten, ob sich die Frage nach dem alternativen Charakter des Verständigungsverfahrens überhaupt stelle, wenn man das Verständigungsverfahren als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ansähe und sich die alternativen Elemente aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des japFGG ergäbe.

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ven Elemente dann lediglich aus der entsprechenden Anwendung des japFGG ergeben würden. Die Elemente des Verständigungsverfahrens, die sich insbesondere vom streitigen Prozessverfahren unterscheiden und auf eine alternative Beilegungsform hindeuten, sind die im Folgenden genannten Bestandteile des Verständigungsverfahrens: – – – – –

die Entscheidungsform der Inhalt der Entscheidung die Wirksamkeit der Entscheidung die Rechtskraft der Entscheidung die Nicht-Öffentlichkeit des Verfahrens.

Wenn sich diese Besonderheiten aus der analogen Anwendung des japFGG ergeben, bleibt nur wenig Raum für die Einordnung des Verständigungsverfahrens als alternative Streitbeilegungsmethode, denn die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit selbst gelten grundsätzlich nicht als alternative Streitbeilegungsverfahren. Diese Frage wird im Folgenden einer genauen Überprüfung unterzogen. In einem ersten Schritt wird der Versuch einer Definition der Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit unternommen, was im Rahmen einer Abgrenzung vom streitigen Zivilprozessverfahren erfolgt. Im Anschluss werden die auf das Verständigungsverfahren anwendbaren Vorschriften des japFGG sowie die eigens im VerstGA festgelegten Bestimmungen untersucht, um anhand dessen eine Beurteilung des Charakters des Verständigungssystems vornehmen zu können. (1) Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – ein Definitionsversuch Über eine Legaldefinition, was unter freiwilliger Gerichtsbarkeit zu verstehen ist, verfügt das japFGG nicht. Auch im VerstGA finden sich keinerlei Hinweise, da Art. 29 VerstGA lediglich eine Verweisungsnorm ist, die die analoge Anwendung bestimmter Vorschriften des japFGG vorsieht. Ähnlich wie im deutschen Rechtskreis wird eine Begriffsbestimmung der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Regel durch eine Abgrenzung vom streitigen Prozessverfahren vorgenommen. Das Ziel eines streitigen Zivilprozessverfahrens ist demnach eine endgültige rechtskräftige Entscheidung über das Bestehen bestimmter Rechte und Pflichten. Den Parteien wird in einer mündlichen Verhandlung gleichermaßen die Gelegenheit zum Tatsachenvortrag und zum Beweisangebot gegeben. Wird Beweis erhoben, gelten die Regeln des Strengbeweises (gen-kaku na shōmei). 686 Das Gericht ist bei der Entscheidung, die in Form eines Urteils 686

TAKATA, 2009, S. 12; ITŌ, 2008, S. 302, 303.

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ergeht, streng an das materielle Recht gebunden. 687 Ein Ermessensspielraum besteht nicht.688 Das Urteil ist der Rechtskraft fähig. Als Verfahrensgrundsätze finden Anwendung der Beilegungsgrundsatz, Mündlichkeitsgrundsatz und Öffentlichkeitsgrundsatz. 689 Demgegenüber ist das Ziel der Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht die Feststellung von Rechten und Pflichten, 690 weshalb das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nicht verbindlich festgestellt werden muss. Den Beteiligten wird nicht garantiert, dass sie ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel erschöpfend vortragen können.691 Die Beweiserhebung erfolgt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie in Deutschland, nach den Regeln über den Freibeweis (juyū na shōmei). 692 Das Gericht trifft eine Ermessensentscheidung, die es für angemessen hält, um die Verhältnisse der Beteiligten zu ordnen und kann dabei die rechtliche Beziehung zwischen den Beteiligten in gewisser Weise selbst bilden. 693 Die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind entsprechend eher beweglich. Die Entscheidung erfolgt im Beschlusswege und entfaltet keine Rechtskraft. 694 Das Gericht ist also nicht an seine Entscheidung gebunden und kann diese im Nachhinein aufheben oder abändern, wenn es diese für nicht mehr angemessen erachtet. 695 Das Gericht ermittelt von Amts wegen und das Verfahren ist nicht öffentlich. 696 Im deutschen Recht findet sich eine Legaldefinition des Begriffs „freiwillige Gerichtsbarkeit“ ebenfalls nicht, weder im alten Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch in dem seit dem 01.09.2009 in Kraft befindlichen Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (im Folgenden: FamFG). Die formale gesetzliche Zuordnung erfolgt nach einem Ausschlussprinzip. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind solche, bei denen zur Erreichung eines rechtlichen Erfolgs ein staatliches Rechtspflegeorgan mitzuwirken hat und die nicht nach den Vorschriften der Prozessgeset687

SHINDŌ, soshō to hishō [Prozess und Freiwillige Gerichtsbarkeit], in: Sonderausgabe Jurist: Streitpunkte in der Rechtswissenschaft Folge 5 - Streitpunkte im Zivilprozessrecht, 3. Auflage, 2009, S. 12. 688 ITŌ, 2008, S. 8. 689 ITŌ, 2008, S. 227–232 (zu Mündlichkeit und Öffentlichkeit), S. 264–273 (zum Beibringungsgrundsatz). 690 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 30; ITŌ, 2008, S. 8. 691 SHINDŌ, 2009, S. 12. 692 TAKATA, 2009, S. 12. 693 Nach SHIBATA, 2005, S. 7, sind die Richter in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht an die Anträge und Beweisantritte der beteiligten Parteien gebunden; S HINDŌ, 2009, S. 12. 694 TAKATA, 2009, S. 12; ITŌ, 2008, S. 8. 695 Art. 19 Abs. 1 japFGG; TAKATA, 2009, S. 12; SHINDŌ, 2009, S. 12. 696 Art. 11 (Amtsermittlungsgrundsatz) und Art. 13 japFGG (Nicht-Öffentlichkeit).

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ze zu den Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit gehören. 697 Streitigkeiten sind demnach entweder der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnet.698 Eine Überschneidung gibt es nicht. Nach dem neuen FamFG werden Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie in Japan einheitlich durch Beschluss einer Entscheidung zugeführt.699 Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.700 Die Entscheidung nach freier Überzeugung ist jedoch nicht mit einer Entscheidung nach billigem Ermessen gleichzusetzen, wie sie im japanischen Rechtskreis möglich ist. Es bedeutet lediglich, dass das Gericht bei der Feststellung der der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen nicht an formelle Beweisregeln (Strengbeweis) gebunden ist, sondern nach der ihm aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung frei entscheidet. 701 Trotz freier Entscheidung müssen die Beweise, falls sie erhoben werden, sorgfältig und kritisch gewürdigt werden und das Ergebnis einer solchen Würdigung in die Begründung des Beschlusses aufgenommen werden. 702 Beschlüsse im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erwachsen grundsätzlich auch in Rechtskraft. Eine Möglichkeit der Abänderung und Wiederaufnahme und damit eine Durchbrechung der Rechtskraft ist nur möglich bei Entscheidungen mit Dauerwirkung. 703 Die Ausgestaltung der Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Deutschland und Japan weist folglich einige Unterschiede auf. Das japanische Verfahren ist deutlich flexibler als das deutsche. Trotz dieser Unterschiede gilt die strenge Trennung zwischen Zivilprozess und freiwilliger Gerichtsbarkeit auch in Japan, da das System ursprünglich aus dem deutschen Rechtskreis übernommen worden ist. 704 Für das japanische Familienrecht gilt z.B. folgende Aufteilung: im FamG sind Familiensachen geregelt, die im Rahmen einer Schlichtung und/oder des familienrechtlichen shinpan-Verfahrens beigelegt werden können. 705 In diese Kategorie fallen z.B. Unterhaltssachen, die Bestimmung oder Änderung des elterlichen 697

PRÜTTING/HELMS, FamFG – Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen – Kommentar, 2. Auflage, Köln 2011, Einleitung, S. 13, Rn. 52. 698 Welche Angelegenheiten zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören, ergibt sich aus § 23a Gerichtsverfassungsgesetz. 699 § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG; ECKEBRECHT /GROßE -BOYMANN /GUTJAHR /P AUL / SCHAEL/SWIEYKOWSKI -TRZASKA/WEIDEMANN, Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Auflage, München 2010, S. 477. 700 § 37 Abs. 1 FamFG. 701 SCHULTE -BUNERT/WEINREICH, FamFG Kommentar, Köln 2009, § 37, S. 252, Rn. 7. 702 SCHULTE -BUNERT/WEINREICH, 2009, § 38, S. 272, Rn. 70. 703 § 48 Abs. 1 FamFG; S CHULTE -BUNERT /WEINREICH, 2009, § 48, S. 328, 329, Rn. 1, 8. 704 TAKATA, 2009, S. 12. 705 Zum Verfahren nach dem FamG siehe oben Kapitel 2 C.III.a).

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Sorgerechts sowie die Erlaubnis zur Adoption. 706 Familiensachen in diesem Sinne gehören nach japanischer Auffassung in den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 707 Darüber hinaus gibt es eine weitere Gruppe von Familiensachen, die im Zivilprozess und nicht im shinpan-Verfahren beigelegt werden. Es handelt sich um andere Gegenstände als die im FamG genannten Sachen. In diese Kategorie fallen beispielsweise die Ehescheidung im Falle fehlender Einwilligung eines Ehepartners, die Aufhebung einer Adoption etc. 708 In diesen Fällen findet das Gesetz über den Prozess in Familiensachen, 709 ein dem ZPG vorgehendes besonderes Verfahrensgesetz, Anwendung. Eine entsprechende Trennung in Streitigkeiten, die im Prozessverfahren und solche, die im Wege des Verständigungsverfahrens beigelegt werden, besteht für den Bereich individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten nicht. Im Gegenteil, individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten können im Grundsatz immer im Wege des streitigen Zivilprozessverfahrens beigelegt werden. Bereits unter diesem Gesichtspunkt kann das Verständigungsverfahren streng genommen auch nach japanischen Standards kein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sein. Diese Ansicht bestätigt sich bei einer Analyse der Regelungen des japFGG, die auf das Verständigungsverfahren Anwendung bzw. gerade keine Anwendung finden. (2) Analyse der Verweisungsnorm zur Einordnung des Verständigungsverfahrens Die Verweisungsnorm in Art. 29 VerstGA lautet: „Auf Verständigungsangelegenheiten finden das erste Kapitel des Gesetzes über das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Gesetz Nr. 14 aus dem Jahr 31 Meiji (1998)) (mit Ausnahme der Bestimmungen in Artikel 3, 6, 7, des Teils von Artikel 10, der die entsprechende Anwendung der Regelungen des Zivilprozesses bezüglich des Zeugenbeweises sowie der Begutachtung anordnet sowie der Bestimmungen in Artikel 11, 13, 15, 21 und 32) sowie die Bestimmungen der Artikel 11, 12, 16 und 36 des Gesetzes über die Schlichtung in Zivilsachen (Gesetz Nr. 222 aus dem Jahr 26 Showa (1951)) entsprechende Anwendung. In diesen Fällen ist die Formulierung ʻdie Kosten für das vorgerichtliche Verfahren und die gerichtliche Bekanntmachungʼ in Artikel 26 des Gesetzes über das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu lesen als ʻdie Kosten für das Verfahren in der Verständigungsangelegenheitʼ, die Formulierung ʻSchlichtungʼ in Artikel 11 des Gesetzes über die Schlichtung in Zivilsachen ist zu lesen als ʻVerständigungsverfahren in Arbeitssachenʼ, ʻSchlichtungskommissionʼ als ʻVerständigungskommissionʼ, ʻSchlichtungsverfahrenʼ als ʻVerständigungsverfahrenʼ und ʻSchlichtungskommissionʼ in Artikel 12 Absatz 1 dessel706

Art. 9 Abs. 1 FamG. SHIBATA, 2005, S. 6. 708 Art. 2 Gesetz über den Prozess in Familiensachen; SHIBATA, 2005, S. 6. 709 Jinji soshō hō, Gesetz Nr. 109 vom 16.07.2003. 707

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ben Gesetzes als ʻVerständigungskommissionʼ, ʻder Schlichtungʼ als ʻder Schlichtung oder des Verständigungsspruchsʼ, ʻMaßnahmen vor der Schlichtungʼ als ʻMaßnahmen vor der Schlichtung oder dem Verständigungsspruchʼ und ʻvor Artikel 2ʼ in Artikel 13 Absatz 1 desselben Gesetzes als ʻArtikel 31 und 32 des Verständigungsgesetzes (Gesetz Nr. 45 aus dem Jahr 16 Heisei (2004))ʼ“. 710

Sugeno ordnet das Verständigungsverfahren nicht zuletzt dieser Verweisung wegen als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein. 711 Die Zugehörigkeit zur freiwilligen Gerichtsbarkeit zeige sich insbesondere am Inhalt des Verständigungsspruchs, da dieser nicht nur auf dem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, sondern auch auf dem Verlauf des Verständigungsverfahrens beruhe. 712 Der für die freiwillige Gerichtsbarkeit typische Verfahrenscharakter zeige sich zudem an den Möglichkeiten, die der Verständigungskommission bei der Entscheidung eingeräumt seien. Sie kann auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses und des Verfahrensverlaufs nicht nur das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien feststellen, sondern auch die Zahlung eines Geldbetrages oder die Herausgabe einer Sache anordnen sowie sonstige für die Beilegung angemessene Inhalte bestimmen. 713 Die Flexibilität im Rahmen der Entscheidung zum Verständigungsspruch unterscheidet das Verständigungsverfahren in der Tat vom streitigen Prozessverfahren. Dennoch lässt allein die Tatsache, dass der Verständigungsspruch eine angemessene Entscheidung auch jenseits des nach materiell-rechtlichen Gesichtspunkten Erlaubten möglich macht, noch nicht zwingend den Schluss zu, dass das Verständigungsverfahren als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nicht als Verfahren mit alternativen Elementen zu positionieren ist. Die japanische Literatur setzt sich mit dieser Problematik letztlich nicht auseinander. Der Einordnungsversuch von Sugeno geht nicht weiter als oben geschildert. Takada, der ebenfalls davon ausgeht, dass das Verständigungsverfahren ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, beschränkt sich zur Begründung auf die Erklärung, dass das geltende positive Recht durch 710

Die Vorschriften, die von der analogen Anwendung ausgeschlossen sind, betreffen die Verweisung (isō) in Art. 3 japFGG, die Vertreter (dairi-nin) samt Nachweis der Vertretungsbefugnis (dairi-ken no shōmei) in Art. 6, Art. 7 japFGG, einen Teil der Verweisung auf die entsprechende Anwendung von Gesetzen, die einen Bezug zum Zivilprozess haben (minji soshō ni kan suru hōrei no jun’yō) in Art. 10 japFGG, den Amtsermittlungsgrundsatz (shokken shugi) in Art. 11 japFGG, die Nicht-Öffentlichkeit (hi-kōkai) in Art. 13 japFGG, die Teilnahme eines Staatsanwalts in Art. 15 japFGG, die Vollstreckungsaussetzung (shikkō teishi) für den Fall einer Beschwerde in Art. 21 japFGG und die Auslage durch die Staatskasse für von Amts wegen durchgeführte Verfahrensschritte nach Art. 32 japFGG. 711 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 30. 712 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 30. 713 Art. 20 Abs. 2 VerstGA.

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Verweisungen bestimmt, ob ein Verfahren den Prozessverfahren (dann Verweisung auf z.B. ZPG) oder den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (dann Verweisung auf japFGG) zuzuordnen sei. 714 Im Gegensatz dazu besprechen Yamamoto und Yamada sowie Murata zwar die Frage, ob es sich beim Verständigungsverfahren um ein alternatives Verfahren handelt, gehen aber auf die Verweisung auf das japFGG in Art. 29 VerstGA und die Möglichkeit, dass das Verständigungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzuordnen sein könnte, nicht weiter ein. Yamamoto und Yamada weisen auf die Ähnlichkeiten zu alternativen Verfahren hin, lehnen die Einordnung der Verständigung in die Gruppe alternativer Streitbeilegung letztlich jedoch ab. Sie siedeln shinpan zwischen den alternativen und den Entscheidungsverfahren an. 715 Zwar erkennen sie eine gewisse Ähnlichkeit zum Verfahren der zivilen Schlichtung an, insbesondere eine Ähnlichkeit zwischen dem Verständigungsspruch und dem die Schlichtung ersetzenden Beschluss nach Art. 17 ZSchliG, da die Kommission im Verständigungsverfahren ebenfalls nicht an die Anträge der Parteien gebunden sei und damit eine Flexibilität gegeben sei, die auch den alternativen Verfahren zu eigen sei. 716 Andererseits weisen sie auf die deutlichen Unterschiede zu dem alternativen Schlichtungsverfahren hin. Obwohl die Verständigungskommission beim Verständigungsspruch vom Antrag abweichen dürfe, müsse der Spruch dennoch dem Antrag grundsätzlich entsprechen, so dass insoweit keine reine Ermessensentscheidung vorliege. 717 Zudem könne man im Verständigungsverfahren die Laienrichter wegen Befangenheit ausschließen, was im Verfahren nach dem ZSchliG nicht möglich sei. 718 Dem Schlichtungsverfahren fehle auch der Übergang in den streitigen Prozess. Dieser letzte Aspekt, die zwingend vorgeschriebene Einleitung eines Zivilprozessverfahrens im Falle eines Einspruchs führt nach Ansicht der Verfasserin allerdings nicht zwingend dazu, den alternativen Charakter des Verfahrens zu verneinen. Entsprechend versteht Murata das Verständigungsverfahren einschließlich der Entscheidungsform Verständigungsspruch dann auch als alternativ. 719 Obwohl die Frage der Zugehörigkeit des Verständigungsverfahrens zu den alternativen Verfahren bzw. zu den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der japanischen Literatur vereinzelt angesprochen wird, erfolgt die Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung doch nur oberflächlich. Zudem widmet sich kein einziger Beitrag einer Verknüpfung beider Aspekte. Es wird entweder die Frage nach der Alternativität des Verständigungsverfahrens 714

TAKADA, 2009, S. 12. “Rōdō shinpan ha ADR to saiban no shūkan ni ichi suru”, YAMAMOTO/YAMADA , 2008, S. 11. 716 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 11. 717 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 11. 718 YAMAMOTO/YAMADA, 2008, S. 11. 719 MURATA, 2009, S. ii, Abb. 1. 715

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aufgeworfen oder die Zuordnung zu den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit diskutiert, jeweils unter Außerachtlassung der anderen Option. Eine detaillierte Analyse fehlt damit in der japanischen Literatur. Insofern muss im Folgenden eine eigenständige Betrachtung vorgenommen werden, die sich nicht auf eine bereits bestehende Diskussion in der japanischen Literatur stützen kann. Zunächst ist festzuhalten, dass das VerstGA eine entsprechende Anwendung (junyō) bestimmter Vorschriften des japFGG anordnet, jedoch gerade nicht ausdrücklich festlegt, dass das Verfahren ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist. Zusätzlich betrifft die Verweisungsnorm in Art. 29 VerstGA nicht nur die analoge Anwendung des japFGG, sondern auch Teile des ZSchliG, welches als alternatives Verfahren eingeordnet wird. In der DV VerstGA finden sich darüber hinaus Verweisungen auf Regelungen des streitigen Zivilprozessverfahrens, überwiegend auf Vorschriften der DV ZPG. Auf das Verständigungsverfahren werden somit Regelungen des Prozessverfahrens, des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie des alternativen Verfahrens der zivilen Schlichtung angewendet, wobei die Verweisung auf den Großteil der Vorschriften des ersten Kapitels des japFGG am umfangreichsten ist. 720 Dennoch ist allein aufgrund der zahlreichen Verweise in der gesetzlichen Ausgestaltung eine zwingende Zuweisung des Verständigungsverfahren in eine der Kategorien nicht möglich. Ein Vergleich mit dem FamG (kaji shinpan hō), das der japanischen Bezeichnung nach ebenso wie das VerstGA ein shinpan-Gesetz ist und das ebenfalls eine Verweisungsnorm auf das japFGG enthält, führt auch nicht zu einer gesicherten Erkenntnis über die Einordnung des Verständigungsverfahrens. Die im FamG geregelten Schlichtungs- und shinpan-Verfahren werden als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit angesehen. 721 Dennoch ist dieselbe Einordnung des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen weder zwingend noch scheint sie sich in besonderer Weise anzubieten. Zum einen ist das shinpan-Verfahren des FamG im Grunde mehr Schlichtungsverfahren als Verständigungsverfahren im Sinne des VerstGA und somit im Ansatz bereits ein anderer Verfahrenstyp. Zum anderen ist die Verweisungsnorm im FamG anders ausgestaltet als im VerstGA. Sie ordnet, ohne ausdrücklich bestimmte Regelungen auszunehmen, die entsprechende Anwendung des gesamten ersten Kapitels des japFGG an. 722 Des Weiteren gilt der Verweis auf Normen des japFGG lediglich für solche Familiensachen, die nicht im 720

Die Verweisung in Art. 29 VerstGA betrifft Art. 1 bis 33–3 japFGG mit Ausnahme der Art. 3, 6, 7 japFGG, Teile von Art. 10, 11, 13, 15, 21 und 32 japFGG sowie Art. 11, 12, 16 und 36 des ZSchliG. Art. 6 DV VerstGA verweist auf Art. 23 DV ZPG, Art. 7 DV VerstGA auf Art. 2, 3 DV ZPG und Art. 12 DV VerstGA auf Art. 10 und 11 DV ZPG. Zudem enthält die DV VerstGA in Art. 20 und 35 Verweisungen auf die DV ZSchliG. 721 SHIBATA, 2005, S. 6. 722 Art. 7 FamG.

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Rahmen eines streitigen Prozessverfahrens beigelegt werden können, sondern für die ausschließlich das FamG Anwendung findet. 723 Es handelt sich daher um einen speziellen Typ von Familiensachen, die der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugewiesen sein sollen. Diese Trennung besteht für die Gruppe der individualarbeitsrechtlichen Ansprüche gerade nicht. Sie können sowohl im Rahmen des Verständigungsverfahrens als auch durch Klageerhebung im Zivilprozess geltend gemacht werden. Dieser Aspekt schließt, wie oben bereits angedeutet, eine Einordnung des Verständigungsverfahrens zur freiwilligen Gerichtsbarkeit im Prinzip bereits aus. Es soll jedoch im Folgenden die Verweisung des Art. 29 VerstGA auch inhaltlich analysiert werden, um bestimmen zu können, ob die Normen des japFGG einen derart großen Einfluss auf die Ausgestaltung des Verständigungsverfahrens haben, dass sich eine Einordnung desselben zur freiwilligen Gerichtsbarkeit dennoch rechtfertigt. Es bedarf dazu einer genauen Betrachtung der Normen des japFGG, die im Verständigungsverfahren entsprechend angewendet werden, aber auch derjenigen Normen, die von der Verweisung ausgenommen sind, um beurteilen zu können, ob das Verständigungsverfahren als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einzuordnen ist. Die Analyse wird zeigen, welche Verfahrensabschnitte sich an den Vorschriften des japFGG orientieren und für welche das VerstGA eigene Regelungen vorsieht oder sich andere Gesetze zum Vorbild nimmt. Art. 29 VerstGA erklärt einige Normen des japFGG für entsprechend anwendbar, andere nimmt sie von der Verweisung aus. Die Trennung in diese zwei Gruppen wird jedoch insofern aufgeweicht, als für eine Reihe der Vorschriften des japFGG, die auf das Verständigungsverfahren Anwendung finden, zusätzlich eigenständige Regelungen im VerstGA vorgesehen sind, die der Regelung im japFGG im Zweifel vorgehen. Im Folgenden werden die Normen des japFGG untersucht, um festzustellen, welche der Regelungen des japFGG auf das Verständigungsverfahren voll Anwendung finden (a), welche zwar von der Verweisung in Art. 29 VerstGA umfasst sind, jedoch von einer denselben Gegenstand betreffenden Norm im VerstGA überlagert werden (b) und welche Normen nicht entsprechend angewendet werden (c). Soweit vorhanden wird auch jeweils die Regelung im VerstGA dargestellt. (a) Anwendbarkeit des japFGG Unterzieht man japFGG und VerstGA einer genauen Untersuchung, stellt sich heraus, dass die Regelungen des japFGG, die auf das Verständigungsverfahren angewendet werden, ohne dass es eine zusätzliche Vorschrift im VerstGA

723

SHIBATA, 2005, S. 6, 7.

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zu demselben Gegenstand gibt, zahlenmäßig nur in geringem Umfang bestehen. Auf das Verständigungsverfahren entsprechend angewendet werden zum einen die Vorschrift im japFGG über die Befangenheit von Richtern,724 die ihrerseits allerdings auf die DV ZPG verweist, sowie die Vorschrift über die Verweisung von Fällen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die wiederum im wesentlichen auf die Regelungen zu Terminen, Fristen und Glaubhaftmachung des ZPG Bezug nimmt.725 Im Hinblick auf eine etwaige Befangenheit der Fachlaienrichter im Verständigungsverfahren verweist die DV VerstGA ihrerseits auch auf die entsprechenden Vorschriften in der DV ZPG. 726 Trotz der unterschiedlichen Verweisungsnormen finden für die Befangenheit von Verständigungsrichtern und Verständigungslaienrichtern somit letztlich die Regelungen des Zivilprozesses und damit des streitigen Verfahrens Anwendung. Zusätzlich finden einige der Regelungen über die Beschwerde727 sowie die Kostenvorschriften 728 des japFGG Anwendung, wobei beide nur dann einschlägig sind, wenn Entscheidungen im Verständigungsverfahren durch Beschluss getroffen worden sind. Im Beschlusswege wird im Verständigungsverfahren entschieden, wenn der Verständigungsantrag wegen Unzulässigkeit abgewiesen oder wegen unmöglicher Zustellung zurückgenommen wird. 729 Für bestimmte Beschlüsse sieht das VerstGA die sofortige Beschwerde und nicht die Anwednung der Regelungen des japFGG vor. Dies betrifft Beschlüsse über die Verweisung an ein anderes Gericht, die Abweisung eines Verständigungsantrags wegen Unzulässigkeit, die Abweisung eines Einspruchs wegen Unzulässigkeit, die Rücknahme wegen unmöglicher Zustellung sowie die Kostenverteilung. 730 Nicht betroffen davon ist der Verständigungsspruch selbst, gegen den die Parteien mit einem Einspruch und nicht mit einer Beschwerde vorgehen können. Auf den Kostenverteilungsbeschluss nach Art. 25 VerstGA finden die Kostenbestimmungen des japFGG Anwendung. 731 Allerdings betreffen die Kostenverteilungsbeschlüsse im Verständigungsverfahren weder den Fall der Schlichtung noch den Fall einer wirksamen Verständigung, da für diese Fälle besonders geregelt ist, dass die Beteiligten ihre Kosten selbst tragen, wenn 724

Art. 5 japFGG. Art. 10 japFGG mit Ausnahme des Teils von Artikel 10, der die entsprechende Anwendung der Regelungen des Zivilprozesses bezüglich des Zeugenbeweises sowie der Begutachtung anordnet. 726 Art. 12 DV VerstGA. 727 Art. 20, 22, 23, 25 japFGG. 728 Art. 26–31 japFGG. 729 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 123. 730 Die abschließende Aufzählung findet sich in Art. 28 VerstGA. 731 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 123. 725

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nichts anderes in der Schlichtung bzw. dem Verständigungsspruch geregelt ist. 732 Wird im Verständigungsverfahren inhaltlich über die Streitfrage entschieden, sei es durch eine Schlichtung oder einen Verständigungsspruch, entfalten die anwendbaren Vorschriften des japFGG somit keinerlei Wirkung. Außerdem finden die Vorschriften über die Form und Wirksamkeit der Entscheidung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung auf das Verständigungsverfahren. 733 Vorschriften, die die Entscheidung selbst, deren Form und Wirksamkeit betreffen, entfalten nach Auffassung der Verfasserin grundsätzlich einen besonderen Einfluss auf die Einordnung eines Verfahrens. 734 Die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden durch Beschluss beendet, der mit der Bekanntgabe an die Beteiligten wirksam wird. Sollte das Gericht die Entscheidung im Nachhinein für unangemessen erachten, kann sie die Entscheidung zurücknehmen oder abändern. Die Beschlüsse nach dem japFGG entfalten demnach keine Rechtskraft. Betreffen diese Vorschriften den Verständigungsspruch, liegt die Zuordnung des Verständigungsverfahrens zu den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit recht nahe. Die Verweisung in Art. 29 VerstGA bezieht sich auf Beschlüsse des Gerichts. Der Verständigungsspruch ist jedoch eine Entscheidung, die nicht vom zuständigen Gericht, sondern von der Verständigungskommission getroffen wird, so dass die japFGG Vorschriften auf den Verständigungsspruch keine Anwendung finden.735 Eine genaue Durchsicht der Vorschriften des VerstGA ergibt, dass die Vorschriften des japFGG somit lediglich im Hinblick auf zwei Beschlussarten des Gerichts angewendet werden können. Dies ist zum einen der Beschluss über die Verweisung an ein anderes Gericht 736 und zum anderen der über die Abweisung eines Verständigungsantrags wegen Unzulässigkeit.737 Insgesamt ist festzuhalten, dass die Vorschriften des japFGG, die im Verständigungsverfahren entsprechende Anwendung finden, einerseits selbst Verweisungsvorschriften auf das ZPG und seine Durchführungsverordnung enthalten, sich andererseits lediglich auf bestimmte Beschlüsse des Gerichts und der Verständigungskommission beziehen und keine Auswirkungen auf den Verständigungsspruch, dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen sowie etwaige Rechtsmittel dagegen haben. Ein besonderer Einfluss auf die rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens kann ihnen daher nicht zugeschrieben werden.

732

Art. 18, Art. 21 Abs. 5 VerstGA. Art. 17–19 japFGG. 734 Auf diesem Ansatz beruht auch die Arbeitsdefinition unter Kapitel 2 A.III. 735 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 122, 123. 736 Art. 3 Abs. 1 und 2 VerstGA. 737 Art. 6 VerstGA. 733

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(b) Eigene Regelung im VerstGA trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit des japFGG Zu den Regelungen des japFGG, die zwar Anwendung auf das Verständigungsverfahren finden, jedoch von zusätzlichen Regelungen im VerstGA überlagert werden, gehören im Wesentlichen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit 738 sowie über den Antrag und weitere Schriftsätze. 739 Für die örtliche Zuständigkeit gilt im Verständigungsverfahren zum einen, dass entgegen der Regelung im japFGG der Wohnsitz (jūsho) und der Aufenthaltsort (idokoro) nebeneinander als Anknüpfungspunkt in Betracht kommen. 740 Darüber hinaus kommt auch das Distriktgericht des Standortes des letzten Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers in Betracht, womit das VerstGA gegenüber der Regelung des japFGG, aber auch gegenüber dem ZPG und ZSchliG Zugangserleichterungen schafft. Im Hinblick auf den Antrag sowie Schriftsätze im Allgemeinen verschärft das VerstGA die Voraussetzungen im Vergleich zum japFGG. Sowohl der Antrag als auch die weiteren Schriftsätze sind schriftlich einzureichen und können im Gegensatz zum Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht mündlich in das Verfahren eingeführt werden.741 Hinsichtlich des Inhalts von Schriftsätzen verweist die DV VerstGA allgemein auf die entsprechenden Regelungen im Zivilprozess. 742 In Bezug auf den Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens konkretisiert die DV VerstGA zusätzlich die Anforderungen an den Inhalt. So müssen bereits im Antrag die voraussichtlichen Streitpunkte und die diese betreffenden Tatsachen und Beweismittel, sowie die bisher unternommenen Bemühun-gen zur Streitbeilegung inklusive eines Überblicks über die Umstände, die zum Antrag geführt haben, dargestellt werden. 743 Der Antrag im Verständigungsverfahren entspricht daher bereits den Anforderungen an eine Klageschrift im streitigen Verfahren. Die Orientierung am streitigen Prozessverfahren ist darauf zurückzuführen, dass der Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens für den Fall, dass das Verfahren in den streitigen Zivilprozess übergeht, als Klageschrift angesehen wird und insofern den Anforderungen des Zivilprozessverfahrens genügen muss. 744 Diese Erschwernis trifft im Verständigungsverfahren somit 738

Art. 2 Abs. 1 japFGG. Art. 8, Art. 9 japFGG. 740 Das japFGG sieht dem ZPG ähnlich vor, dass die örtliche Zuständigkeit beim Gericht des Wohnsitzes liegt und dass der Aufenthaltsort nur dann relevant wird, wenn der Wohnsitz im Inland nicht besteht oder nicht bekannt ist, Art. 2 Abs. 1 japFGG, vgl. zum ZPG oben Kapitel 4 B.II.a)(2). 741 Art. 8 Abs. 1 japFGG; Art. 5 Abs. 2 VerstGA ordnet Schriftlichkeit des Antrags auf Durchführung des Verständigungsverfahrens an. 742 Art. 7 DV VerstGA verweist auf Art. 2 DV ZPG 743 Art. 9 Abs. 1 DV VerstGA. 744 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 23. 739

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auch die überwiegenden Fälle, die mit einer einvernehmlichen Lösung bzw. ohne Einspruch gegen den Verständigungsspruch enden und offenbart eine Zugangsbarriere, die für alle Verfahren zugunsten eines reibungslosen Übergangs in das Zivilprozessverfahren in Kauf genommen wird. In diesem zweiten Abschnitt finden sich somit Regelungen im VerstGA bzw. der DV VerstGA, die teilweise Erleichterungen und teilweise Erschwernisse im Vergleich zum Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bedeuten. Sowohl die starke Orientierung am streitigen Prozessverfahren im Hinblick auf die formalen Anforderungen des Verständigungsverfahrens als auch die besondere Erleichterung bezüglich der örtlichen Zuständigkeit zeigen, dass die Regelungen des japFGG in dieser Hinsicht als nicht passend empfunden worden sind, so dass auch als Ergebnis der Analyse in der zweiten Kategorie nichts dafür spricht, das Verständigungsverfahren zu den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu zählen. (c) Keine Anwendbarkeit des japFGG Von den Vorschriften des japFGG, die auf das Verständigungsverfahren ausdrücklich keine Anwendung finden, sind im Wesentlichen die Regelungen über die Verweisung an ein anderes Gericht, 745 die Vertretung 746 sowie die Verfahrensgrundsätze zu nennen. 747 Im Hinblick auf diese Bereiche enthält das VerstGA eigene Regelungen, die sich inhaltlich und/oder bezüglich der Formulierung teilweise am Zivilprozess, teilweise aber auch deutlich am ZSchliG orientieren. Die Vertretungssituation ist im VerstGA strenger geregelt als im japFGG. Während in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit neben Rechtsanwälten grundsätzlich auch andere zur Vertretung befähigte Personen als Vertreter auftreten dürfen, steht dieses Recht im Verständigungsverfahren im Grundsatz nur Rechtsanwälten zu. 748 Die Vorschrift für Vertreter, die keine Rechtsanwälte sind, ist genau entgegengesetzt geregelt. Nach den Vorschriften des japFGG kann ein Nicht-Rechtsanwalt unter gewissen Voraussetzungen von der Vertretung ausgeschlossen werden, nach dem VerstGA muss er demgegenüber positiv zugelassen werden, wenn dies vom Gericht als notwendig und angemessen erachtet wird, um den Schutz der Rechtsinteressen der betroffenen Partei und einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens zu garantieren.749 Auch im Hinblick auf den Nachweis der Vertretungsbefugnis nimmt sich das Verständigungsverfahren über einen Verweis auf die DV 745

Art. 3 japFGG. Art. 6, Art. 7 japFGG. 747 Art. 11, Art. 13 japFGG. 748 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 69. 749 Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VerstGA, zur Vertretung durch Nicht-Rechtsanwälte im Verständigungsverfahren siehe auch unter Kapitel 4 B.XII.a). 746

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ZPG 750 den Zivilprozess zum Vorbild und ordnet eine weitaus formellere Vorgehensweise an als das japFGG. Insbesondere die erleichternde Vorschrift, dass die Protokollierung durch einen Gerichtssekretär ausreicht, wenn eine Partei die Vollmacht mündlich erteilt hat, 751 findet auf das Verständigungsverfahren keine Anwendung. Das Verständigungsverfahren ist hier deutlich von dem Wunsch geprägt, im Hinblick auf das Vertretungsrecht und seinen Umfang Streitigkeiten von Anfang an zu vermeiden. 752 Die Bestimmung der Verfahrensgrundsätze, die wesentlich auf den Charakter eines Verfahrens einwirken, überlässt das VerstGA ebenfalls nicht dem japFGG, sondern hält diesbezüglich eigene Vorschriften vor. Obwohl sowohl der Amtsermittlungsgrundsatz als auch der Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit fester Bestandteil des japanischen Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind, sind die entsprechenden Vorschriften ausdrücklich von der Verweisung in Art. 29 VerstGA ausgenommen. Bei einem Blick auf die Regelungen des VerstGA wird deutlich, dass das Vorbild für die Formulierung sowohl im Falle des Amtsermittlungsgrundsatzes als auch bei der NichtÖffentlichkeit in der Verordnung zur Durchführung der zivilen Schlichtung753 (im Folgenden: DV ZSchliG) zu suchen ist. 754 Für den Bereich der Beweiserhebung sieht das VerstGA neben der Erhebung von Amts wegen auch die Erhebung auf Antrag vor.755 Dieser Unterschied zum japFGG wird von Sugeno auf den Umstand zurückgeführt, dass individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten im Gegensatz zu einem Großteil der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Regel einen starken streitigen Charakter haben und eine angemessene Beilegung eher erreicht werden kann, wenn die Parteien alle Angriffs- und Verteidigungsmittel ausschöpfen. 756 Diese Beschreibung und Einordnung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten spricht gegen die Zugehörigkeit des Verständigungsverfahren zur freiwilligen Gerichtsbarkeit, da, wie oben dargestellt, den Beteiligten in den Verfahren nach dem japFGG gerade nicht garantiert wird, dass sie ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel erschöpfend vortragen können. 757 Insofern sind Sugenos Einschätzungen zum Verständigungsverfahren teilweise widersprüchlich, da er einer der Vertreter der Auffassung ist, dass das Verständigungsverfahren der freiwilligen Gerichts750

Art. 6 DV VerstGA i.V.m. Art. 23 DV ZPG. Art. 7 Abs. 3 japFGG. 752 OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006, S. 12; SUGENO/Y AMAKAWA/SAITŌ / JŌZUKA /OTOKOZAWA, 2007, S. 151. 753 Minji chōtei kisoku, Verordnung des Obersten Gerichtshofs Nr. 8 vom 15.09.1951. 754 Der Wortlaut von Art. 12 DV ZSchliG zur Amtsermittlung stimmt mit Art. 17 VerstGA und Art. 10 DV ZSchliG zur Nicht-Öffentlichkeit mit Art. 16 VerstGA überein. 755 Art. 17 Abs. 1 VerstGA. 756 SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 93. 757 SHINDŌ, 2009, S. 12. 751

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Kapitel 4: Beilegung durch die Gerichte

barkeit zuzuordnen sei. Die Regelung zur Öffentlichkeit entspricht ebenfalls derjenigen der DV ZSchliG. 758 Die Parteien sollen sich offen aussprechen können, denn in einem ersten Schritt wird im Verständigungs-verfahren versucht, eine Schlichtung, also eine Lösung im Kompromisswege zu finden, was den Parteien in der Regel leichter fällt, wenn diese Gespräche unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. 759 Der Ausschluss der Öffentlichkeit dient im Verständigungsverfahren somit speziell der Phase der Kompromissfindung und betrifft nicht in erster Linie die Stufe der Entscheidung durch Verständigungsspruch. So erklärt sich auch die Orientierung am Wortlaut der DV ZSchliG. Da die Schlichtungsgespräche im Verständigungsverfahren jedoch, anders als beispielsweise im deutschen arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren die Güteverhandlung, keinen eigenständigen Abschnitt des Verfahrens darstellen, sondern sich mit der Phase der Sachverhaltsermittlung überschneiden, gilt der Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit für das gesamte Verständigungsverfahren. Es wird aber deutlich, dass die Nicht-Öffentlichkeit nicht deshalb eingeführt wurde, weil das Verständigungsverfahren als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit angesehen wird (die entsprechende japFGG Vorschrift ist ausdrücklich nicht von der Verweisung erfasst), sondern weil der Austausch zur einvernehmlichen Beilegung zwischen den Parteien gefördert werden soll. Dies ist aber ein ureigener Ansatz der alternativen Streitbeilegung. (3) Ergebnis Die vorstehende Analyse macht deutlich, dass das Verständigungsverfahren kein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, da es die Besonderheiten dieser Verfahrensart gerade nicht aufweist, sondern die wesentlichen Punkte wie etwa den Inhalt des Verständigungsspruchs, seine Bindungswirkung und Rechtsmittel sowie die Verfahrensgrundsätze eigenständig im VerstGA oder durch Verweisungen in andere Gesetze regelt. Die analoge Anwendung der Bestimmungen des japFGG betrifft überwiegend untergeordnete Aspekte des Verständigungsverfahrens. Die im VerstGA für die Lösung von Streitigkeiten vorgesehenen Beilegungsmöglichkeiten sind die Schlichtung und der Ausspruch eines Verständigungsspruchs. Auf beide Varianten findet das japFGG keine Anwendung. Im Hinblick auf das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Schlichtung wird die entsprechende Vorschrift des ZSchliG analog angewendet. 760 Dieser Teil des Verfahrens ist in der japanischen Literatur unbestritten eine alternative Beilegungsform. Aber auch in Bezug auf die einseitige Entscheidung der Verständigungskommission durch Verständigungsspruch hält das VerstGA 758

Art. 10 DV ZSchliG SUGENO/YAMAKAWA /SAITŌ/JŌZUKA/OTOKOZAWA, 2007, S. 91. 760 Art. 29 VerstGA i.V.m. Art. 16 ZSchliG. 759

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eigene Regelungen vor, die alternative Elemente aufweisen ohne Bezug zum Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu haben. Der Verständigungsspruch hat die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs und ist kein Beschluss nach dem japFGG. Ein wesentlicher Unterschied zur freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht darin, dass der Verständigungsspruch, sollten die Parteien ihm stillschweigend zustimmen, indem sie gerade keinen Einspruch einlegen, der Rechtskraft fähig ist, ebenso wie ein gerichtlicher Vergleich. Die Möglichkeit einer späteren Änderung des Inhalts des Verständigungsspruches besteht nicht. Es bleibt somit bei dem Ergebnis, dass das Verständigungsverfahren ein Verfahren ist, dass zwar teilweise Einflüsse des zivilprozessualen Verfahrens und des Verfahrens nach dem japFGG hat, sich jedoch im Hinblick auf die Entscheidungsform Verständigungsspruch als alternatives Streitbeilegungsverfahren darstellt.

E. Kosten des Verständigungsverfahren I. Kosten für die Parteien Im Gegensatz zu den Verfahren der japanischen Verwaltung ist die Nutzung des Verständigungssystems nicht kostenlos. Die Kosten für ein gerichtliches Verfahren setzten sich zusammen aus den Gerichtskosten und den zusätzlichen Kosten der Parteien, die im Wesentlichen aus Rechtsanwaltsgebühren bestehen. Das Verständigungsverfahren ist mit bestimmten Vergünstigungen im Vergleich zum Zivilprozessverfahren verbunden. Eine solche Lösung war mit Blick auf die unterschiedlichen finanziellen Kraftverhältnisse von Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite auch gefordert worden. Takagi beschrieb die Situation wie folgt: „Es besteht die Sorge, dass die Prozesszahlen schrumpfen, da es für die Arbeitnehmer eine besondere Härte ist, wenn sie im Verlustfall die Kostenlast tragen.“ 761

Die Gerichtskosten im Verständigungsverfahren betragen lediglich die Hälfte der Gerichtskosten des Zivilprozesses und verringern das Kostenrisiko für die Parteien. 762 Die Gerichtskosten sind wie in Deutschland abhängig vom Streitwert. Im Zivilprozess werden bis zu einem Streitwert von 1.000.000 Yen (ca.10.000 Euro) 763 pro 100.000 Yen (ca. 1.000 Euro) 761

TAKAGI , 2003, S. 19. Art. 3 Abs. 1 Tabelle 1 Nr. 14 Zivilprozesskostengesetz regelt die Gerichtskosten für das Verständigungsverfahren und für das Verfahren der zivilen Schlichtung und Art. 3 Abs. 1 Tabelle 1 Nr. 1 Zivilprozesskostengesetz regelt die Kosten des zivilprozessualen Verfahrens. 763 Umrechnungskurs 1 Euro = 98 Yen, 10.07.2012. 762

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1.000 Yen (ca. 10 Euro) Gerichtskosten fällig, im Verständigungsverfahren lediglich 500 Yen (ca. 5 Euro). 764 Von 1.000.000 Yen bis 5.000.000 Yen (ca. 50.000 Euro) Streitwerthöhe betragen die Gerichtskosten pro 200.000 Yen (ca. 2.000 Euro) ebenfalls 1.000 Yen im zivilprozessualen Verfahren und wieder lediglich 500 Yen im Verständigungsverfahren.765 Allerdings ist dies die einzige Ersparnis, die das japanische System für die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Verständigungsverfahren vorsieht. Demgegenüber bietet das deutsche System ein Reihe von Kostenerleichterungen. Zunächst ist das finanzielle Risiko für die Beteiligten und damit insbesondere für die Arbeitnehmer überschaubar, da im deutschen Arbeitsgerichtsprozess in der ersten Instanz jeder seine Kosten selbst trägt, 766 so dass, anders als in Japan, das Risiko, auch die Kosten der Gegenseite übernehmen zu müssen, für die Streitparteien – zumindest erstinstanzlich – nicht gegeben ist. Darüber hinaus wird ein finanzieller Anreiz für eine einvernehmliche Streitbeilegung gegeben, da die Gerichtskosten im Falle eines gerichtlichen Vergleichs entfallen. 767 Der weitaus bedeutendere kostenrechtliche Unterschied zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten ist jedoch, dass im deutschen System die gerichtliche Geltendmachung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten insgesamt durch alle Instanzen hindurch kostenrechtlich normalen zivilrechtlichen Streitigkeiten gegenüber bevorzugt wird. Dies ist im japanischen System anders. Hier werden arbeitsrechtliche Streitigkeiten nicht stringent als solche kostenrechtlich bevorzugt, sondern nur diejenigen, die im Verständigungsverfahren geltend gemacht werden. Sobald das Verfahren nach einem Einspruch in das zivilprozessuale Verfahren übergeht, gelten die Kostenregelungen des Zivilprozesskostengesetzes und die Verfahrenskosten verdoppeln sich sofort. Ein Einspruch im Verständigungsverfahren führt somit automatisch zu erheblich erhöhten Kosten. Zusätzlich zu den Gerichtskosten können Kosten für die Vertretung entstehen. Im Verständigungsverfahren besteht zwar kein Rechtsanwaltszwang, 768 es hat sich jedoch in der Praxis zu einem Verfahren entwickelt, in dem überwiegend Rechtsanwälte beauftragt werden.769 Aus diesem Grund sollten bei einer Darstellung der Kosten die Rechtsanwaltsgebühren Berücksichtigung finden. Japanische Rechtsanwälte erhalten zwei unterschiedliche Arten von Gebühren. 770 Zu Beginn der Mandatsübernahme ist ein Honorarvorschuss 764

Art. 3 Abs. 1 Tabelle 1 Nr. 1 (1) und Nr. 14 (1) Zivilprozesskostengesetz. Art. 3 Abs. 1 Tabelle 1 Nr. 1 (2) und Nr. 14 (2) Zivilprozesskostengesetz. 766 § 12a Abs. 1 ArbGG. 767 Vorbemerkung zu Teil 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. 768 MIZUTANI , 2007, S. 48. 769 YAMAKAWA, 2010, S. 11; UKAI, 2010, S. 76. 770 Eine kurze Erläuterung der Honorare findet sich in shimin no tame no bengo-shi hōshū gaido [Leitfaden zu Rechtanwaltshonoraren für die Bevölkerung] des nihon bengo765

D. Kritische Würdigung des Verständigungsverfahrens

281

(chakushu-kin) zu zahlen, der unabhängig vom Erfolg gezahlt wird. Der zweite Teil des Honorars ist ein Erfolgshonorar (hōshū-kin), das erfolgsabhängig bezahlt wird und im Fall der Niederlage komplett entfällt. Dadurch, dass eine Berechnung der Rechtsanwaltskosten nicht nach einer Gebührenordnung wie etwa dem deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erfolgt, ist eine Ermittlung der Durchschnittskosten nur schwer möglich. Einer Befragung des Verbandes der japanischen Rechtsanwälte aus dem Jahr 2008 lässt sich jedoch deutlich die Tendenz ablesen, dass die Honorare im Fall eines Verständigungsverfahrens geringer ausfallen als im Prozessverfahren. 771 Die Systeme der finanziellen Unterstützung bei der Prozessführung sind in Japan nicht stark ausgeprägt. 772 Prozesskostenhilfe (soshō kyūjo) steht zwar ebenfalls zur Verfügung. Sie bewirkt jedoch lediglich einen Aufschub der Zahlungsverpflichtung. 773 Die Möglichkeit einer Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung ist in Japan nicht sehr verbreitet und besteht für den Bereich arbeitsrechtlicher Streitigkeiten gar nicht. Dadurch, dass sich das Verständigungssystem zu einem System entwickelt hat, bei dem in der überwiegenden Anzahl der Verfahren Rechtsanwälte mit der Vertretung beauftragt werden und somit im Vergleich zu den Beilegungsverfahren in der Verwaltung hohe Kosten entstehen, wird in der japanischen Literatur eine Verbesserung der finanziellen Unterstützungssysteme diskutiert.774 Die weitere Entwicklung in der Zukunft bleibt abzuwarten. II. Vergütung der Verständigungslaienrichter Für ihren Einsatz im Verständigungsverfahren erhalten die Verständigungslaienrichter eine Vergütung sowie Übernachtungs-, Reisekosten und Tagegeld. 775 Die Vergütung (te'ate) erfolgt im Wesentlichen abhängig von dem shi rengōkai [Verband der japanischen Rechtsanwälte], der 2008 auf der Grundlage der Ergebnisse einer Umfrage unter japanischen Rechtsanwälten veröffentlicht wurde, S. 3. 771 Verband der japanischen Rechtsanwälte, Leitfaden zu Rechtanwaltshonoraren für die Bevölkerung, 2008, S. 12. In der dem Leitfaden zugrunde liegenden Umfrage wurden Rechtsanwälte nach ihren Honoraransprüchen in bestimmten Fällen befragt. Das Fallbeispiel aus dem Bereich Arbeitsrecht betraf die Kündigung eines Arbeitnehmers nach 10 jähriger Beschäftigungsdauer und einem Monatsgehalt von 300.000 Yen (ca. 3.000 Euro, Umrechnungskurs 1 Euro = 98 Yen, 10.07.2012). Die Unwirksamkeit der Kündigung wurde im einstweiligen Verfügungsverfahren festgestellt. Der Honorarvorschuss würde bei 45% der befragten Rechtsanwälte 200.000 Yen (ca. 2.000 Euro), bei immerhin 31% 300.000 Yen (ca. 3.000 Euro) betragen und das Erfolgshonorar bei 36% 300.000 Yen und bei 31% 500.000 Yen (ca. 5.000 Euro), so dass das Kostenrisiko im Bezug auf den Rechtsanwalt zwischen 500.000 und 800.000 Yen (8.000 Euro) liegt. 772 SUGENO, 2006, S. 6. 773 Art. 83 ZPG. 774 UKAI , 2010, S. 76. 775 Art. 9 Abs. 4 VerstGA.

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zeitlichen Aufwand der Verständigungslaienrichter in den Terminen. Dauern die Termine weniger als 1,5 Stunden, bekommt jeder Verständigungslaienrichter 13.700 Yen (ca. 140 Euro), 776 dauern sie länger als 1,5 Stunden, erhöht sich die Vergütung auf 20.600 Yen (ca. 210 Euro). Erscheinen zwar die Verständigungslaienrichter, nicht aber die Parteien zu dem Termin, und gibt es entsprechend für die Verständigungslaienrichter nichts zu tun, erhalten sie trotz allem eine reduzierte Vergütung von 6.800 Yen (ca. 70 Euro). 777 Entsprechend der Vorgaben in Art. 9 Abs. 4 VerstGA hat der Oberste Gerichtshof Regelungen zu den Übernachtungskosten (shokuhaku-ryō), Reisekosten (ryohi) und Tagegeld (nittō) in der VLaienRVO getroffen. 778 Diese Kosten werden entsprechend dem Gesetz über die Reisekosten von Staatsbediensteten 779 gezahlt. Für die Fahrtkosten gilt, dass die Kosten für eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln übernommen werden, allerdings nur, wenn die Fahrkarte eingereicht wird. Die zusätzlich anfallenden Kosten für einen Schnellzug (tokkyū-ken) werden allerdings nicht erstattet. 780 Nach bisherigen Erfahrungen werden Übernachtungskosten in der Praxis kaum geltend gemacht.781 776

Art. 9 Abs. 4 VerstGA. Der Oberste Gerichtshofs von Japan (saikō saiban-sho) veröffentlicht auf seinem offiziellen Internetauftritt einige Informationen zum Verständigungsverfahren, darunter auch die Verordnungen und Durchführungsverordnungen, die zu diesem Themenkomplex erlassen worden sind, d.h. die DV VerstGA und die VLaienRVO. Angaben zum Vergütungssystem der Verständigungslaienrichter enthält der Internetauftritt leider nicht. Unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) informiert der Oberste Gerichtshof lediglich darüber, dass die Verständigungslaienrichter für ihre Beschäftigung mit den Verständigungsangelegenheiten eine Vergütung erhalten. Es fehlt jedoch ein Verweis auf eine diesbezüglich geschaffende Rechtsvorschrift, wie sie in Art. 9 Abs. 4 VerstGA gefordert ist. Art. 9 Abs. 4 VerstGA lautet: „Die Vergütung der Verständigungslaienrichter wird nach einer gesondert festzulegenden gesetzlichen Bestimmung ausgezahlt, die Übernachtungs- und Reisekosten sowie das Tagegeld werden durch den Obersten Gerichtshof festgelegt“. Ob und in welchem Umfang eine solche rechtliche Bestimmung geschaffen worden ist, bleibt unklar. Die Verfasserin hat die im Text genannten Informationen zur Vergütung auf Anfrage von dem Verband der japanischen Gewerkschaften (nihon rōdō kumiai sō-rengō-kai, kurz auch rengō genannt) erhalten. Das entsprechende Emailschreiben vom 28.01.2014 liegt der Verfasserin vor. Auch in diesem Schreiben ist nicht Bezug auf eine konkrete Rechtsvorschrift genommen worden. 778 Art. 7 VLAienRVO. 779 Kokka kōmu-in tō no kyohi no shikyū ni kan suru hōritsu, Gesetz Nr. 114 vom 30.04.1950. 780 Emailschreiben des Verbandes der japanischen Gewerkschaften vom 28.01.2014. 781 Emailschreiben des Verbandes der japanischen Gewerkschaften vom 28.01.2014. Rengō erklärt in diesem Schreiben, dass der Oberste Gerichtshof von Japan auf Anfrage hin erklärt habe, Übernachtungskosten würden wohl bezahlt werden müssen (shikyū sareru to omowareru). 777

Kapitel 5

Schlusswertung Kapitel 5: Schlusswertung

Das japanische System der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten ist im neuen Jahrtausend einschneidenden Veränderungen unterzogen worden. Es hat sich eine komplexe Struktur von Verfahren entwickelt, die zum einen in der japanischen Verwaltung und zum anderen in der japanischen Justiz angesiedelt sind (Abb. 10). Die meisten Verfahren bedienen sich zur Beilegung der Konflikte einer Kommission, die mit Fachleuten in Arbeitssachen besetzt ist. Allen Verfahren ist gemeinsam, dass sie dem Bereich der alternativen Streitbeilegung zuzuordnen sind. Verfahren der Justiz

Verfahren der Verwaltung

Zentralstaatsebene

Distriktgericht

Arbeitsbehörde

Seit 2006

Seit 2001

Verständigungskommission -Verständigung-

Allgemeine Beratungsstellen - Beratung -

Präfekturebene

Arbeitspolitisches Büro

Arbeitskommission

Seit 2001

Beratung

u.U. Beratung

u.U. Vermittlung

Vermittlung

Leiter der Arbeitsbehörde - Ratschlag/Anleitung Zivilprozess über 3 Instanzen

Streitregulierungskommission - Vermittlung -

Abb. 10: Überblick über die Verfahren zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan

In der Verwaltung sind im Jahr 2001 verschiedene Vermittlungsverfahren eingerichtet worden. Diese Verfahren verfügen über die Besonderheit, dass der Austausch zum Erreichen einer einvernehmlichen Lösung in der Regel nicht direkt zwischen den Parteien stattfindet, sondern durch Einzelgespräche mit dem neutralen Dritten erfolgt. Die Streitregulierungskommissionen und die Arbeitskommissionen dürfen den Streitparteien auch einen Lösungsvor-

284

Kapitel 5: Schlusswertung

schlag unterbreiten, was zwar der einvernehmlichen Beilegung dient, jedoch dogmatisch unsauber ist und die Verfahren genau genommen zu Schlichtungsverfahren macht. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Verfahren der Verwaltung ist ihre Kostenfreiheit. In der Justiz ist im Jahr 2006 das Verständigungsverfahren eingeführt worden. Damit verfügt Japan erstmals in seiner Geschichte über ein gerichtliches Verfahren speziell zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten. Die große Errungenschaft des Verständigungssystems ist, dass die gerichtliche Beilegung nunmehr unter Beteiligung von Fachlaien der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite erfolgt. Ein eigenständiges, über drei Instanzen laufendes Prozessverfahren ist mit dem VerstGA jedoch nicht geschaffen worden, denn die Entscheidung im Verständigungsverfahren, der Verständigungsspruch, verliert ihre Wirksamkeit durch bloßen Einspruch. Der Verständigungsspruch ist demnach eher wie ein Entscheidungsvorschlag ausgestaltet als wie ein Urteil. Durch den Einspruch lehnen die Parteien diesen Vorschlag ab, durch Stillschweigen nehmen sie ihn an. Eine solche Beilegung, die – wenn auch indirekt – vom Willen der Streitparteien abhängt, ist eine alternative Streitbeilegungsmethode. Für die japanische Streitbeilegungslandschaft bedeutet diese rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens, dass alle Verfahren, die in den letzten Jahrzehnten zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten entwickelt worden sind, als alternative Verfahren zu klassifizieren sind. Dies bedeutet weiter, dass eine Partei, die einen individualarbeitsrechtlichen Anspruch im Rahmen eines streitigen Verfahrens geltend machen möchte, in Japan weiterhin auf das zivilprozessuale Verfahren angewiesen ist. An dieser grundlegenden Feststellung hat sich trotz der erheblichen Anstrengungen der japanischen Regierung seit dem Ende der 1990er Jahre und der bedeutenden und umfangreichen Reformierung des Streitbeilegungssystems bis heute nichts geändert. Eine Stärkung der Justiz im Sinne einer Stärkung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch eine Reformierung der klassischen streitigen Prozessverfahren der Justiz ist durch das Verständigungssystem demnach nicht erreicht worden. Hinsichtlich der zahlenmäßigen Nutzung der Justiz ist seit dem Inkrafttreten des VerstGA allerdings eine positive Entwicklung zu verzeichnen, so dass insofern von einer Stärkung der Justiz gesprochen werden kann. Zum Abschluss noch eine Bemerkung: Japan verfügt zweifellos über ein umfangreiches System zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten und misst der Beteiligung von Fachleuten in diesen speziell errichteten Verfahren sicher eine große Bedeutung zu. Die Analyse der Verfahren im Rahmen der vorliegenden Arbeit führt jedoch auch zu der Erkenntnis, dass Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite weder im Zivilprozess noch im Schiedsverfahren vor den Arbeitskommissionen mitwirken und das bedeutet, dass die Fachlaien in Japan immer dann von der Beteiligung an Streitbeilegung ausge-

Kapitel 5: Schlusswertung

285

schlossen werden, wenn ein Spruchkörper eine verbindliche Entscheidung treffen darf. Weshalb der japanische Gesetzgeber zwar „Ja“ zur Fachbeteiligung in der alternativen Streitbeilegung sagt, aber „Nein“ im streitigen Verfahren, ist ein spannendes Thema für die Zukunft, bleibt an dieser Stelle aber unbeantwortet.

Anhänge A. Statistiken A. Statistiken

I. Statistiken zum BFördG Tab. 1: Zahl der Beratungen bei den Allgemeinen Beratungsstellen der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011

1.200.000

800.000

400.000

0 2001 (Okt.Dez.)

2002

2003

2004

2005

Beratungen gesamt

2006

2007

2008

2009

2010

Beratungen zivilrechtlicher Art

2011

288

Anhänge

Tab. 2: Zahl der erledigten Ratschläge/Anleitungen durch die Leiter der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011

12000 10000 8000 6000 4000 2000 0

2001 (Okt.- 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Dez.)

erledigte Verfahren

354 2.244 4.339 5.279 6.345 5.750 6.592 7.546 7.743 7.673 9.580

Ratschlag

154 1.641 3.920 4.980 6.006 5.428 6.409 7.339 7.537 7.486 9.324

Anleitung

33

90

34

17

5

1

8

7

0

0

1

289

A. Statistiken

Tab. 3: Gegenstände der Beratungen in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher Natur nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2011 MGWA, Statistik BFördG 2001

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0 2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Kündigung Verschlechterte Arbeitsbedingugen Mobbing, Belästigung Ausscheidensaufforderung Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses Versetzung, Entsendung Beschäftigungsverwaltung Stellenangebote, Einstellung Rücknahme der inoffiziellen Festlegung der Einstellung Ausbildung, Familienplfegesonderurlaub Sonstiges zu den Arbeitsbedingungen Sonstiges

2010

2011

290

Anhänge

Tab. 4: Gegenstände der beantragten Ratschläge/Anleitungen durch die Leiter der Arbeitsbehörden nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2009–2011 MGWA, Statistik BFördG 2001 50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0 2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Kündigung Mobbing, Belästigung Verschlechterte Arbeitsbedingugen Ausscheidensaufforderung Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses Versetzung, Entsendung Beschäftigungsverwaltung Rücknahme der inoffiziellen Festlegung der Einstellung Stellenangebote, Einstellung Sonstiges zu den Arbeitsbedingungen Sonstiges

2010

2011

291

A. Statistiken

Tab. 5: Gegenstände der beantragten Vermittlungsverfahren durch die Streitregulierungskommissionen nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2009–2011 MGWA, Statistik BFördG 2001 50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0 2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Kündigung Mobbing, Belästigung Verschlechterte Arbeitsbedingugen Ausscheidensaufforderung Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses Versetzung, Entsendung Beschäftigungsverwaltung Rücknahme der inoffiziellen Festlegung der Einstellung Sonstiges zu den Arbeitsbedingungen Sonstiges

2010

2011

292

Anhänge

Tab. 6: Zahl der erledigten Vermittlungsverfahren durch die Streitregulierungskommissionen nach Geschäftsjahren Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: MGWA, Statistik BFördG 2001–2011.

10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0

erledigte Verfahren

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 (Okt.308 2.882 5.100 5.878 6.856 6.793 7.034 7.920 8.096 6.416 6.362

Einigung

57

Rücknahme

41

Abbruch

44

1.086 2.154 2.638 2.961 2.686 2.700 2.647 2.837 2.362 2.438 394

467

480

450

508

522

587

517

394

361

1.388 2.439 2.700 3.406 3.566 3.777 4.654 4.705 3.629 3.550

293

A. Statistiken

II. Statistiken des Beratungszentrums der Präfektur Tokio Tab. 7: Häufige Gegenstände der Beratungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2011

16

12

8

4

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Kündigung

12,5

13,2

13,5

14,2

11,6

10,6

11,0

9,7

9,6

11,4

8,8

Belästigung

-

-

-

3,7

5,5

5,9

-

-

6,4

7,5

7,5

9,8 7,4

Ausscheiden

5,2

5,7

5,4

5,4

5,9

6,0

6,1

6,4

9,1

11,0

9,8

10,7

Ausstehende Entgeltzahlung

10,4

10,7

10,8

11,3

11,1

9,7

11,0

9,7

8,3

7,4

7,8

7,2

Arbeitsvertrag

-

6,8

7,5

7,4

8,5

8,7

8,9

8,6

6,9

6,6

7,5

7,2

294

Anhänge

Tab 8: Beratungsanfrage durch Arbeitnehmer/Arbeitgeber nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2011

100,0

80,0

60,0

40,0

20,0

0,0

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Arbeitgeber

23,9

21,2

19,6

18,9

20,0

19,8

21,2

22,0

19,3

18,1

18,1

17,5

Arbeitnehmer

66,7

68,9

69,3

70,5

74,4

73,7

73,1

72,0

73,7

75,4

75,9

77,1

295

A. Statistiken

Tab. 9: Häufige Gegenstände der Vermittlungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2011 40

30

20

10

0

2001

2002

2003

2004

2005 2006

2007

2008

2009

2010

2011

Kündigung

30,7

31,7

34

24,8

25,9

19,9

19,9

20,5

19,3

15,5

16,8

Ausstehende Entgeltzahlung

26,2

24,8

23,2

27,7

27,9

25,4

20,4

14,8

12,6

12

11,9

Ausscheiden

-

-

-

8,1

-

9,9

6,8

11,2

11,1

11,9

12,6

Belästigung

-

-

-

-

-

5,9

8,0

9,4

7,2

7,6

6,0

18,4

21,2

24,4

-

-

-

-

4,8

5,2

5,1

6,1

Arbeitsvertrag

296

Anhänge

Tab 10: Inhalt der Einigungen im Vermittlungsverfahren des Beratungszentrums der Präfektur Tokio im Geschäftsjahr 2008 (in %) Die Werte stammen aus folgender Statistik: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008

Finanzielle Einigung 38,0

Weiterbeschäftigung 54,1

Entschuldigung Sonstiges

1,5 6,4

297

A. Statistiken

Tab. 11: Dauer der Vermittlungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2011 50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Unter 10 Tagen

40,6

37,9

36,4 36,3

40,1

38,5 37,3

39,1 34,4 38,0

34,4

10-19 Tage

20,8

18,0

19,9 18,2

18,4

19,2 18,0

17,7 20,3 14,9

16,6

20-29 Tage

12,8

14,8

12,3 12,8

12,1

12,6 10,4

13,2 12,6 11,6

14,5

30-39 Tage

8,5

9,0

9,5

8,7

7,3

9,0

8,3

8,0

9,7

7,5

10,3

40-49 Tage

5,2

5,4

5,4

6,0

5,6

4,4

5,4

6,8

5,9

3,9

4,0

Über 50 Tage

12,1

14,8

16,5 18,1

16,5

16,3 20,6

15,2 17,0 24,1

20,3

298

Anhänge

Tab. 12: Dauer der Beratungen durch das Beratungszentrum der Präfektur Tokio nach Geschäftsjahren (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001–2008 10000%

8000%

6000%

4000%

2000%

0%

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Unter 30 Minuten

67,7

73,0

71,1

74,5

75,6

77,4

75,9

74,6

30 Minuten - 1 Stunde

18,0

15,4

16,1

14,4

13,7

12,0

13,4

14,9

Über 1 Stunde

14,3

11,6

12,8

11,0

10,7

10,6

10,7

10,5

299

A. Statistiken

III. Statistiken der Arbeitskommissionen (Tab. 13) Tab. 13: Dauer der Vermittlungen bei den Arbeitskommissionen der Präfekturen (in %) Die Werte setzen sich aus folgenden Statistiken zusammen: Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009, S. 134 Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008, S. 119 Zentrale Arbeitskommission, Vergleichsstatistik 2006–2010 8000%

6000%

4000%

2000%

0%

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Unter 1 Monat

71,8

65,8

54,6

65,6

68,2

59,5

46,9

47,1

1- 2 Monate

19,5

26,6

29,1

28,0

27,9

28,8

38,8

40,3

8,7

7,6

16,3

6,4

3,9

11,7

14,3

12,6

Über 2 Monate

300

Anhänge

B. Gesetzesübersetzungen B. Gesetzesübersetzungen

I. Gesetz über das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen (rōdō shinpan hō) Verkündet am 12.05.2004, Inkrafttreten am 01.04.2006 (Zweck) Artikel 1 Zweck dieses Gesetzes ist es, im Falle zivilrechtlicher Streitigkeiten zwischen einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsvertrages oder in anderen Angelegenheiten rund um das Arbeitsverhältnis (im Folgenden: individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten) nach einer raschen, angemessenen und effektiven Streitbeilegung zu streben, die sich am tatsächlichen Sachverhalt orientiert, im Gericht untersucht eine Kommission, bestehend aus Berufsrichtern und Personen, die über besondere Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Arbeitsbeziehungen verfügen, die Sache auf Antrag einer betroffenen Partei. Und versucht zu schlichten, wenn die Möglichkeit einer Streitbeilegung durch Schlichtung besteht; für die Fälle, in denen es nicht zu einer Beilegung durch Schlichtung kommt, ist ein Verfahren zur Entscheidung durch einen arbeitsrechtlichen Verständigungsspruch (Der Verständigungsspruch ist notwendig für eine Streitbeilegung, die sich am tatsächlichen Sachverhalt orientiert und auf den rechtlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Parteien der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit basiert) errichtet worden (im Folgenden: Verständigungsverfahren in Arbeitssachen). (Zuständigkeit) Artikel 2 In Fällen des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen (im Folgenden: Verständigungsangelegenheit) ist das Distriktgericht des Wohnsitzes, des Aufenthaltsortes, der Geschäftsstelle oder des Bürositzes der Gegenseite zuständig, oder das Distriktgericht am Standort des Betriebs des betreffenden Arbeitgebers, in dem der betreffende Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet bzw. zuletzt gearbeitet hat, wenn die individualarbeitsrechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dort ihren Ursprung hat, oder das Distriktgericht, auf das sich die Parteien übereinstimmend einigen. (Verweisung) Artikel 3 (1) Das angerufene Gericht verweist die Verständigungsangelegenheit auf Antrag oder von Amts wegen an das zuständige Gericht, wenn es feststellt, dass die gesamte Streitigkeit oder ein Teil der Streitigkeit nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt. (2) Auch in den Fällen, in denen die Verständigungsangelegenheit in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes fällt, kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Angelegenheit ganz oder zum Teil an ein anderes, ebenfalls zuständiges Gericht verweisen, wenn es feststellt, dass dies zur Streitbeilegung angemessen ist. (Vertreter) Artikel 4 (1) Im Verständigungsverfahren in Arbeitssachen dürfen außer denjenigen Stellvertretern, die durch Gesetz zur Vornahme gerichtlicher Handlungen befugt sind, Personen, die keine Rechtsanwälte sind, keine Stellvertreter werden. Allerdings kann das Gericht zulassen,

B. Gesetzesübersetzungen

301

dass eine Person, die nicht Rechtsanwalt ist, die Vertretung übernimmt, wenn das Gericht dies als notwendig und angemessen erachtet, um den Schutz der Rechtsinteressen der betroffenen Parteien und einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten. (2) Das Gericht kann die Zulassung nach Absatz 1 in schriftlicher Form widerrufen. (Antrag auf das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen) Artikel 5 (1) Die betroffenen Parteien können zur Beilegung einer individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit einen Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen stellen. (2) Der Antrag nach Absatz 1 muss den Zweck des Antrags und die Gründe enthalten und ist in Schriftform einzureichen. (Abweisung eines unzulässigen Antrags) Artikel 6 Das Gericht muss einen Antrag durch Beschluss abweisen, wenn es feststellt, dass der Antrag auf das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen unzulässig ist. (Verständigungskommission in Arbeitssachen) Artikel 7 Das Verständigungsverfahren wird im Gericht von einer Verständigungskommission durchgeführt, die aus einem Berufsrichter (im Folgenden: Verständigungsrichter) und aus zwei Verständigungslaienrichtern besteht. (Ernennung der Verständigungsrichter) Artikel 8 Die Verständigungsrichter werden aus der Mitte der Richter des zuständigen Distriktgerichts ernannt. (Verständigungslaienrichter) Artikel 9 (1) Die Verständigungslaienrichter, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes an dem Verständigungsverfahren beteiligt sind, das die Verständigungskommission in Arbeitssachen durchführt, erfüllen alle Aufgaben, die für die Erledigung der jeweiligen Angelegenheit notwendig sind nach neutralen und fairen Gesichtspunkten. (2) Die Verständigungslaienrichter werden aus der Gruppe derjenigen ernannt, die über besondere Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Arbeitsbeziehungen verfügen. (3) Verständigungslaienrichter stehen in einem außerordentlichen Anstellungsverhältnis. Über die Regelungen in den vorangehenden Absätzen hinaus, legt der Oberste Gerichtshof die für die Ernennungen und Entlassungen notwendigen Punkte fest. (4) Die Vergütung der Verständigungslaienrichter wird nach einer gesondert festzulegenden gesetzlichen Bestimmung ausgezahlt, die Übernachtungs- und Reisekosten sowie das Tagegeld werden durch den Obersten Gerichtshof festgelegt. (Bestimmung der Verständigungslaienrichter) Artikel 10 (1) Für jede Verständigungsangelegenheit bestimmt das Gericht diejenigen Verständigungslaienrichter, die die Verständigungskommission bilden.

302

Anhänge

(2) Bei der Benennung der Verständigungslaienrichter nach Absatz 1 muss das Gericht durch eine entsprechende Würdigung der Fachkenntnisse der Verständigungslaienrichter sowie der übrigen Umstände für eine angemessene Zusammensetzung der Verständigungslaienrichter in der Verständigungskommission Sorge tragen. (Ausschluss eines Verständigungslaienrichters) Artikel 11 Für den Ausschluss eines Verständigungslaienrichters gelten die Artikel 23, 25 und 26 des Zivilprozessgesetzes (Gesetz Nr. 109/1996) entsprechend. (Beschlussfassung) Artikel 12 (1) Die Beschlüsse der Verständigungskommission basieren auf Mehrheitsentscheidungen. (2) Die Beratung der Verständigungskommission erfolgt geheim (unter Ausschluss der Öffentlichkeit). (Leitung des Verfahrens) Artikel 13 Der Verständigungsrichter leitet die Verständigungsverfahren in Arbeitssachen. (Verfahrenstermin) Artikel 14 Der Verständigungsrichter bestimmt den Termin für das Verständigungsverfahren und muss die Beteiligten der Angelegenheit laden. (rasches Verfahren) Artikel 15 (1) Die Verständigungskommission muss sich unverzüglich den Parteivortrag anhören und die Streitpunkte sowie die Beweismittel ordnen. (2) Das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen muss innerhalb von drei Terminen beendet werden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen. (Nichtöffentliches Verfahren) Artikel 16 Das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen ist nicht öffentlich. Die Verständigungskommission kann jedoch die Anwesenheit einzelner zulassen, wenn sie dies für angemessen erachtet. (Beweiserhebung) Artikel 17 (1) Die Verständigungskommission untersucht den Tatbestand von Amts wegen und kann auf Antrag oder von Amts wegen Beweis erheben, wenn sie dies für notwendig erachtet. (2) Für die Beweiserhebung gelten die Vorschriften des Zivilprozessgesetzes entsprechend. (Kostenlast im Fall der Schlichtung) Artikel 18 Im Fall einer Schlichtung tragen die Parteien diejenigen Kosten selbst, die in der Schlichtungsvereinbarung nicht Gegenstand einer Regelung zur Verteilung der Kostenlast sind.

B. Gesetzesübersetzungen

303

(Schluss der Verhandlung) Artikel 19 Wenn die Verständigungskommission die Verhandlung beendet, muss sie dies im Termin des Verständigungsverfahrens bekannt geben. (Verständigungsspruch in Arbeitssachen) Artikel 20 (1) Die Verständigungskommission fällt einen Spruch zur Verständigung basierend auf der durch die Untersuchung festgestellten Rechtsbeziehung zwischen den beteiligten Parteien sowie dem Verlauf des Verfahrens. (2) In dem Verständigungsspruch kann die Rechtsbeziehung zwischen den beteiligten Parteien feststellt, Geldzahlungen, die Übergabe von Sachen sowie sonstige Vermögensleistungen bestimmt und weitere Anordnungen, die als angemessen angesehen werden, um eine Lösung der individualarbeitsrechtlichen Streitigkeit zu erreichen, getroffen werden. (3) Der Verständigungsspruch muss den Tenor und die wesentlichen Gründe enthalten, schriftlich abgefasst sein und veröffentlich werden. (4) Der gemäß Absatz 3 schriftlich abgefasste Verständigungsspruch muss den Parteien zugestellt werden. Die Wirksamkeit des Verständigungsspruchs tritt mit dem Zeitpunkt der Zustellung ein. (5) Hinsichtlich der Zustellung des schriftlich abgefassten Verständigungsspruchs gemäß Absatz 4 finden die Vorschriften des Zivilprozessgesetzes, Erstes Buch, Kapitel 5, Abschnitt 4 (ausgenommen Artikel 104, 110–113) entsprechende Anwendung. (6) Ungeachtet der Regelung in Absatz 3 kann die Verständigungskommission, wenn dies angemessen erscheint, die schriftliche Abfassung dadurch ersetzen, dass sie den Tenor und die Hauptgründe des Verständigungsspruchs im Termin, zu dem alle Beteiligten erschienen sind, mündlich bekannt gibt. In diesem Fall tritt die Wirksamkeit des Verständigungsspruchs mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe ein. (7) Ist das Verfahren um den Verständigungsspruch entsprechend der Bestimmungen des vorstehenden Artikels durchgeführt worden, muss das Gericht den Tenor und die Hauptgründe durch den Gerichtssekretär protokollieren lassen. (Einspruch) Artikel 21 (1) Die Parteien können innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen Einspruch gegen den Verständigungsspruch bei Gericht einlegen; im Fall der Zustellung gemäß Artikel 20 Absatz 4 beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der Zustellung, im Fall der Bekanntgabe nach Absatz 6 desselben Artikels mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe. (2) Stellt das Gericht fest, dass der Einspruch nicht zulässig ist, muss es ihn durch Beschluss als unzulässig abweisen. (3) Ist der Einspruch zulässig, verliert der Verständigungsspruch seine Wirksamkeit. (4) Ist der Einspruch unzulässig, wirkt der Verständigungsspruch wie ein gerichtlicher Vergleich. (5) Im Fall des Absatzes 4 tragen die Parteien diejenigen Kosten selbst, über die der Verständigungsspruch keine Bestimmung zur Kostenlast enthält. (Fiktive Klageerhebung) Artikel 22 (1) Ist der Einspruch gegen den Verständigungsspruch zulässig, wird der ursprüngliche Antrag auf Durchführung des Verständigungsverfahren als Klageerhebung vor dem Dist-

304

Anhänge

riktgericht, vor dem die Verständigungsangelegenheit zum Zeitpunkt der Herbeiführung des betreffenden Verständigungsspruchs anhängig war angesehen; als Zeitpunkt für die Klageerhebung gilt der des ursprünglichen Antrags. (2) Für die Fälle, in denen gemäß Absatz 1 die Klageerhebung fingiert wird, ist das in Absatz 1 genannte Distriktgericht zuständig. (3) Auf die Fälle, in denen gemäß Absatz 1 die Klageerhebung fingiert wird, finden die Artikel 137, 138 und 158 des Zivilprozessgesetzes Anwendung, wobei der schriftliche Antrag nach Artikel 5 Absatz 2 dieses Gesetzes als Klageschrift angesehen wird. (Widerruf des Verständigungsspruchs) Artikel 23 (1) In Fällen, in denen der gemäß Artikel 20 Absatz 4 schriftlich verfasste Verständigungsspruch zugestellt werden muss, muss das Gericht den Verständigungsspruch durch Beschluss widerrufen, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt: (a) der Wohnsitz, der Aufenthaltsort oder weitere Zustellungsorte der Parteien sind unbekannt, (b) die Zustellung gemäß Artikel 107 Absatz 1 des Zivilprozessgesetzes, der gemäß Artikel 20 Absatz 5 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung findet, kann nicht erfolgen, (c) die Zustellung hat im Ausland zu erfolgen, ist gemäß Artikel 108 des Zivilprozessgesetzes, der gemäß Artikel 20 Absatz 5 dieses Gesetzes entsprechend anzuwenden ist, jedoch nicht möglich oder wird als nicht möglich erachtet, (d) mit dem Ablauf von 6 Monaten nach der Beauftragung der zuständigen ausländische Behörde gemäß Artikel 108 des Zivilprozessgesetzes, der gemäß Artikel 20 Absatz 5 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung findet, ist die schriftliche Bestätigung der Zustellung nicht erfolgt. (2) Artikel 22 findet entsprechende Anwendung, wenn Verständigungsspruch in Arbeitssachen gemäß Absatz 1 widerrufen worden ist. (Beendigung der Sache ohne Verständigungsspruch) Artikel 24 (1) Die Verständigungskommission kann die Verständigungsangelegenheit enden lassen, wenn sie in Anbetracht der Fallumstände die Durchführung des Verfahrens für eine schnelle und angemessene Lösung der Streitigkeit als nicht geeignet erachtet. (2) Auf Verständigungsangelegenheiten, die nach Absatz 1 beendet werden, findet Artikel 22 entsprechende Anwendung. In diesen Fällen liest man den Abschnitt „[...] vor dem die Verständigungsangelegenheit zum Zeitpunkt der Herbeiführung des betreffenden Verständigungsspruchs anhängig war.“ innerhalb von Artikel 22 Absatz 1 wie folgt: „[...] vor dem die Verständigungsangelegenheit zum Zeitpunkt ihrer Beendigung anhängig war.“. (Kostenlast) Artikel 25 Das Gericht kann, wenn die Verständigungsangelegenheit beendet worden ist, auf Antrag oder von Amts wegen einen Beschluss über die Kostenverteilung für das betreffende Verständigungsverfahren erlassen (mit Ausnahme der Fälle nach Artikel 18 und Artikel 21 Absatz 5), wenn es dies für notwendig erachtet.

B. Gesetzesübersetzungen

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(Akteneinsicht) Artikel 26 (1) Die betroffenen Parteien sowie Dritte, die ein eigenes Interesse glaubhaft gemacht haben, können bei dem Gerichtsschreiber Einsicht in die Akte oder in eine Kopie der Akte, die Aushändigung von beglaubigten Abschriften, einfachen Kopien oder nur eines Auszuges sowie die Aushändigung eines Nachweises zu einzelnen Punkten, die die Verständigungsangelegenheit betreffen fordern. (2) Die Bestimmungen der Artikel 91 Absatz 4 und Absatz 5 sowie Artikel 92 des Zivilprozessgesetzes finden entsprechende Anwendung auf die in Absatz 1 genannten Unterlagen. (Aussetzung des Prozessverfahrens) Artikel 27 Ist zum Zeitpunkt des Antrages auf Durchführung des Verständigungsverfahrens bereits ein Prozessverfahren anhängig, kann das verhandelnde Gericht das laufende Prozessverfahren bis zum Abschluss der Verständigungsangelegenheit aussetzen. (sofortige Beschwerde) Artikel 28 Gegen einen Beschluss nach den Bestimmungen der Artikel 3 Absatz 1 und Absatz 2, Artikel 6, Artikel 21 Absatz 2, Artikel 23 Absatz 1 sowie Artikel 25 kann sofortige Beschwerde eingelegt werden. (Entsprechende Anwendung des Gesetzes über das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Gesetzes über die Schlichtung in Zivilsachen) Artikel 29 Auf Verständigungsangelegenheiten finden das erste Kapitel des Gesetzes über das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Gesetz Nr. 14 aus dem Jahr 31 Meiji (1998)) (mit Ausnahme der Bestimmungen in Artikel 3, 6, 7, des Teils von Artikel 10, der die entsprechende Anwendung der Regelungen des Zivilprozesses bezüglich des Zeugenbeweises sowie der Begutachtung anordnet sowie der Bestimmungen in Artikel 11, 13, 15, 21 und 32) sowie die Bestimmungen der Artikel 11, 12, 16 und 36 des Gesetzes über die Schlichtung in Zivilsachen (Gesetz Nr. 222 aus dem Jahr 26 Showa (1951)) entsprechende Anwendung. In diesen Fällen ist die Formulierung „die Kosten für das vorgerichtliche Verfahren und die gerichtliche Bekanntmachung“ in Artikel 26 des Gesetzes über das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu lesen als „die Kosten für das Verfahren in der Verständigungsangelegenheit“, die Formulierung „Schlichtung“ in Artikel 11 des Gesetzes über die Schlichtung in Zivilsachen ist zu lesen als „Verständigungsverfahren in Arbeitssachen“, „Schlichtungskommission“ als „Verständigungskommission“, „Schlichtungsverfahren“ als „Verständigungsverfahren“ und „Schlichtungskommission“ in Artikel 12 Absatz 1 desselben Gesetzes als „Verständigungskommission“, „der Schlichtung“ als „der Schlichtung oder des Verständigungsspruch“, „Maßnahmen vor der Schlichtung“ als „Maßnahmen vor der Schlichtung oder dem Verständigungsspruch“ und „vor Artikel 2“ in Artikel 13 Absatz 1 desselben Gesetzes als „Artikel 31 und 32 des Verständigungsgesetzes (Gesetz Nr. 45 aus dem Jahr 16 Heisei (2004))“.

306

Anhänge

(Verordnungen des Obersten Gerichtshofs) Artikel 30 Über die in diesem Gesetz geregelten Punkte hinaus werden alle notwendigen Belange, die das Verständigungsverfahren betreffen, durch Verordnung des Obersten Gerichtshofs geregelt. (Sanktion bei Nichterscheinen) Artikel 31 Erscheint eine Person, die eine richterliche Ladung erhalten hat, ohne rechtfertigenden Grund nicht, verhängt das Gericht eine Geldstrafe bis zu 50.000 Yen. (Sanktion bei Verstoß gegen Maßnahmen) Artikel 32 Befolgt eine beteiligte Partei eine Maßnahme nach Artikel 12 des Gesetzes über die Schlichtung in Zivilsachen, das gemäß Artikel 29 dieses Gesetzes entsprechend anwendbar ist, ohne rechtfertigenden Grund nicht, verhängt das Gericht eine Geldstrafe bis zu 100.000 Yen. (Weitergabe von Informationen aus der geheimen Beratung) Artikel 33 Wenn ein derzeitiges oder früheres Verständigungskommissionsmitglied den Verlauf der Beratungen, den Standpunkt des Verständigungskommissionsrichters oder eines Verständigungskommissionsmitglieds oder ähnliches ohne rechtfertigenden Grund weitergibt, verhängt das Gericht eine Geldstrafe bis zu 300.000 Yen. (Straftat der Weitergabe von Daten über Personen) Artikel 34 Wenn ein derzeitiges oder früheres Verständigungskommissionsmitglied Daten von den Personen, die über die Dinge, die offiziell behandelt werden, Bescheid wissen, ohne rechtfertigenden Grund weitergibt, verhängt das Gericht eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 500.000 Yen.

B. Gesetzesübersetzungen

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II. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Verständigung in Arbeitssachen (rōdō shinpan kisoku) Verordnung des Obersten Gerichtshof Nr. 2 vom 11.01.2005 (Zweck) Artikel 1 Diese Verordnung legt Bestimmungen über das Verständigungsverfahren nach dem Gesetz über die Verständigung in Arbeitssachen (Gesetz Nr. 45 aus 2004, im Folgenden als Gesetz bezeichnet) fest, die über die Bestimmungen im Gesetz hinausgehen. (Pflichten der Parteien) Artikel 2 Die Parteien reichen in einem frühen Stadium ihre Behauptungen und Beweismittel ein, bemühen sich um ein planmäßiges und rasches Fortschreiten des Verständigungsverfahrens und müssen das Verständigungsverfahren redlich und ehrlich ausführen. (Form der Einigung über die Zuständigkeit - Artikel 2 des Gesetzes) Artikel 3 Die Einigung nach Artikel 2 des Gesetzes muss schriftlich festgehalten werden. (Form des Antrags auf Verweisung – Artikel 3 des Gesetzes) Artikel 4 (1) Der Antrag auf Verweisung nach Artikel 3 des Gesetzes muss schriftlich gestellt werden, es sei denn, er findet in einem Termin des Verständigungsverfahrens statt. (2) Wird ein Antrag nach Absatz 1 gestellt, müssen die Gründe für den Antrag klar gemacht werden. (Form des Antrags auf Zulassung eines Vertreters – Artikel 4 des Gesetzes) Artikel 5 (1) Der Antrag auf Zulassung nach Artikel 4 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes muss schriftlich gestellt werden und neben dem Namen desjenigen, der Vertreter werden soll, seiner Anschrift, seinem Beruf und der Beziehung zur Partei sowie eine Darstellung der Grunde für den betreffenden Antrag enthalten. (2) Dem Schriftstück nach Absatz 1 muss ein Nachweis über die Beziehung zwischen der Partei und dem Vertreter beigelegt werden. (Nachweis des Vertretungsrechts – Artikel 4 des Gesetzes) Artikel 6 Artikel 23 der Durchführungsverordnung zum ZPG (Verordnung des Obersten Gerichtshofs Nr. 5 aus 1996) findet Anwendung auf die Vertreter im Verständigungsverfahren. (Schriftstücke, die dem Gericht eingereicht werden sollen) Artikel 7 Die Regelungen der Art. 2 und 3 (mit Ausnahme von Absatz 1 Nr. 4) der Durchführungsverordnung zum ZPG finden im Hinblick auf die Schriftstücke, die bei Gericht oder der Verständigungskommission eingereicht werden sollen entsprechende Anwendung.

308

Anhänge

(Mitteilungen) Artikel 8 (1) Mitteilungen im Verständigungsverfahren können in der Weise, die als angemessen erachtet wird, erfolgen. (2) Der Gerichtsschreiber muss, wenn er eine Mitteilung nach Absatz 1 gemacht hat, den Zweck und die Art und Weise in der Akte deutlich machen. (3) Mitteilungen nach Absatz 1 sind nicht notwendigerweise zu machen, wenn der Wohnsitz der Person, die die Mitteilung erhalten soll nicht klar ist oder wenn die Person im Ausland weilt. In diesen Fällen muss der Gerichtsschreiber diesen Grund in der Akte deutlich vermerken. (Darstellungspunkte im Antrag auf ein Verständigungsverfahren – Artikel 5 des Gesetzes) Artikel 9 (1) Die Antragsschrift auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens muss neben der Angabe des wesentlichen Inhaltes und der Gründe auch folgende Punkte enthalten: (a) die voraussichtlichen Streitpunkte sowie die diese Streitpunkte betreffenden wesentlichen Tatsachen, (b) nach den voraussichtlichen Streitpunkten getrennte Beweismittel, (c) bisheriger Austausch zwischen den Parteien (einschließlich der Durchführung einer Vermittlung oder eines sonstigen Verfahrens) sowie ein Überblick über die sonstigen Umstände, die zum Antrag geführt haben, (d) Postleitzahl der Anschrift sowie Telefonnummer (einschließlich Faxnummer) des Vertreters (bzw. der Partei, wenn es einen Vertreter nicht gibt). (2) Die nach Absatz1 anzugebenden Gründe für den Antrag müssen die zur Bestimmung des Antrags nötigen Tatsachen einschließlich der den Grund für den Antrag schaffenden konkreten Tatsachen enthalten. (3) Gibt es Beweismittel für die voraussichtlichen Streitpunkte, sind diese in Abschrift dem Antrag nach Absatz 1 beizufügen. (4) Mit dem Antrag nach Absatz 1 müssen Abschriften desselben in der Zahl der Antragsgegner plus 3, sowie Abschriften der Beweismitteldokumente nach Absatz 3 in der Zahl der Antragsgegner eingereicht werden. (Übersendung von Abschriften der Antragsschrift – Artikel 5 des Gesetzes) Artikel 10 Das Gericht muss die nach Artikel 9 Absatz 4 eingereichten Abschriften des Antrags und der Beweismittel (inklusive des die Beweismittel erläuternden Schriftstücks) an die Gegenseite übersenden, es sei denn, dass es den Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens nach den Bestimmungen des Artikel 6 des Gesetzes abweist. Für den Fall, dass das Gericht die Verständigungsangelegenheit ohne Termin nach den Bestimmungen des Artikel 24 Absatz 1 des Gesetzes beenden lässt, besteht diese Begrenzung nicht. (Form der Rücknahme des Antrags) Artikel 11 (1) Die Rücknahme des Antrags muss schriftlich erfolgen, es sei denn, er findet in einem Termin des Verständigungsverfahrens statt. (2) Ist der Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens zurückgenommen worden, muss der Gerichtsschreiber dies der Gegenseite, die gemäß Artikel 9 Absatz 4 eine Abschrift des Antrags erhalten hat, mitteilen (ausgenommen der Fall, dass die Gegenseite an dem Termin der Rücknahme anwesend war).

B. Gesetzesübersetzungen

309

(Ablehnung der Verständigungslaienrichter – Artikel 11 des Gesetzes) Artikel 12 Die Regelungen der Art. 10 und 11 der Durchführungsverordnung zum ZPG werden entsprechend auf die Ablehnung der Verständigungslaienrichter angewendet. (Bestimmung des ersten Termins im Verständigungsverfahren – Artikel 14 des Gesetzes) Artikel 13 Der Verständigungsrichter muss den ersten Termin des Verständigungsverfahrens innerhalb von 40 Tagen nach Antragstellung bestimmen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. (Frist für das Einreichen einer Antragserwiderung) Artikel 14 (1) Der Verständigungsrichter muss die Frist, innerhalb deren die Gegenseite erwidern soll, bestimmen. (2) Die Frist nach Absatz 1 muss so gesetzt werden, dass der Antragsteller seinerseits genügend Zeit bis zum in Artikel 13 genannten Termin (im Folgenden erster Termin genannt) hat, zu den in der Erwiderung dargestellten Umständen Vorbereitungen zu treffen. (Darstellungspunkte im Ladungsschreiben) Artikel 15 (1) Die Ladung zum ersten Termin gegenüber den Parteien muss darlegen, welche Behauptungen und Beweismittel angetragen sind und welche notwendigen Vorbereitungen zur Beweiserhebung vor dem ersten Termin gemacht werden sollen. (2) Die Ladung nach Absatz 1 gegenüber der Gegenseite muss über die genannten Punkte hinaus vermerken, dass die Gegenseite bis zu der Frist aus Artikel 14 Absatz 1 die Antragserwiderung einreichen soll. (Einreichen der Antragserwiderung) Artikel 16 (1) Die Gegenseite muss bis zum Ablauf der Frist nach Artikel 14 Absatz 1 eine Antragserwiderung einreichen, die folgende Punkte enthält: (a) eine Antwort auf den wesentlichen Inhalt des Antrags, (b) Bestätigen bzw. Bestreiten der im Antrag nach Artikel 9 Absatz 1 dargestellten Tatsachen, (c) die konkreten Tatsachen in der Erwiderung mit Gründen versehen, (d) die voraussichtlichen Streitpunkte sowie die diese Streitpunkte betreffenden wesentlichen Tatsachen, (e) nach den voraussichtlichen Streitpunkten getrennte Beweismittel, (f) bisheriger Austausch zwischen den Parteien (einschließlich der Durchführung einer Vermittlung oder eines sonstigen Verfahrens) sowie ein Überblick über die sonstigen Umstände, die zum Antrag geführt haben, (g) Postleitzahl der Anschrift sowie Telefonnummer (einschließlich Faxnummer) des Vertreters (bzw. der Gegenseite, wenn es einen Vertreter nicht gibt). (2) Gibt es Beweismittel für die voraussichtlichen Streitpunkte, sind diese in Abschrift der Antragserwiderung beizufügen. (3) Mit der Antragserwiderung müssen 3 Abschriften eingereicht werden.

310

Anhänge

(Replik auf die Erwiderung) Artikel 17 (1) Ist eine Replik (für eine Erwiderung auf die Replik gilt das in diesem Absatz gesagte gleichermaßen) auf die Antragserwiderung nötig, wird sie im Termin des Verständigungsverfahrens mündlich vorgebracht. In diesem Fall kann derjenige, der die Replik macht, die mündlichen Behauptungen in einem ergänzenden Schriftsatz (im Folgenden „Ergänzungsschriftsatz“) einreichen. (2) Mit dem Ergänzungsschriftsatz müssen 3 Abschriften eingereicht werden. (Form der Darstellung der Antragsschrift auf ein Verständigungsverfahren) Artikel 18 Die Antragsschrift nach Artikel 9 Absatz 1, die Antragserwiderung und die Ergänzungsschriftsätze müssen, wenn möglich, die Behauptungen über die mit Gründen versehenen Tatsachen im Antrag bzw. der Erwiderung sowie die Behauptungen über sonstige Tatsachen gesondert anordnen und knapp darstellen. (Frist für das Einreichen der Ergänzungsschriftsätze) Artikel 19 Der Verständigungsrichter kann eine Frist bestimmen, in der Ergänzungsschriftsätze eingereicht sowie Beweismittel angemeldet werden sollen. (Übersendung von Schriftstücken) Artikel 20 (1) Die direkte Übersendung (d.h. die direkte Übersendung an die Gegenseite) und sonstige Übersendungen werden durch Aushändigung einer Abschrift des zu übersendenden Schriftstücks oder die die Nutzung eines Telefaxes übertragen. (2) Die Aufgaben des Richters im Hinblick auf die Übersendung von Schriftstücken, die den Parteien oder sonstigen Beteiligten übersendet werden sollen, übernimmt der Gerichtsschreiber. (3) Wenn die Parteien ein im Folgenden benannten Schriftstück übersenden, müssen sie es direkt übersenden: (a) Antragserwiderung, (b) Ergänzungsschriftsätze, (c) Schriftsätze, in denen Veränderungen des wesentlichen Inhalts und der Gründe vorgenommen werden, (d) Abschriften der Beweismitteldokumente (mit Ausnahme der nach Artikel 9 Absatz 4 eingereichten Sachen), (e) die Beweismittel erläuternde Schriftstücke (mit Ausnahme der nach Artikel 9 Absatz 4 gemeinsam mit den Beweismitteldokumenten eingereichten Sachen ), (f) Schriftstücke nach Artikel 34 Absatz 1, (g) Schriftstücke über die Kostenberechnung nach Artikel 34 Absatz 2. (4) Die Parteien dürfen im Hinblick auf direkt zu übersendende Schriftstücke mit der Begründung, dass eine direkte Übersendung Schwierigkeiten bereitet oder wenn entsprechende sonstige Gründe vorliegen, gegenüber dem Gericht beantragen, den Gerichtsschreiber die Übersendung der entsprechenden Schriftstücke an die Gegenseite zu durchführen zu lassen.

B. Gesetzesübersetzungen

311

(Das Verfahren im Termin des Verständigungsverfahrens – Artikel 15 des Gesetzes) Artikel 21 (1) Die Verständigungskommission hört in der ersten Sitzung die Angaben der Parteien an, ordnet die Streitpunkte und Beweismittel und führt die Beweiserhebungen, die in der ersten Sitzung möglich sind, durch. (2) Der Verständigungsrichter legt einen neuen Termin fest, es sei denn, die Untersuchung konnte in der ersten Sitzung abgeschlossen werden oder die Angelegenheit ist nach Artikel 24 Absatz 1 des Gesetzes beendet worden, bestimmt das Verfahren in der nächsten Sitzung und legt zwischen den Parteien fest, welche Vorbereitungen bis zur nächsten Sitzung getroffen werden sollen. (Schlichtung) Artikel 22 (1) Die Verständigungskommission kann, bis die Untersuchung ihren Abschluss findet, in den Terminen des Verständigungsverfahrens eine Schlichtung durchführen. (2) Kommt zwischen den Parteien eine Schlichtung nach Absatz 1 zustande, muss der Gerichtsschreiber den Inhalt dieser Schlichtung, die Namen, Titel und Anschrift der Parteien sowie die Namen der Vertreter in das Protokoll aufnehmen. (Teilung bzw. Verbindung von Verfahren) Artikel 23 (1) Die Verständigungskommission kann anordnen, dass ein Verfahren geteilt bzw. mit einem anderen verbunden wird und kann diese Anordnung wieder aufheben. (2) Wenn die Verständigungskommission Verfahren verbindet, muss sie zuvor die Meinung der Parteien anhören. (Anhörung der Meinung über die Teilnahme von Personen mit berechtigtem Interesse) Artikel 24 In Fällen, in denen die Verständigungskommission denjenigen, für die das Ergebnis des Verständigungsverfahrens von Belang ist, die Genehmigung erteilt, am Verständigungsverfahren teilzunehmen oder die betreffenden Personen am Verständigungsverfahren teilnehmen lässt, muss sie zuvor die Meinung der Parteien anhören. (Abfassung der Schlichtung) Artikel 25 (1) Der Gerichtsschreiber muss die Hauptpunkte des Verlaufs der Sitzung des Verständigungsverfahrens in der Akte deutlich machen. (2) Der Gerichtsschreiber muss, wenn der Verständigungsrichter es anordnet, über das Verständigungsverfahren ein Protokoll anfertigen. (3) Das Protokoll über das Verständigungsverfahren muss die folgenden Punkte enthalten und der Gerichtsschreiber muss unterschreiben und siegeln und der Verständigungsrichter mit seinem Privatsiegel unterschreiben: (a) Bezeichnung der Sache, (b) die Namen des Verständigungsrichters, der Verständigungslaienrichter und des Gerichtsschreibers, (c) die Namen der Parteien und Vertreter, die anwesend waren, (d) Datum und Ort der Sitzung, (e) wurde der Antrag zurückgenommen, dieser Fakt, (f) wurde eine Beweiserhebung durchgeführt, dessen Zusammenfassung,

312

Anhänge

(g) wurde die Untersuchung für abgeschlossen erklärt, dieser Fakt, (h) die Angelegenheiten, in denen der Verständigungsrichter eine Darstellung angeordnet hat. (Veränderungen der wesentlichen Inhalte und Gründe) Artikel 26 (1) Der Antragsteller kann, solange sich die Grundlage des Antrags nicht ändert, den wesentlichen Inhalt und die Gründe abändern. (2) Veränderungen des wesentlichen Inhalts und der Gründe muss schriftlich erfolgen. (3) Mit dem Einreichen eines Schriftstücks nach Absatz 2 müssen 3 Abschriften eingereicht werden. (4) Bestimmt die Verständigungskommission, dass durch eine Änderung der wesentlichen Inhalte und der Gründe die Untersuchung nur mit Schwierigkeiten innerhalb von 3 Terminen abgeschlossen werden kann, kann sie die Veränderung ablehnen. (Zeitspanne für das Einreichen von Behauptungen und Beweismitteln) Artikel 27 Die Parteien müssen ihre Behauptungen und Beweismittel bis zum Ende der zweiten Sitzung einreichen, wenn nicht unvermeidliche Gründe bestehen. (Der schriftlich abgefasste Verständigungsspruch – Artikel 20 des Gesetzes) Artikel 28 (1) Der nach Artikel 20 Absatz 3 des Gesetzes abgefasste Verständigungsspruch muss neben dem Tenor und der Darstellung einer Zusammenfassung der Gründe die im Folgenden aufgeführten Punkte sowie eine Unterschrift und Siegel des Verständigungsrichters und der Verständigungslaienrichter, die die Verständigungskommission bilden, enthalten: (a) Bezeichnung der Sache, (b) die Namen, Titel und Anschrift der Parteien sowie die Namen der Vertreter, (c) das Datum des Verständigungsspruchs, (d) Bezeichnung des Gerichts. (2) Besteht für einen der Verständigungslaienrichter nach Absatz 1 ein Hindernis, die schriftliche Abfassung des Verständigungsspruchs zu unterzeichnen, muss der Verständigungsrichter der schriftlichen Abfassung den Grund hinzufügen und mit seinem Privatsiegel unterschreiben. (Zustellung des schriftlich abgefassten Verständigungsspruchs – Artikel 20 des Gesetzes) Artikel 29 (1) Im Hinblick auf die Zustellung des Verständigungsspruchs nach Artikel 20 Absatz 4 des Gesetzes wird eine beglaubigte Abschrift zugestellt. (2) Die Vorschriften der Artikel 39, 43 und 44 der Durchführungsverordnung zum ZPG finden auf die Zustellung nach Artikel 20 Absatz 4 des Gesetzes entsprechende Anwendung. (Darlegungspunkte im die schriftliche Abfassung des Verständigungsspruchs ersetzenden Protokoll – Artikel 20 des Gesetzes) Artikel 30 Das Protokoll nach Artikel 20 Absatz 7 des Gesetzes muss folgende Punkte enthalten: (a) den Tenor und die Zusammenfassung der Gründe,

B. Gesetzesübersetzungen

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(b) die Namen, Titel und Anschrift der Parteien sowie die Namen der Vertreter, (c) die in Artikel 25 Absatz 3 in allen Nummern genannten Punkte. (Form des Einspruchs – Artikel 21 des Gesetzes) Artikel 31 (1) Der Einspruch nach Artikel 21 Absatz 1 des Gesetzes muss schriftlich erfolgen. (2) Verliert der Verständigungsspruch gemäß Artikel 21 Absatz 3 des Gesetzes seine Wirksamkeit, muss der Gerichtsschreiber dies der Partei, die den Einspruch nicht eingelegt hat, unverzüglich mitteilen. (Schriftsätze, die als Klageschrift angesehen werden – Artikel 22 des Gesetzes) Artikel 32 Wird gemäß Artikel 22 Absatz 1 des Gesetzes (dies umfasst auch die Fälle der entsprechenden Anwendung nach Artikel 23 Absatz 2 und Artikel 24 Absatz 2) das Einreichen einer Klage angenommen, werden der Antrag nach Artikel 9 Absatz 1 sowie die Schriftstücke nach Artikel 26 Absatz 2 unter entsprechender Anwendung der Artikel 56 bis 58 der DV ZSchliG als Klageschrift betrachtet. (Vorgehen im Fall der Beendigung des Verständigungsangelegenheit – Artikel 24 des Gesetzes) Artikel 33 (1) Ist der Verständigungsfall nach Artikel 24 Absatz beendet worden, muss der Gerichtsschreiber dies gemeinsam mit dem Beendigungsdatum in der Akte vermerken. (2) Im Fall von Absatz 1 muss der Gerichtsschreiber dies den Parteien unverzüglich mitteilen. Dies gilt nicht, wenn der Verständigungsfall im Termin des Verständigungsverfahrens beendet wurde, gegenüber den Parteien, die in diesem Termin anwesend waren. (Form des Antrags zur Kostenverteilung – Artikel 25 des Gesetzes) Artikel 34 (1) Der Antrag nach Artikel 25 muss schriftlich erfolgen. (2) Das Gericht kann die Parteien anweisen, eine Kostenaufstellung einzureichen, wenn es die für die Entscheidung über die Kosten für notwendig hält. (Form des Antrags auf Begrenzung der Einsicht – Artikel 26 des Gesetzes) Artikel 35 Artikel 34 DV ZPG findet auf die Einsicht in vertrauliche Teile der Akte nach Artikel 92 ZPG, das gemäß Artikel 26 Absatz 2 des Gesetzes seinerseits entsprechend angewendet wird.

314

Anhänge

III. Verordnung zu den Verständigungslaienrichtern (rōdō shinpan-in kisoku) Verordnung des Obersten Gerichtshof Nr. 3 aus 11.01.2005 (Ernennung) Artikel 1 Die Verständigungslaienrichter werden aus der Gruppe derjenigen mit fachlichem Wissen und Erfahrungen im Bereich der Arbeitsbeziehungen unter 68 Jahren vom Obersten Gerichtshof ernannt. Von der Voraussetzungen, dass die Person unter 68 Jahre als sein muss, kann bei besonderer Notwendigkeit abgewichen werden. (Ausschlussgründe) Artikel 2 Personen, auf die einer der folgenden Punkte zutrifft, können nicht zu Verständigungslaienrichtern ernannt werden: (a) Personen, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind, (b) Personen, die gegen gesetzliche Normen mit Bezug zum Arbeitsverhältnis verstoßen haben und zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind, (c) Staatsbedienstete, die eine Disziplinarverfügung über ihre Entlassung erhalten haben, wenn seit der Verfügung nach keine zwei Jahre vergangen sind, (d) Personen, die gemäß Artikel 6 Absatz 2 Nummer 2 oder 3 aus dem Amt des Verständigungslaienrichters entlassen worden sind. (Amtsdauer) Artikel 3 Die Amtsdauer der Verständigungslaienrichter beträgt zwei Jahre. (Zugehörigkeit) Artikel 4 Den Distriktgerichtsbezirk, dem der Verständigungslaienrichter zugehört (im Folgenden „zugehöriges Distriktgericht“), bestimmt der Oberste Gerichtshof. Artikel 5 Wenn es für die Erledigung eines Verständigungsfalls vor einem anderen als dem zugehörigen Distriktgericht erforderlich ist, kann das dem betreffenden und dem zugehörigen Distriktgericht gemeinsame nächstinstanzliche Gericht die Verständigungslaienrichter des zugehörigen Distriktgerichts die Pflichten der Verständigungslaienrichter des betreffenden Distriktgerichts durchführen lassen. (Entlassung aus dem Amt) Artikel 6 (1) Der Oberste Gerichtshof muss einen Verständigungslaienrichter aus dem Amt entlassen, wenn auf diesen einer der Aspekte aus Artikel 2 Nummer 1 bis 3 zutrifft. (2) Der Oberste Gerichtshof kann einen Verständigungslaienrichter aus dem Amt entlassen, wenn einer der folgenden Punkte auf ihn zutrifft: (a) wenn festgestellt wird, dass er aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung die Aufgaben nicht erfüllen kann, (b) wenn festgestellt wird, dass ein Verstoß gegen die Amtspflichten vorliegt,

B. Gesetzesübersetzungen

315

(c) wenn ein Verhalten vorliegt, das auf die Feststellung hinausläuft, dass er die Aufgaben nicht von einem neutralen und gerechten Standpunkt aus durchführt, das die Sorge gegründet, dass das Vertrauen in das Verständigungsverfahren beschädigt wird oder das für einen Verständigungslaienrichter als nicht angemessen befunden wird. (Reisekosten, Tagegeld, Unterkunftskosten) Artikel 7 (1) Kommt ein Verständigungslaienrichter seinen Amtspflichten am zugehörigen Distriktgericht nach, werden Reisekosten nach Absatz 2 gezahlt. (2) Der Geldbetrag für drei Arten von Reisekosten, Bahnfahrkosten, Schifffahrkosten sowie Autokosten entspricht dem Betrag, der auf der Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes über die Reisekosten von Staatsbediensteten (Gesetz Nr. 114 vom 30.04.1950, im Folgenden „Reisekostengesetz“ genannt) empfangen wird. (3) Mit Ausnahme des Falls nach Absatz 1 gilt für die Verständigungslaienrichter, dass die Kostenarten Reisekosten, Tagegeld und Unterkunftskosten sowie die Geldbeträge den auf dem Reisekostengesetz basierenden Reisekostenarten und dem Geldbetrag, der danach empfangen wird, entsprechen. (4) Über die Regelung in Absatz 3 hinaus bestimmt der Oberste Gerichtshof gesondert über Reisekosten, Tagegeld und Unterkunftskosten, die den Verständigungslaienrichter gezahlt werden.

316

Anhänge

C. Liste der japanischen Rechtsnormen Deutsche Bezeichnung der japanischen Rechtsnorm

Abkürzung

Arbeitslosenversicherungsgesetz

Arbeitsstandardgesetz

ASG

Beschäftigungsmaßnahmengesetz

Japanische transkribierte Bezeichnung der Rechtsnorm, Nummer und Verabschiedungsdatum

Englische Übersetzung des Textes der Rechtsnorm mit Internet-Fundstelle1

koyō hoken hō Nr. 116 28.12.1974

(Employment Insurance Act)

rōdō kijun hō Nr. 49 07.04.1947

(Labor Standards Act)

koyō taisaku hō Nr. 312 21.07.1966

(Employment Measurement Act)

Chancengleichheitsgesetz

ChancenGG

danjo koyō kikai kintō hō Nr. 113 01.07.1972

(Act on Securing, Etc. of Equal Opportunity and Treatment between Men and Women in Employment)

Durchführungsverordnung zum BFördG

DV BFördG

kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu shikō kisoku Verordnung (MGWA) Nr. 191 19.09.2001

Nicht bekannt.

saiban-sho hō Nr. 59 16.04.1947

(Court Act)

kaji shinpan hō Nr. 151 06.12.1947

Nicht bekannt.

jinji soshō hō Nr. 109 16.07.2003

(Personal Status Litigation Act)

Gerichtsgesetz

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen Gesetz über den Prozess in Familiensachen

1

FamG

Auf der Internetseite können die Übersetzungen unter den englischen Bezeichnungen in der vierten Spalte gesucht und gefunden werden.

317

C. Liste der japanischen Rechtsnormen Deutsche Bezeichnung der japanischen Rechtsnorm

Abkürzung

Japanische transkribierte Bezeichnung der Rechtsnorm, Nummer und Verabschiedungsdatum

Englische Übersetzung des Textes der Rechtsnorm mit Internet-Fundstelle1

gyōsei jiken soshō hō Nr. 319 16.05.1962

(Administrative Case Litigation Act)

rōdō anzen eisei hō Nr. 57 08.06.1972

(Industrial Safety and Health Act)

Gesetz über die Arbeitsverhältnisse mit besonderen selbstständigen juristischen Personen der Verwaltung

tokutei dokuritsu gyōsei hōjin tō no rōdō kankei ni kan suru hōritsu Nr. 257 20.12.1948

Nicht bekannt.

Gesetz über die Beteiligung von Schöffen im Strafgericht

saiban-in no sanka suru keiji saiban ni kan suru hōritsu Nr. 63 28.05.2004

Nicht bekannt.

Gesetz über die Einrichtung eines Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens

shihō seido kaikaku shingi-kai setchi hō Nr. 68 09.06.1999

Nicht bekannt.

Gesetz über die Entschädigung von Arbeitsunfällen

rōdō-sha saigai hoshō hoken hō Nr. 50 07.04.1947

(Industrial Accident Compensation Insurance Act)

Gesetz über den Verwaltungsprozess

Gesetz über die Arbeits(platz)sicherheit und den arbeitsrechtlichen Gesundheitsschutz

ASGSG

Gesetz über die Förderung der Nutzung außergerichtlicher Streitbeilegungssysteme

ADRGesetz

saiban-gai funsō kaiketsu tetsuzuki no riyō no sokushin ni kan suru hōritsu Nr. 151 01.12.2004

(Act on Promotion of Use of Alternative Dispute Resolution)

Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit

japFGG

hishō jiken tetsuzuki hō Nr. 14 21.06.1898

Nicht bekannt.

minji soshō hiyō tō ni kan suru hō Nr. 40 06.04.1971

(Act on Costs of Civil Procedure)

Gesetz über die Kosten im Zivilprozess

318 Deutsche Bezeichnung der japanischen Rechtsnorm

Anhänge Abkürzung

Japanische transkribierte Bezeichnung der Rechtsnorm, Nummer und Verabschiedungsdatum

Englische Übersetzung des Textes der Rechtsnorm mit Internet-Fundstelle1

Gesetz über die Organisation der Staatsregierung

kokka gyōsei soshiki hō Nr. 120 10.07.1948

(National Government Organization Act)

Gesetz über die Prüfung eines Verwaltungswiderspruchs

gyōsei fufuku shinsa hō Nr. 160 15.09.1962

Nicht bekannt.

Gesetz über die regionale Selbstverwaltung

SVerwG

chihō jichi hō Nr. 67 17.04.1947

Nicht bekannt.

Gesetz über die Regulierung von Arbeitsbeziehungen

ARG

rōdō kankei chōsei hō Nr. 25 27.09.1946

(Labor Relations Adjustment Act)

Gesetz über die Reisekosten von Staatsbediensteten

kokka kōmu-in tō ryohi no shikyū ni kan suru hōritsu Nr. 114 30.04.1950

Nicht bekannt.

Gesetz über die Staatsbediensteten

kokka kōmu-in hō Nr. 120 21.10.1947

(National Public Service Act)

Gesetz über die Verständigung in Arbeitsachen

VerstGA

rōdō shinpan hō Nr. 45 12.05.2004

Siehe deutsche Übersetzung in Anhang B a)

Gesetz über die zivile Schlichtung

ZSchliG

minji chōtei hō Nr. 222 09.06.1951

Nicht bekannt.

Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten

BFördG

kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu Nr. 112 11.07.2001

(Act on Promoting the Resolution of Individual LaborRelated Disputes)

Gesetz zur Sicherung der Beschäftigung

BeschSG

shokugyō antei hō Nr. 141 30.01.1947

(Employment Security Act)

sōgō hōritsu shien hō Nr. 74 02.06.2004

(Comprehensive Legal Support Act)

Gesetzes über die umfassende rechtliche Unterstützung

319

C. Liste der japanischen Rechtsnormen Deutsche Bezeichnung der japanischen Rechtsnorm

Abkürzung

Gesetzes zur Förderung der Beschäftigung Behinderter

Japanische transkribierte Bezeichnung der Rechtsnorm, Nummer und Verabschiedungsdatum

Englische Übersetzung des Textes der Rechtsnorm mit Internet-Fundstelle1

shōgai-sha no koyō no sokushin tō ni kan suru hōristu Nr. 123 25.07.1960

Nicht bekannt.

Gewerkschaftsgesetz

GewerkG

rōdō kumiai hō Nr. 174 01.06.1949

(Labor Union Act)

Japanische Verfassung

JV

nihon-koku kenpō Verfassung vom 03.11.1946

(The Constitution of Japan)

Mindestlohngesetz

saitei chingin hō Nr. 137 15.04.1959

(Minimum Wages Act) http://www.jil.go.jp /english/archives/library /documents/llj_law14.pdf

Rechtsanwaltsgesetz

bengo-shi-hō Nr. 205 10.06.1949

(Attorney Act)

Satzung über die Errichtung des Beratungs- und Informationszentrums der Präfektur Tokio

BuIZSatzung

tōkyō-to rōdō sōdan jōhō sentā setchi jōrei Satzung (Präfektur Tokio) 01.08.1956

Nicht bekannt.

Strafprozessgesetz

StPG

keiji soshō hō Nr. 131 10.07.1948

(Code of Criminal Procedure)

pāto rōdō hō Nr. 76 18.06.1993

(Act on Improvement, etc. of Employment Management for Part-Time Workers)

minji chōtei i’in oyobi kaji chōtei i’in kisoku Verordnung (OGH) Nr. 5 13.07.1974

Nicht bekannt.

Teilzeitarbeitsgesetz

Verordnung über die Mitglieder der Schlichtungskommission bei der zivilen Schlichtung und der Schlichtung in Familiensachen

ZSchliKoVO

320

Anhänge

Deutsche Bezeichnung der japanischen Rechtsnorm

Abkürzung

Japanische transkribierte Bezeichnung der Rechtsnorm, Nummer und Verabschiedungsdatum

Englische Übersetzung des Textes der Rechtsnorm mit Internet-Fundstelle1

Verordnung zu den Verständigungslaienrichtern

VLaienRVO

rōdō shinpan-in kisoku Verordnung (OGH) Nr. 3 11.01.2005

Siehe deutsche Übersetzung in Anhang B c)

Verordnung zur Durchführung der zivilen Schlichtung

DV ZSchliG

minji chōtei kisoku Verordnung (OGH) Nr. 8 15.09.1951

Nicht bekannt.

Verordnung zur Durchführung des Verständigungsverfahrens

DV VerstGA

rōdō shinpan kisoku Verordnung (OGH) Nr. 2 11.01.2005

Siehe deutsche Übersetzung in Anhang B b)

Verordnung zur Durchführung des Zivilprozesses

DV ZPG

minji soshō kisoku Verordnung (OGH) Nr. 5 17.12.1996

(Rules of Civil Procedure)

Verwaltungsverfahrensgesetz

VwVfG

gyōsei tetsuzuki hō Nr. 88 12.11.1993

(Administrative Procedure Act)

Zivilgesetz

ZG

minpō Nr. 89 27.04.1896

(Civil Code)

Zivilprozessgesetz

ZPG

minji soshō hō Nr. 109 26.06.1996 ursprünglich Nr. 29 aus dem Jahre 1890

(Code of Civil Procedure (Tentative translation))

C. Liste der Japanische Gesetze

Schrifttum1 ALPS, HEIKE : Arbeitsvermittlung in Japan, in: Referate des 13. Deutschsprachigen Japanologentages II) Sozial-, Geschichts- und Rechtswissenschaft, Conermann (Hrsg.), Berlin: EBVerlag, 2009, S. 241–259 ARAKI, SHŌICHI : rōdō i’in-kai ni yoru kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu ni tuite [Über die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten durch die Arbeitskommissionen], in: Jurist, No. 1408, 2010, S. 63–72 ARAKI, TAKASHI : rōdō-hō – Labor and Employment Law [Arbeitsrecht] Tokio: YūhikakuVerlag, 2009 –: Labor and Employment Law in Japan, Tokio: The Japan Institute of Labor, 2002 BADER, PETER/CREUTZFELD, MALTE /FRIEDRICH, HANS-WOLF (Hrsg.): ArbGG – Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, 5. Auflage, München: Kluwer, 2008 BADER, PETER/HOHMANN , ROGER/KLEIN , HARALD (Hrsg.): Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, 12. Auflage, Heidelberg: Müller, 2006 BADURA, PETER: Staatsrecht, 4. Auflage, München: Beck, 2010 BAUM , HARALD : Aus fremder Quelle – Rechtsdenken, Rechtssystem und Rechtswirklichkeit in Japan – Rechtvergleichung mit Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 2, 1996, S. 86–109 BAUM , HARALD /BÄLZ, MORITZ (Hrsg.): Handbuch Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, Köln: Carl Heymanns Verlag, 2011 BAUM , HARALD /SCHWITTEK, EVA: Institutionalisierung der Mediation (assen) in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 28, 2009, S. 123–145 –: Recht und Praxis der Schlichtung (chōtei) in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 27, 2009, S. 127–152 (zitiert als: B AUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 27, 2009) –: Tradierte Moderne? Zur Entwicklung, Begrifflichkeit und Bedeutung von Schlichtung und Mediation in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 26, 2008, S. 5–31 (zitert als: BAUM /SCHWITTEK, ZJapanR, Nr. 26, 2008)

1

Veröffentlichungen, die von der Verfasserin in den Fußnoten zitiert werden, werden bei der ersten Nennung vollständig wiedergegeben. Ab der zweiten Nennung folgt eine Kurzform, die im Grundsatz aus dem Namen des Autors, dem Jahr der Veröffentlichung und der Seitenzahl bzw. Randziffer besteht. Sollte eine Veröffentlichung durch diese Angaben nicht eindeutig bestimmbar sein, wird ein Zusatz (wie z.B. die Nennung der Zeitschrift, aus der die Veröffentlichung stammt) eingefügt. Für Materialien, bei denen ein Autor nicht explizit genannt ist, wird eine Abkürzung eingeführt, die eine genaue Zuordnung zu einer Nennung im Literaturverzeichnis ermöglicht, und diese Abkürzung wird ab der zweiten Nennung in den Fußnoten verwendet. Diese Abkürzungen sind auch in den Verzeichnissen „Schrifttum“ und „Sonstige Quellen“vermerkt.

322

Schrifttum

–: Mediation in Japan – Entwicklung und Praxis der außergerichtlichen Streitbeilegung, in: Hopt, K.J/Steffek, F. (Hrsg), Mediation – Rechtstatsachen, Rechtsvergleich, Regelungen, Tübingen: Mohr Siebeck, 2008, S. 486–566 BAUMBACH, ADOLF/LAUTERBACH, WOLFGANG/ALBERS, JAN /HARTMANN, PETER (Hrsg.): Zivilprozessordnung, 69. Auflage, München: Beck; 2011 BERGER-DELHEY, ULF: Stellung und Funktion der ehrenamtlichen Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit, in: Betriebs-Berater, 1988, S. 1662–1669 DÄUBLER, WOLFGANG/HJÖRT, JENS-PETER/SCHUBERT, MICHAEL/WOLMERATH, MARTIN (Hrsg.): Arbeitsrecht – Individualrecht mit kollektivrechtlichen Bezügen, 2. Auflage, Baden-Baden: Nomos, 2010 DAVIS, JOSEPH W.S.: Dispute Resolution in Japan, Den Haag: Kluwer Law International, 1996 DOKO, TETSUNARI : The Labor Relations Commission as an Organization to Resolve Collective Labor Disputes, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 32–50 DÜWELL, FRANZ J OSEF/LIPKE, GERT -ALBERT (Hrsg.): Arbeitsgerichtsgesetz – Kommentar für die Praxis, 2. Auflage, Frankfurt am Main: Bund, 2005 –: Arbeitsgerichtsverfahren – Kommentar für die Praxis, Frankfurt am Main: Bund, 2000 ECKEBRECHT, MARC/GROßE -BOYMANN, TAMARA/GUTJAHR, JENS/P AUL, VIOLA/SCHAEL, WOLFGANG/VON SWIEYKOWSKI -TRZASKA, WERRA KATHARINA/WEIDEMANN, INES : Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Auflage, München: Beck, 2010 ECKHOFF , TORSTEIN : Die Rolle des Vermittelnden, des Richtenden und des Anordnenden bei der Lösung von Konflikten, in: Studien und Materialien zur Rechtssoziologie (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie), Opladen/Köln: Westdeutscher Verlag, 1967, S. 243–270 EIDENMÜLLER, HORST : Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation: Möglichkeiten und Grenzen privatautonomen Konfliktmanagements, in: Breidenbach, Stephan (Hrsg.), Konsensuale Streitbeilegung, Bielefeld: Gieseking, 2001, S. 45–99 FALKE , JOSEF/GESSNER, VOLKMAR: Konfliktnähe als Maßstab für gerichtliche und außergerichtliche Streitbehandlung, in: Blankenburg, Erhard (Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz: Berichte, Analysen, Perspektiven, Köln: Bundesanzeiger, 1982, S. 289–315 FRANCKEN, JOHANNES PETER: Das Arbeitsgericht als Multi-Door Courthouse, in: Neue Juristische Wochenschrift, 2006, S. 1103–1107 FÜCKER, MICHAEL: Strukturelle Hemmnisse gerichtsnaher Mediation, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2004, S. 37–39 FUJIMOTO, KAZUO: minji chōtei no kankatsu [Die Zuständigkeit der zivilen Schlichtung], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 82–84 FUKUI, AKIYO: sōten seiri [Die Ordnung der Streitpunkte], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], Sonderband des Jurist, 2009, S. 140–141 FURUKAWA, KEI ’ICHI : rōdō shinpan seido no genjō to kadai [Gegenwärtige Lage und Aufgaben des Verfahrens über die Verständigung in Arbeitssachen], in: Rō’i Rōkyō, 2009, S. 35–51 GERMELMANN, CLAAS -HINRICH/MATTHES, HANS-CHRISTOPH/MÜLLER-GLÖGE, RUDI / PRÜTTING, HANNS: Arbeitsgerichtsgesetz: Kommentar, 7. Auflage, München: Beck, 2009 GÖTZE, BERND: Japanisch-Deutsches Rechtswörterbuch, Tokio: Seibundō, 2007 –: Deutsch-Japanisches Rechtswörterbuch, 5. Auflage, Tokio: Seibundō, 2006 –: Wortsegmentierungsregeln (nicht nur) für japanische Rechtsbegriffe, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 19, 2005, S. 207–213

Schrifttum

323

GOLL, ULRICH: Wie viel Freiheit benötigt, wie viel Zwang verträgt die Mediation?, in: Anwaltsblatt, 2003, S. 274–276 GOTTWALD, WALTHER: Alternative Dispute Resolution und Zugang zum Recht, in: Faber, Heiko/Frank, Götz (Hrsg.), Demokratie in Staat und Wirtschaft: Festschrift für Ekkehart Stein zum 70. Geburtstag am 24.9.2002, Tübingen: Mohr, 2002, S. 233–243 –: Verfahrensmäßige Bedingungen alternativer Konfliktregelung, in: Brand, Jürgen/ Strempel, Dieter (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift für Erhard Blankenburg zum 60. Geburtstag, Baden-Baden: Nomos, 1998, S. 635–647 –: Modelle der freiwilligen Streitschlichtung unter besonderer Berücksichtigung der Mediation, in: Wertpapier-Mitteilungen, 1998, S. 1257–1264 GREGER, REINHARD : Die Verzahnung von Mediation und Gerichtsverfahren in Deutschland, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2003, S. 240–245 HACHIYA, TA’ICHI : rōdō kijun kantoku-sho no zesei kankoku ni tsuite [Informationen über die Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände der Arbeitsstandardbüros], Internetauftritt des Beraters in Sozialversicherungs- und Arbeitsangelegenheiten Hachiya, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) HADAMITZKY , WOLFGANG: Kanji und Kana – Die Welt der japanischen Schrift in einem Band – Lernbuch und Lexikon, verbesserte und erweiterte Neuausgabe, München: Iudicium, 2012 HAGER, GÜNTER: Mediation und Recht, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2003, S. 52–56 –: Konflikt und Konsens – Überlegungen zu Sinn, Erscheinung und Ordnung der alternativen Streitschlichtung, Tübingen: Mohr, 2001 HALEY, JOHN : The Myth of the Reluctant Litigant, in: The Journal of Japanese Studies 4/2, 1978, S. 359–390 HAMAGUCHI, KEI ’ICHRŌ: rōdō-kyoku kobetsu rōdō kankei funsō shori jian no naiyō bunseki [Inhaltsanalyse der bei den Arbeitsbehörden erledigten individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 56–62 HARUNA, SHIGERU : rōdō shinpan seido no genjō to kadai [Die derzeitige Lage und Aufgabe des Verständigungssystems], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 44–55 HASHIMOTO, CHŪJIRŌ: rōdō shinpan-in kara mita rōdō shinpan seido [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen aus der Sicht eines Kommissionsmitglieds], in: Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 21–24 HATTORI , TAKAHIRO: Rechtsbewusstsein und Effektivität des Rechts in der japanischen Gesellschaft, in: Tomandl, Theodor/Aigner, Wolfgang (Hrsg.), Arbeits- und sozialrechtliche Probleme in Klein- und Mittelbetrieben / Ein Vergleich zwischen Japan und Österreich, Wien: Braumüller, 2000, S. 1–4 HAUCK, FRIEDRICH/HELML, EWALD (Hrsg.): Arbeitsgerichtsgesetz: Kommentar, 3. Auflage, München: Beck, 2006 HEATH, CHRISTOPHER/P ADBERG, ANJA (Hrsg.): Das Japanische Zivilprozessrecht, Tübingen: Mohr Siebeck, 2002 HENKEL, WOLFRAM : Elemente der Mediation im arbeitsgerichtlichen Verfahren, dargestellt am Modell des Kündigungsschutzprozesse, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, 2000, S. 929–932 HENSSLER, MARTIN /WILLEMSEN, HEINZ JOSEF/KALB, HEINZ-JÜRGEN (Hrsg.): Arbeitsrecht – Kommentar, 4. Auflage, Köln: Dr. Otto Schmidt, 2010 HIROWATARI, SEIGO: Post-war Japan and the Law: Mapping Discourses of Legalization and Modernization, in: Social Science Japan Journal, Vol. 3, 2000, S. 155–169

324

Schrifttum

HISAMOTO, NORIO: The functions and limits of enterprise unions in individual labor disputes, in: Japan Labor Review, Vol. 9, No. 1, 2012, S. 44–62 HOFFMANN -RIEM , WOLFGANG: Mediation als moderner Weg zur Konfliktbewältigung, in: Brand, Jürgen/Strempel, Dieter (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift für Erhard Blankenburg zum 60. Geburtstag, Baden-Baden: Nomos, 1998, S. 649–664 HÜMMERICH, KLAUS/BOECKEN, WINFRIED /DÜWELL, FRANZ JOSEF (Hrsg.): Arbeitsrecht – Anwaltskommentar Band 1, Bonn: Deutscher Anwaltverlag, 2008 INOUE, YUKIO: jitsumu-ka kara mita rōdō saiban no genjō to kaikaku [Die derzeitige Lage und die Reform der gerichtlichen Befassung mit Arbeitsstreitigkeiten aus Praktikersicht], in: nihon rōdō-hō gakkai shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 93–103 ISHIBE, MASASUKE : Das Schlichtungswesen aus rechtshistorischer und rechtsvergleichender Sicht, in: Kroeschell, Karl (Hrsg.), Recht und Verfahren, Heidelberg: Müller, 1993, S. 215–236 ISHIZAKI, NOBUNORI : rōdō shinpan no 1 nen – shiyō-sha-gawa bengo-shi kara no hyōka to kadai [1 Jahr Verständigung in Arbeitssachen – Einschätzung und Aufgaben aus der Sicht eines Arbeitgeberrechtsanwalts], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 27–36 –: shiyō-sha-gawa bengo-shi kara mita rōdō shinpan seido – tōkei bunseki to korera no kadai [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen aus der Sicht eines Arbeitgeberrechtsanwalts – Eine Analyse der Statistiken und die künftige Aufgabe], in: Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 14–20 –: shiyō-sha-gawa dairi-nin kara mita rōdō kentō-kai no seika [Zu den Ergebnissen der Untersuchungsgruppe Arbeit aus der Sicht eines Arbeitgebervertreters], in: Jiyū to Seigi, Vol. 55, No. 6, 2004, S. 40–46 ITO, MAKOTO: minji soshō hō [Zivilprozessrecht], 3. Auflage, Tokio: Yūhikaku, 2008 IWAMURA, MASHAHIKI /KINOSHITA, SHIONE /TOKUZUMI, KENJI /NODA, SUSUMU / WATANABE AKIRA/WATANABE HIROSHI : zadan-kai - kobetsu rōdō funsō shori no jitsumu to kadai [Symposium - Praxis und Aufgaben der Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], in: Jurist, No. 1408, 2010, S. 16–43 Japan Federation of Bar Associations: White Paper on Attorneys 2011, Japan Federation of Bar Associations, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) Japan Institute of Labour Policy and Training (JIL): kigyō-nai funsō shori shisutemu no seibi shien ni kan suru chōsa kenkyū [Untersuchung zur Instandhaltung der betriebsinternen Streitbeilegungssysteme], rōdō seisaku kenkyū hōkoku-sho [Arbeitspolitischer Forschungsbericht], No. 98, 2008 –: kobetsu funsō shori shisutemu no genjō to kadai [Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], chōsa kenkyū hōkoku [Untersuchungs- und Forschungsbericht], No. 65, 1995 (zitiert als: JIL, Derzeitige Lage und Aufgaben bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten, 1995) KAMOTA, TETSUO: rōdō-sha-gawa bengo-shi kara mita rōdō shinpan seido – tōkei bunseki to korera no kadai [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen aus der Sicht eines Arbeitnehmerrechtsanwalts – Eine Analyse der Statistiken und die künftige Aufgabe], in: Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 7–13 KASUGA, ICHIRŌ/MURANAKA, TAKASHI /YAMAGAWA, RYŪICHI : chūkanteki na seido no hōkō-sei ni tsuite (memo) [Vermerk über die Richtung für ein System zwischen Schlichtung und Prozess], Material Nr. 162 der Untersuchungsgruppe, 24. Sitzung am 18.07.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015)

Schrifttum

325

KAWADA, TOMOKO: Zur Gleichstellung in der Beschäftigung in Japan, in: Dieterich, Thomas/Le Friant, Martine/Nogler, Luca/Kezuka, Katsutoshi/Pfarr, Heide (Hrsg.), Individuelle und kollektive Freiheit im Arbeitsrecht – Gedächtnisschrift für Ulrich Zachert, Baden-Baden: Nomos, 2010, S. 412–429 KAWAKAMI , RIN ’ITSU : Ist eine universale Rechtphilosophie überhaupt möglich?, in: Menkhaus, Heinrich (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München: Iudicium, 1994, S. 23–29 KAWASHIMA, TAKEYOSHI : Dispute Resolution in Contemporary Japan, in: Law in Japan: The Legal Order in a Changing Society, von Mehren (Hrsg.), Cambridge/Tokyo, 1964, S. 41–72 KEZUKA, KATSUTOSHI : Significance and Tasks involveld in Establishment of a Labor Tribunal System, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 13–31 –: doitsu no rōdō funsō shori seido [Das System der Erledigung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Deutschland], Material Nr. 49 der Untersuchungsgruppe, 8. Sitzung der Untersuchungsgruppe vom 30.09.2002, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) KIM , CHIN/LAWSON , CRAIG M.: The Law of the Subtle Mind: The Traditional Japanese Conception of Law, in: The International and Comparative Law Quarterly, Vol. 28; 1979, S. 491–513 KIMIWADA, NOBUHITO: rōdō shinpan tetsuzuki no jittai – mondai-ten – katsuyō kanō-sei – rōdō-sha-gawa dairi-nin no tachiba kara [Die Lage bei den Verfahren über die Verständigung in Arbeitssachen – Problempunkte – Anwendungsmöglichkeiten – vom Standpunkt eines Arbeitnehmervertreters], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 16–26 –: tegaru ni tsukaeru rōdō shinpan seido – hayakute nattoku no rōdō toraburu kaiketsu hō [Das leicht nutzbare System über die Verständigung in Arbeitssachen – Gesetz über die schnelle, einvernehmliche Beilegung arbeitsrechtlicher Konflikte], Tokio: Tōyō Keizai Shinpōsha, 2007 (zitiert als: KIMIWADA, Verständigungssystem, 2007) KINOSHITA, TSUYOSHI : Legal System and Legal Culture in Japan, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 11, 2001, S. 7–351 KÖDDERITZSCH, LORENZ: Die Rolle der Verwaltungsvorschriften im japanischen Verwaltungsrecht (Diss.), Baden-Baden: Nomos, 1995 KOJIMA, TAKESHI : saiban-gai funsō shori kikan ni tuite – saikin no tenkai wo chūshin toshite [Über Organe der außergerichtlichen Streiterledigung – mit einem Fokus auf die neuere Entwicklung], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 52–56 KOYAMA, NOBURU : minji chōtei – wakai no kenkyū [Forschung über die zivile Schlichtung und den Vergleich], Tokio: Shinzansha, 1991 –: minji chōtei hō [Gesetz über die Zivile Schlichtung], Tokio: Yūhikaku, 1977 KRAPP, THEA: Zivilrechtliche Schlichtung an japanischen Gerichten, in: Gottwald, Walther/Strempel, Dieter (Hrsg.), Streitschlichtung: rechtsvergleichende Beiträge zur außergerichtlichen Streitbeilegung, Köln: Bundesanzeiger, 1995, S. 77–84 KÜNZL, REINHARD : Die Beteiligung ehrenamtlicher Richter am arbeitsgerichtlichen Verfahren – Berufung, Stellung und Aufgaben, in: Zeitschrift für Zivilprozess, Band 104, 1991, S. 150–191 LLOMPART , JOSÉ : Rechtsphilosophie in Japan und japanische Rechtsphilosophie, in: Menkhaus, Heinrich (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München: Iudicium, 1994, S. 15–21

326

Schrifttum

MÄHLER, HANS-GEORG: Unsere Streitkultur könnte sich verändern – Mediation als Alternative zum „klassischen“ Rechtsstreit, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 2003, S. 252– 255 MÄHLER, HANS-GEORG/MÄHLER, GISELA: Streitschlichtung – Anwaltssache, hier: Mediation, in: Neue Juristische Wochenschrift, 1997, S. 1262–1266 VON M ANGOLDT, HERMANN /KLEIN , FRIEDRICH/STARCK, CHRISTIAN (Hrsg.): Kommentar zum Grundgesetz, Band 2: Artikel 20 bis 82, 6. Auflage, München: Franz Vahlen, 2010 –: Kommentar zum Grundgesetz, Band 3: Artikel 83 bis 146, 6. Auflage, München: Franz Vahlen, 2010 MARUTSCHKE , HANS-PETER: Einführung in das japanische Recht, 2. Auflage, München: Beck, 2010 –: Das Japanische im japanischen Arbeitsrecht, in: Menkhaus, Heinrich (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München: Iudicium, 1994, S. 133–155 MENKHAUS, HEINRICH: Alternative Streitbeilegung in Japan – Entwicklung bis zum ADRGesetz 2004, in: Hengstl, Joachim/Sick, Ulrich (Hrsg.), Recht gestern und heute. Festschrift zum 85. Geburtstag von Richard Haase, Wiesbaden: Harrassowitz, 2006, S. 281– 291 –: Rechtsverfolgung in Zivil- und Handelssachen in Japan, 2002, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) –: Zusammenfassung, in: Menkhaus, Heinrich (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München: Iudicium, 1994, S. 537–556 Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit: kōkyō shokugyō antei sho (harō wāku) no omo na torikumi to jisseki – heisei 24 nen 6 gatsu [Hauptinitiativen und Erfolge der öffentlichen Stellen zur Sicherung der Beschäftigung (harō wāku) – Juni 2012], Bericht der Behörde zur Sicherung der Beschäftigung des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet ist aktuell der Bericht für das Jahr 2014 zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: shokuba no toraburu kaiketsu sapōto shimasu – kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu [Wir unterstützen Sie bei der Beilegung von Streitigkeiten am Arbeitsplatz – Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Informationsbroschüre des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit und der Arbeitsbehörden der Präfekturen, Mai 2012, im Internet zugänglich ist die neueste Fassung zum Stand Januar 2015 unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) (zitiert als: MGWA, Broschüre BFördG, 2012) –: shokuba no toraburu kaiketsu sapōto shimasu – kobetsu rōdō kankei funsō no kaiketsu no sokushin ni kan suru hōritsu [Wir unterstützen Sie bei der Beilegung von Streitigkeiten am Arbeitsplatz – Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Informationsbroschüre des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit und der Arbeitsbehörden der Präfekturen, Stand 2009, im Internet zugänglich ist die neueste Fassung zum Stand Januar 2015 unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: kyoku no soshiki mokuhyō [Organisatorische Zielsetzung der Behörden (Anmerkung der Verfasserin: der Behörden des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit von April bis September 2010)], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 20.04.2010, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015)

Schrifttum

327

–: shōgai sha koyō sokushin hō kaisei ni tomonau seishōrei-tō no kaisei ni tsuite [Über die die Reform des Gesetzes zur Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen begleitende Reformierung der Ministerialverordnungen], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: Administration of Labour Relations, Stand 2006, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: kobetsu rōdō funsō kaiketsu sokushin hō [Gesetz zur Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Ministerkanzlei des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, Zuständigkeitsbereich Regionales, Geschäftsabteilung Erledigung von Arbeitsstreitigkeiten (Hrsg.), Tokio: Rōmu Gyōsei Kenkyū-sho, 2001 (zitiert als: MGWA, BFördG – Kommentierung, 2001) Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, Arbeitsbehörde in der Präfektur Tokio : rōdō gyōsei no aramashi Profile 2012 [Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012], Broschüre der Arbeitsbehörde in der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich unter

(zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) (zitiert als: MGWA Arbeitsbehörde Tokio, Umriss der Arbeitsverwaltung Profil 2012) MIYAZATO, KUNIO: rōdō jiken no genjitsu to funsō kaiketsu shisutemu – rōdōsha-gawa bengo-shi no tachiba kara [Die tatsächliche Lage bei Arbeitsrechtsfällen und die Streitbeilegungssysteme – vom Standpunkt eines Arbeitnehmerrechtsanwalts], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 205, 2004, S. 38–55 MIZUMACHI, YŪICHIRŌ: rōdō-hō – Labor and Employment Law [Arbeitsrecht], 2. Auflage, Tokio: Yūhikaku, 2008 MIZUTANI, KENJI : rōdō shinpan seido – kumiai kara no apurōchi to teigen [Das System über die Verständigung in Arbeitssachen – Ein Vorschlag zur Herangehensweise der Gewerkschaften], in: Rōdō Hōristu Junpō, Nr. 1648, 2007, S. 48–52 MÜLLER-GLÖGE , RUDI /P REIS, ULRICH/SCHMIDT, INGRID (Hrsg.): Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage, München: Beck, 2012 MURANAKA, TAKASHI : rōdō shinpan hō no igi to kondo noi kadai [Die Bedeutung des Verständigungsgesetzes in Arbeitssachen und künftige Aufgaben], in: Hōritsu no Hiroba, Vol. 57, 2004, S. 33–41 MURATA, TAKAYUKI : kobetsu rōdō funsō kaiketsu sokushin hō ni motozuku funsō chōsei i’in-kai ni yoru assen no jissai [Die Vermittlung durch die Streitregulierungskommission nach dem BFördG in der Praxis], 59. Mitteilung des Forschungsinstituts für allgemeine Angelegenheiten der Universität Matsuyama, 2009 –: nihon ni okeru rōshi funsō shori seido no genjō [Die gegenwärtige Situation der Systeme zur Erledigung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten in Japan], Tokio: Kōyōshobō, 2008 –: rōshi funsō shori seido, [Das System zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Tokio: Kōyōshobō, 2007 MUROI, T./SHIBAIKE, Y./HAMAKAWA, K.: komentāru gyōsei hō I – gyōsei tetsuzuki hō/gyōsei fufuku shinsa hō [Kommentar zum Verwaltungsrecht I, Verwaltungsverfahrensrecht/Untersuchung im Widerspruchsverfahren], 2. Auflage, Tokio: Nihon Hyōronsha, 2008 NAGATOMO, SETSUO: kobetsu rōdō funsō no genjō to kadai – gunma rōdō sōdan sentā kara [Die derzeitige Lage und die Aufgaben bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – aus der Sicht des Zentrums für arbeitsrechtliche Beratung der Präfektur Gunma], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 98-104

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NAKAKUBO, HIROYA: Introduction – Feature Articles: Labor Dispute Resolution System, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 2–3 NAKAMURA, HIDEO: Überblick über den japanischen Zivilprozess, in: Nakamura, Shigeo (Hrsg.), Japan und das deutsche Zivilprozessrecht – Sammelband der zivilprozessualen Abhandlungen, Band 1, Tokio, 1996, S. 165–183 NAKATA, KUNIHIRO: Die große Reform des juristischen Ausbildungssystems in Japan: Die Einführung der Law School nach US-amerikanischem Vorbild, in: Zeitschrift für Japanisches Recht, Nr. 18, 2004, S. 147–159 NANBA, KŌICHI : saiban-kan kara mita rōdō shinpan no jissai [Die Praxis der Verständigungsverfahren aus der Sicht eines Richters], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 37– 45 NATTER, EBERHARD /GROSS, ROLAND (Hrsg.): Arbeitsgerichtsgesetz – Handkommentar, Baden-Baden: Nomos, 2010 NISHITANI, SATOSHI : rōdō-hō [Arbeitsrecht], Tokio: Nihon Hyōronsha, 2008 –: Vergleichende Einführung in das japanische Arbeitsrecht, Köln: Heymanns, 2003 –: Das japanische Arbeitsrecht unter dem Einfluss der veränderten Arbeitsbeziehungen in Japans Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht, in: Wahsner, Roderich (Hrsg.), Geschichte und Gegenwart: Soziale Schattenseiten eines Modells, Baden-Baden: Nomos, 1996, S. 73–82 NODA, SUSUMU : rōdō funsō kaiketsu no arikata ni tsuite [Über das Wesen der Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten], in: Rō’i Rōkyō, 2009, S. 3–22 –: rōdō shinpan seido to rōdō keiyaku hō – rōdō jittai hō no kenchi kara [Das System der Verständigung in Arbeitssachen und Arbeitsvertragsrecht – vom Standpunkt des materiellen Arbeitsrechts aus betrachtet], in: Jurist, Nr. 1331, 2007, S. 50–60 NODA, YOSHIYUKI : Introduction to Japanese Law (1976), in: Comparative Law – Law and the Legal Process in Japan, Durham: Carolina Academic Press, 2003, S. 93–100 –: The Far Eastern Conception of Law, in: International Encyclopedia of Comparative Law, Vol. II, The Legal Systems of the World. Their Comparison and Unification, Tübingen: Mohr, 1975, S. 120–137 NOTTER, NIKOLAUS : Der Richter am Arbeitsgericht als Mediator, in: Der Betrieb, 2004, S. 874–876 Oberster Gerichtshof von Japan: jōkai rōdō shinpan kisoku [Erläuterung der Artikel der Verordnung zur Durchführung des Verständigungsverfahrens in Arbeitssachen], Verwaltungsstelle der Abteilung für allgemeine Angelegenheiten des Obersten Gerichtshofs, Tokio: Hōsōkai, 2006 (zitiert als: OGH Japan, Erläuterung DV VerstGA, 2006) VON OLENHUSEN, PETER GÖTZ: Gerichtsmediation – Richterliche Konfliktvermittlung im Wandel, in: Zeitschrift für Konfliktmanagement, 2004, S. 105–107 –: Mediation durch Richter – ein Projekt mit Zukunft, in: Deutsche Richterzeitung, 2003, S. 396–397 ŌKAWA, SHINRŌ/KUROKAWA, HIROMU /KOIKE , HIROSHI /SATŌ, KŌJI/YAMAZAKI, USHIO: shihō seido kaikaku no seika wo furikaeru [Rückblick auf die Ergebnisse der Reform des Justizsystems], in: Hōritsu no Hiroba, Vol. 58, 2005, S. 62–75 ONISHI, YUJI : Die Grundprobleme des japanischen Verwaltungsrechts, in: Pitschas, Rainer/Kisa, Shigeo (Hrsg.), Internationalisierung von Staat und Verfassung im Spiegel des deutschen und japanischen Staats- und Verwaltungsrechts, Berlin: Duncker & Humblot, 2002, S. 173–185 OPOLONY, BERNHARD : Der Arbeitsgerichtsprozess – Recht und Taktik des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, München: Beck, 2005

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ŌTAKE , AKIHIKO: rōdō shinpan seido no shikō jōkyō to saiban-sho ni okeru torikumi [Die Situation bei der Ausführung des Gesetzes über die Verständigung in Arbeitssachen und die Herangehensweise vor den Gerichten], in: Jurist, Nr. 1331, 2007, S. 32–49 –: kaishi go 1 nen wo heta rōdō shinpan seido no genjō to kadai [Die Lage des Systems über die Verständigung in Arbeitssachen und dessen Aufgabe 1 Jahr nach dem Start], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 46–59 P ORT, KENNETH L./MCALINN , GERALD P AUL: Comparative Law – Law and the Legal Process in Japan, Second Edition, Durham: Carolina Academic Press, 2003 Präfektur Kanagawa: Informationen über die Arbeitsstandardbüros einschließlich Ermahnungen zur Korrektur der gesetzeswidrigen Umstände durch die Arbeitsstandardbüros, Arbeitsbehörde in der Präfektur Kanagawa, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015)) PRÜTTING, HANNS/HELMS, TOBIAS (Hrsg.): FamFG – Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen – Kommentar, 2. Auflage, Köln: Otto Schmidt, 2011 –: Mediation im Arbeitsrecht, in: Haft, Fritjof/Gräfin von Schlieffen, Katharina (Hrsg.), Handbuch Mediation, München: Beck, 2002, S. 950–966 –: Streitschlichtung und Mediation im Arbeitsrecht, in: Isenhardt, Udo/Preis, Ulrich (Hrsg.), Arbeitsrecht und Sozialpartnerschaft: Festschrift für Peter Hanau, Köln: Schmidt, 1999, S. 743–753 –: Verfahrensrecht und Mediation, in: Breidenbach, Stephan/Henssler, Martin (Hrsg.), Mediation für Juristen: Konfliktbehandlung ohne gerichtliche Entscheidung, Köln: Schmidt, 1997, S. 57–73 –: Schlichten statt Richten?, in: Juristenzeitung, 1985, S. 261–271 RAHN , GUNTRAM : Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, München: Beck, 1990 –: Recht und Rechtsverständnis in Japan, in: Fikentscher, Wolfgang (Hrsg.), Entstehung und Wandel rechtlicher Traditionen, München: Alber, 1980, S. 473–496 REHBINDER, MANFRED : Rechtssoziologie, 5. Auflage, München: Beck, 2003 RICHTER, ACHIM : Ringen um Konsens, in: Arbeit und Arbeitsrecht, 2000, S. 582–585 RISSE, JÖRG: Wirtschaftsmediation, in: Neue Juristische Wochenschrift, 2000, S. 1614– 1620 RÖHL, KLAUS F.: Erfahrungen mit Güteverfahren, in: Deutsche Richterzeitung, 1983, S. 90–97 RÖHL SABINE /RÖHL KLAUS: Alternativen zur Justiz, in: Deutsche Richterzeitung, 1979, S. 33–38 ROKUMOTO, KAHEI : Tschotei (Schlichtung) – Eine japanische Alternative zum Recht: Verfahren, Praxis, Funktionen, in: Blankenburg, Erhard (Hrsg.), Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 6, Opladen: Westdeutscher Verlag, 1980, S. 390–407 ROTTLEUTHNER, HUBERT : Zum Rechtsfrieden, in: Brand, Jürgen/Strempel, Dieter (Hrsg.), Soziologie des Rechts: Festschrift für Erhard Blankenburg zum 60. Geburtstag, BadenBaden: Nomos, 1998, S. 683–692 –: Alternativen im gerichtlichen Verfahren, in: Blankenburg, Erhard (Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz: Berichte, Analysen, Perspektiven, Köln: Bundesanzeiger, 1982, S. 145–152 –: Alternativen in Arbeitskonflikten, in: Blankenburg, Erhard (Hrsg.), Alternative Rechtsformen und Alternativen zum Recht, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 6, Opladen: Westdeutscher Verlag, 1980, S. 263–278

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SAITO, TOMOYOSHI : rōdō shinpan hō no seiritsu keii to gaian [Einzelheiten über das Zustandekommen des Gesetzes über das Verständigungsverfahren in Arbeitssachen und ein allgemeiner Überblick], in: Jurist, Nr. 1275, 2004, S. 14–21 SASAKI , RYŌ: mondai kaiketsu rōdō-hō 10 funsō kaiketsu shisutemu [Problemlösung Arbeitsrecht Bd. 10 Streitbeilegungssysteme], Tokio: Junpōsha, 2008 SCHMIDT -BLEIBTREU, BRUNO/HOFMANN , HANS/HOPFAUF, AXEL (Hrsg.): Kommentar zum Grundgesetz, 12. Auflage, Köln/München: Carl Heymanns, 2011 SCHULTE -BUNERT, KAI /WEINREICH, GERD (Hrsg.): FamFG Kommentar, Köln: Luchterhand, 2009 SCHWAB, NORBERT /WETH, STEPHAN (Hrsg.): Arbeitsgerichtsgesetz – Kommentar, 3. Auflage, Köln: Dr. Otto Schmidt, 2011 VON SENGER, HARRO: Über das Normenbewusstsein der Japaner, in: Zeitschrift für Rechtsvergleichung, 1981, S. 265–282 SHIBATA, MASASHI : Das japanische Familiengericht, Japan-Zentrum der Universität Marburg, Occasional Papers, No. 32, Marburg, 2005 SHINDŌ, KŌJI : soshō to hishō [Prozess und Freiwillige Gerichtsbarkeit], in: Streitpunkte in der Rechtswissenschaft, Folge 5 - Streitpunkte im Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Sonderausgabe Jurist, 2009, S. 12–15 SHINTANI, NOBUYUKI : kobetsu rōdō funsō no genjō to kadai – nihon rōdō kumiai sōrengōkai kara [Die derzeitige Lage und die Aufgaben bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – aus der Sicht des japanischen Gewerkschaftsverbandes], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 82–90 SIEG, RAINER: Interne Schlichtung zur Vermeidung von Arbeitsgericht und Einigungsstelle, in: Oetker, Hartmut/Preis, Ulrich/Rieble, Volker (Hrsg.), 50 Jahre Bundesarbeitsgericht, München: Beck, 2004, S. 1329–1349 SPINNER, GÜNTER: Referat zum Thema „Anforderungen an eine moderne Eingangsinstanz“, in: Rieble, Volker (Hrsg.), Zukunft der Arbeitsgerichtsbarkeit, 2. ZAARKongress, München: ZAAR Verlag, 2005, S. 102–124 SPITTLER, GERD : Streitregelung im Schatten des Leviathan – Eine Darstellung und Kritik rechtsethnologischer Untersuchungen, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 1980, S. 4– 32 STEVENS -BARTOL, ECKART : Mediation im Arbeitsrecht, in: Breidenbach, Stephan/ Henssler, Martin (Hrsg.), Mediation für Juristen: Konfliktbehandlung ohne gerichtliche Entscheidung, Köln: Schmidt, 1997, S. 141–145 STREMPEL, DIETER: Außergerichtliche Konfliktlösung (Mediation), in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 1998, S. 319–322 –: Außergerichtliche Streitbeilegung – Konjunktur, Hintergründe und Perspektive, in: Gottwald, Walther/Strempel, Dieter (Hrsg.), Streitschlichtung: rechtsvergleichende Beiträge zur außergerichtlichen Streitbeilegung, Köln: Bundesanzeiger, 1995, S. 187–198 –: „Alternativen in der Ziviljustiz“ – Gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung in Japan im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland, in: Juristenzeitung, 1983, S. 596– 599 SUGENO, KAZUO: rōdō-hō [Arbeitsrecht], 8. Auflage, Tokio: Kōbundō, 2008 (zitiert als: SUGENO, 2008a) –: rōdō shinpan gaikan [Überblick über die Verständigung in Arbeitssachen], in: rōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], in: Sondernummer des Jurist, 2008, S. 12–25 –: Judicial Reform and the Reform of the Labor Dispute Resolution System, in: Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006, S. 4–12

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–: shihō seido kaikaku to rōdō saiban [Die Reform des Justizsystems und die gerichtliche Befassung mit Arbeitsstreitigkeiten], in: nihon rōdō-hō gakkai shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 73–92 –: shihō seido kaikaku to rōdō kankei jiken [Die Reform des Justizsystems und Arbeitsrechtliche Fälle], Bericht für die 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) SUGENO, KAZUO/YAMAKAWA, RYŪICHI /SAITŌ, TOMOYOSHI /JŌZUKA, MAKOTO/OTOKOZAWA, SATOKO: rōdō shinpan seido – kihon shushi to hōrei kaisetsu [System über die Verständigung in Arbeitssachen – Grundsätzliche Bedeutung und Erläuterung der Vorschriften], 2. Auflage, Tokio: Kōbundō, 2007 SUGENO, KAZUO/T OKUZUMI, KENJI /NAKAMACHI, MAKOTO/N ANBA , KŌICHI : rōdō shinpan seido 1 nen – jisseki to kongo no kadai [1 Jahr Verständigungssystem in Arbeitssachen – Erfolg und Aufgaben für die Zukunft], in: Jurist, Nr. 1331, 2007, S. 6–31 SUGENO, KAZUO/UKAI , YOSHIAKI /UMEKI, YOSHIAKI /SUGA, TOSHIHARU /WADA, ISHIRŌ : zadan-kai: rōdō shinpan – kaiketsu jirei kara miete kuru mono [Symposium: Verständigung – unter Betrachtung einiger Beilegungsbeispiele], in: rōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], in: Sondernummer des Jurist, 2008, S. 83–176 SUGENO, KAZUO/WATANABE, HIROSHI /KOKUZAWA, MASAMICHI /MURAKAMI , YŌKO/ ISHIZAHKI , NOBUNORI /UKAI , YOSHIAKI : rōdō shinpan seido no jitsujō to kadai wo saguru [Sondierung über die tatsächliche Situation und die Aufgaben für das Verständigungssystem], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 231, 2010, S. 99–129 SUMDIA, KUNISHIGE : shihō seido kaikaku to rōdō shinpan – shushi to yōyaku [Die Reform des Justizsystems und das Verständigungsverfahren – wesentliche Inhalte und Zusammenfassung], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 66–71 SUMIDA, KUNISHIGE /KEZUKA, KATSUTOSHI /WAKITA, SHIGERU : shin-gendai rōdō-hō nyūmon [Einführung in das Arbeitsrecht der modernen Gegenwart], 4. Auflage, Tokio: Hōritsu Bunkasha, 2009 TAKAGI, TSUYOSHI : shihō seido kaikaku to „rōdō“ [Die Reform des Justizsystems und „Arbeit“], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 102, 2003, S. 3–20 –: rōdō funsō kaiketsu shisutemu no kaikaku ni tsuite [Über die Reform des Systems zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten], umfangreicher Bericht für die 40. Sitzung des Beratungsausschusses am 01.12.2000, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) TAKAHASHI, HIROSHI : waga kuni ni okeru chōtei seido no rekishi [Die Geschichte des Schlichtungssystems in Japan], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 50–51 TAKATA, HIROSHIGE : soshō to hishō [Prozess und Freiwillige Gerichtsbarkeit], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte im Zivilprozessrecht], Sondernummer des Jurist, 2009, S. 12–15 TAKESHITA, KEN : Universalität und Spezialität in der Rechtsphilosophie, in: Menkhaus, Heinrich (Hrsg.), Das Japanische im japanischen Recht, München: Iudicium, 1994, S. 31–35 TANAKA, HIDEAKI : kobetsu rōdō funsō no genjō to kadai – nihon keizai dantai rengōkai kara [Die derzeitige Lage und die Aufgaben bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – aus der Sicht des japanischen Wirtschaftsverbandes], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 91–97

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TANAKA, ATSUSHI : chōtei ni kawaru kettei (I) – chōtei ni kawaru kettei no rironjō no sho mondai [Der die Schlichtung ersetzende Beschluss (I) – Theoretische Problempunkte des die Schlichtung ersetzenden Beschlusses], in: Hanrei Times, Nr. 932, 1997, S. 233– 236 TOKUDA, KAZUYUKI : kihan-ryoku no honshitsu to sayō [Das Wesen und die Funktion der Rechtskraft], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], Sonderband des Jurist, 2009, S. 214–215 UENO, YASUO: benron shugi [Die Verhandlungsmaxime], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], in: Sonderband des Jurist, 2009, S. 132–135 UKAI, YOSHIAKI : kobetsu rōdō funsō kaiketsu no genjō to kadai – rōdō shinpan seido wo chūshin ni [Die derzeitige Lage und Aufgaben der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten – mit Fokus auf dem Verständigungssystem], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 73–81 –: rōdō shinpan tetsuzuki no un’yō no jitsujō to kentō kadai [Die Situation bei der Durchführung der Verständigungsverfahren in Arbeitssachen und Untersuchungsaufgaben], in: rōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], in: Sondernummer des Jurist, 2008, S. 26–82 UPHAM, FRANK: Weak Legal Consciousness as Invented Tradition, in: Comparative Law – Law and the Legal Process in Japan, Durham: Carolina Academic Press, 2003, S. 101– 113 USHIJIMA, TSUTOMU : jitsumu hōka kara mita genjō to kaikaku no hōkō [Die Richtung der derzeitigen Reform aus der Sicht eines Justizbediensteten], in: nihon rōdō-hō gakkai-shi [Zeitschrift der Gesellschaft für Japanisches Arbeitsrecht], Nr. 98, 2001, S. 105–115 VAN VENROOY , GERD J: Gedanken zur arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht, 1984, S. 337–381 Verband der japanischen Rechtsanwälte: shimin no tame no bengo-shi hōshū gaido [Leitfaden zu Rechtanwaltshonoraren für die Bevölkerung], nihon bengoshi rengōkai [Verband der japanischen Rechtsanwälte], 2008 auf der Grundlage der Ergebnisse einer Umfrage unter japanischen Rechtsanwälten veröffentlicht VULTEJUS, ULRICH: Der Zugang zum Richterberuf, in: Arbeit und Recht, 1995, S. 251– 255 WALKLING, JULIA: Informelles Verwaltungshandeln in Deutschland und Japan (Diss.), Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, 2005 WATANDO, CHIHO: kanagawa-ken ni okeru rōdō sōdan oyobi assen shidō he no shitei kanrisha seido no dōnyū ni tsuite [Über die Einführung eines bestimmten Verwaltungsorgans für die Durchführung von Beratung und Vermittlung in der Präfektur Kanagawa], 2009, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) WOLFF, REINMAR: Zurückverweisung der Sache an das Schiedsgericht nach Aufhebung des Schiedsspruchs – zu den „geeigneten Fällen“ nach § 1059 Abs. 4 ZPO, in: Zeitschrift für Schiedsverfahren, 2007, S. 254–258 WOLMERATH, MARTIN : 5. Symposium der Deutsch-Japanischen Gesellschaft für Arbeitsrecht in Tokio, in: Arbeit und Recht, 2006, S. 159–160 WREDE, BEATRICE : Möglichkeiten und Chancen der Mediation bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht, 2002, S. 455–467 YAMAMOTO, KAZUHIKO/Y AMADA, AYA: ADR chūsai hō [Gesetz über ADR und Schiedsverfahren], Tokio: Nihon Hyōronsha, 2008

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YAMAKAWA, RYŪICHI : kobetsu rōdō funsō shori shisutemu no genjō to kadai – sōron [Die derzeitige Lage und Aufgaben der Systeme zur Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten – Allgemeine Bemerkungen], in: Jurist, Nr. 1408, 2010, S. 8–15 –: rōdō shinpan seido no riron kadai [Aufgaben des Systems über die Verständigung in Arbeitssachen in der Theorie], in: Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007, S. 4–15 YAMAMOTO, HIROSHI : nijū soshō no han’i to kōka [Der Bereich der doppelten Prozessführung und die Wirkungen], in: minji soshō hō no sōten [Streitpunkte des Zivilprozessrechts], in: Sonderband des Jurist, 2009, S. 92–97 YOKOMIZO, MASAKO: nichibenren rōdō hōsei i’in-kai to rōdō kentō-kai [Die Kommission der Vereinigung japanischer Rechtsanwälte zur Gesetzgebung in Arbeitssachen und die Untersuchungsgruppe Arbeit], in: Jiyū to Seigi, Vol. 55, No. 6, 2004, S. 23–32 ZINGSHEIM, NICOLE : ADR (Alternative Dispute Resolution) nach japanischem Recht unter besonderer Berücksichtigung der Beilegung ziviler Streitigkeiten über Umweltverschmutzung (Diss.), Bonn, 2003

Sonstige Quellen Japanische und deutsche Ministerien, Gerichte, Verbände etc. (Internetauftritte) Bundesagentur für Arbeit: Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, Internetauftritt der Bundesagentur für Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: Organisation, Internetauftritt der Bundesagentur für Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) Bundesrechtsanwaltskammer: Große Mitgliederstatistik zum 01.01.2012, Internetauftritt der Bundesrechtsanwaltskammer, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) DGB Rechtsschutz GmbH: Zahlen und Fakten, Internetauftritt der DGB Rechtsschutz GmbH, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Gemeinnützige Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen: NPO hōjin rōdō sōdan sentā no oitachi to genzai [Entwicklung und Gegenwart der gemeinnützigen Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen], Internetauftritt der gemeinnützigen Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) –: NPO hōjin rōdō sōdan sentā to ha? [Über die gemeinnützige Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen], Internetauftritt der gemeinnützigen Organisation Zentrum für Beratung in Arbeitssachen, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) Gesellschaft zur Forschung über Japanische Arbeitsbeziehungen: kobetsu rōdō funsō kaiketsu kenshū no go-annai [Informationen zum Training über die Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Internetauftritt der nihon rōshi kankei kenkyū kyōkai [Gesellschaft zur Forschung über Japanische Arbeitsbeziehungen], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Japanisches Parlament: dai-145-kai-kokkai, hon-kaigi, dai-25-gō [Protokoll der 145. Sitzungsperiode, 25. Sitzungstag des japanischen Parlaments am 22.04.1999], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) MGWA: kin’yō [Beschäftigung], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter http://www.mhlw.go.jp/seisakunitsuite/ bunya/koyou_roudou/koyou/index.html (zuletzt aufgerufen am 05.07.2012)

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Sonstige Quellen

–: kobetsu rōdō funsō no assen [Vermittlung bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: kōsei rōdō-shō no soshiki [Organisation des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) –: Organigramm des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter

(zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) –: rōdō kijun [Arbeitsstandards], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) –: rōdō kijun gyōsei no sōdan madoguchi [Beratungsstellen der Arbeitsstandardverwaltung] Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015). –: sōgō rōdō sōdan kōnā no go-annai [Informationen zu den Allgemeinen Beratungsstellen], Internetauftritt des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) Oberster Gerichtshof von Japan: kakyū saiban-sho [Gerichte unterer Instanzen], Internetauftritt des Obersten Gerichtshofs, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) –: rōdō shinpan-in [Verständigungslaienrichter], Internetauftritt des Obersten Gerichtshofs, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 08.02.2014) –: tōkyō chihō saiban-sho (minji-bu) rōdō shinpan tetsuzuki [Distriktgericht Tokio (Abteilung Zivilrecht) – Verständigungsverfahren], Internetauftritt des Obersten Gerichtshofs, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Präfektur Osaka: kobetsu rōshi funsō kaiketsu shien seido no go-annai [Informationen über das System der Unterstützung bei der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Internetauftritt der Präfektur Osaka, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) Präfektur Saitama: rōdō i’in-kai no tebiki [Einführung zu den Arbeitskommissionen], Internetauftritt der Präfektur Saitama, im Internet zugänglich unter , speziell Kapitel 2 Abschnitt 2e (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) –: rōdō-sha kojin to shiyō-sha to no shokuba toraburu (kobetsu-teki rōshi funsō) no assen [Vermittlung bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern (individuelle Arbeitsstreitigkeiten)], Internetauftritt der Präfektur Saitama, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) Präfektur Tokio: Beratung in Arbeitssachen, Q&A, Internetauftritt des Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen der Präfektur Tokio, im Internet zugänglich un-

Sonstige Quellen

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(zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) Vereinigung der japanischen Rechtsanwälte: Hottorain [Hotline], Internetauftritt der Vereinigung der japanischen Rechtsanwälte, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) –: josei bengoshi ni yoru hataraku josei no tame no hottorain [Hotline für arbeitende Frauen bedient von weiblichen Rechtsanwälten], Internetauftritt der Vereinigung der japanischen Rechtsanwälte, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) Veröffentlichungen zur Tätigkeit des Beratungsausschusses und der Untersuchungsgruppen Arbeit und ADR auf dem Internetauftritt des Premierministers von Japan Dai-yonjū-kai shihō seido kaikaku shingi-kai giji shidai [Protokoll der 40. Sitzung des Beratungsausschusses] vom 01.12.2000, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) (zitiert als: PM Japan, Protokoll der 40. Sitzung des Beratungsausschusses) Doitsu · igirisu no rōdō saiban-kan to no kondan-kai giji-roku [Protokoll zum Gespräch mit deutschen und englischen Richtern], Material Nr. 194 der Untersuchungsgruppe, 27. Sitzung der Untersuchungsgruppe vom 19.09.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Liste der Sitzungen der Untersuchungsgruppe Arbeit, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgesucht am 17.05.2015) Rōdō kankei jiken he no sōgōteki na taiō kyōka ni tsuite no chūkan torimatome [Zwischenbericht über die umfassende Stärkung arbeitsrechtlicher Fälle], Material Nr. 177 der Untersuchungsgruppe, 26. Sitzung der Untersuchungsgruppe vom 08.08.2003, im Inter-

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Sonstige Quellen

net zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: PM Japan, Zwischenbericht der Untersuchungsgruppe) Rōdō kentō-kai (dai-hachikai) giji-roku [Protokoll der 8. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 30.09.2002, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Rōdō kentō-kai (dai-nanakai) giji-roku [Protokoll der 7. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 04.09.2002, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) Rōdō kentō-kai (dai-nijūnana-kai) giji-roku [Protokoll der 27. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 19.09.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Rōdō kentō-kai (dai-nijūsan-kai) giji-gaiyō [Übersicht zur 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 11.07.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Rōdō kentō-kai (dai-nijūsan-kai) giji-roku [Protokoll der 23. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 11.07.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Rōdō kentō-kai (dai-sanjūikkai) giji-roku [Protokoll der 31. Sitzung der Untersuchungsgruppe] vom 19.12.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Rōdō kentō-kai no menbā [Liste der Mitglieder der Untersuchungsgruppe Arbeit], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) (zitiert als: PM Japan, Liste der Mitglieder der Untersuchungsgruppe Arbeit) Rōdō shinpan seido no gaiyō [Abriss zum Verständigungssystem], Material Nr. 213 der Untersuchungsgruppe, 31. Sitzung der Untersuchungsgruppe am 19.12.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Rōdō shinpan seido no seido sekkei no kosshi [Kernvorschlag der Untersuchungsgruppe zur Errichtung des Verständigungssystems in Arbeitssachen], Material Nr. 206 der Untersuchungsgruppe, 30. Sitzung der Untersuchungsgruppe am 26.11.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: PM Japan, Kernvorschlag der Untersuchungsgruppe) Shihō seido kaikaku shingi-kai dai-ikkai giji gaiyō [Zusammenfassung der 1. Sitzung des Beratungsausschusses] vom 27.07.1999, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 16.05.2015) Shihō seido kaikaku shingi-kai dai-ikkai giji-roku [Protokoll der 1. Sitzung des Beratungsausschusses] vom 27.07.1999, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) (zitiert als: PM Japan, Protokoll der 1. Sitzung des Beratungsausschusses) Shihō seido kaikaku shingi-kai iken-sho – 21 seiki no nihon wo sasaeru shihō seido [Schriftliche Meinungsäußerung des Beratungsausschusses für die Reform des Justizwesens – Ein Justizsystem, das Japan im 21. 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Sonstige Quellen

im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2007) heisei 18 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2006], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 25.05.2007, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2006) heisei 17 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2005], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 25.05.2006, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2005) heisei 16 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2004], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 23.05.2005, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2004) heisei 15 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2003], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 19.05.2004, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2003) heisei 14 nendo kobetsu rōdō funsō kaiketsu seido shikō jōkyō [Die Situation bei der Umsetzung des Systems zur Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten im Geschäftsjahr 2002], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 25.04.2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2002) todōfuken rōdō-kyoku ni okeru ,kobetsu rōdō funsō kaiketsu sokushin hō no shikō jōkyō (heisei 13 nen 10 gatsu ̴ 12 gatsu) [Die Situation bei der Umsetzung des Gesetzes über die Förderung der Beilegung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten bei den Arbeitsbehörden der Präfekturen (Oktober bis Dezember 2001)], Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit, 21.01.2002, (zitiert als: MGWA, Statistik BFördG 2001)

– Beilegung bei dem Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen der Präfektur Tokio Präfektur Tokio: heisei 23 nendo ni okeru rōdō sōdan oyobi assen no jōkyō ni tuite [Über die Situation der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen im Geschäftsjahr 2011], Präfektur Tokio, 26.04.2012, im Internet samt Anlagen zugänglich unter und (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2011) –: heisei 22 nendo ni okeru rōdō sōdan oyobi assen no jōkyō ni tuite [Über die Situation der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen im Geschäftsjahr 2010], Präfektur Tokio, 28.04.2011, im Internet zugänglich unter und (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2010)

Sonstige Quellen

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–: heisei 21 nendo ni okeru rōdō sōdan oyobi assen no jōkyō ni tuite [Über die Situation der Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen im Geschäftsjahr 2009], Präfektur Tokio, 28.04.2010, im Internet zugänglich unter und (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2009) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 20 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2008], Präfektur Tokio, Juli 2009, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2008) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 19 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2007], Präfektur Tokio, Juli 2008, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2007) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 18 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2006], Präfektur Tokio, Juli 2007, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2006) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 17 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2005], Präfektur Tokio, Juli 2006, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2005) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 16 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2004], Präfektur Tokio, Juli 2005, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2004) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 15 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2003], Präfektur Tokio, Juni 2004, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2003) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 14 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2002], Präfektur Tokio, Juli 2003, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2002) –: rōdō sōdan oyobi assen no gaiyō – heisei 13 nendo [Überblick über die Beratung und Vermittlung in Arbeitssachen - Geschäftsjahr 2001], Präfektur Tokio, August 2002, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Präfektur Tokio, Statistik Beratungszentrum Tokio 2001)

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Sonstige Quellen

– Beilegung bei den Arbeitskommissionen Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht: rōdō-sha no kenri hakusho [Weißbuch der Arbeitnehmerrechte], Vol. 291, 2011, nihon rōdō bengo-dan [Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht] –: rōdō-sha no kenri hakusho [Weißbuch der Arbeitnehmerrechte], Vol. 286, 2010, nihon rōdō bengo-dan [Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht] –: rōdō-sha no kenri hakusho [Weißbuch der Arbeitnehmerrechte], Vol. 281, 2009, nihon rōdō bengo-dan [Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht] (zitiert als: Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2009) –: rōdō-sha no kenri hakusho [Weißbuch der Arbeitnehmerrechte], Vol. 276; 2008, nihon rōdō bengo-dan [Vereinigung japanischer Rechtsanwälte für Arbeitsrecht] (zitiert als: Vereinigung japanischer RA für Arbeitsrecht, Weißbuch der Arbeitnehmerrechte, 2008) Zentrale Arbeitskommission: kaku-kikan ni okeru kobetsu rōdō funsō shori seido no un’yō jōkyō [Die Umsetzung der Systeme zur Erledigung individualarbeitsrechtlicher Streitigkeiten in allen Organen], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 17.05.2015) (zitiert als: Zentrale Arbeitskommission, Vergleichsstatistik 2006–2010) –: kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan/jogen, assen kensū – heisei 22 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2010 insgesamt], chūō rōdō i’in-kai [Zentrale Arbeitskommission], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2010) –: kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan/jogen, assen kensū – heisei 21 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2009 insgesamt], chūō rōdō i’in-kai [Zentrale Arbeitskommission], im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2009) –: kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan/jogen, assen kensū – heisei 20 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2008 insgesamt], chūō rōdō i’in-kai [Zentrale Arbeitskommission], im Internet am 24.07.2012 zugänglich unter , aktuell zeigt dieses Dokument die Geschäftsjahre 2009 bis 2013 (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2008) –: kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan/jogen, assen kensū – heisei 19 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2007 insgesamt], chūō rōdō i’in-kai [Zentrale Arbeitskommission], im Internet am 24.07.2012 zugänglich unter , aktuell zeigt dieses Dokument die Geschäftsjahre 2009 bis 2013 (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2007) –: kobetsu rōdō funsō ni kan suru sōdan/jogen, assen kensū – heisei 18 nenso ruikei [Anzahl der Fälle von Beratung/Ratschlag und Vermittlung in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten – Geschäftsjahr 2006 insgesamt], chūō rōdō i’in-kai [Zentrale Arbeitskommission], im Internet am 24.07.2012 zugänglich unter , aktuell zeigt dieses Dokument die Geschäftsjahre 2009

Sonstige Quellen

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bis 2013 (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Zentrale Arbeitskommission, Statistik Arbeitskommissionen 2006) – Beilegung bei den Gerichten Hōsō Jihō: heisei 22 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken no gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 2010], in: Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8, S. 1827–1854 (zitiert als: Hōsō Jihō, Band 63, Nr. 8) –: heisei 19 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken no gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 2007], in: Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8, S. 2421–2443 (zitiert als: Hōsō Jihō, Band 60, Nr. 8) –: heisei 12 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken no gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeits- und verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 2000], in: Hōsō Jihō, Band 53, Nr. 8, S. 89–110 (zitiert als: Hōsō Jihō, Band 53, Nr. 8) –: heisei 2 nendo rōdō kankei minji – gyōsei jiken no gaikyō [Allgemeine Lage bei arbeitsund verwaltungsrechtlichen Fällen im Geschäftsjahr 1990], in: Hōsō Jihō, Band 43, Nr. 7, S. 69–108. (zitiert als: Hōsō Jihō, Band 43, Nr. 7) Oberster Gerichtshof von Japan: rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai - zen-chihō saiban-sho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2010, Tabelle 91, S. 66, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 08.07.2012) (zitiert als: OGH Japan, Statistik Verständigung 2010, Tabelle 91) –: rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Art der Beendigung aufgeteilt], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2010, Tabelle 92, S. 66, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: OGH Japan, Statistik Verständigung 2010, Tabelle 92) –: rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai - zen-chihō saibansho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle] Justizstatistik der japanischen Gerichte 2009, Tabelle 91, S. 66, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: OGH Japan, Statistik Verständigung 2009, Tabelle 91) –: rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegen-ständen und Art der Beendigung aufgeteilt], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2009, Tabelle 92, S. 66, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: Statistik OGH Japan, Verständigung 2009, Tabelle 92) –: rōdō shinpan jiken-sū – jiken no shurui oyobi shin’uke, kisai, misai - zen-chihō saibansho [Fallzahlen der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Zahl der Neueingänge, Erledigungen sowie nicht erledigter Fälle], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2008, Tabelle 91, S. 66, im Internet zugänglich unter (zuletzt auf-

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Sonstige Quellen

gerufen am 19.05.2015) (zitiert als: OGH Japan, Statistik Verständigung 2008, Tabelle 91) –: rōdō shinpan kisai jiken-sū – jiken no shurui oyobi shūkyoku kubun-betsu – zen-chihō saiban-sho [Zahl der erledigten Fälle der Verständigung in Arbeitssachen an allen Distriktgerichten, nach Gegenständen und Art der Beendigung aufgeteilt], Justizstatistik der japanischen Gerichte 2008, Tabelle 92, S. 66, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) (zitiert als: OGH Japan, Statistik Verständigung 2008, Tabelle 92) – Beilegung bei den deutschen Arbeitsgerichten Statistisches Bundesamt: Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2010, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2010 veröffentlicht auf dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) –: Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2009, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2009 veröffentlicht auf dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) –: Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2008, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2008 veröffentlicht auf dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) –: Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2007, Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2007 veröffentlicht auf dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) –: Tätigkeit der Arbeitsgerichte 2006, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat III A 1, im Internet zugänglich unter (zuletzt aufgerufen am 19.05.2015) Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Tätigkeit der Arbeitsgerichte, in: Bundesarbeitsblatt 1/2000, S. 128–129 Persönliche Gespräche und Kommunikation EISEMANN, HANS FRIEDRICH: Schreiben des (damaligen) Präsidenten des (ehemaligen) Landesarbeitsgerichts Brandenburg (verschmolzen zum Landesarbeitsgericht BerlinBrandenburg im Jahr 2007). Dr. Eisemann vom 30.10.2006; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. GÖHLE -SANDER, KRISTINA: Schreiben der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Hamm Göhle-Sander vom 06.11.2006; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. HATA, KIMIMASA: Regelmäßige, meist wöchentliche Gespräche zum japanischen Zivilprozess mit Kimimasa Hata, Professor für Zivilrecht an der Chūō-Universität, von April 2008 bis März 2010.

Sonstige Quellen

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KIRSCH, HENNING: Schreiben des (damaligen) Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Hamburg Kirsch vom 31.10.2006; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. Verband der japanischen Gewerkschaften: Emailschreiben des Verbandes der japanischen Gewerkschaften zur Vergütung der Verständigungslaienrichter vom 28.01.2014; das Schreiben liegt der Verfasserin vor. SUMIDA, KUNISHIGE : Regelmäßige Gespräche mit Kunishige Sumida, Professor für Arbeitsrecht an der Chūō-Universität (bis 2011), April 2007 bis März 2010. Urteil LAG Hamm: Urteil vom 25.02.1999 – 17 Sa 2281/98, Arbeit und Recht 1999, S. 246–247 Sonderausgaben japanischer Fachzeitschriften zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten Sonderausgabe des Kikan Rōdō Hō: kobetsu rōdō funsō no jittai to sono shori [Zweite Sonderausgabe: Die tatsächliche Sachlage bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten und deren Erledigung], Sonderausgabe des Kikan Rōdō Hō, Nr. 231, 2010 Sonderausgabe des Jurist: kobetsu rōdō funsō no jissai to hōteki shori no kongo [Die Praxis bei individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten und die Zukunft rechtlicher Erledigung], Sonderausgabe des Jurist, Nr. 1408, 2010 Sonderausgabe des Nihon Rōdō Kenkyū Zasshi: rōdō funsō no kaiketsu shisutemu [Systeme zur Beilegung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten], Sonderausgabe des Nihon Rōdō Kenkyū Zasshi, Nr. 581, 2008 Sondernummer des Jurist: Rrōdō shinpan – jirei to un’ei jitsumu [Die Verständigung in Arbeitssachen – Fallbeispiele und praktische Umsetzung], Sondernummer des Jurist, 2008 –: rōdō shinpan seido 1 nen [1 Jahr System über die Verständigung in Arbeitssachen], Sonderausgabe des Jurist, Nr. 1331, 2007 Sonderausgabe des Rōdō Hōritsu Junpō: rōdō shinpan seido kaishi kara 1 nen [1 Jahr nach dem Start des Systems über die Verständigung in Arbeitssachen], Sonderausgabe des Rōdō Hōritsu Junpō, Nr. 1648, 2007 Sonderausgabe des Kikan Rōdō Hō: rōdō shinpan seido no hyōka to kadai [Einschätzung des Systems über die Verständigung in Arbeitssachen und dessen Aufgaben], Sonderausgabe des Kikan Rōdō Hō, Nr. 217, 2007 Special Edition of the Japan Labor Review: Labor Dispute Resolution System, Special Edition of the Japan Labor Review, Vol. 3, No. 1, 2006

Register Abfindung nach Kündigung 216 f. 251 f., 255, 256 f., 259 ADR, siehe auch Alternative Dispute Resolution Akteneinsicht für Verständigungslaienrichter 204 ff. aktive Rolle der Parteien 256 Allgemeine Beratungsstellen 68 ff., 74, 82 ‒ Ratschlag 74 ‒ Rechtsdienstleistung 70 f. allgemeiner Gerichtsstand 176 Alternative Dispute Resolution 15, 17, 152, siehe auch alternative Streitbeilegung alternative Streitbeilegung 14 ff., 23 ff., 285 ff. ‒ angemessene Beilegung, siehe auch angemessene Streitbeilegung ‒ Arbeitsrecht 23 ‒ Definition 21 f. ‒ Entschuldigung 124 ‒ Freiwilligkeit 105, 117, 131, 138 f., 200, 222 ‒ Hinzuziehung von Fachleuten 24, 136 f., 148 f. ‒ rasche Beilegung, siehe auch Beschleunigung ‒ Vorteile 23 ff. Alternative zum Recht 16 Alternative zur Justiz 16 Amtsermittlung 203 f. Anbindung an das Prozessverfahren, siehe auch automatischer Übergang in das Prozessverfahren angemessene Streitbeilegung 134, 215 f., 218, 221, 249 Anhängigkeit und Rechtshängigkeit 178

Anleitung und Ratschlag, siehe auch Ratschlag und Anleitung Anwaltszwang 228, 243, 280 Arbeitsbehörde 47 f., 51 f. ‒ Abteilung für die Gleichstellung in der Beschäftigung 53, 58 f. ‒ Abteilung zur Sicherung der Beschäftigung 52 f., 56 f. ‒ Arbeitsstandardabteilung 52, 54 ff. ‒ Arbeitsstandardbüro 55 ‒ öffentliche Stellen zur Sicherung der Beschäftigung (Hello Work) 57 ‒ Organisation auf Präfekturebene 52 ff. ‒ Statistik 110 ff. Arbeitskommission, präfektural 4 ‒ Abhilfe bei unfairen Arbeitgeberpraktiken 102 f. ‒ Beratung 108 f. ‒ kō-rō-shi sansha Kommission (dreiseitig besetzte Kommission) 101, 104–107, 109, 137 ‒ Mitglieder 101 ‒ Schiedsverfahren 106 ‒ Schlichtungsverfahren 105 ‒ Statistik 125 ff. ‒ Vermittlungsverfahren 103 ff., 109 f. Arbeitskommission, zentral 101 arbeitspolitische Büros (Dienstleistungsstellen der Verwaltung) 94 ff. ‒ Statistik 120 ff. ‒ Uneinheitlichkeit 96 f. ‒ Zuständigkeit 95 f. Arbeitsstandardbüro, siehe auch Arbeitsbehörde Aussetzung 178 f. außergerichtliche Streitbeilegung 15

348 außerordentliches Anstellungsverhältnis, siehe auch Staatsbedienstete, nicht regulär beschäftigt automatischer Übergang in das Prozessverfahren 42‒44, 90, 162, 171, 195, 223 ff., 250 ‒ Zuständigkeit 224 ff. Beendigung des Verständigungsverfahrens 209 ff., siehe auch Verständigungsspruch ‒ Schlichtung 210 ff. ‒ Schlichtung, Form 212 ‒ Schlichtung, Wirkung 212 Beendigung nach Art. 24 VerstGA 220 f., 254 f. Befangenheit 225 f., 270, 273 Beratung 96 ff., 108 f. ‒ Anfrage von Arbeitgebern 114, 123 ‒ Anfrage von Arbeitnehmern 114, 123 ‒ telefonisch 118, 122 Beratungsausschuss für die Reform des Justizwesens 144 ff. ‒ Abschlussbericht 149 ff. ‒ Aufgabe 145 f. ‒ Fälle, die besonderes Fachwissen erfordern 146 ff., 150 f. ‒ Umgang mit arbeitsrechtlichen Streitigkeiten 146 ff. Beratungs- und Informationszentrum für Arbeitssachen 97 ff. ‒ Beratung und Vermittlung 98 ff. ‒ Zuständigkeit 9 f. Beschäftigungssystem 5, 49, 143 Beschleunigung 133, 149, 150 f., 166 f., 169, 195, 196 f., 248 f., 258 Beschluss, der die Schlichtung ersetzt, siehe auch Beschluss nach Art. 17 ZSchliG Beschluss nach Art. 17 ZSchliG 38, 161, 212, 219, 270 ‒ Einspruch 38, 161 Beschluss über die Abweisung einer Verständigungsangelegenheit wegen Unzulässigkeit 273 f. Beschluss über die Verweisung an ein anderes Gericht 274 Beschwerde 273

Register Beweiserhebung 201 f., 262, 266, 267 BFördG ‒ Hintergrund 48 ff., 67 f. Bindung an das materielle Recht 37, 41, 43, 134, 140, 161, 214, 215 f., 249, 252, 254 ff., 257, 266, 269 Bindungswirkung des Verständigungsspruchs 252 f., 259 Blasenwirtschaft 5, 48 f., 142 f. Dauerhaftigkeit des Arbeitsverhältnisses 25, 27 f., 77, 149, 169, 250, 260 Dienstleistungsstellen der Verwaltung, siehe auch arbeitspolitische Büros Distriktgericht 171, 225, 249 Dritte ‒ Grad der Einmischung 30 effektive Streitbeilegung 250 einfaches Gericht 171 Einigungsrate 117, 124, 127 Einzelgespräche, siehe auch Einzelunterredungen Einzelunterredungen 85 ff., 104, 109, 134 f. Entscheidungsbefugnis 32 f., 132, 156 ff., 167, 217, 252 f. Entscheidungsfunktion, siehe auch Entscheidungsbefugnis Entscheidungskompetenz, siehe auch Entscheidungsbefugnis Entscheidungsverfahren 29 f. Entschuldigung als Streitbeilegung, siehe auch alternative Streitbeilegung Ergänzungsschriftsatz 198, 205 Ermahnung 55, 66, 92 Fachgerichtsbarkeit 2, 159 Fachlaienrichter 148 f., 156 ff., 169, 250 ‒ sanshin-sei (Beteiligung von Fachlaien im Prozessverfahren) 148 f., 151, 156 ff. ‒ Stimmrecht wie Berufsrichter 163, 180, 207 ‒ Verhältnis zu Berufsrichtern 157 f., 188 ff. formale Anforderungen 193 f., 275

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Register ‒ Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens 193 f. ‒ Schriftsatz, allgemein 193 Freibeweis 266 freiwillige Gerichtsbarkeit 264 ff. ‒ Anwendbarkeit auf Verständigungsverfahren 272 ff., 275 f. ‒ Begriff 265 f. ‒ Beschluss 266, 267, 274 ‒ Beweiserhebung 266, 267 ‒ Rechtskraft 266, 267, 274 ‒ Vertretung 276 f. Funktion des Verständigungsverfahrens 245 ff. Funktion der Vermittlungsverfahren 133 ff. Garantie des gesetzlichen Richters 185 ff. Gewaltenteilung 132 f. giri ninjō 18 Große Justizreform 143 f., 165 f., 246 ff. ‒ Beratungsausschuss, siehe auch Beratungsausschuss für die Reform des Justizwesens ‒ Untersuchungsgruppe Arbeit, siehe auch Untersuchungsgruppe Arbeit Güteverhandung 160, 197, 210 f. gyōsei shidō 59 ff., 73, 75 f., 92 ‒ Abgrenzung vom Verwaltungsakt 61 ‒ Arbeitsrecht 65 ff. ‒ Begriff 60 ‒ Bindungswirkung 61 ‒ Empfehlung 60, 62 ‒ Ermächtigungsgrundlage 64 ‒ Rechtsnatur 61 ‒ verfassungsrechtliche Bedenken 63 ff. ‒ Zwangsvollstreckung 65 Hello Work, siehe auch Arbeitsbehörde hō-terasu 71 individualarbeitsrechtliche Streitigkeiten (zivilrechtlicher Art) ‒ Begriff 112, 168 informelles Verwaltungshandeln, siehe auch gyōsei shidō

Instanzenzug 226, 260 jōri 37 f., 41 Justizreform, siehe auch Große Justizreform Justizsystem ‒ für das Volk leicht zu nutzendes 145, 246 ff. „kleine Justiz“ 145 Kompromisscharakter des Verständigungsverfahrens 253 ff. ‒ Behandlung von Kündigungsstreitigkeiten 256 f. ‒ nicht ausreichende Sachverhaltsermittlung 255 f. Konflikt ‒ interpersonell 26 ‒ personenbezogen 26 f. ‒ rollenbezogen 26 f. Kosten des Vermittlungsverfahrens 140 f. Kosten des Verständigungsverfahrens 247, 279 ff. ‒ Gerichtskosten 279 f. ‒ Kosten für die Parteien 279 ff. ‒ Vertretungskosten 280 f. Kostenlast ‒ Schlichtung im Verständigungsverfahren 212 ‒ Verständigungsspruch 220 Leiter der Arbeitsbehörde 72 ff., 83, 92 Lösungsvorschlag 285 f. Meiji-Restauration 19, 46, 63 Mindeststandard für Arbeitsbedingungen 54 f. Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Arbeit (MGWA) ‒ Arbeitsstandardbehörde 52, 54 ‒ Behörde für die Gleichstellung in der Beschäftigung, Kinder und Familie 52, 58 f. ‒ Behörde zur Sicherung der Beschäftigung 52, 56 ‒ Organisation auf Zentralstaatsebene 51 f.

350 öffentliche Stellen zur Sicherung der Beschäftigung (Hello Work), siehe auch Arbeitsbehörde Öffentlichkeit 91 f., 140, 223, 226 ff., 266, 278 örtliche Zuständigkeit, siehe auch Verständigungsverfahren (in Arbeitssachen) One-Stop-Service, siehe auch Allgemeine Beratungsstellen paritätische Besetzung ‒ Arbeitskommission 109, 137 ‒ Streitregulierungskommission 78 f. ‒ Schlichtungskommission, zivile Schlichtung 189 ‒ Verständigungssystem 179 f. Personen von Gelehrsamkeit und Erfahrung 101, 104, 137 Prinzip der lebenslangen Beschäftigung 5 Prozesskostenhilfe 281 Prozessverfahren 14, 152, 265 f., 269 rasche Streitbeilegung, siehe auch Beschleunigung Ratschlag und Anleitung 72 ff. ‒ Abgrenzung 73 f. ‒ Ablauf 73 ff. ‒ Bindungswirkung 74 ‒ Gegenstand 72 f. ‒ rechtliche Einordnung 75 f. rechtliche Einordnung des Verständigungsverfahrens 260 ff. ‒ alternatives Verfahren oder Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit 264 ff. ‒ alternatives Verfahren oder streitiges Verfahren 260 ff. Rechtsanwaltsgebühren 280 f. ‒ Erfolgshonorar 281 ‒ Honorarvorschuss 281 Rechtsbewusstsein 19 Rechtsfortbildung 140, 255 Rechtshängigkeit, siehe auch Anhängigkeit und Rechtshängigkeit Rechtskraft 279 Rechtsmittel gegen den Verständigungsspruch 221 ff.

Register ‒ Einspruch 221 ff. ‒ Notfrist 221 ‒ Zulässigkeitsprüfung 222 Rechtsschutzversicherung 281 regulierende Verfahren 29 f. Rotationsprinzip 2 f., 159, 172 runder Tisch 201, 247 sachliche Zuständigkeit, siehe auch Verständigungsverfahren (in Arbeitssachen) Schiedsverfahren 22, 106 Schlichtung 34 ff., 92 f., 105 ‒ in Familiensachen 40 f., 223,267 f., 271 ‒ zivile, siehe auch zivile Schlichtung Schlichtungskommission 38 ‒ kaji shinpan 40 Schlichtungsvorschlag 35, 87 f. Schriftsatzfristen 196 ff. Schwarz-Weiß-Entscheidung 1, 18, 24, 82 Senioritätsprinzip 5, 49 Selbstverwaltungskörperschaft 94 ff., 107 f. shinpan 39 ‒ kaji shinpan-Verfahren für familienrechtliche Streitigkeiten, siehe auch Schlichtung, in Familiensachen sofortige Beschwerde 178, 273 Staatsbedienstete 282 ‒ nicht regulär beschäftigt 79, 101 Straßenberatung 122 Streitbeilegung ‒ durch Verwaltungsorgane 46 ff., 55, 76 ‒ Präfekturebene 8, 46 ff., 93 ff. ‒ Zentralstaatsebene 8, 46 ff., 138 streitiges Prozessverfahren, siehe auch Prozessverfahren Streitregulierungskommission ‒ Hintergrund 78 ‒ Kommissionsmitglieder, Anzahl 80 f. ‒ Kommissionsmitglieder, Ausschluss und Entlassung 80 ‒ Kommissionsmitglieder, Auswahl 84 ‒ Kommissionsmitglieder, Befangenheitsantrag 84

Register ‒ Kommissionsmitglieder, Qualifikation 78 f. ‒ Übertragung auf ein Kommissionsmitglied 85 ‒ Zuständigkeit, allgemein 81 ‒ Zuständigkeit nach dem ChancenGG und Teilzeitarbeitsgesetz 92 f. Strengbeweis 265 Teilnahme, siehe auch alternative Streitbeilegung, Freiwilligkeit Teilung von Verständigungsverfahren 204 Übergang in das gerichtliche Verfahren ‒ Vermittlungsverfahren bei den Arbeitsbehörden 90 f., 120 ‒ Verständigungsverfahren, siehe auch automatischer Übergang in das Prozessverfahren Unternehmensgewerkschaften 49 Untersuchungsgruppe ADR 260 Untersuchungsgruppe Arbeit 153 ff. ‒ Arbeitsschlichtung 151, 155 ‒ Arbeitsschlichtung, Abgrenzung zur zivilen Schlichtung 161 f. ‒ Aufgabenkatalog 151 ff., 154 ‒ Beratungsverlauf 154 f. ‒ Beteiligung von Fachlaien im streitigen Verfahren, siehe auch Fachlaienrichter ‒ Fachgerichtsbarkeit 159 ‒ Kernvorschlag für die Errichtung des Verständigungssystems in Arbeitssachen 164 f. ‒ Verfahrensrecht 159 f. ‒ „Vier Vorschläge“ 162 f. Verbindung von Verständigungsverfahren 204 Verfahren für nicht prozessuale Angelegenheiten, siehe auch freiwillige Gerichtsbarkeit Verfahrensgrundsätze 277 Vergütung der Verständigungslaienrichter 282 f. Verjährung 90 f., 139 verlorenes Jahrzehnt 5

351 Vermittlung 31 ff., 77 ff, 94 ff., 99 f., 101 f., 103 ff., 109 f. Vermittlungsverfahren, Streitregulierungskommission 77 ff. ‒ Abbruch 83 f., 90 ‒ Beendigung 90 ‒ Einleitung auf Antrag 82 f. ‒ Gegenstand 81 f. ‒ Übertragung auf ein Kommissionsmitglied 85 ‒ Verfahrensablauf 84 ff. ‒ Verjährungsunterbrechung, siehe auch automatischer Übergang in das gerichtliche Verfahren Vermittlungsvorschlag 85, 86, 87, 100, 104, 110, 135 ‒ Abgrenzung vom Schlichtungsvorschlag 87 f. Vernehmung von Zeugen 201 Verständigung (in Arbeitssachen) 39 f., 41 ff, siehe auch Verständigungsverfahren (in Arbeitssachen) ‒ Begriff 39, 164, 259 ‒ rechtliche Einordnung 165 ff. Verständigungskommission 41, 179 ff. ‒ Besprechungen 202 f. ‒ Qualifikation der Verständigungslaienrichter, siehe auch Verständigungslaienrichter ‒ Statistik 232 ff. ‒ Zusammensetzung 179 ff. Verständigungslaienrichter 179 ff., siehe auch Fachlaienrichter ‒ Akteneinsicht 204 ff., 251 ‒ Amtszeit 184 ‒ Anzahl 190 ‒ Ausschluss und Entlassung 186 f., 262 f. ‒ Begriff 181 f., 186, 188 ‒ gleichberechtigte Position im Verfahren 204 ff., 251 ‒ Heranziehung 184 f. ‒ Qualifikation 183 ff. ‒ Schulungen 189f. ‒ Stimmrecht 180, 187, 207, 250 ‒ Vergütung 282 f. Verständigungsrichter 179 ‒ Besprechung der Rechtslage im Termin 221

352 ‒ Leitung des Verfahrens 180 Verständigungsspruch ‒ Ähnlichkeit zum Schlichtungsvorschlag 217, 218 ‒ Auflösung des Arbeitsverhältnisses 216 f. ‒ Bindungswirkung 163 ‒ Einspruch 221 ff., siehe auch Rechtsmittel gegen den Verständigungsspruch ‒ Entscheidungsgrundlage 41, 213 ff., 254, 269 ‒ flexible Lösung 214 f., 249, 257, 269 siehe auch Bindung an das materielle Recht ‒ Form 217 ff. ‒ mündliche Bekanntgabe 218 ‒ Notfrist 170 ‒ Unterschied zum Urteil 259 f. ‒ Weiterbeschäftigung, siehe auch Weiterbeschäftigung nach Kündigung ‒ Widerruf 219 ‒ Wirkung 219 f. Verständigungsverfahren (in Arbeitssachen) ‒ Abriss des Verfahrens 168 ff. ‒ Antragserwiderung 196 ff. ‒ Anzahl der Termine 200 ‒ Beendigung nach Art. 24 VerstGA 220 f. ‒ Einleitung auf Antrag 192 ff. ‒ erster Termin 199, 200, 248 ‒ Gegenstand 190 ff., 262 ‒ Hintergrund 142 ff. ‒ Kompromisscharakter, siehe auch Kompromisscharakter des Verständigungsverfahrens ‒ rechtliche Einordnung 260 ff. ‒ Replik 198 ‒ Schriftsatzfristen 196 ff. ‒ Verlegung des ersten Termins 197 f. ‒ Verweisung 177 f. ‒ Zuständigkeit, örtlich 175 f., 275 ‒ Zuständigkeit, Parteidisposition 176 f. ‒ Zuständigkeit, sachlich 171 ff., 249 Vertreter des öffentlichen Interesses 101, 106

Register Vertretung im Verständigungsverfahren 228 ff., 276 f. ‒ Gewerkschaftsvertreter 229 ff., 248 ‒ Kosten 280 f. ‒ Nicht-Rechtsanwalt 229 ff., 247 f. ‒ Vertretungsbefugnis 232, 276 f. ‒ Widerruf der Zulassung 231 ‒ Zulassung durch Beschluss 231 Verwaltungsanleitung, siehe auch gyōsei shidō Verweisung auf das japFGG 268 ff. Vier-Instanzen-Zug 226 Weiterbeschäftigung nach Kündigung 124, 216 f., 252, 256 f. Wirksamkeit ‒ wie ein gerichtlicher Vergleich 38, 42 ‒ wie ein Urteil 40 Wirtschaftsblase, siehe auch Blasenwirtschaft zivile Schlichtung 36 ff., 161 f., 177, 182 f., 212 Zivilprozessgesetz ‒ Reform 159 f., 177 Zugang 135 f., 145 f., 153, 175, 246, 276