Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten 9783161579592, 9783161481994

In privatrechtlichen Verbänden bestehen komplexe Rechtsbeziehungen zwischen Verband und Mitglied ebenso wie zwischen den

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German Pages 821 [827] Year 2020

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
§ 1 Die mitgliedschaftliche Kompetenzschutzklage
A. Problemstellung
B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an Verbandsentscheidungen
I. Gesetzliche Grundlagen
II. Die Funktion des Entscheidungsteilhaberechts von Gesellschaftern und Aktionären
III. Die Transformation des Teilhaberechts in einen durchsetzbaren Anspruch
1. Die Bindung der Geschäftsführung an den Gesellschafter-Entscheid
2. Rechtliche Betroffenheit aller Gesellschafter
3. Auszuscheidende Fälle
4. Im Überblick: Denkbare Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Befolgungspflicht
IV. Kompetenzschutzklage als Instrument der objektiven Rechtskontrolle?
V. Befolgungsanspruch als materielles Recht der Gesellschaft bzw. des beschließenden Organs?
1. Der Ansatz
2. Das subjektive Recht auf Entscheidungsteilhabe
3. Ersatzaufsichtsrecht des Aktionärs
VI. Befolgungsanspruch auf deliktsrechtlicher Grundlage?
1. Mitgliedschaft als subjektives Recht
2. Mitgliedschaft als „sonstiges“ Recht
a) Ausschluß- und Nutzungsfunktion
b) Zur Funktion des subjektiven Rechts
c) Die Parallele zur gewöhnlichen Forderung
d) Die Präexistenz des Herrschaftsobjekts
e) Herrschaftsrechte an anderen Rechtspersonen?
f) Kein Deliktsschutz der allgemeinen Handlungsfreiheit
g) Sozialtypische Offenkundigkeit
3. Zwischenergebnis
a) Kein Deliktsschutz mitgliedschaftlicher Rechte im Verbandsinnenverhältnis
b) Negatorischer Schutz von Mitgliedsrechten gegenüber Dritten?
VII. Die verbandsrechtliche Grundlage des Befolgungsanspruchs
1. Das Holzmüller-Urteil des BGH
2. Kein Schadensersatzanspruch
3. Kein Abwehranspruch
4. Der Befolgungsanspruch als primärer Erfüllungsanspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis
5. Das Einberufungsquorum: Ein Einwand?
6. § 118 I AktG: Ein Einwand?
VIII. In Sonderheit: Die Teilnahme Unbefugter an der Abstimmung
C. Zusammenfassung
§ 2 Die actio pro socio
A. Problemstellung
B. Die materiellrechtliche Zuordnung von Sozialansprüchen
I. Das Postulat eines eigenen Leistungsanspruchs des Gesellschafters
1. Personengesellschaft
2. Kapitalgesellschaften
a) Rechtsgrundlagen mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche
b) Die verbandsrechtliche Begründung eines eigenen Forderungsrechts des Gesellschafters
c) Deliktsrechtliche Begründungsversuche
II. Innengesellschaft neben der GmbH?
III. Deliktische Verkehrspflicht für fremdes Vermögen?
IV. Haftung nach §§ 823 II BGB, 43 GmbHG?
V. Die Differenzierung der Treupflicht
1. Treupflicht gegenüber den anderen Mitgliedern
2. Treupflicht gegenüber dem Verband
a) Entscheidungen in Geschäftsführungsangelegenheiten
b) Schädigungsverbot
c) Entscheidungen in Grundlagenangelegenheiten
VI. Die Umsetzung des Zweckverfolgungsinteresses in Rechtspositionen der Gesellschaft
VII. Das Argument der materiellen Konfliktbeteiligung
VIII. Das Argument des Gesellschafter-Eigeninteresses
IX. Das Gesellschaftsinteresse als imaginäre Größe
1. Die Projektionsidee
2. § 117 I 2 AktG und die Problematik der Reflexschäden
3. Die mitbestimmte Gesellschaft als eigenständiger Interessenträger
X. Das Argument der drohenden Ausfallhaftung
1. GmbH
2. Personengesellschaft
XI. Klage aus eigenem Recht bei Gleichheitsverstoß?
C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung der GmbH
I. Überblick über die Zuständigkeit für die Anspruchsverfolgung nach dem GmbHG
II. Insbesondere § 46 Nr. 8 GmbHG
III. Der Normzweck des § 46 Nr. 8 GmbHG: Schutz von Gesellschaftsinterna?
IV. §§ 46 Nr. 2,8 GmbHG: Das Hierarchieprinzip
V. § 46 Nr. 2,8 GmbHG: Das Prinzip der beschränkten Haftung
VI. Konsequenzen für die actio pro socio
VI. Die Einzelklage nach gefaßtem Einforderungsbeschluß
VII. Mögliche Alternativen zur actio pro socio
1. Kombinierte Zustimmungs- und Schadensersatzklage?
2. Beschlußmängelklage gegen den die Einforderung ablehnenden Beschluß?
IX. Die Vereinfachungsfunktion der actio pro socio
1. Die Wertungsgrundlagen bei Schadensersatzansprüchen
2. Die Wertungsgrundlagen bei Einlageansprüchen
3. Prozeßökonomie und mitgliedschaftliche Pflichtenstellung
4. Tu-quoque-Einwand des Beklagten?
5. Klagebefugnis auch des stimmrechtslosen Anteilsinhabers
X. Actio pro socio und Verzichtsbeschluß
D. Die Position der übergangenen Gesellschafter in der GmbH
I. Problemstellung
1. Der Beitrag des übergangenen Gesellschafters zur gesellschaftsinternen Willensbildung
2. Der hypothetische Einforderungsbeschluß und die gegen ihn gerichteten Rechtsbehelfe
II. Hauptintervention?
1. Intervention der Gesellschaft?
2. Intervention des übergangenen Gesellschafters?
a) Negative Rechtsbehauptung
b) Zum Normzweck des § 64 ZPO
c) Folgerungen
d) Das Problem der Rechtskraft inter partes
III. Streitgenössische Nebenintervention
E. Die actio pro socio im Kompetenzgefüge der Personenhandelsgesellschaft
I. Schadensersatzansprüche
II. Einlageansprüche
III. Die actio pro socio als Ersatz für einen Einforderungsbeschluß
1. Subsidiarität der actio pro socio
2. Insbesondere die Schadensersatzklage wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots
3. Die actio pro socio als Ersatz selbst für den einstimmig zu fassenden Einforderungsbeschluß
F. Die actio pro socio in der Aktiengesellschaft
I. Schadensersatzansprüche
1. Die Sperrwirkung des § 147 AktG
2. Konzernrechtliche Ausnahmeregelungen
3. In Sonderheit: Actio pro socio als Ersparnis der auf Rechtsverfolgung gerichteten positiven Beschlußfeststellungsklage?
II. Verbotene Auszahlungen
III. Der primäre Einlageanspruch
IV. Gesamtwürdigung
G. Rechtshängigkeit und Rechtskraft bei der actio pro socio
I. Gesetzliche oder gewillkürte Prozeßstandschaft?
II. Prozeßstandschaft und Rechtskrafterstreckung
1. Die herrschende Lehre: Differenzierung zwischen gewillkürter und gesetzlicher Prozeßstandschaft
2. Das Kriterium der Zumutbarkeit
3. Das Kriterium der Verfügungsbefugnis
4. Die „Insolvenzprobe“
III. Die verbandsrechtliche Zielsetzung der actio pro socio
IV. Stellungnahme
1. Die Irrelevanz ausschließlicher oder kumulativer Prozeßführungsbefugnis
2. Die Irrelevanz der Verfügungsbefugnis
3. Ein Anspruch – eine Klagebefugnis
4. Folgerungen
V. Die actio pro socio bei nachlässiger Prozeßführung durch die Gesellschaft
1. Problemstellung
2. Eigener Anspruch des Gesellschafters als Ausweg?
3. Beitritt des Gesellschafters als Hauptpartei?
4. Haupt-/Nebenintervention?
5. Aufnahme des Rechtsstreits analog § 241 I ZPO?
6. Der Gesellschafter als Sondervertreter
a) § 46 Nr. 8 GmbHG?
b) § 147 II 2, III 1 AktG analog?
c) Insbesondere der Einlage- und Rückeinlageanspruch
H. Die actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer einer GmbH
I. Problemstellung
II. Die Ansicht der Rechtsprechung
III. Organbestellung/Anstellungsvertrag mit Schutzwirkung für die Gesellschafter?
IV. Instrumentalisierung des Befolgungsanspruchs?
V. Die Grundwertung der actio pro socio und ihre Überzeugungskraft gegenüber Fremdorganen
J. Die „präventive“ actio pro socio in der Personengesellschaft
I. Der Primäranspruch auf Förderung des Gesellschaftszwecks
II. Die Rolle der Organisationsverfassung
1. Der Standpunkt des BGH
2. Zur Bedeutung der Weisungsfreiheit
3. Zur Bedeutung eines speziellen Überwachungsorgans
4. Präventive Klagerechte bei Teilnahmerecht an Geschäftsführungsbeschlüssen
5. Präventive Klagerechte ohne Teilnahmerecht an Geschäftsführungsbeschlüssen
6. Die präventive actio pro socio außerhalb von Geschäftsführungsmaßnahmen
K. Die actio pro socio nach Verlust der Mitgliedschaft
I. Das Abgrenzungsproblem: Parteiwechsel oder § 265 ZPO?
1. Die Interessenbewertung beim gesetzlichen Parteiwechsel nach §§ 239ff. ZPO
a) §§ 239, 242 ZPO
b) § 240 ZPO
2. Die Interessenbewertung des § 265 ZPO
a) Bei Bindung des Rechtsnachfolgers
b) Bei fehlender Bindung des Rechtsnachfolgers
3. Konsequenz: Dreiteilung der Rechtsfolgen
II. Übertragung der Mitgliedschaft
1. Die Radikallösung: Gänzlicher Verlust der Prozeßführungsbefugnis?
2. Kohärenz von Prozeßvorteil und Kostenrisiko
3. Gesellschafterwechsel und der Wortlaut des § 265 ZPO
a) Die Bedeutung der materiellrechtlichen Anspruchszuordnung
b) Der Übergang der isolierten Prozeßführungsbefugnis als Anwendungsfall des § 265 ZPO
4. Die gesetzessystematische Abstimmung zwischen § 265 ZPO und dem gesetzlichen Parteiwechsel
a) Die Suche nach verallgemeinerungsfähigen Abgrenzungskriterien
b) Parteiwechsel nur bei Schutz außenstehender Dritter?
c) Der Anknüpfungspunkt des § 265 ZPO: Freiwillige Disposition oder Nachfolge in Einzelgegenstand?
d) Zwischenergebnis: Die actio pro socio im Spannungsfeld der Abgrenzungskriterien
5. Die beliebig wiederholbare Rechtsübertragung als Anknüpfungspunkt des § 265 ZPO
6. Ergebnis
7. Zur Position der unbeteiligten Gesellschafter
III. Ersatzloses Ausscheiden aus der Gesellschaft
1. Die Anwachsung als „Veräußerung“ i.S. des § 265 ZPO?
2. Die actio pro socio im Liquidationsstadium: Ein Argument?
3. Überlegungen zur Prozeßökonomie
4. Fortsetzung des Prozesses durch die Gesellschaft?
a) Die Prozeßführungsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung
b) Nochmals: Zur Abgrenzung von Parteiwechsel und § 265 ZPO
c) Zur Begründung eines gesetzlichen Parteiwechsels
5. Ergebnis
L. Zusammenfassung
§ 3 Die Ausschlußklage
A. Die Ausschlußklage in den Kapitalgesellschaften
I. Die grundsätzliche Möglichkeit des Ausschlusses
II. Das Gestaltungsklageprinzip
III. Der Gestaltungsanspruch bei der Ausschlußklage
1. Die materiellrechtliche Verpflichtung zum Ausscheiden
2. Die Gesellschaft als Gläubigerin des Ausschlußanspruchs
IV. Die Beteiligung des Mitgliedsorgans
1. Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses in der GmbH
2. Das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses in der AG
3. Einfache oder qualifizierte Mehrheit?
a) Die Überlegungen in der bisherigen Diskussion
b) Würdigung
c) Der Erst-recht-Schluß aus § 186 III AktG
4. Die Gegenwehr des Ausschlußbeklagten
B. Die Ausschlußklage in der Personengesellschaft
I. Zur Deutung des Ausschlußrechts
1. Bisherige Ansätze
2. Die Projektionsidee
3. Der Ausschluß als Gegenstück zum Beitrittsvertrag: Ein Einwand?
4. Zur Bedeutung von normativer und Realstruktur
II. Der Ausschlußprozeß im Spiegel von Rechtsprechung und Literatur
1. Prozessuale Ausgangsfragen
2. Das Konzept des BGH
a) Ausschlußklage durch alle übrigen Gesellschafter in materiellrechtlich notwendiger Streitgenossenschaft
b) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer Gesellschafter
c) Verbindung von Ausschluß- und Zustimmungsklage
d) Materiellrechtliche Zustimmung oder Prozeßführungsermächtigung?
e) Würdigung
3. Zustimmungsurteil als Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Ausschlußklage?
a) Der Ansatz
b) Das Ausmaß der Abweichung vom Gesetzeswortlaut
c) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer Gesellschafter
d) Würdigung
4. Mehrseitige Rechtsverhältnisse und Zweiparteienprinzip
a) Der Ansatz
b) Würdigung
5. Das Beiladungsmodell des § 856 ZPO
a) Der Ansatz
b) Das Ausmaß der Abweichung vom Gesetz
c) Würdigung
aa) Der Abschied vom Dogma der Gestaltungswirkung inter omnes
bb) Beschränkung der Urteilswirkungen und das Ziel der einheitlichen Streiterledigung
cc) Keine unterschiedliche Beteiligungsform auf Kläger- und Beklagtenseite
dd) Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung
III. Stellungnahme: Die Gesellschaft als Ausschlußklägerin
1. Parteirolle und Gesetzeswortlaut
2. Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses
3. Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung
4. Gesellschaftsinterne Konflikte als Erschwernis der Ausschließung?
a) Gesellschaft mit Austrittsregel
b) Gesellschaft mit Auflösungsregel
5. Das Problem der Kostengerechtigkeit
a) Disparität im Kostenrisiko
b) Kostenerstattungsanspruch kraft mitgliedschaftlicher Treupflicht?
c) Projektionsidee und Prozeßkosten
IV. Rechtsformübergreifende Konsequenzen
1. Die als actio pro socio erhobene Ausschlußklage in der Personengesellschaft
a) Gesellschaft mit Austrittsregel
aa) Die Überwindung des Widerspruchs dissentierender Gesellschafter
bb) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer Gesellschafter
b) Gesellschaft mit Auflösungsregel
c) Der Stellenwert der Prozeßökonomie im Verhältnis zu den Individualinteressen der Gesellschafter
aa) Korrelation von Prozeßökonomie und materiellrechtlichem Vorrang der Zweckverfolgung
bb) Nochmals: Das Mitwirkungs-Zwischenurteil
2. Die als actio pro socio erhobene Ausschlußklage in der Kapitalgesellschaft
V. Exkurs: Die Entziehungsklage nach §§ 117, 127 HGB
C. Das Abfindungsproblem in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz
I. Die besondere Gefahr des Abfindungsausfalls
II. Das Postulat der Gleichzeitigkeit von Abfindung und Verlust der Mitgliedschaft
III. Das Konzept des BGH
IV. Das Auflösungsmodell
1. Der Ansatz
2. Auflösungsrecht ohne Mitgliedschaft?
3. Besicherung der Abfindung zu Zerschlagungswerten?
V. Verlust der Mitgliedschaft gegen vorläufige Abfindung
1. Der Ansatz
2. Bedenken
VI. Treupflicht und Suspendierung der Gesellschafterrechte
1. Materiellrechtliche Grundlagen
2. Die Suspendierungsklage
3. Vorläufige Rechtsgestaltung im Hauptsacheverfahren: Ein Einwand?
4. Entscheidungszuständigkeit nach Scheitern des Ausschlusses
D. Ausschlußklage und Gesellschafterwechsel
I. Unproblematische Fälle
II. Gesellschafterwechsel auf der Seite des Ausschlußbeklagten
1. Zum Meinungsstand
2. Der höchstpersönliche Charakter des Streitgegenstandes
3. Der mögliche Rückerwerb des Anteils als Bedrohung der Rechtsschutzeffizienz
4. Die Feststellungswirkung von Gestaltungsurteilen
§ 4 Zwischenergebnis
A. Die Erwartungen an das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten
I. Streiterledigung in einem einzigen Prozeß
1. Allseitige Verbindlichkeit der Entscheidung
2. Effektive Zweckverfolgung durch effektives Gerichtsverfahren
II. Verschonung prozeßunwilliger Gesellschafter
B. Legitimität und Verwirklichung der Erwartungen
I. Der Zweckverfolgungsgedanke als Legitimationsfaktor
II. Der Konflikt mit dem mitgliedschaftlichen Eigeninteresse
1. Umverteilung der Initiativlast
2. Gesellschafts- versus mitgliedschaftliches Eigeninteresse
III. Die Parteirolle der Gesellschaft
1. Die allseitige Verbindlichkeit der Entscheidung
2. Zur Effizienz der Rechtsverfolgung
3. Arbeitshypothese
C. Prozeßrecht und Umfang materiellrechtlicher Interventionsbefugnisse
§ 5 Der aktienrechtliche Beschlußmängelstreit
A. Das Gestaltungsklageprinzip
I. Anfechtungsklage als Gestaltungsklage
II. Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage?
1. Die Reichweite der Urteilswirkungen
2. Die Identität des Streitgegenstands von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage
3. Konsequenz: Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage?
a) Der Ansatz
b) Die Urteilswirkungen
c) Rechtsschutzziel und Streitgegenstand
4. Konsequenzen
B. Die Kontrollfunktion des Anfechtungsrechts
I. Materiellrechtlicher Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung?
1. Die These
2. Die Anfechtungsklage als actio negatoria?
3. Die Beschlußfassung in Geschäftsführungsangelegenheiten
4. Die Beschlußfassung in Grundlagenangelegenheiten
a) Kapitalerhöhung zur Vermeidung der Zwangslöschung
b) Sanierende Kapitalherabsetzung
c) Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß
d) Hinausdrängen von Aktionären durch Umgehungsmaßnahmen
5. Die Novelle von 1884: Ein Einwand?
II. Der Beschlußmängelstreit als objektives Rechtsbeanstandungsverfahren
1. Objektive Rechtskontrolle ohne subjektiven Anspruch
2. Rechtskontrolle in privater Initiative statt Aktienamt
3. Außenwirksame Beschlüsse und die Verteidigung von Drittinteressen: Ein Einwand?
4. Objektive Rechtskontrolle durch den Registerrichter: Ein Einwand?
C. Zur Funktion der Beklagtenrolle der Gesellschaft
I. Die praktische Unmöglichkeit der Klage gegen alle Mitaktionäre
II. Allseitige Rechtskraft ohne notwendige allseitige Prozeßbeteiligung
III. Exkurs: Beschlußmängelstreit und Auskunftserzwingungsverfahren
D. Die Beteiligung der übrigen Aktionäre
I. Mehrheit von Anfechtungsklagen?
1. Verbindungszwang und Rechtshängigkeitssperre
2. Zum Streitgegenstand der Beschlußmängelklage
a) Die potentielle Vielfalt von Beschlußmängeln
b) Ein Beschluß – ein Streitgegenstand?
c) Die Aussagen des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs
d) Streitgegenstand und verbandsrechtliche Grundlagen der Anfechtungsbefugnis
e) Folgerungen für das Verhältnis von Verbindungszwang und Rechtshängigkeitssperre
3. Zum Zweck des Verbindungszwangs
II. Prozeßbeteiligung ohne Klagebefugnis
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs
2. Die streitgenössische Nebenintervention als Instrument der Prozeßbeeinflussung
3. Die Anwendung des § 69 ZPO auf mehrseitige Streitverhältnisse
a) Rechtsverhältnis zwischen Nebenintervenienten und Gegner der Hauptpartei?
b) Grenzen des Wortlauts und teleologische Extension
III. Die Folgen verwehrter Prozeßbeteiligung
1. Klagabweisendes Urteil
2. Stattgebendes Urteil
E. Aspekte der Kostengerechtigkeit
I. Die Risiko-Disparität zwischen Mehrheit und Minderheit
II. Die Legitimation der Disparität in der AG
1. § 117 VII Nr. 1 AktG
2. Entlastung des Passivrubrums
3. Mehrheitsprinzip als Legitimationsfaktor?
a) Mehrheitsprinzip und Richtigkeitsgewähr
b) Richtigkeitsgewähr und stattgebendes Anfechtungsurteil
F. Die positive Beschlußfeststellungsklage
I. Rechnerisch fehlerhaft verkündete Ablehnungsbeschlüsse
II. Treuwidrige Ablehnungsbeschlüsse
1. Die These von der Nichtigkeit treuwidriger Stimmen
2. Mängel in der Begründung der Nichtigkeitsthese
a) Überblick
b) Nichtigkeit der Stimmabgabe und allseitige Disposition über das Gesellschaftsinteresse
c) Die Aussagen des § 243 II AktG
d) Zur Prüfungskompetenz des Versammlungsleiters
e) Erste Ansätze zu einer Rechtsgeschäftslehre in Verbänden: Die Rechtsfolge von Verstößen gegen das Gesellschaftsinteresse
f) Ergebnis
3. Die Vereinfachungsfunktion der positiven Beschlußfeststellungsklage
a) Die Vereinfachung bei der Klageerhebung
b) Die Vereinfachung bei der tatsächlichen Durchsetzung der gerichtlich festgestellten Zustimmungspflicht
c) Ergebnis: Positive Beschlußfeststellungsklage als zwingende Vervollständigung des Rechtsschutzes
4. Umverteilung der Rechtsschutzinitiative
a) Das rechtliche Gehör im Beschlußfeststellungsprozeß
b) Die These von der Notwendigkeit eines ergänzenden Zustimmungsurteils
c) Gestaltungselemente im Beschlußfeststellungsprozeß
d) Prozessuale Vereinfachung und verbandsrechtliche Grundlagen
aa) Die besondere Schutzwürdigkeit des Klägers
bb) Mehrheitsprinzip und Vorrang der effektiven Zweckverfolgung
5. Positive Beschlußfeststellungsklage auch bei Satzungsänderungen
III. Positive Beschlußfeststellungsklage und Einberufungsquorum
1. Bei rechnerisch fehlerhaft ermitteltem Abstimmungsergebnis
2. Bei treuwidriger Ablehnung des Beschlußantrags
IV. Zustimmungspflicht und Ermessensfehler
1. Problemstellung
2. Die Vielfalt rechtmäßiger Stimmabgaben
3. Befangenheit und Enthaltungspflicht
V. Positive Beschlußfeststellungsklage bei Beschlüssen mit individuellem Zustimmungserfordernis?
1. Der Zusammenhang von positiver Beschlußfeststellungsklage und Mehrheitsprinzip
2. Positive Beschlußfeststellungsklage und individuelles Zustimmungserfordernis
a) Fehlerhafte contra unwirksame Beschlüsse
b) Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit
c) Klage auf Feststellung der Wirksamkeit?
d) Positive Beschlußfeststellungsklage und verbandsrechtliche Wertung
e) Positive Beschlußfeststellungsklage und Sonderbeschluß
VI. Der fehlerhafte positiv festzustellende Beschluß
1. Problemstellung
2. Der Anfechtungseinwand im Verfahren über die positive Beschlußfeststellungsklage
3. Neuerliche Anfechtungsklage gegen den gerichtlich festgestellten Beschluß?
a) Die Aussagen der Streitgegenstandslehre
b) Gestaltungsgrund und Rechtskraft
c) Folgerungen
G. Anfechtungsklage und Mitgliederwechsel
I. Aktienübergang nach Fristablauf
II. Aktienübergang vor Fristablauf und Klageerhebung
III. Aktienübergang nach Klageerhebung
IV. Das Schicksal der Nichtigkeitsklage
§ 6 Der Beschlußmängelstreit in der GmbH
A. Anfechtungsgegenstand
B. Anfechtungsbefugnis
I. Umfang der Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters
1. Objektive Rechtskontrolle auch in der GmbH
2. Die Bedeutung des § 245 Nr. 1 AktG
a) 245 Nr. 1 AktG und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens
b) Korrelation von Widerspruchserfordernis und Mehrheitsprinzip
c) Beschlüsse im schriftlichen Verfahren
II. Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers?
1. Die Bedeutung der Weisungsabhängigkeit
2. Die Notwendigkeit der Beschlußverteidigung durch den Geschäftsführer
3. Anfechtungsbefugnis analog § 245 Nr. 5 AktG
C. Anfechtungsklageerfordernis
I. Klageerfordernis und Realstruktur der GmbH
II. Die These von der „internen Nichtigkeit“ fehlerhafter Beschlüsse
III. Anfechtungserklärung statt Anfechtungsklage?
IV. Prozessuale Bedenken
1. Die allgemeine Feststellungsklage als Alternative zur Anfechtungsklage
2. Gesellschafter als Parteien des Feststellungsstreits?
3. Feststellungsklage durch und gegen die Gesellschaft?
4. Nichtigkeitsklage analog §§ 249 I 1, 241 Nr. 5 AktG
5. Der Verzicht auf das Klageerfordernis als Einbuße an Rechtssicherheit
6. Die rasche Klärung des Beschlußmängelstreits als universales Desiderat
7. Zum Argument der Überlastung der Gerichte
8. Realtypische Argumentation und Kleine AG
V. Ergebnis
D. Anfechtungsfrist
I. Die Anfechtungsfrist in der Praxis der Gerichte
II. Die Argumentation aus der Realstruktur
1. Tatsächliche Unterschiede zwischen AG und GmbH
2. Materiellrechtliche oder prozessuale Frist?
3. Fristbindung, Treuepflicht und die Ambivalenz der Realstruktur
III. Die Notwendigkeit einer festen Frist
IV. Fristbeginn
1. Grundsatz: Fristbeginn ab Beschlußfassung
2. Ausnahme: Spätere Einigung über den Beschlußinhalt
V. In Sonderheit: Vergleichsverhandlungen über den Beschluß
1. Interessenlage
2. Die analoge Anwendung des § 203 BGB n.F.
3. Überlegungsfrist
4. Vergleichsverhandlungen in der Kleinen AG
E. Gesellschaft als Klagegegner
I. Mediatisierung und Praktikabilität
II. Die Stellung unbeteiligter Gesellschafter
F. Die Rechtslage bei fehlender Beschlußverkündung in der GmbH
I. Die Feststellungsklage als statthafte Klageart
II. Parteien des Feststellungsprozesses
1. Ambivalenz der Rechtsbehauptung
2. Der drohende Beschlußvollzug: Ein Einwand?
3. Gesellschaft als Partei und Mehrheits-Vertrauen
4. Das Kompetenzschutzinteresse des Gesellschafters bei unklarem Beschlußinhalt
5. Doppeltes Rechtsschutzbegehren
6. Exkurs: Die Funktion der Beschlußverkündung in § 130 II AktG
III. Klagefrist?
IV. Der fehlerhafte festzustellende Beschluß
1. Problemstellung
2. Zum Vergleich: Die positive Beschlußfeststellungsklage
3. Die Beschlußmängel-Widerklage
G. Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf unwirksame Beschlüsse in der GmbH?
§ 7 Der Beschlußmängelstreit in der Personengesellschaft
A. Zum Streitstand
I. Die Ablehnung der §§ 241 ff. AktG durch die herrschende Lehre
II. Die Korrelation der §§ 241 ff. AktG mit dem Mehrheitsprinzip
III. Personalistische und kapitalistische Gesellschaften
IV. Fehlerhafte Vertragsänderungen
B. Das Modell der §§ 241 ff. AktG – Einschränkung oder Erweiterung des Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Beschlüsse?
I. Nichtigkeit nach §§ 134, 138, 125 BGB?
II. Nichtigkeit als Folge eines verbandsrechtlichen Aufhebungsanspruchs
1. Die Differenzierung zwischen interner und genereller Nichtigkeit
2. Nichtigkeit und Aufhebungsanspruch
3. Beschlüsse mit Außenwirkung?
a) Die grundsätzliche Beschränkung der Beschlußwirkungen auf das Verbandsinnenverhältnis
b) Die fehlende normative Relevanz der Außenwirkung für die Reichweite der Beschlußmängelfolgen
III. Nichtigkeit wegen Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse?
1. Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse und die Frage nach den Rechtsfolgen
2. Mehrheitsprinzip und Handlungsfähigkeit des Verbandes
3. Endgültige Wirksamkeit des nicht angefochtenen Beschlusses
4. Befugnis zur Berufung auf Beschlußmängel
5. Klageerfordernis und Klagegegner
6. Anfechtungsfrist
7. Vorläufige Wirksamkeit von Mehrheitsbeschlüssen bis zur gerichtlichen Klärung
8. Ergänzende Vertragsauslegung und Institutionenbildung
a) Die §§ 241 ff. AktG als rechtsformübergreifend angemessenes Lösungsmodell
b) Die historische Entwicklung der Beschlußkontrolle: Ein Einwand?
c) Nochmals: Der Zusammenhang mit dem Mehrheitsprinzip
d) Methodische Ableitung
C. Im einzelnen: Die §§ 241 ff. AktG in OHG und KG
I. Unstreitiger oder verbindlich festgestellter Mehrheitsbeschluß als Anfechtungsgegenstand
II. Einstimmiger Beschluß als Anfechtungsgegenstand?
1. Die §§ 241 ff. AktG als Antwort auf das Mehrheitsprinzip
2. Einstimmige Beschlüsse mit (unstreitigem) Stimmverbot
3. Einstimmig gefaßte, aber nichtige Beschlüsse
4. Klageverbindung bei mehrfachem Rechtsschutzbegehren
III. Anfechtungsbefugnis
1. Objektive Kontrollbefugnis?
2. Die Anfechtung von Geschäftsführungsbeschlüssen durch nichtgeschäftsführende Gesellschafter
3. Die Rolle des § 245 Nr. 1 AktG
D. Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf unwirksame Beschlüsse?
I. Das von der Anfechtungsklage abweichende Klageziel
II. Gesellschaft als Beklagte?
1. Das Erfordernis eines unstreitigen Beschlußinhalts
2. Umverteilung der Initiativbefugnisse
3. Vorsorge im Beschlußverfahren
4. Die besondere Interessenlage in der Massengesellschaft
5. Ergebnis
III. Parteirolle bei Streit über die Tatsache der einstimmigen Beschlußfassung
E. Die gerichtliche Durchsetzung von Zustimmungspflichten in der Personengesellschaft
I. Mehrheitsbeschlüsse
II. Einstimmige Beschlüsse
1. Der Unterschied zum Organisationsrecht der Kapitalgesellschaften
2. Die Vereinfachungstechnik der positiven Beschlußfeststellungsklage
3. Zum bisherigen Meinungsstand
a) Die Erzwingung der Zustimmung durch Leistungsklage
b) Unbeachtliche Zustimmungsverweigerung in Abhängigkeit vom Beschlußgegenstand?
c) Unbeachtliche Zustimmungsverweigerung in Abhängigkeit von der Außenwirkung des Beschlusses?
d) Evidenz und Dringlichkeit
e) Stellungnahme
aa) Die Stimme als Willenserklärung
bb) Nichtigkeit treuwidriger Zustimmungsverweigerung?
cc) Ausschluß von der Abstimmung?
dd) Materielles Recht und Vereinfachung des Rechtsschutzes
4. Das Gestaltungsklageprinzip und der Vorrang des Gesellschaftsinteresses
a) Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung
b) Der Vorrang des Gesellschaftsinteresses bei Geschäftsführungsentscheidungen
d) Kein Vorrang des Gesellschaftsinteresses bei Grundlagenstreitigkeiten
5. Parteien des Rechtsstreits
a) Gesellschaft als Klägerin
b) Gesellschafter als Kläger
c) Zustimmungspflichtiger Gesellschafter als Beklagter
III. Von der positiven Beschlußfeststellungsklage zu einer allgemeinen beschlußersetzenden Gestaltungsklage
1. Der Ursprung der positiven Beschlußfeststellungsklage: Komplettierung des Anfechtungsrechtsschutzes
2. Feststellungs- und Gestaltungselemente bei der positiven Beschlußfeststellungsklage
3. Der Anwendungsbereich der beschlußersetzenden Gestaltungsklage
a) Negativbeschluß als Voraussetzung?
b) Zustimmungsbedürftiger Beschluß in der Kapitalgesellschaft?
c) Verweigerter Mehrheitsbeschluß
d) In Sonderheit: Verweigerter Gewinnverwendungsbeschluß in der GmbH
IV. Die Behandlung des treuwidrigen Widerspruchs nach § 115 I HGB
1. Nichtigkeit des treuwidrigen Widerspruchs?
2. Die Beseitigung des Widerspruchs durch Gestaltungsklage
3. Parteien des Rechtsstreits
V. Klagefrist für die beschlußersetzende Gestaltungsklage?
1. Fristablauf und Rechtmäßigkeit
2. Fortbestehende Verpflichtung der Gesellschafter zur Fassung eines gegenläufigen Beschlusses?
3. Folgerungen
a) Verweigerter Mehrheitsbeschluß
b) Mangels allseitiger Zustimmung nicht zustande gekommener einstimmiger Beschluß
§ 8 Rechtsformübergreifende Probleme des Beschlußmängelstreits
A. Die Gesellschaft als Beklagte in Personengesellschaft und GmbH: Gerechte Verteilung des Prozeßkostenrisikos?
I. Der Einwand
II. Vermeidung der Disparität durch Parteirollen-Zuweisung an Gesellschafter?
III. Kompensation der Disparität durch materiellrechtlichen Erstattungsanspruch?
IV. Folgerungen
1. Kein Kostenrisiko für die Teilnahme an Verbandsentscheidungen
2. Legitimationsprinzipien für die Verteilung von Kostenrisiken im gesellschaftsinternen Rechtsstreit
a) Verdeckte Nachschußpflichten
b) Die Zuständigkeit für die Inanspruchnahme des Gesellschaftsvermögens
B. Die §§ 241 ff. AktG bei Verstoß gegen vertragliche Stimmbindungen
I. Problemstellung
II. Stimmbindung als Konkretisierung der Treupflicht?
III. Stimmbindung als Quelle der Satzungsauslegung?
IV. Stimmbindung als Regelung „der Gesellschaft“?
V. Zum Stellenwert der Prozeßökonomie
VI. Anfechtbarkeit des Beschlusses kraft ergänzender Vertragsauslegung
VII. Die Rechtsverteidigung der Gesellschaft: Ein Einwand?
VIII. Fehlende Publizität: Ein Einwand?
IX. Kollision der Kontrollmaßstäbe: Ein Einwand?
1. Verkappte Rückkehr zum Einstimmigkeitsprinzip?
2. Zum Rangverhältnis kollidierender Stimmpflichten
3. Vertraglich vereinbarte Satzungsänderung oder Satzungsabweichung
X. Stimmbindung und Vollstreckbarkeit: Ein Einwand?
1. Der Ansatz
2. Die Abstimmungsfreiheit unter dem Eindruck drohender Schadensersatzpflicht
3. Die Besonderheiten allseitiger Stimmbindungen
XI. Anfechtungsfrist
C. Der organübergreifende Beschlußmängelstreit
I. Verwaltungsorgane in der GmbH außerhalb der Geschäftsführung
1. Obligatorischer Aufsichtsrat
2. Fakultative Organe
a) Meinungsstand
b) Kritik
c) Anfechtungsbefugnis und Prozeßmodell als Ergebnis der Satzungsauslegung
II. Genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluß
1. Materiellrechtliche Voraussetzungen
2. Aktionärsklage zur Abwehr des Eingriffs in die mitgliedschaftliche Rechtsstellung?
3. Anfechtungsklage gegen den Vorstandsbeschluß
a) Anmeldepflichten bei der Kapitalerhöhung
b) Informationsrechte der Aktionäre
aa) Die Verweisung in § 203 II 2 AktG auf § 186 IV AktG
bb) Die These von der Vorab-Berichtspflicht bei Ausnutzung des genehmigten Kapitals
cc) Vorabbericht und Gesetzeswortlaut
dd) Vorab-Berichtspflicht und Effizienz der Kapitalmaßnahme
c) Prozessuale Folgerungen
d) Nochmals: Zum Zweck des Vorabberichts
III. Exkurs: Befristung der Kompetenzschutzklage?
D. Die konkurrierende Kompetenzschutzklage
I. Problemstellung
II. Die Kompetenzschutzklage bei unklarem Beschlußinhalt
III. Die Kompetenzschutzklage während rechtshängiger Anfechtungsklage
1. Der Vorstand in der Zwickmühle widerstreitender Rechtsschutzbegehren
2. Zur Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes
3. Die analoge Anwendung der §§ 246, 248 AktG
4. Rechtsbehauptung und Legitimation
5. Der Inhalt der Bekanntmachung nach § 246 IV AktG
6. Exkurs: Verbindung von Beschlußmängel- und Kompetenzschutzklage?
a) Kein Kompetenzschutzanspruch vor rechtskräftigem stattgebendem Anfechtungsurteil
b) Kompetenzschutzantrag als uneigentliche Eventualklage
c) Der Streit um die Zulässigkeit der uneigentlichen Eventualhäufung
d) Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung
E. Kompetenzschutzklage und gegenläufige Beschlußmängelklage
I. Aktiengesellschaft
II. GmbH
III. Personengesellschaft
IV. In Sonderheit: Der Streit um den Widerspruch nach § 115 I HS 2 HGB
V. Zur Verteilung der Prozeßkosten
§ 9 Zwischenergebnis
A. Die Parteirolle der Gesellschaft als Antwort auf das Zweiparteienprinzip
B. Leistungsgrenzen des Mediatisierungsmodells
I. Das bipolare Rechtsverhältnis bei actio pro socio und Ausschlußklage
II. Das multipolare Rechtsverhältnis im Beschlußmängelstreit
1. Inter-partes-Wirkung des klagabweisenden Beschlußmängelurteils
2. Antagonismus der Prozeßparteien und das Vertrauen der unbeteiligten Aktionäre
3. Exkurs: Kein Anerkenntnis im aktienrechtlichen Beschlußmängelverfahren
a) Rechtsschutzvertrauen und Verteidigungspflicht
b) Die Erfüllung der Verteidigungspflicht als Teil der Garantie rechtlichen Gehörs
c) Die Mitwirkung des Aufsichtsrats: Ein ausreichender Schutz für die Aktionäre?
4. Alleinige Initiativbefugnis der Beschlußgegner
5. Multipolarität und Indifferenz
C. Zwei Modelle allseitig verbindlicher Klärung gesellschaftsinterner Streitigkeiten
I. Gesellschaft als Partei
II. Klage gegen einen Mitgesellschafter unter Beiladung der übrigen
III. Optionenwahl
§ 10 Organstreitigkeiten
A. Fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse
I. Die Ablehnung der §§ 241ff. AktG durch die herrschende Meinung
II. Kritik
III. Die Ausgestaltung des Beschlußkontrollverfahrens in Analogie zu §§ 241ff. AktG
1. Differenzierung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen
a) Orientierung am Katalog der §§ 241 ff. AktG
b) Einberufungsmängel
c) Mitbestimmungs- und Gleichheitsverstöße
d) Beschlußunfähigkeit
e) Kompetenzüberschreitung
f) Beschlüsse außerhalb einer Sitzung
2. Klageerfordernis bei lediglich anfechtbaren Beschlüssen
3. Anfechtungsbefugnis
4. Verfahren
a) Klagegegner und Prozeßvertretung
b) Rechtskraft
5. Anfechtungsfrist
IV. Aufsichtsräte in anderen Gesellschaftsformen
B. Die Funktionengliederung im AG-Organisationsrecht: Überblick über das Streitpotential
C. Der Streit um Informationspflichten
I. Die herrschende Lehre
II. Die Lehre vom Organrecht
III. Die Lehre vom objektiven Rechtsbeanstandungsverfahren
IV. Das Gesellschaftsvermögen als Streitvermögen des Interorganstreits 581 V. Stellungnahme
1. Das materiellrechtliche Konzept der herrschenden Lehre
a) Widersprüchliche Deutung von § 90 III 1 und 2 AktG
b) Informationsanspruch und Wissenszurechnung (§ 90 III 1 AktG)
c) Kein Kompetenzschutz im eigenen Interesse des Aufsichtsratsmitglieds (§ 90 III 2 AktG)
d) Die Gesellschaft als Partei im Beschlußmängelprozeß: ein Einwand?
e) Die Gesellschaft als Gegnerin mitgliedschaftlicher Kompetenzschutz- und Auskunftsansprüche: ein Einwand?
2. Gesellschaftsvermögen als Streitvermögen?
a) Die Indifferenz der Gesellschaft zum Streitgegenstand
b) Die funktionelle Parteilehre
c) Die Übertragung der funktionellen Parteilehre auf den Organstreit
d) Insichprozeß und Zweiparteienprinzip
3. Das Organrecht als notwendiges Korrelat einer funktionengegliederten Organisation
a) Organrechte in Abgrenzung zu subjektiven Rechten
b) Relative Rechtsfähigkeit?
c) Subjektives Recht und Fremdnützigkeit
d) Rechtsschutz nur für Beziehungen des Außenrechts?
e) Innenrechtsstreit und Anspruchsstruktur
4. Im einzelnen: Die Zuordnung von Organrechten und -pflichten
VI. Der Einfluß der Neubesetzung von Organen während des Prozesses
1. Austausch von Mitgliedern des prozeßführenden Kollegiums
2. Austausch des prozeßführenden Einzelmitglieds
D. Durchsetzung von Zustimmungsvorbehalten
I. Aktienrechtliche Kompetenzordnung als rechtsschutzlose Zone?
1. Der Ansatz
2. Kritik
II. Das Gedankengut der Kompetenzschutzklage
1. Subjektives Recht oder Ersatzaufsicht?
2. Subsidiäres Klagerecht
3. Der Gegner des organschaftlichen Befolgungsanspruchs
E. Die Aufsichtsratsminderheit im Kampf gegen die Aufsichtsratsmehrheit und den Vorstand
I. Der Fall Felten & Guilleaume
II. Der Fall Adam Opel
III. Der Fall ARAG/Garmenbeck
IV. Problemstellung
V. Meinungsstand
VI. Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung
VII. Das Kompetenzschutzinteresse des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds
1. Ausgangspunkt: Beschlußmängelklage zur Erzwingung der Zustimmungsverweigerung
2. Das Vorgehen bei statutarischem Zustimmungsvorbehalt
3. Das Vorgehen bei ad-hoc-Zustimmungsvorbehalt
4. Das Problem der Eventualklage gegen Dritte
5. Aufsichtsrats-Klagebefugnisse und Corporate Governance
6. Die actio pro socio: Eine alternative dogmatische Grundlage?
7. Zur Bedeutung des § 245 Nr. 5 AktG
a) Der Ansatz
b) Zum Normzweck des § 245 Nr. 5 AktG
c) Folgerungen
F. Schadensersatzklagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder?
I. Problemstellung
II. Actio pro socio und mitgliedschaftliches Eigeninteresse
III. Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung
G. Organschaftlicher Kompentenzschutzstreit in anderen Gesellschaftsformen
§ 11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen
A. Die Auflösungsklage
I. GmbH
1. Gestaltungswirkung für und gegen alle an der Gesellschaft Beteiligten
2. Die Rechtsstellung der unbeteiligten Gesellschafter
a) Erstreckung der Gestaltungswirkung
b) Erstreckung der Rechtskraft
3. Gesellschaft als Beklagte und Projektionsidee
a) Prozessualer und materieller Ansatz
b) Kein Existenzrecht der Gesellschaft um ihrer selbst willen
c) Die Aussagen der Projektionsidee
d) Parteirolle und Prozeßökonomie
II. Personengesellschaft
1. Der Wortlaut des § 133 HGB: Zwingende Prozeßbeteiligung aller Gesellschafter
2. Gestaltungswirkung nur für die am Prozeß beteiligten Gesellschafter
3. Klage gegen die Gesellschaft?
a) Die Parallele zur Ausschlußklage
aa) Die organisationsrechtliche Komponente des Gesellschaftsvertrags
bb) Die Projektionsidee
b) Die Parteirollenverteilung im gesellschaftsinternen Konflikt
III. Mitgliederwechsel während des Auflösungsprozesses
1. Meinungsstand
2. Mitgliederwechsel auf Klägerseite
a) Auflösungsrecht als Desinvestitionsrecht
b) Auflösungsrecht als Abwehr drohender Ungleichbehandlung
3. Veräußerung auf Beklagtenseite
B. Die Rechtslage in der Zweimanngesellschaft
I. Mediatisierung und Prozeßökonomie
II. Kostengerechtigkeit
III. Einzelfragen
1. Einforderung von Sozialansprüchen und Ausschlußklage
2. Auflösungsklage
3. Beschlußmängelstreitigkeiten
4. Kompetenzschutzklage
5. In Sonderheit: Das Abberufungsduell zweier Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
IV. Die Rechtsstellung eines später beitretenden Gesellschafters
1. Actio pro socio und Ausschlußklage
2. Beschlußmängelstreitigkeiten
C. Das Ausschlußduell zweier Gesellschafter
I. Problemstellung
II. Die Gesellschaft als untaugliche Streitpartei
III. Die Rechtslage bei Ausschlußreife beider Kontrahenten
1. Wichtiger Grund und Verhalten der Mitgesellschafter
2. Ausschluß beider Gesellschafter durch stattgebendes Urteil auf Klage und Widerklage?
a) Die Notwendigkeit eines doppelten Ausschließungsbeschlusses
b) Keine Verteidigung des Gesellschaftsinteresses durch ausschlußreifen Gesellschafter
c) Amtswegige Information der unbeteiligten Gesellschafter und Hauptintervention der Gesellschaft
d) Actio pro socio und Hauptintervention
D. Der Feststellungsstreit im Grundlagenbereich
I. Der Ausschluß durch Gesellschafterbeschluß
1. Problemstellung
2. Die Rechtsprechung zum Ausschließungsbeschluß in Personengesellschaften
3. Materiellrechtlich notwendige Streitgenossenschaft zwischen allen Gesellschaftern
4. Gesamtanalogie zu §§ 856 ZPO, 248 AktG
5. Drittfeststellungsklage der Gesellschaft
a) Der Ansatz
b) Anspruch und Rechtsverhältnis
c) Abschied von der Drittfeststellungsklage
aa) Materiellrechtliche Abhängigkeit von Rechtsverhältnissen
bb) Die Lehre von der Drittwirkung der Rechtskraft
cc) Urteilswirkungen und rechtliches Gehör
dd) Feststellungswirkung inter omnes?
ee) Urteilsbindung kraft materiellen Rechts
ff) Das Verhältnis des Drittfeststellungsurteils zum Feststellungsurteil zwischen den Parteien des Drittrechtsverhältnisses
gg) Folgerungen
6. Stellungnahme: Anfechtung des Ausschließungsbeschlusses
a) Ausgangspunkt: Die Rechtslage in der GmbH
b) In Sonderheit: Die rechtsmißbräuchliche Berufung auf die Verfristung der Anfechtungsklage
c) Folgerungen für die Personengesellschaft
d) Ergebnis
II. Personelle Veränderungen ohne Gesellschafterbeschluß
1. Optionenwahl
2. Gesellschaft als Prozeßpartei, vertreten durch alle übrigen Gesellschafter?
a) Der Ansatz
b) Organisationskompetenz und Vertretungsmacht
c) Rechtsbehauptung und Legitimation
d) Legitimation durch allseitige Gesamtvertretung?
e) Legitimation durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß?
3. Prozeß zwischen den Gesellschaftern nach dem Modell des § 856 ZPO
4. Die Mitgliedschaftsfeststellung in der GmbH
a) Zum Streitstand
b) Rechtsbehauptung und Legitimation
c) In Sonderheit: Der Streit um die Kaduzierung eines Geschäftsanteils
5. Exkurs: Andere Statusstreitigkeiten
a) Grundsatz: Prozeß zwischen den Gesellschaftern nach dem Modell des § 856 ZPO
b) Der Streit um die Wirksamkeit von Bestimmungen im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag
c) Der Streit um Bestand und Umfang mitgliedschaftlicher Förderpflichten
6. In Sonderheit: Der Streit um die vollzogene Auflösung der Gesellschaft
7. Die Bindung der Gesellschaft an das zwischen den Gesellschaftern ergangene Urteil
a) Rechtsformspezifische Argumentation in der Rechtsprechung des BGH
b) Die organisationsrechtliche Bindung der Gesellschaft an Urteile zwischen allen Gesellschaftern
III. Der Streit um die Wirksamkeit der Übertragung vinkulierter Aktien oder Geschäftsanteile
1. Problemstellung
2. Der Erwerber als Kläger
3. Die Gesellschaft als Beklagte
a) Die Gesellschaft als materiellrechtliche Gegnerin des Zustimmungsanspruchs
b) Rechtsbehauptung und Legitimation (AG)
c) Rechtsbehauptung und Legitimation (GmbH)
aa) Individualzustimmung des Gesellschafters
bb) Entscheidung des Geschäftsführers aus eigener Zuständigkeit
cc) Genehmigung durch Gesellschafterbeschluß
d) Ergebnis
E. Die Problematik des doppelten Rechtsschutzbegehrens
I. Problemstellung
II. Fallgruppen
1. Beschlußmängelklage und Klage auf Feststellung des Beschlußinhalts
2. Auflösungsklage und Klage auf Feststellung der vollzogenen Auflösung
3. Übertragung vinkulierter Geschäftsanteile einer GmbH
4. Weitere Fallgestaltungen
III. Lösungsvorschlag
1. Die Notwendigkeit der rechtskräftigen Entscheidung über den Grundlagenstreit
2. Die Gesellschaft als Hilfsbeklagte?
3. In Sonderheit: Der Beschlußmängelstreit
4. In Sonderheit: Der Auflösungsrechtsstreit
5. In Sonderheit: Die Ausschlußklage
§ 12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten
 9783161579592, 9783161481994

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 95

Martin Schwab

Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten

Mohr Siebeck

Martin Schwab, geboren 1967; Studium der Rechtswissenschaften in Regensburg und Heidelberg; 1997 Promotion; 2002 Habilitation; Professor an der Freien Universität Berlin.

978-3-16-157959-2 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 978-3-16-148199-4 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum)

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2005 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide Druck in Tübingen aus der Sabon gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort

Der Zivilprozeß der ZPO ist ein Zweiparteienprozeß. Einem Kläger steht ein Beklagter gegenüber; und selbst wenn auf der einen oder der anderen Seite mehrere Personen beteiligt sind, sind sie mit den Parteien der Gegenseite durch je isolierte Prozeßrechtsverhältnisse verbunden. Werden aber innerhalb eines Personenverbands Meinungsverschiedenheiten vor Gericht ausgetragen, so sind hieran häufig mehrere Verbands- und/ode Organmitglieder beteiligt. Es fällt schwer, das mehrseitige materielle Rechtsverhältnis im Zweiparteienprozeß abzubilden. Die vorliegende Arbeit, die im Sommersemenster 2002 von der Juristischen Fakultät der Ruprechts-Karl-Universität Heidelberg als Habilitationsschrift angenommen wurde, versucht, die einschlägigen Streitigkeiten rechtsformübergreifend für alle Handelsgesellschaften in Prozeßmodelle zu verarbeiten, die einerseits eine rationelle Erledigung des Rechtsstreits sicherstellen, ohne aber andererseits das rechtliche Gehör der Beteiligten zu verkürzen. Die Aussagen dieser Schrift verstehen sich durchweg als solche der lex lata. Zu rechtspolitischen Fragen wird nicht Stellung genommen - namentlich nicht zu den möglichen Vorzügen und Grenzen einer Einzelklagebefugnis des Aktionärs auf Schadensersatz gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane nach dem Vorbild der amerikanischen derivative suit. Ebensowenig wird Postion bezogen zu Fragen, deren Problemschwerpunkt eher im kautelarjuristischen Bereich anzusiedeln ist - namentlich nicht zur Frage, ob und mit welchen Verfahrenskautelen Beschlußmängelstreitigkeiten vor Schiedsgerichten ausgefochten werden können. Rechtsprechung und Literatur sind durchgängig bis Mitte 2003, vereinzelt auch darüber hinaus berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt an erster Stelle meinem verehrten Habilitationsvater, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Hommelhoff, der mich auf vielfältige Weise gefördert hat - zunächst, indem ich als Assistent an seinem Lehrstuhl tätig sein durfte, sodann, indem er meine Bemühungen um ein Habilitationsstipendium bei der DFG durch ein Gutachten unterstützt hat, und schließlich, indem er die vorliegende Arbeit im Frühjahr 2002 mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit gelesen und ungeachtet des Zeitdrucks, den er sich dabei selbst gesetzt hat, ein in hohem Maße profundes Erstgutachten erstattet hat. Dank sagen möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Thomas Pfeiffer für die rasche Erstattung des Zweitgutachtens sowie beiden Berichterstattern für die wertvollen Anregungen in den Voten. Ebenso sei an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Herbert Roth gedankt, der ebenso wie Herr Prof. Hommelhoff in einem Gutachten meine Bewerbung um ein Habilitationsstipendium bei

VI

Vorwort

der DFG befürwortet hat. Der DFG schließlich gebührt mein Dank dafür, d a ß sie mit dies Stipendium großzügig insgesamt drei Jahre lang gewährt hat. D a n k sagen möchte ich ferner Frau Rechtsanwältin Corinna Mickel dafür, daß sie sich der M ü h e unterzogen hat, den ersten Komplettentwurf der Arbeit, der immerhin damals schon 379 Manuskriptseiten umfaßte, sorgfältig durchzulesen. Ihr verdanke ich zahlreiche wertvolle Hinweise. Frau stud. iur. Miriam Nabinger danke ich für das Korrekturlesen des gesamten Manuskripts sowie Herrn stud. iur. Marcel Templin für die Bearbeitung des Sachverzeichnisses. Besonders danken möchte ich schließlich zwei Personen, welche die notwendigen technischen Arbeiten für mich geleistet haben: Herrn Dr. Kurt Bruch dafür, d a ß er mir zur Herstellung des Korrekturexemplars sowie einer ausreichenden Anzahl von Umlaufexemplaren im Habilitationsverfahren die Kapazitäten seiner Druckerei kostenlos zur Verfügung gestellt hat; und seinem Angesteilen, H e r r n Emil Yaman, d a ß er im Frühsommer 2 0 0 2 ein ganzes Wochenende geopfert hat, um die rechtzeitige Herstellung der Umlaufexemplare sicherzustellen. M e h r als Dank schulde ich meinen Eltern, deren bedingungsloser Rückhalt mir in den langen Jahren meiner Qualifikationsphase stets eine unschätzbare Hilfe war. Ihnen widme ich diese Arbeit. Berlin, im M a i 2 0 0 5

Martin Schwab

Inhaltsübersicht Einleitung § 1 Die mitgliedschaftliche

1 Kompetenzschutzklage

A. Problemstellung B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an Verbandsentscheidungen C. Zusammenfassung

5 5 8 43

5 2 Die actio pro socio

45

A. Problemstellung

45

B. C. D. E.

46 74 96

Die materiellrechtliche Zuordnung von Sozialansprüchen Die actio pro socio und die Kompetenzordnung der GmbH Die Position der übergangenen Gesellschafter in der GmbH Die actio pro socio im Kompetenzgefüge der Personenhandelsgesellschaft F. Die actio pro socio in der Aktiengesellschaft

104 111

G. Rechtshängigkeit und Rechtskraft bei der actio pro socio H. Die actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer einer GmbH . . .

118 138

J. Die „präventive" actio pro socio in der Personengesellschaft K. Die actio pro socio nach Verlust der Mitgliedschaft L. Zusammenfassung

144 152 176

§ 3 Die Ausschlußklage

179

A. Die Ausschlußklage in den Kapitalgesellschaften B. Die Ausschlußklage in der Personengesellschaft

179 196

C. Das Abfindungsproblem in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz D. Ausschlußklage und Gesellschafterwechsel

243 256

§4 Zwischenergebnis A. Die Erwartungen an das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten B. Legitimität und Verwirklichung der Erwartungen C. Prozeßrecht und Umfang materiellrechtlicher Interventionsbefugnisse

261 261 263 266

VIII

Inhaltsübersicht

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

268

A. Das Gestaltungsklageprinzip B. Die Kontrollfunktion des Anfechtungsrechts

268 276

C. D. E. F.

294 302 324 328

Zur Funktion der Beklagtenrolle der Gesellschaft Die Beteiligung der übrigen Aktionäre Aspekte der Kostengerechtigkeit Die positive Beschlußfeststellungsklage

G. Anfechtungsklage und Mitgliederwechsel § 6 Der Beschlußmängelstreit

364

in der GmbH

370

A. Anfechtungsgegenstand B. Anfechtungsbefugnis

370 372

C. Anfechtungsklageerfordernis D. Anfechtungsfrist

381 392

E. Gesellschaft als Klagegegner F. Die Rechtslage bei fehlender Beschlußverkündung in der GmbH

. . .

G. Anwendung der §§241 ff. AktG auf unwirksame Beschlüsse in der GmbH? 5 7 Der Beschlußmängelstreit

in der Personengesellschaft

418 420

A. Zum Streitstand

420

B. Das Modell der §§241 ff. AktG - Einschränkung oder Erweiterung des Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Beschlüsse? C. Im einzelnen: Die §§ 241 ff. AktG in O H G und KG D. Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf unwirksame Beschlüsse? E. Die gerichtliche Durchsetzung von Zustimmungspflichten in der Personengesellschaft § 8 Rechtsformübergreifende

405 408

Probleme

des Beschlußmängelstreits

. . . .

425 444 454 462 493

A. Die Gesellschaft als Beklagte in Personengesellschaft und GmbH: Gerechte Verteilung des Prozeßkostenrisikos?

493

B. C. D. E.

499 514 535 544

Die §§241 ff. AktG bei Verstoß gegen vertragliche Stimmbindungen . Der organübergreifende Beschlußmängelstreit Die konkurrierende Kompetenzschutzklage Kompetenzschutzklage und gegenläufige Beschlußmängelklage . . . .

$ 9 Zwischenergebnis

550

A. Die Parteirolle der Gesellschaft als Antwort auf das Zweiparteienprinzip B. Leistungsgrenzen des Mediatisierungsmodells

550 551

C. Zwei Modelle allseitig verbindlicher Klärung gesellschaftsinterner Streitigkeiten

558

Inhaltsübersicht

§10 Organstreitigkeiten

562

A. Fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse B. Die Funktionengliederung im AG-Organisationsrecht: Überblick über das Streitpotential C. Der Streit um Informationspflichten D. Durchsetzung von Zustimmungsvorbehalten E. Die Aufsichtsratsminderheit im Kampf gegen die Aufsichtsratsmehrheit und den Vorstand F. Die Aufsichtsratsminderheit im Kampf gegen die Aufsichtsratsmehrheit und den Vorstand

§11

562 578 578 599 605 619

G. Organschaftlicher Kompentenzschutzstreit in anderen Gesellschaftsformen

622

Die Mediatisierung

624

A. B. C. D.

§12

IX

der Parteistellung

und ihre Grenzen

Die Auflösungsklage Die Rechtslage in der Zweimanngesellschaft Das Ausschlußduell zweier Gesellschafter Der Feststellungsstreit im Grundlagenbereich

624 638 649 657

E. Die Problematik des doppelten Rechtsschutzbegehrens

703

Die wichtigsten

713

Literaturverzeichnis Sachregister

Ergebnisse

in Thesen

727 771

Inhaltsverzeichnis Einleitung §1

Die mitgliedscbaftliche

1 Kompetenzschutzklage

5

A. Problemstellung

5

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an Verbandsentscheidungen

8

I. Gesetzliche Grundlagen

8

II. Die Funktion des Entscheidungsteilhaberechts von Gesellschaftern und Aktionären

8

III. Die Transformation des Teilhaberechts in einen durchsetzbaren Anspruch

10

1. Die Bindung der Geschäftsführung an den GesellschafterEntscheid

10

2 . Rechtliche Betroffenheit aller Gesellschafter

12

3. Auszuscheidende Fälle

13

4 . Im Überblick: Denkbare Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Befolgungspflicht

14

IV. Kompetenzschutzklage als Instrument der objektiven Rechtskontrolle?

15

V. Befolgungsanspruch als materielles Recht der Gesellschaft bzw. des beschließenden Organs?

16

1. Der Ansatz

16

2. Das subjektive Recht auf Entscheidungsteilhabe

17

3. Ersatzaufsichtsrecht des Aktionärs

18

VI. Befolgungsanspruch auf deliktsrechtlicher Grundlage? 1. Mitgliedschaft als subjektives Recht 2. Mitgliedschaft als „sonstiges" Recht

19 19 22

a) Ausschluß- und Nutzungsfunktion

22

b) Zur Funktion des subjektiven Rechts

23

c) Die Parallele zur gewöhnlichen Forderung

24

d) Die Präexistenz des Herrschaftsobjekts

25

e) Herrschaftsrechte an anderen Rechtspersonen?

27

f) Kein Deliktsschutz der allgemeinen Handlungsfreiheit

29

g) Sozialtypische Offenkundigkeit

31

XII

Inhaltsverzeichnis

3. Zwischenergebnis a) Kein Deliktsschutz mitgliedschaftlicher Rechte im Verbandsinnenverhältnis b) Negatorischer Schutz von Mitgliedsrechten gegenüber Dritten? VII. Die verbandsrechtliche Grundlage des Befolgungsanspruchs 1. Das Holzmüller-Urteil des B G H 2. Kein Schadensersatzanspruch 3. Kein Abwehranspruch 4. Der Befolgungsanspruch als primärer Erfüllungsanspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis 5. Das Einberufungsquorum: Ein Einwand? 6. § 118 I AktG: Ein Einwand? VIII. In Sonderheit: Die Teilnahme Unbefugter an der Abstimmung

33

.

C. Zusammenfassung

52

38 40 41 42

43

Die actio pro socio

45

A. Problemstellung B. Die materiellrechtliche Zuordnung von Sozialansprüchen

33 34 36 36 37 38

45 ....

I. Das Postulat eines eigenen Leistungsanspruchs des Gesellschafters . . . 1. Personengesellschaft 2. Kapitalgesellschaften a) Rechtsgrundlagen mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche . . . b) Die verbandsrechtliche Begründung eines eigenen Forderungsrechts des Gesellschafters c) Deliktsrechtliche Begründungsversuche II. Innengesellschaft neben der G m b H ? III. Deliktische Verkehrspflicht für fremdes Vermögen? IV. H a f t u n g nach §§ 823 II BGB, 4 3 G m b H G ? V. Die Differenzierung der Treupflicht 1. Treupflicht gegenüber den anderen Mitgliedern 2. Treupflicht gegenüber dem Verband a) Entscheidungen in Geschäftsführungsangelegenheiten b) Schädigungsverbot c) Entscheidungen in Grundlagenangelegenheiten VI. Die Umsetzung des Zweckverfolgungsinteresses in Rechtspositionen der Gesellschaft VII. Das Argument der materiellen Konfliktbeteiligung VIII. Das Argument des Gesellschafter-Eigeninteresses IX. Das Gesellschaftsinteresse als imaginäre Größe 1. Die Projektionsidee 2. § 1 1 7 1 2 AktG und die Problematik der Reflexschäden 3. Die mitbestimmte Gesellschaft als eigenständiger Interessenträger .

46 46 46 46 46 47 52 52 53 54 55 56 56 56 57 59 61 64 65 67 67 69 70

Inhaltsverzeichnis

X. Das Argument der drohenden Ausfallhaftung 1. GmbH 2. Personengesellschaft XI. Klage aus eigenem Recht bei Gleichheitsverstoß?

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung der GmbH . . . I. Überblick über die Zuständigkeit für die Anspruchsverfolgung nach dem GmbHG II. Insbesondere § 46 Nr. 8 GmbHG III. Der Normzweck des § 46 Nr. 8 GmbHG: Schutz von Gesellschaftsinterna? IV. §§46 Nr. 2,8 GmbHG: Das Hierarchieprinzip V. §46 Nr. 2,8 GmbHG: Das Prinzip der beschränkten Haftung VI. Konsequenzen für die actio pro socio VI. Die Einzelklage nach gefaßtem Einforderungsbeschluß VII. Mögliche Alternativen zur actio pro socio 1. Kombinierte Zustimmungs- und Schadensersatzklage? 2. Beschlußmängelklage gegen den die Einforderung ablehnenden Beschluß? IX. Die Vereinfachungsfunktion der actio pro socio 1. Die Wertungsgrundlagen bei Schadensersatzansprüchen 2. Die Wertungsgrundlagen bei Einlageansprüchen 3. Prozeßökonomie und mitgliedschaftliche Pflichtenstellung 4. Tu-quoque-Einwand des Beklagten? 5. Klagebefugnis auch des stimmrechtslosen Anteilsinhabers X. Actio pro socio und Verzichtsbeschluß

XIII 71 71 72 73

74 75 76 77 79 79 80 82 83 83 84 86 86 89 90 93 94 94

D. Die Position der übergangenen Gesellschafter in der GmbH . . .

96

I. Problemstellung 1. Der Beitrag des übergangenen Gesellschafters zur gesellschaftsinternen Willensbildung 2. Der hypothetische Einforderungsbeschluß und die gegen ihn gerichteten Rechtsbehelfe II. Hauptintervention? 1. Intervention der Gesellschaft? 2. Intervention des übergangenen Gesellschafters? a) Negative Rechtsbehauptung b) Zum Normzweck des § 64 ZPO c) Folgerungen d) Das Problem der Rechtskraft inter partes III. Streitgenössische Nebenintervention

96

E. Die actio pro socio im Kompetenzgefüge der Personenhandelsgesellschaft I. Schadensersatzansprüche

96 97 98 98 98 98 99 100 101 102

104 105

XIV

Inhaltsverzeichnis

II. Einlageansprüche III. Die actio p r o socio als Ersatz für einen Einforderungsbeschluß 1. Subsidiarität der actio pro socio 2. Insbesondere die Schadensersatzklage wegen Verletzung des WettbewerbsVerbots 3. Die actio pro socio als Ersatz selbst für den einstimmig zu fassenden Einforderungsbeschluß

F. Die actio pro socio in der Aktiengesellschaft I. Schadensersatzansprüche 1. Die Sperrwirkung des § 147 AktG 2. Konzernrechtliche Ausnahmeregelungen 3. In Sonderheit: Actio p r o socio als Ersparnis der auf Rechtsverfolgung gerichteten positiven Beschlußfeststellungsklage? II. Verbotene Auszahlungen III. Der primäre Einlageanspruch IV. Gesamtwürdigung

G. Rechtshängigkeit und Rechtskraft bei der actio pro socio

Problemstellung Eigener Anspruch des Gesellschafters als Ausweg? Beitritt des Gesellschafters als Hauptpartei? Haupt-/Nebenintervention? A u f n a h m e des Rechtsstreits analog § 2 4 1 I Z P O ? Der Gesellschafter als Sondervertreter a) § 4 6 Nr. 8 G m b H G ? b) § 147 II 2, III 1 A k t G analog? c) Insbesondere der Einlage- und Rückeinlageanspruch

110 111

111 111 111 113 . . . .

115 116 117 117

....

118

I. Gesetzliche oder gewillkürte Prozeßstandschaft? II. Prozeßstandschaft und Rechtskrafterstreckung 1. Die herrschende Lehre: Differenzierung zwischen gewillkürter und gesetzlicher Prozeßstandschaft 2. Das Kriterium der Z u m u t b a r k e i t 3. Das Kriterium der Verfügungsbefugnis 4. Die „Insolvenzprobe" III. Die verbandsrechtliche Zielsetzung der actio p r o socio IV. Stellungnahme 1. Die Irrelevanz ausschließlicher oder kumulativer Prozeßführungsbefugnis 2. Die Irrelevanz der Verfügungsbefugnis 3. Ein Anspruch - eine Klagebefugnis 4. Folgerungen V. Die actio pro socio bei nachlässiger Prozeßführung durch die Gesellschaft 1. 2. 3. 4. 5. 6.

106 108 108

118 119 119 120 121 122 124 124 124 125 126 128 129 129 130 131 132 133 134 134 135 138

Inhaltsverzeichnis

XV

H . Die actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer einer GmbH

138

I. Problemstellung II. Die Ansicht der Rechtsprechung III. Organbestellung/Anstellungsvertrag mit Schutzwirkung für die Gesellschafter? IV. Instrumentalisierung des Befolgungsanspruchs? V. Die G r u n d w e r t u n g der actio pro socio und ihre Überzeugungskraft gegenüber Fremdorganen

J. Die „präventive" actio pro socio in der Personengesellschaft

. .

138 139 140 141 143

144

I. Der Primäranspruch auf Förderung des Gesellschaftszwecks II. Die Rolle der Organisationsverfassung 1. Der Standpunkt des B G H 2. Z u r Bedeutung der Weisungsfreiheit 3. Z u r Bedeutung eines speziellen Überwachungsorgans 4. Präventive Klagerechte bei Teilnahmerecht an Geschäftsführungsbeschlüssen 5. Präventive Klagerechte ohne Teilnahmerecht an Geschäftsführungsbeschlüssen 6. Die präventive actio p r o socio außerhalb von Geschäftsführungsmaßnahmen

144 145 145 146 147

K. Die actio pro socio nach Verlust der Mitgliedschaft

152

I. Das Abgrenzungsproblem: Parteiwechsel oder § 2 6 5 Z P O ? 1. Die Interessenbewertung beim gesetzlichen Parteiwechsel nach §§239ff. ZPO a) § § 2 3 9 , 2 4 2 Z P O b) § 2 4 0 Z P O 2. Die Interessenbewertung des § 265 Z P O a) Bei Bindung des Rechtsnachfolgers b) Bei fehlender Bindung des Rechtsnachfolgers 3. Konsequenz: Dreiteilung der Rechtsfolgen II. Übertragung der Mitgliedschaft 1. Die Radikallösung: Gänzlicher Verlust der Prozeßführungsbefugnis? 2. Kohärenz von Prozeßvorteil und Kostenrisiko 3. Gesellschafterwechsel und der Wortlaut des § 2 6 5 Z P O a) Die Bedeutung der materiellrechtlichen Anspruchszuordnung . . b) Der Übergang der isolierten Prozeßführungsbefugnis als Anwendungsfall des § 2 6 5 Z P O 4. Die gesetzessystematische Abstimmung zwischen § 2 6 5 Z P O und dem gesetzlichen Parteiwechsel a) Die Suche nach verallgemeinerungsfähigen Abgrenzungskriterien

153

148 149 152

153 153 154 155 155 157 157 158 158 159 159 159 160 161 161

XVI

Inhaltsverzeichnis

b) Parteiwechsel nur bei Schutz außenstehender Dritter?

161

c) Der Anknüpfungspunkt des § 2 6 5 Z P O : Freiwillige Disposition oder Nachfolge in Einzelgegenstand?

162

d) Zwischenergebnis: Die actio pro socio im Spannungsfeld der Abgrenzungskriterien

165

5. Die beliebig wiederholbare Rechtsübertragung als Anknüpfungspunkt des § 2 6 5 Z P O

166

6. Ergebnis

168

7. Zur Position der unbeteiligten Gesellschafter

169

III. Ersatzloses Ausscheiden aus der Gesellschaft

169

1. Die Anwachsung als „Veräußerung" i.S. des § 2 6 5 Z P O ? 2 . Die actio pro socio im Liquidationsstadium: Ein Argument?

169 . . . .

170

3. Überlegungen zur Prozeßökonomie

171

4 . Fortsetzung des Prozesses durch die Gesellschaft? a) Die Prozeßführungsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung

172 . . .

b) Nochmals: Zur Abgrenzung von Parteiwechsel und § 2 6 5 Z P O

172 .

c) Zur Begründung eines gesetzlichen Parteiwechsels

174

5. Ergebnis

176

L. Zusammenfassung

$3

172

176

Die Ausscblußklage

179

A. Die Ausschlußklage in den Kapitalgesellschaften

179

I. Die grundsätzliche Möglichkeit des Ausschlusses

179

II. Das Gestaltungsklageprinzip

181

III. Der Gestaltungsanspruch bei der Ausschlußklage

182

1. Die materiellrechtliche Verpflichtung zum Ausscheiden

182

2 . Die Gesellschaft als Gläubigerin des Ausschlußanspruchs

184

IV. Die Beteiligung des Mitgliedsorgans 1. Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses in der G m b H

185 . . .

185

2. Das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses in der A G . . 3. Einfache oder qualifizierte Mehrheit?

186 190

a) Die Überlegungen in der bisherigen Diskussion

190

b) Würdigung

191

c) Der Erst-recht-Schluß aus § 1 8 6 III AktG

192

4 . Die Gegenwehr des Ausschlußbeklagten

194

B. Die Ausschlußklage in der Personengesellschaft

196

I. Zur Deutung des Ausschlußrechts

197

1. Bisherige Ansätze

197

2. Die Projektionsidee 3. Der Ausschluß als Gegenstück zum Beitrittsvertrag: Ein Einwand?

197 .

4 . Zur Bedeutung von normativer und Realstruktur II. Der Ausschlußprozeß im Spiegel von Rechtsprechung und Literatur

200 201

. .

202

Inhaltsverzeichnis 1. Prozessuale Ausgangsfragen 2. Das Konzept des B G H a) Ausschlußklage durch alle übrigen Gesellschafter in materiellrechtlich notwendiger Streitgenossenschaft b) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer Gesellschafter c) Verbindung von Ausschluß- und Zustimmungsklage d) Materiellrechtliche Zustimmung oder Prozeßführungsermächtigung? e) Würdigung 3. Zustimmungsurteil als Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Ausschlußklage? a) Der Ansatz b) Das A u s m a ß der Abweichung vom Gesetzeswortlaut c) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer Gesellschafter d) W ü r d i g u n g 4. Mehrseitige Rechtsverhältnisse und Zweiparteienprinzip a) Der Ansatz b) Würdigung 5. Das Beiladungsmodell des § 856 Z P O a) Der Ansatz b) Das A u s m a ß der Abweichung vom Gesetz c) Würdigung aa) Der Abschied vom D o g m a der Gestaltungswirkung inter omnes bb) Beschränkung der Urteilswirkungen und das Ziel der einheitlichen Streiterledigung cc) Keine unterschiedliche Beteiligungsform auf Kläger- und Beklagtenseite dd) Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung III. Stellungnahme: Die Gesellschaft als Ausschlußklägerin 1. Parteirolle und Gesetzeswortlaut 2. Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses 3. Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung 4. Gesellschaftsinterne Konflikte als Erschwernis der Ausschließung? a) Gesellschaft mit Austrittsregel b) Gesellschaft mit Auflösungsregel 5. Das Problem der Kostengerechtigkeit a) Disparität im Kostenrisiko b) Kostenerstattungsanspruch kraft mitgliedschaftlicher Treupflicht? c) Projektionsidee und Prozeßkosten IV. Rechtsformübergreifende Konsequenzen 1. Die als actio pro socio erhobene Ausschlußklage in der Personengesellschaft a) Gesellschaft mit Austrittsregel

XVII 202 202 202 204 204 205 206 209 209 210 211 211 212 212 215 216 216 218 219 219 223

.

224 225 226 226 227 228 229 229 231 232 232 233 233 235 235 235

XVIII

Inhaltsverzeichnis

aa) Die Überwindung des Widerspruchs dissentierender Gesellschafter bb) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer Gesellschafter b) Gesellschaft mit Auflösungsregel c) Der Stellenwert der Prozeßökonomie im Verhältnis zu den Individualinteressen der Gesellschafter aa) Korrelation von Prozeßökonomie und materiellrechtlichem Vorrang der Zweckverfolgung bb) Nochmals: Das Mitwirkungs-Zwischenurteil 2. Die als actio pro socio erhobene Ausschlußklage in der Kapitalgesellschaft V. Exkurs: Die Entziehungsklage nach § § 1 1 7 , 127 H G B

C. Das Abfindungsproblem in der G m b H im Lichte der Rechtsschutzeffizienz I. Die besondere Gefahr des Abfindungsausfalls II. Das Postulat der Gleichzeitigkeit von Abfindung und Verlust der Mitgliedschaft III. Das Konzept des BGH IV. Das Auflösungsmodell 1. Der Ansatz 2. Auflösungsrecht ohne Mitgliedschaft? 3. Besicherung der Abfindung zu Zerschlagungswerten? V. Verlust der Mitgliedschaft gegen vorläufige Abfindung 1. Der Ansatz 2. Bedenken VI. Treupflicht und Suspendierung der Gesellschafterrechte 1. Materiellrechtliche Grundlagen 2. Die Suspendierungsklage 3. Vorläufige Rechtsgestaltung im Hauptsacheverfahren: Ein Einwand? 4. Entscheidungszuständigkeit nach Scheitern des Ausschlusses

235 236 237 238 238 238 239 241

243 243 244 245 248 248 249 249 250 250 251 251 251 252

. . . .

253 254

D. Ausschlußklage und Gesellschafterwechsel

256

I. Unproblematische Fälle II. Gesellschafterwechsel auf der Seite des Ausschlußbeklagten 1. Z u m Meinungsstand 2. Der höchstpersönliche Charakter des Streitgegenstandes 3. Der mögliche Rückerwerb des Anteils als Bedrohung der Rechtsschutzeffizienz 4. Die Feststellungswirkung von Gestaltungsurteilen

256 257 257 258 259 259

Inhaltsverzeichnis

§4

XIX

Zwischenergebnis

261

A. Die E r w a r t u n g e n an das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten

261

I. Streiterledigung in einem einzigen Prozeß 1. Allseitige Verbindlichkeit der Entscheidung 2. Effektive Zweckverfolgung durch effektives Gerichtsverfahren II. Verschonung prozeßunwilliger Gesellschafter

...

B. L e g i t i m i t ä t u n d V e r w i r k l i c h u n g d e r E r w a r t u n g e n

261 261 261 262 263

I. Der Zweckverfolgungsgedanke als Legitimationsfaktor II. Der Konflikt mit dem mitgliedschaftlichen Eigeninteresse 1. Umverteilung der Initiativlast 2. Gesellschafts- versus mitgliedschaftliches Eigeninteresse III. Die Parteirolle der Gesellschaft 1. Die allseitige Verbindlichkeit der Entscheidung 2. Z u r Effizienz der Rechtsverfolgung 3. Arbeitshypothese

263 263 263 264 265 265 265 266

C. Prozeßrecht u n d U m f a n g materiellrechtlicher Interventionsbefugnisse

§5

Der aktienrechtliche

266

Beschlußmängelstreit

268

A. D a s Gestaltungsklageprinzip

268

I. Anfechtungsklage als Gestaltungsklage II. Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage? 1. Die Reichweite der Urteilswirkungen 2. Die Identität des Streitgegenstands von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage

268 270 270

3. Konsequenz: Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage? a) Der Ansatz b) Die Urteilswirkungen c) Rechtsschutzziel und Streitgegenstand 4. Konsequenzen

272 272 272 273 275

270

B. D i e K o n t r o l l f u n k t i o n d e s A n f e c h t u n g s r e c h t s I. Materiellrechtlicher Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung? 1. Die These 2. Die Anfechtungsklage als actio negatoria? 3. Die Beschlußfassung in Geschäftsführungsangelegenheiten 4. Die Beschlußfassung in Grundlagenangelegenheiten a) Kapitalerhöhung zur Vermeidung der Zwangslöschung b) Sanierende Kapitalherabsetzung

276 . . .

277 277 278 279 280 280 281

XX

Inhaltsverzeichnis c) K a p i t a l e r h ö h u n g mit Bezugsrechtsausschluß

283

d) H i n a u s d r ä n g e n v o n A k t i o n ä r e n d u r c h U m g e h u n g s m a ß n a h m e n 5. Die Novelle v o n 1 8 8 4 : Ein E i n w a n d ?

.

II. Der Beschlußmängelstreit als objektives R e c h t s b e a n s t a n d u n g s v e r f a h ren

285 287 287

1. O b j e k t i v e R e c h t s k o n t r o l l e o h n e subjektiven A n s p r u c h 2. R e c h t s k o n t r o l l e in privater Initiative statt A k t i e n a m t

287 289

3. A u ß e n w i r k s a m e Beschlüsse u n d die Verteidigung v o n Drittinteressen: Ein E i n w a n d ?

291

4. O b j e k t i v e R e c h t s k o n t r o l l e d u r c h den Registerrichter: Ein E i n w a n d ?

291

C. Z u r Funktion der Beklagtenrolle der Gesellschaft

294

I. Die p r a k t i s c h e U n m ö g l i c h k e i t der Klage gegen alle M i t a k t i o n ä r e . . . .

295

II. Allseitige R e c h t s k r a f t o h n e n o t w e n d i g e allseitige Prozeßbeteiligung

. .

296

III. E x k u r s : Beschlußmängelstreit u n d A u s k u n f t s e r z w i n g u n g s v e r f a h r e n .

. .

297

D. Die Beteiligung der übrigen Aktionäre

302

I. M e h r h e i t von A n f e c h t u n g s k l a g e n ?

302

1. V e r b i n d u n g s z w a n g u n d Rechtshängigkeitssperre

302

2. Z u m Streitgegenstand der Beschlußmängelklage

303

a) Die potentielle Vielfalt v o n Beschlußmängeln

303

b) Ein Beschluß - ein Streitgegenstand?

304

c) Die Aussagen des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs . . . .

305

d) Streitgegenstand u n d verbandsrechtliche G r u n d l a g e n der A n f e c h t u n g s b e f u g n i s

306

e) Folgerungen f ü r das Verhältnis v o n V e r b i n d u n g s z w a n g u n d Rechtshängigkeitssperre

308

3. Z u m Z w e c k des V e r b i n d u n g s z w a n g s

308

II. Prozeßbeteiligung o h n e Klagebefugnis

311

1. D a s G e b o t des rechtlichen G e h ö r s

311

2. Die streitgenössische N e b e n i n t e r v e n t i o n als I n s t r u m e n t der Prozeßbeeinflussung

313

3. Die A n w e n d u n g des § 6 9 Z P O auf mehrseitige Streitverhältnisse

314

a) Rechtsverhältnis zwischen N e b e n i n t e r v e n i e n t e n u n d Gegner der H a u p t p a r t e i ? b) Grenzen des W o r t l a u t s u n d teleologische Extension III. Die Folgen v e r w e h r t e r Prozeßbeteiligung 1. Klagabweisendes Urteil 2. Stattgebendes Urteil

E. Aspekte der Kostengerechtigkeit I. Die Risiko-Disparität zwischen M e h r h e i t u n d M i n d e r h e i t II. Die Legitimation der D i s p a r i t ä t in der A G 1. § 1 1 7 VII Nr. 1 A k t G

. .

314 318 321 321 322

324 324 324 324

Inhaltsverzeichnis

XXI

2. Entlastung des P a s s i v r u b r u m s

326

3. M e h r h e i t s p r i n z i p als Legitimationsfaktor?

326

a) M e h r h e i t s p r i n z i p u n d Richtigkeitsgewähr b) Richtigkeitsgewähr u n d stattgebendes A n f e c h t u n g s u r t e i l

326 . . . .

327

F. Die positive Beschlußfeststellungsklage

328

I. Rechnerisch f e h l e r h a f t v e r k ü n d e t e Ablehnungsbeschlüsse

328

II. Treuwidrige Ablehnungsbeschlüsse

330

1. Die These v o n der Nichtigkeit treuwidriger Stimmen

330

2. M ä n g e l in der B e g r ü n d u n g der Nichtigkeitsthese

331

a) Überblick

331

b) Nichtigkeit der S t i m m a b g a b e u n d allseitige Disposition über das Gesellschaftsinteresse

332

c) Die Aussagen des § 2 4 3 II A k t G

333

d) Z u r P r ü f u n g s k o m p e t e n z des Versammlungsleiters

333

e) Erste Ansätze zu einer Rechtsgeschäftslehre in V e r b ä n d e n : Die Rechtsfolge von Verstößen gegen das Gesellschaftsinteresse .

335

f) Ergebnis

336

3. Die V e r e i n f a c h u n g s f u n k t i o n der positiven Beschlußfeststellungsklage

336

a) Die V e r e i n f a c h u n g bei der Klageerhebung

337

b) Die V e r e i n f a c h u n g bei der tatsächlichen D u r c h s e t z u n g der gerichtlich festgestellten Z u s t i m m u n g s p f l i c h t

337

c) Ergebnis: Positive Beschlußfeststellungsklage als z w i n g e n d e Vervollständigung des Rechtsschutzes

339

4. Umverteilung der Rechtsschutzinitiative

341

a) D a s rechtliche G e h ö r im Beschlußfeststellungsprozeß

341

b) Die T h e s e v o n der N o t w e n d i g k e i t eines e r g ä n z e n d e n Z u s t i m mungsurteils

342

c) Gestaltungselemente im Beschlußfeststellungsprozeß

343

d) Prozessuale V e r e i n f a c h u n g u n d v e r b a n d s r e c h t l i c h e G r u n d l a g e n aa) Die besondere Schutzwürdigkeit des Klägers

.

bb) M e h r h e i t s p r i n z i p u n d V o r r a n g der effektiven Z w e c k verfolgung

345

5. Positive Beschlußfeststellungsklage a u c h bei S a t z u n g s ä n d e r u n g e n III. Positive Beschlußfeststellungsklage und E i n b e r u f u n g s q u o r u m 1. Bei rechnerisch f e h l e r h a f t ermitteltem A b s t i m m u n g s e r g e b n i s 2. Bei treuwidriger A b l e h n u n g des Beschlußantrags

345 345

. . . .

IV. Z u s t i m m u n g s p f l i c h t u n d Ermessensfehler

.

347 349 349 350 350

1. Problemstellung

350

2. Die Vielfalt r e c h t m ä ß i g e r S t i m m a b g a b e n

351

3. Befangenheit u n d Enthaltungspflicht V. Positive Beschlußfeststellungsklage bei Beschlüssen mit individuellem Zustimmungserfordernis?

351 353

XXII

Inhaltsverzeichnis 1. Der Zusammenhang von positiver Beschlußfeststellungsklage und Mehrheitsprinzip

353

2 . Positive Beschlußfeststellungsklage und individuelles Zustimmungserfordernis

353

a) Fehlerhafte contra unwirksame Beschlüsse

353

b) Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit

355

c) Klage auf Feststellung der Wirksamkeit?

358

d) Positive Beschlußfeststellungsklage und verbandsrechtliche Wertung

358

e) Positive Beschlußfeststellungsklage und Sonderbeschluß

359

VI. Der fehlerhafte positiv festzustellende Beschluß

360

1. Problemstellung

360

2 . Der Anfechtungseinwand im Verfahren über die positive Beschlußfeststellungsklage

361

3. Neuerliche Anfechtungsklage gegen den gerichtlich festgestellten Beschluß?

361

a) Die Aussagen der Streitgegenstandslehre

362

b) Gestaltungsgrund und Rechtskraft

362

c) Folgerungen

363

G. Anfechtungsklage und Mitgliederwechsel

364

I. Aktienübergang nach Fristablauf

364

II. Aktienübergang vor Fristablauf und Klageerhebung

364

III. Aktienübergang nach Klageerhebung

366

IV. Das Schicksal der Nichtigkeitsklage

368

56

Der Beschlußmängelstreit

370

in der GmbH

A. Anfechtungsgegenstand

370

B. Anfechtungsbefugnis

372

I. Umfang der Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters

372

1. Objektive Rechtskontrolle auch in der G m b H

372

2. Die Bedeutung des § 2 4 5 Nr. 1 AktG

373

a) 2 4 5 Nr. 1 AktG und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens

.

373

b) Korrelation von Widerspruchserfordernis und Mehrheitsprinzip c) Beschlüsse im schriftlichen Verfahren II. Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers? 1. Die Bedeutung der Weisungsabhängigkeit

374 376 377 377

2. Die Notwendigkeit der Beschlußverteidigung durch den Geschäftsführer 3. Anfechtungsbefugnis analog § 2 4 5 Nr. 5 AktG

C. Anfechtungsklageerfordernis

377 380

381

Inhaltsverzeichnis I. II. III. IV.

XXIII

Klageerfordernis und Realstruktur der G m b H Die These von der „internen Nichtigkeit" fehlerhafter Beschlüsse . . . Anfechtungserklärung statt Anfechtungsklage? Prozessuale Bedenken 1. Die allgemeine Feststellungsklage als Alternative zur Anfechtungsklage 2. Gesellschafter als Parteien des Feststellungsstreits? 3. Feststellungsklage durch und gegen die Gesellschaft? 4. Nichtigkeitsklage analog § § 2 4 9 I 1, 241 N r . 5 AktG

5. Der Verzicht auf das Klageerfordernis als Einbuße an Rechtssicherheit 6. Die rasche Klärung des Beschlußmängelstreits als universales Desiderat 7. Z u m Argument der Überlastung der Gerichte 8. Realtypische Argumentation und Kleine AG V. Ergebnis

381 383 383 384 384 384 386 386 388 389 390 391 392

D. Anfechtungsfrist

392

I. Die Anfechtungsfrist in der Praxis der Gerichte II. Die Argumentation aus der Realstruktur 1. Tatsächliche Unterschiede zwischen AG und G m b H 2. Materiellrechtliche oder prozessuale Frist? 3. Fristbindung, Treuepflicht und die Ambivalenz der Realstruktur III. Die Notwendigkeit einer festen Frist IV. Fristbeginn 1. Grundsatz: Fristbeginn ab Beschlußfassung 2. Ausnahme: Spätere Einigung über den Beschlußinhalt V. In Sonderheit: Vergleichsverhandlungen über den Beschluß 1. Interessenlage 2. Die analoge A n w e n d u n g des § 2 0 3 BGB n.F. 3. Überlegungsfrist 4. Vergleichsverhandlungen in der Kleinen AG

392 395 395 396 397 399 400 401 401 402 402 402 404 404

. .

E. Gesellschaft als Klagegegner

405

I. Mediatisierung und Praktikabilität II. Die Stellung unbeteiligter Gesellschafter

405 406

F. D i e R e c h t s l a g e bei f e h l e n d e r B e s c h l u ß v e r k ü n d u n g in d e r

GmbH I. Die Feststellungsklage als statthafte Klageart II. Parteien des Feststellungsprozesses 1. Ambivalenz der Rechtsbehauptung 2. Der drohende Beschlußvollzug: Ein Einwand? 3. Gesellschaft als Partei und Mehrheits-Vertrauen 4. Das Kompetenzschutzinteresse des Gesellschafters bei unklarem Beschlußinhalt

408 408 409 409 410 411 412

XXIV

Inhaltsverzeichnis

5. Doppeltes Rechtsschutzbegehren

412

6. Exkurs: Die Funktion der Beschlußverkündung in § 1 3 0 II AktG

. .

III. Klagefrist? IV. Der fehlerhafte festzustellende Beschluß

416

1. Problemstellung

416

2. Zum Vergleich: Die positive Beschlußfeststellungsklage

416

3. Die Beschlußmängel-Widerklage

417

G. Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG auf unwirksame Beschlüsse in der GmbH?

§7

414 415

418

. . .

Der Beschlußmängelstreit in der Personengesellschaft

A. Zum Streitstand I. Die Ablehnung der § § 2 4 1 ff. AktG durch die herrschende Lehre

420 420

. . . .

420

II. Die Korrelation der § § 2 4 1 ff. AktG mit dem Mehrheitsprinzip

423

III. Personalistische und kapitalistische Gesellschaften

423

IV. Fehlerhafte Vertragsänderungen

424

B. Das Modell der §§ 2 4 1 ff. AktG - Einschränkung oder Erweiterung des Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Beschlüsse?

425

I. Nichtigkeit nach §§ 1 3 4 , 1 3 8 , 1 2 5 BGB?

425

II. Nichtigkeit als Folge eines verbandsrechtlichen Aufhebungsanspruchs

.

427

1. Die Differenzierung zwischen interner und genereller Nichtigkeit . .

427

2. Nichtigkeit und Aufhebungsanspruch

428

3. Beschlüsse mit Außenwirkung?

429

a) Die grundsätzliche Beschränkung der Beschlußwirkungen auf das Verbandsinnenverhältnis

430

b) Die fehlende normative Relevanz der Außenwirkung für die Reichweite der Beschlußmängelfolgen

432

III. Nichtigkeit wegen Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse?

434

1. Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse und die Frage nach den Rechtsfolgen

435

2 . Mehrheitsprinzip und Handlungsfähigkeit des Verbandes 3. Endgültige Wirksamkeit des nicht angefochtenen Beschlusses

435 . . . .

436

4. Befugnis zur Berufung auf Beschlußmängel

437

5. Klageerfordernis und Klagegegner

438

6. Anfechtungsfrist

439

7. Vorläufige Wirksamkeit von Mehrheitsbeschlüssen bis zur gerichtlichen Klärung 8. Ergänzende Vertragsauslegung und Institutionenbildung

440 440

a) Die § § 2 4 1 ff. AktG als rechtsformübergreifend angemessenes Lösungsmodell

440

b) Die historische Entwicklung der Beschlußkontrolle: Ein Einwand?

441

Inhaltsverzeichnis

c) Nochmals: Der Z u s a m m e n h a n g mit dem Mehrheitsprinzip d) Methodische Ableitung

XXV

. . .

C. Im einzelnen: Die §§ 241 ff. AktG in O H G und KG I. Unstreitiger oder verbindlich festgestellter Mehrheitsbeschluß als Anfechtungsgegenstand II. Einstimmiger Beschluß als Anfechtungsgegenstand? 1. Die § § 2 4 1 ff. AktG als A n t w o r t auf das Mehrheitsprinzip 2. Einstimmige Beschlüsse mit (unstreitigem) Stimmverbot 3. Einstimmig gefaßte, aber nichtige Beschlüsse 4. Klageverbindung bei mehrfachem Rechtsschutzbegehren III. Anfechtungsbefugnis 1. Objektive Kontrollbefugnis? 2. Die Anfechtung von Geschäftsführungsbeschlüssen durch nichtgeschäftsführende Gesellschafter 3. Die Rolle des § 2 4 5 Nr. 1 AktG

441 442

444 445 446 446 446 448 448 450 450 452 453

D. Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf unwirksame Beschlüsse? . .

454

I. Das von der Anfechtungsklage abweichende Klageziel II. Gesellschaft als Beklagte? 1. Das Erfordernis eines unstreitigen Beschlußinhalts 2. Umverteilung der Initiativbefugnisse 3. Vorsorge im Beschlußverfahren 4. Die besondere Interessenlage in der Massengesellschaft 5. Ergebnis III. Parteirolle bei Streit über die Tatsache der einstimmigen Beschlußfassung

455 456 456 457 458 459 460

E. Die gerichtliche Durchsetzung von Zustimmungspflichten in der Personengesellschaft I. Mehrheitsbeschlüsse II. Einstimmige Beschlüsse 1. Der Unterschied zum Organisationsrecht der Kapitalgesellschaften . 2. Die Vereinfachungstechnik der positiven Beschlußfeststellungsklage 3. Z u m bisherigen Meinungsstand a) Die Erzwingung der Zustimmung durch Leistungsklage b) Unbeachtliche Zustimmungsverweigerung in Abhängigkeit vom Beschlußgegenstand? c) Unbeachtliche Zustimmungsverweigerung in Abhängigkeit von der Außenwirkung des Beschlusses? d) Evidenz und Dringlichkeit e) Stellungnahme aa) Die Stimme als Willenserklärung bb) Nichtigkeit treuwidriger Zustimmungsverweigerung? . . . .

461

462 462 462 462 464 465 465 465 466 467 468 468 468

XXVI

Inhaltsverzeichnis cc) Ausschluß von der A b s t i m m u n g ? dd) Materielles R e c h t u n d V e r e i n f a c h u n g des Rechtsschutzes 4. D a s Gestaltungsklageprinzip u n d der V o r r a n g des Gesellschaftsinteresses

469 . .

469 471

a) P r o z e ß ö k o n o m i e u n d verbandsrechtliche W e r t u n g b) Der V o r r a n g des Gesellschaftsinteresses bei G e s c h ä f t s f ü h r u n g s entscheidungen

472

d) Kein V o r r a n g des Gesellschaftsinteresses bei Grundlagenstreitigkeiten

473

5. Parteien des Rechtsstreits

471

474

a) Gesellschaft als Klägerin

474

b) Gesellschafter als Kläger c) Z u s t i m m u n g s p f l i c h t i g e r Gesellschafter als Beklagter

475 476

III. Von der positiven Beschlußfeststellungsklage zu einer allgemeinen beschlußersetzenden Gestaltungsklage

477

1. Der U r s p r u n g der positiven Beschlußfeststellungsklage: Komplettier u n g des Anfechtungsrechtsschutzes 2. Feststellungs- u n d Gestaltungselemente bei der positiven Beschlußfeststellungsklage

477

3. Der A n w e n d u n g s b e r e i c h der beschlußersetzenden Gestaltungsklage

478

477

a) N e g a t i v b e s c h l u ß als Voraussetzung? b) Z u s t i m m u n g s b e d ü r f t i g e r Beschluß in der Kapitalgesellschaft? . .

478 479

c) Verweigerter M e h r h e i t s b e s c h l u ß

479

d) In Sonderheit: Verweigerter G e w i n n v e r w e n d u n g s b e s c h l u ß in der GmbH IV. Die B e h a n d l u n g des t r e u w i d r i g e n W i d e r s p r u c h s n a c h § 1 1 5 I H G B

. .

482 484

1. Nichtigkeit des t r e u w i d r i g e n W i d e r s p r u c h s ?

484

2. Die Beseitigung des W i d e r s p r u c h s d u r c h Gestaltungsklage

486

3. Parteien des Rechtsstreits

487

V. Klagefrist f ü r die beschlußersetzende Gestaltungsklage?

487

1. Fristablauf u n d R e c h t m ä ß i g k e i t 2. F o r t b e s t e h e n d e Verpflichtung der Gesellschafter zur Fassung eines gegenläufigen Beschlusses?

489

3. Folgerungen

490

a) Verweigerter M e h r h e i t s b e s c h l u ß b) M a n g e l s allseitiger Z u s t i m m u n g nicht z u s t a n d e g e k o m m e n e r einstimmiger Beschluß

487

491 491

XXVII

Inhaltsverzeichnis

§8

Recbtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängel493

streits A. Die Gesellschaft als Beklagte in Personengesellschaft und GmbH: Gerechte Verteilung des Prozeßkostenrisikos?

493

I. Der Einwand

493

II. Vermeidung der Disparität durch Parteirollen-Zuweisung an Gesellschafter?

494

III. K o m p e n s a t i o n der Disparität durch materiellrechtlichen Erstattungsanspruch?

495

IV. Folgerungen 1. Kein Kostenrisiko für die Teilnahme an Verbandsentscheidungen

497 . .

497

2 . Legitimationsprinzipien für die Verteilung von Kostenrisiken im gesellschaftsinternen Rechtsstreit

498

a) Verdeckte Nachschußpflichten

498

b) Die Zuständigkeit für die Inanspruchnahme des Gesellschaftsvermögens

498

B. Die § § 2 4 1 ff. AktG bei Verstoß gegen vertragliche Stimmbindungen

499

I. Problemstellung

499

II. Stimmbindung als Konkretisierung der Treupflicht?

500

III. Stimmbindung als Quelle der Satzungsauslegung?

500

IV. Stimmbindung als Regelung „der Gesellschaft"?

501

V. Z u m Stellenwert der P r o z e ß ö k o n o m i e

502

VI. Anfechtbarkeit des Beschlusses kraft ergänzender Vertragsauslegung . . VII. Die Rechtsverteidigung der Gesellschaft: Ein Einwand?

503 505

VIII. Fehlende Publizität: Ein Einwand?

506

I X . Kollision der K o n t r o l l m a ß s t ä b e : Ein Einwand?

507

1. Verkappte R ü c k k e h r zum Einstimmigkeitsprinzip?

507

2 . Z u m Rangverhältnis kollidierender Stimmpflichten

509

3. Vertraglich vereinbarte Satzungsänderung oder Satzungsabweichung

509

X . Stimmbindung und Vollstreckbarkeit: Ein Einwand?

510

1. Der Ansatz

510

2 . Die Abstimmungsfreiheit unter dem Eindruck drohender Schadensersatzpflicht

511

3 . Die Besonderheiten allseitiger Stimmbindungen

512

X I . Anfechtungsfrist

513

C. Der organübergreifende Beschlußmängelstreit I. Verwaltungsorgane in der G m b H außerhalb der Geschäftsführung

514 . .

515

1. Obligatorischer Aufsichtsrat

515

2 . Fakultative Organe

516

a) Meinungsstand

516

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

b) Kritik c) Anfechtungsbefugnis und Prozeßmodell als Ergebnis der Satzungsauslegung II. Genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluß 1. Materiellrechtliche Voraussetzungen 2. Aktionärsklage zur Abwehr des Eingriffs in die mitgliedschaftliche Rechtsstellung? 3. Anfechtungsklage gegen den Vorstandsbeschluß a) Anmeldepflichten bei der Kapitalerhöhung b) Informationsrechte der Aktionäre aa) Die Verweisung in § 203 II 2 AktG auf § 186 IV AktG . . . bb) Die These von der Vorab-Berichtspflicht bei Ausnutzung des genehmigten Kapitals cc) Vorabbericht und Gesetzeswortlaut dd) Vorab-Berichtspflicht und Effizienz der Kapitalmaßnahme . c) Prozessuale Folgerungen d) Nochmals: Zum Zweck des Vorabberichts III. Exkurs: Befristung der Kompetenzschutzklage?

517 518 519 519 520 521 521 521 521 523 525 526 530 532 533

D. Die konkurrierende Kompetenzschutzklage

535

I. Problemstellung II. Die Kompetenzschutzklage bei unklarem Beschlußinhalt III. Die Kompetenzschutzklage während rechtshängiger Anfechtungsklage 1. Der Vorstand in der Zwickmühle widerstreitender Rechtsschutzbegehren 2. Zur Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes 3. Die analoge Anwendung der §§246, 248 AktG 4. Rechtsbehauptung und Legitimation 5. Der Inhalt der Bekanntmachung nach §246 IV AktG 6. Exkurs: Verbindung von Beschlußmängel- und Kompetenzschutzklage? a) Kein Kompetenzschutzanspruch vor rechtskräftigem stattgebendem Anfechtungsurteil b) Kompetenzschutzantrag als uneigentliche Eventualklage c) Der Streit um die Zulässigkeit der uneigentlichen Eventualhäufung d) Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung

535 536

E. K o m p e t e n z s c h u t z k l a g e u n d gegenläufige B e s c h l u ß m ä n g e l k l a g e . I. II. III. IV.

Aktiengesellschaft GmbH Personengesellschaft In Sonderheit: Der Streit um den Widerspruch nach § 115 I HS 2 HGB V. Zur Verteilung der Prozeßkosten

537 537 538 539 540 541 541 541 541 542 543 544 544 545 546 547 548

XXIX

Inhaltsverzeichnis

59

Zwischenergebnis

550

A . D i e P a r t e i r o l l e d e r G e s e l l s c h a f t als A n t w o r t auf das Zweiparteienprinzip

550

B. L e i s t u n g s g r e n z e n d e s M e d i a t i s i e r u n g s m o d e l l s

551

I. D a s bipolare Rechtsverhältnis bei actio p r o socio u n d Ausschlußklage .

551

II. D a s m u l t i p o l a r e Rechtsverhältnis im Beschlußmängelstreit 1. Inter-partes-Wirkung des klagabweisenden Beschlußmängelurteils . 2. A n t a g o n i s m u s der Prozeßparteien und das V e r t r a u e n der unbeteiligten A k t i o n ä r e

551 551

3. Exkurs: Kein A n e r k e n n t n i s im aktienrechtlichen Beschlußmängelverfahren

552 552

a) R e c h t s s c h u t z v e r t r a u e n u n d Verteidigungspflicht

552

b) Die E r f ü l l u n g der Verteidigungspflicht als Teil der G a r a n t i e rechtlichen G e h ö r s

554

c) Die M i t w i r k u n g des Aufsichtsrats: Ein ausreichender Schutz f ü r die A k t i o n ä r e ? 4. Alleinige Initiativbefugnis der Beschlußgegner

556 556

5. M u l t i p o l a r i t ä t u n d Indifferenz

557

C. Z w e i M o d e l l e allseitig verbindlicher K l ä r u n g gesellschaftsinterner Streitigkeiten

558

I. Gesellschaft als Partei

558

II. Klage gegen einen Mitgesellschafter unter Beiladung der übrigen . . . .

559

III. O p t i o n e n w a h l

561

§10 Organstreitigkeiten

562

A. Fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse I. Die A b l e h n u n g der §§ 2 4 1 ff. A k t G d u r c h die h e r r s c h e n d e M e i n u n g II. Kritik

562 . .

562 565

III. Die Ausgestaltung des Beschlußkontrollverfahrens in Analogie zu § § 2 4 1 ff. A k t G 1. D i f f e r e n z i e r u n g zwischen nichtigen und a n f e c h t b a r e n Beschlüssen

.

566 566

a) O r i e n t i e r u n g a m K a t a l o g der § § 2 4 1 ff. A k t G b) E i n b e r u f u n g s m ä n g e l

566 567

c) M i t b e s t i m m u n g s - u n d Gleichheitsverstöße

568

d) Beschlußunfähigkeit

569

e) K o m p e t e n z ü b e r s c h r e i t u n g

569

f) Beschlüsse a u ß e r h a l b einer Sitzung

570

2. Klageerfordernis bei lediglich a n f e c h t b a r e n Beschlüssen

570

3. A n f e c h t u n g s b e f u g n i s 4. Verfahren

571 573

XXX

Inhaltsverzeichnis a) Klagegegner und Prozeßvertretung

573

b) Rechtskraft

575

5 . Anfechtungsfrist

576

IV. Aufsichtsräte in anderen Gesellschaftsformen

577

B. Die Funktionengliederung im AG-Organisationsrecht: Überblick über das Streitpotential

578

C. Der Streit um Informationspflichten

578

I. Die herrschende Lehre

578

II. Die Lehre vom O r g a n r e c h t

579

III. Die Lehre vom objektiven Rechtsbeanstandungsverfahren

580

IV. Das Gesellschaftsvermögen als Streitvermögen des Interorganstreits

. .

V. Stellungnahme

581 581

1. D a s materiellrechtliche Konzept der herrschenden Lehre

581

a) Widersprüchliche Deutung von § 9 0 III 1 und 2 A k t G

582

b) Informationsanspruch und Wissenszurechnung (§ 9 0 III 1 AktG)

582

c) Kein Kompetenzschutz im eigenen Interesse des Aufsichtsratsmitglieds (§ 9 0 III 2 A k t G )

583

d) Die Gesellschaft als Partei im Beschlußmängelprozeß: ein Einwand?

583

e) Die Gesellschaft als Gegnerin mitgliedschaftlicher Kompetenzschutz- und Auskunftsansprüche: ein Einwand?

584

2 . Gesellschaftsvermögen als Streitvermögen?

586

a) Die Indifferenz der Gesellschaft zum Streitgegenstand

586

b) Die funktionelle Parteilehre

587

c) Die Übertragung der funktionellen Parteilehre auf den O r g a n streit

587

d) Insichprozeß und Zweiparteienprinzip

589

3. Das Organrecht als notwendiges Korrelat einer funktionengegliederten Organisation

590

a) Organrechte in Abgrenzung zu subjektiven Rechten

590

b) Relative Rechtsfähigkeit?

591

c) Subjektives R e c h t und Fremdnützigkeit

592

d) Rechtsschutz nur für Beziehungen des Außenrechts?

593

e) Innenrechtsstreit und Anspruchsstruktur

593

4 . Im einzelnen: Die Z u o r d n u n g von Organrechten und -pflichten V I . D e r Einfluß der Neubesetzung von Organen während des Prozesses 1. Austausch von Mitgliedern des prozeßführenden Kollegiums

. .

594

. .

596

. . . .

2 . Austausch des prozeßführenden Einzelmitglieds

D. Durchsetzung von Zustimmungsvorbehalten I. Aktienrechtliche Kompetenzordnung als rechtsschutzlose Z o n e ? 1. D e r Ansatz

596 598

599 . . . .

600 600

XXXI

Inhaltsverzeichnis 2 . Kritik

601

II. D a s Gedankengut der Kompetenzschutzklage

602

1. Subjektives R e c h t oder Ersatzaufsicht?

602

2 . Subsidiäres Klagerecht

603

3 . D e r Gegner des organschaftlichen Befolgungsanspruchs

604

E. D i e A u f s i c h t s r a t s m i n d e r h e i t i m K a m p f gegen die A u f s i c h t s r a t s mehrheit und den Vorstand

605

I. D e r Fall Feiten & Guilleaume

605

II. D e r Fall A d a m Opel

605

III. D e r Fall A R A G / G a r m e n b e c k

606

IV. Problemstellung

606

V. Meinungsstand

607

V I . P r o z e ß ö k o n o m i e und verbandsrechtliche Wertung

608

VII. D a s Kompetenzschutzinteresse des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds

. .

608

1. Ausgangspunkt: Beschlußmängelklage zur Erzwingung der Zustimmungsverweigerung

608

2 . Das Vorgehen bei statutarischem Zustimmungsvorbehalt

611

3. Das Vorgehen bei ad-hoc-Zustimmungsvorbehalt

611

4 . D a s Problem der Eventualklage gegen Dritte

611

5 . Aufsichtsrats-Klagebefugnisse und Corporate G o v e r n a n c e 6 . Die actio pro socio: Eine alternative dogmatische Grundlage?

614 . . .

7 . Z u r Bedeutung des § 2 4 5 Nr. 5 A k t G

615 616

a) Der Ansatz

616

b) Z u m N o r m z w e c k des § 2 4 5 Nr. 5 A k t G

616

c) Folgerungen

618

F. S c h a d e n s e r s a t z k l a g e n e i n z e l n e r A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r ?

619

I. Problemstellung

619

II. Actio pro socio und mitgliedschaftliches Eigeninteresse

620

III. P r o z e ß ö k o n o m i e und verbandsrechtliche Wertung

620

G . O r g a n s c h a f t l i c h e r K o m p e n t e n z s c h u t z s t r e i t in a n d e r e n G e s e l l schaftsformen

§11

Die Mediatisierung

622

der Parteistellung und ihre Grenzen

. .

A. Die Auflösungsklage I. G m b H

624 624 624

1. Gestaltungswirkung für und gegen alle an der Gesellschaft Beteiligten 2 . Die Rechtsstellung der unbeteiligten Gesellschafter

624 625

a) Erstreckung der Gestaltungswirkung

625

b) Erstreckung der Rechtskraft

627

XXXII

Inhaltsverzeichnis

3. Gesellschaft als Beklagte u n d Projektionsidee a) Prozessualer u n d materieller Ansatz b) Kein Existenzrecht der Gesellschaft u m ihrer selbst willen

628 628 628

. . . .

c) Die Aussagen der Projektionsidee

629

d) Parteirolle u n d P r o z e ß ö k o n o m i e

630

II. Personengesellschaft

631

1. Der W o r t l a u t des § 133 H G B : Z w i n g e n d e Prozeßbeteiligung aller Gesellschafter 2. G e s t a l t u n g s w i r k u n g n u r f ü r die a m Prozeß beteiligten Gesellschafter

631 632

3. Klage gegen die Gesellschaft?

632

a) Die Parallele zur A u s s c h l u ß k l a g e

633

aa) Die organisationsrechtliche K o m p o n e n t e des Gesellschaftsvertrags

633

bb) Die Projektionsidee

634

b) Die Parteirollenverteilung im gesellschaftsinternen Konflikt III. Mitgliederwechsel w ä h r e n d des Auflösungsprozesses

. . .

1. M e i n u n g s s t a n d

635

2. Mitgliederwechsel auf Klägerseite

636

a) A u f l ö s u n g s r e c h t als Desinvestitionsrecht b) A u f l ö s u n g s r e c h t als A b w e h r d r o h e n d e r U n g l e i c h b e h a n d l u n g

634 635

636 . .

3. V e r ä u ß e r u n g auf Beklagtenseite

637 638

B. Die Rechtslage in der Zweimanngesellschaft

638

I. M e d i a t i s i e r u n g u n d P r o z e ß ö k o n o m i e

638

II. Kostengerechtigkeit III. Einzelfragen

639 640

1. E i n f o r d e r u n g v o n Sozialansprüchen u n d Ausschlußklage 2. A u f l ö s u n g s k l a g e

641 642

3. Beschlußmängelstreitigkeiten 4. K o m p e t e n z s c h u t z k l a g e

643 644

5. In Sonderheit: D a s A b b e r u f u n g s d u e l l zweier GesellschafterG e s c h ä f t s f ü h r e r einer G m b H

645

IV. Die Rechtsstellung eines später beitretenden Gesellschafters

647

1. Actio p r o socio u n d Ausschlußklage 2. Beschlußmängelstreitigkeiten

647 648

C. Das Ausschlußduell zweier Gesellschafter

649

I. Problemstellung

649

II. Die Gesellschaft als untaugliche Streitpartei

651

III. Die Rechtslage bei Ausschlußreife beider K o n t r a h e n t e n

652

1. Wichtiger G r u n d u n d Verhalten der Mitgesellschafter

652

2. A u s s c h l u ß beider Gesellschafter d u r c h stattgebendes Urteil auf Klage u n d Widerklage? a) Die N o t w e n d i g k e i t eines d o p p e l t e n Ausschließungsbeschlusses

654 .

654

Inhaltsverzeichnis

XXXIII

b) Keine Verteidigung des Gesellschaftsinteresses durch ausschlußreifen Gesellschafter

654

c) Amtswegige Information der unbeteiligten Gesellschafter und Hauptintervention der Gesellschaft

655

d) Actio pro socio und Hauptintervention

657

D . D e r Feststellungsstreit im Grundlagenbereich

657

I. Der Ausschluß durch Gesellschafterbeschluß

658

1. Problemstellung

658

2 . Die Rechtsprechung zum Ausschließungsbeschluß in Personengesellschaften

658

3. Materiellrechtlich notwendige Streitgenossenschaft zwischen allen Gesellschaftern

661

4. Gesamtanalogie zu §§ 8 5 6 Z P O , 2 4 8 AktG

662

5. Drittfeststellungsklage der Gesellschaft

664

a) Der Ansatz

664

b) Anspruch und Rechtsverhältnis

665

c) Abschied von der Drittfeststellungsklage

667

aa) Materiellrechtliche Abhängigkeit von Rechtsverhältnissen

.

667

bb) Die Lehre von der Drittwirkung der Rechtskraft

668

cc) Urteilswirkungen und rechtliches Gehör

669

dd) Feststellungswirkung inter omnes?

670

ee) Urteilsbindung kraft materiellen Rechts

671

ff) Das Verhältnis des Drittfeststellungsurteils zum Feststellungsurteil zwischen den Parteien des Drittrechtsverhältnisses gg) Folgerungen 6. Stellungnahme: Anfechtung des Ausschließungsbeschlusses a) Ausgangspunkt: Die Rechtslage in der G m b H

671 672 673 673

b) In Sonderheit: Die rechtsmißbräuchliche Berufung auf die Verfristung der Anfechtungsklage

676

c) Folgerungen für die Personengesellschaft

678

d) Ergebnis

679

II. Personelle Veränderungen ohne Gesellschafterbeschluß 1. Optionenwahl

680 680

2. Gesellschaft als Prozeßpartei, vertreten durch alle übrigen Gesellschafter?

681

a) Der Ansatz

681

b) Organisationskompetenz und Vertretungsmacht

681

c) Rechtsbehauptung und Legitimation

682

d) Legitimation durch allseitige Gesamtvertretung?

683

e) Legitimation durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß?

685

3. Prozeß zwischen den Gesellschaftern nach dem Modell des § 8 5 6 Z P O

686

XXXIV

Inhaltsverzeichnis

4. Die Mitgliedschaftsfeststellung in der G m b H a) Z u m Streitstand b) Rechtsbehauptung und Legitimation c) In Sonderheit: Der Streit um die Kaduzierung eines Geschäftsanteils 5. Exkurs: Andere Statusstreitigkeiten a) Grundsatz: Prozeß zwischen den Gesellschaftern nach dem Modell des § 856 Z P O b) Der Streit um die Wirksamkeit von Bestimmungen im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag c) Der Streit um Bestand und U m f a n g mitgliedschaftlicher Förderpflichten 6. In Sonderheit: Der Streit um die vollzogene Auflösung der Gesellschaft 7. Die Bindung der Gesellschaft an das zwischen den Gesellschaftern ergangene Urteil a) Rechtsformspezifische Argumentation in der Rechtsprechung des B G H b) Die organisationsrechtliche Bindung der Gesellschaft an Urteile zwischen allen Gesellschaftern III. Der Streit um die Wirksamkeit der Übertragung vinkulierter Aktien oder Geschäftsanteile 1. Problemstellung 2. Der Erwerber als Kläger 3. Die Gesellschaft als Beklagte a) Die Gesellschaft als materiellrechtliche Gegnerin des Zustimmungsanspruchs b) Rechtsbehauptung und Legitimation (AG) c) Rechtsbehauptung und Legitimation (GmbH) aa) Individualzustimmung des Gesellschafters bb) Entscheidung des Geschäftsführers aus eigener Zuständigkeit cc) Genehmigung durch Gesellschafterbeschluß d) Ergebnis

687 687 688 689 690 690 691 691 692 693 693 693 696 696 696 697 697 698 698 699 699 699 702

E. Die Problematik des doppelten Rechtsschutzbegehrens

703

I. Problemstellung II. Fallgruppen 1. Beschlußmängelklage und Klage auf Feststellung des Beschlußinhalts 2. Auflösungsklage und Klage auf Feststellung der vollzogenen Auflösung

703 704

3. Übertragung vinkulierter Geschäftsanteile einer G m b H 4. Weitere Fallgestaltungen III. Lösungsvorschlag

704 704 704 706 706

Inhaltsverzeichnis

XXXV

1. Die N o t w e n d i g k e i t der rechtskräftigen E n t s c h e i d u n g ü b e r den Grundlagenstreit

706

2. Die Gesellschaft als Hilfsbeklagte?

708

3. In Sonderheit: Der Beschlußmängelstreit 4. In Sonderheit: Der Auflösungsrechtsstreit

709 710

5. In Sonderheit: Die Ausschlußklage

711

§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

713

Literaturverzeichnis

727

Sachregister

771

Einleitung Der auf Dauer angelegte Betrieb eines Unternehmens durch mehrere Personen in der Rechtsform einer Handelsgesellschaft (OHG, KG, GmbH, AG) kann zum Schauplatz einer Fülle von Konflikten werden: - So mag ein Gesellschafter seine Einlage oder sonstige gesellschaftsvertraglich geschuldete Beiträge schuldig bleiben oder gar durch vertragswidriges Verhalten Gesellschaftsvermögen Schaden zufügen. Ein Mitgesellschafter mag angesichts dessen darauf dringen, daß der Beitrag geleistet bzw. der Schaden ersetzt wird. - Es mag zu Zerwürfnissen unter den Gesellschaftern kommen, die eine Fortsetzung der Gesellschaft insgesamt unzumutbar erscheinen lassen; dann wird ein Gesellschafter, der in der Fortsetzung keinen Sinn mehr erblickt, die Auflösung betreiben. Die Zwietracht unter den Gesellschaftern mag überwiegend von einem bestimmten Gesellschafter provoziert worden sein; dann werden die übrigen seiner weiteren Beteiligung an der Gesellschaft ein Ende bereiten wollen. Unter den übrigen Gesellschaftern mag seinerseits Streit darüber entstehen, ob und wie gegen den Störenfried vorgegangen werden soll. - Es mag zu Meinungsverschiedenheiten in Angelegenheiten des gemeinsam betriebenen Unternehmens kommen. Schreibt die Verbandsverfassung einstimmige Beschlußfassung durch alle Gesellschafter vor, so mag ein einzelner Gesellschafter eine wichtige unternehmerische Maßnahme blockieren, so daß die übrigen seine Zustimmung erzwingen wollen. Wo andererseits das Mehrheitsprinzip gilt, wird die überstimmte Minderheit nicht selten geltend machen, der mehrheitlich gefaßte Beschluß verstoße gegen das Gesetz oder gegen den Gesellschaftsvertrag. Neben diesen Konflikten auf horizontaler können solche auf vertikaler Ebene treten, nämlich zwischen Gesellschafter und Geschäftsführung über die Vereinbarkeit einer Geschäftsführungsmaßnahme mit Gesetz oder Satzung. - In der Aktiengesellschaft erfordert darüber hinaus die Ausrichtung der Verbandsverfassung auf ein anonymes Anlegerpublikum eine mehrstufige Verwaltungsorganisation: Die Unfähigkeit der Anleger, die Verwaltung ihres Investments durch den Vorstand effektiv zu kontrollieren, macht die Einrichtung eines Aufsichtsrats notwendig 1 . Die Existenz mehrerer Verwaltungsorgane zwingt den Gesetzgeber zu einer näheren Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen beiden, insbesondere zur präzisen Zuweisung von Kompetenzen; über deren Ab1

Näher Hommelhoff,

Z H R 153 (1989), 181, 195ff.

2

Einleitung

grenzung können zwischen den verschiedenen Organen 2 ebenso Meinungsverschiedenheiten entstehen wie zwischen den Mitgliedern einzelner Organe. Werden derartige Streitigkeiten, deren vorstehende Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, vor Gericht ausgetragen, so verkompliziert sich ihre prozessuale Einkleidung dadurch, daß nicht allein die an ihnen beteiligten Personen (Gesellschafter bzw. Organwalter) als Prozeßparteien in Betracht kommen. Vielmehr ist auf der Grundlage des Vertrags eine Organisation aufgerichtet worden und in der Folgezeit als selbständiges soziales Gebilde ins Leben getreten 3 . Dieser weist das Gesetz in unterschiedlicher Intensität die Fähigkeit zu, selbständig Träger von Rechten und Pflichten zu sein: AG und G m b H sind juristische Personen und vollständig von ihren Mitgliedern verselbständigt; O H G und K G hängen demgegenüber zwar in ihrem Bestand davon ab, daß mindestens zwei Gesellschafter an ihr beteiligt sind, doch ist auch ihnen in § 124 I H G B eigenständige Rechtsfähigkeit zugewiesen. Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird bis in die jüngste Zeit eine intensive Diskussion darüber geführt, ob - und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen - sie ebenfalls als eigenständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten angesehen werden kann 4 . So ist an einigen Stellen die Prozeßbeteiligung der Gesellschaft anstelle der materiell vom Konflikt betroffenen Mitglieder ausdrücklich vorgeschrieben: Die aktienrechtliche Beschlußmängelklage richtet sich gegen die Gesellschaft (§ 2 4 6 II 1 AktG), die anstelle der die Abstimmungsmehrheit stellenden Aktionäre den angegriffenen Beschluß verteidigt; die Auflösungsklage in der G m b H richtet sich gegen die Gesellschaft und nicht gegen den sich der Auflösung widersetzenden Gesellschafter ( § 6 1 II G m b H G ) . Die Einlage der Aktionäre wird vom Vorstand im Rahmen der Gesellschaft eingefordert (§ 6 3 I 1 AktG), die der GmbH-Gesellschafter vom Geschäftsführer nach Maßgabe eines Gesellschafterbeschlusses (§ 4 6 Nr. 2 GmbHG). Darüber hinaus wird aber die Parteirolle der Gesellschaft in zahlreichen weiteren, gesetzlich nicht geregelten Streitfällen diskutiert: So soll die Beschlußmängelklage auch im GmbH-, nach Ansicht einiger Autoren sogar im O H G / K G - R e c h t gegen die Gesellschaft zu richten sein 5 ; die Ausschlußklage in der G m b H soll von dieser und nicht wie in der O H G (§ 1 4 0 HGB) von den übrigen Gesellschaftern erhoben werden müssen 6 ; die Aktionärsklage soll gegen die Gesellschaft und nicht gegen den Vorstand zu richten sein 7 ; und an den Organstreitigkeiten soll bald als Beklagte, bald als Klägerin die Gesell-

2 Zur Frage, inwieweit Organe als solche an Rechtsverhältnissen beteiligt sein können, unten § 10 B. 3 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, S.79ff., insbes. S. 81; Schütz, Sachlegitimation, S. 98 ff., 137ff. 4 Siehe dazu aus jüngerer Zeit: Zöllner, FS Gernhuber, 1993, S. 563ff.; Raiser, AcP 194 (1994), 495ff.; Timm, N J W 1995, 3209ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S.203ff.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113ff.; neuestens BGH N Z G 2 0 0 1 , 3 3 0 . 5 Näher dazu ausführlich § 6 E, § 7 B. 6 Unten § 3 A. 7 Unten § 1 B VII 4.

3

Einleitung

schaft beteiligt sein 8 . Aber auch soweit Klagen der Gesellschafter untereinander diskutiert werden, sind breite Ausführungen der Frage gewidmet, wie sich diese mit der Kompetenzordnung innerhalb der Gesellschaft vertragen. W ä h r e n d die bereits angedeuteten Problemfelder - actio pro socio, Ausschlußund Auflösungsklage, Beschlußmängelstreitigkeiten, Aktionärsklage, Organstreit - je für sich gesehen

intensiv und z.T. hoch kontrovers diskutiert werden, existie-

ren noch kaum Versuche, nach problemübergreifenden

Prinzipien

zu suchen, mit

denen die Parteirolle der Gesellschaft erklärt werden kann und aus denen sich dann u.U. Lösungsvorschläge für die Einzelprobleme ableiten lassen 9 : Ist jene Parteirolle eine Konzession an Bedürfnisse der Prozeßökonomie

und der

Praktikabili-

tät, um ohne die (möglicherweise umständliche) Beteiligung aller Gesellschafter zu einer einheitlichen Entscheidung zu gelangen? Oder ist sie im Interesse der wirklichkeitsgetreuen Spiegelung der materiellen

Rechtsverhältnisse

erforderlich, weil

wegen der rechtlichen Verselbständigung der Gesellschaft die Rechtsbeziehungen unter den Gesellschaftern, zwischen Gesellschaftern und Organen/-mitgliedern und zwischen den Organen/-mitgliedern an sich durch die Rechtsbeziehung zwischen Mitglied (bzw. Organ/-mitglied) und Verband überlagert oder gar ersetzt werden? Die Beklagtenrolle der Gesellschaft nach § 2 4 6 II 1 A k t G könnte m a n beispielsweise einerseits als eine Konzession an Bedürfnisse der P r o z e ß ö k o n o m i e erklären: Es sei praktisch unmöglich, alle beschlußfassenden M i t a k t i o n ä r e zu verklagen. Andererseits könnte man aber auch argumentieren, der Gesellschaft selbst falle die behauptete Rechtsverletzung zur Last, da die Hauptversammlung als O r gan für sie gehandelt h a b e 1 0 ; diese Überlegung wäre eine materiellrechtliche. So gestellt, erweist sich die Frage nach dem Sinn der Parteirolle der Gesellschaft als Bestandteil einer noch allgemeineren und grundlegenderen Problemstellung: Ordnet sich das Prozeßrecht den materiellrechtlichen Strukturen unter oder übt es eigenständigen Einfluß auf die Einkleidung gesellschaftsinterner Streitigkeiten in ein zivilgerichtliches Verfahren aus - möglicherweise gar mit Rückwirkungen auf die materiellrechtliche Analyse verbandsinterner Rechtsverhältnisse? Das Anliegen dieser Arbeit, einen solchen problemübergreifenden Lösungsansatz anzubieten, ist im Schrifttum als Aufgabe der Rechtsfortbildung bereits erkannt worden. Die Frage nach der richtigen Prozeßpartei resultiert aus einem Spannungsverhältnis zwischen dem materiellen Verbandsrecht als der Ausgestaltung multipolarer, in vielfältiger Weise voneinander abhängiger Rechtsbeziehungen einerseits und der Konzeption des deutschen Zivilprozesses als Zweiparteienprozeß andererseits 1 1 . So ist zweckmäßigerweise ein Beschluß der Haupt- oder Gesellschafterversammlung entweder allen Mitgliedern und Organen

gegenüber

wirksam oder überhaupt nicht. Dieser Befund hat zu der Forderung geführt, das Im einzelnen unten § 10 B. ' Ansätze zu einer derart übergreifend konzipierten Fragestellung bei Joost, Z G R 1984, 71 ff., dort freilich beschränkt auf GmbH. 10 Zu dieser Kontroverse unten § 5 C. 11 Vgl. Wiedemann, Organverantwortung, S.42; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 109. 8

4

Einleitung

sachliche und das Verfahrensrecht müßten vom bilateralen Vertrags- zum multilateralen Organisationsmodell durchstoßen und die vorgegebenen Rechtsinstitute dafür entweder anpassen oder weiterentwickeln 1 2 .

12

Wiedemann,

Organverantwortung, S . 4 2 ; dem folgend Pflugradt,

Leistungsklagen, S. 109.

§ 1 Die mitgliedschaftliche Kompetenzschutzklage A.

Problemstellung

Der B G H hatte im berühmten Fall Holzmüller über folgenden Sachverhalt zu befinden 1 : Der Kläger war Minderheitsaktionär der beklagten AG, deren Unternehmensgegenstand im Betrieb einer Umschlag- und Lagerungsanlage für Holz sowie in der Vermittlung, Durchführung und Finanzierung von Holzgeschäften bestand. Daneben unterhielt die AG einen Seehafenbetrieb, der substanz- und ertragsmäßig den weit überwiegenden Teil des Gesellschaftsunternehmens ausmachte. Diesen Seehafenbetrieb gliederte der Vorstand der AG aus, indem er dessen gesamte Aktiven und Passiven auf eine neu gegründete KGaA übertrug. Komplementärin dieser KGaA war eine ebenfalls neu gegründete GmbH. Die AG hielt das gesamte Stammkapital der Komplementär-GmbH sowie das gesamte Kommanditkapital der KGaA. Der Kläger wandte sich hiergegen mit der Begründung, einen so tief reichenden Eingriff in die bisherige Unternehmensstruktur habe der Vorstand nicht aus eigener Kompetenz vornehmen dürfen; er sei vielmehr verpflichtet gewesen, hierüber einen Beschluß der Hauptversammlung herbeizuführen. Der B G H gab dem Kläger im Kern recht: Die Ausgliederung des Seehafenbetriebs stellte auch nach seiner Ansicht eine Maßnahme von so großer Tragweite dar, daß der Vorstand die Hauptversammlung hätte beteiligen müssen; sein Ermessen, Geschäftsführungsfragen nach § 1 1 9 II AktG der Hauptversammlung vorzulegen, habe sich im konkreten Fall zu einer Vorlagepflicht verdichtet 2 . Hieraus folgerte der B G H einen Anspruch des Aktionärs, eine solche M a ß n a h m e nicht ohne jene BGHZ 83, 122. BGHZ 83, 122,131. Die Herleitung der Vorlagepflicht aus § 119 II (für sie auch OLG München DB 2001, 747f.; OLG Celle ZIP 2001, 613, 615; LG Frankfurt ZIP 1997, 1698, 1700; AG 2001,431,433) AktG erscheint nicht unproblematisch, was aber hier nicht näher vertieft werden kann; vgl. zur Kritik Lutter, FS Stimpel, S. 825, 843; ders., FS Fleck, S. 169,192; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 395f.; Reinisch, Ausschluß, S.71; Thomas ZGR 1985, 365, 374f.; Weißhaupt, NZG 1999, 804, 806f.; Westermann, ZGR 1984, 352, 364f. Neuerdings sieht der BGH ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen als „Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung an (ZIP 2004, 993, 997); sie kämen nur in Betracht, wenn die betreffende Maßnahme eine Satzungsänderung erfordere (a.a.O., S.998; zustimmend Altmeppen, ZIP 2004, 999, 1000; Bungert, BB 2004, 1345, 1347, 1351; Führmann, AG 2004, 339, 341f.; NZG 2004, 585, 589; Just, EWiR 2004, 573, 574; Lenenbach, WuB II A. § 119 AktG 1.04; teilweise kritisch Fleischer, NJW 2004, 2335,2337f.; Noack, WM 2004,162,163; Simon, DStR 2004,1528,1529ff.). Für das Delisting postuliert der BGH eine Hauptversammlungskompetenz nach Art. 14 GG (ZIP 2003,387, 389ff., sympathisierend K. Schmidt, NZG 2003, 601, 603; Wilsing/Kruse-, WM 2003, 1110, 1111; kritisch Adolf/Tieves, BB 2003, 797, 800). Vgl. zum Streit um die dogmatische Einordnung unge1

2

6

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

Beteiligung der Hauptversammlung zu treffen. Vorliegend war freilich die Maßnahme vom Vorstand bereits durchgeführt worden. Einen Anspruch auf Rückgängigmachung schloß der BGH zwar nicht kategorisch aus 3 , wohl aber verneinte er ihn im konkreten Fall deshalb, weil der Kläger ihn zu spät geltend gemacht hatte 4 . Zum Ausgleich sprach der BGH dem Kläger einen Anspruch darauf zu, daß der Vorstand für Kapitalerhöhungen in den Tochtergesellschaften die Zustimmung der Hauptversammlung der AG einholte, und zwar mit derjenigen Mehrheit, welche auch für eine Kapitalerhöhung in der beklagten AG selbst erforderlich wäre. Diese Konstellation wird unter dem Leitbegriff der „Aktionärsklage" geführt5. Ihre praktische Relevanz ist jedoch keinesfalls auf die AG beschränkt: Ebenso mag sich der Geschäftsführer einer GmbH über die Entscheidungsbefugnisse der Gesellschafterversammlung oder der geschäftsführende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft über die Mitwirkungsrechte seiner Mitgesellschafter hinwegsetzen. So mag etwa ein geschäftsführender Gesellschafter ein außergewöhnliches Geschäft ohne den nach § 116 II HGB erforderlichen Beschluß vornehmen; dann können die übrigen Gesellschafter Unterlassung der Maßnahme verlangen und hierauf klagen6. Das OLG Koblenz hielt die Gesellschafter einer GmbH für berechtigt, von der Geschäftsführung die Unterlassung des Vollzugs von Verträgen zu verlangen, welche ohne die erforderliche Zustimmung eines fakultativen Aufsichtsrats vorgenommen waren 7 . Das OLG Stuttgart stellte auf Antrag eines Kommanditaktionärs fest, daß der Verkauf eines Unternehmensteils, der sich als einer von zwei Standbeinen der Gesellschaft darstellte, durch den persönlich haftenden Gesellschafter der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfe, weil durch den Verkauf der statutarische Unternehmensgegenstand unterschritten werde 73 . Eine Bestimmung in der Satzung einer GmbH, wonach die Vergütung derjenigen Gesellschafter, die kraft Sonderrechts Geschäftsführer sind, nur einstimmig geändert werden kann, verpflichtet nach Ansicht des BGH alle diese Gesellschafter, die Entgegennahme einer höheren Vergütung aus dem Gesellschaftsvermögen zu unterlassen, bis ein solcher Beschluß gefaßt ist 7b . In gleicher Weise mag es vorkommen, daß die Gesellschafter/Aktionäre tatsächlich etwas beschlossen haben und das Geschäftsführungsorgan gleichwohl eine gegenteilige Maßnahme trifft oder einfach schriebener Hauptversammlungskompetenzen zuletzt Hüffer, FS Ulmer, S.279ff.; Liebscher, ZGR 2 0 0 5 , 1 ff.; Reichert, AG 2005, 150, 152f. 3 BGHZ 83, 122, 133ff. 4 BGHZ 83, 122, 135f. Die Frage einer Befristung der Kompetenzschutzklage kann wegen ihres Zusammenhangs mit anderen hier behandelten Problemfeldern erst in einem späteren Abschnitt dieser Arbeit behandelt werden. Siehe unten § 8 C III. 5 Vgl. einstweilen nur Brondics, Aktionärsklage, passim; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, passim; Roth, FS Henckel, S.707ff. passim. 6 Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 116 Rn.5; Schlegelberger-Martens, HGB, § 116 Rn.22; StaubUlmer, HGB, § 1 1 6 Rn.19. 7 OLG Koblenz NJW-RR 1991, 4 8 7 , 488f. 7a OLG Stuttgart DB 2003, 1994, 1946f.; zustimmend Fett/Förl, N Z G 2004, 210, 215; kritisch Wagner, DStR 2004, 4 6 9 , 470. 7 b BGH NJW-RR 2004, 899, 900.

A.

Problemstellung

7

untätig bleibt. So gab der BGH der Klage eines Kommanditisten statt, der vom Geschäftsführer verlangte, einen ordnungsgemäß gefaßten Beiratsbeschluß auszuführen8. Soweit für die GmbH die Diskussion darüber geführt wird, welche Rechte den übergangenen Gesellschaftern in derartigen Fällen zustehen, wird häufig der Begriff „Gesellschafterklage" gebraucht9. Gleichzeitig ist dieser Begriff als Kurzwort für die Beschreibung des Problems geläufig, inwiefern ein einzelner Gesellschafter befugt ist, Ansprüche gerichtlich zu verfolgen, die der Gesellschaft zustehen und durch Leistung in das Gesellschaftsvermögen zu befriedigen sind. Und in der Tat sehen einige Autoren die Klagemöglichkeit des Gesellschafters in beiden Konstellationen in derselben dogmatischen Wurzel begründet10, vermögen in Voraussetzungen und Anwendungsbereich kaum einen Unterschied zu erkennen11 und gebrauchen daher bewußt den Begriff „Gesellschafterklage" für beide Fallgruppen 12 . Indes ist beides strikt zu trennen 13 : Der Aktionär/Gesellschafter, der die Mißachtung von Kompetenzen der Haupt-/ Gesellschafterversammlung rügt, macht die Verletzung eigener Mitwirkungsrechte geltend; das Verbandsmitglied, das die Erfüllung mitgliedschaftlich begründeter Leistungspflichten einfordert, klagt demgegenüber, wie zu zeigen sein wird 14 , ausschließlich aus dem Recht des Verbandes. Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird hier der Begriff „Gesellschafterklage" gänzlich gemieden. Wo ein Gesellschafter Ansprüche der Gesellschaft verfolgt, soll anstatt dessen von „actio pro socio" gesprochen werden 15 ; wo er die Verletzung eigener Mitwirkungsrechte rügt, wird dagegen, dem rechtsformübergreifenden Ansatz der Untersuchung entsprechend, im folgenden der Begriff „Kompetenzschutzklage" verwendet.

8 BGH BB 1 9 7 0 , 2 2 6 ; zustimmend Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 5 3 9 ; Flume, Die Personengesellschaft, § 1 4 VII (S.239); Grunewald, Gesellschafterklage, S . 3 3 ; Wiedemann, FS Schilling, S. 1 0 5 , 1 0 8 . Für Verpflichtung der geschäftsführenden Gesellschafter zum Vollzug des Beschlusses auch Staub-Ulmer, HGB, § 116 Rn. 18, 23. 9 Beispielsweise bei Banerjea, Gesellschafterklage, S. 16 f.; Binge, Gesellschafterklage, passim; Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 29ff. ; Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 2 0 . 10 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 157; ähnlich Landrock, Innenrechtsstreit, S. 89: Die Aktionärsklage baue auf der actio pro socio auf. 11 Scholz-Emmerich, GmbHG, § 13 R n . 4 6 . 1 2 So ausdrücklich Banerjea, Gesellschafterklage, S. 5f.; Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 6; ScholzEmmerich, GmbHG, § 13 R n . 4 6 . 13 Wie hier Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 199f., 239f.; Habersack, Mitgliedschaft, S . 1 4 f . , 189ff.; ders., DStR 1998, 533; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 100f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 V 3 d (S.650f.). 1 4 Unten § 2 B. 1 5 Dazu ausführlich unten § 2 .

8

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an Verbandsentscheidungen I. Gesetzliche Grundlagen Die der Kompetenzschutzklage zugrunde liegende Rechtsbehauptung besteht darin, daß der einzelne Gesellschafter/Aktionär sich in seiner Befugnis beeinträchtigt fühlt, an der Entscheidung über die betreffende Maßnahme mitzuwirken. Instrument dieser Mitwirkung ist bei Kapitalgesellschaften das Stimmrecht ( § § 1 3 3 I AktG, 47 I GmbHG). Bei Personenhandelsgesellschaften fordert das Gesetz selten ausdrücklich einen Gesellschafterbeschluß (wie z.B. im Fall der § § 1 1 3 , 116 II HGB); im übrigen gestaltet es die Mitwirkungsbefugnis des Gesellschafters als Widerspruchsrecht (§§ 115 I HS 2 , 1 6 4 S. 1 HS 2 HGB) aus. Entgegen dem Wortlaut des § 164 S.2 HGB steht aber im Falle eines außergewöhnlichen Geschäfts dem Kommanditisten nicht nur ein Widerspruchsrecht zu; vielmehr ist er am Beschluß der Komplementäre nach § 116 II HGB zu beteiligen 16 . Außer durch Abstimmung kann sich der Gesellschafter aber auch beratend an der Beschlußfassung beteiligen. Der Schwerpunkt der nachfolgenden Darstellung liegt auf dem Entscheidungsteilhaberecht in Kapitalgesellschaften; Folgerungen für das Recht der Personenhandelsgesellschaften werden an erforderlicher Stelle ergänzt.

II. Die Funktion des Entscheidungsteilhaberechts von Gesellschaftern und Aktionären Mit seiner Berechtigung, durch Abstimmung, aber auch schon durch Teilnahme an vorangehenden Aussprachen an der verbandsinternen Willensbildung mitzuwirken, ist dem Gesellschafter eine organschaftliche Kompetenz verliehen 17 . Der Begriff „Kompetenz" besagt, daß der Gesellschafter Entscheidungsbefugnisse für den Verband ausübt; er impliziert, daß der Gesellschafter als Organwalter rein fremdnützig für den Verband handelt und konsequent allein dessen Interesse zur Leitlinie seiner Entscheidungsfindung erheben darf. Man hat versucht, die Funktion der mitgliedschaftlichen Entscheidungsteilhabe auf diesen Aspekt der Kompetenz zu beschränken 18 ; doch ist richtigerweise die rechtliche Qualität jener Teilhabe damit nicht ausgeschöpft. Vielmehr verkörpert das Teilhaberecht auch ein sub-

16 R G Z 158, 3 0 2 , 3 0 7 ; Baumbach/Hopt, HGB, § 116 R n . 5 , § 164 R n . 2 ; Baumgärtner, Treupflicht, S. 143; Emde, W M 1996, 1205; Nitschke, Personengesellschaft, S.74f.; Weber, Treubindungen, S . 6 1 f . ; Westermann, Handbuch, Rn. I 873. 17 Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 269ff.; Herne, BB 1996, 4 8 9 , 4 9 2 ; einschränkend Schütz, Sachlegitimation, S. 115 (organschaftlich, soweit im Gesellschaftsinteresse verliehen). 18 So namentlich Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 265, 269ff.

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an jektives

Recht

9

des Gesellschafters 1 9 - in dem Sinne nämlich, daß die Ausübung je-

nes Rechts ihm in eigenen jektives

Verbandsentscheidungen

Recht

Interesse

und Organrecht

verliehen ist 2 0 . Das Stimmrecht ist m.a.W. subzugleich21.

Die Struktur mitgliedschaftlicher Rechte und Pflichten zeigt, daß das Verhältnis beider Funktionen vom Gegenstand der Entscheidung abhängt, an welcher der Gesellschafter jeweils mitwirkt. Bei Beschlüssen in heiten

Geschäftsführungsangelegen-

hat der Gesellschafter strikt vorrangig das Gesellschaftsinteresse zu beach-

t e n 2 2 ; der Inhalt nützigen

(das Wie) der Rechtsausübung wird also durch einen rein

fremd-

M a ß s t a b bestimmt. Es steht insoweit also die Funktion der organschaftli-

chen Kompetenz

im Vordergrund. Das gleiche gilt für das Widerspruchsrecht aus

§ 1 1 5 I H S 2 H G B als Ausfluß der Geschäftsführungskompetenz 2 3 . Indes: Was im Interesse der Gesellschaft liegt, ist häufig Ermessensfrage 2 4 . Die Verpflichtung des Gesellschafters, die Förderung des gemeinsamen Z w e c k s zu beachten, besteht nur im R a h m e n dieses Ermessens 2 5 . Der Gesellschafter hat ein eigenes Interesse daran, dies Ermessen selbst auszuüben und folglich selbst darüber (mit) zu bestimmen, was im Interesse der Gesellschaft liegt 2 6 ; denn es ist sein Vermögen, das er einsetzt, und seine Autonomie, die er im Umfang der gesellschaftlichen Bindung zugunsten des Verbandes opfert. Das Stimmrecht erhält er im Gegenzug zur Aufopferung dieser Positionen; er hat sich mit dem Verbandsbeitritt entschieden, eine bestimmte Freiheitsbetätigung nicht alleine, sondern im Z u s a m m e n w i r k e n mit anderen zu verfolgen. D a ß er dem Verband nicht allein als Entscheidungsträger, sondern als Freiheitssubjekt mit legitimem eigenem Interesse angehört, ergibt sich namentlich aus dem Verfassungsrecht: Art. 1 9 III G G erklärt juristische Personen für grundrechtsfähig, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind. 19 Ausführlich Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.459ff.; ferner Klink, Mitgliedschaft, S. 155ff.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 67 2 0 Auf diese Funktion des subjektiven Rechts wird sogleich näher eingegangen; vgl. unten IV 2 b. 21 Zutreffend Habersack, Mitgliedschaft, S. 192ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.461. 2 2 Vgl. Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.49; Fischer, NJW 1954, 777, 778; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S.99, 201; Henze, BB 1996, 489, 493; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 17; Hueck, ZGR 1972, 237, 241, 253; ders., FS Nipperdey I, S.401, 410; Immenga, Kapitalgesellschaft, S.168; ders., FS 100 Jahre GmbHG, S.189, 199; Jüdel, Gesellschafterbeschlüsse, S.37f.; KK-Zöllner, AktG, §243 Rn. 180; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.130; Schneider, AG 1979, 57, 63; Seidel, Treupflichten, S.92ff., 95ff., 127; Sester, Treupflichtverletzung, S. 142, 152; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn. 12; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 88 f.; Weber, Treubindungen, S.72, 76; Winter, Treubindungen, S.20, 172; Zöllner, Schranken, S.322f., 344 2 3 Vgl. unten §7 E IV 1. 2 4 BGH WM 1972, 489; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 170; Fischer, NJW 1954, 777, 778; Hueck, FS Nipperdey I, S.401, 412; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 457; SchlegelbergerMartens, HGB, § 119 Rn.44; Weber, Treubindungen, S.72. 25 KK-Zöllner, AktG, §243 Rn.182; Winter, Treubindungen, S.25; Zöllner, Schranken, S. 321. 2 6 Zutreffend Flume, FS Rittner, S. 119, 121; Guntz, Treubindungen, S. 115; Winter, Treubindungen, S. 106

10

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

Das Wesen der Grundrechte besteht darin, die Verwirklichung individueller Freiheit zu gewährleisten; sie sind daher auf juristische Personen anwendbar, soweit hinter deren Gründung und Betätigung ebenfalls die Ausübung individueller Freiheit steht 27 . Darin kommt deutlich zum Ausdruck, daß selbst das Grundgesetz die Verbandsmitglieder als Freiheitssubjekte, als Träger eigener Interessen anspricht. Damit ist die Reduktion der Gesellschafter auf ihre Funktion als Entscheidungsträger, welche eine totale Unterordnung unter das Verbandsinteresse impliziert, nicht vereinbar. Die Gesellschafter sind vielmehr Herren der Gesellschaft; die Beteiligung an dieser verkörpert, so das BVerfG, gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum 28 . Wenn Entscheidungen zur Geschäftsführung inhaltlich allein am Gesellschaftsinteresse auszurichten sind, so ist dies Ausfluß des freiwillig eingegangenen Zweckförderungsversprechens. Das Ob der Ausübung von Mitwirkungsbefugnissen ist dem Gesellschafter jedoch im eigenen Interesse verliehen. Darin kommt die Funktion des Entscheidungsteilhaberechts als subjektives Recht zum Ausdruck. Das Recht zur Teilhabe an Geschäftsführungsentscheidungen bezeichnet man zutreffend als uneigennütziges Gesellschafterrecht bzw. Pflichtrecht29. Bei Beschlüssen in sonstigen, namentlich in Grundlagenangelegenheiten darf hingegen der Gesellschafter auch eigene Interessen verfolgen, muß aber auf das Verbandsinteresse Rücksicht nehmen 30 . Das gleiche gilt bei Entscheidungen über eigene Vermögensrechte, vor allem bei der Ausübung des Gewinnrechts und bei der Realisierung des Gewinnanspruchs 31 . Hier ist der subjektive Rechtscharakter offenkundig.

III. Die Transformation des Teilhaberechts in einen durchsetzbaren Anspruch 1. Die Bindung der Geschäftsführung

an den

Gesellschafter-Entscheid

Wenn dem Gesellschafter ein Recht zusteht, an Verbandsentscheidungen mitzuwirken, so bedeutet dies zum einen, daß er selbst oder ggf. das Entscheidungsorgan, dem er angehört, gefragt werden muß, bevor Maßnahmen ausgeführt wer2 7 BVerfGE 21, 362, 369; 61, 82, 101; Classen, Wissenschaftsfreiheit, S. 116; Koppensteiner, NJW 1990, 3105, 3106; Schmidt-Aßmann, BB 1990, Beilage 34, S. 7; ders., FS Niederländer, S.383ff., 386f. Aus diesem Grunde hält die h.M. juristische Personen nicht für grundrechtsfähig, soweit hinter ihnen die öffentliche Hand steht; diese sei nicht freiheitsberechtigt, sondern freiheitsverpflichtet (sog. Konfusionsargument, vgl. BVerfGE 61, 82, 100; Classen, Wissenschaftsfreiheit, S. 117; Kirchhof, NVwZ 1988, 97, 99; Koppensteiner, NJW 1990, 3105, 3106). Weitere Nachweise auch zur Gegenansicht bei Schwab, Politikberatung, S. 8 ff. 2 8 BVerfGE 14, 273, 276; 25, 371, 407; 50, 2 9 0 , 342. 2 9 Vgl. Fiume, Die Personengesellschaft, § 15 II 1 (S.263). 3 0 Vgl. Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S.100; Immenga, FS 100 Jahre GmbHG, S.189, 200; Seidel, Treupflichten, S. 109; Stephan, Gesellschafterschaden, S. 174; Weber, Treubindungen, S.165; Winter, Treubindungen, S.26ff. 31 Hüffer, FS Steindorff, S.59, 62; Zöllner, Schranken, S.321f.

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

11

den, welche in seine Entscheidungs(-mit-)zuständigkeit fallen; zum anderen, daß von ihm (mit) getroffene Entscheidungen im Rahmen der verbandsrechtlichen Zuständigkeitsordnung verbindlich sind. Die Geschäftsführung ist konsequent zu folgendem verpflichtet: (1) Das Geschäftsführungsorgan hat auszuführen, was die Gesellschafter im Rahmen ihrer Zuständigkeit mit der erforderlichen Mehrheit oder, falls nötig, einstimmig beschlossen haben 32 . Das gilt auch für den Vorstand einer AG 33 . Dieser hat nach § 83 II AktG die Beschlüsse der Hauptversammlung auszuführen 34 . Gebunden ist er namentlich auch an einen von ihm nach § 119 II AktG verlangten Geschäftsführungsbeschluß der Hauptversammlung 35 , und zwar selbst dann, wenn die Hauptversammlung von seinem Beschlußvorschlag abweicht 36 . (2) Das Geschäftsführungsorgan hat zu unterlassen, was mit der erforderlichen Mehrheit - bzw. bei Einstimmigkeitserfordernis auch nur von einem Gesellschafter - abgelehnt worden ist 37 . Mag diese Verpflichtung auch nicht ausdrücklich im Gesetz niedergelegt sein 38 , so ergibt sie sich doch aus der Zuständigkeitsordnung: Wenn die Gesellschafter als zuständige Entscheidungsträger etwas beschlossen haben, so ist dies für die Geschäftsführung bindend, egal ob der Beschluß positiven oder negativen Inhalt hat. Die gleiche Verpflichtung besteht, wenn ein Gesellschafter ein Widerspruchsrecht innehat und hiervon Gebrauch gemacht hat 3 9 . (3) Maßnahmen, welche in die Beschlußzuständigkeit von Gesellschaftern fallen, haben zu unterbleiben, bis ein nach Gesetz oder Satzung erforderlicher Beschluß gefaßt ist 40 (sog. stand still41). Namentlich sind Maßnahmen zu unterlassen, die unter Verletzung des Teilhaberechts eines Gesellschafters beschlossen worden sind. Dazu zählt auch der Fall, daß ein Beschluß zwar gefaßt, aber von einer 32 Für einen darauf gerichteten Anspruch des Gesellschafters Binge, Gesellschafterklagen, S. 118; Habersack, Mitgliedschaft, S.339; Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 1 5 ; „jedenfalls" für die G m b H auch Schulz-Gardyan, Z H R 159 (1995), 748, 751. 33 Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 33. 34 B G H Z 33, 1 7 5 , 1 7 8 f . ; für den Vorstand einer Genossenschaft ebenso B G H W M 1961, 7 9 9 ,

800. 35 Ekkenga, AG 2 0 0 1 , 567, 5 7 0 mit F n . 2 5 ; Geßler-Hefermehl, A k t G , § 9 3 R n . 4 9 ; Golling, Sorgfaltspflichtverletzung, S . 8 7 f . ; Heinsius, Z G R 1984, 383, 394; Wellkamp, Vorstand, S . 5 1 f . 36 Geßler-Eckardt, AktG, § 119 R n . 2 4 ; Hefermehl, FS Schilling, S. 159, 169f.; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 115. 37 Für einen darauf gerichteten Anspruch des Gesellschafters Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 4 7 4 ff. 38 Deshalb bestreitet Winnefeld (DB 1972, 1053, 1054) eine solche Unterlassungspflicht. 39 Für einen d a r a u f g e r i c h t e t e n Anspruch des Gesellschafters O L G H a m m DB 1 9 9 3 , 165. 40 Für einen darauf gerichteten Anspruch des Gesellschafters vgl. Balz, A G 1 9 9 2 , 2 7 7 , 2 9 0 ; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.460f.; Werner, Z H R 147 (1983), 4 2 9 , 4 3 7 , jeweils für Kompetenzüberschreitung des Vorstandes zu Lasten der H a u p t v e r s a m m l u n g ; des weiteren KKMertens, AktG, § 93 Rn. 191 für M a ß n a h m e n , welche in Mitgliedschaftsrechte der A k t i o n ä r e eingreifen u n d deren Mitwirkungsbefugnisse innerhalb der Z u s t ä n d i g k e i t s o r d n u n g beeinträchtigen; schließlich Weber, Treubindungen, S. 62 für die V o r n a h m e eines außergewöhnlichen Geschäfts ohne den nach § 164 H G B erforderlichen Gesellschafterbeschluß. 41 Vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.469; ders., Z H R 151 (1987), 4 9 3 , 5 1 4 .

12

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

dazu berechtigten Person mit Erfolg angefochten worden ist 42 : Denn indem die Gesellschafterversammlung den Beschluß gefaßt hat, hat sie zu erkennen gegeben, daß sie selbst über die Maßnahme entscheiden und sie nicht dem Gutdünken der Geschäftsführung überlassen will. Gerade deshalb ist freilich der Vorstand verpflichtet, den entsprechenden Beschlußgegenstand erneut auf die Tagesordnung der Hauptversammlung zu setzen 423 ; dies freilich nur, wenn möglich erscheint, daß die Hauptversammlung nunmehr rechtmäßig beschließt, also hauptsächlich dann, wenn der ursprüngliche Beschluß nur wegen eines Verfahrensmangels für nichtig erklärt worden ist. (4) Das Geschäftsführungsorgan hat eine Maßnahme wieder rückgängig zu machen, die entgegen dem zu (1) bis (3) Gesagten ausgeführt worden ist 43 . Weil aber das Entscheidungsteilhaberecht dem einzelnen Gesellschafter als eigenes (subjektives und Organ-) Recht zugewiesen ist, liegt die Annahme nahe, daß ihm ein korrespondierender Rechtsanspruch mit dem soeben beschriebenen Inhalt zusteht. Dieser Anspruch, dessen Begründung in diesem Untersuchungsabschnitt versucht werden soll, wird im weiteren Gang der Untersuchung aus Gründen der Vereinfachung Befolgungsanspruch genannt: Das geschäftsführende Organ hat insgesamt danach zu handeln, was das Mitgliedsorgan im Rahmen seiner Zuständigkeit bestimmt hat. 2. Rechtliche

Betroffenheit

aller

Gesellschafter

Sollte sich dieser Anspruch begründen lassen, so steht er nicht nur denjenigen Gesellschaftern zu, welche das Recht haben, mittels Abgabe einer Stimme die Willensbildung im Verband mit zu steuern, sondern in gleicher Weise solchen Mitgliedern, die im konkreten Fall (etwa aufgrund eines Stimmrechtsausschlusses) oder generell (z.B. als Inhaber eines stimmrechtslosen Gesellschaftsanteils) nicht mitstimmen dürfen: Sie dürfen zumindest an der Gesellschafterversammlung teilnehmen und das Ergebnis der Abstimmung durch Wortbeiträge zu beeinflussen suchen, so daß insoweit auch sie dazu berufen sind, an jener Willensbildung mitzuwirken 44 . Der Anspruch steht ferner selbst denjenigen Gesellschaftern zu, welche 4 2 Im Ergebnis ebenso Bäk, AG 1992, 277, 290; Baums, DJT 2000, S. F 205; Binge, Gesellschafterklagen, S. 133; Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S.245f.; Landrock, Innenrechtsstreit, S.265; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 117. 4 2 a Zutreffend Steiner, DB 2 0 0 3 , 989. 4 3 Für einen darauf gerichteten Anspruch des Gesellschafters Emde, W M 1996, 1205, 1208; Habersack, Mitgliedschaft, S.233; Hommelhoff, Z H R 151 (1987), 493, 513f.; Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S.246; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 117; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 41 f. Die Pflicht des Vorstands bzw. Geschäftsführers zur Rückgängigmachung der Maßnahme wird (ohne die Behauptung eines korrespondierenden Anspruchs des Aktionärs) auch betont von Hachenburg-Kaiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.237; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 169; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 232; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 146f. Einschränkend Westermann, Z G R 1984, 352, 377f. Für den Fall einer Maßnahme entgegen dem Widerspruch nach § 115 I HGB namentlich OLG Hamm DB 1993, 165; Rähricht-v.Gerkan, HGB, § 115 Rn.6. 4 4 Zutreffend Habersack, Mitgliedschaft, S.315; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.460.

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

13

sich bei der Abstimmung im Ergebnis für eine dem Verhalten des Geschäftsführungsorgans entsprechende Maßnahme ausgesprochen hatten. So kann derjenige Gesellschafter, der für einen später für nichtig erklärten Beschluß gestimmt hat, verlangen, daß der Vollzug des Beschlusses unterbleibt 45 ; und umgekehrt kann ein Mitglied, das gegen eine Maßnahme gestimmt hat, verlangen, daß sie, nun da sie trotzdem beschlossen wurde, ausgeführt wird. Der Befolgungsanspruch darf m.a.W. nicht dahin mißverstanden werden, daß das einzelne Mitglied die Ausführung seines Willens verlangt. Ein solches Verständnis würde der Funktion kollektiver Willensbildung widerstreiten, die gerade nicht auf die Durchsetzung individueller Wünsche, sondern auf einen Abgleich der verschiedenen Vorstellungen unter den Mitgliedern angelegt ist. Vielmehr verlangt das Mitglied die Ausführung des Verbandswillens, an dessen Ausformung es selbst mitgewirkt hat oder zumindest mitzuwirken befugt war und der nunmehr auch ihm zuzurechnen ist 46 . Diesen Anspruch erhebt es unabhängig davon zu Recht, welchen Beitrag es selbst zu dieser Willensbildung geleistet hat: Das Ergebnis der Willensbildung ist für alle Verbandsmitglieder verbindlich. Mögen auch einzelne Mitglieder nicht oder abweichend vom nunmehr Gültigen abgestimmt haben oder gar der Abstimmung gänzlich ferngeblieben sein, so berührt es doch auch ihre Zuständigkeit, wenn die Geschäftsleitung sich nicht an das Beschlossene hält. Denn sie dürfte dies nur, wenn sie einen erneuten, vom ursprünglichen abweichenden Beschluß herbeiführte. Zur Teilnahme an einem solchen Beschluß müßten aber wiederum alle, auch die ursprünglich indifferenten oder opponierenden Mitglieder Gelegenheit erhalten. Deshalb verletzt die Nichtbefolgung des Beschlusses auch die Rechte derjenigen Mitglieder, die sich in der ursprünglichen Abstimmung neutral verhalten oder gegen den jetzt gültigen Beschluß gestimmt haben. 3. Auszuscheidende

Fälle

Nicht in den Zusammenhang der mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzklage gehört die Erfüllung von Verhaltenspflichten, welche dem Vorstand gegenüber dem Aktionär in materiell-inhaltlicher Hinsicht obliegen; es geht nur und ausschließlich um die Verletzung von GesellschafterZuständigkeiten. So läßt sich zum einen der Rechtsschutz des Aktionärs beim ungerechtfertigten Bezugsrechtsausschluß im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals nicht ohne weiteres unter Berufung auf das Holzmüller-Urteil des BGH entwickeln 47 . Zum anderen scheiden alle Pflichtverletzungen der Geschäftsführung aus der Betrachtung aus, welche sich außerhalb der mitgliedschaftlichen Ebene bewegen. Will etwa der Aktionär ange4 5 Zutreffend Habersack, Mitgliedschaft, S. 340; ebenso Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.475 für den Fall, daß ein Beschlußantrag von der Hauptversammlung abgelehnt worden ist; dann kann auch derjenige Gesellschafter die Unterlassung verlangen, der für den Antrag gestimmt hat. 4 6 Vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.475. 4 7 Unten § 8 C II 2.

14

5 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

sichts eines feindlichen Übernahmeangebots den Vorstand zur Einhaltung seiner Neutralitätspflicht anhalten, so macht er nicht die Verletzung eines mitgliedschaftlich vermittelten Teilhaberechts geltend, sondern einen Verstoß gegen eine Pflicht, die dem Vorstand durch das Kapitalmarktrecht auferlegt ist. Indem das LG Düsseldorf die entsprechende Unterlassungsklage mit der Begründung abgewiesen hat, es fehle an einem Eingriff in die Mitgliedschaft, welche dem Übergehen der Hauptversammlungskompetenz vergleichbar sei 48 , so mag der Fall im Ergebnis richtig entschieden sein 49 ; der materiellrechtliche Kern des Problems wurde jedoch verfehlt 50 : Substrat des Rechtsstreits war nicht das Verbandsrecht, sondern das Kapitalmarktrecht. 4. Im Überblick: Denkbare Rechtsbehelfe B efo Igungsp flicht

zur Durchsetzung

der

Bis hierher ist offen geblieben, ob der Verpflichtung der Geschäftsführung, die Bindung an den Gesellschafter-Entscheid zu beachten, ein entsprechender Anspruch des einzelnen Gesellschafters korrespondiert. Es wäre voreilig, wenn man aus jener Bindung unvermittelt auf einen solchen Anspruch schlösse. Vielmehr befindet sich eine ganze Fülle von Möglichkeiten in der Diskussion: Zum einen fragt sich, ob das rechtliche Instrument, von der Geschäftsführung die Einhaltung ihrer Bindungen zu erzwingen, überhaupt in einem Anspruch oder nicht vielmehr in einer hiervon losgelösten prozessualen Befugnis besteht; und selbst wenn von einem echten Anspruch die Rede ist, ist damit noch lange nicht gesagt, wem dieser zusteht. Als Anspruchsgläubiger kommen neben den einzelnen Gesellschaftern auch die Gesellschaft oder gar das Beschlußorgan (Gesellschafter-/Hauptversammlung) als solches in Betracht. Für einen Anspruch der einzelnen Gesellschafter kann man seinerseits diskutieren, ob der Anspruch im Verbands- oder im Deliktsrecht wurzelt und welche Rechtsnatur ihm innewohnt (etwa: ob es sich um einen Abwehranspruch oder einen Schadensersatzanspruch oder gar noch um einen Anspruch noch anderer Qualität handelt). Auf verbandsrechtlicher Grundlage ließe sich das eine wie das andere begründen; aber auch auf dem Boden eines deliktsrechtlichen Verständnisses könnte nichts anderes gelten: Als Abwehranspruch wäre § 1004 I BGB in entsprechender Anwendung, als Schadensersatzanspruch § 823 I BGB einschlägig.

48

LG Düsseldorf A G 2 0 0 0 , 2 3 3 , 2 3 4 . D e m LG Düsseldorf zustimmend Krause, AG 2 0 0 0 , 2 1 7 ; ablehnend aber Bayer, Aktionärsrechte, S. 154; Krieger, Z H R 163 ( 1 9 9 9 ) , 343, 3 5 7 f . 50 Z u t r e f f e n d Baums, D J T 2 0 0 0 , S . 2 1 3 f . 49

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

15

IV. Kompetenzschutzklage als Instrument der objektiven Rechtskontrolle? Vereinzelt hat man in der Tat die überkommene Vorstellung, daß der Kompetenzschutzklage wie jeder anderen Klage ein materiellrechtlicher Anspruch auf ein Tun oder Unterlassen zugrunde liege, zu überwinden versucht. Dabei wird zum Ausgangspunkt der Gedankenführung die Beschlußmängelklage genommen. Ihr materiellrechtliches Substrat liege nicht in einem Anspruch des Klägers auf Beseitigung des rechtswidrigen Hauptversammlungsbeschlusses. Vielmehr werde dem Aktionär die prozessuale Befugnis an die Hand gegeben, die objektive Rechtswidrigkeit des Beschlusses zu rügen und auf dessen Beseitigung hinzuwirken; mit anderen Worten: Der Verpflichtung der Gesellschaft, den Beschluß zu beseitigen, soll kein hierauf gerichteter Anspruch des Aktionärs korrespondieren. Der Beschlußmängelprozeß trägt damit den Charakter eines objektiven Rechtsbeanstandungsverfahrens51. Diese Deutung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage nach §§241 ff. AktG wird nunmehr auf die Aktionärsklage übertragen; ihr liege ebenfalls kein materiellrechtlicher Anspruch, sondern nur eine prozessuale Befugnis zur Einleitung einer objektiven materiellen Rechtskontrolle zugrunde52. Die normative Basis für diese besondere Prozeßführungsbefugnis des Aktionärs wird in einer Gesamtanalogie zu sämtlichen Vorschriften gesehen, welche den Aktionär ermächtigen, das Verhalten der Gesellschaftsorgane einer gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen, nämlich den §§ 98 II Nr. 3, 245 Nr. 1-3, 309 IV, 310 IV, 317 IV, 318 IV AktG 53 . So richtig diese Deutung für den Beschlußmängelprozeß ist 54 , so wenig vermag sie im hier interessierenden Zusammenhang zu überzeugen55. Die Beschlußmängelklage dient der Beseitigung jedes beliebigen Verstoßes gegen das Gesetz oder die Satzung. Die Kompetenzschutzklage zielt dagegen auf einen ganz bestimmten Rechtsverstoß, nämlich die Überschreitung der Kompetenzordnung durch das Geschäftsleitungsorgan. Als Instrument der allgemeinen Rechtskontrolle kommt sie schon deshalb nicht in Betracht, weil sie nicht nach der Rechtswidrigkeit der Maßnahme an sich fragt: Die Klage ist selbst dann begründet, wenn die Maßnahme von der Hauptversammlung rechtmäßig hätte beschlossen werden können-, sie ist allein deshalb begründet, weil sie nun einmal tatsächlich nicht beschlossen worden ist. So soll denn auch der Aktionär nach dem Konzept der objektiven Rechtskontrolle nicht etwa jegliches rechtswidrige Verhalten des Vorstands rügen können. Klagbar sollen vielmehr in erster Linie Kompetenzverstöße des Vorstands sein 56 , 51 Vgl. im einzelnen namentlich Pflugradt, Leistungsklagen, S.65ff., insbes. S.79ff.; dazu ausführlich und mit weiteren Nachweisen unten § 5 B II. 52 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 103ff.; Wiedemann, Organverantwortung, S . 5 4 f . s' Pflugradt, Leistungsklagen, S. 138f. 5 4 Vgl. ausführlich unten § 5 B II. 55 Im Ergebnis ablehnend auch Landrock, Innenrechtsstreit, S. 162ff. 56 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 114ff.

16

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

namentlich Überschreitungen des Unternehmensgegenstandes57, nicht aber materiell gesellschaftsschädliches Verhalten 58 , und zwar nicht einmal dann, wenn die Rechtswidrigkeit offen zutage liegt 59 . Dann aber dient die Klage nicht einer allgemeinen objektiven Rechtskontrolle, sondern schlicht der Durchsetzung individueller Mitentscheidungskompetenz; eben deswegen wird sie hier als Kompetenzschutzklage bezeichnet. Die Kompetenzschutzklage teilt die dogmatischen Wurzeln der Anfechtungsklage selbst dann nicht, wenn man deren materiellrechtliches Substrat, dem überkommenen Denken in Anspruch und Verpflichtung entsprechend, in einem allgemeinen Anspruch des Aktionärs auf gesetzes- und satzungsmäßige Verwaltung der Gesellschaft erblickt. Eben dies ist freilich vorgetragen worden 60 : Der einzelne Aktionär könne, wenn die Hauptversammlung etwas unter Verstoß gegen Gesetz oder Satzung beschließe, diesen Beschluß mit Hilfe der Anfechtungsklage zu Fall bringen und notfalls den Vorstand auf Unterlassung der Maßnahme oder, falls diese bereits vollzogen sei, auf Wiederherstellung des bisherigen Zustands verklagen. Dann müsse der Aktionär erst recht die Unterlassung gesetzes- oder satzungswidriger Maßnahmen verlangen können, wenn es an einem hierauf gerichteten Beschluß überhaupt fehle 61 . Mit dieser Deutung wird indes abermals der Anwendungsbereich der Kompetenzschutzklage nicht erschöpfend umrissen: Jene Klage steht eben nach hier vertretener Deutung selbst dann zur Verfügung, wenn die vom Vorstand eigenmächtig vollzogene Maßnahme rechtmäßig hätte beschlossen werden können.

V. Befolgungsanspruch als materielles Recht der Gesellschaft bzw. des beschließenden Organs? 1. Der Ansatz Allein die Feststellung, daß zur Durchsetzung der Befolgungspflicht gegenüber der Geschäftsführung mehr erforderlich ist als nur eine objektive Rechtskontrollbefugnis, besagt freilich noch nicht, daß dem einzelnen Gesellschafter ein korrespondierender Befolgungsanspruch zusteht. Verletzt werde nämlich, so wird eingewandt, allenfalls die Zuständigkeit des Mitgliedsorgans; wenn man einen Anspruch auf Ausführung oder Unterlassung von Maßnahmen anerkennen wolle, so Pflugradt, Leistungsklagen, S. 117 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 117ff. 59 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 121 6 0 Vgl. Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S.239, 244ff., 251. Die Idee eines Anspruchs des Gesellschafters auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung ist auch im übrigen weit verbreitet; vgl. unten § 5 B I.. 61 Ähnlich v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S. 140; Mertens, FS Fischer, S.461, 471; Martens, ZHR 147 (1983), 377, 401 fordert für solche Fälle eine an die Anfechtungsklage angelehnte Feststellungsklage. 57 ,8

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an Verbandsentscheidungen

17

stehe dieser daher nur der Haupt-/Gesellschafterversammlung bzw. der Gesellschaft, nicht jedoch dem einzelnen Gesellschafter zu 62 . Nur das Mitgliedsorgan als Ganzes könne darüber entscheiden, ob es gegen Kompetenzverletzungen durch die Geschäftsführung einschreite63. Auf dem Boden dieser Auffassung ließe sich ein Einzelklagerecht des Gesellschafters nur bejahen, wenn man zu seinen Gunsten eine Prozeßführungsbefugnis begründen könnte. Eben dies ist im Schrifttum versucht worden: Der Gesellschafter streite nicht aus eigenem Recht, sondern aus dem Recht der Gesellschaft als deren Prozeßstandschafter64; er klage im Wege der actio pro socio und versuche so, den Anspruch der Gesellschaft gegen die Organe auf Einhaltung der Kompetenzordnung zu aktualisieren 65 . 2. Das subjektive

Recht auf

Entscheidungsteilhabe

Diese Sehweise wäre zumindest in sich folgerichtig, wenn sich das Recht des Gesellschafters, an Verbandsentscheidungen teilzuhaben, ausschließlich als Kompetenzrecht darstellen ließe, der Gesellschafter also allein in der Eigenschaft als Mitglied eines verbandsinternen Entscheidungsträgers zu betrachten wäre. Auf diesen Aspekt fremdnütziger Kompetenz läßt sich aber, wie eingangs dargelegt, die Mitwirkungsbefugnis des Gesellschafters nicht reduzieren; das Recht auf Entscheidungsteilhabe ist vielmehr (auch) dessen subjektives Recht. Dieser Aspekt würde völlig ausgeblendet, wenn man nur das Organ oder die Gesellschaft als Trägerin des Befolgungsanspruchs ansähe. Gewiß sind Organe eines Verbandes, wie noch zu zeigen sein wird 66 , in der Lage, Träger von innerorganisatorischen Rechten und Pflichten, sog. Organrechten und Organpflichten zu sein, mit deren Hilfe sie u.a. die Einhaltung der Kompetenzordnung erzwingen können. Wenn es sich aber bei dem Recht des Gesellschafters, an der Entscheidung mitwirken zu dürfen, um ein subjektives Recht handelt, ist konsequent auch das Recht, die Ausführung des Beschlossenen zu verlangen, (auch) seiner individuellen Rechtssphäre zugeordnet: Der Kompetenzverstoß der Geschäftsführung verletzt das individuelle Recht des Gesellschafters auf Entscheidungsteilhabe67. Wird das Mitgliedsorgan erst gar nicht befragt, so ist diese Verletzung offenkundig. Nichts anderes gilt aber, wenn einem Beschluß des Mitgliedsorgans zuwidergehandelt oder seine Ausführung ver62 Littbarski, Rechtsschutz, S. 157; Pflugradt, Leistungsklagen, S.39; Roth, FS Henckel, S.707, 717; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 104, 116 63 Häsemeyer, AcP 188 (1988), 1 4 0 , 1 6 1 ; Roth, ZZP 103 (1990), 365, 369; ablehnend gegenüber einem Abwehranspruch des Aktionärs gegen kompetenzwidriges Handeln des Vorstands auch Teichmann, FS Mühl, S.663, 674f. 6 4 So namentlich Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 2 7 3 , 2 7 5 f f . ; Roth, ZZP 103 (1990), 365, 366f. 65 Teichmann, FS Mühl, S.663, 670ff. (für AG); MK-Jücheli, HGB, §116 Rn.46; Schütz, Sachlegitimation, S. 125; Schlegelberger-Martens, HGB, § 116 R n . 2 2 (für OHG/KG) 6 6 Unten § 10 C V 3. 6 7 Vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 459f., 474f.: Recht auf Entscheidungsteilhabe; dem folgend Binge, Gesellschafterklagen, S. 90f.; Habersack, Mitgliedschaft, S. 314f., 320; Saenger, GmbHR 1997, 112, 120; Zöllner, Z G R 1988, 392, 426

18

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

weigert wird: Das Recht auf Entscheidungsteilhabe ist erst dann verwirklicht, wenn die beschlossene Maßnahme auch tatsächlich zur Ausführung kommt bzw. (bei negativem Beschlußergebnis) unterbleibt. Die Kompetenzschutzklage ist folglich eine Klage aus eigenem Recht des Gesellschafters68. 3. Ersatzaufsichtsrecht

des

Aktionärs

Aber selbst wenn man die Mitwirkungsbefugnis des Gesellschafters auf ihren organisationsrechtlichen Gehalt reduzieren könnte, wäre die Folgerung, ein Kompetenzschutzrecht stehe allein der Hauptversammlung oder der Gesellschaft zu, nicht zwingend. Vielmehr verteilt die jeweilige Verbandsverfassung die Entscheidungszuständigkeit auch deshalb auf mehrere Träger, weil sie sich davon eine gewisse Richtigkeitsgewähr für die Sachentscheidungen erhofft 69 ; es wird insoweit ein System wechselseitiger Steuerung und Kontrolle aufgerichtet. Daß die Entscheidung des zuständigen Organs beachtet wird, liegt mithin auch im Interesse des Verbandes. Das Kontrollsystem bedarf konsequent der Ergänzung durch individuelle Rechtsbehelfe von Organmitgliedern dort, wo die regulären Mechanismen versagen. Schreitet also dasjenige Organ, welches für die Überwachung der Geschäftsführung zuständig ist - namentlich in der AG: der Aufsichtsrat - , pflichtwidrig nicht gegen den Kompetenzverstoß ein, so obliegt es den Trägern der verletzten Kompetenz, in der AG etwa den Aktionären als Mitgliedern des Organs Hauptversammlung, sofern gegen deren Kompetenz verstoßen wurde, im Wege der Ersatzaufsicht70 die Beachtung der getroffenen oder das Abwarten bis zu einer noch zu treffenden Entscheidung zu erzwingen. Der BGH hat die Idee des Ersatzaufsichtsrechts zwar im Holzmüller-Urteil verworfen 71 ; dies aber nur deshalb, weil er im Ergebnis eine Klagebefugnis des Aktionärs aus eigenem Recht hervorheben wollte und die Figur des Ersatzaufsichtsrechts dahin (miß-)verstand, sie vermittle dem Aktionär lediglich eine solche Befugnis aus dem Recht der Gesellschaft. In Wahrheit ist auch das Ersatzaufsichtsrecht als eigenes Recht des Aktionärs zu begreifen, mit dessen Hilfe er die Ausführung beschlossener und die Unterlassung noch nicht beschlossener oder gar abgelehnter Maßnahmen verlangen kann; dies Recht ist aber nicht als subjektives Recht im herkömmlichen Sinne zu begreifen, sondern als Organrecht, das dem Aktionär (und ebenso dem Gesellschafter anderer Gesellschaftsformen) nicht in Person, sondern in seiner Eigenschaft als Entscheidungsträger im Verband zugewiesen ist. Es wird noch zu zeigen sein, daß derartige Organrechte (in Abgrenzung zu echten subjektiven Rechten) in der Tat an6 8 Ebenso Binge, Gesellschafterklagen, S. 66; Flume, Die juristische Person, § 8 V 4 (S. 311). Im Ergebnis ablehnend gegenüber die Idee einer actio pro socio auch Schulz-Gardyan, Aktionärsklage S. 102 f. 6 9 Vgl. dazu jüngst Schubel, Verbandssouveränität, S.589ff. 70 Großfeld, J Z 1 9 8 1 , 2 3 4 , 2 3 5 ; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.467f., 4 7 1 , 4 7 6 ; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 142; Timm, AG 1980, 172, 185. 7 1 BGHZ 83, 122, 135.

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an

19

Verbandsentscheidungen

zuerkennen sind und daß sie namentlich dort eine Rolle spielen, w o es an subjektiven Rechten fehlt - nämlich im R a h m e n von Streitigkeiten zwischen Aufsichtsrat und Vorstand 7 2 . Was den Aktionär anbelangt, so kann er sein Einschreiten gegen kompetenzwidriges Verhalten des Vorstandes auf zwei Säulen stützen: auf sein subjektives Recht auf Entscheidungsteilhabe ebenso wie auf sein Ersatzaufsichtsrecht. Das letztere steht dem Aktionär freilich nur insoweit zu, als er eine Zuständigkeitsverletzung der Hauptversammlung, also desjenigen Beschlußorgans rügt, dem er selbst angehört 7 3 ; keineswegs ist der Aktionär zur Anrufung der Gerichte befugt, wenn Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrats übergangen werden.

VI. Befolgungsanspruch auf deliktsrechtlicher Grundlage? Ein eigener Befolgungsanspruch des Gesellschafters kann freilich erst dann endgültig bejaht werden, wenn es gelingt, hierfür eine Anspruchsgrundlage zu benennen. Hierfür wird verbreitet auf die §§ 8 2 3 , 1 0 0 4 B G B zurückgegriffen: D e m Gesellschafter stehe auf dieser Grundlage ein Abwehranspruch

zu. Die Geschäftslei-

tung, die sich über dessen Mitwirkungsrechte hinwegsetze, greife nämlich in die Mitgliedschaft

jenes Gesellschafters ein 7 4 . Die Mitgliedschaft sei subjektives und

i.S. des § 8 2 3 I B G B „sonstiges" Recht des Gesellschafters.

1. Mitgliedschaft als subjektives

Recht

Eine Vielzahl von Autoren ordnet die Mitgliedschaft in einem Verband als subjektives Recht ein 7 5 . Dabei scheint freilich verbreitet Unklarheit über den Begriff der Mitgliedschaft zu bestehen 7 6 . M i t diesem Begriff kann man einerseits das verhältnis

Rechts-

zwischen Mitglied und Verband bzw. die Beteiligung des Mitglieds am

Organisationsrechtsverhältnis zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern im allgemeinen 7 7 umschreiben; andererseits kann man hierunter den Inbegriff der aus jenem Verhältnis fließenden Rechte, also die Rechtsstellung

des Mitglieds im gan-

Unten § 10 B. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.480. 74 Habersack, Mitgliedschaft, S. 171 ff.; MK-Mertens, BGB, §823 Rn.152; Mertens, FS Fischer, S.461, 471; Seidel, Treupflichten, S.187 7 5 RGZ 100, 274, 278; BGHZ 110, 323, 327; Binge, Gesellschafterklagen, S.59; Bork, ZIP 1990, 1037,1041 f.; Brondics, Aktionärsklage, S. 81; Casper, ZHR 163 (1999), 54, 68; Deutsch, VersR 1991, 837, 839; Flume, Die Juristische Person, §8 I (S.258); Habersack, Mitgliedschaft, S.66ff., zusammenfassend S.98; ders., BB 2001, 477, 479; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S.85ff.; Kowalski, Ersatz, S.7; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 102; MK-Reuter, BGB, §38 Rn.10; MK-Ulmer, BGB, §705 Rn.l51a; Pflugradt, Leistungsklagen, S.44, 81; K. Schmidt, JZ 1991, 157, 158; ders., FS Kellermann, S.389, 392; Seidel, Treupflichten, S. 183f.; Stephan, Gesellschafterschaden, S.63f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, §2 I 1 b bb (S.95), §7 III 2 a (S.383); ders., WM 1975 Beilage 4 S.25; ders., Übertragung, S.39; Zöllner ZGR 1988, 392, 429. 7 6 Daraufweist mit Recht A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.63f. hin. 77 Vgl. im zuletzt genannten Sinne Beuthien, FS Wiedemann, S.755, 756. 72 73

20

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

zen verstehen78. Keinesfalls kann aber der Begriff der Mitgliedschaft beide Inhalte gleichzeitig verarbeiten 79 . Denn nach herkömmlicher Dogmatik ist zwischen einem Rechtsverhältnis einerseits und einem daraus fließenden subjektiven Recht andererseits zu unterscheiden80. Wer die Mitgliedschaft als subjektives Recht begreifen will, muß daher entweder das an zweiter Stelle genannte Verständnis befürworten oder aber die Überzeugungskraft jener Unterscheidung in Frage stellen. In der Tat wurde in neuerer Zeit versucht, die Trennung des Rechtsverhältnisses vom aus ihr fließenden subjektiven Recht einzuebnen81, und anknüpfend hieran dem subjektiven Rechtscharakter der Mitgliedschaft das Wort geredet 82 . Hingewiesen wird vor allem auf fließende Übergänge im Randbereich beider Begriffe: So seien Pfandrecht und Nießbrauch als subjektive Rechte zu qualifizieren; gleichzeitig aber gehe mit diesen beiden Rechtspositionen ein komplexes Gefüge an Rechten und Pflichten einher. Beschränkte dingliche Rechte verdichteten sich auf diese Weise zu Rechtsverhältnissen83. In gleicher Weise ließen sich das elterliche Sorgerecht oder das Recht des Ehegatten auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ebenso als familienrechtliches Rechtsverhältnis begreifen wie als subjektives Recht 84 . Ferner wird zur Untermauerung des subjektiven Rechtscharakters auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, die Mitgliedschaft als Ganzes zu veräußern 85 . Diese Ansicht kann, abgesehen davon, daß sie in sich nicht folgerichtig durchgeführt wird 86 , auch in der Sache nicht überzeugen. Denn sämtliche der genannten Rechte lassen sich von ihrem Entstehungstatbestand, dem Rechtsverhältnis, unterscheiden: so das Recht des Pfandgläubigers bzw. Nießbrauchers, eine fremde Sache zu verwerten bzw. zu nutzen, von der Bestellung des Pfandrechts bzw. Nieß7 8 In diesem Sinne wird der Begriff „Mitgliedschaft" gedeutet von Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 85ff.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.67. 7 9 So aber Binge, Gesellschafterklagen, S. 59, 87; K. Schmidt, J Z 1 9 9 1 , 1 5 7 f . ; dagegen wie hier Beuthien, FS Wiedemann, S.755, 757; Hadding, FS Kellermann, S.91, 103; A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.63f. 8 0 Vgl. nur Hadding, FS Steindorff, S.31, 34; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil §§ 13, 14; Medicas, Allgemeiner Teil, Rn.59; Steinbeck, DB 1995, 761, 762. 81 So namentlich Habersack, Mitgliedschaft, S.66ff., insbes. S.69; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 13 (S. 549f.); § 45 11 (S. 1309); für Mitgliedschaft als subjektives Recht und Rechtsverhältnis auch Flume, Juristische Person, § 8 I (S.258); MK-Reuter, BGB, § 38 Rn. 10; Wiedemann, Übertragung, S.39; Zöllner, ZGR 1988, 392. 8 2 So namentlich Habersack (wie vorige Fn.); ähnlich bereits K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I 3 (S.549f.); § 4 5 I 1 (S. 1305); ferner Röttger, Kernbereichslehre, S.54ff., 58ff.; Zöllner, Z G R 1988, 392, 429f. 83 Habersack, Mitgliedschaft, S.70ff. 84 Habersack, Mitgliedschaft, S.73. 85 MK-Reuter, BGB, § 3 8 R n . l l ; Röttger, Kernbereichslehre, S.60f.; Seidel, Treupflichten, S. 183 f.; Stephan, Gesellschafterschaden, S. 63 f. 8 6 So deutet die Formulierung bei Habersack, Mitgliedschaft, S.74 bei Fn. 58, das subjektive Recht sei mit dem Rechtsverhältnis verbunden, darauf hin, daß beides im Ansatz zu trennen sei; vgl. -A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.66; ähnlich kommt die Inkonsequenz zum Ausdruck bei Habersack, aaO.S. 93: Das subjektive Recht existiere nur im Rechtsverhältnis und beschreibe dessen berechtigende Seite.

B. TLur Charakterisierung

des Teilhaberecbts

an Verbandsentscbeidungen

21

brauchs; das Recht auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft von der Eheschließung; die elterliche Sorge vom Eltern-Kind-Verhältnis 87 . Ebensowenig rechtfertigt die Möglichkeit der Einzelveräußerung den Schluß, daß die Mitgliedschaft als subjektives Recht angesehen werden müsse; die Übertragbarkeit ist Folge der Einordnung als subjektives Recht und kann daher nicht zu deren Begründung herangezogen werden 88 . Die Übertragung „der Mitgliedschaft" ist nur die abgekürzte Formulierung für die zusammengefaßte Übertragung der aus ihr fließenden Einzelrechte 89 . Das bedeutet andererseits, daß die Mitgliedschaft nicht deshalb als subjektives Recht angesehen werden muß, weil sich die aus ihr fließenden Einzelbefugnisse wie z.B. das Stimm- und etwaige Informationsrechte wegen § 7 1 7 S. 1 BGB nicht isoliert übertragen ließen und daher als Einzelrechte keine subjektive Rechtsqualität erlangen könnten 90 : Wenn die Möglichkeit der Einzelveräußerung kein Argument für die Qualifikation als subjektives Recht ist, so ist die Unmöglichkeit auch kein Argument dagegen. Es bleibt mithin möglich und, wie sogleich zu zeigen sein wird, auch zutreffend, die aus der Mitgliedschaft fließenden Einzelrechte (und nur sie) als subjektive Rechte anzuerkennen. Vor allem aber wird bei der Gleichsetzung des Rechtsverhältnisses Mitgliedschaft mit einem subjektiven Recht Mitgliedschaft übersehen, daß das Rechtsverhältnis Mitgliedschaft bei weitem nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten des Mitglieds mit sich bringt 91 , die sich nicht bloß als immanente Beschränkung der Mitgliedsrechte begreifen lassen 92 , sondern eigenständig den Rechten des Mitglieds gegenüberstehen. Dazu gehört namentlich die Pflicht des Mitglieds, im Gesellschaftsvertrag versprochene Beiträge zu leisten. Sie steht den Mitgliedsrechten ähnlich selbständig gegenüber wie Leistungs- und Gegenleistungspflicht im Austauschvertrag, wenn sich auch eine synallagmatische Verknüpfung nicht herstellen läßt 93 . Das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis verkörpert damit ein sog. Schuldverhältnis im weiteren Sinn, das in keinem Fall mit den daraus fließenden subjektiven Rechten gleichgesetzt werden darf 9 4 . Gerade diese Eigenschaft des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses, selbständige wechselseitige Rechte und Pflichten zu begründen, steht auch im übrigen der Charakterisierung der Mitgliedschaft als 87

Kritisch auch A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S . 6 6 f . Z u t r e f f e n d Habersack, Mitgliedschaft, S.63f.; A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S . 7 0 f f . 89 Habersack, Mitgliedschaft, S. 63f.; Hadding, FS Steindorff, S. 31, 41; Klink, Mitgliedschaft, S. 121 f., 126 f. 90 So aber Habersack, Mitgliedschaft, S.78ff., insbes. S. 82; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 87. 91 Z u t r e f f e n d Beuthien, FS W i e d e m a n n , S. 755, 7 5 6 . 92 Wie das etwa bei den mitgliedschaftlichen Loyalitäts- u n d Unterlassungspflichten der Fall ist, vgl. A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 67; so dürfte beispielsweise in der Verpflichtung, nicht für gesellschaftsschädliche G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n zu stimmen, lediglich eine i m m a n e n t e Begrenzung des Stimmrechts zu erblicken sein. 93 Z u t r e f f e n d A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 6 7 f . 94 Das betont im Ansatz selbst Habersack, Mitgliedschaft, S. 67, der freilich die Mitgliedschaft nicht als ein solches Schuldverhältnis auffassen will; wie hier A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 6 7 88

22

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

subjektives Recht entgegen95 und unterscheidet die Mitgliedschaft insbesondere vom Eigentum, das von der Gegenauffassung herangezogen wird, um zu belegen, daß ein subjektives Recht nicht deshalb zu leugnen sei, weil mit ihm auch Pflichten einhergingen96: Die Pflichten des Eigentümers verkörpern nämlich lediglich immanente Begrenzungen seiner Herrschaftsbefugnisse. Deutlich zum Ausdruck kommt dies in der Verfassungsrechtslehre: Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 II GG) fungiert als Maßstab für die Zulässigkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 1 4 1 2 GG 9 7 . Eine andere Beurteilung ist selbst in denjenigen Fällen nicht geboten, in denen die Mitgliedschaft übertragbar ist 98 ; denn auch ein Unternehmen oder der Nachlaß einer Person können als Ganzes übertragen werden, ohne daß sie deswegen als solche subjektive Rechte wären 99 . Es verbleibt daher dabei, daß nicht die Mitgliedschaft als solche subjektives Recht ist 100 , sondern lediglich die aus ihr fließenden Einzelrechte 101 . Die Mitgliedschaft bezeichnet den Inbegriff dieser Einzelrechte 102 ; jene Rechte entspringen dem Mitgliedschaftsverhältnis als Rechtsverhältnis 103 . Daß die Mitgliedsrechte einem davon zu trennenden Rechtsverhältnis entspringen, wird namentlich am Ausschluß eines Gesellschafters aus wichtigem Grund deutlich 104 : Dieser Ausschluß wird damit gerechtfertigt, daß ein in die Lebensbetätigung eingreifendes Rechtsverhältnis aus wichtigem Grund muß beendet werden können 105 . Dies Rechtsverhältnis ist eben das Mitgliedschaftsverhältnis. 2. Mitgliedschaft

als „sonstiges"

a) Ausschluß- und

Recht

Nutzungsfunktion

Selbst wenn aber die Mitgliedschaft als subjektives Recht anzuerkennen wäre, würde sie nur dann von § 823 I BGB geschützt, wenn man sie außerdem noch als ein „sonstiges Recht" im Sinne dieser Vorschrift ansehen könnte. Eben dies bejaht die ganz h.M. 1 0 6 . Um ihr folgen zu können, müßte belegt werden, daß die MitA. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 73; Klink, Mitgliedschaft, S. 130f., 173. Vgl. MK-Reuter, BGB, § 3 8 Rn.10. 9 7 Vgl. nur Maunz/Dürig-Papier, GG, Art. 14 Rn.299. 9 8 Zutreffend A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.69ff. 99 Hadding, FS Steindorff, S.31, 35; A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.72. 1 0 0 Ebenso Beuthien, FS Wiedemann, S.755, 767ff.; Hadding, FS Steindorff, S.31 ff., 38; Hennrichs, ZIP 1995, 794, 798; Klink, Mitgliedschaft, S. 171; Steinbeck, DB 1995, 761, 762. 1 0 1 Ebenso Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.76; Hoffmann-Becking, ZHR 167 (2003), 357, 363; Rollin, Aktionärsklage, S. 182; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 67 102 Klink, Mitgliedschaft, S.132, 171. 103 Hadding, FS Kellermann, S.91, 96, 104; Hennrichs, ZIP 1995, 794, 798; Klink, Mitgliedschaft, S. 129; Steinbeck, DB 1995, 761, 762. 1 0 4 Dazu unten § 3 . 1 0 5 Auf diesen Zusammenhang weist mit Recht Klink (Mitgliedschaft, S. 98) hin. 1 0 6 BGHZ 110, 323, 327f., 334f.; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.203ff.; Banerjea, Gesellschafterklage, S.10, 177; Bayer, NJW 2 0 0 0 , 2609, 2611; Becker, Verwaltungskontrolle, S.533f.; Benecke, W M 2000, 1173; Binge, Gesellschafterklagen, S.63; Bork, ZIP 1990, 1037, 95

96

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an

Verbandsentscheidungen

23

gliedschaft die gleichen typusprägenden Merkmale aufweist, welche den in § 8 2 3 I B G B ausdrücklich genannten Schutzgütern innewohnen. Sie müßte sich als ein gegenüber jedermann geschütztes Rechtsgut darstellen lassen 1 0 7 , also nach überwiegender Ansicht mit Ausschlußfunktion

und NutzungsfunktionWH

bezeichnet als „ Z u w e i s u n g s g e h a l t "

109

(letzteres auch

) ausgestattet sein. Teilweise wird freilich

bereits im Ansatz nur auf die Nutzungsfunktion der Mitgliedschaft abgehoben, weil die Ausschlußfunktion nicht Voraussetzung, sondern erst Folge des Deliktsschutzes sei 1 1 0 . Aber selbst wenn man die Erfüllung beider

Funktionen für die An-

nahme eines sonstigen Rechts fordert, so erscheinen sie auf den ersten Blick für die Mitgliedschaft durchaus belegbar. So läßt sich eine Ausschlußfunktion der M i t gliedschaft dahingehend beschreiben, daß gegen den Willen des Mitglieds niemand anders die mitgliedschaftlichen Verwaltungs- und Vermögensrechte geltend machen darf: Das Mitglied ist selbst zuständig für die Abgabe seiner Stimme, die Erhebung eines Informationsbegehrens und die Inempfangnahme der darauf erteilten Information, die Einziehung des Gewinnanspruchs usw. Die Nutzungsfunktion besteht schlicht darin, daß das Mitglied von seinen Rechten Gebrauch machen und sie in den Grenzen der mitgliedschaftlichen Rechtsbindungen zum eigenen Nutzen ausüben k a n n 1 1 1 . b) Zur Funktion

des subjektiven

Rechts

Gleichwohl verbleiben Zweifel, o b allein mit diesen Überlegungen die Mitgliedschaft als „sonstiges R e c h t " im Sinne des § 8 2 3 I B G B eingeordnet werden kann. Beleuchtet man das soeben Gesagte näher, so erhellt, daß Ausschluß- und Nutzungsfunktion praktisch mit ein und derselben Formel beschrieben werden mußten: Die Nutzungsfunktion bestand darin, daß das Mitglied seine Rechte ausüben 1041 f.; ders./Oepen, ZGR 2002, 241, 249; Brondics, Aktionärsklage, S. 83; Cahn, ZHR 164 (2000), 113, 126; Casper, ZHR 163 (1999), 54, 68f.; Deutsch, VersR 1991, 837, 840f.; Emde, ZIP 2000, 1753, 1755 mit Fn.17; ders., WM 1996, 1205, 1209; Götz/Götz, JuS 1995, 106, 108f.; GroßkommAktG-Hopf, § 93Rn.470ff.; GroßkommAktG-K. Schmidt, §241 Rn.4; Habersack, Mitgliedschaft, S. 117ff.; ders., DStR 1998, 533,534; ders., BB 2001,477,479; Hachenburg-Mertens, GmbHG, § 43 Rn. 105; Ihlas, Organhaftung, S. 138; Kion, BB 1984, 984, 868; Kowalski, Ersatz, S.7; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, §76 II 4 e (S.394f.); Markwardt, WM 2004, 211, 217; Mertens, FS Fischer, S.461, 468; ders., AG 1978, 309, 310; MüHdbGesR IV/ Wiesner, § 18 Rn. 13; Pflugradt, Leistungsklagen, S.44, 81; Reuter, FS Lange, S.707ff.; Rollin, Aktionärsklage, S. 174; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 92; ders.,]Z 1991,157,158f.; Seidel, Treupflichten, S. 185f.; Stephan, Gesellschafterschaden, S.64f.; Vollmann, Minderheitenschutz, S.132f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht §7 III 2a (S.383); ders., WM 1975 Beilage 4 S.25; Worch, Treuepflichten, S. 131. Für Deliktsschutz der „subjektiven Mitgliedschaftsrechte" Stall, AcP 162(1963), 203,212. 107 A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 77. 108 Jauernig-Teichmann, BGB, §823 Rn. 12; Klink, Mitgliedschaft, S. 79; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, §76 I 1 b,c (S.374f.); Medicus, Bürgerliches Recht, Rn.607. 1 0 9 Vgl. A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.77 1,0 Habersack, Mitgliedschaft, S.130ff. 111 Vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 164; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 II 4 e (S.394); Stephan, Gesellschafterschaden, S. 64f.

24

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

kann, und die Ausschlußfunktion darin, daß außer ihm kein anderer jene Rechte ausüben kann. Und in der Tat reichen diese Aussagen nicht hin, um auch nur eine dieser beiden Funktionen in Gestalt der Mitgliedschaft als erfüllt anzusehen: Wollte man ein Recht allein mit der These, es könne von seinem Inhaber zum eigenen Nutzen ausgeübt werden, in den Status eines „sonstigen" Rechts erheben, so wäre jedes

subjektive Recht zugleich ein „sonstiges" Recht. Denn der Begriff

des subjektiven Rechts ist eng verknüpft mit der Gewährleistung individueller Freiheit 1 1 2 : Subjektive Rechte werden gewährt, um ihrem Inhaber rechtlich den ihm zukommenden Freiraum zu garantieren; der Berechtigte soll im R a h m e n jener Rechte bestimmen können, wie sich sein Leben im K o n t e x t seines sozialen Umfeldes gestaltet. J e d e m subjektiven Recht ist es also wesenseigen, daß es zum eigenen Nutzen ausgeübt werden darf. D a n n kann aber nicht eben diese Möglichkeit das besondere Charakteristikum eines „sonstigen" Rechts verkörpern; denn sonst würde die Entscheidung des Gesetzgebers, Schadensersatz nach § 8 2 3 I B G B nur bei Verletzung von in besonderer Weise herausgehobenen Rechtsgütern zu gewähren, konterkariert und in Wahrheit einer großen deliktsrechtlichen Generalklausel das Wort geredet. Aus dem gleichen Grunde kann für die Ausschlußfunktion nicht die Feststellung ausreichen, das betreffende Recht dürfe außer von seinem Inhaber von niemand anderem ausgeübt werden (es sei denn, der Inhaber sei einverstanden); denn wenn das subjektive Recht individuellen Freiraum gewährleisten soll, so ist damit die Freiheit von ungewollter fremder Ingerenz notwendig inbegriffen. Es überrascht nicht, daß eine im Vordringen befindliche Lehre die Eigenheiten des subjektiven Rechts in eben den beiden beschriebenen M e r k m a l e n e r b l i c k t 1 1 3 : Es weise seinem Inhaber eine Verhaltensberechtigung

und verbiete jedem anderen,

den Rechtsinhaber in der Ausübung jener Berechtigung zu stören (sog. tenznorm).

Inkompe-

Diese Theorie ist ihrerseits auf Skepsis 1 1 4 , teilweise auch auf offene Ab-

lehnung gestoßen: Das generelle Verbot an jedermann, sich des Zugriffs auf ein fremdes Recht zu enthalten, sei nur bei absoluten Herrschaftsrechten d e n k b a r 1 1 5 . O h n e daß hier ein fundierter Beitrag geleistet werden könnte, um die Theorie des subjektiven Rechts fortzuentwickeln, sei betont, daß sich jedenfalls dieser Einwand nicht halten l ä ß t 1 1 6 : Wenn das subjektive Recht individuelle Freiheit gewährleisten soll, so eben auch die Freiheit von der Störung durch andere.

c) Die Parallele zur gewöhnlichen

Forderung

Freilich fehlt es in neuerer Zeit nicht an Stimmen, die den Begriff des „sonstigen R e c h t s " erheblich ausweiten wollen. Insbesondere soll danach bereits die gewöhn112 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 302; Klink, Mitgliedschaft, S. 75; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 14 Rn.4ff.; Pflugradt, Leistungsklagen, S.29. 113 Zum Folgenden Bork, Vergleich, S. 193ff.; y, Dynamische Relativität, S.25ff. 374ff.; ]. Schmidt, Aktionsberechtigung, S.53ff.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.62f. 114 Z.B. K. Schmidt, ZHR 157 (1993), 87, 90. 115 Habersack, Mitgliedschaft, S. 23; Larenz, FG Sontis, S.129. 116 Ablehnend auch Bork, Vergleich, S. 194f. mit Fn.20.

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

25

liehe schuldrechtliche Forderung als „sonstiges Recht" in Betracht kommen, wobei der Deliktsschutz zum Teil auf die bloße Forderungszuständigkeit (verstanden als die Befugnis zur Einziehung der und zur Verfügung über die Forderung) beschränkt 117 , zum Teil aber auch auf jeden gegen das obligatorische Recht gerichteten Eingriff erstreckt wird 118 . Die Begründung hierfür kann kaum überraschen: Die Forderung, so wird argumentiert, sei ihrem Gläubiger, und nur ihm, rechtlich zugeordnet und besitze also Zuweisungsgehalt und Ausschlußfunktion 119 . Wäre das richtig, so kämen, wenn nicht schon die Mitgliedschaft als solche, so doch zumindest die in ihr enthaltenen mitgliedschaftlichen Einzelrechte als „sonstige Rechte" in Betracht: Sie sind ebenfalls dem Mitglied zugeordnet und nur ihm. Die Parallele zur Forderung wird noch dadurch verstärkt, daß jene Einzelrechte sich zu Leistungsansprüchen verdichten können, so z.B. zum Anspruch auf Auszahlung der beschlossenen Dividende oder, wie noch zu zeigen sein wird 1 2 0 , im Rahmen des Stimmrechts zum Anspruch auf Ausführung einer positiv oder Unterlassung einer negativ (oder, obwohl erforderlich, noch überhaupt nicht) beschlossenen Maßnahme. Indes läßt sich der Deliktsschutz, wie soeben gezeigt, nicht allein dadurch schlüssig belegen, daß eine ausschließliche rechtliche Zuordnung aufgezeigt wird. Für die Annahme eines subjektiven Rechts hätte der Hinweis auf eine so gestaltete Zuordnung genügt; für die Annahme eines „sonstigen" Rechts reicht sie gerade nicht hin. Das gilt für die gewöhnliche Forderung in gleicher Weise wie für die Mitgliedschaft bzw. die aus ihr folgenden Einzelrechte. d) Die Präexistenz des

Herrschaftsobjekts

Man mag freilich einwenden: Wenn das subjektive Recht seinem Inhaber eine Verhaltensberechtigung zuweise und jeden Dritten mit einem Störungsverbot belege, so seien damit, wenn auch mit anderen Vokabeln, in der Sache eben die in § 903 BGB beschriebenen Funktionen des Eigentums angesprochen. Die Zuweisung einer Verhaltensberechtigung, so könnte man argumentieren, sei nur eine andere Bezeichnung für die Nutzungsfunktion; und das Störungsverbot bzw. die Inkompetenznorm entspreche inhaltlich der Ausschlußfunktion. Dann aber sei nicht verständlich, weswegen § 903 BGB Ausschluß- und Nutzungsfunktion gerade dem Eigentum zugeschrieben und dies im Gegensatz zum Vermögen im allgemeinen unter besonderen Deliktsschutz gestellt habe. Und in der Tat scheint sich die oben angedeutete Lehre vom subjektiven Recht vom Boden des Gesetzes zu entfernen; denn sie will auf dem Boden ihrer Kriterien - Verhaltensberechtigung plus Inkompetenznorm - die Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Rechten ein117

So C. Becker, AcP 196 (1996), 439, 470ff.; Canaris, FS Steffen, S. 85, 94, 97; Dörner, Dynamische Relativität, S. 64ff.; Hüffer, Z H R 161 (1997), 867, 869f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 II 4 g (S. 397f.) ; Stoll, AcP 162 (1963), 203, 212. 118 So Bäk, Strukturwandel, S.29ff.; Hepp/Schwab, Mitgliedschaft, S. 83f.; Löwisch, Deliktsschutz, S.59ff., insbes. S. 86f. 119 Larenz/Canaris, Schuldrecht U/2, § 7 6 II 4 g (S.397f.); Canaris, FS Steffen, S.85, 90ff. 120 Unten VII 1, 4.

26

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

ebnen 121 und hat sich gerade deswegen den Einwand mangelnder Rückbindung an den Willen des Gesetzgebers eingefangen, der eine rechtsdogmatische Unterscheidung zwischen diesen beiden Rechtstypen ausdrücklich gewollt habe 1 2 2 . Indes: Selbst auf dem Boden jener Lehre läßt sich das „sonstige" Recht aus dem Kreis der subjektiven Rechte qualitativ hervorheben. Es kann freilich nicht allein mit den Begriffen Ausschluß- und Nutzungsfunktion beschrieben werden. Dies aber entspricht durchaus dem Gesetz; denn selbst das Sacheigentum, dessen Merkmale zum Ausgangspunkt für die Ermittlung „sonstiger" Rechte genommen werden 123 , erschöpft sich nicht in Ausschluß- und Nutzungsfunktion. Die Vergleichbarkeit mit dem Eigentum und damit die Qualität eines „sonstigen" Rechts erreicht eine Rechtsposition vielmehr erst dann, wenn sich ein Bezugspunkt von Ausschlußund Nutzungsfunktion nachweisen läßt, der seinen Ursprung in etwas der Rechtsordnung Vorgegebenem findet - ebenso wie das Eigentum sich auf die der Rechtsordnung vorgegebene Sache bezieht, also auf ein Rechtsobjekt, das rein tatsächlich vorhanden ist und an dessen Vorhandensein die Rechtsordnung überhaupt erst die Frage anknüpfen kann, wem es zugeordnet ist. Die Sache existiert ohne Rücksicht auf die jeweils geltende Rechtsordnung; sie ist im Verhältnis zu ihr präexistent. Indem diese Sache der Ausschluß- und Nutzungsbefugnis einer Person zugeordnet wird, wird sie deren Herrschaft unterworfen. Das Eigentum ist daher ein Herrschaftsrecht über eine Sache. Ausschluß- und Nutzungsfunktion müssen daher, wenn sie die Vergleichbarkeit einer Rechtsposition mit dem Eigentum herstellen sollen, jene Position in ähnlicher Weise zu einem Herrschaftsrecht erstarken lassen - zu einem Recht, das eben eine Herrschaft über etwas dermaßen Vorgegebenes vermittelt. Ein solches Herrschaftsverhältnis, eine solche Subjekt-Objekt-Beziehung läßt sich beispielsweise für die gewöhnliche Forderung nicht belegen: Das Forderungsrecht bezieht sich nicht auf eine Sache, sondern richtet sich nur gegen eine bestimmte Person, nämlich gegen den Schuldner 124 . Gegen diesen richten sich folgerichtig auch die an die Verletzung der Leistungspflicht anknüpfenden rechtlichen Sanktionen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts 125 ; Dritte werden von jenen Regeln nicht betroffen. Und die Forderung verweist nicht auf ein außerhalb ihrer selbst liegendes Objekt, sondern erschöpft sich in sich selbst 126 . Anders als das Eigentum kann sie ohne ein Rechtsverhältnis zu einer anderen Person nicht existieren. Die Forderung existiert nicht, bevor sich die Frage nach ihrer Zuordnung zu einem Rechtssubjekt stellt, sondern wird umgekehrt erst durch das rechtlich rele1 2 1 So namentlich Dörner, Dynamische Relativität, S. 46 ff., 53 ff.; ebenso Bork, Vergleich, S. 195; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 84. 1 2 2 Vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S.23ff. 1 2 3 Vgl. nur Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 607. 124 A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 103 1 2 5 Vgl. A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 103; Klink, Mitgliedschaft, S. 79; Medicus, FS Steffen, S.333, 338; Wiedemann, Übertragung, S.21. 126 Habersack, Mitgliedschaft, S. 133f.; A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 103; Krasser, Schutz, S. 186; Medicus, FS Steffen, S.333, 340.

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

27

vante Verhalten von Rechtssubjekten ins Leben gerufen. Sie ist daher nicht nach § 8 2 3 I B G B geschützt - auch nicht als „Forderungszuständigkeit" 1 2 7 . Und ebensowenig ist die Mitgliedschaft ein Herrschaftsrecht 1 2 8 . Denn die mit ihr einhergehenden Befugnisse beziehen sich nicht auf ein bereits vorhandenes (präexistentes) Objekt, sondern auf einen erst durch das Verhalten von Rechtssubjekten geschaffenen Verband 1 2 9 , der seinerseits nicht Rechts- und damit auch nicht Herrschaftsobjekt, sondern Rechtssubjekt mit eigenen Rechten und Pflichten ist 1 3 0 . Die Mitgliedsrechte richten sich ebenso gegen den Verband wie die Forderung gegen den Schuldner. Die Mitgliedschaft ist daher ebensowenig ein absolut geschütztes („sonstiges") Recht wie die gewöhnliche Forderung 1 3 1 . Sie ist wie diese allein eine Zusammenfassung von relativen Rechten gegenüber dem Verband 1 3 2 . Das unterscheidet sie von den (ebenfalls vertraglich begründeten) beschränkt dinglichen Rechten, welche als „sonstige Rechte" anerkannt sind 1 3 3 : Diese beziehen sich auf eine Sache und nicht wie die Mitgliedschaft auf eine selbständige Rechtsperson. e) Herrschaftsrechte

an anderen

Rechtspersonen?

Auf selbständige Rechtspersonen beziehen sich freilich ebenso die familienrechtlichen Rechtspositionen Ehe und Elternrecht. Dies hat Rechtsprechung und Schrifttum nicht daran gehindert, im elterlichen Sorgerecht ein „sonstiges" Recht zu erblicken 1 3 4 und in bezug auf die Ehe zumindest einen räumlich-gegenständlichen Bereich als deliktsrechtlich geschützt anzuerkennen 1 3 5 . Auch diese beiden Positionen sind daher zum Beleg für die These herangezogen worden, die Mitgliedschaft sei ein „sonstiges" Recht 1 3 6 . Indes kann auch einer hierauf gestützten Argumenta127 Zutreffend Habersack, Mitgliedschaft, S. 134; Klink, Mitgliedschaft, S. 80f.; Krasser, Schutz, S. 192ff. ; Medtcus, FS Steffen, S. 333, 340ff.; MK-Mertens, BGB, § 823 Rn. 132; Otte, J Z 1969, 2 5 3 , 2 5 5 f . 128 So aber Habersack, Mitgliedschaft, S.139ff.; MK-Ulmer, BGB, § 7 0 5 R n . l 5 1 a ; Röttger, Kernbereichslehre, S.59f.; K. Schmidt, J Z 1991, 157, 158; ders., FS Kellermann, S . 3 8 9 , 392; dagegen wie hier A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.117f.; Reuter, FS Lange, S . 7 0 7 , 7 2 2 , 7 2 8 ; ders., AcP 197 (1997), 325, 329. 1 2 9 Zutreffend Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 70; Teichmann, FS Mühl, S. 6 6 3 , 677; Winter, Treubindungen, S.54f.; Zöllner, Z G R 1988, 392, 4 3 0 . 130 Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.118ff.; MK-Reuter, BGB, § 3 8 R n . 1 6 ; Dagegen will Rhein, Interessenkonflikt, S. 165 ein Herrschaftsrecht über den „gesellschaftsrechtlichen Organismus" annehmen. 131 Wie hier A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 106. 1 3 2 Zutreffend A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 121; Klink, Mitgliedschaft, S. 163. 1 3 3 Auf sie verweist Habersack, Mitgliedschaft, S. 184 134 B G H Z 1 1 1 , 1 6 8 , 1 7 2 f f . ; Jauernig-Teichmann, BGB, § 823 Rn. 14; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 7 6 II 4 i (S.399); D. Schwab, Familienrecht, R n . 5 8 5 ; Soergel-Strätz, BGB, § 1 6 2 6 Rn.4. 135 B G H Z 34, 80, 87; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 17 II 2 (S. 154f.); Habersack, Mitgliedschaft, S. 145; Medicus, Bürgerliches Recht, R n . 6 1 6 f f . ; MK-Wacke, BGB, § 1 3 5 3 R n . 4 3 ; D. Schwab, Familienrecht, Rn. 138ff. 136 Beuthien, FS "Wiedemann, S. 7 5 5 , 7 6 5 ; Habersack, Mitgliedschaft, S. 142f.; Reuter, FS Lange, S . 7 0 7 , 709f.; Möllmann, Minderheitenschutz, S . 1 3 2 f .

28

5 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

tion kein Erfolg beschieden sein. Denn mit ihr wird der gedankliche Ausgangspunkt verlassen, auf der die Einordnung der Mitgliedschaft als „sonstiges" Recht beruhte - nämlich der Versuch, die Mitgliedschaft ähnlich dem Eigentum als ein Herrschaftsrecht darzustellen. Unter den in § 823 I BGB ausdrücklich genannten Rechtsgütern ist allein das Eigentum ein Herrschaftsrecht; Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit sind es nicht. Die letzteren sind nicht einmal subjektive Rechte 1 3 7 ; und ebensowenig ist es das als „sonstiges" Recht anerkannte allgemeine Persönlichkeitsrecht 138 . Daraus erhellt: Wer eine Rechtsposition als ein „sonstiges" Recht herausbilden will, muß zu Beginn seiner Überlegungen die Weichen seiner Argumentation dahin stellen, ob er einen Vergleich mit den Persönlichkeitswerten (Leben, Körper usw.) oder mit dem Sacheigentum anstrebt. Die familienrechtlichen Rechtspositionen lassen sich als sonstige Rechte nur aus einem Vergleich mit den Persönlichkeitswerten begründen 139 ; denn um dem Eigentum vergleichbare Herrschaftsrechte handelt es sich bei ihnen ganz gewiß nicht 1 4 0 . Das gilt namentlich für die elterliche Sorge; denn diesem Recht wohnt eine eigenartige, auf die Mitgliedschaft nur begrenzt übertragbare Struktur inne: Es ist nach Art. 6 II 1 GG zugleich Recht und Pflicht der Eltern. Pflicht ist es insoweit, als sich die Ausübung der elterlichen Sorge nicht an den Freiheitsinteressen der Eltern, sondern ausschließlich am Kindeswohl zu orientieren hat 1 4 1 und ihre Ausübung als solche nicht im Belieben der Eltern steht, sondern für sie obligatorisch ist 1 4 2 ; Recht ist es insoweit, als die Rechtsordnung das Interesse der Eltern am Wohlergehen ihrer Kinder anerkennt 143 und keinen bestimmten Erziehungsstil oder -inhalt oktroyiert 1 4 4 , sondern ihnen zugesteht, im Rahmen des Vertretbaren ihre eigenen Vorstellungen von dem zu entfalten, was dem Wohl des Kindes entspricht. Das Elternrecht ist mit anderen Worten ein Pflichtrecht (fremdnütziges Recht) 1 4 5 . Nun ist in der Rechtslehre betont worden, gerade am Beispiel der elterlichen Sorge werde deutlich, daß auch Pflichtrechte Herrschaftsrechte sein könnten 1 4 6 . Gerade für das Eltern-Kind-Verhältnis ist indes dieser Überlegung entschieden zu widersprechen: Denn wie soeben gezeigt, beruht eine Argumentation, die aus dem Charakter als Herrschaftsrecht auf ein sonstiges Recht schließt, zwingend auf dem Ausgangspunkt, daß die Einordnung als sonstiges Recht aus einem Vergleich mit So Habersack selbst, Mitgliedschaft, S. 137f.; ferner Bork, ZGR 1989, 1, 12 Habersack, Mitgliedschaft, S.137f. 1 3 9 Im Ergebnis wie hier A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 119 1 4 0 Deutlich in diesem Sinne für die Ehe Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 17 I 3 (S. 153); für das Elternrecht Soergel-Strätz, BGB, § 1626 Rn.4; den fehlenden Charakter als Herrschaftsrecht räumt auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 138f., 180 ein. 141 BGHZ 66, 334, 337. 1 4 2 Dies kommt im Wortlaut des § 1626 I BGB deutlich zum Ausdruck. 1 4 3 BGHZ 66, 334, 337. 144 Soergel-Strätz, BGB, § 1626 Rn.2. 145 Gernkuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 5 V 9 (S.49); MK-Hinz, BGB, § 1626 R n . l ; D. Schwab, Familienrecht, Rn.517; Soergel-Strätz, BGB, § 1626 Rn.3. 1 4 6 Vgl. Reuter, FS Lange, S. 707, 710. Für Elternrecht als Herrschaftsrecht auch Deutsch, VersR 1991, 837, 838. 137

138

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

29

dem Eigentum gewonnen wird. Mit dem Eigentum läßt sich aber die elterliche Sorge nicht vergleichen; namentlich würde es dem Fürsorgecharakter dieses Rechts widerstreiten, ihm eine „Nutzungsfunktion" beizulegen. Indes - möglicherweise macht gerade der Blick ins Familienrecht einen entscheidenden Unterschied in der rechtlichen Struktur der elterlichen Sorge einerseits, der Mitgliedschaft andererseits deutlich, welche es ermöglicht, letztere im Gegensatz zur ersteren als „sonstiges Recht" zu begreifen. Denn wenn die elterliche Sorge ausschließlich im Kindesinteresse auszuüben ist, so ist sie damit auf das rechtlich eigenständige Interesse einer anderen Person bezogen; sie ist Fürsorge um eines anderen willen. Nun ist die Figur des Pflichtrechts auch aus dem Verbandsrecht bekannt, nämlich in Gestalt des Stimmrechts eines Mitglieds in Geschäftsführungsangelegenheiten: Inhaltlich hat sich die Stimmabgabe allein am Gesellschaftsinteresse auszurichten; und dennoch ist das Stimmrecht insoweit auch subjektives Recht des Gesellschafters, als diesem ein eigenes rechtlich geschütztes Interesse zugebilligt wird, selbst zu entscheiden, was seiner Ansicht nach dem Wohl der Gesellschaft am besten dient. Das Gesellschaftsinteresse ist aber gerade nicht in der gleichen Weise gegenüber dem Interesse der Mitglieder rechtlich eigenständig wie das Interesse des Kindes gegenüber dem der Eltern. Vielmehr wird zu zeigen sein 147 , daß das Gesellschaftsinteresse eine lediglich imaginäre Größe verkörpert, mit deren Hilfe das Interesse der Verbandsmitglieder an der gemeinsamen Zweckverfolgung aggregiert und in Rechtspositionen der Gesellschaft umgesetzt wird. Daraus folgt, daß im Einverständnis aller Mitglieder auch eine Schädigung des Verbandes rechtmäßig sein kann. Das Verbandsinteresse führt also wieder auf das Interesse des Mitglieds zurück. Vor diesem Hintergrund könnte man argumentieren, die Mitgliedschaft sei - gerade im Gegensatz zur elterlichen Sorge - ein Herrschaftsrecht: Das Mitglied erstrebt im Gegensatz zu den Eltern legitimen eigenen Nutzen; das Verbandsinteresse ist nur eine Kurzformel für das Interesse der Mitglieder an der Zweckverfolgung, findet also seinen rechtlichen Ursprung im Interesse der Mitglieder selbst - gerade anders als die elterliche Sorge, die ausschließlich im Interesse des Kindes selbst wurzelt. f) Kein Deliktsschutz

der allgemeinen

Handlungsfreiheit

Gerade die Einsicht, daß das Mitglied in letzter Konsequenz eigene Zwecke verfolgt, indem es an einem Verband mitwirkt, führt indes dazu, daß der Mitgliedschaft im Ergebnis die Einordnung als „sonstiges" Recht versagt bleiben muß. Die Befugnis, an Entscheidungen im Verband mitzuwirken, sich über das Leben im Verband zu informieren und am Erfolg der Verbandstätigkeit teilzuhaben (in Gestalt etwa von Gewinnausschüttungen), wird dem Mitglied als Kompensation dafür zugewiesen, daß es Autonomie und Vermögen zugunsten des Verbandes opfert 148 . Das Mitglied hat sich entschieden, einen bestimmten Zweck nicht allein, Unten § 2 B IX. So Habersack selbst, Mitgliedschaft, S.77, 143, 193; ferner Schütz, S. 104; Semler, AnwBl. 1991, 4 4 0 , 442. 147

148

Sachlegitimation,

30

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

sondern im Zusammenwirken mit anderen zu verfolgen und sich zu diesem Zweck in die Regeln der dafür zwingend notwendigen Organisation zu fügen. Die Verfolgung jenes Zwecks durch das Mitglied allein wäre nichts weiter als die Betätigung der allgemeinen Handlungsfreiheit, welche als solche unbestritten nicht deliktisch geschützt ist 149 . Wenn die Mitgliedsrechte das Pendant dafür sind, daß das Mitglied über die Zweckverfolgung nicht mehr allein entscheidet, so kann daher ein deliktischer Schutz ebensowenig eingreifen: Die Verwirklichung allgemeiner Handlungsfreiheit wird nicht dadurch zum „sonstigen" Recht, daß sie statt allein im Zusammenwirken mit anderen ausgeübt, daß m.a.W. Allein- durch Mitentscheidungsfreiheit ersetzt wird. Verschiedentlich hat man allerdings versucht, den Charakter der Mitgliedschaft als „sonstiges" Recht aus der Anerkennung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb 1 5 0 abzuleiten: Jene verkörpere wie dieses Chancen der Persönlichkeitsverwirklichung in Zusammenarbeit und in Konkurrenz mit anderen 1 5 1 . Konsequent soll Deliktsschutz nur bei sog. mitgliedschaftsbezogenen Eingriffen gegeben sein 152 - ebenso wie der Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb, um Ansprüche aus § 823 I BGB auszulösen, betriebsbezogen sein muß 1 5 3 . Gewiß: In Gestalt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hat eine bestimmte Form der Betätigung allgemeiner Handlungsfreiheit Eingang in den Deliktsschutz gefunden. Es überrascht nicht, daß die Anerkennung dieses Rechts von gewichtigen Stimmen in der Literatur kritisiert wird 1 5 4 ; denn die Ausweitung des Deliktsschutzes korrespondiert mit einer erheblichen Einschränkung der Handlungsfreiheit derjenigen Außenstehenden, welche mit dem Unternehmen in Kontakt treten. Selbst wenn man aber den Deliktsschutz der gewerblichen Betätigung insoweit akzeptiert, läßt sich die Mitgliedschaft mit dieser Überlegung nicht in den Stand eines „sonstigen" Rechts heben 1 5 5 : Die Verwirklichung allgemeiner Handlungsfreiheit durch Beteiligung an einem Verband manifestiert sich in der gemeinsamen Zweckverfolgung. Rechtspositionen, welche hieraus resultieren, werden, wie noch zu zeigen sein wird 1 5 6 , von der Rechtsordnung in Rechtspositionen des Verbandes umgesetzt. Namentlich bei Handelsgesellschaften steht das Recht am eingerichteten uns ausgeübten Gewerbebetrieb der Gesellschaft selbst und nicht den Mitgesellschaftern zu 1 5 7 . Der Beteiligung des Mitglieds an derjenigen Organi149

Vgl. n u r MK-Mertens, BGB, § 8 2 3 Rn. 82. Vgl. dazu n u r MK-Mertens, BGB, § 823 R n . 4 8 1 f f . 151 Reuter, FS Lange, S . 7 0 7 , 710ff.; ders., in M K , BGB, § 3 8 Rn. 17. Für Parallele z u m Recht am eingerichteten u n d ausgeübten Gewerbebetrieb auch Beuthien, FS W i e d e m a n n , S. 755, 765 ff. 152 Bork, ZIP 1990, 1037, 1042; Götz/Götz, JuS 1995, 106, 109; Mertens, FS Fischer, S . 4 6 1 , 4 6 9 ; Reuter, AcP 1 9 7 (1997), 322, 3 2 7 ; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 136. 153 Vgl. nur B G H Z 2 9 , 65, 74; 55 153, 161; 69, 128, 139. ,54 Vgl. z.B. Larenz/Canaris, SchuldrechtII/2, § 8 1 IV (S.560ff.). 155 Ablehnend insoweit auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 136, 141 f.; Klink, Mitgliedschaft, §175. 156 Unten § 2 B IX. 157 Z u t r e f f e n d Geßler-Hefermehl, A k t G , § 93 R n . 9 4 . 150

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an

Verbandsentscheidungen

31

sation, welche den Gewerbebetrieb unterhält, k a n n vor diesem Hintergrund kein eigenständiger deliktischer Schutz mehr zukommen. g) Sozialtypische

Offenkundigkeit

Die Rechtslehre hat das Kriterium für die Vergleichbarkeit eines „sonstigen" Rechts mit den in § 8 2 3 I B G B ausdrücklich genannten nicht allein in der Ausschluß- und Nutzungsfunktion gesucht. Das Wesensmerkmal von Eigentum, Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit wurde vielmehr von anderer Seite darin erblickt, daß diesen Rechtsgütern eine sozialtypische

Offenkundigkeit

eigne in dem

Sinne, daß jedem durchschnittlichen Rechtsgenossen ihre Existenz und das Verbot ihrer Beeinträchtigung bewußt sei. Andere als diese R e c h t e seien daher dann „sonstige" Rechte im Sinne des § 8 2 3 I B G B , wenn ihnen dieselbe sozialtypische Offenkundigkeit i n n e w o h n e 1 5 8 . J e n e Offenkundigkeit will nun ein Teil der Literatur auch für die Mitgliedschaft behaupten 1 5 9 : Unstreitig mit absolut geschützt seien Ehe und Elternrecht als familienrechtliche Rechtspositionen; ihnen k o m m e ohne weiteres jene Offenkundigkeit zu. Die Mitgliedschaft sei diesen Positionen in drei Punkten ähnlich: Beide verkörperten nicht nur eine kurzfristige Erscheinung des Marktaustauschs, sondern ein Lebensverhältnis; beiden k o m m e eben jene sozialtypische Offenkundigkeit zu; und beide bestimmten gleichermaßen die soziale Existenz des einzelnen. An dieser Annahme stört bereits die Qualifikation der Mitgliedschaft als Lebensverhältnis, namentlich wenn sie sich von anderen Rechtsbeziehungen dadurch abheben soll, daß sie sich nicht in einem kurzlebigen Akt des M a r k t a u s tauschs erschöpft. Dadurch wird nämlich der falsche Eindruck erweckt, jede D a u errechtsbeziehung von einigem Gewicht verkörpere ein sonstiges R e c h t 1 6 0 . Vor allem aber erscheint die Annahme, bei der Mitgliedschaft handele es sich um ein Lebensverhältnis, in ihrer Allgemeinheit stark übertrieben: Die rechtliche Beziehung des Mitglieds zu einem Massenverein ist durch Anonymität geprägt; und der Aktionär einer Publikumsgesellschaft ist häufig von vornherein nicht an einer dauerhaften Beteiligung interessiert, sondern an einem Anlageobjekt, das er bei der nächsten günstigen Gelegenheit mit Gewinn wieder abstoßen k a n n 1 6 1 .

Was

schließlich die sozialtypische Offenkundigkeit anbelangt, so reicht diese bei der Mitgliedschaft nicht weiter als bei einer gewöhnlichen schuldrechtlichen Forder u n g 1 6 2 . Diese aber ist selbst auf dem Boden der Lehre, der zufolge die sozialtypische Offenkundigkeit das maßgebliche Aufgreifkriterium für die Annahme eines 158 Fabricius, AcP 160 (1960), 273, 291 f., 336. Binge, Gesellschafterklagen, S.63, und MKMertens, BGB, § 823 Rn. 123 wollen dies Kriterium kumulativ zu Ausschluß- und Nutzungsfunktion heranziehen. 159 Götz/Götz, JuS 1995, 106, 108f.; Reuter, FS Lange, S.707, 710ff.; ders., AcP 197/1997), 322, 325ff.; ders., in MK, BGB, § 38 Rn. 16. 160 Recht gegen eine solche Schlußfolgerung auch A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 114. 161 A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 113f. 162 Eingehend A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 109ff.

32

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

„sonstigen" Rechts sein soll, gerade kein solches Recht 1 6 3 . Daß die Mitgliedschaft nicht „sozialtypisch offenkundig" ist 1 6 4 , leuchtet gerade dann ein, wenn man sich nochmals die Bedeutung dieses Kriteriums vergegenwärtigt: Es soll für jeden durchschnittlichen Rechtsgenossen klar zutage liegen, daß das betreffende Lebensgut existiert und nicht beeinträchtigt werden darf. Davon kann bei der Mitgliedschaft keine Rede sein 165 ; selbst wenn sie im Ansatz als Lebensgut in dieser Weise offenkundig wäre, so wäre doch damit noch nichts über die Reichweite des Deliktsschutzes ausgesagt 166 . Wenn sich in diesem Punkt die Rechtsgelehrten mit tiefgründigen und in hohem Maße beachtlichen Überlegungen 167 streiten, wird man kaum dem durchschnittlichen Rechtsgenossen abverlangen können, ihm habe die Mitgliedschaft als zu schützendes Lebensgut klar vor Augen zu stehen. Anders als das Eigentum und die typenmäßig begrenzte Anzahl von dinglichen Rechten an einer Sache gewährleistet die Mitgliedschaft kein auch nur wenigstens im Kern typusprägendes Minimum von Zuständigkeiten 168 . Der Zuweisungsgehalt der Mitgliedschaft wird vielmehr erst maßgeblich durch den Inhalt der Satzung bestimmt 169 - ebenso wie der Inhalt einer gewöhnlichen Forderung durch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis, etwa den geschlossenen Vertrag, geprägt wird. Man wende nicht ein, die Mitgliedschaft sei ebenso sozialtypisch offenkundig wie das Eigentum, weil beispielsweise der Grundeigentümer in Wahrheit ebenfalls nicht nach Belieben mit dem Grundstück verfahren dürfe, sondern eine Fülle namentlich öffentlichrechtlicher Nutzungsregeln zu beachten habe 1 7 0 . Denn damit wird der gedankliche Ausgangspunkt der Lehre von der sozialtypischen Offenkundigkeit, nämlich die Perspektive eines durchschnittlichen Rechtsgenossen, verlassen: Daß fremdes Eigentum zu respektieren ist, ist für jedermann erkennbar ein fundamentales Lebenselement einer freiheitlichen Vermögensordnung. Jedem ist m.a.W. bewußt, daß grundsätzlich Ausschluß- und Nutzungsfunktion gewährleistet sind. An diesem rechtlichen Urzustand des Eigentums ändern auch etwaige Nutzungsbeschränkungen nichts. Bei weitem nicht so 163 Fabricius, AcP 160 (1960), 273, 301 f.; darauf mit Recht hinweisend A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.109. Gegen die sozialtypische Offenkundigkeit der Forderung ferner Krasser, Deliktsschutz, S. 183f. Anders aber Canaris, FS Steffen, S. 85, 94f.: Die Innehabung der Forderung sei sozialtypisch offenkundig. 1 6 4 Im Ergebnis ebenso Hüffer, Z H R 161 (1997), 867, 869; Klink, Mitgliedschaft, S.70f. 1 6 5 Ebenso Winter, Treubindungen, S. 55 1 6 6 In der fehlenden Aussagekraft hinsichtlich der Reichweite des Deliktsschutzes liegt die große Schwäche der Lehre von der sozialtypischen Offenkundigkeit; vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S. 129; Klink, Mitgliedschaft, S. 70; Löwisch, Deliktsschutz, S. 42ff.; Medicus, FS Steffen, S. 333, 335 mit Fn. 15. Kritisch zu dieser Lehre ferner Krasser, Schutz, S. 181 ff. 1 6 7 Entgegen der überzogenen Kritik Reuters (AcP 197 (1997), 322, insbes. sub III., S.333f.) kommt diese Qualität namentlich auch den Überlegungen von Habersack (Mitgliedschaft, passim) zu - auch wenn diese Überlegungen hier in der Sache keine Zustimmung gefunden haben. 1 6 8 Zutreffend Landrock, Innenrechtsstreit, S. 106. 1 6 9 Zutreffend hinge, Gesellschafterklagen, S.63f.; Hüffer, ZHR 161 (1997), 867, 871; Klink, Mitgliedschaft, S. 194f.; Teichmann, FS Mühl, S. 663, 677; Winter, Treubindungen, S.54f.; das räumt auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 185 ein. 1 7 0 So aber Reuter, FS Lange, S.707, 711.

ß. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

33

leicht läßt sich die Feststellung treffen, jedermann sei bewußt, daß fremde Mitgliedsrechte zu achten seien und daß diese dem Inhaber grundsätzlich bestimmte Rechte vermittelten: Anders als das Eigentum kennt die Mitgliedschaft keinen rechtlichen Urzustand, aus dem selbst der Laie für sie typische Gewährleistungen und Befugnisse abzuleiten vermöchte. Die bereits nach dem Gesetz höchst unterschiedliche Ausgestaltung der Mitgliedsrechte in den einzelnen Verbandsformen legt hiervon beredt Zeugnis ab. 3.

Zwischenergebnis

a) Kein Deliktsschutz

mitgliedschaftlicher

Rechte im

Verbandsinnenverhältnis

Der Versuch, die Mitgliedschaft als Ganzes durch das Deliktsrecht zu schützen, erweist sich damit als insgesamt verfehlt 171 . Das gilt namentlich, soweit es zur Lösung Verbands interner Konflikte (nämlich unter Mitgliedern oder zwischen Verband und Mitglied) herangezogen wird 172 , zu denen auch und gerade die hier behandelte Problematik des Kompetenzschutzes gehört: Derartiger Konflikte nimmt sich bereits dasjenige Recht an, welches die innere Ordnung eines Zusammenschlusses von Personen regelt, die einen gemeinsamen Zweck verfolgen wollen: das Verbandsrecht. Diesem Recht sind Verband, Organe und Mitglieder gleichsam unterworfen; diesem Recht muß konsequent die Antwort auf die Frage zu entnehmen sein, was zu geschehen hat, wenn zwischen Mitgliedern und Organen Streit über das künftige Verhalten des Verbandes entbrennt. Die Lösung kann nicht dem Deliktsrecht überlassen bleiben 173 . Das Verbot, Mitgliedsrechte zu beeinträchtigen, folgt vielmehr aus verbandsrechtlichen Sondernormen 174 . Der Verband kann nicht die Mitgliedschaft verletzen, sondern allenfalls die Pflichten, welche in Anwendung eben dieser Normen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis erwachsen 175 . Gerade das Recht auf Teilhabe an Verbandsentscheidungen muß nicht erst auf dem Umweg über das Deliktsrecht begründet werden 176 .

1 7 1 Gegen jeglichen Deliktsschutz der Mitgliedschaft und daraus fließender Einzelrechte Hadding, FS Kellermann, S.91, 104ff.; A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.76ff.; Klink, Mitgliedschaft, S. 125ff.; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 106. 172 Für Deliktsschutz auch im Verbandsinnenverhältnis aber dezidiert Bayer, NJW 2 0 0 0 , 2609, 2611 f.; Bork/Oepen, ZGR 2 0 0 2 , 241, 249; Götz/Götz, JuS 1995, 106, 109; Habersack, Mitgliedschaft, S. 171 ff.; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 151 bei Fn.455. - Gegen Deliktsschutz im Innenverhältnis trotz grundsätzlicher Anerkennung der Mitgliedschaft als sonstiges Recht aber Binge, Gesellschafterklagen, S.65; Reuter, FS Lange, S.707, 721 ff.; Rollin, Aktionärsklage, S.175; Wiedemann, Übertragung, S.39. 1 7 3 Zutreffend Binge, Gesellschafterklagen, S. 79f.; Brondics, Aktionärsklage, S. 87; Großfeld/ Brondics,}Z 1982, 589, 590; Klink, Mitgliedschaft, S. 177ff., 183f.; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 105; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 142; Wellkamp, Vorstand, S.211; Zöllner, Z G R 1988, 392, 430. 174 Winter, Treubindungen, S.55; ähnlich Hüffer, Z H R 161 (1997), 867, 871. 175 Reuter, FS Lange, S.707, III 1 7 6 Zutreffend Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S . 4 6 6 f .

34 b) Negatorischer

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Schutz von Mitgliedsrechten

Kompetenzschutzklage

gegenüber

Dritten?

Einige Autoren sprechen sich dafür aus, den deliktsrechtlichen Ansatz vom Verbandsinnenverhältnis fernzuhalten und seine Anwendung auf das Verhältnis zwischen einem Verbandsmitglied und außenstehenden Dritten zu beschränken, welche die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte stören 1 7 7 . Unter dem Blickwinkel des § 823 I BGB überzeugt dies nicht. Denn wenn absolute Rechte durch das Merkmal geprägt sind, daß sie jedermann gegenüber gelten, so können nicht bestimmte Personen (nämlich solche, mit denen das Mitglied durch ein entsprechendes Rechtsverhältnis verbunden ist) als mögliche Störer kategorisch ausscheiden; sonst würde das „absolute" Recht partiell zu einem relativen degradiert. Eine gänzlich andere Frage ist es jedoch, ob der negatorische Schutz nicht auf sämtliche subjektiven Rechte auszudehnen ist - also auch auf alle lediglich relativen. Wie gezeigt, eignet dem subjektiven Recht notwendig die Freiheit von fremder Ingerenz; dies folgt aus seiner Funktion, dem Individuum die Verwirklichung individueller Freiheit zu ermöglichen. Es liegt nahe, die Ausschließlichkeit der Rechtszuweisung durch einen Abwehranspruch zu flankieren, mit dessen Hilfe die unberechtigte Inanspruchnahme subjektiver Rechte durch Dritte unterbunden werden kann. Konsequenz dieser Auffassung wäre, daß analog § 1004 Unterlassung und Beseitigung etwaiger Störungen der Rechtsausübung verlangt werden kann, nicht aber Schadensersatz nach § 823 I BGB; dieser bliebe vielmehr an die Verletzung eines absoluten Rechts geknüpft. Der negatorische Schutz subjektiver Rechte wird mit Nachdruck von den Autoren gefordert, die das subjektive Recht in der dargestellten Weise als Zuweisung einer Verhaltensberechtigung an ein Individuum und als Störungsverbot gegenüber jedem anderen beschreiben: Gerade weil jene Berechtigung einem bestimmten Rechtssubjekt vorbehalten bleiben solle, müsse die individuelle Zuweisungsnorm notwendig mit einem Störungsschutz gegenüber jedermann verbunden werden 1 7 8 . Gerade in bezug auf gewöhnliche Forderungen wird ausgeführt, daß das BGB in Gestalt der §§ 816 II, 687 II BGB Rechtsbehelfe zur Abwehr fremder Ingerenz bereitstelle 179 . Besagte Autoren sind freilich insoweit einen Schritt zu weit gegangen, als sie obligatorische Rechte gänzlich mit absoluten gleichgesetzt und damit das Tor zum Anspruch nicht nur auf Störungsabwehr, sondern auch auf Schadensersatz aufgestoßen haben. Mit dem hier vorgestellten Modell - Unterlassungsanspruch ja, Schadensersatzanspruch nein - kann hingegen ihr Anliegen gesetzeskonform verwirklicht werden: Z u m einen kann das Rechtssubjekt sein Recht gegenüber Störungen durch Dritte behaupten. Z u m anderen kann einem so verstandenen Schutz obligatorischer Rechte nicht mehr entgegengehalten werden, er ebne 177 D a f ü r Brondics, Aktionärsklage, S . 7 9 f . ; Pflugradt, Leistungsklagen, S.44, 81; Reuter, FS Lange, S . 7 0 7 , 721 ff.; Roth, FS Henckel, S . 7 0 7 , 714f.; Wiedemann, Übertragung, S.39. 178 Dörner, Dynamische Relativität, S.49, 64. Für negatorischen Schutz obligatorischer Rechte auch Picker, FS Flume, S . 6 4 9 , 6 7 0 f f . , 6 7 5 f . 179 Bork, Vergleich, S.195.

B. Zur Charakterisierung

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

35

entgegen der Intention des Gesetzgebers den Unterschied zwischen absoluten und relativen Rechten ein; denn der Schutz durch einen an die Verletzung knüpfenden Schadensersatzanspruch bleibt nach wie vor absoluten Rechten vorbehalten. Ist auch § 823 I BGB nur bei Verletzung absoluter Rechten anwendbar, so muß deswegen nicht notwendig auch die entsprechende Anwendung des § 1004 BGB hierauf beschränkt sein. In der Tat wird zu zeigen sein, daß in manchen Fällen ohne einen so beschaffenen negatorischen Schutz obligatorischer Rechte nicht auszukommen ist; so erklärt sich etwa die Befugnis eines Dritten, sich im Wege der Hauptintervention (§64 ZPO) in einen fremden Prozeß einzumischen, maßgeblich aus dem Recht des Intervenienten, seinen Anspruch, sei es dinglicher oder obligatorischer Rechtsnatur, gegen die Störung zu verteidigen, welche der Urkläger durch die Prozeßführung über den Anspruch verübt 180 . Auf dem Boden eines so verstandenen negatorischen Schutzes obligatorischer Rechte wäre auch der Lehre im Ergebnis teilweise zuzustimmen, die den Gläubiger gegenüber Dritten gegen Eingriffe in seine Forderungszuständigkeit schützen will - teilweise deshalb, weil nach dem hier Vorgeschlagenen der Gläubiger von Dritten verlangen kann, die unbefugte Einziehung der Forderung zu unterlassen, nicht aber nach dennoch erfolgter Einziehung Schadensersatz zu leisten. Und da die Mitgliedsrechte hier qualitativ mit gewöhnlichen Forderungen gleichgesetzt wurden, ist der Gesellschafter gegen Eingriffe in die Zuständigkeit für seine Mitgliedsrechte durch Dritte geschützt; er kann etwa von Dritten verlangen, die unbefugte Stimmabgabe für seinen Geschäftsanteil zu unterlassen. Dieser Schutz ist dem Gesellschafter gewiß auch gegen Mitgesellschafter zuzubilligen, die ihn in seiner Rechtszuständigkeit stören. Ein Abwehranspruch gegen Kompetenzverletzungen durch die Geschäftsführung läßt sich freilich selbst mit Hilfe des dargestellten Konzepts nicht begründen. Wenn etwa der Vorstand einer AG eine Maßnahme durchführt, ohne vorher die Hauptversammlung befragt zu haben, maßt er sich nicht etwa das Stimmrecht des Aktionärs an; dies würde er vielmehr nur, wenn er eine Hauptversammlung einberiefe und in diesem Rahmen unbefugt für einen oder mehrere Aktionäre abstimmte. Vielmehr bestreitet der eigenmächtig handelnde Vorstand die Bindung an den Aktionärs-Entscheid überhaupt; der Fall liegt wertungsmäßig parallel zu der Konstellation, daß der Gläubiger gegen den Schuldner eine gewöhnliche Forderung innehat, wonach der Schuldner eine Weisung des Gläubigers auszuführen oder vor Durchführung einer Maßnahme dessen Entschließung einzuholen hat. Handelt der Schuldner der Weisung zuwider oder eigenmächtig, so wird man kaum von einem Eingriff in die Forderxingszuständigkeit ausgehen können; vielmehr wird schlicht die Erfüllung der Forderung verweigert. Die Erfüllung einer Forderung zu erzwingen ist aber nicht Aufgabe des § 1004 BGB, sondern derjenigen Rechtsnormen, welche die Anspruchsgrundlage für jene Forderung bilden. Ebenso liegt es im mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzstreit: Wenn denn mit dem Stimmrecht des Aktionärs ein 180

Ausführlich unten § 2 D II 2 b.

36

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

Anspruch verbunden ist, daß beschlossene M a ß n a h m e n ausgeführt und noch nicht beschlossene unterlassen werden, und nunmehr der Vorstand einen Beschluß der Hauptversammlung nicht ausführt oder einen notwendigen Beschluß nicht einholt, so bedeutet dies: Der Vorstand (oder die durch ihn handelnde Gesells c h a f t 1 8 1 ) weigert sich, den Befolgungsanspruch zu erfüllen. In der Tat wird sich der Anspruch des Aktionärs darauf, daß seine Mitwirkungsbefugnisse beachtet werden, rechtsqualitativ als ein Erfüllungsanspruch

entpuppen 1 8 2 . Die bloße Ne-

gation des behaupteten Anspruchs ist aber kein Eingriff in die Rechtszuständigkeit und löst konsequent keinen Abwehranspruch aus § 1 0 0 4 B G B aus; vielmehr verbleibt es beim ursprünglichen Erfüllungsanspruch.

VII. D i e v e r b a n d s r e c h t l i c h e G r u n d l a g e des B e f o l g u n g s a n s p r u c h s 1. Das Holzmüller-Urteil

des

BGH

Die Grundlage für den Befolgungsanspruch ist daher dort zu suchen, w o das zugrunde liegende Teilhaberecht des Verbandsmitglieds entsprungen ist: nämlich im Verbandsrecht 1 8 3 . Das R e c h t , an Entscheidungen im Verband mitzuwirken, ist nur dann auch in tatsächlicher Hinsicht angemessen gewährleistet, wenn das einzelne Mitglied die Beachtung seiner Entscheidungszuständigkeit erzwingen kann; es kann nicht auf einen entsprechenden Anspruch der Gesellschaft oder des Beschlußorgans, dem es angehört, verwiesen werden, weil damit der subjektivrechtliche Charakter des Rechts auf Entscheidungsteilhabe unzulässig ausgeblendet würde. Grundlage des Befolgungsanspruchs ist somit das mitgliedschaftliche Recht des Gesellschafter auf Teilhabe an den Verbandsentscheidungen im gesetzes- und satzungsmäßigen U m f a n g 1 8 4 . Eben diese Seh weise hat auch der B G H im Holzmüller-Urteil e i n g e n o m m e n 1 8 5 : „Wie jeder Aktionär hat der Kläger einen verbandsrechtlichen Anspruch darauf, daß die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achtet und alles unterläßt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt. Dieser Anspruch wird verletzt, wenn der Vorstand die Hauptversammlung und damit auch die einzelnen Aktionäre bei einer Entscheidung von der nach der Sachlage gebotenen Mitwirkung ausschließt."

Vgl. zum richtigen Gegner der Kompetenzschutzklage sogleich V 4. Unten V 4. 183 Ebenso Abeltshauser, Leitungshaftung, S.430; Baums, DJT 2000, S. F 203; Bayer, NJW 2000, 2609, 2610; hinge, Gesellschafterklagen, S.58ff.; Brondics, Die Aktionärsklage, S.89ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 459ff.; Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S. 239,246ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 84,142; Raiser, ZHR 153 (1989), 1,13 i.V.m. 30; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V 3a (S.648f.); Zöllner, ZGR 1988, 392, 426, 428f. 184 Ebenso Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.459f., 474f.; Zöllner, ZGR 1988, 392, 426. 1 8 5 Folgendes Zitat aus BGHZ 83,122,133; zu Unrecht liest daher v. Gerkan, ZGR 1985,167, 185 f. in diese Entscheidung die Anerkennung eines Deliktsanspruchs hinein. 181

182

ß. Z.ur Charakterisierung

2. Kein

des Teilhaberechts

an

Verbandsentscheidungen

37

Schadensersatzanspruch

Vereinzelt hat man versucht, den Befolgungsanspruch des Verbandsmitglieds als Schadensersatzanspruch zu begreifen. Diese Deutung schließt freilich nicht alle eingangs aufgeführten Ausprägungen jenes Anspruchs ein; vielmehr wird sie nur dort befürwortet, wo die Geschäftsführung eine Maßnahme bereits (ohne die gebotene Zustimmung der Gesellschafter) getroffen hat und es nunmehr darum geht, sie wieder rückgängig zu machen 186 . Die wichtige Konsequenz dieser Einordnung besteht darin, daß der Anspruch auf Rückgängigmachung der Maßnahme vom Verschulden des Geschäftsleitungsorgans abhängig ist. Und gerade deshalb ist diese Einordnung abzulehnen187. Die vier zu Beginn dieses Untersuchungsabschnitts erwähnten Ausprägungen des Befolgungsanspruchs - Ausführung beschlossener Maßnahmen, Unterlassung von Maßnahmen entgegen einem ablehnenden oder ohne den gebotenen Entscheid der Gesellschafter, Rückgängigmachung gleichwohl durchgeführter Maßnahmen - unterscheiden sich in ihrer Rechtsqualität nicht; sie sind einheitlich Ausfluß des Rechts eines Gesellschafters, im Rahmen der durch die Verbandsverfassung verliehenen Zuständigkeit an Entscheidungen mitzuwirken. Wo es nicht um die Rückgängigmachung, sondern um die Ausführung oder Unterlassung von Maßnahmen geht, kann das Verschulden bereits im Ansatz keine Rolle spielen; denn der hierauf gerichtete Anspruch besteht bereits, bevor die Geschäftsleitung überhaupt irgendein Verhalten an den Tag legt, das als schuldhaft qualifiziert werden könnte: Versäumt es etwa der Geschäftsführer einer GmbH, einen Weisungsbeschluß der Gesellschafterversammlung auszuführen, so ist bereits hierdurch das Recht des Gesellschafters auf Entscheidungsteilhabe verletzt 188 . Dann aber erscheint es systemwidrig, für den Anspruch auf Rückgängigmachung kompetenzwidriger Maßnahmen ein Verschulden zu fordern 189 . Das Verschulden könnte vorliegend nur darin bestehen, daß die Geschäftsführung aus ihrer Sicht von ihrer Handlungsbefugnis ausgehen durfte. Die Bindung der Geschäftsführung an die Zuständigkeit des Mitgliedsorgans beurteilt sich aber nach der objektiven Rechtslage und besteht nicht nur nach Maßgabe der Erkenntnismöglichkeiten der Organwalter. Die Entscheidung der Gesellschafter ist auch nach Vornahme der gegen die Kompetenzordnung verstoßenden Handlung verbindlich und verlangt konsequent nach Rückgängigmachung jener Handlung ohne Rücksicht auf Verschulden. Das gilt zum einen für den Fall, daß ein Beschluß gefaßt

186

Binge, Gesellschafterklagen, S. 81 ff.; zustimmend Schulz-Gardyan,

Z H R 159 (1995), 7 4 8 ,

750. Ebenso Banerjea, Gesellschafterklage, S . 2 0 0 . Insoweit zutreffend Binge, Gesellschafterklagen, S . 1 1 8 . 1 8 9 Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß Binge selbst seinen Ansatz nicht konsequent durchführt: An früherer Stelle in seiner Abhandlung (Gesellschafterklagen, S. 51) hatte er die deliktsrechtlichen Ansätze zur Erklärung des Kompetenzschutzanspruchs noch mit der Begründung verworfen, sie setzten ein Verschulden voraus (was zudem wegen des vorgeschalteten negatorischen Schutzes aus § 1004 BGB nicht stimmt). 187

188

38

51 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

wurde, aber später erfolgreich angefochten worden i s t 1 9 0 ; ebenso aber für den Fall, daß die Geschäftsführung von vornherein eigenmächtig gehandelt h a t 1 9 1 .

3. Kein

Abwehranspruch

Der Befolgungsanspruch in seinen bereits skizzierten Ausprägungen erzeugt positive Handlungspflichten ebenso wie Unterlassungspflichten: erstere, soweit eine M a ß n a h m e beschlossen wurde und die Geschäftsführung sie nunmehr auszuführen hat; letztere, soweit sich die Gesellschafter gegen die M a ß n a h m e ausgesprochen oder einen notwendigen Beschluß noch nicht gefaßt haben und daher die Geschäftsführung nicht tätig werden darf. Bereits daraus erhellt, daß der Befolgungsanspruch auch nicht als Abwehranspruch gegen Eingriffe in die Mitgliedschaft qualifiziert werden. Wenn dies gleichwohl in der Diskussion vielfach geschehen ist 1 9 2 , so dürfte dies seine Ursache darin haben, daß im für die hier behandelte Problematik grundlegenden Holzmüller-Urteil des B G H ein Anspruch des Aktionärs auf Unterlassung einer M a ß n a h m e ohne vorherigen Hauptversammlungsbeschluß in Rede stand; die Formulierung des Anspruchsziels durch den B G H deutet in der Tat auf einen Abwehranspruch hin. Indes: J e n e Formulierung erklärt sich aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt und schöpft die Problematik der Kompetenzschutzklage nicht aus. So ist mit Recht angemerkt worden, daß die Annahme eines Klagerechts selbst in Sachverhalten ähnlich dem Fall Holzmüller ohne das Postulat eines Eingriffs in die Mitgliedschaft a u s k o m m t 1 9 3 : Es geht allein darum, daß die Geschäftsleitung eine Entscheidung trifft und ausführt, für die ihr die Kompetenz fehlt.

4. Der Befolgungsanspruch

als primärer

Erfüllungsanspruch

aus

dem

Mitgliedschaftsverhältnis Vielmehr beschreibt der Befolgungsanspruch in seinen eingangs dieses Untersuchungsabschnitts 1 9 4 formulierten Ausprägungen eine allgemeingültige

Konse-

quenz aus der Kompetenzverteilung im Verband: Was das Mitgliedsorgan im R a h 190 Für eine umfassende verschuldensunabhängige Wiederherstellungspflicht in diesem Fall RGZ 3,123,138; BGHZ 76, 352, 357; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.232; KK-Zöllner, AktG, §248 Rn. 12; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 146. 191 Zutreffend Pflugradt, Leistungsklagen, S. 146 f. 192 Vgl. Abeltshauser, Leitungshaftung, S.430; Altmeppen, DB 1998,49, 50; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 198ff.; Baums, DJT 2000, S. F 201,203; Bayer, NJW 2000, 2609, 2610f.; Brondics, Aktionärsklage, S.87; Guntz, Treubindungen, S. 135; Habersack, Mitgliedschaft, S.233, 311 ff.; ders., DStR 1998, 533, 534; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.466ff., 474ff.; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 121; K. Schmidt, FS Stimpel, S.217,221; ders., Gesellschaftsrecht, §21 V 3 a (S.651); ders., in GroßkommAktG, §241 Rn.5; Saenger, GmbHR 1997, 112, 120; Zöllner, ZGR 1988, 392, 431; wohl auch Brandes, WM 1984, 289, 294; Groß, AG 1994, 266, 273. 193 Lutter, FS Stimpel, S. 825, 844 194 Vgl. oben B III 1.

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an

Verbandsentscheidungen

39

men seiner Zuständigkeit beschließt, m u ß beachtet werden. Das R e c h t , an diesem Beschluß teilzuhaben, umfaßt auch den Geltungsanspruch für das Ergebnis der Willensbildung 1 9 5 . Ist dieser Anspruch aber zwingendes Korrelat und notwendiges Instrument zur Effektuierung dieses Teilhaberechts, so handelt es sich bei ihm um einen primären

Erfüllungsanspruch

der haben zu bestimmen, Rechtsnatur

des Mitglieds gegen den Verband: Die

Mitglie-

was der Verband zu tun oder zu lassen habe. Seiner

nach ist dieser Anspruch vergleichbar mit dem Anspruch des Auftrag-

gebers gegen den Beauftragten auf Befolgung seiner Weisungen (§ 6 6 5 S. 1 B G B ) . Auch der Anspruch auf Unterlassung einer M a ß n a h m e vor Befragung des M i t gliedsorgans trägt diese Rechtsnatur; er findet seine Parallele im Anspruch des Auftraggebers bzw. des Geschäftsherrn gegen den Beauftragten bzw. den Geschäftsführer,

vor

bestimmten

Handlungen

seine

Entschließung

einzuholen

(§ § 6 6 5 S. 2 , 6 8 1 S. 1 B G B ) , und dient dazu, einen Beschluß herbeizuführen, dessen Befolgung dann primäre Erfüllungspflicht des Verbandes ist. M i t dieser Deutung ist kein

Rückfall in die überwundene D o g m a t i k des 1 9 .

Jahrhunderts verbunden, w o n a c h der Vorstand einer A G als Treuhänder, gewissermaßen als eine Art Geschäftsbesorger der Aktionäre angesehen w u r d e 1 9 6 . Denn nach der hier verfolgten Konzeption richtet sich der Anspruch der übergangenen Gesellschafter/Aktionäre nicht gegen die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans persönlich 1 9 7 , sondern gegen die Gesellschaft,

als deren Organ der Vorstand tätig

w i r d 1 9 8 . Der Vorstand bzw. Geschäftsführer seinerseits verwaltet das Vermögen der

Gesellschaft

und schuldet allenfalls ihr die Einhaltung der Kompetenzord-

nung. Jedenfalls in A G und G m b H stehen die Mitglieder zu den Geschäftsführungsorganen in keinerlei Rechtsbeziehung 1 9 9 . Vielmehr richten sich M i t w i r kungsrechte der Mitglieder ihrerseits gegen

den Verband.

Die Gesellschaft hat ih-

Zutreffend Binge, Gesellschafterklagen, S. 119 Insoweit wurde im 19. Jahrhundert formuliert, der Vorstand verwalte die Rechte der Aktionäre (Jolly) bzw. die Generalversammlung sei Prinzipal von Vorstand und Aufsichtsrat (Thol). Diese Sehweise wurde indes bereits mit der Aktienrechtsnovelle 1884 aufgegeben. Vgl. die ausführliche Darlegung bei Schubel, Verbandssouveränität, S. 146ff., 357ff. 197 So aber OLG Hamburg JZ 1981, 231, 232; Bäk, AG 1992, 277, 291; für Gesellschaft und Geschäftsleitungsorgan als Anspruchsgegner Emde, WM 1996, 1205, 1208. 198 Für die Gesellschaft als Anspruchsgegner auch BGHZ 83, 122, 134; Banerjea, Gesellschafterklage, S.201; Binge, Gesellschafterklagen, S.54, 75ff.; Brondics, Aktionärsklage, S.lOOff.; Bühring-Uhle/Nelle, AG 1989, 41, 49; Flume, Die juristische Person, § 8 V 4 (S.311); Großfeld, JZ 1981, 234, 236; ders./Brondics, JZ 1982, 589, 590; Habersack, Mitgliedschaft, S.211; Markwardt, WM 2004, 211, 214; Rehbinder, ZGR 1983, 92, 106; Rollin, Aktionärsklage, S.208; K. Schmidt, FS Stimpel, S. 217,222; ders., in GroßkommAktG, § 241 Rn. 6; Saenger, GmbHR 1997, 112, 121; Voormann, Beirat, S. 185; Zöllner, ZGR 1988, 392, 432f. 199 Vgl. Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.207; Binge, Gesellschafterklagen, S.76; Brondics, Aktionärsklage, S.84, 185; Mertens, FS Fischer, S.461, 469; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 38. Die neuerdings abweichende Ansicht von Rhein, Interessenkonflikt, S. 182ff., der eine Treupflicht auch zwischen Fremdorganen und Mitgliedern einer Kapitalgesellschaft annimmt, bedarf hier keiner Erörterung, weil hieraus nur Ersatzansprüche wegen Schädigung des Mitglieder-Eigenvermögens jenseits der mittelbaren Schädigung durch Entwertung des Gesellschaftervermögens hergeleitet werden, nicht aber direkte Kompetenzschutzansprüche von Mitgliedern gegen Fremdorgane. 195

196

40

51 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

ren Mitgliedern die Ausübung der Mitwirkungsrechte, insbesondere die Stimmabgabe zu ermöglichen; und ebenso ist sie Adressatin der hieraus resultierenden Ausführungsansprüche. Die hier beschriebenen Mitwirkungsrechte richten sich auch in der handelsgesellschaft

Personen-

allein gegen den Verband. D o r t existiert zwar eine vertragliche

Bindung zwischen dem übergangenen und dem zur Ausführung der M a ß n a h m e berufenen Gesellschafter. D o c h wird dieser bei der Ausführung von Beschlüssen in Ausübung seiner Geschäftsführungsbefugnis und damit, wie noch zu zeigen sein w i r d 2 0 0 , in seiner Pflichtenstellung ausschließlich gegenüber der Gesellschaft

tätig

und nicht gegenüber seinen Mitgesellschaftern. Es besteht mithin auch dort ein Anspruch der Gesellschafter gegen die Gesellschaft auf Beachtung von Gesellschafterbeschlüssen ( § § 1 1 6 II, 1 1 9 H G B ) oder Widersprüchen ( § 1 1 5 I HS 2 H G B ) 2 0 1 ; die Gesellschaft hat ihrerseits einen entsprechenden Anspruch gegen den (oder die) geschäftsführenden Gesellschafter 2 0 2 . M i ß a c h t e t ein geschäftsführender Gesellschafter einen solchen Beschluß und entsteht hierdurch ein Schaden im Gesellschaftsvermögen, so steht konsequent der Gesellschaft

ein Anspruch auf Scha-

densersatz zu, dessen Grundlage freilich umstritten i s t 2 0 3 .

5. Das Einberufungsquorum:

Ein

Einwand?

Was die Kapitalgesellschaften anbelangt, so hat man die Existenz eines individuellen Befolgungsanspruchs des Gesellschafters unter Hinweis auf die §§ 1 2 2 I A k t G , 5 0 I G m b H G zu bestreiten versucht 2 0 4 . N a c h diesen Vorschriften ist die Einberufung der Haupt-/Gesellschafterversammlung an ein Q u o r u m gebunden. Indes vermögen sie die Anerkennung des Befolgungsanspruchs als Individualrecht

nicht zu

Fall zu b r i n g e n 2 0 5 : Das gilt ohne weiteres dann, wenn die Verpflichtung des Geschäftsleitungsorgans zur Ausführung eines tatsächlich gefaßten Beschlusses im Streit steht: Hier hat die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung etwas beschlossen; die Frage nach dem Einberufungsquorum stellt sich überhaupt nicht. Ebensowenig stellt sie sich, wenn beschlossen worden ist, daß eine bestimmte M a ß n a h m e unterbleiben soll: Unten §2 B. Nach Emde, WM 1996, 1205, 1208, 1210ff. sind für die Klage des Kommanditisten, mit deren Hilfe der Vollzug eines Beschlusses unterbunden werden soll, an dem er entgegen § 164 S. 2 HGB nicht beteiligt wurde, sowohl die Gesellschaft als auch die Komplementäre passivlegitimiert, letztere unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht. Indes läßt sich bei Maßnahmen der Geschäftsführung eine Treupflicht der Gesellschafter untereinander nicht begründen (unten §2 B). Für einen direkt gegen den handlungswilligen Gesellschafter gerichteten Unterlassungsanspruch des Widersprechenden jedoch auch Baumbach/Hopt, HGB, § 115 Rn.4. 2 0 2 Zutreffend Sester, Treupflichtverletzung, S.29f. 2 0 3 Ausführlich zum Streitstand jüngst Häuser, FS Kraft, S. 147ff. 204 Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 356; Pflugradt, Leistungsklagen, S.38f.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 112ff.; ders., ZHR 159 (1995), 748, 751. 2 0 5 Ebenso Banerjea, Gesellschafterklage, S. 199f.; Baums, DJT 2000, S. F 210; Brondics, Aktionärsklage, S. 142f.; Habersack, Mitgliedschaft, S. 321 ff.; Rollin, Aktionärsklage, S.202ff. 200 201

B. Zur Charakterisierung des Teilhaberechts an

Verbandsentscheidungen

41

Auch dann liegt eine Entscheidung des Mitgliedsorgans vor. D e m Einberufungsquorum könnte daher im vorliegenden Zusammenhang Argumentationswert lediglich für den Fall zukommen, daß der Vorstand eine M a ß n a h m e durchführt, ohne vorher die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung

einzuholen.

Auch für diese Fallkonstellation kann es aber den Befolgungsanspruch des M i t glieds als Konsequenz seines Stimmrechts nicht zu Fall bringen. Das Q u o r u m besagt lediglich, daß ein Mitglied erst a b einer bestimmten Beteiligungshöhe einen Anspruch darauf haben soll, daß die Versammlung der Mitglieder zusammentritt. Es zielt also auf das Verhältnis des Mitglieds zu seinem eigenen O r g a n (der Gesellschafter-/Hauptversammlung) ab. Der Anspruch des Mitglieds, daß eine M a ß n a h me unterbleibt, bis ein rechtlich erforderlicher Beschluß gefaßt ist, zielt demgegenüber auf das Verhältnis zwischen Mitgliedsorgan (Gesellschafter-/Hauptversammlung) und Geschäftsführungsorgan. D e m Aktionär/Gesellschafter wird nicht

(was

tatsächlich gegen §§ 1 2 2 A k t G , 5 0 G m b H G verstieße) ein Anspruch eingeräumt, daß überhaupt

über eine bestimmte Angelegenheit Beschluß gefaßt werde; es wird

ihm lediglich ein Anspruch darauf zugebilligt, daß der Vorstand eine bestimmte M a ß n a h m e nicht ausführen

darf, bevor

ein solcher Beschluß gefaßt i s t 2 0 6 (daß die-

ser dann jemals gefaßt wird, kann der Aktionär/Gesellschafter, wie gezeigt, nicht erzwingen). Aus diesem Grunde läßt sich auch in der G m b H die Kompetenzschutzklage nicht mit der Begründung verwerfen, der Gesellschafter müsse sich, statt die Gerichte anzurufen, durch Einberufung der Gesellschafterversammlung gegen die M i ß a c h t u n g seiner Mitwirkungsrechte w e h r e n 2 0 7 . D a m i t würde die tatsächliche Durchsetzung des Beschlossenen abermals de facto unzulässig von der Erreichung des Einberufungsquorums abhängig gemacht. Wenn versucht wird, dieser Konsequenz durch die Anerkennung eines quorenunabhängigen Einberufungsrechts zu entgehen 2 0 8 , so verstößt dies gegen den klaren Gesetzeswortlaut 2 0 9 .

6. §118 I AktG: Ein Einwand? Ebensowenig steht § 1 1 8 I A k t G einer Klagemöglichkeit des Aktionärs gegen Übergriffe des Vorstands in die Kompetenz der Hauptversammlung entgegen 2 1 0 . Allerdings entnimmt eine verbreitete Ansicht dieser Vorschrift, daß dem A k t i o n ä r Klagerechte nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zustehen, ein solches für die hier diskutierten Fälle aber nicht vorgesehen sei und daher nicht

Zutreffend Habersack, Mitgliedschaft, S.322f. So aber Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 31f. 208 Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 31f. 2 0 9 Aus diesem Grunde ablehnend auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 198; Binge, Gesellschafterklagen, S.14f. 2 1 0 Wie hier Becker, Verwaltungskontrolle, S.600; Binge, Gesellschafterklagen, S. 91 f.; Brondics, Aktionärsklage, S. 130f.; Habersack, Mitgliedschaft, S.289; Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S.239, 247f.; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 139; Rollin, Aktionärsklage, S. 185. 206

207

42

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

existiere 2 1 1 . Indes: § 1 1 8 A k t G besagt allein, daß die nach materiellem Gesellschaftsrecht gewährten Mitwirkungsrechte in der Hauptversammlung auszuüben sind, daß letztere m.a.W. der einzige O r t ist, w o dem Aktionär die Mitwirkung gestattet ist. D e m widerspricht die hier vertretene Position nicht: Einen zustimmenden oder ablehnenden Beschluß zu der fraglichen M a ß n a h m e des Vorstandes könnte der Aktionär nur dann zu erwirken suchen, wenn hierfür eine Hauptversammlung einberufen wird. Keine Aussage trifft aber § 1 1 8 I A k t G für den Fall, daß die dem Aktionär gewährten Mitwirkungsrechte von der Geschäftsführung verletzt werden. Die Annahme, daß diese Vorschrift den Rechtsweg ausschließt, erscheint in hohem M a ß e fernliegend: W o dem Gesetz nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges zu entnehmen ist, m u ß davon ausgegangen werden, daß materielle Rechte dort, w o sie vom Verpflichteten nicht geachtet werden, auch gerichtlich verfolgt werden k ö n n e n 2 1 2 . Die Aktionärsklage verkörpert den dem Mitentscheidungsrecht notwendig korrespondierenden Kompetenzschutz,

weil dies Recht al-

leine wenig Wert hat, wenn das Entscheidungsergebnis vom Vorstand, für den es verbindlich ist ( § 8 3 II A k t G ) , seinerseits sanktionslos mißachtet werden kann. M a n wende nicht ein, der Aktionär störe mit seiner Klage die aktienrechtliche K o m p e t e n z o r d n u n g 2 1 3 : Wenn der Vorstand etwas tut, wofür er an sich die Hauptversammlung hätte befragen müssen, so ist er es, der jene Ordnung m i ß a c h t e t 2 1 4 . D a der Prozeß erst erweisen soll, o b eine solche Störung vorliegt, darf die Klage nicht als a limine unstatthaft abgewiesen werden: Der Aktionär, der mit dem Ziel antritt, die Zuständigkeitsordnung zu verteidigen, wird sonst in unangemessener Weise einseitig in die Rolle des Störers gedrängt.

V I I I . In S o n d e r h e i t : D i e T e i l n a h m e U n b e f u g t e r a n d e r A b s t i m m u n g Im J a h r e 1 9 7 1 hatte das O L G Nürnberg den folgenden Fall zu entscheiden 2 1 5 : In der Satzung der X-GmbH war vorgesehen, daß die Veräußerung des Geschäftsanteils als Ganzes oder in Teilen der Zustimmung der Gesellschaft bedurfte (§ 15 V GmbHG). Der Gesellschafter B übertrug seinen Geschäftsanteil mit notariell beurkundetem Vertrag auf G (Antragsgegner). Der Gesellschafter A (Antragsteller) rügte die fehlende Genehmigung der Gesellschaft und klagte in der Hauptsache auf Feststellung der Unwirksamkeit der Anteilsübertragung, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung der Stimmabgabe durch G in den Gesellschafterversammlungen der X. 211 So aber OLG Düsseldorf DB 1960, 520, 522; LG Mainz WM 1977, 904, 906; Baumbach/ Hueck, AktG, §118 Rn.3, 9; Geßler-Geßler, AktG, §118 Rn.12; KK-Zöllner, AktG, §118 Rn. 15 f.; Roth, FS Henckel, S.707, 718 ff. 2 1 2 Ähnlich Brondics, Aktionärsklage, S. 131. Der Kritik Zöllners (AcP 190 (1990), 471, 481) an diesem Rechtssatz ist lediglich zuzugeben, daß die Auslegung des Gesetzes auch bei materiellrechtlich begründeten Ansprüchen zu deren Unklagbarkeit führen kann. Indes ist dies die begründungsbedürftige Ausnahme, die sich für den hier behandelten Bereich nicht belegen läßt. 2 1 3 Zutreffend BGHZ 83, 122, 134; Brondics, Aktionärsklage, S.136. 2 1 4 Zutreffend Brondics, Aktionärsklage, S. 125; Rollin, Aktionärsklage, S.205. 2 1 5 OLG Nürnberg BB 1971, 1478.

C.

Zusammenfassung

43

Das O L G wies den Verfügungsantrag ab: Selbst wenn der Anteil nicht wirksam übertragen sei, so stehe allein der X - G m b H das Recht zu, die Teilnahme des G an Gesellschafterversammlung und Abstimmung abzuwehren. Für einen Anspruch des A aus § 1 0 0 4 B G B sei kein R a u m ; denn in ein ihm zugewiesenes absolut geschütztes Rechtsgut werde durch jene Teilnahme des G nicht eingegriffen. Konsequent bestehe allenfalls zwischen der X - G m b H und G ein Rechtsverhältnis, welches einer Regelung durch einstweilige Verfügung zugänglich sei, nicht aber zwischen A und G . In der Tat ließ sich ein direkter Unterlassungsanspruch des A gegen G materiellrechtlich nicht begründen; denn G n a h m selbst nach dem Vortrag des A nicht dessen, sondern die Mitgliedsrechte des B für sich in Anspruch, berühmte sich folglich nicht einer gerade dem A zustehenden Rechtsposition. Selbst wenn man die mitgliedschaftlichen Mitwirkungsrechte des A als Grundlage für einen Unterlassungsanspruch nach § 1 0 0 4 B G B anerkennt, war folglich ein solcher Anspruch nicht gegeben, weil die Rechte des A gar nicht von einem drohenden Eingriff betroffen waren. Allenfalls diskutabel war ein Anspruch des A gegen die X - G m b H , die Teilnahme des G an der Gesellschafterversammlung zu unterbinden. Einen solchen Anspruch konnte freilich das O L G , selbst wenn er begründbar gewesen wäre, nicht zusprechen, weil die X - G m b H nicht am Rechtsstreit beteiligt war. Die Entscheidung ist daher im Ergebnis richtig 2 1 6 . Gleichwohl erhebt sich angesichts des geschilderten Sachverhalts die Frage nach der Reichweite des Rechts auf Entscheidungsteilhabe, nämlich danach, ob der Gesellschafter gegen die Gesellschaft einen Anspruch darauf hat, daß Unbefugte von der Abstimmung ferngehalten werden. Das ist zu bejahen: D e r einzelne Gesellschafter m u ß die Entscheidung über die Geschicke der Gesellschaft nur mit solchen Gesellschaftern teilen, die ihrerseits der Bindung an die Verfolgung des Gesellschaftszwecks unterliegen und von denen daher erwartet werden kann, daß sie dem Gesellschaftsinteresse bei ihrem Abstimmungsverhalten den angemessenen Stellenwert einräumen. Der Anspruch gegen die Gesellschaft, Unbefugte von der Teilnahme an der Gesellschafterversammlung fernzuhalten, folgt abermals aus dem Entscheidungsteilhaberecht und ist daher mit Hilfe der Kompetenzschutzklage gegen die Gesellschaft geltend zu machen.

C.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse des ersten Untersuchungsabschnitts lassen sich wie folgt zusammenfassen: D e m Aktionär einer A G bzw. dem Gesellschafter einer G m b H oder Personengesellschaft steht ein Anspruch darauf zu, daß die Verwaltungsorgane ihr Handeln danach ausrichten, was von den Aktionären bzw. Gesellschaftern im 2 1 6 Dem OLG Nürnberg zustimmend auch Littbarski, Rechtsschutz, S. 155f. Semler, BB 1979, 1533, 1536 billigt die Entscheidung des OLG aus prozessualen Gründen wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache, äußert sich aber nicht zum materiellrechtlichen Substrat. Ablehnend dagegen v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 178.

44

§ 1 Die mitgliedschaftliche

Kompetenzschutzklage

Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossen worden ist. Bei diesem hier sog. Befolgungsanspruch handelt es sich weder um einen Schadensersatz- noch um einen Abwehranspruch, sondern vielmehr um einen Erfüllungsanspruch des Mitglieds gegen die Gesellschaft aus der Mitgliedschaft. Der Begriff „Mitgliedschaft" steht dabei für das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Mitglied, welches jenen Anspruch trägt. Der Befolgungsanspruch ist mit Hilfe der hier sog. Kompetenzschutzklage gerichtlich durchsetzbar. Alle diese Ergebnisse lassen sich aus dem Verbandsrecht ableiten. Für die Anerkennung von deliktsrechtlich verwurzelten Ansprüchen des Mitglieds gegen die Gesellschaft besteht weder Raum noch Bedarf. Wie bereits angedeutet 217 , waren die vorstehenden Überlegungen allein auf die Konstellation gemünzt, daß das Geschäftsführungsorgan der Gesellschaft die (formelle) Entscheidungszuständigkeit der Gesellschafter mißachtet. Streng davon zu trennen sind die Fälle, in denen ein Gesellschafter von einem anderen verlangt, Handlungen vorzunehmen, welche (materiell) dem Verbandsinteresse förderlich sind, bzw. solche zu unterlassen, welche jenem Interesse schaden. Diese Fälle werden im nachfolgenden zweiten Abschnitt unter dem Leitbegriff der actio pro socio zu diskutieren sein.

217

Oben A.

§ 2 Die actio pro socio A.

Problemstellung

Der Gesellschafter fördert den Gesellschaftszweck auf zweierlei Weise1: durch RessourcenZuwendungen (Leistung von Beiträgen) und durch Ressourcene/wsafz (z.B. durch Ausübung von Mitverwaltungsrechten oder Mitarbeit in der Gesellschaft) sowie außerhalb (z.B. indem er den Wettbewerb mit der Gesellschaft unterläßt). Indem hier ausgeführt wurde, daß sich die Mitwirkungsrechte des Gesellschafters gegen den Verband richten 2 , wurde bereits eine gewisse Mediatisierung materieller Rechtspositionen durch den Verband angedeutet. So stellt sich auch im vorliegenden Zusammenhang die Frage, ob der Anspruch auf die genannten Förderungsleistungen der Gesellschaft zusteht, ob den Gesellschaftern gegeneinander oder ob gar beides zutrifft. Im einzelnen ist die rechtliche Zuordnung der folgenden Ansprüche zu diskutieren 3 : - des Anspruchs auf die versprochenen Beiträge, insbesondere des Anspruchs auf die Einlagen in GmbH und AG sowie auf etwaige vereinbarte Nachschüsse oder die Erstattung verbotener Auszahlungen; - des Anspruchs auf Förderung des Verbandszwecks durch Mitwirkung an Geschäftsführungsentscheidungen oder -handlungen; - des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verletzung dieser beiden Pflichten. Steht dem Gesellschafter ein eigener Anspruch (und sei es auf Leistung an die Gesellschaft) zu, so ist er auch befugt, diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Sofern allerdings daneben ein gleichgerichteter Anspruch der Gesellschaft bestehen sollte, so fragt sich, ob und inwieweit der Gesellschafter verpflichtet ist, der Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft den Vortritt zu lassen. Sollte andererseits das Ergebnis dahin lauten, daß der Anspruch ausschließlich der Gesellschaft zusteht, so wird sich umgekehrt die Frage stellen, auf welcher Basis sich eine Befugnis des Gesellschafters begründen läßt, den Anspruch im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen.

1

Vgl. Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.56ff. O b e n § 1 V 4. Folgende Auflistung auch bei Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 5 1 7 ; Höfler, 389; Scholz-Emmerich, G m b H G , § 13 R n . 4 8 . 2

3

JuS 1 9 9 2 , 388,

46

§2 Die actio pro socio

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

I. D a s P o s t u l a t e i n e s e i g e n e n L e i s t u n g s a n s p r u c h s d e s G e s e l l s c h a f t e r s Eine Fülle von Autoren versucht die mitgliedschaftliche Rechtsbeziehung in Personen- wie in Kapitalgesellschaften dahin zu deuten, daß die Gesellschafter auch untereinander zur Förderung des Gesellschaftszwecks verpflichtet seien. Deshalb könne im Grundsatz jeder Gesellschafter aus eigenem Recht vom anderen die Leistung von Beiträgen und ggf. Schadensersatz ins Gesellschaftsvermögen verlangen.

1.

Personengesellschaft

Im Recht der Personengesellschaft scheint sich diese These bereits mit dem Wortlaut des Gesetzes begründen zu lassen: N a c h § 7 0 5 B G B verpflichten sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig,

die Erreichung eines be-

stimmten Zweckes zu fördern und insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Die vertragliche Bindung bestehe daher ebenso wie die aus ihr resultierende Zweckförderpflicht unter den Gesellschaftern.

M i t Rücksicht hierauf wird daher

verbreitet der Anspruch sowohl auf die Beiträge als auch auf sonstige Leistungen zur Zweckförderung sowie insbesondere der Anspruch auf Schadensersatz bei Verletzung dieser Pflichten als ein eigener Anspruch der Gesellschafter begriffen, welcher sich gegen die zu jenen Leistungen verpflichteten Mitgesellschafter richte 4 .

2.

Kapitalgesellschaften

a) Rechtsgrundlagen

mitgliedschaftlicher

Leistungsansprüche

Bereits für das Recht der Personengesellschaften ist diese Ableitung aus § 7 0 5 B G B nicht unwidersprochen geblieben. M a n hat ihr entgegengehalten, § 7 1 8 B G B ordne den Anspruch ausschließlich dem Gesellschaftsvermögen zu 5 . Die These v o m wechselseitigen Leistungsversprechen unter den Gesellschaftern zwinge dazu, dem säumigen Gesellschafter die Einrede aus § 3 2 0 B G B zu gewähren, wenn auch ein anderer Gesellschafter etwas schuldig geblieben sei; dies aber verhalte sich kontra-

4 BGHZ 25, 47, 49; BGH WM 1956, 88, 89; JZ 1957, 624, 625; BB 1958, 603; WM 1960, 399, 400; NJW 1960, 964; JZ 1975, 158, 160; OLG Köln NZG 2000, 1171, 1172; Altmeppen, FS Musielak, S. 1,14ff.; Ballerstedt, Kapital, S. 189; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 6f.; Fischer, ZGR 1979, 251, 260f.; Fiume, Die Personengesellschaft, §10 IV (S.142f.) Ganssmüller, DB 1954, 860; Gehrlein, ZIP 1993, 1525; Hörstel, NJW 1995, 1271, 1272; Landgrebe, GmbHR 1967, 227; Maatz, GmbHR 1974, 124, 125; Reuter, GmbHR 1981, 129, 138; Schanbacher, AG 1999, 21, 27; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 186; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S. 101; speziell für den Anspruch auf Erfüllung primärer Geschäftsführungspflichten auch Semler, BB 1979, 1533, 1535. 5 Becker, Verwaltungskontrolle, S.537f.; Hadding, Actio pro socio, S.41 f.; ders., JZ 1975, 159, 163.

B. Die materiellrecbtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

47

produktiv zum Gesellschaftsinteresse 6 . Jedenfalls im Recht der Kapitalgesellschaften versagt die Argumentation aus § 705 BGB von vornherein 7 : Daß Gläubiger des Anspruchs auf Leistung der versprochenen Beiträge die Gesellschaft ist, folgt in der GmbH aus § 19 II 2 G m b H G 8 , wo ausdrücklich von einem Anspruch der Gesellschaft die Rede ist, sowie aus § 4 6 Nr. 2 G m b H G 9 , wonach die Gesellschafterversammlung als Gesellschaftsorgan über die Einforderung der Stammeinlagen beschließt; deren Eintreibung obliegt sodann dem Geschäftsführer. In der AG ist der Vorstand aus eigener Kompetenz, also ohne dafür der Legitimation durch die Hauptversammlung zu bedürfen, zur Beitreibung der Einlagen befugt ( § 6 3 I 1 AktG). Was etwaige Schadensersatzansprüche anbelangt, so läßt sich aus § 4 6 Nr. 8 G m b H G folgern, daß Ersatzansprüche, insbesondere jene aus der Mitwirkung an der Geschäftsführung, ebenfalls der Gesellschaft zustehen 10 . Mit der Konstruktion einer vertraglichen Bindung läßt sich ein persönlicher Anspruch des Gesellschafters nicht begründen: Die Gründungsgesellschafter mögen untereinander noch einen Vertrag geschlossen haben; der Beitritt später eintretender Gesellschafter beruht dagegen entweder auf einem Vertrag mit dem Anteilsveräußerer (Anteilsübertragung) oder auf einem Vertrag mit der Gesellschaft (Zeichnungsvertrag). Von der Art und Weise, wie die Begründung der Mitgliedschaft rechtlich konstruiert wird, kann aber nicht abhängen, wem der Beitragsanspruch zusteht. Gleichwohl gewinnt gerade in neuerer Zeit die Auffassung an Boden, daß der Gesellschafter, der auf Geldleistungen in das Gesellschaftsvermögen klagt, einen eigenen Anspruch geltend macht 1 1 . b) Die verbandsrechtliche des Gesellschafters

Begründung

eines eigenen

Forderungsrechts

Ein großer Teil dieser Autoren stützt sich dabei auf eine verbandsrechtliche Anspruchsgrundlage, nämlich auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Dabei wird im Ansatz nicht geleugnet, daß die Treuepflicht in zwei Ausprägungen besteht, nämlich einerseits zwischen Mitglied und Verband und andererseits unter Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 521f.; zum Problem des § 3 2 0 BGB noch unten I X 4. Ebenso Grunewald, Gesellschafterklage, S. 66; Landgrebe, GmbHR 1967, 2 2 7 , 2 2 9 ; Schütz, Sachlegitimation, S . 3 6 ; Zöllner, Z G R 1988, 392, 403; anders, aber aus den nachfolgend im Text genannten Gründen unzutreffend Raiser, Z H R 153 (1989), wonach das „gegenseitige" Leistungsversprechen rechtsformunabhängige Eigenheit eines jeden Verbandes sein soll. 8 Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 4 0 . 9 Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 4 1 ; für ausschließliche Gläubigerstellung der Gesellschaft auch Grunewald, Gesellschafterklage, S.66f.; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 9 1 ; Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 0 0 mit F n . 2 6 . 10 Ebenso Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 4 1 . 11 Altmeppen, FS Musielak, S. 1, 14ff.; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 178ff.; Gehrlein, ZIP 1993, 1525, 1530; Hachenburg-Raiser, GmbHG, § 14 R n . 4 4 ; Landgrebe, GmbHR 1967, III, 2 2 9 ; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 180ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 R n . 3 4 ; Mertens, FS Fischer, S . 4 6 1 , 467ff.; Raiser, Z H R 151 (1987), 4 2 2 , 4 3 5 ; ders., Z H R 153 (1989), 1, 11, 20, 23; Schanbacher, AG 1999, 21, 27f.; Soufleros, Ausschließung, S . 6 8 ; Zöllner, Z G R 1988, 392, 393ff., 408ff. (nur für Schadensersatzanspruch; vgl. noch sogleich). 6 7

48

§2 Die actio pro

socio

den Mitgliedern 12 . Doch wird behauptet, Streitigkeiten über die Förderung des Gesellschaftszwecks und daraus resultierende Ansprüche seien unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht der Gesellschafter untereinander zu behandeln 13 . Dafür werden die folgenden Argumente ins Feld geführt: - Es gehe beim Streit, ob ein Gesellschafter seinen Förderpflichten zuwidergehandelt habe, materiell um Konflikte zwischen den Gesellschaftern14. Wenn der Gesellschafter seine Mitgliedspflichten verletze, so berühre dies nicht nur die Gesellschaftssphäre, sondern zugleich die Bedingungen, unter denen sich die anderen Gesellschafter bereit erklärt hätten, an der Gesellschaft mitzuwirken und ihr Teile des Privatvermögens zu widmen 15 . - Der Gesellschafter habe ein eigenes Interesse an der Förderung des Gesellschaftszwecks durch die übrigen Mitgesellschafter, weil sein Investment in der Gesellschaft verhaftet sei. Es nehme sich geradezu als Wertungswiderspruch aus, wenn dem Gesellschafter Gewinn- und Informationsansprüche als eigene Ansprüche zustünden, sein zentrales und für seine Beteiligung an der Gesellschaft grundlegendes Interesse an deren Wohlergehen aber nicht mit einem eigenen Anspruch bewehrt sei 16 . - Vereinzelt wird die Treupflicht nicht der Gesellschafterstellung in der GmbH an sich entnommen, sondern die Existenz einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den Gesellschaftern behauptet, die neben der GmbH existieren und sich als Grundlage von Schadensersatzansprüchen eignen soll 17 . Diese Innengesellschaft soll Treupflichten nur zwischen den Gesellschaftern erzeugen; eine Treupflicht zur Gesellschaft entfalle bereits deshalb, weil die GmbH kein vom Interesse ihrer Mitglieder verselbständigtes Eigeninteresse habe 18 . In die ähnliche Richtung weist die Argumentation, der Gesellschaftsvertrag zwischen den Gründern wirke auch nach Eintragung der GmbH fort 1 9 . Die actio pro socio, mit deren Hilfe die geschuldeten Beiträge bzw. der bei Verletzung der Förderpflicht geschuldete Schadensersatz eingefordert wird, wäre dann auch in der GmbH 2 0 als Klage des Gesellschafters aus eigenem Recht anzusehen. Diese Konsequenz wird von den zitierten Autoren mit unterschiedlicher Reichweite gezogen:

12

Dazu noch sogleich V. Gehrlein, ZIP 1 9 9 3 , 1 5 2 5 , 1 5 3 0 ; Immenga, G m b H R 1 9 7 3 , 5 , 1 1 ; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 177f.; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 1 3 R n . 1 1 7 ; Raiser, Z H R 151 (1987), 4 2 2 , 4 3 5 ; Zöllner, Z G R 1 9 8 8 , 392, 4 0 8 . Für A n n a h m e individueller Ansprüche der Gesellschafter untereinander in der Personengesellschaft auch Barnert, Gesellschafterklage, S. 75 ff. 14 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 183. 15 Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 22. 16 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 181. 17 Verhoeven, Innenrecht, Rn. 195 ff. 18 Verhoeven, Innenrecht, Rn. 159. 19 Hoffmann, G m b H R 1963, 61, 63. 20 Z u r AG vgl. die separaten A u s f ü h r u n g e n unten F. 13

B. Die materiellrechtliche D e r Anspruch auf Schadensersatz gens durch einen Mitgesellschafter

Zuordnung von

Sozialansprüchen

49

wegen Schmälerung des Gesellschaftsvermösoll uneingeschränkt neben dem entsprechen-

den Anspruch der Gesellschaft bestehen; der Gesellschafter, der pflichtwidrig und schuldhaft das Gesellschaftsvermögen schädige, verletze seine Treupflicht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber den Gesellschaftern 2 1 . Unterschiedliche Auffassungen werden dagegen vertreten beim Anspruch auf Leistung von Einlagen

und Nachschüssen:

Ein eigener Anspruch stehe dem Gesell-

schafter überhaupt nicht 2 2 bzw. erst dann zu, wenn die Gesellschaft jene Leistungen durch einen Einforderungsbeschluß ( § 4 6 Nr. 2 G m b H G ) fällig gestellt habe; der Gesellschafter, der dann nicht leiste, verletze seine Treupflicht auch gegenüber seinen Mitgesellschaftern 2 1 . Der Einforderungsbeschluß könne ggf. im Wege der positiven Beschlußfeststellungsklage erzwungen werden; der Kläger könne diese Klage mit der Leistungsklage gegen den säumigen Mitgesellschafter verbinden 2 4 . Auch die potentielle Ausfallhaftung des Gesellschafters nach § 2 4 G m b H G gebiete, dem Gesellschafter auch einen eigenen Anspruch auf Leistung der Einlage zuzubilligen 2 5 . M i t Rücksicht auf die Ausfallhaftung nach § 3 1 III G m b H G wird ferner ein eigener Anspruch des Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter auf Unterlassung 2 6 sowie R ü c k e r s t a t t u n g 2 7 von wegen § 3 0 G m b H G verbotenen Auszahlungen angenommen. N u r vereinzelt wird zu der Frage Stellung genommen, o b in den Fällen, in denen ausnahmsweise eine Pflicht des Gesellschafters zur

Stimmab-

gabe in einem ganz bestimmten Sinne angenommen werden k a n n oder umgekehrt ein Stimmverbot besteht, dem Mitgesellschafter ein korrespondierender eigener Anspruch zusteht; dies wird b e j a h t 2 8 . Ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung soll freilich nicht in deren Vorfeld begehrt werden können; der Gesellschafter habe insoweit die Beschlußfassung abzuwarten und müsse ihr Ergebnis ggf. in einem Beschlußmängelprozeß zur gerichtlichen Überprüfung stellen 2 9 .

21 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 178 ff.; Gehrlein, ZIP 1993, 1525, 1530; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 180ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn.34; Raiser, ZHR 151 (1987), 422, 435; ders., ZHR 153 (1989), 1, 11, 20, 23; ders., in Hachenburg, GmbHG, § 14 Rn.44; Zöllner, ZGR 1988, 392, 393ff., 408ff. 22 Hachenburg-Raiser, GmbHG, § 14 Rn.41; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 17f.; Zöllner, ZGR 1988, 392, 402ff. 23 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 182. 24 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 182. 25 Banerjea, Gesellschafterklage, S.182; Wellkamp, DZWiR 1994, 221, 222f. 26 Binge, Gesellschafterklagen, S. 163 ff. 27 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 181; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 19; Wellkamp, DZWiR 1994, 221, 223. 28 Zöllner, ZGR 1988, 392,412f.; dagegen ausnahmslos für Anspruch der Gesellschaft A. Hueck, ZGR 1972, 237, 239. 29 Zöllner, ZGR 1988, 392, 401; ebenso bereits ders., Schranken, S.421, 423; dort wird freilich noch von einer ausschließlich eigenen Rechtszuständigkeit des Verbandes ausgegangen und daher die Möglichkeit einer actio pro socio gänzlich verneint (S.422f.).

50

§2 Die actio pro

socio

In der viel beachteten ITT-Entscheidung 30 scheint der BGH sich dieser Sehweise angeschlossen zu haben: Eine amerikanische Muttergesellschaft hielt 8 5 % der Anteile an einer deutschen G m b H , der Kläger die restlichen 1 5 % . Die G m b H war Komplementärin zweier deutscher GmbH & Co K G , deren beider Kommanditist der Kläger mit Minderheitsstimmrecht ( 4 0 % ) war. Die amerikanische Gesellschaft veranlaßte über die G m b H diese beiden K G , eine jährliche Konzernumlage als Entgelt für fiktive Dienstleistungen an eine andere Tochtergesellschaft der amerikanischen Konzernmutter, also an eine Schwestergesellschaft der G m b H , zu bezahlen.

Der BGH bejahte eine Treupflichtverletzung gegenüber dem Kläger in Person und billigte diesem einen eigenen Anspruch darauf zu, daß die amerikanische Muttergesellschaft die Umlage in das Vermögen der geschädigten Gesellschaften zurückführte. Dies wurde teilweise dahin gedeutet, der BGH habe generell eigene Ersatzansprüche der Gesellschafter untereinander anerkannt und den klagenden Gesellschafter gerade nicht auf die Rolle des Prozeßstandschafters für die Gesellschaft beschränken wollen 31 . Indes ist davor zu warnen, diesem Urteil eine verallgemeinerungsfähige Aussage zu entnehmen 32 : Zum einen hat der BGH ausdrücklich betont, es bedürfe keiner generellen Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwieweit die gesetzliche Ausgestaltung der GmbH als juristische Person Raum für die Annahme von zwischen den Gesellschaftern bestehenden Rechten und Pflichten lasse 33 ; er hat damit bewußt auf die Herausbildung eines generellen Rechtssatzes verzichtet 34 . Zum anderen hat er sein Urteil im konkreten Fall auf eine Überlegung gestützt, die nicht um eine materiellrechtliche Fundierung des Klageanspruchs, sondern um dessen möglichst prozeßökonomische gerichtliche Behandlung bemüht ist 35 : Es sei nicht einzusehen, warum in einer GmbH mit lediglich zwei Mitgliedern der eine Gesellschafter auf den Umweg über eine Klage der Gesellschaft verwiesen werden solle 36 . Das läßt zumindest Raum für die Deutung, daß der BGH den Besonderheiten in der Zweimanngesellschaft Rechnung tragen wollte 37 . Vor allem aber war der Kläger nicht nur Minderheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH, sondern auch Kommanditist beider Kommanditgesellschaften; als Personengesellschafter konnte er zumindest nach damaligem Stand

BGHZ 65, 15. Barnert, Gesellschafterklage, S. 115f.; Brandes, FS Fleck, S. 13, 15; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 5 c (S. 642f.); „jedenfalls" für die Zwei-Mann-GmbH auch Emmerich, JuS 1976, 54. Nach Kowalski, Ersatz, S. 54 sollen demgegenüber die besseren Gründe dafür sprechen, das Urteil als Anerkennung einer Einzelklagebefugnis für Ansprüche der Gesellschaft zu interpretieren. 3 2 Wie hier Banerjea, Gesellschafterklage, S. 8. 3 3 BGHZ 65, 15, 18f. 3 4 Zutreffend Banerjea, Gesellschafterklage, S.8; K. Schmidt, GmbHR 1979, 121, 126. 3 5 Nach Ansicht von Ulmer (NJW 1976, 1 9 2 , 1 9 3 ) ; Weber (Treubindungen, S. 115 f.) und Wiedemann (JZ 1976, 392, 395) ist dies Argument die ausschlaggebende Überlegung des BGH. 3 6 BGHZ 65, 1 5 , 2 1 . 3 7 Dazu ausführlich unten § 11 B III 1. 30

31

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung von

Sozialansprüchen

51

der Rechtsprechung 3 8 aus eigenem Recht klagen 3 9 . Und in der Tat hat der B G H im ITT-Urteil deutlich auf den Schaden des Gesellschafters in seiner Eigenschaft als Kommanditist abgestellt 4 0 . Später hat freilich der B G H auch eine verdeckte Gewinnausschüttung in der G m b H als Treupflichtverletzung auch im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern behandelt 4 1 . Ein Urteil des B G H aus neuerer Z e i t 4 2 beweist gleichwohl, daß der B G H sich in der dogmatischen Einordnung mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche noch nicht festgelegt hat: Der Kl. und der Bekl. waren die beiden einzigen Gesellschafter der H.P. GmbH. Bei deren Gründung hatten der Kl. eine Stammeinlage von 612.500 DM, der Bekl. eine solche von 637.500 DM übernommen. Der Bekl. war zur Aufbringung seiner Einlage aus eigenen Mitteln außerstande. Deshalb schloß die Vorgesellschaft im Anschluß an die Beurkundung der Satzung mit dem Bekl. eine Vereinbarung, wonach der Bekl. die Konzessionen für Herstellung und Vermarktung eines von ihm entwickelten Fassadenbaustoffs für insgesamt mehr als 1 Mio. DM verkaufen und gegen ein Honorar von 2,2 Mio. DM eine Standort- und Projektplanung für Herstellung und Vermarktung jenes Baustoffs an zwei Standorten ausarbeiten sollte. Das Entgelt für die Konzessionen wurde dem Bekl. sofort in vollem Umfang, das Honorar zur Hälfte als Vorschuß ausbezahlt; von diesem Geld zahlte der Bekl. sodann seine Stammeinlage ein. Wenige Monate später zahlte die Gesellschaft das Resthonorar für die Standort- und Projektplanung an den Bekl. aus. Der Kl. gelangte hernach zu der Auffassung, daß in diesen Vorgängen eine verschleierte Sacheinlage zu erblicken sei, und forderte den Geschäftsführer auf, vom Bekl. die Einlage nach- und sämtliche aufgrund der getroffenen Vereinbarungen geflossenen Zahlungen zurückzufordern; da dieser untätig blieb, klagte er schließlich selbst. D e r B G H folgte dem Vorbringen des Kl., daß der Bekl. seine Einlage nur pro forma in bar, im Wege der Hin- und Herzahlung dagegen in Wahrheit in Gestalt der K o n zessionen sowie der Standort- und Projektplanung erbracht habe. Die Vereinbarungen mit dem Bekl. seien daher wegen Umgehung der Sacheinlagevorschriften nichtig, und zwar insgesamt, auch soweit die Leistung des Bekl. den Betrag der Stammeinlage übersteige. D e r Gesellschaft stehe daher nach wie vor ein Anspruch auf die Einlage sowie dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der Konzessionsgebühren und des Planungshonorars zu; diesen Anspruch sei der Kl. selbst im Wege der actio pro socio gerichtlich zu verfolgen befugt, nachdem der Geschäftsführer untätig geblieben sei 4 3 . In dieser Entscheidung ist von einem eigenen Anspruch des Kl. nirgends die Rede; von einer Klage in Prozeßstandschaft indes ebenfalls nicht. Ein in sich geschlossenes Konzept der Zuordnung mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche in der Kapitalgesellschaft hat der B G H mit den soeben wiedergegebenen Entscheidungen noch nicht entworfen.

38 59 40 41 42 43

BGHZ 25, 47, 49. Darauf weist mit Recht Kowalski, ZIP 1995, 1315, 1318 hin. BGHZ 65, 15, 18; darauf weist mit Recht Brezing (AG 1976, 5, 8) hin. BGH NJW 1992, 368, 369. BGH WM 1998, 925. BGH WM 1998, 925, 926.

52

§2 Die actio pro socio

c) Deliktsrechtliche

Begründungsversuche

Neben diesen verbandsrechtlichen Ansätzen wird auch im vorliegenden Z u s a m menhang versucht, das Deliktsrecht für die Begründung eigener Ansprüche des Gesellschafters fruchtbar zu machen. So wird argumentiert, der Gesellschafter könne durch seine Mitwirkung an Geschäftsführungsentscheidungen zum schen

Geschäftsführer

fakti-

werden, der ebenso wie der bestellte Geschäftsführer nach

M a ß g a b e des § 4 3 G m b H G für die Einhaltung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters verantwortlich sei. § 4 3 G m b H G verkörpere ein Schutzgesetz zugunsten der Gesellschafter, so daß diese nach § 8 2 3 II B G B Schadensersatz verlangen k ö n n t e n 4 4 . Vereinzelt wird sogar ein Anspruch aus § 8 2 3 I B G B für möglich gehalten: Die Treupflicht begründe eine deliktische Verkehrspflicht für fremdes Vermögen45. Indes: Keine der soeben referierten Erwägungen rechtfertigt die Deutung, daß die Förderpflicht auch unter den Gesellschaftern bestehe, d.h. als eigener Anspruch jedes Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter zu begreifen sei 4 5 a . Dies soll zunächst für die G m b H und die Personengesellschaft gezeigt werden; sodann wird auf Besonderheiten in der A G einzugehen sein:

II. Innengesellschaft neben der GmbH? Die Konstruktion einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts, kraft derer die Gesellschafter einander zur Treue verpflichtet sein sollen, ist von vornherein auf die Begründung von Schadensersatzansprüchen

zugeschnitten; einen eigenen An-

spruch des Gesellschafters gegen den Mitgesellschafter auf Leistung der versprochenen Einlagen kann sie nicht tragen. Aber selbst mit diesem begrenzten Inhalt kann sie nicht überzeugen 4 6 : Die Vorgründungs- und die Vorgesellschaft sind mit Eintragung der G m b H durch Zweckerreichung erloschen. M i t der Eintragung haben die Gesellschafter erreicht, w o r a u f sie hinzuwirken versucht haben. Sie haben mit Errichtung der Satzung ihrer Meinung nach die Rechte und Pflichten im Verband erschöpfend geregelt; die Annahme einer fortbestehenden Innengesellschaft erscheint vor diesem Hintergrund als bloße F i k t i o n 4 7 . Jeder Verband, gleich welcher Rechtsform, ist auf die Verfolgung eines ihm beigelegten Z w e c k s gerichtet. 44 Emmerich, AG 1975, 285,288; ders., JuS 1976, 54; Rehbinder, ZGR 1977, 581, 639ff. Für die Haftung des Mehrheitsgesellschafters bei rechtswidrigen Weisungen an die Geschäftsführung nach Organhaftungsgrundsätzen auch Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842ff.; Schilling, BB 1975, 1451, 1452; Wilhelm, Rechtsform, S.336ff. 45 Mertens, FS Fischer, S.461, 467f.; ders., AcP 178 (1978), 227, 243 4 5 a Ausführlich gegen die Anerkennung von Ansprüchen unter Kapitalgesellschaften, allerdings mit rechtsformspezifischen Argumenten, Barnert, Gesellschafterklage, S. 153 ff. 4 6 Ablehnend auch Barnert, Gesellschafterklage, S. 145 ff.; Hadding, GesRZ 1984, 32,41 f. mit Fn.60; Nodoushani, Treuepflicht, S.45f., 98ff.; Weber, Treubindungen, S. 118; Wellkamp, Vorstand, S.91; Winkler, Lückenausfüllung, S.52; Winter, Treubindungen, S.47ff. 4 7 Ebenso Barnert, Gesellschafterklage, S.146f.; Nodoushani, Treuepflicht, S.98; Winter,

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

53

Auf die zentrale Frage, was geschieht, wenn die Zweckverfolgung durch das Verhalten seiner Mitglieder in Frage gestellt wird, muß das Verbandsrecht selbst eine Antwort bereitstellen; es kann nicht auf die Konstruktion stillschweigend nebenher geschlossener Verträge zwischen den Gesellschaftern angewiesen sein.

III. Deliktische Verkehrspflicht für fremdes Vermögen? Gerade weil die Lösung im Verbandsrecht selbst zu suchen ist, erscheint es auch fragwürdig, hierfür das Deliktsrecht zu bemühen 48 , zumal sich auch auf diesem Wege lediglich Ansprüche unter den Gesellschaftern auf Schadensersatz, nicht aber auch Ansprüche auf Einlagen und Nachschüsse begründen lassen; abermals wird also nur ein Ausschnitt der in der Einzelklagebefugnis des Gesellschafters liegenden Problematik erfaßt. Gänzlich ungeeignet für die Begründung von Ansprüchen des Gesellschafters ist die Idee, die Treupflicht des Gesellschafters verkörpere eine deliktische Verkehrspflicht für fremdes Vermögen 49 . Die Verkehrspflicht ist eine Rechtsfigur, mit deren Hilfe die Zurechenbarkeit von Verletzungserfolgen bei entfernteren Kausalverläufen - sog. mittelbaren Verletzungshandlungen - beurteilt wird. Sie kann nicht darüber hinweghelfen, daß ein Anspruch aus § 823 I BGB die Verletzung eines der dort aufgelisteten Rechtsgüter voraussetzt 50 . Das Vermögen ist gerade kein solches Rechtsgut; die These von einer hierauf bezogenen deliktischen Verkehrspflicht läuft auf die Anerkennung einer vom Gesetzgeber nicht gewollten großen deliktsrechtlichen Generalklausel hinaus 51 . Nun wird im Zusammenhang mit der These von einer solchen Verkehrspflicht mehrfach die Mitgliedschaft als sonstiges Recht genannt 52 , so daß man erwägen könnte, hinter der zu weit geratenen Formulierung von der Verkehrspflicht für fremdes Vermögen stehe in Wahrheit das Postulat einer Verletzung dieses „sonstigen" Rechts. Doch ist, wie gezeigt, die Mitgliedschaft gerade nicht als „sonstiges" Recht i.S. des § 823 I BGB anzuerkennen. Zudem bleibt auf der Basis dieses Ansatzes unklar, wem der Anspruch aus § 823 I BGB zustehen soll; konsequent müßte danach differenziert werden, ob der Schaden im Gesellschaftsvermögen eingetreten ist oder im Eigenvermögen des Gesellschafters. Im ersteren Fall wäre die Gesellschaft, im letzteren Fall der Gesellschafter Anspruchsgläubiger; ein eigener Anspruch des Gesellschafters Treubindungen, S.48; ähnlich K. Schmidt, G m b H R 1979, 121, 125: „ v o m Gesellschafterwillen unabhängige H i l f s k o n s t r u k t i o n " 48 Z u t r e f f e n d Becker, Verwaltungskontrolle, S.534; Berger, Z H R 148 (1985), 5 9 9 , 6 0 3 ; v. Gerkan, Z G R 1988, 4 4 1 , 4 4 8 ; Grunewald, Gesellschafterklage, S . 9 9 f . ; Immenga, FS 100 J a h r e G m b H G , S. 1 8 9 , 2 0 3 f.; Kowalski, Ersatz, S. 201; Rhein, Interessenkonflikt, S. 198 f.; kritisch auch Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 53f.; Habersack, Mitgliedschaft, S. 14f. 49 Ablehnend auch Berger, Z H R 149 (1985), 599, 6 0 3 ; Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 154; Rhein, Interessenkonflikt, S. 198; Winter, Treubindungen, S.56. 50 Z u t r e f f e n d Banerjea, Gesellschafterklage, S. 178; Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 154 51 Berger, Z H R 149 (1985), 5 9 9 , 6 0 3 52 Mertens, FS Fischer, S . 4 6 1 , 4 6 8 , 4 7 1

54

§ 2 Die actio pro socio

wegen Schädigung der Gesellschaft könnte mit Hilfe des Verkehrspflicht-Ansatzes also gar nicht begründet werden. Solche Schäden sind, selbst wenn die Mitgliedschaft als „sonstiges" Recht anzuerkennen wäre, jedenfalls nicht von deren Zuweisungsgehalt u m f a ß t 5 3 .

IV. H a f t u n g n a c h § § 8 2 3 II B G B , 4 3

GmbHG?

Wenig geglückt erscheint es schließlich, den Gesellschafter, der sich an Geschäftsführungsentscheidungen

beteiligt, als faktisches Organ anzusehen, dem § 4 3

G m b H G zu unterwerfen und diese Vorschrift als Schutzgesetz zugunsten der Gesellschafter zu begreifen 5 4 . Der Gesellschafter, der sich an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung in Geschäftsführungsangelegenheiten beteiligt, übt lediglich die ihm zustehenden Mitwirkungsrechte aus. Allein dieser Umstand kann nicht genügen, ihn zum faktischen Organ zu stempeln. Allenfalls mag man es als M i ß b r a u c h seines mitgliedschaftlichen

Einflusses ansehen, wenn er die Geschäfts-

führung zu eigenen Z w e c k e n usurpiert 5 5 , und hierin eine Verletzung seiner mitgliedschaftlichen Treupflicht erblicken. Allein wegen der regulären Teilhabe an Geschäftsführungsentscheidungen kann der Gesellschafter nicht dem verschärften Sorgfaltsmaßstab des § 4 3 G m b H G unterliegen 5 6 : Die Organisationsverfassung der G m b H statuiert das Prinzip der Fremdorganschaft deshalb, weil es den Gesellschaftern zugesteht, die Geschäftsführung nicht selbst in die H a n d zu nehmen, sondern einer professionellen Kraft zu überlassen. Die Gesellschafter sollen also gerade nicht selbst die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung übernehmen müssen 5 7 . Sofern die Gesellschafter für fehlerhafte Geschäftsführungsentscheidungen haftbar gemacht werden sollen, m u ß dieser Haftung ein Verhalten zugrunde liegen, welches ihnen gerade in ihrer Eigenschaft als

Gesellschaf-

ter nicht erlaubt ist. Konsequent m u ß auch die Grundlage für einen Ersatzanspruch den Gesellschafter gerade in dieser Eigenschaft ansprechen; der Versuch, 53 Ebenso Banerjea, Gesellschafterklage, S. 177; Bork, ZIP 1990,1037,1042; Habersack, Mitgliedschaft, S. 156; Reuter, FS Lange, S.707, 718; K. Schmidt, JZ 1991, 157, 159; ähnlich auch Barnert, Gesellschafterklage, S.109f. 5 4 Gegen diese Konstruktion auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 176; Baumgärtner, Treupflicht, S. 185; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.52; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 101; Kion, BB 1984, 864, 868; Kowalski, Ersatz, S. 196ff.; Mertens, FS Fischer, S.461, 466f.; Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 414ff.; Winter, ZHR 148 (1984), 579, 593. 55 Vgl. Mertens, FS Fischer, S.461, 464; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG §43 Rn.68. Zurückhaltend zur Anwendung des §43 GmbHG wegen „faktischer" Geschäftsführung auch Baumbach-Zöllner, GmbHG, §43 Rn.3. 56 So aber ausdrücklich Immenga, GmbHR 1973, 5, 9, 11. Wie hier Flume, ZHR 144 (1980), 18, 31. 57 Zutreffend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 176. Die Vorstellung, der Mehrheitsgesellschafter könne nach Organhaftungsgrundsätzen für schädliche Einflußnahmen in der von ihm beherrschten Gesellschaft in Anspruch genommen werden, hat sich im Verlauf der Diskussion nicht durchsetzen können; vgl. zuletzt Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2025f. mit umfassenden Nachweisen.

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

55

hierfür die Organhaftung fruchtbar zu machen, muß als ein schwer begreiflicher Umweg erscheinen 58 . Schon gar nicht ist § 43 GmbHG ein Schutzgesetz zugunsten der Gesellschafter 59 : Der Geschäftsführer ist von der Gesellschaft zum Organ bestellt worden und schuldet ihr und nicht den Gesellschaftern die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters 60 . Die Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern ist selbst dort zweifelhaft, wo sie auf besondere Vorschriften gestützt wird, die ausgewählte Verstöße gegen seine Organpflichten betreffen. So hat zwar der BGH den Geschäftsführer, der sich der Untreue zum Nachteil der GmbH strafbar gemacht hatte (früher § 81a GmbHG, heute § 266 StGB), nach § 823 II BGB den Gesellschaftern gegenüber haften lassen 61 ; doch vermag dies kaum einzuleuchten 62 : Betroffen war allein das Gesellschaftsvermögen; nur hierauf erstreckte sich auch die in § 266 StGB vorausgesetzte Vermögensbetreuungspflicht des Geschäftsführers. Das Eigenvermögen der Gesellschafter war dagegen nur insoweit berührt, als durch die Schädigung der Gesellschaft der Wert ihrer eigenen Beteiligung herabgesenkt wurde. Solche sog. Reflexschäden vermögen aber, wie zu zeigen sein wird 63 , eigene Ersatzansprüche von Gesellschaftern allenfalls dort zu begründen, wo zwischen ihnen und dem Geschäftsführer ein besonderes Rechtsverhältnis besteht, kraft dessen letzterer auch dem Gesellschafter zur sorgfältigen Geschäftsleitung verpflichtet ist. Allein die Mitgliedschaft in der von Geschäftsführer geleiteten und geschädigten Gesellschaft reicht dafür nicht aus; das Organrechtsverhältnis ist ein solches nur zur Gesellschaft.

V. Die Differenzierung der Treupflicht Die ursprüngliche Form der Zweckförderung, nämlich die Leistung des versprochenen Beitrags in Gestalt der Stammeinlage, ist der Gesellschaft geschuldet. Dies legt die Annahme nahe, daß Gleiches für sonstige Beiträge zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks der Gesellschaft gilt. In der Tat hat sich heute die Erkenntnis durchgesetzt, daß den Gesellschafter in Gesellschaften jeder Rechtsform Treupflichten in zweierlei Richtung treffen 64 : Zutreffend Ulmer, ZIP 2 0 0 1 , 2 0 2 1 , 2 0 2 5 . Wie hier Banerjea, Gesellschafterklage, S. 176; Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 4 3 R n . 4 8 ; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 101; in: Hommelhoff/Kleindick, Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 4 3 R n . 2 7 . 6 0 Zutreffend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 176 6 1 BGH W M 1967, 2 8 7 , 2 8 8 ; W M 1969, 1081, 1082. 6 2 Kritisch zu beiden Entscheidungen auch Baums, Z G R 1987, 5 5 4 , 5 6 1 bei Fn. 18; Müller, FS Kellermann, S . 3 1 7 , 3 2 6 . 6 3 Unten IX 2. 6 4 Zum Folgenden namentlich Staub-Ulmer, HGB, § 105 R n . 2 3 9 f f . ; Winter, Treubindungen, S. 11 f., 63ff.; ferner Binge, Gesellschafterklagen, S. 167f. ; Bungert, DB 1995, 1749, 1 7 5 0 , 1752; Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 4 6 ; Kreß, Beschlußkontrolle, S.14f.; Picot, BB 1993, 13, 16; Semler, AnwBl. 1991, 4 4 0 , 4 4 2 58

59

56

§ 2 Die actio pro socio

1. Treupflicht

gegenüber

den anderen

Mitgliedern

Z u m einen besteht eine Treupflicht des Gesellschafters gegenüber schaftern.

den

Mitgesell-

Sie besagt, daß er auf deren mitgliedschaftliche Interessen Rücksicht zu

nehmen hat. Diese Pflicht beruht nach einigen Autoren auf dem Gesellschaftsvertrag 6 ^, nach anderen auf § 2 4 2 B G B 6 6 , nach vereinzelt vertretener Auffassung auf einem sozialen K o n t a k t , der Schutzpflichten unter den Gesellschaftern erzeugt 6 7 : Die Mitgliedschaft begründet eine Sonderverbindung

zwischen den Mitgliedern,

welche dem einzelnen Gesellschafter eine erhöhte Einwirkungsmöglichkeit auf die Interessen des Mitgesellschafters vermittelt. Dieser Möglichkeit entspricht eine gesteigerte Pflicht zur R ü c k s i c h t n a h m e 6 8 ; je stärker die Einflußmöglichkeit, desto intensiver die Rücksichtspflichten 6 9 .

2. Treupflicbt

gegenüber

a) Entscheidungen

in

dem

Verband Geschäftsführungsangelegenheiten

Z u m anderen trifft den Gesellschafter eine Treupflicht gegenüber

dem

Verband.

Diese Treupflicht bedeutet für den Gesellschafter, daß er die gemeinsame Z w e c k verfolgung zu fördern und alles zu unterlassen hat, was sie beeinträchtigen könnte. Insbesondere hat er in Geschäftsführungsangelegenheiten strikt vorrangig das Interesse der Gesellschaft zu beachten; das gilt für die Mitwirkung an Geschäftsführungsbeschlüssen ebenso wie für die Ausführung von Geschäftsführungshandlungen 7 0 . Diese Pflicht beruht auf § 7 0 5 B G B 7 1 als der Grundnorm des VerbandsHüffer, FS Steindorff, S.59, 67f.; Seidel, Treupflichten, S. 180 Bäk, AG 1992, 277, 293; Bungert, DB 1995, 1749, 1750; Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 158; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 228 ff. (der daneben auch die Treupflicht gegenüber dem Verband in §242 BGB verorten will); Nodoushani, Treuepflicht, S.37ff., 94ff.; Paschke, FS Serick, S.313, 320; Schütz, Sachlegitimation, S. 129; hinter, Treubindungen, S. 14, 67ff.; Zöllner, Schranken, S. 350 67 Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 97f. Diese Schutzpflichten sollen auf § 823 II BGB zurückzuführen sein; näher liegt indes insoweit die Rückführung auf § 242 BGB. 68 BGHZ 65, 15, 19; 103, 184, 194; Bischoff, BB 1987, 1055, 1058; OLG Stuttgart BB 2000, 1155, 1156; Brandes, WM 1994, 2177, 2181; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 159f.; Gehrlein, ZIP 1993,1525,1527; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996,1367,1369; Hüffer, FS Steindorff, S. 59, 74; KK-Zöllner, AktG, § 243 Rn. 190; Kreß, Beschlußkontrolle, S. 15; Vollmann, Minderheitenschutz, S.97; Vorwerk/Wimmers, GmbHR 1998, 717, 719f.; Wedemann, JZ 1989, 447; Zöllner, Schranken, S.343. 69 BGHZ 129, 136, 142; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 115; Eutter, AcP 180 (1980), 84, 114; Martens, FS Fischer, S.437, 445; Schnorbus, JuS 1998, 877, 879; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 98; Wellkamp, Aktionärsschutz, S.20; Winter, Treubindungen, S. 16 f.; Zöllner, Schranken, S.342f. 70 Vgl. bereits oben § 1 B II für das Stimmrecht in Geschäftsführungsanlegegenheiten; ferner ganz allgemein für die Ausübung von Geschäftsführungsbefugnissen Fischer, FS Steindorff, S. 59, 62; Hüffer, FS Steindorff, S.59, 62; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 175; Pabst, Mitwirkungspflicht, S. 107; Reinisch, Ausschluß, S.61; Schütz, Sachlegitimation, S. 125; Weber, Treubindungen, S.71 71 Guntz, Treubindungen, S. 89; Eutter, AcP 180 (1980), 84,102f.; Nodoushani, Treuepflicht, 65 66

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

57

rechts 72 : Die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks kommt nicht ohne die Beiträge seiner Mitglieder aus 73 . Teilweise wird zur Erklärung der Treupflicht gegenüber der Gesellschaft auch der Gesellschaftsvertrag herangezogen 74 , vereinzelt sogar die ausschließliche Bindung an das Gesellschaftsinteresse aus dem Wesen der Geschäftsführung gefolgert 75 . Da sich der Verband in seinem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld weiterentwickelt und auf die von dort herrührenden Anforderungen reagieren muß, erschöpft sich der geschuldete Beitrag typischerweise nicht in einer einmaligen Geldzahlung, sondern macht laufend Entscheidungen über das weitere Schicksal des Verbandes erforderlich. Das betrifft nicht nur die Ebene sachlicher Geschäftsführungs-, sondern ebenso die der Personalentscheidungen: So muß der Gesellschafter für die Abberufung eines ungeeigneten Geschäftsführers stimmen 76 ; diese Verpflichtung trifft ihn abermals der Gesellschaft gegenüber 77 , und es stehen bei der Entscheidung über die Abberufung allein die Interessen der Gesellschaft im Vordergrund 78 . Im Einzelfall mag die Treupflicht so weit gehen, daß sie dem Gesellschafter eine ganz bestimmte Geschäftsführungshandlung oder die Mitwirkung hieran gebietet 79 ; Zustimmungspflichten in Geschäftsführungsangelegenheiten bestehen dann gegenüber der Gesellschaft80. b)

Schädigungsverbot

Zur Zweckförderpflicht gehört des weiteren, daß der Gesellschafter die Gesellschaft nicht schädigt 81 ; Ansprüche auf Unterlassung solcher Schädigungen stehen daher ebenfalls der Gesellschaft zu 82 . Namentlich ist es dem Gesellschafter verwehrt, der Gesellschaft die ihr gewidmeten Ressourcen außerhalb des regulären Gewinnverteilungsverfahrens wieder zu entziehen. Der oben 83 geschilderte Fall ITT, wo der Mehrheitsgesellschafter den Tochtergesellschaften für fiktive Dienstleistungen eine Konzernumlage in Rechnung gestellt hatte, war daher in Wahrheit S. 83; Schütz, Sachlegitimation, S. 128 72 Lutter, Z H R 153 (1989), 446, 454 73 Guntz, Treubindungen, S. 99f.; Habersack, Mitgliedschaft, S. 97; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 56ff.; Winter, Treubindungen, S.96f. 74 Bungert, DB 1995, 1749, 1750; Henze, BB 1996, 489, 492; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996,1367,1369; Hüffer, FS Steindorff, S. 59,65f.; Paschke, FS Serick,S.313,316; Weber, Treubindungen, S.123, 148ff.; Winter, Treubindungen, S.63ff. 75 Seidel, Treupflichten, S.108, 167 76 BGH ZIP 1988, 22, 24; OLG Hamburg BB 1954, 978. 77 OLG Düsseldorf NJW 1989, 172. 78 Zutreffend OLG Hamm GmbHR 1995, 736, 739. 79 Vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 116 Rn.5; Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rn.30; Heymann-Emmerich, HGB, S 119 Rn. 17; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn.45; Winter, Treubindungen, S.24, 140; Zöllner, Schranken, S. 353 ff. 80 Sester, Treupflichtverletzung, S.35 (für OHG/KG); Winter, Treubindungen, S. 174 (für GmbH) 81 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 179 82 Ebenso Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 80 83 I 2 b.

58

§ 2 Die actio pro

socio

keine Treupflichtverletzung gegenüber dem Minderheitsgesellschafter, sondern gegenüber der Gesellschaft 84 . Aus eigenem Recht hätte der Minderheitsgesellschafter allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzscbutzklage von der Tochter-GmbH die Unterlassung der Auszahlung an den Mehrheitsgesellschafter bzw. soweit diese bereits erfolgt war, deren Rückforderung verlangen können; denn es handelte sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung 8 5 und griff als solche in die Gewinnverwendungskompetenz der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 1 G m b H G ein 86 , durfte also vom Geschäftsführer nicht eigenmächtig vorgenommen werden. Ein eigener Anspruch gegen den Mehrheitsgesellschafter ließ sich indes unter dem Titel der Kompetenzschutzklage nicht begründen. Ferner ist es dem Gesellschafter untersagt, von verbandsrechtlichen Rechtsbehelfen funktionswidrig zum Schaden der Gesellschaft Gebrauch zu machen. Seit Ende der 1980er Jahre wird in Rechtsprechung und Schrifttum eine breite Diskussion geführt, welche rechtliche Behandlung eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen einen fehlerhaften Hauptversammlungsbeschluß erfährt, die vom Kläger in der H o f f n u n g erhoben wird, die Gesellschaft werde ihm gegen Rücknahme der Klage Sondervorteile gewähren. Der BGH hat ausgesprochen, daß der Beschlußmängelklage zwar nicht der Einwand des institutionellen, wohl aber der des individuellen Rechtsmißbrauchs entgegenstehen kann 8 7 . In diesem Zusammenhang haben zahlreiche Autoren zutreffend hervorgehoben, daß das Verbot, fehlerhafte Beschlüsse mit diesem Ziel anzugreifen, der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht entspringt 8 8 ; es handelt sich auch hier um eine Ausprägung des Schädigungsverbots.

84 Z u t r e f f e n d Bäk, AG 1992, 277, 2 9 3 ; Grunewald, Gesellschafterklage, S.79; Winter, Treubindungen, S. 7 7 85 So ausdrücklich B G H Z 6 5 , 15, 18. 86 Vgl. Binge, Gesellschafterklagen, S. 157; Habersack, Mitgliedschaft, S.336; Hager, Z G R 1989, 71, 78; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 2 2 ; Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S . 4 8 7 , 4 9 1 f.; Winter, Z H R 148 (1984), 5 7 9 , 5 8 2 f . 87 B G H Z 107, 2 9 6 , 3 0 8 f f . ; umfangreiche Nachweise aus der Rechtsprechung unten § 3 A I. Dem B G H zustimmend Boujong, FS Kellermann, S. 1, 6f.; Diekgräf, W M 1991, 613, 617; Reinisch, Ausschluß, S.65f.; Wardenbach, BB 1991, 4 8 5 , 4 8 8 ; Werner, FS Semler, S . 4 1 9 , 4 2 1 . - Z u r Konkretisierung des M i ß b r a u c h s t a t b e s t a n d s Diekgräf, W M 1991, 613, 618ff.; ders., Sonderzahlungen, S.47ff.; Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 124ff.; Hirte, BB 1988, 1469, 1471 f.; ders., DB A G 1989, 168, 169f.; Künzel, FS Heinsius, S . 4 2 5 , 5 3 0 f . ; 1989, 2 6 7 , 2 6 8 ; Hommelhoff/Timm, Martens, AG 1988, 118, 123f.; Schultz, Behebung, S.264f.; Teichmann, JuS 1990, 2 6 9 , 2 7 1 ff.; Timm, Aktionärsverhalten, S. 1, 3 2 f . ; Wardenbach, Z G R 1992, 5 6 3 , 564ff.; Windbichler, Aktionärsverhalten, S.25, 4 0 f f . - Die Vorstellung, eine Anfechtungsklage k ö n n e wegen Rechtsmißbrauchs abgewiesen werden, wird dagegen b e k ä m p f t von Götz, DB 1989, 2 6 1 , 2 6 4 f f . ; Guntz, Treubindungen, S.299ff.; Meyer-Landrut, FS Schilling, S . 2 3 5 , 2 3 9 f f . ; Radu, Z I P 1992, 3 0 3 , 3 1 0 f f . ; Slabschi, Anfechtungsklage, S. 102ff. 88 Henze, BB 1996, 4 8 9 , 4 9 4 f . ; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S. 98; Heuer, W M 1989, 1401, 1 4 0 4 f . ; Hüffer, FS Steindorff, S.59, 75f.; Kort, ZIP 1990, 2 9 4 , 2 9 7 ; Paschke, FS Serick, S . 3 1 3 , 325; Wellkamp, Aktionärsschutz, S.97; Werner, FS Semler, S . 4 1 9 , 4 2 5 f f .

B. Die materiellrechtlicbe

c) Entscheidungen

in

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

59

Grundlagenangelegenheiten

Zur Treupflicht des Gesellschafters kann es schließlich nach ganz herrschender Meinung in besonderen Fällen gehören, an Grundlagenbeschlüssen mitzuwirken, insbesondere Änderungen des Gesellschaftsvertrags zuzustimmen 8 9 . Die Stoßrichtung dieser Pflicht ist durchaus diffus; So mögen mitgliedschaftliche Interessen einzelner Gesellschafter die Anpassung gebieten; dies kommt etwa in Betracht, wenn im Gesellschaftsvertrag einer O H G dem geschäftsführenden Gesellschafter eine Tätigkeitsvergütung zugebilligt worden war und deren Höhe unter den aktuellen Verhältnissen den Wert seiner Leistung nicht mehr korrekt wiedergibt 9 0 . Häufiger aber sind Änderungen erforderlich ist, um die Existenz des Gesellschaftsunternehmens oder dessen Funktionsfähigkeit zu erhalten; die Treupflicht gebietet dann dem Gesellschafter die Zustimmung zur Vertragsänderung, wenn und soweit diese ihm nach den Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist 91 . Die daran geübte Kritik, die Annahme einer Treupflicht zur Einwilligung in Vertragsänderungen verletze das Selbstbestimmungsrecht des Gesellschafters 92 , der dies nur im Rahmen des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags preisgegeben 93 und sich nur zu den darin verankerten Bedingungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks verpflichtet habe 9 4 , wird der besonderen Struktur des Gesellschaftsverhältnisses nicht gerecht: Die auf Dauer angelegte gemeinsame Zweckverfolgung vollzieht sich in einem ver89 G a n z herrschende Meinung; vgl. B G H Z 4 4 , 40, 42; 98, 2 7 6 , 2 7 9 ; B G H L M Nr. 8 zu § 105 H G B ; B G H W M 1 9 6 0 , 1 0 5 , 1 0 6 ; W M 1961, 301, 302; W M 1 9 6 7 , 1 0 9 9 , 1 1 0 1 ; W M 1973, 990, 9 9 1 f.; W M 1974, 831, 833; N J W 1985, 972, 973; N J W 1985, 974f.; N J W 1 9 8 7 , 952, 953; W M 1 9 8 7 , 841, 842; W M 2 0 0 5 , 3 9 , 4 0 ; O L G H a m m N J W - R R 1986, 780, 7 8 1 ; N Z G 2 0 0 0 , 2 5 2 , 2 5 3 ; O L G M ü n c h e n N Z G 2 0 0 1 , 5 5 8 , 5 6 0 f . ; O L G Stuttgart N Z G 2 0 0 0 , 835, 836; LG Düsseldorf W M 1 9 9 3 , 1 5 3 , 1 6 0 ; Baumgärtner, Treupflicht, S. 1 2 8 , 1 5 1 ; Becker, Z Z P 9 7 (1984), 314, 315f.; Brandes, W M 1 9 9 0 , 1 2 2 1 , 1 2 2 2 ; Casper, Heilung, S.263; Fischer, N J W 1954, 777, 780; Ganssmüller, DB 1965, 1893, 1898; ders., DB 1966, 1505, 1509; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S.99; GroßkommAktG-iC. Schmidt, A k t G , § 2 4 3 R n . 5 0 ; Heymann-Emmerich, HGB, §119 R n . l 8 f . ; H o p t Z G R 1 9 7 9 , 1 , 2 0 ; A. Hueck, FS Nipperdey I, S . 4 0 1 , 4 1 3 ; ders., Z G R 1 9 7 2 , 2 3 7 , 2 4 4 f . ; Lindacher, Z u k u n f t , S.52; Marburger, N J W 1984, 2 2 5 2 , 2 2 5 6 ; Nitschke, Personengesellschaft, S.309; Picot, BB 1993, 13, 16; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 982; Renkt, Gesellschafterbeschluß, S. 69; Säcker, FS Lukes, S. 547, 552f.; C. Schäfer, Geschäftsanteil, S . 4 8 f . ; SchlegelbergerMartens, H G B , § 119 R n . 4 5 ; Schneider Z G R 1972, 357, 3 8 5 ; Schultz, Behebung, S . 2 8 1 f f . ; Sester, Treupflichtverletzung, S.79ff.; Ulmer, Z H R 161 (1997), 102, 126; ders., in H a c h e n b u r g , G m b H G , § 5 3 R n . 7 0 ; ders., in Staub, HGB, § 1 0 5 R n . 2 4 4 f f . ; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.90f.; Weber, Treubindungen, S.169ff.; Weipert, Z G R 1990, 142, 145f.; Westermann, FS Hefermehl, S . 2 2 5 , 2 2 9 f f . ; ders., J Z 1987, 97, 98; ders.lKlingberg, H a n d b u c h , Rn. I 530ff.; Winter, Treubindungen, S. 131; Worch, Treuepflichten, S.27; Zöllner, Anpassung, S. 3 5 f f . 90

Vgl. namentlich B G H Z 4 4 , 40, 4 2 f . u n d Ganssmüller, a a O . (vorige Fn.). Vgl. besonders W M 1973, 990, 992; N J W 1985, 972, 973; N J W 1 9 8 5 , 974f.; N J W 1 9 8 7 , 952, 954; Flume, FS Rittner, S. 1 1 9 , 1 3 0 ; Säcker, FS Lukes, S. 547, 5 5 5 ; Weipert, Z G R 1 9 9 0 , 1 4 2 , 152ff.; Schlegelberger-Martens, H G B , § 119 R n . 4 6 ; Staub-Ulmer, H G B , § 105 R n . 2 4 6 ; Winter, Treubindungen, S. 35. Z u existenzsichernden K a p i t a l m a ß n a h m e n in G m b H und A G unten § 5 B I 4 a, b. 91

92

Kollhosser, FS H . Westermann, S . 2 7 5 , 2 8 4 . Kollhosser, FS H . Westermann, S . 2 7 5 , 2 8 1 ; ähnlich, aber i eng begrenzten Ausnahmefällen gleichwohl für Zustimmungspflicht votierend MK-Enzinger, H G B , § 119 R n . 2 8 . 94 Kollhosser, FS H . W e s t e r m a n n , S . 2 7 5 , 2 7 8 . 93

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§2 Die actio pro

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änderlichen Umfeld und bringt die Notwendigkeit der Anpassung hieran mit sich. Dann ist die Verpflichtung, bei dieser Anpassung den Gesellschaftszweck zu berücksichtigen, jedem Mitgliedschaftsverhältnis von vornherein immanent 95 . Die ursprünglichen Vertragsbedingungen sind kein Selbstzweck, sondern von den Gesellschaftern deshalb so vereinbart worden, weil sie hierin anfangs die optimale Ausgestaltung der Zweckverfolgung erblickt haben 96 . Da diese als solche vom Willen jedes Mitglieds getragen wird, wird durch die Herausbildung von Anpassungspflichten die Privatautonomie überhaupt erst verwirklicht 97 . Der weitere Einwand, es sei nicht Sache der Gerichte, sondern der Gesellschafter selbst, für die Zukunft vorzusorgen98, überschätzt deren Fähigkeit, in die Zukunft vorauszusehen: So mancher Anpassungsbedarf trifft die Gesellschafter überraschend. Gänzlich inkonsequent erscheint es, wenn die Kritiker einer Anpassungspflicht im Grundlagenbereich vorschlagen, der Gesellschafter, der sich einer notwendigen und zumutbaren Anpassung verschließe, könne notfalls ausgeschlossen werden 99 : Wenn hierin keine Pflichtverletzung zu sehen ist, fällt die Annahme schwer, der betreffende Gesellschafter habe einen wichtigen Grund für seinen Ausschluß gesetzt 100 . Wenn aber die Pflicht, der Anpassung des Gesellschaftsvertrags an veränderte Umstände zuzustimmen, im Interesse der Zweckverfolgung besteht 101 , so folgt, daß sie nicht, wie teilweise behauptet wird 102 , den Mitgesellschaftern, sondern der Gesellschaft geschuldet ist 103 . Die Anpassungspflicht ist ebenso wie die Treupflicht in Geschäftsführungsangelegenheiten eine Verpflichtung, deren Erfüllung die Verfolgung des Gesellschaftszwecks sicherstellen soll. Wie sogleich zu zeigen sein wird, wird das Interesse an der Zweckförderung in der Gesellschaft aggregiert und in Rechtspositionen der Gesellschaft umgesetzt. Und in der Tat wird sich am Beispiel der Ausschlußklage erweisen, daß Gläubigerin der Treupflicht selbst dort, wo es um Vertragsänderungen im Gesellschaftsinteresse geht, allein die Gesellschaft ist. Das bedeutet, um Mißverständnisse zu vermeiden, nicht, daß auch der 9 5 So namentlich Zöllner, Schranken, S. 345; ferner Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 209f.; Habersack, Mitgliedschaft, S.267; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.27f.; ders., DB 1989, 267, 268; Pabst, Mitwirkungspflicht, S. 145f., 156f.; Säcker, FS Lukes, S.547, 552f.; SchlegelbergerMartens, HGB, § 119 Rn.46; Sester, Treupflichtverletzung, S. 61; Weipert, ZGR 1 9 9 0 , 1 4 2 , 144; Winter, Treubindungen, S. 33. Nach Flume, Die Personengesellschaft, § 15 IV (S. 281) soll die Anpassungsoffenheit des Gesellschaftsvertrag mit den Mitteln ergänzender Vertragsauslegung zu bewältigen sein. 9 6 Zutreffend Sester, Treupflichtverletzung, S.61. 9 7 Ebenso Weber, Treubindungen, S. 171; Zöllner, Anpassung, S.39. 98 Kollhosser, FS Bärmann, S.533, 535 9 9 So aber in der Tat Kollhosser, FS Bärmann, S.533, 538f.; ders., FS Westermann, S . 2 7 5 , 2 8 3 . 1 0 0 Zutreffend Fischer, NJW 1954, 777, 780; Pabst, Mitwirkungspflicht, S. 127, 159. 101 So besonders prononciert Pabst, Mitwirkungspflicht, S. 110; vgl. ferner Brandes, W M 1990, 1221, 1222. 102 Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S.212; Schütz, Sachlegitimation, S. 138; Winter, Treubindungen, S. 183. 1 0 3 So namentlich Nitschke, Personengesellschaft, S. 309f.

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

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Entscheidungsmaßstab sich ausschließlich am Gesellschaftsinteresse orientiert: Der Gesellschafter darf sich, wenn er über Vertragsänderungen abstimmt, auch von seinem eigenen Interesse leiten lassen 104 .

VI. Die Umsetzung des Zweckverfolgungsinteresses in Rechtspositionen der Gesellschaft Ganz allgemein läßt sich folgende Stoßrichtung der Treupflicht beschreiben: Jene Pflicht besteht, soweit sie mit Rücksicht auf das Verbandsinteresse geschuldet ist, allein gegenüber der Gesellschaft; gegenüber den Gesellschaftern besteht sie nur in den Fällen, in denen bestimmte Vorgänge aus Sicht des Verbandes indifferent oder gar vorteilhaft sind, jedoch Mitgliedsrechte anderer Gesellschafter beeinträchtigt werden 105 . Gerade wenn man die Grundlage für die Treupflicht gegenüber dem Verband in § 705 BGB erblickt, könnte man freilich neben dem Anspruch der Gesellschaft auf die Leistung von Beiträgen zur Zweckförderung auch den Gesellschaftern gegen ihre jeweiligen Mitgesellschafter einen Anspruch darauf zubilligen, an die Gesellschaft derartige Beiträge zu leisten - sei es in Gestalt materieller Leistungen, sei es in Gestalt der Mitwirkung an Entscheidungen in der Gesellschaft und deren Ausführung, sei es in Gestalt von Schadensersatzleistungen bei Verletzung einer im Interesse der Zweckförderung bestehenden Pflicht. Denn nach § 705 BGB verpflichten sich die Gesellschafter gerade gegenseitig, den gemeinsamen Zweck zu fördern 1053 . So ist denn auch zugunsten eines solchen Anspruchs der Gesellschafter die Überlegung vorgetragen worden, das gegenseitige Leistungsversprechen sei rechtsformunabhängige Eigenheit eines jeden Verbandes 106 . Gleichwohl ist daran festzuhalten, daß (Treu-)Pflichten, deren Erfüllung die gemeinsame Zweckverfolgung sicherstellen soll, allein gegenüber der Gesellschaft bestehen. Das gilt zum einen für Kapitalgesellschaften 107 , ebenso aber auch für die nach § § 1 6 1 II, 124 I HGB mit Rechtsfähigkeit ausgestatteten Personenhandelsgesellschaften108. Die Vgl. nur Ulmer, FS Möhring, S.295, 300 und oben § 1 A II. Zutreffend Berger, ZHR 149 (1985), 599, 604; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 100; Sester, Treupflichtverletzung, S.65; Winter, Treubindungen, S.81; ders., Z H R 148 (1984), 579, 594; für die konzernabhängige GmbH auch Binge, Gesellschafterklagen, S. 168 1 0 5 a Darauf heben maßgeblich Altmeppen, FS Musielak, S. 1, 14ff. und Barnert, Gesellschafterklage, S.75ff., 89 ab. 106 Raiser, ZHR 153 (1989), 1 , 1 1 ; ausdrücklich gegen eine aus § 705 BGB gespeiste Annahme eigener Ansprüche der Gesellschafter aber Nitschke, ZHR 128 (1966), 48, 88 1 0 7 Wie hier Ballerstedt, Kapital, S.186f.; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.54, 159; Grunewald, Gesellschafterklage, S.76f.; Hachenburg-Hüffer, GmbHG, § 4 6 Rn. 112; Kowalski, ZIP 1 9 9 5 , 1 3 1 5 , 1 3 1 6 - , M a a t z , GmbHR 1 9 7 4 , 1 2 4 , 1 2 5 ; MüHdbGesR W/Wiesner, § 1 8 R n . 5 ; Ulmer, ZHR 163 (1999), 705, 713; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.462f.); Winter, Treubindungen, S. 307; ders., GmbHR 1998, 714 108 Baumbach/Hopt, HGB, § 1 0 9 Rn.32; Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 515, 521; Emde, W M 1996, 1205, 1207; Erman-Westermann, BGB, 9. Aufl. 1993, § 7 0 5 Rn.55; Grunewald, Gesell104

105

62

§2 Die actio pro

socio

Richtigkeit dieser Annahme ergibt sich zunächst aus § 113 I HGB: Das Wettbewerbsverbot der Komplementäre ( § 1 1 2 HGB) ist eine besondere Ausprägung der Verpflichtung, den Gesellschaftszweck zu fördern 109 . Das Sanktionsinstrumentarium steht nach dem Wortlaut des § 113 I HGB der Gesellschaft zu 1 1 0 - und das obwohl die §§ 109ff. HGB noch mit „Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander" überschrieben sind. Hier hat der Gesetzgeber klar zu erkennen gegeben, daß er Rechtsverhältnisse zwischen Personengesellschaft und Mitglied kennt 111 und den Anspruch auf Förderung des Verbandszwecks der Gesellschaft zuweist. Wie wenig der Umstand, daß die Gesellschafter sich untereinander vertraglich gebunden haben, für die rechtliche Zuordnung mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche hergibt, zeigt sich spätestens daran, daß die korrespondierenden Pflichten der Gesellschafter unabhängig von der Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags bestehen: Aufgrund des Gesellschaftsvertrags wird, sobald er in Vollzug gesetzt ist, eine Organisation aufgerichtet, die nach innen und außen voll wirksam ist, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag an einem Mangel leidet, der nach allgemeinem bürgerlichem Recht zu seiner Unwirksamkeit führen müßte. Nach der im Grundsatz allgemein akzeptierten Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bleibt dieser Gesellschaftsvertrag trotz des Mangels wirksam 112 ; allenfalls kann sich später ein Gesellschafter auf den Mangel berufen und die Auflösung (ex nunc!) begehren (§ 133 HGB) 1 1 3 . Dann versagt die Argumentation, die Gesellschafter hätten sich die geschafterklage, S.7ff.; Hadding, Actio pro socio, S. 7ff., 77; ders., J Z 1 9 7 5 , 1 5 9 , 1 6 2 f . ; ders., in Soergel, BGB, § 705 Rn. 50; Hassold, JuS 1980, 32, 34f.; Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 286; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 133f.; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 172; MüHdbGesR IIv.Ditfurth, § 4 7 Rn. 70; Mütber, MDR 1998, 625, 626; Nitschke, ZHR 128 (1966), 48, 86; ders., Personengesellschaft, S.309ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 1 d (S.632); ders., in Schlegelberger, HGB, § 1 0 5 Rn. 172; ders., in MK HGB, § 1 0 5 Rn.98; Schütz, Sachlegitimation, S.27, 34f. ; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 77; Teichmann, AcP 179 (1979), 475, 485; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.461); ders., W M 1992, Beilage 7, S. 5; ders., ZGR 1996, 286, 291 f.; Winter, Treubindungen, S. 10f.; Zöller-Vollkommer, ZPO, Rn.23 vor § 50; für Schadensersatzansprüche auch Sester, Treupflichtverletzung, S. 144f. 1 0 9 Vgl. Weber, Treubindungen, S. 101 f.: Gesellschafterbeitrag in Gestalt zweckfördernden Unterlassens; zu § 1 1 2 HGB als Ausprägung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht ferner BGHZ 89, 162, 165; BGH W M 1957, 1128, 1129; Armbrüster, ZIP 1997, 261; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 258; Baumgärtner, Treupflicht, S. 141; Hüffer, FS Steindorff, S.59, 72; Roschmann/ Frey, WiB 1996, 925, 926; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 446; Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S. 6; zur Treupflicht als Grundlage von Wettbewerbsverboten außerhalb gesetzlicher Regelungen Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 168f.; Timm, GmbHR 1981, 177f. 1 1 0 Vgl. namentlich BGH W M 1972, 1229, 1230; Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 535 1 1 1 Zur Existenz dieser Rechtsbeziehung auch in der Personengesellschaft insbesondere Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 531 f.; Schütz, Sachlegitimation, S. 105, 138; zu Unrecht dagegen Schmitt, ZIP 1993, 1212. 1 1 2 BGH DB 1992, 567; BB 2000, 1486f.; OLG Koblenz NJW-RR 1991, 487, 488; OLG Rostock NZG 2000, 930, 931; Cahn, J Z 1997, 8 , 1 1 ; Goette, DStR 1 9 9 6 , 2 6 6 , 269; Kort, Bestandsschutz, S. 24; Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 37; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 261; C. Schäfer, Verband, S. 148f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3 (S. 140f.); ders., AG 1991, 131, 135; Soergel-Hadding, BGB, § 7 0 5 Rn.76; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 188; Zöllner, AG 1993, 68, 72. 1 1 3 BGH DB 1992, 567; Cahn, J Z 1997, 8, 11; Casper, Heilung, S.227; Goette, DStR 1996,

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meinsame Zweckverfolgung wechselseitig versprochen: Das „wechselseitige" Versprechen der Gesellschafter, den gemeinsamen Zweck zu fördern, wäre, wenn es sich in einem rein schuldrechtlichen Versprechen erschöpfte, unwirksam. Der Fortbestand der Verpflichtung, den gemeinsamen Zweck zu fördern, rechtfertigt sich allein daraus, daß der Gesellschaftsvertrag Organisationsvertrag ist 1 1 4 : Der Verband ist, sobald die Gesellschaft in Vollzug gesetzt ist, als geschaffene Realität in der Welt 1 1 5 . Die prägende Rolle der dem Gesellschaftsvertrag innewohnenden organisationsrechtlichen Komponente für den Fortbestand mitgliedschaftlicher Leistungspflichten zeigt sich besonders dann, wenn man die Organisation hinwegdenkt: So hat die Literatur 116 mit Recht der These des BGH widersprochen, die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die reine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden 117 : Diese erzeugt gerade keine Organisation, deren Bestand durch die Anwendung jener Lehre geschützt werden müßte. Daß das „gegenseitige Versprechen", den gemeinsamen Zweck zu fördern, allein der schuldrechtlichen Seite des Gesellschaftsvertrags angehört 118 , zeigt gerade das Beispiel der Innengesellschaft; jene schuldrechtliche Komponente allein vermag indes den Fortbestand mitgliedschaftlicher Leistungspflichten bei fehlerhaftem Vertrag nicht zu tragen. Wenn aber der Gesellschaftsvertrag und die aus ihm resultierenden Förderpflichten der Gesellschafter nur deshalb aufrecht erhalten bleiben, weil auf seiner Grundlage ein Verband ins Leben gerufen wurde, erscheint es nur folgerichtig, wenn der Anspruch auf die Erfüllung jener Pflichten dem Vermögen eben dieses Verbandes - und nur diesem - zugeschlagen wird. Dies gilt für die Erbringung von Einlagen ebenso wie für die Teilnahme an Geschäftsführungsentscheidungen und deren Ausführung 119 . In gleicher Weise stehen aber auch etwaige Schadensersatzansprüche wegen Verletzung dieser Förderpflicht der Gesellschaft zu 1 2 0 : Bestand 266, 269; A. Hueck, FS Heymanns Verlag, S.287, 293; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 176; C. Schäfer, Verband, S. 169f.; Ulmer, ZHR 161 (1997), 1 0 2 , 1 1 7 ; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 190. 1 1 4 So zu Recht Paschke, FS Serick, S.313, 315f. Ulmer, Z H R 161 (1997), 1 0 2 , 1 1 9 . Vgl. zum Organisationscharakter des Gesellschaftsvertrags ferner Bäh, FS Zöllner, S. 35, 39, 47; Fischer, Z G R 1979, 251, 257; Oppenländer, DStR 1996, 922; C. Schäfer, Verband, S. 147f.; K Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 I 1 b (S.77); Weber, Treubindungen, S.113f.; Wiedemann, Z G R 1996, 286ff.; Winter, Treubindungen, S. 10. 1 1 5 Vgl. K. Schmidt, Verbandstheorie, S.21 unter Hinweis auf die bei v. Gierke angelegten dogmatischen Grundlagen. 116 Goette, DStR 1996, 266, 269; C. Schäfer, Verband, S. 144f.; Soergel-Hadding, BGB, § 705 Rn. 92; Ulmer, ZHR 161 (1997), 102, 119 mit Fn.95; ders, in MK, BGB, § 705 R n . 2 7 6 . 1 1 7 Ständige Rechtsprechung; vgl. BGHZ 55, 5, 8f.; 6 2 , 2 3 4 , 2 3 7 ; BGH W M 1 9 7 2 , 1 0 5 6 ; W M 1973, 900, 901; W M 1977, 196, 197; NJW 1992, 2 6 9 6 , 2698; NJW 1993, 2107; OLG Celle N Z G 2 0 0 0 , 85, 86; OLG Hamburg N Z G 2 0 0 3 , 436, 437; OLG Stuttgart NZG 2 0 0 0 , 93, 94; zweifelnd aber OLG Hamm NZG 2000, 1169. 1 1 8 Dies betont zutreffend auch Schütz, Sachlegitimation, S.34 1 1 9 Zutreffend Grunewald, Gesellschafterklage, S.26; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 163; Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 535; Winter, Treubindungen, S . l l . 1 2 0 Ebenso Büffer, FS Steindorff, S.59, 76

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die Primärpflicht ausschließlich gegenüber der Gesellschaft, so muß sie konsequent auch alleinige Gläubigerin des daraus resultierenden Schadensersatzanspruchs sein. Das „gegenseitige" Versprechen der gemeinsamen Zweckverfolgung gehört der schuldrechtlichen Komponente an. Diese rückt gegenüber der organisationsrechtlichen Komponente in den Hintergrund, sobald die Gesellschaft in Vollzug gesetzt ist. Dadurch wird die Möglichkeit, nach diesem Zeitpunkt aus dem „gegenseitigen" Leistungsversprechen zwischen den Gesellschaftern eigene Ansprüche unter diesen zu begründen, erheblich relativiert. Die oben vertretene Unterscheidung der Treupflichten in solche gegenüber nur der Gesellschaft einerseits und solche gegenüber nur den Mitgesellschaftern andererseits gilt aus diesen Gründen bereits für die Personengesellschaften121. Wenn aber bereits dort Leistungsansprüche zur Förderung des Gesellschaftszwecks allein dem Gesellschaftsvermögen zugeordnet sind, so kann für die Kapitalgesellschaften, die sich als juristische Personen in noch höherem Maße gegenüber ihren Mitgliedern verselbständigen, nichts anderes gelten. Gewiß haben auch hier die Gründer der GmbH sich irgendwann auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks einigen müssen; der Ursprung der Bindung liegt also in einer Abrede zwischen ihnen. Gleichwohl ist die Durchsetzung der Zweckförderung und der darauf bezogenen Pflichten organisatorisch durch die Zuordnung an den Verband mediatisiert 122 .

VII. Das Argument der materiellen Konfliktbeteiligung Mit dem Argument, es gehe in der GmbH ungeachtet ihrer juristischen Persönlichkeit bei der Einforderung von Beiträgen zur Zweckförderung und insbesondere bei der Einforderung von Schadensersatzansprüchen materiell um Konflikte zwischen den Gesellschaftern, weswegen diese aus eigenem Recht zur Einforderung jener Leistungen befugt seien, wird vorausgesetzt, was es zu beweisen gilt: Dadurch, daß mit Hilfe des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung eine selbständig rechtsfähige Organisation aufgerichtet worden ist, ist der Gleichlauf zwischen den Beteiligten eines Konflikts und den Beteiligten eines daraus erwachsenden Rechtsverhältnisses gerade nicht mehr gewährleistet. Der Konflikt zwischen den Gesellschaftern resultiert aus deren eigenem Interesse an der gemeinsamen Zweckverfolgung und damit am Wohlergehen der Gesellschaft. Die Gesellschafter sind folgerichtig bestrebt, die Erfüllung von Förderpflichten durchzusetzen123 und Mitgesellschafter, die jene Zweckverfolgung stören, in die Schranken zu weisen. Es geht nämlich um das Schicksal und die Rentabilität des eigenen Investments - des eingesetzten Vermögens, des Arbeitseinsatzes und der eingegangenen Loyalitätspflichten, die den Im Ergebnis ebenso Hüffer, FS Steindorff, S. 59, 65 Zutreffend Eickhoff, Gesellschafterklage, S.41 (für die GmbH). 1 2 3 Vgl. Flume, Die juristische Person, § 8 V 2 (S.304); Habersack, DStR 1998, 533; JuS 1980, 32, 34; Nitscbke, ZHR 128 (1966), 4 8 , 89f. 121

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Hassold,

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Gesellschafter insbesondere zum Verzicht auf Geschäftschancen zugunsten der Gesellschaft 124 nötigen. Aber dies eigene Interesse vermittelt dem einzelnen Gesellschafter nicht schon für sich gesehen eigene Rechte gegen die Mitgesellschafter:

VIII. Das Argument des Gesellschafter-Eigeninteresses Bezüglich des Stimmrechts wurde bereits ausgeführt 125 , daß das Eigeninteresse des Gesellschafters lediglich zu einem Anspruch gegen den Verband führt, er möge bei seinen Handlungen die Willensbildung der Mitglieder respektieren. Wenn man also das Eigeninteresse des Gesellschafters am Wohlergehen der Gesellschaft in einen Leistungsanspruch transformieren will, müßte man im hier vorliegenden Zusammenhang konsequent argumentieren: Der Gesellschafter habe einen Anspruch gegen den Verband, er möge seinen Anspruch auf Beitragsleistung oder Schadensersatz geltend machen. Und in der Tat stellt es keinen Wertungswiderspruch dar, wenn dem Gesellschafter zwar eigene Ansprüche auf Gewinn und Information zugebilligt werde, nicht aber ein eigener Anspruch gegen die Mitgesellschafter auf Erfüllung ihrer Zweckverfolgungspflichten. Da sich nämlich sowohl der Gewinnals auch der Informationsanspruch ausschließlich gegen die Gesellschaft richtet, könnte man mit einem solchen Erst-recht-Schluß allenfalls einen Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft begründen, entschlossen gegen Beeinträchtigungen der Zweckverfolgung durch Mitgesellschafter vorzugehen. Freilich dürfte sich ein so verstandener Anspruch gegen die Gesellschaft auf konsequente Verfolgung des eigenen (d.h. ihr von den Gründern im Gesellschaftsvertrag beigelegten) Zwecks nicht auf diesen Ausschnitt möglicher Beeinträchtigungen beschränken, sondern müßte in einen allgemeinen Anspruch darauf ausmünden, alles zu tun, damit der Gesellschaftszweck optimal erreicht werde - einen Anspruch auf eine dem Gesellschaftszweck konforme Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. Ein solcher Anspruch läßt sich nicht begründen, insbesondere nicht mit der Erwägung, der Gesellschafter müsse verlangen können, daß „sein" Investment ordnungsgemäß verwaltet werde: Denn das Gesellschaftsvermögen ist nicht mehr sein Vermögen, welches er der Gesellschaft treuhänderisch anvertraut hat; die oben gezogene Parallele zu §§ 665, 681 BGB 126 war nur dazu gedacht, die Struktur der Leistungspflichten bei Teilhabe an Verbandsentscheidungen zu beschreiben. Gewiß: Das Mitglied hat, um den Verbandszweck zu verwirklichen, Autonomie und eigenes Vermögen eingebüßt; dieser Verlust wird dadurch kom124

Z u r Verpflichtung der Gesellschafter, keine Geschäftschancen der Gesellschaft an sich zu ziehen, B G H W M 1 9 8 9 , 1 2 1 6 , 1 2 1 7 ; Brandes, W M 1 9 9 0 , 1 2 2 1 , 1223. Aus der Verletzung dieser Pflicht k ö n n e n Schadensersatzansprüche der Gesellschaft erwachsen (BGH W M 1985, 1 4 4 3 u n d 1444); a u ß e r d e m k a n n der Ausschluß des betreffenden Gesellschafters gerechtfertigt sein (Goette DStR 2 0 0 1 , 533, 537f.). Vgl. zur Geschäftschancenlehre auch noch unten § 5 F IV 2. 125 O b e n § 1 B VII 4. 126 Vgl. § 1 B VII 4.

66

§ 2 Die actio pro

socio

pensiert, daß dem Mitglied Einfluß auf den Verband im Rahmen von dessen Organisation zugebilligt wird 127 . Diesen Tausch hat es nicht aus reinem Altruismus, sondern deswegen vorgenommen, weil es sich aus der Beteiligung am Verband legitime eigene Vorteile erhofft. Hinsichtlich der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens, welches mit Hilfe der Gesellschafterbeiträge gebildet wurde, befindet sich der Gesellschafter gleichwohl nicht in der Rolle des Berechtigten, sondern - soweit ihm überhaupt Verwaltungskompetenzen in Gestalt eines Geschäftsführungsoder wenigstens eines darauf bezogenen Mitentscheidungsrechts an die Hand gegeben sind - in der Rolle des Verpflichteten-. Er muß in Geschäftsführungsangelegenheiten seine Mitwirkungsbefugnisse im strikt vorrangigen Gesellschaftsinteresse ausüben. Der Gesellschafter kann nicht zugleich verpflichtet, das Gesellschaftsvermögen dem Gesellschaftszweck gemäß zu verwalten, und berechtigt sein, daß es dem Gesellschaftszweck entsprechend verwaltet werde. Dies Konfusionsargument, das als juristische Denkfigur aus der Diskussion um die Grundrechtsfähigkeit von öffentlichrechtlichen Körperschaften entnommen ist 1 2 8 , gilt unabhängig von der Form der Beteiligung: Selbst dem Aktionär kann wegen § 119 II AktG zumindest in abstracto die Kompetenz zufallen, in Geschäftsführungsangelegenheiten entscheiden zu müssen. In diesem Fall ist er ebenso strikt an das Gesellschaftsinteresse gebunden wie der Komplementär einer O H G 1 2 9 : Die Bindung an den Gesellschaftszweck bei Einwirkung auf die Geschäftsführung besteht ohne Rücksicht auf Beteiligungshöhe des Gesellschafters oder personalistische Ausgestaltung der Gesellschaft 130 . Wollte man einen Anspruch des Gesellschafters auf ordnungsgemäße Verwaltung seines Investments zubilligen, so geriete man bedenklich in die Nähe eines allgemeinen Anspruchs des Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf gesetzes- und satzungsmäßiges Verhalten, der sich nicht begründen läßt 1 3 1 . Dazu bereits oben § 1 A II. Vgl. dazu BVerfGE 61, 82, 100-,Classen, Wissenschaftsfreiheit, S. 117; Kirchhof, NVwZ 1988, 97, 99; Koppensteiner, NJW 1990, 3105, 3106 1 2 9 Zutreffend Füchsel, BB 1972, 1533, 1536; Henze, BB 1996, 489, 493; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 3 Rn. 193; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 175; Mülbert, Aktiengesellschaft, S.322; MüHdbGesR IV/Wiesner, § 17 Rn.5f.; Säcker, FS Lukes, S.547, 553f. 1 3 0 Zutreffend Winter, Treubindungen, S. 186 1 3 1 Einem solchen Anspruch will selbst Banerjea nicht anerkennen (Gesellschafterklage, S. 199) und befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der ganz h.M; vgl. Baums, DJT 2 0 0 0 , S. F 201 ff.; Binge, Gesellschafterklagen, S. 127; Brondics, Aktionärsklage, S. 106f.; Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 177; Habersack, Mitgliedschaft, S.285ff.; KK-Mertens, AktG, § 9 3 Rn. 190; Littbarski, Rechtsschutz, S.157; Pflugradt, Leistungsklagen, S.43f., 81 f.; Roth, ZZP 103 (1990), 365, 369; K. Schmidt ZZP 92 (1979), 212, 218; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.46ff.; Wiedemann, Organverantwortung, S.54. Die Wortwahl in R O H G E 23, 273, 2 7 5 , welche die Anerkennung eines solchen Anspruchs durch dies Gericht nahelegen (für diese Anerkennung zumindest verbal auch Arens, Streitgegenstand, S.91; Kort, Bestandsschutz, S.50), dürfte kaum in diesem weitgehenden Sinne zu verstehen sein; vgl. Binge, Gesellschafterklagen, S.5f., 28f.; Noack, Beschlüsse, S.44; Zöllner, ZGR 1988, 392, 421 f. Auch Knobbe-Keuk will das von ihr propagierte Recht auf gesetzes- und satzungsgemäße Betätigung des Verbandes (FS Ballerstedt, S. 2 3 9 , 2 4 4 , 2 4 8 ) nicht als allgemeinen Anspruch auf rechtmäßige Geschäftsführung begreifen (aaO.S.252). 127 128

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

67

I X . Das Gesellschaftsinteresse als imaginäre Größe 1. Die

Projektionsidee

Indem hier von Ansprüchen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter gesprochen wird, ist zur Vermeidung von Mißverständnissen ein wichtiger Befund festzuhalten: Die Gesellschaft hat kein restlos vom Willen der Gesellschafter losgelöstes Eigeninteresse. Die Gesellschafter können die Gesellschaft auflösen; sie können ihr auch Vermögensnachteile zufügen, solange nur alle Gesellschafter einverstanden sind: Es gibt (jedenfalls in der mitbestimmungsfreien Gesellschaft) kein Verbandsinteresse unabhängig vom Willen der Gesellschafter 132 . Die Treupflicht gegenüber der Gesellschaft ist für den konkreten Einzelfall 133 im Einverständnis aller Gesellschafter abdingbar 134 . Namentlich ist die Entziehung von Mitteln aus dem Gesellschaftsvermögen im Einvernehmen aller Gesellschafter keine Verletzung der Treupflicht 135 . Ausnahmen bestehen allenfalls dort, wo das Gesetz selbst ein solches verselbständigtes Eigeninteresse der Gesellschaft anerkennt zum Schutz Dritter, namentlich der Gläubiger 136 . So ist namentlich die GmbH jedenfalls gegen existenzbedrohende Maßnahmen ihrer Gesellschafter geschützt 137 : Wenn diese die GmbH beseitigen wollen, haben sie einen Auflösungsbeschluß zu fassen, zu publizieren (§ 65 GmbHG) und das Liquidationsverfahren unter Einhaltung der hierfür vorgeschriebenen Gläubigerschutzbestimmungen durchzuführen 138 . Unzulässig sind Eingriffe des konzernbeherrschenden Mehrheitsgesellschafters, die dazu führen, daß die Gesellschaft ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann, 1 3 2 Vgl. B G H Z 119, 2 5 7 , 2 6 2 ; O L G Köln DB 2 0 0 1 , 32, 33; Bitter, W M 2 0 0 1 , 2 1 3 3 , 2 1 3 8 f . ; MüHdbGesR IWSchiessl, § 32 Rn. 14; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 140; Rhein, Interessenkonflikt, S. 59f.; Seidel, Treupflichtverletzung, S. 104; Zöllner, Schranken, S. 19f., 73 133 ]r) a g e g e n nicht im voraus als allgemeines Ordnungsprinzip; vgl. Winter, Treubindungen, S.216 1 3 4 So auch Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 ? R n . 5 1 ; Hartmann, GmbHR 1 9 9 9 , 1061, 1063; Seidel, Treupflichtverletzung, S . 2 0 4 ; Winter, Treubindungen, S . 6 6 , 197, 3 2 0 1 3 5 B G H Z 122, 333, 336; BGH GmbHR 1999, 921, 922; O L G Köln DB 2 0 0 1 , 3 2 f . ; zuletzt Schön, Z H R 168 (2004), 2 6 8 , 2 8 0 . 1 3 6 Vgl. B G H Z 119, 2 5 7 , 2 6 2 . 1 3 7 B G H Z 149, 10, 16; BGH N Z G 2 0 0 2 , 914, 195f.; Altmeppen, ZIP 2 0 0 2 , 961, 965; Boujong, N Z G 2 0 0 3 , 4 9 7 , 509; Bruns, W M 2 0 0 3 , 815, 816f.; Fleck, Z H R 149 (1985), 3 8 7 , 394f.; Hartmann, GmbHR 1999, 1 0 6 1 , 1066ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 1 3 R n . l 5 f f . ; Mülbert, DStR 2 0 0 1 , 1937, 1941f.; Priester, ZIP 1989, 1301, 1303; ders., Z G R 1 9 9 3 , 5 1 2 , 521ff.; Röhricht, FS 50 Jahre BGH, S . 8 3 , 100ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 7 III 7 (S. 1150); Scholz-Schneider, GmbHG, § 3 7 R n . 5 2 ; Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 4 2 0 ; ders., FS Pfeiffer, S. 853, 870; ders., ZIP 2 0 0 1 , 2 0 2 1 , 2 0 2 6 f . ; Winter, Treuebindungen, S. 202ff., 205ff.; ders., Z G R 1994, 570, 585ff. Differenzierend Schön, Z H R 168 (2004), 2 6 8 , 285ff. 138 Belling/v.Steinau-Steinrück, SAE 1996, 2 5 3 , 2 5 9 ; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 77 Rn. 86; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.256; Keßler, GmbHR 2 0 0 2 , 945, 950; Lindemann, Beschlußfassung, S . 2 0 9 ; Müller-Christmann/Schnauder, JuS 1998, 980, 9 8 4 ; Farmentier, ZIP 2 0 0 1 , 551, 5 5 7 ; Priester, ZIP 1989, 1301, 1303; Seidel, Treupflichtverletzung, S . 2 0 5 ; Winter, Z G R 94, 5 7 0 , 586; ders., Treuebindungen, S.204f. Neuerdings wird das Verbot existenzgefährdender Maßnahmen teilweise nicht mehr aus §§ 65ff. GmbHG, sondern aus § 30 GmbHG gefolgert; vgl. Hartmann, GmbHR 1999, 1061, 1066ff.; Mülbert, DStR 2 0 0 1 , 1 9 3 7 , 1941 f.

68

§ 2 Die actio pro

socio

und die, weil sie von anderen Eingriffen nicht mehr unterschieden werden können, selbst nach den §§30f. GmbHG nicht mehr auszugleichen sind 139 . Im übrigen aber ist das Verbandsinteresse nichts anderes als die Summe der Interessen seiner Mitglieder 140 . Gleichwohl erkennt das Gesetz, wie insbesondere § § 1 9 II 2, 46 Nr. 2 und Nr. 8 GmbHG, 1 1 3 1 H G B zeigen, Ansprüche der Gesellschaft auf Einlage und Schadensersatz an. Die Konstruktion einer Pflichtwidrigkeit gegenüber der Gesellschaft und eines daraus folgenden Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft beruht damit auf einer Projektion141: Der Anspruch der Gesellschaft auf Förderung des Gesellschaftszwecks und auf Unterlassung von hierfür schädlichen Aktivitäten besteht, solange auch nur ein Gesellschafter am Wohlergehen der Gesellschaft (konkret: an der Förderung bzw. Unterlassung) interessiert ist. Das Interesse des Gesellschafters spiegelt sich m.a. W. in einem Anspruch der Gesellschaft. Hat man das einmal erkannt, so ist jedem Versuch, aus dem Eigeninteresse des Gesellschafters einen diesem selbst zustehenden Anspruch gegen die Mitgesellschafter auf Zweckförderung und ggf. Schadensersatz herzuleiten, der Boden entzogen: Die Gesellschaft als Rechtssubjekt aggregiert das Zweckförderungsinteresse und nimmt es in sich auf.

1 3 9 Sog. qualifizierter faktischer Konzern; vgl. zuletzt BGH 122, 123, 126ff.; BGH DB 2 0 0 1 , 2 3 3 8 , 2339; AG 2 0 0 1 , 133; KG AG 2 0 0 1 , 529; OLG Naumburg AG 2 0 0 2 , 51, 52f. - Der konzernrechtliche Haftungsansatz ist freilich von BGHZ 1 4 9 , 1 0 , 1 6 durch eine sog. Existenzvernichtungshaftung ersetzt worden (so die weit überwiegende und zutreffende Interpretation dieses Urteils im Schrifttum; vgl. Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1839; Benecke, BB 2003, 1190, 1191; fixier, W M 2 0 0 1 , 2 1 3 3 , 2 1 3 5 ; Boujong, N Z G 2 0 0 3 , 4 9 7 , 509; Bruns, W M 2 0 0 3 , 815, 816; Freitag, W M 2 0 0 3 , 805, 807; Gehrlein, BB 2 0 0 4 , 2361, 2370; Keßler, GmbHR 2 0 0 2 , 945, 946; K. Schmidt, NJW 2 0 0 1 , 3577, 3579f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 274f.; Schröder, GmbHR 2 0 0 2 , 904, 905; Ulmer, ZIP 2 0 0 1 , 2 0 2 1 , 2 0 2 2 ; Wilhelmi, DZWiR 2 0 0 3 , 4 5 , 47f.; skeptisch aber Westermann, NZG 2 0 0 2 , 1129, 1131 f.; gänzlich gegen die besagte Interpretation des Urteils Bruns, Haftungsbeschränkung, S.224 mit Fn. 176. 140 Bauer, Organklagen, S. 62; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 166 f.; Lewerenz, Leistungsklagen, S.88. 1 4 1 Diese Projektionsidee wird im Schrifttum mit unterschiedlichen, in der Sache aber sämtlich auf das im Text Gesagte hinauslaufenden Formulierungen beschrieben. Vgl. Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.28: Gesellschaftsinteresse als das theoretische Gesamtinteresse aller Aktionäre; A. Hueck, FS Nipperdey I, S.401, 420: Das eigentliche Interesse der Gesellschaft ist die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks; Joost, ZGR 1984, 71, 78: Gesellschaft repräsentiert das gemeinsame Interesse der Gesellschafter, welches ihr als Eigeninteresse zugeordnet ist; Lawall, DStR 1997, 331, 334: Verbandsinteresse als Hilfsvorstellung, unter der diejenigen Einzelinteressen der Mitglieder einer Gesellschaft zusammengefaßt und herausgehoben werden, zu deren Verfolgung die Vereinigung gegründet wurde; Rhein, Interessenkonflikt, S. 61: Verbandsinteresse ist vom Interesse der Mitgliedergesamtheit in bezug auf den gemeinsamen Zweck abgeleitet; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 51; Winnefeld, DB 1 9 7 2 , 1 0 5 3 : Gesellschaft ist Interessensummierung ihrer Gesellschafter; Zöllner, Schranken, S. 19: Verbandsinteresse als imaginäre Größe; ders., in KK, AktG, § 243 Rn. 178: Im Verbandsinteresse laufen die Interessen aller Mitglieder zusammen.

B. Die materiellrechtliche

2. §11712

Zuordnung von

AktG und die Problematik

der

Sozialansprüchen

69

Reflexschäden

Ihren sinnfälligen Ausdruck findet diese Projektionsidee im Aktienrecht,

nämlich

in § § 1 1 7 1 2 , 3 1 7 1 2 A k t G , die insoweit einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken e n t h a l t e n 1 4 2 : Schäden der Gesellschaft werden ausschließlich durch diese, nicht durch die Aktionäre liquidiert. Den § § 1 1 7 I 2 , 3 1 7 I 2 A k t G liegt die Überlegung zugrunde, daß die Gesellschaft vor dem eigenmächtigen Handeln ihrer Mitglieder geschützt werden muß. Werden nämlich die Aktionäre von sich aus tätig, um den Anspruch zu verfolgen, so besteht die Gefahr, daß die Gesellschaft mit ihrem Anspruch ausfällt, weil die Gesellschafter u.U. schneller einen Titel erwirken und vollstrecken 1 4 3 . Das steht freilich der Einzelklage des Aktionärs nicht entgegen, solange sichergestellt ist, daß der Schadensersatz ins Gesellschaftsvermögen fließt; dann m u ß ein Ausfall der Gesellschaft nicht befürchtet w e r d e n 1 4 4 . Indes: Die Einzelklage erschwert außerdem Vergleichsverhandlungen zwischen der Gesellschaft und dem Schädiger 1 4 5 . Gerade dies Erschwernis verbietet es grundsätzlich, dem Aktionär neben dem Anspruch der Gesellschaft einen eigenen Anspruch auf Ausgleich des Schadens in das Gesellschaftsvermögen zuzubillig e n 1 4 6 . Ein solcher Anspruch läßt sich daher nicht auf die Überlegung stützen, durch die Einbuße im Gesellschaftsvermögen sei ein Wertverlust der eigenen Beteiligung eingetreten (sog. Reflexschäden).

Dies hat der B G H mehrfach ausgespro-

chen147. N u n enthält § 1 1 7 1 2 A k t G zunächst nur die Aussage, daß allein durch die Schädigung der Gesellschaft kein Schadensersatzpflichten begründendes Rechtsverhältnis zwischen dem Schädiger und den Aktionären entsteht. § 3 1 7 I 2 A k t G m a c h t deutlich, daß selbst die Schädigung der Gesellschaft durch den Mehrheitsgesellschafter, der im faktischen Konzern das herrschende Unternehmen verkörpert, kein solches Rechtsverhältnis zwischen ihm und den außenstehenden Aktionären hervorbringt. Selbst die gemeinsame mitgliedschaftliche Teilhabe an der Zweckverfolgung genügt also nicht, um einen eigenen Anspruch des Gesellschafters gegen den Mitgesellschafter entstehen zu lassen. Sofern der B G H ausnahmsweise dennoch Ersatz für Reflexschäden zugesprochen hat, war der Sachverhalt so gelagert, daß zwischen Schädiger und Gesellschafter eine über jene Teilhabe hinausgehende rechtliche Verbindung bestand. So hat der B G H im viel diskutierten IMS-Urteil einen eigenen Anspruch der G m b H gegen ihren Geschäftsführer bejaht, der in seiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrats in einer Beteiligungs142 Ebenso Winter, Treubindungen, S. 87; ähnlich Berger, ZHR 149 (1985), 599, 604; Kowalski, Ersatz, S.56f.; ders., ZIP 1995, 1315, 1316; Müller, FS Kellermann, S.317, 335. 143 Begr. RegE bei Kropff, AktG, S. 163; Müller, FS Kellermann, S. 317, 332f.; Stephan, Gesellschafterschaden, S. 102. 144 Insoweit zutreffend Vollmann, Minderheitenschutz, S. 111. 145 Müller, FS Kellermann, S.317, 332f.; Stephan, Gesellschafterschaden, S. 102. 146 So mit Recht Müller, FS Kellermann, S.317, 333. 147 Zutreffend BGHZ 94, 55, 58; 105, 121, 130f.; 129, 136, 165f.; Brandes, FS Fleck, S. 13, 18f.; Wiedemann, JZ 1987, 784, 785; a.A. LG Hamburg WM 1998, 497, 501.

70

§2 Die actio pro socio

gesellschaft pflichtwidrig nicht eingeschritten war, als der Vorstand jener Gesellschaft zugunsten eines offensichtlich zahlungsunfähigen Schuldners Kredite prolongierte 1 4 8 : Die Tätigkeit des Geschäftsführers im Aufsichtsrat der Beteiligungsgesellschaft gehörte funktional zugleich zur Geschäftsführung in der G m b H , nämlich zum Aufgabenbereich der Beteiligungsverwaltung. Das pflichtwidrige Überwachungsversäumnis in der Beteiligungsgesellschaft stellte mithin zugleich eine Verletzung der Geschäftsführungspflichten in der G m b H selbst dar. D e r Schadensersatz w a r aber auch hier in das Gesellschaftsvermögen zu leisten 1 4 9 . O b freilich der G m b H ein Schaden wegen der Wertminderung ihrer Beteiligung entstanden war, erscheint nicht gänzlich zweifelsfrei; es stand dann immer noch der mögliche Einwand im R a u m , daß der Gesellschaft selbst ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz wegen Uberwachungsverschuldens erwachsen war, den sie in ihrer Bilanz aktivieren konnte, so daß das Aktivvermögen als solches ungeschmälert und daher auch der Anteilswert gleich b l i e b 1 5 0 .

3. Die mitbestimmte

Gesellschaft

als eigenständiger

Interessenträger

W o die Gläubiger vor willkürlichen Eingriffen in das Gesellschaftsvermögen geschützt werden, geschieht dies nicht wirklich mit Rücksicht auf deren Interesse am Fortbestand des Unternehmens. D a r a u f haben die Gläubiger keinen Anspruch; wie § 6 0 I Nr. 2 G m b H G zeigt, treffen allein die Gesellschafter die Entscheidung über die Auflösung der Gesellschaft. Die Gläubiger verdienen Schutz lediglich insoweit, als die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Gesellschaft nicht gefährdet werden darf. Dagegen werden echte unternehmerische Eigeninteressen gesellschaftsfremder Dritter dort anerkannt, w o das Gesetz die unternehmerische M i t bestimmung der Gesellschaft durch Vertreter der Arbeitnehmer in Entscheidungsorganen der Gesellschaft anordnet und damit Personen zu Entscheidungsträgern in der Gesellschaft erhebt, deren Legitimation nicht aus der Willensbildung der Gesellschafter gespeist ist. Sofern die Gesellschaft als eigenständiger Interessenträger installiert ist, sind erst recht allein ihr die mitgliedschaftlichen Leistungsansprüche zuzuordnen. D a n n nämlich werden Beiträge und Schadensersatzleistungen nicht allein im Interesse der Gesellschafter an der Verfolgung des Gesellschaftszwecks erbracht, sondern zugleich in einem übergeordneten Unternehmensinteresse.

BGH WM 1987, 13, 16. BGH WM 1987,13,16; BGH WM 1987,425,426; Baums, ZGR 1987,557, 561; Müller, FS Kellermann, S.317f.; Wiedemann, JZ 1987, 784. 150 Vgl. dazu John, JZ 1979, 511, 515; Kowalski, Ersatz, S.62ff.; Wittkowski, ZHR 156 (1992), 360, 362. 148

149

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

71

X . Das Argument der drohenden Ausfallhaftung 1. GmbH Wird in einer G m b H um den primären Einlageanspruch oder den Anspruch auf Rückerstattung verbotener Auszahlungen gestritten, so reicht die Betroffenheit des Gesellschafters freilich über das allgemeine mitgliedschaftliche Eigeninteresse an einer effektiven Verfolgung des Verbandszwecks hinaus. Wenn ein Mitgesellschafter derartige Ansprüche nicht erfüllt, müssen die übrigen befürchten, im Wege der solidarischen Ausfallhaftung nach § § 2 4 , 31 III G m b H G in Anspruch genommen zu werden. Geschieht dies, so haben die Gesellschafter, welche letztlich für die rückständige Einlageschuld ihres Mitgesellschafters haben einstehen müssen, gegen diesen einen Ausgleichsanspruch, den man aus einer entsprechenden Anwendung des § 7 7 4 B G B oder aus einem „gesellschafterlichen Verhältnis i. V.m. § 4 2 6 B G B " herleitet 1 5 1 . Daraus nun aber die Folgerung abzuleiten, dem Gesellschafter stehe wegen der potentiellen Ausfallhaftung ein eigener Anspruch gegen den Mitgesellschafter auf Leistung der Einlage ins Gesellschaftsvermögen zu, erscheint bereits im Ansatz verfehlt. Vielmehr sind der Einlageanspruch einerseits, der Ausgleichsanspruch wegen der Mithaftung aus § § 2 4 , 3 1 III G m b H G andererseits in Voraussetzungen und Rechtsfolgen streng zu trennen. Der Einlageanspruch soll sicherstellen, daß der Gesellschaft die versprochenen Mittel für die Zweckverfolgung zur Verfügung stehen. Er besteht deshalb allein schon aufgrund statutarischer Anordnung; er setzt keine drohende Inanspruchnahme anderer Personen als des primären Einlageschuldners voraus und richtet sich auf den vollen bedungenen Einlagebetrag. Der Ausgleichsanspruch soll dagegen eine persönliche Vermögenseinbuße des in Anspruch genommen Mitgesellschafters kompensieren; er beschränkt sich konsequent auf den Betrag, in dessen Höhe die Inanspruchnahme besteht, und entsteht in zeitlicher Hinsicht frühestens dann (in Gestalt eines Freistellungsanspruchs), wenn tatsächlich die Inanspruchnahme droht. Eine solche Inanspruchnahme droht aber in der G m b H erst in einer Situation, in der sich die Frage nach der actio pro socio nicht mehr stellt: Diese rückt immer erst dann ins Blickfeld, wenn die Gesellschaftsorgane sich weigern, den Sozialanspruch beizutreiben. Bevor aber die solidarische Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter eingreifen kann, muß die Gesellschaft ernsthaft versucht haben, wegen der Einlage bzw. der Erstattung nach § 3 1 I G m b H G Befriedigung beim säumigen Schuldner zu erlangen; im Fall des § 2 4 G m b H G muß sie sogar das Kaduzierungsverfahren durchgeführt haben, und der bei Verwertung des Anteils erzielte Erlös muß hinter dem Betrag der rückständigen Einlage zurückgeblieben sein 1 5 2 . Die Ausfallhaf-

Vgl. mit Nachweisen Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG § 2 4 Rn. 14. Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 24 Rn. 2. Dem steht nicht die Rechtsprechung des BGH (NJW 1996, 2 3 0 6 , 2 3 0 7 ) entgegen, wonach für die Haftung des Gesellschafters die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der Fälligkeit (und nicht erst in dem Zeitpunkt, da die Voraussetzungen der § § 2 1 - 2 3 GmbHG vollständig erfüllt sind) entscheidend ist: Damit soll nur 151

152

72

§ 2 Die actio pro socio

tung greift also erst ein, wenn die Gesellschaft von sich aus tätig geworden ist, um den Anspruch beizutreiben; im Fall des § 2 4 G m b H G m u ß sogar ein Einforderungsbeschluß nach § 4 6 Nr. 2 G m b H G gefaßt worden sein. Der Ausgleichsanspruch wegen drohender Inanspruchnahme hat nach alledem mit dem Einlageanspruch nichts zu tun; vielmehr ergibt sich aus dem Gesagten eher ein Argument gegen einen eigenen Einlageanspruch des Gesellschafters 1 5 3 : Ihm ist erst dann ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran zuzubilligen, daß der Mitgesellschafter seine Einlage erbringt, wenn und soweit seine eigene Mithaftung droht. Die § § 2 4 , 3 1 III G m b H G vermögen einen eigenen Leistungsanspruch gegen seinen Mitgesellschafter jedenfalls nicht zu begründen 1 5 3 3 .

2.

Personengesellschaft

Eher schon könnte man in der Personengesellschaft daran denken, einen eigenen Anspruch des Gesellschafters auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen auf den Gedanken der Haftungsfreistellung zu stützen - nämlich immer dann, wenn und soweit jener Gesellschafter nach §§ 1 2 8 , 1 7 1 H G B Dritten persönlich haftet, seine eigene Einlage erbracht hat und mangels Einbringung der Einlage durch einen M i t gesellschafter die Liquidität der Gesellschaft in einer Weise bedroht ist, daß er mit seiner persönlichen Inanspruchnahme für Schulden der Gesellschaft rechnen muß. Wie insbesondere § 1 2 9 II, III H G B in Gegenüberstellung zu § 7 7 0 B G B zeigt, ist die persönliche Haftung eines Personengesellschafters strukturell ganz ähnlich ausgestaltet wie die Haftung eines Bürgen. Z u R e c h t wird dies im Schrifttum zum Anlaß genommen, weitere Vorschriften aus dem Bürgschaftsrecht auf die Gesellschafterhaftung anzuwenden. So hat der Gesellschafter, der den Gläubiger einer Gesellschaft befriedigt, nicht nur nach § 1 1 0 I H G B einen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft; vielmehr geht analog § 7 7 4 I 1 B G B auch die Forderung des Gläubigers einschließlich etwaiger Sicherungsrechte ( § § 4 1 2 , 4 0 1 B G B ) im Umfang der Befriedigung auf ihn ü b e r 1 5 4 . Steht die Inanspruchnahme bevor, so steht dem Gesellschafter ein Freistellungsanspruch gegen den säumigen Mitgesellschafter z u 1 5 5 ; dies freilich nur dann, wenn die Gesellschaft eindeutig leistungsunfähig i s t 1 5 6 . Dieser Freistellungsanspruch ist indes abermals scharf v o m Anspruch auf

verhindert werden, daß ein Gesellschafter sich der Ausfallhaftung durch Veräußerung seines Geschäftsanteils entziehen kann (Boujong, WiB 1997, 238, 244), nicht aber die Subsidiarität der Ausfallhaftung gegenüber der Anteilsverwertung in Frage gestellt werden. 153 Im Ergebnis ablehnend zur Herleitung eines eigenen Anspruchs des Gesellschafters auf Einlageleistung aus §§24, 31 III GmbHG auch Eickhoff, Gesellschafterklage, S.38f. I 5 3 a Im Ergebnis ebenso, aber mit anderer Begründung Barnert, Gesellschafterklage, S. 120ff. 154 So Staub-Habersack, HGB, § 128 Rn.43; für die GbR auch K. Schmidt, NJW 1997, 2201, 2204; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 140. Im Recht der OHG ist außerdem ein Freistellungsanspruch nach §426 II BGB erwogen worden; vgl. Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 786. 155 Staub-Habersack, HGB, § 128 Rn.41. 156 MK-iC. Schmidt, HGB, §128 Rn.36; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, §128 Rn.36; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 792.

B. Die materiellrechtliche

Zuordnung

von

Sozialansprüchen

73

Leistung der Einlage in das Gesellschaftsvermögen zu trennen; sein Rechtsgrund besteht nicht darin, daß der Mitgesellschafter diese schuldig geblieben ist, sondern allein in der gemeinsamen Außenhaftung der Gesellschafter. Der Freistellungsanspruch wäre nach den genannten Vorschriften selbst dann gegeben, wenn der Mitgesellschafter seine Einlage vollständig erbracht hätte. Mit dem Gedanken der drohenden Ausfallhaftung läßt sich daher ein spezifisch im Gedanken der Zweckverfolgung radizierter Leistungsanspruch des Gesellschafters ebenfalls nicht begründen. Seiner dogmatischen Grundlage nach bewegt sich der Freistellungsanspruch gänzlich außerhalb der hier zu erörternden Ansprüche und wird daher aus den nachfolgenden Überlegungen ausgeblendet.

X I . Klage aus eigenem Recht bei Gleichheitsverstoß? Insgesamt läßt sich die actio pro socio daher nicht als Klage des Gesellschafters aus eigenem Recht begreifen. Vielmehr kann der Gesellschafter die eingangs157 aufgelisteten Ansprüche ausschließlich aus dem Recht der Gesellschaft verfolgen, mithin als ihr Prozeßstandschafteri5g. Der actio pro socio soll indes nach einigen AuOben A. Für die GmbH ebenso O L G Düsseldorf DB 1993, 2 4 7 4 ; Ballerstedt, Kapital, S . 1 8 6 f . ; Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 1 3 R n . 3 3 ; Berger, Prozeßstandschaft, S . 2 7 5 ; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 159ff.; Grunewald, Gesellschafterklage, S.66ff., 76f.; Hadding, GesRZ 1984, 32, 38, 40, 42; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 3 R n . 6 ; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 9 1 ; Kowalski, Ersatz, S . 2 0 1 ; ders., ZIP 1 9 9 5 , 1 3 1 5 , 1 3 1 7 ; Michalski, in: ders., GmbHG, § 14 R n . 9 6 , 104; MüHdbGesR III/Schiessl, § 3 1 R n . 2 2 ; MüHdbGesR W/Wiesner, § 1 8 R n . 5 ; K. Schmidt, GmbHR 1 9 7 9 , 1 2 1 , 1 2 6 ; ders., in Scholz, GmbHG, § 4 6 Rn. 161; Schütz, Sachlegitimation, S . 3 6 ; Semler, AnwBl. 1991, 4 4 0 , 4 4 7 ; Ulmer, Z H R 163 (1999), 7 0 5 , 712f.; van Venrooy, GmbHR 2 0 0 4 , 2 3 7 , 2 4 9 ; Wiedemann, W M 1975 Beilage 4 S. 39; ders., J Z 1976, 3 9 2 , 3 9 6 ; ders., FS Kellermann, S . 5 2 9 , 5 3 3 ; Winter, Treuebindungen, S . 3 1 1 ; ders., Z H R 148 (1984), 5 7 9 , 5 9 5 ; ders, GmbHR 1998, 714f.; für den Einlageanspruch auch Zöllner, Z G R 1988, 392, 4 0 0 ; anders für den Schadensersatzanspruch, vgl. oben 12 b). Für die Personengesellschaft ebenso Baumbach/ Hopt, HGB, § 109 Rn. 32; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 5 4 0 , 548; Berger, Prozeßstandschaft, S . 2 7 5 f.; Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 516f.; Brondics, Aktionärsklage, S . 7 4 ; Erman-Westermann, BGB, § 7 0 5 R n . 5 5 ; Göckeler, Stellung, S.152f.; Hadding, J Z 1975, 159, 164; HeppSchwab, Mitgliedschaft, S . 9 9 ; MK-Ulmer, BGB, § 7 0 5 R n . 1 7 2 ; MüHdbGesR Vv.Ditfurth, § 4 7 Rn. 70; Müther, M D R 1998, 625, 626; Pawlowski, JuS 1990, 3 7 8 , 381; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 105 R n . 7 8 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 4 a (S.636); ders., in Schlegelberger, HGB, § 1 0 5 R n . 1 7 2 ; Schütz, Sachlegitimation, S.34f.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S . 7 0 ; Soergel-Hadding, BGB, § 705 R n . 5 0 ; Staub-Ulmer, HGB, § 105 R n . 2 6 2 ; Teichmann, AcP 179 (1979), 4 7 5 , 4 8 5 ; Westermann, N Z G 2 0 0 1 , 2 8 9 , 292; ders./Klingberg, Handbuch, Rn. I 4 2 3 ; Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S. 5; Zöller-Vollhommer, ZPO, Rn.23 vor § 50. Für die Aktiengesellschaft ebenso Rollin, Aktionärsklage, S. 190f. Gleicher Ansicht für alle Kapitalgesellschaften Großfeld, Aktiengesellschaft, S . 2 2 5 ; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 15; für alle Gesellschaften gleich welcher Rechtsform Habersack, DStR 1998, 533; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 4 6 R n . 2 7 ; Stein/Jonas-Bork, ZPO, R n . 3 7 a vor § 5 0 . Gegen jede Anerkennung einer Prozeßstandschaft des Gesellschafters einer GmbH für die Beitreibung von Sozialansprüchen (die bei ausschließlich als solche der Gesellschaft betrachtet werden) Barnert, Gesellschafterklage, S. 2 0 3 ff. 157 158

74

5 2 Die actio pro

socio

toren in denjenigen Fällen ein eigenes Recht des Gesellschafters zugrunde liegen, in denen der Gesellschafter mit ihrer Hilfe eine Ungleichbehandlung zu seinen Lasten zu korrigieren versucht 159 . Denn der Gleichbehandlungsanspruch sei dem Gesellschafter als eigenes Recht zugewiesen; ein Verstoß hiergegen begründe einen Eingriff in die Mitgliedschaft, den jeder Gesellschafter aus eigenem Recht abzuwehren befugt sei. Die Tragfähigkeit dieser Überlegung setzt voraus, daß der Gleichbehandlungsanspruch sich gegen eben den Mitgesellschafter richtet, der auf Leistung in Anspruch genommen werden soll 1 6 0 . Gerade dies ist aber nicht der Fall: Der Gleichbehandlungsanspruch des Gesellschafters richtet sich seinerseits ausschließlich gegen die Gesellschaft 161 und kann daher keine Ansprüche gegen Mitgesellschafter begründen 162 . Die actio pro socio ist daher selbst im Falle derartiger Gleichbehandlungsverstöße eine Klage ausschließlich aus dem Recht der Gesellschaft. Die Behauptung, der Gesellschafter klage mitgliedschaftliche Leistungsansprüche bei Gleichheitsverstößen aus eigenem Recht ein, läßt sich auch nicht auf die Behauptung stützen, es gebe anerkanntermaßen eine Treupflicht unter den Gesellschaftern, und die Pflicht, sich keine Sondervorteile zu Lasten anderer Gesellschafter zu verschaffen, sei ein Teil davon 163 : In den hier interessierenden Fällen verschaffen sich die säumigen Mitgesellschafter nicht selbst Vorteile; vielmehr geht es nur darum, daß einzelne Gesellschafter auf die Erfüllung ihrer Förderpflichten in Anspruch genommen und andere davon verschont werden. Diesen „Sondervorteil" kann ein Gesellschafter erlangen, ohne jemals selbst darauf hingewirkt zu haben; dann fällt nicht ihm, sondern eben der bei der Inanspruchnahme ihrer Gesellschafter willkürlich differenzierenden Gesellschaft der Vorwurf eines Gleichheitsverstoßes zur Last.

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der GmbH

Mit der actio pro socio erhält der einzelne Gesellschafter die Möglichkeit, eine Forderung beizutreiben, die allein dem Gesellschaftsvermögen angehört. Dies fällt an sich in die Zuständigkeit derjenigen Personen, die nach der Kompetenzordnung der Gesellschafter über die Einleitung eines solchen Rechtsstreits zu befinden haben.

Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 17; Zöllner, Z G R 1988, 392, 402ff. So ausdrücklich Zöllner, ZGR 1988, 392, 406; insoweit zustimmend Scbulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 30. 1 6 1 Vgl. Henze, BB 1996, 489, 497; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 179; Martens, Rechtsdogmatik, S. 2 5 1 , 2 5 5 ; für die Genossenschaft ebenso BGH W M 1 9 6 0 , 1 0 0 7 , 1 0 0 9 ; s. aber Lutter, J Z 1976, 2 2 5 , 231: Großaktionär ist bei Übernahme der Gesellschaft zur Gleichbehandlung der Kleinaktionäre verpflichtet. , i 2 Ebenso Banerjea, Gesellschafterklage, S. 182 mit Fn.882; Barnert, Gesellschafterklage, S. 184; zweifelnd auch Grunewald, Gesellschafterklage, S.67. 1 6 3 So aber für die AG Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.30 159

160

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der GmbH

75

I. Überblick über die Zuständigkeit für die Anspruchsverfolgung nach dem G m b H G In der GmbH ist es Sache der Geschäftsführer, Forderungen gegen die Gesellschafter gerichtlich beizutreiben; dabei bedarf er für die Einforderung von Stammeinlagen ( § 4 6 Nr. 2 GmbHG) und Schadensersatzansprüchen aus der Gründung oder Geschäftsführung ( § 4 6 Nr. 8 GmbHG) eines Gesellschafterbeschlusses. Fehlt es hieran, so wird im Falle des § 46 Nr. 2 GmbHG die Klage als zur Zeit unbegründet abgewiesen, weil der Einforderungsbeschluß nach dieser Vorschrift die Fälligkeit der Einlageschuld begründet 164 . Dies erklärt sich daraus, daß aufgrund des Beschlusses die Kaduzierung eingeleitet werden kann, diese aber die Fälligkeit der Einlage voraussetzt. An der Kaduzierung selbst sind die Gesellschafter nicht beteiligt; deshalb sollen sie zumindest über die Fälligkeit der Einlage und damit über die prinzipielle Möglichkeit entscheiden dürfen, daß es überhaupt so weit kommen kann. Nach h.M. soll auch im Fall des § 46 Nr. 8 bei fehlendem Einforderungsbeschluß die Klage als unbegründet abgewiesen werden 165 . Dies leuchtet indes nicht ein: Der Beschluß kann hier, da an ihn keine Kaduzierung anknüpft, nicht Voraussetzung für die Fälligkeit sein; und ebensowenig Voraussetzung für die Entstehung des Ersatzanspruchs: Die Gesellschafter, die den Beschluß fassen, gehen davon aus, den Anspruch bereits als nach materiellem Recht begründet vorfinden zu können; sie entscheiden nur noch darüber, ob er auch tatsächlich geltend gemacht werden soll. Richtigerweise ist der Einforderungsbeschluß nach § 4 6 Nr. 8 GmbHG daher Voraussetzung bereits für die Zulässigkeit der Klage. Nach § 30 GmbHG verbotene Auszahlungen kann der Geschäftsführer ohne einen vorherigen Gesellschafterbeschluß zurückfordern 166 ; mehr noch: ein Gesellschafterbeschluß, der ihn anweist, einen solchen Anspruch nicht zu verfolgen, ist analog § 241 Nr. 3 AktG nichtig 167 .

1 6 4 Vgl. nur Eickhoff, Gesellschafterklage, S.42, 199; Landgrebe, GmbHR 1967, 227, 231; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 17; Seidel, Treupflichten, S.59 1 6 5 BGHZ 28, 355, 358; 97, 382, 390; BGH GmbHR 1965, 4, 6; BGH GmbHR 1975, 110; BGH NJW 1993, 2100; BGH NZG 1999, 722, 723; BGH NJW-RR 2004, 1408, 1409; OLG Frankfurt NZG 1999, 767, 768; OLG Köln GmbHR 1993, 816; Ebenroth/Müller, BB 1992, 361, 364; Goette, DStR 1997, 1735, 1736; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. §34 Rn.20 a.E.; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 1 Rn.25; Ihlas, Organhaftung, S. 105; Krieger, VGR I (1998), 111, 121; Lindemann, Beschlußfassung, S.124; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §46 Rn.22; Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rn.53; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §46 Rn.40. 166 Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, §31 Rn.6; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 580; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.203; Eisenhardt, FS Pfeiffer, S.839, 844; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 75; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 31 Rn. 10; Raiser ZHR 153 (1989), 1, 19; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §46 Rn.148. 167 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.203.

76

§ 2 Die actio pro socio

II. Insbesondere § 4 6 Nr. 8 G m b H G In welchem Umfang § 4 6 Nr. 8 G m b H G eine Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung begründet, ist freilich bisher nicht abschließend geklärt. So wird vorgetragen, ihrem Wortlaut nach erfasse die Vorschrift Schadensersatzansprüche nur gegen geschäftsführende Gesellschafter; auf solche gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter sei sie jedoch analog anzuwenden 1 6 8 . D e r B G H 1 6 9 hat diese Analogie bereits für den Fall befürwortet, daß Ersatzansprüche gegen den Geschäftsführer und gegen einen nicht geschäftsführenden Gesellschafter wegen derselben Pflichtverletzung verfolgt werden sollen. In der Literatur geht man zum Teil noch weiter: § 4 6 Nr. 8 G m b H G beruhe auf der Annahme, daß die Geschäftsführer untereinander wegen ihrer kollegialen Bindungen Schadensersatzansprüche vermutlich nicht mit dem gebotenen N a c h d r u c k verfolgten 1 7 0 . Diese Befürchtung sei in gleicher Weise gerechtfertigt, wenn der Gesellschafter, welcher zu verklagen sei, allein oder zusammen mit den ihn deckenden Mitgesellschaftern über die Abberufungsmehrheit verfüge 1 7 1 . Deswegen sei auch in diesen Fällen der Geschäftsführer zur Vertretung der Gesellschaft ungeeignet; es dürfe und müsse daher ein Sondervertreter bestellt werden. Diese Auffassung ist ersichtlich auf den zweiten Halbsatz des § 4 6 Nr. 8 G m b H G gemünzt. H a t die Gesellschafterversammlung beschlossen, daß von einem Geschäftsführer Schadensersatz gefordert werden soll, so m u ß außerdem darüber beschlossen werden, wer die Gesellschaft im Falle der Einforderung vertreten soll, da aus den genannten Gründen die Geschäftsführer für diese Aufgabe ausscheiden. Das gilt richtigerweise selbst dann, wenn nur einer von mehreren Geschäftsführern verklagt werden soll und die übrigen daher an sich die Gesellschaft vertreten k ö n n t e n 1 7 2 : Es sollen von vornherein keine Loyalitätskonflikte (gegenüber der Gesellschaft einerseits, dem beklagten Geschäftsführer-Kollegen andererseits) entstehen. N a c h hier vertretener Ansicht ist demgegenüber auf die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen Gesellschafter

nicht § 4 6 zweiter

Halbsatz

analog,

sondern § 4 6 Nr. 8 erster Halbsatz direkt anzuwenden: D o r t sind als möglicher AnspruchsgrwW die Gründung oder Geschäftsführung und als mögliche Anspruchsgegner die Geschäftsführer oder die Gesellschafter genannt. O f f e n b a r sollen also beide Anspruchsgegner für beide Anspruchsgründe in Betracht k o m m e n ; sonst wären die Tatbestandsalternativen nicht jeweils durch die K o n j u n k t i o n „ o d e r " miteinander verknüpft. Wenn aber als Anspruchsgegner für Ansprüche aus der Geschäftsführung neben den Geschäftsführern auch die Gesellschafter in Betracht k o m m e n sollen, so können damit sinnvoll nur diejenigen Gesellschafter 168 169

Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 88ff.; ebenso Barnert, Gesellschafterklage, § 2 2 1 f. BGHZ 97, 28, 35; ebenso Happ, Die GmbH im Prozeß, § 2 Rn. 31; Lindacher, Z G R 1987,

121, 123; K. Schmidt, NJW 1986, 2018, 2019. 170 171 172

Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 89 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.90 Ebenso Lindacher, ZGR 1987, 121, 122

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der GmbH

77

gemeint sein, welche nicht außerdem bereits Geschäftsführer sind. Ersatzansprüche „aus der Geschäftsführung" sind ihnen gegenüber jedenfalls begründet, wenn sie an gesellschaftsschädlichen

Geschäftsführungsbeschlüssen

mitgewirkt

ha-

b e n 1 7 3 . § 4 6 Nr. 8 G m b H G erfaßt daher auch Ersatzansprüche gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter und ebenso Ansprüche gegen Gesellschafter-Geschäftsführer wegen Verletzung von Pflichten, die nicht ihren organschaftlichen, sondern ihren mitgliedschaftlichen Pflichtenkreis betreffen 1 7 4 . Eine analoge

An-

wendung von § 4 6 Nr. 8 - nach wie vor erster Halbsatz - ist nur dort zu erwägen, w o Schadensersatzansprüche außerhalb

der Gründung oder Geschäftsführung in

Rede stehen, etwa wegen Verletzung eines Wettbewerbsverbots oder treuwidrigen Stimmverhaltens bei Grundlagenbeschlüssen; sie liegt in diesen Fällen angesichts des sogleich zu erörternden Normzwecks der Vorschrift nahe. Die Rechtsprechung neigt in der Tat dazu, § 4 6 Nr. 8 H S 1 G m b H G weit auszulegen; die Vorschrift soll etwa auf einen Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Herausgabe von zur Geschäftsführung erlangten Mitteln nach § 6 6 7 B G B anwendbar s e i n 1 7 5 , ebenso für Ansprüche aus § 6 8 7 II B G B 1 7 6 und ungerechtfertigter Bereicherung 1 7 7 . Konsequent m u ß bei allen in der Mitgliedschaft wurzelnden Ersatzansprüchen bereits die Einforderung

des Schadensersatzes als solche von der Gesellschafterversamm-

lung beschlossen w e r d e n 1 7 8 ; wird sie beschlossen, so mag man je nach dem, wie stark der Ersatzschuldner mit seinem mitgliedschaftlichen Einfluß die Stellung des Geschäftsführers gefährden kann, im Einzelfall analog § 4 6 Nr. 8 zweiter Halbsatz G m b H G die Bestellung eines Sondervertreters zulassen 1 7 9 .

III. D e r N o r m z w e c k des § 4 6 N r . 8 G m b H G : Schutz von Gesellschaftsinterna? Angesichts dieser Regelung erscheint die Annahme, der Gesellschafter könne daneben die genannten Ansprüche in eigener Regie verfolgen, nicht selbstverständl i c h 1 8 0 . Inwieweit eine solche Befugnis des Gesellschafters anzuerkennen ist, hängt maßgeblich v o m N o r m z w e c k des § 4 6 Nr. 2 , 8 G m b H G zu ab. Dieser wird für § 4 6 173 Noch weitergehend Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §46 Rn. 150: Erfaßt sei jede Verschuldenshaftung der Gesellschafter, soweit sie aus dem Gesellschaftsverhältnis herrühre. 174 Anders ohne Begründung Eickhoff, Gesellschafterklage, S.45 1 7 5 BGH ZIP 1991, 582, 583. 176 BGH GmbHR 1975, 110, 111. 177 BGHZ 97,382, 386; OLG Hamm NZG 1998,432,433. Weitere Anwendungsfälle des § 46 Nr. 8 GmbHG über seinen Wortlaut hinaus bei Happ, Die GmbH im Prozeß, § 1 Rn. 18; für generelle Anwendung der Vorschrift für alle Prozesse zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer A, Hueck, FS Bötticher, S. 197, 212. 178 Ebenso Grunewald, Gesellschafterklage, S.72 1 7 9 Vgl. Baumbach-Zöllner, GmbHG, §46 Rn.42 180 Gegen jede Einzelklage jenseits § 46 Nr. 8 GmbHG Maatz, GmbHR 1974,124,128; Bedenken gegen die Zulassung der actio pro socio mit Rücksicht auf diese Vorschrift auch bei SchulzGardyan, Aktionärsklage, S.33f.

78

§2 Die actio pro socio

Nr. 8 G m b H G überwiegend dahin interpretiert, daß mit der Ersatzklage Gesellschaftsinterna an die Öffentlichkeit gerieten; das, so wird in § 46 Nr. 8 G m b H G hineingelesen, solle nicht ohne den Willen der Gesellschaftermehrheit geschehen 181 . Indes: Wäre diese Deutung richtig, so dürfte der Schutz der Interna nicht erst auf der Ebene des Schadensersatzanspruchs ansetzen, sondern müßte bereits die präventive Verhinderung der M a ß n a h m e erfassen. Eben dies ist aber nicht der Fall: Der Gesellschafter kann vielmehr einen Geschäftsführungsbeschluß gerichtlich anfechten und sodann mit Hilfe der Kompetenzschutzklage die Unterlassung seiner Ausführung verlangen. Dazu muß er vortragen, der Beschluß verstoße gegen Gesetz oder Satzung. Bereits das dafür erforderliche tatsächliche Vorbringen spült das Innenleben der Gesellschaft an die Öffentlichkeit, und zwar gegen den Willen der Mehrheit 1 8 2 ; die Interna werden nicht erst durch den Vortrag derjenigen Tatsachen offenbar, welche das für einen Schadensersatzanspruch außerdem erforderliche Verschulden belegen sollen. M a n wende nicht ein, die Gefahr wechselseitiger Schuldzuweisungen und damit der Kundbarmachung von Interna sei beim Ersatzanspruch wegen des Verschuldenserfordernisses qualitativ gesteigert 183 : Namentlich dann, wenn die Treuwidrigkeit einer beschlossenen M a ß n a h m e behauptet wird, hängt bereits der Erfolg der Anfechtungsklage davon ab, daß diese Maßnahme auch bei Zubilligung eines unternehmerischen Ermessensspielraums nach Abwägung von Nutzen und Risiko nicht mehr vertretbar erscheint. Ist dieser Spielraum überschritten, so erscheint kaum vorstellbar, inwiefern die Gesellschafter, welche für die M a ß n a h m e gestimmt haben sollen, kein Verschulden treffen soll; der Sachvortrag von Anfechtungs- und Schadensersatzklage unterscheidet sich also nicht wesentlich. Ein Blick in die Praxis bestätigt diese Einschätzung: So focht in einem vom BGH entschiedenen Fall der Kläger einen Beschluß der Gesellschafterversammlung an, wonach die Fixbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers rückwirkend um 5 0 % erhöht wurden 1 8 4 , und trug zur Begründung vor, dies sei angesichts der gegenwärtig schwachen Ertragslage der Gesellschaft nicht gerechtfertigt. Der BGH wies das Berufungsgericht an, dem Beweisangebot des Klägers in Gestalt detaillierter Umsatz- und Ertragszahlen nachzugehen, und hielt die Einholung eines Sachverständigengutachtens für „voraussichtlich" unumgänglich 1 8 5 ; dies Gutachten solle sich auch zu Sonderleistungen wie der privaten Nutzung des 181 BGHZ 28, 355, 357; BGH GmbHR 1975, 110, 111; BGH W M 1975,423; BHG NJW-RR 2004, 1408, 1410; OLG Düsseldorf GmbHR 1995, 232; Barnert, Gesellschafterklage, S. 110; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.42; Gehrlein, ZIP 1993, 1525, 1528; Goette, DStR 1997, 1735, 1736; Krieger, VGR I (1998), 111, 112; Lindacher, ZGR 1987, 121, 122; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §46 Rn.21; Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 21; Koppensteiner, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, §46 Rn.39; Winter, Treubindungen, S.316; s. auch Diskussionsbericht Rellermeyer, ZGR 1988, 453, 458. 182 Darauf weisen mit Recht Hachenburg-Hüffer, GmbHG, § 46 Rn. 112 sowie Michalski, in: ders., GmbHG, § 14 Rn. 104 hin; dies zugestehend auch Winter, Treubindungen, S. 316. 183 So aber Eickhoff, Gesellschafterklage, S.47 184 BGHZ 1 1 1 , 2 2 4 . 185 BGHZ 111, 224, 228 f.

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

GmbH

79

Dienstwagens sowie Versorgungsanwartschaften und Versicherungsbeiträgen äußern. Wollte der Gesetzgeber in § 46 Nr. 8 G m b H G wirklich Gesellschaftsinterna schützen, so dürfte bereits im Anfechtungsprozeß für ein derart vertieftes Eintreten in die Unternehmensdaten kein R a u m sein. Wenn gleichwohl nach § 46 Nr. 8 G m b H G beim Schadensersatzanspruch die Gesellschafterversammlung befaßt werden muß, so müssen andere Überlegungen d a f ü r den Ausschlag geben; und ebenso ist zu fragen, welche Zwecke den § 46 Nr. 2 G m b H G tragen. Es k o m m e n nur noch zwei Deutungen in Betracht:

IV. §§46 Nr. 2,8 GmbHG: Das Hierarchieprinzip § 46 G m b H G steht systematisch bei der Kompetenzverteilung zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführer. Die G m b H geht nach ihrem gesetzlichen Regeltyp von einem Hierarchieverhältnis Gesellschafter über Geschäftsführer aus. Dem würde es widersprechen, wenn der Geschäftsführer eigenmächtig Einlage und Schadensersatz von einem Gesellschafter eintreiben könnte 1 8 6 . Deshalb bedarf es in beiden Fällen eines Gesellschafterbeschlusses. W ü r d e diese Überlegung allein § 46 Nr. 8 G m b H G erklären, so könnte m a n die auf Schadensersatz gerichtete actio pro socio für ohne weiteres zulässig halten; denn m a n könnte d a n n argumentieren, der einzelne Gesellschafter stehe nicht in der Hierarchie unter der Gesellschafterversammlung 1 8 7 . Richtigerweise ist jedoch der gegenteilige Schluß zu ziehen: Der Gesellschafter, der einen Anspruch der Gesellschaft gegen einen Mitgesellschafter im Wege der Einzelklage verfolgt, vollzieht eine H a n d l u n g , für die an sich der Geschäftsführer zuständig ist. D a n n k a n n er insoweit keinen geringeren Beschränkungen unterliegen als dieser. Die Einzelklage setzt danach grundsätzlich einen Gesellschafterbeschluß voraus 1 8 8 ; von ihm mag allenfalls abgesehen werden, wenn die Mehrheit sich treuwidrig weigert, ihn zu fassen.

V. § 46 Nr. 2,8 GmbHG: Das Prinzip der beschränkten Haftung N a c h § 46 Nr. 2, 8 G m b H G soll der Gesellschafterversammlung die unternehmerische Entscheidung darüber belassen werden, ob die Gesellschaft von seiten der Gesellschafter weitere liquide Mittel benötigt. Diese Überlegung könnte gerade vor

186 In diesem Sinne die D e u t u n g des N o r m z w e c k s durch Berger, Z H R 149 (1985), 5 9 9 , 6 1 1 f.; Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 6 Rn. 142. In eine ähnliche Richtung weist die A r g u m e n t a t i o n des O L G N ü r n b e r g ( G m b H R 1 9 5 9 , 1 0 , 1 2 ) : Der Anspruch greife in die persönlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern ein, weswegen es nicht zweckmäßig sei, die Entscheidung über seine Beitreibung in die H ä n d e des Geschäftsführers zu legen. Raiser, Z H R 1 5 3 , 1 , 2 1 b e f ü r w o r t e t diese D e u t u n g neben der oben 2. referierten herrschenden Interpretation des § 4 6 Nr. 8 G m b H G . 187 So in der Tat Berger, Z H R 149 (1985), 599, 612 188 So im Ergebnis Landgrebe, G m b H R 1967, 227, 2 2 9

80

§2 Die actio pro

socio

dem in § 13 II GmbHG niedergelegten Grundgedanken durchaus einleuchten: Der Entscheidung der Gesellschafter für die dort angeordnete Haftungsbeschränkung entspricht es, daß sie in die Gesellschaft nicht mehr an Mitteln einschießen wollen als unbedingt nötig. Wäre damit die ratio legis des §46 Nr. 2,8 zu erklären, so könnte eine auf die Leistung von Einlagen oder Schadensersatz gerichtete actio pro socio nicht ohne weiteres, sondern erst dann anerkannt werden, wenn die Gesellschafterversammlung die Geltendmachung des Anspruchs pflichtwidrig abgelehnt hat.

VI. K o n s e q u e n z e n f ü r die actio p r o socio Die soeben 3./4. vorgetragenen Überlegungen führen also in bezug auf die Einzelklagebefugnis von Gesellschaftern zu den gleichen Konsequenzen; sie beide eignen sich, den Normzweck des § 46 Nr. 2,8 zu erhellen. Aus ihnen folgt für die actio pro socio zweierlei: - Sie ist a limine unzulässig, wenn der Gesellschafter nicht vorher vergebens versucht hat, die Gesellschafterversammlung zur Fassung eines Beitreibungsbeschlusses zu motivieren 189 ; auf einen solchen Versuch kann, wenn er aussichtslos erscheint, verzichtet werden. So ist denn auch mit Recht formuliert worden, die Einzelklage sei auch ohne einen solchen Versuch zulässig, wenn nicht zu erwarten sei, daß die Geschäftsführung den Anspruch ernsthaft verfolge 190 , wenn die Mehrheit zu erkennen gegeben habe, daß sie zur Verfolgung des Anspruchs endgültig nicht bereit sei 191 , wenn ein Gesellschafterbeschluß nicht innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit herbeigeführt werden könne 1 9 2 oder wenn die Gesellschaft derzeit kein Vertretungsorgan habe und erst ein Nachtragsliquidator bestellt werden müsse 193 ; ganz allgemein wenn die Erzwingung einer Klage der Gesellschaft für den Gesellschafter ein unzumutbarer Umweg sei 194 . - Sie ist, selbst wenn ein solcher Versuch unternommen wurde oder aussichtslos erscheint, nur dann zulässig, wenn in der Weigerung der Gesellschaftermehrheit, einen Einforderungsbeschluß zu fassen, ein Verstoß gegen die Treupflicht liegt; eine rechtmäßige Entscheidung, den Anspruch nicht geltend zu machen, 189 Im Ergebnis ebenso O L G H a m m N Z G 1998, 4 3 2 , 4 3 3 ; Abeltshauser, Leitungshaftung, S.426; Ballerstedt, Kapital, S. 190; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 72 f.; Immenga, K a p i t a l g e sellschaft, S. 2 9 1 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 137; Martens, G m b H R 1984, 2 6 5 , 2 7 1 ; ders., Konzernherrschaft, S. 94; Winter, Treubindungen, S. 314. 190 So B G H N J W 1 9 9 0 , 2 6 2 7 , 2 6 2 8 ; Stimpel, A G 1 9 8 6 , 1 1 7 ; Ulmer, N J W 1 9 7 6 , 1 9 2 , 1 9 3 (für Schadensersatzanspruch); Wellkamp, D Z W i R 1994, 2 2 1 , 2 2 3 (für Einlageanspruch); auch nach K. Schmidt, G m b H R 1979, 121, 126 ist die actio p r o socio n u r subsidiäre Hilfszuständigkeit. 191 Hachenburg-Hüffer, GmbHG, §46 Rn.113. 192 Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S . 9 1 f . 193 B G H ZIP 1 9 9 1 , 5 8 2 , 5 8 3 . 194 B G H W M 1982, 928, 929; O L G Düsseldorf DB 1993, 2 4 7 4 f f . ; Baumbach-Hueck/Fastrich, G m b H G , § 1 3 R n . 3 4 a ; Happ, Die G m b H im Prozeß, § 3 Rn. 18; Ihlas, O r g a n h a f t u n g , S. 106; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.92.

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

GmbH

81

blockiert demgegenüber die actio pro socio 1 9 5 . Wo eine nach § 3 0 G m b H G verbotene Auszahlung zurückgefordert werden soll, ist kein Gesellschafterbeschluß erforderlich 1 9 6 ; daher genügt für die auf § 31 G m b H G gestützte actio pro socio die erfolglose Aufforderung an den Geschäftsführer, den Anspruch geltend zu machen 1 9 7 . Dies alles gilt auch in den Fällen, in denen der Gesellschafter mit Hilfe der actio pro socio eine Ungleichbehandlung zu seinen Lasten zu korrigieren versucht: Den Gleichbehandlungsanspruch hat er gegen die Gesellschaft und muß ihr die Chance geben, ihn freiwillig zu erfüllen, indem sie entweder durch Einforderung der entsprechenden Leistung oder ggf. auf sonstige Weise den Gleichheitsverstoß korrigiert. Demgegenüber verwirft eine Mindermeinung 1 9 8 jegliche Begrenzung der actio pro socio durch die Zuständigkeitsordnung in der Gesellschaft: Wolle man die Einzelklage vom Versagen der Gesellschaftsorgane abhängig machen, so müsse man für dies Versagen eindeutige Kriterien formulieren, was bis heute nicht gelungen sei. Zur Einzelklage werde sich der Gesellschafter ohnehin erst entschließen, wenn er alle Möglichkeit einer Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft ausgeschöpft habe; denn für die actio pro socio trage er selbst das Prozeßkostenrisiko. Diese Deutung werde durch einen Blick ins Aktienrecht bestätigt: § 3 0 9 IV AktG mache die Befugnis des Aktionär, Ansprüche der vertraglich konzernierten AG einzuklagen, nicht von einer vorherigen Anrufung der Gesellschaftsorgane abhängig. Keines dieser Gegenargumente vermag zu überzeugen. Der Hinweis auf § 3 0 9 IV AktG verkennt dessen spezifisch konzernrechtlichen Normzweck 1 9 9 : Der Aktionär ist deshalb ohne weitere Voraussetzungen zur Einzelklage befugt, weil das herrschende Unternehmen als Ersatzschuldner typischerweise bereits so viele Stimmen in der abhängigen Gesellschaft auf sich vereinigt, daß unter den außenstehenden Aktionären das Quorum des § 147 AktG kaum zustande gebracht werden kann 2 0 0 . Außerdem ist vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft eine effiziente Rechtsverfolgung typischerweise nicht zu erwarten, ist doch dieser in weitem Umfang an Weisungen des herrschenden Unternehmens gebunden, zumindest aber tatsächlich in seiner Amtsstellung primär von dessen Vertrauen abhängig. 195 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.62, 106; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 9 1 ; Krieger, V G R I (1998), 111, 121 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 134; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 6 b (S.642). 196 Oben I. 197 Zutreffend Grunewald, Gesellschafterklage, S.76 198 Assmann, J Z 1986, 928, 929; Berger, Z H R 149 (1985), 599, 6 0 7 f . (dort auch zur im Text wiedergegebenen Argumentation); Flume, Die Juristische Person, § 8 V 2 (S. 304); Wiedemann, J Z 1976, 392, 395f. 1 9 9 Diesen betonen außer den in nachfolgender Fn. Genannten auch Mertens, FS Fischer, S . 4 6 1 , 4 7 3 ; Rehbinder Z G R 1976, 386, 3 9 4 . 2 0 0 Darauf stellt namentlich die Gesetzesbegründung ab, vgl. Begr. RegE bei Kropff, AktG, S . 4 0 5 ; ferner Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 148; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S . 9 0 ; Guntz, Treubindungen, S. 153; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S . 4 7 8 ; KK-Koppensteiner, AktG, § 3 0 9 R n . 3 1 ; Planck, Aktionärsklagen, S.127f.

82

§2 Die actio pro

socio

Das Versagen der Gesellschaftsorgane läßt sich an einem hinreichend bestimmten Kriterium festmachen, nämlich an der Verletzung der Treupflicht: Die treuwidrige Weigerung, die Erfüllung des Anspruchs einzufordern, löst die Einzelklagebefugnis aus. Die voraussetzungslose Zulassung der actio pro socio würde demgegenüber den Beitrag der übrigen Gesellschafter zur verbandsinternen Willensbildung unzulässig ignorieren. Gesellschafter aber, die den Prozeß aus Prinzip führen, damit sie um jeden Preis Recht bekommen, werden sich von der Ignoranz jener Willensbildung auch nicht durch das Prozeßkostenrisiko abschrecken lassen.

VI. Die Einzelklage nach gefaßtem Einforderungsbeschluß Schwierigkeiten bei der Verfolgung des Anspruchs können freilich nicht nur dann auftreten, wenn sich die Gesellschafterversammlung bereits von vornherein dagegen ausspricht. Ebenso kann es geschehen, daß die Einforderung zwar mehrheitlich beschlossen wird, die Gesellschaft aber nicht durch die Geschäftsführer vertreten werden kann, weil einer von ihnen selbst Beklagter ist 2 0 1 . In diesem Fall mag die Gesellschafterversammlung sich weigern, eine geeignete Person nach § 4 6 Nr. 8 zweiter Halbsatz G m b H G als Sondervertreter zu bestellen. Dies, so wird argumentiert, verstoße zwar gegen die Treupflicht 2 0 2 ; doch lasse sich die Bestellung eines geeigneten Vertreters kaum erzwingen, weil die Gesellschafterversammlung ein weites Auswahlermessen habe wem sie die Vertretung der Gesellschaft anvertrauen wolle 2 0 3 . Daher sei der klagewillige Gesellschafter berechtigt, analog § 1 4 7 III 2 a.F. (entspricht heute § 1 4 7 II 2) AktG einen Sondervertreter gerichtlich bestellen zu lassen 2 0 4 . Diese Befugnis soll nicht davon abhängig sein, daß der das Verfahren betreibende Gesellschafter das 1 0 % - Q u o r u m erreicht 2 0 5 ; sie soll immer dann bestehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Interessenkonflikt in der Person des Geschäftsführers vorgetragen würden, welche zweifelhaft erscheinen lasse, ob der Geschäftsführer die beschlossene Geltendmachung des Anspruchs mit Nachdruck verfolge 2 0 6 . Die Möglichkeit, ein solches Verfahren einzuleiten, schließe die actio pro socio aus 2 0 7 . Dies alles soll auch bei Klagen gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter gelten 2 0 8 .

201

Zum Ausschluß sämtlicher Geschäftsführer von der Vertretung in diesem Fall bereits oben

II. Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 73 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 74 204 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.74ff. 205 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.81 206 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 79 207 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 86f. Noch weitergehend soll § 4 6 Nr. 8, 2. Halbsatz GmbHG nach Barnert, Gesellschafterklage, S.218ff. die actio pro socio, verstanden als Klage in Prozeßstandschaft aus dem Recht der GmbH, als Rechtsinstitut insgesamt entbehrlich machen. 208 Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 9 1 f . 202 203

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

GmbH

83

Wie noch zu zeigen sein wird 2 0 9 , kann § 147 AktG in der Tat für die Verfolgung von Ersatzansprüchen in der G m b H Bedeutung erlangen - nämlich immer dann, wenn die Geschäftsführer den Anspruch der Gesellschaft bereits rechtshängig gemacht haben, den Prozeß aber nachlässig führen. Wo dies noch nicht geschehen ist, erscheint es indes kaum folgerichtig, den Gesellschafter auf den Umweg der gerichtlichen Bestellung eines Sondervertreters zu verweisen 210 . Die Zulässigkeit einer Einzelklage im eigenen N a m e n des Gesellschafters ergibt sich vielmehr aus einem Erst-recht-Schluß: Die actio pro socio kann bereits dann zulässig sein, wenn sich die Gesellschaftermehrheit gänzlich gegen die Einforderung ausspricht; der Primat der Gesellschafterversammlung kann also bereits in diesem Umfang überwunden werden. Dann muß die Einzelklage erst recht zulässig sein, wenn der Gesellschafter sich in geringerem Umfang über das Votum der Gesellschafterversammlung hinwegsetzt, wenn nämlich diese die Einforderung positiv beschlossen hat und lediglich der tatsächlichen Durchsetzung des Anspruchs Hindernisse in den Weg legt, indem sie sich weigert, nach § 46 Nr. 8 zweiter Halbsatz G m b H G einen Sondervertreter zu bestellen. Wenn im ersteren Fall allein das erfolglose Bemühen hinreicht, einen Einforderungsbeschluß zustande zu bringen, so muß im letzteren Fall der vergebliche Versuch genügen, einen Vertretungsbeschluß herbeizuführen.

VII. Mögliche Alternativen zur actio pro socio Mit der Zulassung der actio pro socio für die Fälle, in denen die Gesellschafterversammlung die Beitreibung des Einlage- oder Schadensersatzanspruchs verweigert, ist eine erhebliche Vereinfachung der Rechtsverfolgung durch einen einzelnen Gesellschafter verbunden. Stünde ihm die actio pro socio nicht zur Verfügung, sondern würde man den Primat der Gesellschafterversammlung konsequent durchführen, so wären weitaus schwierigere Hürden zu überwinden: 1. Kombinierte

Zustimmungs-

und

Schadensersatzklage?

Z u m einen käme in Betracht, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit dem Ziel zu beantragen, die Gesellschaft möge die nicht klagewilligen Gesellschafter auf Zustimmung zu einem Einforderungsbeschluß verklagen und einen entsprechenden Beschluß fassen, bei dem sowohl der (angeblich) zur Leistung verpflichtete Gesellschafter als auch die auf Zustimmung zu Verklagenden nach § 4 7 IV G m b H G vom Stimmrecht auszuschließen wären. Im Anschluß daran müßte die Gesellschaft zunächst eine Zustimmungs- und dann im Erfolgsfalle eine Schadens209

Unten G V. Ablehnend gerade im Hinblick auf die Umständlichkeit dieses Verfahrens auch Ersatz, S.78. 210

Kowalski,

84

5 2 Die actio pro socio

ersatzklage erheben. Die Schadensersatzklage könnte nicht mit der Zustimmungsklage verbunden werden; denn allein die Verurteilung zur Zustimmung würde den gewünschten Einforderungsbeschluß noch nicht zustande bringen. Dafür müßte vielmehr erneut eine Gesellschafterversammlung einberufen werden, in deren R a h m e n die Stimmabgabe der widerstrebenden Gesellschafter durch gerichtliches Urteil ersetzt würde (§ 8 9 4 Z P O ) . Denn mag auch ein Gesellschafter pflichtwidrig gegen die Einforderung der Einlage oder des Schadensersatzes gestimmt haben, so ist gleichwohl der Antrag, die Einforderung zu beschließen, in der Gesellschafterversammlung zunächst wirksam abgelehnt worden. D a m i t ist dieser Beschlußantrag verbraucht und m u ß in einer weiteren Gesellschafterversammlung erneut gestellt w e r d e n 2 1 1 . Erst wenn nach dieser aufwendigen Prozedur der Einforderungsbeschluß gefaßt ist, könnte die Schadensersatzklage angestrengt werden. Und jene Prozedur könnte der klagewillige Gesellschafter überhaupt erst initiieren, wenn er über das Einberufungsquorum des § 5 0 I G m b H G verfügt - die actio pro socio hängt dagegen nicht vom Umfang des Beteiligungsbesitzes ab.

2. Beschlußmängelklage

gegen den die Einforderung ablehnenden

Beschluß?

Z u m anderen könnte der Gesellschafter gegen die Verweigerung des Einforderungsbeschlusses Anfechtungsklage erheben. Diese könnte er mit dem Antrag verbinden, das Gericht möge den Einforderungsbeschluß als gefaßt feststellen (sog. positive Beschlußfeststellungsklage 2 1 2 ). Diese Klage wäre gegen die Gesellschaft zu richten; hätte sie Erfolg, so könnte die Gesellschaft ihrerseits Schadensersatzklage erheben. Bereits daraus erhellt, daß auch auf diesem Wege zwei vonnöten wären: der erste gegen

die Gesellschaft als Beklagte,

Prozesse

um durch Gerichts-

urteil den verweigerten Einforderungsbeschluß zu ersetzen, und der zweite die Gesellschaft als Klägerin,

durch

um den Schadensersatzanspruch zu titulieren. Eine

Verbindung beider Klagen schiede gerade deswegen aus: Die Klage gegen die Gesellschaft kann nicht mit einer Klage durch sie verbunden werden, wenn erstere gerade die Voraussetzung für den Erfolg der letzteren schaffen soll. D e n n o c h wollen einige Autoren dem Gesellschafter abverlangen, einen Einforderungsbeschluß nach § 4 6 Nr. 2 , 8 G m b H G durch Anfechtungs- und positive Beschlußfeststellungsklage zu erzwingen. Unter ihnen finden sich sowohl Vertreter der These, der actio pro socio liege ein eigener

Anspruch des Gesellschafters gegen

den Mitgesellschafter auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen zugrunde 2 1 3 , als

Vgl. zu diesen Eigenheiten des Beschlusses als Rechtsgeschäft ausführlich unten F II 3 b. Dazu ausführlich unten § 5 F. 213 Barnert, Gesellschafterklage, S. 118; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rn. 23; Soufleros, Ausschließung, S.69; Zöllner, ZGR 1988, 392, 410. Nach Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 13 Rn. 119 soll jedenfalls ein ausdrücklich gefaßter negativer Einforderungsbeschluß angefochten werden müssen; werde er bestandskräftig, so könne auch keine actio pro socio mehr erhoben werden. Nicht eindeutig wird bei diesen Ausführungen, ob der klagewillige Gesellschafter einen solchen Beschluß in jedem Falle beantragen muß. 211

212

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

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85

auch Verfechter der hier für richtig gehaltenen Ansicht, daß der Gesellschafter in Prozeßstandschaft k l a g t 2 1 4 . D e r Notwendigkeit zweier Prozesse wollen diese Autoren dadurch entgehen, daß sie eine Verbindung dieser Klage mit der als actio pro socio erhobenen Leistungsklage gegen den Mitgesellschafter zulassen 2 1 5 . Die Erzwingung eines Einforderungsbeschlusses im Wege der Beschlußmängelklage soll nur dort entbehrlich sein, w o sich die Gesellschafterversammlung mit dem entsprechenden Beschlußantrag eines Gesellschafters nicht in der Sache befasse; § 4 6 Nr. 8 G m b H G schütze nur die tatsächlich getroffene Entscheidung der Gesellschafterversammlung gegen die Einforderung, nicht aber die unterbliebene Entscheidung 2 1 6 . Freilich müsse versucht worden sein, eine solche Entscheidung durch Einberufung einer Gesellschafterversammlung herbeizuführen 2 1 7 . D e r Gesellschafter, der das dafür erforderliche Q u o r u m trotz entsprechender Versuche nicht zustande bringe, müsse wenigstens versucht haben, informell den Geschäftsführer um die Einberufung zu bitten. Erst wenn dies alles nichts gefruchtet habe, sei die actio pro socio zulässig 2 1 8 . Auf dem Boden der Ansicht, der actio pro socio liege ein eigener Anspruch des Gesellschafters zugrunde, kann dies alles bereits im Ansatz nicht überzeugen: Die Verwirklichung individueller Ansprüche der Gesellschafter kann nicht unter dem Vorbehalt gesellschaftsinterner Zuständigkeiten s t e h e n 2 1 9 ; diese beziehen sich allein auf Ansprüche der Gesellschaft 2 2 0 . Aber selbst wenn m a n wie hier die actio pro socio ausschließlich als Klage aus dem R e c h t der Gesellschaft begreift, er214 Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 1 3 Rn.34a; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 586ff.; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 122ff.; v. Gerkan, ZGR 1988, 4 4 1 , 450; Grunewald, Gesellschafterklage, S.73ff.; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 3 Rn. 13; Kowalski, Ersatz, S. 76 f.; ders., ZIP 1995, 1315, 1316; MüHdbGesR III/ Schiessl, § 3 1 Rn.23; van Venrooy, GmbHG 2 0 0 4 , 2 3 7 , 249. Ohne Erörterung der Frage, ob auch dem Gesellschafter ein eigener Anspruch auf Leistung an die Gesellschaft zusteht, OLG Köln GmbHR 1993, 816f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46 Rn. 23; differenzierend ¡blas, Organhaftung, S. 106: Einforderungsbeschluß müsse erzwungen werden vor actio pro socio gegen Organmitglieder (dazu noch unten H), nicht aber vor actio pro socio gegen Mitgesellschafter. Gegen die Reduktion der Anforderungen auf ein bloßes Bemühen um einen Einforderungsbeschluß auch Winter GmbHR 1998, 714, 715. 215 Becker, Verwaltungskontrolle, S. 589; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 167ff.; v. Gerkan ZGR 1988, 41, 450; Kowalski, Ersatz, S.80; MüHdbGesR IWSchiessl, § 3 1 R n . 2 3 . 216 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.183 217 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.186 218 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 187f.; noch anders Becker, Verwaltungskontrolle, S . 5 9 1 : Jedem Gesellschafter stehe ungeachtet des § 50 GmbHG das Recht zu, die Gesellschafterversammlung mit dem Ziel eines Gesellschafterbeschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG einzuberufen. 2 1 9 Ebenso Barnert, Gesellschafterklage, S. 139; Raiser, ZHR 153 (1989), 1 , 2 1 ; gegen die Aussagekraft des § 46 Nr. 8 GmbHG für konkurrierende eigene Ansprüche des Gesellschafters auch Lutter, ZHR 162 81998), 1 6 4 , 1 8 2 ; ders./Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn. 20. Ohne abschließende Stellungnahme BGH W M 1969, 1081, 1082: Jedenfalls solange die Gesellschafterversammlung untätig bleibe, könne der Gesellschafter seinen eigenen (in concreto auf §§ 81a GmbHG a.F., 823 II BGB gestützten; dazu bereits oben B IV) Anspruch selbständig verfolgen. 2 2 0 Auf dem Boden der These, der actio pro socio liege ein eigener Anspruch des Gesellschafters zugrunde, lehnen denn auch einige Autoren das Erfordernis einer vorherigen Beschlußmängelklage ab; vgl. Banerjea, Gesellschafterklage, S.211; Gehrlein, ZIP 1993, 1525, 1530f.; Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 23; Scholz-Emmerich, GmbHG, § 1 3 Rn.53.

86

§ 2 Die actio pro

socio

scheint es k a u m folgerichtig, dem Gesellschafter derart weitgehende Bemühungen aufzuerlegen, um einen Einforderungsbeschluß zustande zu bringen. Das gilt namentlich für die Überlegung, ein Einforderungsbeschluß müsse zuerst im Wege der Beschlußmängelklage erzwungen werden 2 2 1 . W ü r d e nämlich dieser Klage stattgegeben, so wäre eine Befugnis der Geschäftsführer eröffnet, den Anspruch namens der Gesellschaft beizutreiben. Führt m a n den hinter den soeben referierten Überlegungen stehenden Grundgedanken zu Ende, daß die actio pro socio nur eine subsidiäre Zuständigkeit des Gesellschafters für die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs begründet, so müßte folgerichtig gerade d a n n die Einzelklage des Gesellschafters ausscheiden: Die Gesellschaft kann aufgrund des erzwungenen Einforderungsbeschlusses klagen, und konsequent k a n n es auch nur sie. D a n n k a n n es dem Gesellschafter schwerlich gestattet sein, die Klage auf Erzwingung des Einforderungsbeschlusses mit einer als actio p r o socio erhobenen Individualklage auf Leistung gegen den Mitgesellschafter zu erheben. Erkennt m a n aber die Klagebefugnis des Gesellschafters auch nach erzwungenem Einforderungsbeschluß an, so fragt sich, weswegen ein solcher Beschluß überhaupt erzwungen werden soll: Der Primat der Gesellschafterversammlung wird durch einen gerichtlich aufoktroyierten Einforderungsbeschluß nicht mehr und nicht minder durchbrochen als durch eine ohne einen solchen Beschluß erhobene Einzelklage. Das Erfordernis eines durch Anfechtungs- und positive Beschlußfeststellungsklage erzwungenen Einforderungsbeschlusses erscheint vor diesem Hintergrund als sinnloser A u f w a n d 2 2 2 . Daher k a n n die actio p r o socio ohne einen solchen Beschluß erhoben werden; das Gericht m u ß sodann im Rahmen des Leistungsprozesses gegen den angeblich verpflichteten Mitgesellschafter inzident prüfen, ob die Gesellschafterversammlung die Verfolgung des Anspruchs treuwidrig abgelehnt hat 2 2 3 .

IX. Die Vereinfachungsfunktion der actio p r o socio 1. Die Wertungsgrundlagen

bei

Schadensersatzansprüchen

Vergegenwärtigt m a n sich die soeben in den Blick genommenen, aufwendigen Alternativen, so tritt die zentrale Funktion der actio p r o socio zutage: Sie soll die Verfolgung mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter vereinfachen. Dem Gesellschafter soll ein zeitraubender Rechtsstreit mit dem Ziel, die Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft zu erzwingen, erspart bleiben 2 2 4 . Das Bestreben, eine solche Vereinfachung zuzulassen, beruht auf einer 221 Im Ergebnis ablehnend zu Recht auch Abeltshauser, Leitungshaftung, S . 4 2 6 f . ; Ballerstedt, Kapital, S. 190f.; Berger, Z H R 149 (1985), 5 9 9 , 611; Hadding, G e s R Z 1984, 32, 42; Maatz, G m b H R 1 9 7 4 , 1 2 4 , 1 2 7 ; Micbalski, in: ders., G m b H G , § 14 Rn. 104; C. Schäfer, Geschäftsanteil, S.316; Seidel, Treupflichtverletzung, S. 110f.; Winter, Treubindungen, S . 3 1 5 f f . 222 Z u t r e f f e n d Emmerich, A G 1989, 108; ders., in Scholz, G m b H G , § 13 R n . 5 0 . 223 Ebenso Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 301; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 9 2 . 224 Z u t r e f f e n d O L G Düsseldorf DB 1993, 2 4 7 4 , 2 4 7 5 .

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

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87

grundlegenden Wertung, die es mit Deutlichkeit offenzulegen gilt: Die Durchsetzung von Sozialansprüchen soll nicht an gesellschaftsinternen Konflikten scheitern. Die Uberzeugungskraft dieser Wertung zeigt sich gerade bei Schadensersatzansprüchen: Die vorherige Zustimmung zu gesellschaftsschädlichen Maßnahmen, gewissermaßen die Abbedingung der Treupflicht gegenüber der Gesellschaft, ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich. Das bedeutet, daß auch nach erfolgter Verletzung der Treupflicht ohne eine solche allseitige Zustimmung das Gesellschaftsinteresse die Verfolgung des Ersatzanspruchs gebietet 225 und ein Verzicht auf diesen Anspruch allenfalls dann zulässig sein kann, wenn er im Interesse der Gesellschaft erforderlich und gerechtfertigt ist. Das ergibt sich daraus, daß die Beschlußfassung über den Anspruchsverzicht eine Geschäftsführungsangelegenheit ist und hier der strikte Vorrang des Gesellschaftsinteresses gilt 226 . Die Übereinstimmung des Verzichts mit dem Gesellschaftsinteresse bildet indes die Ausnah227

me . Wird zwar der rechtliche Bestand des Anspruchs nicht in Frage gestellt, sieht aber die Gesellschaftermehrheit von einer gerichtlichen Durchsetzung ab, so kann dies de facto ebenfalls auf einen solchen Anspruchsverzicht hinauslaufen; auch das Absehen von der gerichtlichen Verfolgung ist daher die im Gesellschaftsinteresse zu rechtfertigende Ausnahme 228 . Daß begründete Schadensersatzansprüche der Gesellschaft grundsätzlich geltend zu machen sind, hat der BGH für Ansprüche einer AG gegen ihren Vorstand zutreffend hervorgehoben 229 . Auch soweit der Aufsichtsrat das Interesse an der Kompensation des Schadens gegen Aspekte abwägen darf, welche gegen die Klageerhebung sprechen, wie z.B. das Ansehen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit, wird dadurch dieser Grundsatz nicht relativiert 230 , sondern nur die Ausnahme formuliert; selbst soweit der Aufsichtsrat mit Rücksicht auf derartige Erwägungen von der Klageerhebung absehen darf, muß er sein insoweit bestehendes Ermessen im Gesellschaftsinteresse ausüben 231 . Von der Einforderung abzusehen ist nur dann rechtmäßig, wenn die Gründe für die ersatzlose Hinnahme des Schadens im Vergleich zum Kompensationsinteresse der Gesell-

Ebenso Hadding, Actio pro socio, S. 74 Vgl. Eickhoff, Gesellschafterklage, S.109 2 2 7 Zutreffend A. Hueck, OHG, § 18 II 3 (S.265); Immenga, Kapitalgesellschaft, S.293. 2 2 8 Zutreffend Raiser, NJW 1996, 552, 554. 2 2 9 BGHZ 135, 244, 255f.; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.51; Brandes, W M 1997, 2 2 8 1 , 2284; Henze, BB 2 0 0 1 , 53, 60; Horn, ZIP 1997, 1129, 1138; Jäger, WiB 1997, 10, 1 3 f J ä g e r / T r ö l i t z s c h , ZIP 1995, 1157, 1158ff.; dies., WiB 1997, 684, 687; Kindler, Z H R 162 (1998), 1 0 1 , 1 1 3 ; Raiser, NJW 1996, 552, 554; Reiff, ZHR 162 (1998), 347, 349; Sünner, Z H R 163 (1999), 364, 368 f.; für eine grundsätzliche Verpflichtung des Aktionärs, für die Einforderung des Schadensersatzes zu votieren, Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 131; für einen größeren Spielraum des Aufsichtsrats bei der Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen den Vorstand aber OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183, 1190ff.; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 634ff.; ders., ZIP 1995, 628 f.; J Z 1 9 9 7 , 1 0 7 4 , 1 0 7 5 f.; Grooterhorst, ZIP 1 9 9 9 , 1 1 1 7 , 1 1 2 3 f.; Heermann, AG 2 0 1 , 2 0 6 ff. 2 3 0 So aber Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 296. 2 3 1 Vgl. Götz, AG 1997, 219, 220; Jäger, WiB 1996, 4 5 7 , 460; Lutter, ZIP 1995, 441 f. 225

226

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§ 2 Die actio pro

socio

schaft mindestens gleichwertig sind 232 . Diese Überlegungen sind entgegen abweichender Ansicht 233 uneingeschränkt auf die Entscheidung der Gesellschafterversammlung einer GmbH über die Einforderung von Schadensersatz gegen die Geschäftsführung übertragbar: Gründe, weswegen die Einbuße im Gesellschaftsvermögen nicht ausgeglichen werden soll, sind die Ausnahme und entsprechend darzulegen. Es stimmt zwar, daß die Gesellschafter, anders als der Aufsichtsrat, dazu berufen sind, autonom das Gesellschaftsinteresse zu definieren 234 ; es ist jedoch gerade nicht richtig, daß deswegen im Zweifel den Interessen der Gesellschafter im Zweifel der Vorrang gebührt 235 : Die Einforderung des Ersatzanspruchs ist Geschäftsführungsangelegenheit; die Entscheidung hierüber ist ausschließlich am Gesellschaftsinteresse zu orientieren 236 . Lediglich in einem Punkt unterscheidet sich die Rechtsstellung der Gesellschafter von derjenigen der Aufsichtsratsmitglieder: Während ohne entsprechende besondere Gründe selbst der einstimmige negative Einforderungsbeschluß des Aufsichtsrats rechtswidrig ist, können die Gesellschafter einstimmig über das Gesellschaftsinteresse disponieren und deshalb einstimmig einen solchen Beschluß rechtmäßig auch ohne besondere Gründe fassen 237 . Daß auch die Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich verpflichtet sind, für die Einforderung des Schadensersatzes zu stimmen, zeigt sich, wenn man sich vor Augen führt, wie bereits abstrakt gefährliche, also u.U. nicht einmal nachweisbar schädliche Einwirkungen behandelt werden: So hat der BGH die Befreiung des Mehrheitsgesellschafters von einem statutarischen Wettbewerbsverbot und damit den Ubergang in die Konzernabhängigkeit von einem solchen besonderen Interesse der Gesellschaft abhängig gemacht 238 ; dann muß dies erst recht für den Verzicht auf Ersatzansprüche wegen bereits eingetretener konkreter Schädigung des Gesellschaftsvermögens gelten. Die ersatzlose Preisgabe von Rechtspositionen der Gesellschaft widerspricht nach alledem bis zum Beweis des Gegenteils dem Interesse der Gesellschaft. Auf prozessualer Ebene bedeutet dies, daß der Wille eines Gesellschafters, das Gesellschaftsinteresse zu verteidigen, grundsätzlich Vorrang vor dem Willen seiner BGHZ 135, 244, 255. Vg\. Jäger, WiB 1 9 9 7 , 1 0 , 1 4 ; Krieger, VGR I (1998), 1 1 1 , 1 1 8 f . ; für einen größeren Ermessensspielraum der Gesellschafter auch OLG Düsseldorf DB 1996, 974f. 2 3 4 Vgl. bereits oben B IX 1. 2 3 5 So aber Jäger, WiB 1997, 10, 14. 2 3 6 LG Düsseldorf DB 1994, 1028, 1029. Zum Vorrang des Gesellschaftsinteresses bei Geschäftsführungsentscheidungen bereits oben § 1 A II. 2 3 7 Für die Personengesellschaft hat der BGH mit Recht entschieden, daß selbst bei vorhandener Mehrheitsklausel der Verzicht auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Geschäftsführungspflichten ein einstimmiger Beschluß aller Gesellschafter erforderlich ist (NJW 1 9 8 5 , 2 5 3 0 , 2531). 2 3 8 BGHZ 80, 69, 74; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.51; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 53; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 126; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 191 mit Fn. 147; Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn.25; Lutter/Timm, NJW 1982, 409, 415; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 129; Weber, Treubindungen, S. 95, 176; Winter, Treubindungen, S.95. 232 233

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

GmbH

89

Mitgesellschafter hat, die dies verhindern wollen. Zwar ist ex ante (bei Prozeßbeginn) ungewiß, ob der Anspruch wirklich besteht; aber die Gefahr, daß er existiert und durch die Blockadehaltung der Mitgesellschafter vereitelt wird, wiegt schwerer als die Gefahr, daß die Mitgesellschafter möglicherweise in ihrer wohlerwogenen Ermessensentscheidung übergangen werden. Es darf m.a.W. für die Anspruchsverfolgung nicht mehr als ein Prozeß erforderlich sein. Das Bedürfnis für die Zulassung der actio pro socio entfällt auch nicht dadurch, daß der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Gesellschafter nach § 47 IV GmbHG von der Abstimmung über die Einforderung ausgeschlossen ist 239 ; denn es besteht die Gefahr, daß die Mehrheit der übrigen Gesellschafter den Schädiger deckt oder aber dieser auf die Geschäftsführung Einfluß nimmt, um deren Engagement für eine nachdrückliche Rechtsdurchsetzung zu bremsen - etwa mit Hilfe einer Abberufungsdrohung. 2. Die Wertungsgrundlagen

bei

Einlageansprüchen

Ganz ähnliche Überlegungen gelten für den Einlageanspruch; seine Beitreibung ist ebenfalls grundsätzlich geboten 240 . Indem die Gesellschafter Einlagen in der statutarisch festgelegten Höhe übernommen haben, haben sie zu erkennen gegeben, daß sie jedenfalls diese Mittel für erforderlich halten, um den Gesellschaftszweck sinnvoll verfolgen zu können; dann müssen sie, um die Einforderung der Einlage abzulehnen, besondere Gründe benennen können, warum das Bedürfnis nach jenen Mitteln nunmehr plötzlich nicht mehr bestehen soll. Der Einlageanspruch ist durch § 19 GmbHG gerade gegen Maßnahmen der Gesellschafter oder Geschäftsführer besonders geschützt, welche seinen rechtlichen Bestand in Frage stellen könnten. Die Wertung, daß für seine Verfolgung nur ein Prozeß erforderlich sein darf, entfaltet damit auch im Bereich des § 46 Nr. 2 GmbHG ihre volle Uberzeugungskraft: Der Gesellschafter braucht nicht zuerst einen Einforderungsbeschluß zu erzwingen oder dies zu versuchen; er braucht auch nicht die widerstrebenden Gesellschafter auf Zustimmung zur Einforderung zu verklagen 241 . Vielmehr kann er, wenn die Gesellschafterversammlung einen solchen Beschluß verweigert, den Anspruch der Gesellschaft im Wege der Einzelklage verfolgen. Man wende nicht ein, durch den Einforderungsbeschluß nach § 46 Nr. 2 GmbHG werde überhaupt erst die Fälligkeit des Einlageanspruchs begründet, weswegen ein solche Beschluß

239

So aber Flume, Die Juristische Person, § 8 V 2 (S.306). Vgl. n u r Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S.192. 241 Z u dieser Möglichkeit B G H ZIP 1 9 9 0 , 1 1 9 4 , 1 1 9 6 . A n g e m e r k t sei, d a ß dieser Lösungsweg auch dogmatisch nicht ganz zweifelsfrei erschiene; denn die Z u s t i m m u n g wäre, da im Gesellschaftsinteresse zu erteilen, ihrerseits der Gesellschaft geschuldet, so d a ß der klagewillige Gesellschafter sie nicht aus eigenem Recht, sondern abermals n u r aus d e m Recht der Gesellschaft im Wege der actio p r o socio begehren könnte. Es m ü ß t e m.a.W. eine actio p r o socio auf Z u s t i m m u n g erhoben werden, u m eine actio p r o socio auf Leistung der Einlage erheben zu k ö n n e n - eine wenig sinnvolle Konstruktion. 240

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§2 Die actio pro

socio

auch für die actio pro socio erforderlich sei 242 . Denn die Bedeutung des § 46 Nr. 2 G m b H G für die Fälligkeit erklärt sich aus der anschließenden Kaduzierungsmöglichkeit 243 und vermag die Überlegungen nicht zu erschüttern, welche hier für die prozessuale Behandlung für ausschlaggebend gehalten wurden: daß nämlich die Gesellschafter sich auch im Rahmen des § 4 6 Nr. 2 G m b H G allein am Gesellschaftsinteresse zu orientieren haben und daß die Gefahr einer ersatzlosen Preisgabe des Einlageanspruchs schwerer wiegt als die Gefahr unzulässiger Ignoranz der gesellschaftsinternen Willensbildung. Die actio pro socio ist daher bei Einlageansprüchen zulässig, wenn ein Antrag in der Gesellschafterversammlung, es möge ein Einforderungsbeschluß gefaßt werden, abgelehnt oder gar nicht erst in der Sache beschieden wurde, obwohl die Treupflicht die Einforderung gebot. Konsequent hat das auf die actio pro socio ergehende stattgebende Urteil die gleichen Wirkungen wie ein Einforderungsbeschluß; namentlich kann, wenn der Verurteilte weiterhin seine Zahlung schuldig bleibt, sein Anteil kaduziert werden. 3. Prozeßökonomie

und mitgliedschaftliche

Pflichtenstellung

Die Überlegung, daß die Durchsetzung eines Anspruchs der Gesellschaft grundsätzlich im Gesellschaftsinteresse liegt und daher nicht an gesellschaftsinternen Konflikten scheitern darf, sondern letztlich in einem Prozeß muß durchgeführt werden können, kann indes die Zulässigkeit der actio pro socio noch nicht für sich allein erklären. Könnte sie es, so müßte der Gesellschafter unter Berufung auf sie auch Ansprüche der Gesellschaft gegen außenstehende Dritte im Wege der actio pro socio verfolgen können. Das hält die h.M. zu Recht für ausgeschlossen 244 : Die actio pro socio erklärt sich aus der mitgliedschaftlichen Förderpflicht. Die Gesellschafter haben sich zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks durch Leistung von Beiträgen verpflichtet. Die Nichtleistung von Beiträgen und die Verursachung von 242 So aber Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 199f.; Grunewald, Gesellschafterklage, S.69f.; Landgrebe, G m b H R 1967, 2 2 7 , 231 243 Vgl. oben C I. 244 Vgl. B G H Z 10, 9 1 , 1 0 0 . 103: 17, 340, 3 4 6 f . ; 39, 14, 17ff.; B G H W M 1973, 1291, 1292; J Z 1975, 178, 179f.; W M 1979, 366; Berger, Z H R 149 (1985), 5 9 9 , 605; ders., Prozeßstandschaft, S. 125, 2 7 3 f.; v. Gerkan, Z G R 1988, 4 4 1 , 4 4 9 ; Happ, Die G m b H im Prozeß, § 3 R n . 7 ; Höfler, JuS 1992, 388, 389; Musielak-Weth, Z P O , § 51 R n . 2 2 ; Pawlowski, JuS 1990, 378, 3 8 0 f . ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 7 b (S.643f.); ders., in Schlegelberger, H G B , § 1 0 5 Rn. 173; ders., in M K H G B , § 105 Rn. 2 0 0 . Scholz-Emmerich, G m b H G , § 13 R n . 4 7 ; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.81; Stimpel, AG 1 9 8 6 , 117, 119; Ulmer, Z H R 163 (1999), 705, 712; ders, in M K , BGB, § 705 Rn. 169; Wieczorek-Hausmann, Z P O , Rn. 5 2 vor § 50; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.459); Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 1 4 ; für G m b H auch Grunewald, Gesellschafterklage, S. 89; anders a a O . S . 4 3 f . , 5 4 f . für Personengesellschaften: Wenn Klage gegen geschäftsführenden Gesellschafter auf Klageerhebung gegen den Dritten offensichtlich begründet wäre, k a n n Gesellschafter direkt klagen. - Der B G H (NJW-RR 1987, 57; zustimmend Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 4 6 R n . 4 1 ) ließ immerhin für einen GbR-Gesellschafter uneingeschränkt (BGH N J W 1 9 8 8 , 1 5 8 5 , 1 5 8 6 f . ; O L G Düsseldorf Z I P 1 9 8 5 , 1 0 0 0 , 1 0 0 1 ) , für einen GmbH-Gesellschafter die gewillkürte Prozeßstandschaft d a n n zu, w e n n er so maßgeblich beteiligt sei, d a ß er an der P r o z e ß f ü h r u n g ebenso interessiert sei wie die Gesellschaft.

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

GmbH

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Schäden im Gesellschaftsvermögen stellen damit die Zweckförderung typischerweise erheblich in Frage; kein Gesellschafter muß sie daher hinnehmen. Diese Interessenlage läßt sich für Ansprüche gegen Dritte nicht belegen, weil sie jenen mitgliedschaftlichen Förderpflichten nicht unterliegen. Die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters besteht auch nicht deshalb, weil der Erfüllungsanspruch aus dem Geschäft mit ihm der Gesellschaft besondere Chancen am Markt und im Wettbewerb eröffnet, die Nichtrealisierung von Außenständen zur Insolvenz der Gesellschaft führen kann und auch mögliche Regreßansprüche gegen die Verwaltung, die jene Realisierung versäumt, u.U. nicht beigetrieben werden können 245 : Alle diese Überlegungen bewegen sich letztlich auf der Ebene des Rechtspolitischen und bleiben eine stringente Ableitung der Einzelklagebefugnis aus dem materiellen Verbandsrecht schuldig. Sie können insbesondere nicht erklären, warum gerade der Dritte sich auf die Klage eines Rechtsfremden - nämlich des Gesellschafters in der Sache soll einlassen müssen. Die h.M. will jedoch ausnahmsweise die Einzelklage des Gesellschafters gegen außenstehende Dritte zulassen, wenn zugleich eine Schadensersatzpflicht gegen einen Mitgesellschafter im Raum stehe und der Dritte sich an dessen gesellschaftswidrigem Verhalten beteiligt habe oder wenn der Dritte im Zusammenwirken mit einem Mitgesellschafter verhindere, daß der Anspruch gegen ihn (den Dritten) verfolgt werde 246 . Die Einzelklage des Gesellschafters sei zwar grundsätzlich gegen Dritte nicht statthaft, weil es den Dritten nichts angehe, weswegen die Gesellschaft sich nicht entschließen könne, den Anspruch geltend zu machen; der Dritte könne aus eigener Wahrnehmung zur Prozeßführungsbefugnis des Gesellschafters nicht vortragen und müsse daher die Rechtsverfolgung durch ihn nicht akzeptieren. In den genannten Ausnahmefällen liege es anders; dort kenne der in Anspruch genommene Dritte, da er mit einem Gesellschafter kolludiert habe, den gesellschaftsinternen Konflikt aus eigener Wahrnehmung 247 . Müsse der klagewillige Gesellschafter erst die Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft erzwingen, so werde ihm ein beschwerlicher Umweg zugemutet 248 . Keines dieser beiden Argumente vermag indes die von der h.M. befürwortete Ausnahme zu rechtfertigen. Daß es für den Gesellschafter einen Umweg bedeutet, wenn er zunächst mit seinen Mitgesellschaftern oder der Geschäftsführung streiten muß, trifft immer zu, wenn innerhalb der Gesellschaft keine Einigung über die Verfolgung des Anspruchs gegen den Dritten erzielt werden kann, namentlich auch dann, wenn der Dritte nicht am gesellschaftsinternen Konflikt beteiligt ist. Wäre das Bestreben, dem Gesellschafter 2 4 5 So aber die Begründung einer Einzelklagebefugnis gegen Dritte bei Becker, Verwaltungskontrolle, S.596f.; im Ergebnis ablehnend dazu auch Banerjea, Gesellschafterklage, S.203. 2 4 6 BGHZ 1 7 , 3 4 0 , 3 4 7 f . ; 3 9 , 1 4 , 1 6 f . ; 1 0 2 , 1 5 2 , 1 5 4 f . ; BGH W M 1 9 8 8 , 1 2 , 1 3 ; OLG Dresden NZG 2 0 0 0 , 2 4 8 , 2 4 9 ; OLG Düsseldorf NZG 2 0 0 0 , 4 7 5 ; OLG Koblenz NJW-RR 1 9 9 9 , 2 5 0 , 2 5 1 ; LG Saarbrücken W M 1992, 22, 24f.; Bork/Oepen, ZGR 2 0 0 1 , 515, 549ff.; Grunewald, N Z G 2000, 476; Musielak-Wetb, ZPO, § 51 Rn.22; Stein/Jonas-Bork, ZPO, Rn. 37a vor § 50; 247 Bork/Oepen, ZGR 2 0 0 1 , 515, 549ff. 248 Grunewald, NZG 2 0 0 0 , 476.

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§ 2 Die actio pro

socio

diesen Umweg zu ersparen, für die Anerkennung der Einzelklagebefugnis ausschlaggebend, so müßte konsequent die actio pro socio gegen Dritte immer dann zugelassen werden, wenn innerhalb der Gesellschaft eine Entscheidung für die Einforderung nicht zu erzielen ist; weshalb dies nur bei Verwicklung des Dritten in den gesellschaftsinternen Konflikt gelten sollte, wäre nicht zu erklären. Ebensowenig kann die Einzelklagebefugnis davon abhängen, ob der in Anspruch genommene Dritte zur Prozeßführungsbefugnis des Gesellschafters aus eigener Wahrnehmung vortragen kann; denn nicht dieser Gesichtspunkt, sondern allein die rechtliche Bindung an das Gesellschaftsinteresse rechtfertigt prozessuale Erleichterungen bei der Rechtsdurchsetzung. Der Dritte steht aber, selbst wenn er sich an gesellschaftswidrigem Verhalten von Gesellschaftern beteiligt, stets außerhalb dieser Bindung. Aus dem gleichen Grunde steht die actio pro socio nicht zur Verfügung, wenn Ansprüche der Gesellschaft gegen Gesellschafter aus sog. Drittgeschäften verfolgt werden sollen 249 . Sie wurzeln gerade nicht in jener Förderpflicht und hängen in ihrem Rechtsgrund auch nicht mittelbar mit dieser zusammen; die actio pro socio läßt sich daher für sie auch nicht mit der Überlegung begründen, der Gesellschafter, der eine Leistung aus einem solchen Geschäft schuldig bleibe, verletze zugleich seine Treupflicht 250 . Und ebensowenig kann die actio pro socio mit der Begründung zugelassen werden, der Geschäftsführer sei u.U. in seiner Stellung vom leistungspflichtigen Gesellschafter abhängig und riskiere seinen Arbeitsplatz, wenn er den Anspruch mit dem gebotenen Nachdruck verfolge 251 : Nicht allein die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft im Einzelfall rechtfertigt die actio pro socio, sondern das besondere Interesse der Gesellschafter an der Erfüllung gerade der mitgliedschaftlichen Leistungspflichten, zu denen die Verpflichtungen aus Drittgeschäften eben nicht gehören. Ist aber dem Gesellschafter die Prozeßführungsbefugnis für Ansprüche der Gesellschaft gerade deshalb verliehen, weil deren Erfüllung gerade die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks ermöglichen soll, so erweist sich die actio pro socio als Instrument der gemeinsamen Zweckverfolgung 252 , noch präziser: als eine prozessuale Kehrseite des Zweckverfolgungsgedankens: Bei der Entscheidung über die Beitreibung von Sozialansprüchen hat materiellrecht2 4 9 Ebenso Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rn.34; Berger, ZHR 149 (1985), 599, 606; Ebenrotb-Boujong, HGB, § 105 Rn. 151; Hadding, J Z 1975, 159, 160ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn.33; MK-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn.200; Pawlowski, JuS 1990, 378, 380; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 173. Nur scheinbar a.A. OLG Karlsruhe N Z G 1999, 439: Die dort eingeklagte Forderung aus der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Grundstück, das der beklagte Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen leisten sollte, war zwar formell eine Forderung aus einem Drittgeschäft; doch war der Zweck der Gesellschaft gerade auf die Verwertung u.a. dieses Grundstücks gerichtet, so daß der Anspruch auf Übereignung des Grundstücks einem echten Beitragsanspruch zumindest sehr nahe stand und daher rechtlich wie ein solcher zu behandeln war (das betont zur Recht der BGH in seiner Revisionsentscheidung: BGH N Z G 2 0 0 1 , 318f.). 2 5 0 So aber Banerjea, Gesellschafterklage, S. 183 2 5 1 So aber Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 196 ff. 252 Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 192.

C. Die actio pro socio und die Kompetenzordnung

der

GmbH

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lieh das Gesellschaftsinteresse - sprich: das aggregierte Zweckverfolgungsinteresse der Mitglieder 253 - Vorrang vor etwaigen Blockadeinteressen der Mitgesellschafter. Das findet prozeßrechtlich seine Fortsetzung in einer Einzelklagebefugnis des Gesellschafters auch gegen den Widerstand der Mitgesellschafter. 4. Tu-quoque-Einwand

des Beklagten?

Die actio pro socio steht auch demjenigen Gesellschafter offen, der seinerseits seine Einlage noch nicht geleistet oder seinerseits mitgliedschaftliche Förderpflichten verletzt hat. Wollte man die Befugnis zu ihrer Erhebung von der eigenen Gesellschaftstreue des Klägers abhängig machen, so würde dies der Sache nach darauf hinauslaufen, dem Beklagten gegen den Kläger eine Art Einrede des nichterfüllten Vertrages (§320 BGB) zuzubilligen, mit der Konsequenz, daß letztlich jeder Gesellschafter auf Klage des anderen seinen Beitrag verweigern dürfte. Diese Konsequenz läge freilich nahe, wenn man die Grundlage der actio pro socio in einem eigenen Anspruch des Gesellschafters gegen seinen Mitgesellschafter auf Leistung von Beiträgen oder Schadensersatz ins Gesellschaftsvermögen erblickte. Das einzig diskutable Einfallstor für diese Zuordnung des Anspruchs wäre, wie gezeigt 254 , die Annahme, der Gesellschafter, der seinen Förderpflichten nicht nachkomme, breche gegen ein den Mitgesellschaftern gegebenes Leistungsversprechen bzw. verletze eine diesen gegenüber bestehende Treupflicht. Dann wäre die Folgerung denkbar, daß der Gesellschafter, der Treue verlange, diese seinerseits erbringen müsse. In ihrer Funktion als Instrument für die Zweck Verfolgung würde die actio pro socio freilich auf diese Weise paralysiert: Dem Zweckförderungsgedanken würde es widersprechen, wenn ein Gesellschafter seine Einlage mit der Begründung verweigern dürfte, ein Mitgesellschafter habe sie ebenfalls noch nicht erbracht 255 . So hat bereits das RG die Anwendbarkeit des § 320 BGB jedenfalls in juristischen Personen mit Recht verneint 256 . In der Personengesellschaft kann nichts anderes gelten 257 ; denn die §§ 320ff. BGB gehen nicht wie die Gesellschaft von einer Interessengemeinschaft, sondern von einem Interessengegensatz aus 258 . Sieht man indes mit der hier vertretenen Ansicht die Gesellschaft als alleinige Gläubigerin des Einlage- bzw. Ersatzanspruchs an, kann der Beklagte dem kla253

Hier sog. Projektionsidee; oben B IX 1. O b e n B I. 255 Z u t r e f f e n d Becker, Verwaltungskontrolle, S. 538 256 R G Z 85, 366, 367L; 149, 2 9 3 , 3 0 0 f f . 257 So jüngst mit Recht B G H N Z G 2 0 0 0 , 199 (dazu auch Grunewald/Müller, J Z 2 0 0 1 , 1 1 2 0 , 1121): Kein Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t bei wechselseitiger Klage mehrerer Gesellschafter auf Erstattung unberechtigter E n t n a h m e n aus dem Gesellschaftsvermögen; O L G M ü n c h e n BB 2 0 0 1 , 1 4 9 2 , 1495: Kein Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t des auf die Einlage verklagten Gesellschafters wegen seines gegenläufigen Anspruchs auf die A n m e l d u n g seiner Eintragung als K o m m a n d i t i s t im Handelsregister. Gegen die A n w e n d u n g des § 3 2 0 BGB auch Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 515, 5 2 2 ; Westermann/Klingberg, H a n d b u c h , Rn. I 139a. 258 Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 29; Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 34. 254

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$2 Die actio pro

socio

genden Gesellschafter dessen eigenes Verhalten nicht vorwerfen, weil dieses auf die Anspruchsberechtigung der Gesellschaft keinen Einfluß hat 2 5 9 : Die Gesellschafter erbringen ihre Beiträge eben nicht an ihre Mitgesellschafter, sondern allesamt an die Gesellschaft. In dieser Konsequenz manifestiert sich mithin ein weiterer Vorteil der hier vertretenen Ansicht, wonach der Kläger bei der actio pro socio keinen eigenen Anspruch geltend macht, sondern einen solchen der Gesellschaft. 5. Klagebefugnis auch des stimmrechtslosen

Anteilsinhabers

260

Wie gezeigt , substituiert die actio pro socio die Notwendigkeit, Anfechtungsklage gegen den negativen Einforderungsbeschluß zu erheben. Konsequent steht sie jedem Gesellschafter zu, der diese Klage erheben könnte, d.h. in der GmbH jedem und insbesondere auch demjenigen Gesellschafter, der lediglich einen stimmrechtslosen Anteil innehat 261 .

X. Actio p r o socio u n d Verzichtsbeschluß Die bisherigen Überlegungen waren auf den Fall gemünzt, daß die Gesellschaft zwar nicht auf den Anspruch verzichtet, ihre Organe sich aber auch nicht zur Einforderung haben entschließen können. Fraglich ist, wie der klagewillige Gesellschafter vorgehen muß, wenn die Gesellschaft tatsächlich den Anspruch erläßt oder sich über ihn vergleicht. Nimmt man neben dem Anspruch der Gesellschaft einen konkurrierenden eigenen des Gesellschafters an, so kann der Verzicht der Gesellschaft diesen nicht berühren 262 , ebensowenig der von der Gesellschaft geschlossene Vergleich 263 . Hält man die Gesellschaft dagegen, wie hier befürwortet, für die alleinige Inhaberin der hier diskutierten Ansprüche, so führt der Erlaß des Anspruchs durch die Gesellschaft dazu, daß die actio pro socio als unbegründet abgewiesen werden muß; im Falle des gerichtlichen Vergleichs dürfte die Klage unzulässig werden, weil dann zugunsten der Gesellschaft bereits ein Vollstreckungstitel existiert (§ 7941 Nr. 1 ZPO) und die Klage des Gesellschafters nach materiellem Recht in keinem Fall zu einer über die Vergleichssumme hinausgehenden Verurteilung des Beklagten führen könnte. Will der Gesellschafter verhindern, daß seine actio pro socio aus diesen Gründen abgewiesen wird, so muß er das Wirksamwerden des Erlaß- oder Vergleichsvertrags verhindern. Hierzu ist vorgetragen worden, 259

Bork/Oepen ( Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 5 2 1 f.; d o r t für den primären Beitragsanspruch) sehen hierin mit Recht einen (weiteren) Vorzug der Lehre, die mitgliedschaftliche Leistungsansprüche allein der Gesellschaft zuschlägt. 260 O b e n VIII 2. 261 Z u t r e f f e n d C. Schäfer, Geschäftsanteil, S . 3 1 7 f f . 262 Ebenso Banerjea, Gesellschafterklage, S.205; Gehrlein, Z I P 1 9 9 3 , 1 5 2 5 , 1 5 3 0 ; Landgrebe, G m b H R 1967, 2 2 7 , 2 2 9 ; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 181. Anders, aber aus dem im Text gen a n n t e n G r u n d widersprüchlich B G H Z 25, 4 7 , 50. 263 Banerjea, Gesellschafterklage, S . 2 2 1 ; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 181.

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als Kehrseite des Einforderungsbeschlusses sei auch für einen Vergleich 2 6 4 oder Erl a ß 2 6 5 die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nötig, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden k ö n n e 2 6 6 . Sei ein solcher Beschluß gefaßt, so könne die actio pro socio nur noch dann Erfolg haben, wenn jener Beschluß mit Hilfe der Anfechtungsklage beseitigt w e r d e 2 6 7 . Dringe die Anfechtungsklage durch, so könne die actio pro socio nicht mehr mit Rücksicht auf den Erlaß oder den Vergleich abgewiesen w e r d e n 2 6 8 . D a r a n ist richtig, daß der einzelne Gesellschafter, der im Wege der actio pro socio vorgeht, an Verfügungen der Gesellschaft über den Anspruch durch die dazu berufenen Organe gebunden i s t 2 6 9 . Gleichwohl ist eine Ergänzung der soeben referierten Überlegungen angezeigt; denn es ist sorgfältig auszumessen, wer in der G m b H diese Organe sind. Es spricht in der Tat viel dafür, Erlaß und Vergleich nicht ohne einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß zuzulassen; denn die Einforderung von Schadensersatz liegt grundsätzlich im Gesellschaftsinteresse, über das zu disponieren allein die Gesellschafter befugt sind. D o c h werden Erlaß und Vergleich nicht schon mit dem entsprechenden Gesellschafterbeschluß, sondern erst dann wirksam, wenn der Geschäftsführer ihn mit dem (angeblich) verpflichteten Gesellschafter schließt. M a g auch die Vertretungsmacht des Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern in manchen Punkten durchbrochen sein 2 7 0 , so hat sie doch im R a h m e n des § 4 6 Nr. 2 , 8 G m b H G Bes t a n d 2 7 1 : Ebenso wie der Geschäftsführer die Gesellschaft bei der Einforderung von Einlagen und Schadensersatz vertritt, vertritt er sie bei der Verfügung über diese Ansprüche. Ist der Beschluß der Gesellschafterversammlung, den Anspruch zu erlassen oder sich über ihn zu vergleichen, erfolgreich angefochten, so hat der Geschäftsführer den Abschluß eines entsprechenden Vertrags mit dem verpflichteten Gesellschafter zu unterlassen; ist die Anfechtungsklage noch rechtshängig, so hat er in der Regel sein pflichtgemäßes Ermessen, o b er den Beschluß gleichwohl aus-

264 Eickhoff; Gesellschafterklage, S.212; Krieger, VGR I (1998), 111, 130; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §46 Rn.21. 2 6 5 So ausdrücklich OLG Frankfurt NZG 1999, 767, 768; Krieger, VGR I (1998), 111, 130. 266 Grunewald, Gesellschafterklage, S.88. 267 Ballerstedt, Kapital, S. 191; Berger, ZHR 149 (1985), 599, 612; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.212 f., 226; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 87f.; Hachenburg-Hüffer, GmbHG, §46 Rn. 112; Kowalski, Ersatz, S.207f.; Michalski, in: ders., GmbHG, § 14 Rn. 104; Winter, Treubindungen, S.317. 268 Eickhoff, Gesellschafterklage., S.212f. 2 6 9 So für die Personengesellschaft zutreffend BGH JZ 1975, 158, 160; Staub-Ulmer, HGB, § 105 Rn.263; für die GmbH Martens, Konzernherrschaft, S.94f. 2 7 0 Grundsätzlich vertritt der Geschäftsführer die Gesellschaft auch gegenüber den Gesellschaftern; vgl. BGHZ 14, 25, 31; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 63; zu Ausnahmen vgl. Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 35 Rn. 9; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 35 Rn. 13 f.; a.A. Baumbach-Zöllner, GmbHG, §35 Rn.49. 2 7 1 Wie hier Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §46 Rn.28. Die Kritik von Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 46 Rn. 42 richtet sich nicht gegen die Vertretungszuständigkeit des Geschäftsführers an sich, sondern gegen die These, daß die Gesellschafter davon nicht abweichen können; das kann hier offenbleiben.

96

§2 Die actio pro socio

führen oder noch zuwarten w i l l 2 7 2 , jedenfalls dann, wenn es um einen Erlaß geht, im letztgenannten Sinne auszuüben, weil durch den Erlaß weitaus mehr Nachteile für die Gesellschaft entstehen können als durch dessen Aufschub. Welche Bedeutung dies alles für das prozessuale Vorgehen des Gesellschafters hat, hängt davon a b , wie man die Wirksamkeit eines Erlasses oder Vergleichs beurteilt, den der Geschäftsführer mit einem Gesellschafter schließt, obwohl er den dahin lautenden Beschluß der Gesellschafterversammlung nicht hätte ausführen dürfen. Stellt man sich auf den Standpunkt, die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht stehe dem Geschäftsführer auch im Gesellschaftsinnenverhältnis zu, so ist der Vertrag wirksam, wenn nicht der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht evident mißbraucht h a t 2 7 3 ; hält man eine so weitgehende Vertretungsmacht nicht für gegeben, sondern macht man die Wirksamkeit des Vertrags von der Beschlußlage in der Gesellschaft abhängig, so führt die erfolgreiche Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses automatisch auch zur Unwirksamkeit von Erlaß oder Vergleich. Eine vertiefte Erörterung dieser Problematik m u ß hier unterbleiben; soweit Erlaß oder Vergleich ohne Rücksicht auf die Beschlußlage wirksam werden können, m u ß der klagewillige Gesellschafter neben der Anfechtungsklage gegen den Verzichts- oder Vergleichsbeschluß außerdem eine Kompetenzschutzklage auf Unterlassung des Vertragsschlusses durch den Geschäftsführer erheben. Der hier erhobenen Forderung, es dürfe für die Beitreibung von Sozialansprüchen nicht mehr als ein Prozeß erforderlich sein, kann man dadurch gerecht werden, daß man dem Kläger gestattet, die Leistungsklage gegen den verpflichteten Gesellschafter mit der Anfechtungsklage und notfalls der Kompetenzschutzklage gegen die Gesellschaft zu verbinden.

D. Die Position der übergangenen I.

1. Der Beitrag des übergangenen Willensbildung

Gesellschafter

in der

GmbH

Problemstellung

Gesellschafters

zur

gesellschaftsinternen

Wie gesehen, macht die actio pro socio eine andernfalls erforderliche Anfechtungsklage gegen den Verweigerungsbeschluß sowie eine positive Beschlußfeststellungsklage zur Erzwingung des Einforderungsbeschlusses überflüssig. Es klagt ein Gesellschafter gegen den anderen, o b w o h l die Mehrheit sich gegen diese Klage ausgesprochen hat. Das bedeutet indes nicht, daß der Beitrag der widerstrebenden M i t gesellschafter zur körperschaftlichen Willensbildung nunmehr endgültig unbeachtlich wäre; vielmehr müssen diese Gesellschafter jenen Beitrag eigenständig im 272

Zu diesem Ermessen näher unten § 8 D III.

So wohl für die Personengesellschaft MK-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 199; SchlegelbergerK. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 174. 275

D. Die Position der übergangenen Gesellschafter in der GmbH

97

Prozeß über die actio pro socio verteidigen können. Dies wird deutlich, wenn man sich den Fall vergegenwärtigt, daß der Einforderungsbeschluß mit Mehrheit gefaßt worden ist: Dann hat der dissentierende Minderheitsgesellschafter selbstverständlich das Recht, diesen Beschluß anzufechten. Er kann insbesondere einwenden, die Einforderung sei ihrerseits treuwidrig, etwa im Falle einer Klage nach § 46 Nr. 2 GmbHG, weil sie bewußt zu dem Zweck eingesetzt werde, einen unliebsamen Gesellschafter loszuwerden (durch Kaduzierung, §§21 ff. GmbHG), der sich gerade in einem Liquiditätsengpaß befindet, gegen den aber kein wichtiger Grund für den Ausschluß vorliegt. Er kann auch sonstige Mängel rügen, etwa den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Dann muß aber umgekehrt auch der Mehrheitsgesellschafter, der an sich die formale Position hat, die Klage zu verhindern, einwenden können, die Klage sei treuwidrig oder sein Votum gegen die Einforderung zumindest vertretbar, was nicht einfach übergangen werden dürfe. 2. Der hypothetische Einforderungsbeschluß gerichteten Rechtsbehelfe

und die gegen ihn

Es fragt sich sodann freilich, in welcher Rolle ein Gesellschafter am Prozeß zu beteiligen ist, welcher der Klage gegen den betroffenen Mitgesellschafter entgegentreten will. Abermals ist auszugehen von den Möglichkeiten, die einem Minderheitsgesellschafter zu Gebote stehen, welcher einen tatsächlich gefaßten Einforderungsbeschluß bekämpfen will. Die Anfechtungsklage gegen den Einforderungsbeschluß würde gegen die Gesellschaft erhoben. Da der Beschluß durch ein stattgebendes Urteil mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter und Organmitglieder aufgehoben würde, müßte über jene Klage entschieden werden, bevor über den Schadensersatzanspruch befunden wird; beide Prozesse müßten vom Gericht verbunden, zumindest aber der Ersatzprozeß bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage ausgesetzt werden 274 . Der Anfechtungskläger hat somit die Gewißheit, daß im Falle seines Klageerfolgs der Ersatzprozeß tatsächlich unterbleibt. Ausgehend hiervon ist zu fragen, welcher Rechtsbehelf einem Gesellschafter zusteht, der über die Mehrheit der erforderlichen Stimmen verfügt und mit deren Hilfe einen Einforderungsbeschluß verhindert hat. Wird trotz dieses seines ablehnenden Votums in Gestalt der actio pro socio eine Klage erhoben, so setzt sich diese über seine Mitwirkungskompetenz hinweg. Zugunsten dieses Gesellschafters bedarf es daher ebenfalls eines Rechtsbehelfs, durch den er mit Wirkung für und gegen alle an der Gesellschaft Beteiligten feststellen lassen kann, daß er vertretbar gegen die Klageerhebung votiert, seine Mitwirkungskompetenz daher ordnungsgemäß ausgeübt hat und folglich wegen des Primats der Gesellschafterversammlung auch jede Einzelklage unzulässig ist. Das wird zwar im Zweifel schon der auf Ersatz belangte Gesellschafter einwenden; aber das Recht auf Entscheidungsteilhabe 274

Für obligatorische Verbindung beider Prozesse Eickhoff,

Gesellschafterklage, S.206

98

§2 Die actio pro

socio

verschafft dem Mehrheitsgesellschafter einen eigenen Anspruch auf rechtliches Gehör.

II. H a u p t i n t e r v e n t i o n ? 1. Intervention

der

Gesellschaft?

Vereinzelt wird vorgeschlagen, die Rechtsfigur der Hauptintervention nach § 64 Z P O fruchtbar zu machen 2 7 5 : Lägen die Voraussetzungen der actio pro socio nicht vor, so könne die Gesellschaft (von außenstehenden Gesellschaftern ist insoweit nicht die Rede) als Hauptintervenientin in den Prozeß eintreten und diesen anstelle des klagenden Gesellschafters fortsetzen. Die Gesellschaft selbst soll danach den angeblich verpflichteten Gesellschafter auf die geschuldete Leistung und den bisherigen Kläger auf Feststellung verklagen, d a ß die actio pro socio unzulässig sei; habe diese Klage Erfolg, so werde die actio p r o socio durch Prozeßurteil abgewiesen. Sei aber von der Gesellschaft eine sachgerechte Rechtsverfolgung nicht zu erwarten, so werde die Hauptintervention ihrerseits als unzulässig abgewiesen. Als Lösung des verbandsrechtlichen Konflikts k a n n dies indes k a u m befriedigen: Der Gesellschafter, dessen Beitrag zur gesellschaftsinternen Willensbildung übergangen wurde, hat Anspruch auf ein eigenes prozessuales Initiativrecht, um zu erreichen, d a ß eine gerichtliche Verhandlung über den streitigen Anspruch in der Sache jener Willensbildung gemäß überhaupt unterbleibt. Das Modell der Hauptintervention wird dem nicht gerecht: Denn dann k o m m t es entgegen dem Beschluß der Gesellschaftermehrheit in jedem Fall zu einem Sachurteil, nämlich entweder gegenüber der Gesellschaft oder dem ursprünglich klagenden Gesellschafter.

2. Intervention

des übergangenen

a) Negative

Rechtsbehauptung

Gesellschafters?

Allenfalls könnte m a n diskutieren, dem übergangenen Gesellschafter die Hauptintervention zu gewähren. Das rein negative Rechtsschutzziel dieses Gesellschafters k a n n die Hauptintervention indes nicht verarbeiten. Der intervenierende Gesellschafter behauptet nicht, wie dies für § 64 Z P O erforderlich ist, einen Anspruch innezuhaben, den der klagende Gesellschafter für sich reklamiert: Dieser hat selbst offengelegt, d a ß er nicht aus eigenem, sondern aus dem Recht der Gesellschaft klagt. Und der Intervenient gegen die actio p r o trägt socio nicht etwa vor, der Anspruch oder die Prozeßführungsbefugnis hierüber stehe ihm anstelle des klagenden Gesellschafters zu. Es soll lediglich das Prozeßführungsrecht des klagenden Gesellschafters bestritten werden. Auf eine derart negative Rechtsbehauptung darf sich indes der Hauptintervenient nicht beschränken. Vielmehr m u ß er das streitige 275

Windel, Interventionsgrund, S. 169

D. Die Position

der übergangenen

Gesellschafter

in der

GmbH

99

Recht oder zumindest die Befugnis, es geltend zu machen, positiv anstelle des Klägers für sich in Anspruch nehmen; er muß ein Sachurteil über das Recht zu seinen Gunsten erstreben. Die Unstimmigkeiten setzen sich auf der Rechtsfolgenseite fort: Der übergangene Gesellschafter will nicht, wie § 64 ZPO es fordert, gegen denjenigen Mitgesellschafter klagen, der vom ursprünglichen Kläger auf die Leistung belangt worden ist. Namentlich verlangt er nicht anstelle des bisherigen Klägers Erfüllung des Anspruchs. Vielmehr will er das Klagabweisungsbegehren des Beklagten unterstützen, indem er ein Sachurteil überhaupt verhindern will. b) Zum Normzweck

des 5 64 ZPO

Ein solches Prozeßziel ist zum einen vom Wortlaut des § 64 ZPO nicht gedeckt; es läßt sich zum anderen aber auch nicht mit dem Normzweck des § 64 ZPO vereinbaren. Bei der Deutung jenes Zwecks stößt man freilich auf unterschiedliche Auffassungen. Ein Teil der Literatur bevorzugt eine rein prozeßrechtliche Deutung der Vorschrift: Es solle im Interesse der Prozeßökonomie die Zuständigkeit des Gerichts über den Hauptprozeß auch für den Interventionsprozeß begründet werden; gleichzeitig werde verhindert, daß über den Anspruch des Urklägers einerseits und des Intervenienten andererseits widersprüchliche Entscheidungen ergingen 276 . Eine Gegenansicht tritt für eine materiellrechtliche Deutung des § 64 ZPO ein 277 : Wenn der Intervenient gegen den Urkläger eine Feststellungsklage mit dem Ziel erhebe, den streitgegenständlichen Anspruch statt seiner zu verfolgen, so liege dem ein materielles Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Urkläger zugrunde. Dieser nämlich maße sich, indem er den Beklagten auf die Leistung (Feststellung, Gestaltung) belange, die Befugnis hierzu an. Stehe das Recht tatsächlich dem Intervenienten zu, so bedeute der Prozeß des Urklägers eine Störung der Rechtsausübung. § 64 ZPO ermögliche es nun dem Intervenienten, diese Störung abzuwehren. Die Funktion der Hauptintervention wird damit als eine negatorische beschrieben. Gegen diese materiellrechtliche Deutung ist eingewandt worden, ein Abwehrrecht des Intervenienten gegen den Urkläger lasse sich materiellrechtlich nicht begründen. Das einzige Recht, vermöge dessen der Intervenient sich gegen die Urparteien und deren Prozeßführung „wehren" könne, bestehe in seinem (behaupteten) Anspruch gegen den Urbeklagten. In diesem Anspruch erschöpfe sich dann aber auch die Rechtsposition des Intervenienten. Eine eigenständige Funktion eines daneben bestehenden Abwehrrechts sei nicht erkennbar; wenn es denn bestehe, so könne seine Funktion schon dadurch erfüllt werden, daß der Intervenient seinen Hauptanspruch gegen den Urbeklagten verfolge 278 . Diese Überlegung setzt indes voraus, was es zu beweisen gilt: nämlich daß der Anspruch gegen den Urbeklagten 276 Baumbach-Hartmann, Z P O , § 6 4 Rn. 1; Pfeiffer, Z Z P 111 (1998), 131, 139, 142; Wieczorek-Mansel, Z P O , § 6 4 R n . 7 ; Zöller-Vollkommer, ZPO, §64 R n . l . 277 Z u m Folgenden grdl. Picker, FS Flume, S.649, 664ff.; dem folgend Koussoulis, Z Z P 100 (1987), 2 1 1 , 2 1 9 f f . ; G. Lüke, FS Henckel, S . 5 6 3 , 574; im G r u n d s a t z auch W. Lüke, Beteiligung, S. 361 ff. (zu Einschränkungen s. sogleich). 278 Wieczorek-Mansel, ZPO, §64 Rn.6.

100

5 2 Die actio pro socio

nicht durch negatorische Ansprüche gegenüber Dritten bewehrt sei, welche sich den Anspruch als eigenen anmaßen. Wenn ein solcher Anspruch besteht, so besteht er nämlich gerade auch gegenüber dem Urkläger, der seinerseits den Anspruch gegen den Urbeklagten, die Behauptung des Intervenienten als richtig unterstellt, zu Unrecht für sich reklamiert. Richtig ist nur, daß ein solcher Störungsabwehranspruch nicht einfach als existent postuliert werden darf, sondern aus dem materiellen Recht abgeleitet werden muß. Wolfgang Lüke hat diesen Aspekt zu Recht aufgegriffen und die materiellrechtlichen Grundlagen eines solchen Anspruch näher zu entfalten versucht; seiner Meinung nach besteht ein solcher Abwehranspruch immer dann, wenn das behauptete Recht des Intervenienten als absolutes Recht nach den §§ 823 1 , 1 0 0 4 BGB geschützt sei 279 . Nun wurde im ersten Teil der hier vorgelegten Abhandlung zu zeigen versucht, daß negatorische Abwehransprüche nicht nur bei absolut geschützten, sondern bei allen subjektiven Rechten denkbar sind, Wenn subjektive Rechte der Verwirklichung individueller Freiheit dienen sollen, so ist damit die Freiheit von ungewollter fremder Ingerenz notwendig inbegriffen; jene Ingerenz muß daher vom Rechtsinhaber abgewehrt werden können 2 8 0 . Der Abwehranspruch läßt sich konsequent auch für obligatorische Rechte belegen. § 64 ZPO aktualisiert daher in der Tat einen solchen Abwehranspruch des Intervenienten gegen den Urkläger. Die im Rahmen der Hauptintervention zu erhebende Feststellungsklage des Intervenienten gegen den Urkläger ist damit nicht etwa eine Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen Urkläger und Urbeklagtem 281 ; vielmehr liegt ihr ein eigenes Rechtsverhältnis zwischen Intervenient und Urkläger zugrunde. Dem Abwehrcharakter der Hauptintervention tut es auch keinen Abbruch, daß der Intervenient nicht nur Unterlassung unbefugter Prozeßführung durch den Urkläger, sondern zugleich Erkenntnis seines Anspruchs gegen den Urbeklagten gewährt 282 ; denn allein mit diesem Begehren läßt sich die Befugnis des Intervenienten nicht erklären, sich gerade in den vom Urkläger angestrengten Prozeß einzumischen. Ginge es wirklich nur darum, den Gerichtsstand des Hauptprozesses auch auf den Interventionsprozeß zu erstrecken und eine einheitliche Entscheidung zu ermöglichen, so wäre § 64 ZPO systematisch fehlplaziert: Die Vorschrift wäre dann besser den Gerichtsstandsregeln der §§ 12ff. ZPO zugeschlagen worden. c)

Folgerungen

Mit dem so verstandenen Normzweck ist § 64 ZPO freilich auch anwendbar, wenn der Urkläger nicht die Aktivlegitimation, sondern lediglich die Prozeßführungsbefugnis für sich in Anspruch nimmt 2 8 3 : Auch hierin liegt ein Eingriff in die W. Lüke, Beteiligung, S. 361 ff. Oben § 1 B IV 2 b. 2 8 1 So aber ohne Begründung Habscheid, ZZP 112 (1999), 37, 45. 2 8 2 So aber MK-Schüken, ZPO, § 6 4 Rn.2; Stein/Jonas-Bork, ZPO, §64 Rn.2. 2 8 3 Zutreffend Koussoulis, ZZP 100 (1987), 211,224f.; im Ergebnis ebenso Stein/Jonas-Bork, ZPO, § 64 Rn. 10; Wieczorek-Mansel, ZPO, § 64 Rn.21, 29. 279

280

D. Die Position der übergangenen

Gesellschafter

in der GmbH

101

vom Intervenierten für sich reklamierte Rechtsstellung. So könnte namentlich die Gesellschaft als Rechtsträgerin intervenieren, wenn ein einzelner Gesellschafter ihrer Meinung nach zu Unrecht im Wege der actio pro socio vorginge. Diese Befugnis erlangt, wie noch ausführlich zu erläutern sein wird 284 , praktische Bedeutung namentlich dann, wenn in einer mehrgliedrigen Gesellschaft zwei Gesellschafter sich gegenseitig aus wichtigem Grund auszuschließen trachten und der Prozeß einen wichtigen Grund in der Person beider Gesellschafter zutage fördert. Nicht anwendbar ist § 64 ZPO jedoch, wenn es dem Intervenienten nur darauf ankommt, die Prozeßführungsbefugnis des Urklägers zu bestreiten, ohne zugleich eine eigene Befugnis zu behaupten. Das gilt bereits auf dem Boden der hier für unzulänglich gehaltenen prozeßrechtlichen Deutung der Vorschrift: Wer in § 64 ZPO ein Instrument erblickt, um die Erledigung des Rechtsstreits in einem Prozeß vor demselben Gericht zu gewährleisten und zugleich widersprüchliche Entscheidungen zu verhindern, muß dem Intervenienten die Behauptung eines eigenen Anspruchs und einer eigenen Prozeßführungsbefugnis schon deshalb abverlangen, weil nur dann über den Anspruch des Intervenienten in der Sache entschieden und damit der Streit über den Anspruch als Ganzes endgültig beigelegt werden kann. Wer die Grundlage der Hauptintervention in einem materiellrechtlichen Anspruch des Intervenienten gegen den Urkläger erblickt, die Prozeßführung über das von ihm in Anspruch genommene Recht und die hierin liegende Rechtsanmaßung zu unterlassen, kann nicht anders entscheiden: Hier muß ebenfalls der Intervenient die Grundlage seines angeblichen Abwehrrechts dartun, die nur in einem eigenen Anspruch oder einem eigenen Prozeßführungsrecht bestehen kann. Eine solche Rechtsposition muß der Intervenient daher vortragen. Trägt er sie aber vor, so kann er sich kaum mit einem Urteil begnügen, das die Klage des Urklägers abweist. Wenn das Gericht schon einmal festgestellt hat, daß der Intervenient anstelle des Urklägers sachlegitimiert oder prozeßführungsbefugt ist, so wäre überhaupt nicht verständlich, warum die zwingende Konsequenz - Leistungsurteil gegen den Urbeklagten, der alle Chancen hatte, seinen Rechtsstandpunkt darzulegen - nicht bereits im anhängigen Verfahren gezogen werden sollte. d) Das Problem der Rechtskraft

inter partes

Das auf die Hauptintervention ergehende Urteil, wonach der klagende Gesellschafter nicht zur Prozeßführung über den Anspruch berechtigt ist, wäre schließlich kaum geeignet, den Streit um den mitgliedschaftlichen Leistungsanspruch endgültig beizulegen. Denn es könnte Rechtskraft nur gegen Kläger und Beklagten, nicht aber gegen die übrigen Gesellschafter wirken, die ihrerseits das Recht zur Erhebung der actio pro socio haben können. Auf diese Weise droht, ganz entgegen der Zielsetzung der actio pro socio, eine Verdoppelung der Prozesse über den Anspruch der Gesellschaft; denn der Interventionsprozeß führt lediglich zu ei-

284

Unten § 1 1 C.

102

§ 2 Die actio pro

socio

ner Abweisung der ursprünglichen Klage als unzulässig (mangels Prozeßführungsbefugnis), keineswegs aber zu einer Sachentscheidung.

III. Streitgenössische Nebenintervention Eine Möglichkeit, den übergangenen Gesellschaftern rechtliches Gehör zu gewähren, stellt indes § 69 ZPO bereit. Jene Gesellschafter können als streitgenössische Nebenintervenienten dem beklagten Gesellschafter beitreten 285 . Wer hiervon Gebrauch macht, kann eigenständig zur Sache, nämlich zur Rechtmäßigkeit seiner Blockadehaltung vortragen. Dringt er damit durch, so wird die actio pro socio als unzulässig abgewiesen: Die oben 2 8 6 herausgearbeiteten Kriterien für die Zulässigkeit der actio pro socio, nämlich (a) der Versuch, einen Einforderungsbeschluß zu erwirken, und (b) die treuwidrige Verweigerung eines solchen Beschlusses durch die Mehrheit, sind Voraussetzung dafür, daß dem Gesellschafter die Prozeßführungsbefugnis zusteht, welche erforderlich ist, um den der Gesellschaft zustehenden Anspruch gerichtlich zu verfolgen 287 . Wurde die Fassung eines Einforderungsbeschlusses rechtmäßig verweigert, so fehlt es an jener Prozeßführungsbefugnis. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sachlicher Gründe zur Verweigerung der Einforderung tragen der Beklagte und der ihm beitretende Gesellschafter, der gegen den Einforderungsbeschluß gestimmt hat. Denn wie gesehen, liegt die Verfolgung des Anspruchs grundsätzlich im Gesellschaftsinteresse; ein Verzicht hierauf stellt die begründungsbedürftige Ausnahme dar. Freilich können nicht alle Gründe, die einen Gesellschafter rechtmäßig dazu veranlassen können, gegen einen Einforderungsbeschluß zu stimmen, auch der actio pro socio entgegengehalten werden. So mag ein Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung zu Recht vortragen, der Anspruch gegen den Mitgesellschafter bestehe in Wahrheit nicht, weswegen eine Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft sinnlos sei. Die actio pro socio kann hieran nicht scheitern 288 ; denn ob der Anspruch besteht, muß im Prozeß durch Sachurteil geklärt werden und kann daher einem solchen nicht entgegenstehen. Des weiteren mag ein Gesellschafter sich gegen die Einforderung durch die Gesellschaft aussprechen mit der Begründung, für diese seien die Prozeßkosten nicht tragbar 2 8 9 ; der actio pro socio steht dies nicht entgegen 290 : Denn das Kostenrisiko trifft im Falle der actio pro socio allein den 2 8 5 Im Ergebnis ebenso Becker, Verwaltungskontrolle, S.590; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.172f. (die jedoch beide die Überwindung des die Einforderung ablehnenden Gesellschafterbeschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG durch Beschlußmängelklage fordern); für eine de lege ferenda einzuführende actio pro socio des Aktionärs auch Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 309. 2 8 6 C VI. 2 8 7 Zutreffend (für die Personengesellschaft, aber auf die GmbH übertragbar) Westermann/ Klingberg, Handbuch, Rn. I 424. 2 8 8 Im Ergebnis ebenso Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 533. 2 8 9 Vgl. Eickhoff, Gesellschafterklage, S.112. 2 9 0 Zutreffend Grunewald, Gesellschafterklage, S. 15.

D. Die Position der übergangenen Gesellschafter in der GmbH

103

K l ä g e r 2 9 1 . Ein Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft läßt sich, wenn überh a u p t 2 9 2 , allenfalls aus § 1 1 0 H G B 2 9 3 oder unter den Voraussetzungen der § § 6 8 3 , 6 7 0 B G B begründen 2 9 4 . D a die actio pro socio nur zulässig ist, wenn vorher vergeblich versucht wurde, einen Einforderungsbeschluß zu erwirken, widerspricht die Klageerhebung in jedem Fall dem wirklichen Willen der Gesellschaft; ein Anspruch aus § § 6 8 3 , 6 7 0 B G B ist daher nur denkbar, wenn der Ausnahmefall des § 6 7 9 B G B gegeben i s t 2 9 5 . Dagegen lassen sich auf den ersten Blick die Voraussetzungen des § 1 1 0 H G B durchaus belegen: Der Gesellschafter, der einen Prozeß führt, um eine Gesellschaftsforderung beizutreiben, macht, wenn er verliert und in die Kosten verurteilt wird, eine Aufwendung in einer Angelegenheit der Gesellschaft. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 1 1 0

HGB

nicht gegeben; denn damit würde der Stellenwert der gesellschaftsinternen Willensbildung unterschätzt: Die Gesellschaftergesamtheit m u ß auch deshalb über eine Klage der Gesellschaft Beschluß fassen, weil sie darüber entscheiden m u ß , o b für die Kosten des Rechtsstreits das Gesellschaftsvermögen in Anspruch genommen werden soll. Der Klagebeschluß ist auch eine Entscheidung über die Verwendung von Gesellschaftsmitteln. Billigte man dem Gesellschafter für die Kosten seiner actio pro socio ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu, so würde man ihm die einseitige Disposition über Vermögen der Gesellschaft gestatten. D e r hier unternommene Versuch, die streitgenössische Nebenintervention zugunsten der übergangenen Gesellschafter fruchtbar zu machen, setzt freilich voraus, daß sich die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift belegen lassen. D a r a n könnte man hier zweifeln; denn das Urteil, das auf die actio pro socio hin ergeht, ist ein Leistungsurteil gegen den verpflichteten Gesellschafter. Es wirkt jedenfalls nicht Rechtskraft gegen die übrigen Gesellschafter dahingehend, daß auch diese zur Leistung verpflichtet sind. Der Sinn der streitgenössischen Nebenintervention im vorliegenden Fall besteht denn auch nicht darin, dem übergangenen Gesellschafter zu ermöglichen, die Leistungspflicht des Beklagten in der Sache zu bestreiten; sie soll vielmehr den Weg bereiten, um die Frozeßführungsbefugnis Klägers

des

in Frage zu stellen. Hierüber ergeht nur dann ein rechtskräftiges Urteil,

wenn das Gericht über die Zulässigkeit der Klage nach § 2 8 0 Z P O abgesondert verhandelt; im übrigen wird sie vom Gericht im stattgebenden Leistungsurteil inzi291 RGZ 171,51, 55; BGH ZIP 1991,582,583; Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 528; EbenrothBoujong, HGB, 5 105 Rn. 154; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 159; Gogos, Geschäftsführung, S.29; Guntz, Treubindungen, S.154 mit Fn.306; Hadding GesRZ 1984, 32, 35; A. Hueck, JZ 1957, 626, 627; Nitschke, Personengesellschaft, S. 320; Scholz-Emmerich, HGB, §13 Rn.53; Staub-Ulmer, HGB, § 105 Rn.269; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 423; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, §5 III 2 (S.274), § 8 IV 1 c (S.460). 2 9 2 Gegen jeglichen Kostenerstattungsanspruch des klagenden Gesellschafters Grunewald, Gesellschafterklage, S. 60 (für Personengesellschaft), 92 (für GmbH). 2 9 3 Dafür Staub-Ulmer, HGB, § 105 Rn.269. 2 9 4 Dafür Banerjea, Gesellschafterklage, S.232; Hachenburg-Raiser, GmbHG, §14 Rn.45 a.E.; Nitschke, Personengesellschaft, S.320 mit Fn.57; Trescher, DB 1995, 661, 665. 2 9 5 Zutreffend Planck, Aktionärsklagen, S.218; Reuter, GmbHR 1981, 129, 138.

104

§2 Die actio pro socio

dent als gegeben festgestellt. Gerade hierin liegt aber der Eingriff in die Rechtsstellung der übergangenen Gesellschafter; wenn diese in Ubereinstimmung mit ihrer Treupflicht gegen die Einforderung gestimmt haben, haben sie ein R e c h t darauf, daß ein Sachurteil über den streitigen Anspruch überhaupt unterbleibt. Den gleichen Eingriff in ihre Rechtsstellung würden sie erleiden, wenn der klagewillige Gesellschafter zunächst den Beschluß anfechten müßte, mit dem die Gesellschafterversammlung die Einforderung abgelehnt hat, und mit dieser Anfechtungsklage durchdränge: Dies Urteil würde nach § 2 4 8 A k t G Rechtskraft gegen alle am Verband Beteiligten wirken. D e r Geschäftsführer hätte die übrigen Gesellschafter vom Prozeß zu informieren ( § 2 4 6 I V A k t G ) ; diese könnten nach § 6 9 Z P O als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten 2 9 6 . Das gleiche rechtliche G e h ö r m u ß ihnen konsequent auch im R a h m e n der actio pro socio gewährt w e r d e n 2 9 7 . Werden die Gesellschafter nicht informiert oder wird ihnen die Teilnahme als streitgenössische Nebenintervenienten zu Unrecht verwehrt, so müssen sie dies durch einen angemessenen Rechtsbehelf rügen können. Im Beschlußmängelprozeß steht dem in seinem rechtlichen G e h ö r verletzten Gesellschafter, wie noch zu zeigen sein w i r d 2 9 8 , die Nichtigkeitsklage analog § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O zur Verfügung; das gleiche erscheint im R a h m e n der actio pro socio sachgerecht. Aus dem Vergleich mit der hypothetischen Rechtslage bei Anfechtung des negativen Einforderungsbeschlusses ergibt sich, daß die übergangenen Gesellschafter auch dem Kläger beitreten können; denn ebenso könnten sie es in einem Beschlußmängelprozeß des Klägers gegen die Gesellschaft zur Beseitigung eines negativen Einforderungsbeschlusses nach § 4 6 Nr. 2 , 8 G m b H G 2 9 9 . Über die Klageerhebung informiert werden müssen die bisher unbeteiligten Gesellschafter v o m Kläger, da die Gesellschaft anders als im Beschlußmängelstreit nicht Partei des Prozesses ist und daher der Geschäftsführer nicht nach § 2 4 6 I V A k t G tätig werden kann. Das leuchtet auch in der Sache ein; denn der klagende Gesellschafter nimmt mittels der actio pro socio ein Notgeschäftsführungsrecht wahr. Erkennt das Gericht, daß der Kläger diese Information unterlassen hat, so m u ß es diese wegen Art. 1 0 3 I G G selbst vornehmen.

E. Die actio pro socio im Kompetenzgefüge der Personenbandelsgesellscbaft Die Frage, wer in O H G und K G über die Einforderung von Sozialansprüchen entscheidet, ist stark umstritten. Verbreitet wird vertreten, die Verfolgung solcher AnDazu ausführlich unten § 5 D II. Rollin, Aktionärsklage, S. 231 schlägt für eine de lege ferenda einzuführende actio pro socio des Aktionärs mit Recht vor, daß die Klageerhebung in den Gesellschaftsblättern veröffentlicht werden sollte, um den Mitaktionären Gelegenheit zur Verfahrensbeteiligung zu geben. 2 9 8 Unten § 5 D III 2. 2 9 9 Zur Interventionsbefugnis auf Klägerseite im Beschlußmängelprozeß unten § 5 D II 3 b. 296 297

E. Die actio pro socio im Kompetenzgefiige

der Personenhandelsgesellschaft

105

Sprüche werde von den geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschaftern in eigener Zuständigkeit betrieben 300 . Stehe einem Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis zu, so könne er konsequent den Anspruch wirksam namens der Gesellschaft einklagen 301 . Den geschäftsführungsberechtigten Mitgesellschaftern stehe aber ein Widerspruchsrecht nach § 115 I HS 2 HGB zu 3 0 2 , das sie freilich nicht treuwidrig ausüben dürften; verstoße der Widerspruch gegen das Gesellschaftsinteresse, so sei er unbeachtlich 303 . Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach Sozialansprüche nur aufgrund eines, entsprechenden Gesellschafterbeschlusses geltend gemacht werden könnten, sei nicht anzuerkennen 304 . Eine Gegenansicht hält für die Klage der Gesellschaft einen Gesellschafterbeschluß deshalb für erforderlich, weil ein Prozeß gegen einen Mitgesellschafter nicht mehr als Maßnahme der Geschäftsführung angesehen werden könne, sondern als Grundlagengeschäft, für das alle Gesellschafter zuständig seien 305 . Eine vermittelnde Ansicht verlangt bei Schadensersatzansprüchen immer 306 , im übrigen dann einen Gesellschafterbeschluß, wenn der Streit um den Sozialanspruch das Innenverhältnis der Gesellschafter maßgeblich berühre, wenn z.B. hinter der Rückerstattungsklage gegen einen Gesellschafter ein genereller Streit zwischen den Gesellschaftern über den Umfang des Entnahmerechts stehe 307 . Für den Fall einer aufgelösten Publikums-KG hat der BGH jüngst entschieden, daß für die Beitreibung rückständiger Einlageforderungen ein Nachtragsliquidator zu bestellen und deshalb dem einzelnen Gesellschafter die actio pro socio verwehrt sei 307a .

I. Schadensersatzansprüche Die Forderung nach einem Gesellschafterbeschluß findet für Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter einen Anhalt in § 1 1 3 II HGB 3 0 8 : Ansprüche wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot können nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses beigetrieben werden. Das BeschlußerforBGH NJW 1 9 6 0 , 4 3 3 . Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 533; Grunewald, Gesellschafterklage, S.47 (für Einlageansprüche); Höfler, JuS 1992, 388. 302 Höfler, JuS 1992, 388 303 Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. 1419 mwN. Zur Behandlung des treuwidrigen Widerspruchs unten § 7 E IV. 304 Staub-Ulmer, HGB, § 1 0 5 Rn.266; gänzlich gegen ein Beschlußerfordernis auch Becker, Verwaltungskontrolle, S. 563. 305 Hadding, Actio pro socio, S.25ff.; ders., J Z 1975, 159, 163ff.; ders., GesRZ 1984, 32, 37; ders., in Soergel, BGB, § 7 0 5 Rn.48. 306 Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 420; für Schadensersatzansprüche ebenso RGZ 171, 51, 54; gestützt auf § 116 II HGB auch Grunewald, Gesellschafterklage, S.51. 307 Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 419. 307a B G H W M 2003, 1474, 1475f; zustimmend Kort, EWiR 2003, 1217, 1218; Riehm, N Z G 2003, 1054, 1056. 3 0 8 Auf diese Vorschrift verweist nachdrücklich Hadding, GesRZ 1984, 32, 37. 300 301

106

§2 Die actio pro

socio

dernis bezieht sich dabei nicht nur auf die Auswahl des Rechtsbehelfs 309 , sondern auch auf die Frage, ob der Anspruch überhaupt geltend gemacht werden soll 310 . Beide Entscheidungsebenen können nicht voneinander getrennt werden, da die Entscheidung, ob der Anspruch überhaupt verfolgt werden soll, davon abhängen kann, von welchem der in § 113 I HGB genannten Rechtsbehelfe sich die Gesellschafter Vorteile für die Gesellschaft versprechen. Ohne eine Entscheidung der Gesellschaftergesamtheit über den Rechtsbehelf sind die geschäftsführenden Gesellschafter nicht in der Lage, den Anspruch durchzusetzen; denn sie können die Auswahl nicht eigenmächtig an deren Stelle treffen, selbst wenn sie über das Ob der Einforderung eigenmächtig bestimmen könnten. Das Wettbewerbsverbot nach § 1 1 2 HGB aber ist eine besondere Ausprägung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht 311 . Der Verstoß hiergegen steht gewissermaßen paradigmatisch für alle diejenigen Fälle, in denen ein Gesellschafter durch Verletzung mitgliedschaftlicher Förderpflichten die Gesellschaft schädigt 312 . Dies spricht dafür, das Beschlußerfordernis des § 113 II HGB auf sämtliche Fälle auszudehnen, in denen von einem Gesellschafter Schadensersatz wegen Verletzung seiner Mitgliedspflichten gefordert wird 313 : Wenn es schon bei so klaren Gesetzesverstößen wie einer Verletzung des § 1 1 2 HGB eines Beschlusses bedarf, so erst recht dort, wo der Verstoß gegen die Treupflicht weniger offen zutage liegt. Um so eher trifft dann die ratio des Beschlußerfordernisses zu: Die Gesellschafter sollen darüber beraten, ob in Anbetracht dieses Verstoßes der Weg zum Gericht beschritten werden soll oder nicht. Eine Klage der Gesellschaft, vertreten durch ihre geschäftsführenden Gesellschafter, ist folglich nur dann zulässig, wenn die Gesellschafter einen Einforderungsbeschluß gefaßt haben.

II. Einlageansprüche Schwierigkeiten bereitet die Rechtslage für primäre Einlageansprüche: Ihre Erfüllung ist bereits im Gesellschaftsvertrag angelegt und häufig exakt dem Umfang nach festgesetzt; zumindest ihre außergerichtliche Beitreibung kann nicht als außergewöhnliches Geschäft nach § 116 II HGB angesehen werden und bedarf daher auch keines Gesellschafterbeschlusses314. Insbesondere berührt die Einforderung der im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Einlagen nicht die Grundlagen der Gesellschaft 315 : Es wird nur eingefordert, was der Gesellschafter zu leisten versproSo aber (ohne Begründung) Becker, Verwaltungskontrolle, S. 562 Zutreffend Hadding, J Z 1975, 159, 163 3 1 1 Vgl. bereits oben B VI. 3 , 2 Ebenso Raiser, ZHR 151 (1987), 422, 428 313 Hadding, J Z 1 9 7 5 , 1 5 9 , 1 6 3 will diesen Rechtsgedanken sogar auf alle mitgliedschaftlichen Leistungsansprüche der Gesellschaft ausdehnen. 3 1 4 Anders wohl Hadding, Actio pro socio, S.29 3 1 5 So aber Hadding, Actio pro socio, S.25ff. 309 310

E. Die actio pro socio im Kompetenzgefüge

der Personenhandelsgesellschaft

107

chen hat, und es kann nur noch darum gehen, ob und inwieweit der Gesellschafter dieser Pflicht bereits nachgekommen ist 316 . Wenn in der GmbH, vom Regeltypus her wie O H G und KG eine personalistische Gesellschaftsform, bereits die außergerichtliche Einforderung der Stammeinlage gemäß § 46 Nr. 2 GmbHG einen Gesellschafterbeschluß erfordert, so deshalb, weil dieser Beschluß die Einlage fällig stellt und den Geschäftsführer zur selbständigen, d.h. nicht mehr an ein GesellschafterVotum gebundenen Durchführung des Kaduzierungsverfahrens ermächtigt. Vergleichbare Konsequenzen hat die außergerichtliche Beitreibung der Einlage in der Personengesellschaft nicht. Abweichendes gilt jedoch für die gerichtliche Beitreibung des Einlageanspruchs. Diese ist zwar ebenfalls nicht als Grundlagengeschäft anzusehen; wohl aber unterliegt sie als außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme dem Beschlußerfordernis nach § 116 II HGB 3 1 7 . Die Personengesellschaft ist auf die persönliche Zusammenarbeit der Gesellschafter angelegt. Dies schließt es zwar nicht aus, daß im Einzelfall ein Gesellschafter mit gerichtlicher Hilfe zur Erfüllung seiner mitgliedschaftlichen Pflichten angehalten werden muß; doch ist ein solcher Vorfall in einer Gesellschaft, die auf allseitige Mitarbeit angewiesen ist, typischerweise selten. Jeder Gesellschafter darf erwarten, gefragt zu werden, bevor die Einlage mit gerichtlichen Mitteln beigetrieben wird. Der Befürchtung, die actio pro socio verliere auf diese Weise ihre Schlagkraft 318 , ist dadurch abzuhelfen, daß man die actio pro socio prozessual entsprechend ausgestaltet: Das Beschlußerfordernis bezieht sich auf die Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft. Kommt ein Beschluß nicht zustande, so ist die actio pro socio zulässig, es sei denn, ein Einforderungsbeschluß wurde rechtmäßig abgelehnt. Die dargestellten Grundsätze sind auch in der Publikumspersonengesellschaft maßgebend. Gewiß: Von einer persönlichen Zusammenarbeit, welche Prozesse zwischen den Gesellschaftern als Seltenheit erscheinen läßt, kann hier nicht die Rede sein. Gleichwohl ist davor zu warnen, ohne weiteres ein Sonderrecht für Publikumsgesellschaften zu etablieren; denn die schwierige Abgrenzung, ob eine Gesellschaft eher personalistischen oder eher kapitalistischen Charakter trägt, kann den Einforderungsprozeß mit erheblichen Rechtsunsicherheiten belasten 319 . Es besteht auch kein Anlaß, die Einforderung von Sozialansprüchen seitens der Gesellschaft durch Rechtsfortbildung zu erleichtern. Die §§ 105ff., 161 ff. HGB stellen ein Organisationsmodell bereit, das auf eine typische Personengesellschaft zugeschnitten ist und die in ihr auftretenden Konflikte typischerweise angemessen verarbeitet. Entfernt sich die Gesellschaft vom gesetzlichen Regeltypus, so wissen die 3 1 6 Insoweit richtig Grunewald, Gesellschafterklage, S.47; Schütz, Sachlegitimation, S.29; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.459). 1 1 7 Im Ergebnis ebenso, aber gestützt auf § 113 II HGB Hadding, Actio pro socio, S.28. Gegen diese Ausdehnung des § 113 II HGB aber Becker, Verwaltungskontrolle, S.563. 3 1 8 So Becker, Verwaltungskontrolle, S.563; gegen das Beschlußerfordernis jedenfalls für die gerichtliche Beitreibung von Einlageansprüchen auch Bork/Oepen Z G R 2001, 515, 536f. 3 , 9 Darauf weist zu Recht Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 37f. hin.

108

§ 2 Die actio pro

socio

Beteiligten, daß das dispositive Recht ihnen bei der Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehungen nicht mehr zur Seite stehen kann; sie müssen folglich selbst durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag Vorsorge dagegen treffen, daß die Einforderung von Einlagen unangemessen blockiert wird. Ebensowenig besteht andererseits Anlaß, wegen des Publikumscharakters der Gesellschaft die actio pro socio unter Berufung auf die entsprechende Rechtslage in der AG 3 2 0 für unzulässig zu halten 321 : Ein Bedürfnis, die gemeinsame Zweckverfolgung durch die Realisierung von Einlageansprüchen zu stärken, besteht unabhängig von Rechtsform und Realstruktur für jeden Verband, weil die gemeinsame Zweckverfolgung zur Konstruktionsidee jedes Verbandes gehört 322 . Insbesondere ist kein Raum für den Versuch, die actio pro socio durch das Recht einer qualifizierten Minderheit zu ersetzen, einen Sondervertreter für die Verfolgung jener Ansprüche gerichtlich bestellen zu lassen (ähnlich dem Modell des § 147 AktG). Denn es besteht keine den Aktiennennbeträgen vergleichbare Größe, anhand derer man die Erreichung des Quorums bestimmen könnte. Namentlich stellt der Anteil am Kommanditkapital nicht ohne weiteres eine verläßliche Rechengröße bereit; denn dieser unterliegt der Veränderung durch Gewinn und Verlust (§ 172 IV AktG). Der Kapitalanteil müßte, um an ihn die Begrenzung von Gesellschafterrechten anknüpfen zu können, dauerhaft fixiert werden 323 . Zudem mögen im Einzelfall auch die persönlich haftenden Gesellschafter einen Kapitalanteil halten; dann darf dieser bei der Bemessung des erforderlichen Quorums nicht ohne weiteres unberücksichtigt bleiben.

III. Die actio pro socio als Ersatz für einen Einforderungsbeschluß 1. Subsidiarität

der actio pro

socio

In jedem Fall greift auch in der Personengesellschaft der Gesellschafter, der nicht zur Klage namens der Gesellschaft befugt ist, mittels der actio pro socio in das innergesellschaftliche Kompetenzgefüge ein. Das R G meinte denn auch, die actio pro socio sei ihrerseits nur zulässig, wenn ihr alle Gesellschafter zugestimmt hätten. Dieser Ansatz bringt zwar richtig die Subsidiarität der actio pro socio zum Ausdruck, ist aber in sich widersprüchlich; denn wenn unter den Gesellschaftern eine Entscheidung für die Einforderung zustande gekommen ist, besteht kein Anlaß, bei deren Durchführung von der regulären Kompetenzordnung abzurücken. Vielmehr tritt dann als Klägerin die Gesellschaft auf, die im Prozeß von den dazu Zu ihr sogleich F. So aber Reuter, GmbHR 1981, 129, 137f. Wie hier Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 3 7 ; Hüffer, Z G R 1980, 3 2 0 , 353f.; für zwingende actio pro socio in der Publikums-KG auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 9 III 2 c (S.505). 3 2 2 Zutreffend Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 3 8 . 3 2 3 Zutreffend Nitschke, Personengesellschaft, S.91f., der sich aus diesem Grund z.B. gegen ein Einberufungsquorum in der Personengesellschaft wendet (aaO.S.202). 320 321

E. Die actio pro socio im Kompetenzgefüge

der Personenbandelsgesellsckaft

109

berechtigten Gesellschaftern vertreten wird 324 . Sofern abweichend hiervon einem anderen Gesellschafter die Prozeßführung über den Anspruch angetragen wird, Bei der klagt dieser in eigenem Namen als gewillkürter Prozeßstandschafter325. actio pro socio kann es hingegen nur darum gehen, ob ein einzelner Gesellschafter klagen darf, wenn ein Beschluß der Gesellschaftergesamtheit zugunsten der Beitreibung des Anspruchs nicht zustande kommt. Und hierbei ist in der Tat die Kompetenzordnung der Gesellschaft zu beachten: Es gilt wie in der GmbH, daß die rechtmäßige Entscheidung, von der Verfolgung des Anspruchs abzusehen, auch dem einzelnen Gesellschafter den Weg über die actio pro socio versperrt. Die actio pro socio ist konsequent nicht ohne weiteres zulässig, sondern nur dann, wenn die für die Beitreibung des Anspruchs zuständigen Gesellschafter dessen Realisierung pflichtwidrig blockieren 326 . Da hier im Ergebnis für die Beitreibung aller in Betracht kommenden Leistungsansprüche ein Gesellschafterbeschluß für erforderlich gehalten wurde, lassen sich die Voraussetzungen der actio pro socio, wie sie für das GmbH-Recht formuliert wurden, auf O H G und KG übertragen: Der Kläger muß versuchen, einen Einforderungsbeschluß zustande zu bringen; ist ihm dies nicht gelungen, so ist seine Klage zulässig, wenn die Einforderung durch die Treupflicht geboten ist, was das Gericht inzident zu prüfen hat. Der Versuch, die zuständigen Gesellschaftsorgane zur Einforderung zu bewegen, muß nicht nur schlüssig vorgetragen 327 , sondern bewiesen werden; denn das Versagen der regulär zur Entscheidung über die Beitreibung zuständigen Organe ist Voraussetzung für die Prozeßführungsbefugnis des klagewilligen Gesellschafters 328 . Diese Prozeßführungsbefugnis aber muß zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Die durch die Einzelklage in ihrer Haltung übergangenen Mitgesellschafter sind vom Kläger über den Prozeß zu informieren und haben die Möglichkeit, sich auf beliebiger Seite als streitgenössische Nebenintervenienten zu beteiligen.

324 Die Entscheidung des R G ablehnend B G H J Z 1957, 6 2 4 , 625; A. Hueck, ebenda S . 6 2 6 f . ; ebenso, weil die Subsidiarität der actio p r o socio verwerfend, Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV (S. 139ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 4 a (S.636f.). 325 Staub-Ulmer, H G B , § 705 Rn. 173. Die actio p r o socio ist demgegenüber eine gesetzliche Prozeßstandschaft; vgl. unten G I. 326 Ebenso R G Z 1 7 1 , 5 1 , 5 6 ; O L G Düsseldorf N Z G 2 0 0 0 , 4 7 5 ; Bork/Oepen, ZGR 2001,515, 5 3 1 ff.; Brondics, Aktionärsklage, S.74; Göckeler, Stellung, S. 153; Gogos, G e s c h ä f t s f ü h r u n g , S. 27f.; Hadding, Actio p r o socio, S. 57f.; ders., J Z 1975, 159, 164; ders., in Soergel, BGB, § 7 0 5 Rn. 50; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 134; Martens, Konzernherrschaft, S . 9 2 f f . ; Nitschke, ZHR 128 (1966), 4 8 , 90f.; ders., Personengesellschaft, S.322ff.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 78; Staub-Ulmer, HGB, § 105 R n . 2 6 8 a . Nicht ausdrücklich gefordert wird die Pflichtwidrigkeit der Blockade von Röhricht-v.Gerkan, H G B , § 105 Rn. 80. Großzügiger (actio p r o socio nicht nur subsidiäre N o t k o m p e t e n z ) w o h l Baumbach/Hopt, H G B , § 1 0 9 R n . 3 2 . Ausdrücklich gegen die im Text b e f ü r w o r t e t e Einschränkung der actio pro socio aber Weber, T r e u b i n d u n g e n , S. 88; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.460). 327 So aber O L G Koblenz N Z G 1999, 2 5 0 , 2 5 1 ; Staub-Ulmer, H G B , § 105 R n . 2 6 8 a . 328 In diese Richtung auch Westermann/Klingberg, H a n d b u c h , Rn. I 4 2 6 .

§2 Die actio pro socio

110

2. Insbesondere die Schadensersatzklage Wettbewerbsverbots

wegen Verletzung des

Die für die G m b H getroffene Wertung, daß die Durchsetzung von Sozialansprüchen nicht an der Blockadehaltung einzelner Gesellschafter scheitern soll, trägt in der Personengesellschaft nicht minder; sie ist abermals Ausfluß der Tatsache, daß die Entscheidung über die Einforderung von Sozialansprüchen ausschließlich am Gesellschaftsinteresse zu orientieren ist und der Verzicht auf die Rechtsverfolgung die Ausnahme bleiben muß. Der absolute Vorrang des Gesellschaftsinteresses gilt namentlich bei der Entscheidung der Gesellschafter über die Frage, o b von einem Mitgesellschafter, der gegen das Wettbewerbsverbot nach § 1 1 2 H G B verstoßen hat, gemäß § 1 1 3 II H G B Ersatz gefordert werden soll. Wenn demgegenüber ohne jegliche Begründung die Vorherrschaft des Gesellschafter-Eigeninteresses für diesen Bereich proklamiert w i r d 3 2 9 , so wird verkannt, daß der Schadensersatzanspruch ebenso wie bereits das zugrunde liegende Wettbewerbsverbot ausschließlich der Zweckverfolgung und damit dem Gesellschaftsinteresse dient. Schutzwürdige Eigenbelange der Gesellschafter stehen damit außerhalb der Funktion des § 1 1 2 H G B ; für sie ist kein R a u m , wenn die Beschlußfassung nach § 1 1 3 II H G B ansteht. Wird ein Einforderungsbeschluß pflichtwidrig blockiert, so kann der einzelne Gesellschafter im Wege der actio pro socio vorgehen. Die Notwendigkeit, einen solchen Beschluß vorher gerichtlich zu erzwingen zu müssen, besteht auch nicht deshalb, weil der Beschluß nach § 1 1 3 II H G B materielle Anspruchsvoraussetzung i s t 3 3 0 , ebensowenig wie in der G m b H die auf Beitreibung von Einlageansprüchen gerichtete actio pro socio daran scheitert, daß ein Beschluß nach § 4 6 Nr. 2 G m b H G Voraussetzung für die Fälligkeit der Einlage ist: Die actio pro socio wurde im Wege der Rechtsfortbildung als Instrument zur Effektuierung der Zweckverfolgung entwickelt. Erkennt man die ihr zugrunde liegende Interessenbewertung einmal als zutreffend an, so kann die Befugnis zu ihrer Erhebung nicht mehr davon abhängen, o b gesetzliche Beschlußerfordernisse, die das Gesetz für die Einforderung bestimmter Ansprüche aufstellt, materiellrechtlicher oder lediglich prozeduraler N a t u r sind: Im Interesse der Zweckverfolgung ist auf den Gesellschafterbeschluß zu verzichten, wenn die Gesellschafter, die ihn fassen sollen, ihre Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse unzulässig hintanstellen. Wenn die actio pro socio durchgreift und das Gericht damit inzident die Rechtswidrigkeit der Verweigerungshaltung innerhalb der Gesellschaft festgestellt hat, ist auch den materiellrechtlichen Erfordernissen genüge getan: In der Sache ersetzt das der actio pro socio stattgebende Urteil einen Einforderungsbeschluß.

Konsequent

kann der Gesellschafter, der im Falle des § 1 1 3 H G B im Wege der actio pro socio vorgeht, anstelle der Gesellschaftergesamtheit auch die Wahl zwischen den dort niedergelegten Rechtsbehelfen treffen. 329

Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn. 11.

So aber Westermann/Klingberg, IV 1 c (S.460). 330

Handbuch, Rn. 1426; Wiedemann,

Gesellschaftsrecht, § 8

F. Die actio pro socio in der

111

Aktiengesellschaft

3. Die actio pro socio als Ersatz selbst für den einstimmig zu Einforderungsbeschluß

fassenden

Die hier gezogene Parallele zur GmbH greift ohne weiteres dort ein, wo der Einforderungsbeschluß mit Mehrheit gefaßt werden könnte; denn hier fungiert die actio pro socio abermals als Ersatz für einen ansonsten notwendigen Anfechtungsprozeß gegen den Beschluß, mit dem die Einforderung abgelehnt wurde. Wie nämlich zu zeigen sein wird, gelten die § § 241 ff. AktG analog für die gerichtliche Kontrolle fehlerhafter Mehrheitsbeschlüsse in Personengesellschaften331. Ist der Einforderungsbeschluß dagegen einstimmig zu fassen, so könnte er nicht im Wege einer gegen die Gesellschaft zu richtenden Anfechtungs- und positiven Beschlußfeststellungsklage erzwungen werden; vielmehr wäre dann das auf die Zustimmung zu einem solchen Beschluß gerichtete Rechtsschutzbegehren gegen den sich sperrenden Gesellschafter selbst zu richten 332 , wobei einstweilen offenbleiben mag, ob es sich hierbei um eine Leistungs- oder um eine Gestaltungsklage handelt 333 . Die Anwendung des § 69 ZPO kann in diesem Fall nicht mehr mit der Begründung bejaht werden, die actio pro socio ersetze ein andernfalls erforderliches positives Beschlußfeststellungsurteil gegen die Gesellschaft, welches nach § 2 4 8 AktG Rechtskraft gegen alle Beteiligten wirken würde. Von diesen konstruktiven Erwägungen kann indes die Gewährung rechtlichen Gehörs nicht abhängen. Das Urteil, das in der Sache über den streitigen Anspruch entschiedet, greift allein schon deshalb in das Recht des übergangenen Gesellschafters auf Teilhabe an der verbandsinternen Willensbildung ein. Wie noch zu zeigen sein wird, wird § 69 ZPO entsprechend angewandt in Konstellationen, in denen eine am Prozeß unbeteiligte Person auf andere Weise als durch Rechtskrafterstreckung durch das Urteil in ihren Rechten betroffen wird 334 . Es erscheint daher folgerichtig, den übergangen Gesellschafter auch dort über § 69 ZPO zu schützen, wo der Einforderungsbeschluß nicht mehrheitlich, sondern einstimmig zu fassen gewesen wäre.

F. Die actio pro socio in der

Aktiengesellschaft

I. Schadensersatzansprüche 1. Die Sperrwirkung

des §147

AktG

In der Aktiengesellschaft ist die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Mitaktionäre wegen rechtswidriger Einflußnahme auf die Verwaltung in § 1171 2 AktG geUnten § 7 B, C. Eine Zustimmungsklage gegen die sich sperrenden Gesellschafter fordert in der Tat Grunewald, Gesellschafterklage, S.52f.; im Ergebnis wie hier für Entbehrlichkeit einer solchen Klage Hörstel, NJW 1995, 1271. 3 3 3 Dazu ausführlich unten § 7 E. 3 3 4 Näher unten § 1 1 A I 2 a. 331

332

112

§ 2 Die actio pro

socio

regelt: Schäden im Gesellschaftsvermögen werden nur von der Gesellschaft, nicht von Aktionären verfolgt; diese haben eigene Ansprüche nur wegen des ihnen darüber hinaus in ihrem Privatvermögen entstandenen Schadens. Die Gesellschaft hat ihren Anspruch aus § 117 I 1 AktG unter den Voraussetzungen des § 147 I, III AktG geltend zu machen; das gleiche gilt für Ansprüche aus der Gründung, §§46ff., 53 AktG, sowie für Ansprüche gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder wegen Verletzung ihrer Organpflichten (§§93, 116 AktG). Die Einzelklagebefugnis des Aktionärs ist in dieser Vorschrift nicht erwähnt. Vielmehr bindet § 147 AktG die Verfolgung des Anspruchs an ein Votum der Hauptversammlungsmehrheit (§ 1 4 7 1 1 l.Alt.) oder einer qualifizierten Minderheit ( 1 0 % ohne besondere zusätzliche Erfordernisse, § 147 I 1 2.Alt; 5 % unter den in § 147 III beschriebenen erschwerten Voraussetzungen). Zwar betrifft § 147 AktG lediglich die Verfolgung des Anspruchs durch die Gesellschaft, so daß man argumentieren könnte, die Einzelklage des Aktionärs, für die dieser die Durchführungslast trage, bleibe daneben zulässig335. Das verfängt indes bereits deshalb nicht, weil der schwerwiegendste Teil der Durchführungslast, nämlich das Prozeßkostenrisiko, selbst im Verfahren des § 147 AktG auf der Minderheit lastet (vgl. § 1 4 7 I V AktG). Der Gesetzgeber hat sich trotz in dieser Richtung erhobener rechtspolitischer Forderungen nicht zur Zulassung einer Einzelklage durchringen können; diese bleibt damit im Anwendungsbereich des § 147 AktG verschlossen336. § 147 AktG erfaßt freilich nach seinem Wortlaut nur die dort bezeichneten Ansprüche; namentlich ein Anspruch aus Verletzung der Treupflicht ist dort nicht genannt, so daß gefolgert wurde, der Aktionär könne wenigstens darauf gestützte Ansprüche im Wege der Einzelklage verfolgen 337 . Richtig ist jedoch das Gegenteil: § 147 AktG gilt entsprechend auch für diese Ansprüche. Der Gesetzgeber hat die Treupflicht der Aktionäre nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt und daher auch die Folgen ihrer Verletzung nicht normiert. § 147 AktG ist ersichtlich von dem Bestreben getragen, diejenigen Ersatzansprüche erschöpfend aufzuzählen, welche der Gesellschaft aus pflichtwidriger Beeinträchtigung oder Vernachlässigung der Zweckverfolgung entstehen können. Das muß konsequent auch für Ansprüche gelten, die außerhalb des Gesetzes kraft Rechtsfortbildung entwickelt wurden. Mag § 147 AktG auch rechtspolitisch mißglückt sein 338 , so besteht doch kein Grund, ihm deswegen die In diesem Sinne Wellkamp, DZWiR 1994, 2 2 1 , 2 2 3 . Ebenso OLG Düsseldorf DB 1967, 2 1 5 5 ; Banerjea, Gesellschafterklage, S . 1 8 7 ; Bayer, N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 , 2 6 1 3 ; Brondics, Aktionärsklage, S. 108; Bühring-Uhle/Nelle, AG 1 9 8 9 , 4 1 , 4 9 ; Habersack, DStR 1998, 5 3 3 ; Ihlas, Organhaftung, S. 104; Kowalski, Ersatz, S . 7 3 f . ; Krieger, Z H R 163 (1999), 3 4 3 , 344; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 VI 6 a (S. 641); Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S . 8 2 ; Semler, AG 2 0 0 5 , 321, 3 3 1 ; Sünner, Z H R 163 (1999), 3 6 4 , 372; Ulmer, Z H R 1999, 705, 710f.; Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 0 8 . 3 3 7 So Banerjea, Gesellschafterklage, S. 187f. 3 3 8 Dies entspricht einer verbreiteten und wohl auch richtigen Einschätzung, an deren Berechtigung auch die Neufassung des § 147 AktG durch das KonTraG nichts geändert hat; vgl. Banerjea, Gesellschafterklage, S . 1 8 7 ; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 246ff.; Bayer, N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 , 2 6 1 5 , 2618f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 6 0 5 ; Brondics, Aktionärsklage, S . 5 8 ; Großfeld, JZ 1981, 2 3 4 , 2 3 5 ; Ihlas, Organhaftung, S. 108; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 8 5 ; Mertens, AG 335 336

F. Die actio pro socio in der

Aktiengesellschaft

113

analoge Anwendung zu versagen 3 3 9 : Den Plan des Gesetzes hat der Rechtsanwender auch dort fortzudenken, w o er ihn mißbilligt. Mittlerweile hat der Gesetzgeber die Unzulänglichkeit der bisherigen Regelung erkannt und im Fall eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrecht (im folgendes kurz: U M A G ) in § 1 4 7 a A k t G - E eine Regelung vorgesehen, w o n a c h Aktionäre, deren Anteile zusammen 1 % des Grundkapitals oder im absoluten Nennwert 1 0 0 . 0 0 0 Euro ausmachen, nach Durchführung eines gerichtlichen Vorschaltverfahrens den Ersatzanspruch selbst - pro socio - gerichtlich verfolgen könn e n 3 3 9 3 . Das Minderheitsrecht aus § 1 4 7 III A k t G soll im gleichen Atemzug abgeschafft w e r d e n 3 3 9 b . Spätestens mit Einführung dieses Konzepts eines selbständigen Verfolgungsrechts der Aktionäre verbietet sich die Annahme einer unbeschränkten Einzelklagebefugnis.

2. Konzernrechtliche

Ausnahmeregelungen

Dagegen sieht das Recht des Aktienkonzerns weitreichende Befugnisse des Aktionärs vor, Ansprüche der Gesellschaft durchzusetzen; so den Anspruch auf Schadensersatz gegen das durch Beherrschungsvertrag inthronisierte herrschende Unternehmen wegen pflichtwidriger Weisungen (§ 3 0 9 I V A k t G ) , gegen die Verwaltung des abhängigen Unternehmens wegen Befolgung solcher Weisungen ( § 3 1 0 I V A k t G ) , des weiteren entsprechende Ansprüche der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern ( § § 3 1 7 I V , 3 1 8 I V AktG). N a c h diesen Vorschriften macht der Aktionär den Anspruch der Gesellschaft als ihr Prozeßstandschafter geltend 3 4 0 . Die genannten Vorschriften tragen dem Umstand Rechnung, daß von den zuständigen Organen eine konsequente Rechtsverfolgung nicht zu erwarten und das 1990, 49, 51; Rollin, Aktionärsklage, S.219; Timm, Aktionärsverhalten, S. 1, 5; Thümmel, DB 2000, 885, 887; Trescber, DB 1995, 661, 662(.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290,292ff.; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 114f.; Wellkamp, Vorstand, S.218 sowie die Beiträge in AG Sonderheft 1997: Adams, ebenda S.9, 10; Baums, ebenda S.26, 27; Götz, ebenda, S. 3 8 f.; Lutter, ebenda S. 26, 27; Mertens, ebenda, S. 70, 71; Wenger, ebenda S. 57, 58f.; optimistischer Hölters, FS Wiedemann, S.975, 997; Kallmeyer, AG 1997, 107ff.; Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 370. - Ausführliche Vorschläge für eine de lege ferenda einzuführende Einzelklagebefugnis des Aktionärs Großfeld, Aktiengesellschaft, S.224ff.; Rollin, Aktionärsklage, S.227ff. - Die Bundesregierung hat am 25.2. 2003 ein 10-Punkte-Programm „Unternehmensintegrität und Anlegerschutz" verabschiedet (abgedruckt bei Seibert, BB 2003, 693ff.), das u.a. verbesserte Klagerechte der Aktionäre gegenüber den Verwaltungsmitgliedern zur Durchsetzung von Ersatzansprüchen vorsieht (Ziff. 1 des Programms; kritisch dazu Kiethe, ZIP 2003, 707ff.). 3 3 9 So aber Banerjea, Gesellschafterklage, S. 147. 3 3 9 a Dazu Meilicke/Heidel, DB 200, 1479, 1480ff.; Paefgen, AG 2004, 245, 246; Seibert/ Schütz, ZIP 2004, 252, 253; Seibt, WM 2004, 2137, 2141ff.; Thümmel, DB 2004, 471, 473f.; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 167ff.; Wilsing, ZIP 2004, 1982, 1087f. 339b Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481; Jahn, DB 2005, 5, 11; Seibt, WM 2004, 2137, 2142; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 167. 340 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 186; ¡blas, Organhaftung, S. 116, 118; Kowalski, Ersatz, S.206; Planck, Aktionärsklagen, S. 126; Teichmann, FS Mühl, S.663, 679; Wellkamp, Vorstand, S.217; Wiedemann, Organverantwortung, S.47f.; Winter, Treubindungen, S.57.

114

§2 Die actio pro

socio

Q u o r u m des § 147 AktG typischerweise nicht zustande zu bringen ist 341 . Wenn selbst in dieser Situation das Gesetz nur eine Prozeßstandschaft anordnet, so erlaubt dies nicht die Deutung, der Gesetzgeber habe an eigene Ansprüche des Aktionärs nicht gedacht 3 4 2 , sondern nur den Schluß, daß der Gesetzgeber solche eigenen Ansprüche für nicht gegeben erachtet hat. Ebensowenig kann aus der Einzelklagebefugnis in § 317 IV AktG unvermittelt auf eine solche für Ansprüche aus § 117 AktG geschlossen werden 3 4 3 ; im Gegenteil: § 1 1 7 AktG sieht im Gegensatz zu § 3 1 7 AktG gerade keine Einzelklagebefugnis vor 3 4 4 . Außerhalb des Konzernrechts kann eine Einzelklagebefugnis des Aktionärs nur dann eingreifen, wenn eine analoge Anwendung der §§ 309 IV, 310 IV, 317IV, 318 IV AktG angesichts des soeben beschriebenen Normzwecks geboten erscheint. M a n könnte insoweit ins Feld führen, diese Vorschriften trügen dem Umstand Rechnung, daß die Verwaltung der abhängigen Gesellschaft als geeignetes Organ für die Verfolgung von Ersatzansprüchen ausscheide, und seien konsequent entsprechend heranzuziehen, wenn aus sonstigen Gründen die Funktionsfähigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat in bezug auf die Verfolgung der Ansprüche nicht mehr gewährleistet sei 345 . Ebenso ließe sich argumentieren, die konzernrechtlichen Klagebefugnisse trügen dem Umstand Rechnung, daß das Q u o r u m des § 147 AktG typischerweise nicht zustande komme; deshalb sei der Aktionär auch in einer unabhängigen Gesellschaft immer dann klagebefugt, wenn der Anteilsbesitz sich entweder in den Händen einer stabilen Mehrheit von über 9 0 % befinde oder aber insgesamt breit gestreut sei und daher aus diesem Grund jenes Q u o r u m nicht auch nur theoretisch zustande gebracht werden könne 3 4 6 ; ebenso diskutabel erscheint die These, der Aktionär sei immer zur Einzelklage befugt, weil das Quorum angesichts des Depotstimmrechts der Banken nie erreicht werden könne 3 4 7 . Indes ist abermals zu erwidern, daß spätestens dem Gesetzgeber des KonTraG 1998 sowohl die Verbreitung des Depotstimmrechts als auch die Tatsache bekannt war, daß zahlreiche Publikumsgesellschaften sich in Streubesitz befinden und deshalb das Q u o r u m schwer zu erreichen ist; gleichwohl hat er entgegen anderslautenden rechtspolitischen Forderungen an ihm festgehalten. Selbst der UMAG-Entwurf, der in der Tendenz, eine Stärkung des Verfolgungsrechts der Aktionäre an341

Siehe bereits oben B VI. So aber Banerjea, Gesellschafterklage, S. 186. 343 So aber Becker, Verwaltungskontrolle, S.611. 344 Darauf weist zutreffend Wellkamp (Vorstand, S. 2 2 3 f.) hin. Gegen eine Einzelklagebefugnis des Aktionärs wegen Ansprüchen aus § 117 A k t G jüngst auch O L G Bremen A G 2 0 0 2 , 6 2 0 . 345 Hommelboff, Konzernleitungspflicht, S . 4 7 9 f . will auf diese Überlegung zurückgreifen, um Aktionären die A b w e h r eigenmächtiger K o n z e r n i e r u n g s m a ß n a h m e n durch den Vorstand der Muttergesellschaft zu ermöglichen. Diese Überlegungen bewegen sich im Themenbereich der mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzklage; sie dienen dazu, ein Ersatzaufsichtsrecht des Aktionärs in seiner Eigenschaft als Mitglied des O r g a n s H a u p t v e r s a m m l u n g zu begründen. Vgl. dazu bereits oben § 1 B V 3. Die A n e r k e n n u n g von auf Schadensersatz gerichteten Einzelklagebefugnissen des Aktionärs ist damit nicht beabsichtigt. 346 So Rollin, Aktionärsklage, S. 198; Wiedemann, Organverantwortung, S.49ff. 347 So Wellkamp, Vorstand, S.234ff.; ders., D Z W i R 1994, 2 2 1 , 2 2 4 . 342

F. Die actio pro socio in der

115

Aktiengesellschaft

zielt, enthält lediglich eine Absenkung des Quorums für die Einleitung des gerichtlichen Vorschaltverfahrens (§ 1 4 7 a AktG-E) und zieht daher aus Depotstimmrecht und Streubesitz gerade nicht die Konsequenz, daß jeder Aktionär ohne weiteres zu selbständigen Beitreibung von Ansprüchen der Gesellschaft befugt sein soll. Und ebensowenig

hat der Gesetzgeber

außerhalb

des Konzernrechts

denjenigen

Schwachpunkten im Organisationsrecht des A k t G abgeholfen, welche eine effektive Verfolgung von Sozialansprüchen durch die Gesellschaftsorgane behindern 3 4 8 . Es fehlt damit an einer planwidrigen Gesetzeslücke; vielmehr hat der Gesetzgeber die Einzelklage des Aktionärs jenseits der §§ 3 0 9 IV, 3 1 0 IV, 3 1 7 IV, 3 1 8 I V A k t G bewußt blockiert. Diese Vorschriften haben daher außerhalb des Konzernrechts keinen Anwendungsbereich 3 4 9 .

3. In Sonderheit: Actio pro socio als Ersparnis der auf gerichteten positiven Beschlußfeststellungsklage?

Rechtsverfolgung

Die Befugnis des einzelnen Aktionärs zur Erhebung der actio pro socio ließe sich gleichwohl wenigstens für Schadensersatzansprüche begründen, wenn m a n argumentierte, dieser könne ohnehin am Q u o r u m des § 1 4 7 A k t G vorbei die Einzelklage erzwingen. Er könne nämlich einen Beschluß der Hauptversammlung, wonach die Geltendmachung des Ersatzanspruchs abgelehnt wird, anfechten und, falls die Aktionärsmehrheit damit ihre Treupflicht verletze, den Einforderungsbeschluß nach § 1 4 7 I 1 l . A l t . A k t G im Wege der positiven Beschlußfeststellungsklage erzwingen 3 5 0 . D a n n müsse es ihm zur Vermeidung einer unnötigen Prozeß Verdoppelung gestattet sein, sogleich als Einzelkläger den Ersatzanspruch geltend zu machen. Richtig ist jedoch der gegenteilige Schluß: § 1 4 7 A k t G steht selbst der Zulassung einer derartigen positiven Beschlußfeststellungsklage und folglich auch der Rechtsverfolgung durch actio pro socio entgegen. Das ergibt sich namentlich aus § 1 4 7 III A k t G . Diese Vorschrift bindet die Befugnis einzelner Aktionäre, die Verfolgung des Ersatzanspruchs gegen den Willen der Hauptversammlungsmehrheit zu erzwingen, an die quantitative

Voraussetzung, daß sie zusammen Aktien von

5 % des Grundkapitals oder im Gesamtnennbetrag von 5 0 0 . 0 0 0 Euro innehaben müssen, sowie an die qualitative

Voraussetzung, daß Ansprüche behauptet wer-

den, welche sich auf Unredlichkeit oder grobe Gesetzesverletzung gründen, und der Verdacht derartiger Vorgänge durch konkrete Tatsachen belegt wird. In einer solchen Situation erscheint k a u m denkbar, mit welchen Gründen ein Aktionär gegen die Klageerhebung sollte votieren können, ohne damit gegen seine Treupflicht 3 4 8 Das gilt namentlich für die „Bißsperre" zwischen Vorstand und Aufsichtsrat bei der wechselseitigen Verfolgung von Ansprüchen aus Organhaftung; vgl. dazu unten G V 6 b. 1 4 9 Ebenso Brondics, Aktionärsklage, S. 88; Kowalski, Ersatz, S. 75; MüHdbGesR IV/Wiesner, §26 Rn. 22; Planck, Aktionärsklagen, S.228; Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 371 f. 350 pjj r e j n e s o l c h e Möglichkeit in der Tat Flume, Die Juristische Person, §8 V 2 (S.305f.); GroßkommAktG-K. Schmidt, § 243 Rn. 50; Trescher, DB 1995, 661, 662; vgl. auch ihlas, Organhaftung, S. 102f.: „Nichtigkeitsfeststellungsklage" gegen den negativen Einforderungsbeschluß.

116

^ 2 Die actio pro socio

gegenüber der Gesellschaft zu verstoßen. Die positive Beschlußfeststellungsklage eines Aktionärs, mit deren Hilfe der Einforderungsbeschluß der Hauptversammlung nach § 1 4 7 1 A k t G erzwungen würde, müßte daher Erfolg haben. D a m i t indes würde das Q u o r u m des § 1 4 7 III A k t G unterlaufen; der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift jedem Versuch des Aktionärs eine Absage erteilt, als Einzelperson eine Klage der Gesellschaft zu erzwingen.

II. V e r b o t e n e A u s z a h l u n g e n D e m Aktionär steht des weiteren nicht die Befugnis zu, Zahlungen, die entgegen §§ 5 7 1 , 5 8 V A k t G an M i t a k t i o n ä r e geflossen sind, wieder in das Gesellschaftsvermögen zurückzufordern 3 5 1 ; denn § 6 2 A k t G gewährt ihm anders als den Gesellschaftsgläubigern kein hierauf gerichtetes Klagerecht. Diese Anordnung läßt nicht etwa die Annahme zu, es bestehe ein Gleichlauf zwischen den Klagerechten der Gläubiger einerseits und der Aktionäre andererseits 3 5 2 ; vielmehr hat der Gesetzgeber dort, w o er Einzelklagerechte der Aktionäre für zweckmäßig hielt, diese ausdrücklich angeordnet. Die Nichterwähnung der Aktionäre in § 6 2 A k t G erlaubt daher allein den Umkehrschluß, daß diesen eine Einzelklagebefugnis nicht zukommen sollte 3 5 3 . Ebensowenig überzeugt der Einwand, Ansprüche auf R ü c k g e w ä h r verbotener Auszahlungen würden ohne ein individuelles Klagerecht faktisch nie realisiert 3 5 4 : Die Gefahr, daß die Verwaltungsorgane die Rückforderung nicht mit dem gebotenen Nachdruck betreiben, hat der Gesetzgeber gesehen und deswegen den Gläubigern, aber gerade nicht den Aktionären ein eigenes Klagerecht verliehen. Er hat dies für ausreichend gehalten, um jener Gefahr vorzubeugen; daran ist der Rechtsanwender gebunden. G e w i ß ist es richtig, daß der Gesetzgeber mit den §§ 6 2 f f . , 9 3 V, 1 1 7 V A k t G den Gläubigern die Klagebefugnis deshalb zugebilligt hat, weil er in deren Person ein besonderes Schutzbedürfnis angenommen hat: Es soll sich nicht der Haftungsfonds dadurch mindern, daß Ansprüche der Gesellschaft nicht realisiert w e r d e n 3 5 5 . Hätte aber der Gesetzgeber ein vergleichbares Schutzbedürfnis der Aktionäre bejaht, so hätte nichts näher gelegen, als die Einzelklagebefugnis auf sie auszudehnen; da dies unterblieben ist, ist der Schluß gerechtfertigt, daß er ein solches Bedürfnis nicht gesehen h a t 3 5 6 . Die Einzelklagebefugnis 351 So aber Becker, Verwaltungskontrolle, S. 609f.; Lutter, ZHR 162(1998), 164,181 f.; enger Zöllner, ZGR 1988, 392, 402, 406: nur bei Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz 3 5 2 So aber Becker, Verwaltungskontrolle, S. 609 f. 3 5 3 Zutreffend Brondics, Aktionärsklage, S. 108; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 19; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 37, 122; gegen eine Einzelklage im Ergebnis auch Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 198 3 5 4 So aber Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 181f. 3 5 5 Mit diesem Argument bekämpft Banerjea, Gesellschafterklage, S. 184 den hier befürworteten Umkehrschluß 3 5 6 In § 93 V sehen denn auch einige Autoren mit Recht ein weiteres Hindernis für die Anerkennung von Einzelklagebefugnissen des Aktionärs bezüglich Schadensersatzansprüchen gegen Mit-

F. Die actio pro socio in der

Aktiengesellschaft

117

des Aktionärs ließe sich nur halten, wenn man neben dem Anspruch der Gesellschaft auf R ü c k g e w ä h r verbotener Auszahlungen einen konkurrierenden eigenen Anspruch des Aktionärs auf Leistung an die Gesellschaft annehmen k ö n n t e 3 5 7 ; doch läßt sich ein solcher Anspruch ebensowenig begründen wie in Personengesellschaft und G m b H .

III. D e r p r i m ä r e E i n l a g e a n s p r u c h Schließlich ist der Aktionär auch nicht befugt, den primären Einlageanspruch selbständig gerichtlich geltend zu machen. Für eine solche Befugnis spricht namentlich nicht die Überlegung, daß die Nichterfüllung der Einlageschuld das Finanzstatut der Gesellschaft und damit die Mitgliedschaft des Aktionärs verletze 3 5 8 ; anders als der Geschäftsführer einer G m b H hat der Vorstand einer A G in Erfüllung seiner Leitungsaufgabe (§ 7 6 I A k t G ) eigenverantwortlich zu entscheiden, o b er liquide Mittel von Seiten der Mitglieder benötigt 3 5 9 . In seine Ermessensentscheidung darf der Aktionär nicht durch eine Einzelklage eingreifen. Es bleibt daher dabei, daß gem ä ß § 6 3 I 1 A k t G allein der Vorstand die Einlagen einfordert.

IV.

Gesamtwürdigung

In ihrer Zusammenschau zeigen die hier diskutierten Vorschriften des A k t G somit eine klare Tendenz: Die Einzelklage des Aktionärs auf Erfüllung mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche ist vom Gesetz nicht g e w o l l t 3 6 0 . Die actio pro socio k o m m t daher außerhalb der konzernrechtlichen Sondernormen nicht in Betracht361.

glieder von Aufsichtsrat und Vorstand; vgl. Bayer, NJW 2000, 2609, 2613; Ihlas, Organhaftung, S. 104 f. 3 5 7 So in der Tat Banerjea, Gesellschafterklage, S. 184ff. 3 5 8 So aber Wellkamp, DZWiR 1994, 221, 224 3 5 9 Zutreffend Zöllner, ZGR 1988, 392, 402; gegen eine Einzelklagebefugnis des Aktionärs wegen des Einlageanspruchs auch Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.37, 82 3 6 0 Zutreffend Bayer, NJW 2000, 2609, 2613; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 81f. 361 Ebenso v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S. 90; Flume, Die Juristische Person, § 8 V 2 (S.306); Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 274f.; Ihlas, Organhaftung, S.105; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 344f.; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 5, 26f.; GroßkommAktG-K. Schmidt, §241 Rn.7; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.83f.; Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 371f.; Zöllner, ZGR 1988, 392, 407f.

118

§ 2 Die actio pro

G. Rechtshängigkeit

socio

und Rechtskraft bei der actio pro socio

I. Gesetzliche oder gewillkürte Prozeßstandschaft? Der Gesellschafter, der einen Sozialanspruch mit Hilfe der actio pro socio verfolgt, klagt als Prozeßstandschafter aus dem Recht der Gesellschaft; unklar erscheint, ob als gesetzlicher362 oder als gewillkürter 363 . Für letzteres wird ins Feld geführt, die Einzelklagebefugnis ergebe sich aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags364. Indes wäre auf dem Boden dieser Deutung nicht erklärbar, warum jene Befugnis im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann 365 : Enthält der Gesellschaftsvertrag eine solche Ausschlußklausel, so ist ihm die Einzelklagebefugnis gerade nicht mehr im Wege der Auslegung zu entnehmen. Daran, daß die actio pro socio im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann, ist seinerseits festzuhalten366: Sie greift immer dann ein, wenn die nach der Kompetenzordnung des Verbandes zuständigen Personen mitgliedschaftliche Leistungspflichten einzufordern versäumen, obwohl dies im Gesellschaftsinteresse geboten wäre. Soll in dieser Situation die Verfolgung des gemeinsamen Zwecks gleichwohl gelingen, muß das Verbandsrecht das mitgliedschaftliche Eigeninteresse hierfür mobilisieren. Die actio pro socio ist damit ein Fall der gesetzlichen Prozeßstandschaft. Die 3 6 2 Dafür Berger, Z H R 149 (1985), 599, 604f.; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 159ff.; MKUlmer, BGB, § 7 0 5 R n . 1 7 2 ; MüHdbGesR Vv.Ditfurth, § 4 7 R n . 7 0 ; MüHdbGesR YV/Wiesner, § 18 R n . 5 ; Röbricht-v. Gerkan, HGB, § 105 R n . 7 8 ; Stimpel, AG 1986, 117, 119; Winter, Treubindungen, S. 311 f.; ders., GmbHR 1998, 714f. 3 6 3 Dafür Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 516, 526ff.; Erman-Westermann, BGB, § 705 Rn. 55; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 14, 91; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 3 Rn. 6; Schütz, Sachlegitimation, S. 42; Soergel-Hadding, BGB, § 705 Rn. 50; Stein/Jonas-Bork, ZPO, Rn. 37a vor § 50. 364 Grunewald, Gesellschafterklage, S. 14, 69; Schütz, Sachlegitimation, S.42; für den Gesellschaftsvertrag und seine Auslegung als Grundlage der actio pro socio auch Hadding, J Z 1975, 1 5 9 , 1 6 4 ; ders., GesRZ 1984, 32, 42; Hassold, JuS 1980, 32, 34; Nitschke, Z H R 128 (1966), 48, 87; ähnlich Maatz, GmbHR 1974, 124, 127 stillschweigende wechselseitige Ermächtigung der Gesellschafter 3 6 5 Darauf weist mit Recht Winter, Treubindungen, S . 3 1 1 f . hin: ähnlich Höfler, JuS 1992, 388, 390f. 3 6 6 Ebenso Banerjea, Gesellschafterklage, S . 2 3 5 ; Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 1 3 Rn. 33; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.226f.; Fischer, Z G R 1979, 251, 2 6 1 ; Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV (S. 144); Hachenburg-Hüffer, GmbHG, § 46 Rn. 114; Martens, Konzernherrschaft, S.96f.; MK-Schmidt, HGB, § 1 0 5 R n . 1 4 4 ; Scblegelberger-K. Schmidt, HGB, § 1 0 5 Rn. 174; Scholz-Emmerich, GmbHG, § 1 3 R n . 4 5 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.462); jedenfalls für die GmbH auch C. Schäfer, Geschäftsanteil, S. 318f.; ähnlich Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 15: im Kern unentziehbar; Röhncht-v.Gerkan, HGB, § 1 0 5 R n . 7 9 : kann im Grundsatz nicht entzogen werden; einschränkend Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 5 2 7 : actio pro socio kann ausgeschlossen werden, wenn dem Gesellschafter ein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird; Ebenroth-Boujong, HGB, § 105 Rn. 153: actio pro socio kann eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen werden; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 192f.; MK-Enzinger, HGB, § 119 R n . 6 8 ; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 R n . 2 5 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 5 III 2 (S.274): actio pro socio in den Grenzen des § 118 II HGB unverzichtbar. Aber selbst mit diesen Einschränkungen ist die actio pro socio aus dem im Text genannten Grund nur als gesetzliche Prozeßstandschaft erklärbar.

G. Rechtshängigkeit

119

und Rechtskraft bei der actio pro socio

von der Gegenansicht vermißte Rechtsgrundlage für die Anerkennung einer gesetzlichen Prozeßstandschaft 3 6 7 findet sich in § 7 0 5 B G B , der als Grundnorm des gesamten Verbandsrechts fungiert: Die actio pro socio ist rechtsfortbildend mit dem Ziel entwickelt worden, die gemeinsame Zweckverfolgung zu effektuieren. § 7 0 5 B G B vermag zwar keinen Leistungsanspruch des Gesellschafters aus eigenem R e c h t , wohl aber eine auf die Leistung an die Gesellschaft gerichtete Klagebefugnis zu begründen.

II. Prozeßstandschaft und Rechtskrafterstreckung 1. Die herrschende Lehre: Differenzierung zwischen gewillkürter gesetzlicher Prozeßstandschaft

und

Die herrschende Prozeßrechtslehre differenziert bei den Rechtswirkungen der Prozeßstandschaft danach, o b es sich um eine gewillkürte oder eine gesetzliche handelt. Bei der gewillkürten Prozeßstandschaft sollen Rechtshängigkeit

und

Rechtskraft auch gegen den Rechtsträger selbst wirken; denn dieser habe sein Recht freiwillig der fremden Prozeßführung anvertraut und müsse nunmehr mit dem Ergebnis l e b e n 3 6 8 . Die gesetzliche Prozeßstandschaft werde dagegen dem Rechtsträger aufgedrängt. An das vom Prozeßstandschafter erstrittene Urteil sei er folglich nur dann gebunden, wenn ihm selbst die Prozeßführungsbefugnis genommen sei. In einem solchen Fall diene die Prozeßstandschaft auch dem Interesse des Rechtsträgers; diesem sei die Rechtskrafterstreckung daher zumutbar. Bleibe demgegenüber der Rechtsträger befugt, den Anspruch selbst gerichtlich zu verfolgen, so wirkten weder Rechtshängigkeit noch Rechtskraft der vom Prozeßstandschafter erhobenen Klage gegen i h n 3 6 9 . U m einen eben solchen Fall handelt es sich bei der actio pro socio: Die Gesellschaft ist an einer eigenen Klageerhebung nicht gehindert 3 7 0 ; mehr noch: Der Gesellschafter hat, bevor er im Wege der actio pro socio vorgeht, auf eine Klageerhe-

Vgl. die Kritik bei Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 525f. Insoweit allg.M.; vgl. RGZ 73, 306, 309; BGHZ 78, 1, 7; 123, 132, 135f.; BGH NJW 1988, 1585, 1586; Bork, ZGR 1991, 125, 140f.; Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S.79f.; Calavros, Urteilswirkungen, S. 58; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 98ff.; U. Huber, JuS 1972, 621, 626; Kass, Prozeßstandschaft, S.428, 473; G. Lüke, ZZP 76 (9163), 1, 29; W. Lüke, ZGR 1994,266,285; MK-Gottwald, ZPO, § 325 Rn.47; Musielak-Weth, ZPO, § 5t Rn. 36; MusielakMusielak, ZPO, §325 Rn.22; Pawlowski, JuS 1990, 378, 382; Schuck, NJW 1988, 865, 869; Stein/]onas-Leipold, ZPO, §325 Rn.62; Thomas/Putzo, ZPO, §51 Rn.40; Wieczorek-Hausmann, ZPO, Rn.62 vor §50. 3 6 9 BGHZ 79, 245, 247f.; Banerjea, Gesellschafterklage, S.227; Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S. 76; Calavros, Urteilswirkungen, S. 55ff.; Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S. 66f.; MK-Goffwald, ZPO, § 325 Rn. 38f.; Musielak-Weth, ZPO, § 51 Rn. 36; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §46 Rn.58f.); Schack, NJW 1988, 865, 867; Sinianotis, ZZP 79 (1966), 78, 90ff.; Stein/]onas-Leipold, ZPO, §325 Rn.54. 370 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 164; Höfler, JuS 1992, 388, 392. 567

368

120

§ 2 Die actio pro socio

bung durch die Gesellschaft hinzuwirken. Diejenigen Autoren, welche in der actio pro socio eine gewillkürte Prozeßstandschaft erblicken, sind hierdurch freilich nicht gehindert, die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter an die Rechtshängigkeit der actio pro socio sowie an die Rechtskraft des darauf ergehenden Urteils zu b i n d e n 3 7 1 . N i m m t man hingegen wie hier eine gesetzliche Prozeßstandschaft an, so wirkt auf dem Boden der h.L. das auf die actio pro socio ergangene Urteil nicht Rechtskraft gegen die Gesellschaft 3 7 2 . Ebensowenig hindert dann die Rechtshängigkeit der actio pro socio die Gesellschaft an einer eigenen K l a g e 3 7 3 ; es soll sogar eine spätere Klage der Gesellschaft die Prozeßführungsbefugnis des Gesellschafters trotz bereits rechtshängiger actio pro socio entfallen lassen 3 7 4 . Das, so wird argumentiert, sei auch im Ergebnis sachgerecht: Binde man die Gesellschaft an das vom Gesellschafter erstrittene Urteil und umgekehrt, so bestehe die Gefahr, daß derjenige, der zuerst die Klage erhebe, den Anspruch durch nachlässige Prozeßführung leichtfertig preisgebe 3 7 5 . Die Rechtskraft des auf die actio pro socio ergangenen Urteils könne schon deshalb nicht gegen die Gesellschaft wirken, weil sonst auch die übrigen Gesellschafter nicht mehr klagen könnten und daher deren Rechtsschutz abgeschnitten w e r d e 3 7 6 . Der per actio pro socio verklagte Gesellschafter soll ferner im Wege der negativen Feststellungsklage gegen die Gesellschaft das Nichtbestehen seiner Leistungspflicht geltend machen k ö n n e n 3 7 7 .

2. Das Kriterium

der

Zumutbarkeit

N e b e n der soeben dargestellten h.L. existieren weitere Versuche, die Rechtskraft eines in Prozeßstandschaft erstrittenen Urteils auf den Rechtsträger zu erklären. So ist vorgetragen worden, der Gesetzgeber habe das Problem der Rechtskrafterstreckung solcher Urteile in Teilbereichen erkannt. So erfasse die Erstreckung auf den Rechtsnachfolger auch den Fall, daß die Rechtsnachfolge durch Veräußerung während des Prozesses eingetreten sei. In diesem Fall klage der Veräußerer, wenn Vgl. Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 524; Grunewald, Gesellschafterklage, S.44, 57f., 91 f. So in der Tat RGZ 171, 51,55; Ebenroth-Boujong, HGB, § 105 Rn. 154; Flume, Die Personengesellschaft, § 8 V 2 (S.305); Großfeld, Aktiengesellschaft, S.309f.; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 175; MK-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn.203; Müther, MDR 1998, 625, 626; Pawlowski, JuS 1990, 378, 380; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 105 Rn. 80; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 177; Staub-Ulmer, HGB, §105 Rn.269; Stein/]onas-Leipold, ZPO, §325 Rn.59; Winter, Treubindungen, S.319. 3 7 3 So ausdrücklich Ebenroth-Boujong, HGB, § 105 Rn. 154; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 175; MK-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn.203; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 177. 374 Ebenroth-Boujong, HGB, § 105 Rn. 154; MK-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn.203; Röhrichtv.Gerkan, GmbHG, § 105 Rn. 80; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 177; Scholz-Emmerich, GmbHG, §13 Rn.53; Staub-Ulmer, HGB, §105 Rn.269; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, §8 IV 1 c (S.461); Winter, Treubindungen, S.319. 375 Berger, ZHR 149 (1985), 599, 608f.; aufgegeben in Berger, Prozeßstandschaft, S.279: Gefahr nachlässiger Prozeßführung durch den Gesellschafter sei kein Argument, da die Gesellschaftsorgane sich gänzlich gegen die Einforderung ausgesprochen hätten 376 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.166 3 7 7 MK-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn.302; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 177. 371

372

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft

bei der actio pro

socio

121

die Rechtskraft des Urteils sich auf den Nachfolger erstrecke, gemäß § 265 III ZPO als befugter Prozeßstandschafter. Dies sei gemäß § 325 II ZPO der Fall, wenn der Rechtsnachfolger bei Erwerb der Sache oder des Rechts bösgläubig gewesen sei oder ein gutgläubiger Erwerb nicht in Betracht komme. § 327 ZPO binde den Erben an ein vom Testamentsvollstrecker erstrittenes Urteil. Den §§325 I 2. Alt., 327 I ZPO liege ein allgemeines Prinzip zugrunde: Der Rechtsträger müsse die Rechtskraft des Urteils gegen sich gelten lassen, wenn ihm dies zumutbar sei. Dies sei immer dann der Fall, wenn er der Prozeßführung durch den Rechtsfremden zugestimmt oder die Prozeßstandschaft in seinem Interesse geschaffen worden sei, nicht aber, wenn die Prozeßführungsbefugnis im Interesse des Prozeßstandschafters bestehe 378 . Diese Lehre müßte im Falle der actio pro socio ausnahmslos zu einer Bindung der Gesellschaft an das vom Gesellschafter erstrittene Urteil gelangen; denn mit Hilfe der actio pro socio verteidigt der Kläger das Gesellschaftsinteresse, welches seiner Ansicht nach von den übrigen Gesellschaftern bzw. dem Geschäftsleitungsorgan vernachlässigt worden ist. 3. Das Kriterium der

Verfügungsbefugnis

Der Gesetzgeber der ZPO ging 1877 noch davon aus, daß nur solche Personen über einen Anspruch vor Gericht streiten können, die nach materiellem Recht dessen Inhaber sind (sog. materieller Parteibegriff). Die Rechtsfigur der Prozeßstandschaft entwickelte sich erst, als man dazu überging, auch Rechtsfremden die Prozeßführung zu eröffnen 3 7 9 . Auf dem Boden dieser dogmengeschichtlichen Zusammenhänge wird argumentiert, der Begriff „Partei" sei zumindest in solchen Vorschriften weiterhin im Sinne der materiellen Partei zu interpretieren, in denen die Funktion des Parteibegriffs dies gebiete. Wenn etwa § 325 I l.Alt. ZPO die Rechtskraft des Urteils gegen die Parteien wirken lasse, so seien damit die Parteien im materiellen Sinne gemeint 380 . Das müsse gerade dann gelten, wenn ein Prozeßstandschafter das Urteil erstritten habe; denn es ergebe wenig Sinn, sodann den Rechtsnachfolger des Standschafters an das Urteil zu binden. Die auf dem Boden dieses Ansatzes an sich gebotene Folgerung, daß in sämtlichen Fällen zulässiger Prozeßstandschaft das Urteil gegen den Rechtsträger wirkt (eben weil dieser „materielle" Partei ist), wird freilich nicht mit letzter Konsequenz gezogen. Vielmehr soll die Rechtskrafterstreckung von der weiteren Voraussetzung abhängig sein, daß der Standschafter berechtigt sei, über das streitige Recht zu verfügen 381 . Denn der Prozeßführung könne eine verfügungsähnliche Wirkung zukommen 3 8 2 , welche der 378

Kass, Prozeßstandschaft, S.432ff.; kritisch Berger, Prozeßstandschaft, S.35. Vgl. nur Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.5f.; Kass, Prozeßstandschaft, S . 4 4 2 . 380 Grunsky, Veräußerung, S.179; Henckel, Parteilehre, S. 139; ders., Z Z P 70 (1957), 4 4 8 , 4 5 6 f., 4 6 1 f. 381 Henckel, Parteilehre, S . 4 1 f f . Z u s t i m m e n d U. Huher, JuS 1972, 621, 626; Thomas/Putzo, ZPO, §51 Rn.24. 382 Henckel, Parteilehre, S.45; d e m folgend Winte, Streitgenossenschaft, S. 54. Dieser Ver379

122

§2 Die actio pro

socio

Standschafter nicht ohne eine aus dem materiellen Recht gespeiste Legitimation dürfe herbeiführen können 3 8 3 . N a c h dieser Lehre könnte das auf eine actio p r o socio ergangene abweisende Sachurteil niemals Rechtskraft gegen die Gesellschaft wirken; denn über Ansprüche der Gesellschaft k a n n der Gesellschafter nicht verfügen 3 8 4 . Wohl aber w ü r d e ein stattgebendes Urteil Rechtskraft zugunsten der Gesellschaft wirken; denn die Rechtskraft obsiegender Urteile soll sich auch ohne Verfügungsbefugnis auf den Rechtsträger erstrecken 3 8 5 .

4. Die

„Insolvenzprobe"

Nicht nur der Begriff der „Partei" in § 325 I l.Alt., sondern auch der des „Rechtsnachfolgers" in § 3 2 5 I 2.Alt. Z P O wurde für die Frage der Rechtskrafterstreckung in Prozeßstandschaftsfällen fruchtbar zu machen versucht. „Rechtsnachfolge" bedeute nicht Nachfolge in die umstrittene materielle Rechtsposition, sondern in die daraus fließende Prozeßführungsbefugnis 3 8 6 . Folge der Standschafter dem Rechtsträger in dessen Prozeßführungsbefugnis nach, so erstrecke sich auch die Rechtskraft des von ihm erstrittenen Urteils auf diesen 3 8 7 . Verleihe dagegen das Gesetz dem Standschafter eine eigene, nicht vom Rechtsträger abgeleitete Berechtigung, so lasse sich eine Rechtskraftbindung nicht begründen 3 8 8 . Das entscheidende Kriterium dafür, w a n n eine eigenständige und w a n n lediglich eine von der Stellung des Rechtsinhabers abgeleitete Prozeßführungsbefugnis vorliegt, wird im Fortbestand oder Wegfall der Prozeßführungsbefugnis in der Insolvenz des Rechtsinhabers gesehen: Bestehe sie fort, liege eine eigene, falle sie weg, liege eine lediglich abgeleitete Prozeßführungsbefugnis vor 3 8 9 . N a c h diesen Grundsätzen müßte im Fall der actio p r o socio wohl eine abgeleitete Prozeßführungsbefugnis und damit eine Rechtskrafterstreckung des hierauf ergehenden Urteils auf die Gesellschaft angenommen werden; denn für die actio p r o socio ist in der Insolvenz der Gesellschaft kein Raum: M i t der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über ( § 8 0 I InsO), weil der Gesellschaft und ihren Organen ein sachgerechter Umgang mit gleich zwischen P r o z e ß f ü h r u n g und Verfügung hat vor allem in der Vorkriegsliteratur weite Verbreitung gefunden; vgl. das ausführliche Referat des damaligen Streitstandes bei Kass, Prozeßstandschaft, S . 3 6 0 f f . ; aus späterer Zeit Coetzke, Ablehnung S.80ff.; Grunsky, Z Z P 76 (1963), 4 9 , 53. 383 Henckel, Z Z P 70 (1957), 4 4 8 , 4 6 2 f . 384 Vgl. Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 159; Hadding, Actio p r o socio, S. 102; dagegen will Grunewald, Gesellschafterklage, S.59f., 92 dem Gesellschafter die Befugnis zubilligen, zur flexiblen Reaktion auf das Prozeßgeschehen einen gerichtlichen (nicht aber einen außergerichtlichen) Vergleich über den Anspruch zu schließen. 385 Henckel, Parteilehre, S . 2 1 4 für den Fall der Mitberechtigung 386 Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 85, 89. 387 Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 8 5 ff. 388 Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S . 8 5 f . am Beispiel des § 1368 BGB 389 Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 85ff.; kritisch dazu Berger, Prozeßstandschaft, S. 5 7 f f .

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft

bei der actio pro

socio

123

dem verbliebenen Vermögen nicht mehr zugetraut wird. Gewiß ist auch die actio pro socio ein Instrument, das immer dann einsetzt, wenn die Gesellschaftsorgane versagen, so daß man aus diesem Grunde die Prozeßführungsbefugnis des Gesellschafters fortbestehen lassen könnte. Die möglichst weitgehende und gleichmäßige Befriedigung der Masse- und der Insolvenzgläubiger gebietet indes eine M o nopolisierung der Verwaltungszuständigkeit beim Insolvenzverwalter; damit verträgt es sich nicht, wenn gegen dessen Willen ein Prozeß um einen zur Masse gehörigen Anspruch fortgesetzt werden kann 3 9 0 . Wo der Gesetzgeber die actio pro socio ausdrücklich geregelt hat, hat er dies ganz offensichtlich ebenso gesehen: Nach § 3 0 9 IV 5 AktG wird die Befugnis des Aktionärs einer vertraglich beherrschten Gesellschaft, deren Ansprüche wegen rechtswidriger Konzernleitungsmaßnahmen gegen das herrschende Unternehmen geltend zu machen, für die Dauer des Insolvenzverfahrens suspendiert; klagebefugt ist allein der Insolvenzverwalter 3 9 1 . Freilich hat der B G H für den nach § 1 4 7 AktG bestellten Sondervertreter entschieden, daß dieser mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht automatisch die Berechtigung verliere, die von der Hauptversammlung oder kraft Minderheitenvotums beschlossene Verfolgung der Ersatzansprüche fortzusetzen. Denn der Sondervertreter sei im Umfang der ihm erteilten Ermächtigung gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft; über die ihm damit verliehene Organstellung könne der Insolvenzverwalter nicht verfügen 3 9 2 . Wäre diese Ansicht richtig, so müßte man zumindest darüber nachdenken, ob nicht auch die Prozeßführungsbefugnis des Einzelaktionärs die Eröffnung des Insolvenzverfahrens überdauert. Die Ansicht des B G H überzeugt indes nicht: Der Insolvenzverwalter, der die Prozeßführung anstelle der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft an sich zieht, verfügt nicht über deren Organstellung, sondern zieht die in § § 8 5 InsO, 2 4 0 Z P O vorgesehene Konsequenz aus dem Umstand, daß die Gesellschaft ihre Befugnis zur Verwaltung ihres Vermögens hat; konsequent ist jene Befugnis auch den Organen der Gesellschaft entzogen. Der Sondervertreter muß dem Insolvenzverwalter ebenso weichen, wie es sonst der Vorstand oder, wenn dieser Beklagter ist, der Aufsichtsrat ( § 1 1 2 AktG) müßte. Als Ergebnis ist festzuhalten, daß ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich der Insolvenzverwalter zur Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft befugt ist. Jede andere Person, klage sie nun als Sondervertreter oder als Prozeßstandschafter, ist fortan von der Geltendmachung des Anspruchs ausgeschlossen. Im Sinne der oben referierten Auffassung müßte konsequent die actio pro socio, da sie durch Insolvenzeröffnung erlischt, als abgeleitete Befugnis betrachtet werden; jene Auffassung müßte konsequent zu einer Bindung der Gesellschaft an das vom Gesellschafter erstrittene Urteil eintreten.

390 391 392

Im Ergebnis wie hier Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 515, 5 4 0 . Vgl. Ihlas, Organhaftung, S. 114. BGH N J W 1981, 1099.

124

§2 Die actio pro

socio

III. Die verbandsrechtliche Zielsetzung der actio pro socio Wäre es richtig, daß die Gesellschaft ein vom Gesellschafter erstrittenes Urteil, namentlich ein ungünstiges, nicht gegen sich gelten zu lassen braucht und umgekehrt, so müßte der Beklagte befürchten, sowohl von der Gesellschaft als auch von einem, ggf. sogar mehreren Gesellschaftern nacheinander in Anspruch genommen zu werden; die rechtskräftige Abweisung der einen Klage schützte ihn nicht davor, erneut und dann mit Erfolg in Anspruch genommen zu werden. Aus verbandsrechtlicher Sicht kann dies Ergebnis bereits im Ansatz nicht überzeugen: Die actio pro socio soll im Interesse der effektiven Zweckverfolgung bewirken, daß der Beklagte überhaupt zur Erfüllung seiner Förderpflichten angehalten wird; es soll also wenigstens ein Prozeß ermöglicht werden, der nicht zustande käme, wenn die Geschäftsführung und/oder die Gesellschaftermehrheit ihn mit Hilfe der Blockademacht, die ihnen nach der jeweiligen Verbandsverfassung zusteht, verhindern könnten. Eine Vervielfältigung der Klagebefugnis in dem Sinne, daß gegen den Beklagten mehrere, auf das gleiche Ziel gerichtete Prozesse ermöglicht werden, schießt jedoch über das Ziel der actio pro socio hinaus.

IV. Stellungnahme Unter dem Blickwinkel prozeßrechtlicher Dogmatik überzeugt denn auch allein das Ergebnis, daß bei zulässiger Prozeßstandschaft die Rechtskraft des Urteils immer auch gegen den Rechtsträger wirkt. 1. Die Irrelevanz ausschließlicher

oder kumulativer

Prozeßführungsbefugnis

Die h.L., wonach der Rechtsträger an die Rechtskraft des vom Standschafter erstrittenen Urteils gebunden ist, wenn diesem die ausschließliche, nicht aber, wenn ihm nur eine konkurrierende Prozeßführungsbefugnis zukommt, ist das Ergebnis einer Interessenabwägung, und zwar einer solchen aus der Perspektive des Rechtsträgers. Wechselt man die Vergleichsperspektive und nimmt man den Standpunkt des Prozeßgegners ein, so muß jene Abwägung diametral entgegengesetzt ausfallen 393 : Bleibt der Rechtsträger zur Prozeßführung befugt, so läuft der Gegner Gefahr, einen weiteren Prozeß über sich ergehen lassen zu müssen, so daß grade deshalb die Rechtskrafterstreckung geboten ist; demgegenüber ist bei ausschließlicher Prozeßführungsbefugnis der Gegner zumindest so lange vor einem weiteren Prozeß gefeit, als die Prozeßstandschaft andauert, so daß ihn eine fehlende Bindung des Rechtsträgers nicht so hart trifft. Warum aber bei der Abwägung gerade das Interesse des Rechtsträgers dominieren soll, hat die h.L. nicht einmal zu erklären 3 9 3 Zu diesem Ergebnis gelangen, den Standpunkt der von ihnen letztlich verworfenen h.L. fortdenkend, auch Berger, Prozeßstandschaft, S.30f.; Kass, Prozeßstandschaft, S.426f.

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft bei der actio pro socio

125

versucht. Die Annahme der h.L., der ausschließliche Prozeßstandschafter nehme typischerweise die Interessen des Rechtsträgers wahr, der konkurrierende dagegen n i c h t 3 9 4 , ist darüber hinaus in der Sache verfehlt: Der prominenteste Fall ausschließlicher Prozeßführungsbefugnis eines Rechtsfremden, nämlich die Insolvenzverwaltung, belegt das Gegenteil. Der Insolvenzverwalter ist nicht allein, ja nicht einmal in erster Linie den Interessen des Schuldners, sondern denen der Gläubiger verpflichtet.

2 . Die Irrelevanz

der

Verfügungsbefugnis

K a u m besser ist es um die Überzeugungskraft der Ansicht bestellt, w o n a c h zwar der Rechtsträger als materielle Partei grundsätzlich an die Rechtskraft des gegen den Standschafter ergangenen Urteils gebunden sein soll, jedoch dann nicht, wenn es diesem an der materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis f e h l e 3 9 5 . Nicht unproblematisch ist bereits die Prämisse, daß § 3 2 5 I l . A l t . Z P O nur die „materielle" Partei anspricht: D a n n wäre der Prozeßstandschafter nicht an die Rechtskraft gebunden, obwohl er als richtige Partei den Prozeß geführt h a t 3 9 6 . Jedenfalls aber ist das Kriterium der Verfügungsbefugnis ungeeignet, den Umfang prozessualer Bindung zu bestimmen. M i t ihr ließe sich die Bindung allenfalls in Aktiv-, nicht aber in Passivprozessen e r k l ä r e n 3 9 7 : Der passive Prozeßstandschafter nimmt von vornherein keine Handlung vor, welche sich mit einer Verfügung gleichsetzen ließe, sondern wehrt sich gegen eine behauptete Leistungspflicht, eine begehrte Feststellung oder Rechtsgestaltung. Allenfalls könnte man als „Verfügungsbefugnis" die Rechtsmacht des Prozeßstandschafters begreifen, den Rechtsträger mit seinem Vermögen zu verpflichten;

doch würde damit der rechtsdogmatische Ausgangs-

punkt verlassen: Bezugspunkt der aktiven Prozeßführungsbefugnis wäre dann der konkrete Streitgegenstand, der passiven dagegen das gesamte Vermögen des Rechtsträgers 3 9 8 . Verfügungsähnliche Wirkungen zu Lasten des Beklagten haben allenfalls M a ß n a h m e n der Zwangsvollstreckung 3 9 9 . Akzeptierte man gleichwohl die Gleichsetzung von Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis in Passivprozessen, so wäre immer noch keine lückenlose Erklärung der Rechtskrafterstreckung gewonnen; denn worin etwa bei Unterlassungsurteilen die „Verfügung" des passi-

So Sinianotis, ZZP 79 (1966), 78, 91 f.; dagegen wie hier Berger, Prozeßstandschaft, S. 31 ff. Kritisch auch Calavros, Urteilswirkungen, S. 51 f.; W. Lüke, Beteiligung, S. 100 mit Fn. 39; Sinianotis, ZZP 79 (1966), 78, 80f. 3 9 6 Zutreffend Berger, Prozeßstandschaft, S.46f.; Calavros, Urteilswirkungen, S.77; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 84; kritisch zum Verständnis des Parteibegriffs in § 325 I l.Alt ZPO im Sinne der materiellen Partei auch Kass, Prozeßstandschaft, S.422ff.; Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S. 39 3 9 7 Überzeugend Berger, Prozeßstandschaft, S.49 3 9 8 Darauf weisen mit Recht Berger, Prozeßstandschaft, S. 97; Windel, Interventionsgrund, S. 54 hin 399 Kass, Prozeßstandschaft, S. 131. 394 395

126

§2 Die actio pro

socio

ven Prozeßstandschafters liegen soll, ist nicht ersichtlich 4 0 0 . Aber selbst in Aktivprozessen trägt die Verfügungsbefugnis nichts zur Klärung der Rechtskraftbindung bei. Denn eine Verfügung über das streitige Recht läge in der H e r b e i f ü h r u n g eines Urteils hierüber nur dann, w e n n jenes Urteil der materiellen Rechtslage widerspräche und sich dies zudem als Folge prozessualen Fehlverhaltens des Standschafters darstellen ließe 401 . Bereits das ist die vom Gesetz nicht vorgesehene Ausnahme 4 0 2 . Außerdem zeigen gerade die § § 2 6 5 , 325 Z P O , d a ß Rechtskrafterstreckung und Verfügungsbefugnis in Prozeßstandschaftsfällen nicht notwendig miteinander zusammenhängen 4 0 3 ; denn der Veräußerer ist nach Übertragung seines Rechts auf den Erwerber gerade nicht mehr verfügungsbefugt.

3. Ein Anspruch

- eine

Klagebefugnis

Der Prozeßstandschafter streitet über das gleiche Recht, welches auch der Rechtsträger geltend machen würde, w e n n er selbst prozessierte. Es ist mehrfach und mit Recht darauf aufmerksam gemacht worden, daß es vor diesem Hintergrund dem Prozeßgegner nicht zuzumuten ist, sich auf einen Prozeß einlassen zu müssen, dessen Ergebnis nicht gegen den Rechtsträger wirkt 4 0 4 . Die überzeugende dogmatische Begründung für eine umfassende Rechtskrafterstreckung hat in jüngerer Zeit Christian Berger vorgelegt 4 0 5 : Die Beteiligung an einem Rechtsverhältnis beinhaltet die Befugnis, über dies Verhältnis vor Gericht zu streiten. Diese Befugnis besteht auf Seiten des Berechtigten wie des Verpflichteten: Der Berechtigte kann z.B. eine Leistung begehren, der Verpflichtete die negative Feststellungsklage mit dem Ziel erheben, das Nichtbestehen der Leistungspflicht festzustellen 4 0 6 . Die Prozeßführungsbefugnis ist Ausfluß der materiellen Berechtigung bzw. Verpflichtung 4 0 7 und somit ausschließlich den Subjekten des materiellen Rechtsverhältnisses zugewiesen 4 0 8 ; sie erklärt sich aus der Tatsache, d a ß jemand, dem ein Recht zusteht, im Streitfall verlangen k a n n ,

400

Z u t r e f f e n d Windel, Interventionsgrund, S.57. Z u t r e f f e n d Berger, Prozeßstandschaft, S. 96f.; Kass, Prozeßstandschaft, S.418f.; gegen die Gleichsetzung von Urteil und Verfügung auch Calavros, Urteilswirkungen, S. 92; Dimaras, Verfahrensbeteiligung, S.44; Koussoulis, Beiträge, S. 112f.; Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S . 2 6 f . ; W. Lüke, Beteiligung, S. 143; Schuck, N J W 1988, 865, 872. 402 Sinianotis, Z Z P 79 (1966), 78, 83f. 403 Z u t r e f f e n d Calavros, Urteilswirkungen, S. 5 1 f.; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 85; Sinianotis, Z Z P 79 (1966), 78, 84. 404 Bettermann, Vollstreckung, S. 86; Grunsky, Grundlagen, § 2 8 I 6 (264); speziell für die actio p r o socio Krieger, Z H R 163 (1999), 343, 3 5 0 ; besonders prononciert Häsemeyer, Z Z P 101 (1988), 385, 4 0 4 : Bindung des Rechtsträgers als „Existenzbedingung" der Prozeßstandschaft. 405 Berger, Prozeßstandschaft, passim (genauere Z i t a t e im folgenden). Tendenziell zustimmend Zöller-Vollkommer, Z P O , R n . 3 9 vor § 5 0 . 406 Berger, Prozeßstandschaft, S. 102 f. 407 So auch Balzer, N J W 1992, 2 7 2 1 , 2 7 2 6 ; Kass, Prozeßstandschaft, S. 142; Wagemeyer, Parteiwechsel, S. 52. 408 Berger, Prozeßstandschaft, S . 1 0 5 , 130f. 401

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft

bei der actio pro

socio

127

daß ein staatliches Gericht hierüber entscheidet 409 . Sie beinhaltet die Befugnis, einen Prozeß einzuleiten (Prozeßeröffnungsbeiugms) und innerhalb des Prozesses dessen Erledigung durch Prozeßhandlungen zu fördern (Prozeßhandlungsbefugnis) 410 . Wenn nun jemand anders als der Rechtsträger den Streit über das Rechtsverhältnis führt, so tut er es niemals (selbst nicht in den Fällen ausschließlicher Prozeßstandschaft) kraft eigener, sondern immer in Ausübung der dem Rechtsträger zustehenden und daher von ihm abgeleiteten Prozeßführungsbefugnis 411 . Er übt kraft rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Ermächtigung die prozessualen Befugnisse des Rechtsträgers aus 412 . Rechtspositionen aus einem materiellen Rechtsverhältnis sind aber dem Rechtsträger immer nur zur einmaligen Ausübung zugewiesen 413 . So ist selbst dann, wenn eine Forderung mehreren Berechtigten zugewiesen ist, der Schuldner immer nur zu einer Leistung verpflichtet 414 ; sobald Erfüllung eintritt, ist die Rechtsposition „Forderung" ausgeübt und erloschen. Konsequent kann über ein und dieselbe materielle Rechtsposition auch nur einmal Rechtsschutz begehrt werden 415 , mit anderen Worten: Die Prozeßeröffnungsbefugnis ist in der Prozeßführungsbefugnis nur einmal enthalten 416 . Das ändert sich auch dann nicht, wenn Rechtsträger und Prozeßführungsbefugter personell auseinanderfallen 417 : Die Eröffnungsbefugnis kann nur entweder der Rechtsträger oder der Prozeßstandschafter ausüben. Konsequent ist der Rechtsträger nach Rechtshängigkeit einer vom Standschafter erhobenen Klage gemäß §261 III Nr. 1 ZPO gehindert, eine eigene zu erheben 418 . Nun führt die Ausübung prozessualer Kompetenzen schrittweise zu einer prozessualen Bindung, die sich im Verlauf des Prozesses zunehmend verstärkt 419 . So bleibt der klagende Rechtsträger selbst bei Veräußerung der Streitsache dem Prozeß verhaftet (§265 ZPO), kann nach Beginn der mündlichen Verhandlung die Klage nicht mehr einseitig zurücknehmen (§269 ZPO) und nicht mehr ohne weiteres den Gegenstand des Prozesses ändern (§263 ZPO). Auf Beklagtenseite tritt eine Verstärkung der Bindung namentlich durch den Verlust von nicht rechtzeitig erhobenen Zuständigkeits- und Zulässigkeitsrügen ein (§§39, 295 ZPO). So ist denn konsequent auch die Rechtskraftbindung Folge der Ausübung prozessualer Kompetenzen 420 . Sie ist Korrelat der Befugnis, einen Prozeß zu eröffnen und sein Ergebnis zu beeinflussen, und damit eine besondere Ausprägung der Privatautono409 410 411 412 415 414 415 4,6 417 418 419 420

Vgl. Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S.57. Berger, Prozeßstandschaft, S.87. Berger, Prozeßstandschaft, S. 105. Berger, Prozeßstandschaft, S.117, 130f. Berger, Prozeßstandschaft, S. 146. Berger, Prozeßstandschaft, S. 131. Berger, Prozeßstandschaft, S.146. Berger, Prozeßstandschaft, S.92. Berger, Prozeßstandschaft, S. 102f. Berger, Prozeßstandschaft, S.202f. Z u m Folgenden Berger, Prozeßstandschaft, S.136ff. Berger, Prozeßstandschaft, S. 140.

128

5 2 Die actio pro

socio

mie 421 : Wer einen Rechtsstreit eröffnet, muß mit dem Ergebnis leben. Das bedeutet für den Fall der Prozeßstandschaft, daß der Rechtsträger an das Ergebnis des vom Standschafter geführten Prozesses ebenso gebunden ist, wie er es bei einem von ihm selbst geführten Prozeß wäre 422 : Denn es waren seine Prozeßhandlungsbefugnisse, die der Prozeßstandschafter in von ihm abgeleiteter Zuständigkeit im Prozeß ausgeübt hat 4 2 3 . Die Bindung an das Urteil trifft den Rechtsträger selbst bei fehlsamer Prozeßführung durch den Prozeßstandschafter 424 ; Abweichendes gilt lediglich dann, wenn der Standschafter die Prozeßführungsbefugnis evident mißbraucht 425 . Besteht die Prozeßführungsbefugnis tatsächlich nicht, wurde sie aber im Prozeß des Standschafters geprüft und bejaht, so steht dem Rechtsträger die Wiederaufnahme des Verfahrens analog § 5791 Nr. 4 ZPO offen 426 . Müßte der Beklagte sich zweimal auf einen Prozeß über denselben Anspruch einlassen, und hätte konsequent der Rechtsträger nach beendetem Prozeß des Standschafters eine zweite Chance, zu einem günstigen Urteil über seinen Anspruch zu gelangen, so würde die Chancengleichheit im Prozeß und damit Art. 3 I GG verletzt 427 . 4.

Folgerungen

Dies alles führt für die actio pro socio dem Ergebnis, daß die Rechtskraft des auf sie ergehenden Urteils auch für und gegen die Gesellschaft wirkt 428 . Es entfällt damit auch ein Bedürfnis für die negative Feststellungsklage des Gesellschafters gegen die Gesellschaft, um das Nichtbestehen seiner Leistungspflicht gerichtlich klären zu lassen: Die Klagabweisung gegenüber dem Gesellschafter stellt dies bereits mit Wirkung auch gegen die Gesellschaft fest. Umgekehrt wirkt das Urteil zugunsten der Gesellschaft, wenn der Gesellschafter mit seiner Klage Erfolg hatte: Die Leistung des Beklagten an die Gesellschaft wird in ihrem Rechtsgrund durch das Vgl. Häsemeyer, AcP 188 (1988), 140, 162. Berger, Prozeßstandschaft, S.142, 179. 423 Berger, Prozeßstandschaft, S. 142. 424 Berger, Prozeßstandschaft, S. 147f. 425 Berger, Prozeßstandschaft, S. 148 ff. in Anlehnung an die Grundsätze zum Mißbrauch der Vertretungsmacht. 426 Berger, Prozeßstandschaft, S. 181 ff.; ebenso Stein/Jonas-Grunsky, ZPO, § 579 Rn. 6. 4 2 7 Zutreffend Berger, Prozeßstandschaft, S. 152 f. 428 Berger, Prozeßstandschaft, S. 277ff.; ebenso Hadding, Actio pro socio, S. 104ff.; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. 1429; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 1 c (S.463). Im Ergebnis ebenso die Autoren, die in der actio pro socio eine gewillkürte Prozeßstandschaft erblikken; vgl. oben I. Im gleichen Sinne für eine de lege ferenda einzuführende actio pro socio des Aktionärs auch Großfeld, Aktiengesellschaft, S.309f.; Rollin, Aktionärsklage, S.262f.; Vollmann, Minderheitenschutz, S.174. Das 10-Punkte-Programm „Unternehmensintegrität und Anlegerschutz" der Bundesregierung sieht für die Schadensersatzklage von Aktionärsminderheiten gegen Verwaltungsmitglieder vor, daß die Rechtskraft des stattgebenden Urteils sich auf die Gesellschaft erstreckt;für den Fall der Klagabweisung sollen weitere Versuche von Aktionärsminderheiten, den angeblichen Ersatzanspruch beizutreiben, ausgeschlossen sein; dabei geht aus dem Programm nicht hervor, ob dieser Klageausschluß ebenfalls dogmatisch an die Rechtskraftlehre angeknüpft werden soll. Vgl. Ziff. 1, 4. Spiegelstrich, abgedruckt bei Seibert, BB 2 0 0 3 , 693, 694. 421 422

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft bei der actio pro socio

129

vom Gesellschafter erwirkte Urteil abgesichert 4 2 9 . Ebenso ist jeder Gesellschafter an ein von der Gesellschaft erstrittenes Urteil g e b u n d e n 4 3 0 . Dies alles gilt erst recht dort, w o die actio pro socio kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zugelassen ist, namentlich im Fall des § 3 0 9 I V A k t G 4 3 1 . Entsprechend hindert die Rechtshängigkeit der actio pro socio die Gesellschaft jedenfalls daran, in einem getrennten Prozeß selbständig Klage zu erheben 4 3 2 . Allenfalls mag sie sich an dem v o m Gesellschafter begonnenen Prozeß beteiligen, wobei umstritten ist, in welcher F o r m : W ä h r e n d ihr vereinzelt der Beitritt als Partei gestattet w i r d 4 3 3 , wollen andere sie auf die Nebenintervention verweisen 4 3 4 , die dann freilich richtigerweise eine streitgenössische nach § 6 9 Z P O w ä r e 4 3 5 . F a ß t die Gesellschafterversammlung nach Rechtshängigkeit der actio pro socio einen Einforderungsbeschluß, so berührt dies die Zulässigkeit der actio pro socio n i c h t 4 3 6 : Die Prozeßeröffnungsbefugnis ist zulässigerweise ausgeübt. Die Gesellschaft kann die Parteien nicht um die Früchte des bisherigen Prozesses bringen, sondern mag allenfalls dem Rechtsstreit beitreten, hat ihn dann aber in der Lage hinzunehmen, wie er sich zum Zeitpunkt des Beitritts befindet. Die rechtshängige actio pro socio steht des weiteren jeder weiteren actio pro socio entgegen 4 3 7 : Wenn die Prozeßeröffnungsbefugnis durch einen Prozeßstandschafter ausgeübt worden ist, kann sie, wenn schon nicht vom Rechtsträger, dann erst recht nicht von einem anderen Prozeßstandschafter nochmals ausgeübt werden, der seine Befugnisse ebenfalls nur von denen des Rechtsträgers herleiten könnte.

V. Die actio pro socio bei nachlässiger Prozeßführung durch die Gesellschaft 1.

Problemstellung

Wenn aber der Anspruch der Gesellschaft nur einmal klageweise geltend gemacht werden k a n n , so sperrt nicht nur die actio pro socio eine Klage der Gesellschaft selbst; vielmehr kann dann auch umgekehrt der Gesellschafter nicht mehr klagen,

So mit Recht Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 523. Berger, Prozeßstandschaft, S.282. 4 3 1 Anders, aber aus den angeführten Gründen verfehlt Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 163. 432 Hadding, Actio pro socio, S. 101; Rollin, Aktionärsklage, S.262f. 433 Berger, Prozeßstandschaft, S.280. 434 Becker, Verwaltungskontrolle, S. 545; Grunewald, Gesellschafterklage, S.57; Hadding, Actio pro socio, S. 102; Schütz, Sachlegitimation, S.42; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 428. 435 Hadding, Actio pro socio, S. 102; Schütz, Sachlegitimation, S.42. 4 3 6 Wie hier Becker, Verwaltungskontrolle, S.546; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.209; Grunewald, Gesellschafterklage, S.91. 437 Becker, Verwaltungskontrolle, S.546; Hadding, Actio pro socio, S. 101. 429 430

130

§ 2 Die actio pro

socio

wenn die Gesellschaft den Anspruch ihrerseits gerichtlich geltend gemacht hat 4 3 8 . Auf diese Weise scheint es die Gesellschaft in der H a n d zu haben, den Rechtsschutz des einzelnen Gesellschafters auszuhöhlen: Zeichnet sich ab, d a ß ein Gesellschafter die actio p r o socio erheben will - wie gesehen, m u ß dieser vorher einen Einforderungsbeschluß erwirken, so d a ß seine mögliche Absicht, den Anspruch notfalls selbst gerichtlich zu verfolgen, klar zutage tritt - , so kann die Gesellschafterversammlung die Einforderung beschließen und auf die Prozeßführung durch den Geschäftsführer mit Hilfe einzelner Weisungen Einfluß nehmen, mit denen dieser angehalten wird, den Prozeß so zu führen, d a ß er verlorengeht. D e n k b a r erscheint auch, d a ß der Geschäftsführer ohne eine solche Weisung das Klageziel durch (bewußt) nachlässige Prozeßführung konterkariert.

2. Eigener Anspruch

des Gesellschafters

als

Ausweg?

Die Anhänger der Lehre, wonach dem Gesellschafter neben dem Anspruch der Gesellschaft ein eigener Anspruch gegen den Mitgesellschafter auf Erfüllung der mitgliedschaftlichen Leistungspflicht zusteht, argumentieren wie folgt: Weil der Gesellschafter aus eigenem Recht klage, könne ihn die Rechtshängigkeit der von der Gesellschaft erhobenen Klage in seiner eigenen Rechtsverfolgung nicht behindern 4 3 9 . Und ebensowenig wirke ein von der Gesellschaft erstrittenes Urteil gegen den Gesellschafter 4 4 0 . Vielmehr werde das Recht des Gesellschafters, den eigenen Anspruch gerichtlich zu verfolgen, allein durch das materielle Verbandsrecht begrenzt, nämlich durch die Treupflicht441: Der Gesellschafter habe zunächst der Gesellschaft zu ermöglichen, über eine eigene Klageerhebung zu befinden, indem er sie von seiner Klageabsicht informiere 4 4 2 ; werde ein Einforderungsbeschluß abgelehnt und dem klagewilligen Gesellschafter mitgeteilt, welche übergeordneten Verbandsinteressen ausnahmsweise der Klage entgegenstünden 4 4 3 , so habe auch die Klage des Gesellschafters zu unterbleiben. Erhebe die Gesellschaft Klage, so habe der Gesellschafter sich mit einer eigenen Klage zurückzuhalten (stand still). Diese

438

Im Ergebnis ebenso Michalski, in: ders., G m b H G , § 14 Rn. 104; Wiedemann,jZ 1976,392, 3 9 6 ; ders., FS Kellermann, S . 5 2 9 , 5 3 6 . 4,9 Vgl. Banerjea, Gesellschafterklage, S . 2 2 7 . N a c h Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 13 Rn. 120 entfällt aber das Rechtsschutzbedürfnis der bereits erhobenen Einzelklage, w e n n nachfolgend die Gesellschaft selbst klagt. 440 Flume, Personengesellschaft, § 1 0 IV (S.143); Gehrlein, ZIP 1993, 1525, 1531; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 181; in bezug auf klagabweisende Urteile ebenso Hachenburg-Raiser, G m b H G , § 14 Rn. 15; Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 24. 441 Altmeppen, FS Musielak, 1, 15; Banerjea, Gesellschafterklage, S.210f.; Hachenburg-Raiser, G m b H G , § 14 R n . 3 9 , 4 4 ; Lutter, Z H R 162 (1998), 1 6 4 , 1 8 2 f . ; ders./Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn. 21; Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 23; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 117. 442 Lutter (vorige Fn.); ders./Hommelhoff (vorige Fn.); Raiser (vorige Fn.); Vollmann (vorige Fn.). 443 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 182f.

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft

bei der actio pro

socio

131

Pflicht ende, wenn die Gesellschaft den Prozeß nachlässig führe; dann könne der Gesellschafter also wieder selbst klagen 4 4 4 . So sehr dies Ergebnis der Interessenlage entspricht, so wenig ausgereift ist es indes in dogmatischer Hinsicht: Ausgangspunkt war, daß dem Gesellschafter ein eigener Anspruch gegen seinen Mitgesellschafter aufgrund der Treupflicht zwischen ihnen beiden zusteht. Wenn nun dem Kläger mit Rücksicht auf übergeordnete Verbandsinteressen ein Treupflicht zum stand still auferlegt wird, so kann damit seinerseits nur eine Treupflicht gegenüber der Gesellschaft gemeint sein, nicht aber gegenüber dem Beklagten 4 4 5 . Dann aber bedürfte es einer besonderen Begründung, warum gerade der Beklagte sich darauf soll berufen können, daß mit Erhebung der Klage die Treupflicht gegenüber der Gesellschaft verletzt werde. Dem Beklagten wird auf diese Weise eine exceptio ex iure tertii gewährt, deren Rechtfertigung nicht zu erklären versucht wird und auch nicht ersichtlich ist. Nun werden die Anhänger der hier kritisierten Lehre einwenden, ebenso wie die Verpflichtung, an die Gesellschaft die Einlage zu erbringen oder Schadensersatz zu leisten, auch gegenüber den Mitgesellschaftern bestehe, sei das stand still außer der Gesellschaft auch den Mitgesellschaftern geschuldet. Dann aber müßte immer noch sorgfältig ausgemessen werden, welchen von ihnen das stand still geschuldet ist: Gewiß den unbeteiligten Gesellschaftern, die einen Rechtsstreit deshalb vermeiden wollen, weil sie eine Beeinträchtigung der vertrauensvollen Zusammenarbeit oder sonstige Nachteile für eine gedeihliche Zweckverfolgung befürchten; aber ebenso gewiß nicht gerade dem Gesellschafter, der die Einlage oder den Schadensersatz zu leisten hat: Dieser könnte jeglichen Nachteil für die Gesellschaft aus dem Rechtsstreit vermeiden, wenn er, seiner Verpflichtung entsprechend, die ihm obliegende Leistung ins Gesellschaftsvermögen erbrächte. Nun steht freilich vor Prozeßbeginn nicht fest, ob der Anspruch auf Einlage oder Schadensersatz wirklich besteht. Wenn es also um die Treupflicht des Gesellschafters zum stand still gegenüber dem auf Leistung belangten Gesellschafter geht, darf dessen Leistungspflicht als bestehend unterstellt werden; wenn ein Anspruch des klagenden Gesellschafters gegen den beklagten auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen besteht, ist der klagende Gesellschafter gegenüber dem beklagten in keinem Fall mit Rücksicht auf den Frieden in der Gesellschaft zum stand still verpflichtet. Die hier abgelehnte Ansicht kann daher dem Problem der exceptio ex iure tertii nicht entgehen. 3. Beitritt des Gesellschafters

als

Hauptpartei?

Nun soll, wie soeben (sub IV 4) referiert, im Falle einer rechtshängigen actio pro socio die Gesellschaft nachträglich als Partei beitreten können. Folgte man dem, so könnte man argumentieren, die gleiche Befugnis müsse umgekehrt bei Klageerhebung durch die Gesellschaft jedem Gesellschafter zustehen. Eben dies ist als Lö444 445

Banerjea, Gesellschafterklage, S . 2 2 8 ; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 183. Darauf weist zu Recht Hadding, Actio pro socio, S.51 hin.

132

§2 Die actio pro socio

sung vorgeschlagen worden; die Gesellschafter, so wird weiter gefordert, müßten, um von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu können, analog § 8 5 6 III-V Z P O von dem Prozeß informiert w e r d e n 4 4 6 . Die Rechtshängigkeit eines Anspruchs, so wird vorgetragen, stehe einem Klägerbeitritt im selben Verfahren nicht entgegen; denn § 2 6 1 III Nr. 1 Z P O wolle nur verhindern, daß über denselben Anspruch mehrere verschiedene, parallel laufende Prozesse geführt w ü r d e n 4 4 7 . Das mag sich prozeßrechtlich halten lassen, wenngleich nicht ohne weiteres einleuchtet, welche Legitimation zur Begründung eines Prozeßrechtsverhältnisses einem Prozeßstandschafter noch zukommen soll, wenn der Rechtsträger selbst (hier die Gesellschaft) von der ihm zustehenden Prozeßeröffnungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Der verbandsrechtlichen Konfliktlage wird die referierte Lösung indes k a u m gerecht: Soweit man den Gesellschaftern den Parteibeitritt ermöglicht, läuft dies auf eine Vervielfältigung der Prozeßhandlungsbefugnisse hinaus, die im Widerspruch zum Grundgedanken der actio pro socio steht. Diese steht nicht unbeschränkt, sondern nur dann zur Verfügung, wenn von den an sich zuständigen Gesellschaftsorganen keine effiziente Rechtsverfolgung zu erwarten ist. D a n n kann sich ein Gesellschafter nicht ohne diese Einschränkung in einen von den Gesellschaftsorganen angestrengten Prozeß einmischen dürfen.

4.

Haupt-ZNebenintervention?

Steht auch die Klage der Gesellschaft einer nachfolgenden eigenen Klage des Gesellschafters entgegen, so findet gleichwohl die Funktion der actio pro socio als verbandsrechtliches Konfliktlösungsinstrument damit nicht ihr Ende. Die Grundwertung, daß das Versagen der Gesellschaftsorgane nicht zur Vereitelung des Sozialanspruchs führen darf, gilt nicht nur dann, wenn jenes Versagen in gänzlicher Untätigkeit, sondern auch dann, wenn es in einer nachlässigen Prozeßführung besteht. Es ist folglich in einem solchen Fall eine Lösung anzuzielen, die dem Gesellschafter die Möglichkeit gibt, entweder den Prozeß der Gesellschaft, sei es als deren Vertreter oder als zur Prozeßführung im eigenen N a m e n Ermächtigter,

an sich

zu ziehen oder im Prozeß der Gesellschaft Prozeßhandlungen gegen deren Willen vorzunehmen. Die Idee, dem Gesellschafter die Hauptintervention ( § 6 4 Z P O ) zu eröffnen, m u ß freilich als Lösungsoption ausscheiden. Denn der Gesellschafter behauptet nicht, der streitige Anspruch stehe ihm anstelle der Gesellschaft zu; vielmehr begehrt er Leistung ins Gesellschaftsvermögen. Er reklamiert nicht einmal die Prozeßführungsbefugnis anstelle der Gesellschaft für s i c h 4 4 8 . D a ß nämlich die Gesellschaft mit der (zumindest bewußt) nachlässigen Prozeßführung die Prozeßführungsbefugnis über ihren eigenen Anspruch verliert, läßt sich nicht begründen: W o Berger, Prozeßstandschaft, S.282f. Berger, Prozeßstandschaft, 209ff. 4 4 8 Zur Hauptintervention mit der Behauptung, die Prozeßführungsbefugnis stehe anstelle des Urklägers dem Intervenienten zu, unten § 11 C III 2 c. 446 447

G. Rechtshängigkeit

133

und Rechtskraft bei der actio pro socio

das materielle Gesellschaftsrecht die Situation gesehen hat, daß eine effektive Rechtsverfolgung nicht gewährleistet ist, wenn m a n sie den an sich zuständigen Organen überläßt, entzieht es nicht etwa der Gesellschaft die Prozeßführungsbefugnis, sondern räumt die Möglichkeit der Sondervertretung

ein (vgl. § § 4 6 Nr. 8

G m b H G , 1 4 7 II A k t G ) . In ihr liegt, wie sogleich zu zeigen sein wird, auch der Schlüssel zur Lösung des hier aufgeworfenen Problems. Ebensowenig könnte die Idee überzeugen, der einzelne Gesellschafter könne als streitgenössischer Nebenintervenient ( § 6 9 Z P O ) auf Seiten der klagenden Gesellschaft beitreten und sodann Prozeßhandlungen selbst gegen deren Willen vornehm e n 4 4 9 ; denn wenn man davon ausgeht, daß die Rechtskraft des von der Gesellschaft erstrittenen Urteils auch gegen die Gesellschafter wirkt, so ist diese Rechtskrafterstreckung vom konkreten Prozeßverhalten der Gesellschaft unabhängig. Auf der Grundlage des § 6 9 Z P O wäre dann jeder Gesellschafter in jeder Lage des Verfahrens zum Eintritt in den Prozeß berechtigt. D a s wäre mit der Subsidiarität der actio pro socio ebensowenig vereinbar wie der oben 3 . referierte Lösungsvorschlag, dem Gesellschafter den Beitritt als Hauptpartei, also als Streitgenosse der Gesellschaft zu gestatten.

5. Aufnahme des Rechtsstreits analog §241 I ZPO? N a c h vereinzelt vertretener Auffassung soll sich die Befugnis des Gesellschafters, anstelle der Vertretungsorgane der Gesellschaft den Rechtsstreit fortzuführen, aus einer entsprechenden Anwendung des § 2 4 1 I Z P O e r g e b e n 4 5 0 . N a c h dieser Vorschrift wird der Prozeß unterbrochen, wenn eine Partei ihre Prozeßfähigkeit verliert; der neue gesetzliche Vertreter kann die Unterbrechung beenden, indem er dem Gericht seine Bestellung anzeigt. Das gilt namentlich, wenn die Gesellschaft ihr Vertretungsorgan verliert; die Anwendung des § 2 4 1 Z P O ist darüber hinaus diskussionswürdig, wenn organisationsrechtliche Veränderungen in der Gesellschaft (etwa Formwechsel oder Verschmelzung) die Legitimationsgrundlage des Vertretungsorgans neu definieren 4 5 1 . D e m soll nun der Fall gleichgestellt werden, daß die Gesellschaftsorgane den Anspruch der Gesellschaft nicht konsequent verfolgen; dann soll der Gesellschafter den Rechtsstreit anstelle der Gesellschaft fortsetzen dürfen. § 2 4 1 I Z P O wird also herangezogen, um konstitutiv

die Vertre-

tungsbefugnis des Gesellschafters im Prozeß zu begründen. D a m i t wird indes die Funktionsweise dieser Vorschrift verkannt. Sie begründet keine Vertretungsbefugnis, sondern setzt sie als nach materiellem Recht gegeben voraus; ihr primärer Regelungsgehalt besteht in der Anordnung, daß das Verfahren unterbrochen

wird.

Darin sieht man gemeinhin ein Instrument, um Wiederaufnahmegründe nach § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O zu vermeiden und so den Parteien unnötigen Aufwand zu erspa449

Rn.7. 450 451

Vgl. zu dieser Befugnis Stein/]onas-Bork,

ZPO, § 69 Rn. 8; Zöller-Vollkommer,

ZPO, § 69

So - ohne nähere Erläuterung und Begründung - Becker, Verwaltungskontrolle, S. 5 8 5 . Dazu K. Schmidt, FS Henckel, S . 7 4 9 , 756ff., 762ff., 767.

134

§2 Die actio pro

socio

ren 452 . Doch gerade weil ohne die Unterbrechung ein Nichtigkeitsgrund nach §579 I Nr. 4 ZPO gegeben wäre, weist der Normzweck des §241 I ZPO noch deutlich über dieses eher prozeßökonomische Argument hinaus: Die Unterbrechung ist durch Art. 103 I GG geboten, da eine Partei, die sich nicht selbst vertreten und ihre Interessen daher nicht wahrnehmen kann, auch von ihrem Recht, durch Tatsachen- und Rechtsvortrag das Ergebnis des Prozesses mit zu steuern, keinen angemessenen Gebrauch machen kann. § 579 I Nr. 4 ZPO,dessen Eingreifen durch § 241 I ZPO verhindert werden soll, ist seinerseits eine einfachgesetzliche Ausprägung des Art. 103 I GG: Wer nicht ordnungsgemäß vertreten ist, kann sich kein rechtliches Gehör verschaffen. Gerade diese Überlegung zeigt, daß die nachlässige Prozeßführung durch die Gesellschaftsorgane auch wertungsmäßig den Fall des § 241 ZPO nicht trifft. Denn es unterliegt der privatautonomen Entscheidung eines jeden Rechtssubjekts, wie konsequent es seine Ansprüche im Prozeß verfolgt. Diese Privatautonomie wird für die Gesellschaft durch ihre Organe ausgeübt; verhalten sich diese dabei fehlsam, so knüpfen sich hieran Sanktionen des Verbandsinnenrechts. Art. 103 I GG gebietet es nicht, die Gesellschaft vor der Unfähigkeit ihrer eigenen Organwalter zu schützen. 6. Der Gesellschafter als a) § 46 Nr. 8

Sondervertreter

GmbHG?

Gleichwohl weist die Idee, den Gesellschafter anstelle der Vertretungsorgane der Gesellschaft als Prozeßvertreter der Gesellschaft zu inthronisieren, in die richtige Richtung. Freilich scheint dieser Weg gerade in der GmbH erheblichen Hindernissen ausgesetzt zu sein: Die Bestellung eines Sondervertreters mag zwar nach § 46 Nr. 8 GmbHG auch für Ansprüche gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter zulässig sein 453 . Erfolgt sie, so sind alle bestellten Geschäftsführer von der Vertretung der GmbH im Prozeß ausgeschlossen 454 . Die Bestellung eines Sondervertreters bedarf indes eines Gesellschafterbeschlusses, der, wird er nicht gefaßt, durch Anfechtungs- und positive Beschlußfeststellungsklage erzwungen werden muß. Weigert sich die Mehrheit treuwidrig, einen geeigneten Vertreter zu bestellen, so mag zwar die Anfechtungsklage Erfolg haben; die positive Beschlußfeststellungsklage dringt dagegen nur dann durch, wenn der schwierige Nachweis geführt wird, daß außer der vom Gesellschafter vorgeschlagenen Person keine andere als geeigneter Sondervertreter in Betracht kommt.

452

M K - f e i b e r , Z P O , § 2 4 1 R n . l ; Stein/]onas-Rotb, ZPO, §241 R n . l . Dazu bereits oben C II. 454 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.69f.; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §46 Rn.46. 453

G. Rechtshängigkeit

b) § 147 II 2, III 1 AktG

und Rechtskraft

bei der actio pro

socio

135

analogf

Denkbar wäre jedoch, dem Gesellschafter analog § 1 4 7 II 2 , III 1 AktG die Möglichkeit zu geben, durch Gerichtsbeschluß einen Sondervertreter bestellen zu lassen, welcher den Geschäftsführer bei der Vertretung der G m b H im laufenden Prozeß ablöst. Das gedankliche Fundament dieser Analogie könnte man in einem Erst-recht-Schluß erblicken: Wenn schon nach dem Recht der AG, dem die Einforderung von Sozialansprüchen im Wege der actio pro socio unbekannt ist 4 5 5 , ein Sondervertreter bestellt werden kann, um die Folgen einer drohenden nachlässigen Prozeßführung abzuwenden, so muß diese Möglichkeit in um so stärkerem M a ß e in der G m b H und erst recht in der Personengesellschaft bestehen. Freilich besteht die Antragsbefugnis gemäß § 1 4 7 II 2 AktG nur dann, wenn die antragstellenden Aktionäre das Quorum von 1 0 % des Grundkapitals der Gesellschaft oder den Gesamtnennbetrag von 1 Million Euro erreichen. In besonders gravierenden Fällen reicht gemäß § 1 4 7 III AktG ein Quorum von 5 % oder ein Gesamtnennbetrag von 5 0 0 . 0 0 0 Euro. Demgegenüber soll hier dem einzelnen Gesellschafter nach Rechtshängigkeit des Sozialanspruchs durch Klage der Gesellschaft ein der actio pro socio gleichwertiger Weg eröffnet werden, um zu verhindern, daß das Versagen der Gesellschaftsorgane die Rechtsdurchsetzung vereitelt. Dem würde es kaum gerecht, wenn dies Quorum in die G m b H oder in die Personengesellschaft übernommen würde; denn die actio pro socio ist gerade nicht davon abhängig, daß der Kläger ein bestimmtes Quorum erreicht. Die Analogie zu § 1 4 7 II 2 , III 1 AktG kann daher als Rechtsbehelf für den Gesellschafter nur dann vollauf befriedigen, wenn sich der Verzicht auf das Quorum begründen läßt. Bevor eine solche Begründung versucht wird, ist zu präzisieren, welcher der beiden zitierten Absätze des § 1 4 7 AktG als Analogiebasis dienen soll. Denn der mit den Quoren in Absatz II einerseits, Absatz I und III andererseits verfolgte Zweck ist durchaus unterschiedlich. § 1 4 7 II 2 AktG knüpft an die Situation an, daß die Hauptversammlung sich bereits positiv für die Verfolgung des Anspruchs entschieden hat. Die Vorschrift trägt der naheliegenden Befürchtung Rechnung, daß der Aufsichtsrat einen Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand und umgekehrt der Vorstand einen solchen gegen den Aufsichtsrat nicht mit dem gebotenen Nachdruck verfolgen wird 4 5 6 , weil der Schadensersatzprozeß, wenn er Erfolg hat, aller Wahrscheinlichkeit nach auch Pflichtverletzungen des jeweils klagenden Organs zutage fördert: Steht die Ersatzpflicht des Vorstandes fest, so wird man den Aufsichtsrat fragen, ob er seiner Überwachungsaufgabe mit der erforderlichen Sorgfalt nachgekommen ist; und die Ersatzpflicht des Aufsichtsrats kann ihrerseits praktisch nur an von ihm nicht entdeckte Pflichtverletzungen des Vorstands anVgl. oben F. Vgl. dazu Banerjea, Gesellschafterklage, S. 194f.; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 2 4 2 ; Bayer, N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 , 2 6 1 4 ; Brondics, Aktionärsklage, S.52, 126f.; Claußen, AG 1996, 4 8 1 , 4 8 5 ; Götz, AG 1997, 2 1 9 , 2 2 1 ; Lutter, Z H R 159 (1995), 2 8 7 , 3 0 4 f . ; ders., AG Sonderheft 8/1997, S. 52, 55; ders./Hommelhoff, GmbHG, § 4 6 R n . 2 5 ; Thümmel, DB 1999, 885, 887; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 126; ders., Vorstand, S . 2 3 3 ; vgl. außerdem nachfolgende Fn. 455 456

136

$2 Die actio pro socio

knüpfen. Vorstand und Aufsichtsrat unterliegen somit faktisch einer wechselseitigen „Bißsperre" 4 5 7 . Das Quorum des § 147 II 2 AktG bezieht sich also gerade auf die Befugnis der Minderheit, besondere Vertreter bestellen zu lassen. Anders stellt sich der Zweck der in § 147 I 1 2.Alt., III 1 AktG niedergelegten Quoren dar. Mit ihnen hat der Gesetzgeber entschieden, daß nicht jeder einzelne Aktionär, sondern nur ein Aktionär oder eine Aktionärsgruppe mit einem gewissen Gewicht die Beitreibung von Schadensersatzansprüchen durch die Gesellschaft soll erzwingen können - und im Falle des Absatzes III auch nur von Ansprüchen aus besonders qualifizierten Schädigungshandlungen. Die Rechtsverfolgung soll selbst dann, wenn dies Quorum erreicht ist, nicht den Aktionären selbst, sondern besonderen Vertretern anvertraut werden. Bezugspunkt des Quorums ist also nicht eigentlich die Beschränkung des Rechts, besondere Vertreter bestellen zu können, sondern die Beschränkung der Befugnis, überhaupt die Verfolgung von Ersatzansprüchen zu erzwingen. Die hier behandelte Situation ähnelt eher der des § 147 II 2 AktG: Die Gesellschafterversammlung hat die Verfolgung des Ersatzanspruchs beschlossen. Das Vertretungsorgan, nämlich der Geschäftsführer, unterliegt zwar keinem institutionellen Interessenkonflikt, der, ähnlich der „Bißsperre" zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, bereits abstrakt die Befürchtung nahelegt, der Anspruch werde nicht mit dem gebotenen Nachdruck verfolgt. Aber es gibt Anhaltspunkte, daß der Geschäftsführer im konkreten Fall das Gesellschaftsinteresse vernachlässigt und daher als Prozeßvertreter der Gesellschaft nicht geeignet ist. Wenn § 147 II 2 AktG für die AG das Recht, die Bestellung von Sondervertretern zu beantragen, angesichts dieser Situation von einem 10%igen Minderheitsquorum abhängig macht, so scheint es schwerzufallen, für andere Gesellschaftsformen ein abweichendes Ergebnis zu begründen. Gleichwohl ist das Quorum des § 147 II 2 AktG im Rahmen der analogen Anwendung dieser Vorschrift nicht mit zu übernehmen. Die Zielsetzung des § 1 4 7 1 1 2.Alt., II 2, III 1 AktG besteht darin, die Initiativrechte von Minderheiten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen die in dieser Vorschrift bezeichneten Personen, insbesondere gegen Organmitglieder, zu beschränken. § 147 AktG enthält sozusagen den Rest von dem, was von der actio pro socio in der Aktiengesellschaft noch übrig geblieben ist 4 5 8 . So kann der Gesellschafter einer GmbH Sozialansprüche selbst einklagen, wenn sich die Gesellschaftsorgane weigern, dies namens der Gesellschaft zu tun; der Aktionär kann dies im Anwendungsbereich des § 147 AktG nur mit dem Quorum von 1 0 % (Absatz I) oder in besonderen Fällen von 5 % (Absatz III). Sind aber die Quoren des § 1 4 7 AktG zur Erzwingung der Rechtsverfolgung in GmbH und Personengesellschaft unbeachtlich, so kann für das in § 147 II 2 AktG niedergelegte Quorum zur Effektuierung der Rechtsverfolgung nichts anderes gelten. Die Möglichkeit, die

457 458

Peltzer, WM 1981, 346, 348 a.E.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 318.

Die Funktionsgleichheit von actio pro socio und § 147 AktG betonen auch Hassold,

1980, 32, 33; A. Hueck, JZ 1957, 626, 627; Planck, Aktionärsklagen, S. 126.

JuS

G. Rechtshängigkeit

und Rechtskraft bei der actio pro socio

137

Gesellschaftsorgane bei der Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft abzulösen, stellt in der Sache nichts anderes als die Fortsetzung der actio pro socio in einer Situation dar, in der die Klage von der Gesellschaft bereits rechtshängig gemacht worden ist und daher die Einzelklage durch einen Gesellschafter nicht mehr in Betracht kommt. Ist die Erhebung der actio pro socio vor Klageerhebung durch die Gesellschaft in der GmbH nicht von einem Quorum abhängig, so kann es auch die Antragsbefugnis zur Bestellung von Sondervertretern nach Klageerhebung nicht sein. Die Analogie zu § 147 II 2 AktG beschränkt sich somit darauf, die Rechtsfolge dieser Vorschrift, nämlich eben jenes Antragsrecht, in GmbH, O H G und K G hinüberzutransportieren. § 147 II 2 AktG bietet einen gesetzlichen Anhaltspunkt dafür, daß das Gedankengut, welches der actio pro socio zugrunde liegt, nicht nur bis zur Prozeßeröffnung überzeugt, sondern auch noch danach: Wo bei anfänglichem Versagen der Gesellschaftsorgane die Einzelklage des Gesellschafters zulässig ist, muß bei nachträglichem Versagen der Gesellschaftsorgane deren Ablösung durch den Gesellschafter möglich sein. § 147 II 2 AktG zeigt, in welcher prozessualen Einkleidung dies geschieht: Nicht etwa wird die Gesellschaft als Klägerin ausgewechselt; vielmehr wird nur ihren Organen die Legitimation entzogen, weiterhin für die Gesellschaft aufzutreten. Vorstand und Aufsichtsrat werden vom Sondervertreter schlicht aus ihrer Stellung verdrängt 4 5 9 . Diese Aussage des § 1 4 7 II 2 AktG hat, da im Gedankengut der actio pro socio wurzelnd, auch in GmbH, O H G und K G ihren legitimen Platz. Die Voraussetzungen, unter denen der Sondervertreter bestellt werden kann, sind in § 147 II 2 AktG in einer für das Aktienrecht spezifischen Weise niedergelegt; sie können nicht unbesehen in andere Gesellschaften übernommen, sondern müssen dort rechtsformspezifisch entwickelt werden. Die Auswahl des Sondervertreters steht, wie bereits die Formulierung des § 1 4 7 II 2 AktG nahelegt („wenn ihm [sc. dem Gericht] dies ... zweckmäßig erscheint"), im Ermessen des Gerichts. Insbesondere soll die antragstellende Minderheit gerade nicht das Recht haben, die Rechtsverfolgung anstelle der an sich zuständigen Gesellschaftsorgane selbst in die Hand zu nehmen. In GmbH und Personengesellschaft steht dagegen dem einzelnen Gesellschafter in Person ein individuelles Klagerecht zu, wenn die Gesellschaftsorgane untätig bleiben. Verkörpert aber die Antragsbefugnis analog § 1 4 7 II 2 AktG in der Sache nichts anderes als die Fortsetzung der actio pro socio, nachdem die Gesellschaft selbst den Anspruch rechtshängig gemacht hat, so muß auch hier dem Gesellschafter das Recht zustehen, die Rechtsverfolgung anstelle der Organe selbst in die Hand zu nehmen. Diese Wertung hat das Gericht bei der Ausübung seines Ermessens zu beachten: Der Gesellschafter hat grundsätzlich Anspruch darauf, selbst zum Sondervertreter bestellt zu werden.

4 5 9 Vgl. nur Hölters, FS Wiedemann, S. 975, 987; Hüffer, AktG, § 112 Rn. 1 a.E.; Jäger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157, 1160.

138

§ 2 Die actio pro socio

c) Insbesondere

der Einlage- und

Rückeinlageanspruch

Der Anwendungsbereich des § 1 4 7 AktG beschränkt sich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Für den Anspruch auf Leistung der Stammeinlage und Erstattung verbotener Auszahlungen steht im Aktienrecht kein vergleichbarer Rechtsbehelf zur Verfügung. Vor dem Hintergrund des soeben Gesagten kann jedoch daran die Möglichkeit, in G m b H , O H G und K G analog § 1 4 7 II 2 AktG einen Sondervertreter zu bestellen, nicht scheitern. Diese Möglichkeit besteht in der AG nur deshalb nicht, weil die Einforderung der Einlage und verbotener Auszahlungen in die ausschließliche Zuständigkeit des Vorstands fallen 4 6 0 und der Hauptversammlung insoweit nicht einmal eine Beschlußkompetenz zukommt. In der G m b H ist demgegenüber die Einforderung jedenfalls der Einlage von der Gesellschafterversammlung zu beschließen ( § 4 6 Nr.2 G m b H G ) . Verbotene Auszahlungen kann demgegenüber der Geschäftsführer in eigener Zuständigkeit zurückfordern 4 6 1 , doch können auch insoweit die Gesellschafter den Geschäftsführer durch Beschluß hierzu anweisen. Bereits insoweit entspricht daher die gesetzliche Ausgangslage in bezug auf Einlage- und Rückeinlageansprüche in der G m b H derjenigen Rechtslage, welche in der AG für Schadensersatzansprüche gilt: Es besteht eine Beschlußkompetenz des Mitgliedsorgans. In O H G und K G hat ebenfalls die Gesellschaftergesamtheit über die gerichtliche Beitreibung von Beitragsansprüchen zu befinden. Die Möglichkeit, in anderen Gesellschaftsformen einen Sondervertreter zu bestellen, beruht auf einem Erst-recht-Schluß: Wenn dies schon im Aktienrecht möglich ist, wo es keine actio pro socio gibt, so erst recht Gesellschaften, in denen die actio pro socio als Rechtsbehelf existiert. Diese Überlegung entfaltet ihre Uberzeugungskraft unabhängig vom Gegenstand der Klage: Wenn die actio pro socio auch für Einlageansprüche zur Verfügung steht, muß dort ebenfalls „erst recht" die Möglichkeit eröffnet sein, einen Sondervertreter zu bestellen.

H. Die actio pro socio gegen den einer GmbH

Fremdgeschäftsführer

I. Problemstellung Die Befugnis des Gesellschafters, Ansprüche der Gesellschaft im Wege der Einzelklage beizutreiben, wurde hier 4 6 2 mit der besonderen Stellung des

Verpflichteten

verknüpft: Dieser ist Mitglied der Gesellschaft und hat folglich zur Zweckförderung beizutragen. Zweifelhaft und umstritten ist, ob jene Befugnis dem Gesellschafter einer G m b H für Schadensersatzansprüche gegen

Fremdgeschäftsführer

zusteht, die ihrerseits keinen mitgliedschaftlichen Pflichten unterliegen. Und selbst 460 461 462

Vgl. oben F III. Vgl. bereits oben F II. Oben C IX 3.

H. Die actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer

einer GmbH

139

bei Gesellschafter-Geschäftsführern erscheint fraglich, inwieweit die actio pro socio greift; denn auch ihre Pflichten als Geschäftsführer beruhen auf dem Rechtsgrund des Organ- und nicht des Mitgliedsverhältnisses. Teilweise wird die actio pro socio daher nur für zulässig gehalten, wenn die Mitwirkung an der Geschäftsführung als mitgliedschaftliche Nebenleistungspflicht in der Satzung verankert i s t 4 6 3 . Andere verneinen gänzlich die Einzelklage des Gesellschafters gegen den Geschäftsführer auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Geschäftsführerpflicht e n 4 6 4 ; wieder andere halten demgegenüber die Treupflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers immer zugleich auch für eine mitgliedschaftliche, welche neben den Sorgfaltspflichten aus § 4 3 G m b H G stehe, und deshalb die Einzelklage des Gesellschafters insoweit für uneingeschränkt m ö g l i c h 4 6 5 .

II. Die Ansicht der Rechtsprechung Eine Entscheidung aus dem J a h r e 1 9 8 2 4 6 6 erweckt auf den ersten Blick den Anschein, als hätte der B G H dort die actio pro socio gegen Fremdorgane zugelassen. Drei Brüder waren zu gleichen Teilen Gesellschafter einer GmbH. Sie hatten eine frühere gerichtliche Auseinandersetzung mit einem Vergleich beendet, wonach einer der Gesellschafter (der jetzige Kläger) zwar formal als Geschäftsführer gelten, in die Geschäftsführung jedoch nicht aktiv eingreifen solle; die Geschäfte wurden von den beiden anderen Gesellschaftern (den jetzigen Beklagten) geführt. Diese hatten sich im Gegenzug verpflichtet, Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen ab einer bestimmten Höhe nicht ohne Zustimmung des Klägers vorzunehmen. Gleichwohl veranlaßten die Beklagten jenseits dieser Höhe Auszahlungen in ihr Privatvermögen. Der B G H bejahte einen eigenen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Erstattung der Auszahlungen ins Gesellschaftsvermögen. Gleichwohl ist der Fall nicht geeignet, die Zulässigkeit der actio pro socio gegen Organmitglieder aus der Sicht der Rechtsprechung zu belegen. Denn der Anspruch ergab sich bereits aus dem im Vorprozeß geschlossenen Vergleich, also auf rein schuldrechtlicher Basis 4 6 7 ; für seine Begründung mußte der B G H nicht in eine Analyse der spezifisch verbandsrechtlichen Rechtsbeziehungen und Klagebefugnisse eintreten.

Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rn. 34; MüHdbGesR IWSchiessl, § 31 Rn. 24. Barnert, Gesellschafterklage, S.237ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn.33; Semler, AnwBl. 1991, 440, 447; Zöllner, ZGR 1988, 392, 408, 424. 465 Binge, Gesellschafterklagen, S. 166. 4 6 6 BGH WM 1982, 928. 4 6 7 Wie hier Banerjea, Gesellschafterklage, S.9; Berger, ZHR 149 (1985), 599, 602. 463 464

140

§2 Die actio pro socio III. O r g a n b e s t e l l u n g / A n s t e l l u n g s v e r t r a g m i t S c h u t z w i r k u n g für die G e s e l l s c h a f t e r ?

Organpflichten treffen den Inhaber der Organstellung in erster Linie gegenüber der Gesellschaft 4 6 8 . Und wie schon für Schadensersatzansprüche unter Gesellschaftern gezeigt werden konnte, folgt auch für Ersatzansprüche gegen den Fremdgeschäftsführer aus § 4 6 Nr. 8 G m b H G , daß sie der Gesellschaft zusteh e n 4 6 9 . Gleichwohl hat man versucht, daneben auch eine Pflichtenbindung des Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern zu begründen, indem man dem Anstellungsvertrag 4 7 0 oder der Organstellung 4 7 1 des Geschäftsführers Schutzwirkung zu deren Gunsten beimaß, und zwar zum Teil ohne jede Begrenzung 4 7 2 , zum Teil nur für solche Geschäftsführerpflichten, welche gerade auch dem Eigeninteresse der einzelnen Gesellschafter zu dienen bestimmt seien 4 7 3 . Soweit die Schutzwirkung reicht, sollen den Gesellschaftern daher eigene Schadensersatzansprüche gegen die Organmitglieder zustehen. O b dem für den Fall gefolgt werden k a n n , daß pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführer zu einem Schaden im Eigenvermögen der Gesellschafter führt und die verletzte Pflicht gerade auch diesen zu verhindern bestimmt war, kann hier offenbleiben. Diese Fälle werden in der Praxis die Ausnahme bleiben; typischerweise wird als erstes die Gesellschaft von Fehlleistungen der Geschäftsleitung nachteilig getroffen 4 7 4 , so daß man die Annahme einer Schutzwirkung für die Gesellschafter ganz allgemein mit der Begründung verworfen hat, es fehle insoweit an der erforderlichen Leistungsnähe der Gesellschafter 4 7 5 . Jedenfalls wenn die Verletzung von Organpflichten allein im Gesellschaftsvermögen einen Schaden hinterläßt und jene Pflichten auch nur dies Vermögen zu schützen bestimmt waren, kann nicht unter Berufung auf eine solche Schutzwirkung ein eigener Ersatzansprüchen des Ge-

Vgl. nur Großfeld, Aktiengesellschaft, S.215. Abeltshauser, Leitungshaftung, S.425. 470 Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 130ff.; für die personalistische GmbH auch schon Ballerstedt, Kapital, S.179. Raiser, (ZHR 153 (1989), 1, 12f. und in Hachenburg, GmbHG, §14 Rn.46) spricht von einem Ineinandergreifen von Bestellungsakt und Anstellungsvertrag. 471 A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 145f.; Rhein, Interessenkonflikt, S. 177f., 201ff.; Ohne nähere dogmatische Verortung spricht Weber (Treubindungen, S. 64) von einem „Sonderrechtsverhältnis" zugunsten der Gesellschafter. Die Überlegungen von Rhein, mit Hilfe dieser Rechtsfigur Organpflichten zugunsten der Gesellschafter zu begründen (aaO.S. 182ff.; ähnlich Vollmann, Minderheitenschutz, S. 143 ff.: Treupflicht der Organ- gegenüber den Verbandsmitgliedern), sind freilich nicht auf die hier behandelte Konstellation einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens gemünzt, sondern zielen auf die Lösung von Konstellationen, in denen die Geschäftsführung den Gesellschaftern Schaden unmittelbar in ihrem Eigenvermögen zufügt (vgl. namentlich Rhein aaO.S. 187, 193; Vollmann aaO.S. 145). 472 Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 28; ders, in Hachenburg, GmbHG, § 14 Rn.46. 473 A. Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 134ff.; Weber, Treubindungen, S.64. 474 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.40. 475 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 188f.; Rollin, Aktionärsklage, S. 176f. 468 469

H. Die actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer

einer GmbH

141

seilschafters bejaht w e r d e n 4 7 6 . Es ergäbe sich sonst ein Widerspruch zur o b e n 4 7 7 zutage geförderten Erkenntnis, daß Organpflichten nicht als Schutzgesetze für die Gesellschafter gemäß § 8 2 3 II B G B angesehen werden k ö n n e n 4 7 8 . Organpflichten bestehen, um den gemeinsamen Z w e c k zu fördern. Die Förderpflichten der Gesellschafter bestehen, wie ausgeführt, gegenüber der Gesellschaft, weil das Zweckverfolgungsinteresse von ihr aggregiert und in ihr zustehende Rechtspositionen umgesetzt wird (Projektionsidee) 4 7 9 . D a n n können die Förderpflichten der führer

Geschäfts-

nicht plötzlich gegenüber den Gesellschaftern bestehen. Im Aktienrecht

k o m m t hinzu, daß der Vorstand auf das Gesellschaftsinteresse verpflichtet ist und dies nicht notwendig mit dem Interesse der Aktionärs k o n g r u i e r t 4 8 0 . Ein eigener mitgliedschaftlicher Anspruch der Gesellschafter gegen den Fremdgeschäftsführer läßt sich nach alledem nicht begründen 4 8 1 .

IV. Instrumentalisierung des Befolgungsanspruchs? Die Klage eines Gesellschafters gegen einen Geschäftsführer auf Erfüllung von O r ganpflichten ist damit nicht als Klage aus eigenem R e c h t , sondern nur als Klage in Prozeßstandschaft für die Gesellschaft d e n k b a r 4 8 2 . Ihre Zulässigkeit hat m a n mit der Begründung bestritten, es bestehe die Gefahr eines Kompetenzeingriffs in Geschäftsführungsfragen 4 8 3 . Diese Überlegung reicht jedoch nicht hin, um die actio pro socio gegen Fremdorgane zu verwerfen. Denn der Gesellschafter ist in der Lage, bereits die Erfüllung primärer

Geschäftsführerpflichten

gerichtlich durchzuset-

zen: Ist eine M a ß n a h m e so sehr im Gesellschaftsinteresse geboten, daß es zu ihr selbst bei Zubilligung eines unternehmerischen Entscheidungsspielraums keine Alternative gibt, so kann er in der Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Beschlußantrag stellen. In der beschriebenen Situation sind die Gesellschafter kraft ihrer Treupflicht gehalten, der M a ß n a h m e zuzustimmen. Wird der Beschlußantrag gleichwohl abgelehnt, so kann der Gesellschafter diesen Beschluß anfechten und mit Hilfe der positiven Beschlußfeststellungsklage einen Beschluß erzwingen, w o n a c h der Geschäftsführer zu dieser M a ß n a h m e angehalten wird. Sobald dieser Beschluß existiert, kann der Gesellschafter den Geschäftsführer mit Hilfe ei4 7 6 Ablehnend auch Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.215; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 188f.; Barnert, Gesellschafterklage, S.239f.; Binge, Gesellschafterklagen, S.76; v. Gerkan ZGR 1988, 441, 447f. ; Grunewald, Gesellschafterklage, S.98; dies., ZIP 1989, 962, 965; Habersack, Mitgliedschaft, S.205ff.; Hachenburg-Mertens, GmbHG, §43 Rn. 108; Kowalski, Ersatz, S.205; Kion, BB 1984, 864, 867f.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.39f.; Zöllner, ZGR 1988, 392, 408f. Skeptisch auch Vollmann, Minderheitenschutz, S. 142f. 4 7 7 B IV. 4 7 8 Zutreffend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 189. 4 7 9 Vgl. oben B IX 1. 4 8 0 Zutreffend Habersack, Mitgliedschaft, S. 207. 4 8 1 So auch Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 422. 4 8 2 Ebenso Zöllner, ZGR 1988, 392, 424. 483 Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 32; Zöllner, ZGR 1988, 392, 424.

142

§2 Die actio pro

socio

ner gegen die Gesellschaft gerichteten Kompetenzschutzklage zwingen, die betreffende M a ß n a h m e auszuführen. Das gleiche gilt mutatis mutandis, wenn eine M a ß nahme im Raum steht, deren Risiko im Vergleich zum zu erwartenden Nutzen unverhältnismäßig hoch und die daher unternehmerisch unvertretbar ist; hier kann der Gesellschafter einen Beschluß der Gesellschafterversammlung erwirken, diesen, falls er gleichwohl zugunsten dieser M a ß n a h m e ausfällt, anfechten und dies mit einer auf Unterlassung ihrer Durchführung gerichteten Kompetenzschutzklage verbinden. Die Beschlußmängel- und die Kompetenzschutzklage können in einem Prozeß erhoben werden 4 8 4 . Ein Eingriff in die Geschäftsführungskompetenz liegt hierin deshalb nicht, weil dem Gesellschafter auf derjenigen Ebene, auf der die unternehmerische Entscheidung getroffen wird, nämlich auf der Ebene des Gesellschafterbeschlusses, auf jeden Fall ein Klagerecht zusteht. Die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen mit Hilfe dieser Konstruktion scheidet freilich aus; denn die Kompetenzschutzklage steht für ein solches Anspruchsziel nicht zur Verfügung: Die Gesellschaft kann den Geschäftsführer nicht anweisen, aus seinem Privatvermögen Geld zu bezahlen, und dementsprechend kann der einzelne Gesellschafter auch keinen Anspruch darauf haben, daß ein solcher Beschluß ausgeführt werde. Damit scheinen der Durchsetzung der Organhaftung durch den einzelnen Gesellschafter erhebliche Hindernisse in den Weg gestellt zu werden. Gewiß: Wenn der Geschäftsführer seine Pflichten verletzt und dadurch der Gesellschaft Schaden zugefügt hat, so können die Gesellschafter kraft ihrer Treupflicht gegenüber der Gesellschaft gehalten sein, einem Einforderungsbeschluß nach § 46 Nr. 8 erster Halbsatz G m b H G zuzustimmen. Diese Verpflichtung besteht grundsätzlich, wenn nicht ausnahmsweise sachliche Gründe im Gesellschaftsinteresse für ein Absehen von der Rechtsverfolgung sprechen. Wird dem Einforderungsbeschluß die erforderliche mehrheitliche Zustimmung verweigert, so kann er abermals durch Anfechtungs- und positive Beschlußfeststellungsklage erzwungen werden. Geschieht dies, so sind die Gesellschafter im Regelfall auch verpflichtet, der Bestellung eines geeigneten Vertreters nach § 46 Nr. 8 zweiter Halbsatz G m b H G zuzustimmen 4 8 5 . Tatsächlich werden sie hierzu freilich kaum bereit sein; und eine positive Beschlußfeststellungsklage mit dem Ziel, die Bestellung eines bestimmten Sondervertreters zu erzwingen, wird nur dann Erfolg haben, wenn außer der vom Kläger vorgeschlagenen Person niemand als geeigneter Vertreter in Betracht kommt 4 8 6 . Wenn oben 4 8 7 dem Gesellschafter für den Fall, daß die Gesellschaft einen Prozeß um einen mitgliedschaftlichen Leistungsanspruch gegen einen Mitgesellschafter nachlässig führt, grundsätzlich das Recht zugebilligt wurde, seine eigene Bestellung als Sondervertreter zu verlangen, so wurde 484 Vgl. Becker, Verwaltungskontrolle, S.593; Binge, Gesellschafterklagen, S. 133f.; Saenger, G m b H R 1997, 112, 121 sowie unten § 8 D III 6. 48.1 Ygi Eickhoff, Gesellschafterklage, S.73. 486 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 74. Für Ermessen der Gesellschafterversammlung in diesem Fall auch Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 4 6 Rn. 27. 487 G V 6.

H. Die actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer

einer

GmbH

143

dies mit der Überlegung gerechtfertigt, daß hierin das Gedankengut der actio pro socio fortwirke, deren Anwendbarkeit zuvor im Kern nachgewiesen war und daher vorausgesetzt werden konnte. Diese Argumentation kann hier nicht übernommen werden; denn es gilt erst zu beweisen, ob die actio pro socio gegen Fremdorgane überhaupt in Betracht kommt. Aber selbst wenn man dem Gesellschafter das Recht zugesteht, sich selbst oder eine Person seiner Wahl der Gesellschaft als Sondervertreter aufzudrängen, wird die Notwendigkeit, zunächst durch Klage gegen die Gesellschaft einen Einforderungs- und Vertretungsbeschluß zu erzwingen, bevor dann der Sondervertreter namens der Gesellschaft Klage gegen den Geschäftsführer erheben kann, jeden Gesellschafter von der Rechtsverfolgung abschrecken; ein solcher Umweg ist daher unzumutbar 4 8 8 .

V. Die Grundwertung der actio pro socio und ihre Überzeugungskraft gegenüber Fremdorganen Das Organisationsrecht der G m b H verteilt, anders als das der Personengesellschaft, die Zuständigkeiten in der Gesellschaft auf die Gesellschafterversammlung als Mitgliedsorgan, wo die Entscheidungen im Kern getroffen werden (können), und ein Geschäftsführungsorgan, das zur Ausführung, bei Ausbleiben eines Gesellschafter-Entscheids auch zur Entscheidung selbst berufen ist. Der Gesetzgeber wollte damit einen geeigneten institutionellen Rahmen für die Verfolgung des Gesellschaftszwecks bereitstellen. Konsequent ist auch die Erfüllung der Pflichten bei der Entscheidung einerseits, bei deren Ausführung andererseits verschiedenen Ebenen zugewiesen. Dies ändert nichts daran, daß Organpflichten ihrer Rechtsnatur nach in gleicher Weise wie die Mitgliedspflichten auf die Förderung des Gesellschaftszwecks ausgerichtet sind. Damit entfaltet die Wertung, daß die auf die Zweckförderung ausgerichteten Pflichten in einem einzigen Prozeß müssen durchgesetzt werden können, auch für Schadensersatzansprüche gegen den G m b H - G e schäftsführer wegen Verletzung von Organpflichten ihre volle Überzeugungskraft: Solche Ansprüche können vom einzelnen Gesellschafter im Wege der actio pro socio durchgesetzt werden 4 8 9 . Ein abweichendes Ergebnis ist auch nicht deshalb geboten, weil sonst gerade besonders sorgfältige Personen von der Übernahme eines Geschäftsführeramtes abgeschreckt würden 4 9 0 ; dieser Gefahr ist nicht durch die Begrenzung potentieller Ersatzkläger zu begegnen, sondern durch eine sachgerech-

Zutreffend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 190; Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 7 4 . Im Ergebnis ebenso Eickhoff, Gesellschafterklage, S.191f.; Gutbrod, GmbHR 1 9 9 5 , 5 5 1 , 555f.; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 90; Nitschke, Personengesellschaft, S. 3 3 1 ; K. Schmidt, GmbHR 1979, 121, 127; Voormann, Beirat, S . 2 0 2 ; Wellkamp, DZWiR 1994, 2 2 1 , 2 2 5 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, 5 8 IV 1 c (S.462); für Mitglieder eines fakultativen GmbH-Beirats auch Hölters BB 1977, 105, 111. 4 9 0 Dies befürchtet Lutter, Z H R 159 (1995), 287, 305. 488

489

144

§2 Die actio pro socio

te Formulierung des H a f t u n g s m a ß s t a b s 4 9 1 im Sinne der „business judgment r u l e " , die der B G H im K o n t e x t der Organhaftung in der A G der Sache nach bereits ins deutsche Recht übernommen h a t 4 9 2 . Freilich ist auch hier der Vorrang der Gesellschafterverammlung nach § 4 6 Nr. 8 G m b H G zu beachten. Die Verfolgung von Ersatzansprüchen bedarf eines Gesellschafterbeschlusses 4 9 2 a . D e r Gesellschafter, der mittels einer actio pro socio vorgehen will, hat daher zunächst einen solchen Beschluß abzuwarten. Das soll aber nach Ansicht des B G H nicht mehr gelten, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder die Gesellschaft masselos liquidiert w i r d 4 9 2 b . Das Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung von Gesellschaftsinterna müsse dann zurücktreten hinter dem Interesse der Gläubiger an der Vermehrung der Masse. Das überzeugt weder in der Begründung noch im Ergebnis: § 4 6 Nr. 8 G m b H G dient gerade nicht dem Schutz vor Gesellschaftsinterna 4 9 2 0 , sondern enthält eine Ausprägung des Hierarchieprinzips. Dessen Geltung im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer wird durch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht berührt. Am Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses ist daher festzuhalten. Sofern freilich ein Insolvenzverwalter bestellt ist, ist dieser allein - unter Ausschluß auch der Gesellschafter zur Betreibung von Sozialansprüchen befugt 4 9 2 d . In diesem Fall ist ein Gesellschafterbeschluß in der Tat entbehrlich - weil eben der Insolvenzverwalter nicht den Weisungen der Gesellschafter unterworfen ist.

J. Die „präventive"

actio pro socio in der

Personengesellschaft

I. Der Primäranspruch auf Förderung des Gesellschaftszwecks Die actio pro socio wird zumeist im Z u s a m m e n h a n g mit Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter erörtert. D e m Schaden notwendig vorgeschaltet ist eine pflichtwidrige Handlung des in Anspruch genommenen Gesellschafters. Es besteht daher ein Anspruch auf Unterlassung einer solchen Handlung; dieser Anspruch steht ebenso wie der daran anknüpfende Ersatzanspruch der Gesellschaft zu. Fraglich ist, o b dieser Unterlassungsanspruch ebenZutreffend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 192. BGHZ 135, 244, 253; vgl. ferner Herne, BB 2001, 53, 57; ders., BB 2005, 165,166; Horn, ZIP 1997,1129,1134f. ; Ihlas, Organhaftung, S. 85; Lutter, GmbHR 2000, 301, 308; Wellkamp, Vorstand, S. 194f.; zurückhaltend aber Heermann, AG 1998, 201, 205f. Zur Rolle der business judgment rule nach dem UMAG-Entwurf Fleischer, ZIP 2004, 685, 68 8 ff.; Ihrig, WM 2004, 2098, 2101 ff.; Jahn, DB 2005, 5, 11; Kinzl, DB 2004,1653f.; Küthe, BB 2004, 449; Pafgen, AG 2004,245,249ff.; Roth, BB 2004,1066,1067ff.; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252,254; Thümmel, DB 2004, 471, 472; Ulmer, BB 2004, 859, 860ff.; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 163ff.; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1089. 4 9 2 a BGH NJW-RR 2004, 1408, 1410. 4 9 2 b BGH NJW-RR 2004, 1408, 1410. 4 9 2 c Oben C III. 4 9 2 d Vgl. bereits oben G Ii 4. 491

492

]. Die „präventive " actio pro socio in der

Personengesellschaft

145

falls mit Hilfe der actio pro socio verfolgt werden kann; droht Schaden durch die Unterlassung einer M a ß n a h m e , so fragt sich umgekehrt, o b auf diesem Wege auch die gebotene Handlung begehrt werden kann. Das materiellrechtliche Substrat des Anspruchs legt eine bejahende Antwort nahe: D e r Schaden wird der Gesellschaft dadurch zugefügt, daß der Gesellschafter seine Förderpflicht mißachtet. Diese Pflicht besteht in der Unterlassung der schädigenden bzw. der Durchführung der zwingend gebotenen M a ß n a h m e . Die Erfüllung dieser Pflicht, so könnte man vor diesem Hintergrund argumentieren, müsse ebenso wie die der primären Beitragsschuld mittels der actio pro socio durchgesetzt werden können; es müsse nicht erst zugewartet werden, bis der Schaden tatsächlich eingetreten s e i 4 9 3 .

II. D i e R o l l e d e r O r g a n i s a t i o n s v e r f a s s u n g

1. Der Standpunkt des BGH Der B G H indes hat dem Kommanditisten einer K G die präventive actio pro socio verwehrt und ihn darauf verwiesen, etwaige Schadensersatzansprüche mit Hilfe der actio pro socio zu verfolgen. Seiner Entscheidung 4 9 4 lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Gesellschaftszweck der B-GmbH & Co. KG, einer Publikumsgesellschaft, war auf die Bebauung, Nutzung und Verwaltung eines Wohn- und Geschäftshausgrundstücks in Berlin gerichtet. Die KG übertrug dem Architekten M, der zugleich zusammen mit dem Architekten B Gesellschafter der Komplementär-GmbH war, die Planung für das Wohn- und Geschäftshaus. Geschäftsführerin dieser GmbH war die Ehefrau des M. Nach Fertigstellung der Bauarbeiten berechnete M per Schlußrechnung einen Betrag von 680.000 DM. Die Kläger, mehrere Kommanditisten, hielten einige Positionen in der Schlußrechnung für unberechtigt, andere für überhöht. Sie verlangten von der Komplementär-GmbH, die Bezahlung der Rechnung zu unterlassen. Lasse man, so der B G H , eine Klage nach Art der vom Kommanditisten erhobenen zu, so bestehe die Gefahr, daß in das unternehmerische Ermessen der geschäftsführenden Gesellschafter eingegriffen und die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft in Frage gestellt w e r d e 4 9 5 . In der Tat stand den Klägern keinerlei Geschäftsführungs4 9 3 In diesem Sinne Banerjea, Gesellschafterklage, S. 181 f.; Baumbach/Hopt, HGB, §116 Rn.4; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 552f., 567f.; Grunewald, Gesellschafterklage, S.84f.; Hachenburg-Raiser, GmbHG § 14 Rn.47; Lutter, AcP 180 (1980), 84,139f.; Martens, Konzernherrschaft, S. 97f.; Raiser, ZHR 153 (1989), 1,27; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 116 Rn. 5; Schneider, ZHR 143 (1979), 485,503; ders., JR 1980,466,467f.; für die Geschäftsführerpflichten eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer personalistischen GmbH auch Zöllner ZGR 1988, 392, 411 f.: eigener Anspruch der Mitgesellschafter auf Erfüllung der Geschäftsführerpflicht. 4 9 4 BGHZ 76, 160. 4 9 5 BGHZ 76, 160, 168; ebenso OLG Celle GmbHR 2000, 388; Ebenroth-Boujong, HGB, §105 Rn. 151; Erman-Westermann, BGB, §705 Rn.55; Habersack, Mitgliedschaft, S.293f.; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 354; Scblegelberger-Martens, HGB, §161 Rn.69; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V 3 b (S.649f.); Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 340; ders., in MK, BGB,

146

5 2 Die actio pro

socio

befugnis zu; ihre Klage berührte daher einen ihnen fremden Zuständigkeitsbereich. Allein mit dieser Begründung dem Kommanditisten die Klage zu verwehren, greift jedoch zu kurz. Denn wie soeben gesehen 496 , kann u.U. selbst der Fremdgeschäftsführer einer G m b H von deren Gesellschaftern gerichtlich belangt werden. Gleichwohl ist das Organisationsrecht der jeweiligen Rechtsform für die Anerkennung präventiver Klagerechte von Kommanditisten nicht bedeutungslos: 2. Zur Bedeutung

der

Weisungsfreiheit

Ein möglicher Gesichtspunkt gegen die Zulassung der präventiven actio pro socio kann zum einen in dem Umstand liegen, daß der beklagte Gesellschafter nach der Verfassung der Gesellschaft nicht weisungsgebunden ist. Eine solche Gestaltung hat im Organisationsrecht der Kapitalgesellschaften durchaus Vorbilder; so leitet der Vorstand einer AG das Gesellschaftsunternehmen nach § 76 I AktG weisungsfrei. O b allein dies den Schluß rechtfertigt, die präventive actio pro socio sei unstatthaft, soweit die Weisungsfreiheit reiche, ist damit freilich noch nicht ausgemacht. Die actio pro socio kann nämlich selbst dann, wenn man sie grundsätzlich zuläßt, nicht dazu dienen, daß der Kläger sein unternehmerisches Ermessen an die Stelle einer ebenso vertretbaren Entscheidung des geschäftsführenden Gesellschafters setzt; die Weisungsfreiheit, die jenem Gesellschafter eben dies Ermessen gewährleistet, wird also durch die actio pro socio nicht in Frage gestellt. Die actio pro socio dient nur der Verhinderung rechtswidrigen Verhaltens. Sie kann, selbst wenn man sie dem Grunde nach für gegeben hält, nur Erfolg haben, wenn sich das zu erzwingende Verhalten des geschäftsführenden Gesellschafters als evident geboten oder das zu unterbindende als evident unvertretbar herausstellt 497 . Es gilt insoweit der gleiche Pflichtenmaßstab wie bei Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Geschäftsführung 4 9 8 . Da Weisungsfreiheit aber nicht Freiheit von rechtlicher Bindung bedeutet, wird sie durch die Zulassung einer so verstandenen actio pro socio nicht in Frage gestellt. Wenn der BGH das unternehmerische Ermessen und die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft durch die Klage des Kommanditisten gefährdet sieht, so dürfte denn auch in der Sache eine eher praktische Überlegung Pate stehen: O b eine Maßnahme unternehmerisch vertretbar ist oder nicht, ist vor Prozeßbeginn ungewiß und soll erst durch das Gerichtsverfahren geklärt werden. Ist das Gericht befugt oder gar verpflichtet, eine Rechtsbehauptung des Inhalts, die M a ß n a h m e sei evident gesellschaftsschädlich (bei der Unterlassungsklage) bzw. geboten (bei der § 7 0 5 Rn. 169; ders., in Staub, H G B , § 105 R n . 2 6 3 ; Voormann, Beirat, S. 183 f.; zurückhaltend auch Raiser, Z H R 153 (1989), 1, 2 9 , 32. 496 Oben H. 497 Grunewald, DB 1981, 4 0 7 , 4 0 8 f.; dies., Gesellschafterklage, S.31; dem folgend Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 5 1 5 , 538; Westermann/Klingberg, H a n d b u c h , Rn. I 2 7 1 ; in diese Richtung auch Schütz, Sachlegitimation, S. 123f. („in Extremfällen"). 498 Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 515, 538; Grunewald, DB 1981, 4 0 7 , 4 0 8 .

J. Die „präventive"

actio pro socio in der Personengesellschaft

147

Vornahmeklage), in der Sache zu prüfen, so besteht die Gefahr, daß die Geschäftsleitung durch andauernde Rechtsstreitigkeiten beeinträchtigt wird. Die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft würde dann in der Tat bereits dem bloßen Versuch eines Kommanditisten entgegenstehen, präventiven Rechtsschutz in Geschäftsführungsangelegenheiten zu begehren. Selbst mit diesem Akzent kann indes die Argumentation des BGH nicht überzeugen. Denn sie drängt den Kläger einseitig in die Rolle des Störers. Gerade wenn außer den Gesellschaftern, deren Verhalten gerügt wird, keine anderen zur Geschäftsführung befugt sind, wird auf diese Weise jegliche präventive Kontrolle verhindert 499 . Eine Lösung, die gleichermaßen dem Interesse der Gesellschaft an ungestörter wie dem an pflichtgemäßer Amtsführung durch die geschäftsführenden Gesellschafter gerecht werden will, kann weder in der voraussetzungslosen Zulassung 500 noch in der pauschalen Verwerfung der präventiven actio pro socio liegen; es müssen vielmehr die Kontrollzuständigkeiten differenziert herausgearbeitet werden (unten 5.). 3. Zur Bedeutung eines speziellen

Überwachungsorgans

Richtet die Verbandsverfassung für die Überwachung der Geschäftsführung ein besonderes Organ ein, so will sie die rechtliche Kontrolle der Geschäftsführung in dessen und nicht in die Hände der Gesellschafter legen. Die präventive actio pro socio eines Gesellschafters bedeutet in der Sache Rechtskontrolle an einem solchen Organ vorbei. Aus diesem Grunde ist beispielsweise in der AG jede Klage eines Aktionärs unstatthaft, deren Ziel darin besteht, den Vorstand gerichtlich zur rechtmäßigen Ausübung seines Amtes anzuhalten 501 . Namentlich kann der Aktionär nicht die Unterlassung angeblich gesetzwidriger oder die Vornahme angeblich gebotener Geschäftsführungsmaßnahmen begehren 502 . Er ist vielmehr auf den Schutz seiner Mitwirkungskompetenzen beschränkt 503 . Anders liegt es in der GmbH mit obligatorischem Aufsichtsrat: Die Mitbestimmung berührt das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung nicht 504 . Wenn aber die Gesellschafter auf diese Weise an der Steuerung der Geschäftsleitung beteiligt sind, erscheint

Dies betont zu Recht Schütz, Sachlegitimation, S. 123f. So aber Schneider, Z H R 143 (1979), 4 8 5 , 503. 501 Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S . 4 8 , 88; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 117ff., insbes. S . 1 2 0 f . , 122. 5 0 2 Zutreffend Brondics, Aktionärsklage, S. 106; anders Becker, Verwaltungskontrolle, S. 621. 5 0 3 Hier sog. Kompetenzschutzklage; dazu ausführlich oben § 1. 5 0 4 B G H Z 89, 4 8 , 57; 136, 4 8 , 55; Deilmann, BB 2 0 0 4 , 2 2 5 3 ; Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 9 9 ; Hommelhoff, Z G R 1978, 119, 131f.; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 914; Mertens, Z G R 1977, 2 7 0 , 2 8 2 ; Müller/Wolff, GmbHR 2 0 0 3 , 810, 814; Raiser, MitbestG, S 2 5 Rn. 88; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, S. 6 3 1 , 637; Säcker, DB 1 9 7 7 , 1 8 4 5 f . ; Wiedemar™, Gesellschaftsrecht, § 11 II 1 b (S.611f.); Zöllner, Z G R 1 9 7 7 , 319, 327f. Nach Eisenhardt, FS Pfeiffer, S . 8 3 9 ; Fitting/Wlotzke/Wissmann, MitbestG, § 2 5 Rn. 63 soll sich die Weisungskompetenz nur auf grundsätzliche Angelegenheiten beziehen, nicht aber auf das laufende Tagesgeschäft. 495

500

148

§ 2 Die actio pro socio

schwer begründbar, weswegen ihnen deren rechtliche Kontrolle mit Hilfe der actio pro socio versagt bleiben soll.

4. Präventive Klagerechte bei Teilnahmerecht

an

Geschäftsführungsbeschlüssen

Und in der Tat k o m m t der Beschlußzuständigkeit für die Anerkennung präventiver Klagerechte eine wichtige Bedeutung zu. Die Befugnis des GmbH-Gesellschafters, gebotene Geschäftsführungsmaßnahmen

gerichtlich durchzusetzen

oder

schädliche zu unterbinden, gründet maßgeblich darauf, daß er in der Lage ist, im Wege der Beschlußmängelklage die Korrektur von Gesellschafterbeschlüssen zu erzwingen, durch die mit Mehrheit in einer dem Gesellschaftszweck zuwiderlaufenden Weise entschieden wurde. Es wird zu zeigen sein, daß das Anfechtungsrecht keinen im subjektiven Recht des Verbandsmitglieds begründeten individuellen Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung verkörpert, sondern eine prozessuale Befugnis, um die objektive Vereinbarkeit des Beschlusses mit Gesetz und Satzung gerichtlich überprüfen zu lassen (objektives Rechtsbeanstandungsverfahren) 5 0 5 . N a mentlich der Gesellschafter, der einen Geschäftsführungsbeschluß anficht, macht keinen eigenen Anspruch geltend. Vielmehr besteht die Förderpflicht der Gesellschafter und damit ihre Verpflichtung, gebotenen M a ß n a h m e n zuzustimmen und schädlichen M a ß n a h m e n die Zustimmung zu verweigern, allein gegenüber der Gesellschaft. Die Beschlußmängelklage fungiert vor diesem Hintergrund gewissermaßen als präventive actio pro s o c i o 5 0 6 , mit deren Hilfe die Erfüllung entsprechender Pflichten im R a h m e n der Abstimmung von den Mitgesellschaftern eingefordert wird. H a t sie Erfolg, so kann der Gesellschafter die Vornahme bzw. Unterlassung der umstrittenen M a ß n a h m e n aus eigenem R e c h t , nämlich mit Hilfe der Kompetenzschutzklage

begehren.

D e r Kommanditist ist im Umfang des § 1 6 4 S . 2 H G B berechtigt, an Geschäftsführungsbeschlüssen mitzuwirken 5 0 7 . Jedenfalls insoweit kann er gegen rechtswidrige Beschlüsse gerichtlich vorgehen 5 0 8 und mit der Beschlußmängelklage eine Kompetenzschutzklage auf Vornahme bzw. Unterlassung verbinden 5 0 9 . Geschäftsführenden Gesellschaftern steht dies Recht bei jedem Geschäftsführungsbeschluß zu. Die Beschlußmängelklage fungiert auch hier als ein Instrument, mit dessen Hilfe in der Sache der Anspruch der Gesellschaft auf eine Abstimmung im Gesellschaftsinteresse geltend macht. Wird ein außergewöhnliches Geschäft vollzogen, ohne

daß der erforderliche Beschluß zustande gekommen ist, so steht dem K o m -

Unten § 5 B II. Unten § 5 B 1 3 . 5 0 7 Vgl. dazu bereits oben § 1 B I. 5 0 8 Zur einschlägigen Klageart, insbesondere zur analogen Anwendbarkeit der § § 2 4 1 ff. AktG, unten § 7 B, C. 5 0 9 Die Möglichkeit, im Bereich des § 116 II HGB Unterlassungsklage zu erheben, wenn es an dem erforderlichen Beschluß fehlt, wird denn auch jedem Gesellschafter zugebilligt; vgl. Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 116 Rn.5; Sester, Treupflichtverletzung, S.33. 505 506

J. Die „präventive " actio pro socio in der

Personengesellschaft

149

manditisten ebenfalls aus eigenem Recht die Kompetenzschutzklage zur Seite 5 1 0 ; die actio pro socio als Klage aus dem Recht der Gesellschaft m u ß hierfür nicht bemüht w e r d e n 5 1 1 . Ebenso ist die Kompetenzschutzklage als Rechtsbehelf einschlägig, wenn ein zur Einzelgeschäftsführung befugter Gesellschafter eine M a ß n a h m e gegen den Widerspruch eines anderen geschäftsführenden Gesellschafters ausf ü h r t 5 1 2 ; dann ist er nämlich verpflichtet, jene Ausführung zu unterlassen 5 1 3 .

5. Präventive Klagerechte ohne Teilnahmerecht Geschäftsführungsbeschlüssen

an

Soweit präventive Klagen gegen Geschäftsführungsmaßnahmen im R a u m stehen, an denen der klagende Gesellschafter nicht mitzuwirken befugt ist, bietet sich eine Lösung an, die zwischen Kommanditisten einerseits und von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementären andererseits differenziert. D e r Komplementär hat auch dann, wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, nach § 1 1 8 1 H G B ein umfassendes Informationsrecht; dies Recht ist für den Fall unentziehbar, daß Anlaß zur Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. D e r K o m manditist kann nach § 1 6 6 III H G B die gerichtliche Anordnung von Aufklärungen verlangen, wenn ein wichtiger Grund besteht; ein solcher kann seinerseits im Verdacht unredlicher Geschäftsführung 5 1 4 , in der Verweigerung des ordentlichen Kontrollrechts nach § 1 6 6 I H G B durch den geschäftsführenden Gesellschafter 5 1 5 , in der nicht näher begründeten Behauptung des geschäftsführenden Gesellschafters, er sei zur Erstellung einer Bilanz nicht in der L a g e 5 1 6 , aber auch sonst in drohender Schädigung der Gesellschaft oder des antragstellenden Kommanditisten liegen 5 1 7 . Der Komplementär darf also grundsätzlich ohne besonderen A n l a ß und ohne vorherige Anrufung des Gerichts prüfen, o b es in der Geschäftsführung mit rechten Dingen zugeht; der Kommanditist benötigt hierzu einen durch Tatsachen belegten konkreten Anlaß sowie eine gerichtliche Anordnung. Es ergäbe nun wenig Sinn, einerseits den Gesellschaftern derartige Informationsrechte zuzubilligen und ihnen andererseits, wenn sie die erforderlichen Informationen erlangt haben, jegliche Möglichkeit zu nehmen, präventiv gegen Mißwirtschaft einzuschreiten. Vielmehr erscheint es sachgerecht, dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementär die Befugnis zur Erhebung der präventiven actio pro socio unOben § 1 B VII. So aber Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 539; MK-]ickeli, HGB § 116 Rn.46; SchlegelbergerMartens, HGB, § 116 Rn.22. 5 1 2 Vgl. zur Klagebefugnis des übergangenen Gesellschafters in diesem Fall auch Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 32. 5 1 3 Vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 115 Rn.4; MK-Rawert, HGB § 115 Rn.29, SchlegelbergerMartens, HGB, § 115 Rn.8; Sester, Treupflichtverletzung, S.29. 5 1 4 OLG Hamm OLGZ 1971, 485, 489. 5 1 5 OLG Hamm OLGZ 1971, 485, 489. 5 1 6 OLG Hamm OLGZ 1971, 485, 490. 5 1 7 BGH BB 1984, 1273, 1274 (für stille Gesellschaft) 5,0

511

150

§2 Die actio pro socio

beschränkt, dem Kommanditisten immerhin dann zuzugestehen, wenn (von ihm präzise vorzutragende) Tatsachen den Verdacht unredlicher Geschäftsführung begründen. Die Klage eines Kommanditisten wird das Gericht in zwei Stufen prüfen: Zunächst wird es Beweis erheben, ob die behaupteten Anhaltspunkte für ein derartiges M i ß m a n a g e m e n t tatsächlich bestehen. Ist dies mit positivem Ergebnis geschehen, so ist die präventive actio pro socio des Kommanditisten zulässig. Verdachtstatsachen sind also Sachurteilsvoraussetzung-, Prozeßführungsbefugnis

Die

ohne sie besteht keine

des Kommanditisten, aus dem Recht der Gesellschaft die

Unterlassung treuwidriger M a ß n a h m e n zu begehren. Liegen also die Verdachtstatsachen vor, so wird das Gericht in einem zweiten Schritt untersuchen, o b die bekämpfte M a ß n a h m e in der Sache tatsächlich gesellschaftsschädlich ist; ist dies der Fall, so ist die Klage begründet518.

Bei der Klage eines Komplementärs wird das

Gericht sogleich in jene Sachprüfung eintreten; seine präventive Klagebefugnis ist nicht von derartigen Verdachtstatsachen abhängig. Illustriert man diese Differenzierung am eingangs wiedergegebenen Fall des B G H , so ergibt sich: Die bloße Behauptung, die Rechnung sei objektiv überhöht, begründet zwar die präventive actio pro socio des (nicht geschäftsführenden) Komplementärs, nicht dagegen die des Kommanditisten. Dieser m u ß vielmehr Anhaltspunkte vortragen, die nahelegen, daß die Geschäftsführung der Gesellschaft aus sachfremden, insbesondere eigennützigen Motiven handelt. Im mitgeteilten Sachverhalt war der Architekt, der die Rechnung gestellt hatte, mit der Geschäftsführerin der K o m p l e m e n t ä r - G m b H verheiratet. Es bestand daher in der Tat Anlaß, der Frage nachzugehen, o b das Ehepaar hier auf Kosten der Gesellschaft in die eigene Tasche wirtschaftete. Gesellschafter, die gegen Geschäftsführungsmaßnahmen präventiv vorgehen wollen, bei denen sie nicht mitzuentscheiden befugt sind, können dies folglich in dem Umfang, in dem ihnen Informationsansprüche über jene M a ß n a h m e n zustehen. Für den Kommanditisten wurde hier an das Informationsrecht des § 1 6 6 III H G B angeknüpft; das Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses aus § 1 6 6 I H G B ist für die Begründung von Klagerechten gegen M a ß n a h m e n der Geschäftsführung unergiebig. N u n wird verbreitet erwogen, ob sich nicht über § 1 6 6 I, III H G B hinaus Informationsrechte des Kommanditisten begründen lassen. Die Diskussion hierüber ist noch im Fluß. Verbreitet wird vorgetragen, es vermöge k a u m einzuleuchten, weswegen der Kommanditist auf die Rechte aus § 1 6 6 H G B beschränkt bleibe, während der Gesellschafter einer G m b H das volle Informationsrecht aus § 5 1 a G m b H G genieße 5 1 9 . Daraus wird teilweise geschlossen, § 5 1 a G m b H G auch 5 1 8 Man wende gegen diese zweistufige Prüfung nicht ein, das Gericht werde u.U. zur Beweisaufnahme über Tatsachen gezwungen, welche sich letztlich als nicht entscheidungserheblich erwiesen - etwa weil die Maßnahme tatsächlich nicht gesellschaftsschädlich sei. Gewiß kann ein solcher Fall eintreten; die Situation, daß sich die Beweiserhebung im Ergebnis nicht auswirkt, ist jedoch nichts Ungewöhnliches, sondern entsteht immer dann, wenn Sachurteilsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht streitig sind und sich hernach der geltend gemachte Anspruch als unbegründet erweist. 5 1 9 Vgl. Reuter, J Z 1986, 72, 78; Schießl, GmbHR 1985, 109, llOff.; K. Schmidt, Informationsrecht, S.65ff., 76 ff.; Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S.45f.

]. Die „präventive"

actio pro socio in der

Personengesellschaft

151

zugunsten des Kommanditisten anzuwenden 520 . Teilweise wird versucht, die Rechtsschutzlücke durch die Anwendung der § § 7 1 3 , 6 6 6 BGB zu schließen 5 2 1 . Wieder andere erkennen ein funktionsbezogenes Informationsrecht des Kommanditisten über § 166 H G B hinaus an: Die sachgerechte Ausübung von Mitwirkungsbefugnissen, namentlich des Stimmrechts, setze voraus, daß der Kommanditist über die notwendige Information verfüge. Konsequent könne der Kommanditist Information verlangen, soweit er sie für eine zweckentsprechende Stimmabgabe oder ganz allgemein für die Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte benötige 5 2 2 . Der BGH hat offengelassen, ob diesen Ansätzen zu folgen sei; jedenfalls aber werde ein so begründetes Informationsrecht durch den Umfang der dem Kommanditisten zustehenden Mitwirkungsbefugnisse begrenzt 5 2 3 . § 5 1 a GmbHG zeige aber, daß das Informationsrecht zum unentziehbaren Bestand der Mitgliedsrechte gehören könne; deswegen tendiert er dazu, daß auch das Recht aus § 166 H G B dem Kommanditisten nicht gegen seinen Willen genommen werden kann 5 2 4 . Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, daß sich Informationsrechte jenseits des § 166 H G B de lege lata nicht begründen ließen 5 2 5 . Eine Stellungnahme zu diesem Problemkreis ist hier nicht veranlaßt; es ist lediglich der Hinweis geboten: Sofern die Informationsrechte des Kommanditisten über § 166 H G B hinausreichen, wächst dem hier vertretenen Ansatz zufolge auch der Umfang der präventiven Klagebefugnisse. Zur Klarstellung sei betont, daß die hier befürworteten Einschränkungen der actio pro socio nur für vorbeugende Klagen gegen Geschäftsführungsmaßnahmen gelten. Einlagen und Schadensersatz kann der Kommanditist ohne Rücksicht auf seine Mitwirkungsbefugnisse in Fragen der Geschäftsführung im Wege der actio pro socio geltend machen, wenn die oben 5 2 6 beschriebenen Voraussetzungen der Einzelklagebefugnis vorliegen 5 2 7 . Namentlich steht die actio pro socio zur Verfügung, wenn im Gesellschaftsvermögen infolge der kompetenzwidrigen Maßnahme ein Schaden entsteht: Der daraus resultierende Ersatzanspruch der Gesellschaft kann im Wege der Einzelklage beigetrieben werden 5 2 8 . So namentlich Schiessl, GmbHR 1985, 109, llOff. So namentlich U. Huber, Z G R 1982, 539, 542ff., 5 5 0 f . 5 2 2 O L G Stuttgart N Z G 2 0 0 2 , 1105; Grunewald, Z G R 1989, 5 4 5 , 552f.; Hahn, DB 1997, 741, 744f.; M K - G r u n e w a l d , HGB, § 166 Rn. 12; Schlegelberger-Martens, HGB, § 166 Rn. 18; K. Schmidt, Informationsrecht, S. 65ff.; Weipert, in Ebenroth, HGB, § 1 6 6 R n . 2 3 sowie in MüHdbGesRI §11 Rn.9. 5 2 3 BGH DB 1992, 1337, 1338. 5 2 4 BGH NJW 1 9 8 9 , 2 2 5 f . 52.1 Menger, Lückenausfüllung, S. 107ff., 112ff. 5 2 6 C VI. 5 2 7 Vgl. für die Befugnis von der Geschäftsführung ausgeschlossener Gesellschafter, die auf Leistung von Einlage oder Schadensersatz gerichtet actio pro socio zu erheben, nur Ballerstedt, JuS 1963, 2 5 3 , 2 5 7 ; Ebenrotb-Boujong, HGB, § 105 Rn. 149; Grunewald, N Z G 2 0 0 0 , 4 7 6 ; A. Hueck, O H G , § 18 II 3 (S.265); MüHdbGesR Mv.Ditfurth, § 4 7 R n . 6 7 ; MüHdbGesR IVWirth, § 3 Rn. 95; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 423. 5 2 8 Vgl. BGH W M 1988, 868, 869; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 2 7 1 . 520 521

152

5 2 Die actio pro socio

6. Die präventive actio pro socio außerhalb

von

Geschäftsführungsmaßnahmen

Eine präventive actio pro socio außerhalb der Geschäftsführung ist denkbar, wo ein Gesellschafter die Gesellschaft schädigt, ohne dabei in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsorgan zu handeln. So ist eine präventive actio pro socio mit Recht für möglich erachtet worden, wenn ein Gesellschafter gegen ein Wettbewerbsverbot verstößt 529 : Hier liegt die Schädigungshandlung außerhalb der Ausübung einer Organfunktion, so daß die Organisationsverfassung der Gesellschaft einer solchen Klage nicht notwendig entgegensteht. Andererseits läßt sich der Unterlassungsanspruch abermals nicht als ein eigener Anspruch der Gesellschafter begreifen 530 : Die Einhaltung des Wettbewerbsverbots besteht im Gesellschaftsinteresse. Wettbewerbsverbote sind, wie gezeigt 531 , Ausfluß der Zweckförderpflicht, welche allein der Gesellschaft gegenüber besteht. Da die klageweise präventive Verhinderung des Wettbewerbsverstoßes sich folglich nur als Prozeßstandschaft aus dem Recht der Gesellschaft erklären läßt, ist der Gesellschafter ebenso wie bei der auf Beiträge und Schadensersatz gerichteten actio pro socio gehalten, zunächst um die Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft nachzusuchen, bevor er selbst vor Gericht zieht 532 . Abweichendes mag gerade im Zusammenhang mit präventiven Klagebefugnissen dann gelten, wenn Gefahr im Verzug ist.

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so verliert er seine Mitverwaltungsrechte und folglich auch die Befugnis, eine actio pro socio zu erheben 533 . Der Gesellschafter nimmt an der Zweckverfolgung nicht mehr teil und kann daher Ansprüche, die auf deren Verwirklichung gerichtet sind, nicht mehr beitreiben. Hat er vor seinem Ausscheiden eine actio pro socio rechtshängig gemacht und ist der dadurch eröffnete Rechtsstreit noch nicht beendet, so fragt sich, wie das Gericht zu entscheiden hat. Nach Darstellung der in Betracht kommenden prozessualen Instrumente und ihrer Rechtsfolgen (I.) ist diese Frage getrennt für zwei Fälle zu untersuchen: Zunächst für den Fall, daß der Gesellschafter seinen Anteil auf einen Dritten überträgt (II.); sodann für den Fall, daß der Gesellschafter ersatzlos ausscheidet (III.).

529 Bork/Oepen, ZGR 2001, 515, 538f.; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 27; Zöllner, ZGR 1988, 392, 412. 5 3 0 So aber Zöllner, ZGR 1988, 392, 412. 5 3 1 Oben B VI. 532 Grunewald, Gesellschafterklage, S. 84 fordert sogar, daß die Gesellschafter vorher einen der Klage zustimmenden Beschluß gefaßt haben 5 3 3 Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1995, 1296; Früchtl, NJW 1996, 1327; Höfler, JuS 1992, 388, 392; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 173.

K. Die actio pro socio nach Verlust der

153

Mitgliedschaft

I. D a s A b g r e n z u n g s p r o b l e m : Parteiwechsel oder § 2 6 5 Z P O ? Ändert sich im Laufe des Prozesses die Zuständigkeit, das im Prozeß verfolgte Recht geltend zu machen, so sieht die ZPO für verschiedene Fallkonstellationen unterschiedliche Wege vor, diesem Umstand prozessual gerecht zu werden. Da hier die actio pro socio untersucht wird, beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf die Klägerperspektive. 1. Die Interessenbewertung nach §§239ff ZPO

beim gesetzlichen

Parteiwechsel

Die §§239ff. behandeln einzelne ausgewählte Fälle, in denen materiellrechtliche Veränderungen auf der Seite einer Partei kraft Gesetzes zu einem Parteiwechsel führen. Der Parteiwechsel wird in diesen Vorschriften nicht begründet, sondern vorausgesetzt 534 ; die §§ 23 9 ff. ZPO knüpfen hieran die Rechtsfolge einer Prozeßunterbrechung. a) §§239,242

ZPO

Eine Partei kann nach ihrem Tod ihre Parteistellung nicht mehr wahrnehmen; es tritt folglich der Erbe im Prozeß an ihre Stelle. Gemäß § 2391 ZPO wird der Prozeß bis zu seiner Aufnahme durch deren Erben unterbrochen. Dabei kann nach § 239 II ZPO der Beklagte den Erben zur Aufnahme des Prozesses zwingen535. Die einzige Ausnahme hiervon statuiert § 239 V ZPO: Der Erbe muß den Rechtsstreit vor Annahme der Erbschaft nicht fortsetzen - eben weil nicht sicher ist, ob er überhaupt Erbe wird; denn im Falle der Ausschlagung gilt der Anfall der Erbschaft als von Anfang an nicht erfolgt (§ 1953 I BGB). Eine ähnliche Situation entsteht bei Eintritt eines Nacherbfalls während des Prozesses. § 242 ZPO verweist für diesen Fall auf § 239 ZPO. Damit zeigt sich, daß auch hier der Beklagte die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Nacherben erzwingen kann. Der auf den Nachfolger ausgeübte Zwang zur Aufnahme des Prozesses ist notwendige Folge des Parteiwechsels; er entspricht auch vollauf der Interessenlage: Es wird der Gegenpartei (hier: dem Beklagten) erspart, einen neuen, vom Erben angestrengten Prozeß über sich ergehen lassen zu müssen. Der Erbe wird an die bisherigen Prozeßergebnisse gebunden. Beides gilt im Guten wie im Schlechten: Günstige Ergebnisse kommen dem Erben zugute; der Beklagte kann sie nicht durch einen Neubeginn des Prozesses abwenden. Dem Erben ist es zumutbar, in den bisher geführten Prozeß einzutreten, weil er selbst Inhaber des Nachlasses und damit der Vermögensmasse ist, zu der das verfolgte Recht gehört; dem entspricht es, daß auf Kosten des Nachlasses prozessiert wird. Der Erbe hat das Vermögen des Erblassers 5,4

Kass, Prozeßstandschaft, S.26. Vgl. MK-Feiber, ZPO, §239 Rn.38; Musielak-Foerste, Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 124 Rn.21. 535

ZPO, §239 Rn.12;

Rosenberg/

154

§2 Die actio pro socio

so übernommen, wie dieser es hinterlassen hat. Er hat damit einerseits die volle Herrschaft über die Verfolgung des nunmehr ihm zustehenden Rechts erlangt; andererseits ist ihm dies Recht belastet mit der Prozeßlage zugefallen. Ebenso ist dem Nacherben die Aufnahme des Prozesses zumutbar, da er durch Antritt der Nacherbschaft Inhaber des Vermögens geworden ist, auf dessen Kosten prozessiert wird. Auch er erlangt die volle Herrschaft über die Verfolgung des nunmehr ihm zustehenden Rechts - freilich abermals unter Bindung an die bisherige Prozeßlage. b) §240

ZPO

§ 240 Z P O regelt die Unterbrechung des Prozesses durch Insolvenz. Der Schuldner hat die Befugnis verloren, sein Vermögen zu verwalten (§ 80 I InsO). Er hat sie deshalb verloren, weil er zahlungsunfähig ist. Sein Vermögen ist gleichermaßen auf die Gläubiger zu verteilen. Dafür bietet der Schuldner keine Gewähr; deshalb wir er aus der Verwaltung seines Vermögens verdrängt und diese einem Insolvenzverwalter anvertraut 5 3 6 . Das Insolvenzverfahren wird gefährdet, wenn der Schuldner schlecht prozessiert 537 . Deshalb kann der Schuldner auch seine Parteistellung im anhängigen Prozeß nicht behalten; sie wird fortan vom Insolvenzverwalter wahrgenommen. Dies ist in den §§ 85, 86 InsO angeordnet. Danach gibt es nach Eintritt der Unterbrechung zwei Möglichkeiten: Entweder der Insolvenzverwalter nimmt den Rechtsstreit in der Lage auf, in der er sich befindet; dann führt er den Prozeß fort. Oder er gibt das verfolgte Recht frei; dann bleibt der Schuldner Partei. In jedem Fall bleiben sämtliche Ergebnisse des Rechtsstreits erhalten; der Gegner, hier: der Beklagte, muß insgesamt nur einen Prozeß führen. Dem Insolvenzverwalter ist die Bindung an bisherige Prozeßergebnisse zuzumuten; denn die Kosten des Verfahrens trägt nicht er, sondern die Masse. Es ist aber, um eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zu gewährleisten, dem Gegner in Gestalt des Insolvenzverwalters zuzumuten, den Rechtsstreit mit einer anderen Partei fortzusetzen. Die gleiche Interessenbewertung zugunsten der Gläubiger trifft § 241 III Z P O für den Fall der Nachlaßverwaltung: Dritte, namentlich der Erbe, haben sich in die Prozeßführung über einen Nachlaßgegenstand nicht einzumischen 5 3 8 . Funktional entspricht § 2 4 1 III Z P O dem § 240 ZPO 5 3 9 . Die § § 2 3 9 , 240, 242 Z P O beschreiben Fälle des gesetzlichen Parteiwechsels: Der Rechtsnachfolger (hier: Kläger) muß den Rechtsstreit in der Lage aufnehmen, in der er sich gerade befindet; der Gegner (hier: Beklagte) muß gerade diesen Prozeß zu Ende führen. Ein weiterer Rechtsstreit ist gänzlich entbehrlich. § 2 4 1 Z P O regelt, anders als die § § 2 3 9 , 240 Z P O , keinen Parteiwechsel. Die Partei bleibt gleich; nur muß ihre gesetzliche Vertretung sichergestellt werden. Hier tauchen Probleme bei der Interessenbewertung nicht auf. 536 537 538 539

Grunsky, Veräußerung, S.85. Grunsky, Veräußerung, S. 86. Vgl. Grunsky, Veräußerung, S. 87. Stein/]onas-Rotb, ZPO, §241 Rn. 10.

K. Die actio pro socio nach Verlust der

2. Die Interessenbewertung Bei Veräußerung

Mitgliedschaft

155

des § 265 ZPO

(oder Abtretung) der streitbefangenen

Kläger auf jeden Fall zunächst Partei

Sache

bleibt der bisherige

des Prozesses ( § 2 6 5 II 1 Z P O ) . O b er den

Prozeß weiterführen darf, richtet sich danach, o b der Rechtsnachfolger an die Rechtskraft des zwischen ihm und dem Gegner ergangenen Urteils gebunden ist oder nicht: Ist er es, so bleibt der Kläger auch befugt,

den Prozeß in seiner Person

weiter zu betreiben; ist er es nicht, so kann der Beklagte dem bisherigen Kläger den Einwand der weggefallenen Prozeßführungsbefugnis entgegensetzen ( § 2 6 5 III Z P O ) . Das bedeutet aber nicht, daß nunmehr der Rechtsnachfolger den Prozeß übernehmen kann; dies schließt § 2 6 5 II 2 Z P O selbst für den Fall des § 2 6 5 III Z P O aus. Der Rechtsnachfolger m u ß vielmehr einen neuen Prozeß anstrengen. Daraus ergibt sich für § 2 6 5 Z P O folgende

a) Bei Bindung des

Interessenbewertung-.

Rechtsnachfolgers

Ist der Rechtsnachfolger an das Urteil gebunden, so wird der alte Prozeß so, wie er ist, fortgesetzt. Die bisherigen Verfahrensergebnisse bleiben erhalten 5 4 0 ; dies abermals ohne Rücksicht darauf, o b der bisherige Prozeßverlauf dem Beklagten günstig war oder nicht. D e r Beklagte wird vor einem neuen Prozeß geschützt 5 4 1 . Außerdem bleibt es dem Beklagten erspart, sich mit einer neuen Partei auseinandersetzen zu müssen. Das bewahrt ihn vor einer Fülle von Nachteilen: Es k o m m t zu keiner Prozeßverzögerung durch Unterbrechung des Verfahrens 5 4 2 ; die bei einem Parteiwechsel durchaus bestehende Möglichkeit, daß sich die Prozeßkosten insgesamt erhöhen, besteht im R a h m e n des § 2 6 5 Z P O n i c h t 5 4 3 ; die bisherige Partei bleibt als Kostenschuldner erhalten 5 4 4 . Ebenso wird die Gefahr gebannt, daß Gerichtspersonen oder Zeugen mit dem Erwerber verwandt sind und dadurch oder aus sonstigen, mit der Person des Erwerbers zusammenhängenden Gründen Befangenheitsgründe bzw. Zeugnis verweigerungsrechte entstehen 5 4 5 . Schließlich wird dem Gegner die Prozeßverzögerung durch eine ggf. nötige Beweisaufnahme über den Wechsel der Sachlegitimation erspart 5 4 6 . D e m Rechtsnachfolger dagegen wird, abgesehen von § 2 6 5 II 3 Z P O , jegliche Herrschaft über die Verfolgung des an sich ihm zustehenden Rechts genommen. Sein Interesse an der Verfolgung des erworbenen Rechts wird hinter das Interesse des Prozeßgegners zurückgestellt, den Prozeß mit Calavros, Urteilswirkungen, S.96; Grunsky, Veräußerung, S. 16. BGHZ 117, 144, 146; Baumbach-Hartmann, ZPO, §265 Rn.2; Beyerle, DB 1982, 837, 844; Bork/]acoby,]Z 2000,135,138; Göckeler, Stellung, S. 166; Grunsky ZZP 102(1989), 125, 127; Musielak-Foersie, ZPO, § 265 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 99 Rn.l; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, §265 Rn.9; Thomas/Putzo, ZPO, §265 R n . l ; Zöller-Greger, ZPO, §265 R n . l . 5 4 2 Vgl. Göckeler, Stellung, S.166; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, §265 Rn.9 543 Vgl. Stein/Jonas-Schumann, ZPO, §265 Rn.9 544 Wagemeyer, Parteiwechsel, S. 61. 545 Grunsky, Veräußerung, S. 70. 546 Schilken, Passivlegitimation, S.26. 540

541

156

§2 Die actio pro socio

dem Veräußerer fortsetzen zu können 5 4 7 . § 265 ZPO schützt nach alledem in erster Linie den Gegner des Veräußerers54S. Daneben dient § 265 ZPO der Prozeßökonomie: Das Gericht soll nicht gezwungen werden, mit ein und demselben Anspruch zweimal befaßt zu werden 549 . Mit dieser Bestimmung des Normzwecks will sich ein Teil des Schrifttums freilich nicht zufriedengeben. Vielmehr beziehe § 265 I ZPO auch die Interessen des Erwerbers und des Veräußerers in sein Schutzprogramm ein 550 : Auch zu deren beider Gunsten blieben die Prozeßergebnisse erhalten; das Recht habe mitsamt der bisher erreichten Prozeßlage veräußert werden sollen. Der Veräußerer freilich, der das streitige Recht auf den Erwerber übertragen hat, hat an jenem Recht selbst kein Interesse mehr; die Fortsetzung des Prozesses könnte er nur noch deswegen aus eigenem Antrieb erstreben, weil er für den Fall, daß das Gericht die Klage abweist, befürchten müßte, vom Erwerber aus dem der Veräußerung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, etwa unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmängelhaftung, in Anspruch genommen zu werden. Könnte der Veräußerer aber dies Interesse mit Hilfe einer eigenen Klagebefugnis verteidigen, so könnte eine solche Befugnis kaum erst durch § 265 ZPO begründet werden. Dem Veräußerer müßte nämlich dann eine eigene Klagebefugnis nicht nur bei Veräußerung nach, sondern ebenso bei Veräußerung vor Rechtshängigkeit zustehen. Für den Fall, daß der Veräußerer das streitige Recht bereits vor Prozeßbeginn veräußert hat, findet § 265 ZPO aber unstreitig keine Anwendung 551 . Allerdings erspart es §265 ZPO dem Veräußerer, die Hauptsache für erledigt erklären zu müssen. Man hat versucht, aus diesem Grunde die Vorschrift als eine solche auch zum Schutze des Veräußerers zu qualifizieren: Es werde verhindert, daß dieser auf die Erledigungserklärung verwiesen werde, während der Beklagte nach wie vor die Chance einer Klagabweisung in der Sache habe 552 . Doch rechtfertigt auch diese Überlegung nicht den Schluß, § 265 ZPO sei gerade auch zum Schutz des Veräußerers gedacht. Denn gäbe es § 265 ZPO nicht, so wäre zwar der Veräußerer zur Erledigungserklärung gezwungen; würde aber nach Veräußerung die Klage in der Sache abgewiesen, so würde sie es allein schon deswegen, weil der Veräußerer die Sachlegitimation verloren hätte. Eine Entscheidung über den Anspruch in der Sache hielte der Beklagte damit nicht in der Hand; vielmehr müßte er von Seiten des Erwerbers einen zwei547

Henckel, Parteilehre, S. 175. OLG Nürnberg OLGZ 1994, 454, 458f.; Bork/Jacoby, J Z 2000, 135, 138; Dinstühler, ZZP 112 (1999), 61, 69, 77U Eckardt, N Z G 1999, 991, 992; Goetzke, Ablehnung, S. 88; Grunsky, Veräußerung, S. 15ff., 22ff.; Kass, Prozeßstandschaft, S. 153; Wagemeyer, Parteiwechsel, S.37. 549 BayObLG NJW-RR 1991, 1252, 1255; Calavros, Urteilswirkungen, S.64; Eckardt, N Z G 1999, 991, 992; Grunsky, Veräußerung, S.27; Hütten, Prozeßökonomie, S.132f.; MK-Lüke, ZPO, § 265 Rn.3; Musielak-Foerste, ZPO, § 265 Rn. 1; Schumann, 1. FS Larenz, S.271; ders., in Stein/Jonas, ZPO, §265 Rn.9; skeptisch insoweit Bork/Jacoby, J Z 2000, 135, 138. 550 Henckel, Z Z P 82 (1969), 333, 335; zustimmend KK-Zöllner, AktG, §245 Rn.23; MK-Läke, ZPO, § 265 Rn.2. 551 Zutreffend Grunsky, Veräußerung, S. 26. 552 Herrmann, Rechtshängigkeit, S. 106. 548

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

157

ten Prozeß über den Anspruch befürchten. Damit trüge der Beklagte den eigentlichen Nachteil davon: Er müßte sich auf einen gänzlich neuen Rechtsstreit einlassen, während der Kläger die Chance hätte, sich mit Hilfe eines erfolgreichen Erledigungsantrags endgültig aus dem Rechtsstreit zu verabschieden und namentlich jegliches Kostenrisiko zu vermeiden. Den Veräußerer vor der Notwendigkeit einer Erledigung der Hauptsache zu schützen, besteht kein Anlaß. Ebensowenig dient § 265 ZPO dem Schutz des Erwerbers 553 ; wäre die Vorschrift wirklich in dessen Interesse geschaffen, so wäre kaum erklärlich, weswegen ihm nicht nur die Parteirolle (§ 265 II 2 ZPO), sondern sogar die streitgenössische Nebenintervention (§265 II 2 ZPO) und damit jeglicher vom Willen der Ursprungsparteien unabhängige Einfluß auf den Prozeß genommen wird. b) Bei fehlender Bindung des

Rechtsnachfolgers

Ist der Rechtsnachfolger nicht an das Urteil gebunden, so wird der Beklagte nicht davor geschützt, zwei Prozesse führen zu müssen. Er hat lediglich die Möglichkeit, zwei sich widersprechende Urteile zu verhindern, indem er nämlich im alten Prozeß Abweisung als unzulässig beantragt (§265 III ZPO) und einen neuen Prozeß auf sich zukommen läßt, bei dem er sich dann zur Sache einlassen muß. Wenn der alte Kläger die einseitige Erledigung der Hauptsache erklärt, kann das Gericht zum Ergebnis kommen, die Klage wäre begründet gewesen, und den Beklagten in die Kosten verurteilen, die er auch dann zu tragen hat, wenn er im Folgeprozeß gegen den Rechtsnachfolger obsiegt. Der Rechtsnachfolger hingegen erhält die volle Herrschaft über die Verfolgung des nunmehr ihm zustehenden Rechts. 3. Konsequenz: Dreiteilung der

Rechtsfolgen

Verliert eine Partei (hier untersucht für die Klägerseite) während des Prozesses die streitige materielle Rechtsposition oder doch zumindest die Befugnis, hierüber vor Gericht zu streiten, so erscheinen somit dreierlei Rechtsfolgen denkbar: - Der bisherige Kläger bleibt Partei und führt den Rechtsstreit in der Lage weiter, in der er sich befindet. Etwaige Personen, die während des Prozesses in die Rechtsstellung des bisherigen Klägers eingerückt sind, sind an das Urteil gebunden. - Der bisherige Kläger verliert seine Parteistellung; an seine Stelle tritt zwangsweise diejenige Person, welche ihm in seiner Rechtsstellung nachfolgt. Diese führt jedoch den Prozeß in der Lage weiter, in der er sich befindet. - Der bisherige Kläger verliert seine Parteistellung, ohne daß jemand anders sie übernehmen könnte. Die Klage wird, falls nicht die Hauptsache für erledigt erklärt wird, abgewiesen; diejenige Person, welche in die Rechtsstellung des Klägers eingerückt ist, kann (bzw. muß) einen gänzlich neuen Prozeß anstrengen. 553

Ablehnend auch Grunsky, Veräußerung, S.24.

158

§2 Die actio pro

socio

Diese Konsequenzen mögen allenfalls durch einen gewillkürten Parteiwechsel vermieden werden, der aber nicht unbegrenzt zulässig ist 554 . Die erste der beschriebenen Lösungen gibt das Modell des § 265 ZPO, die zweite das der § § 2 3 9 , 2 4 0 , 242 ZPO wieder. Diese beiden Modelle schließen sich auf der Rechtsfolgenseite gegenseitig aus: Entweder die ursprüngliche Partei verbleibt im Prozeß oder nicht. So ist denn auch gelegentlich die Rede von der Notwendigkeit einer Abgrenzung zwischen §§265 ZPO einerseits und §§239ff. ZPO andererseits 555 . Es fragt sich, ob zumindest eines dieser beiden Modelle das Ausscheiden eines Gesellschafters, der mittels der actio pro socio eine Gesellschaftsforderung eingeklagt hat, während des Prozesses verarbeiten kann, um die an dritter Stelle beschriebene mißliche Konsequenz eines gänzlich neuen Prozesses zu vermeiden.

II. Ü b e r t r a g u n g der Mitgliedschaft 1. Die Radikallösung:

Gänzlicher Verlust der

Prozeßführungsbefugnis?

Diese Konsequenz wäre freilich bereits im Falle der Übertragung der Mitgliedschaft auf einen Dritten unausweichlich, wenn mit jener Übertragung die Klagebefugnis des bisherigen Gesellschafters ersatzlos erlöschen würde 5 5 6 . Eben dies nimmt die h.M. 5 5 7 für den Fall der aktienrechtlichen Anfechtungsklage an mit der Begründung, der neue Aktionär erwerbe die Mitgliedschaft in dem Zustand, in dem sie sich befinde, und damit auch vorgeprägt durch den fehlerhaften Beschluß. Folgte man dem, so könnte man ebensogut für die actio pro socio argumentieren, die Mitgliedschaft sei eben auch durch die Säumnis des Mitgesellschafters mit mitgliedschaftlichen Leistungspflichten vorgeprägt, was der Erwerber hinzunehmen habe. Diese Überlegung überzeugt freilich bereits für die Anfechtungsklage nicht; denn die Mitgliedschaft wird ebenso durch eine noch bestehende Anfechtungsmöglichkeit geprägt 558 . Und ebensowenig muß der Erwerber es hinnehmen, wenn Mitgesellschafter die Erfüllung derjenigen Pflichten schuldig bleiben, welche ihnen im Interesse der Zweckverfolgung auferlegt sind: Mit dem Erwerb der Mitgliedschaft nimmt der neue Gesellschafter vollwertig an der Verfolgung jenes Zwecks teil; ihm müssen daher auch diejenigen Rechtsinstrumente zuwachsen, mit denen er jene Zweckverfolgung verbandsintern durchsetzen kann.

554

Z u den Zulässigkeitsvoraussetzungen näher B G H N J W 1981, 989, 990ff.; Roth, N J W 2977ü. 555 Vgl. de Boor, J Z 1951, 4 5 0 ; Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S.97; Henckel, Parteilehre, S. 145 ff. 556 Für diese Konsequenz in der Tat Rollin, Aktionärsklage, S . 2 3 4 . 557 N a c h w e i s e unten § 5 G II. 558 Z u t r e f f e n d Noack, AG 1989, 78, 85f.; näher unten § 5 G II. 1988,

K. Die actio pro socio nach Verlust der

2. Kohärenz von Prozeßvorteil und

Mitgliedschaft

159

Kostenrisiko

Spricht sonach von der Interessenlage her alles dafür, den einmal begonnenen Prozeß mit einer Sachentscheidung über den geltend gemachten Anspruch abzuschließen, so erscheint doch zweifelhaft, wer den Rechtsstreit zu Ende führt. In Betracht kommt eine Fortsetzung durch den Altgesellschafter nach § 265 ZPO; ebenso erscheint aber denkbar, daß der Erwerber im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in den Rechtsstreit eintritt. Wie gesehen, wird in den in §§ 239ff. ZPO geregelten Fällen des gesetzlichen Parteiwechsels der neuen Partei die Fortsetzung des Rechtsstreits gerade deswegen zugemutet, weil ihr die Verfügungsgewalt über die Vermögensmasse zusteht, aus der auch die Prozeßkosten bestritten werden. Diese Kohärenz zwischen dem Vermögen, für das gestritten wird, und demjenigen, aus dem im Verlustfalle die Prozeßkosten bestritten werden, liegt bei der actio pro socio nicht vor. Denn der Kläger, der einen Anspruch der Gesellschaft auf diesem Wege verfolgt, verlangt Leistung an die Gesellschaft, prozessiert aber auf eigenes Kostenrisiko 559 . Die Annahme eines gesetzlichen Parteiwechsels erweist sich daher unter Wertungsgesichtspunkten nur als die zweitbeste Lösung: Dem Neugesellschafter ist es nicht zuzumuten, in einen Rechtsstreit einzutreten, den er bei Verlust (oder bei Klagerücknahme, § 269 III 2 ZPO) selbst bezahlen muß, obwohl er persönlich nichts davon hat. Der Gleichlauf von Vorteil und Risiko wäre eher gewahrt, wenn der bisherige Kläger, der den Prozeß angestrengt hat, nach § 265 ZPO im Rechtsstreit verbliebe. 3. Gesellschafterwechsel

und der Wortlaut des §265

a) Die Bedeutung der materiellrechtlichen

ZPO

Anspruchszuordnung

Die Subsumtion des Gesellschafterwechsels nach rechtshängiger actio pro socio unter den Wortlaut des § 265 ZPO gelingt freilich nur dann problemlos, wenn man der Ansicht folgt, die einen eigenen Anspruch des Gesellschafters auf Erfüllung mitgliedschaftlicher Förderpflichten gegen seine Mitgesellschafter bejaht. Dann nämlich wechselt mit dem Gesellschafter auch der Inhaber dieses Anspruchs. Die Übertragung der Mitgliedschaft, verstanden als abgekürzte Formulierung für die Übertragung sämtlicher mitgliedschaftlichen Einzelrechte 560 , beinhaltet dann auch die Abtretung des Anspruchs gegen den beklagten Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft 561 . Schlägt man dagegen mit der hier vertretenen Auffassung 562 den Anspruch auf die Erfüllung mitgliedschaftlicher Förderpflichten allein der Gesellschaft zu und erblickt man konsequent in der actio pro socio lediglich eine Befugnis des Gesellschafters, als Prozeßstandschafter zu klagen, so ändert sich beim Gesellschafterwechsel nicht etwa die Rechtszuständigkeit über 559 560 561 562

O b e n D III. Vgl. oben § 1 B IV 1. So namentlich BGH N J W 1960, 964 f. O b e n B.

160

§2 Die actio pro

socio

den Anspruch; dieser steht nach wie vor der Gesellschaft zu. Es wechselt vielmehr die Rechtszuständigkeit bezüglich der Mitgliedsstellung, welche die Prozeßführungsbefugnis vermittelt. Die Anwendung des § 265 ZPO erscheint vor diesem Hintergrund nicht selbstverständlich; sie wird in der Tat von namhaften Autoren abgelehnt 563 . Das prozeßrechtliche Schrifttum tendiert freilich dahin, den Anwendungsbereich des § 265 ZPO weit zu interpretieren 564 . Die Anwendung der Vorschrift auf die actio pro socio nach Gesellschafterwechsel wäre etwa wie folgt begründbar: Die Mitgliedschaft an einer (Personen- oder Kapital-) Gesellschaft vermittele zwar keine eigene Berechtigung am streitigen Anspruch, wohl aber im rechtlich anerkannten eigenen Interesse des Gesellschafters das Recht, bei der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens mitzuwirken; hierzu zähle auch das Recht, einen Sozialanspruch als Teil des Gesellschaftsvermögens im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen 565 . Dies Recht, so könnte man argumentieren, sei i.S. des § 2 6 5 ZPO „im Streit befangen" 5 6 6 . Die actio pro socio nach Übertragung der Mitgliedschaft unter § 265 ZPO zu subsumieren, erscheint vor diesem Hintergrund nicht gänzlich ausgeschlossen. b) Der Übergang der isolierten des §265 ZPO

Prozeßführungsbefugnis

als

Anwendungsfall

Freilich ist im Schrifttum die Auffassung verbreitet, daß § 265 ZPO von vornherein keine Anwendung finde, wenn die Rechtszuständigkeit über das streitige Recht die gleiche bleibe und lediglich die Prozeßführungsbefugnis in andere Hände übergehe. Denn in diesem Fall stehe der materielle Rechtsinhaber vor und nach dem Wechsel als der gleiche fest 5 6 7 . Außerdem widerspreche es dem Sinn der Prozeßführungsbefugnis, wenn ihr Wechsel im Prozeß unbeachtet bleibe (wie es Folge des § 265 II 1 ZPO wäre): Wenn das Gesetz der alten Partei jene Befugnis entziehe, wolle es diese gerade aus dem Prozeß entfernen 568 . Und auch der BGH hat ausgesprochen, daß § 265 ZPO auf den isolierten Wechsel der Prozeßführungsbefugnis

563 Erman-Westermann, BGB, § 7 0 5 Rn.57; Ulmer, in MK, BGB, § 7 0 5 Rn.173 sowie in Staub, HGB, § 1 0 5 R n . 2 6 8 . 5 6 4 Vgl. etwa Grunsky, Veräußerung, S.66; M K - L ü k e , ZPO, § 2 6 5 R n . 1 7 . 5 6 5 Mit ähnlicher Begründung für die Anwendung des § 265 ZPO OLG Frankfurt N Z G 1999, 990, 991; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 543; Eckardt, NZG 1999, 991, 992; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 152 f. Im Ergebnis für Anwendung des § 265 ZPO außerdem Bork/Oepert, ZGR 2001, 515, 529; Ebenroth-Boujong, HGB, § 105 Rn. 152; Hadding, Actio pro socio, S. 102; Mütber, MDR 1998, 625, 629; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 5 III 2 (S.273). 5 6 6 So M K - L ü k e , ZPO, § 265 Rn. 28, freilich auf der Prämisse, der Gesellschafter habe einen eigenen Leistungsanspruch gegen den Mitgesellschafter. Dafür hätte es freilich genügt, jenen Anspruch als „streitbefangen" anzusehen. 5 6 7 BGHZ 123, 132, 135f.; Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 528f. 568 Bötticher, FS Laun, S.295, 298; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.29

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

161

nicht zugeschnitten sei 569 . Überzeugend läßt sich damit indes die Anwendung des §265 ZPO nicht verneinen 570 : Daß der materielle Rechtsinhaber der gleiche bleibt, spricht allenfalls gegen eine direkte, nicht aber gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift. Die Überlegung, ob der Verbleib der alten Partei im Prozeß dem Zweck der Prozeßführungsbefugnis entspricht, bewegt sich außerhalb des in § 265 ZPO verankerten Schutzprogramms: Wie gesehen, schützt die Vorschrift allein den Gegner des Veräußerers sowie die Gerichte davor, ein zweites Verfahren über denselben Anspruch aufrollen zu müssen. Ob der Verbleib der alten Partei im Prozeß den Interessen dessen gerecht wird, der nunmehr statt seiner prozeßführungsbefugt ist, ist für § 265 ZPO gänzlich unerheblich. Es ist nach alledem jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen, § 265 ZPO beim Wechsel der isolierten Prozeßführungsbefugnis analog heranzuziehen. Damit kommt die Anwendung dieser Vorschrift auch dann in Betracht, wenn ein Gesellschafter nach Erhebung einer actio pro socio seinen Gesellschaftsanteil veräußert. 4. Die gesetzessystematiscbe Abstimmung und dem gesetzlichen Parteiwechsel

zwischen §265

a) Die Suche nach verallgemeinerungsfähigen

ZPO

Abgrenzungskriterien

Freilich gibt es in der Tat Fälle, in denen der Wechsel in der Person des Prozeßführungsbefugten nicht ohne Einfluß auf den laufenden Prozeß bleiben kann. So wurde bereits gezeigt, daß nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner im Interesse seiner Gläubiger nicht Partei bleiben kann. Deshalb tritt nach §§ 85, 86 InsO der Insolvenzverwalter an seine Stelle. Wird dieser sodann ausgetauscht, so soll der damit bewirkte Übergang der isolierten Prozeßführungsbefugnis ebenfalls einen Parteiwechsel zur Folge haben 571 ; § 265 ZPO soll hier keine Anwendung finden 572 . Die Frage, was im Falle der actio pro socio zu gelten hat, mündet konsequent in die Problemstellung, ob es verallgemeinerungsfähige Kriterien gibt, nach denen sich beurteilen läßt, ob ein Parteiwechsel stattfindet oder § 265 Z P O zum Zuge kommt. b) Parteiwechsel nur bei Schutz außenstehender

Dritter?

Bei dem Versuch, hierauf eine Antwort zu finden, wollen einige Stimmen im Schrifttum bei den zu schützenden Interessen ansetzen: So wird gelehrt, Veränderungen in Aktivlegitimation oder Prozeßführungsbefugnis seien grundsätzlich 569 BGHZ 1, 65, 67; gegen die Anwendung des § 265 Z P O auf den isolierten Wechsel der Prozeßführungsbefugnis auch ROsenberg, Z Z P 65 (1952), 154. 570 Mit Recht kritisch bereits Wagemeyer, Parteiwechsel, S. 57. 571 Vgl. etwa Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.29. Einschränkend Grunsky, Veräußerung, S.97f.: Parteiwechsel nur, wenn der Verwalter wegen fehlender Eignung ausgewechselt wird, ansonsten §265 ZPO. 572 Wieczorek-Hausmann, ZPO, R n . 4 7 vor § 50; Zöller-Vollkommer, ZPO, R n . 2 2 vor § 50.

162

§ 2 Die actio pro

socio

nach § 265 ZPO im Prozeß unbeachtlich; ein Parteiwechsel finde nur ausnahmsweise statt, wenn übergeordnete Interessen, namentlich die der Gläubiger bei Insolvenz- und Nachlaßverwaltung, eine Fortsetzung des Rechtsstreits durch den Rechtsvorgänger verböten 573 . Diese Auffassung kann freilich den in § 2 4 2 ZPO vorausgesetzten Parteiwechsel nicht erklären: Wenn nämlich der Nacherbfall nicht erst mit dem Tod des Vorerben, sondern zu dessen Lebzeiten eintritt, sind übergeordnete Interessen, weswegen der Vorerbe den Rechtsstreit nicht sollte fortsetzen können, nicht erkennbar. Und wenn auf dem Boden dieser Ansicht etwa der Wechsel des Insolvenzverwalters nur dann zu einem Parteiwechsel führen soll, wenn der bisherige Verwalter wegen fehlender Eignung abgelöst wird 5 7 4 , so ist dies zwar folgerichtig, offenbart aber eine zentrale Schwäche des Ansatzes insgesamt: § 265 ZPO läßt es zu, daß eine Partei den Rechtsstreit fortsetzt, die nach materiellem Recht an sich hierzu nicht mehr befugt ist. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift verliert das materielle Recht seine Kraft, die richtigen Parteien des Rechtsstreits verläßlich zu bestimmen. Es müssen konsequent eigenständig prozeßrechtliche Kriterien herangezogen werden. Solche Kriterien können zur Abgrenzung des § 265 ZPO von den Fällen des Parteiwechsels indes nur dann etwas beitragen, wenn sie eine einfache und klare Abgrenzung erlauben und damit die richtigen Parteien des Rechtsstreits im Angesicht der Veränderung der materiellen Rechtslage ebenso rechtssicher determinieren, wie es sonst das materielle Recht täte. Damit verträgt es sich nicht, wenn der Grund der Ablösung eines Insolvenzverwalters den Ausschlag dafür gibt, ob er den Prozeß fortsetzt oder der neue in ihn eintritt. Nach einer weiteren Ansicht soll allein der Schutz des Gegners entscheidend sein: Gelte es nur, Doppelprozesse zu vermeiden, so reiche ein gesetzlicher Parteiwechsel aus; sei zusätzlich der Schutz des Prozeßgegners erforderlich, so greife § 265 ZPO ein 5 7 5 . Dabei wird jedoch nicht deutlich, inwiefern die Vermeidung eines zweiten Rechtsstreits im Gegensatzverhältnis zum Schutz des Gegners stehen soll; jener Schutz verwirklicht sich, wie gesehen, gerade auch darin. Die Frage nach dem Schutzzweck ist vielmehr präziser dahin zu stellen, ob ein Schutz des Beklagten nicht nur vor einem zweiten Prozeß, sondern darüber hinaus auch vor denjenigen Nachteilen angezeigt erscheint, welche den Gegner treffen, wenn er sich mit einer neuen Partei auseinandersetzen muß. Hiervon wird sogleich zu handeln sein. c) Der Anknüpfungspunkt des § 265 ZPO: Freiwillige oder Nachfolge in Einzelgegenstand?

Disposition

Will man das Problem der Abgrenzung zwischen Parteiwechsel und § 265 ZPO einer generellen Lösung zuführen, so müssen die Voraussetzungen des § 2 6 5 ZPO einerseits, der Fälle gesetzlichen Parteiwechsels andererseits ihren Rechtsfolgen ge573 574 575

Grunsky, Veräußerung, S. 83ff., insbes. S. 88. Grunsky, Veräußerung, S. 97f. MK-Lüke, ZPO, § 2 6 5 R n . 7 .

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

163

genübergestellt und sodann herausgearbeitet werden, wie Voraussetzungen und Rechtsfolgen miteinander wertungsmäßig verknüpft sind. § 265 ZPO spricht von der „streitbefangenen Sache" oder dem „streitbefangenen Anspruch", also einem einzelnen Vermögensgegenstand, auf den sich der Wechsel bezieht. Dagegen sind diejenigen Fälle des gesetzlichen Parteiwechsels, an welche die §§239ff. ZPO anknüpfen, sämtlich dadurch gekennzeichnet, daß die Rechtsinhaberschaft (§§239, 242 ZPO) oder Prozeßführungsbefugnis (§§240, 241 III ZPO) über einen gesamten Vermögensinbegriff einer anderen Person als der bisherigen Prozeßpartei zuwächst. In §265 ZPO wird der Gegenstand „veräußert" oder „abgetreten"; der Wechsel ist also die Folge freiwilliger Disposition der Partei; in den in §§239ff. ZPO beschriebenen Fällen tritt dagegen der Wechsel zwangsweise ein 576 , d.h. ohne den Willen der Parteien: in § 239 ZPO durch Tod des Erblassers, in § 242 ZPO durch Eintritt der Nacherbfolge, in § 240 ZPO durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens und in § 241 III ZPO durch Beginn der Nachlaßverwaltung. Die Abgrenzung muß mithin nach einem dieser beiden Kriterien vorgenommen werden, und zwar demjenigen, welches für die Rechtsfolge (Verbleib der alten Partei oder Parteiwechsel) wertungsmäßig entscheidend ist: Entweder man legt sich darauf fest, daß, grob gesprochen, die Nachfolge in Einzelgegenstände zur Anwendung des § 265 ZPO, die Nachfolge in Vermögensgesamtheiten zum Parteiwechsel führt; oder man münzt § 265 ZPO auf die Nachfolge mit, den Parteiwechsel auf die Nachfolge ohne den Willen des Rechtsvorgängers. Soweit in der Literatur hierzu Stellung genommen wird, wird mit unterschiedlich nuancierten, in der Sache aber ganz ähnlichen Formulierungen überwiegend das erstere der beiden dargelegten Kriterien bemüht: So wird gelehrt, Parteiwechsel trete ein, wenn die Rechts- oder Verwaltungszuständigkeit für das Streitvermögen im ganzen wechsle; demgegenüber sei § 265 ZPO dann anwendbar, wenn der Anspruch, um den gestritten werde, in ein anderes Vermögen übergehe 577 . Andernorts wird formuliert, der Übergang der Verfügungsbefugnis über das gesamte Vermögen, in welchem das Interesse an der Prozeßführung begründet sei, bewirke den Parteiwechsel, während § 265 ZPO eingreife, wenn nur die Prozeßführungsbefugnis über einen einzelnen Gegenstand auf einen anderen übergehe 578 . Des weiteren soll § 265 ZPO eingreifen, wenn der Einzelgegenstand einem anderen Vermögen zugeordnet werde; demgegenüber sei ein Parteiwechsel angezeigt, wenn die dem Streitgegenstand übergeordnete Vermögenseinheit in ein anderes Vermögen wechsle 579 . Schließlich wird 576

Richtig beobachtet von Schilken, Z Z P 107 (1994), 527, 5 3 0 f . de Boor, Parteiwechsel, S. 53, 114. 578 Henckel, Parteilehre, S. 166ff. Henckel w ü r d e freilich den Übergang der Mitgliedschaft nach rechtshängiger actio p r o socio k a u m unter § 2 6 5 Z P O subsumieren; denn er lehnt die Anw e n d u n g dieser Vorschrift ab, w e n n eine Prozeßführungsbefugnis auf einen anderen übergeht, welche lediglich auf einem gesetzlich a n e r k a n n t e n Eigeninteresse beruht, aber keine Verfügungsbefugnis vermittelt (aaO.S. 165). Eben dies ist bei der actio p r o socio der Fall: Der Kläger verfolgt sein mitgliedschaftliches Eigeninteresse, k a n n aber über den Anspruch der Gesellschaft nicht verfügen. 579 Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S. 102f. 577

164

§ 2 Die actio pro

socio

ganz allgemein behauptet, eine Gesamtnachfolge führe zum Parteiwechsel, eine Einzelnachfolge zur Anwendbarkeit des § 265 ZPO 5 8 0 . Beim Wechsel der Prozeßführungsbefugnis durch Gesamtrechtsnachfolge sei die Gefahr gering, daß nur um eines begrenzten Streitgegenstandes willen durch Verfügung über eine größere Vermögensmasse die Parteistellung manipuliert werde 5 8 1 . Soweit überhaupt problematisiert wird, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn nicht die materielle Rechtszuständigkeit wechselt, sondern lediglich die Prozeßführungsbefugnis, wird dies bejaht 5 8 2 . Soweit ersichtlich, hat man dagegen noch nicht versucht, die Abgrenzung zwischen Parteiwechsel und § 265 Z P O danach vorzunehmen, ob der Wechsel in Sachlegitimation oder Prozeßführungsbefugnis freiwillig (dann § 265 ZPO) oder zwangsweise (dann Partei Wechsel) vollzogen wurde. Ein Blick in die Praxis zeigt, daß weder das Kriterium Einzel-/Gesamtnachfolge noch das Kriterium freiwillige/zwangsweise Nachfolge lückenlos durchgehalten wird. Gibt etwa der Insolvenzverwalter während eines laufenden Prozesses den streitbefangenen Gegenstand frei, so scheidet er nach Ansicht des BGH aus dem Prozeß aus; der Schuldner führt ihn an seiner Stelle weiter 5 8 3 . Der BGH befürwortet damit einen gesetzlichen Parteiwechsel, obwohl die Prozeßführungsbefugnis nur in bezug auf den freigegebenen Gegenstand wechselte. Auf dem Boden der These, die Einzelnachfolge ziehe die Anwendung des § 265 Z P O nach sich, hätte man dagegen zu dem Ergebnis kommen müssen, daß nach dieser Vorschrift der Insolvenzverwalter im Prozeß verbleibt 5 8 4 . § 265 Z P O kann selbst bei einer Einzelnachfolge nicht eingreifen, wenn sie sich von Todes wegen vollzieht 585 , was im Bereich des Gesellschaftsrechts namentlich im Falle der Vererbung von Anteilen an Personengesellschaften in Betracht kommt 5 8 6 ; hier findet vielmehr ein Parteiwechsel statt. Umgekehrt wird § 265 Z P O verbreitet auf die Übernahme des Gesellschaftsunternehmens einer O H G durch den einzigen verbleibenden Gesellschafter angewandt, obwohl dieser Vorgang als Gesamtnachfolge qualifiziert werden muß 5 8 7 ; ferner auf Prozesse des Arbeitgebers nach Übergang seines Betriebs auf ei-

580

Calavros, Urteilswirkungen, S. 59. Stein/]onas-Roth, Z P O , R n . 2 5 vor $ 2 3 9 . 582 Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S. 102. 583 B G H Z 4 6 , 2 4 9 , 2 5 1 ff.; B G H W M 1992, 1407, 1408; O L G Stuttgart N J W 1973, 1756; M K - L ü k e , Z P O , § 2 6 5 Rn. 62; Thomas/Putzo, Z P O , § 2 6 5 Rn. 10; Wieczorek, Z P O , § 2 6 5 A n m . C I a 1; Wieczorek-Hausmann, Z P O , R n . 4 7 vor § 5 0 ; Zöller-Greger, ZPO, §265 Rn.5a. 584 So namentlich Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S. 108 f.; de Boor, Parteiwechsel, S. 65 f.; im Ergebnis für die A n w e n d u n g des § 2 6 5 Z P O auch O L G N ü r n b e r g O L G Z 1994, 4 5 4 , 4 5 8 f . ; Grunsky, Veräußerung, S. 96; Henckel, Parteilehre, S. 164; Musielak-Foerste, Z P O , § 2 6 5 Rn. 7; Stein/Jonas-Roth, Z P O , § 2 4 0 R n . 4 3 ; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, §265 Rn.20; Wagemeyer, Parteiwechsel, S . 5 0 f . , 89f.; jedenfalls für den Passivprozeß des Insolvenzverwalters auch LG Chemnitz Z I P 1995, 2 0 0 7 , 2 0 0 8 . 585 So mit Recht Wagemeyer, Parteiwechsel, S. 45. 586 Vgl. dazu B G H Z 68, 2 2 5 . 587 D a f ü r Schilken, Passivlegitimation, S.47; Wagemeyer, Parteiwechsel, S.80ff., dagegen für Parteiwechsel K. Schmidt, FS Henckel, S . 7 4 9 , 768. 581

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Mitgliedschaft

165

nen Dritten (§ 6 1 3 a B G B ) 5 8 8 , obwohl auch hier eine Vermögensmasse ihren Inhaber wechselt. Selbst wenn hier zu den einzelnen soeben aufgeworfenen Zweifelsfragen nicht im einzelnen Stellung genommen werden kann, so wird doch jedenfalls deutlich, daß der Versuch, bei Gesamtnachfolge einen Parteiwechsel anzunehmen, bei Einzelnachfolge dagegen § 2 6 5 Z P O anzuwenden, die Beantwortung dieser Fragen nicht entscheidend beeinflussen konnte. Ebensowenig läßt sich freilich eine klare Tendenz ausmachen, § 2 6 5 Z P O nur auf die freiwillige Rechtsnachfolge anzuwenden, bei erzwungener Nachfolge dagegen einen Parteiwechsel anzunehmen. D a s zeigen namentlich die Vollstreckungsfälle: N a c h h . M . verbleibt der Kläger nach § 2 6 5 Z P O im Prozeß, wenn der von ihm geltend gemachte Anspruch gepfändet und seinem Gläubiger zur Einziehung überwiesen 5 8 9 oder wenn die streitbefangene Sache während des Prozesses zwangsversteigert und dem Erwerber zugeschlagen w i r d 5 9 0 . Schließlich soll § 2 6 5 Z P O Anwendungen finden, wenn in der Insolvenz der O H G die Befugnis der Gläubiger, die Gesellschafter nach § 1 2 8 H G B Anspruch zu nehmen, gemäß § 9 3 InsO auf den Insolvenzverwalter übergeht 5 9 0 3 .

d) Zwischenergebnis: Die actio pro socio im Spannungsfeld der Abgrenzungskriterien Welches der beiden hier diskutierten Kriterien für die Abgrenzung zwischen Parteiwechsel und § 2 6 5 Z P O den Ausschlag gibt, ist erst bei einer teleologischen Analyse des § 2 6 5 Z P O definitiv zu beantworten. An dieser Stelle sei nur alternativ das Ergebnis dieser Abgrenzung für die actio pro socio skizziert: Stellt man darauf ab, o b die Nachfolge mit dem Willen der bisherigen Prozeßpartei erfolgte (dann § 2 6 5 Z P O ) oder nicht (dann Parteiwechsel), so verbleibt der Kläger, der während der von ihm angestrengten Klage seinen Gesellschaftsanteil an einen Dritten veräußert, als Kläger dem Prozeß verhaftet. Denn diese Veräußerung stellt eine freiwilli5 8 8 Vgl. BAG NJW 1977, 1119; Grunsky, ZZP 102 (1989), 125, 128; Zeuner, FS Schwab, S. 575, 578f., 582ff. Bei Passivprozessen des alten Arbeitgebers ist freilich zu beachten, daß seine Passivlegitimation bestehen bleibt, da §613a BGB nur einen Schuldbeitritt normiert. Insoweit scheidet die Anwendung des §265 ZPO konsequent aus. Vgl. Grunsky aaO.S. 127f.; Schilken, Passivlegitimation, S.43f.; Zeuner aaO.S. 580. 5 8 9 BGH NJW 1986, 3206, 3207; MK-Lüke, ZPO, §265 Rn.52; Musielak-Foerste, ZPO, § 265 Rn. 5; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, § 265 Rn. 25; Thomas/Putzo, ZPO, § 265 Rn. 9. Die Anwendung des §265 ZPO erübrigt sich freilich, wenn man die Ansicht des BGH (NJW 2001, 2178, 2179f.) teilt, daß der Vollstreckungsschuldner trotz der Überweisung berechtigt bleibt, aus eigenem Recht auf Zahlung an den Vollstreckungsgläubiger zu klagen; dann klagt der Vollstrekkungsschuldner nicht als Prozeßstandschafter (Zöller-Vollkommer, ZPO, Rn.30 vor §50). 5 9 0 RGZ 40, 333, 340; 56, 243, 244; Baumbach-Hartmann, ZPO, §265 Rn.13 „Zuschlag"; Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 47 I 2 (S.263); Kass, Prozeßstandschaft, S. 158; MK-Lüke, ZPO, §265 Rn.51; Musielak-Foerste, ZPO, §265 Rn.5; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, §265 Rn.25; Wieczorek, ZPO, §265 Anm. C II b; grundsätzlich auch Grunsky, Veräußerung, S.45ff. (anders aber, wenn der Vollstreckungsschuldner dem Erwerber die Zusage gemacht habe, es sei kein Prozeß über die Sache anhängig); gänzlich dagegen aber Henckel, Parteilehre, S. 161 f. 5903 Kesseler, ZInsO 2003, 67, 69f.

166

5 2 Die actio pro

socio

ge Disposition über seinen Anteil dar. Wesentlich größere Schwierigkeiten bereitet es, auf dem Boden des Kriteriums Einzel-/Gesamtnachfolge das Ergebnis zu formulieren. Denn beim Mitgliederwechsel ändert sich die Rechtszuständigkeit über den streitigen Anspruch nicht; dieser ist und bleibt allein ein solcher der Gesellschaft. Es ändert sich lediglich die Rechtszuständigkeit bezüglich derjenigen Rechtsposition, aus der die Befugnis fließt, den Anspruch anstelle der Gesellschaft gerichtlich zu verfolgen; es geht nämlich die Mitgliedschaft, genauer, die in ihr zusammengefaßten Einzelrechte 591 , auf den neuen Gesellschafter über. Zu diesen Rechten gehört die aktuelle Befugnis, den gegenwärtig streitigen Anspruch geltend zu machen, ebenso wie die latente Befugnis, ganz allgemein mitgliedschaftliche Leistungsansprüche der Gesellschaft einzuklagen, wenn die zuständigen Gesellschaftsorgane sich dem pflichtwidrig verschließen. Eine eindeutige Zuordnung dieses Vorgangs zum Begriffspaar Einzel-/Gesamtnachfolge erscheint kaum möglich. Damit deutet sich bereits an, daß dies Begriffspaar zur Klärung der Frage, ob ein Parteiwechsel eintritt oder die bisherige Partei im Prozeß verbleibt, allenfalls einen begrenzten Beitrag leisten kann 592 . 5. Die beliebig wiederholbare des §265 ZPO

Rechtsübertragung

als

Anknüpfungspunkt

Geben aber Wortlaut und Systematik keinen endgültigen Aufschluß über die Anwendung des § 265 ZPO, so kommt es hierfür maßgeblich auf die dieser Vorschrift innewohnende Interessenbewertung an. Rechtsfolge dieser Vorschrift wäre, daß der alte Gesellschafter den Prozeß fortführen dürfte, ohne daß der beklagte Mitgesellschafter ihn nach § 265 III ZPO hieran hindern könnte: Der Neugesellschafter wäre nämlich als „Rechtsnachfolger" i.S. des § 325 I ZPO in die Mitgliedsrechte, welche die Befugnis zur Prozeßführung über den Sozialanspruch vermitteln, an das zwischen Altgesellschafter und Gegner ergangene Urteil gebunden. § 325 II ZPO würde daran nichts ändern, weil es nach materiellem Recht keinen gutgläubig rechtshängigkeitsfreien Erwerb der Mitgliedsrechte gibt. Es würde also insgesamt - dem Beklagten die Notwendigkeit eines zweiten, wieder völlig von vorn beginnenden Prozesses erspart; das ist ohne Zweifel sachgerecht. - und andererseits dem Neugesellschafter, abgesehen von § 265 II 3 ZPO, jeglicher Einfluß auf das Verfahren abgesprochen, was ihm aber zumutbar ist: Wenn er schon nicht auf eigens Risiko einen fremden Prozeß übernehmen muß, so muß er doch zumindest die Fortsetzung des Prozesses durch den Altgesellschafter dulden, der seinerseits jenes Risiko auf sich genommen hat.

5 9 1 Wenn von Übertragung der Mitgliedschaft die Rede ist, so stellt dies in der Sache eine Kurzformel für die Übertragung der daraus fließenden Einzelrechte dar; vgl. oben § 1 B IV 1. 5 9 2 Skeptisch gegenüber dem Kriterium Einzel-/Gesamtnachfolge bereits Grunsky, Veräußerung, S.75ff.; Wagemeyer, Parteiwechsel, S.42ff.

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

167

Es würde mit anderen Worten über den Anspruch der Gesellschaft in einem einzigen Prozeß entschieden. Die Anwendung des § 2 6 5 Z P O wird somit in besonderem M a ß e der hier herausgearbeiteten verbandsrechtlichen Wertung gerecht, daß dem materiellrechtlichen Vorrang der Zweckverfolgung bei der Beitreibung von ihr dienenden Leistungsansprüchen auf prozessualer Seite das Gebot korrespondiert, die gerichtliche Auseinandersetzung über solche Ansprüche möglichst in einem Prozeß zu erledigen. § 2 6 5 Z P O verarbeitet namentlich das Interesse an einer rationellen Erledigung des Rechtsstreits noch besser als die §§ 2 3 9 f f . Z P O ; denn es tritt anders als dort keine Unterbrechung des Verfahrens und folglich dadurch auch keine Prozeßverzögerung ein. Gerade wenn die Mitgliedsstellung des Klägers häufiger ihren Inhaber wechselt, wäre die im Falle eines Parteiwechsels damit verbundene mehrmalige Unterbrechung des Verfahrens äußerst mißlich. M i t dem letztgenannten Gesichtspunkt ist denn auch in der Tat der entscheidende Gesichtspunkt angesprochen, anhand dessen sich die Frage, ob die bisherige Partei bei einem Verlust der Sachlegitimation bzw. der Prozeßführungsbefugnis im Prozeß verbleibt oder ob ein Parteiwechsel eintritt, über den Bereich der actio pro socio hinaus mit dem Anspruch auf Verallgemeinerungsfähigkeit beantworten läßt. Im einen wie im anderen Fall wird vermieden, daß der begonnene Prozeß abgebrochen und ein neuer angestrengt werden muß. Die Rechtsfolge, daß die Früchte des Prozesses dem Gegner erhalten bleiben, ist damit sowohl

dem Parteiwechsel

als auch dem § 2 6 5 Z P O eigen 5 9 3 . Die Abgrenzung zwischen beidem kann daher nicht an der Überlegung ausgerichtet werden, ob es angemessen erscheint, einen zweiten Prozeß zu verhindern 5 9 4 . Den Ausschlag gibt vielmehr der zusätzliche

Vor-

teil, der dem Gegner durch § 2 6 5 Z P O gewährt wird: Ihm werden eine Prozeßverzögerung und eine Fülle weiterer Nachteile erspart, die er zu befürchten hätte, wenn er sich mit einer neuen Partei auseinandersetzen müßte. Gerade die Abwendung dieser Nachteile wird auch von § 2 6 5 Z P O bezweckt 5 9 5 . Dieses Schutzes bedarf der Gegner in den Fällen des § 2 6 5 Z P O gerade deshalb, weil die Sachlegitimation mit dem Willen der Partei gewechselt hat. Die Disposition über die Sachlegitimation erscheint somit als beliebig

wiederholbar

und müßte, wenn sie beim

ersten M a l zu einem Parteiwechsel führte, bei jeder neuerlichen Disposition abermals einen Parteiwechsel nach sich ziehen. Die mögliche Folge wäre eine andauernde Unterbrechung des Prozesses, ein steter Wechsel des Kostenschuldners und insgesamt eine nachhaltige Störung des Verfahrensablaufs. Daher ist es jedenfalls im Ausgangspunkt sachgerecht, § 2 6 5 Z P O bei einem freiwilligen Verlust der Sachlegitimation anzuwenden, bei einem erzwungen Verlust hingegen einen Parteiwechsel anzunehmen. Und weil der Gegner in gleicher Weise vor der beliebigen Übertragung einer Rechtsposition geschützt werden muß, welche dem Erwerber 5 9 3 Vgl. namentlich Wagemeyer, Parteiwechsel, S.59f.; ferner Herrmann, Rechtshängigkeit, S. 106f. Stein/Jonas-Roth, ZPO, R n . 2 5 vor § 2 3 9 . 5 9 4 Zutreffend Wagemeyer, Parteiwechsel, S.59f.; allein auf die Verhinderung eines zweiten Prozesses abstellend aber Grunsky, Veräußerung, S.83ff. 595 Stein/]onas-Schumann, ZPO, § 2 6 5 R n . 9 .

168

§2 Die actio pro

socio

zwar nicht das streitige Recht verschafft, wohl aber die (isolierte) Befugnis, hierüber vor Gericht zu streiten, gilt § 265 ZPO in solchen Fällen analog. Die Gefahr, daß dem Gegner beliebig oft eine neue Partei aufgezwungen und die damit einher gehenden Nachteile zugemutet werden, ist gerade bei solchen Veränderungen der materiellen Rechtslage mit den Händen zu greifen, die auf einer freiwilligen Disposition beruhen. Gleiches kann aber im Einzelfall auch bei einer erzwungenen Disposition der Fall sein. Das gilt namentlich für die bereits behandelten Vollstreckungsfälle: Eine Forderung kann mehrfach gepfändet, eine Sache mehrfach zwangsversteigert werden. In beiden Fällen erscheint folglich die Anwendung des § 265 ZPO angemessen. Der Kläger hätte den Rechtsübergang ebensogut freiwillig vollziehen können, wenn er sogleich die Forderung an den Gläubiger verpfändet oder die Sache an einen Dritten veräußert und aus dem Erlös seinen Gläubiger befriedigt hätte; daß der Gläubiger diese Verpfändung bzw. Befriedigung erzwungen hat, ergibt im Rahmen des § 265 ZPO keinen wertungsrelevanten Unterschied. Die hier befürwortete Abgrenzung zwischen § 265 ZPO und den Fällen des Parteiwechsels findet bisher in dieser Form keine Vorbilder im Schrifttum; doch klingt verschiedentlich an, daß § 265 ZPO den Gegner des Veräußerers gerade vor der Möglichkeit eines mehrfachen Parteiwechsels schützen will. So wird ausgeführt, der Veräußerer solle sich nicht durch willkürliche Verfügungen dem Rechtsstreit entziehen bzw. dieser solle nicht durch solche Verfügungen beeinträchtigt werden 596 . § 265 ZPO enthalte die Wertung, daß niemand durch eigenes Zutun aus einem öffentlichrechtlichen Prozeßrechtsverhältnis ausscheiden dürfe 597 . Es stehe zu befürchten, daß die Veräußerung sich wiederhole und den Gegner um den Erfolg seiner bisherigen Prozeßführung bringe 598 . Diese Beschreibung des in § 2 6 5 ZPO verfolgten Normzwecks gilt es zu präzisieren: § 265 ZPO schließt den Parteiwechsel gerade deshalb aus, weil eine neuerliche Veräußerung sonst abermals einen Parteiwechsel nach sich zöge und im Falle einer Kette von Veräußerungen der reibungslose Prozeßablauf gestört wäre. Der Gegner wird mithin vor einem mehrfachen Parteiwechsel geschützt. 6.

Ergebnis

Mit den vorstehenden Überlegungen ist auch für die actio pro socio das richtige Ergebnis gefunden: Uberträgt der Kläger während des laufenden Prozesses seinen Gesellschaftsanteil auf einen Dritten, so ist dies ein beliebig wiederholbarer Vorgang. Der Kläger verbleibt daher analog § 265 ZPO im Prozeß. Er kann den Prozeß zu Ende führen; der Beklagte braucht sich auf einen neuen Prozeß nicht einzulassen. 596 597 598

Zöller-Greger, ZPO, § 2 6 5 Rn. 1; Hervorhebung nicht im Original. Baumbach-Hartmann, ZPO, § 2 6 5 Rn.2; Hervorhebung nicht im Original. Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 8 7 II (S.353).

K. Die actio pro socio nach Verlust der

7. Zur Position der unbeteiligten

Mitgliedschaft

169

Gesellschafter

Zweifel ergeben sich nur, wenn man die Position der übrigen unbeteiligten Mitgesellschafter in den Blick nimmt. Denn die Anwendung des § 265 ZPO hat zur Folge, daß der alte Gesellschafter den Prozeß auch nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft noch weiter betreiben darf, daß die übrigen mithin die Verwaltung eines Gegenstands des Gesellschaftsvermögens (nämlich der eingeklagten Forderung) durch einen (nunmehr) außenstehenden Dritten dulden müssen. Man könnte argumentieren, diese Folge sei ihnen unzumutbar; die Klage werde daher mit Ausscheiden des Klägers unzulässig. Da der Neugesellschafter den Prozeß nicht übernehmen muß und, falls nicht die Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels vorliegen, auch nicht übernehmen kann, müßte der Neugesellschafter einen völlig neuen Prozeß anstrengen und der beklagte Mitgesellschafter sich diesem Prozeß stellen. Indes fragt sich, ob das Interesse der übrigen Mitgesellschafter, die Ingerenz eines Außenstehenden abwehren zu wollen, die Konsequenz rechtfertigt, den Beklagten abweichend von der Interessenbewertung des § 265 ZPO der Gefahr eines gänzlich neuen Prozesses auszusetzen. Wie ausgeführt, sind die unbeteiligten Gesellschafter von der actio pro socio zu informieren, damit sie Gelegenheit erhalten, dem Rechtsstreit als streitgenössische Nebenintervenienten beizutreten und eigenständig vorzutragen, daß sie aus vertretbaren Gründen gegen die Einforderung der begehrten Leistung gestimmt hätten und daher die actio pro socio sich zu Unrecht über ihren Beitrag zur gesellschaftsinternen Willensbildung hinwegsetze 599 . Folgt dem das Gericht, so wird es die actio pro socio als unzulässig abweisen, ohne sich mit der Frage des § 265 ZPO überhaupt zu befassen. Bedeutung erlangt diese Vorschrift erst, wenn das Gericht die Zulässigkeit der actio pro socio durch den Altgesellschafter bejaht, inzident also annimmt, die Mitgesellschafter hätten die Einforderung treuwidrig blockiert. In einer solchen Situation ist indes nicht einzusehen, weshalb ihr Interesse daran, die Fortsetzung des Prozesses durch den ausgeschiedenen Gesellschafter zu verhindern, hinter demjenigen des Beklagten zurückstehen sollte, nicht mehr als einen Prozeß über den eingeklagten Anspruch führen zu müssen.

III. Ersatzloses Ausscheiden aus der Gesellschaft 1. Die Anwachsung als „Veräußerung" i.S. des §265

ZPO?

Scheidet der klagende Gesellschafter ersatzlos aus der Gesellschaft aus, so fehlt es an einer „Veräußerung" i.S. des §265 ZPO und an einer „Rechtsnachfolge" im komplementären § 325 ZPO 6 0 0 . In der Personengesellschaft mag man allenfalls ei599 600

Oben D III. Zutreffend Früchtl NJW 1996, 1327, 1328. Gegen die Anwendung des §265 Z P O auch

170

§ 2 Die actio pro

socio

ne „Rechtsnachfolge" mit der Begründung annehmen, der Anteil wachse den übrigen Gesellschaftern zu (§ 738 BGB). Doch trägt auch dies bei näherem Zusehen die Anwendung des § 2 6 5 Z P O nicht 6 0 1 . Denn Anwachsung bedeutet nicht, daß diesen Gesellschaftern zusätzlich zu ihren bereits vorhandenen Mitgliedsrechten noch - davon rechtlich selbständig - die Mitgliedsrechte aus dem Anteil des Ausgeschiedenen zuwachsen, sie also etwa zweierlei Stimmrecht und zweierlei Gewinnrecht innehaben 6 0 2 . Anwachsung bedeutet lediglich eine relative Verstärkung der bereits vorhandenen Mitgliedsrechte, so etwa das Recht auf einen nunmehr höheren Anteil am Gewinn. Wäre es anders, so müßte beim Ausscheiden eines Komplementärs aus der KG dessen Geschäftsführungsbefugnis anteilig auch den Kommanditisten zuwachsen, was mit der von den Gesellschaftern gewählten Verbandsverfassung gänzlich unvereinbar wäre. Dies bedeutet zugleich, daß sich auch die Befugnis zur Erhebung der actio pro socio nicht durch das Ausscheiden des Klägers nochmals vervielfältigt. Diese Befugnis wächst im übrigen auch dann nicht den übrigen Gesellschaftern zu, wenn man entgegen der hier vertretenen Sichtweise einen eigenen Anspruch des Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter auf Erfüllung mitgliedschaftlicher Leistungspflichten annimmt 6 0 3 . Bestünde nämlich ein solcher Anspruch wirklich, so könnte er nur darin gründen, daß die Mitgesellschafter dem Kläger zur Förderung des gemeinsamen Zwecks verpflichtet seien. Dieser Anspruch müßte konsequent ersatzlos erlöschen, sobald der Kläger an jener Verfolgung jenes Zwecks nicht mehr teilnimmt. Alles in allem kann damit jedenfalls der bisherige Gesellschafter den Prozeß nicht fortsetzen 6 0 4 . 2. Die actio pro socio im Liquidationsstadium:

Ein

Argument?

Freilich kann die Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter deren Auflösung zur Folge haben; in O H G und KG ist dies freilich seit der Neufassung des § 131 HGB nur noch ausnahmsweise der Fall 605 . Die actio pro socio ist aber anerkanntermaßen auch im Liquidationsstadium zulässig 606 . Daraus hat man verEckardt, N Z G 1999, 991, 992; Göckeler, Stellung, S. 168; Musielak-Foerste, ZPO, §265 Rn.5; Musielak-Weth, Z P O , § 5 1 R n . 2 2 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 5 d (S.641); ZöllerVollkommer, Z P O , R n . 2 2 vor § 5 0 . 601 So aber O L G F r a n k f u r t N Z G 1999, 990, 991; zutreffend dagegen Eckardt a a O . S . 9 9 2 ; skeptisch zur A n w a c h s u n g als „ V e r ä u ß e r u n g " im Sinne des § 2 6 5 Z P O auch O L G Karlsruhe N J W 1996, 1296; Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 515, 5 2 9 f . 602 Z u t r e f f e n d Eckardt, N Z G 1999, 991, 9 9 2 . 603 So aber Höfler, JuS 1992, 388, 3 9 2 . 604 Ebenso Früchtl, N J W 1996, 1327f.; im Ergebnis auch Höfler, JuS 1992, 3 8 8 , 392; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 5 d (S.641). 605 Vgl. dazu K. Schmidt, BB 2 0 0 1 , 1. 606 Vgl. nur B G H Z 10, 91, 101; O L G Düsseldorf N Z G 1999, 989; O L G Karlsruhe N Z G 2 0 0 0 , 1171, 1173; Baumbach/Hopt, H G B , § 109 R n . 3 2 ; Bork/Oepen, Z G R 2001, 515, 539; Ebenroth-Boujong, H G B , § 105 Rn. 154; Happ, Die G m b H im Prozeß, § 14 Rn. 38; M ü H d b G e s R IIISchmid § 5 1 R n . l l ; Röhricht-v.Gerkan, H G B , § 1 5 6 R n . 3 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 5 a (S. 638f.); Soergel-Haddmg, BGB, § 7 0 5 R n . 5 0 .

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

171

einzelt gefolgert: Wenn die actio pro socio selbst nach Kündigung der Gesellschaft möglich sei, so könne auch im übrigen das Ausscheiden des Gesellschafters die Zulässigkeit der von ihm erhobenen actio pro socio nicht berühren 607 . Dieser Schluß geht jedoch fehl 608 : Denn in der Liquidationsgesellschaft hat sich lediglich der Gesellschaftszweck geändert, der nunmehr in der Abwicklung des Gesellschaftsvermögens besteht; nach wie vor sind aber alle bisherigen Gesellschafter auch Mitglieder der Liquidationsgesellschaft. Das gilt namentlich auch im Fall der Kündigung; sie führt in den von der Gegenmeinung herangezogenen Fällen gerade nicht zum Ausscheiden des Gesellschafters, sondern nur zur Abwicklung und nachfolgend zum Ende des Gesellschaftsverhältnisses im ganzen. Die hier zu besprechende Konstellation ist indes eine andere: Die Gesellschaft ist als werbende ungeachtet der Tatsache, daß der klagende Gesellschafter gekündigt hat oder aus sonstigem Grunde ausgeschieden ist, bestehen geblieben und der Ausgeschiedene hat seine Mitgliedschaft hieran verloren. Im Gegensatz zu demjenigen Gesellschafter, dessen Kündigung zur Liquidation geführt hat, kann der Ausgeschiedene bei fortbestehender Gesellschaft gerade keine Mitgliedschaft mehr für sich reklamieren. Diese aber ist für die Befugnis zur Erhebung der actio pro socio entscheidend, da die Klage der Verwirklichung der Zweckverfolgung dient und konsequent nur diejenigen Gesellschafter sie erheben können, welche an ihr teilnehmen. 3. Überlegungen

zur

Prozeßökonomie

Auch der Hinweis auf die Prozeßökonomie, welche die Fortsetzung des einmal eingeleiteten Rechtsstreits gebiete 609 , ist ohne Rückgriff auf besondere gesetzliche Wertungen unergiebig 610 . Allerdings wurde gezeigt, daß der actio pro socio ganz wesentlich ein prozessualer Vereinfachungszweck innewohnt, weil diejenigen Gesellschafter, welche intern die Verfolgung des Anspruchs durch die Gesellschaft blockiert haben, mit dieser ihrer Haltung dessen Realisierung nicht verhindern können. Doch kann gerade dieser Gesichtspunkt die Fortsetzung der actio pro socio nach Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht rechtfertigen. Denn wenn der ursprüngliche Kläger ersatzlos ausgeschieden ist, nimmt er nicht mehr an der gemeinsamen Zweckverfolgung teil, die zu verwirklichen Sinn der actio pro socio ist. Es muß vielmehr fortan der Disposition der verbliebenen Gesellschafter überlassen bleiben, ob der Anspruch gleichwohl noch geltend gemacht werden soll. Zumindest dann, wenn diese sich einig sind, daß von einer weiteren gerichtlichen Verfolgung Abstand genommen werden soll, besteht für eine Fortsetzung des Prozesses keine Rechtfertigung mehr; denn die Gesellschafter können in allseitigem Einverständnis auch Maßnahmen treffen, welche dem Gesellschaftsinteresse zuHörstel, N J W 1995, 1271, 1272. Wie hier Früchtl, N J W 1996, 1327. 6 0 9 So das weitere Argument von Hörstel, N J W 1995, 1272, 1272 für eine Befugnis des ausgeschiedenen Gesellschafters, den Rechtsstreit fortzusetzen. 6 1 0 Kritisch auch Früchtl, N J W 1996, 1327f. 607

608

172

§ 2 Die actio pro

socio

widerlaufen 611 . Selbst wenn man aber die Fortsetzung des Prozesses aus Gründen den Prozeßökonomie für geboten hält, ist damit noch nicht ausgemacht, daß diese Fortsetzung auch durch den Kläger erfolgen kann; ebenso denkbar wäre ein Parteiwechsel. 4. Fortsetzung des Prozesses durch die Gesellschaft? a) Die Prozeßführungsbefugnis

als

Zulässigkeitsvoraussetzung

Und in der Tat wäre es für den Beklagten wenig erfreulich, wenn man bei dem Ergebnis stehenbliebe, daß die Klage des Ausgeschiedenen, da unzulässig geworden, durch Prozeßurteil abgewiesen werden muß 6 1 2 . Freilich scheint eben dies prozeßrechtlich unausweichlich zu sein; denn die Prozeßführungsbefugnis ist eine von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage 613 ; sie muß daher im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (noch bzw. spätestens) gegeben sein 614 . Die Prozeßabweisung hätte jedoch zur Folge, daß der Beklagte etwaige Ergebnisse des bisherigen Prozesses nicht mehr verwerten könnte, um die von ihm u.U. primär erstrebte Sachabweisung zu erwirken 615 . Er müßte sich vielmehr in einem möglichen neuen Prozeß (der Gesellschaft oder eines anderen Gesellschafters) zur Sache einlassen. Die Frage, ob ihm dies zumutbar ist, führt in die allgemeine prozeßrechtliche Problemstellung, welches Schicksal der Prozeß nimmt, wenn der Prozeßstandschafter in seinem Verlauf seine Prozeßführungsbefugnis verliert. b) Nochmals: Zur Abgrenzung

von Parteiwechsel und § 265 ZPO

Da § 265 ZPO keine Abhilfe zu schaffen vermag, kann die Prozeßabweisung nur noch vermieden werden, wenn es gelingt, kraft Gesetzes im Wege des Parteiwechsels ein anderes Rechtssubjekt als Klägerpartei zu etablieren. Als dies Rechtssubjekt kommt allein die Gesellschaft in Betracht; diese könnte als materiell Berechtigte den Rechtsstreit fortsetzen, nachdem der ursprüngliche Kläger seine Prozeßführungsbefugnis verloren hat. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, sind zwei Aufgaben zu bewältigen: In einem ersten Schritt ist zu fragen, ob sich die Annahme eines Parteiwechsels in den Kontext der hier vertretenen rechtssystematischen Abstimmung mit §265 ZPO einfügt; sollte dies zu bejahen sein, so ist in einem zweiten Schritt nach einer positivrechtlichen Begründung für einen Parteiwechsel zu su611

O b e n B IX 1. Für dies Ergebnis aber O L G Karlsruhe N J W 1995. 1296, 1297; Bork/Oepen, Z G R 2001, 515, 5 1 9 f . ; Früchtl, N J W 1996, 1327, 1328; Göckeler, Stellung, S.168; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 5 d (S. 641). 613 Vgl. Musielak-Weth, Z P O , § 51 Rn. 15; i.V.m. § 56 Rn. 1; Zöller-Vollkommer, Z P O , Rn. 19 vor § 5 0 . 614 Vgl. Zöller-Vollkommer, Z P O , R n . 1 9 vor § 5 0 . 615 Im Fall O L G Karlsruhe N J W 1996, 1296 w a r der Streit immerhin bis in die Berufungsinstanz gelangt. 6,2

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

173

chen. Die Feststellung, eine bestimmte Veränderung der materiellen Rechtslage nicht mit Hilfe des § 265 ZPO, sondern mit Hilfe eines Parteiwechsels zu bewältigen, besagt nämlich noch nicht, auf welcher Rechtsgrundlage sich jener Wechsel vollzieht. Namentlich läßt sich ein Parteiwechsel nicht auf die § § 23 9 ff. ZPO stützen; denn wie bereits hervorgehoben, begründen diese Vorschriften den Parteiwechsel nicht, sondern setzen ihn voraus. Für den Fall, daß der Kläger nach Erhebung der actio pro socio seinen Gesellschaftsanteil an einen Dritten überträgt, wurde ein Parteiwechsel mit zweierlei Überlegungen ausgeschlossen: Zum einen sei dem Neugesellschafter der Eintritt in den Prozeß namentlich wegen des ihn treffenden Kostenrisikos unzumutbar: Der umstrittene Anspruch gehöre zum Gesellschaftsvermögen, er selbst profitiere daher persönlich vom Prozeßergebnis nicht. Dies Argument steht dem Eintritt der Gesellschaft in den Prozeß kraft gesetzlichen Parteiwechsels nicht entgegen; denn sie ist Berechtigte und damit unmittelbare Nutznießerin eines möglichen Prozeßerfolgs. Zum anderen war die Veräußerung des Anteils als ein beliebig wiederholbarer Vorgang gekennzeichnet worden; dem beklagten Gesellschafter könne nicht bei jeder solchen Veräußerung die Auseinandersetzung mit einer neuen Partei zugemutet werden. Beim ersatzlosen Ausscheiden des klagenden Gesellschafters ist die Interessenlage eine andere: Der damit verbundene Rückfall der Prozeßführungsbefugnis auf die Gesellschaft wäre zwar wiederholbar; dies aber nur, wenn der klagende Gesellschafter später wieder in die Gesellschaft eintreten und sodann erneut ausscheiden würde. Das erneute Eintreten und Ausscheiden des Gesellschafters hätte aber, selbst wenn es § 265 ZPO nicht gäbe, nicht die Folge, daß der beklagte Gesellschafter einem mehrfachen Parteiwechsel ausgesetzt wäre. Denn die Gesellschaft, die den Anspruch als Rechtsinhaberin geltend macht, würde dadurch ihre Prozeßführungsbefugnis nicht verlieren; sie könnte folglich den Rechtsstreit selbst als Partei fortsetzen. Dem beklagten Gesellschafter wird mithin selbst dann, wenn man beim ersatzlosen Ausscheiden des Gesellschafters einen Parteiwechsel annimmt, ein solcher in jedem Fall nur ein einziges Mal zugemutet. Mögen auch Eintritt und Ausscheiden des Gesellschafters beliebig wiederholbar sein, so wird doch der damit verbundene Wechsel der Prozeßführungsbefugnis nur ein einziges Mal vollzogen: Wenn jene Befugnis einmal an die Gesellschaft zurückgefallen ist, verbleibt sie bis zum Ende des Prozesses bei ihr. Kann aber mit dem Ausscheiden des Gesellschafters die Prozeßführungsbefugnis nicht beliebig oft, sondern nur einmal wechseln, ist nach der hier entwickelten Abgrenzungsformel ein Parteiwechsel die systematisch richtige Lösung. Eine Ausnahme ist freilich für die GmbH zu diskutieren. Dort kann der Gesellschafter nämlich auch dadurch ersatzlos aus der Gesellschaft ausscheiden, daß er seinen Anteil auf sie überträgt, diese somit einen eigenen Anteil erwirbt, den sie sodann an einen beliebigen Dritten veräußern kann. Für einen solchen Fall könnte man die Anwendung des § 265 ZPO erwägen; denn es müsse vermieden werden, daß zunächst die Gesellschaft und dann der Dritterwerber den Prozeß fortsetzten. Indes erweist sich auch hier der Parteiwechsel als die allein sachgerechte Lösung.

174

§2 Die actio pro socio

Wenn nämlich die Gesellschaft den Anteil des Klägers erwirbt, erwächst ihr nicht etwa die Klagebefugnis, die mit diesem Anteil verbunden ist. Die Befugnis zur actio pro socio ist ein Mitgliedsrecht, das ebenso wie die anderen Mitgliedsrechte ruht, solange sich der Anteil in den Händen der Gesellschaft befindet 6 1 6 . Die Prozeßführungsbefugnis über den geltend gemachten Anspruch fällt vielmehr in der gleichen Weise auf die Gesellschaft zurück wie in allen anderen Fällen, in denen der klagende Gesellschafter ausscheidet: Sie ist aus dem Umstand gespeist, daß der Anspruch materiellrechtlich allein ihr zusteht. Diese Prozeßführungsbefugnis verliert die Gesellschaft selbst dann nicht, wenn sie den Anteil des ausgeschiedenen Klägers an einen Dritten veräußert. c) Zur Begründung

eines gesetzlichen

Parteiwechsels

Ist daher das ersatzlose Ausscheiden des Klägers nach rechtshängiger actio pro socio mit Hilfe eines Parteiwechsels zu bewältigen, so fragt sich, wie ein solcher positivrechtlich begründet werden kann. Durch das Ausscheiden des Klägers fällt die Prozeßführungsbefugnis über den Sozialanspruch an die Gesellschaft zurück. Die Rechtsträgerin (Gesellschaft) erhält gewissermaßen ihre Prozeßführungsbefugnis vom Prozeßstandschafter (Gesellschafter) zurück. Fallgestaltungen, in denen der Prozeßstandschafter während des Prozesses seine Prozeßführungsbefugnis verliert, ohne daß ein anderer Prozeßstandschafter an seine Stelle tritt, sind in Schrifttum und Praxis durchaus erörtert worden. Bereits erwähnt wurde der Fall, daß der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörigen Anspruch, über den er einen Rechtsstreit führt, während des Prozesses freigibt. N a c h Ansicht des B G H , die im Schrifttum heftig kritisiert w i r d 6 1 7 , tritt ein Parteiwechsel ein; statt des Insolvenzverwalters wird nunmehr wieder der Schuldner Partei. Die Fortsetzung des Prozesses durch den Verwalter entfremde diesen von seiner Aufgabe; sein Verbleib im Prozeß widerspreche dem Sinn der Insolvenzverwaltung 6 1 8 . In jedem Fall tritt der Schuldner als Partei an die Stelle des Verwalters, wenn das Insolvenzverfahren im ganzen beendet w i r d 6 1 9 ; das Verfahren wird nach einer Ansicht analog § § 2 3 9 , 2 4 2 Z P O 6 2 0 bzw. analog § 2 4 1 I Z P O 6 2 1 unterbrochen, nach einer Gegenmeinung ohne Unterbrechung durch den Schuldner fortgesetzt 6 2 2 . Beim Tod eines gewillkürten

Prozeßstandschafters hat der B G H weder § 2 6 5 Z P O noch die § § 2 3 9 ff.

Z P O angewandt, sondern den Rechtsträger auf die Möglichkeit eines gewillkürten Vgl. dazu nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 33 Rn.20. Nachweise oben II 4c, Fn.580f. 6 1 8 BGHZ 46, 249, 252. 6 1 9 BGHZ 83,102,104f.; OLG Hamburg KTS 1986, 506, 507; MK-Lüke, ZPO, § 265 Rn. 63; Baumbach-Hartmann, ZPO, §240 Rn.23; Musielak-Foerste, ZPO, §265 Rn.7; Stein/JonasRoth, ZPO, §239 Rn. 9, §240 Rn.39; Stein/]onas-Schumann, ZPO, §265 Rn.60; WieczorekHausmann, ZPO, Rn.47 vor §50. 6 2 0 BGHZ 83, 102, 104f. mwN.; LAG Hamm KTS 1997, 318, 320; LG Aachen MDR 1964, 330; Stein/Jonas-Roth, ZPO, §239 Rn.9, §240 Rn.39. 621 K. Schmidt, FS Henckel, S.749, 761. 6 2 2 MK-Feiber, ZPO, §240 Rn.24. 616

617

K. Die actio pro socio nach Verlust der

Mitgliedschaft

175

Parteiwechsels verwiesen 6 2 3 ; in der Literatur wurde dagegen ein gesetzlicher Parteiwechsel analog § 2 3 9 Z P O bejaht 6 2 4 . Ebenso wird ein gesetzlicher Parteiwechsel angenommen, wenn das klagende Kind im Unterhaltsprozeß volljährig wird und damit die Prozeßführungsbefugnis des sorgeberechtigten Elternteils nach § 1 6 2 9 III BGB entfällt; hier soll das Kind ipso iure als Partei in den Prozeß eintreten 6 2 5 . Für den Fall, daß ein Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben wird, nachdem der Verwalter Forderungen aus Mietverhältnissen über das Grundstück gerichtlich geltend gemacht hat, hält der B G H allenfalls einen Prozeßeintritt des Vollstreckungsschuldners im Wege des gewillkürten Parteiwechsels für möglich 6 2 5 3 . Fällt die Prozeßführungsbefugnis vom Prozeßstandschafter auf den Rechtsträger zurück, so kann die Annahme eines lediglich gewillkürten Parteiwechsels keinesfalls befriedigen. Denn ein solcher ist in höheren Instanzen nur noch eingeschränkt möglich 6 2 6 . So hat man denn gerade für den Rückfall der Prozeßführungsbefugnis auf den Rechtsträger betont, es müsse jedenfalls entweder ein gesetzlicher Parteiwechsel eintreten oder aber § 2 6 5 Z P O angewandt werden, in keinem Fall dürfe es zu einem neuen Prozeß kommen 6 2 7 . D a ß allein diese Einschätzung richtig ist, ergibt sich aus den bereits gewonnenen Erkenntnissen 6 2 8 zur Bindung des Rechtsträgers an die Ergebnisse eines anhängigen Standschafterprozesses: Aus der Beteiligung am streitigen Rechtsverhältnis fließt die Befugnis, die daraus fließenden materiellen Rechtspositionen gerichtlich geltend zu machen. Dabei ist die Befugnis, über eine Rechtsposition eine gerichtliche Auseinandersetzung zu beginnen (Prozeßeröffnungsbefugnis), dem Rechtsträger nur zur einmaligen Ausübung zugewiesen; übt der Prozeßstandschafter sie aus, so ist dem Rechtsträger die Eröffnung eines eigenen Prozesses verwehrt. Konsequent wird der Rechtsträger auch an die im Verlauf des Prozesses eingetretenen Ereignisse gebunden. So müßte er, wenn er später selbst dem Prozeß beitritt (sei es als Partei oder als streitgenössischer Nebenintervenient), diesen in der Lage hinnehmen, in der er sich zum Beitrittszeitpunkt befindet; so könnte er etwa Angriffs- und Verteidigungsmittel, die dem Prozeßstandschafter durch Präklusion aus der Hand geschlagen wurden, auch selbst nicht mehr vorbringen; er wäre zudem an den bereits erreichten Instanzenzug gebunden (müßte also ggf. den Beitritt zum Berufungs- oder Revisionsverfahren erklären, ohne verlangen zu können, daß der Prozeß in den jeweiligen Vorinstanzen nochmals aufgerollt wird). M i t diesen Grundwertungen wäre es nicht vereinbar, wenn der Umstand, daß der Prozeßstandschafter seine Prozeß-

B G H Z 123, 132, 136. Zustimmend Deubner, JuS 2 0 0 3 , 6 9 2 , 6 9 6 . Schilken, ZZP 107 (1994), 527, 530ff. 6 2 5 Gießler, FamRZ 1994, 800, 802. 6 2 5 a BGH W M 2 0 0 3 , 1176, 1178. Der BGH wendet sich hier insbesondere gegen die Anwendung des § 2 6 5 II ZPO. 6 2 6 Vgl. bereits oben I 3 bei Fn. 552. 627 Grunsky, Veräußerung, S. 69. 6 2 8 Oben G IV. 623 624

176

L.

Zusammenfassung

führungsbefugnis ersatzlos verliert, den Rechtsträger berechtigen würde, den Rechtsstreit gänzlich von vorn zu beginnen. Der bereits eingetretenen Bindung des Rechtsträgers entspricht allein das Ergebnis, daß er den Rechtsstreit in der dann erreichten Lage übernehmen muß. Sucht man nach Anknüpfungspunkten für einen gesetzlichen Parteiwechsel im geschriebenen Recht, so muß man sich vergegenwärtigen, daß die Prozeßführung über ein fremdes Recht aus der Sicht des Rechtsträgers sich als Fremdverwaltung darstellt. Gerade für den Fall der actio pro socio ist im Schrifttum mit Recht eine Parallele zwischen dem klagenden Gesellschafter und den vermögensverwaltenden Amtsparteien (Insolvenzverwalter, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker) gezogen worden 6 2 9 . Das rechtfertigt es, den Fall, daß ein Prozeßstandschafter seine Prozeßführungsbefugnis während des Prozesses verliert, ähnlich zu behandeln wie die Aufhebung oktroyierter Verwaltung über fremdes Vermögen, etwa die Beendigung des Insolvenzverfahrens. Diese führt anerkanntermaßen zu einem Parteiwechsel, wobei man bisher jedoch dessen Begründung aus dem vorgefundenen Normenbestand schuldig geblieben ist. Richtigerweise ergibt sich der Parteiwechsel aus einer entsprechenden Anwendung der § § 85 f. InsO: Ebenso wie der Insolvenzverwalter den Prozeß aufzunehmen befugt war, muß er die Prozeßführung nun, da sein Amt beendet ist, wieder abgeben. Dies alles gilt in gleicher Weise für den Fall, daß ein Gesellschafter nach Erhebung der actio pro socio aus der Gesellschaft ausscheidet und die Prozeßführungsbefugnis über den geltend gemachten Anspruch auf die Gesellschaft zurückfällt: Die Gesellschaft tritt anstelle des bisherigen Klägers in den Rechtsstreit ein. Auf diese Weise verbleibt dem beklagten Gesellschafter die Möglichkeit, eine Sachentscheidung über den Anspruch zu erzwingen: Ist bereits mündlich verhandelt worden, so setzt die Rücknahme der Klage nach § 269 ZPO sein Einverständnis voraus. 5.

Ergebnis

Scheidet der klagende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, ohne daß ein anderer an seine Stelle tritt, so führt die Gesellschaft den Prozeß an seiner Stelle weiter; sie tritt im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in den Rechtsstreit ein.

L.

Zusammenfassung

Das Ziel des zweiten Untersuchungsabschnitts bestand darin, die actio pro socio als ein Modellbeispiel dafür darzustellen, wie mit Hilfe des Prozeßrechts die effektive Verfolgung des Gesellschaftszwecks sichergestellt werden kann und wie der Zweckverfolgungsgedanke die prozessuale Ausgestaltung im einzelnen determiniert. Die Ergebnisse jenes Abschnitts lassen sich wie folgt zusammenfassen: 629

Pawlowski,

JuS 1990, 3 7 8 , 381.

L.

Zusammenfassung

177

(1) Der Anspruch auf Einlagen, Nachschüsse, sonstige mitgliedschaftliche Förderleistungen sowie auf Schadensersatz wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Förderpflichten steht in allen Gesellschaftsformen allein der Gesellschaft zu. Für Ansprüche der Gesellschafter gegen- und untereinander ist kein Raum. (2) In der G m b H dürfen diese Ansprüche nur von der Geschäftsführung geltend gemacht werden, und dies erst nach einem entsprechenden Einforderungsbeschluß der Gesellschafterversammlung ( § 4 6 Nr.2,8 G m b H G ) . Für die Einzelklage eines Gesellschafters (actio pro socio) ist erst dann Raum, wenn die Gesellschafterversammlung treuwidrig verhindert, daß ein solcher Einforderungsbeschluß zustande kommt. (3) In der Personengesellschaft dürfen die oben (1) genannten Ansprüche ebenfalls erst dann gerichtlich geltend gemacht werden, wenn die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit dies beschließen. Für Schadensersatzansprüche folgt dies aus einer entsprechenden Anwendung des § 113 II H G B , für Einlageansprüche dagegen aus § 1 1 6 II H G B , weil deren gerichtliche Beitreibung ein außergewöhnliches Geschäft ist. Die actio pro socio ist abermals nur dann zulässig, wenn ein Einforderungsbeschluß von den Mitgesellschaftern treuwidrig blockiert wird. (4) Die Beitreibung der oben (1) genannten Ansprüche gegen einen Aktionär ist im AktG abschließend geregelt. Für die Einzelklage eines Aktionärs verbleibt de lege lata kein Raum. (5) Erhebt ein Gesellschafter die actio pro socio, so klagt er als gesetzlicher Prozeßstandschafter aus dem Recht der Gesellschaft. Das von ihm erstrittene Urteil wirkt Rechtskraft für und gegen die Gesellschaft. Hat die Gesellschaft bereits Klage erhoben, verfolgt sie den Anspruch aber nur nachlässig, so kann der einzelne Gesellschafter entsprechend § 1 4 7 II 2 AktG beantragen, daß das Gericht ihn zum Sondervertreter für die Gesellschaft bestellt. Wird dem Antrag stattgegeben, so führt der Gesellschafter anstelle des Geschäftsführungsorgans den Prozeß im Namen der Gesellschaft weiter; diese bleibt als Klägerin Prozeßpartei. (6) Wenn die Gesellschaftergesamtheit sich weigert, die Einforderung von Einlagen oder Schadensersatz gegen einen Gesellschafter zu beschließen, so widerspricht dies grundsätzlich dem Gesellschaftsinteresse; es ist also zu vermuten, daß die Blockade eines Einforderungsbeschlusses gegen die Treupflicht verstößt. Ein solcher Beschluß muß in diesem Fall nicht erst im Wege des Beschlußmängelstreits erzwungen werden, bevor die actio pro socio erhoben wird. Die actio pro socio erweist sich vielmehr als prozessuale Kehrseite des Zweckverfolgungsgedankens: Der einzelne Gesellschafter effektuiert das Gesellschaftsinteresse in einer Situation, in der die übrigen Gesellschafter es vernachlässigen. Die effektive Zweckverfolgung erfordert es, daß die Durchsetzung von Sozialansprüchen nicht durch innergesellschaftliche Streitigkeiten blockiert wird. (7) Ein Gesellschafter, der die actio pro socio mit der Begründung verhindern will, es sei (ausnahmsweise) rechtmäßig beschlossen worden, daß der Anspruch nicht beigetrieben werden solle, hat mit dieser Rechtsbehauptung Anspruch auf rechtliches Gehör, weil die actio pro socio seinen Beitrag zur verbandsinternen

178

L.

Zusammenfassung

Willensbildung übergeht; jener Gesellschafter kann sein rechtliches Gehör wahrnehmen, indem er auf Seiten des beklagten Gesellschafters als streitgenössischer Nebenintervenient ( § 6 9 ZPO) beitritt. (8) Die actio pro socio steht ebenso zur Verfügung, wenn ein Anspruch auf Schadensersatz gegen Mitglieder von Fremdorganen (namentlich gegen den Fremdgeschäftsführer einer GmbH) durchgesetzt werden soll. Denn die Tätigkeit eines Fremdgeschäftsführers hat sich strikt vorrangig am Gesellschaftsinteresse auszurichten. Verletzt der Geschäftsführer seine Pflichten, so ist die Beitreibung von Ersatzansprüchen gegen ihn ebenso grundsätzlich im Verbandsinteresse geboten wie die Beitreibung von Sozialansprüchen gegen die Gesellschafter. Die actio pro socio ist auch hier das Instrument, um das Gesellschaftsinteresse zur Geltung zu bringen, wenn die Gesellschafterversammlung sich nicht auf die gerichtliche Verfolgung verständigen kann. (9) Sofern Geschäftsführungsmaßnahmen in einer Personengesellschaft präventiv mit gerichtlicher Hilfe verhindert werden sollen, steht ein abgestuftes Instrumentarium zur Verfügung: Sofern der Gesellschafter, der die Maßnahme verhindern will, selbst zur Mitwirkung an ihr berufen ist (sei es durch Gesellschafterbeschluß oder Widerspruchsrecht), kann er mit Hilfe der Kompetenzschutzklage vorgehen. Ist er selbst nicht zur Mitwirkung berufen, so kann die Maßnahme, sofern sie materiell zum Schaden der Gesellschaft zu gereichen droht, mit Hilfe der actio pro socio unterbunden werden. Die Klage kann von einem Komplementär immer, von einem Kommanditisten nur im qualifizierten Verdachtsfall erhoben werden. (10) Uberträgt ein Gesellschafter während der Rechtshängigkeit einer von ihm erhobenen actio pro socio seinen Gesellschaftsanteil auf einen Dritten, so führt er die actio pro socio nach § 2 6 5 ZPO weiter. Scheidet der Kläger ersatzlos aus der Gesellschaft aus, tritt die Gesellschaft im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in den Prozeß ein.

§ 3 Die Ausschlußklage A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

I. D i e g r u n d s ä t z l i c h e M ö g l i c h k e i t d e s A u s s c h l u s s e s D e r A u s s c h l u ß v o n M i t g l i e d e r n a u s w i c h t i g e m G r u n d ist w e d e r i m A k t i e n - n o c h i m G m b H - R e c h t g e r e g e l t . G l e i c h w o h l ist für die G m b H seit l a n g e m a n e r k a n n t , d a ß b e i V o r l i e g e n e i n e s w i c h t i g e n G r u n d e s ein G e s e l l s c h a f t e r a u s d e r G e s e l l s c h a f t m u ß ausgeschlossen werden k ö n n e n 1 . Das gleiche wird mit R e c h t

zunehmend

a u c h f ü r die A G a n g e n o m m e n 2 : Z w a r m a g es s e i n , d a ß d a s E i n f l u ß p o t e n t i a l des typ i s c h e n K l e i n a n l e g e r s n i c h t a u s r e i c h t , u m die G e s e l l s c h a f t in e r n s t h a f t e S c h w i e r i g k e i t e n zu b r i n g e n , s o d a ß sich die F r a g e n a c h e i n e m A u s s c h l u ß i n s o w e i t v o n v o r n h e r e i n n i c h t stellt; j e m e h r die B e t e i l i g u n g des A k t i o n ä r s s i c h a u f die b l o ß e K a p i t a l anlage reduziert, desto weniger ausgeprägt sind seine F ö r d e r p f l i c h t e n , deren Verletzung den Ausschluß rechtfertigen k a n n . D o c h sind i m m e r wieder a u c h Fälle vor G e r i c h t g e t r a g e n w o r d e n , in d e n e n d a s V e r h a l t e n e i n e s A k t i o n ä r s die G e s e l l s c h a f t Grundlegend B G H Z 9, 157, 159ff.; heute allgemeine Meinung. Vgl. Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 387ff.; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S . 4 2 ; Grunewald, Ausschluß, S. 52ff.; Habersack, ZIP 2 0 0 1 , 1230; Hommelhoff, Z H R 151 (1987), 4 9 3 , 515f.; dersJFreytag, DStR 1996, 1367, 1372; Reinisch, Ausschluß, S.35ff., insbes. S . 3 9 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 8 I 5 (S.803); Semler, AnwBl. 1991, 4 4 0 , 4 4 1 ; Worch, Treuepflichten, S. 181 f.; gegen eine solche Möglichkeit aber B G H Z 9, 157, 163; Kuhn, W M 1957, 1142, 1143; Martens, FS Fischer, S . 4 3 7 , 4 5 3 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 119; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 131. -Nicht in diesen Zusammenhang gehört das jetzt in §§ 327a ff. AktG niedergelegte Recht des 95%igen Mehrheitsaktionärs, die verbliebene Minderheit gegen Abfindung auszuschließen (sog. squeeze out-, vgl. dazu Baums, W M 2 0 0 1 , 1843 ff.; Fleischer, Z G R 2 0 0 2 , 757ff.; Fuhrmann/Simon, W M 2 0 0 2 , 1211ff.; Gesmann-Nuissl, WM 2002,1205ff.; Habersack, ZIP 2 0 0 1 , 1 2 3 0 f f . ; Galasz/Kloster, BB 2 0 0 2 , 1 2 5 3 f f . ; Heidel/Locbner, DB 2 0 0 1 , 2 0 3 1 f.; Krieger, BB 2 0 0 2 , 53ff.; Rüting, DStR 2 0 0 3 , 838ff.; Schwichtenberg, DStR 2 0 0 1 , 2 0 7 5 f f . ; Sieger/Hasselbach, Z G R 2 0 0 2 , 120ff.; Vetter, AG 2 0 0 2 , 176ff.). Ratio des Ausschlusses beim squeeze out ist nicht ein wichtiger Grund in der Person des Aktionärs; es soll vielmehr eine einheitliche Beteiligungsstruktur hergestellt sowie der Aufwand für die Einberufung einer Hauptversammlung erspart und das Blockaderisiko durch mißbräuchliche Anfechtungsklagen eliminiert werden (Baums, a a O . S . 1 8 4 4 ; Bolt, DB 2 0 0 1 , 2 5 8 7 ; Habersack, aaO.S.1231; Halasz/Kloster, aaO.S. 1255; Krieger, a a O . S . 5 3 ; Küting, a a O . S . 8 3 9 ; Sieger/Hasselbach, aaO.S. 123f.; Tröger, DSTR 2 0 0 2 , 397, 4 0 6 ; Vetter, aaO.S. 177f.). Des weiteren soll ein Bieter im Anschluß an ein Gesamtübernahmeangebot die Möglichkeit haben, Restminderheiten aufzukaufen (Fleischer aaO.S. 7 6 0 ; Küting, aaO.S. 838; Sieger/Hasselbach, aaO.S. 125); auch soll Streubesitz eingesammelt werden können, der sich nicht hau aufspüren lassen (Fleischer a a O . S . 7 6 1 ) . Kritisch zur rechtspolitischen Rechtfertigung des squeeze out Hanau, N Z G 2 0 0 2 , 1040, 1044ff. 1

2

180

Die

Ausschlußklage

in massive Bedrängnis brachte. So mußte 1 9 8 9 die Girmes AG Konkurs anmelden, nachdem Aktionäre mit ihrer durch einen gewerblichen Stimmrechtsvertreter gebündelten Stimmrechtsmacht eine für die Sanierung der Gesellschaft zwingend notwendige Kapitalherabsetzung blockiert hatten 3 . Bereits in den 50er Jahren sah sich der Vorstand der Minimax AG mit Plänen eines bereits mit Minderheit beteiligten Konkurrenten konfrontiert, über den Kapitalmarkt die Mehrheit an der Gesellschaft zu übernehmen und die Gesellschaft zu vernichten; er wußte sich nicht anders zu helfen, als Aktien aus genehmigtem Kapital an gesellschaftstreue Aktionäre unter Ausschluß des Bezugsrechts der übrigen auszugeben 4 . Der B G H hielt dies Vorgehen für im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt 5 . Wenn man sich einmal im Ausgangspunkt der These anschließt, daß die AG sich in dieser Weise gegen die drohende feindliche Übernahme wehren durfte 6 , so wäre im Fall Minimax wohl auch der gänzliche Ausschluß der potentiellen Übernehmerin gerechtfertigt gewesen. Und als gegen Ende der 1 9 8 0 e r Jahre eine Gruppe räuberischer Aktionäre Kleinstbeteiligungen an einer Fülle deutscher Aktiengesellschaften erwarb, um die Registrierung bedeutsamer Hauptversammlungsbeschlüsse durch Erhebung der Anfechtungsklage zu blockieren und sich diese Klage gegen unverhältnismäßig hohe Abfindungen abkaufen zu lassen 7 , hätte man ebenfalls an den Ausschluß dieser Aktionäre denken können 8 . Wie wenig es überzeugen kann, in der AG rechtsformspezifisch die Existenz der Ausschlußklage zu leugnen, zeigt sich nicht nur in der personalistischen A G 9 , sondern namentlich beim Formwechsel

(§§190ff.

B G H Z 129, 136; zu dieser Entscheidung näher unten B I 4 b. B G H Z 33, 175 mit ausführlicher Schilderung der wirtschaftlichen Zusammenhänge auf S. 180ff. 5 B G H Z 33, 175, 185 ff. 6 Dem BGH (zumindest im Ergebnis) zustimmend Ekkenga, AG 2 0 0 1 , 5 6 7 , 574; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S.80f., 83; Füchsel, BB 1972, 1533, 1538; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 64; Martens, FS Fischer, S . 4 3 7 , 452ff.; Worch, Treuepflichten, S. 53f.; kritisch v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S . 2 1 6 ; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 50f.; ders., ZIP 1989, 1237, 1243; Mestmäcker, BB 1961, 945, 946ff.; differenzierend KK-Lutter, AktG, § 186 R n . 7 1 : Bezugsrechtsausschluß zur Verhinderung der Konzernabhängigkeit zulässig, aber nur durch die Hauptversammlung selbst, nicht durch den Vorstand mittels Ausnutzung genehmigten Kapitals. 7 Vgl. zu den Voraussetzungen einer mißbräuchlichen Anfechtungsklage B G H Z 107, 2 9 6 , 308ff.; BGH W M 1989, 1765; W M 1 9 9 0 , 1 4 0 , 144; W M 1990, 2 0 7 3 , 2 0 7 6 ; ZIP 1991, 1578f.; ZIP 1992, 1391, 1393f.; O L G Düsseldorf W M 1994, 337, 339ff.; O L G Frankfurt W M 1990, 2 1 1 6 , 2 1 1 9 f . ; W M 1991, 6 8 1 , 682; DB 1991, 2 1 8 2 ; AG 1996, 135, 136f.; O L G Hamburg ZIP 1990, 1071, 1073; O L G Karlsruhe W M 1991, 1755, 1757; ZIP 1991, 1 1 4 5 , 1146; O L G Köln W M 1 9 8 8 , 1 7 9 2 , 1 7 9 5 ; O L G München W M 1 9 9 1 , 1 7 6 3 , 1 7 6 5 ; AG 1993, 2 8 3 , 2 8 4 ; OLG Stuttgart AG 2 0 0 1 , 315, 316; LG Frankfurt DB 1990, 1657, 1658; W M 1991, 2 0 2 5 , 2 0 2 6 ; LG Hof W M 1 9 9 2 , 2 0 5 7 , 2 0 6 2 f . ; LG Ingolstadt W M 1991, 685, 6 8 9 ; LG Kassel W M 1989, 789, 792f.; LG Landshut ZIP 1990, 999, 1000; LG Tübingen ZIP 1991, 169, 170f.; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 149ff.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn. 80ff.; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 Rn. 47ff.; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 169 ff.; Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn.22ff.; Mack, Anfechtbarkeit, S. 140ff. 8 Dafür Reinisch, Ausschluß, S. 87f. 9 Vgl. Grunewald, Ausschluß, S. 53. Nach v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S . 4 2 soll die Ausschlußklage nur in der personalistischen AG zulässig sein. 3

4

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

181

UmwG): Wenn eine Gesellschaft bei gleichbleibender Realstruktur von einer AG in eine KG umgewandelt wird, leuchtet nicht ein, weshalb für den Gesellschafterausschluß Vorgänge aus der Zeit, da die Gesellschaft noch AG war, nicht sollen berücksichtigt werden dürfen 10 .

II. Das Gestaltungsklageprinzip Prozessual durchgesetzt wird der Ausschluß mit Hilfe einer Gestaltungsklage 11 : Das Ausscheiden des Gesellschafters wird erst durch gerichtliches Urteil herbeigeführt und frühestens 12 mit dessen Rechtskraft bewirkt. Das Gericht spricht den Ausschluß aus, wenn ein wichtiger Grund besteht. Da der Ausschlußbeklagte nicht zu einer Leistung, insbesondere nicht zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt wird, fragt das Gericht nicht nach einem auf die Gestaltung gerichteten Leistungsanspruch. Gleichwohl besteht eine funktionale Ähnlichkeit der Gestaltungsklage mit der Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung: Im einen wie im anderen Fall soll gegen den Willen des Beklagten eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt werden 13 . So geht denn auch die wohl h.L. davon aus, daß das materiellrechtliche Substrat der Gestaltungsklage in einem gegen den Beklagten gerichteten privaten Gestaltungsrecht (bzw. Gestaltungsanspruch) des Klägers liegt 14 . Die Gegenansicht wendet ein, mit der privatrechtlichen Einordnung könne die Notwendigkeit der Mitwirkung eines staatlichen Gerichts nicht erklärt werden. Es werde daher mit Hilfe der Gestaltungsklage ein im öffentlichen Recht wur-

So aber B G H Z 18, 350, 365; zutreffend dagegen Grunewald, Ausschluß, S . 5 3 . Für GmbH: B G H Z 9 , 1 5 7 , 1 6 6 ; 16, 317, 322; BGH DB 1999, 2 2 5 3 , 2 2 5 4 ; N Z G 2 0 0 0 , 35; BayObLG DB 2 0 0 3 , 1379; O L G Düsseldorf GmbHR 1999, 543, 5 4 5 ; O L G Nürnberg BB 1970, 1371; GmbHR 1994, 2 5 2 , 2 5 3 ; Damrau-Schröter, N J W 1991, 1 9 2 7 , 1934; Fichtner, BB 1 9 6 6 , 146, 149; Goette, DStR 2 0 0 1 , 533, 538; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 19; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 1 8 Rn. 17; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 3 0 7 ; Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S . 5 1 , 152; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 175; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 4 R n . 3 8 ; Lutz, BB 2 0 0 0 , 833, 835; Mayer/Elfing, GmbHR 2 0 0 4 , 869, 878; MüHdbGesR lll/Kort, § 2 9 R n . 4 5 ; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 3 4 R n . 8 3 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 5 IV 2 c (S. 1062); Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 138; Soufleros, Ausschließung, S.76; Spitze, Ausschließung, S. 82f.; Ulmer, FS Rittner, S. 735, 751. Für die Aktiengesellschaft gilt das Gleiche: Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 4 0 8 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 8 I 5 (S.803). 1 2 Das endgültige Ausscheiden wird erst durch die vollwertige Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters bewirkt. Vgl. dazu unten C. 13 Vgl. Becker, Z G R 1986, 383, 4 0 8 ; Bötticher, FS Dölle, S . 4 1 , 4 3 , 56f.; Schlosser, Gestaltungsklagen, S.28f., 368; K. Schmidt, JuS 1986, 35, 36; ders., Mehrseitige Gestaltungsprozesse, S . 2 3 , 27f.; Ulmer, FS Geßler, S . 2 6 9 , 2 7 2 . 14 In diesem Sinne Arens, Streitgegenstand, S. 31 ff.; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 156; Bötticher, FS Dölle, S . 4 1 , 54f.; Dimaras, Verfahrensbeteiligung, S.55ff.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 118 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 91 Rn. 3; Z.öllner, AcP 190 (1990), 4 7 1 , 4 8 6 . 10

11

182

§3 Die

Ausschlußklage

zelnder Anspruch des Klägers gegen das staatliche Gericht geltend gemacht, die erstrebte Gestaltung herbeizuführen 1 5 . Die öffentlichrechtliche Theorie ist abzulehnen, weil sie eine Rechtsposition des Klägers beschreibt, welche nicht spezifisch Gestaltungsklagen i n n e w o h n t 1 6 . Denn nicht nur der Gestaltungskläger hat bei Begründetheit seines Gestaltungsbegehrens einen Anspruch darauf, daß das Gericht die Gestaltung vornimmt; vielmehr kann auch der Leistungskläger verlangen, daß der Richter den Beklagten zur begehrten Leistung verurteilt, wenn ihm nach materiellem Recht ein Leistungsanspruch zur Seite steht; und ebenso kann der Feststellungskläger verlangen, daß das Gericht die begehrte Feststellung trifft, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis nach der gegebenen materiellen Rechtslage den von ihm behaupteten Inhalt h a t 1 7 . Die Tätigkeit des Richters ist keine andere als bei jedem Urteil, das er fällt 1 8 . Der „öffentlich-rechtliche" Anspruch auf Rechtsgestaltung mündet daher in Wahrheit in den allgemeinen Anspruch des Klägers auf Justizgewähr a u s 1 9 und besagt als solcher nicht mehr als die Selbstverständlichkeit, daß in einem Staat, der unter Inanspruchnahme eines Gewaltmonopols dem Kläger die eigenmächtige Rechtsverfolgung untersagt und ihn insoweit auf die Hilfe staatlicher Gerichte verweist, der Kläger spiegelbildlich einen Anspruch darauf hat, daß über sein Rechtsbegehren entschieden wird 2 0 . Dies ist keine Besonderheit der Gestaltungsklage und kann daher auch nicht deren Rechtsnatur prägen. Der Anspruch auf Justizgewähr besteht im Zivilprozeß um des behaupteten materiellen Privatrechts willen und kann daher keinen selbständigen Klagegrund bilden 2 1 .

I I I . D e r G e s t a l t u n g s a n s p r u c h bei d e r A u s s c h l u ß k l a g e 1. Die materiellrechtliche

Verpflichtung

zum

Ausscheiden

Bei der Ausschlußklage ist Inhalt der erstrebten Gestaltung das Ausscheiden des Beklagten aus der Gesellschaft. Die Klage ist begründet, wenn der Gesellschaft ein

In diesem Sinne Henckel, Parteilehre, S. 33f.; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 366ff. So auch Windel, Interventionsgrund, S.38. 17 Ebenso Arens, Streitgegenstand, S. 31 f. 18 Zutreffend Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §91 Rn.2. " Zutreffend Pflugradt, Leistungsklagen, S.69. 2 0 Vgl. zu dieser Herleitung des Justizgewähranspruchs nur Baur, AcP 153 (1954), 393, 396; Bettermann, JB1. 1972, 57, 65; Schuhes, Beteiligung, S. 16; Stahl, Beiladung, S. 152. - Neben dem Justizgewähranspruch wurde zeitweise ein Anspruch der Parteien gegen das Gericht diskutiert, nach Maßgabe des geltenden Rechts über die Klage zu entscheiden, d.h. ein Anspruch des Klägers auf Stattgabe, wenn der Anspruch begründet ist, bzw. ein Anspruch des Beklagten auf Abweisung, wenn dies nicht der Fall ist oder wenn gar Sachurteilsvoraussetzungen fehlen. Damit ist aber nicht mehr ausgesagt als die Bindung des Richters an Gesetz und Recht, die sich schon aus Art. 20 III, 97 GG ergibt. Die Lehre vom Rechtsschutzanspruch ist denn auch heute weitgehend gegenstandslos (Zöller-Vollkommer, ZPO, Einl. Rn.49 mwN.). 21 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 72. 11

16

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

183

Anspruch hierauf zusteht. Materiellrechtliches Substrat der Ausschlußklage ist folglich die Verpflichtung des Gesellschafters, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus der Gesellschaft auszuscheiden 22 und den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung zu ermöglichen. Die Grundlage dieser Verpflichtung hat der BGH für die G m b H mit Recht in der Treupflicht gesehen 23 ; nichts anderes gilt aber für die übrigen Gesellschaftsformen: Der Gesellschafter ist dem Gesellschaftszweck verpflichtet. Wenn er dessen Verfolgung nachhaltig behindert oder die ihm im Interesse der Zweckverfolgung obliegenden Pflichten nicht erfüllen will oder kann 2 4 , so ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem er für die Zweckverfolgung nur noch eine einzige förderliche M a ß n a h m e ergreifen kann - nämlich aus der Gesellschaft auszuscheiden. Für den Fall, daß die bedungene Einlage nicht erbracht wird, markiert das Gesetz für G m b H und AG selbst die Voraussetzungen, unter denen der Gesellschafter zum Ausscheiden verpflichtet ist: Die § § 21 ff. G m b H G , 64 AktG markieren ein besonderes Ausschlußverfahren 2 5 . Der säumige Gesellschafter (Aktionär) stört die Zweckverfolgung empfindlich 2 6 und kann deshalb nicht mehr in der Gesellschaft verbleiben. Für eine auf die persönliche Mitarbeit der Gesellschafter angelegte G m b H hat der BGH eine Satzungsklausel gebilligt, wonach die Beendigung der Mitarbeit, aus welchem Grund auch immer, den Ausschluß rechtfertigte 27 . Die nachhaltige Versäumung von Leistungen, die dazu dienen, den Gesellschaftszweck zu fördern, führt mithin dazu, daß die Mitgliedschaft des Gesellschafters zwangsweise beendet werden kann. Die Pflicht zum Ausscheiden ergibt sich mit anderen Worten aus der Treupflicht gegenüber der Gesellschaft.

22 Z u t r e f f e n d Becker, Z Z P 9 7 (1984), 314, 320f.; K. Schmidt, Mehrseitige Gestaltungsprozesse, S.30. 23 B G H Z 9, 157, 163; B G H BB 1999, 2 2 6 2 , 2263; O L G N ü r n b e r g BB 1970, 1371; G m b H R 1994, 2 5 2 , 2 5 3 ; Balz, Beendigung, S. 51 f.; Beckmann, D N o t Z 1971, 132, 139; Brandes, W M 2 0 0 0 , 2 1 7 , 2 2 3 ; A. Hueck, N J W 1951, 719f.; Scholz-Winter, G m b H G , § 15 Rn. 130; gegen diese Verankerung aber Grunewald, Ausschluß, S.47; Reinisch, Ausschluß, S . 3 9 f . ; Spitze, Ausschließung, S.34. 24 Ein wichtiger G r u n d setzt kein Verschulden voraus (vgl. B G H Z 9, 157, 164; O L G Stuttgart DB 1961, 1644; Benecke, W M 2 0 0 0 , 1173, 1176; Damrau-Schröter, N J W 1991, 1927, 1933; Ehenroth-Lorz, H G B , § 140 Rn. 11; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S.41; Goette, DStR 2 0 0 1 , 533, 5 3 5 f . ; Gogos, Geschäftsführung, S.64; Gonella, G m b H R 1967, 89, 93; A. Hueck, O H G , § 2 9 I 2 c (S.438); Lutz, BB 2 0 0 0 , 833, 834; Scholz, G m b H R 1953, 75; Spitze, Ausschließung, S. 53; Staub-Ulmer, H G B , § 140 Rn. 9; Westermann, Vertragsfreiheit, S. 245); ausgeschlossen werden k a n n grundsätzlich auch ein Gesellschafter, der o h n e eigenes Verschulden a u ß e r s t a n d e ist, in der gebotenen Weise an der Zweckverfolgung mitzuwirken. Freilich wird in diesem Fall besonders streng zu prüfen sein, ob nicht mildere Mittel als der völlige Ausschluß in Betracht k o m men. 25 Vgl. Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 384f.; Damrau-Schröter, N J W 1 9 9 1 , 1 9 2 7 ; Grunewald, Ausschluß, S . 4 5 ; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 2 1 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 7 II 5a (S. 1127); Scholz-Winter, G m b H G , § 15 R n . 1 5 1 . 26 Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 3 9 8 ; ähnlich Reinisch, Ausschluß, S . 5 5 f . 27 B G H D B 1983, 1970f.

184

§3 Die

2. Die Gesellschaft als Gläubigerin des

Ausschlußklage

Ausschlußanspruchs

Konsequent ist der Beklagte der Gesellschaft und nicht etwa den Mitgesellschaftern gegenüber zum Ausscheiden verpflichtet. Die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm ist nämlich immer dann unzumutbar, wenn dieser entweder nicht bereit oder nicht in der Lage ist, seinen Pflichten zur Förderung des Gesellschaftszwecks, also denjenigen Pflichten nachzukommen, die ihm gegenüber der Gesellschaft obliegen. Das trifft namentlich zu für die Verzögerung oder gar Verweigerung der bedungenen Einlage: Diese wird, wie gesehen, in allen Gesellschaftsformen der Gesellschaft geschuldet 28 . Die § § 21 ff. GmbHG, 64 AktG ziehen daraus die Konsequenz, daß die GmbH (AG) selbst berechtigt ist, den Anteil des säumigen Gesellschafters (Aktionärs) zu kaduzieren. Das Gesetz weist damit den Ausschlußanspruch der GmbH (AG) zu 29 . Dasselbe sollte man konsequent für alle diejenigen Fälle annehmen, in denen ein Gesellschafter auf andere Weise als durch Säumnis mit der Einlage die Zweckverfolgung behindert: Er verletzt damit die Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, so daß diese als Gläubigerin des Ausschlußanspruchs fungiert. Das gilt selbst in den Fällen, in denen ein Zerwürfnis unter den Gesellschaftern eine gedeihliche Zusammenarbeit unmöglich macht und damit einen Ausschlußgrund erzeugt 30 . Die Zerstörung des für die Gesellschaft unabdingbaren gegenseitigen Vertrauens bedeutet, selbst wenn sie dem persönlichen Bereich der Gesellschafter entspringt 31 , eine fehlende Rücksichtnahme auf das Interesse nicht der Mitgesellschafter, sondern der Gesellschaft 32 . Auch hier wurzelt daher der Ausschlußgrund maßgeblich darin, daß die der Gesellschaft geschuldete Zweckförderung nicht mehr erbracht werden kann. Die Ausschlußklage soll eben diese Zweckförderung durchzusetzen 33 . Mit Recht ist hervorgehoben worden, daß der Umstand, welcher den Ausschluß veranlaßt, diesen Im Interesse des Verbandes erforderlich machen muß, um die Qualität eines wichtigen Grundes zu erreichen 34 . Die Gesellschaft erhebt somit die Ausschlußklage aus eigenem Recht und nicht, wie vereinzelt behauptet wird 35 , als Prozeßstandschafterin für die an sich materiell berechtigten Gesellschafter. Man wende nicht ein, dem Ausschlußrechtsstreit liege in der Sache ein Konflikt unter den Gesellschaftern zugrunde, so daß in der Sache nicht die Gesellschaft, sondern die verbleibenden Gesellschafter am Ausschluß des Störers interessiert seien 36 . Denn abermals wird das Interesse der Gesellschafter am Gedeihen des Unternehmens in der Gesellschaft aggregiert und auf sie proji28

Dazu ausführlich oben § 2 B. Z u t r e f f e n d Spitze, Ausschließung, S. 84; ähnlich Mülbert, Aktiengesellschaft, S . 2 3 8 f . 30 Z u m Z e r w ü r f n i s als Ausschlußgrund näher unten § 11 C III 1. 31 Vgl. B G H Z 4, 108, 114; B G H W M 1973, 11: A u f n a h m e eines Liebesverhältnisses mit der Ehefrau des Mitgesellschafters als wichtiger G r u n d . 32 Z u t r e f f e n d Zöllner, Schranken, S. 349. 33 Becker, Z G R 1986, 383, 396; ähnlich Reiniscb, Ausschluß, S.54. 34 Lutter, Z G R 1981, 171, 175. 35 Becker, Z G R 1986, 383, 4 0 3 , 4 0 5 . 36 So aber Grunewald, Ausschluß, S.49; Joost, Z G R 1984, 71, 80. 29

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

185

ziert. Z u R e c h t s t e h t d a h e r die h . L . a u f d e m S t a n d p u n k t , d a ß in d e r G m b H u n d ( s o w e i t m a n d o r t e i n e A u s s c h l u ß k l a g e f ü r m ö g l i c h h ä l t ) in d e r A G die A u s s c h l u ß k l a g e d u r c h die Gesellschaft

erhoben wird37. Die Gesellschaft wird dabei durch

V o r s t a n d bzw. G e s c h ä f t s f ü h r e r v e r t r e t e n 3 8 .

IV. Die Beteiligung des Mitgliedsorgans 1. Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses

in der GmbH

In d e r G m b H b e d a r f die A u s s c h l u ß k l a g e eines G e s e l l s c h a f t e r b e s c h l u s s e s 3 9 ; d e n n e b e n s o w i e b e i d e r E i n f o r d e r u n g v o n B e i t r ä g e n u n d S c h a d e n s e r s a t z gilt a u c h hier, d a ß d e r G e s c h ä f t s f ü h r e r n a c h d e r g e s e t z l i c h e n M o d e l l v o r s t e l l u n g in d e r H i e r a r chie unter der Gesellschafterversammlung steht. Freilich k ö n n t e m a n das E r f o r dernis eines Gesellschafterbeschlusses mit folgender B e g r ü n d u n g für entbehrlich h a l t e n : S e l b s t w e n n ein G e s e l l s c h a f t e r n i c h t e i n m a l die b e d u n g e n e E i n l a g e leiste u n d d a m i t in b e s o n d e r s s c h w e r e m M a ß e seine F ö r d e r p f l i c h t e n v e r l e t z e , stelle die G e s e l l s c h a f t e r v e r s a m m l u n g l e d i g l i c h die E i n l a g e f ä l l i g ( § 4 6 N r . 2 G m b H G ) ; d a s a u f d e n A u s s c h l u ß des G e s e l l s c h a f t e r s g e r i c h t e t e K a d u z i e r u n g s v e r f a h r e n

führe

d e m g e g e n ü b e r d e r G e s c h ä f t s f ü h r e r in e i g e n e r Z u s t ä n d i g k e i t d u r c h 4 0 . D o c h v e r fängt diese A r g u m e n t a t i o n bei n ä h e r e r B e t r a c h t u n g nicht, weil sich der A u s s c h l u ß

3 7 Für GmbH: B G H Z 9 , 1 5 7 , 1 7 7 ; 16, 317, 322; OLG Hamm DB 1992, 2 1 8 1 ; O L G Nürnberg BB 1 9 7 0 , 1 3 7 1 ; Balz, Beendigung, S.46; Bec&er, Verwaltungskontrolle, S . 5 2 4 mit Fn. 134; Damrau-Schröter, N J W 1991, 1927, 1934; Ganssmüller, GmbHR 1963, 7; Grunewald, Ausschluß, S. 107; Hachenburg-Ulmer, Anh. § 34 R n . 3 0 ; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 18 Rn. 19; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996, 1367, 1371; A. Hueck, DB 1953, 776; Kulka, Ausschluß, S . 1 8 5 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 4 R n . 3 7 ; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 34 Rn. 87; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 38; ders., Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2 c (S. 1062); Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 34 R n . 2 7 ; Soufleros, Ausschließung, S . 5 4 ; Spitze, Ausschließung, S . 8 4 ; v. Stetten, GmbHR 1982, 105, 106; Winter, Treubindungen, S. 184. Für Aktiengesellschaft: Becker, Z G R 1986, 383, 4 0 3 f . , 4 0 6 38 Für GmbH: Balz, Beendigung, S . 4 6 ; Damrau-Schröter, N J W 1991, 1927, 1934; Dreiss/Eitel-Dreiss, Ausscheiden, S. 126; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 2 0 , 30; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996, 1367, 1371; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 4 R n . 3 7 ; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S . 3 9 ; ders., Gesellschaftsrecht, § 3 5 IV 2c (S. 1062); Scholz-Winter, GmbHG, § 1 5 R n . 1 3 9 ; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 2 7 ; Spitze, Ausschließung, S . 8 4 ; für Aktiengesellschaft: Becker, Z G R 1986, 383, 4 0 4 . 3» B G H Z 9, 157, 177f.; BGH W M 1964, 1188; O L G Düsseldorf GmbHR 1999, 5 4 3 , 5 4 5 ; O L G Hamm GmbHR 1995, 736, 738; OLG Nürnberg GmbHR 1994, 2 5 2 , 2 5 3 ; Abramenko, GmbHR 2 0 0 1 , 5 0 1 , 5 0 2 ; Balz, Beendigung, S.36; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S . 4 1 ; Fichtner, BB 1966, 146, 149; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 2 0 ; A. Hueck, N J W 1951, 719, 720; ders., DB 1953, 7 7 6 ; Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 3 0 7 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 4 R n . 3 6 ; Mayer/Elfrieg, GmbHR 2004, 869, 875; Reinisch, Ausschluß, S . 1 1 0 ; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 38; ders., Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2c (S. 1062); Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 139; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 27; Spitze, Ausschließung, S. 84f.; v. Stetten GmbHR 1982, 105, 106; Worch, Treuepflichten, S. 182 4 0 Vgl. Damrau-Schröter, N J W 1991, 1927, 1928; Goette, DStR 1997, 1257; Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S. 152f.

186

§3 Die

Ausschlußklage

aus wichtigem Grund in einem wichtigen Aspekt von der Kaduzierung nach § § 2 1 ff. GmbHG unterscheidet: Im Falle der Kaduzierung erhält der Gesellschafter keinerlei Abfindung 41 ; er kann nicht einmal die bereits geleistete Einlage zurückfordern 42 . Im Gegensatz dazu ist der Ausschluß eines Gesellschafters aus wichtigem Grund mit der Verpflichtung der Gesellschaft verbunden, ihn abzufinden. Dieser Kapitalabfluß, der für die Gesellschaft eine erhebliche Belastung darstellen kann, rechtfertigt es, die Erhebung der Ausschlußklage von einem vorherigen Gesellschafterbeschluß abhängig zu machen; dies um so mehr, als gerade auch die spiegelbildliche Entscheidung, ob der Gesellschaft von seiten der Gesellschafter Kapital zugeführt werden soll, durch Beschluß der Gesellschafterversammlung getroffen werden muß ( § 4 6 Nr. 2, 8 GmbHG 4 3 ). Dagegen kann das Beschlußerfordernis nicht aus dem Umstand gefolgert werden, daß sich durch den Ausschluß die Mehrheitsverhältnisse in der GmbH verschieben 44 : Das tun sie auch bei der Kaduzierung. Der Beschluß ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn der Gesellschafter, der den Ausschluß des Störers betreibt, allein über die erforderliche Mehrheit 45 verfügt 46 ; denn das Organ Gesellschafterversammlung und nicht der Wille einzelner Gesellschafter legitimiert den Geschäftsführung, den Ausschluß namens der Gesellschaft zu begehren. 2. Das Erfordernis

eines Hauptversammlungsbeschlusses

in der AG

In der AG könnte man demgegenüber einen Hauptversammlungsbeschluß für entbehrlich halten: Der Vorstand sei im Gegensatz zum Geschäftsführer der GmbH gerade nicht hierarchisch der Hauptversammlung untergeordnet; und der Ausschluß eines Aktionärs sei für die AG typischerweise nicht so bedeutsam, daß die Hauptversammlung, die nach § 119 I AktG nur an ganz bestimmten, für das Unternehmen besonders bedeutsamen Entscheidungen zu beteiligen sei, darüber befinden müsse. Freilich hat man gerade aus § 1 1 9 I AktG das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses hergeleitet. Denn aus Nr. 1 und Nr. 3 dieser Vorschrift folge, daß der Vorstand seine Legitimation letztlich durch die Hauptversammlung beziehe; konsequent könne er nicht eigenmächtig über die Zusammensetzung jenes ihn legitimierenden Organs entscheiden 47 . Neben dieser zutreffenden (und wegen § 46 Nr. 5 GmbHG auch und erst recht für die GmbH gültigen) Überlegung gibt ein weiterer Grund den Ausschlag dafür, daß selbst für den Aus-

Vgl. Becker, Z G R 1986, 383, 4 1 3 . Vgl. Fichtner, BB 1966, 146, 147; Goette, DStR 1997, 1257. 4 3 Zu diesem Normzweck vgl. oben § 2 C III-V. 4 4 So aber Grunewald, Ausschluß, S. 108. 45 Dazu näher unten 3. 4 6 So aber BGH GmbHR 1999, 1194, 1196. 47 Reinisch, Ausschluß, S. 111. Im Ergebnis für das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses außerdem Becker, Z G R 1986, 383, 4 0 3 ; Grunewald, Ausschluß, S. 117; Hommelhoff/ Freytag, DStR 1996, 1367, 1372; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 8 I 5 (S.803). 41

42

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

S c h l u ß eines A k t i o n ä r s n i c h t a u f einen H a u p t v e r s a m m l u n g s b e s c h l u ß

187 verzichtet

werden kann: E r h ö h t die A G ihr G r u n d k a p i t a l , s o h a t jeder A k t i o n ä r n a c h M a ß g a b e seiner b i s h e r i g e n B e t e i l i g u n g s q u o t e A n s p r u c h a u f Z u t e i l u n g der j u n g e n A k t i e n , w e l c h e a u s j e n e r K a p i t a l e r h ö h u n g h e r v o r g e h e n (sog. B e z u g s r e c h t ) . D i e H a u p t v e r s a m m l u n g h a t j e d o c h die M ö g l i c h k e i t , das K a p i t a l m i t der M a ß g a b e zu e r h ö h e n , d a ß dies B e z u g s r e c h t a u s g e s c h l o s s e n w i r d ; u n g e s c h r i e b e n e m a t e r i e l l r e c h t l i c h e V o r a u s s e t z u n g h i e r f ü r ist freilich, d a ß dies i m Interesse der G e s e l l s c h a f t e r f o r d e r l i c h sowie d e m A k t i o n ä r z u m u t b a r i s t 4 8 . D a s B e z u g s r e c h t m u ß n a c h § 1 8 6 III 1 A k t G im K a p i t a l e r h ö h u n g s b e s c h l u ß selbst a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n 4 9 . S o w e i t der B G H in n e u e r e r Z e i t n u r n o c h d a v o n s p r i c h t , der B e z u g s r e c h t s a u s s c h l u ß m ü s s e i m w o h l v e r s t a n d e n e n Interesse der G e s e l l s c h a f t l i e g e n 5 0 , legt dies freilich die D e u t u n g n a h e , d a ß n u r n o c h eine b l o ß e M i ß b r a u c h s k o n t r o l l e s t a t t f i n d e n 5 1 u n d g ä n z l i c h d a r a u f v e r z i c h t e t w e r d e n soll zu f r a g e n , o b der B e z u g s r e c h t s a u s s c h l u ß e r f o r d e r l i c h

4 8 BGHZ 7 1 , 4 0 , 4 4 f f . ; 83, 319, 321; 1 2 0 , 1 4 1 , 1 4 6 ; BGH ZIP 1994, 529, 530; OLG Celle AG 2002, 292; OLG Frankfurt AG 1993, 281, 282; OLG München AG 1993, 2 8 3 , 285; W M 1995, 60; OLG Oldenburg AG 1994, 415, 417; OLG Stuttgart AG 1998, 529, 530; LG Braunschweig ZIP 1998, 914, 917; LG Frankfurt W M 1 9 9 2 , 4 3 7 , 4 3 8 ; BB 2 0 0 3 , 2 5 4 1 ; LG Heidelberg BB 2 0 0 1 , 1809, 1810; LG Hof W M 1992, 2 0 5 7 , 2061; LG Kassel AG 1975, 163, 164; LG Landshut ZIP 1990, 999, 1000; LG Stuttgart AG 1998, 41, 43; Bagel, Bezugsrechtsausschluß, S. 10ff.; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.52; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 538; Becker, Verwaltungskontrolle, S.437; Brandes, W M 1994, 2177, 2185f.; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 126ff.; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft S.73f.; Frey/Hirte, ZIP 1991, 697; Füchsel, BB 1972, 1533, 1536f., 1538f.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn.52; Habersack, Mitgliedschaft, S. 264f.; Heinsius, ZGR 1984, 3 8 3 , 3 8 6 ; ders., FS Kellermann, S. 1 1 5 , 1 2 0 ; Henze, BB 2 0 0 1 , 53f.; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.20; ders., ZIP 1989, 1233, 1237; ders., ZHR 154 (1990), 374, 375; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996, 1367, 1370; Immenga, Kapitalgesellschaft, S.234; Kallmeyer, AG 1993, 249, 250; KK-Lutter, AktG, § 186 Rn.60ff.; Krieger, FS Wiedemann, S. 1081; Lindacher, Zukunft, S.47, 51; Lutter, ZGR 1979, 401, 404f.; ders., FS H. Westermann, S . 3 4 7 , 366; ders., BB 1981, 861; Martens, FS Fischer, S.437, 443; ders., FS Steindorff, S. 151, 152, 156; Priester, DB 1 9 8 0 , 1 9 1 5 , 1928; Reinisch, Ausschluß, S.77; Sturies, WPg. 1982, 581, 584; Timm, AG 1 9 8 0 , 1 7 2 , 1 8 2 f . ; ders., DB 1 9 8 2 , 2 1 1 ; ders., ZGR 1 9 8 7 , 4 0 3 , 415f.; van Venrooy, DB 1982, 735f.; Westermann/Biesinger, DZWiR 1992, 13, 16ff.; Winter, Treubindungen, S. 131 f.; Worch, Treupflichten, S. 50; Zöllner, Schranken, S. 352f.; ders., AG 2 0 0 2 , 5 8 5 , 587; noch strenger Schokkenhoff, Bezugsrechtsausschluß, S.65, 70ff.: Bezugsrechtsausschluß nur zulässig, wenn auch die Minderheit von ihm profitiert und im Vergleich zur Mehrheit so wenig wie möglich zurückgesetzt wird. 4 9 RGZ 118, 67, 70; OLG Frankfurt AG 1976, 298, 301; LG Braunschweig DB 1992, 1398; LG München ZIP 1992, 1741, 1742; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S.75; Harrer/Grabowski, DZWiR 1995, 10, 11. Zur Frage der isolierten Anfechtbarkeit des Bezugsrechtsausschlusses jüngst Schnorr, Teifehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse, S.45ff., 148f. 5 0 BGHZ 136, 133, 139; Bosse, ZIP 2 0 0 1 , 104, 106; Brandes, W M 1997, 2 2 8 1 , 2285. 51 So die Interpretation der vom BGH verwendeten neueren Formulierung durch Kerber, DZWiR 1998, 326, 328; Für eine Reduktion des Kontrollmaßstabs in diesem Sinne Cahn, Z H R 163 (1999), 554, 574ff., insbes. S.579. Differenzierend Bezzenberger, ZIP 2 0 0 2 , 1917, 1924ff.: Bloße Mißbrauchskontrolle beim Bezugsrechtsausschluß zugunsten neu eintretender Aktionärs, dagegen Erfordernis eines sachlichen Grundes beim Bezugsrechtsausschluß zugunsten des Großaktionärs.

188

§3 Die

Ausschlußklage

und dem Aktionär zuzumuten ist 52 ; zumindest beim Bezugsrechtsausschluß durch den Vorstand im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals sei das unternehmerische Konzept des Vorstands nicht mehr zu hinterfragen 523 . Teilweise geht man gar so weit, die Position des Aktionärs auf einen bloßen Vermögensschutz zu reduzieren: Das Gesetz bewahre den Aktionär in § 255 II AktG nur davor, daß durch einen zu niedrigen Ausgabekurs der jungen Aktien der Wert seiner Beteiligung gemindert werde; weitergehende Interessen des Aktionärs an der Aufrechterhaltung seiner Beteiligungsquote erkenne es nicht an 5 3 . Diese Aufweichungen des Aktionärsschutzes überzeugen jedoch nicht, und zwar weder im Sinne einer Absenkung des Kontrollmaßstabs für den Bezugsrechtsausschluß 54 noch erst recht im Sinne einer Reduktion auf einen bloßen Vermögensschutz 55 . Daß der Schutz des Aktionärs sich nicht in § 255 II AktG erschöpft, ergibt sich bereits aus § 186 IV 2 AktG, wonach der geplante Bezugsrechtsausschluß in der Hauptversammlung zu begründen ist: Ginge das Gesetz wirklich davon aus, daß dem Aktionär der Umfang seiner Beteiligung gleichgültig zu sein habe und seinem Interesse Genüge getan sei, wenn der Wert der Aktien der gleiche bleibe, wäre kaum begreiflich, warum sich der Aktionär noch für den Grund des Bezugsrechtsausschlusses interessieren sollte; der Vorstand hätte ihm dann vielmehr nur noch zu erklären, daß und warum der vorgesehene Ausgabekurs dem gegenwärtigen inneren Wert der bereits vorhandenen Aktien gerecht wird. Wenn aber das Interesse des Aktionärs an der Aufrechterhaltung seiner Beteiligungsquote als solches durch § 186 III AktG geschützt ist, ergibt sich zwangsläufig, daß dem Aktionär die Aufopferung dieses Interesses nur um höherwertiger Interessen der Gesellschaft willen abverlangt werden kann. Die Prävalenz des Gesellschaftsinteresses kann sich nur aus einer Interessenabwägung ergeben; zugunsten der Gesellschaft fällt diese nur aus, wenn der Bezugsrechtsausschluß erforderlich und dem Aktionär zumutbar ist. Der Ausschluß des Bezugsrechts stellt sich, wie zu Recht hervorgehoben worden ist 56 , aus der Sicht der gegenwärtigen Aktionäre als ein Teilausschluß dar. Die Dafür Kindler, ZGR 1998, 35, 39 •52a Henze, Z H R 167 (2003), 1, 3f. 53 Mülbert, Aktiengesellschaft, S.339ff. 5 4 Gegen eine solche Absenkung mit Recht auch Bayer, Z H R 163 (1999), 163, 505, 539, der konsequent fordert, der BGH möge bei nächster Gelegenheit klarstellen, daß der in BGHZ 7 1 , 4 0 aufgestellte Kontrollmaßstab keine Absenkung erfahren hat. In diesem Sinne begrüßenswert OLG Celle AG 2002, 292; OLG Schleswig NZG 2 0 0 4 , 281, 284. Für die Beibehaltung dieses Kontrollmaßstabs ferner Krieger, FS Wiedemann, S. 1081, 1084; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 3 Rn.60; Peter, EWiR 2004, 211, 212; Rodloff, ZIP 2 0 0 3 , 2 0 7 6 , 2077ff.; sowie erneut Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 150ff. Zöllner, AG 2 0 0 2 , 585, 587. 5 5 Ausführliche Kritik an den von Mülbert angestellten Überlegungen bei Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 531; ders., NJW 2 0 0 0 , 2609, 2 6 1 5 bei und mit Fn. 103; Hüffer, FS Kropff, S. 127, 139ff., insbes. S. 141; Z H R 161 (1997), 867, 870. 5 6 Zutreffend Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.31; dem folgend Baums, W M 2 0 0 1 , 1843; Habersack, Mitgliedschaft, S. 261; KK-Lutter, AktG, § 186 Rn. 50; Meilicke/Heidel, DB 2 0 0 0 , 2 3 5 8 , 2360; Paefgen, ZIP 2004, 145, 153; Schultz, Behebung, S. 115 mit Fn.38; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 143; einschränkend für den Publikumsaktionär mit Kleinstbeteiligung Martens, ZIP 1992, 1677, 1690f., 1693: kein spürbarer Eingriff in die Mitgliedschaft. 52

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

189

Richtigkeit dieser Charakterisierung erhellt namentlich anhand des Falles, daß das Bezugsrecht zugunsten eines bestimmten Dritten ausgeschlossen und damit die Beteiligungsquote zu dessen Gunsten verschoben wird. Eine solche Maßnahme hat dieselbe Wirkung, wie wenn die gegenwärtigen Aktionäre verpflichtet würden, einen Teil ihrer gegenwärtigen Beteiligung auf den begünstigten Dritten zu übertragen. In gleicher Weise kommt ein Bezugsrechtsausschluß ohne die Begünstigung eines konkret benannten Dritten, etwa zum Zweck der Plazierung an einer ausländischen Börse, seiner Wirkung nach der Verpflichtung der Aktionäre gleich, unbestimmten Dritten eine Option auf den Erwerb ihrer Anteile einzuräumen; auch insoweit handelt es sich daher um einen Teilausschluß. Soweit diese Vorstellung als überzogen kritisiert worden ist 57 , ist dies auf die spezifische Interessenlage börsennotierter Gesellschaften gemünzt. In solchen Gesellschaften ist das Kapital zahlreicher Aktionäre mit Kleinstbeteiligungen aggregiert, für die der Verlust an Beteiligungsquote durch den Bezugsrechtsausschluß kaum ein spürbares Gewicht erreicht 58 . Dieser Befund gibt indes keinen Anlaß, die Gleichsetzung des Bezugsrechtsausschlusses mit dem Teilausschluß zu verwerfen; richtig ist allenfalls, daß die Rechtfertigungsschwelle für den Teilausschluß in der Publikumsgesellschaft gerade wegen der geringeren tatsächlichen Eingriffswirkung niedriger angesetzt werden kann. Wenn aber bereits für den teilweisen Ausschluß eines Aktionärs ein Beschluß der Hauptversammlung erforderlich ist, so muß dies erst recht für den vollständigen Ausschluß gelten. Mit den vorstehenden Überlegungen erfährt auch in der GmbH die Forderung nach einem Gesellschafterbeschluß als Voraussetzung für die Ausschlußklage eine weitere Stütze. Denn wenn es sich beim Bezugsrechtsausschluß um einen Teilausschluß handelt, muß zwingend analog § 186 AktG ein gesetzliches Bezugsrecht auch in der GmbH anerkannt werden 59 , das nur im Kapitalerhöhungsbeschluß selbst ausgeschlossen werden kann 60 . Der Gesellschafter einer GmbH ist nicht nur ebenso, sondern sogar in noch höherem Maße schutzwürdig als der Aktionär 61 ; 57 Schwark, FS Claussen, S.357, 364f. Ablehnend zum Argument des Teilausschlusses auch Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1925. 5 8 Vgl. nur LG Frankfurt W M 1992, 4 3 7 , 438. 5 9 Sehr streitig; für ein Bezugsrecht namentlich Priester, DB 1980, 1925, 1927ff.; ders., in Scholz, GmbHG, § 5 5 Rn.41ff.; weiterhin Baumbach-Zöllner, GmbHG § 5 5 Rn. 13f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S.442; Emmerich, AG 1975, 285, 287; Heckschen, DStR 2 0 0 1 , 1437, 1438f.; Heitsch, Bezugsrecht, S.140ff.; Hirte, DStR 2 0 0 1 , 577; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rn. 17ff.; Lutter, AcP 180 (1980), 8 4 , 1 2 2 f . ; Martens, GmbHR 1 9 8 4 , 2 6 5 , 2 6 6 f . Die Gegner dieser Ansicht bestreiten nicht, daß auch der GmbH-Gesellschafter in seinem Interesse an der Wahrung seiner Beteiligungsquote Schutz verdient (vgl. z.B. Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 55 Rn.40; Winter, Treubindungen, S.266f.), kritisieren aber die Begründung dieses Ergebnisses durch eine entsprechende Anwendung des § 1 8 6 AktG (Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 5 5 Rn.41; Winter, Treubindungen, S.266) und leugnen namentlich den notwendigen Zusammenhang von Bezugsrechtsausschluß und Kapitalerhöhungsbeschluß, wie er in dieser Vorschrift niedergelegt ist (vgl. Winter, Treubindungen, S.273). 6 0 Wie hier Priester, DB 1980, 1925, 1931. 61 Das räumt auch Winter, Treubindungen, S.262 ein.

190

§3 Die

Ausschlußklage

denn ihn trifft für den Fall, daß die Zeichner der neuen Anteile ihre Einlage schuldig bleiben, die Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG 6 2 . Außerdem besteht mangels eines Marktes für GmbH-Anteile keine auch nur theoretische Möglichkeit, die eigene Beteiligungsquote durch Zukaufe an der Börse wiederherzustellen 63 . Der GmbH-Gesellschafter ist seiner Gesellschaft typischerweise weitaus enger verbunden als der Aktionär 64 . Für die rechtsformübergreifende Anerkennung eines gesetzlichen Bezugsrechts spricht nicht zuletzt die Rechtsprechung des BGH zur Publikums-KG: Der BGH hat die mehrheitliche Erhöhung des Kommanditkapitals u.a. deshalb zugelassen, weil den Altgesellschaftern das vorrangige Recht eingeräumt wurde, in Höhe der bisherigen Beteiligungsquote an der Kapitalerhöhung teilzunehmen 65 . Dann aber besitzt der für die AG gezogene Erst-recht-Schluß gleichermaßen Weise in der GmbH Gültigkeit: Wenn schon der Bezugsrechts- und damit der Teilausschluß zwingend vom Mitgliedsorgan beschlossen werden muß, dann erst recht der vollständige Ausschluß. 3. Einfache oder qualifizierte

Mehrheit?

a) Die Überlegungen in der bisherigen

Diskussion

Umstritten ist, mit welcher Mehrheit der auf die Erhebung der Auflösungsklage gerichtete Beschluß gefaßt werden muß. Der BGH hat zu dieser Frage bisher lediglich für die GmbH Stellung genommen. Er hält eine %-Mehrheit für erforderlich, weil der Ausschluß rechtsqualitativ mit der Auflösung nach § 60 I Nr. 2 GmbHG vergleichbar sei 66 . Ein Teil der Literatur stimmt dem teils im Ergebnis 67 , teils auch in der Begründung zu 68 ; der Ausschluß sei nämlich im Verhältnis zur Auflösung das mildere Mittel 69 . Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß die Entscheidung über die Ausschlußklage für die Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sei, was das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit rechtfertige 70 ; die Mitglied-

61

Darauf weist zu Recht Becker, Verwaltungskontrolle, S. 4 4 2 hin. Bagel, Bezugsrechtsausschluß, S. 13. 64 Priester, DB 1980, 1925, 1927f. 65 B G H Z 66, 82, 85 f. 66 B G H Z 9, 157, 177; im Ergebnis bestätigt u n d in der Begründung deutlich erweitert durch BGH N Z G 2003, 284, 285f.; BGH N Z G 2003, 286f. 67 Hachenburg-Ulmer, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 2 4 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §34 R n . 3 6 ; Seidel, Treupflichten, S.33; Sosnitza, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 2 5 . Ebenso für die A G Grunewald, Ausschluß, S. 118; Reinisch, Ausschluß, S. 111. 68 Bärwaldt, N Z G 2 0 0 3 , 2 6 1 ; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S.41; Fischer, J Z 1956, 362, 364; Ganssmüller, G m b H R 1963, 65; Gehrlein, BB 2 0 0 4 , 2 3 6 1 , 2 3 6 7 ; Goette, DStR 2 0 0 1 , 5 3 3 , 538; Kindl/Osadnik, W u B II C. § 6 0 G m b H G 1.03; Rowedder/Bergmann, in: R o w e d d e r / Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 3 4 R n . 8 2 ; A. Schmidt, G m b H R 2 0 0 3 , 353, 3 5 4 ; Tschernig, G m b H R 1999, 691, 6 9 6 . 69 Goette, DStR 2 0 0 1 , 5 3 3 , 5 3 8 . 70 B G H N Z G 2 0 0 3 , 2 6 1 ; Goette, DStR 2 0 0 1 , 5 3 3 , 538; Grunewald, Ausschluß, S. 110; lmmenga, Kapitalgesellschaft, S. 3 0 8 ; Roth, M K 2 0 0 3 , 61, 62; Rowedder/Bergmann, in: R o w e d d e r / 63

A. Die Ausschlußklage in den

Kapitalgesellschaften

191

schaft genieße einen besonderen Bestandsschutz 7 1 und werde durch den Ausschluß einschneidend berührt 7 2 . Der Ausschluß führe zudem regelmäßig zu einem erheblichen Kapitalentzug 7 3 . Demgegenüber wollen andere mit verschiedenen Argumenten die einfache Mehrheit ausreichen lassen 7 4 . So wird vorgetragen, wenn schon die Auflösungsklage bereits mit einem Q u o r u m von 1 0 % erhoben werden könne (§ 6 1 II 2 G m b H G ) , so könne nicht andererseits für die Ausschlußklage eine qualifizierte Mehrheit erforderlich sein 7 5 . Wenn schon die Einziehung eines Geschäftsanteils mit einfacher Mehrheit beschlossen werden könne ( § 4 6 Nr. 4 G m b H G ) , so könne für den Ausschluß nichts anderes gelten 7 6 . Im Gegensatz zum Auflösungsbeschluß wirke der Klagebeschluß nicht unmittelbar rechtsgestaltend, sondern leite erst ein gerichtliches Verfahren e i n 7 7 . M a n könnte diesen Überlegungen den Hinweis hinzufügen, daß die G m b H in ihrem Bestand von ihrer personellen Zusammensetzung unabhängig ist und deshalb dem Ausschluß - insoweit unbestreitbar 7 8 - kein satzungsändernder Charakter zukommt; es erscheine, so könnte man argumentieren, wenig folgerichtig, gleichwohl eine Mehrheit zu fordern, welche ansonsten nur bei Satzungsänderungen erreicht werden müsse.

b)

Würdigung

Der vom B G H angestellte Vergleich zwischen Auflösungsbeschluß und Ausschlußklage trägt das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit n i c h t 7 9 . Denn das Ziel der Ausschlußklage ist im Verhältnis zur Auflösung ein geradezu gegenläufiges: Die Gesellschaft soll nicht vernichtet, sondern im Gegenteil ihre Fortsetzung ermöglicht werden, indem man sich des Gesellschafters entledigt, der die Verfolgung des Gesellschaftszwecks nachhaltig behindert. Das bedeutet andererseits, daß auch aus dem Q u o r u m für die Auflösungsklage nicht auf das Mehrheitserfordernis bei Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 34 Rn. 82; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 25; Spitze, Ausschließung, S.87f. 71 Becker, ZGR 1986, 383, 405 (für die AG). 7 2 BGH NZG 2003, 284, 285; NZG 2003, 286, 287. 73 Gonella, GmbHR 1967, 87, 92; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 24; Immenga, Kapitalgesellschaft, S.308; Kamanabron, NJW 2003, 1849, 1850. 74 Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, Anh. § 34 Rn.9; Mayer/Elfring, GmbHR 2004, 869, 877; MüHdbGesR III/Kort, §29 Rn.43; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.38; ders, Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2c (S. 1062); Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 140; Soufleros, Ausschließung, S.59; Wackerbarth, WuB II C. §34 GmbHG 1. 03. 75 OLG Köln DB 2000, 2112, 2113; Mezger, GmbHR 1963, 64; ders., GmbHR 1963, 106 76 Balz, Beendigung, S.39f.; A. Hueck, DB 1953, 776, 777; Kierdorf, GmbHR 2000, 143; Schick, DB 2000, 2105f. 77 OLG Köln DB 2000, 2112f.; LG Köln GmbHR 2000, 141, 143; Kierdorf, GmbHR 2000, 143; Schick, DB 2000, 2105; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2c (S. 1062). 78 Vgl. dazu nur OLG Brandenburg GmbHR 1996, 539, 541f.; Winter, Treubindungen, S. 61. 7 9 Ebenso OLG Köln GmbHR 2001,110,112; LG Köln GmbHR 2000,141,143; Grunewald, Ausschluß, S. 110; A. Hueck, DB 1953, 776, III-, Kamanabron, NJW 2003, 1849, 1850; Mayer/ Elfring, GmbHR 2004, 869, 877; Mezger, GmbHR 1963, 106; MüHdbGesR Ul/Kort, §29 Rn.43; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 140; Soufleros, Ausschließung, S.59; Spitze, Ausschließung, S.87; Winkler, Lückenausfüllung, S. 82.

192

§3 Die

Ausschlußklage

der Ausschlußklage geschlossen werden k a n n 8 0 , zumal nicht einleuchtet, weshalb gerade aus dem 1 0 % - Q u o r u m des § 6 1 II 2 G m b H G das Erfordernis einer einfachen Mehrheit soll gefolgert werden können. Jenes Q u o r u m ist schon deshalb nicht aussagekräftig, weil die Auflösungsklage gegen

die Gesellschaft erhoben

wird (§ 6 1 II 1 G m b H G ) , die Ausschlußklage dagegen von ihr. Die Auflösung kann also gegen

den Willen der Mehrheit begehrt werden, der Ausschluß eines Gesell-

schafters dagegen nur mit Unterstützung der Mehrheit. Insgesamt geben die §§ 6 0 , 6 1 G m b H G für die Mehrheitserfordernisse bei der Ausschlußklage weder in der einen noch in der anderen Richtung etwas her. Ebensowenig überzeugt der Hinweis auf das Erfordernis lediglich einfacher Mehrheit bei Einziehungsbeschlüssen; denn diese beruhen auf einer Ermächtigung, welche entweder in der einstimmig verabschiedeten Ursprungssatzung enthalten oder später mit satzungsändernder Mehrheit eingeführt worden ist 8 1 . Umgekehrt erscheint es zumindest nicht ungefährlich, für das Erfordernis qualifizierter Mehrheit allein die angeblich weitreichenden Folgen des Ausschlusses für die Gesellschaft ins Feld zu führen; denn dies provoziert die Frage, o b nicht bei Gesellschaftern mit geringerer Beteiligung die einfache Mehrheit ausreicht, und erzeugt sodann das Folgeproblem, w o die Grenze zwischen einer bedeutenden und einer weniger bedeutenden Beteiligungsquote in der Person des Auszuschließenden liegt. So hielt das L G Köln in einem jüngst entschiedenen Fall die einfache Mehrheit u.a. deswegen für ausreichend, weil der Ausschlußbeklagte lediglich 1 % des Stammkapitals hielt 8 2 . Von solchen Gegebenheiten darf das Mehrheitserfordernis indes nicht abhängen; die Gesellschafter müssen am Ende der Versammlung rechtssicher beurteilen können, ob die erforderliche Mehrheit erreicht ist 8 3 . c) Der Erst-recht-Schluß

aus §186

III

AktG

Die Frage nach der erforderlichen Mehrheit erschließt sich wiederum allein aus dem Vergleich mit dem Bezugsrechtsausschluß: Mehrheitserfordernisse, die für den teilweisen Ausschluß eines Aktionärs/Gesellschafters gelten, müssen erst recht für den vollständigen Ausschluß gelten. D e r Bezugsrechtsausschluß bedarf der 3AMehrheit, und zwar selbst dann, wenn für die Kapitalerhöhung an sich nach der Satzung eine niedrigere Mehrheit ausreicht. Der Gesetzgeber hat also für den Teil80 So auch BGH NZG 2003, 284, 285; NZG 2003, 286, 287; Ganssmüller, GmbHR 1963, 65 f.; Kamanabron, NJW 2003,1849,1850; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 36; Nolting, BB 2003, 594, 595; Seidel, Treupflichten, S.33; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. §34 Rn.25; Soufleros, Ausschließung, S.59f.; Wilhelmi, EWiR 2003, 329, 330. 81 Zutreffend BGH NZG 2003, 284, 285; NZG 2003, 286, 287; Bärwaldt, NZG 2003, 261; Gehrlein, BB 2004, 2361, 2367; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. §34 Rn.24; Mezger, GmbHR 1963, 64; Seidel, Treupflichten, S.33. 82 LG Köln GmbHR 2000, 141, 143; zustimmend Kierdorf, ebenda S. 143; Schick, DB 2000, 2105, 2106. 83 Der BGH hat denn auch jüngst betont, daß das qualifizierte Mehrheitserfordernis unabhängig von der Beteiligungshöhe des auszuschließenden Gesellschafters gilt (BGH NZG 2003, 284, 285f.; NZG 2003, 286, 287).

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

193

ausschluß in der AG eine %-Mehrheit für unabdingbar gehalten. Dann kann nicht für den vollständigen Ausschluß eine geringere Mehrheit ausreichen. Abermals gilt diese Überlegung erst recht in der GmbH, da wie gesehen deren Gesellschafter in bezug auf Bestand und Umfang ihrer Mitgliedschaft noch schutzwürdiger sind als Aktionäre. Die Erhebung der Ausschlußklage bedarf daher in der AG ebenso wie in der G m b H eines Beschlusses der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung, der mit einer Mehrheit von mindestens % der Stimmen gefaßt werden muß. Dies Mehrheitserfordernis kann jedenfalls in der AG selbst durch die Satzung nicht abgesenkt werden 8 4 - eben weil dies auch beim Mehrheitserfordernis für einen Bezugsrechtsausschluß nicht möglich ist. Gewiß: Für den vollständigen Ausschluß eines Aktionärs ist neben dem Beschluß der Hauptversammlung zusätzlich ein Gerichtsverfahren

erforderlich,

während der Bezugsrechtsausschluß bereits ipso iure mit dem Wirksamwerden des Kapitalerhöhungsbeschlusses eintritt. Dies verbietet es indes nicht, das Mehrheitserfordernis für den Bezugsrechtsausschluß auf den Beschluß zur Erhebung der Ausschlußklage zu übertragen 8 5 ; denn ungeachtet der prozessualen Unterschiede ist im entscheidenden Punkt die Interessenlage vergleichbar: In beiden Fällen wird das Mitgliedsorgan mit einer Situation konfrontiert, die einen Eingriff in die Mitgliedschaft rechtfertigt, und muß entscheiden, ob jener Eingriff vorgenommen werden soll. Im Fall des Ausschlusses ist dies die Aufhebung, im Fall des Bezugsrechtsausschlusses die Verkürzung der Mitgliedsstellung. Für den Ausschluß ist wegen der graduellen Verstärkung des Eingriffs ein wichtiger Grund in der Person gerade des betroffenen Aktionärs oder Gesellschafters erforderlich, während es für den Bezugsrechtsausschluß ausreicht, daß dieser als solcher im Gesellschaftsinteresse geboten und dem Aktionär oder Gesellschafter zumutbar ist. Wird der Streit um den Eingriff vor Gericht ausgetragen, so prüft dieses in beiden Fällen nicht, ob vom (Teil-) Ausschlußrecht Gebrauch gemacht werden soll, sondern nur darüber, ob ein solches Recht tatsächlich besteht. Das Gericht des Ausschlußprozesses kontrolliert lediglich das Vorliegen eines wichtigen Grundes 8 6 . Aus dem gleichen Grund wende man gegen die hier angestellten Überlegungen auch nicht ein, daß der betroffene Aktionär beim Bezugsrechtsausschluß mitstimmen darf 8 7 , 84 Wie hier Reinisch, Ausschluß, S. 112; anders aber für die GmbH Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 34 Rn. 82. 85 Dazu neigend aber MüHdbGesR III/Kort, § 2 9 R n . 4 3 . 8 i Zutreffend (allerdings ohne die hier gezogene Parallele zum Bezugsrechtsausschluß) Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 2 4 . 8 7 Nach einhelliger Meinung darf jeder Gesellschafter beim Erhöhungsbeschluß mitstimmen und damit dem Grunde nach über den Bezugsrechtsausschluß mitentscheiden. Wird das Bezugsrecht ausgeschlossen, so muß durch einen weiteren Beschluß (Zulassungsbeschluß) ein Ubernahmeberechtigter bestimmt werden. Streitig ist, ob dieser, sofern er aktueller Gesellschafter ist, bei diesem Beschluß mitstimmen darf. Dafür Hachenburg-Hüffer, GmbHG, § 4 7 Rn. 167; Seidel, Treupflichten, S.61; dagegen Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 5 5 Rn. 11; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 55 R n . 2 4 . Die benachteiligten Gesellschafter, also diejenigen, die mangels Übernahmerecht effektiv vom Teilausschluß getroffen werden, dürfen in jedem Fall bei beiden Beschlüssen mitstimmen.

194

§3 Die

Ausschlußklage

während ihm die Teilnahme an der Abstimmung verwehrt ist, wenn über die Erhebung der Ausschlußklage gegen ihn selbst beschlossen wird 8 8 . Gewiß: Der wichtige Grund, der zum Ausschluß führt, blickt in erster Linie auf die Person des Auszuschließenden, der, würde er mitstimmen, zum Richter in eigener Sache würde; der Bezugsrechtsausschluß verlangt dagegen nur einen objektiv sachlichen Grund im Gesellschaftsinteresse. Von der Eingriffs Wirkung her unterscheiden sich beide M a ß n a h m e n indes nicht qualitativ, sondern nur graduell. In methodischer Hinsicht wird hier einem Erst-recht-Schluß das Wort geredet: Der stärkere Eingriff (Ausschluß) darf nicht mit einer geringeren Mehrheit zu haben sein als der schwächere (Bezugsrechts- und damit Teilausschluß). Die erforderliche Mehrheit muß mit dem Stimmen der übrigen Gesellschafter erreicht werden; der Auszuschließende bleibt für die Berechnung der Mehrheit gänzlich außer Betracht. Auf diese Weise wird es möglich, selbst den Mehrheitsgesellschafter auszuschließen 89 . Die Forderung, einen auf die Erhebung der Ausschlußklage gerichteten Beschluß in der G m b H nur dann als zustande gekommen anzusehen, wenn die Gesellschafter, die den Ausschluß betreiben, mit absolut mindestens 2 5 % am Stammkapital beteiligt sind 90 , ist abzulehnen 9 1 : Das Gesellschaftsinteresse, verstanden als die Projektion des von den Gesellschaftern verfolgten Interesses an der Förderung des Gesellschaftszwecks, verdient es verteidigt zu werden, solange auch nur ein Gesellschafter es verteidigen will. In diesem Bestreben ist somit jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Höhe seiner Beteiligung geschützt; erst die allseitige Disposition über das Gesellschaftsinteresse läßt dessen Schutz gegenüber M a ß n a h m e n der Gesellschafter entfallen. 4. Die Gegenwehr

des

Ausschlußbeklagten

Die Ausschlußklage ist abzuweisen, wenn die Gesellschafter sie nicht mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen haben. Einer ordnungsgemäßen Willensbildung im Verband kommt maßgebliche Bedeutung zu; ohne sie muß selbst derjenige Gesellschafter, der tatsächlich einen wichtigen Grund gesetzt hat, seinen Ausschluß nicht hinnehmen. Fehlt es an einem Beschluß, so ist die Ausschlußklage bereits un88

Vgl. f ü r dies Stimmverbot B G H Z 9, 157, 178; 16, 3 1 7 , 322; O L G Düsseldorf G m b H R 1999, 5 4 3 , 545; Balz, Beendigung, S. 37; Becker, Z G R 1 9 8 6 , 3 8 3 , 4 0 5 ; Damrau-Scbröter, NJW 1991, 1927, 1934; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S.41; Goette, DStR 2 0 0 1 , 533, 5 3 4 ; Grunewald, Ausschluß, S. 108; Hachenburg-Ulmer, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 2 5 ; Hommelhuff/ Freytag, DStR 1996, 1367, 1371; A. Hueck, DB 1 9 5 3 , 776f.; Hüffer, FS Heinsius, S . 3 3 7 , 344; Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S. 161; Mayer/Elfring, G m b H R 2 0 0 4 , 869, 877; M ü H d b G e s R III/Kort, § 2 9 R n . 4 3 ; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 34 Rn. 82; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2c (S. 1062); Schneider, FS Kellerm a n n , S . 4 0 3 , 4 1 6 ; Scholz, G m b H R 1953, 75; Sosnitza, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 2 4 ; Spitze, Ausschließung, S . 8 5 f . 89 Vgl. Kulka, Ausschluß, S. 122ff. 90 So v. Stetten, G m b H R 1982, 105, 107. 91 Wie hier Hachenburg-Ulmer, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 2 4 ; Scholz-Winter, GmbHG, §15 Rn. 140.

A. Die Ausschlußklage

in den

Kapitalgesellschaften

195

zulässig 92 und nicht etwa erst unbegründet 93 : Der Klagebeschluß ist nicht Bestandteil des Sachverhalts, der das Ausschlußrecht begründet; vielmehr enthält er nur die Entscheidung darüber, ob von jenem Recht Gebrauch gemacht werden soll. Die Funktion des Beschlusses besteht darin, dem Geschäftsführer die Legitimation zu verschaffen, um namens der Gesellschaft den Ausschluß zu begehren; aus eigener Kompetenz dürfte der Geschäftsführer eine solche Rechtsbehauptung nicht vor Gericht tragen. Ist ein Klagebeschluß mit der erforderlichen Mehrheit gefaßt worden, so kann der Ausschlußbeklagte ihn im Wege der Widerklage gegen die Gesellschaft anfechten94. Dies ermöglicht es ihm, etwaige Verfahrensfehler zu rügen 95 ; so kann er z.B. geltend machen, seine Mitgesellschafter seien zu kurzfristig geladen oder nicht ausreichend informiert oder es sei das Zustandekommen des Klagebeschlusses durch den Versammlungsleiter festgestellt worden, obwohl die erforderliche Mehrheit für diesen Beschluß nicht erreicht worden sei 96 . Diese Zusammenhänge werden verkannt, wenn behauptet wird, der Anfechtungsklage gegen den Klagebeschluß fehle das Rechtsschutzinteresse, weil das Vorliegen eines wichtigen Grundes ohnehin durch das Gericht überprüft werde 97 . Richtig ist nur, daß die Anfechtungsklage nicht auf die Behauptung gestützt werden kann, es fehle an einem wichtigen Grund 98 . Sofern dagegen der auszuschließende Gesellschafter formelle Mängel des Klagebeschlusses rügt, kann sein Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung dieses Beschlusses nicht in Abrede gestellt werden 99 . Das legitime Interesse des Ausschlußbeklagten an einer Überprüfung des Klagebeschlusses zeigt sich auch noch in einem anderen Punkt 100 : Für die Abfindung des Ausgeschlossenen kommt es auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an; dies aber nur, wenn der Ausschluß in diesem Zeitpunkt wirksam beschlossen ist. Wird der Klagebeschluß für nichtig erklärt, so wirkt dies auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung zurück 101 ; die Klage gilt damit als niemals beschlossen. Den Beschluß müssen die Gesellschafter vielmehr während des Prozesses nachholen; die Abfindung wird sodann für den Zeitpunkt dieses Beschlusses berechnet, so daß der Ausschlußbeklagte an Zutreffend Spitze, Ausschließung, S. 85 So aber O L G Düsseldorf GmbHR 1999, 5 4 3 , 5 4 5 ; OLG Köln GmbHR 2 0 0 1 , 1 1 0 , 1 1 1 ; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 R n . 2 0 ; Mayer/Elfring, GmbHR 2 0 0 4 , 869, 875. 9 4 Ebenso BGH GmbHR 1972, 177; BGH N Z G 2 0 0 3 , 284f.; Balz, Beendigung, S.42f.; Gehrlein, BB 2 0 0 4 , 2 3 6 1 , 2 3 6 7 ; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 27; Kindl/Osadnik, WuB GmbHR 2 0 0 4 , 869, 875; Spitze, Ausschließung, S. 89. II C. § 60 GmbHG 1. 03; Mayer/Elfring, 9 5 Ebenso Balz, Beendigung, S.42f.; Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 654. Raiser will dem Ausschlußbeklagten auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist die Einrede der Anfechtbarkeit gegen den auf die Erhebung der Klage gerichteten Beschluß gewähren. 9 6 Eine solche fehlerhafte Feststellung des Abstimmungsergebnisses war bei der Anfechtung des Klagebeschlusses in BGH N Z G 2 0 0 3 , 2 8 4 gerügt worden. 9 7 O L G Düsseldorf GmbHR 1999, 5 4 3 , 547; gegen die Anfechtbarkeit des Klagebeschlusses auch Scholz, GmbHR 1953, 75; Wackerbarth, WuB II C. § 3 4 GmbHG 1. 03. 9 8 Vgl. O L G Nürnberg GmbHR 1994, 2 5 2 , 2 5 6 ; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 18 R n . 3 3 ; Raiser, FS Heinsius, S. 6 4 5 , 654; Spitze, Ausschließung, S. 89. 9 9 Zutreffend BGH N Z G 2 0 0 3 , 2 8 4 f . 1 0 0 Zum Folgenden BGH GmbHR 1972, 177; OLG Nürnberg BB 1970, 1 3 7 1 , 1372. 101 Unten § 5 A I. 92

93

196

53 Die

Ausschlußklage

Wertsteigerungen im Gesellschaftsvermögen zwischen Klageerhebung und nachfolgendem Klagebeschluß teilhat. Im Schrifttum wird teilweise betont, die Anfechtung des Klagebeschlusses sei aus prozeßökonomischen Gründen nicht mehr erforderlich, wenn die Ausschlußklage tatsächlich erhoben s e i 1 0 2 . Das läuft auf die These hinaus, es sei im Ausschlußprozeß inzident zu prüfen, o b der Klage eine ordnungsgemäße Willensbildung der Gesellschaft zugrunde liege. Diese Handhabung bringt indes gegenüber der Annahme der Ausschlußbeklagte müsse den Klagebeschluß anfechten, keinen Gewinn. Denn die Ordnungsmäßigkeit jener Willensbildung würde wohl k a u m von Amts wegen, sondern nur auf Einrede des Ausschlußbeklagten geprüft werden dürfen. D a n n aber kann der Ausschlußbeklagte ebenso Anfechtungswiderklage erheben. Richtig ist allerdings, daß der auszuschließende Gesellschafter den Klagebeschluß bereits vor Erhebung der Ausschlußklage anfechten kann. Bedenkt man nämlich, daß die Anfechtungsklage selbst in der G m b H strikt an die Monatsfrist des § 2 4 6 I A k t G gebunden 1 0 3 und der Anfechtungskläger mit Beschlußmängeln präkludiert ist, die er nach Ablauf dieser Frist in den Prozeß einführt 1 0 4 , so erhellt, daß der Ausschlußbeklagte nicht gezwungen werden kann, bis zur Erhebung der Ausschlußklage zuzuwarten. Vielmehr muß

er sogar den Klagebeschluß vor

Rechtshängigkeit der Ausschlußklage anfechten, wenn diese erst später als einen M o n a t nach Beschlußfassung erhoben wird.

B. Die Ausscblußklage

in der

Personengesellschaft

Aus einer O H G oder K G kann ein Gesellschafter nach § 1 4 0 H G B ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person die Voraussetzungen des § 1 3 3 H G B eingetreten sind, d.h. wenn er einen wichtigen Grund gesetzt hat. Prozessual kann dies Recht durch Gestaltungsklage 1 0 5 geltend gemacht werden. M i t Rechtskraft des Ausschlußurteils scheidet der Gesellschafter aus der Gesellschaft a u s 1 0 6 .

Lutter/Hommelboff, GmbHG, Anh. §47 Rn.69. Dazu ausführlich unten § 6 D III. 104 Dazu unten §5 D I 2 d. 105 BGH NZG 1999, 988; Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn.22; Berger, Prozeßstandschaft, S. 168; Ebenroth-Lorz, HGB, §140 Rn.34; Grunewald, ZZP 101 (1988), 152, 160; Grunsky, Grundlagen, § 38 II 3b (S. 375); Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 34 III A 2 (S. 142); Reichert/Winter, BB 1988, 981; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 140 Rn. 18; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §91 Rn.6; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §50 III la (S. 1461); den., AG 1995, 551; Staub-Ulmer, HGB, §140 Rn.30; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, Rn.51 vor §253; Zöller-Vollkommer, ZPO, Rn. 9 vor § 300. 106 BGHZ 33, 105, 110; Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn.22; Gonella, GmbHR 1967, 89, 91; Kulka, Ausschluß, S.175f.; Röhricht-v.Gerkan, §140 Rn.19; Scheifele, BB 1989, 792; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §50 III ld (S.1466). 102

103

B. Die Ausschlußklage

in der

Personengesellschaft

197

I. Z u r Deutung des Ausschlußrechts 1. Bisherige

Ansätze

Rechtsprechung und Literatur zur GmbH begreifen das Recht der Mitgesellschafter, den Ausschluß des Störers zu verlangen, als einen Sonderfall der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund: Das Gesellschaftsverhältnis sei ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis; den Gesellschaftern werde ermöglicht, jenes Rechtsverhältnis zu lösen, wenn es für sie unzumutbar geworden sei 107 . Diese Deutung hat für OHG und KG keine Fürsprecher gefunden. Ihr wird entgegengehalten, sie schöpfe die rechtliche Qualität des Ausschlusses nicht aus. Dessen Zweck bestehe nicht primär darin, die Rechtsbeziehung zum Ausschlußbeklagten zu lösen. Vielmehr sei den verbleibenden Mitgesellschaftern daran gelegen, das unter ihnen bestehende Rechtsverhältnis ungestört fortsetzen zu können 108 . Mit dem Ausschluß des Störers verfolgten die Gesellschafter nicht nur das negative Ziel, die Rechtsbeziehung mit diesem zu lösen, sondern ein positives, nämlich die ungestörte Fortsetzung der Gesellschaft 109 . Das Ausschlußrecht sei daher als ein kollektives Verteidigungsrecht der übrigen Gesellschafter gegen Störungen der Zweckverfolgung zu begreifen 110 ; es stehe konsequent den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu111 und bestehe im Gesamtinteresse der Gesellschafter 112 . 2. Die

Projektionsidee

Beide Deutungen schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich. Denn weil das Recht zum Ausschluß eines störenden Gesellschafters ein Recht des „Kollektivs" ist, ist es ein Recht der Gesellschaft. Die Ausschlußklage ist nichts anderes als das funktionale Äquivalent zur Kündigung dieses Mitgliedsverhältnisses durch die Gesellschaft. Mit ihrer Hilfe soll der Bestand der Gesellschaft gesichert 113 und das Interesse an einer ungehinderten Verfolgung des Gesellschaftszwecks verwirklicht werden. Trägerin dieses Interesses ist die Gesellschaft selbst, die das auf die Zweckverfolgung gerichtete Interesse der Gesellschafter aggregiert und in sich aufnimmt. Diese Projektionsidee114 transformiert in Personen- ebenso wie in Kapital1 0 7 So namentlich B G H Z 9 , 1 5 7 , 1 6 1 ; Balz, Beendigung, S . 5 7 ; Hartmann, GmbHR 1962, 5, 7; Mezger, GmbHR 1963, 106; Schick, DB 2 0 0 0 , 2105; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 R n . 1 3 0 ; Tschernig, GmbHR 1999, 6 9 1 , 6 9 5 ; Worch, Treuepflichten, S. 180f. 108 Grunewald, Ausschluß, S. 16. 109 Grunewald, Ausschluß, S . 2 0 , 2 2 f . 110 Grunewald, Gesellschafterklage, S.22ff.; Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 18; vgl. auch Schneider, FS Kellermann, S . 4 0 3 , 4 1 6 . 111 In diesem Sinne Grunewald, Ausschluß, S . 2 2 ; Kollhosser, FS H. Westermann, S . 2 7 5 , 2 8 7 ; Nickel, JuS 1977, 14, 17; Stauh-Vlmer, HGB, § 140 Rn. 5; Ulmer, J Z 1976, 97; Winte, Streitgenossenschaft, S. 2 3 7 . 112 Westermann, Vertragsfreiheit, S . 2 4 4 . 115 Nitschke, Personengesellschaft, S . 7 3 . 114 § 2 B I X 1.

198

§ 3 Die

Ausschlußklage

gesellschaften das Zweckverfolgungsinteresse der Gesellschaftergesamtheit Rechtspositionen der Gesellschaft.

in

Ihr steht aufgrund des Mitgliedschaftsverhält-

nisses der Anspruch auf Leistung der versprochenen Beiträge, auf sonstige Förderleistungen wie insbesondere die Mitarbeit im Gesellschaftsunternehmen

(§114

H G B ) und auf Schadensersatz bei Verletzung der Förderpflichten zu. Ein wichtiger Grund liegt, wie bereits für die Kapitalgesellschaften gezeigt 1 1 5 , immer dann vor, wenn ein Gesellschafter die Zweckverfolgung stört, indem er jenen Beitrags- und Förderpflichten nicht n a c h k o m m t . Die Forderung von Schadensersatz und der Ausschluß sind nur zwei verschiedene Möglichkeiten, auf die Störung des Gesellschaftszwecks durch einen Gesellschafter zu reagieren; wenn der Ersatzanspruch der Gesellschaft zusteht, erscheint es folgerichtig, ihr in gleicher Weise den Anspruch gegen den Störer auf Ausscheiden aus der Gesellschaft zuzuschlagen. Diese Deutung steht im Einklang mit den jüngeren Entwicklungen in der Dogmatik des Verbandsrechts. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist ursprünglich im B G B als reiner Schuldvertrag konzipiert und daher im Abschnitt „Einzelne Schuldverhältnisse" geregelt worden. Gleichwohl hat die Einsicht an Boden gewonnen, daß auch auf der Grundlage ihres Gesellschaftsvertrags eine Organisation aufgerichtet werden kann. Namentlich geschieht dies, wenn die Gesellschaft eigenes Vermögen bildet und dazu bestimmt ist, mit Hilfe einer eigenen Handlungsorganisation als solche im Rechtsverkehr aufzutreten. M a n spricht dann von sog. Außengesellschaften; sie begegnen im Rechtsverkehr insbesondere in Gestalt der Erwerbsgesellschaften bürgerlichen R e c h t s 1 1 6 . Für solche Gesellschaften bejaht die heute wohl h . M . 1 1 7 die Fähigkeit, selbständig Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein. Auslöser in der wissenschaftlichen Diskussion war die Entdeckung Flames,

die Gesellschafter könnten „als G r u p p e " Träger von Rechten und Pflich-

ten sein 1 1 8 . Die These vom „kollektiven Verteidigungsrecht" könnte man in gleicher Weise als ein Verteidigungsrecht der verbleibenden Gesellschafter „als Grupp e " benennen; dann läßt sich aber auch diese Deutung zu einem Verteidigungsrecht der Gesellschaft

fortentwickeln.

Oben A III 1. Vgl. dazu MK-Ulmer, BGB, §705 Rn.229ff. 117 BGH NZG 2001, 311ff.; Bälz, FS Zöllner, S.35, 39, 47; Dauner-Lieb, DStR 2001, 356, 357; Gesmann-Nuissl, WM 2001, 973, 974; Habersack, BB 2001, 477f.; Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S.37ff.; U. Huber, FS Lutter. S.107, 122ff.; Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 397f.; ders., FS Stimpel, S.165, 169; Kellermann, FS Wiedemann, S.1069, 1074; Mülbert, AcP 199 (1999), 38, 62ff.; Kaiser, AcP 194 (1994), 495ff.; ders. AcP 199 (1999), 104ff.; ders., FS Zöllner, S.469ff.; Scholz, NZG 2002, 153, 154ff.; Teichmann, AcP 179 (1979), 475, 479f.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 134ff.; ders., ZIP 2001, 585, 599; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. 116; Wiedemann, WM 1994, Beilage 4, S. 7f.; ZGR 1996, 286ff.; dagegen auch aus neuerer Zeit noch ablehnend Berndt/Boin, NJW 1998, 2854, 2855; Cordes, JZ 1998,545ff.; Heil, NZG 2001, 300, 303ff.; Zöllner, FS Gernhuber, S.563ff.; ders., FS Kraft, S.701 ff.; skeptisch auch G. Hueck, FS Zöllner, S.275ff.; Peifer, NZG 2001, 296ff. - Für die Innengesellschaft bürgerlichen Rechts verbleibt es auch nach neuerer Rechtsprechung dabei, daß sie kein selbständiges Subjekt von Rechten und Pflichten ist (BFH NZG 2002, 741, 742). 118 Flume, ZHR 136 (1972), 177, 188f. 115 116

B. Die Ausschlußklage in der

199

Personengesellschaft

Besonders nahe liegt diese Idee, wenn man mit einer neueren Lehre den Begriff der juristischen Person ausdehnt und auch Personenhandelsgesellschaften sowie selbst unternehmenstragende BGB-Gesellschaften als solche ansieht 1 1 9 . Insoweit ist vorgetragen worden, es lasse sich nicht erklären, wie § 1 2 4 H G B O H G und K G zu Rechts Subjekten

erhebe, diese aber gleichwohl nicht als Rechts personen

anzu-

sehen sein sollten 1 2 0 . Die fortbestehende Identität einer Kapital- bei Umwandlung in eine Personengesellschaft und umgekehrt könne nur einleuchten, wenn man auch letztere als juristische Personen anerkenne 1 2 1 ; und überhaupt sei die Existenz sozialer Kollektive eine dem Recht vorgegebene Erscheinung und die juristische Person allenfalls eine Reaktion des Rechts hierauf, damit aber kein Geschöpf des Rechts, sondern der sozialen Wirklichkeit 1 2 2 . Die juristische Person werde damit durch rein im Faktischen begründete Organisationsmerkmale definiert: Sie liege vor, wenn das Kollektiv im Rechtsverkehr mit eigener Identität und Individualität auftrete, ein eigenes Vermögen habe und Trägerin von Rechten und Pflichten sein k ö n n e 1 2 3 . Aber selbst wenn man nicht so weit gehen möchte, sondern - was angesichts entsprechender Andeutungen im Gesetz (vgl. § 1 2 4 I H G B , § 1 0 5 9 a B G B , § 11 II InsO) de lege lata wohl eher zutreffend sein dürfte 1 2 4 - die Existenz von Rechtssubjekten ohne Rechtspersönlichkeit anerkennen will, Gesamthandsgesellschaften und juristische Personen also nach wie vor dogmatisch voneinander trennt, so m u ß doch bereits die Anerkennung der Rechtsfähigkeit

von Personenge-

sellschaften dazu führen, daß diese auch gegenüber ihren Gesellschaftern als eigenständige Rechtssubjekte betrachtet werden 1 2 5 . Die Mitgliedsbeziehung ist konsequent eine solche zwischen Gesellschafter und Gesellschaft sellschaft

und kann von der Ge-

gelöst werden - eben durch Erhebung der Ausschlußklage. Im R e c h t der

Personenhandelsgesellschaften finden sich durchaus Ansätze, die in die Richtung einer eigenständigen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft auch im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern bereits de lege lata weisen; so etwa die Tatsache, daß das Gesetz mitgliedschaftlich begründete Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter anerkennt ( § 1 1 3 1 H G B ) . Die Gesamthandsgesellschaft unterscheidet sich von der juristischen Person nicht mehr darin, daß letztere im Gegensatz zur ersteren rechtsfähig i s t 1 2 6 . Die Unterschiede manifestieren sich vielmehr darin, daß die Mitglieder einer Personengesellschaft für Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich haften, die einer juristischen Person nicht, daß in der Personengesellschaft Selbst-, in der 119 So Hadding, FS Kraft, S.137, 145f.; Kaiser, AcP 194, 495, 511 f.; ders., AcP 199 (1999), 104, 140. 120 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 130f. 121 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 131; ebenso Timm, NJW 1995, 3209, 3210ff.; Mülbert, AcP 199 (1999), 38,52ff.; gegen diesen Schluß aber Ulmer, AcP 198 (1998), 113, \\9fi.; Berndt/Boin, NJW 1998, 2854, 2857. 122 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 132f. 123 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 134f. 124 Insoweit richtig Zöllner, FS Kraft, S.701, 707. 125 Zutreffend Hepp-Schwab, Mitgliedschaft, S.79. 126 Zutreffend Wertenbruch, BB 2001, 737, 739.

200

§3 Die

Ausschlußklage

juristischen Person Fremdorganschaft gilt und daß die Einmanngesellschaft sowie der Erwerb eigener Anteile nur bei der juristischen Person möglich sind 127 . 3. Der Ausschluß als Gegenstück

zum Beitrittsvertrag:

Ein

Einwand?

Freilich ist nicht zu verkennen, daß das Ausschlußurteil als Gestaltungsurteil ein materiellrechtliches Rechtsgeschäft ersetzt, das, wenn es privatautonom vorgenommen worden wäre, zwischen den Gesellschaftern und nicht zwischen Gesellschaft und Auszuschließendem geschlossen worden wäre: Wie die Gründung bzw. der Beitritt, so erfolgt auch das freiwillige Ausscheiden durch allseitigen Vertrag zwischen den Gesellschaftern 128 . Man könnte folgern, es müsse konsequent auch der Anspruch gegen den Störenfried, aus der Gesellschaft auszuscheiden, den übrigen Gesellschaftern zustehen. So hält man jene Gesellschafter (und nicht die Gesellschaft) gerade deswegen für die richtige Partei des Ausschlußprozesses, weil das Ausscheiden eines Gesellschafters Vertragsänderung sei 129 und die Gesellschaft selbst nicht über ihren eigenen personellen Bestand disponieren könne 130 . Demgegenüber ist indes abermals auf die bereits gezogene Parallele 131 zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft hinzuweisen: Würde mit dem Gesellschaftsvertrag nur eine Rechtsbindung unter den Gesellschaftern begründet, so wäre kaum verständlich, weshalb jene Bindung auch dann Bestand hat, wenn sie nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre fehlerhaft ist. Erklärlich wird die Bindung allein dadurch, daß in Vollzug des Vertrags tatsächlich eine Organisation aufgerichtet worden ist. Die Bindung wird also erst dadurch begründet, daß die Gesellschafter Mitglieder einer solchen Organisation sind. Dann erscheint es aber konsequent, den Schwerpunkt der rechtlichen Bindung auch in der Personengesellschaft im Verhältnis zwischen dem einzelnen Gesellschafter und der Gesellschaft als Trägerin dieser Organisation zu erblicken 132 . Die für das Mitgliedschaftsverhältnis typusprägenden Hauptleistungspflichten bestehen nicht etwa zwischen den Gesellschaftern, sondern zwischen Gesellschaft und Gesellschafter 133 : Der Gesellschafter schuldet der Gesellschaft die Erbringung seiner Einlage, die Mitarbeit im Gesellschaftsunternehmen (§114 HGB) und damit namentlich die Mitwirkung an der Geschäftsfüh-

1 2 7 Vgl. dazu Hepp-Scbwab, Mitgliedschaft, S. 38; Ulmer, ZIP 2 0 0 1 , 585, 588; Wertenbruch, BB 2001, 737, 739. 1 2 8 Für den Beitritt trifft diese freilich nicht ausnahmslos zu; vgl. K. Schmidt, J Z 1989, 1077, 1082. 129 Becker, Verwaltungskontrolle, S.523f. 130 Kulka, Ausschluß, S.70. 1 3 1 Oben B VI. 1 3 2 Für die Einordnung des Mitgliedsverhältnisses als ein solches in erster Linie zwischen Mitglied und Verband ohne Rücksicht auf die Verbandsform Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97f. 1 3 3 Die Einordnung als Hauptleistungspflichten darf nicht den irreführenden Eindruck erwekken, die nachfolgend im Text genannten Rechte und Pflichten stünden zueinander in einem Gegenseitigkeitsverhältnis nach §§320ff. BGB (zutreffend Helms, Vereinsmitgliedschaft, S.68); sie dient nur dazu, die Eigenheiten des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses zu bestimmen.

B. Die Ausschlußklage

in der

Personengesellschaft

201

rang134, die Unterlassung von Wettbewerb (§112 HGB) und sonstiger gesellschaftsschädlicher Handlungen sowie generell eine Ausübung der Mitgliedsrechte, die in Geschäftsführungsangelegenheiten strikt vorrangig am Gesellschaftsinteresse ausgerichtet ist und auf dies Interesse in sonstigen Angelegenheiten angemessene Rücksicht nimmt. Die Gesellschaft ihrerseits ist Schuldnerin des dem Gesellschafter zustehenden Gewinnanspruchs 135 ; ferner ist sie ihm gegenüber verpflichtet, die Maßnahmen zur Verfolgung des Verbandszwecks an der Willensbildung unter den Gesellschaftern auszurichten (sog. Befolgungsanspruch 136 ). 4. Zur Bedeutung von normativer und

Realstruktur

Nach alledem steht das Recht, von einem störenden Gesellschafter das Ausscheiden aus der Gesellschaft zu verlangen, der Gesellschaft und nicht den Mitgesellschaftern zu. Es liegt daher bereits nach materiellem Recht die Konsequenz nahe, daß auch in O H G und KG die Ausschlußklage durch die Gesellschaft erhoben wird. Die Rechtsform der Gesellschaft wäre folglich für die prozessuale Durchsetzung des Ausschlusses gleichgültig. Ebensowenig käme es für die Parteirolle auf die Realstruktur der Gesellschaft an; namentlich wäre nicht zwischen personalistischen und kapitalistischen Gesellschaften zu differenzieren. Indes ist gerade eine solche rechtsform- und strukturspezifische Differenzierung vorgeschlagen worden 137 : Während es bei der GmbH ohne Rücksicht auf die Realstruktur bei der Parteirolle der Gesellschaft bleiben soll, soll dies in Personengesellschaften nur dann der Fall sein, wenn es sich um eine Publikumsgesellschaft handele, deren Gesellschafter typischerweise nur ein Anlage- nicht aber ein unternehmerisches Beteiligungsinteresse verfolgten. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, daß in der Publikumsgesellschaft die Effizienz des Rechtsschutzes leide, wenn sich eine Vielzahl anonymer Gesellschafter als Ausschlußkläger beteiligen müßte. Diese Überlegungen kranken daran, daß ein widersprüchlicher gedanklicher Ausgangspunkt gewählt wird: Für die Parteirolle kann es nur entweder auf die normative Anerkennung des Verbandes als juristische Person oder auf die Realstruktur ankommen. Wäre allein die praktische Durchführbarkeit der Klage im Hinblick auf die Zahl und die persönliche Erreichbarkeit der Gesellschafter entscheidend, so müßte man sich für die GmbH stärker als bisher der Vorstellung öffnen, daß dort angesichts der typischerweise geringen und überschaubaren Mitgliederzahl die Ausschlußklage durch die Gesellschafter erhoben wird. 134 Einlage- u n d Geschäftsführungspflicht werden mit Recht als H a u p t p f l i c h t e n bezeichnet von Gogos, G e s c h ä f t s f ü h r u n g , S. 54; zur Verpflichtung, den Gesellschaftszweck zu fördern, als typusprägende Hauptleistungspflicht bereits Lutter, Z H R 162 (1998), 1 6 4 , 1 6 6 f.; Winter, Treubindungen, S. 15. 135 Vgl. für die KG B G H W M 1996, 772, 773; für die G m b H mit umfassenden N a c h w e i s e n jüngst Arnold, G e w i n n a u s z a h l u n g s a n s p r u c h , S. 132. 136 Z u m Inhalt des Befolgungsanspruchs näher oben § 1 B III 1. 137 Grunewald, Ausschluß, S. 107.

202

53 Die

Ausschlußklage

II. Der Ausschlußprozeß im Spiegel von Rechtsprechung und Literatur 1. Prozessuale

Ausgangsfragen

Auf dem Boden des bisher Gesagten liegt die Konsequenz nahe, daß die Ausschlußklage auch in O H G und KG von der Gesellschaft erhoben wird. Dem scheint indes der Wortlaut des § 140 H G B entgegenzustehen: Danach können „die übrigen Gesellschafter" beantragen, daß das Gericht den Ausschluß des Störers ausspreche. D a ß als Kläger die verbleibenden Gesellschafter u n d nicht die Gesellschaft Partei des Ausschlußprozesses sind, markiert den bislang einhelligen Ausgangspunkt einer ansonsten hoch kontroversen Diskussion. Sind tatsächlich alle verbleibenden Gesellschafter bereit, sich an der Ausschlußklage als Kläger zu beteiligen, so bereitet diese H a n d h a b u n g jedenfalls prozessual keine Schwierigkeiten. Streit herrscht jedoch in folgenden Punkten: - Einer der verbleibenden Gesellschafter mag zwar mit dem Ausschluß als solchem einverstanden, aber nicht bereit sein, sich mit eigenem Kostenrisiko am Prozeß zu beteiligen. Es fragt sich dann, ob und mit welchen rechtlichen Gestaltungsmitteln er den klagewilligen Gesellschaftern die Prozeßführung überlassen kann. - Ein Mitgesellschafter mag gegen den Ausschluß des angeblichen Störers als solchen opponieren und aus diesem Grunde jegliche Mitwirkung an der Klage verweigern. D a n n fragt sich, inwiefern seine Mitwirkung erzwungen oder ersetzt werden kann. - Wird der Ausschluß mehrerer Gesellschafter begehrt, so k a n n es geschehen, d a ß in der Person eines von ihnen ein wichtiger Grund besteht und daher dessen Ausschluß gerechtfertigt ist, in der Person des anderen nicht. D a n n stellt sich die Frage, ob der letztgenannte Gesellschafter sich nicht auf Klägerseite hätte beteiligen müssen und ob, ggf. unter welchen Voraussetzungen im Prozeß über seine fehlende Beteiligung hinweggegangen werden kann. Rechtsprechung und Literatur haben auf diese Probleme höchst unterschiedliche Antworten gefunden, die teilweise vom Prozeßrecht, teilweise vom materiellen Gesellschaftsrecht her gedacht sind: 2. Das Konzept

des BGH

a) Ausschlußklage durch alle übrigen Gesellschafter notwendiger Streitgenossenschaft

in

materiellrechtlich

Der BGH hält es grundsätzlich für erforderlich, d a ß die Klage von allen übrigen Gesellschaftern in materiellrechtlich notwendiger Streitgenossenschaft 1 3 8 erhoben 138

BGHZ 30, 195, 197; Baumbach/Hopt, HGB, § 1 4 0 Rn.17; Berger, Prozeßstandschaft, S. 168; Brückner, Streitgenossen, S. 143; Ebenroth-Lorz, HGB, § 140 Rn.28; Henckel, Parteilehre, S.97; Lindacher, JuS 1986, 379, 381 f.; MüHdbGesR l/Ptehler $ 67 Rn. 34; Nickel, JuS 1977, 14, 15; MK-Scbilken, ZPO, § 62 Rn. 27; Musielak-Wetb, ZPO, § 62 Rn. 10; Reichert/Winter, BB

B. Die Ausschlußklage

in der

Personengesellschaft

203

w i r d ; fehle a u c h n u r ein G e s e l l s c h a f t e r a u f K l ä g e r s e i t e , so sei die A u s s c h l u ß k l a g e u n z u l ä s s i g 1 3 9 . D o c h k ö n n e ein G e s e l l s c h a f t e r , der n i c h t m i t als K l ä g e r a u f t r e t e n w o l l e , seine B e t e i l i g u n g d a d u r c h ersetzen, d a ß er der K l a g e e r h e b u n g z u s t i m m e u n d b i n d e n d e r k l ä r e , das E r g e b n i s des Prozesses a u c h g e g e n sich gelten lassen zu w o l l e n 1 4 0 . I m E i n z e l f a l l k ö n n e der G e s e l l s c h a f t e r v e r p f l i c h t e t sein, sich als K l ä g e r zu beteiligen o d e r d o c h z u m i n d e s t der K l a g e e r h e b u n g z u z u s t i m m e n ; diese V e r p f l i c h t u n g k ö n n e e t w a aus der T r e u p f l i c h t 1 4 1 o d e r d a r a u s f o l g e n , d a ß der G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g für d e n B e s c h l u ß ü b e r die E r h e b u n g der A u s s c h l u ß k l a g e das M e h r h e i t s p r i n z i p v o r s e h e 1 4 2 . W i d e r s p r e c h e der in dieser W e i s e v e r p f l i c h t e t e G e s e l l s c h a f t e r der K l a g e e r h e b u n g , so m ü s s e er seinerseits a u f M i t w i r k u n g a n der A u s schlußklage verklagt werden143. Der Anspruch auf Zustimmung zum Ausschluß eines S t ö r e r s soll d a b e i a n d e r s als der A u s s c h l u ß a n s p r u c h selbst j e d e m G e s e l l s c h a f t e r als I n d i v i d u a l r e c h t z u s t e h e n 1 4 4 ; d e m liegt die V o r s t e l l u n g z u g r u n d e , d a ß der A u s s c h l u ß eines M i t g e s e l l s c h a f t e r s in der S a c h e eine V e r t r a g s ä n d e r u n g zur F o l ge h a b e 1 4 5 .

1988, 981; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 1 4 0 Rn.15; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 4 9 Rn.22, 33; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.32, 126ff.; Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 14f.; Schütz, Sachlegitimation, S. 154; Stein/]onas-Bork, ZPO, § 6 2 Rn.15; Thomas/ Putzo, ZPO, § 62 Rn. 12; Ulmer, FS Geßler, 1971, S. 2 6 9 , 2 7 8 ; ders., in Staub, HGB, § 140 Rn. 31; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S. 88; Westermann, Vertragsfreiheit, S.246f.; Wieczorek-Schütze, ZPO, § 62 Rn. 37; Wiedemann, W M 1975 Beilage 4 S. 37; Winte, Streitgenossenschaft, S. 69; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 6 2 Rn.19. 139 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 168; Pabst, BB 1978, 892, 893; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 4 9 Rn.33. 1 4 0 BGH NJW 1998, 146; Baumbach/Hopt, HGB, § 1 4 0 Rn.17; Berger, Prozeßstandschaft, S. 169; Brandes, W M 1998, 261, 267; Mayer, BB 1992, 1497, 1499; Musielak-Weth, ZPO, § 62 Rn. 10; Reicbert/Winter, BB 1988, 981; Schütz, Sachlegitimation, S.157; v. Stetten, GmbHR 1 9 8 2 , 1 0 5 ; Westermann, Vertragsfreiheit, S.247; Windel, Interventionsgrund, S. 1 0 6 , 1 7 0 ; anders noch OLG Nürnberg W M 1958, 710, 712. 1 4 1 Vgl. BGHZ 64, 253, 257f.; 68, 81, 82; Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn.20; EbenrothLorz, HGB, § 140 Rn.30; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 168; Fischer, NJW 1954, III, 780; Grunewald, Ausschluß, S. 102 f.; Merle, ZGR 1979, 67, 76; Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 14; Staub-Ulmer, HGB, § 140 Rn.34; Westermann, FS Hefermehl, S.225, 228ff.; Zöllner, Anpassung, S.43ff. 1 4 2 Vgl. zur Verpflichtung des überstimmten Gesellschafters, sich in diesem Falle als Kläger zu beteiligen, Flume, Die Personengesellschaft, § 15 III (S.276); MüHdbGesR VPiehler § 67 R n . 4 2 ; Staub-Ulmer, HGB, § 140 Rn.34, 53. 1 4 3 BGHZ 64, 253, 256; 68, 81, 82; OLG München N Z G 1999, 590; Ebenroth-Lorz, HGB, § 140 Rn.29; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 140 Rn. 16; Westermann, Vertragsfreiheit, S.247; Winter, Treubindungen, S. 104f., 141 f.; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 62 R n . 2 0 . 1 4 4 BGHZ 64, 253, 256; Baumbach/Hopt, HGB, § 140 R n . 2 0 ; Ebenroth-Lorz, HGB, § 140 Rn.29; Grunewald, Ausschluß, S. 105; Mayer, BB 1992, 1497, 1498; Sester, Treupflichtverletzung, S.36; Ulmer, J Z 1976, 97, 98; Winte, Streitgenossenschaft, S.70. 1 4 5 Deutlich in diesem Sinne BGHZ 64, 253, 258f.; Brückner, Streitgenossen, S. 143f.; Flume, Die Personengesellschaft, § 1 5 III (S.275); Ulmer, JZ 1976, 97f.; ders., in Staub, HGB, § 1 4 0 Rn. 34. Die Charakterisierung des Ausschlusses als Vertragsänderung ist auch im übrigen sehr verbreitet; vgl. Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 14; Sester, Treupflichtverletzung, S. 27; Soufleros, Ausschließung, S. 66; Winter, Treubindungen, S. 33.

204

Die

b) Gleichzeitiger Ausschluß mehrerer

Ausschlußklage

Gesellschafter

Eine Zustimmungsklage hält der B G H freilich wiederum für entbehrlich, wenn der Widersprechende selbst ausgeschlossen werden soll; dann sollen sich die mehreren Ausschlußbeklagten in bezug auf den Ausschluß der jeweils anderen nicht auf Klägerseite beteiligen müssen. Erweise sich freilich sodann die Klage auch nur gegen einen der Ausschlußbeklagten als unzulässig oder unbegründet, so müsse die Klage gegen die übrigen ebenfalls abgewiesen werden, da der betreffende Gesellschafter daher in der Gesellschaft verbleiben darf und folglich von vornherein auf Klägerseite hätte beteiligt werden müssen 1 4 6 . Wollten die verbleibenden Gesellschafter diese Konsequenz vermeiden, so müßten sie gegen jeden Ausschlußbeklagten hilfsweise Klage auf Zustimmung zum Ausschluß des/der jeweils anderen Ausschlußbeklagten erheben 1 4 7 .

c) Verbindung von Ausschluß- und

Zustimmungsklage

Das Erfordernis einer Zustimmungsklage müßte an sich zur Folge haben, daß die Ausschlußklage erst erhoben oder zumindest erst über sie entschieden werden kann, wenn das Zustimmungsurteil rechtskräftig ist und die Zustimmung zur Erhebung der Ausschlußklage als abgegeben gilt 1 4 8 . D e n n o c h läßt der B G H die Verbindung beider Klagen zu 1 4 9 und nimmt die Möglichkeit ausdrücklich in Kauf, daß das Urteil gegen den Auszuschließenden rechtskräftig werden kann, obwohl der Zustimmungsstreit gegen den der Klageerhebung widersprechenden Gesellschafter noch in höherer Instanz anhängig ist und u.U. mit einer Klagabweisung endet. Der Zustimmungsbeklagte hat keine gesicherte Position, dies zu verhindern; er ist namentlich nicht mit dem Ausschlußbeklagten in notwendiger Streitgenossenschaft verbunden 1 5 0 . Er kann zwar dem Ausschlußbeklagten als Nebenintervenient beitreten und gegen das Ausschlußurteil Rechtsmittel einlegen, dies indes nicht gegen den Widerspruch des Ausschlußbeklagten ( § 6 7 Z P O ) . Diese

146 RGZ 146,169,174; BGHZ 64,253,255; Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn. 19; EbenrothLorz, § 140 Rn.32; Grunewald, Ausschluß, S.lOlf.; Henckel, Parteilehre, S.97f.; A. Hueck, OHG, § 29 12c (S.444); Kulka, Ausschluß, S. 184; Mayer, BB 1992,1497f.; Nickel JuS 1977,14, 19; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 140 Rn. 17 i.V.m. § 117 Rn. 14; Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 15; Stein/Jonas-Bork, ZPO, § 62 Rn. 15; Ulmer, FS Geßler, S. 269, 280; ders., in Staub, HGB, §140 Rn.33; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.88f. 147 Kohler, NJW 1951, 5, 6 f.; Kulka, Ausschluß, S. 186 f.; Pabst, Mitwirkungspflicht, S.220; ders., BB 1978, 892, 896; Schöne, Gesellschafterausschluß, S.15. 148 Das fordern in der Tat Nickel, JuS 1977,14,18f.; Ulmer, FS Geßler, S.269, 281f.; ders., JZ 1976, 97, 98; ders., in Staub, HGB, § 140 Rn.35. 149 BGHZ 68, 81, 83ff.; Baumbach/Hopt, HGB, §140 Rn.20; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.246; Fischer, NJW 1959, 1057, 1060; Kohler NJW 1951, 5, 6; MK-Jickeli, HGB, § 117 Rn. 64; Pabst, Mitwirkungspflicht, S. 209; Schlegelberger-MescW«/?. Dieser kommt zustande durch Antrag und Abstimmung. Die Verurteilung des Zustimmungsbeklagten bringt einen solchen Beschluß nicht ipso iure zustande. Sie führt lediglich dazu, daß die Zustimmung des verurteilten Gesellschafters zum Ausschließungsbeschluß nach § 894 Z P O mit Rechtskraft des Zustimmungsurteils ersetzt wird. Zu diesem Zeitpunkt ist aber der Abstimmungsvorgang bereits abgeschlossen und folglich der auf die Fassung des Ausschließungsbeschlusses gerichtete Beschlußantrag verbraucht1^7. Er ist, da er die notwendige Einstimmigkeit nicht erreicht hat, zunächst wirksam abgelehnt worden. Er muß unter Berücksichtigung der nach § 894 Z P O ersetzten Zustimmung erneut gefaßt werden. Es bleibt mithin dabei, daß der Gesellschaft ein erheblicher prozessualer Aufwand nicht erspart werden kann: Die Gesellschaft m u ß zum einen denjenigen Gesellschafter, welcher der Ausschlußklage widersprochen hat, auf Zustimmung zu einem auf deren Erhebung gerichteten Beschluß verklagen und kann diese Klage in der Weise mit der Ausschlußklage verbinden, daß zunächst über den Zustimmungsantrag und dann - nach zwischenzeitlich erfolgter außergerichtlicher Beschlußfassung über die Erhebung der Ausschlußklage - über den Ausschlußantrag entschieden wird. De iure ist das ein Prozeß; der tatsächliche Zeitaufwand entspricht aber dem zweier Prozesse. 2. Die als actio pro socio erhobene Ausschlußklage

in der

Kapitalgesellschaft

Die soeben angestellten Überlegungen bleiben nicht ohne Folgen für die Ausschlußklage in G m b H und AG. Dort steht, wie gezeigt, der Ausschlußanspruch 287

Vgl. dazu unten § 5 F II 3 b.

240

§3 Die

Ausschlußklage

materiellrechtlich ebenfalls der Gesellschaft zu. In der GmbH kann es ebenfalls geschehen, daß eine Mehrheit oder auch nur eine qualifizierte Minderheit sich gegen den Klagebeschluß sperrt und damit die Erhebung der Ausschlußklage durch die Gesellschaft verhindert; und abermals ist denkbar, daß die Opponenten damit gegen ihre Treupflicht verstoßen 288 . Dann fragt sich abermals, ob ein Gesellschafter die Ausschlußklage als Prozeßstandschafter im Wege der actio pro socio geltend machen kann. Ausschlaggebend hierfür ist, ob der einzelne Gesellschafter in seinem Interesse an der personellen Zusammensetzung Schutz verdient oder nicht. Bei der Kapitalgesellschaft besteht ein solcher Schutz kategorisch nicht; denn die Gesellschaft ist als juristische Person in ihrem Fortbestand völlig unabhängig davon, wer ihre Mitglieder sind. Dem Ausschluß kommt daher gerade kein satzungsändernder Charakter zu. Die Kapitalgesellschaften gleichen insoweit also den Personengesellschaften mit Austrittsregel; wie bei diesen kann die Ausschlußklage vom einzelnen Gesellschafter erhoben werden, wenn vorher vergeblich versucht wurde, einen auf die Erhebung der Ausschlußklage gerichteten Gesellschafterbeschluß zustande zu bringen 289 . Der Gesellschafter ist namentlich nicht auf das schon in der Personengesellschaft problematische Verfahren verwiesen, eine Zustimmungsklage gegen die Opponenten und zugleich eine Ausschlußklage gegen den Störer zu erheben 290 ; und ebensowenig kann er darauf verwiesen werden, den Klagebeschluß mittels Anfechtungs- und positiver Beschlußfeststellungsklage zu erzwingen 291 ; erst recht erscheint es verfehlt, die Befugnis zur Erhebung der positiven Beschlußfeststellungsklage davon abhängig zu machen, daß der Kläger das Quroum des §61 II GmbHG erreicht 291 ". Beide Verfahren erscheinen schon deshalb nicht durchführbar, weil mit Hilfe der Zustimmungsklage gegen die Opponenten das Zustandekommen eines Klagebeschlusses der Gesellschafterversammlung angezielt würde; wird dies erreicht, so ist der Geschäftsführer befugt, die Klage namens der Gesellschaft zu erheben, und konsequent für die Einzelklage kein Raum mehr, welche der Gesellschafter nur im Wege der actio pro socio erheben kann, falls ein Klagebeschluß nicht zustande kommt. Zweifelhaft ist aber, ob selbst in der AG der einzelne Aktionär die Ausschlußklage im Wege der actio pro socio erheben darf. Wie oben gezeigt 292 , steht dort die actio pro socio für Einlagen und Schadensersatzansprüche nicht zur Verfügung. 288

Vgl. n u r Balz, Beendigung, S . 4 1 . Die Befugnis eines Gesellschafters, die Ausschlußklage notfalls als Einzelkläger zu erheben, wird für die G m b H bereits jetzt vereinzelt bejaht; vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2c (S. 1062f.); für eng begrenzte Ausnahmefälle auch H a p p , Die G m b H im Prozeß, § 18 R n . 4 1 f . ; beschränkt auf die Zweimanngesellschaft ebenso Hachenburg-Ulmer, G m b H G , Anh. § 34 Rn. 31; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 34 Rn. 96. 290 D a f ü r aber Balz, Beendigung, S.42; Dreiss/Eitel-Dreiss, Ausscheiden, S . 9 6 f . 291 So aber B G H N Z G 2 0 0 3 , 2 8 4 , 2 8 5 ; B G H N Z G 2 0 0 3 , 2 8 6 , 2 8 7 . In beiden Entscheidungen wird eine Einzelklage ü b e r h a u p t nicht erst erwogen. Kindl/Osadik, W u B II C. § 60 G m b H G 1.03 meinen gar, der Beschlußfeststellungsklage sei n u r im Ausnahmefall Erfolg beschieden. 2913 So aber Wackerbarth, W u B II C. § 3 4 G m b H G 1.03. 292 O b e n § 2 F. 289

B. Die Ausschlußklage

in der

Personengesellschaft

241

Den Normen, welchen dies entnommen werden konnte, insbesondere § 147 AktG, liegt die allgemeine Wertung zugrunde, daß gerichtliche Maßnahmen zur Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft nicht vom einzelnen Aktionär gegen einen Mitaktionär sollen erhoben werden können. Diese Wertung ist auch für die Ausschlußklage zu beachten und führt dazu, daß diese nicht im Wege der actio pro socio vom einzelnen Aktionär erhoben werden kann.

V. Exkurs: Die Entziehungsklage nach §§ 117, 127 HGB Nicht nur der Ausschluß eines Gesellschafters wird im Recht der O H G und KG durch Gestaltungsklage bewirkt, sondern auch die Entziehung von Geschäftsführungsbefugnis (§ 117 HGB) und Vertretungsmacht (§ 127 HGB). Abermals sieht das Gesetz die Klageerhebung durch „die übrigen Gesellschafter" vor. Diese sollen folglich sämtlich als Kläger auftreten müssen 293 , und zwar wiederum in notwendiger Streitgenossenschaft 294 . Auch im übrigen sollen die zur Ausschlußklage entwickelten Grundsätze entsprechend gelten: So sollen sich diejenigen Gesellschafter nicht am Prozeß beteiligen müssen, die sich vorher mit der Entziehung einverstanden erklärt haben 2 9 5 . Die gleichzeitige Entziehungsklage gegen mehrere Gesellschafter soll in der Weise möglich sein, daß der eine Beklagte sich nicht als Kläger gegen den anderen Beklagten beteiligen muß und umgekehrt; doch soll die Klage gegen alle abgewiesen werden müssen, wenn sie auch nur gegen einen unbegründet sei 296 . Die übrigen Gesellschafter könnten dies vermeiden, indem sie von jedem Entziehungsbeklagten hilfsweise die Mitwirkung an der Klage gegen den jeweils anderen begehrten 297 . Soweit ein Gesellschafter der Entziehungsklage wider293 BGH ZIP 1983,1066; ÖOGH GesRZ 1992,203,204; Baumbach/Hopt, HGB, § 117 Rn. 6; Erman, FS Möhring, S. 1,6; Gogos, Geschäftsführung, S. 68; Hopt ZGR 1 9 7 9 , 1 , 1 6 , 2 6 ; MK-Jikkeli, HGB, § 1 1 7 Rn.59, Pabst, Mitwirkungspflicht, S.41; Reuter, J Z 1986, 72, 79; ders., GmbHR 1 9 8 1 , 1 2 9 , 1 3 1 ; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 117 Rn. 11 •, Schlegelberger-Martens, HGB, § 1 1 7 Rn.23; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 107; Schneider, ZGR 1972, 357, 374f.; StaubUlmer, HGB, § 1 1 7 R n . 4 7 ; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S. 88; Westermann, Vertragsfreiheit, S.223; ders./Klingberg, Handbuch, Rn. I 331. 294 Baumbach-Hopt, HGB, § 1 1 7 Rn.6; Fischer, NJW 1959, 1057, 1059; Lindacher, JuS 1986, 379, 381 f.; MK-Schilken, ZPO, § 62 Rn. 27; Musielak-Weth, ZPO, § 62 Rn. 10; Röhrichtv.Gerkan, HGB, § 1 1 7 Rn. 11; Staub-Ulmer, HGB, § 1 1 7 Rn.55; Stein/]onas-Bork, ZPO, § 6 2 Rn. 15; Thomas/Putzo, ZPO, §62 Rn. 12; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.88; Westermann, Vertragsfreiheit, S.223; Wieczorek-Schütze, ZPO, §62 Rn.38; Zöller-Vollkommer, ZPO, §62 Rn. 19. 295 Erman, FS Möhring, S . l , 6; Fischer, NJW 1959, 1057, 1059; MK-Jickeli, HGB § 1 1 7 Rn.61; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 1 1 7 R n . l l ; Schlegelberger-Martens, HGB, § 1 1 7 Rn.24; Staub-Ulmer, HGB, § 117 Rn.50; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 331; anders auch hier K. Schmidt, Mehrseitige Gestaltungsprozesse, S. 107 296 BGH ZIP 1983,1066; Brückner, Streitgenossen, S. 148f.; Fischer, NJW 1959,1057, 1059; MK-Jickeli, HGB § 117 Rn. 61; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 117 Rn. 14; Schlegelberger-Martens, HGB, § 117 Rn.30f.; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 332. 297 MK -Jickeli, HGB § 117 Rn.60; Staub-Ulmer, HGB, § 117 Rn.55.

242

Die

Ausschlußklage

spricht, soll er auf Zustimmung zu verklagen sein und diese Klage mit der Entziehungsklage verbunden werden k ö n n e n 2 9 8 . Die Zustimmungsklage soll jeder Gesellschafter auch einzeln erheben k ö n n e n 2 9 9 . Die Skepsis, die diesem Modell hier im K o n t e x t der Ausschlußklage entgegengebracht wurde, trifft in gleicher Weise auf die Entziehungsklagen zu. Für das angemessene prozessuale Modell ist abermals davon auszugehen, daß das materiellrechtliche Substrat der Entziehungsklage in einem Anspruch gegen den Gesellschafter auf Abgabe einer Willenserklärung besteht - die diesmal nicht auf sein Ausscheiden aus der Gesellschaft gerichtet ist, wohl aber auf eine Änderung des Gesellschaftsvertrags dahin, daß er seine Geschäftsführungsbefugnis bzw. Vertretungsmacht a b g i b t 3 0 0 . Die gedeihliche Verwirklichung des Gesellschaftsinteresses hängt maßgeblich davon ab, inwiefern die mit Geschäftsführung oder Vertretung betrauten Gesellschafter ihr Verhalten an diesem Interesse ausrichten. Dies sicherzustellen ist Aufgabe der Entziehungsklage 3 0 1 . Die Entscheidung über Verleihung oder Entziehung von Geschäftsführungsbefugnissen weist, wie zu Recht betont wurde, eine erhebliche Zweckverfolgungsnähe a u f 3 0 2 und ist aus diesem Grund zum Teil als Angelegenheit der Geschäftsführung bezeichnet w o r d e n 3 0 3 ; nichts anderes gilt für die Vertretungsbefugnis. Konsequent schuldet der betroffene Gesellschafter in den Fällen der § § 1 1 7 , 1 2 7 H G B entgegen anderslautenden Stimmen im Schrifttum 3 0 4 sein Einverständnis mit der Preisgabe seiner entsprechenden Befugnisse nicht den übrigen Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft,

ebenso wie er

auch die korrekte Ausübung jener Befugnisse der Gesellschaft schuldete; und ebenso schuldet der Mitgesellschafter sein Einverständnis mit der Erhebung einer entsprechenden Klage der Gesellschaft 3 0 5 . Bei der Entscheidung über die Klageerhebung gebührt dem Gesellschaftsinteresse ebenso wie bei gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen der absolute Vorrang

306

; es gilt in der Sache nichts

298 Baumbach/Hopt, HGB, §117 Rn.7; Erman, FS Möhring, S . l , 8; Fischer, NJW 1959, 1057, 1060; MK-Jickeli, HGB § 117 Rn.64; Reuter JZ 1986, 72, 79; Röhricht-v.Gerkan, HGB, §117 Rn. 12f.; Schlegelberger-Martens, HGB, §117 Rn.26ff.; Semler, BB 1979, 1533, 1534; Staub-Ulmer, HGB, § 117 Rn.51ff.; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 333. Der österreichische OGH fordert freilich, daß über die Zustimmungsklage erst rechtskräftig entschieden sein muß, bevor über das Ausschlußbegehren verhandelt werden kann (GesRZ 1992, 203, 204). 299 Schlegelberger-Martens, HGB, § 117 Rn.29. 3 0 0 Zutreffend G. Lüke, JuS 1969, 301, 306; K. Schmidt, Mehrseitige Gestaltungsprozesse, S. 30. 301 Insoweit richtig Fischer, NJW 1959, 1057, 1058. 302 Zöllner, Schranken, S. 346. 303 Flume, FS Rittner, S.119, 122. 304 Hüffer, FS Stimpel, S. 165, 171; Winter, Treubindungen, S. 184. 3 0 5 Anders Sester, Treupflichtverletzung, S.36: Individualanspruch jedes Mitgesellschafters 3 0 6 Wie hier Flume, FS Rittner, S.119, 122; Sester, Treupflichtverletzung, S. 102; einschränkend Zöllner, Schranken, S.347 und Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn.44, die dem Gesellschafter erlauben wollen, das Individualinteresse des Gesellschafters am Verbleib seines Mitgesellschafters in der Geschäftsführerposition zu berücksichtigen; gänzlich anders Gogos, Geschäftsführung, S. 67f.; der dem Gesellschafter selbst die willkürliche Blockade der Klageerhebung gestatten will.

C. Das Abfindungsproblem

in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz

243

anderes als in der G m b H , wo der gleiche Vorrang dem Gesellschaftsinteresse bei der Entscheidung über Bestellung, Abberufung und Entlastung des Geschäftsführers zukommt 3 0 7 . Die Pflichtenlage ist somit insgesamt die gleiche wie bei der Ausschlußklage in einer Gesellschaft mit Austrittsregel. Für die Entziehungsklage kommt es freilich nicht darauf an, welche Folgen das Ausscheiden eines Gesellschafters für den Fortbestand der Gesellschaft hat; denn diese Klage berührt den Fortbestand der Gesellschaft als solche und damit ein etwaiges Recht des einzelnen Gesellschafters an der Beibehaltung des gegenwärtigen

Gesellschafterkreises

nicht. Das Prozeßmodell, welches hier für die Ausschlußklage in einer Gesellschaft mit Austrittsregel vorgestellt wurde, kann somit uneingeschränkt für die Entziehungsklage übernommen werden, und zwar selbst dann, wenn diese Klage in einer Gesellschaft mit Auflösungsregel erhoben werden soll. Die Entziehungsklage wird auf einen entsprechenden Beschluß der Gesellschafter hin von der Gesellschaft erhoben; scheitert das Bemühen, einen solchen Beschluß zustande zu bringen, so kann ein einzelner Gesellschafter die Klage im Wege der actio pro socio erheben.

C. Das Abfindungsproblem in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz Dem hier unternommenen Versuch, den gesellschaftsinternen Rechtsschutz prozessual so auszugestalten, daß Rechtspositionen der Gesellschaft möglichst rasch und effektiv zur Durchsetzung gelangen, liegt ein materiellrechtliches Prinzip zugrunde, nämlich das jedem Verband eigene Prinzip der gemeinsamen Zweckverfolgung, die durch Rechtsstreitigkeiten unter denen, die an ihr teilhaben, nicht unnötig behindert werden soll. Seine Schranke findet das Effizienzpostulat in gleichwertigen gegenläufigen Rechtspositionen der Mitglieder. Es fragt sich, ob sich aus diesen Eckpunkten auch eine Lösung für das bis heute ungeklärte Problem ergibt, wie ein untragbar gewordener Gesellschafter einerseits zügig aus einer G m b H entfernt, andererseits aber gleichzeitig seine angemessene Abfindung sichergestellt werden kann.

I. Die besondere Gefahr des Abfindungsausfalls In der O H G bereitet es keine Schwierigkeiten, beiden Belangen zugleich gerecht zu werden: Der Störer scheidet mit Rechtskraft des Ausschlußurteils aus der Gesellschaft aus, selbst wenn er von der Abfindung noch nichts erhalten h a t 3 0 8 . Das ist ihm deshalb zuzumuten, weil er seinen Anspruch zum einen gegen die Gesellschaft 3 0 7 Vgl. dazu namentlich Seidel, Treupflichten, S. 91; Zöllner, Schranken, S . 3 4 6 ; ferner Immenga, Kapitalgesellschaft, S . 2 6 9 . 308 Gonella, GmbHR 1967, 89, 91; A. Hueck, DB 1953, 776, 777.

244

§3 Die

Ausschlußklage

durchsetzen kann, ohne daß dessen Erfüllung durch gläubigerschützende Vorschriften der Kapitalbindung blockiert wird 309 (§§30f. GmbHG, 57 i. AktG 310 ), und zum anderen die Mitgesellschafter persönlich für die Abfindung haften 3 1 1 , die Kommanditisten freilich nur nach Maßgabe der §§ 171 f. HGB 312 . In der GmbH darf demgegenüber die Abfindung nicht aus dem Gesellschaftsvermögen bezahlt werden, sofern damit gebundenes Vermögen angetastet würde 3 1 3 . Und ebensowenig läßt sich an § 13 II GmbHG vorbei eine persönliche Ausfallhaftung für die Abfindung begründen 314 , auch nicht als solidarische Ausfallhaftung nach dem Modell des § 24 GmbHG 3 1 5 ; dies liefe auf eine Leistungsvermehrung hinaus, die nach § 53 III GmbHG der Zustimmung des davon betroffenen Gesellschafters bedarf. Die persönliche Haftung der verbleibenden Gesellschafter für die Abfindung überzeugt nicht einmal als rechtspolitischer Vorschlag 316 . Denn damit wird den Gesellschaftern, die nach stattgebendem Ausschlußurteil die Unzulänglichkeit des Gesellschaftsvermögens feststellen, eine Entscheidung abgenommen, die ihnen zwingend selbst verbleiben muß: nämlich ob sie die Gesellschaft fortsetzen und die zur Abfindung erforderlichen Mittel nachschießen, den Verbleib des Störers hinnehmen oder aber die Gesellschaft auflösen wollen. Der Vorschlag, die Gesellschafter persönlich haften zu lassen, verengt die Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter auf die erste dieser drei Optionen und greift somit unzulässig in die Freiheit der verbliebenen Gesellschafter zur Steuerung ihres Investments ein.

II. D a s Postulat der Gleichzeitigkeit von A b f i n d u n g u n d Verlust der M i t g l i e d s c h a f t Wenn aber dem ausgeschlossenen Gesellschafter auf diese Weise ein erhöhtes Risiko droht, daß er mit dem Abfindungsanspruch ausfällt, ist ihm der Verlust der 309

B G H Z 9, 157, 167; Balz, Beendigung, S.59; A. Hueck, DB 1953, 776, 777. Auf das Problem, wie A b f i n d u n g und Kapitalbindung im Aktienrecht in Einklang zu bringen sind, wird hier nicht eingegangen; vgl. dazu Reinisch, Ausschluß, S. 118 ff. 311 Vgl. B G H Z 9, 157, 167; B G H W M 1971, 1451, 1452; Balz, Beendigung, S . 5 9 ; Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 4 1 4 ; Grunewald, Ausschluß, S. 98 mit F n . 2 9 1 ; S. 2 4 0 ; A. Hueck, DB 1953, 776, 777; Spitze, Ausschließung, S.67; Staub-Ulmer, H G B , § 140 R n . 4 3 ; Vogel, BB 1953, 4 6 0 . 312 B G H W M 1971, 1451, 1452; Grunewald, Ausschluß, S . 8 9 mit F n . 2 9 1 ; S . 2 4 0 . 313 Vgl. B G H Z 9 , 1 5 7 , 1 6 7 ; Fichtner, BB 1 9 6 6 , 1 4 6 , 1 4 9 ; Goette, DStR 2 0 0 1 , 5 3 3 , 5 3 4 ; Happ, Die G m b H im Prozeß, § 18 R n . 8 ; M ü H d b G e s R III/Kort, § 2 9 R n . 4 6 ; Vogel, BB 1 9 5 3 , 4 6 0 . 314 So aber Dreiss/Eitel-Dreiss, Ausscheiden, S. 123; dagegen wie hier B G H Z 9 , 1 5 7 , 1 6 7 ; Balz, Beendigung, S.63, 73; Grunewald, Ausschluß, S. 111; Löwe/Thoß, N Z G 2 0 0 3 , 1 0 0 5 , 1007; Scholz-Winter, G m b H G , § 15 Rn. 143; Sosnitza, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 34 Rn. 30; Spitze, Ausschließung, S. 101; Ulmer, FS Rittner, S . 7 3 5 , 746; ders., in H a c h e n b u r g , G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 3 5 ; Vogel, BB 1953, 4 6 0 . 310

315

So aber Mangold/Mangold, BB De lege ferenda für eine solche 132; Gonella, G m b H R 1967, 89, 93; dungsregelungen, S. 199; dagegen wie S . 7 3 5 , 738, 746. 316

1 9 5 3 , 398, 3 9 9 . persönliche H a f t u n g aber Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, lmmenga, Kapitalgesellschaft, S . 3 1 1 ; Kesselmeier, Abfinhier Soufleros, Ausschließung, S. 86ff.; Ulmer, FS Rittner,

C. Das Abfindungsproblem

in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz

245

Mitgliedschaft nur zuzumuten, wenn er gleichzeitig die Abfindung erhält. N a mentlich halte man ihm nicht entgegen, er habe selbst den wichtigen Grund gesetzt und müsse daher den Ausschluß selbst auf die Gefahr hinnehmen, daß er aus dem Gesellschaftsvermögen keine volle Abfindung erhalte 3 1 7 . Denn es ist zu betonen, daß dem Ausschluß kein Strafcharakter i n n e w o h n t 3 1 8 : D e m Störer wird keine Sühne für die Beeinträchtigung der Zweckverfolgung auferlegt, sondern es wird lediglich den verbleibenden Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft ohne die vom Ausgeschlossenen ausgehenden Störungen ermöglicht. D a r a u s folgt, daß der Ausgeschlossene nicht auch nur zeitweise ganz oder zum Teil auf seine Abfindung verzichten und damit den verbliebenen Gesellschaftern die Gelegenheit geben muß, mit seinem Investment zu wirtschaften. Eine solche Folge des Ausschlusses wäre nur als Strafsanktion erklärbar und daher v o m Ausschlußrecht nicht mehr gedeckt. D e r Ausgeschlossene kann daher nicht sofort seine Mitgliedschaft verlieren und wegen seines Abfindungsanspruchs auf einen Folgeprozeß verwiesen werd e n 3 1 9 . Diese Möglichkeit wäre zwar unter dem Gesichtspunkt optimaler Z w e c k verfolgung die im Interesse der Gesellschaft effizienteste; doch ist dem Streben nach einer rationellen Durchführung des Ausschlusses das gleichwertige Interesse des Ausgeschlossenen in den Weg gesetzt, angemessen abgefunden zu werden. Ein absoluter Vorrang des Gesellschaftsinteresses, welcher es rechtfertigen könnte, die Rechte des Ausgeschlossenen (zunächst) zu übergehen, läßt sich m.a.W. nach materiellem Verbandsrecht nicht begründen 3 2 0 . Vielmehr müssen sich die verbleibenden Gesellschafter entscheiden: Entweder sie wollen mit dem Investment des Störers arbeiten; dann müssen sie auch ihn selbst in der Gesellschaft dulden. Oder sie wollen den Störer loswerden; dann müssen sie auch ohne sein Investment auskommen. Allenfalls mag der Störer durch seine Pflichtverletzungen einen Schaden verursacht haben; dann kann die Gesellschaft gegen den Abfindungsanspruch mit daraus resultierenden Ersatzansprüchen aufrechnen.

III. D a s K o n z e p t des B G H Die Abhängigkeit des Ausschlusses von der gleichzeitigen Zahlung der Abfindung wird v o m B G H getreulich abgebildet in der Beschreibung der Rechtswirkungen, welche dem Ausschlußurteil zukommen. Dies Urteil soll nicht bereits mit Eintritt der Rechtskraft die Mitgliedschaft des Ausgeschlossenen beenden. Vielmehr soll es von vornherein unter der aufschiebenden Bedingung stehen, daß die Abfindung binnen einer Frist, die in ihm festzusetzen sei, ohne Verstoß gegen § 3 0 G m b H G an 317

So aber Vogel, BB 1953, 460, 461; der Sache nach auch Scholz, GmbHR 1953, 75, 76.

Vgl. Balz, Beendigung, S.51; Gonella, GmbHG 1967, 89, 93; Tschernig, GmbHR 1999, 691, 693; Vogel, BB 1953, 460. 318

Dagegen im Ergebnis auch Fischer, J Z 1956, 362, 364; ders., FS W. Schmidt, S. 117, 128. Ähnlich Goette, DStR 1 9 9 7 , 1 3 3 6 , 1338: Abfindungsinteresse des Ausgeschlossen ist nicht unter allen Umständen nachrangig. 319

320

246

Die

Ausschlußklage

den Ausgeschlossenen ausgezahlt werde; die Abfindung soll deshalb bereits im Ausschlußurteil selbst zu beziffern sein 3 2 1 . Bis es zur Zahlung k o m m t , bleibt danach der Störer Gesellschafter. Welche Rechte und Pflichten ihm bis zur Auszahlung der Abfindung zustehen, ist freilich noch nicht abschließend geklärt; während einige Autoren für eine volle Suspendierung der Mitgliedsrechte eintreten 3 2 2 , wollen andere ihm diese Rechte dem Grunde nach belassen 3 2 3 und ihn lediglich zur zurückhaltenden Ausübung verpflichten; so soll es ihm verwehrt sein, M a ß n a h m e n ohne vernünftigen Grund zu blockieren, die seine Vermögensinteressen weder unmittelbar noch mittelbar beeinträchtigen könnten 3 2 4 . Wieder andere wollen ihm die Vermögensrechte in der Zwischenzeit belassen, die Verwaltungsrechte aber suspendieren, weil seine weitere Mitwirkung bei feststehendem wichtigem Grund nicht zu rechtfertigen sei 325 . Sofern eine Suspendierung befürwortet wird, soll diese im Tenor des Ausschlußurteils ausgesprochen werden können 3 2 6 . Der Ausschluß soll bereits gegen Z a h l u n g eines lediglich vorläufig geschätzten Anteilswertes ausgesprochen werden können, wenn der Ausschlußbeklagte nicht alles in seiner M a c h t Stehende tut, um die Wertermittlung seines Anteils zu ermöglichen; dann soll die volle und endgültige Abfindung in einem Folgeprozeß bestimmt werden müssen 3 2 7 . Den Gesellschaftern wird freilich die Möglichkeit zugebilligt, dieser Schwebelage durch eine Satzungsklausel vorzubeugen, wonach der Gesellschafter bereits vor der Abfindungszahlung endgültig aus der Gesellschaft ausscheidet 327 ". Das vom B G H angebotene Lösungsmodell bietet dem Ausgeschlossenen eine optimale Sicherheit, seine Mitgliedschaft nicht ohne vollwertige Abfindung zu verlieren. Die Interessen der Gesellschaft werden indes dabei sträflich vernachlässigt 328 . Denn es werden sämtliche Mechanismen demontiert, mit denen die Gesell321

B G H Z 16, 3 1 7 , 3 2 2 ; O L G Düsseldorf G m b H R 1999, 5 4 3 , 5 4 7 ; O L G H a m m DB 1992, 2 1 8 1 , 2 1 8 2 ; O L G N ü r n b e r g G m b H R 1994, 252, 253; Balz, Beendigung, S.68; Lutter/Hommelh o f f , G m b H G , § 3 4 R n . 3 8 ; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , G m b H G , § 15 Rn. 142a, 145; Schneider, G m b H R 1953, 74. § 34 Rn. 123; Scholz-Winter, 322 Esch, G m b H R 1981, 25, 27; Fichtner, BB 1966, 146, 149; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 34 Rn. 124 (bezüglich des Stimmrechts); Sosnitza, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 34 Rn. 38; Soufleros, Ausschließung, S. 104; für den Fall der Zwangseinziehung aus wichtigem G r u n d ebenso Peetz, G m b H R 2 0 0 0 , 749, 753; Tschernig, G m b H R 1999, 691, 6 9 3 f . 323 O L G N ü r n b e r g BB 1994, 2 5 2 , 2 5 3 f.; für den Fall der Zwangseinziehung ebenso B G H G m b H R 1997, 171, 172; allgemein für demnächst ausscheidende Gesellschafter Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 4 7 R n . 1 2 8 . 324 Goette, DStR 2 0 0 1 , 533, 539f.; G r u n e w a l d , Ausschluß, S. 115; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 34 Rn. 38. Ebenso für den Fall einer statutarisch zugelassenen K ü n d i g u n g d u r c h den Gesellschafter B G H Z 88, 320, 3 2 8 . 325 Balz, Beendigung, S.67, 76ff.; Scholz-Winter, G m b H G , § 15 Rn. 146, 148. 326 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 IV 2c (S. 1063). 327 B G H Z 16, 317, 3 2 5 ; Balz, Beendigung, S.66, 68; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §34 Rn. 38; Scholz-Winter, G m b H G , § 15 Rn. 142a. 327a B G H ZIP 2 0 0 3 , 1544, 1546; Bayer/Graff, W u B II C. § 15 G m b H G 1.04; Blöse/Kleinert, G m b H R 2 0 0 3 , 1064, 1065; Ehlers, NJ 2 0 0 3 , 653, 6 5 4 ; Löwe/Thoß, N Z G 2 0 0 3 , 1005, 1006. 328 Das wird zu Recht auch kritisiert von Fischer, FS W. Schmidt, S. 1 1 7 , 1 2 7 ; Kesselmeier, Ab-

C. Das Abfindungsproblem

in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz

247

schaft eine rasche und sichere Entfernung des Störers erreichen kann. So kann das Gestaltungsklageprinzip seine Funktion, die Ungewißheit über das Ausscheiden des Störers durch konstitutiven Richterspruch zu beseitigen, nicht erfüllen: Denn selbst wenn die Abfindung gezahlt wird, mag noch Streit darüber ausbrechen, ob dies in Übereinstimmung mit § 3 0 G m b H G erfolgt ist; wenn nicht, ist der Ausgeschlossene noch Mitglied. Es bleibt also letztlich ungeklärt, ob der Ausgeschlossene nun tatsächlich ausgeschieden ist oder nicht 3 2 9 . Diese Ungewißheit kann allenfalls in einem weiteren Prozeß im Wege der Feststellungsklage geklärt werden 3 3 0 . Die Möglichkeit, daß die Abfindung nicht ohne Verstoß gegen § 3 0 G m b H G ausbezahlt werden kann bzw. worden ist, kann namentlich denjenigen Gesellschaftern willkommene Nahrung für die Fortsetzung der gerichtlichen Auseinandersetzung geben, die in der Gesellschafterversammlung das Zustandekommen eines Klagebeschlusses zu verhindern trachteten, sich aber hiermit nicht durchsetzen konnten. Auf diese Weise droht folglich auch das hier in den Vordergrund gerückte Ziel, den Streit über den Ausschluß in einem einzigen Verfahren zur abschließenden Klärung zu bringen, nachhaltig verfehlt zu werden. Und schließlich weiß in der Gesellschaft während der Schwebezeit, in der die Auszahlung noch nicht erfolgt oder ihre Vereinbarkeit mit § 3 0 G m b H G umstritten ist, niemand, auf welcher Grundlage die Gesellschaft weiter arbeiten kann. Denn wenn der Geschäftsführer in der Meinung, die Abfindung sei rechtsverträglich ausbezahlt worden, den Ausgeschlossenen bei der Einberufung künftiger Gesellschafterversammlungen übergeht, sich aber nunmehr erweist, daß die Abfindung nicht hätte bezahlt werden dürfen, so sind sämtliche zwischenzeitlich gefaßten Gesellschafterbeschlüsse analog § 2 4 1 Nr. 1 AktG nichtig, weil dann der Ausgeschlossene weiterhin hätte geladen werden müssen 3 3 1 . Vermeiden läßt sich diese Konsequenz nur, wenn man den Gesellschafter für die Schwebezeit als nicht zur Gesellschaft gehö-

findungsregelungen, S. 198; Löwe/Thoß, N Z G 2 0 0 3 , 1 0 0 5 , 1 0 0 6 ; Scholz, GmbHR 1953, 75, 76; Soufleros, Ausschließung, S. 81; Spitze, Ausschließung, S. 62; Ulmer, FS Rittner, S. 735, 7 3 8 . Anders aber Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 143: Vernachlässigung der Gesellschaftsinteressen sei de lege lata mangels besserer Alternativlösung hinzunehmen. 329 Grunewald, Ausschluß, S. 111; Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S. 198f. 3 3 0 Für die Zulässigkeit einer solchen Feststellungsklage ausdrücklich B G H Z 9, 157, 178. 3 3 1 Beschlüsse, die auf einer Gesellschafterversammlung gefaßt wurden, zu der auch nur ein Gesellschafter nicht geladen wurde, sind analog § 2 4 1 Nr. 1 AktG nichtig; vgl. B G H Z 36, 2 0 7 , 2 1 1 ; BGH W M 1 9 8 4 , 4 7 3 ; DB 1 9 9 6 , 5 6 8 , 5 7 0 ; BayObLG DB 1 9 9 8 , 6 8 ; KG NJW-RR 1 9 9 6 , 1 0 3 ; O L G Brandenburg N Z G 1998, 2 6 3 , 2 6 5 ; O L G Düsseldorf DB 1 9 9 0 , 979f.; GmbHR 1996, 4 4 3 , 4 4 7 ; O L G München GmbHR 2 0 0 0 , 4 8 6 , 488f.; OLG Saarbrücken N Z G 2 0 0 1 , 4 1 5 , 4 1 6 ; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 2 0 ; Beckmann, DNotZ 1971, 132; Däubler, GmbHR 1963, 181; Emde, GmbHR 2 0 0 0 , 4 8 9 ; Fleck, GmbHR 1974, 2 2 4 , 2 2 7 ; Gaßner/Zimmer, WiB 1997, 169, 174; Grunewald, Ausschluß, S . 2 7 2 ; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 12; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 19; Müther, GmbHR 2 0 0 0 , 966, 9 6 8 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 96; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 81; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.142; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 R n . 6 4 ; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 2 0 7 ; Zeilinger, GmbHR 2 0 0 1 , 5 4 1 , 5 4 7 .

248

§3 Die

Ausschlußklage

rig behandelt 3 3 2 oder aber sein Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung für suspendiert hält. Darüber hinaus verzögert sich bereits der ursprüngliche Ausschlußprozeß erheblich; denn indem die Zahlung der vollen Abfindung zur Bedingung für das Ausscheiden des Beklagten erhoben wird, m u ß die H ö h e der Abfindung bereits in jenem Prozeß ermittelt werden, was umfangreiche Beweisaufnahmen erforderlich machen k a n n 3 3 3 . D e r Aufwand für die Aufstellung einer Zwischenbilanz läßt sich indes kaum verantworten, solange nicht rechtskräftig feststeht, o b das Verhalten des Beklagten seinen Ausschluß rechtfertigt 3 3 4 .

IV. Das Auflösungsmodell 1. Der

Ansatz

M i t diesen Bedenken sind zugleich die Anforderungen formuliert, welche aus der Sicht der Gesellschaft an einen effektiven Rechtsschutz zu stellen sind: Der Ausschlußprozeß soll so weit wie möglich vom Streit um die Abfindungshöhe entlastet werden und das Urteil die Mitgliedschaft des Störers sofort beenden. Ein Teil der Literatur k o m m t diesen Desideraten sehr nahe: D a n a c h soll im Ausschlußprozeß allein über den wichtigen Grund verhandelt werden. Das stattgebende Urteil soll den Gesellschafter sofort mit Eintritt der Rechtskraft aus der Gesellschaft entfernen, wobei freilich der rechtstechnische Weg nicht einheitlich beurteilt wird: So soll nach einer Ansicht der Ausgeschlossene seinen Anteil behalten, dieser aber sämtlicher Rechte entleert sein 3 3 5 ; andernorts wird dafür plädiert, daß der Gesellschaft für eine im Urteil zu bestimmende Frist, m a x i m a l 6 M o n a t e , das Verfügungsrecht über den Anteil des Ausgeschlossenen zufallen soll 3 3 6 . D e r Ausgeschlossene soll sodann seinen Abfindungsanspruch in einem separaten Prozeß verfolgen m ü s s e n 3 3 6 3 ; werde die dann ausgeurteilte Abfindung nicht oder nur unter Verstoß gegen § 3 0 G m b H G bezahlt, so stehe dem Ausgeschlossenen das Recht zu, die Auflösung der Gesellschaft zu beantragen und sich wegen des Abfindungsanspruchs aus dem Liquidationserlös zu befriedigen 3 3 7 . Das Auflösungsrecht soll aber entfallen, wenn der Ausgeschlossene den Ausschlußgrund durch eigenes grobes Verschulden gesetzt h a b e 3 3 8 .

3 3 2 So für den Ausschluß durch Gesellschafterbeschluß Goette, FS Lutter, S.399, 408; Grunewald, Ausschluß, S.242. 3 3 3 Vgl. Mangold/Mangold, BB 1953, 398, 399; Soufleros, Ausschließung, S.79; Spitze, Ausschließung, S.58f.; Vogel, BB 1953, 460, 461. Die Schwerfälligkeit des vom BGH vorgeschlagenen Verfahrens räumt auch Goette, DStR 2001, 533, 539 ein. 3 3 4 Zutreffend Voge/,BB 1953, 460, 461. 335 A. Hueck, DB 1953, 776, 778 336 Spitze, Ausschließung, S. 95ff., insbes. S. 103. 3 3 6 a Ebenso Mayer/Elfring, GmbHR 2004, 869, 879. 337 A. Hueck, DB 1953, 776, 778; Spitze, Ausschließung, S.95ff. 338 Spitze, Ausschließung, S. 104.

C. Das Abfindungsproblem

2. Auflösungsrecht

ohne

in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz

249

Mitgliedschaft?

Diese Lösung gewährt dem Ausgeschlossenen also ein Auflösungsrecht, obwohl seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft bereits beendet ist. Dies sei, so wird vorgetragen, deshalb sachgerecht, weil der Gesellschafter in bezug auf § 30 GmbHG ebenfalls noch wie ein Gesellschafter behandelt werde 339 . Andere halten das Auflösungsrecht des Ausgeschiedenen unter Hinweis auf das Kündigungsrecht von Privatgläubigern eines OHG-Gesellschafters nach § 135 HGB für zumindest denkbar 340 . Das erscheint in der Tat begründbar: § 135 HGB will dem Privatgläubiger die Chance eröffnen, sich wegen seiner Forderung gegen den Gesellschafter aus dessen Auseinandersetzungsguthaben zu befriedigen; zu diesem Zweck muß das in der Gesellschaft gebundene Vermögen des Gesellschafters liquide gemacht werden, was nur dadurch geschehen kann, daß die Mitgliedsbeziehung des Gesellschafters gelöst wird. Der Ausgeschlossene ist mit seinem Abfindungsanspruch freilich nur Gläubiger der Gesellschaft. Doch ist die Interessenlage insoweit mit der in § 135 HGB beschriebenen vergleichbar, als auch hier die Auflösung dazu dient, Vermögen für die Erfüllung des Abfindungsanspruchs freizubekommen, das vorher (hier wegen § 30 GmbHG) hierfür nicht zur Verfügung stand. Der einzige Weg dorthin besteht in der Auflösung; denn sie führt dazu, daß nach Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger ( § 7 0 GmbHG) das Restvermögen uneingeschränkt an die Gesellschafter verteilt werden kann. Wenn man mit dieser Begründung das Auflösungsrecht noch nach Verlust der Mitgliedschaft anerkennt, so steht es selbst einem Gesellschafter zu, der das für die Auflösungsklage nach § 61 II 2 GmbHG erforderliche Quorum nicht beibringen kann. Denn dies Quorum wird ihm in seiner Eigenschaft als Gesellschafter abverlangt; das hier diskutierte Auflösungsrecht steht ihm indes in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsgläubiger zu. 3. Besicherung

der Abfindung

zu

Zerschlagungswerten?

Das Auflösungsmodell begegnet gleichwohl durchgreifenden Bedenken; denn es verkürzt in unangemessener Weise die Sicherungsinteressen des Ausgeschlossenen 341 . Namentlich wenn die Auflösung zur Zerschlagung des Unternehmens führt, erleiden die darin enthaltenen Sach- und Vermögenswerte erfahrungsgemäß empfindliche Werteinbußen 342 . Darüber hinaus lädt ein Modell, das den Störer sofort aus der Gesellschaft entfernt und ihn wegen der Abfindung auf einen Folgeprozeß verweist, die Gesellschaft dazu ein, mit dessen Investment weiter zu wirtschaften. Damit verfehlt es seinen Anspruch, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Gesellschaft und Ausgeschlossenem herzustellen 343 . Denn der Spitze, Ausschließung, S. 103. Ulmer, FS Rittner, S. 735, 747; dagegen aber Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S . 2 0 0 f . 3 4 1 Im Ergebnis ebenso Ulmer, FS Rittner, S.735, 738, 7 4 7 . 3 4 2 Vgl. dazu Rellermeyer, W M 1994, 1009, 1018; Nobbe, ZIP 1996, 657, 6 6 4 . 3 4 3 Ebenso Fischer, FS W. Schmidt, S . 1 1 7 , 130; Scholz-Winter, GmbHG, § 1 5 R n . 1 4 3 ; das räumt auch Spitze, Ausschließung, S . 7 0 f . ein. 339 340

250

§3 Die

Ausscblußklage

Ausgeschlossene erhält einerseits eine auf den Stichtag der Klageerhebung berechnete Abfindung und nimmt daher an weiteren Wertsteigerungen im Gesellschaftsvermögen nicht teil, trägt aber andererseits, solange die ihm zustehenden Mittel im Gesellschaftsvermögen verbleiben, das Risiko, daß die Gesellschaft in die Krise gerät und die Abfindung uneinbringlich wird 3 4 4 . Der Zeitraum, in dem ihm dies Risiko zugemutet wird, sollte daher so gering wie möglich gehalten werden.

V. Verlust der M i t g l i e d s c h a f t gegen v o r l ä u f i g e A b f i n d u n g 1. Der

Ansatz

Für die Gesellschaft aber ist auf dem Boden des Auflösungsmodells der Rechtszustand nach Rechtskraft des Ausschlußurteils ebenfalls unbefriedigend, schwebt doch über ihr ständig das Damoklesschwert der Auflösung 3 4 5 . Von eben dieser Bedrohung will eine jüngere Meinung im Schrifttum die Gesellschaft weitgehend befreien 3 4 6 . Danach soll die Gesellschaft bereits im Ausschlußprozeß zu einer im Urteil festzusetzenden, nach § 2 8 7 II Z P O zu schätzenden vorläufigen Abfindung verpflichtet und für den Fall, daß diese gezahlt wird, der sofortige und endgültige Ausschluß ausgesprochen werden können. Vor Zahlung dieser vorläufigen Abfindung dürfe die Mitgliedschaft des Beklagten nicht endgültig, sondern nur vorübergehend beendet werden. Das Ausschlußurteil sei konsequent nicht dadurch aufschiebend bedingt, daß die Abfindung innerhalb einer bestimmten Frist ohne Verstoß gegen § 30 G m b H G gezahlt werde 3 4 7 , sondern auf lösend dadurch, daß dies nicht geschehe. Trete diese auflösende Bedingung ein, so werde der Ausgeschlossene nicht automatisch wieder Gesellschafter, habe aber gegen die Gesellschaft und die verbliebenen Gesellschafter einen Anspruch auf Wiedereinräumung seines Anteils 348 . Die endgültige Abfindung müsse der Ausgeschlossene sodann in einem Folgeprozeß erstreiten. Könne sie nicht ohne Verstoß gegen § 30 G m b H G bezahlt werden, so begründe dies keinen Anspruch des Ausgeschlossenen auf Wiederaufnahme in die Gesellschaft; denn mit Zahlung der vorläufigen Abfindung aus ungebundenem Vermögen sei die auflösende Bedingung endgültig ausgefallen und habe 344 Vgl. Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 130; Immenga, Kapitalgesellschaft, S.310; Soufleros, Ausschließung, S. 85. 545 Das betont zu Recht Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 129. 346 Z u m Folgenden Ulmer, FS Rittner, S . 7 3 5 , 752ff.; ders., in H a c h e n b u r g , G m b H G , Anh. § 34 Rn. 3 5 f . Ähnlich Grunewald, Ausschluß, S. 112ff., deren Vorschlag von demjenigen Ulmers, wie er im Text referiert wird, nur in einem P u n k t abweicht: Der Ausschluß soll nicht d u r c h Gestaltungsurteil, sondern durch ein auf Abtretung des Anteils an die Gesellschaft oder einen von ihr bestimmten Dritten gerichtetes Leistungsurteil bewirkt werden. Für Eintritt der Ausschlußwirkung durch Z a h l u n g einer nach § 2 8 7 II Z P O geschätzten vorläufigen A b f i n d u n g auch Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 3 4 R n . 1 0 2 ; Roth/Altmeppen, GmbHG, §60 Rn.53. 347 So freilich jüngst Sosnitza, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 34 Rn. 31. 348 Ulmer, FS Rittner, S . 7 3 5 , 7 5 3 .

C. Das Abfindungsproblem

in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz

251

daher der Ausgeschlossene seine Mitgliedschaft endgültig verloren. Vielmehr soll der Ausgeschlossene nunmehr darauf verwiesen sein, Auflösungsklage mit dem Ziel zu erheben, sich aus dem Liquidationserlös zu befriedigen 349 . 2.

Bedenken

Diese Lösung entspricht im wesentlichen dem Referentenentwurf zur GmbH-Reform von 196 9 3 5 0 , der freilich nie Gesetz geworden ist. Gleichwohl steht nichts entgegen, sie rechtsfortbildend als geltendes Recht zu handhaben; denn der Gesetzgeber hat die Abstimmung zwischen Abfindung und Kapitalerhaltung und dem Interesse an einer raschen Durchführung des Ausschlusses nicht auch nur ansatzweise geregelt. Es besteht mithin eine planwidrige Lücke. Damit ist freilich nur ausgesagt, daß dieser Ansatz vor der juristischen Methodenlehre bestehen kann, nicht aber, daß er auch in der Sache tragfähig ist 351 . Denn es leuchtet nicht ohne weiteres ein, weshalb eine vorläufige Abfindung den endgültigen Verlust der Mitgliedschaft soll rechtfertigen können. Diese Handhabung läuft nämlich darauf hinaus, dem Interesse der Gesellschaft an einer raschen Durchführung des Ausschlusses partiell doch den Vorrang vor dem Abfindungsinteresse des Ausgeschlossenen einzuräumen, was sich aber nach materiellem Verbandsrecht nicht begründen läßt 3 5 2 . Die vorläufige Abfindung vermag vielmehr nur den vorübergehenden Verlust, m.a.W. die Suspendierung der Gesellschafterrechte zu rechtfertigen.

VI. Treupflicht und Suspendierung der Gesellschafterrechte 1. Materiellrechtliche

Grundlagen

Und in der Tat findet diese Rechtsfolge ihre Spiegelung in der materiellen Pflichtenlage in Ausschlußfällen: Die Treupflicht verpflichtet den Störer, endgültig gegen Zahlung der vollen Abfindung auszuscheiden. Solange die Höhe dieser Abfindung 3 4 9 So Ulmer, FS Rittner, S. 735, 754f.; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 3 4 Rn. 103; für Wiederaufnahmeanspruch bei Nichtzahlung der Abfindung ohne Rücksicht darauf, ob es sich bei dieser um eine vorläufige oder eine endgültige handelt, Grunewald, Ausschluß, S.243. 3 5 0 Vgl. dazu Soufleros, Ausschließung, S. 91 ff. 3 5 1 Ablehnend zum Lösungsvorschlag Ulmers unter Hinweis auf damit einher gehende Rückabwicklungsprobleme Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 4 Rn.38 mit Fn.6; MüHdbGesR III/ Kort, S 29 Rn.45; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 143. 3 5 2 Ähnlich - und deshalb ablehnend zum Modell Ulmers - Goette, DStR 1997, 1336, 1338: Überbewertung des Bestandsinteresses der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter. - Ob ein Vorrang des Gesellschaftsinteresses über das Abfindungsinteresse des Ausgeschlossenen begründbar erscheint, wenn die Satzung die Zwangseinziehung des Anteils aus wichtigem Grund erlaubt (für einen solchen Vorrang jüngst Pentz, FS Ulmer, S.451, 471), ist damit noch nicht beantwortet; für einen solchen Vorrang könnte zumindest sprechen, daß die Gesellschafter mit Hilfe der Einziehungsklausel die Entfernung des Störers aus der Gesellschaft generell erleichtern wollten.

252

§3 Die

Ausschlußklage

noch ermittelt werden muß, was sich (auch außerprozessual) längere Zeit hinziehen kann, hat die Gesellschaft ein legitimes Interesse daran, in ihrer Arbeit nicht weiter durch den Störer behindert zu werden; der Ausgeschlossene hat ein ebenso legitimes Interesse daran, daß die Gesellschaft nicht ohne seine Mitwirkung mit Vermögen weiter arbeitet, daß wirtschaftlich ihm gehört, weil es ihm als Abfindung geschuldet ist. Die Treupflicht verpflichtet daher den Störer, gegen Zahlung einer vorläufig geschätzten Abfindung auf seine Gesellschafterrechte zu verzichten. Es handelt sich dabei um eine Ausprägung der Treupflicht gegenüber sellschaft:

der

Ge-

Der Störer soll die Zweckverfolgung nicht weiter beeinträchtigen. Es ist

daher im Grundsatz den Autoren zuzustimmen, die für eine Suspendierung der Gesellschafterrechte nach Rechtskraft des Ausschlußurteils eintreten; doch gilt dies eben nicht voraussetzungslos, sondern erst nach Zahlung einer Abfindung, die von einem neutralen Gericht wenigstens geschätzt werden muß. Die Suspendierung muß konsequent erst durch Rechtsgestaltung

herbeigeführt werden; und an dieser

Rechtsgestaltung muß ein Gericht mitwirken, das über die Höhe der vorläufigen Abfindung entscheidet.

2. Die

Suspendierungsklage

Prozessual bedeutet dies, daß dem B G H in seiner Grundaussage zuzustimmen ist: Der Ausschluß im Sinne eines endgültigen Verlustes der Mitgliedschaft kann nur unter der aufschiebenden Bedingung eintreten, daß die Abfindung ohne Verletzung der Kapitalbindung ausgezahlt wird. Doch kann die Gesellschaft - insoweit ist das Modell des B G H zu ergänzen - im gleichen Prozeß im Wege der objektiven Klagenhäufung eine weitere

Gestaltungsklage

vorschalten, nämlich mit dem Antrag, den

Ausschlußbeklagten bei fortbestehender Mitgliedschaft sämtlicher Mitgliedsrechte für verlustig zu erklären (hier sog. Suspendierungsklage) schiebenden

unter der abermals auf-

Bedingung, daß ohne Verstoß gegen § 3 0 G m b H G eine schätzungs-

weise zu ermittelnde und im Urteil zu beziffernde vorläufige Abfindung bezahlt wird. Die Suspendierungsklage ist Vorstufe zur Ausschlußklage und im Verhältnis zu dieser ein wesensgleiches Minus: Der Gesellschafter wird zwar nicht seiner Mitgliedsstellung im ganzen beraubt, wohl aber der aus ihr fließenden Einzelrechte. Dem Risiko, daß in der Folgezeit die Abfindung bezahlt wird und gleichwohl der Ausgeschlossene oder ein Mitgesellschafter den Fortbestand der Gesellschafterrechte behaupten, weil die Zahlung gegen § 3 0 G m b H G verstoßen habe, kann zumindest teilweise begegnet werden: Sobald sich im Prozeß herausstellt, daß die endgültige bzw. die vorläufige Abfindung nur aus gebundenem Vermögen bezahlt werden könnte und eine Verbesserung der Vermögenslage in der G m b H nicht absehbar ist, ist die Ausschlußklage bzw. die Suspendierungsklage abzuweisen. Das findet seine Entsprechung in der Handhabung von Einziehungsbeschlüssen: Steht bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses fest, daß das Einziehungsentgelt nur aus gebundenem Vermögen bezahlt werden kann, und ist auch für die Zukunft insoweit keine positive Veränderung im Gesellschaftsvermögen in Sicht, so ist der Einzie-

C. Das Abfindungsproblem

in der GmbH im Lichte der Rechtsschutzeffizienz

253

hungsbeschluß analog § 241 Nr. 3 AktG nichtig 353 . Die Gegenmeinung, der Beschluß sei selbst in diesem Fall nur anfechtbar, da die Auszahlung noch nicht erfolgt sei und daher für den Einziehungsbeschluß lediglich eine Vorwirkung entfalte 3 5 4 , erscheint kaum in sich folgerichtig; denn der für die Anfechtbarkeit erforderliche Gesetzesverstoß (§ 243 I AktG analog) kann nur in einer Verletzung des § 30 GmbHG liegen. Diese Vorschrift dient ausschließlich dem Schutz der Gläubiger; ihre Verletzung führt zwingend zur Nichtigkeit nach § 2 4 1 Nr. 3 AktG. Daß die Auszahlung noch nicht erfolgt ist, vermag an der Nichtigkeitsfolge nichts zu ändern: Wird eine verbotene Auszahlung beschlossen, so muß dieser Beschluß immer erst noch vollzogen werden, indem die Auszahlung tatsächlich vorgenommen wird. Wäre aus diesem Grund der Beschluß lediglich anfechtbar, so könnte niemals die Nichtigkeit eines gegen § 30 GmbHG verstoßenden Beschlusses angenommen werden. Dem hohen Stellenwert des in § 30 GmbHG verankerten Gläubigerschutzes würde dies kaum gerecht; jener Schutz stünde praktisch vollständig zur Disposition eines einstimmigen Gesellschafter-Entscheids. Ist aber der Einziehungsbeschluß nichtig, wenn die Abfindung nur aus gebundenem Vermögen gezahlt werden könnte, so läßt sich dem eine verallgemeinerungsfähige Wertung entnehmen: Maßnahmen zur Beendigung der Mitgliedschaft sind abzubrechen, sobald sich herausstellt, daß für die Abfindung die Kapitalerhaltungsvorschriften verletzt werden müßten. Diese Wertung ist konsequent auf den Ausschlußprozeß zu übertragen: Die Ausschlußklage ist in diesem Fall ohne weiters abzuweisen. Das Risiko, daß zum Zeitpunkt des Urteils die Abfindung aus freiem Vermögen gezahlt werden kann, die Gesellschaft aber in der Folgezeit eine ungünstige Entwicklung nimmt und somit die Auszahlung zu dem Zeitpunkt, da sie erfolgt, gegen § 30 GmbHG verstößt, kann nicht eliminiert werden, und daher auch nicht das Risiko, daß hierüber Streit entsteht; denn insoweit manifestiert sich der Vorrang des Gläubigerschutzes vor dem Schutz der Gesellschaft gegenüber Störungen von Seiten ihrer Gesellschafter. 3. Vorläufige

Rechtsgestaltung

im Hauptsacheverfahren:

Ein

Einwand?

Die Suspendierungsklage nach hier vertretenem Verständnis wird im Hauptsacheverfahren erhoben, zielt aber die Regelung eines vorläufigen Zustands an. Der Ausschlußgrund wird vollumfänglich geprüft, die Abfindungshöhe dagegen nur 3 5 3 Vgl. dazu Goette, FS Lutter, S. 399, 407; ders., DStR 2000, 1445, 1446; ders., DStR 2 0 0 1 , 1899; Grunewald, Ausschluß, S.241f.; Lutz, DStR 1999, 1858, 1859; Ulmer, FS Rittner, S . 7 3 5 , 742f. - Ist die Gesellschaft im Zeitpunkt des Einziehungsbeschlusses noch in der Lage, die Abfindung aus freien Mitteln zu zahlen, so soll der Einziehungsbeschluß dadurch aufschiebend bedingt sein, daß dies hernach auch tatsächlich geschieht (sehr Str.; vgl. zum Meinungsstand zuletzt Pentz, FS Ulmer, S . 4 5 1 , 4 5 3 f f . ; Zeilinger, GmbHR 2 0 0 2 , 772, 777, je mwN.). Wenn die Gesellschaft die Zahlung der Abfindung ungebührlich verzögert, soll der Ausgeschlossene nach § 6 1 GmbHG Auflösungsklage erheben können (OLG Celle GmbHR 2 0 0 2 , 1063, 1064). 3 5 4 OLG Celle NZG 1998, 29, 30; gegen die Nichtigkeit des Einziehungs- oder Ausschließungsbeschlusses auch Löwe/Thoß, NZG 2 0 0 3 , 1005, 1007.

254

Die

Ausschlußklage

summarisch. Es soll der Übergangszustand geregelt werden, bis die endgültige Abfindung ermittelt und ausgezahlt wird. M a n könnte einwenden, ein Rechtsschutzbegehren dieser Art sei funktional vorläufiger Rechtsschutz und gehöre daher in das Verfahren der einstweiligen Verfügung. Dieser Einwand mündet in ein allgemeines Methodenproblem, das Picker anschaulich beschrieben hat 3 5 5 : Wenn ein obligatorisches Recht des Gläubigers nach vorläufiger Sicherung verlangt, eröffnen sich zwei Möglichkeiten, dies Sicherungsbedürfnis materiellrechtlich umzusetzen. Z u m einen erscheint die Ausformung eines eigenständigen materiellen Sicherungsanspruchs denkbar, der selbständig im Hauptsacheverfahren verfolgt werden kann mit der Folge, daß u.U. mehrere solche Verfahren hintereinander geschaltet werden: der Sicherungs- und der Erfüllungsprozeß. Dieser Option entspricht das hier vertretene Konzept der Suspendierungsklage: Diese eröffnet gewissermaßen den Sicherungsprozeß, mit dessen Hilfe die Regelung eines vorläufigen Zustands angestrebt wird, während der Ausschlußprozeß funktional dem Erfüllungsprozeß entspricht, der auf die endgültige Befriedigung des Gläubigers, hier: auf die endgültige Entfernung des Gesellschafters aus der Gesellschaft gerichtet ist. Z u m anderen kann man es bei einem einzigen materiellen Recht belassen und vorläufige Regelungen exklusiv den §§ 935ff. Z P O überlassen. Im hier interessierenden Zusammenhang verdient eindeutig die erstgenannte Option den Vorzug: Die Gesellschafter sind auf eine gedeihliche Zweckverfolgung verpflichtet. Diese gebietet es, für die u.U. lange Zeit, in der die Abfindung, ihre Durchsetzbarkeit und damit die Mitgliedschaft eines nachweislich untragbaren Gesellschafters in der Schwebe steht, eigenständige mitgliedschaftliche Enthaltungspflichten des Störers zu entwickeln, damit die Arbeit der Gesellschaft nicht weiter behindert wird. Und die vorläufige Suspendierung der Gesellschafterrechte kommt nicht ohne ein Element aus, das zwingend ein Hauptverfahren voraussetzt: Sie ist nur gerechtfertigt, wenn zur vollen Überzeugung des Gerichts (und nicht etwa nach bloß summarischer Prüfung) feststeht, daß der Gesellschaft die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Beklagten nicht mehr zuzumuten ist. Eine so weitgehende Rechtsfolge wie die pauschale Aussetzung sämtlicher Mitgliedsrechte kann das Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht legitimieren; allenfalls das Verbot einer bestimmten, konkret benannten Rechtsausübung wie etwa eines bestimmten Abstimmungsverhaltens in einer genau bezeichneten Gesellschafterversammlung. 4. Entscheidungszuständigkeit

nach Scheitern des

Ausschlusses

Es fragt sich, was zu geschehen hat, wenn die vorläufige Abfindung aus ungebundenem Vermögen bezahlt wurde, die endgültige aber höher ausfällt und die Differenz nicht mehr ohne Verstoß gegen § 30 G m b H G beglichen werden kann. Auf dem Boden des bisherigen Streitstandes liegt die Idee nahe, dem Ausgeschlossenen, 355

Picker, FS Flume, S . 6 4 9 , 6 7 3 mit F n . 5 6 .

C. Das Abfindungsproblem

in der GmbH im Lichte der Recbtsschutzeffizienz

255

der nach wie vor Gesellschafter ist und es nunmehr auch endgültig bleiben wird, das Recht zuzubilligen, Auflösungsklage zu erheben und sich wegen der Differenz aus dem Liquidationserlös zu befriedigen. Ebenso wäre freilich denkbar, ihn zur Rückzahlung der vorläufigen Abfindung bei voller Wiedererlangung der Gesellschafterrechte für berechtigt zu halten. Beide Varianten offenbaren indes eine zentrale Schwäche, die bereits für die Verwerfung des Auflösungsmodells mit ausschlaggebend war: Die Entscheidung, welches weitere Schicksal die Gesellschaft nimmt, nun da sich der Ausschluß als nicht realisierbar erwiesen hat, wird allein in die Hände des Ausgeschlossenen gelegt. Vor allem die Vorstellung, der Ausgeschlossene könne nunmehr Auflösungsklage erheben, stellt Sinn und Zweck der Ausschlußklage auf den Kopf: Diese sollte es den verbliebenen Gesellschaftern gerade ermöglichen, die Gesellschaft fortzusetzen; sie ist das Mittel, um angesichts eines untragbar gewordenen Gesellschafters die Auflösung zu vermeiden. Dem würde es widersprechen, wenn sie in eine Situation hinein führen könnte, da der Störer eigenmächtig über Bestand oder Vernichtung der Gesellschaft entscheiden kann. Eben dies aber wäre der Fall, wenn man ihm die Auflösungsklage mit dem Ziel zubilligte, sich aus dem Liquidationserlös zu befriedigen; denn vor dem Hintergrund dieses Ziels müßte die Auflösungsklage bereits allein deswegen begründet sein, weil die Gesellschaft die Abfindung nicht aus ungebundenem Vermögen aufbringen kann. Die Entscheidung über das weitere Schicksal der Gesellschaft kann jedoch nicht gerade demjenigen Gesellschafter überlassen werden, der die gemeinsame Zweckverfolgung so nachhaltig gestört hat; vielmehr steht sie den übrigen Gesellschaftern zu. Sie müssen nunmehr darüber befinden, ob die Gesellschaft unter Duldung des Ausgeschlossenen fortgesetzt oder aufgelöst werden soll. Im ersteren Fall erhält der Ausgeschlossene seine vollen Gesellschafterrechte wieder, hat freilich auch die vorläufige Abfindung zurückzuzahlen; im letzteren Fall wird der Abfindungsrest aus dem Liquidationserlös bezahlt. Fragt man sich, mit welcher Mehrheit die Auflösung oder Fortsetzung zu beschließen ist, so ist daran zu erinnern, daß die Zusammenarbeit mit dem Ausgeschlossenen nicht nur der Gesellschaft selbst unzumutbar ist; es braucht sie sich auch kein Gesellschafter aufdrängen lassen. Es kann daher eine Minderheit mit dem Quorum des § 61 II 2 GmbHG Auflösungsklage erheben, der stattzugeben ist, wenn sich nicht zwischenzeitlich nachhaltig die Anzeichen dafür verdichtet haben, daß der Ausgeschlossene sich künftig gesellschaftstreu verhalten wird. Bringen die auflösungswilligen Gesellschafter dies Quorum nicht zustande, so können sie aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft austreten - wobei ihnen freilich bewußt sein muß, daß möglicherweise auch ihr Abfindungsanspruch nicht aus ungebundenem Vermögen bedient werden kann. Wird die Gesellschaft unter Einschluß des Ausgeschlossenen fortgesetzt, so erhält dieser seine Gesellschafterrechte spätestens in dem Zeitpunkt wieder, in dem er die vorläufige Abfindung vollumfänglich zurückbezahlt hat; denn jene Rechte waren ihm gerade deshalb genommen worden, weil ihm diese Abfindung im Gegenzug ausbezahlt worden war. Probleme entstehen, wenn der Ausgeschlossene, der nach Erhalt der vorläufigen Abfindung

256

§ 3 Die

Ausschlußklage

von seiner endgültigen Entfernung aus der Gesellschaft ausgehen durfte und mußte, diese Abfindung reinvestiert: In diesem Fall erscheint es unbillig, ihm die Wiedererlangung der Gesellschafterrechte bis zur Rückzahlung der Abfindung vorzuenthalten. Vielmehr wird man ihm das Recht einräumen müssen, anstelle des abfindungshalber erlangten Geldes das durch die Reinvestition Erlangte an die Gesellschaft auszukehren, um wieder mit vollen Verwaltungs- und Vermögensrechten an ihr teilhaben zu k ö n n e n 3 5 6 .

D. Ausschlußklage

und

Gesellschafterwechsel

I. U n p r o b l e m a t i s c h e F ä l l e W ä h r e n d des Ausschlußprozesses kann es geschehen, daß sich die personelle Z u sammensetzung des Gesellschafterkreises verändert. Dabei erscheinen die folgenden Konstellationen prozeßrechtlich unproblematisch: - Die Gesellschaft hat die Ausschlußklage erhoben; es wechselt einer der verbleibenden

Gesellschafter. D a dieser nicht Partei des Ausschlußprozesses ist, kann

sich die Frage eines Parteiwechsels oder einer Anwendung des § 2 6 5 Z P O nicht stellen. Auch in dieser Hinsicht erweist es sich als prozessual vorteilhaft, der Gesellschaft die Rolle der Ausschlußklägerin zuzuweisen. - Ein Gesellschafter hat die Ausschlußklage im Wege der actio pro socio erhoben. Für diesen Fall kann auf bereits gewonnene Erkenntnisse verwiesen werden 3 5 7 : Bei Übertragung des Gesellschaftsanteils auf einen Dritten führt der bisherige Kläger den Prozeß weiter; bei ersatzlosem Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft tritt der Gesellschaft im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels als Klägerin in den Prozeß ein.

3 5 6 In diesem Zusammenhang ergibt sich freilich ein Problem, auf das hier nur hingewiesen werden kann: Der Gesellschafter hat gegen Preisgabe seiner Mitgliedsrechte Geld erlangt und gibt nun gegen Wiedereinräumung seiner Rechte eine andere Leistung in das Gesellschaftsvermögen. An die Stelle barer Mittel tritt somit eine Sacheinlage. Die Wiedereinräumung der Gesellschafterrechte nach erfolgreicher Suspendierungsklage weist zumindest Ähnlichkeiten mit dem Beitritt eines neuen Gesellschafters auf; es wird daher darüber zu diskutieren sein, ob sie entsprechend § 5 IV G m b H G einen Sachgründungsbericht und entsprechend § 9c G m b H G eine registergerichtliche Prüfung erfordert, o b die Leistung, welche der Gesellschafter anstelle der Rückgewähr der Abfindung ins Gesellschaftsvermögen erbringt, wenigstens den Betrag der von ihm gezeichneten Einlage deckt. 357

O b e n § 2 K.

D. Ausschlußklage

und

Gesellschafterwechsel

257

II. Gesellschafterwechsel auf der Seite des Ausschlußbeklagten 1. Zum

Meinungsstand

Stark umstritten ist dagegen der Fall, daß der husschhißbeklagte während des Prozesses seinen Anteil auf einen Dritten überträgt. Die h.M. nimmt an, mit Ausschluß des Beklagten sei der Ausschlußgrund entfallen 358 , die (angebliche) Störung jedenfalls dadurch behoben und die Ausschlußklage damit in der Hauptsache erledigt 359 . Hiergegen ist in neuerer Zeit nachdrücklich Kritik geübt worden 360 : Die h.M. setze in prozessualer Hinsicht die Regel des § 265 ZPO außer Kraft, wonach sich keine Partei durch Veräußerung der streitbefangenen Rechtsposition dem Prozeß entziehen dürfe 361 . Materiellrechtlich überzeuge sie deshalb nicht, weil der Anspruch gegen den Störer, aus der Gesellschaft auszuscheiden, nicht schon dadurch entfalle, daß dieser seinen Anteil veräußere 362 . Der Ausschluß solle nämlich die Fortsetzung der Gesellschaft mit den bisherigen Gesellschaftern ermöglichen, nicht aber statt mit dem Störer mit dessen Rechtsnachfolger 363 . Die Ausschlußklage sei eine durch die Rechtskraft des Ausschlußurteils suspendierte Kündigung des Mitgliedschaftsverhältnisses. Das Erfordernis einer Gestaltungsklage diene der Rechtssicherheit, solle aber nicht die Position des Ausschlußbeklagten verbessern, wie namentlich in § 140 II HGB deutlich werde 364 . Der Beklagte dürfe nicht besser stehen, als wenn im Gesellschaftsvertrag auf das Erfordernis einer Gestaltungsklage verzichtet und statt dessen der Ausschluß durch unmittelbar rechtsgestaltenden Beschluß zugelassen worden wäre 365 . Dieser Beschluß beende mit sofortiger Wirkung die Mitgliedschaft des Auszuschließenden; sodann müsse es auch ein etwaiger Rechtsnachfolger hinnehmen, daß der Störer, der ihm den Anteil veräußert habe, diesen im Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr innegehabt habe. Sei die Klage des Störers auf Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses im Zeitpunkt der Veräußerung bereits rechtshängig gewesen, so müsse auch der Erwerber die dadurch erreichte prozessuale Lage gegen sich gelten lassen 366 . Sei die Ausschlußklage im Zeitpunkt der Veräußerung begründet, so stehe zugleich fest, daß der Ausschlußbeklagte nicht mehr über seinen Anteil habe verfügen dürfen 367 . Die scharfe Konsequenz einer totalen Verfügungssperre über den Gesellschaftsanteil nach Rechtshängigkeit der Ausschlußklage wird freilich auch von der Ge358

Vgl. nur Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 14. RGZ 109, 80, 82f.; 153, 2 7 4 , 2 7 8 ; BGHZ 1, 324, 330; BGH W M 1958,49, 50; DamrauSchröter, NJW 1991, 1927, 1933; Staub-Ulmer, HGB, § 140 Rn.8. 360 Zum Folgenden Bräutigam, FS Quack, S.189ff. 361 Bräutigam, FS Quack, S. 189, 192. 362 Bräutigam, FS Quack, S. 189, 192ff. 363 Bräutigam, FS Quack, S.189, 194f. 364 Bräutigam, FS Quack, S.189, 195ff. 365 Zur Zulässigkeit einer solchen Vertragsgestaltung unten § 11 D I 1. 366 Bräutigam, FS Quack, S.189, 193f. 367 Bräutigam, FS Quack, S.189, 195 f. 359

258

§3 Die

Ausschlußklage

genansicht nicht gezogen 368 ; sie wäre auch schwerlich mit der in § 265 I Z P O enthaltenen Wertung zu vereinbaren, wonach der Prozeß gerade nicht zu einer Verfügungssperre führen soll. Es wird aber die Anwendung des § 265 II Z P O in Betracht gezogen: Der Ausschlußbeklagte soll über die Mitgliedschaft, welche er veräußert habe, weiterhin prozeßführungsbefugt bleiben 369 . Die Rechtsprechung des BGH, wonach § 265 II Z P O im Falle einer befreienden Schuldübernahme nicht anwendbar sei 370 , stehe nicht entgegen. Der BGH habe nämlich dort die Nichtanwendung des § 265 Z P O mit der Überlegung begründet, eine solche Schuldübernahme sei von der Mitwirkung des Gläubigers abhängig (§§414, 145 BGB); der Gläubiger, der die Zustimmung erteile, bedürfe keines Schutzes vor prozessualen Nachteilen. Soweit dagegen der Ausschlußbeklagte seinen Anteil ohne Zustimmung der Mitgesellschafter veräußern dürfe, sei der Wechsel in der Passivlegitimation gerade nicht von deren Mitwirkung abhängig 3 7 1 . Jedenfalls aber sei § 2 3 9 Z P O anwendbar: unmittelbar, wenn der Gesellschafterwechsel durch den Tod des Ausschlußbeklagten eintrete; analog, wenn er durch Anteilsübertragung eintrete. Denn die Übertragung eins Gesellschaftsanteils sei eine Art Gesamtnachfolge 3 7 2 . 2. Der höchstpersönliche

Charakter des

Streitgegenstandes

Mit der zuletzt referierten Überlegung wird ganz offensichtlich an die Auffassung angeknüpft, wonach im Falle einer Einzelnachfolge § 265 Z P O Anwendung finden, einer Gesamtnachfolge dagegen ein Parteiwechsel stattfinden soll. Daß diese Überlegung zur Abstimmung beider Rechtsinstitute nicht geeignet ist, wurde bereits gezeigt 373 . § 265 Z P O könnte die hier behandelte Konstellation nur treffen, wenn der Gesellschaftsanteil des Ausschlußbeklagten als „streitbefangene Sache" angesehen werden könnte. Dem materiellrechtlichen Substrat der Ausschlußklage wird indes eine solche Sehweise vor allem in der G m b H nicht gerecht. Denn anders als die Einziehung, mit deren Hilfe nicht nur der betroffene Gesellschafter aus der Gesellschaft entfernt, sondern auch sein Anteil vernichtet wird, richtet sich der Ausschluß nur gegen die Person des Auszuschließenden 3 7 4 . Nicht der Anteil des Gesellschafters ist also im Streit befangen; vielmehr geht es allein um seinen persönlichen Verbleib in der Gesellschaft. Eben deshalb kann die Lösung auch nicht in einem gesetzlichen Parteiwechsel liegen, der seinerseits nur an die Veräußerung des Anteils anknüpfen könnte: Da es um das persönliche Verhalten und die persönliche Stellung des Gesellschafters und nicht um seinen Anteil geht, kann die Veräußerung an den Erwerber auch nicht dessen Eintritt zur Folge haben. Ein gesell368 369 370 371 372 373 374

Bräutigam, FS Q u a c k , S. 189, 198. Bräutigam, FS Q u a c k , S . 1 8 9 , 199. B G H Z 21, 2 8 5 , 2 8 7 . Bräutigam, FS Q u a c k , S . 1 8 9 , 199. Bräutigam, FS Q u a c k , S. 189, 199f. O b e n § 2 K II 4 c. Nachweise hierzu unten § 11 D I 6 b.

D. Ausschlußklage und

Gesellschafterwechsel

259

schaftsschädigendes Verhalten des Erwerbers steht nicht im R a u m ; der Erwerber des Anteils übernimmt folglich nicht auch die Passivlegitimation des Veräußerers im Ausschlußprozeß. Die Mindermeinung vermag daher nicht zu befriedigen. Dies alles gilt im Ergebnis ebenso für die Personengesellschaft: D o r t ist ebenfalls das Verhalten gerade des Ausschlußbeklagten im Streit, woran sich auch durch eine Übertragung des Anteils nichts ändert.

3. Der mögliche Rückerwerb Rechtsschutzeffizienz

des Anteils als Bedrohung

der

Die Überzeugungskraft der h . M . ist damit freilich noch nicht belegt. Sie setzt vielmehr die Gesellschaft der Gefahr aus, daß der Ausschlußbeklagte, nachdem die Gesellschaft den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, den Anteil zurückerwirbt und sodann der gesamte Prozeß von neuem aufgerollt werden muß. Sie gibt dem Beklagten damit ein Instrument zur Verzögerung des Prozesses in die H a n d , das die Arbeit der Gesellschaft empfindlich belasten kann. D a die Interessen der Gesellschaft, wie hier mehrfach hervorgehoben, gegenüber denen des Beklagten zwar nicht vorrangig, aber jedenfalls gleichwertig sind, m u ß die Gesellschaft die Möglichkeit haben, solchen Strategien effektiv entgegenzuwirken.

4. Die Feststellungswirkung

von

Gestaltungsurteilen

Der Ausschlußrechtsstreit wäre mit der Veräußerung des Anteils durch den Ausschlußbeklagten nur dann in der Hauptsache erledigt, wenn hierdurch die Klage unbegründet würde. Das nötigt dazu, die Aussagen des Ausschlußurteils präzise zu analysieren. Als Gestaltungsurteil beendet es konstitutiv mit Wirkung ex nunc die Mitgliedschaft des Ausschlußbeklagten. Diese

Wirkung kann es in der Tat

nicht mehr entfalten, wenn die Mitgliedschaft des Beklagten bereits beendet ist-, folglich auch dann nicht mehr, wenn dieser seinen Anteil veräußert hat. D o c h hat sich heute die Erkenntnis durchgesetzt, daß Gestaltungsurteile sich nicht in ihrem Gestaltungsausspruch erschöpfen, sondern zudem in materielle Rechtskraft erw a c h s e n 3 7 5 : Das Urteil stellt rechtskräftig fest, daß der Kläger die begehrte Gestaltung verlangen konnte. Das Ausschlußurteil stellt mithin rechtskräftig fest, daß die Gesellschaft vom Ausschlußbeklagten verlangen konnte, aus der Gesellschaft auszuscheiden. Wie wichtig diese Feststellungswirkung

des Ausschlußurteils für den

Rechtsschutz der Gesellschaft ist, zeigt sich gerade dann, wenn es dem Ausgeschlossenen nach Rechtskraft des Urteils gelingt, den veräußerten Anteil zurückzuerlangen oder aber den Anteil eines anderen Mitgesellschafters zu erwerben. In diesem Fall ist zwar der verurteilte Gesellschafter nicht schon ipso iure ausgeschlossen; denn die Gestaltungswirkung ist dadurch, daß sie einmal seine M i t 375 Vgl. Becker, AcP 188 (1988), 24, 52ff.; MK-Gottwald, ZPO, § 322 Rn. 175; Stein/JonasLeipold, ZPO, §322 Rn.66f.

260

§3 Die

Ausschlußklage

gliedschaft beendet hat, verbraucht. Die Gesellschaft muß also nochmals den Ausschluß begehren; tut sie dies, so muß jedoch der wichtige Grund nicht erneut geprüft werden, es sei denn, der Ausgeschlossene vermag eine Änderung der Sachund Rechtslage darzulegen und zu beweisen, wonach der Ausschlußgrund nunmehr entfallen ist. Ebensowenig wird der Ausgeschlossene wegen des neu erworbenen Anteils nochmals eine Abfindung verlangen können; denn einem solchen Begehren stünde der Einwand widersprüchlichen Verhaltens entgegen (§242 BGB): Er hat sich erneut in die Gesellschaft eingekauft, obwohl er genau gewußt hat, daß für ihn dort kein Platz mehr ist. Wenn nun die Mitgliedschaft des Ausgeschlossenen endet, bevor ein rechtskräftiges Urteil über das Ausschlußbegehren gesprochen ist, so hat sich gewiß das Gestaltungsbegebren erledigt, nicht aber das darin enthaltene Feststellungsbegehren: Das Ausschlußurteil ist nach dem Gesagten nicht nur das Mittel, um den Störer aus der Gesellschaft zu entfernen, es dient auch dazu, der Gesellschaft die Verteidigung gegen einen künftigen Wiedereintritt des Gesellschafters zu erleichtern. Konsequent kann die Gesellschaft das Gestaltungsbegehren für erledigt erklären, das Feststellungsbegehren aber weiterverfolgen; sie kann die Feststellung begehren, daß der Beklagte zum Ausscheiden aus der Gesellschaft verpflichtet ist. Wird dieser Klage stattgegeben, so kann die Gesellschaft, falls der ausgeschiedene Gesellschafter später einen Anteil an der Gesellschaft erwirbt, unter Berufung auf das Feststellungsurteil den Ausschluß betreiben; der wichtige Grund steht rechtskräftig fest.

§4 Zwischenergebnis A. Die Erwartungen

an das Prozeßrecht

gesellschaftsinterner

Streitigkeiten Die Überlegungen zu actio pro socio und Ausschlußklage haben eine Fülle von Erwartungen an die prozessuale Bewältigung gesellschaftsinterner Streitigkeiten zutage gefördert.

I. Streiterledigung in einem einzigen Prozeß So ist man sich gerade für die Ausschlußklage in der Erwartung einig, daß der Rechtsstreit nach Möglichkeit in einem einzigen Prozeß in einer für alle Beteiligten verbindlichen Weise zum Abschluß gebracht wird. Diese Erwartung wird mit zweierlei Akzent vorgetragen:

1. Allseitige Verbindlichkeit

der

Entscheidung

Z u m einen soll das Ergebnis des Prozesses von keinem Beteiligten mehr durch einen zweiten Rechtsstreit in Frage gestellt werden dürfen. Der Ausschlußbeklagte hat im Falle der Klagabweisung ein Interesse daran, endgültig in der Gesellschaft verbleiben zu können; und umgekehrt wünschen sich die verbleibenden Gesellschafter im Falle eines stattgebenden Urteils, daß der Beklagte fortan gegenüber keinem von ihnen Gesellschafterrechte reklamieren kann. Ähnlich gestaltet sich zumindest auf Beklagtenseite die Interessenlage im Falle der actio pro socio: Der Beklagte möchte nicht mehrfach auf die Leistung in Anspruch genommen werden.

2. Effektive

Zweckverfolgung

durch effektives

Gerichtsverfahren

Z u m anderen soll die Durchsetzung von mitgliedschaftlich begründeten Leistungsansprüchen nicht an gesellschaftsinternen Konflikten scheitern. Steht die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Erbringung von Förderbeiträgen oder zum Schadensersatz wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Pflichten im Streit und können sich die Mitgesellschafter nicht auf gerichtliche Schritte verständigen, so möchte der Gesellschafter, der für die Beitreibung des Anspruchs votiert hat, die-

262

§4

Zwischenergebnis

sen selbst gerichtlich beitreiben können, ohne zuvor einen Prozeß gegen seine Mitgesellschafter führen zu müssen. Das gleiche gilt beim Ausschluß eines untragbar gewordenen Gesellschafters: Sein Verbleib in der Gesellschaft soll nicht durch Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgesellschaftern verlängert werden. Wenn tatsächlich der Gesellschafter zur Erbringung einer Leistung an die Gesellschaft oder aus wichtigem Grund zum Ausscheiden aus ihr verpflichtet ist, so besteht diese Verpflichtung im Interesse der Gesellschaft. Der Verwirklichung dieses Interesses würde es zuwiderlaufen, wenn gegen die Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft unangemessene Hürden aufgerichtet würden. Beide Erwartungen hängen in gewisser Weise miteinander zusammen: Gerade beim Ausschlußurteil wird der gewünschte Erfolg, den störenden Gesellschafter möglichst rasch auszuschließen, nur dadurch erreicht, daß die Ausschlußwirkung von keinem Gesellschafter wieder in Frage gestellt werden kann. Die Effizienz der Zweckverfolgung hängt in diesem Fall gerade von der allseitigen Verbindlichkeit der Entscheidung ab.

II. Verschonung prozeßunwilliger Gesellschafter Das Prozeßrecht wird von Verfassungs wegen (Art. 103 I GG) vom Prinzip des rechtlichen Gehörs beherrscht. Die Bindung an die Wirkungen eines Urteils ist nur für diejenige Person legitim, die vorher die Möglichkeit hatte, das Ergebnis des Prozesses zu ihren eigenen Gunsten zu beeinflussen. Wer an das Urteil gebunden werden soll, muß daher zumindest die Möglichkeit haben, sich am Prozeß zu beteiligen. Andererseits konnte gezeigt werden, daß sich die Verpflichtung eines Gesellschafters, sich tatsächlich am Prozeß und namentlich an dem mit ihm einhergehenden Kostenrisiko zu beteiligen, selbst im Gesellschaftsinteresse nicht begründen läßt. Gesellschaftern, die sich nicht am Prozeß beteiligen wollen, ist daher gleichermaßen die Möglichkeit der Beteiligung am Prozeß wie der Enthaltung hiervon einzuräumen' - es sei denn, ihre Beteiligung ist kraft materiellen Rechts zwingend: Ein Gesellschafter, dem eine Leistung in das Gesellschaftsvermögen abgerungen werden soll, muß schon deshalb selbst verklagt werden, weil andernfalls im Falle der Begründetheit des erhobenen Anspruchs kein Vollstreckungstitel gegen ihn existiert. Ebenso muß der Gesellschafter, der aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden soll, persönlich mit diesem Ziel verklagt werden.

1 Explizit wird diese Erwartung zum Ausdruck gebracht von Berger, Prozeßstandschaft, S. 169; für die Ausschlußklage namentlich auch Roth, FS Großfeld, S. 915, 921.

263

B. Legitimität und Verwirklichung der Erwartungen

B. Legitimität und Verwirklichung der Erwartungen I. D e r Z w e c k v e r f o l g u n g s g e d a n k e als L e g i t i m a t i o n s f a k t o r Gesellschaften sind auf die Verfolgung eines von den Gesellschaftern geteilten gemeinsamen Z w e c k s gerichtet; § 7 0 5 B G B fungiert insoweit als G r u n d n o r m des Verbandsrechts. Jeder Gesellschaft ist daher die Verpflichtung ihrer Mitglieder wesenseigen, jene Zweckverfolgung zu fördern, damit der Gesellschaftszweck effektiv verwirklicht werden kann. Die Grenze dieser Verpflichtung wird durch die rechtliche Anerkennung mitgliedschaftlicher Eigeninteressen markiert. Die Erwartung, daß die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft nicht an gesellschaftsinternen Konflikten scheitern soll, ist vor diesem Hintergrund im Ansatz legitim: In ihr manifestiert sich die prozessuale gungsgedankens.

Fortsetzung

des

Zweckverfol-

Eine effektive Zweckverfolgung setzt auch eine effektive gericht-

liche Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft voraus. Versuche, die Erledigung gesellschaftsinterner Streitigkeiten in einem einzigen Prozeß zu bewirken, rechtfertigen sich aus eben diesem Gedanken. Um eine effektive Streiterledigung erzielen zu können, wird überwiegend auf prozeßrechtliche Instrumente zurückgegriffen, von denen zwei von besonderer Bedeutung sind: - Z u m einen auf die Möglichkeit, mehrere Klagen miteinander zu verbinden. Dies Instrument bieten im K o n t e x t der Ausschlußklage vor allem die Rechtsprechung und die Literaturmeinung an, wonach der Zustimmungsrechtsstreit als Zwischenrechtsstreit über die Zulässigkeit der Ausschlußklage behandelt werden soll. - Z u m anderen auf die Verteilung der Parteirollen, wobei notfalls von der materiellen Rechtslage abgewichen wurde. Diesen Weg verfolgt insbesondere die Literaturmeinung, w o n a c h in Anlehnung an das Beiladungsmodell des § 8 5 6 Z P O die Ausschlußklage als Einzelklage soll erhoben werden können.

II. D e r K o n f l i k t m i t d e m m i t g l i e d s c h a f t l i c h e n E i g e n i n t e r e s s e

1. Umverteilung der Initiativlast Freilich werden jene Versuche, wie gezeigt, um den Preis erkauft, daß diejenigen Gesellschafter, die am Prozeß nicht als Kläger oder Beklagte beteiligt sind, selbst die Initiative zur Behauptung ihrer Rechtspositionen ergreifen müssen. Wenn einer der verbleibenden Gesellschafter sich gegen die Zustimmung zum Ausschluß eines Mitgesellschafters oder zur Beitreibung eines gegen diesen gerichteten Anspruchs der Gesellschaft sperrt, so kann hierin eine Verletzung der Treupflicht gegenüber der Gesellschaft liegen; denn in deren Interesse kann der Ausschluß bzw. die Verfolgung des Anspruchs zwingend geboten sein. Wenn die Treupflicht ihm die Z u stimmung zur Erhebung einer Klage gebietet, so besteht grundsätzlich die M ö g -

264

§4

Zwischenergebnis

lichkeit, diese Zustimmung im Klagewege zu erzwingen. Dies würde aber einen separaten Prozeß notwendig machen, bevor die Ausschluß- oder Leistungsklage erhoben werden kann, und damit dem Postulat der effektiven Streitbeilegung zuwiderlaufen. Die Erledigung der gesamten Auseinandersetzung in einem Prozeß erfordert es daher, den Gesellschafter, um dessen Zustimmungspflicht es geht, innerhalb des Ausschluß- oder Leistungsprozesses in die Rolle eines Nebenbeteiligten zu drängen; er muß mit anderen Worten zum Prozeß beigeladen werden und dann selbst die Initiative ergreifen, um vorzutragen, er habe sich aus treupflichtgemäßen Gründen gegen die Klage gesperrt, weswegen diese unzulässig sei. 2. Gesellschafts-

versus mitgliedschaftliches

Eigeninteresse

Diese Initiative kann ihm nur zugemutet werden, wenn das Interesse der Gesellschaft an einer effektiven Zweckverfolgung sich als ein vorrangiges darstellen läßt gegenüber dem Interesse des Gesellschafters, welcher den Prozeß verhindern will. Es muß folglich für das gesellschaftsinterne Prozeßrecht in gleicher Weise wie für das materielle Verbandsinnenrecht eine Grenzlinie gefunden werden zwischen dem Gesellschaftsinteresse einerseits und dem schutzwürdigen mitgliedschaftlichen Eigeninteresse des einzelnen Gesellschafters andererseits. Im Zusammenhang mit actio pro socio und Ausschlußklage konnte dem Interesse der Gesellschaft, daß der ihr zustehende Anspruch in einem einzigen Rechtsstreit geltend gemacht wird, unter der Voraussetzung der Vorrang gegeben werden, daß ein persönliches Eigeninteresse einzelner Gesellschafter an der Verwirklichung oder NichtVerwirklichung des Anspruchs nicht anzuerkennen ist. Hinsichtlich der Beitreibung von Leistungsansprüchen der Gesellschaft ist ein derartiges schutzwürdiges Eigeninteresse in der Tat nicht in Sicht: Alleiniger Zweck der begehrten Leistung ist die Förderung des Gesellschaftsinteresses. Bei der Entscheidung, ob eine solche Leistung eingefordert werden soll, hat sich der Gesellschafter allein vom Gesellschaftsinteresse leiten zu lassen. Beim Ausschluß eines Gesellschafters ist hingegen ein mitgliedschaftliches Eigeninteresse des einzelnen Gesellschafters dann anzuerkennen, wenn der Bestand der Gesellschaft von ihrer personellen Zusammensetzung abhängig ist: In diesem Fall hat jeder Gesellschafter einen Anspruch darauf, die Gesellschaft entweder mit sämtlichen Mitgesellschaftern zu verfolgen oder aus der gesellschaftsvertraglichen Bindung entlassen zu werden. Dann sind auch bei der Entschließung, ob ein störender Gesellschafter ausgeschlossen werden soll, eigeninteressierte Überlegungen legitim. Eine solche Abhängigkeit der Gesellschaft vom Bestand ihrer Gesellschafter besteht jedoch bei Kapitalgesellschaften nie, bei Personengesellschaften lediglich dann, wenn der Gesellschaftsvertrag abweichend von der gesetzlichen Regel des § 131 III Nr. 3 HGB die Beendigung der Gesellschaft im Falle der Kündigung durch einen Gesellschafter vorsieht.

B. Legitimität und Verwirklichung der Erwartungen

265

III. Die Parteirolle der Gesellschaft 1. Die allseitige Verbindlichkeit

der

Entscheidung

Um den so formulierten Erwartungen gerecht zu werden, wurde hier einem Modell das Wort geredet, das auf eine Mediatisierung der Parteirolle hinausläuft: Ansprüche, deren Durchsetzung den Gesellschaftszweck fördern soll, wurden hier bereits kraft materiellen Rechts exklusiv der Gesellschaft zugewiesen. Damit wuchs ihr auch die Klägerrolle zu. Dies gilt für Leistungsklagen ebenso wie für die Ausschlußklage. Der Anspruch auf die Erbringung von Förderleistungen und Schadensersatz wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Pflichten steht nach hier vertretener Deutung in allen Gesellschaftsformen ausschließlich der Gesellschaft zu; das gleiche gilt für den Anspruch gegen einen untragbar gewordenen Mitgesellschafter, aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die Gesellschafter werden auf diese Weise nicht mehr am Prozeß beteiligt, sondern lediglich an der vorgeschalteten verbandsinternen Willensbildung: Sie haben darüber Beschluß zu fassen, ob die Klage erhoben wird. Wenn sie für die Klageerhebung gestimmt haben, haben sie den Prozeß der Gesellschaft veranlaßt; einen Anspruch darauf, selbst am Prozeß beteiligt zu werden, haben sie nicht, weil sie durch das Urteil nicht in ihren Rechten betroffen werden: Es ist ein Anspruch im Streit, der ausschließlich der Gesellschaft zusteht. Auf diese Weise wird das Ziel erreicht, in einem Rechtsstreit eine für alle Beteiligten endgültig verbindliche Entscheidung zu erzielen. Wo das Urteil gleichwohl den einzelnen Gesellschafter in seinen Rechten betrifft, wie z.B. das Ausschlußurteil in einer Personengesellschaft mit Auflösungsregel, wird dieser, wenn er sich gegen den Ausschluß seines Mitgesellschafters sperrt, tatsächlich als Partei beteiligt nämlich als Beklagter im Prozeß auf Zustimmung zum Ausschluß jenes Gesellschafters.

2. Zur Effizienz der

Rechtsverfolgung

Kommt ein auf die Erhebung der Leistungs- oder der Ausschlußklage gerichteter Gesellschafterbeschluß nicht zustande, so ist eine gleichwohl erhobene Klage der Gesellschaft unzulässig. Der Gesellschafter, der entgegen dem Votum der Mitglieder-Gesamtheit die gerichtliche Verfolgung des Leistungsanspruchs bzw. den Ausschluß des Störers betreiben will, kann jedoch dies Rechtsschutzziel in diesem Fall im Wege der Einzelklage verfolgen (sog. actio pro socio). Das gilt ohne weiteres für mitgliedschaftliche Leistungsansprüche der Gesellschaft; für die Ausschlußklage gilt es ebenfalls, es sei denn, der Fortbestand der Gesellschaft hängt von ihrem personellen Substrat ab. Diejenigen Mitgesellschafter, die gegen die Klageerhebung votiert haben, müssen nicht eigens gerichtlich auf Zustimmung zur Klageerhebung belangt werden; sie sind vielmehr darauf verwiesen, im Prozeß als streitgenössische Nebenintervenienten beizutreten, um geltend zu machen, die Klageerhebung setze sich unzulässig über ihren Beitrag zur verbandsinternen Willensbildung hin-

266

§4

Zwischenergebnis

weg. Die Verteilung der Parteirollen folgt insoweit nicht mehr der materiellrechtlichen Struktur von Anspruch und Verpflichtung; vielmehr orientiert sie sich im Interesse der effektiven Streiterledigung und damit letztlich dem Gedanken der effektiven Zweckverfolgung getreu daran, wie eine allseitig verbindliche und die Auseinandersetzung endgültig abschließende Entscheidung in einem einzigen Prozeß erzielt werden kann. Wo dagegen die Gesellschaft in ihrem Bestand von ihrer personellen Zusammensetzung abhängt, wie dies bei der Personengesellschaft mit Auflösungsregel der Fall ist, hat die Gesellschaft in der Tat zwei Prozesse zu führen, wenn einer der verbleibenden Gesellschafter sich gegen den Ausschluß seines Mitgesellschafters sperrt: Zum einen muß sie die Zustimmung desjenigen Gesellschafters erzwingen, der dem Ausschluß widerspricht; dies geschieht durch eine hierauf gerichtete Leistungsklage, die von den übrigen Gesellschaftern beschlossen werden muß. Zum anderen muß sie das Ausscheiden des angeblich störenden Gesellschafters im Wege der Ausschlußklage erzwingen. 3.

Arbeitshypothese

Die vorstehend entfalteten und soeben nochmals in ihrem Kern zusammengefaßten Überlegungen verdichten sich zu der These, daß - bereits auf dem Boden der lex lata - für gesellschaftsinterne Streitigkeiten der folgende Rechtssatz formuliert werden kann: Wenn nicht mindestens gleichwertige Interessen einzelner Gesellschafter entgegenstehen (wie dies bei der Ausschlußklage in der Personengesellschaft mit Auflösungsregel der Fall ist), orientiert sich die Parteirolle in gesellschaftsinternen Rechtsstreitigkeiten nicht zwingend, an Gläubiger und Schuldner der streitigen Verpflichtung, wie sie durch das materielle Gesellschaftsrecht definiert sind, sondern im Interesse der effektiven Zweckverfolgung daran, wie das Gesellschaftsinteresse möglichst zügig, d.h. in einem einzigen Prozeß mit allseits verbindlichem Ergebnis unter Verschonung prozeßscheuer Gesellschafter durchgesetzt werden kann. Die Validität dieser These gilt es im folgenden anhand der Beschlußmängelstreitigkeiten zu überprüfen, welche in § § 2 4 1 ff. AktG eine vergleichsweise ausführliche Regelung im Gesetz gefunden haben.

C. Prozeßrecht und Umfang materiellrechtlicber Interventionsbefugnisse Freilich haben gerade die Überlegungen zur actio pro socio in der AG gezeigt, daß nicht in jeder Gesellschaftsform dem Mitglied die gleichen individuellen Kontrollrechte zustehen. Es bleibt dabei, daß der Umfang der Interventionsbefugnisse, die einem einzelnen Mitglied zustehen, wenn die nach materiellem Verbandsrecht an sich zuständigen Organe die Verfolgung von Sozialansprüchen versäumen, je nach Rechtsform differieren kann. Dieser Befund gibt Anlaß für eine wichtige Feststel-

C. Prozeßrecht und Umfang materiellrechtlicher

Interventionsbefugnisse

267

lung: Das Prozeßrecht dient auch im Verbandsinnenrecht der Durchsetzung des materiellen Rechts und setzt dieses voraus. Wenn hier einem gesellschaftsinternen Prozeßrecht das Wort geredet wird, das die Parteirollen notfalls abweichend von der Bestimmung des materiellrechtlich Berechtigten und Verpflichteten verteilt, so wird damit der Primat des materiellen Rechts über das Prozeßrecht nicht in Frage gestellt. Es verbleibt insbesondere dabei, daß Klagebefugnisse einzelner Gesellschafter sich aus dem materiellen Verbandsrecht begründen lassen müssen. Lediglich die Verteilung der Parteirollen bei der Durchsetzung des Rechts wird um deren Effektuierung willen modifiziert.

§ 5 Der aktienrechtliche Beschlußmängelstreit A. Das

Gestaltungsklageprinzip

Beschlüsse in der Hauptversammlung einer A G werden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt (§ 1 3 3 I A k t G ) . Es m u ß daher nicht nach der Zustimmung eines jeden Aktionärs gefragt werden, um einen rechtsgültigen Beschluß zustande zu bringen. Dies ist gerade in einer Publikumsgesellschaft im Interesse der Bewegungsfähigkeit des Mitgliedsorgans unabdingbar 1 ; doch ist die so erreichte Erleichterung der Entscheidungsfindung um den Preis einer Einbuße an inhaltlicher Richtigkeitsgewähr erkauft 2 : Es besteht die gesteigerte Gefahr, daß sich die Mehrheit über die durch Gesetz und Satzung gezogenen Grenzen hinwegsetzt.

I. Anfechtungsklage als Gestaltungsklage Gleichwohl führt nicht jeder Verstoß gegen das Gesetz oder die Satzung automatisch zur Ungültigkeit des Beschlusses. Vielmehr unterscheidet das Gesetz zwischen Beschlüssen, die ipso iure nichtig sind - sie leiden an besonders schweren M ä n g e l n , welche in § 2 4 1 A k t G abschließend aufgezählt sind 3 - und solchen, die rechtswidrig, aber gleichwohl wirksam sind, bis sie mit Erfolg angefochten werden. Die bloße Anfechtbarkeit des Beschlusses ( § 2 4 3 I A k t G ) ist der absolute Regelfall. Die Anfechtung m u ß binnen Monatsfrist durch gerichtliche Klage geltend gemacht werden (§ 2 4 6 I A k t G ) . D a s stattgebende Urteil erklärt den Beschluß, der bis dahin schwebend wirksam war, für nichtig (§ 2 4 1 Nr. 5 A k t G ) . Die Nichtigerklärung wirkt auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung zurück 4 . Wenn es aber erst 1 Guntz, Treubindungen, S. 101; MK-Hüffer, AktG, §243 Rn.48; Schröder, Konfliktbeilegung, S.295f.; für Satzungsänderungen ähnlich Wiedemann, JZ 1989, 447, 448. 2 Emmerich, Entwicklung, S.15; Geßler-Hüffer, AktG, §243 Rn.41; Hüffer, AktG, §243 Rn. 23; Kreß, Beschlußkontrolle, S. 126; MK-Hüffer, AktG, § 243 Rn. 48; in bezug auf Strukturentscheidungen ähnlich Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 962. 3 OLG München NZG 2000,105,106; Behrends,~NZG 2000,578,581; AnwK-Heidel, AktG, § 241 Rn. 1; Casper, Heilung, S. 86f.; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 241 Rn. 1; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rn. 94; Lindemann, Beschlußfassung, S.44; Menger, Lückenausfüllung, S. 174; Quack, ZGR 1983,257, 266; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn. 61; Vollmann, Minderheitenschutz, S.34f.; Wellkamp, Vorstand, S.57; Winter, Treubindungen, S.295. 4 BGH ZIP 1993, 1228, 1229; OLG Brandenburg NZG 1998, 263, 265; Arens, Streitgegen-

A. Das

Gestaltungsklageprinzip

269

d a s G e r i c h t s u r t e i l ist, d a s die N i c h t i g k e i t des b i s d a h i n w i r k s a m e n B e s c h l u s s e s h e r b e i f ü h r t , s o f ü h r t dies U r t e i l k o n s t i t u t i v eine R e c h t s ä n d e r u n g h e r b e i . E s ist m i t h i n Gestaltungsurteil,

die A n f e c h t u n g s k l a g e d e m g e m ä ß Gestaltungsklage5.

Die Ge-

s t a l t u n g s w i r k u n g des U r t e i l s ist d a b e i n i c h t , w i e t e i l w e i s e b e h a u p t e t w i r d 6 , in § 2 4 8 A k t G , s o n d e r n in § 2 4 1 N r . 5 A k t G v e r a n k e r t 7 . S t r e i t i g ist i h r e R e i c h w e i t e : D a s A n f e c h t u n g s u r t e i l v e r n i c h t e t in j e d e m F a l l d e n a n g e f o c h t e n e n B e s c h l u ß , n a c h A n s i c h t des B G H 8 a b e r a u c h i n h a l t s g l e i c h e s p ä t e r e B e s c h l ü s s e , s o f e r n sie a n d e m gleichen B e s c h l u ß m a n g e l leiden. I m Schrifttum wird dieser E r w e i t e r u n g der G e staltungswirkung teilweise zugestimmt9, teilweise w i d e r s p r o c h e n 1 0 .

stand, S . 4 7 ; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 90; Berg, Beschlüsse, S . 4 8 ; Beyer, GmbHR 2 0 0 1 , 4 6 7 ; Bork, ZZP 100 (1987), 2 4 9 , 267f.; Däubler, GmbHR 1 9 6 8 , 4 , 9; Dürr, Nebenabreden, S. 153; Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 2 1 4 ; Emde, ZIP 2 0 0 0 , 1753, 1757; GeßlerHüffer, AktG, § 2 4 8 Rn. 15; Götz, FS Lüke, S. 167, 178; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 194, 199; ders., FS Heymanns Verlag, S . 2 8 7 , 304f.; KindlZGK 2 0 0 0 , 1 6 6 , 1 7 1 ; Köster, Nichtigkeitsklage, S . 3 3 ; Lindemann, Beschlußfassung, S . 4 6 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 8 R n . 1 4 ; MüHdbGesR IV/ Semler, § 4 1 Rn. 83; Planck, Aktionärsklagen, S. 182; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 18; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 124f.; C. Schäfer, Verband, S . 2 9 4 ; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 141; K. Schmidt, J Z 1977, 769, 770; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 8 Rn. 5; Schmitt, BeschlußmängelZPO, Rn. 55 vor § 2 5 3 ; Thomas/ recht, S. 183; Sosnitza, N Z G 1998, 3 3 5 ; Stein/Jonas-Schumann, Putzo, ZPO, R n . 6 vor § 2 5 3 ; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 2 0 3 f . ; Zöllner, AG 1993, 68, 71 f. 5 AnwK-Heidel, AktG, § 2 4 6 R n . 1 0 ; Brondics, Aktionärsklage, S . 4 9 ; Ebbing, N Z G 1998, 2 8 1 , 2 8 5 ; Gehrlein, AG 1 9 9 4 , 1 0 3 , 1 0 4 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 15; Hachenburg-Kaiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 192; Heinze, Z G R 1979, 2 9 3 , 2 9 7 ; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 8; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 3 4 III A 2 (S.142); KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 R n . 4 4 ; Kort, Bestandsschutz, S . 5 1 ; ders., Z G R 1994, 2 9 1 , 319; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 169; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 118; Menger, Lückenausfüllung, S. 175; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 91 Rn. 8; K. Schmidt, J Z 1988, 729, 732; ders., FS Semler, S. 3 2 9 , 3 3 1 ; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 1 R n . 2 5 , § 2 4 6 R n . 9 ; ders., Gesellschaftsrecht, § 2 8 IV 5 e aa (S.860); ders., AG 1995, 551; Schröder, Konfliktbeilegung, S . 2 7 1 ; Steinmeyer/Seidel, DStR 1999, 2 0 7 7 , 2 0 7 8 ; Schulte, AG 1988, 67, 68; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 2 0 3 ; Zöller-Greger, ZPO, Rn. 8 vor §253.

Paefgen, ZIP 2 0 0 4 , 145, 149; Prior, Vereinsbeschlüsse, S . 3 0 ; Timm, FS Fleck, S . 3 6 5 , 3 7 6 . Zutreffend O L G Stuttgart N Z G 2 0 0 4 , 4 6 3 , 4 6 5 (dort versehentlich § 2 4 1 nach 1289 zitiert); Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 4 9 8 ; Bayer, ZIP 2 0 0 3 , 881, 886; Binge, Gesellschafterklagen, S. 175; Casper, Z H R 163 (1999), 54, 74; W. Lüke/Blenske, Z G R 1 9 9 8 , 2 5 3 , 2 7 0 ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 85; K. Schmidt, AG 1977, 2 0 5 , 2 0 6 ; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 1 Rn. 69, § 2 4 8 Rn. 5; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.177; Schulte, AG 1988, 67, 68. 8 B G H Z 2 1 , 354, 358. 9 Arens, Streitgegenstand, S. 105; Kuhn, W M 1 9 5 7 , 1 1 4 2 , 1 1 4 5 ; MK-Lüke, ZPO, R n . 4 4 f. vor §253. 10 Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 4 R n . 1 2 ; Hüffer, AktG, § 2 4 4 R n . 4 ; Vgl. K. Schmidt, J Z 1977, 7 6 9 , 772f.; ders., in Scholz, GmbHG, § 4 5 Rn. 175; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 4 Rn. 9, § 2 4 6 R n . 8 6 f . , § 2 4 8 R n . 1 0 ; Zöllner, ZZP 81 (1963), 135, 150; ders., in KK, AktG, § 2 4 4 R n . 1 4 . 6

7

270

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

II. Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage? 1. Die Reichweite der

Urteilswirkungen

Diese Gestaltungswirkung in dem Sinne, daß das Urteil die materielle Rechtslage verändert, soll sich nach herrschender Lehre gegen jedermann richten 11 : Die Veränderung der materiellen Rechtslage müsse jedes Rechtssubjekt gegen sich gelten lassen. Vor diesem Hintergrund scheinen sich Wertungswidersprüche im Verhältnis zur Nichtigkeitsklage aufzutun. Denn wenn ein Aktionär oder ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats behauptet, der Beschluß sei nach § 241 AktG nichtig, so ist nach § 249 11 AktG die Feststellungsklage der richtige Rechtsbehelf 12 . Feststellungsurteile verändern indes nicht die materielle Rechtslage und können daher auch keine gegenüber jedermann geltende Gestaltungswirkung äußern. Danach scheint es, als sollte das Nichtigkeitsurteil, das einen besonders schweren Beschlußmangel feststellt, gegen einen weitaus geringeren Personenkreis wirken als das Anfechtungsurteil, welches den Beschluß wegen eines weniger schwerwiegenden Mangels aufhebt 13 . 2. Die Identität des Streitgegenstands von Anfechtungs- und

Nichtigkeitsklage

Und in der Tat fügt sich die Nichtigkeitsklage nach § 249 I AktG, auch wenn sie im Gesetz als Feststellungsklage bezeichnet wird, nicht bruchlos in die Dogmatik der allgemeinen Feststellungsklage ein 14 . Das erhellt insbesondere, wenn man ihr Verhältnis zur Anfechtungsklage betrachtet. Es unterscheidet sich nämlich das Rechtsschutzziel beider Klagen nicht qualitativ, sondern nur graduell voneinander: Der Nichtigkeitskläger verlangt die Beseitigung des in besonders gravierendem Maße, der Anfechtungskläger die des in weniger gravierendem Maße rechtswidrigen Beschlusses. In der Sache wird mit beiden Klagen eine rechtliche Klärung der Frage angestrebt, ob der Beschluß gültig ist oder nicht 15 . Folgerichtig kann die Anfechtungsklage nach § 243 I AktG nicht mit der Begründung abgewiesen wer11

Nachweise oben § 3 B II 5 a, F n . 2 2 0 . Für E i n o r d n u n g der Nichtigkeitsklage als Feststellungsklage O L G Düsseldorf DB 1997, 1170; Claussen, FS Semler, S. 9 7 , 1 0 7 ; Gehrlein, AG 1 9 9 4 , 1 0 3 , 1 0 5 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 249 R n . 4 ; Großfeld/Brondics, A G 1 9 8 7 , 2 9 3 , 302f.; Heinze, Z G R 1979, 2 9 3 , 2 9 7 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 2 3 4 , 2 3 7 ; ders., FS H e y m a n n s Verlag, S . 2 8 7 , 2 9 1 ; KK-Zöllner, A k t G , § 2 4 9 R n . 2 5 ; Kort, Bestandsschutz, S.51; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 177ff.; Sosnitza, N Z G 1998, 335, 337; ders., N Z G 1999, 4 9 7 ; Schulte, A G 1988, 67, 72. 13 Für W i r k u n g des Nichtigkeitsurteils gegen jedermann ohne E i n o r d n u n g der Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage Köster, Nichtigkeitsklage, S.39; Schulte, A G 1988, 67, 73. Für inter-omnes-Wirkung trotz ausdrücklicher E i n o r d n u n g als Feststellungsurteil O L G F r a n k f u r t G m b H R 1 9 9 3 , 2 2 4 , 2 2 5 ; Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 9 R n . 2 2 ; Hüffer, A k t G , § 2 4 9 R n . 1 7 ; K K - Z ö l l n e r , AktG, § 2 4 9 Rn.40f. 14 Z u m Folgenden K. Schmidt, J Z 1988, 729ff.; im Ansatz bereits ders., AG 1977, 2 0 5 , 2 0 8 . 15 O L G M ü n c h e n G m b H R 2 0 0 2 , 858; O L G O l d e n b u r g A G 1 9 9 4 , 4 1 5 ; Kion, Eventualverhältnisse, S.75; Petermann, BB 1996, 2 7 7 , 2 8 2 . 12

A. Das

Gestaltungsklageprinzip

271

d e n , der a n g e f o c h t e n e B e s c h l u ß sei nichtig; im G e g e n t e i l : W e n n das G e r i c h t e i n e n N i c h t i g k e i t s g r u n d für g e g e b e n e r a c h t e t , m u ß es der K l a g e s t a t t g e b e n 1 6 . A u s dies e m B e f u n d h a t der B G H 1 7 v o r k u r z e m die richtige K o n s e q u e n z g e z o g e n : D e r S t r e i t g e g e n s t a n d der A n f e c h t u n g s k l a g e gegen einen B e s c h l u ß der H a u p t v e r s a m m lung ist e x a k t der g l e i c h e w i e der einer N i c h t i g k e i t s k l a g e gegen d e n s e l b e n B e s c h l u ß . D i e s gilt freilich nur, s o w e i t die K l a g e a u f d e n s e l b e n M a n g e l gestützt w i r d 1 8 . A n f e c h t u n g s - u n d N i c h t i g k e i t s k l a g e v e r s c h m e l z e n d a m i t zu einer einheitlic h e n B e s c h l u ß m ä n g e l k l a g e . S o k a n n (und m u ß ) d e n n a u c h u m g e k e h r t der N i c h t i g k e i t s k l a g e s t a t t g e g e b e n w e r d e n , w e n n das G e r i c h t lediglich einen A n f e c h t u n g s g r u n d für g e g e b e n h ä l t 1 9 , s o f e r n n u r dieser G r u n d b i n n e n M o n a t s f r i s t in den P r o z e ß e i n g e f ü h r t w o r d e n i s t 2 0 . K o n s e q u e n t ist der Ü b e r g a n g v o m A n f e c h t u n g s - z u m Nichtigkeitsantrag keine Klageänderung21.

16 So schon BGHZ 32, 318, 324; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.246; ferner OLG München G m b H R 2 0 0 2 , 858; Götz, ZIP 1 9 9 5 , 1 3 1 0 , 1 3 1 3 ; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 14; Kindt, Z G R 2 0 0 0 , 166, 176; Kion, Eventualverhältnisse, S.75; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 Rn.83; Landruck, Innenrechtsstreit, S. 182; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.36; K. Schmidt, J Z 1977, 769, 770; ders., J Z 1988, 729, 732; ders., in Scholz, GmbHG, § 4 5 Rn.45. 17 BGHZ 134, 364, 366f.; BGH ZIP 1999, 580; KG NJW-RR 1996, 103; OLG Hamm GmbHR 1998, 138, 139; OLG Stuttgart AG 1998, 529; LG Frankfurt N Z G 2004, 672, 673. Im Schrifttum ganz h.M.; vgl. Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 83; Boujong, NZG 1998, 745, 753; Brandes, W M 1 9 9 7 , 2 2 8 1 , 2 2 8 6 ; ders., W M 2 0 0 0 , 53, 55; Geßler-Hüffer, AktG, § 246 Rn.20; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.195; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 1 9 Rn. 96; Heinze, ZGR 1979, 293, 298; Henze, ZIP 2002, 97, 98f.; Kindt, Z G R 2 0 0 0 , 166, 169; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 Rn.49, 84, § 2 4 9 Rn.26; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.25; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 141; Kort, Bestandsschutz, S. 51; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 90; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.482; K. Schmidt, AG 1977, 243, 245; ders., J Z 1977, 769; ders., J Z 1988, 729, 733 f.; ders., DB 1 9 9 5 , 1 8 4 9 , 1 8 5 0 ; ders., in Scholz, GmbHG, § 45 Rn. 4 8 , 1 5 2 ; Wagner, DStR 2 0 0 3 , 4 6 8 , 4 7 0 ; Zöller-Vollkommer, ZPO, Einl. Rn.80. 18 Vgl. namentlich Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 1 9 5 ; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 95 f. Das hängt damit zusammen, daß der Streitgegenstand der Beschlußmängelklage nicht nur durch den Beschluß, sondern auch durch den geltend gemachten Beschlußmangel bestimmt wird (unten D I 2). Daher keine Identität des Streitgegenstands von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, wenn Anfechtungsantrag auf anderen Beschlußmangel gestützt wird als Nichtigkeitsantrag: BGH ZIP 1993, 1867, 1871. 19 Boujong, N Z G 1 9 9 8 , 7 4 5 , 753; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 96; Landrock, Innenrechtsstreit, S.182; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 6 Rn.20; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.90; K. Schmidt, J Z 1988, 729, 734; Steinmeyer/Seidel DStR 1999, 2 0 7 7 , 2079. 2 0 Aus der Tatsache, daß der gerügte Beschlußmangel den Streitgegenstand der Beschlußmängelklage begrenzt, wird mit Recht gefolgert, daß der Kläger mit denjenigen Mängeln, die nur zur Anfechtbarkeit führen und nicht binnen Monatsfrist (§ 246 I AktG) geltend gemacht werden, präkludiert ist; näher unten D I 2 d. 2 1 Vgl. Henze, ZIP 2002, 97, 99; Kindt, ZGR 2000, 166, 177; K. Schmidt, JZ 1988, 729, 734; Steinmeyer/Seidel, DStR 1999, 2 0 7 7 , 2079.

272

§5 Der aktienrechtliche

3. Konsequenz: Nichtigkeitsklage

als

Beschlußmängelstreit

Gestaltungsklage?

a) Der Ansatz Wenn aber einerseits das materielle Rechtsschutzziel von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage identisch, andererseits die Anfechtungsklage unbestreitbar Gestaltungsklage sei, so müsse, so lautet die Folgerung, die Nichtigkeitsklage ebenfalls Gestaltungsklage sein 22 . Auf dem Boden der Prämisse, daß Gestaltungsurteile für und gegen jedermann wirken, wird sodann gefolgert, daß auch das Nichtigkeitsurteil diese Wirkung entfalte 23 . Mit dieser Ableitung wird zugleich die personelle Reichweite des Nichtigkeitsurteils an die des Anfechtungsurteils angeglichen und somit auch der oben aufgezeigte Wertungswiderspruch beseitigt 24 . Rechtsdogmatisch wird diese Erscheinung mit der Figur der Doppelwirkung im Recht begründet 25 : Der Beschluß sei bereits ipso iure nichtig, werde aber analog §241 Nr. 5 AktG zusätzlich nochmals durch das Gestaltungsurteil vernichtet 26 . Die Nichtigkeitsklage wirke im übrigen insoweit rechtsgestaltend, als sie dem Beschluß die Möglichkeit entziehe, nach § 242 II AktG geheilt zu werden 27 . b) Die

Urteilswirkungen

Um jenen Gleichklang in den Urteilswirkungen herzustellen, erscheint es indes nicht erforderlich, die Nichtigkeitsklage in den Rang einer Gestaltungsklage zu erheben. Denn der Ausgangspunkt, daß das Anfechtungsurteil als Gestaltungsurteil gegenüber jedermann wirkt, ist unzutreffend. Bereits oben 28 wurde gezeigt, daß entgegen der herrschenden Lehre Gestaltungsurteile ebensowenig wie andere Urteile Rechtswirkungen jenseits der subjektiven Grenzen der Rechtskraft äußern. Das gilt namentlich auch im Bereich der Beschlußmängelstreitigkeiten: Das Anfechtungsurteil kommt in seinen Wirkungen einem Beschluß der Hauptversamm22 K. Schmidt, FS Stimpel, S . 2 1 7 , 2 2 4 ; ders., J Z 1988, 729, 734; ders., FS Semler, S . 3 2 9 , 3 3 1 ; ders., A G 1995, 551, 5 5 2 ; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 1 R n . 3 , § 2 4 9 R n . 4 ; ders., in Scholz, G m b H G , § 4 5 R n . 4 5 ; ders., Gesellschaftsrecht, § 15 II 2a (S.445f.); zustimmend Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 2 5 ; Ebbing, N Z G 1998, 2 8 1 , 2 8 5 ; Hachenburg-Raiser, G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 193; Kindl, Z G R 2 0 0 0 , 1 6 6 , 172f.; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 96; Paefgen, ZIP 2 0 0 4 , 145, 149; R ö m e r m a n n , in: Michalski, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 4 8 1 ; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 172ff.; tendenziell auch C. Schäfer, Verband, S . 3 7 9 f . 23 K. Schmidt, J Z 1988, 7 2 9 , 7 3 5 ; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 1 Rn. 72; im Ergebnis ebenso A n w K - H e i d e l , A k t G , § 2 4 9 R n . 1 4 ; Gehrlein, AG 1994, 103, 105; M K - H ü f f e r , A k t G , § 2 4 9 R n . 2 3 ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.96. 24 Vgl. K. Schmidt, A G 1977, 2 0 5 , 206; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 9 R n . 5 ; Schulte, A G 1988, 67, 73. 25 Z u dieser Rechtsfigur vgl. grdl. Kipp, FS Martitz, 1911, S. 2 1 1 ff.; aus der heutigen Literatur Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 44 Rn. 6; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 729. 26 Kion, Eventualverhältnisse, S.76f.; Kindl, Z G R 2 0 0 0 , 166, 1 7 2 f . ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 93, 98; K. Schmidt, J Z 1988, 729, 7 3 2 ; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 1 Rn. 70; ders., in Scholz, G m b H G , § 4 5 R n . 4 5 . 27 Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 2 5 ; ebenso Schulte, A G 1988, 67, 73, der d a r a u s aber nicht die Konsequenz zieht, die Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage einzuordnen. 28 § 3 B II 5 c aa.

A. Das

Gestaltungsklageprinzip

273

lung gleich, mit dem der angegriffene Beschluß aufgehoben wird - mit dem einzigen Unterschied, daß der Aufhebungsbeschluß e x nunc, das Anfechtungsurteil ex tunc w i r k t 2 9 . D e r Aufhebungsbeschluß muß seinerseits von Dritten gewiß „hingen o m m e n " werden 3 0 ; er „ w i r k t " jedoch nicht gegen diese, weil er sie eben in ihrer Rechtsstellung nicht berührt 3 1 . Das gilt nicht nur für die in die Vergangenheit, sondern auch für die in die Zukunft gerichtete Gestaltung 3 2 : Die letztere berührt Dritte erst recht nicht in etwa bereits erworbenen Rechtspositionen. Für einen Gleichklang im Umfang der Rechtskraft von Anfechtungsurteilen einerseits, Nichtigkeitsurteilen andererseits hat aber der Gesetzgeber gesorgt, indem er in § 2 4 9 I 1 A k t G unter anderem auf § 2 4 8 I 1 A k t G verwiesen hat: Die Rechtskraft erfaßt in beiden Fällen sämtliche Aktionäre und Verwaltungsmitglieder. Deshalb erscheint auch der Rückgriff auf die Figur der Doppelwirkungen im R e c h t entbehrlich. D a nämlich nach hier vertretener Ansicht selbst das Anfechtungsurteil nur im R a h men der subjektiven Rechtskraftgrenzen wirkt, ist ein Gleichlauf der Urteilswirkungen mit dem Nichtigkeitsurteil auch ohnedies sichergestellt. Es verbleibt daher dabei, daß es sich bei der Nichtigkeitsklage um eine Feststellungsklage handelt. c) Rechtsschutzziel

und

Streitgegenstand

N a c h dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag und den zur Klagebegründung vorgetragenen Sachverhalt bestimmt 3 3 . Freilich scheint gerade dann die Annahme eines identischen Streitgegenstands von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage dazu zu zwingen, letztere als Gestaltungsklage zu begreifen; denn nach h . M . 3 4 wird die K o m p o nente „Klageantrag" auch durch die Rechtsschutzform bestimmt. Gestaltungsklagen haben danach gerade wegen des anderslautenden Antrags einen anderen Streitgegenstand als Leistungs- und Feststellungsklagen. D a r a u s wird zum Teil gefolgert, der Streitgegenstand von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage k ö n n e nicht derselbe sein 3 5 . Die h . M . ist jedoch bereits in sich nicht stimmig 3 6 . So führt das Urteil, das eine Leistungsklage rechtskräftig abweist, zur rechtskräftigen Feststel-

Vgl. Schröder, Konfliktbeilegung, S. 60. Vgl. Schröder, Konfliktbeilegung, S. 60. 31 Ausführlich Slabschi, Anfechtungsklage, S.52ff.; siehe zur Frage der „Außenwirkung" von Beschlüssen noch unten § 7 B II 3. 3 2 Dies gegen Schulte AG 1988, 67, 70f. 33 Arens, Streitgegenstand, S.23; Kass, Prozeßstandschaft, S. 156; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 37 VIII vor 1. (S. 159); G. Lüke, JuS 1996, 392,393; ders., in MK, ZPO, Rn. 31 f. vor § 253; Musielak-Musielak, ZPO, Einl. Rn. 74; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 92 Rn. 10, 22; Thomas/Putzo, ZPO, Einl. II Rn.24f.; Zöller-Vollkommer, ZPO, Einl. Rn.63ff., 82f. 3 4 Vgl. nur Arens, Streitgegenstand, S. 20; Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S. 72; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 365; Sosnitza, NZG 1998, 335, 337. 35 So namentlich Sosnitza NZG 1998, 335, 37; ebenso Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 124. 36 Im Ergebnis gegen die Rechtsschutzform als Teil des Streitgegenstands auch Geßler-Hüffer, AktG, §246 Rn.20. 29 30

274

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

lung, daß der geltend gemachte Anspruch nicht besteht 3 7 . Das gleiche Ergebnis hätte der Beklagte mit Hilfe einer negativen Feststellungsklage erreichen können. Beide Urteile - das abweisende Leistungs- wie das stattgebende negative Feststellungsurteil - führen dazu, daß eine zweite Leistungsklage und umgekehrt auch eine zweite negative Feststellungsklage 38 wegen desselben Anspruchs als unzulässig abgewiesen werden muß, weil der Klage die res iudicata entgegensteht. Wenn aber die Rechtskraft beider Urteile den exakt gleichen Umfang hat, kann nicht der Streitgegenstand in beiden Fällen deswegen unterschiedlich sein, weil einmal eine Leistung, das andere Mal eine Feststellung begehrt wurde. Wenn aber Leistungsund Feststellungsklage unter dem Gesichtspunkt des Streitgegenstands gegeneinander ausgetauscht werden können, leuchtet kaum ein, weswegen für die Gestaltungsklage etwas anderes gelten soll. Aber selbst wenn man die Rechtsschutzform zum Bestandteil des Streitgegenstands erheben will, bleibt doch festzuhalten, daß im Antrag der Anfechtungsklage das exakt gleiche Rechtsschutzbegehren enthalten ist wie im Antrag der Nichtigkeitsklage. Wenn gleichwohl der Gesetzgeber die Antwort des Gerichts auf einen begründeten Klageantrag für den Fall der Anfechtung in § 2 4 1 Nr. 5 AktG als (konstitutive) Nichtigerklärung, für den Fall der Nichtigkeit als (deklaratorische) Feststellung der Nichtigkeit vorgibt, so kann das nur bedeuten, daß sowohl der Nichtigkeits- als auch der Anfechtungsantrag mit einem doppelten Inhalt vorgetragen werden, nämlich mit dem Ziel, das Gericht möge auf den Klageantrag eine dieser beiden Antworten geben: Beide Anträge richten sich einheitlich auf das Ziel, das Gericht möge die Nichtigkeit feststellen (§249 AktG), hilfsweise, soweit erforderlich, herbeiführen (§§ 243 I, 241 Nr. 5 AktG). Selbst wenn man also die Rechtsschutzform zum Streitgegenstand rechnet, bleibt dieser bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage identisch 39 : Beide Anträge enthalten sowohl den Gestaltungs(Anfechtungs-) als auch den Feststellungs- (Nichtigkeits-)antrag 40 . Dann aber besteht kein Anlaß dafür, das Nichtigkeitsurteil als Gestaltungsurteil zu begreifen: Mit ihm gibt das Gericht dem Feststellungsbegehren statt und signalisiert zugleich, daß es einer konstitutiven Aufhebung des Beschlusses, mit anderen Worten: einer richterlichen Rechtsgestaltung, nicht mehr bedarf. Das Nichtigkeitsurteil ist daher ein reines Feststellungsurteil.

Vgl. nur Habscheid, ZZP 112 (1999), 37, 43. Zutreffend Habscheid, ZZP 112 (1999), 37, 4 3 . " Anders, weil die Doppelnatur sowohl des Anfechtungs- als auch des Nichtigkeitsantrags verkennend, Sosnitza, N Z G 1998, 335, 338; ders., N Z G 1999, 4 9 7 f . 4 0 Zutreffend O L G Stuttgart ZIP 1998, 1482, 1484; Boujong, N Z G 1998, 745, 7 5 3 ; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 13; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 R n . 8 2 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 1 ; MüHdbGesR/Semler, § 4 1 Rn. 101; Für den Anfechtungsantrag ebenso Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S . 2 5 . 37 ,8

A. Das 4.

275

Gestaltungsklageprinzip

Konsequenzen

Die Einsicht, daß im Nichtigkeits- immer auch der Anfechtungsantrag enthalten ist und umgekehrt, ist von wichtiger Bedeutung für die Zulässigkeit von Teilurteilen. N a c h Ansicht des B G H folgt aus der Identität des Streitgegenstandes beider Klagen, daß ein Teilurteil, das sich auf den Anfechtungs- oder Nichtigkeitsantrag beschränkt, unzulässig ist 4 1 ; ebenso ein Teilurteil, das sich bei identischem Streitgegenstand auf einen von mehreren Klägern beschränkt 4 2 . Ein Teilurteil soll nach einer Ansicht im Schrifttum zulässig bleiben, wenn die Anfechtungsklage verfristet sei und die Klage daher unter dem Gesichtspunkt des § 2 4 3 A k t G nicht mehr durchdringen k ö n n e 4 3 ; von anderer Seite wird selbst für diesen Fall eine einheitliche Entscheidung über Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gefordert 4 4 . Ausgangspunkt für eine Stellungnahme hierzu m u ß die Frage sein, ob der Kläger befugt ist, nur den Nichtigkeits- bzw. nur den Anfechtungsantrag zu stellen. D a b e i ist zu beachten, daß das Anfechtungsurteil als Gestaltungsurteil immer auch die Feststellung des Gestaltungsgrundes enthält und mit dieser Feststellung in materielle Rechtskraft erwächst - die Feststellung nämlich, daß der angefochtene Beschluß gegen das Gesetz oder die Satzung verstößt. K o m m t das Gericht zu diesem Ergebnis, so erscheint kaum verständlich, welches schützenswerte Interesse der Kläger daran haben soll, daß nur die Rechtsfolge der rechtsgestaltenden Vernichtung, nicht aber, sofern die Voraussetzungen vorliegen, auch die Feststellung der Nichtigkeit ipso iure ausgesprochen wird; der isolierte Anfechtungsantrag wäre daher jedenfalls mangels Rechtsschutzinteresses abzuweisen. Wollte man einen solchen Antrag zulassen, so liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, das Gericht bei der Prüfung des vorgetragenen Beschlußmangels auf bestimmte rechtliche Gesichtspunkte zu beschränken, nämlich alle diejenigen, welche nicht die Nichtigkeit des Beschlusses nach sich ziehen können. Aus dem gleichen Grund ist der isolierte Nichtigkeitsantrag unzulässig: Der Kläger, dem es wirklich um den Angriff gegen den Beschluß geht, erstrebt als Prozeßziel dessen Ungültigkeit unabhängig davon, o b diese deklaratorisch festgestellt oder konstitutiv durch Gestaltungsurteil ausgesprochen wird. Wenn aber Anfechtungs- und Nichtigkeitsantrag nur zusammen erhoben werden können, so m u ß auch einheitlich über sie entschieden werden selbst wenn sich im Prozeß herausstellt, daß jedenfalls

unter dem Gesichtspunkt

der Anfechtbarkeit die Klage nicht durchdringen kann. Ein Teilurteil über den Anfechtungs- oder den Nichtigkeitsantrag ist daher absolut unzulässig.

41 42 43 44

BGH DStR 1999, 643; Brandes, WM 2000, 53, 55. BGH DStR 1999, 643; Kindl, ZGR 2000, 166, 178. Goette, DStR 1999, 644. Kindl,ZGR. 2000, 166, 178.

276

§5 Der aktienrechtliche

B. Die Kontrollfunktion

Beschlußmängelstreit

des

Anfechtungsrechts

Der Aktionär, der einen Hauptversammlungsbeschluß mit der Begründung anfechten will, dieser verstoße gegen Gesetz oder Satzung, braucht hierfür kein besonderes Rechtsschutzinteresse und insbesondere keine Betroffenheit in subjektiven Rechten oder Interessen darzutun45. Er kann also insbesondere die Klage mit der Begründung erheben, der Beschluß sei rechtswidrig, ohne aktuell einen Aktionär in seinen Rechten zu beeinträchtigen; ja selbst mit der Begründung, der Beschluß beeinträchtige einen Mitaktionär in seinen Rechten46 oder verstoße gegen Interessen der Gläubiger oder der künftigen Aktionäre47. So hat der BGH bei der Uberprüfung eines nachträglich beschlossenen Höchststimmrechts mit Recht ausdrücklich nicht danach gefragt, ob der Kläger von dieser Regelung nachteilig betroffen werde 48 . Die Klage gegen einen rechtswidrigen Beschluß hat selbst dann Erfolg, wenn der Beschluß für den Kläger von Vorteil ist 49 . Die Anfechtungsklage ist eine auf den Kreis der Aktionäre beschränkte Popularklage50. Über die Funktion des so gefaßten Anfechtungsrechts besteht Streit:

4 5 BGHZ 43, 261, 265f.; 107, 261, 265f.; OLG Stuttgart AG 1998, 529; LG Frankfurt ZIP 1 9 9 7 , 1 6 9 8 , 1 6 9 9 ; LG Hof W M 1 9 9 2 , 2 0 5 7 , 2 0 6 0 ; LG Ingolstadt W M 1991, 685, 689; LG Kassel W M 1989, 789, 792; Arens, Streitgegenstand, S. 91; Baums, DJT 2000, S. F 42, 99; Binge, Gesellschafterklagen, S. 127f.; Bokelmann, DB 1972, 733, 734; Boujong, FS Kellermann, S. 1, 5 £.; Brandes, W M 1984, 289, 298; Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 18; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 13; Henckel, Parteilehre, S. 100; Heuer, W M 1 9 8 9 , 1 4 0 1 , 1402;Hirte, BB 1 9 8 8 , 1 4 6 9 , 1472; Hoffmann-Becking, ZHR 167 (2003), 357, 361; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 151, 235; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 9; Immenga, GmbHR 1973, 5, 6; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 5 Rn.77; KnobbeKeuk, FS Ballerstedt, S.239, 244; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 359; Kuhn, W M 1957, 1142, 1144; Landrock, Innenrechtsstreit, S.214; Martens, ZIP 1992, 1677, 1689; Meyer-Landrut, FS Schilling, S.235, 238; MüHdbGesR III/Ingerl, § 4 0 Rn.45; Pflugradt, Leistungsklagen, S.82f.; Radu, ZIP 1992, 303, 305; Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, S. 587, 601; Roth, FS Henckel, S. 707, 711; Schilling, J Z 1953, 406, 407; Schindler/Witzel NZG 2 0 0 1 , 577, 580; K. Schmidt, AG 1977, 205, 208; ders., FS Semler, S.329, 338; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 6 Rn.60; ders., Gesellschaftsrecht, § 28 IV 5 e aa (S. 860); Schröder, Konfliktbeilegung, S. 273; Schultz, Behebung, S. 34; Volhard, AG 1998, 397; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 89; Wiedemann, Organverantwortung, S.54. Die Gegenansicht von Kort (Bestandsschutz, S.72f.) ist auf dem Boden seiner eigenen Prämisse, daß die Anfechtungsklage auch im Interesse der Gesellschaft bestehe, widersprüchlich. Martens aaO.S. 1690 will dem Aktionär die Geltendmachung eigener Rechte ausnahmsweise dann abverlangen, wenn ein Bezugsrechtsausschluß gerichtlich überprüft werden soll; dagegen Bungert, W M 1995, 1, 9; Kreß, Beschlußkontrolle, S.22; Schockenhoff, AG 1994, 45, 57; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 166. 4 6 Vgl. A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.151f.; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 5 Rn.77; Das gilt selbst dann, wenn der benachteiligte Mitaktionär den Beschluß hingenommen hat: Baums, DJT 2 0 0 0 , S. F 100. 4 7 KK-Zöllner, AktG, § 245 Rn. 77. 4 8 BGHZ 70, 117, 118. 4 9 OLG Frankfurt GmbHR 1976, 110. 5 0 Vgl. Hommelhoff/Timm, AG 1989, 168; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 5 Rn.77; Krieger, Z H R 163 (1999), 343, 359; Schindler/Witzel,NZG 2 0 0 1 , 577, 578; Wiedemann, Organverantwortung, S. 54; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 36; Windbichler, Aktionärsverhalten, S. 35, 37

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

277

I. Materiellrechtlicher Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung? 1. Die These Verbreitet wird ein allgemeiner Anspruch des Mitglieds gegen den Verband auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung postuliert 51 . Daraus wird teilweise gefolgert, das Mitglied könne vom Verband verlangen, daß Beschlüsse, die gleichwohl unter Verletzung von Gesetz und Satzung gefaßt worden seien, wieder aufgehoben würden 52 . Mit der Erhebung der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage mache das Mitglied eben diesen Aufhebungsanspruch geltend 53 : Die Beschlußmängelklage hätte, so wird vorgetragen, ebenso als Leistungsklage auf Beseitigung des angegriffenen Beschlusses ausgestaltet werden können 54 . Einige Autoren versuchen die Funktion des behaupteten Rechts auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung näher zu erläutern: Die Anfechtungsklage verkörpere das Instrument, mit dessen Hilfe der Aktionär den mit rechtswidrigen Mehrheitsbeschlüssen verbundenen Eingriff in seine Mitgliedschaft abwehren könne 55 . Die Grundlage dieses Abwehrrechts wird, ähnlich wie bei der oben § 1 behandelten Kompetenzschutzklage, zum Teil im Verbandsrecht gesucht 56 ; andere greifen demgegenüber auf das Deliktsrecht zurück und erblicken im rechtswidrigen Beschluß eine Verletzung der Mitgliedschaft als eines „sonstigen Rechts" im Sinne des § 823 I BGB, deren Unterlassung analog § 1004 BGB verlangt werden könne 57 . Die Anfechtungs-

51 R G Z 85, 3 1 1 , 313; B G H Z 4 3 , 2 6 1 , 2 6 5 f.; 99, 119, 122; B G H W M 1966, 4 4 6 , 4 4 7 ; O L G Düsseldorf G m b H R 2 0 0 0 , 1049, 1052; G m b H R 2 0 0 1 , 1050, 1052; O L G F r a n k f u r t G m b H R 1 9 7 6 , 110; O L G Stuttgart A G 1998, 5 2 9 ; LG F r a n k f u r t Z I P 1 9 9 7 , 1 6 9 8 , 1699; Arens, Streitgegenstand, S. 91; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 167f.; Berg, Beschlüsse, S. 117; Casper, Z H R 163 (1999), 54, 68; Habersack, Mitgliedschaft, S . 2 2 9 f . , 2 9 6 f . ; Hommelhoff/Timm, AG 1 9 7 6 , 3 3 0 , 332; Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S . 2 3 9 , 2 4 6 f f . ; Krohn, Z H R 153 (1989), 7 1 0 , 711; Lindemann, Beschlußfassung, S. 176f.; G. Luke, N J W 1966, 838, 839; ders., in M K , Z P O , R n . 4 4 vor § 2 5 3 ; Martens, Z I P 1 9 9 2 , 1 6 7 7 , 1 6 8 9 ; Meyer-Landrut, FS Schilling, S. 2 3 5 , 2 4 1 ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S . 4 5 ; Prior, Vereinsbeschlüsse, S . 2 3 7 ; Schilling, J Z 1 9 5 3 , 4 0 6 , 4 0 7 ; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.30ff.; Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 5 R n . 3 6 ; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 101; Weber, DStR 1997, 824, 828. 52 Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S . 2 3 9 , 2 4 6 f f . ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S . 4 6 ; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.49f.; Schultz, Behebung, S.48. 53 Arnold, G e w i n n a u s z a h l u n g s a n s p r u c h , S. 167f.; Binge, Gesellschafterklagen, S. 128; Casper, Z H R 163 (1999), 54, 76; G. Lüke, N J W 1966, 838, 839; K. Schmidt, in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 6 R n . 9 ; ders., in Scholz, G m b H G , § 4 5 R n . 3 6 . 54 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.93; ähnlich Casper, Z H R 163 (1999), 54, 76. 55 Vgl. Bühring-Vhle/Nelle, AG 1 9 8 9 , 4 1 , 48; Dürr, BB 1 9 9 5 , 1365, 1366; Hoffmann-Sekking, Z H R 167 (2003), 357, 3 6 1 f . ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 3 Rn. 13; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 162; Lindemann, Beschlußfassung, S. 175, 177; Mülbert, Aktiengesellschaft, S.245; Slabschi, Anfechtungsklage, S.46f., 94f. 56 In diesem Sinne namentlich K. Schmidt, FS Stimpel, S . 2 1 7 , 2 2 3 ; ders., FS Semler, S . 3 2 9 , 331; ders., Gesellschaftsrecht, § 2 1 V 2 (S. 646ff.); ders., in Scholz, G m b H G , § 4 5 R n . 4 6 ; ebenso Dürr, BB 1995, 1365, 1366. 57 Casper, Z H R 163 (1999), 54, 68f.; Habersack, Mitgliedschaft, S . 2 2 9 f f . , 2 6 2

278

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

klage erscheint dann als eine besondere Ausprägung dieses Unterlassungsanspruchs, wenn durch Beschluß in die Mitgliedschaft eingegriffen wird 5 8 . 2. Die Anfechtungsklage

als actio

negatoria?

Der Versuch, die Mitgliedschaft als „sonstiges Recht" im Sinne des § 823 I BGB zu qualifizieren, wurde bereits verworfen 5 9 . Aber auch aus verbandsrechtlicher Sicht läßt sich ein Anspruch des Aktionärs auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung nicht begründen 6 0 . Das wird insbesondere dann deutlich, wenn die Anfechtungsklage auf die Verletzung von Rechten gestützt wird, die allein den Mitaktionären zustehen; es leuchtet kaum ein, die Verletzung solcher Rechte als Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht des Anfechtungsklägers zu begreifen 61 . Die Annahme eines Anspruchs auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung wird aber auch im übrigen der differenzierten Struktur materieller Rechte und Pflichten im Verband nicht gerecht. Wie gezeigt 62 , treffen den Gesellschafter, auch den Aktionär, (Treu-)Pflichten einerseits gegenüber der Gesellschaft, andererseits gegenüber den anderen Verbandsmitgliedern. Das bedeutet von der Seite des Berechtigten her formuliert, daß die Gesellschaft und nicht der einzelne Aktionär einen Anspruch gegen die Mitaktionär auf eine Beschlußfassung hat, die (in Geschäftsführungsangelegenheiten) das Gesellschaftsinteresse strikt vorrangig beachtet und (in sonstigen Angelegenheiten) angemessen Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft nimmt. Abermals wird nämlich das Interesse der Aktionäre am Wohlergehen der Gesellschaft in einen Leistungsanspruch der Gesellschaft transformiert: Ebenso wie der Aktionär der Gesellschaft die bedungene Einlage schuldet, schuldet er auch ihr und nur ihr alle sonstigen Handlungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks, folglich auch ein Abstimmungsverhalten, das mit dem Gesellschaftsinteresse im Einklang steht. Wo aber ein bestimmtes Abstimmungsverhalten der Gesellschaft geschuldet wird, kann nicht der einzelne Aktionär einen individuellen Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung haben; ein solcher Anspruch kommt vielmehr nur dort in Betracht, wo es um Treupflichten geht, welche die Aktionäre untereinander zu beachten haben. Mit diesen Erkenntnissen verträgt es sich nicht, wenn behauptet wird, der Aktionär könne von der Gesellschaft und sogar von seinen Mitaktionären 6 3 ganz allgemein eine gesetzes- und satzungskonforme Abstimmung verlangen. Die nachfolgend erörterten Konfliktfelder rechtswidriger Be-

58

Mertens, FS Fischer, S . 4 6 1 , 4 7 1 . O b e n § 1 B VI. 60 Wie hier Pflugradt, Leistungsklagen, S. 83. 61 So aber dezidiert Arens, Streitgegenstand, S. 91 f.; G r o ß k o m m A k t G - K . Schmidt, AktG, § 2 4 9 R n . 6 ; Habersack, Mitgliedschaft, S . 2 3 0 ; Lindemann, Beschlußfassung, S. 176f.; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.49. Überzeugend dagegen Roth, FS Henckel, S. 707, 710f.; vgl. in diese Richtung auch Wiedemann, O r g a n v e r a n t w o r t u n g , S. 54. 62 O b e n § 2 B V. 63 Vgl. Vollmann, Minderheitenschutz, S. l O l f . 59

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

279

schlußfassung mögen die differenzierte Struktur der Treupflicht im Rahmen von Abstimmungen illustrieren: 3. Die Beschlußfassung

in

Geschäftsführungsangelegenheiten

Wenn in Geschäftsführungsangelegenheiten die Gesellschaft (und nur sie) vom Gesellschafter im Rahmen von Beschlußfassungen ein Abstimmungsverhalten verlangen kann, das sich strikt vorrangig am Interesse der Gesellschaft orientiert, so steht allein der Gesellschaft ein Anspruch auf Aufhebung solcher Beschlüsse zu, die jenem Interesse zuwiderlaufen. Der Gesellschafter, der behauptet, ein Beschluß verletze das Gesellschaftsinteresse, macht damit einen Anspruch der Gesellschaft auf Aufhebung des Beschlusses geltend; Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist die Treupflicht, welche den Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft trifft. Das Recht, treuwidrige Geschäftsführungsbeschlüsse anzufechten, steht auf diese Weise in einem funktionalen Zusammenhang mit der Befugnis, im Wege der Einzelklage mitgliedschaftliche Leistungspflichten einzufordern: Die auf die Beseitigung solcher Beschlüsse gerichtete Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage verkörpert eine für den Bereich der Beschlußfassung besonders ausgestaltete actio pro socio. Das Gesetz hat dem Anliegen, die Übereinstimmung der Willensbildung im Verband mit der Verpflichtung auf die gemeinsame Zweckverfolgung in Einklang zu bringen, einen so hohen Stellenwert eingeräumt, daß es die Befugnis zur Einzelklage insoweit selbst dem einzelnen Aktionär einräumt, dem ansonsten die actio pro socio als Rechtsbehelf verschlossen ist 6 4 . Die Einzelklagebefugnis im Form des Anfechtungsrechts steht dem Aktionär freilich nur in dem Umfang zu, in dem die Hauptversammlung tatsächlich über Geschäftsführungsangelegenheiten beschließt ( § 1 1 9 II AktG). Der Zusammenhang zwischen Beschlußmängelklage und actio pro socio zeigt sich deutlich, wenn Schadensersatz wegen einer Geschäftsführungsmaßnahme begehrt wird, die nach § 119 II AktG von der Hauptversammlung oder - praktisch weitaus häufiger - in der G m b H 6 5 von der Gesellschafterversammlung mehrheitlich unter Verstoß gegen die Treupflicht beschlossen worden ist. Die Anfechtungsklage dient dazu, den Geschäftsführungsbeschluß zu Fall zu bringen, mithin die Wirkungen der treuwidrigen Stimmabgabe zu beseitigen; der anschließende Schadensersatzprozeß soll eine etwa eingetretene Vermögenseinbuße ausgleichen. Weite Teile des Schrifttums gehen davon aus, daß dem Schadensersatzbegehren die erfolgreiche Anfechtung des Beschlusses vorausgehen muß 6 6 . Das wird teilweise mit 6 4 Oben § 2 F. Gegen jeden Zusammenhang zwischen den § § 2 4 1 ff. AktG und der actio pro socio aber GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 1 R n . 7 . 6 5 Zur entsprechenden Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG in der GmbH unten § 6 . 6 6 In diesem Sinne Berger, Z H R 149 (1985), 599, 610; Fleck, GmbHR 1 9 7 4 , 2 2 4 , 2 2 8 ; Hölters, BB 1977, 105, 112; Reuter, AcP 197 (1997), 3 2 2 , 3 3 2 ; Koppensteiner, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 3 R n . 4 8 ; Scholz-Winter, GmbHG, § 14 Rn. 62; Verhoeven, Innenrecht, R n . 3 0 3 ; ders., BB 1 9 7 8 , 335, 337; Voormann, Beirat, S . 2 0 3 f . ; Zöllner, Schranken,

280

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

der Begründung angenommen, andernfalls würde die Unanfechtbarkeit des Beschlusses erheblich in Frage gestellt 67 ; andere betonen demgegenüber, der Beschluß werde auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht rechtmäßig, doch sei die unterlassene Anfechtung unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens zu berücksichtigen 68 . Beide Argumente schöpfen freilich das Problem nicht aus: Die Unanfechtbarkeit eines Beschlusses hindert, wie noch zu zeigen sein wird 69 , nicht ohne weiteres, Ersatzansprüche gegen den Vorstand aus § 93 AktG mit der Begründung zu verfolgen, er habe den Beschluß pflichtwidrig herbeigeführt oder seine Anfechtung pflichtwidrig unterlassen. Und der Hinweis auf das mitwirkende Verschulden kann nur Ersatzansprüchen derer entgegengehalten werden, die zur Anfechtung berechtigt gewesen wären, namentlich den Aktionären wegen ihres Eigenschadens, nicht aber der Gesellschaft wegen Einbußen im Gesellschaftsvermögen. Gleichwohl überzeugt der Hinweis auf die Bestandskraft des Beschlusses zumindest insoweit, als es um Ersatzansprüche gegen Mitaktionäre (bzw. Mitgesellschafter) geht: Ebenso wie die Mitglieder sich einstimmig über das Verbandsinteresse hinwegsetzen können, können sie ein verbandswidriges Verhalten auch nachträglich genehmigen oder durch Untätigbleiben legitimieren. Die Anfechtungsfrist bedeutet, daß nach ihrem Ablauf kein Mitglied mehr damit rechnen muß, wegen angeblich pflichtwidriger Stimmabgabe belangt zu werden. Das gilt auch für den Schadensersatzanspruch. 4. Die Beschlußfassung

in

Grundlagenangelegenheiten

Aber auch bei Grundlagenbeschlüssen ist nach materiellem Recht häufig die rechtmäßige Abstimmung der Gesellschaft geschuldet und nicht den Mitgesellschaftern: a) Kapitalerhöhung

zur Vermeidung der

Zwangslöschung

So hat der BGH 7 0 zu Recht ausgesprochen, daß der Gesellschafter einer GmbH, die zur Vermeidung der gesetzlichen Zwangsauflösung ihr Stammkapital erhöhen muß, verpflichtet ist, für diese Erhöhung jedenfalls dann zu stimmen, wenn ihm aus der Kapitalmaßnahme keine Nachteile entstehen, weil der Mitgesellschafter, der die Erhöhung wünscht, bereit ist, den gesamten neuen Anteil bei AufrechterS.428f.; anders aber Mertens K. Schmidt, G m b H R 1 9 7 9 , 1 2 1 , 1 2 7 f . ; Westermann G m b H R 1976, 77, 79. Einschränkend Hachenburg-Hüffer, GmbHG, §47 Rn.184: Schadensersatzanspruch möglich, soweit mit Bestandskraft des Beschlusses vereinbar. 67 Winter, Treubindungen, S . 3 2 0 f f . 68 Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 190f. i9 Unten § 7 E V 1. 70 B G H Z 9 8 , 2 7 6 , 2 8 0 f . ; B G H W M 1 9 8 7 , 841, 842; zustimmend Gaiser, G m b H R 1 9 9 9 , 2 1 0 , 2 1 4 f . ; Henze, BB 1996, 4 8 9 , 4 9 3 ; C. Schäfer, Geschäftsanteil, S.48; Schultz, Behebung, S . 2 8 2 f . ; Timm, W M 1991, 4 8 1 , 4 8 5 ; Weber, Treubindungen, S. 77; Winter, Treubindungen, S. 176; ebenso schon Lindacher, Z u k u n f t , S.47, 56ff.; ähnlich auch Tillmann, G m b H R 1983, 2 4 4 , 2 4 5 .

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

281

haltung der bisherigen Stimm-, Gewinn- und Liquidationsquoten zu übernehmen und zur Vermeidung einer möglichen Ausfallhaftung (§24 GmbHG) für den gezeichneten Betrag Sicherheit leistet. Auf den ersten Blick liegt nahe, diesen Fall als ein Beispiel für die Treupflicht der Gesellschafter untereinander abzuhandeln; doch sind bei näherem Zusehen insoweit erhebliche Zweifel angebracht: Die Pflicht, der Kapitalerhöhung zuzustimmen, bestand im Interesse der Zweckverfolgung. Dies läßt sich namentlich an der Tatsache ablesen, daß der widerstrebende Gesellschafter, wenn er nach § 61 GmbHG die Auflösung der Gesellschaft begehrt hätte, mangels eines wichtigen Grundes mit dieser Klage nicht hätte durchdringen können. Dieser Gesellschafter war also nach wie vor dem Zweckverfolgungsinteresse verpflichtet - und dies Interesse mündet nach dem oben 71 näher erläuterten Projektionsgedanken in eine Rechtsposition des Verbandes aus. Die vom Kläger angestrebte Kapitalmaßnahme sollte es ermöglichen, den Geschäftsbetrieb fortzuführen und damit die Verfolgung des Gesellschaftszwecks weiterzubetreiben. Auch wenn der Gesellschafter bei Kapitalmaßnahmen sein eigenes Interesse berücksichtigen darf und dem Gesellschaftsinteresse keinen strikten Vorrang einräumen, sondern nur hierauf Rücksicht nehmen muß, besteht diese Rücksichtspflicht im Interesse der Zweckverfolgung und damit gegenüber dem Verband. Mit der Feststellung, daß es sich beim Gegenstand des Beschlusses nicht um eine Geschäftsführungs-, sondern um eine Grundlagenangelegenheit handelt, ist also nur der ViXichtenmaßstab zugunsten des Gesellschafters verschoben; Gläubiger der Pflicht ist aber nach wie vor die Gesellschaft. Die Verpflichtung des beklagten Gesellschafters, der Kapitalerhöhung zuzustimmen, folgte somit aus seiner Treupflicht gegenüber der Gesellschaft. b) Sanierende

Kapitalherabsetzung

Um die spiegelbildliche Konstellation ging es im viel diskutierten Fall Girmes 72 : Die Girmes AG war in die Krise geraten; der Vorstand hatte mit den Gläubigern einen Vergleich ausgehandelt, der voraussetzte, daß die Aktionäre der Herabsetzung des Grundkapitals im Verhältnis 5:2 (mit anschließender Kapitalerhöhung) zustimmten. Die einfache Mehrheit stimmte dafür, eine Minderheit, für die ein gewerblicher Stimmrechtsvertreter auftrat, jedoch dagegen; sie schlug eine Herabsetzung lediglich im Verhältnis 5:3 vor, die der Vorstand bei den Gläubigern durchsetzen sollte. Weder die eine noch die andere Kapitalherabsetzung fand die erforderliche qualifizierte Mehrheit; tags darauf sah sich der Vorstand gezwungen, Konkursantrag zu stellen.

Der BGH hielt die Minderheitsaktionäre für verpflichtet, auf das Interesse der Mehrheit Rücksicht zu nehmen; deshalb sei es ihr verwehrt, einer mehrheitlich gewollten und für die Gesellschaft existenznotwendigen Kapitalherabsetzung zu widersprechen, ohne ihrerseits schutzwürdige Belange ins Feld führen zu können 73 . 71 72 73

§2 B IX 1. BGHZ 129, 136. BGHZ 129,136,152f.; zustimmend zu den vom BGH dafür aufgestellten Kriterien hungert,

282

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Auch dieser Fall wurde unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht der Gesellschafter untereinander erörtert 74 , und abermals erscheint diese Einordnung zweifelhaft 75 : Solange die Sanierung der Gesellschaft Aussicht auf Erfolg hat, sind die Gesellschafter verpflichtet, auf das Interesse an der Fortsetzung der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen - und dieses Interesse ist abermals auf den Verband projiziert. Die Gesellschaft hat so lange ein eigenes, d.h. von den fortsetzungswilligen Gesellschaftern auf sie projiziertes Interesse an (und Recht auf) ihren eigenen Fortbestand76, bis die Auflösung mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen wird oder ein wichtiger Grund für die Erhebung der Auflösungsklage (soweit eine solche statthaft ist) eintritt. Zwar können die Gesellschafter jederzeit die Auflösung beschließen und insoweit über das Gesellschaftsinteresse disponieren. Aber solange auch nur eine Minderheit, die so stark ist, daß sie die Auflösung verhindern kann, an der Gesellschaft festhalten will und deren Fortsetzung erstrebt, kann eine solche Disposition nicht stattfinden 77 . Dann bleibt die Gesellschaft als werbende erhalten; die Mitaktionäre bleiben dann dem werbenden Gesellschaftszweck verpflichtet und müssen auch in Angelegenheiten, in denen ihre eigenen mitgliedschaftlichen Belange berührt sind, auf diesen Zweck, sprich: auf die Gesellschaft Rücksicht nehmen. Deshalb besteht eine Verpflichtung, Sanierungsmaßnahmen zuzustimmen, gegenüber der Gesellschaft-, sie trifft nicht nur stabile oder ad hoc organisierte gewichtige Minderheiten 78 , sondern, da jede Stimme potentiell zur Bildung einer Blockademinderheit beitragen kann, jeden einzelnen Aktionär ohne Rücksicht auf die Höhe seiner Beteiligung79; und sie besteht nicht erst dann, wenn die MaßnahDB 1 9 9 5 , 1 7 4 9 , 1753; Wellkamp, Aktionärsschutz, S.24. Zu den treupflichtrelevanten Kriterien umfassend Häsemeyer, ZHR 160 (1996), 109, 125ff. Ob im konkreten Fall eine Zustimmungspflicht der Minderheit bestand, ist stark umstritten; dafür Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 256ff.; Lutter, J Z 1995, 1053, 1055; Schick, ZIP 1991, 932, 939; Schnorbus, JuS 1998, 877, 880f.; Timm, W M 1991, 481, 484; Wellkamp, Aktionärsschutz, S.27; ders., Vorstand, S. 101f.; dagegen Flume, ZIP 1991, 161, 165; Heermann, ZIP 1994, 1243, 1246f. 74 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 260f.; Henze, ZHR 162 (1998), 186, 192, die beide explizit auch die Ableitung der Zustimmungspflicht aus der Treupflicht gegenüber der Gesellschaft ablehnen; ferner Brandes, W M 1997, 2281f.; Goette, DStR 1999, 1450, 1451; Grunewald, FS Kropff, S. 89, 96; Jäger, WiB 1996, 457, 458f.; Kort, ZHR 164 (2000), 444; Roschmann/Frey, WiB 1996, 881, 885; Ulmer, ZIP 1999, 751, 766 mit Fn.75. 7 5 Nach Ansicht von Lutter, ZHR 153 (1989), 4 4 6 , 4 6 8 ist bei der Mitwirkung an Sanierungsvorhaben die Treupflicht sowohl gegenüber dem Verband als auch gegenüber den anderen Gesellschaftern angesprochen. 7 6 Anders, weil die Projektionsidee verkennend, Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 261. 7 7 Auf den Zusammenhang mit der fehlenden Auflösungsmehrheit derjenigen Aktionäre, welche im Fall Girmes gegen die von den Gläubigern verlangte Kapitalherabsetzung gestimmt hatten, ist mehrfach und zu Recht hingewiesen worden; vgl. BGHZ 129, 136, 152; Guntz, Treubindungen, S. 196f.; Schöne, W M 1992, 209, 212; Timm, W M 1991, 481, 484. 7 8 So aber Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 157ff.; Guntz, Treubindungen, S. 174f.; Hammen, ZBB 1993, 239, 242; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 181; Schöne, WM 1992, 209, 212; Vollmann, Minderheitenschutz, S. 98 f. 7 9 Wie hier Bungert, DB 1995, 1749, 1752; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 237; Henssler, DZWiR 1995, 4 3 0 , 431; Mülhert, Aktiengesellschaft, S.251, 253, 256, 258; Nodoushani, Treu-

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

283

rae mehrheitlich gewollt ist 8 0 , sondern bereits dann, wenn eine Minderheit sie will, die mit ihrer Stimmrechtsmacht einen Auflösungsbeschluß verhindern kann. Ist die Minderheit nicht so stark, so kann sie nichts ausrichten: Denn wenn die widerstrebende Mehrheit sogar grundlos die Auflösung beschließen könnte 8 1 , muß sie auch ohne Rechtsverstoß eine Maßnahme verhindern können, durch welche die Gesellschaft vor der Zwangsauflösung (hier: via Konkurs) bewahrt werden soll. Unbeschadet der Mehrheitsverhältnisse ist es ferner dem Gesellschafter auch unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht erlaubt, den Konkurs der Gesellschaft anzustreben, wenn die Lage objektiv aussichtslos und eine schnelle Liquidation daher objektiv im Interesse aller Beteiligten ist 8 2 . c) Kapitalerhöhung

mit

Bezugsrechtsausschluß

Wie bereits gezeigt wurde 8 3 , kommt der Ausschluß des Bezugsrechts dem teilweisen Ausschluß des betroffenen Aktionärs aus der Gesellschaft gleich. Dieser Teilausschluß geht in seinen Eingriffswirkungen in die Mitgliedschaft nicht so weit wie ein Vollausschluß; deshalb sind auch seine Voraussetzungen weniger streng: Es bedarf keines wichtigen Grundes gerade in der Person des Gesellschafters, der die Fortsetzung der Gesellschaft unter seiner Beteiligung unzumutbar macht; es reicht vielmehr aus, daß der Bezugsrechtsausschluß im Interesse der Gesellschaft durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist, die nicht notwendig in der Person des Gesellschafters begründet zu liegen brauchen. Und während der wichtige Grund für den vollständigen Ausschluß eines Gesellschafters/Aktionärs gerichtlich voll überprüfbar ist, steht den Gesellschaftern/Aktionären bei der Frage, ob ein sachlicher Grund gegeben und der Bezugsrechtsausschluß aus diesem Grund erforderlich ist, ein Beurteilungsspielraum zu 8 4 . Die Zurücknahme der gerichtlichen Ergebniskontrolle wird durch besondere Vorkehrungen für das Verfahren, nämlich durch den Vorstandsbericht nach § 186 IV AktG kompensiert. Damit ist aber nur ein gradueller, kein qualitativer Unterschied ausgesprochen: Während es beim Vollausschluß materiell die Auflösung der Mitgliedsbeziehung geht, richtet sich der Bezugsrechtsausschluß auf eine Änderung jener Beziehung im Sinne einer Reduktion der Beteiligungsquote. Das Bezugsrecht entfällt freilich erst dann, wenn es durch Beschluß der Hauptversammlung ausgeschlossen wird. Sofern vereinzelt vorgetraepflicht, S. 165; Sester, Treupflichtverletzung, S. 155; vgl. ferner C. Schäfer, Diskussionsbericht, Z H R 157 (1993), 192f. 8 0 So aber neben dem BGH auch Hennnchs, AcP 195 ( 1995), 2 2 1 , 2 6 2 ; Timm, W M 1 9 9 1 , 4 8 1 , 485. 8 1 Zur fehlenden materiellen Beschlußkontrolle bei Auflösungsbeschlüssen unten § 11 A I 3 b. 8 2 So BGH W M 1968, 874, 875 für die GmbH. 8 3 Oben § 3 A IV 2. 8 4 Vgl. O L G Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1588; O L G Stuttgart ZIP 1 9 9 8 , 1482, 1486; LG Heidelberg ZIP 1988, 1257, 1258; LG Kassel AG 1975, 163, 164; LG München I AG 1991, 73, 74; Bagel, Bezugsrechtsausschluß, S.23f.; Bungert, W M 1995, 1, 11; Martens, ZIP 1 9 9 2 , 1677, 1695; Lutter, Z G R 1979, 4 0 1 , 4 0 5 ; Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluß, S.16ff.; ders., AG 1994, 4 5 , 50; Semler, BB 1983, 1566, 1568; Timm, Z H R 153 (1989), 6 0 , 63.

284

Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

gen wird 85 , dies Recht bestehe bereits ipso iure nicht, wenn das Gesellschaftsinteresse seinen Ausschluß erfordere, so verträgt sich dies nicht mit dem Beurteilungsspielraum der Hauptversammlung: Findet sich gleichwohl keine Mehrheit für einen Bezugsrechtsausschluß, so haben die Aktionäre das Bezugsrecht. Die Treupflichtbeziehungen stellen sich beim Bezugsrechtsausschluß wie folgt dar: Die Aktionäre sind kraft ihrer Treupflicht, welche ihnen gegenüber der Gesellschaft obliegt, verpflichtet, auf einen Teil ihrer Beteiligungsquote zu verzichten, wenn dies im überwiegenden Interesse der Gesellschaft erforderlich ist. Denn die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses erklärt sich aus dem Gedanken der Zweckförderung 86 ; und das Zweckförderungsinteresse ist nach der hier für richtig gehaltenen Projektionsidee das Interesse des Verbandes. Diese Pflicht manifestiert sich freilich nicht in einer positiven Handlungspflicht; namentlich sind die Aktionäre nicht verpflichtet, einen Teil ihrer Aktien auf die Gesellschaft oder nach deren Bestimmung auf einen Dritten zu übertragen. Eine Verpflichtung, dem Bezugsrechtsausschluß positiv zuzustimmen, wird sich nur in seltenen Ausnahmekonstellationen, etwa in Sanierungsfällen, begründen lassen. Soweit ein solcher Fall nicht gegeben ist, erschöpft sich die Pflicht des Aktionärs zur Reduktion der eigenen Beteiligungsquote in einer Duldungspflicht: Einen Beschluß, wonach das Bezugsrecht ausgeschlossen wird, haben die Aktionäre zu akzeptieren. Der Bezugsrechtsausschluß bewirkt die Reduktion der Beteiligungsquote, ohne daß es der Mitwirkung des betroffenen Aktionärs oder gar einer auf deren Erzwingung gerichteten Klage bedarf. Der Gesellschaft ist vielmehr vom Gesetzgeber die einseitige Gestaltungsmacht eingeräumt worden, in ihrem Interesse einen Bezugsrechtsausschluß anzuordnen, wenn eine qualifizierte Mehrheit dies so will. Diese Gestaltungsmacht üben für die Gesellschaft die Aktionäre durch Hauptversammlungsbeschluß aus. Der Fall liegt insoweit ähnlich, wie wenn die Satzung für den vollständigen Ausschluß eines Aktionärs vom Erfordernis einer Gestaltungsklage dispensiert und einen bloßen Beschluß ausreichen läßt, an den sich ipso iure die Ausschlußwirkungen knüpfen 87 . Wenn es aber die Aktionäre sind, denen in der Sache die Entscheidung über den (Bezugsrechts-) Ausschluß zuwächst, so sind sie ihrerseits durch ihre Treupflicht gehalten, nicht ohne sachlichen (Bezugsrechtsausschluß) bzw. wichtigen (Ausschluß) Grund für diese Maßnahme zu stimmen. Diese Treupflicht trifft sie nicht gegenüber der Gesellschaft; denn diese nimmt durch den Beschluß niemals Schaden, sondern kann allenfalls von ihm profitieren 88 . Eine Verpflichtung, jenem Ausschluß mangels eines entsprechenden Grundes nicht zuzustimmen, ist aus dem Gesellschaftsinteresse nicht erklärbar. Sie besteht daher unmittelbar gegenüber den betroffenen Mitaktionären 89 . Es ist zwar Kallmeyer, AG 1993, 249, 251. Vgl. Bagel, Bezugsrechtsausschluß, S. 289. 8 7 Zur Zulässigkeit einer solchen Satzungsgestaltung unten § 11 D I 1. 8 8 Zutreffend Nodoushani, Treuepflicht, S. 81 f. 8 9 Für den Ausschluß von Gesellschaftern einer Personengesellschaft ebenso OLG Düsseldorf W M 1083, 1320, 1321. 85

86

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

285

einzuräumen, daß der Beschluß der Gesellschaft als ihr organschaftlich gebildeter Wille zuzurechnen ist und damit auch die Gesellschaft ihre Pflicht gegenüber dem Aktionär verletzt, wenn sie dessen Mitgliedsrechte ohne Grund verkürzt 90 . Das vermag aber über die Existenz von selbständigen Treubindungen unter den Aktionären nicht hinwegzutäuschen 91 ; denn weil die Gesellschaft von ungerechtfertigten Eingriffen in Mitgliedsrechte nicht nachteilig betroffen werden kann, läßt sich die Verpflichtung der Aktionäre, sich solcher Eingriffe zu enthalten, nicht auf eine solche allein gegenüber der Gesellschaft reduzieren. Im Ergebnis zu Recht wird daher die Treupflicht der Aktionäre, die für den Bezugsrechtsausschluß stimmen, als eine Treupflicht gegenüber ihren Mitaktionären begriffen 92 . d) Hinausdrängen

von Aktionären

durch

Umgehungsmaßnahmen

Ebenso ist die Treupflicht der Aktionäre untereinander berührt, wenn bei einer Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung über die Stückelung der verbleibenden Aktien beschlossen wird: Die Treupflicht gebietet es dem Mehrheitsaktionär, für den kleinstmöglichen Nennbetrag einer Aktie zu stimmen, damit möglichst vielen Aktionären trotz abgesenkter Grundkapitalziffer der Verbleib in der Gesellschaft ermöglicht wird 93 . Wird diese Pflicht verletzt und ein Nennbetrag beschlossen, der nur wenigen Aktionären Zugang zu den neuen Aktien verschafft, so kommt dies einem Ausschluß der übrigen ohne wichtigen Grund gleich; der Mehrheitsaktionär handelt den betroffenen Aktionären gegenüber treuwidrig. Um eine Verletzung der Treupflicht gegenüber den Mitaktionären (und nicht gegenüber der Gesellschaft) handelt es sich schließlich, wenn der Mehrheitsaktionär die Auflösung der Gesellschaft betreibt und bereits im Vorfeld Maßnahmen getroffen hat, um sich den Erwerb des Gesellschaftsunternehmens zu sichern 94 . Die Auflösungsmöglichkeit ist der Mehrheit verliehen worden, weil das Gesetz ihr die Freiheit zur Desinvestition belassen will 95 . Konsequent muß die Minderheit die Auflösung nur dann hinnehmen, wenn die Mehrheit tatsächlich desinvestieren will 96 , nicht aber, wenn es der Mehrheit allein darum geht, das Gesellschaftsunter-

90

Mülbert, Aktiengesellschaft, S . 2 2 9 f f . So aber Mülbert (vorige Fn.). 92 Baumbach-Zöllner, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 5 2 ; Bommert, J R 1988, 5 0 9 ; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 139, 2 4 2 ; Hüffer, FS Steindorff, S. 5 9 , 67; Timm, J Z 1980, 665, 667; Werner, FS Semler, S . 4 1 9 , 4 2 7 ; Wiedemann, Z G R 1 9 8 0 , 1 4 7 , 1 5 6 ; Winter, Treubindungen, S. 79; Zöllner/ Winter, Z H R 158 (1994), 59, 75. 93 B G H ZIP 1 9 9 9 , 1 4 4 4 , 1 4 4 5 ; im Ergebnis zustimmend, in der Begründung aber nicht auf die Treupflicht, sondern auf § 2 2 2 IV A k t G abstellend Krieger, Z G R 2 0 0 0 , 885, 9 0 2 f f . 94 R G Z 107, 2 0 2 , 2 0 4 f f . ; B G H Z 76, 3 5 2 , 355ff.; B G H Z 103, 184, 193ff.; B G H W M 1980, 4 9 6 , 4 9 7 f . ; Baumbach-Zöllner, Anh. § 4 7 R n . 5 1 ; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 179f.; G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 122; G r o ß k o m m A k t G - K . Schmidt, § 2 4 3 R n . 4 9 ; Hachenburg-Raiser, Timm, N J W 1 9 8 8 , 1582, 1583. 95 Vgl. Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 151. 96 Ebenso Bischoff, BB 1 9 8 7 , 1055, 1061. 91

286

Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

nehmen unter Ausschluß der Minderheit fortzuführen 9 7 . Wollte man unter diesen Umständen die Auflösung zulassen, so würde die Minderheit de facto ohne wichtigen oder auch nur sachlichen Grund ausgeschlossen; das Auflösungsrecht würde funktionswidrig ausgeübt 98 . Aus diesem Grund ist mit Stimmen im Schrifttum 99 entgegen der Ansicht des BGH 1 0 0 die Auflösung bereits dann rechtswidrig, wenn es der Mehrheit allein um den Erwerb des Gesellschaftsunternehmens geht, ohne daß jener Erwerb bereits im Vorfeld eingeleitet wurde. Ebenso unzulässig erscheint es entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart 101 , wenn der Mehrheitsaktionär die Vermögensübertragung unter Auflösung der Gesellschaft (§ 179a III AktG) in der Weise betreibt, daß er das Vermögen auf sich selbst überträgt; dies schon deshalb, weil damit die Schutzmechanismen des UmwG umgangen werden, welche der Minderheit den Bestand ihrer Mitgliedschaft, jedenfalls aber einen Abfindungsanspruch gewährleisten, dessen Angemessenheit von einem Wirtschaftsprüfer kontrolliert und aufgrund eines Vorstandsberichts von jedem einzelnen Aktionär wenigstens auf Plausibilität überprüft werden kann 1 0 2 . Daher läßt sich die Verletzung der Treupflicht durch den Mehrheitsaktionär nicht mit der Überlegung verneinen, die Minderheit sei zur Übernahme des Gesellschaftsunternehmens finanziell ohnehin nicht in der Lage gewesen 101 . Die mit dem Vorstehenden angesprochene Problematik des squeeze out von Kleinaktionären ist mittlerweile in den § § 327a ff. AktG gesetzlich geregelt, die gerade unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes kritisiert worden sind 104 . Sofern nicht der Mehrheitsaktionär nach diesen Vorschriften legitimiert ist, das Gesellschaftsunternehmen an sich zu reißen, handelt er den Mitaktionären gegenüber treuwidrig, wenn er es dennoch tut; denn er verkürzt deren Mitgliedsrechte.

97 Ebenso Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 151 f.; Lutter, Z G R 1981, 171, 181 f.; Martens, G m b H R 1 9 8 4 , 2 6 5 , 2 6 9 f . ; Timm, J Z 1980, 665, 670; Worch, Treuepflichten, S.38 98 Vgl. Martens, Rechtsdogmatik, S . 2 5 1 , 2 5 5 f . 99 Worch, Martens, Rechtsdogmatik, S . 2 5 1 , 2 5 4 f f . ; ders., Martens G m b H R 1 9 8 4 , 2 6 5 , 269f.; Treuepflichten, S . 3 8 f. 100 B G H Z 103, 184, 191 ff.; O L G Stuttgart A G 1994, 4 1 1 , 4 1 2 ; LG Stuttgart AG 1 9 9 3 , 4 7 1 . 101 O L G Stuttgart ZIP 1995, 1515, 1517ff.; zustimmend Henze, ZIP 1995, 1 4 7 3 , 1477ff.; ders., FS W i e d e m a n n , S. 935, 949. 102 Ausführlich Lutter/Drygala, FS K r o p f f , S. 191, 195ff.; dem folgend Wiedemann, ZGR 1999, 857, 870. Das B a y O b L G (ZIP 2 9 9 8 , 2 0 0 2 , 2 0 0 3 f f . ) hatte es in einem vergleichbaren Verfahren abgelehnt, für eine auf § 179a A k t G gestützte übertragende Auflösung auf den G r o ß a k t i o när ein Spruchverfahren d u r c h z u f ü h r e n , u m analog §§ 2 9 U m w G , 305 A k t G die Angemessenheit der A b f i n d u n g außenstehender Aktionäre zu prüfen. Die im Text referierte Entscheidung des O L G Stuttgart w u r d e vom BVerfG gebilligt, allerdings mit der M a ß g a b e , d a ß das Gericht, das über die Anfechtungsklage gegen den Beschluß der H a u p t v e r s a m m l u n g nach § 179a A k t G befindet, die Angemessenheit der v o m G r o ß a k t i o n ä r erbrachten Gegenleistung p r ü f t ZIP 2 0 0 0 , 1670, 1671 ff.). Kritisch zu dieser R e d u k t i o n des Aktieneigentums auf bloßen Vermögensschutz mit beachtlichen G r ü n d e n H a n a u N Z G 2 0 0 2 , 1040ff.; gänzlich entgegengesetzt Mülbert, FS Ulmer, S . 4 3 3 , 4 3 7 f . : Auch von Verfassungs wegen sei das Ausschlußinteresse des Mehrheitsaktionärs unbedingt vorrangig. 103 So aber O L G Stuttgart Z I P 1995, 1515, 1519. 104 Vgl. Habersack, Z I P 2 0 0 1 , 1230, 1232ff.; Heidel/Lochner, DB 2 0 0 1 , 2 0 3 1 , 2 0 3 2 f f .

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

287

5. Die Novelle von 1884: Ein Einwand? Freilich meint ein Teil derjenigen Autoren, die im rechtswidrigen Beschluß ohne Rücksicht auf die Stoßrichtung der Rechtsverletzung einen Eingriff in die M i t gliedschaft und in der Anfechtungsklage das Rechtsinstrument zur Abwehr dieses Eingriffs erblicken, sich dafür auf den historischen Gesetzgeber berufen zu könn e n 1 0 5 . Die Aktienrechtsnovelle von 1 8 8 4 habe in der Gesetzesbegründung dies Verständnis zum Ausdruck g e b r a c h t 1 0 6 ; es habe sich seither durch die Entwicklungsstadien bis zum Erlaß des A k t G 1 9 6 5 nicht geändert 1 0 7 . Um die Validität dieser These zu überprüfen, erscheint ein Blick in die besagte Gesetzesbegründung angezeigt 1 0 8 : „Eine Befugniß des einzelnen Aktionärs, gesetzes- oder statutenwidrige Beschlüsse der Generalversammlung als ungültig anzufechten, muß schon jetzt als bestehendes Recht angesehen werden. Die Generalversammlung erhält ihre Berechtigung, als Organ der Gesellschaft zu fungiren, lediglich durch das Gesetz und den Gesellschaftsvertrag; Statut und Gesetz begrenzen ihre Befugnisse. Beschlüsse einer nicht gehörig berufenen Generalversammlung oder Beschlüsse, welche die Grenzen ihrer Zuständigkeit überschreiten, auf die Unterlassung von etwas Gebotenem oder die Vornahme von Verbotenem gerichtet sind, brauchen diejenigen Aktionäre, welche sich ihnen nicht unterworfen haben, als einen sie verbindenden Willen der Gesellschaft nicht gelten zu lassen. Die Unterstellung der einzelnen Aktionäre unter die Willensäußerung der Generalversammlung deckt sich mit den für die letztere durch Statut und Gesetz bestimmten Grenzen" Von einem „ R e c h t " oder „Anspruch" des Aktionärs auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung ist in diesen Zeilen nirgends die Rede. Im Gegenteil verstand die Gesetzesbegründung 1 8 8 4 das Anfechtungsrecht in erster Linie als ein Individualrecht, mit dessen Hilfe dem Aktionär die Möglichkeit gegeben werden solle, die Rechte der durch ihre Organe geschädigten Gesellschaft wahrzunehmen; erst in zweiter Linie wird ergänzt, daß die Aktionäre auf diese Weise zugleich ihr eigenes Recht schützten 1 0 9 .

II. Der Beschlußmängelstreit als objektives Rechtsbeanstandungsverfahren 1. Objektive Rechtskontrolle

ohne subjektiven

Anspruch

Für den v o m Gesetzgeber vorgesehenen Umfang der aktienrechtlichen Anfechtungsbefugnis verbleibt daher nur noch eine mögliche Erklärung: J e n e Befugnis ist

Vgl. Mülbert, Aktiengesellschaft, S.245; Slabschi, Anfechtungsklage, S.46ff., 87ff. Slabschi, Anfechtungsklage, S.20ff. 107 Slabschi, Anfechtungsklage, S.46. 108 Abgedruckt bei Schubert/Hommelboff, Aktienrecht, S.467. 1 0 ' Gesetzesbegründung, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Aktienrecht, S.466. Dazu auch Hommelhoff, ebenda S. 53, 99. 105 106

288

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

vollends aus dem Denken in Anspruch und korrespondierender Verpflichtung herauszulösen. Mit der Anfechtungsklage wird allein eine objektive Rechtsverletzung gerügt 110 , der nicht notwendig ein subjektiver Anspruch des Klägers oder der Gesellschaft oder überhaupt eines beteiligten Subjekts entsprechen muß. Die Anfechtungsklage (ebenso die Nichtigkeitsklage) leitet also ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren ein. Ihre Struktur entspricht einem abstrakten Normenkontrollverfahren 111 . Den zur Anfechtung befugten Personen wird die - von jeglichem subjektiven materiellen Recht losgelöste - prozessuale Befugnis112 an die Hand gegeben, Beschlüsse der Hauptversammlung auf ihre objektive Vereinbarkeit mit dem materiellen Recht hin überprüfen zu lassen 113 . Daß die Anfechtungsklage nicht nur im Interesse des Klägers zum eigenen Schutz erhoben wird 114 , sondern gerade auch die objektive Legalität von Hauptversammlungsbeschlüssen institutionell sicherstellen will 115 , kommt ganz besonders deutlich zum Ausdruck in der Anfechtungsbefugnis des Vorstands gemäß § 2 4 5 Nr. 4 AktG 116 : Diese Befugnis ist dem Vorstand als Gesamtorgan und damit als fremdnützige Kompetenz zugewiesen117. Konsequent ist der Vorstand Träger des Anfechtungsrechts und im Beschlußmängelprozeß selbst aktiv parteifähig 118 . Die Gegenansicht, die das Anfechtungsrecht als ein Recht der Gesellschaft begreift und deshalb die Gesellschaft als Klägerpartei ansehen will, die vom Vorstand lediglich vertreten werde 119 , übersieht, daß die Gesellschaft bereits als Beklagte Partei ist und das Zweiparteienprin110 Pflugradt, Leistungsklagen, S . 8 8 ; ähnlich Radu, ZIP 1992, 3 0 3 , 310: objektivrechtliche Ausgestaltung des Anfechtungsverfahrens; für objektive Kontrollfunktion des Anfechtungsrechts auch O L G Hamm ZIP 1987, 780, 783; Heckschen, ZIP 1989, 1168, 1172. 111 Radu, ZIP 1992, 303, 310. 112 Pflugradt, Leistungsklagen, S . 9 3 ; dem folgend Roth, FS Henckel, S . 7 0 7 , 7 1 0 . 113 Überzeugend Pflugradt, Leistungsklagen, S.65ff., insbes. S.79ff.; dem folgend Roth, FS Henckel, S . 7 0 7 , 710f.; im Ansatz bereits Hüffer, FS Fleck, S . 1 5 1 , 154; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 143; Wiedemann, Organverantwortung, S . 5 3 f . 114 Ebenso O L G München DB 1994, 320; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn. 8; Hommelhoff, in: ders./Schubert, Aktienrecht, S . 5 3 , 62ff. 115 Ebenso BGH ZIP 1992, 1081, 1082; Bayer, W M 1989, 121, 125; Bokelmann, DB 1972, 733, 7 3 5 ; Diekgräf, W M 1991, 6 1 3 , 6 1 7 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 Rn. 10; Lutter, FS Der Betrieb, S . 1 9 3 , 2 0 8 ; Meyer-Landrut, FS Schilling, S . 2 3 5 , 2 3 9 ; Petermann, BB 1996, 2 7 7 , 2 8 1 ; Schneider, N J W 1971, 1109, l l l O f . ; Schockenhoff, AG 1994, 45, 57; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 4; Teichmann, JuS 1990, 2 6 9 , 2 7 1 ; Wardenbach, Z G R 1992, 563, 5 7 6 ; Westermann/Biesinger, DZWiR 1992, 13, 14; 116 Ebenso Diekgräf, Sonderzahlungen, S . 2 7 ; Lutter, N J W 1969, 1873, 1877f.; ders., Z G R 1978, 347, 3 4 9 ; Volhard, Z G R 1996, 55, 57f. 117 Vgl. Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 1 0 , 59; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 1 5 6 ; Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 4 ; Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 1 6 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S.96ff. 118 Ebenso O L G Düsseldorf DB 1997, 1170; Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 501; Baumbach/Hueck, AktG, § 2 4 5 R n . 6 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . l l , 60; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 R n . 3 3 ; Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 4 , 26, 30; ders., FS Stimpel, S . 1 6 5 , 171; Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 2 1 ; MK-Hüffer, AktG, § 245 R n . 2 7 ; M K - L i n d a c h e r , ZPO, Rn. 8 vor § 5 0 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S . 9 9 ; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 173; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 3; Wieczorek-Hausmann, ZPO, R n . 2 vor § 5 0 . 119 KK-Mertens, AktG, Vorb. § 7 6 R n . 6 ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 5 R n . 5 9 ; § 2 4 6 R n . 2 4 ; H. Westermann, FS Bötticher, S . 2 6 9 , 2 7 6 ; Windel, Interventionsgrund, S. 105.

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

289

zip des deutschen Zivilprozesses der Identität beider Prozeßparteien zwingend entgegensteht 1 2 0 . Auch materiellrechtlich überzeugt die Parteirolle der Gesellschaft auf Klägerseite nicht: Die mittels des Anfechtungsrechts wahrgenommene Aufgabe, die Legalität von Hauptversammlungsbeschlüssen zu gewährleisten, ist Aufgabe des Vorstands und nicht „der Gesellschaft" 1 2 1 . M i t Rücksicht auf das Zweiparteienprinzip ist auch die Anfechtungsbefugnis nach § 2 4 5 Nr. 5 AktG ein Recht der dort genannten Verwaltungsmitglieder 122

und nicht ein solches der Gesell-

schaft 1 2 3 . Nun steht aber weder dem Vorstand als Gesamtorgan noch einzelnen Verwaltungsmitgliedern ein Rechtsanspruch

auf gesetzes- und satzungsmäßige Be-

schlußfassung zu. Das gilt namentlich auch für § 2 4 5 Nr. 5 AktG. Einen individuellen Anspruch gegen die Aktionäre oder die Gesellschaft, keine Beschlüsse zu fassen, deren Ausführung Strafbarkeit oder Schadensersatzpflicht nach sich zieht, formuliert diese Vorschrift schon deshalb nicht, weil die in ihr niedergelegte Anfechtungsbefugnis nur voraussetzt, daß diese Folge irgendeinem, sie gerade

dem klagenden

nicht aber, daß

Verwaltungsmitglied droht 1 2 4 . Wenn aber der Anfech-

tungsbefugnis nach § 2 4 5 Nr. 4, 5 kein Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung zugrunde liegt, kann die Anfechtungsklage nicht der Durchsetzung eines subjektiven Rechts dienen; die Klage ist vielmehr nur als Instrument objektiver Rechtskontrolle erklärbar.

2. Rechtskontrolle

in privater Initiative statt

Aktienamt

Das gesetzliche Steuerungsziel, das mit einem derart umfassenden Kontrollrecht verfolgt wird, sieht man mit Recht darin, daß der Anfechtungskläger über sein mitgliedschaftliches Eigeninteresse am Verbandsgebaren für die objektive Rechtskontrolle über Aktiengesellschaften mobilisiert wird 1 2 5 : Wäre die Anfechtung nicht in diesem umfassenden Sinne möglich, so bedürfte es einer staatlichen Behörde, gewissermaßen eines Aktienamtes,

um Verbände zu kontrollieren, die nach gesetzli-

cher Konstruktion zumindest das Entwicklungspotential zu großen Publikumsgesellschaften und damit zu wirtschaftlichen Machtzentren 1 2 6 haben und die daher 1 2 0 Zutreffend GroßkommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 33; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 96 f.; ausführlich zu „Insichprozessen" in der AG noch unten § 10 C, insbes. V 2 d. 121 Zutreffend Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . l l . 1 2 2 Ebenso AnwK-Heidel, AktG, § 2 4 5 R n . 2 7 ; Deckert, AG 1994, 4 5 7 , 4 5 9 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 6 5 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 R n . 3 8 ; Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 280f.; Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 3 3 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 101. 123 So aber KK-Zöllner, AktG, § 2 4 5 Rn. 69, § 2 4 6 R n . 2 5 ; H. Westermann, FS Bötticher, S. 369, 3 7 6 . 124 Vgl. Dänzer-Vanotti, BB 1 9 8 5 , 1 6 3 2 , 1 6 3 4 ; Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330, 3 3 3 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 6 9 ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 5 R n . 6 8 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 86; Rellermeyer, Z G R 1993, 77, 95; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 121; K. Schmidt, FS Semler, S . 3 2 9 , 3 3 9 f . 125 Henckel, Parteilehre, S. 100; Hirte, ZIP 1988, 953, 955; Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn. 3; Lutter, Z G R 1978, 347, 350; Schröder, Konfliktbeilegung, S. 159; Schultz, Behebung, S . 4 7 . 126 Vgl. Prior, Vereinsbeschlüsse, S . 6 6 f .

290

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

ein entsprechendes Gefahrenpotential v e r k ö r p e r n 1 2 7 . In der Tat wird jüngst für eine staatliche Aufsicht über Aktiengesellschaften plädiert, angesichts des klaren Steuerungsziels der geltenden Regelung freilich nur de lege ferenda 1 2 8 . Die K o n trolle von Mehrheitsbeschlüssen geschieht nach alledem zwar a u c h 1 2 9 , aber nicht nur im Interesse des Klägers oder der Minderheit, sondern ebenso und gerade im Interesse der Gesellschaft 1 3 0 . Und selbst darauf beschränkt sich die Funktion der Anfechtungsklage n i c h t 1 3 1 ; vielmehr geht es auch um das Interesse der Allgemeinheit an der institutionellen Funktionsfähigkeit des Aktienwesens 1 3 2 . So verdankt denn in historischer Sicht das Beschlußmängelrecht heutiger Prägung seine wesentlichen Grundlagen der Krise des Aktienwesens in der Gründerzeit 1 3 3 . Es beschreibt, wenn man es im hier beschriebenen Sinne deutet, einen Ausschnitt aus einem umfassenden verbandsrechtlichen Regulierungskonzept: N a c h Preisgabe des Konzessionssystems und der damit verbundenen Staatsaufsicht brachen in den 1 8 7 0 e r und 1 8 8 0 e r J a h r e n eine Fülle von Aktiengesellschaften zusammen, was den Bedarf nach einer R e f o r m des Aktienrechts hervorrief. Die Lösung wurde indes nicht in einer R ü c k k e h r zur Staatsaufsicht gesehen, sondern darin, daß den Aktionären ein M i n d e s t m a ß an Entscheidungszuständigkeiten zu garantieren sei. Die Aktionäre sollten durch Wahrnehmung von Verwaltungsrechten zugleich die Gesellschaft vor unkontrollierten Aktivitäten des Vorstands und des Aufsichtsrats schützen (Selbstschutz bandssouveränität

statt Staatsscbutz)^4.

Das so aufgerichtete Prinzip der Ver-

bezweckt somit gerade auch die institutionelle G e w ä h r für die

Funktionsfähigkeit der Binnenorganisation einer A G 1 3 5 . Dieser Ansatz wurde gerade auch für das Beschlußmängelrecht bestätigt, indem etwa der Gesetzgeber bei der Novelle 1 8 9 7 ein Anfechtungsrecht des Staatsanwalts erwog, aber v e r w a r f 1 3 6 .

127 Bayer, NJW 2000, 2609, 2616f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S.168; Guntz, Treubindungen, S.277; Heinze, ZGR 1979, 293, 294; Hommelhoff, in: ders./Schubert, Aktienrecht, S.53, 62ff.; Hommelhoff/Timm, AG 1989, 168; Kollhosser, AG 1977, 117, 126; Lutter, ZGR 1978, 347, 349; Noack, AG 1989, 78, 83; Radu, ZIP 1992, 303, 306f.; Schindler/Witzel, NZG 2001, 577, 578; Timm, Aktionärsverhalten, S. 1, 29f.; skeptisch zu dieser Deutung im Hinblick auf das reale Erscheinungsbild börsennotierter Gesellschaften Mertens, AG 1990, 49, 54f.; Schieß! AG 1999, 442, 446. 128 Schießt, VGR II (1999), 57, 68ff. für die Kontrolle fehlerhaften Informationsverhaltens der Gesellschaftsorgane; ablehnend Baums, DJT 2000, S. F 32ff. 59ff.; Bayer, VGR II (1999), 35, 47. 129 Vgl. Guntz, Treubindungen, S.276f. 130 Becker, Verwaltungskontrolle, S.430; Landrock, Innenrechtsstreit, S.213ff. 131 So aber Landrock, Innenrechtsstreit, S.218. 132 Arens, Streitgegenstand, S.91. Daß die Anfechtungsklage auch dem öffentlichen Interesse dient, räumen selbst diejenigen Autoren, ein, welche das Substrat dieser Klage in einem subjektiven Abwehrrecht des Aktionärs gegen rechtswidrige Beschlüsse erblicken; vgl. Casper, ZHR 163 (1999), 54, 74; Habersack, Mitgliedschaft, S.230f., 293; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 162. 133 Emmerich, Entwicklung, S. 109ff., zusammenfassend S. 135f. 134 Vgl. Schubel, Verbandssouveränität, S. 345 f., 610ff. Zum Zusammenhang dieses Konzepts mit der Gründerkrise insbesondere aaO. S345f. 135 Schubel, Verbandssouveränität, S.382ff. 136 Schubel, Verbandssouveränität, S. 391 ff.

B. Die Kontrollfunktion

3. Außenwirksame Ein Einwand?

des

291

Anfechtungsrechts

Beschlüsse und die Verteidigung von

Drittinteressen:

Die Vorstellung, daß der Aktionär die Rechtsstellung Dritter oder die objektivrechtliche Ordnung in der AG verteidige, wird freilich in neuerer Zeit bekämpft 1 3 7 : Dritte würden durch die Beschlüsse der Hauptversammlung in ihrer Rechtsstellung nicht berührt, weil sie Bindungswirkung lediglich im Verbandsinnenverhältnis entfalteten; und die objektive Ordnung des Aktienwesens zu wahren sei nicht der Aktionär mit Hilfe der ordentlichen Gerichte, sondern vielmehr der Registerrichter berufen. Die Vorstellung, daß der Aktionär als Hüter der Rechtsordnung fungiere, sei, so wird von anderer Seite ergänzt, „privatrechtsfern" 138 . An dieser Argumentation ist richtig, daß Beschlüssen grundsätzlich keine Rechtswirkung nach außen zukommt; und wo eine Außenwirkung wirklich ausnahmsweise anzuerkennen ist, besitzt der Dritte noch lange kein rechtlich geschütztes Interesse an Bestand und Fehlerfreiheit des Beschlusses 139 . Aber der Beschluß kann Rechtsnormen verletzen, welche dem Schutz Dritter dienen, ohne daß diesen deswegen bereits eine korrespondierende subjektive Rechtsstellung zur Abwehr solcher Beschlüsse zustünde. Das gilt namentlich für die Kapitalerhaltungsvorschriften: Sie schützen den Gläubiger, geben ihm aber keinen einklagbaren Anspruch auf ihre Einhaltung; allenfalls mag ihm die Befugnis zuwachsen, Rückforderungsansprüche der Gesellschaft in gesetzlicher Prozeßstandschaft zu verfolgen, und auch dies nur dann, wenn er belegen kann, daß seine Forderung aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr bedient werden kann (§62 II AktG). Der Aktionär, der einen Beschluß mit der Begründung angreift, er verstoße gegen gläubigerschützende Vorschriften (Beispiel: Nichtigkeitsklage gegen Dividendenbeschluß wegen Verstoßes gegen § 58 V AktG 140 ), verteidigt damit konsequent zwar die Interessen der Gläubiger, nicht aber deren konkrete Rechtspositionen. Die Annahme einer Außenwirkung des Beschlusses ist also nicht erforderlich, um dem Aktionär die Rolle des Verteidigers von Interessen Außenstehender zuzusprechen; die Außenwirkung hat mit der Rechtsschutzfunktion der Beschlußmängelklage nichts zu tun. 4. Objektive Rechtskontrolle

durch den Registerrichter: Ein

Einwand?

Ebensowenig überzeugt der Einwand, die Legalitätskontrolle sei nicht Aufgabe des Aktionärs, sondern des Registerrichters. Denn mit dieser Überlegung werden zum einen nur eintragungspflichtige Beschlüsse erfaßt; zum anderen wird der Spielraum überschätzt, welcher im Registerverfahren für jene Kontrolle verbleibt. 137

Slabschi, Anfechtungsklage, S . 4 9 f f . (dort zum Folgenden); Zöllner, A G 2 0 0 0 , 145, 146. Zöllner, AG 2 0 0 0 , 145, 146. 139 Ausführlich dazu unten § 7 B II 3 b. 140 Ein Dividendenbeschluß, der mehr als den Bilanzgewinn an die A k t i o n ä r e verteilt, ist n a c h § 2 4 1 Nr. 3 A k t G nichtig; vgl. z u m ähnlich lautenden § 2 1 5 H G B a.F. A. Hueck, Anfechtbarkeit, 1,8

5. 111.

292

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

So muß der Registerrichter einen anfechtbaren, aber nicht fristgemäß angefochtenen Beschluß eintragen 141 . Eine Legalitätskontrolle ist ihm verwehrt, weil bei anfechtbaren Beschlüssen die Rüge des Rechtsverstoßes zur Disposition der Aktionäre (und der anfechtungsbefugten Verwaltungsmitglieder) steht. Aber selbst wenn fristgemäß Anfechtungsklage erhoben worden ist, bedeutet dies nicht, daß der Registerrichter ungeachtet des laufenden Beschlußmängelverfahrens aus eigener Machtvollkommenheit die Eintragung ablehnen darf. Freilich wird im Schrifttum ein umfassendes materielles Prüfungsrecht des Registerrichters behauptet 142 . Gebunden sein soll er nur an ein stattgebendes, den Beschluß vernichtendes Anfechtungsurteil 143 . So weit gehen die Kompetenzen des Registerrichters jedoch gerade nicht. Das Handelsregister ist keine Institution amtswegiger staatlicher Rechtskontrolle 1 4 4 ; es ist vom Gesetzgeber nicht als staatliches Aktienamt eingerichtet worden. Konsequent ist die Löschung eingetragener Beschlüsse nach § 1 4 4 II FGG nicht bereits dann möglich, wenn zwingendes Recht verletzt wurde; für die Korrektur von Rechtsverletzungen bei der Beschlußfassung ist das Verfahren nach § § 2 4 1 ff. AktG vorgesehen 145 . Eine Löschung ist vielmehr erst dann statthaft, wenn ohne die Löschung das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Daraus ist gefolgert worden, auch die Eintragung selbst könne nur unter diesen Voraussetzungen abgelehnt werden 146 . Ob der Hinweis auf § 144 II F G G dies Ergebnis für sich allein zu tragen vermag, erscheint zweifelhaft; denn in ihr kommt ein besonderer Bestandsschutz für bereits eingetragene Beschlüsse zum Ausdruck 147 . Gleichwohl enthält die Vorschrift insoweit einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, als sie klarstellt, daß die Kontrolle rechtswidriger Hauptversammlungsbeschlüsse nicht Aufgabe des Registerrichters, sondern primär die der ordentlichen Gerichte ist; diese aber werden nicht von selbst tätig, sondern müssen von den Beteiligten angerufen werden 148 , die dafür ein Kostenrisiko in Kauf zu nehmen haben. Deswe141 Vgl. O L G Köln BB 1981, 1596, 1597; BB 1982, 579; Baums, Eintragung, S.64ff.; Huber, FS Coing, S. 167, 187; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 127 Rn. 13; a.A. Bokelmann, DB 1994, 1 3 4 1 , 1 3 4 2 , 1 3 4 6 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 243 Rn. 130f.; Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 56; Vollmann, Minderheitenschutz, S . 4 1 ; dazu sogleich unten im Text. 142 BayObLG AG 2 0 0 2 , 510; LG Düsseldorf DB 1960, 172; GroßkommAktG-Wiedemann, § 181 R n . 2 5 ; Slabschi, Anfechtungsklage, S . 1 5 7 . 143 Insoweit allg.M.; vgl. Bokelmann, DB 1994, 1341; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 80f.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 1 3 7 ; Hemze, Z G R 1979, 2 9 3 , 3 1 6 ; W. Lüke, Z G R 1990, 657, 674; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 3 Rn. 127; Slabschi, Anfechtungsklage, S . 1 5 8 . Ebenso für das Löschungsverfahren nach § 144 II FGG jüngst O L G Karlsruhe AG 2 0 0 2 , 523, 5 2 4 . 1 4 4 So aber GroßkommAktG- Wiedemann, § 181 Rn. 25: Der Registerrichter habe die Aufgabe einer Rechtsaufsichtsbehörde. Dagegen wie hier Baums, Eintragung, S.65f.; Säcker, FS Stimpel, S. 867, 871, 878ff. 1 4 5 O L G Frankfurt AG 2 0 0 2 , 352f. - Gänzlich unstatthaft ist die Amtslöschung wegen Fehlern des Beschlusses, die nur zur Anfechtbarkeit führen (OLG Karlsruhe AG 2 0 0 2 , 523, 524). 146 W. Lüke, Z G R 1990, 6 5 7 , 669ff.; zustimmend Bork, Z G R 1993, 3 4 3 , 356f. 147 Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 1 4 4 R n . 2 ; Kort, Bestandsschutz, S . 1 0 0 ; Lutter/Friedewald, ZIP 1986, 6 9 1 , 692. 148 Diesen Aspekt betonen zu Recht Kort, Bestandsschutz, S. 77 sowie jüngst O L G Frankfurt AG 2 0 0 2 , 352, 3 5 3 .

B. Die Kontrollfunktion

des

Anfechtungsrechts

293

gen darf der Registerrichter die Eintragung jedenfalls nur dann ablehnen, wenn der Beschlußmangel Rechte oder Interessen außenstehender Dritter berührt 1 4 9 , was namentlich bei lediglich anfechtbaren Beschlüssen nur selten der Fall sein wird. Aus den gleichen Gründen bestehen Bedenken gegen die verbreitete Annahme 150 , der Registerrichter sei ohne weiteres gemäß § 127 FGG zur Aussetzung des Verfahrens allein unter Hinweis auf einen laufenden Beschlußmängelprozeß befugt. In der Sache bedeutet nämlich eine solche Aussetzung, daß dem Anfechtungskläger vorläufiger Rechtsschutz gegen den Beschluß gewährt wird; diesen zu gewähren ist aber Aufgabe der ordentlichen Gerichte. Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß dort der Kläger - anders als im Verfahren nach § 127 FGG - einen Verfügungsanspruch und -grund glaubhaft machen muß, das Risiko kostenpflichtiger Abweisung des Verfügungsantrags zu gewärtigen und selbst im Erfolgsfalle ggf. Sicherheit zu leisten hat, um die Eintragung des Beschlusses vorübergehend zu verhindern 151 , sowie einer möglichen Schadensersatzpflicht aus § 945 ZPO ausgesetzt ist 152 . Diese Lasten dürfen ihm nicht auf dem Umweg über § 127 FGG abgenommen werden. Insgesamt darf daher der Registerrichter einem Hauptversammlungsbeschluß die Eintragung (sei es vorübergehend oder endgültig) nur dann verweigern, wenn zwingende Rechtsvorschriften verletzt worden sind; denn in einer Rechtsordnung, die Handelsgesellschaften Rechtsfähigkeit nach Maßgabe eines Systems der Normativbestimmungen verleiht, hat der Registerrichter auf die Einhaltung zwingenden Rechts zu achten 153 . Die Eintragung darf ferner nur im öffentlichen Interesse abgelehnt werden, etwa im Interesse der Gläubiger oder potentieller künftiger Aktionäre 154 . Soweit dagegen die Rüge von Rechtsverstößen in das Belieben der Aktionäre und Gesellschaftsorgane gestellt werden kann, ist der Registerrichter zur rechtlichen Kontrolle des Beschlusses weder verpflichtet noch auch nur berechtigt 155 . Soweit aber ein Prüfungsrecht nicht besteht, ist nicht nur die endgültige Zu149 Kort, Bestandsschutz, S.76f.; Vollmann, Minderheitenschutz, S.41; ähnlich Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 3 Rn. 130f.; Lutter, N J W 1969, 1873, 1878f.: Prüfungsrecht n u r für Beschlüsse, die auch Interessen a u ß e r h a l b derer des Klägers berühren. 150 Vgl. O L G H a m m A G 1988, 246; LG Bielefeld A G 1988, 146; LG Düsseldorf DB 1960, 172; Baur, Z G R 1972, 4 2 1 , 4 2 2 ; Bork, Z G R 1993, 3 4 3 , 356; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 80f.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 134; Grunewald, FS Zöllner, S. 177, 179f.; Guntz, Treubindungen, S. 2 8 7 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 253ff.; W. Lüke, Z G R 1990, 657, 6 7 4 ; MK-Hüffer, A k t G , § 2 4 1 R n . 8 7 ; Reichert, FS Ulmer, S.699, 7 0 1 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 IV 5g (S. 866); ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 3 R n . 7 2 ; Volhard, Z G R 1996, 5 5 , 58; Wilhelm, DB 2 0 0 1 , 5 2 0 ; Winter, FS Ulmer, S . 6 9 9 , 701. 151 Baums, Eintragung, S. 162f.; Timm, Aktionärsverhalten, S. 1, 19 152 Schmid, ZIP 1 9 9 8 , 1 0 5 7 , 1 0 6 0 ; Timm, Aktionärsverhalten, S. 20f.; Der U m f a n g der Ersatzpflicht aus § 945 Z P O ist freilich umstritten. Heinze ( Z G R 1 9 7 9 , 2 9 3 , 320f.) will sie nach d e m Rechtsgedanken des § 2 4 7 A k t G begrenzen; dagegen aber Baums, Eintragung, S . 1 6 6 ; Kort, Bestandsschutz, S. 116, 118 ff. 153 Baums, Eintragung, S.57; Bokelmann, DB 1994, 1341, 1344. 154 Baums, Eintragung, S. 58. Für anfechtbare Beschlüsse Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 3 Rn. 131; Hüffer, A k t G , § 2 4 3 R n . 5 6 ; Vollmann, Minderheitenschutz, S.41. 155 Baums, Eintragung, S.63ff., 72f.; ders., BB 1981, 2 6 2 , 2 6 3 ; etwas weitergehend Bokel-

294

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

rückweisung der Eintragung unzulässig, sondern bereits die Aussetzung der Eintragung nach § 1 2 7 F G G ; denn dann ist die Entscheidung im Anfechtungsprozeß für die Entscheidung über die Eintragung nicht vorgreiflieb 1 s, \ Der registergerichtlichen Beschlußkontrolle verbleibt nach alledem ein eher schmaler Anwendungsbereich. Ihre Existenz kann daher der These, die Anfechtungsklage sei ein Instrument objektiver Rechtskontrolle, nicht entgegengehalten werden. Die Beurteilung fiele freilich selbst dann nicht anders aus, wenn der Registerrichter zur umfassenden eigenen Rechtskontrolle befugt wäre. Soweit ihm nämlich eine solche Prüfungskompetenz zugesprochen wird, wird sie gerade zur Unterstützung

der vom

Anfechtungskläger eingeleiteten Rechtskontrolle befürwortet: Dieser sei ein Initiator jener Kontrolle, könne aber wegen des Kostenrisikos nicht der einzige sein 1 5 7 .

C. Zur Funktion der Beklagtenrolle

der

Gesellschaft

Die Anfechtungsklage ( § 2 4 6 II 1 A k t G ) und die Nichtigkeitsklage ( § § 2 4 9 1 , 2 4 6 II 1 A k t G ) sind gegen die Gesellschaft zu richten. Diejenigen Autoren, die das materiellrechtliche Substrat der Anfechtungsklage in einem Anspruch des Aktionärs auf Aufhebung des Beschlusses erblicken, halten dies bereits aus materiellrechtlichen Gründen für konsequent: Ebenso wie der Anspruch auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung richte sich auch der Anspruch auf Aufhebung rechtswidriger Beschlüsse gegen die Gesellschaft 1 5 8 . Die Hauptversammlung habe den Beschluß als Organ der Gesellschaft gefaßt; ihr sei dieser daher zuzurechn e n 1 5 9 . D a sich indes diese Erklärungsansätze als bereits im Ansatz nicht tragfähig erwiesen haben, können sie die Parteirolle der Gesellschaft nicht erklären. Sähe man die Gesellschaft aus materiellrechtlichen Gründen als die richtige Beklagte an, so müßte man zudem in K a u f nehmen, daß die Parteirollen im „ A b w e h r p r o z e ß " (nämlich bei der Anfechtungsklage) einerseits und im nachfolgenden Schadensersatzprozeß andererseits auseinanderfallen 1 6 0 . Der letztere kann sich nämlich nur gegen denjenigen Aktionär richten, welcher sein Stimmrecht fehlerhaft ausgeübt hat; denn wäre die Gesellschaft Beklagte, so würde der klagende Aktionär selbst in mann, DB 1994, 1341, 1344, der bei offensichtlichen Verstößen zum Nachteil von Individualinteressen ebenfalls eine Ablehnungspflicht des Registerrichters annimmt. 156 Ebenso Baums, Eintragung, S. 162f.; Timm, Aktionärsverhalten, S. 1, 19. 157 Lutter, NJW 1969, 1873, 1878. 158 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.46f. 159 LG Bonn AG 2001, 201, 203; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 132f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S.498; Casper ZHR 163 (1999), 54, 72; Dürr, Nebenabreden, S.99; Fleck, ZGR 1988, 104, 112f.; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 127; Lindemann, Beschlußfassung, S. 177; Mülbert, Aktiengesellschaft, S.243, 246; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.46f.; Rehbinder, ZGR 1983, 92,106; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 1 (S. 646); Schröder, Konfliktbeilegung, S.84; Schultz, Behebung, S.47f.; Seidel, Treupflichten, S.201; Winter, Treubindungen, S. 89; auf der Grundlage des rein objektivrechtlichen Konzepts ebenso Pflugradt, Leistungsklagen, S. 156. 160 Diese Konsequenz ausdrücklich billigend Winter, Treubindungen, S.91ff.

C. Z « r Funktion

der Beklagtenrolle

der

Gesellschaft

295

Erfolgsfalle einen Teil seines Schadens selbst tragen, weil der Abfluß aus dem Gesellschaftsvermögen den Wert seiner Beteiligung vermindern kann 161 . Noch bizarrer gestaltet sich das Auseinanderfallen der Parteirollen, wenn man diejenigen Beschlüsse betrachtet, welche zu einem Schaden der Gesellschaft führen und daher ihr gegenüber pflichtwidrig sind: Dann mutiert die Beklagte des Anfechtungs- zur Klägerin des Ersatzprozesses. Ihre Klage könnte man namentlich nicht mit der Begründung abweisen, der Beschluß sei ihr zuzurechnen und sie habe sich daher letztlich selbst geschädigt. Bereits diese Beobachtungen ebnen den Weg für die Einsicht, daß die Parteirolle der Gesellschaft mit materiellrechtlichen Rechts- und Pflichtenbeziehungen im Verband nichts zu tun haben kann. Den Grund, weswegen die Gesellschaft verklagt wird und nicht die Mitaktionäre, die den rechtswidrigen Beschluß gefaßt haben, sollte man daher weniger im materiellen Recht als vielmehr in den mit dieser Gestaltung verbundenen prozessualen Vorteilen suchen:

I. Die praktische Unmöglichkeit der Klage gegen alle Mitaktionäre Müßte der Aktionär die Anfechtungsklage gegen die Mitaktionäre erheben, so stünde er vor erheblichen praktischen Schwierigkeiten. Er müßte am Sitz der Gesellschaft (§22 ZPO) eine Klage gegen im Extremfall mehrere 100.000 Aktionäre erheben 162 . Deren ladungsfähige Anschriften müßte er also innerhalb der Anfechtungsfrist eruieren; allein das Rubrum der Klageschrift würde mehrere 100 Seiten umfassen. Die Klage müßte an rund um den Erdball verstreute Aktionäre zugestellt werden 163 . Das wäre kaum praktikabel 164 ; die Parteirolle der Gesellschaft ist also eine unausweichliche Konzession an die Verfahrensökonomie. Die Parteienkonstellation im Anfechtungsprozeß ist darauf gerichtet, das gerichtliche Beschlußmängelverfahren möglichst zu vereinfachen 165 .

Vgl. Winter, Treubindungen, S. 93. Angaben zur Anzahl der Aktionäre in den bekanntesten deutschen Publikumsaktiengesellschaften bei Beusch, FS Werner, S. 1, 13. 1 6 3 So im Zusammenhang mit der Publikums-KG Brandes, W M 2 0 0 0 , 385, 3 8 9 . 1 6 4 Ebenso Becker, Verwaltungskontrolle, S.474; Joost, Z G R 1984, 71, 93; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 127; Schröder, Konfliktbeilegung, S . 8 4 . 1 6 5 Wie hier namentlich LG Karlsruhe DB 1998, 1024, 1025; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 173; Menger, Lückenausfüllung, S . 2 1 1 . Ähnlich Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 79: Gesellschaft aus praktischen Gründen Beklagte; Bork ZIP 1992, 1205, 1210: Beklagtenrolle der Gesellschaft entspringt praktischer Vernunft; Lutter, Z G R 1978, 347, 3 5 7 : Gesellschaft ist mehr aus formalen als materiellen Gründen Beklagte; Rehbinder, Z G R 1983, 92, 106f.: Parteirolle der Gesellschaft trägt praktischen Bedürfnissen Rechnung. 161

162

296

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

II. A l l s e i t i g e R e c h t s k r a f t o h n e n o t w e n d i g e a l l s e i t i g e P r o z e ß b e t e i l i g u n g Darin erschöpft sich die Funktion der Parteirolle der Gesellschaft aber nicht. Vielmehr hängt sie mit der allseitigen Rechtskraftwirkung eines stattgebenden Urteils z u s a m m e n 1 6 6 . Es ist m.a.W. § 2 4 6 II 1 A k t G im Z u s a m m e n h a n g mit § 2 4 8 A k t G zu lesen: Es soll eine Entscheidung ergehen, die gegenüber kraft

entfaltet,

aber gleichwohl denjenigen

spart, die am Rechtsstreit

nicht teilnehmen

Aktionären

allen Aktionären

Rechts-

eine Prozeßbeteiligung

er-

wollen-, hieran haben insbesondere die-

jenigen Aktionäre ein Interesse, die sich der Stimme zulässigerweise enthalten ben oder die im gleichen

Sinne abgestimmt

haben

wie der Anfechtungskläger,

haaber

eine Prozeßbeteiligung scheuen oder sich die Möglichkeit einer eigenen Klage dadurch verbaut haben, daß sie keinen Widerspruch zu Protokoll erhoben haben und dadurch gemäß § 2 4 5 Nr. 1 A k t G nicht klagebefugt sind. Die Möglichkeit, die Klage gegen die Gesellschaft zu richten, bringt dem Kläger nur dann die erwünschte Vereinfachung, wenn er sicher sein kann, daß er daneben nicht doch noch seine M i t a k t i o n ä r e verklagen m u ß , um eine solche allseitige Rechtskraftbindung zu erzielen. Würde der Beschluß nicht mit Wirkung für und gegen alle als rechtswidrig gebrandmarkt und aufgehoben, könnte folglich die Anfechtungsklage ihre K o n trollfunktion nicht erfüllen 1 6 7 . M i t dieser Funktion der Beklagtenrolle ist ein zentraler schaftlichen

Prozeßrechts

Aspekt

des

innergesell-

angesprochen, der schon im R a h m e n der Ausschlußkla-

ge in der O H G die Diskussion maßgeblich bestimmt hat: Wenn ein mehrseitiges Rechtsverhältnis vor Gericht getragen wird, k o m m t es häufig vor, daß der Wille, es gerichtlich auszufechten, nicht von allen Beteiligten getragen wird. Deswegen ermöglicht das Gesetz jedem eine Prozeßbeteiligung, erzwingt sie aber nicht. Im R a h m e n des § 1 4 0 H G B wurde dies Ziel bereits mit Hilfe des materiellen schaftsrechts sellschaft

Gesell-

erreicht, weil die Aktivlegitimation für die Ausschlußklage der Gezugewiesen werden konnte. Im Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten

wird der gleiche Effekt mit Hilfe des Prozeßrechts Anfechtungsprozesses allein aus Gründen

erreicht. Die A G ist Beklagte des

prozessualer

klagtenrolle hat mit Überlegungen materiellrechtlicher

Zweckmäßigkeit; Pflichtenzuweisung

ihre Benichts

zu tun. Weder wird der Verband als Gegner eines Anspruchs auf gesetzes- und sat1 6 6 Ebenso Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.228; Menger, Lückenausfüllung, S.210f.; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1968; Winter, Treubindungen, S.90f., 185. Wenn dagegen eingewandt wird, die Rechtskrafterstreckung erkläre sich nicht aus der Parteistellung der Gesellschaft, sondern beruhe auf einer besonderen gesetzlichen Anordnung (Joost, ZGR 1984, 7 1 , 1 0 1 ) , so ist daran richtig, daß ohne eine gesetzliche Klarstellung die Rechtskrafterstreckung nicht automatisch aus der Parteistellung der Gesellschaft gefolgert werden kann (dazu auch unten § 10 A III 4 bei der Behandlung fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse) Nicht ausgeschlossen ist dagegen, daß der Gesetzgeber selbst, wenn er eine solche Anordnung trifft, diese als Ausfluß der Parteistellung begreift. 1 6 7 Zutreffend Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 167f., die aber zu Unrecht diese Überlegung der hier vertretenen Deutung des § 248 AktG als Instrument der rationellen Streiterledigung entgegenstellt; richtigerweise ergänzen sich beide Überlegungen.

C. Zur Funktion der Beklagtenrolle der

297

Gesellschaft

zungsmäßiges Verhalten noch als deliktischer „ S t ö r e r " des Mitgliedschaftsrechts in Anspruch genommen; die Gesellschaft ist also insbesondere nicht deshalb

klagte, weil ihr der Beschluß ihres Organs Hauptversammlung

zugerechnet

Be-

wird.

Es soll lediglich eine allseits verbindliche Entscheidung erreicht, gleichwohl aber die Beteiligung aller Aktionäre am Prozeß entbehrlich gemacht werden. Und noch in einem weiteren Punkt dient die Beklagtenrolle der Gesellschaft der prozessualen Vereinfachung: Dem Kläger wird bei der Auswahl des „richtigen" Beklagten die Nachfrage erspart, wer sich nach materiellem Recht wem gegenüber pflichtwidrig verhalten hat. Die Anfechtungsklage verarbeitet eine Vielfalt teriellrechtlichen

Substraten:

an

ma-

Pflichtverletzungen gegenüber dem Kläger selbst

ebenso wie gegenüber der Gesellschaft oder M i t a k t i o n ä r e n ; schließlich Pflichtverletzungen, die sich überhaupt nicht als solche gegenüber einem Mitglied oder der Gesellschaft, sondern schlicht als objektive Rechtsverstöße identifizieren lassen. Dies ist die Folge der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung, dem Aktionär die Anfechtungsklage ohne Rücksicht darauf zu eröffnen, o b er durch den rechtswidrigen Beschluß in eigenen subjektiven Rechten betroffen ist 1 6 8 . Und schließlich wäre es auch nach materiellem Verbandsrecht nicht immer angemessen, diejenigen M i t a k t i o n ä r e zu verklagen, welche den Beschluß gefaßt haben. Das erhellt namentlich dann, wenn die Beschlußmängelklage darauf gestützt wird, die Hauptversammlung sei fehlerhaft einberufen worden oder der Vorstand habe in ihrem Vorfeld pflichtwidrig entscheidungsrelevante Informationen unterdrückt, vielleicht gar auf Nachfrage verweigert: Dann kann man den für den Beschluß verantwortlichen Aktionären kaum vorwerfen, sie hätten ihre Stimme pflichtwidrig abgegeben, weil sie sich mit unzureichender Information begnügt hätten. Vielmehr liegt der Rechtsverstoß in der Sphäre des Vorstandes. Indem das Gesetz der Gesellschaft die Beklagtenrolle zuweist, stellt es für die Beseitigung rechtswidriger Beschlüsse unabhängig von der Stoßrichtung der Rechtsverletzung ein einheitliches Prozeßmodell bereit.

III. E x k u r s : B e s c h l u ß m ä n g e l s t r e i t u n d A u s k u n f t s e r z w i n g u n g s v e r f a h r e n Enthält der Vorstand der Hauptversammlung trotz entsprechender Fragen der Aktionäre ( § 1 3 1 A k t G ) Informationen vor, die für eine sachgerechte Beurteilung des Beschlußgegenstands erforderlich gewesen wären, so kann ein daraufhin gefaßter Beschluß angefochten werden 1 6 9 . Die Anfechtungsklage ist nach der noch bis vor Oben B, vor I. BGHZ 86,1, 3; KG AG 2001, 355, 356; OLG Düsseldorf DB 1967, 2157; OLG Hamburg GmbHR 1985,120; NZG 2001, 513, 514; OLG Koblenz ZIP 2001,1095,1097; OLG München NZG 1998, 383, 384; AG 2002, 294, 295; LG Berlin WM 1994, 1246, 1248f.; Baums, DJT 2000, S. F 129; Bayer, AG 1988, 323, 330; ders., ZGR 1995, 613, 616; ders., Aktionärsrechte, S. 146ff.; GroßkommAktG-K. Schmidt, §243, Rn.34; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn. 108; Henze, ZIP 2002, 97, 101; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 17; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 168

169

298

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

kurzem vertretenen Ansicht des B G H begründet, wenn der Beschluß auf dem Mangel beruht, d.h. wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei Erteilung der Auskunft anders entschieden worden wäre 1 7 0 . Indem auf diese Weise für die Anfechtbarkeit des Beschlusses eine potentielle

Kausalität zwischen Mangel und

Beschlußergebnis gefordert werde, werde nicht gegen § 2 4 3 IV AktG verstoßen. Nicht jene Kausalität sei nach dieser Vorschrift unerheblich; vielmehr werde nur ein bestimmtes Beweismittel für unstatthaft befunden 1 7 1 , nämlich die Erklärung der Hauptversammlung, sie hätte auch bei fehlerfreier Information nicht anders abgestimmt. Maßgeblich soll aber nicht sein, ob die Hauptversammlung tatsächlich, sondern nur, ob ein objektiv urteilender

Aktionär anders entschieden hätte,

wenn er über die Information verfügt hätte 1 7 2 . Ähnliche Grundsätze gelten für den Fall eines fehlerhaften Verschmelzungsberichts 1 7 3 ; für den Fall eines fehlenden Abhängigkeitsberichts (§ 3 1 2 A k t G ) 1 7 4 oder eines unvollständigen Berichts des Aufsichtsrats über die Abhängigkeitsprüfung ( § 3 1 4 A k t G ) 1 7 5 ; für den Fall versäumter Bekanntmachung eines Vertragsinhalts nach § 1 2 4 II 2 A k t G 1 7 6 ; für den Fall verspäteter Zuleitung des Jahresabschlusses bei Anfechtung des Entlastungsbeschlusses 1 7 7 und schließlich für den Fall fehlender Information der Hauptversammlung nach § 179a II A k t G 1 7 8 . Stark umstritten ist, ob die Anfechtung ausscheidet, wenn der Mehrheitsaktionär von den fraglichen Umständen in der Hauptversammlung bereits Kenntnis hatte 1 7 9 . In der Literatur wird für die Würdigung von Mängeln bei der Information der Hauptversammlung bereits im Ansatz ein gänzlich abweichendes Lösungskonzept verfolgt; dort überwiegt nämlich die Auffassung, woAnh. § 4 7 R n . 4 9 , 72; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 3 R n . 1 3 6 ; Schockenhoff., DB 1994, 2 3 2 7 , 2 3 2 9 ; Scholz-K. Schmidt, AktG, § 4 5 Rn. 103; 1 7 0 R G Z 167, 151, 165; KG O L G Z 1971, 4 8 0 , 4 8 5 ; OLG Düsseldorf DB 1967, 2 1 5 7 ; W M 1968, 67, 71; LG Frankfurt AG 1984, 2 9 6 , 2 9 8 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 114. 1 7 1 B G H Z 107, 2 9 6 , 306; O L G Düsseldorf DB 1967, 2 1 5 7 ; O L G Frankfurt W M 1990, 2 1 1 6 , 2 1 1 8 ; O L G Köln W M 1988, 1 7 9 2 , 1 7 9 4 f . ; O L G Stuttgart DB 1995, 5 6 8 ; LG Wuppertal BB 1966, 1362, 1363. 1 7 2 B G H Z 8 6 , 1 , 3 ; 1 0 3 , 1 8 4 , 1 8 6 ; BGH AG 1 9 9 5 , 4 6 2 , 4 6 4 ; KG DB 2 0 0 0 , 1 7 5 5 , 1 7 5 6 ; O L G München AG 1996, 327, 328; GmbHR 1998, 332, 333; LG Berlin W M 1994, 1246, 1249; LG Frankfurt AG 1984, 2 9 6 , 2 9 8 ; LG Ingolstadt W M 1991, 685, 6 9 2 . 1 7 3 B G H Z 107, 2 9 6 , 307f.; BGH W M 1 9 9 0 , 1 4 0 , 143; W M 1 9 9 0 , 2 0 7 3 , 2 0 7 5 ; O L G Karlsruhe ZIP 1989, 988, 993; für Anfechtbarkeit ohne Rücksicht auf jede auch nur potentielle Kausalität in diesem Fall O L G Köln W M 1988, 1792, 1795; Bayer AG 1988, 323, 330; G e ß l e r - H ü f f e r , AktG, § 2 4 3 Rn. 35; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 3 R n . 3 5 f . 1 7 4 O L G Karlsruhe BB 1 9 7 2 , 979; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 3 3 ; Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 11. 1 7 5 LG München DB 2 0 0 1 , 1714. 1 7 6 O L G München AG 1 9 9 6 , 3 2 7 , 328. 1 7 7 LG Hagen BB 1965, 181. 1 7 8 BGH AG 2 0 0 1 , 2 6 1 ; kritisch Drinkuth, AG 2 0 0 1 , 2 5 6 , 258ff. 1 7 9 Gegen Anfechtbarkeit des Beschlusses in diesem Fall B G H Z 103, 184, 186; O L G Düsseldorf W M 1968, 67, 71; LG Frankenthal, AG 1 9 8 9 , 2 5 3 , 2 5 5 . Andere wollen die Anfechtung des Beschlusses ohne Rücksicht auf diese Kenntnis zulassen: OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988, 9 9 3 ; LG Frankfurt AG 1989, 1062, 1063; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 3 1 ; Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 18.

C. Zur Funktion der Beklagtenrolle

der

Gesellschaft

299

nach Informationsverstöße immer und ohne Rücksicht auf ihre Kausalität für das Abstimmungsergebnis zur Anfechtbarkeit des Beschlusses f ü h r e n 1 8 0 ; andernfalls stünde das Auskunftsrecht des Aktionärs praktisch zur Disposition der Hauptversammlungsmehrheit. Dieser Ansicht hat sich nunmehr der B G H für den Fall eines Verstoßes gegen § 1 2 4 I V A k t G (Beschlußfassung trotz fehlerhafter Bekanntmachung des Beschlußgegenstandes in der Tagesordnung) angeschlossen 1 8 1 und dabei erkennen lassen, daß er ihr künftig generell

bei Verletzung von Informations-

rechten der Aktionäre folgen w i r d 1 8 2 . Der Gesetzgeber hat sich im U M A G - E n t wurf dieser Frage angenommen und § 2 4 3 IV A k t G in einer Weise neu gefaßt, die Formulierungen aus der alten und der neuen Rechtsprechung des B G H verknüpft: Gefragt wird nun, o b ein objektiv urteilender Aktionär die Information, die verweigert oder unrichtig erteilt worden war, als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. In der Sache wird dabei die Festschreibung der vom B G H befürworteten Relevanztheorie angestrebt 1 8 2 a . Die auf eine Verletzung des § 1 3 1 A k t G gestützte Anfechtungsklage soll nach einer Mindermeinung nur begründet sein, wenn die Auskunft vorher im Verfahren nach § 1 3 2 A k t G erzwungen worden sei 1 8 3 . Dies zeige sich bereits an der Tatsache, daß § 1 3 2 II A k t G jedem Aktionär ein R e c h t zur Einleitung des Auskunftserzwingungsverfahrens gebe, der die Anfechtungsklage erheben könne: D a m i t bringe der Gesetzgeber zum Ausdruck, daß dies Verfahren beschritten werden

müsse,

bevor die Anfechtungsklage erhoben w e r d e 1 8 4 . Die „ausschließliche" Zuständigkeit des in § 1 3 2 I A k t G benannten Gerichts erschöpfe sich nicht in einer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit; denn im F G G - V e r f a h r e n seien diese Zuständigkeiten immer ausschließliche. In § 1 3 2 I A k t G könne „ausschließlich" vielmehr 180 Sog. Relevanztheorie-, vgl. Abramenko, GmbHR 2001, 501, 504f.; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.67ff., insbes. Rn.68a; Bayer, ZGR 1995, 613, 616; Geißler, GmbHR 2002, 520, 523; Geßler-Hüffer, AktG, §243 Rn.26ff.; GroßkommAktG-K. Schmidt, §243 Rn.24, 34ff.; Hachenburg-Kaiser, GmbHG, Anh. §47 Rn. 110; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 3; Heckschen, BB 1990, 671, 673; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 13, 17f.; KK-Zöllner, AktG, §243 Rn. 81 ff.; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.134; Lutterl Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.51; UK-Hüffer, AktG, §243 Rn.30; MüHdbGesR IV/ Semler, §41 Rn.31ff.; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.267; Tröger, NZG 2002, 211, 212; Zöllner, AG 2000, 145, 148. 181 BGH ZIP 2002, 172, 174; NZG 2003, 216, 217; WM 2004, 2489, 2491. Zustimmend Henze, BB 2002, 847, 849; Schäfer, ZGR 2003, 147, 162. 182 In diesem Sinne auch die Interpretation der Rechtsprechung durch Henze, BB 2002, 893, 900 f. Für Anwendung der Relevanztheorie bei Beschlußanfechtung wegen unzulässigen Versammlungsorts OLG Düsseldorf DB 2003, 2324, 2325; zustimmend Römermann, GmbHR 2004, 581, 583; Tepfer, EWiR 2003, 929, 930. 182a Vgl. Schütz, NZG 2005, 5, 9; Wilsing, DB 2005, 35f. zum Regierungsentwurf. Dagegen hatte man den Referentenentwurf noch dahin gedeutet, der Gesetzgeber bevorzuge die frühere Rechtsprechung des BGH (so Schütz, DB 2004, 419, 420; Weißhaupt, WM 2004, 705, 710). 183 In diesem Sinne Eckardt, NJW 1959, 9, 13; Kollhosser, AG 1977, 117, 118ff.; Werner, FS Barz, S.293, 312ff.; ders., FS Heinsius, S.911, 195ff. 184 Kollhosser, AG 1977, 117, 119; Werner, FS Barz, S.293, 311; ders., FS Heinsius; S.911, 919.

300

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

nur bedeuten, daß eine materielle Entscheidung über die Auskunftspflicht des Vorstandes nur im Auskunftserzwingungsverfahren ergehen k ö n n e 1 8 5 . D e m Aktionär könne die fristgemäße Erhebung der Anfechtungsklage zugemutet werden, selbst wenn der Ausgang des Auskunftserzwingungsverfahrens ungewiß sei 1 8 6 . Wenn das Recht, Informationen des Vorstands zu erzwingen, an eine Frist von zwei W o c h e n gebunden sei (§ 1 3 2 II 2 A k t G ) , so wolle der Gesetzgeber damit im Interesse der Rechtssicherheit sichergestellt wissen, daß nach Ablauf dieser Frist die Berechtigung des Vorstandes, die Auskunft zu verweigern, in der Sache nicht mehr solle in Frage gestellt werden dürfen 1 8 7 . An eine Entscheidung im Auskunftserzwingungsverfahren, o b der Vorstand zur Auskunft verpflichtet sei oder nicht, sei das im Anfechtungsprozeß erkennende Gericht g e b u n d e n 1 8 8 ; dann müsse es auch an einen gerichtlich nicht angegriffenen Vorstandsbeschluß gebunden sein, w o n a c h die Auskunft verweigert werde. D e m Vorstandsbeschluß k o m m e m.a.W. im gerichtlichen Anfechtungsverfahren eine Tatbestandswirkung z u 1 8 9 . De lege ferenda wird gar einer Exklusivität des Auskunftserzwingungsverfahrens das W o r t geredet in dem Sinne, daß die falsche oder unvollständige Beantwortung einer Frage nur noch dort und nicht mehr im Anfechtungsprozeß soll gerügt werden können190. Diese Ansicht kann schon deshalb nicht überzeugen, weil sie zu einer faktischen Verkürzung der Anfechtungsfrist f ü h r t 1 9 1 . Diese ist in § 2 4 6 I A k t G für alle Beschlußgegenstände und alle zur bloßen Anfechtbarkeit führenden Beschlußmängel einheitlich auf einen M o n a t festgelegt worden. Diese Frist will der Gesetzgeber dem Aktionär belassen, um gerichtliche Schritte gegen den Beschluß zu bedenken. D a n n kann nicht für den speziellen Fall der Auskunftsverweigerung der Aktionär genötigt sein, binnen zwei Wochen das Auskunftserzwingungsverfahren anzustrengen, um sich das Klagerecht zu erhalten; er müßte sonst auf gut Glück zwei Verfahren anstrengen 1 9 2 . Eine solche Rechtsfolge würde das Ziel des § 1 3 2 A k t G unterminieren, die Rechtsstellung des Aktionärs zu s t ä r k e n 1 9 3 . Gänzlich unhaltbar erscheint es, dem gerichtlich nicht angegriffenen Vorstandsbeschluß über die Verweigerung der Auskunft für den Anfechtungsprozeß eine Tatbestandswirkung beizulegen; denn der Vorstand hat nicht rechtsgestaltend über den Auskunftsan185 Werner, FS Barz, S.293, 309f.; ders., FS Heinsius; S.911, 918; ähnlich bereits ders., AG 1968, 181, 183. 186 Kollhosser, AG 1977, 117, 119. 187 Werner, FS Barz, S.293, 308f. 188 Was seinerseits streitig ist. Für eine solche Bindung OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988, 994; OLG Stuttgart AG 1992, 459; GroßkommAktG-K. Schmidt, §243 Rn.34. Gegen eine Bindung aber LG Frankenthal AG 1989, 253, 255; Hüffer, AktG, §132 Rn.2; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.72. 189 Werner, FS Barz, S. 311. 190 Schießl, VGR II (1999), 57, 69. 191 Zutreffend R. Becker, AG 1988, 223, 229; Brandes, WM 1984, 289, 295; Geßler-Hüffer, AktG, §243 Rn. 119; W. Luke, ZGR 1990, 657, 662. 192 Zutreffend Baums, DJT 2000, S. F 135. 193 R. Becker, AG 1988, 223, 229; Brandes, WM 1984, 289, 295.

C. Zur Funktion der Beklagtenrolle der

Gesellschaft

301

spruch zu befinden 1 9 4 . Die Erklärung des Schuldners, er erkenne seine Leistungspflicht nicht an bzw. werde ihr nicht n a c h k o m m e n , kann jene Pflicht niemals zu Fall bringen. Wenn Bescheide einer Verwaltungsbehörde, mit denen der Antrag auf Erlaß eines Verwaltungsakts abgelehnt wird, binnen eines M o n a t s mit Hilfe der Verpflichtungsklage angegriffen werden müssen (§ § 4 2 I, 7 4 V w G O ) und nach Ablauf dieser Frist in Bestandskraft erwachsen, so ist dies eine Besonderheit des Verwaltungsrechts und durch die demokratische Legitimation der Exekutive gerechtfertigt. D e m Vorstandsentscheid kann eine vergleichbare Legitimation niemals zukommen. Das Rechtsschutzziel der Anfechtungsklage ist denn auch ein gänzlich anderes als das des Auskunftserzwingungsverfahrens: Letzeres dient der Durchsetzung des Informationsanspruchs, erstere der Beseitigung des unter Verletzung der Auskunftspflicht zustande gekommenen Beschlusses 1 9 5 . Vor allem aber widerstreitet die Gegenansicht den verfahrensökonomischen Z w e c k e n , die der Gesetzgeber den § § 2 4 1 ff. A k t G beigelegt hat. Wenn es das Ziel des aktienrechtlichen Beschlußmängelverfahrens ist, den Streit um die Gültigkeit des Beschlusses nach Möglichkeit in einem Prozeß erschöpfend zu klären, und zu diesem Z w e c k der Rechtsschutz für den Kläger erheblich vereinfacht wird, so darf dies nicht dadurch unterlaufen werden, daß die Befugnis zur Erhebung der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage von der erfolgreichen Durchführung anderer Gerichtsverfahren abhängig gemacht wird. M i t der h . M . ist daher anzunehmen, daß die auf die Verletzung der Auskunftspflicht gestützte Anfechtungsklage ohne vorheriges Auskunftserzwingungsverfahren möglich i s t 1 9 6 . Umgekehrt setzt das Informationserzwingungsverfahren in der GmbH nicht voraus, daß ein Beschluß der Gesellschafterversammlung, w o n a c h die Information verweigert werden

soll

( § 5 1 a II 2 G m b H G ) , vorher erfolgreich angefochten worden i s t 1 9 7 ; würde man dies fordern, so würde das Anfechtungsverfahren, das den Rechtsschutz an sich vereinfachen soll, als Instrument zur Blockade eines weiteren Gerichtsverfahrens mißbraucht.

Zutreffend BGHZ 86, 1, 5f.; Raiser/Wiesner, AG 1976, 266, 268. BGHZ 86, 1, 4f.; W. Lüke, ZGR 1990, 657, 661. 196 Vgl. BGHZ 86, 1, 3ff.; OLG Stuttgart AG 1998, 529, 534; R. Becker, AG 1988, 223, 229; Brandes, WM 1984, 289, 294f. ; Geßler-Hüffer, AktG, §243 Rn.199; GroßkommAktG-fC. Schmidt, AktG, §243 Rn.34; Hüffer, AktG, §132 Rn.2, §243 Rn.47; KK-Zöllner, §243 Rn. 138; W. Lüke, ZGR 1990, 657, 659ff.; Raiser/Wiesner, AG 1976, 266, 268. Für die GmbH ebenso OLG Hamburg GmbHR 1985, 120f.; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 108; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.72; MK-Hüffer, AktG, §243 Rn. 114. 197 Überzeugend BGH ZIP 1988, 87, 88f. 194

195

302

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

D. Die Beteiligung der übrigen

Aktionäre

I. M e h r h e i t von A n f e c h t u n g s k l a g e n ? Hat ein Aktionär Anfechtungsklage erhoben, so mögen andere Aktionäre ein Interesse daran haben, auf den Prozeß Einfluß zu nehmen - sei es, um den Angriff auf den Beschluß zu unterstützen, sei es, um jenen Beschluß zu verteidigen. Innerhalb der Anfechtungsfrist mag ein ebenfalls anfechtungswilliger zweiter Aktionär ebenfalls Klage erheben, die dann mit dem zuerst rechtshängig gemachten Verfahren zu verbinden ist (§246 III 3 AktG). 1. Verbindungszwang

und

Rechtshängigkeitssperre

Die Möglichkeit einer zweiten Klage durch einen anderen Aktionär erscheint freilich nicht selbstverständlich; da die Rechtskraft eines stattgebenden Urteils für und gegen sämtliche Aktionäre wirkt (§248 AktG), könnte man diese Wirkung auch bereits der Rechtshängigkeit der Anfechtungsklage beimessen mit der Folge, daß jede weitere Anfechtungsklage nach § 261 III Nr. 1 ZPO unzulässig ist 198 . Auf dem Boden der herrschenden Lehre im Prozeßrecht wäre eben dies anzunehmen: Danach ergreift der Rechtshängigkeitseinwand nicht nur die Parteien, sondern auch Dritte, auf die sich die Rechtskraft des Urteils erstreckt (hier: auch den Aktionär, der die zeitlich nachfolgende Anfechtungsklage erhebt); von ihnen und gegen sie darf daher kein Prozeß über denselben Streitgegenstand mit einer Partei des Vorprozesses geführt werden 199 . Und die Rechtshängigkeitssperre macht eine weitere Klage selbst dann unzulässig, wenn das Urteil des Vorprozesses nicht unbeschränkt, sondern nur in Abhängigkeit vom Prozeßausgang (also entweder nur bei Stattgabe oder nur bei Abweisung) Rechtskraft gegen die Parteien des Folgeprozesses wirkt 200 ; eine zweite Anfechtungsklage durch einen weiteren Aktionär müßte daher ungeachtet der Tatsache als unzulässig abgewiesen werden, daß §248 AktG die Rechtskrafterstreckung allein für den Fall eines stattgebenden Urteils anordnet, klagabweisende Urteile dagegen nur zwischen dem Kläger und der Gesellschaft gelten 201 . Freilich setzt das Gesetz in § 246 III 3 AktG die Möglichkeit meh-

198 So ausdrücklich Berger, Z H R 164 (2000), 2 9 5 , 310f.; Bork, Z H R 160 (1996), 3 7 4 , 380; Vetter, DB 2 0 0 0 , 705, 7 0 7 . 199 Vgl. O L G Koblenz J Z 1989, 1075; Bork, ZIP 1995, 609, 612; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S. 90f.; MK-Lüke, Z P O , § 2 6 1 Rn. 52; Musielak-Foerste, Z P O , § 2 6 1 Rn. 10; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 9 7 R n . 2 0 ; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, §261 R n . 5 5 ; Thomas/Putzo, ZPO, §261 R n . l l . 200 Bork, ZIP 1995, 6 0 9 , 6 1 2 . 201 Z u r inter-partes-Wirkung des klagabweisenden Anfechtungsurteils O L G N ü r n b e r g G m b H R 1 9 9 0 , 1 6 6 , 1 6 8 ; Becker, Verwaltungskontrolle, S.480f.; Brückner, Streitgenossen, S. 80; Calavros, Urteilswirkungen, S. 113; Däubler, G m b H R 1968, 4, 9; Gehrlein, A G 1994, 1 0 3 , 1 0 7 ; Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 6 R n . 2 9 , § 2 4 8 R n . 3 0 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 190, 2 4 3 f . ; Hüf-

D. Die Beteiligung der übrigen Aktionäre

303

rerer Anfechtungsklagen voraus; es fragt sich, wie sich diese Vorschrift zu § 261 III Nr. 1 ZPO verhält. 2. Zum Streitgegenstand a) Die potentielle

der

Vielfalt von

Beschlußmängelklage Beschlußmängeln

Verschiedene Kläger mögen den gleichen, aber auch unterschiedliche Beschlußmängel rügen. Im letzteren Fall kann eine Anfechtungsklage von vornherein nur dann die Rechtshängigkeitssperre gegen nachfolgende Klagen aufrichten, wenn ungeachtet der Verschiedenheit der Beschlußmängel die Anfechtung eines Beschlusses einen einzigen Streitgegenstand bildet. Damit ist die Frage nach dem Streitgegenstand der Beschlußmängelklage aufgeworfen. Dieser erschöpft sich nicht in dem Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses. Vielmehr umfaßt er, dem herrschenden und hier zugrunde gelegten zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff 202 getreu, auch den klagebegründenden Sachverhalt. Allerdings besteht Streit darüber, welche Geschehnisse im einzelnen jenen Sachverhalt konstituieren. Mehrere Deutungen kommen in Betracht. Als den klagebegründenden Sachverhalt kann man - entweder allein schon die Tatsache der Beschlußfassung 203 - oder sämtliche Vorgänge auf der Hauptversammlung, die zur Anfechtung dieses Beschlusses berechtigen, also die Summe aller Anfechtungsgründe 204 - oder nur diejenigen Tatsachen ansehen, aus denen gerade der vom Kläger vorgetragene Beschlußmangel hergeleitet wird 205 .

fer, AktG, § 2 4 8 Rn.14; KK-Zöllner, AktG, §248 Rn.35; Renkt, Gesellschafterbeschluß, S. 122f.; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn.159; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 144; K. Schmidt, J Z 1977, 769, 771 ,ders., in GroßkommAktG, § 241 Rn. 107; ders., in Scholz GmbHG, § 4 5 Rn. 177; Schröder, Konfliktbeilegung, S.282; Timm, Aktionärsverhalten, S. 1, 25; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.63; Wagner, DStR 2 0 0 3 , 468, 470; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 90; ders., Vorstand, S. 62; Winte, Streitgenossenschaft, S. 111. 202 Nachweise hierzu oben A II 3 c, Fn.33. 2 0 3 So Bruns, ZZP 78 (1965), 264, 275; Schultz, Behebung, S.247; für die Nichtigkeitsklage auch Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 119 (für Nichtigkeitsklage; anders aber für die Anfechtungsklage, vgl. S. 123). 2 0 4 So neuestens BGH NJW 2 0 0 2 , 3465, 3466; LG Frankfurt N Z G 2 0 0 4 , 672, 673; ferner Arens, Streitgegenstand, S. 50; Boujong, NZG 2003, 4 9 7 , 507; Zöllner, in Baumbach, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 80, 83; ders., in KK, AktG, § 246 Rn. 20, 47f. 2 0 5 So Bauschatz, NZG 2002, 317, 319; Emde, ZIP 1998, 1475, 1476; Geßler-Hüffer, AktG, § 1 6 0 Rn. 26; Happ, die GmbH im Prozeß, § 1 9 Rn. 95; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 3 7 VIII 2 (S.149); Kindl, ZGR 2000, 166, 176; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 7 ; K. Schmidt, J Z 1977, 769, 771; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 6 Rn.61; für die Anfechtungsklage (nicht für die Nichtigkeitsklage!) auch Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 123. Nach Bub AG 2 0 0 2 , 679 f. ist für den Umfang des Streitgegenstandes nach den verschiedenen prozessualen Rechtswirkungen zu differenzieren: Für Rechtshängigkeit und Rechtskraft soll der Streitgegenstand durch diejenigen Tatsachen begrenzt sein, welche den konkreten Beschlußmangel begründeten.

304

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Die ersten beiden Ansichten würden dazu führen, daß die Beschlußmängelklage in bezug auf einen Beschluß immer nur einen Streitgegenstand haben kann 2 0 6 ; die dritte Ansicht muß demgegenüber mehrere Streitgegenstände annehmen, wenn die Klage gegen einen Beschluß auf mehrere Beschlußmängel gestützt wird 207 . Für die These, die Klage gegen einen Beschluß habe immer nur einen Streitgegenstand, wird ins Feld geführt, das Rechtsschutzbegehren des Klägers richte sich im Kern auf die Beseitigung des angegriffenen Beschlusses 208 . Möge es auch mehrere Beschlußmängel und damit mehrere Wege geben, den Beschluß zu Fall zu bringen, so trete doch diese potentielle Vielfalt von Beschlußmängeln hinter den Umstand zurück, daß eben ein und derselbe Beschluß angefochten werde. Der Kläger begehre die Beseitigung sämtlicher Rechtsverstöße, welche dem angefochtenen Beschluß innewohnten 209 . Dieser sei konsequent auf sämtliche denkbaren Mängel hin zu prüfen? 10 b) Ein Beschluß - ein

Streitgegenstand?

Wäre diese These richtig, so wäre der Kläger nach Abweisung der Beschlußmängelklage gehindert, gestützt auf einen anderen Mangel denselben Beschluß mit einer erneuten Klage anzufechten. Freilich wird dies Problem für die Anfechtungsklage allein kaum praktisch 211 . Denn in dem Zeitpunkt, da die erste Klage rechtskräftig abgewiesen ist, ist die Frist des § 246 I AktG für eine neuerliche Anfechtungsklage in aller Regel abgelaufen. Indes umfaßt der Streitgegenstand der Anfechtungsklage, wie gezeigt 212 auch den Nichtigkeitsantrag. Wäre nun die These richtig, daß der Streitgegenstand sämtliche denkbaren Beschlußmängel umfaßt, so wäre konsequent der Kläger, dessen Anfechtungsklage abgewiesen wurde, gehindert, gestützt auf einen anderen Mangel Nichtigkeitsklage zu erheben 213 . Er wäre fortan mit sämtlichen Beschlußmängeln präkludiert, auch mit den bislang von ihm nicht gerügten, gleichviel ob er sie mit Hilfe der Anfechtungs- oder der Nichtigkeitsklage geltend machte. Gerade diese Konsequenz steht der These, alle Beschlußmängel zusammen formten den Streitgegenstand der Beschlußmängelklage,

206 So ausdrücklich Arens, Streitgegenstand, S.46ff.; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 6 3 f . ; Schlosser, Gestaltungsklagen, S . 4 0 2 ; Zöllner, Z Z P 81 (1963), 135, 154. 207 In diesem Sinne B G H DB 1994, 31, 33; Brandes, W M 1994, 2 1 7 7 , 2 1 8 7 ; Emde, Z I P 1998, 1475, 1476; Gehrlein, A G 1994, 103, 105; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 3 7 VIII 2 (S. 160). Anders, aber widersprüchlich Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 5 Rn. 154: Wenn ein Kläger einen Beschluß aus mehreren G r ü n d e n anfechte, liege n u r ein Streitgegenstand vor. 208 Vgl. Arens, Streitgegenstand, S . 4 7 . 209 Arens, Streitgegenstand, S.102. 210 So für die Nichtigkeitsklage Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 199. 211 Vgl. Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 6 R n . 2 5 ; Kindl, Z G R 2 0 0 0 , 1 6 6 , 1 7 5 ; K. Schmidt, J Z 1977, 769, 7 7 1 . 212 O b e n A II 3 c. 213 So ausdrücklich Zöllner, in Baumbach, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 8 3 ; ders., in KK, A k t G , §246 Rn.50.

D. Die Beteiligung

der übrigen

Aktionäre

305

zwingend entgegen 214 : Faktisch wird damit die Frist für die Erhebung der Nichtigkeitsklage verkürzt. Im übrigen überzeugt jene These weder in prozeßrechtsdogmatischer Hinsicht, noch wird sie den verbandsrechtlichen Grundlagen der Anfechtungsbefugnis gerecht: c) Die Aussagen des zweigliedrigen

Streitgegenstandsbegriffs

Der zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff hat sich zu Recht deshalb als herrschende Meinung durchgesetzt, weil er einen unmißverständlichen Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden hat. Nach § 253 II ZPO muß die Klage, um zulässig erhoben zu sein, den Klagegrund sowie einen bestimmten Klageantrag enthalten. Der Klagegrund wird gleichberechtigt neben dem Klageantrag genannt 215 und kann in Antithese zu ihm nur bedeuten, daß angegeben werden muß, worauf der Kläger in tatsächlicher Hinsicht meint, sein Begehren stützen zu können; der Klagegrund verkörpert damit nichts anderes als den Sachverhalt, welcher zur Klagebegründung vorgetragen wird. Seine Funktion besteht darin, dem Gericht vor Augen zu führen, weswegen der Kläger sein Begehren für gerechtfertigt hält. Würde sich nun der „Sachverhalt" in der bloßen Tatsache der Beschlußfassung erschöpfen, so dürfte sich konsequent der Kläger damit begnügen, als „Klagegrund" nach § 253 II Nr. 1 ZPO das Zustandekommen eines bestimmten Beschlusses vorzutragen. Die dem „Klagegrund" vom Gesetz zugedachte Funktion würde damit indes kaum erfüllt: Allein anhand der Tatsache der Beschlußfassung und der Wiedergabe des Beschlußinhalts wird das Gericht in den seltensten Fällen auch nur im Ansatz erschließen können, weswegen der Antrag auf Beseitigung des Beschlusses gerechtfertigt sein könnte. Der Beschluß als solcher ist legitimes und vom Gesetz vorgesehenes Mittel der verbandsinternen Willensbildung und kann daher nicht allein deshalb, weil er gefaßt wurde, seine Aufhebung rechtfertigen. Aus dem gleichen Grund läßt sich die Einheitlichkeit des Streitgegenstands nicht mit der Überlegung begründen, „Sachverhalt" sei das gesamte Geschehen auf der Hauptversammlung, auf welcher der angegriffene Beschluß gefaßt wurde. Soweit dies Geschehen sich nicht auf jenen Beschluß bezieht, ist es zur Rechtfertigung des Klagevorbringens schlicht ungeeignet 216 . Aber nicht einmal die pauschale Summe aller denkbaren Beschlußmängel vermag einen hinreichend verdichteten „Sachverhalt" zu formen: Wenn es Aufgabe des Sachverhalts ist, dem Gericht vor Augen zu führen, warum der Klageantrag gerechtfertigt sein könnte, so muß konsequent ein Vorbringen, welches tatsächlich geeignet ist, im Falle seiner Richtigkeit ein stattgebendes Urteil herbeizuführen, als eigenständiger „Sachverhalt" akzeptiert werden. Wenn sich nun in der Hauptversammlung mehrere Vorfälle ereignet haben, welche je für sich die Nichtigerklärung des Beschlusses rechtfertigen, so genügt der Vortrag eines von ihnen, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Dann aber ist nicht 214 215 216

Vgl. Geßler-Hüffer, AktG, §246 Rn.24f., §248 Rn.32f. Z u t r e f f e n d Arens, Streitgegenstand, S.21. Insoweit richtig Arens, Streitgegenstand, S.48f.

306

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

einsichtig, weshalb auch die übrigen Beschlußmängel zum „Sachverhalt" gehören sollen: Das hätte zur Konsequenz, daß der Kläger, der nur einen Beschlußmangel rügt, einen unvollständigen Sachverhalt vorträgt und dennoch mit seiner Klage Erfolg haben kann. d) Streitgegenstand und verbandsrechtliche Anfechtungsbefugnis

Grundlagen

der

Die Funktion der Beschlußmängelklage beschränkt sich denn auch nicht darauf, Beschlüsse überhaupt zu beseitigen. Insbesondere erscheint es irreführend, im Charakter der Anfechtungsklage als Gestaltungsklage eine Funktion 2 1 7 . Wenn von der Funktion eines Rechtsbehelfs die Rede ist, so kann damit sinnvollerweise nur die Beschreibung seines Zwecks gemeint sein. Diese Zweck wurde oben 218 dahin beschrieben, daß dem einzelnen Aktionär die Befugnis zuwachsen soll, die Beschlüsse der Hauptversammlung objektiv auf ihre Rechtmäßigkeit hin kontrollieren zu lassen. Wenn der Beschluß auf Klage eines Aktionärs durch Gestaltungsurteil beseitigt wird, so ist mit dieser Gestaltungswirkung nicht der Zweck der Klage, sondern das Mittel der so umrissenen Rechtskontrolle bezeichnet: Der Beschluß, der die Rechtmäßigkeitskontrolle nicht bestanden hat, wird beseitigt. Wenn aber das Ziel der Beschlußmängelklage in der Rechtmäßigkeitskontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen besteht, so muß allein schon deshalb zur Rechtfertigung des Anfechtungs- oder Nichtigkeitsantrags zwingend der Vortrag eines konkreten Beschlußmangels hinzutreten; denn nur dieser bietet Anlaß, in eine gerichtliche Kontrolle des Beschlusses einzutreten. Dieser Beschlußmangel begrenzt dann aber auch den Streitgegenstand; die gerichtliche Beschlußkontrolle ist auf die für den angeblichen Beschlußmangel vorgetragenen Tatsachen beschränkt. Wollte man dem Kläger nach Abweisung seiner Klage den Weg zu einer weiteren, auf einen anderen Beschlußmangel gestützten Klage versperren, so würde man ohne einleuchtenden Grund seine Befugnis verkürzen, eine gerichtliche Beschlußkontrolle zu initiieren: Solange das Gesetz für einen Beschlußmangel die Möglichkeit der gerichtlichen Korrektur eröffnet, ist nicht einzusehen, weswegen ein Kläger, der (zwar andere, aber) gerade diesen Mangel noch nicht gerügt hat, dies nicht nunmehr soll nachholen können. Der Streitgegenstand der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wird daher richtigerweise nicht nur durch den angefochtenen Beschluß, sondern auch durch den gerügten Beschlußmangel definiert. Bedeutet nun diese Bestimmung des Streitgegenstands, daß der Kläger nach Abweisung seiner Anfechtungsklage eine weitere, auf einen anderen Mangel gestützte Klage erheben kann 2 1 9 , so hat sie andererseits eine nicht unerhebliche Beschnei2 1 7 So aber K. Schmidt, FS Semler, S. 329, 331; ders., Gesellschaftsrecht, § 21 V 2 (S. 646); ders., in Scholz, GmbHG, § 4 5 R n . 4 6 . 2 1 8 B II. 2 1 9 So zutreffend Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 15; K. Schmidt, J Z 1977, 769, III.

D. Die Beteiligung

der übrigen

Aktionäre

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dung des Rechtsschutzes zur Folge: Weil der Streitgegenstand auch durch den konkreten Beschlußraarage/ bestimmt wird, muß dieser innerhalb der Anfechtungsfrist in seinem tatsächlichen Kern in den Prozeß eingeführt werden. Beschlußmängel, die erst später vorgetragen werden, sind nach § 246 I AktG präkludiert 220 ; sie können fortan nur noch als Nichtigkeitsgründe berücksichtigt werden 221 . Diese Folge könnte sich auf dem Boden der Gegenansichten, welche den Beschlußmangel nicht als vom Streitgegenstand umfaßt ansehen, nicht einstellen 222 . Die einmal erhobene Beschlußmängelklage würde danach den Beschluß unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten als fehlerhaft rügen, egal ob und wann sie im Prozeß vorgetragen worden sind 223 . Indes erweist sich gerade in diesen Konsequenzen ein weiteres Mal, daß die hier vertretene Bestimmung des Streitgegenstands den Gegenansichten überlegen ist: Gewiß würde § 2461 AktG einen fristgemäßen Vortrag sämtlicher Beschlußmängel, wie hier für notwendig gehalten, nicht erfordern, wenn sich der Zweck dieser Vorschrift darin erschöpfte, der Gesellschaft rasche Gewißheit zu verschaffen, ob sie auf der Grundlage des Beschlusses arbeiten kann; denn diese Gewißheit hat sie, sofern tatsächlich die Klage fristgemäß erhoben wird, erst dann, wenn der Prozeß rechtskräftig abgeschlossen ist. Doch will § 246 I AktG mehr: Es soll der Rechtsstreit, der die Arbeit der Gesellschaft belastet 224 , möglichst rasch abgewickelt werden. Dem entspricht es, wenn dem Kläger ein beschleunigter Tatsachenvortrag abverlangt wird, der das Gericht alsbald zu einer erschöpfenden Prüfung des Beschlusses und die Gesellschaft alsbald zu einer umfassenden Rechtsverteidigung befähigt 225 . Dafür reicht es nicht aus, verzögert vor220 Im Ergebnis ganz h.M.; vgl. B G H Z 1 5 , 1 7 7 , 1 8 0 f . ; 32, 3 1 8 , 3 2 2 f . ; 1 2 0 , 1 4 1 , 1 5 7 ; 1 3 7 , 3 7 8 , 3 8 6 ; B G H W M 1966, 4 4 6 , 4 4 7 ; W M 1966, 1132, 1133f.; O L G Düsseldorf N Z G 2 0 0 0 , 1 1 8 0 , 1181; DB 2 0 0 1 , 2 3 9 0 , 2 3 9 1 ; O L G F r a n k f u r t AG 1976, 2 9 8 , 300; O L G H a m b u r g N Z G 2 0 0 2 , 244, 245; O L G Karlsruhe ZIP 1989, 988, 994; O L G Köln A G 1963, 162, 163; O L G M ü n c h e n A G 2 0 0 1 , 197, 199; O L G Thüringen G m b H R 2 0 0 2 , 115, 116f.; LG Kassel A G 1975, 163; LG M a n n h e i m W M 1988, 775, 781; LG Stuttgart AG 1994, 5 6 7 , 568; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 65; Boujong, N Z G 2 0 0 0 , 1193, 1202; Brandes, W M 1994, 2 1 7 7 , 2 1 8 7 ; Emde, Z I P 2 0 0 0 , 59, 61; Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 6 Rn. 40ff.; Hachenburg-Raiser, G m b H G , Anh. § 4 7 , Rn. 184; Happ, Die G m b H im Prozeß, § 1 9 R n . 8 2 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 1 6 3 f . ; Hüffer, A k t G , § 2 4 6 R n . 2 6 ; Kindl, Z G R 2 0 0 0 , 166, 176; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S . 2 5 ; Lutter/Hommelh o f f , G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 6 7 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 6 R n . 4 2 f . ; M ü H d b G e s R I V / S e m l e r , § 4 1 Rn. 75; K. Schmidt, J Z 1977, 769, 771 f.; ders., in Scholz, G m b H G , § 4 5 Rn. 145; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 6 R n . 2 2 ; Schröder, Konfliktbeilegung, S . 2 9 0 ; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 2 0 3 . 221 O L G M ü n c h e n AG 2 0 0 1 , 197, 199. 222 Für Präklusion nicht rechtzeitig vorgetragener Anfechtungsgründe selbst auf d e m Boden der D e u t u n g , d a ß alle Beschlußmängel zusammen den Streitgegenstand a u s m a c h e n , aber Arens, Streitgegenstand, S. 97; v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2 0 0 3 , 4 2 6 , 4 2 8 f.; Wagner, DStR 2 0 0 3 , 4 6 8 , 4 7 1 . Nachdrücklich für Zulässigkeit nachgeschobener Anfechtungsgründe auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist (ebenfalls auf d e m Boden dieser Bestimmung des Streitgegenstandes) AnwKHeidel, A k t G , § 2 4 6 Rn. 31: § 2 4 6 A k t G fordere lediglich eine rechtzeitige Klagsserhebung, nicht aber auch eine rechtzeitige Klagebegründung. 223 So in der Tat Schultz, Behebung, S . 2 4 6 f . 224 Dies bemerkt zu Recht Prior, Vereinsbeschlüsse, S.22. 225 Im Ergebnis ebenso u n d in der Begründung ähnlich Bork, N Z G 2 0 0 2 , 1094: Präklusion

308

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

getragene Anfechtungsgründe lediglich nach Maßgabe des § 296 ZPO zu präkludieren, schon gar nicht, wenn zugleich betont wird, im Zweifel sei Verspätung zu verneinen bzw. als entschuldigt anzusehen 226 . Vielmehr müssen die Grundlagen des Streitstoffs so rasch umrissen sein, daß das Verfahren fortan ausschließlich auf die geltend gemachten Beschlußmängel konzentriert werden kann. e) Folgerungen für das Verhältnis von Verbindungszwang Rechtshängigkeitssperre

und

Wenn also mehrere Anfechtungsklagen auf unterschiedliche Beschlußmängel gestützt werden, so fehlt es von vornherein an einer Identität des Streitgegenstands, welche die Sperre des § 261 III Nr. 1 ZPO auslösen könnte. Beide Klagen sind danach zulässig, aber nach § 246 III 3 AktG miteinander zu verbinden. Wird dagegen mit beiden Klagen derselbe Beschlußmangel gerügt, so ist der Streitgegenstand identisch. Für diesen Fall sind zwei Überlegungen denkbar: Zum einen könnte man es bei der Anordnung des § 261 III Nr. 1 ZPO belassen, die zweite Klage folglich als unzulässig abweisen 227 . § 246 III 3 AktG stünde dem nicht zwingend entgegen, weil dieser Vorschrift, wie gesehen, für den Fall ein eigener Anwendungsbereich verbleibt, daß die beiden Klagen auf verschiedene Beschlußmängel gestützt werden. Zum anderen könnte man aber auch §261 III Nr. 1 ZPO selbst bei gleichem Sachvortrag in beiden Anfechtungsklagen für unanwendbar halten mit der Begründung, § 246 III 3 AktG formuliere als lex specialis zu dieser Vorschrift eine Ausnahme von der Rechtshängigkeitssperre 228 . Dann wären beide Klagen zulässig, aber eben obligatorisch miteinander zu verbinden. 3. Zum Zweck des

Verbindungszwangs

Welche von den beiden Deutungen die zutreffende ist, hängt maßgeblich vom Normzweck des § 246 III 3 AktG ab. Dieser wird ganz allgemein darin erblickt, widersprüchliche Entscheidungen zu verhindern 229 . Würde man zwei parallele Anfechtungsprozesse ermöglichen, so könnte es geschehen, daß im einen Prozeß ein klagabweisendes Urteil ergeht, im anderen aber der Beschluß für nichtig erklärt wird. Da § 248 11 AktG das stattgebende Urteil unterschiedslos für verbindlich gegenüber allen Aktionären und Organmitgliedern erklärt, würde diese Wirvon nicht rechtzeitig vorgetragenen Mängeln aus Gründen der Rechtssicherheit geboten, die durch § 246 I AktG geschaffen werden soll. 226 So aber AnwK-Heidel, AktG, § 246 Rn. 31. 227 Dafür in der Tat Emde, ZIP 1998, 1475, 1476. 228 Bork, ZIP 1995, 609, 612. Auch das OLG München (GmbHR 1996, 451, 452) hat eine zweite Klage nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abgewiesen, sondern auf den Verbindungszwang nach § 246 III 3 AktG hingewiesen. 229 OLG Hamm ZIP 1 9 8 7 , 7 8 0 , 7 8 2 ; Bork, ZIP 1 9 9 5 , 6 0 9 , 6 1 5 ; Heuer, AG 1 9 8 9 , 2 3 4 , 2 3 6 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 170; MK-Hüffer, AktG, §246 Rn.69; MüHdbGesR IV/Semler, § 4 1 Rn.76; K.H. Schwab, FS Gaul. S.729, 730.

D. Die Beteiligung der übrigen

Aktionäre

309

kung auch zugunsten desjenigen Aktionärs eintreten, der seinerseits im Beschlußmängelprozeß gegenüber der Gesellschaft unterlegen i s t 2 3 0 . Eben dies will § 2 4 6 III 3 A k t G verhindern 2 3 1 . M i t dieser Überlegung ist der N o r m z w e c k des § 2 4 6 III 3 A k t G gewiß teilweise, jedoch nicht erschöpfend beschrieben. Denn der Verbindungszwang besteht selbst dann, wenn mit beiden Klagen verschiedene Beschlußmängel gerügt w e r d e n 2 3 2 . D a n n besteht zwar abermals die Gefahr, daß der Beschluß im einen Prozeß vernichtet und im anderen für rechtmäßig erklärt wird; sieht man aber wie hier in unterschiedlichen Beschlußmängeln unterschiedliche Streitgegenstände, so kann man schwerlich zu dem Ergebnis gelangen, daß beide Urteile in der Sache einander widersprechen. Ginge es dem Gesetzgeber nur um die Einheitlichkeit der Entscheidung, so hätte er es schlicht bei der Regel des § 2 6 1 III Nr. 1 Z P O belassen können: Die Einmaligkeit des Prozesses über denselben Streitgegenstand gewährleistet am sichersten, daß widersprechende Entscheidungen nicht ergehen; und eben dies ist auch die Funktion dieser Vorschrift 2 3 3 . M i t § 2 4 6 III 3 A k t G erstrebt der Gesetzgeber daher mehr als nur die Einheitlichkeit der Entscheidungen: Es soll außerdem im Interesse der Prozeßökonomie

der Rechtsstreit

bei einem einzigen Spruchkörper konzentriert w e r d e n 2 3 4 - selbst dort, w o wegen des unterschiedlichen Streitgegenstandes an sich mehrere Prozesse möglich wären. Eben daraus erklärt sich auch die ausschließliche Zuständigkeit des in § 2 4 6 III 1 A k t G benannten Gerichts. Es soll des weiteren verhindert werden, daß mehrere angerufene Gerichte mit ihrer Entscheidung bis zu einem Urteil durch das jeweils andere zuwarten und daher eine wechselseitige L ä h m u n g der Prozesse eintritt 2 3 5 . Die Vermehrung der Prozesse kann ferner unnötige M e h r k o s t e n verursachen, von denen das Gesellschaftsvermögen möglichst zu verschonen ist. D e r N o r m z w e c k des § 2 4 6 III 3 A k t G bewegt sich nach alledem ganz auf der Linie der hier für richtig gehaltenen verbandsprozeßrechtlichen Grundidee: Die Verfolgung des Gesellschaftszwecks soll durch interne Rechtsstreitigkeiten nicht mehr als nötig belastet werden. Deshalb soll die Auseinandersetzung nach Möglichkeit auf einen Prozeß konzentriert werden; und deshalb soll dieser so wenig Kosten verursachen wie nur irgend möglich. M i t dieser Konzentration des Verfahrens ist zugleich eine einheitliche Entscheidung gewährleistet. Es bedarf hierfür nicht notwendig der Rechtshängigkeitssperre. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Reichweite des § 2 6 1 III Nr. 1 Z P O und 2 3 0 Vgl. Brückner, Streitgenossen, S.80f.; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.244; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.252; K.-H. Schwab, FS Lent, S.271, 279; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.219; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.57. 231 Winte, Streitgenossenschaft, S. 26 2 3 2 Anders, aber ohne Begründung und aus den nachfolgend im Text genannten Gründen verfehlt GroßkommAktG-K. Schmidt, §246 Rn.66. 233 Baumbach-Hartmann, ZPO, §261 Rn.24; Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.90; Herrmann, Rechtshängigkeit, S. 142; Musielak-Foerste, ZPO, §261 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 97 Rn. 18; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, § 261 Rn.3. 2 3 4 So mit Recht Bork, ZIP 1995, 609, 615. 2 3 5 Zutreffend Bork, ZIP 1995, 609, 615.

310

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

dessen Verhältnis zu § 2 4 6 III 3 AktG. Wie gezeigt, hält die h.L. die eigene Klage eines von der Rechtskraft des Urteils betroffenen Dritten selbst dann für unzulässig, wenn die Rechtskraft ihn nur im Falle der Abweisung bzw. nur im Falle der Stattgabe ergreift. Dem Dritten wird auf diese Weise das Recht, in eigener Initiative gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen, mit Rücksicht auf ein Urteil im Vorprozeß beschnitten, das nur möglicherweise für oder gegen ihn wirkt. Diese Konsequenz leuchtet nicht ohne weiteres ein; sie ist daher auch nicht unbestritten geblieben. So hat man ihr entgegengehalten, § 2 6 1 III Nr. 1 Z P O verbiete lediglich die Mehrheit von Urteilen mit (ganz oder teilweise) identischem Rechtskraftumfang, nicht aber die Mehrheit von Verfahren 2 3 6 . § 2 6 1 III Nr. 1 ZPO enthalte nichts anderes als eine besondere Ausprägung des Rechtsschutzinteresses 237 . Gerade in Fällen einseitiger Rechtskrafterstreckung könne ein solches Bedürfnis für den zweiten Prozeß nicht verneint werden 2 3 8 . Im zweiten Verfahren könne damit nicht der Einwand der Rechtshängigkeit erhoben werden; lediglich ein Urteil sei vor Beendigung des ersten Prozesses ausgeschlossen 239 . Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit, daß einander widersprechende Urteile ergingen und in Rechtskraft erwüchsen, selbst gesehen und gelöst: Ergehe in einem Verfahren eine Entscheidung, die sich auf Dritte erstrecke, so erfasse die Rechtskraft selbst diejenigen Dritten, die in einem anderen Verfahren ein abweichendes und deshalb nur inter partes wirkendes Urteil erstritten hätten 2 4 0 . So wirke das stattgebende Anfechtungsurteil auch zugunsten derjenigen, Aktionäre, die mit ihrer Beschlußmängelklage rechtskräftig gescheitert seien. Um die Einheitlichkeit der Entscheidung sicherzustellen, bedürfe es daher der Rechtshängigkeitssperre nicht. Der Gesetzgeber habe der Handlungsfähigkeit jedes einzelnen Streitgenossen den Vorrang eingeräumt: Jeder solle für sich, unabhängig vom Prozeßverhalten des anderen Streitgenossen, die Möglichkeit haben, eine ihm günstige Entscheidung herbeizuführen 241 . O b die soeben skizzierten Bedenken gegen die h.L. im allgemeinen durchgreifen, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Denn jedenfalls in § 2 4 6 III 3 AktG hat der Gesetzgeber ihnen für den besonderen Bereich aktienrechtlicher Beschlußmängelstreitigkeiten Rechnung getragen: Wenn schon das Verfahren ex lege zwingend bei einem Spruchkörper konzentriert ist, können beliebig viele Kläger mit Hilfe einer eigenen Klage den Beschluß angreifen, ohne hieran durch andere rechtshängige Anfechtungsklagen gehindert zu sein, selbst wenn der Streitgegenstand derselbe ist 2 4 2 . Legt man dies Verständnis zugrunde, so erweist sich § 2 4 6 Herrmann, Rechtshängigkeit, S. 143 ff. Herrmann, Rechtshängigkeit, S . 1 4 8 . 258 Herrmann, Rechtshängigkeit, S . 1 5 9 . 239 Herrmann, Rechtshängigkeit, S.154ff. 240 Brückner, Streitgenossen, S. 89 ff. 241 Brückner, Streitgenossen, S . 9 2 . 2 4 2 Das im Text vorgeschlagene Verständnis des § 2 4 6 III 3 AktG bedeutet freilich umgekehrt, daß der Gesetzgeber grundsätzlich bei identischem Streitgegenstand auch potentiell von der Rechtskraft (nur des abweisenden bzw. nur des stattgebenden Urteils) betroffenen Dritten eine eigene Klage verwehrt; § 2 4 6 III 3 AktG ist dann als Ausnahme von diesem Grundsatz zu begreifen. 236 237

D. Die Beteiligung

der übrigen

Aktionäre

311

III 3 AktG in der Tat als lex specialis zu § 261 III Nr. 1 ZPO: Dann werden Einheitlichkeit der Entscheidung und Verfahrenskonzentration abschließend durch § 246 III 3 AktG gewährleistet. Wollte man nach Erhebung einer Beschlußmängelklage die übrigen Aktionäre auf die Nebenintervention (sogleich II.) verweisen, so würde ihr Rechtsschutz unangemessen verkürzt: Es könnte ein Aktionär die Klage erheben, der in Wahrheit dem Beschluß positiv gegenübersteht, und nach Ablauf der Anfechtungsfrist die Klage zurücknehmen. Dann könnten die beigetretenen Aktionäre weder den begonnenen Prozeß fortsetzen 2 4 3 noch einen neuen beginnen, es sei denn, es liege ausnahmsweise ein Nichtigkeitsgrund vor.

II. Prozeßbeteiligung ohne Klagebefugnis Unabhängig davon, ob man eine Mehrheit von Anfechtungsklagen mit demselben Streitgegenstand zuläßt oder nicht, sind jedenfalls bei weitem nicht immer alle Aktionäre befugt, ihrerseits eine eigenständige weitere Klage zu erheben. Denn es kann geschehen, daß - ein Aktionär, der seinerseits mangels Widerspruchs nicht klagebefugt ist oder die Anfechtungsfrist versäumt hat, nach Ablauf der Anfechtungsfrist noch auf Klägerseite beitreten will, um den Prozeß im Sinne der Vernichtung des Beschlusses zu beeinflussen. - ein Aktionär, welcher der beschlußfassenden Mehrheit angehört, auf Beklagtenseite beitreten will, um zur Aufrechterhaltung des angefochtenen Beschlusses beizutragen. 1. Das Gebot des rechtlichen

Gehörs

Für die Auflösungsklage in der G m b H , die ebenfalls gegen die Gesellschaft zu richten ist (§ 61 II 1 GmbHG), hat das BVerfG mit Recht ausgesprochen, daß ungeachtet der Beklagtenrolle der Gesellschaft diejenigen Gesellschafter, die nicht auf Klägerseite beteiligt sind, mit Rücksicht auf Art. 103 I GG die Möglichkeit erhalten müssen, sich am Prozeß zu beteiligen 244 . Durch das Urteil sind die Gesellschafter Mitglieder nicht mehr einer werbenden, sondern einer Liquidationsgesellschaft. In ihre Mitgliedschaft wird daher erheblich eingegriffen 245 . Bereits die Gestaltungswirkung des Auflösungsurteils für und gegen alle Gesellschafter begründet also das Gebot, jedem von ihnen die Möglichkeit zur Beeinflussung des Prozesses ein243

Vgl. unten III 1. BVerfGE 60, 7, 13; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S . 2 3 6 ; Baumbach-Hartmann, Z P O , § 6 2 Rn. 11; Becker, Z Z P 9 7 (1984), 314, 333f.; Gehrlein, A G 1994, 103, 108; W. Lüke, Beteiligung, S. 128; Hutter/Kleindick, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §61 Rn.4; Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 6 1 R n . 1 0 ; Schuhes, Beteiligung, S . 1 4 4 f f . , insbes. S . 1 4 9 f . ; Waldner, Anspruch, S. 327. 245 Ähnlich O L G H a m m O L G Z 1971, 226, 227. 244

312

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

zuräumen. Die Praxis wird dem dadurch gerecht, daß sie jedem fortsetzungswilligen Gesellschafter das Recht einräumt, auf Seiten der beklagten Gesellschaft als streitgenössischer Nebenintervenient beizutreten 2 4 6 . Der Geschäftsführer muß die Gesellschafter zu diesem Z w e c k v o m Rechtsstreit unterrichten; unterbleibt dies, so m u ß das Gericht dies n a c h h o l e n 2 4 7 . Dies alles ist ebenso für den Anfechtungsprozeß zu diskutieren. Denn sowohl die Rechtskraft ( § 2 4 8 I 1 A k t G ) als auch die Gestaltungswirkung ( § 2 4 1 Nr. 5 A k t G ) des stattgebenden Urteils ergreifen auch den am Prozeß nicht beteiligten Aktionär. Für die Gestaltungswirkung beruht dies nicht auf einer angeblich jedem Gestaltungsurteil immanenten Inter-omnes-Wirkung, sondern auf der in § § 2 4 1 Nr. 5 , 2 4 8 A k t G deutlich zum Ausdruck gekommenen besonderen,

Beschlußmängelstreit

speziell

für

den

getroffenen Anordnung des Gesetzgebers. Das stattgebende

Urteil betrifft namentlich denjenigen Aktionär in seinen Rechten, der für den angefochtenen Beschluß gestimmt hat: Sein Beitrag zur gesellschaftsinternen Willensbildung wird annulliert, das Ergebnis der Ausübung (auch) seines Stimmrechts vernichtet. Konsequent m u ß auch ihm die Möglichkeit zur Beeinflussung des Prozesses gegeben werden. In der Prozeßrechtslehre ist man sich freilich nicht darüber einig, mit welcher verfassungsrechtlichen Begründung Dritten ein Anspruch auf Beteiligung an einem laufenden Verfahren eingeräumt werden kann. W ä h r e n d einige ohne nähere Unterscheidung Art. 1 0 3 I G G b e m ü h e n 2 4 8 , wird von anderen der allgemeine Justizgewähranspruch herangezogen 2 4 9 : Ausgehend von der ihrerseits freilich umstrittenen Prämisse, daß Art. 1 0 3 I G G nicht den erstmaligen Zugang zum Gericht gewährleiste 2 5 0 , wird gefolgert, daß der Dritte, der die Stellung eines Verfahrensbeteiligten in einem ihm bis dato fremden Prozeß suche, eben jenen erstmaligen Zugang erstrebe, weil er für eine Rechtsposition rechtliches Gehör gewähre, die noch nicht Gegenstand des laufenden Rechtsstreits sei. D e r Dritte sei daher nicht durch Art. 1 0 3 I G G geschützt. Wohl aber sei Art. 1 0 3 G G einschlägig, wenn die Entscheidung ohne Zutun des Dritten in dessen Rechte eingreife 2 5 1 ; denn dann befinde sich die Rechtsposition, für die der Dritte rechtliches Gehör begehre, bereits zwischen den ursprünglichen Parteien des Prozesses im Streit. D a ß Art. 1 0 3 I G G jedenfalls bei rechtlicher Betroffenheit des Dritten das rechtliche Gehör gebietet, wird auch von Autoren betont, die sich im übrigen nicht zur Reichweite die2 4 6 BVerfGE 60, 7, 13; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, §61 Rn.33f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 50 Rn. 72; Stein/]onas-Bork, § 69 Rn. 3 mit Fn. 9; Zöller-Vollkommer, ZPO, §69 Rn.2, 3. 2 4 7 BVerfGE 60, 7, 14f.; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, §61 Rn.33; Lutter/Kleindick, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §61 Rn.4; Rasner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §61 Rn. 16; Schlosser, Gestaltungsklagen, S.209; Schuttes, Beteiligung, S. 138. 248 Calavros, Urteilswirkungen, S. 25ff.; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 174; ders., JZ 1967, 431, 432; Waldner, Anspruch, Rn.308f.; Zeuner, Rechtliches Gehör, S. 10ff., insbes. S. 18 2 4 9 Zum Folgenden Schuttes, Beteiligung, S.28. 250 Schuttes, Beteiligung, S.20ff.; anders namentlich Baur, AcP 153 (1954), 393, 396ff.; Calavros, Urteilswirkungen, S.26; Frohn, Rechtliches Gehör, S.36; Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S .55. 251 Schuttes, Beteiligung, S. 32.

D. Die Beteiligung der übrigen

Aktionäre

313

ser Vorschrift äußern 2 5 2 . Welcher Ansicht zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung; denn das stattgebende Anfechtungsurteil greift in der dargestellten Weise ohne Zutun der unbeteiligten Aktionäre in deren Rechte ein. Ihr Anspruch, im Anfechtungsprozeß Gehör zu finden, ergibt sich mithin nach allen vertretenen Ansichten aus Art. 103 I GG 2 5 3 . Die Ausgestaltung dieses Gehörs ist mit den Mitteln des einfachen (Prozeß-)Rechts zu bewirken 254 . 2. Die streitgenössiscbe Nebenintervention der Prozeßbeeinflussung

als

Instrument

Die Chance, rechtliches Gehör zu finden, hat ein unbeteiligter Aktionär nur dann, wenn er zuverlässig vom Prozeß erfährt. Das Gesetz trägt diesem Befund Rechnung, indem es in § 246 IV AktG bestimmt, daß der Vorstand die Klageerhebung und den Termin zur mündlichen Verhandlung in den Gesellschaftsblättern bekanntzugeben hat 255 . Das Gericht hat ebenso wie im Auflösungsprozeß der GmbH zu gewährleisten, daß der Vorstand dieser Aufgabe tatsächlich nachkommt; es hat notfalls die Aktionäre selbst zu unterrichten oder (bei unüberschaubarem Aktionärskreis) dem Vorstand aufzugeben, die bisher versäumte Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern nachzuholen. Nach h.L. steht sodann einem bislang außerhalb des Prozesses stehenden Aktionär das Recht zu, sich im Wege der streitgenössischen Nebenintervention nach § 69 ZPO zu beteiligen 256 . Und in 252

Bettermann, J Z 1962, 675, 676f.; Musielak-Weth, ZPO, Rn.4f. vor § 64. Im Ergebnis ebenso Austmann, Z H R 158 (1994), 495, 497; Lindacber, ZGR 1987, 121, 126; Schröder, Konfliktbeilegung, S.304. 254 Vgl. Schuhes, Beteiligung, S.139. 255 Der Normzweck des § 246 IV AktG besteht gerade darin, den Aktionären die Prozeßbeteiligung zu ermöglichen; vgl. Austmann, Z H R 158 (1994), 495, 499; Brüggemann, JR 1969, 361, 364; Calavros, Urteilswirkungen, S. 147f.; Gehrlein, AG 1994, 103, 108; Häsemeyer, Z H R 160 (1996), 117f., 120; M K - H ü f f e r , AktG, §246 Rn. 71; K. Schmidt, J Z 1988, 729, 735; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 171; Schulte, AG 1988, 67, 68; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.65; Vollmer, ZGR 1982, 15, 24; Wagner, Prozeß vertrage, S.590. Vgl. auch neuerdings BGH N Z G 2005, 138, 139: Wegen §246 IV AktG kann von einer Unterrichtung der Aktionäre als potentieller Nebenintervenienten ausgegangen werden. 256 Vgl. RGZ 164, 129, 131 f.; BGH ZIP 1999, 192; GmbHR 2001, 576 f.; OLG München N Z G 2 0 0 1 , 6 1 6 , 617; OLG Schleswig ZIP 1993, 680, 681; Baumbach-Zöllner, Anh. § 47 Rn. 85; Bayer, ZIP 2003, 881, 888; Becker, Z Z P 97 (1984), 314, 337 mit Fn.76; Bork, ZIP 1992,1205, 1210f.; Baumbach-Hartmann, ZPO, § 69 Rn. 1; Braudel, FS Vieregge, S. 69, 77ff.; Brandes, W M 2000, 53, 56; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 127f.; Emde, GmbHR 2000, 489, 490; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.201; Häsemeyer, Z H R 160 (1996), 109, 120; Happ, Die GmbH im Prozeß, §19 Rn.74f.; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.176Í.; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 Rn. 91; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.34; MüHdbGesR IV/Semler, § 4 1 Rn.68; Musielak-Weth, ZPO, §69 Rn.4; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.87; Petermann, BB 1996, 277, 279; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.250; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §50 Rn. 72; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rn. 151; K. Schmidt, ZGR 1988, 523, 532; ders., Gesellschaftsrecht, § 28 IV 5 e aa (S. 860); ders., in GroßkommAktG, § 246 Rn.45; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn. 156; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 170; Schröder, Konfliktbeilegung, S.305; Schulte, AG 1988, 67, 68; Stein/]onas-Bork, ZPO, §69 Rn.3; Steinmeyer/Seidel DStR 1999,2077; Ulmer, NJW 1987,1849,1854; Vohrmann, Streitgenossenschaft, 253

314

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

der Tat stellt eine Beteiligung nach dieser Vorschrift das rechtliche G e h ö r ausreichend s i c h e r 2 5 7 unter der Voraussetzung, daß die gebotene Unterrichtung vom Prozeß (hier: nach § 2 4 6 I V A k t G ) tatsächlich stattgefunden hat, damit die Interventionsbefugnis wahrgenommen werden k a n n 2 5 8 . Indes: Betrachtet man den Wortlaut dieser Vorschrift, so bereitet ihre Anwendung Schwierigkeiten. D a n a c h ist nämlich die streitgenössische Nebenintervention dann eröffnet, wenn die Rechtskraft der zwischen unterstützter Hauptpartei und deren Gegner ergangenen Entscheidung für das Rechtsverhältnis zwischen Intervenienten und eben Gegner

3. Die Anwendung

des 5 69 ZPO

a) Rechtsverhältnis

zwischen

der

jenem

von Bedeutung ist.

auf mehrseitige

Nebenintervenienten

Streitverhältnisse und

Gegner

Hauptparteif

Dieser Wortlaut ist freilich ohne weiteres erfüllt, wenn ein Aktionär auf Seiten des Anfechtungsklägers

beitritt 2 5 9 . Denn das stattgebende Urteil wirkt nach

§248

A k t G Rechtskraft auch zwischen ihm und der A G ; die A G aber ist nach § 2 4 6 II 1 A k t G Prozeßgegner Anfechtungsklägers, den der beitretende Aktionär unterstützt. Die Nebenintervention des Aktionärs ist namentlich dann zwingend eine streitgenössische, wenn man mit der h . M . 2 6 0 annimmt, daß er und der Kläger prozeßrechtlich notwendige Streitgenossen wären, wenn auch der beitretende Aktionär Klage erhoben hätte. Diese h . M . ist allerdings mit beachtlichen Gründen angeS.65; Wieczorek-Mansel, ZPO, §69 Rn.23; Zöller-Vollkommer, ZPO, §69 Rn.2. - Die gleiche Befugnis gestehen diejenigen Autoren, welche die Beilegung von Beschlußmängelstreitigkeiten durch Schiedsgerichte für möglich halten, dem säumigen Aktionär im Schiedsverfahren zu; vgl. OLG Karlsruhe WM 1995, 666, 668f.; Berger, ZHR 164 (2000), 295, 315f.; Bork, ZHR 160 (1996), 374, 383; Ebenroth/Bohne, BB 1996, 1393, 1396f.; Henze, ZGR 1988, 542, 555; Petermann, BB 1996, 277, 279; K. Schmidt, ZGR 1988, 523, 534; Timm, ZIP 1996, 445, 448; Vetter, DB 2000, 705, 707; Wagner, Prozeßverträge, S.592f. 257 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.87. 2 5 8 Dies betonen zu Recht BVerfGE 60, 7,14f.; Brühl, Prozeßführungsbefugnis, S. 80ff.; Dimaras, Verfahrensbeteiligung, S.92f.; Lutter/Kleindick, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 61 Rn.4; Schlosser, Gestaltungsklagen, S.209, 212f.; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.38; ders., JuS 1986, 35, 40; ders., in: Scholz, GmbHG, § 61 Rn. 10. 2 5 9 Ebenso Austmann, ZHR 159 (1994), 495, 507. 2 6 0 Vgl. BGHZ 122, 211, 240; BGH DStR 1999, 643; OLG Stuttgart NZG 2001, 522, 523; AnwK-Heidel, AktG, §246 Rn.3; Baumbach-Hartmann, ZPO, §62 Rn.9; Baumbach-ZöWner, GmbHG, Anh. §47 Rn.85; Bender DB 1998, 1900, 1901f.; Ge&et-Hüffer, AktG, §246 Rn.7; GroßkommAktG-K. Schmidt, §246 Rn.29; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.199; Henze, ZIP 2002, 97, 99; Hüffer, AktG, §246 Rn.3; Jäger, NZG 2001, 97, 101; Kindl, ZGR 2000, 166, 179ff.; KK-Zöllner, GmbHG, §246 Rn.88; Koppensteiner, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, § 47 Rn. 150; Lindacher, JuS 1986, 379, 382; MK-Hüffer, AktG, § 246 Rn. 6; MK-Schilken, ZPO, §62 Rn. 8; MüHdbGesR IIIUngerl, §40 Rn.61; MüHdbGesR IW/Semler, §41 Rn.68; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.484; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 49 Rn. 15; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 155; Schröder, Konfliktbeilegung, S.269; K.-H. Schwab, FS Lent, S.271, 278ff.; Sosnitza, NZG 1999, 497, 498; Wagner, Prozeßverträge, S.592; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 62 Rn.4.

D. Die Beteiligung

der übrigen

Aktionäre

315

griffen worden 2 6 1 : §248 AktG beschreibe den Fall einer nur einseitigen Rechtskrafterstreckung für den Fall des Klageerfolgs. Das abweisende Urteil wirke lediglich zwischen Gesellschaft und Kläger. Für den Fall der Klagabweisung nehme es der Gesetzgeber ohnehin in Kauf, daß in einem späteren Prozeß ein abweichendes Urteil ergehe. Die Notwendigkeit einheitlicher Entscheidung nehme also nur begrenzten Stellenwert ein. Dem stehe auf Seiten des Aktionärs das gewichtige Interesse gegenüber, im Falle eigener Säumnis nicht (wie es nach § 62 Z P O der Fall wäre 262 ) an Klageverzicht oder Geständnis des in der Verhandlung anwesenden Aktionärs gebunden zu werden. Aber selbst wenn man dieser Kritik an der h . M . folgt, ist die Nebenintervention des Aktionärs auf Klägerseite eine streitgenössische: Allein die Möglichkeit, daß am Ende des Verfahrens eine auch den Beitretenden bindende Entscheidung steht, gebietet es, dessen Position im Rechtsstreit möglichst unabhängig von der des Anfechtungsklägers auszugestalten. Dies ermöglicht nur die streitgenössische Nebenintervention; denn nur bei ihr darf der Intervenient Prozeßhandlungen im Widerspruch zur Hauptpartei vornehmen 2 6 3 . Der Versuch, den Beitritt eines Aktionärs auf Seiten der beklagten AG unter § 69 Z P O zu subsumieren, mündet in die Frage, worin das Rechtsverhältnis zum Anfechtungskläger als dem Gegner der unterstützten AG besteht. M a n hat versucht, es mit dem Hinweis zu begründen, es gehe beim Beschlußmängelstreit materiell um Konflikte zwischen den Aktionären 2 6 4 . Der auf Seiten der Gesellschaft beitretende Aktionär repräsentiere wie diese die Gesamtheit derjenigen Aktionäre, welche für den Beschluß gestimmt hätten; in gleicher Weise repräsentiere der Anfechtungskläger die bei der Beschlußfassung unterlegenen Aktionäre 2 6 5 . Dies Argument der materiellen Konfliktbeteiligung entfaltet aber, wie bereits oben 2 6 6 näher erläutert wurde, wenig Aussagekraft für die Bestimmung der Parteien gesellschaftsinterner Rechtsverhältnisse: Betrifft der Konflikt Fragen der Zweckverfolgung, so kulminiert das Interesse der Gesellschafter, den Gesellschaftszweck zu fördern, in Ansprüchen der Gesellschaft (Projektionsidee). Aus den gleichen Gründen ist es nicht möglich, den Beitritt eines Aktionärs auf Seiten der AG im Falle einer Anfechtungsklage durch den Vorstand nach § 245 Nr. 4 AktG oder durch Organmitglieder nach § 245 Nr. 5 AktG mit dem Wortlaut des § 69 Z P O in Einklang zu bringen: Eine direkte Rechtsbeziehung zwischen dem Vorstand bzw. den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern einerseits und dem Aktionär andererseits existiert nicht 2 6 7 ; und das Argument, der Vorstand/das Organmitglied streite als 261

Z u m Folgenden Brückner, Streitgenossen, S. 84 ff. Vgl. n u r Lindacher, JuS 1986, 379, 384; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 4 9 Rn. 46; Wieczorek-Schütze, ZPO, § 6 2 Rn.64). 263 Vgl. nur Stahl, Beiladung, S.78; Stein/Jonas-Bork, Z P O , § 6 9 Rn. 8; Zöller-Vollkommer, ZPO, §69 Rn.7. 264 Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 509; Gehrlein, A G 1 9 9 4 , 103, 109. 265 Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 5 0 8 f . 266 § 2 VII. 267 Vgl. oben § 1 B VII 4; auf diesen Z u s a m m e n h a n g weist im vorliegenden Z u s a m m e n h a n g zutreffend das O L G Schleswig (ZIP 1993, 680, 682) hin. 262

316

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Anfechtungskläger stellvertretend für die Beschlußgegner und der beitretende Gesellschafter für dessen Befürworter, kann, wie soeben gesehen, ein „Rechtsverhältnis" zwischen Aktionär und Verwaltung nicht zustande bringen 268 . Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Anfechtungskläger und dem auf Seiten der Gesellschaft beitretenden Aktionär hat man freilich wie folgt zu begründen versucht: Unter den Aktionären bestehe, wie mittlerweile allgemein anerkannt sei 269 , eine Treupflicht, welche geeignet sei, Schadensersatzansprüche unter den Aktionären nach sich zu ziehen. Diese potentiellen Ersatzansprüche begründeten das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem die Gesellschaft unterstützenden Aktionär 270 . Klage nicht ein Aktionär, sondern ein Verwaltungsmitglied, so sei zumindest theoretisch denkbar, daß dies Mitglied mit den Gesellschaftsorganen, welche zur Vertretung der Gesellschaft berufen seien (§ 246 II 2, 3 AktG), in kollusivem Zusammenwirken ein Anerkenntnisurteil herbeiführten, durch das der Beschluß beseitigt werde; dies könne einen Schadensersatzanspruch des auf Seiten der Gesellschaft beitretenden Aktionärs nach § 826 BGB zur Folge haben, welcher daher als Rechtsverhältnis zu jenem Aktionär und dem klagenden Verwaltungsmitglied angesehen werden könne 271 . Für den Fall, daß ein Verwaltungsmitglied klagt, kann diese Auffassung indes bereits deshalb nicht überzeugen, weil, wie noch zu erörtern sein wird, ein Anerkenntnisurteil, durch das der Beschluß beseitigt oder seine Nichtigkeit anerkannt wird, nicht ergehen darf und, wenn es trotzdem ergeht, durch Nichtigkeitsklage analog § 579 I Nr. 4 ZPO beseitigt werden kann 2 7 2 . Versäumt der Aktionär dies, so verletzt er seine Obliegenheit, den Schaden abzuwenden (§254 II 1 BGB), und kann daher auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Verwaltungsmitglieder wegen pflichtwidriger Herbeiführung eines solchen Urteils geltend machen. Nicht anders verhält es sich mit Schadensersatzansprüchen zwischen Aktionären: Diese sind weitgehend durch § 117 VII Nr. 1 AktG ausgeschlossen. Zwar hat der BGH ausgesprochen, § 117 VII Nr. 1 AktG werde gerade durch den Umstand gerechtfertigt, daß der Schaden grundsätzlich durch Erhebung der Beschlußmängelklage abgewendet werden müsse; die Vorschrift könne den Ersatzanspruch daher für diejenigen Fälle, daß der eingetretene Schaden durch die fristgemäße Erhebung der Anfechtungsklage nicht mehr beseitigt werden könne, nicht ausschließen 273 . Dem ist 268

So aber auch für die Klagen von Organmitgliedern Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 509. Vgl. B G H Z 1 0 3 , 1 8 4 , 194; 129, 136, 142; LG Stuttgart A G 1993, 4 7 1 , 4 7 2 ; Becker, Z G R 1986, 3 9 3 , 4 0 2 ; Dreher, Z H R 157 (1993), 1 5 0 , 1 5 3 ; Henze, FS Kellermann, S. 1 4 1 , 1 4 6 f f . ; ders., BB 1 9 9 6 , 4 8 9 , 4 9 2 ; Hirte, BB 1 9 8 8 , 1 4 6 9 , 1 4 7 1 ; Kort, ZIP 1 9 9 0 , 2 9 4 , 2 9 6 ; Lutter, J Z 1 9 7 6 , 2 2 5 , 2 3 0 f . ; ders., J Z 1976, 561, 5 6 2 f . ; Schütz, Sachlegitimation, S.127; Zöllner/Winter, Z H R 158 (1994), 59, 73. 270 Gehrlein, A G 1994, 103, 109. 271 Gehrlein, A G 1994, 103, 109. 272 Vgl. unten § 9 B II 3. 27! Vgl. B G H Z 129, 136, 160f.; ebenso Altmeppen, N J W 1995, 1749f.; Grunewald, FS Kropff, S. 89, 98; Habersack, Mitgliedschaft, S.238; Hennrichs, AcP 195 (1995), 2 2 1 , 2 6 8 f f . ; Henssler, Z H R 157 (1993), 91, 120ff.; ders, D Z W i R 1995, 4 3 0 , 4 3 2 ; Vollmann, Minderheitenschutz, S.95; Zöllner/Winter, Z H R 158 (1994), 59, 7 4 f . 269

D. Die Beteiligung der übrigen

Aktionäre

317

indes zu widersprechen: § 1 1 7 VII Nr. 1 A k t G will sicherstellen, daß der Aktionär ohne jegliches finanzielle Risiko abstimmen d a r f 2 7 4 . D a s verbietet die Annahme jeglichen Ersatzanspruchs, selbst wenn sich der Schaden durch die Anfechtungsklage nicht mehr abwenden l ä ß t 2 7 5 . N o c h weniger überzeugt es vor diesem Hintergrund, § 1 1 7 VII A k t G wegen der mittlerweile anerkannten Treupflicht unter Aktionären für gänzlich obsolet zu erklären, weil die Vorschrift auf Ansprüche aus deren Verletzung nicht anwendbar sei 2 7 6 , oder gar die Haftungsfreistellung nach dieser Bestimmung von der Rechtmäßigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses abhängig zu machen, insbesondere davon, daß dieser nicht gegen die Treupflicht v e r s t ö ß t 2 7 7 ; letzteres kann bereits deshalb nicht einleuchten, weil die Haftungsbefreiung an § 1 1 7 I A k t G anknüpft, ein Beschluß, aber, durch den die Gesellschaft vorsätzlich geschädigt wird, kaum je rechtmäßig sein kann. Die Haftungsfreistellung nach § 1 1 7 VII Nr. 1 A k t G würde auf dem Boden dieser Ansicht leerlaufen. § 1 1 7 VII Nr. 1 A k t G m u ß vor dem Hintergrund seines N o r m z w e c k s eher erweiternd ausgelegt, nämlich auch auf Satzungsänderungen angewandt werden, obwohl diese nicht notwendig eine Beeinflussung der Geschäftsführung e n t h a l t e n 2 7 8 . Freilich bleibt neben § 1 1 7 A k t G ein Anspruch aus § 8 2 6 B G B m ö g l i c h 2 7 9 . D o c h für ihn ist die Rechtskraft des stattgebenden Anfechtungsurteils unerheblich, weil es für keines der in § 8 2 6 B G B niedergelegten Tatbestandsmerkmale auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses a n k o m m t : Die Vorschrift gewährt Schadensersatz nicht wegen rechts-, sondern wegen sittenwidriger

Schädigung. Z w a r mag eine sitten-

widrige Schädigung bei rechtmäßigem Beschluß schwer vorstellbar sein; doch reicht der Rechtsverstoß bei weitem nicht hin, um sittenwidriges Verhalten bejahen zu können. Die Herbeiführung eines gesetzes- oder satzungswidrigen Beschlusses ist vielmehr nur eines von mehreren Sachverhaltselementen, die in ihrer konkreten Zusammenschau den Vorwurf sittenwidrigen Handelns rechtfertigen. Auf latente Schadensersatzansprüche läßt sich daher ein materielles „Rechtsverhältnis" zwischen dem Anfechtungskläger und dem auf seiten der Gesellschaft bei-

2 7 4 So die zutreffende Beschreibung des Normzwecks durch LG Düsseldorf WM 1993, 153, 161 ff.; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 268; Henssler, DZWiR 1997, 36; Martens, Rechtsdogmatik, S.251, 262f.. 2 7 5 Im Ergebnis ebenso Reuter, FS Lange, S.707, 725 f. 2 7 6 So aber Dreher, ZIP 1993, 332, 335 ff.; Grunewald, Ausschluß, S.282; Guntz, Treubindungen, S. 118ff.; KK-Mertens, AktG, § 117 Rn.30; Weber, Treubindungen, S.258; für den Großaktionär auch Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S.184; zutreffend dagegen Habersack, Mitgliedschaft, S. 237; Martens, Rechtsdogmatik, S. 261 ; Zöllner/Winter, ZHR 158 (1994), 59, 73f. Auch Steindorff, FS Rittner, S.675, 692 hält § 117 VII Nr. 1 AktG auf treupflichtgestützte Schadensersatzansprüche gegen Aktionäre für anwendbar. 2 7 7 So aber Schöne, WM 1992, 209, 213; Timm WM 1991, 481, 487. 2 7 8 Wie hier Miilbert, Aktiengesellschaft, S.205f. 2 7 9 Vgl. BGHZ 129, 136, 154; Begr. RegE bei Kropff, AktG, S. 164; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 182; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S.95; Geßler-Kropff, AktG, §117 Rn.27,44; Habersack, Mitgliedschaft, S.237; KK-Mertens, AktG, § 117 Rn.47; Wellkamp, Vorstand, S. 112; Worch, Treuepflichten, S.62.

318

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

tretenden Aktionär nicht stützen und demgemäß auf diesem Wege auch keine Subsumtion unter § 69 ZPO leisten. b) Grenzen des Wortlauts und teleologische

Extension

Aus diesen Gründen die Anwendung des § 69 ZPO zu leugnen, geht indes nicht an; denn wichtige Eigenheiten des gesellschaftsinternen Rechtsstreits sind in dieser Vorschrift nicht berücksichtigt. § 69 ZPO geht offensichtlich vom regulären Zweiparteienprozeß und von einer ihm zugrunde liegenden binären materiellrechtlichen Beziehung zwischen Anspruchsberechtigtem und -verpflichtetem aus. Nebenintervenient und Hauptpartei hätten ebensogut als Streitgenossen verklagt werden können und hätten dann gemeinsam obsiegt oder gemeinsam verloren; sie wären beide rechtskräftig verurteilt bzw. ihnen beiden wäre ein Anspruch rechtskräftig aberkannt worden. Deshalb stellt § 69 ZPO konsequent auf das Rechtsverhältnis zwischen Nebenintervenient und Gegner der unterstützten Hauptpartei ab: Die prozessuale Stellung als Angreifer oder Verteidiger korrespondiert dann mit der materiellen Schuldner- oder Gläubigerstellung. Eben diese Vorstellung erweist sich bei gesellschaftsinternen Streitigkeiten als verfehlt. Die Rechtsbeziehungen sind nicht bipolar, sondern multilateral: Jeder Gesellschafter steht in Rechtsbeziehung mit jedem anderen. Darüber hinaus haben unsere Untersuchungen zu I.—III. gezeigt, daß bei rechtsfähigen Verbänden die materiellen Rechtsbeziehungen häufig über den Verband mediatisiert werden: So stehen die Ansprüche auf Beitragszahlung, auf ein der Zweckförderung dienliches Verhalten in Geschäftsführungsangelegenheiten, auf Schadensersatz bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung, im Extremfall auf Ausscheiden aus der Gesellschaft allesamt der Gesellschaft zu, deren Gläubigerstellung das gemeinsame Interesse der Mitgesellschafter am Gedeihen der Gesellschaft reflektiert. In diesen Fällen spricht man statt von multilateralen besser von „in Form eines Rades" 2 8 0 oder „sternförmig" 2 8 1 angeordneten Rechtsbeziehungen: Diese gehen, soweit die Mediatisierung reicht, vom Verband aus, sei es zu Gesellschaftern oder zu Organen. Soweit die Mediatisierung der materiellen Rechtsbeziehungen über die Gesellschaft reicht, kann folglich die Entscheidung im Anfechtungsprozeß nicht für die Rechtsbeziehung des der AG beitretenden Aktionärs zum Gegner, sprich: zum anfechtenden Aktionär oder Organmitglied oder zum Vorstand, von Bedeutung sein. Der Wortlaut des § 69 ZPO deckt eine generelle Befugnis zur streitgenössischen Nebenintervention für alle in § 248 AktG aufgeführten Personen also nicht 282 - er kann es gar nicht. Aber das telos des § 69 ZPO gebietet gleichwohl die Anwendung der Vorschrift 283 : Die rechtskräftige Entscheidung präjudiziert die rechtlichen Ver280

Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S.4. Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S. 7 spricht von „Sternzuständigkeit" der Gesellschaft. Vgl. auch Schmitt, Beschlußmängelrecht, S . 4 1 mit Fn. 166: „ R a d - M e t a p h e r " . 282 Im A u s g a n g s p u n k t richtig Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 5 0 6 . 283 Z u t r e f f e n d Bork, EWiR 1993, 4 1 3 , 4 1 4 . 281

D. Die Beteiligung der übrigen

319

Aktionäre

hältnisse des Aktionärs, der am angefochtenen Beschluß beteiligt war. Deshalb muß § 6 9 Z P O über seinen Wortlaut hinaus auch im Fall des Beitritts eines Aktionärs auf Seiten der beklagten Gesellschaft angewendet werden, und zwar unabhängig davon, o b als Kläger ein Aktionär, der Vorstand oder ein Organmitglied auftritt 2 8 4 . Auf das Erfordernis, daß die Entscheidung zwischen den Hauptparteien für das Rechtsverhältnis des Intervenienten gerade zum Gegner

der unterstütz-

ten Hauptpartei vorgreiflich sein muß, ist m.a.W. im Beschlußmängelstreit zu verzichten 2 8 5 . Es reicht für die Anwendung des § 6 9 Z P O vielmehr aus, daß sich die Rechtsbeziehungen des Anfechtungsklägers und des intervenierenden Aktionärs auf dieselbe Gesellschaft beziehen 2 8 6 . Diese H a n d h a b u n g erscheint durch das Gebot des rechtlichen

Gehörs

gefordert (Art. 1 0 3 I G G ) und ist konsequente Folge

der o b e n 2 8 7 herausgearbeiteten Funktion des Anfechtungsrechts: Da dies R e c h t hier aus den Kategorien des Anspruchs und der korrespondierenden Verpflichtung herausgelöst wurde, erscheint ein uneingeschränktes Festhalten am Wortlaut des § 6 9 Z P O nicht mehr möglich, da diesem gerade jenes M o d e l l von Anspruch und Verpflichtung zugrunde liegt. Die streitgenössische Nebenintervention steht daher jedem

Aktionär auf jeder

Seite o f f e n 2 8 8 . Der Aktionär kann sogar während des Prozesses die Fronten wechseln. Denn ein Nebenintervenient kann den Beitritt auf der ursprünglichen Seite zurücknehmen und der Gegenseite beitreten 2 8 9 . Das gilt richtigerweise auch für den streitgenössischen Nebenintervenienten 2 9 0 . Interventionsbefugt sind z.B. diejenigen Aktionäre, die mangels Anwesenheit in der Hauptversammlung oder mangels Einlegung des Widerspruchs nicht selbständig klagebefugt s i n d 2 9 1 , bei Beschlußfassung noch nicht Aktionär w a r e n 2 9 2 oder die Klagefrist versäumt ha-

2 8 4 Für streitgenössische Nebenintervention des Aktionärs auf Seiten der Gesellschaft bei Klage eines Aufsichtsratsmitglieds OLG Schleswig ZIP 1993, 680, 681. 2 8 5 Im Ergebnis ebenso OLG Schleswig ZIP 1993, 680, 682f.; Bork, EWiR 1993, 413, 414; Wieser, ZZP 112 (1999), 439, 444; dezidiert dagegen aber Austmann, ZHR 158 (1994), 495, 507f. 2 8 i So für den Fall der streitgenössischen Nebenintervention eines Aktionärs gegenüber einer Anfechtungsklage des Vorstands oder eines Verwaltungsmitglieds nach §245 Nr. 4, 5 AktG MKHüffer, AktG, §246 Rn. 10. 2 8 7 B II. 2 8 8 Im Ergebnis ebenso RGZ 164, 129, 131f.; AnwK-Heidel, AktG, §246 Rn.7; Brändel, FS Vieregge, S. 69, 77, 78 f.; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 246 Rn. 45 f.; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 170; Wieser, ZZP 112 (1999), 439, 443f.; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn. 85; ders., in KK, AktG, §246 Rn.89f. 2 8 9 RGZ 61, 286, 290; BGHZ 18, 110, 112f.; MK-Schilken, ZPO, §66 Rn.25; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 50 Rn. 12; Roth, FS Großfeld, S. 915, 924f. ; Stein/JonasBork, ZPO, §66 Rn.3; Thomas/Putzo, ZPO, §70 Rn.7; Wieczorek-Mansel, ZPO, §66 Rn.76, 80; Zöller- Vollkommer, ZPO, §70 Rn. 1. 2 9 0 Zutreffend Roth, FS Großfeld, S.915, 924f.; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.158; offengelassen in RGZ 61, 286, 288. 291 Austmann, ZHR 158 (1994), 495, 499; Brändel, FS Vieregge, S.69, 78; GroßkommAktGK. Schmidt, AktG, §246 Rn.43. 292 Austmann, ZHR 158 (1994), 495, 499.

320

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

ben 2 9 3 . Nach einer Gegenansicht soll die Interventionsbefugnis auf Klägerseite die Erhebung des Widerspruchs, auf Beklagtenseite zumindest das Erscheinen des Aktionärs in der Hauptversammlung voraussetzen 294 . Für die Beklagtenseite wird diese Forderung indes dem System der § § 2 4 6 , 2 4 8 AktG nicht gerecht. Wenn das Gesetz die Gesellschaft zur Beklagten im Beschlußmängelstreit stempelt, so sind ihre Organe, soweit sie nicht befugtermaßen selbst den Beschluß angreifen ( § 2 4 5 Nr. 4, 5 AktG), verpflichtet, den Beschluß zu verteidigen 295 . Dies stellt den Ausgleich dafür dar, daß der Kläger von der Notwendigkeit enthoben ist, sein Rechtsschutz direkt gegen die für den Beschluß verantwortlichen Aktionäre zu richten. Ist aber die Position der Gesellschaftsorgane durch den Beschluß festgelegt, so darf jeder Aktionär darauf vertrauen, daß sie von jenen Organen mit Nachdruck vertreten wird - ebenso wie jeder Aktionär einen Anspruch darauf hat, daß gefaßte Beschlüsse befolgt werden 2 9 6 . Konsequent muß jeder Aktionär intervenieren können, wenn der Vorstand und/oder der Aufsichtsrat unbefugt die Verteidigung des Beschlossenen preisgeben. Den Beitritt auf Klägerseite könnte man nur dann von der Einlegung eines Protokollwiderspruchs abhängig machen, wenn man dem Intervenienten vorwerfen könnte, er verhalte sich widersprüchlich, wenn er zunächst untätig bleibe, sodann aber den Angriff gegen den Beschluß unterstütze. In der Tat wird zu zeigen sein, daß § 2 4 5 Nr. 1 AktG auf dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens beruht 2 9 7 : Unter der Geltung des Mehrheitsprinzips darf davon ausgegangen werden, daß die Aktionäre grundsätzlich bereit sind, sich auch gegen ihren Willen Mehrheitsentscheidungen zu fügen, und daher ihre Weigerung, das Beschlossene als gültig anzuerkennen, sogleich kundtun. Insoweit könnte man dem Aktionär, der ohne Erhebung des Widerspruchs auf Klägerseite intervenieren will, tatsächlich widersprüchliches Verhalten vorwerfen. In der Tat kann der Aktionär nach versäumtem Widerspruch keine eigene Klage erheben. Das bedeutet jedoch nicht, daß seine Untätigkeit in der Hauptversammlung im Prozeß ihre Fortsetzung finden muß, wenn jemand anders die Anfechtungsklage erhebt. Die Klage des Widerspruchsführers stellt sämtliche Mitaktionäre insoweit vor eine neue Situation, als die Gültigkeit des Beschlusses nunmehr ohnehin mittelfristig in der Schwebe bleiben wird. Dies 293 Bayer, ZIP 2 0 0 3 , 881, 888; Brändel, FS Vieregge, S . 6 9 , 78; GroßkommAktG-fC. Schmidt, AktG, § 2 4 6 R n . 4 3 ; Windel, Interventionsgrund, S. 111, 131. 294 Windel, Interventionsgrund, S. 131. Im Anschluß an die Neufassung des § 2 4 5 Nr. 1 AktG durch den UMAG-Entwurf fordert Wilsung, DB 2 0 0 5 , 35, 37 zusätzlich, daß der beitretende Aktionär seine Aktie bereits vor Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte. Nach v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2 0 0 4 , 1 1 7 9 , 1 1 8 0 f f . soll die Intervention auf Klägerseite außer der Klagebefugnis nach § 245 AktG auch noch die Einhaltung der Klagefrist nach § 2 4 6 AktG voraussetzen. Nach Waclawik, W M 2 0 0 4 , 1361, 1366 f. ist für die Intervention auf Klägerseite nur die Einhaltung der Anfechtungsfrist, nicht aber auch die Klagebefugnis des beitretenden Aktionärs erforderlich. 2 9 5 Näher unten § 6 B II 2. 2 9 6 Der Befolgungsanspruch ist nicht davon abhängig, daß der Aktionär, der ihn stellt, für den Beschluß gestimmt hat; dazu oben § 1 B III 2. 2 9 7 Unten § 6 B I 2 a, b.

D. Die Beteiligung der übrigen Aktionäre

321

mag ein Aktionär zum Anlaß nehmen, seinen Rechtsstandpunkt zu überdenken: Wenn die Angriffe des Klägers sachlich überzeugen, erscheint ein Sinneswandel auch desjenigen Aktionärs legitim, der sich vormals dem Beschluß angeschlossen oder sich ihm gegenüber indifferent verhalten hat. Den Widerspruch kann nach allgemeiner Ansicht selbst ein Aktionär erheben, der zuvor für den Beschluß gestimmt hat 2 9 8 . Wenn ihm ein Sinneswandel noch in ein und derselben Hauptversammlung gestattet wird, den er zudem nicht begründen muß, so muß ihm erst recht die Möglichkeit eröffnet sein, sich aus Anlaß der Klageerhebung den rechtlichen Bedenken des Klägers gegen den Beschluß anzuschließen. Es ergibt m.a.W. unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens einen Unterschied, ob der Aktionär, der den Widerspruch versäumt und sich damit dem Mehrheitsentscheid gefügt hat, selbst Klage erhebt oder nur anläßlich der Tatsache, daß der Beschluß ohnehin von dritter Seite in Frage gestellt wird, sich von den fremden Angriffen gegen den Beschluß überzeugen läßt und sie im fremden Prozeß mit vertritt. Die Interventionsbefugnis auf Klägerseite ist daher nicht an die Voraussetzungen des § 2 4 5 Nr. 1 - 3 AktG gebunden. Der UMAG-Entwurf sieht freilich nunmehr einen neuen § 2 4 6 IV 2 AktG-E vor, wonach das Recht zur streitgenössischen Nebenintervention auf einen Monat ab Bekanntmachung der Klage in den Gesellschaftsblättern beschränkt wird.

III. Die Folgen verwehrter Prozeßbeteiligung Soll durch die Anwendung des § 6 9 Z P O jedem Aktionär eine effektive Möglichkeit an die Hand gegeben werden, den Prozeß zu beeinflussen, so ist sicherzustellen, daß der Aktionär in angemessener Zeit und Form vom Prozeß erfährt. § 2 4 6 IV AktG schreibt zu diesem Zweck vor, daß die Klageerhebung in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen ist. Ist dies unterblieben und hat deshalb ein Aktionär es versäumt, in den Prozeß einzutreten, so muß ihm die Möglichkeit offenstehen, das Urteil aus diesem Grunde anzugreifen - und zwar selbst dann, wenn es bereits rechtskräftig geworden ist. 1. Klagabweisendes

Urteil

Eine solche Möglichkeit muß dem Aktionär freilich dann nicht eröffnet werden, wenn die Anfechtungsklage abgewiesen wurde. Denn das klagabweisende Urteil wirkt nur inter partes, d.h. nur gegen den Kläger und nicht gegen den unbeteiligten Aktionär 2 9 9 . Dieser wird durch das Urteil in seiner Rechtsstellung nicht berührt; in seiner Person ist daher auch kein schutzwürdiges Interesse an der Vernichtung des

298

Nachweise unten § 6 B I 2 b.

299

Vgl. oben I 1 F n . 1 9 7 .

322

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Urteils anzuerkennen. Gewiß: Wäre er in der gesetzlich vorgeschriebenen Form unterrichtet worden, so wäre er möglicherweise auf Klägerseite beigetreten und hätte möglicherweise mit seinem Sachvortrag ein stattgebendes Urteil erwirkt. Eine rechtlich gesicherte Aussicht, ein solches Urteil herbeizuführen, hätte er als Int e r v e n i e r jedoch ohnehin nicht gehabt: Die Rücknahme der Klage durch den klagenden Aktionär hätte er hinnehmen müssen, ohne den Prozeß selbständig weiterführen zu dürfen 3 0 0 . Dann muß er auch mit der rechtskräftigen Abweisung der Klage leben.

2. Stattgebendes

Urteil

Wohl aber ist der Aktionär in seiner Rechtsstellung dann betroffen, wenn der Klage stattgegeben und damit der Beschluß vernichtet wird. Denn dies Urteil entfaltet Rechtskraft ( § 2 4 8 1 1 AktG) und Gestaltungswirkung ( § 2 4 1 Nr. 5 AktG) für und gegen alle Aktionäre. Solange der Rechtsstreit noch in den Tatsacheninstanzen anhängig ist, besteht die Möglichkeit des Beitritts nach § § 6 6 , 6 9 , 7 4 I Z P O mit der Möglichkeit, den Prozeß zu beeinflussen oder, falls eine Instanz bereits mit einem Endurteil abgeschlossen ist, hiergegen Rechtsmittel einzulegen. Der Beitritt ist ferner auch noch in der Revisionsinstanz möglich. Die Revision kann in diesem Fall auf die Verfahrensrüge gestützt werden, daß dem beitretenden Aktionär in rechtswidriger Weise die Unterrichtung von dem Beschlußmängelprozeß vorenthalten wurde. Das Berufungsurteil muß in diesem Fall ohne Rücksicht auf seine sachliche Richtigkeit aufgehoben werden; denn die Nichtbeteiligung des beitretenden Aktionärs verkörpert einen absoluten Revisionsgrund nach § 5 5 1 Nr. 5 Z P O : Wenn danach bereits diejenige Partei, die zwar am Prozeß beteiligt, aber nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten war, ohne Rücksicht auf die Kausalität dieses Fehlers die Aufhebung des Berufungsurteils beanspruchen kann, so muß ein solcher Anspruch erst recht demjenigen Beteiligten zustehen, der, obwohl rechtlich geboten, am Prozeß überhaupt

nicht beteiligt wurde.

Nach Rechtskraft des Urteils ist konsequent der nicht nach § 2 4 6 IV AktG unterrichtete Aktionär zur Erhebung der Nichtigkeitsklage nach § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O berechtigt 3 0 1 . Abermals ergibt sich dies aus dem soeben beschriebenen Erst-rechtSchluß: Wenn dieser Rechtsbehelf schon der beteiligten, aber nicht ordnungsge-

3 0 0 BGH N J W 1965, 760; O L G Celle KTS 1988, 3 6 9 ; Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 5 1 2 ; Brändel, FS Vieregge, S . 6 9 , 80; MüHdbGesR IWISemler, § 4 1 R n . 6 8 ; W. Lüke, Beteiligung, S . 2 1 5 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 6 R n . 7 ; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 158; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 6 R n . 4 5 ; Stahl, Beiladung, S. 111; Stein/Jonas-Bork, ZPO, § 6 9 R n . 7 ; Wieczorek-Mansel, § 6 9 R n . 5 3 ; Z ö l l e r - V o l l k o m m e r , ZPO, § 6 9 R n . 6 . 3 0 1 So auch W. Lüke, Beteiligung, S. 197; allgemein für den Fall pflichtwidrig unterlassener Information eines vom Rechtsstreit materiell betroffenen Dritten oder unterlassener Beiladung Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 193; Schuhes, Beteiligung, S. 191; Stahl, Beiladung, S. 155ff.; Stettner, Beiladung, S . 8 4 f . Calavros, Urteilswirkungen, S. 148 will demgegenüber, ohne fachgerichtliche Rechtsbehelfe zu erörtern, sogleich mit der Verfassungsbeschwerde helfen.

D. Die Beteiligung

der übrigen

Aktionäre

323

maß vertretenen Partei zusteht, dann erst recht der vorschriftswidrig überhaupt nicht beteiligten Partei 3 0 1 3 . Allerdings hat der B G H sich jüngst für den Fall der arglistig erschlichenen öffentlichen Zustellung gegen die analoge Anwendung des § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O ausgesprochen, dabei freilich in den Entscheidungsgründen maßgeblich auf die Bedeutung der Vorschriften über die öffentliche Zustellung abgehoben 30115 . Aus diesem Urteil ergibt sich mithin kein Einwand gegen die Analogie zu § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O in den hier behandelten Fällen, in denen die Information Drittbetroffener überhaupt nicht versucht worden ist. Indes gilt ganz allgemein: Wenn ein in seinen Rechten Betroffener (sei es eine Partei, sei es ein Dritter) nicht über ein anhängiges Verfahren informiert wird und nunmehr eine Entscheidung in diesem Verfahren ergeht, ist das rechtliche Gehör verletzt. Dieser Verstoß ist innerhalb der Fachgerichtsbarkeit zu korrigieren, um die Notwendigkeit einer auf Art. 1 0 3 I G G gestützten Verfassungsbeschwerde zu vermeiden. Deshalb verdient die entsprechende Anwendung des § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O bei rechtskräftigen Entscheidungen, durch die ein Betroffener in seinem rechtlichen Gehör verletzt wurde, ganz allgemein den Vorzug 3 0 1 c . Dagegen kann aus der fehlenden Beiladung nicht gefolgert werden, daß gegenüber dem nicht informierten Aktionär Rechtskraft und Gestaltungswirkung gänzlich ausblieben 3 0 2 ; und ebensowenig kann für den Anfechtungsprozeß die Auffassung überzeugen, wonach die Rechtsmittelfrist gegenüber einem Aktionär, der mangels Bekanntmachung der Klage nach § 2 4 6 IV AktG keine Kenntnis vom Prozeß erhalten hat, erst mit Zustellung des Urteils an ihn zu laufen beginnt 3 0 3 , möglicherweise Jahre nachdem die Rechtskraft gegenüber den Verfahrensbeteiligten eingetreten ist. Denn der Gesetzgeber hat eine allseitige Rechtskrafterstreckung und Gestaltungswirkung gewollt und damit jeglicher Relativierung dieser Wirkungen mit Rücksicht auf die unterbliebene Verfahrensbeteiligung eines Aktionärs eine Absage erteilt. Dies im Wege der verfassungskonformen Auslegung zu korrigieren besteht kein Anlaß, solange man den übergangenen Aktionär die hier erläuterte Rechtsstellung im Prozeß eröffnet.

Vg. nur Barnert, ZZP 116 (2003), 4 4 7 , 454f. j Z 2 0 0 3 , 903, 904f. 3 0 u Zutreffend Braun, J Z 2 0 0 3 , 906, 907; für analoge Anwendung des § 5 7 9 I Nr. 4 ZPO bei erschliechener öffentlicher Zustellung auch Barnert, ZZP 116 (2003), 4 4 7 , 4 5 4 f . ; dagegen dem BGH zustimmend Gaul, J Z 2 0 0 3 , 1088, 1093f. Freilich wird noch zu diskutieren sein, wie sich diese Analogie zum mit Wirkung zum 1.1. 2 0 0 5 neu gefaßten § 321a ZPO verhält; denn die dort niedergelegte Anhörungsrüge richtet sich ebenfalls gegen Entscheidungen, die zwar in formelle Rechtskraft erwachsen sind, aber möglicherweise auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen. 3 0 2 Zutreffend Schlosser, J Z 1967, 4 3 1 , 4 3 6 ; Schuttes, Beteiligung, S. 187. 3 0 3 In diesem Sinne aber allgemein für die Fälle unterlassener, aber gebotener Drittbeteiligung Marotzke, ZZP 100 (1987), 164, 202f. 301a

30ib

B G H

324

§5 Der aktienrechtliche

E. Aspekte der

Beschlußmängelstreit

Kostengerecbtigkeit

I. D i e R i s i k o - D i s p a r i t ä t z w i s c h e n M e h r h e i t u n d M i n d e r h e i t Die Mediatisierung der Beklagtenrolle bei der Gesellschaft hat eine auf den ersten Blick nicht unbedenkliche Kehrseite, wenn man auf die Verteilung kos

des

Kostenrisi-

blickt. D a nämlich die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt

(§ 9 1 I Z P O ) , hat bei Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beschlusses der klagende Aktionär, bei Rechtswidrigkeit die Gesellschaft die Kosten zu tragen. D a m i t ist nicht nur die beschlußfassende Mehrheit im Gegensatz zur dissentierenden M i n derheit von jeglichem Kostenrisiko freigestellt (Risiko-Disparität); es zahlt zudem mittelbar der Kläger selbst bei Prozeßgewinn mit, weil die Kosten des Verfahrens das Gesellschaftsvermögen und damit auch den Wert seiner Beteiligung belasten 3 0 4 . Ist der Beschluß rechtswidrig schuldhaft

und hat das die beschlußfassende Mehrheit

verkannt, so mag man einen materiellrechtlichen Ersatzanspruch auf-

grund der Treuepflicht zur Gesellschaft konstruieren, die es den Gesellschaftern verbietet, die Gesellschaft in einen verlustreichen Prozeß hineinzutreiben. Aber der Kläger

haftet selbst dann auf die Kosten des Rechtsstreits, wenn er eine im Ergeb-

nis erfolglose Klage erhoben und dabei schuldlos

die Rechtslage verkannt hat; die

Disparität wird also nicht beseitigt. Die gleiche Problematik ist bereits im Z u s a m menhang mit der Ausschlußklage aufgetreten; dort w a r es der A u s s c h l u ß b e k l a g t e , zu dessen Nachteil sich die Disparität auswirkte. Wie dort fragt sich auch im K o n text des Beschlußmängelrechts, o b es für die unterschiedliche Verteilung der Kostenlast eine besondere Rechtfertigung gibt 3 0 5 .

II. D i e L e g i t i m a t i o n d e r D i s p a r i t ä t in d e r A G Für die Beschlußmängelklage in der Aktiengesellschaft gibt es gleich mehrere Gesichtspunkte, welche die Kostenrisiko-Disparität positiv

rechtfertigen:

1. §117 VII Nr. 1 AktG § 1 1 7 V I I Nr. 1 A k t G liegt die Wertung zugrunde, daß der Aktionär ohne finanzielles Risiko soll abstimmen können. Namentlich läßt sich eine Haftung des Aktio-

3 0 4 Vgl. Baums, DJT 2000, S. F 79f.; Joost, Z G R 1984, 71, 96; Zöllner, Schranken, S.388. Baums (aaO.S. 87f.) fordert deshalb de lege ferenda eine Kostenverteilung nach Billigkeitsgesichtspunkten in Anlehnung an das Modell der § § 9 9 VI 7, 8, 306 VII 8, 320b III 3, 312 IV, 132 V 7 AktG. 305 Die nachfolgenden Überlegungen betreffen die Kostengerechtigkeit im Verhältnis zwischen den Aktionären. In neuerer Zeit wird de lege ferenda die Frage einer gerechten Kostenverteilung im Verhältnis zwischen klagendem Aktionär und beklagter Gesellschaft diskutiert; vgl. Adams, AG 2000, 396ff., Baums, FS Lutter, S.283ff.

E. Aspekte der

325

Kostengerechtigkeit

närs nicht damit begründen, § 1 1 7 A k t G enthalte, da nach dieser Vorschrift jedermann als potentieller Schadensersatzschuldner in Betracht k o m m e , einen besonders ausgeformten Deliktstatbestand und könne daher eine Haftung aus verbandsrechtlichen Gründen, etwa aus Verletzung der Treupflicht, nicht b e r ü h r e n 3 0 6 . Denn die Treupflicht trifft den Aktionär gerade dann, wenn er in Angelegenheiten der Gesellschaft abstimmt; gerade für diesen Fall stellt ihn § 1 1 7 VII Nr. 1 A k t G aber von jeglicher Haftung frei. Das ergibt sich daraus, d a ß § 1 1 7 I A k t G den Ersatzanspruch gegen den Aktionär von vornherein auf vorsätzliches Verhalten beschränkt und dieser

Anspruch nach M a ß g a b e des § 1 1 7 VII Nr. 1 ausgeschlossen

sein soll. D a m i t wäre es nicht vereinbar, wenn der Aktionär bei jedem objektiven Rechtsverstoß - und sei er auch nur fahrlässig oder gar schuldlos begangen - im R a h m e n der Beschlußfassung ein Kostenrisiko t r ü g e 3 0 7 . Vielmehr besteht ein Zusammenhang zwischen § 1 1 7 A k t G einerseits und den §§54,

55 AktG

anderer-

seits 3 0 8 : Der Aktionär soll einmal seine Einlage nebst Agio entrichten und danach finanziell in R u h e gelassen werden. Das beseitigt nicht seine Primärpflicht zum rechtmäßigen Abstimmungsverhalten, wohl aber eine an deren Verletzung anknüpfende Schadensersatzpflicht. Auch im Schrifttum ist aus § 5 4 A k t G das Prinzip abgeleitet worden, daß der Aktionär sich bei der Ausübung seines Stimmrechts getrost von jedem finanziellen Haftungsrisiko befreit fühlen d a r f 3 0 9 . Diese rechtspolitische Zielsetzung des § 1 1 7 VII Nr. 1 A k t G ist jedenfalls für Publikumsaktionäre auch heute noch sachgerecht 3 1 0 : M ü ß t e selbst der Kleinstanleger eine Haftung für sorgfaltswidrige Stimmabgabe befürchten, so würde dies die Präsenz in der Hauptversammlung erheblich reduzieren. Diese würde zu einem elitären Kreis ausgewiesener Fachleute denaturiert, was sich mit der Idee einer Publikumsgesellschaft nicht verträgt 3 1 1 . Im übrigen profitiert gerade in kostenrechtlicher Hinsicht auch der Anfechtungskläger von der Parteirolle der Gesellschaft: M ü ß t e er sämtliche für den Beschluß verantwortlichen Mitaktionäre verklagen, so drohte ihm eine Multiplikation des Kostenrisikos. Die M i t a k t i o n ä r e wären nämlich nicht gezwungen, den gleichen Anwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung zu beauftragen; die außergerichtlichen Kosten im Falle einer Niederlage wären daher für den Kläger deutlich h ö h e r 3 1 2 .

So aber Guntz, Treubindungen, S. 118 ff. Gegen jede Fahrlässigkeitshaftung wegen pflichtwidriger Abstimmung auch Zöllner, Schranken, S.427f. 3 0 8 Zutreffend OLG Düsseldorf WM 1993, 153, 162. 309 Timm, WM 1991, 481, 486; ähnlich Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 177. 3 1 0 LG Düsseldorf WM 1993, 153, 162; Henssler, DZWiR 1997, 36; Martens, Rechtsdogmatik, S.51, 262f. 3 1 1 Zutreffend Schnorbus, JuS 1998, 877, 881. 3 1 2 OLG Celle NZG 1999, 64, 65. 306

307

326 2. Entlastung des

55 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Passivrubrums

Die §§ 241ff. AktG sollen u.a. das Passivrabram entlasten, das völlig unübersichtlich würde, wenn ein Aktionär sämtliche Mitaktionäre verklagen müßte. Der praktische Vorteil dieser Mediatisierung würde zumindest zum Teil wieder eingebüßt, wenn der Vorstand die Kosten des verlorenen Anfechtungsprozesses von den Aktionären wieder beitriebe. Denn selbst wenn diese als Gesamtschuldner hafteten, könnte der Vorstand mit Rücksicht auf § 53a AktG nicht nach Belieben einen von ihnen auf die gesamten Kosten belangen. Vielmehr müßte er gegen eine Vielzahl von Aktionären klagen. Das gleiche Schicksal hätte ein Aktionär zu gewärtigen, der die Prozeßkosten aus eigener Tasche begleicht und sodann von seinen Mitaktionären Regreß fordert: Er müßte entweder sämtliche für den Beschluß verantwortlichen Mitaktionäre verklagen; oder er könnte die Regreßklage auf einen von ihnen beschränken, würde aber damit einen Regreßzirkel mit im Extremfall mehr als 100.000 Beteiligten auslösen. 3. Mehrheitsprinzip

als

Legitimationsfaktor?

Keinen tauglichen Legitimationsgesichtspunkt liefert hingegen das Mehrheitsprinzip als solches. Versucht man die Risiko-Disparität mit der vorläufigen und grundsätzlichen Gültigkeit des mehrheitlich Beschlossenen zu rechtfertigen, so läuft dies am Ende auf das Postulat hinaus, daß für die Rechtmäßigkeit der Mehrheitsherrschaft eine Vermutung spreche. Freilich sind in der Literatur vereinzelt Überlegungen angeklungen, welche in eben diese Richtung weisen 313 : So wird in bezug auf die Reichweite des Mehrheitsprinzips in Personengesellschaften vorgetragen, dem übereinstimmenden Willen fast aller Gesellschafter komme eine höhere Richtigkeitsgewähr zu als der Blockadehaltung eines einzelnen Opponenten 3 1 4 . a) Mehrheitsprinzip

und

Richtigkeitsgewähr

Indes: Eine Vermutung der Rechtmäßigkeit von Mehrheitsbeschlüssen läßt sich nicht halten. Das Modell der SS 241 ff. AktG muß sich auch in der faktisch konzernierten AG bewähren; dort aber zeigen die §§ 311 ff. AktG, daß der Gesetzgeber selbst eine gesteigerte Gefahr rechtswidriger Mehrheitsherrschaft wittert. Ganz allgemein begründet man die Notwendigkeit, besondere Regeln für die Kontrolle fehlerhafter Beschlüsse bereitzustellen, mit dem Verlust an privatautonomer Rich313 Die Gleichsetzung der Mehrheits- mit der materiell richtigen Entscheidung in der Tat Paschke, FS Serick, S . 3 1 3 , 314; Scholz-Priester, G m b H G , § 5 3 R n . 5 5 ; Vorwerk/Wimmers, GmbHR 1998, 717, 721. Priester beruft sich dabei zu Unrecht auf B G H Z 76, 3 5 2 , 353: Wenn d o r t ausgef ü h r t ist, ein mit Mehrheit gefaßter Auflösungsbeschluß trage seine Rechtfertigung in sich, so h a t der B G H damit nicht die V e r m u t u n g rechtmäßiger Mehrheitsherrschaft ausgesprochen. Vielmehr handelt es sich u m ein Spezifikum des Auflösungsbeschlusses, weil die Gesellschaft kein Existenzrecht gegen den Willen der Gesellschafter hat. 314 Leenen, 2. FS Larenz, S . 3 7 1 , 385.

E. Aspekte der

Kostengerechtigkeit

327

tigkeitsgewähr, welcher mit dem Mehrheitsprinzip einhergeht 315 : Je weniger Aktionäre einverstanden sein müssen, desto geringer wird die Zahl derer, mit denen man um dies Einverständnis ringen und um dessentwillen eigene Interessen im Austausch gegen Zugeständnisse der Gegenseite zurückstellen muß. Der Verhandlungsmechanismus, der gewöhnlich die Ausgewogenheit wechselseitiger Rechte und Pflichten sicherstellt 316 , wird somit nur in eingeschränkter Form verwirklicht. Namentlich stabile Mehrheiten (auch außerhalb von Konzernverhältnissen) gefährden den angemessenen Interessenausgleich317. Eine materielle Legitimität der Mehrheitsentscheidung oder auch nur die Vermutung ihrer Rechtmäßigkeit läßt sich für das Verbandsrecht ebensowenig begründen318 wie im staatsrechtlichen Bereich 319 ; im Gegenteil: Die Möglichkeit, Mehrheitsbeschlüsse einer rechtlichen Kontrolle durch unabhängige Gerichte zu unterziehen, ist notwendiges Korrelat und wesentliches Legitimationselement des Mehrheitsprinzips überhaupt 320 . Der noch in den Anfängen des Aktienwesens vorherrschende Optimismus, die Mehrheit werde schon im eigenen Interesse die berechtigten Belange des Gesellschaftsunternehmens vertreten, hat sich nicht erfüllt 321 . Und selbst der Umstand, daß jemand, der mehr Kapital eingesetzt hat, auch einen größerem Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft muß nehmen können, legitimiert zwar den Mehrheitsgrundsatz als organisationsrechtliches Ordnungsprinzip322, den konkreten Mehrheitsentscheid jedoch nur, soweit er sich auf dem Boden des Rechts bewegt. Eine ungleiche Verteilung des Kostenrisikos in bezug auf die Prüfung, ob bei einem Mehrheitsbeschluß die durch Gesetz und Satzung gezogenen Grenzen eingehalten wurden, läßt sich dagegen allein mit dem Argument des relativ höheren Ressourceneinsatzes nicht begründen. b) Richtigkeitsgewähr

und stattgebendes

Anfechtungsurteil

Aber selbst wenn die Rechtmäßigkeit des Mehrheitsentscheids zu vermuten wäre, könnte sie eine Disparität im Kostenrisiko zwischen dem Anfechtungskläger und der Aktionärsmehrheit nicht überzeugend begründen. Denn die Folgen jener Disparität zeigen sich gerade erst dann, wenn die Anfechtungsklage Erfolg hat und damit die besagte Vermutung widerlegt ist: Nur in einer solchen Situation entsteht die Schieflage, daß der Kläger den Prozeß vermittelt über seine Beteiligung an der Gesellschaft mitbezahlt, während er die Kosten eines erfolg losen Prozesses ganz Vgl. bereits oben A, vor I. Vgl. Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S.49. 317 Immenga, FS 100 Jahre GmbHG, S. 189, 206. 3 1 8 Ebenso Baltzer, Beschluß, S.213f.; Kulka, Ausschluß, S. 119. Wiedemann, Z G R 1980, 147, 157 folgert daraus das Erfordernis der Sachkontrolle eines jeden Mehrheitsbeschlusses. 3 , 9 Vgl. aus der staatsrechtlichen Diskussion Gusy, AöR 106 (1981), 3 2 9 , 3 4 1 ; M. Schwab, Politikberatung, S.428, je mwN. 3 2 0 Zutreffend Schröder, Konfliktbeilegung, S. 146 f. 321 Fischer, FSBarz, S.33. 3 2 2 Vgl. Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S.2. 315 316

328

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

allein hätte tragen müssen - allenfalls gemildert durch die Streitwertspaltung nach § 2 4 7 II AktG 3 2 3 , die freilich dem Aktionär häufig einen beträchtlichen Teil der Kosten erspart 3 2 4 . Die Disparität im Kostenrisiko zeigt sich damit gerade an den Folgen eines nachweislich

rechtswidrigen

Beschlusses und kann daher nicht unter

Hinweis auf eine wie auch immer begründete Rechtmäßigkeitsvermutung gerechtfertigt werden.

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

I. Rechnerisch fehlerhaft verkündete Ablehnungsbeschlüsse Die Anfechtungsklage allein vermag dem Rechtsschutzziel des Klägers nicht immer zu genügen. Denn es mag geschehen, daß das Abstimmungsergebnis fehlerhaft ermittelt wurde und der Versammlungsleiter einen ablehnenden Beschluß verkündet hat, obwohl in Wahrheit die erforderliche Aktionärsmehrheit dem Beschlußantrag zugestimmt hat. Ein solcher Fehler kann etwa deshalb unterlaufen, weil der Versammlungsleiter sich beim Auszählen der Stimmen schlicht vertan, Höchststimmrechte nicht berücksichtigt, die für das Zustandekommen des Beschlusses erforderliche Mehrheit (einfache, 2A, % usw.) verkannt, Stimmen trotz Stimmrechtsausschlusses mitgezählt oder umgekehrt in irrtümlicher Annahme eines Stimmverbots unberücksichtigt gelassen hat. In solchen Fällen gilt der Beschluß nicht ohne weiteres als im zustimmenden Sinne gefaßt; und ebensowenig ist er ohne weiteres unwirksam. Vielmehr hat der Leiter der Hauptversammlung das Abstimmungsergebnis festzustellen und zu verkünden; hierdurch wird vorläufig verbindlich der Inhalt des Beschlusses bestimmt, selbst wenn das „wahre" Abstimmungsergebnis ein anderes gewesen ist 3 2 5 . Diese Kompetenz ergibt sich aus § 1 3 0 II A k t G 3 2 6 . Ohne eine solche Verkündung kommt nach ganz h . M . in der AG ein Hauptversammlungsbeschluß nicht zustande 3 2 7 . Der Aktionär, der geltend ma3 2 3 Zu Mechanismus der Kostenberechnung nach § 2 4 7 II AktG Baums, FS Lutter, S. 2 8 3 , 2 9 7 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 7 R n . 2 6 ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 7 R n . 2 6 ; Saenger, AG 2 0 0 2 , 536, 537f. 3 2 4 Vgl. Schiaus, AG 1988, 113, 116. 3 2 5 R G Z 75, 2 3 9 , 2 4 2 f . ; 89, 3 6 7 , 3 7 9 ; 122, 102, 107; 142, 123, 127; B G H Z 14, 25, 35; 76, 191, 197; BGH N J W 1975, 2 1 0 1 ; DB 1 9 9 7 , 1 5 3 , 155; O L G Düsseldorf W M 2 0 0 3 , 1 2 6 6 , 1270; Baltzer, Beschluß, S . 1 2 7 ; Casper, Heilung, S.31f., 41f.; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 5 0 f . mit F n . 3 9 , S. 55; Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 4 2 ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 1 Rn. 10; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S . 3 5 ; Köster, Nichtigkeitsklage, S. 118f.; Lutter/Grunewald, AG 1989, 109, 114; Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 1 9 3 , 1 9 4 f . ; Oelrichs, GmbHR 1995, 863, 864; K. Schmidt, AG 1977, 2 0 5 , 2 0 9 ; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 143f.; Steindorff, FS Rittner, S . 6 7 5 , 693; Zöllner, Schranken, S. 397. 326 Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S . 1 9 8 ; Köster, Nichtigkeitsklage, S. 118 f.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 143f.; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 100; Stiitzle/Walgenbach, Z H R 155 (1991), 516, 5 1 9 . 327 Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 1 R n . 2 3 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 143; Oelrichs,

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

329

chen will, das Abstimmungsergebnis sei fehlerhaft ermittelt worden, muß die Wirksamkeit des gleichwohl verkündeten Beschlusses beseitigen, indem er ihn anficht 328 ; entspricht das ermittelte Ergebnis tatsächlich nicht dem rechnerisch korrekten, d.h. wurde die Ablehnung des Beschlußantrags verkündet, obwohl die Annahme hätte verkündet werden müssen oder umgekehrt, so ist die Anfechtungsklage begründet329. Indes wird der Kläger nicht nur den unrichtig verkündeten negativen Beschluß beseitigen, sondern zugleich darauf hinwirken wollen, daß der in Wahrheit gefaßte positive Beschluß für verbindlich erklärt wird. Dies aber erreicht der Kläger allein mit der Anfechtungsklage nicht; das Anfechtungsurteil wirkt nur kassatorisch 330 . Doch räumt man ihm heute die Möglichkeit ein, zusätzlich eine sog. positive Beschlußfeststellungsklage zu erheben. Mit ihrer Hilfe kann der Kläger beantragen, das Gericht möge den dem Antrag zustimmenden Beschluß als gefaßt feststellen331. Das Rechtsschutzziel der positiven Beschlußfeststellungsklage besteht also in der Erzwingung eines Beschlusses, welcher besagt, daß der Beschlußantrag angenommen wurde. Dagegen steht diese Klage nicht zur Verfügung, wenn ein eben solcher Beschluß tatsächlich gefaßt wurde und der Aktionär die Feststellung begehrt, der Beschlußantrag sei in Wahrheit abgelehnt worden 332 : Das kassatorische Rechtsschutzziel, nämlich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, wird GmbHR 1995, 863f.; Zöllner, Schranken, S.393; zweifelnd aber jüngst ders., FS Lutter, S. 821, 829f.; dazu unten § 6 F II 6. 3 2 8 R G Z 75, 2 3 9 , 2 4 3 ; 122, 102, 107; 142, 123, 128; B G H Z 76, 191, 197; O L G Düsseldorf W M 2 0 0 3 , 1 2 6 6 , 1 2 7 0 ; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S . 2 2 6 ; Baums, Eintragung, S. 86; Hüffer, FS Fleck, S. 1 5 1 , 1 5 8 ; ders., in Geßler, AktG, § 2 4 6 Rn. 81; ders., AktG, § 2 4 6 R n . 4 2 ; Köster, Nichtigkeitsklage, S. 119; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 143f. 3 2 9 KG GmbHR 1995, 735; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 5 2 , 85; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 11, § 2 4 6 R n . 4 2 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 R n . 1 2 1 ; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 2 9 1 ; K. Schmidt, AG 1977, 2 0 5 , 2 0 9 ; ders., N J W 1986, 2 0 1 8 , 2 0 1 9 ; ders., GmbHR 1992, 9, 12; ders., Gesellschaftsrecht, § 2 8 IV 5 e bb (S.861); Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S . 7 2 , 143f.; Zöllner, Schranken, S . 4 0 5 ; ders., Z G R 1982, 623, 6 2 7 ; ders., in Baumbach, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 3 ; ders., in KK, AktG, § 2 4 1 R n . 5 5 . 3 3 0 R G Z 146, 71, 72f.; 146, 123, 129; BGHZ 76, 191, 198; BGH W M 1964, 1188, 1191; AnwK-Heidel, AktG, § 2 4 6 R n . l l ; Bauschatz, N Z G 2 0 0 2 , 317, 318; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 129f.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 8 2 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 4 7 ; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 35; MüHdbGesR W/Semler, § 4 1 Rn. 91; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 140: K. Schmidt, N J W 1 9 8 0 , 2 0 1 8 , 2 0 2 0 ; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 6 Rn. 99; ders., in Scholz, GmbHG, § 4 5 R n . 4 7 , 1 7 4 ; Zöllner, Schranken, S . 4 0 6 f . ; ders., in Baumbach, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 1 ; ders., in KK, AktG, § 2 4 8 R n . 2 4 . 3 3 1 B G H Z 76, 191, 198f.; 88, 320, 329; 97, 28, 30; O L G Düsseldorf GmbHR 2 0 0 0 , 1050, 1052; Brandes, W M 1984, 2 8 9 , 2 9 8 ; Emde, ZIP 1998, 1475; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn.81ff.; GroßkommAktG-K. Schmidt, AktG, § 2 4 6 R n . 1 0 2 ; Habetha, D Z W i R 1996, 4 4 7 , 4 5 1 f.; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 2 4 4 f . ; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 2 0 Rn.15; Joost, Z G R 1984, 7 1 , 9 4 ; Köster, Nichtigkeitsklage, S . 1 2 3 ; Lindacher, Z G R 1987, 121, 125; Lutter, Z G R 1 9 9 8 , 1 9 1 , 2 0 8 ; ders./Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 4 4 ; MüHdbGesR I V / S e m l e r , § 4 1 R n . 9 1 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 R n . 1 5 3 ; Saenger, GmbHR 1997, 112, 116; Winter, Treubindungen, S. 169; Zöllner, Schranken, S . 4 1 0 ; ders, in KK, AktG, § 2 4 8 R n . 2 5 . 332

Zutreffend BGH N Z G 2 0 0 3 , 2 8 4 , 2 8 5 .

330

Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

durch das stattgebende Anfechtungsurteil vollumfänglich erreicht; mit der Feststellung, der Antrag sei abgelehnt worden, erreicht der Aktionär nichts, was in den Rechtswirkungen über die Aufhebung jenes Beschlusses hianusreicht.

II. Treuwidrige Ablehnungsbeschlüsse 1. Die These von der Nichtigkeit

treuwidriger

Stimmen

Die positive Beschlußfeststellungsklage steht des weiteren für diejenigen Fälle zur Verfügung, in denen der Beschlußantrag eines Aktionärs treuwidrig abgelehnt wurde 3 3 3 . Es mag nämlich geschehen, daß die Treupflicht dem Gesellschafter die Z u s t i m m u n g zu einer bestimmten im Gesellschaftsinteresse zwingend erforderlichen M a ß n a h m e kategorisch gebietet, also selbst bei Berücksichtigung eines Abstimmungsermessens keine Alternative verbleibt 3 3 4 . Auch in diesem Fall soll nach h . M . bereits das Abstimmungsergebnis rechnerisch falsch ermittelt worden sein: Denn die Stimmabgabe derjenigen Aktionäre, die für die Ablehnung des Beschlußantrags unter Verletzung ihrer Treuepflicht gestimmt hätten, sei nichtig335 und dürfe daher bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt werden 3 3 6 . Die treuwidrige Stimmabgabe soll, wie jede andere nichtige Stimme 333

B G H Z 88, 320, 3 3 0 ; O L G H a m m G m b H R 1992, 4 5 8 , 4 6 0 ; O L G M ü n c h e n G m b H R 1994, 3 2 0 , 321; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 2 2 5 ff.; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 3 ; Brandes, W M 1984, 2 8 9 , 2 9 8 ; Hachenburg-Raiser, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 2 4 5 ; Häsemeyer, Z H R 160 (1996), 109, 120; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leith o f f , G m b H G , § 4 7 R n . 1 5 3 ; Saenger, G m b H R 1997, 112, 116; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 113; Steindorff, FS Rittner, S . 6 7 5 , 693; Weber, Treubindungen, S.78; Winter, Treubindungen, S. 170f. 334 Vgl. nur K. Schmidt, G m b H R 1992, 9, 10. Vgl. auch oben § 1 B II. Z u m M i ß b r a u c h bestehenden Ermessens bei mehreren Abstimmungsmöglichkeiten unten F IV. 335 B G H Z 1 0 2 , 1 7 2 , 1 7 6 ; B G H ZIP 1 9 8 8 , 2 2 , 2 4 ; DB 1990, 929; ZIP 1 9 9 1 , 2 3 , 2 4 ; ZIP 1993, 1 2 2 8 , 1 2 3 0 ; DB 1 9 9 9 , 2 2 5 6 , 2 2 5 7 ; O L G Düsseldorf G m b H R 2 0 0 1 , 1 0 5 0 , 1 0 5 3 ; O L G H a m b u r g G m b H R 1992, 4 3 , 47; O L G Stuttgart BB 1999, 2 3 1 6 , 2 3 1 7 ; LG Düsseldorf DB 1994, 1028, 1029; Altmeppen, DB 1998, 4 9 , 54; Arnold, G e w i n n a u s z a h l u n g s a n s p r u c h , S.225; BaumbachZöllner, G m b H G , § 4 7 R n . 7 4 a , Anh. § 4 7 R n . 5 4 a ; Binge, Gesellschafterklagen, S. 171; Grunewald, ZIP 1989, 962, 967; Lindemann, Beschlußfassung, S. 154f.; Lutter, Z H R 153 (1989), 4 4 6 , 4 5 8 ; ders./Grunewald, A G 1989, 109, 114; ders./Hommelhoff, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 4 6 ; Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 188; MK-Hüffer, A k t G , § 2 4 3 R n . 1 1 8 ; Renkl, Gesellin: Michalski, G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 335; Schlegelbergerschafterbeschluß, S. 69; Römermann, Martens, H G B , § 119 R n . 3 6 ; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.56, 65, 71, 96; Scholz-Winter, G m b H G , § 14 Rn. 61; Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 5 Rn. 107; Seidel, Treupflichten, S.26f.; Sester, Treupflichtverletzung, S. 159; Staub-Ulmer, H G B , § 1 1 9 R n . 7 6 ; Steindorff, FS Rittner, S . 6 7 5 , 693; Weipert, Z G R 1990, 142, 147; Winter, Treubindungen, S.36; Zöllner, Schranken, S. 366; ders., Z H R 155 (1991), 1 6 8 , 1 7 4 ; ders., FS Lutter, S. 821, 825; ebenso für den Fall schuldhafter Treupflichtverletzung A. Hueck, FS Nipperdey, S . 4 0 1 , 4 1 1 . Dagegen hält B G H ZIP 1 9 9 0 , 1 1 9 4 , 1196 die treuwidrige Stimme für wirksam. 336 B G H DB 1 9 9 0 , 9 2 9 ; ZIP 1 9 9 1 , 2 3 , 2 4 ; ZIP 1 9 9 3 , 1 2 2 8 . 1 2 3 0 ; ; DB 1 9 9 9 , 2 2 5 6 , 2 2 5 7 ; O L G Düsseldorf G m b H R 2 0 0 1 , 10150, 1053; O L G H a m m G m b H R 1992, 4 3 , 45; O L G M ü n c h e n N Z G 1 9 9 9 , 591, 5 9 3 ; O L G Stuttgart BB 1999, 2 3 1 6 , 2 3 1 7 ; Altmeppen, DB 1 9 9 8 , 4 9 , 54; Arnold, G e w i n n a u s z a h l u n g s a n s p r u c h , S . 2 2 5 ; Böttcher/Grewe, N Z G 2 0 0 2 , 1086, 1088; Casper,

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

331

a u c h 3 3 7 , als Enthaltung zählen 3 3 8 . Legt man dies zugrunde, so wird der Beschluß allein durch die den Antrag annehmenden Stimmen zustande g e b r a c h t 3 3 9 ; die Annahme des Antrags hätte also bei rechnerisch richtiger Ermittlung des Abstimmungsergebnisses verkündet werden müssen. Die Nichtigkeit treuwidriger Stimmen wird daraus abgeleitet, daß die Treupflicht eine dem Stimmrecht immanente Schranke forme. Wer diese Schranke überschreite, übe sein Stimmrecht in unzulässiger Weise aus. Deswegen sei die Stimme v o m Stimmrecht nicht mehr gedeckt und folglich n i c h t i g 3 4 0 . Es entspreche einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß Rechtshandlungen unwirksam seien, wenn sie sich außerhalb der Grenzen des ausgeübten Rechts bewegten 3 4 1 . Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß treuwidrige Stimmen und treuwidrige Widersprüche (vgl. § 1 1 5 I HS 2 H G B ) in Personengesellschaften seit jeher als nichtig angesehen w ü r d e n 3 4 2 , und außerdem hervorgehoben, daß die positive Beschlußfeststellungsklage sich bei treuwidrigen Ablehnungsbeschlüssen nur dann halten lasse, wenn man treuwidrige Stimmen für nichtig halte; den diese Klage könne nur auf ein rechnerisch unrichtiges Abstimmungsergebnis, nicht aber darauf gestützt werden, anstelle des gefaßten Beschlusses hätte von Rechts wegen der gegenteilige Beschluß gefaßt werden müssen 3 4 3 .

2. Mängel in der Begründung der a)

Nichtigkeitsthese

Überblick

D e r Hinweis auf das Recht der Personengesellschaften ist für sich gesehen nicht aussagekräftig; denn wenn sich erweisen sollte, daß die übrigen Erwägungen für die Begründung der Nichtigkeitsthese nicht tragen, wird künftig auch dort davon auszugehen sein, daß selbst treuwidrige Stimmen wirksam

sind. Die A n n a h m e , das

Gericht, das über die positive Beschlußfeststellungsklage zu entscheiden habe, könne nicht einen positiven Beschluß feststellen, wenn tatsächlich ein negativer gefaßt worden sei, erschöpft sich ebenfalls in einer bloßen Behauptung, anstatt die potentielle Reichweite des Beschlußfeststellungsurteils sorgfältig aus der Funktion der Klage abzuleiten. Im übrigen fällt auf, daß die Frage nach der

materiellrechtli-

Heilung, S.264; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 169; ders./Grunewald, AG 1989, 109, 114; MKHüffer, AktG, § 246 Rn. 118; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 292 f.; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1964; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 107; Seidel, Treupflichten, S. 198; Sester, Treupflichtverletzung, S.159; Zöllner, Schranken, S.371; ders., ZHR 155 (1991), 168, 174. 5 . 7 Vgl. Zöllner, Schranken, S.359. 3.8 Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 36; Sester, Treupflichtverletzung, S. 140; Winter, Treubindungen, S. 170. 33? Zöllner, Schranken, S. 367f. 340 Römerma««, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.335; Zöllner, Schranken, S. 366. 341 Zöllner, FS Lutter, S. 821, 825. 342 Zöllner, Schranken, S. 366. 343 Zöllner, Schranken, S. 367f.

332

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

chen Rechtsfolge treuwidriger Stimmen gegen das auf dem Gebiet des Prozeßrechts angesiedelte Desiderat ausgespielt wird, möglichst einfachen und effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Die methodische Rechtfertigung dieses Vorgehens wird von den Vertretern der Nichtigkeitsthese nirgends belegt. Bereits auf dem Boden der bisher gewonnenen Erkenntnisse darf sie füglich bezweifelt werden: Wo es um Klagen auf Erfüllung mitgliedschaftlicher Förderpflichten oder um den Ausschluß von Gesellschaftern ging, wurden die für richtig gehaltenen prozessualen Vereinfachungen mit Hilfe von Rechtsfiguren des Prozeßrechts erreicht, namentlich mit Hilfe der Prozeßstandschaft. Schließlich trifft die Überlegung, die treuwidrige Stimme bewege sich außerhalb der dem Stimmrecht gesetzten Schranken und sei folglich nichtig, weder in der Prämisse noch in der Schlußfolgerung zu: h) Nichtigkeit der Stimmabgabe über das Gesellschaftsinteresse

und allseitige

Disposition

Mit der treuwidrigen Stimme werden nämlich die Grenzen des Stimmrechts nicht in jedem Fall überschritten. Das erhellt, wenn man sich den Fall vor Augen führt, daß sämtliche Aktionäre für eine Maßnahme stimmen, die dem Gesellschaftsinteresse zuwiderläuft. Dies Interesse steht zur Disposition der einstimmigen Willensbildung unter den Mitgliedern 344 ; die Maßnahme kann somit rechtmäßig und wirksam beschlossen werden. An der Stimmabgabe allein kann man daher noch nicht ablesen, ob sie zu einem rechtswidrigen Beschluß führt. Wenn eine Stimme wegen Verstoßes gegen die Treupflicht nichtig wäre und alle übrigen Gesellschafter im gleichen Sinne abgestimmt haben, müßten deren Stimmen für sich betrachtet ebenfalls nichtig sein. Wie aber mit solchen Stimmen ein rechtmäßiger und wirksamer Beschluß zustande gebracht werden kann, hat die h.M. bisher nicht erklären können. Die Schieflage in der Begründung der Nichtigkeitsthese wird besonders deutlich, wenn man berücksichtigt, daß die nichtige treuwidrige Stimme als Enthaltung zählen soll: Dann müßte ein Beschluß bestimmten Inhalts dadurch zustande kommen, daß alle Aktionäre sich der Stimme enthalten. Nur vereinzelt ist dies überhaupt als Problem erkannt worden; so wird unvermittelt behauptet, die treuwidrige Stimme sei ausnahmsweise wirksam, wenn alle Aktionäre im gleichen Sinne abgestimmt hätten 345 . Für eine solche „Heilung" einer nichtigen Stimme durch kongruentes Abstimmungsverhalten anderer dürfte eine dogmatische Begründung freilich schwer zu finden sein. Aus dem gleichen Grund überzeugt es auch nicht, bei vorsätzlichem Mißbrauch des Stimmrechts eine Sittenwidrigkeit der Einzelstimme nach § 138 BGB anzunehmen 346 . Denn selbst die vorsätzlich pflichtwidrige Stimme kann, wenn alle Aktionäre im gleichen Sinne abstimmen, einen rechtmäßigen Beschluß herbeiführen. Abgesehen davon gilt die Nichtigkeitsfolge nach § 138 BGB nicht für Willenser344 345 346

Vgl. bereits oben § 2 B IX 1. Seidel, Treupflichten, S. 199 f. So aber Seidel, Treupflichten, S. 197f.

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

333

klärungen, sondern für Rechtsgeschäfte. Die Stimme ist aber als solche nicht Rechtsgeschäft, sondern lediglich Willenserklärung 347 , die sich zusammen mit den übrigen Stimmen zum Beschluß vereinigt; dieser verkörpert sodann das Rechtsgeschäft 348 . c) Die Aussagen des § 243 II AktG Daß die treuwidrige Stimme nicht nichtig sein kann, wird namentlich an § 243 II AktG deutlich. Die Anfechtung wegen Verfolgung von Sondervorteilen erfaßt einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die Treupflicht 349 . Gleichwohl wird der Beschluß vom Gesetz nicht für nichtig, sondern für lediglich anfechtbar und damit nach Ablauf der Anfechtungsfrist für endgültig wirksam erachtet. Dazu dürfte es auf dem Boden der Nichtigkeitsthese gar nicht erst kommen; denn dann dürfte der Versammlungsleiter einen solchen Beschluß von vornherein nicht als gefaßt feststellen und verkünden 350 . d) Z,ur Prüfungskompetenz

des

Versammlungsleiters

Mit dieser Bemerkung fällt zugleich der Blick auf die gesellschaftsinterne Kompetenzverteilung. Die These, „eigentlich" sei der treupflichtgemäße Beschluß gefaßt worden, beruht auf der Annahme, die treuwidrig ablehnenden Stimmen hätten, da nichtig, nicht mitgezählt, sondern als Enthaltungen gewertet werden müssen. Das 347 B G H Z 14, 2 6 4 , 2 6 7 ; 65, 93, 97; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 14; Baltzer, Beschluß, S. 142f., 147; Berg, Beschlüsse, S.21; Bischoff, BB 1 9 8 7 , 1055; Casper, Heilung, S . 2 9 f . ; Dürr, N e b e n a b r e d e n , S. 161; Erman, A G 1 9 5 9 , 2 6 7 , 2 6 9 ; ders., A G 1 9 5 9 , 300; H a c h e n b u r g - R a i ser, G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 16; Hueck, Anfechtbarkeit, S. 120; Jüdel, Beschluß, S. 14, 35; KopBeschlußpensteiner, Z I P 1994, 1325, 1326; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S . 6 1 ; Lindemann, fassung, S . 3 7 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.33; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 108; Schlegelberger-Martens, H G B , § 119 Rn. 35; K. Schmidt, G m b H R 1992, 9 , 1 2 ; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 16; Seidel, Treupflichten, S.20; Ulmer, FS Niederländer, S. 4 1 5 , 4 1 8 f.; ders., in Staub, H G B , § 119 R n . 2 4 , 56; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 193; Wellkamp, Vorstand, S . 5 6 ; WestermannlKlingberg, H a n d b u c h , Rn. I 4 8 3 ; Wiedemann, W M 1 9 9 2 , Beilage 7, S.25; Winkler, D N o t Z 1970, 4 7 6 , 4 8 5 ; Zöllner, FS Lutter, S . 8 2 1 f . 348 Baltzer, Beschluß, S.177; Berg, Beschlüsse, S.22; Bischoff, BB 1987, 1055; Casper, Heilung, S.32; ders., Z H R 163 (1999), 54, 66; Dürr, N e b e n a b r e d e n , S. 161; Gaßner/Zimmer, WiB 1 9 9 7 , 169, 172f.; Jüdel, Beschluß, S. 14, 17; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S . 4 1 f.; Köster, Nichtigkeitsklage, S.71; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 59f.; Lindemann, Beschlußfassung, S. 38; Messer, FS Fleck, S. 2 2 1 , 2 2 5 ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 1 5 , 1 7 ; Nitschke, Personengesellschaft, S. 67; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 108; Schlegelberger-Martens, G m b H G , § 119 R n . 4 ; K. Schmidt, G m b H R 1992, 9, 12; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 19; Slabschi, Anfechtungsklage, S.48; Staub-Ulmer, H G B , § 1 1 9 R n . 7 ; Wellkamp, Vorstand, S.56; Westermann/ Klingberg, H a n d b u c h , Rn. I 4 8 4 ; Winkler, D N o t Z 1970, 4 7 6 , 4 8 5 . 349 Z u t r e f f e n d Koppensteiner, ZIP 1 9 9 4 , 1 3 2 5 , 1 3 2 7 ; vgl. zu § 2 4 3 II A k t G als A u s p r ä g u n g der Treupflicht des weiteren Bischoff, BB 1987, 1055, 1058; Dreher, Z H R 157 (1993), 150, 153; ders., Z I P 1993, 332, 35; G r o ß k o m m A k t G - K . Schmidt, § 2 4 3 Rn. 48; Hüffer, FS Steindorff, S. 59, 72; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 4 7 Rn. 126; Weber, T r e u b i n d u n gen, S. 53. 350 Z u t r e f f e n d Koppensteiner, ZIP 1994, 1325, 1327.

334

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

aber setzt die Kompetenz des Versammlungsleiters voraus, einer Stimme wegen Treuwidrigkeit die Gültigkeit abzusprechen. Diese Kompetenz kommt ihm indes nicht zu 3 5 1 : Der Versammlungsleiter ist gewiß dazu berufen, die Stimmen auszuzählen und das Ergebnis zu verkünden; ein verbindliches Urteil darüber, welcher Aktionär in Übereinstimmung mit seinen Mitgliedspflichten abgestimmt hat und welcher nicht, ist ihm damit aber nicht zugestanden. Eine solche Kompetenz des Versammlungsleiters läßt sich insbesondere nicht mit dem Hinweis begründen, ihm sei es bereits verwehrt, Anträge, die das Gesellschaftsinteresse verletzten, zur Abstimmung zu stellen. Zwar verbietet ihm in der Tat die h.M., rechtlich unzulässige Anträge zur Abstimmung zu stellen 352 ; dies indes zu Unrecht 3 5 3 : Die Behauptung, er dürfe und müsse gesellschaftsschädliche Beschlußanträge dem Abstimmungsverfahren entziehen, erhebt ihn abermals unzulässig zur rechtlichen Prüfungsinstanz über Beiträge des Aktionärs zur korporativen Willensbildung. Über die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse befinden vielmehr allein die Gerichte. Handelt aber der Versammlungsleiter rechtmäßig,

wenn er die treuwidrigen Stimmen mit-

zählt, so fällt die Annahme, das Abstimmungsergebnis sei rechnerisch fehlerhaft ermittelt, in sich zusammen. Gegen die hier befürwortete Beschränkung der Kompetenz des Versammlungsleiters wende man nicht ein, diesem wachse - was freilich unstreitig ist 3 5 4 und auch hier nicht in Frage gestellt wird - die Aufgabe zu, solchen Stimmen die Berücksichtigung im Abstimmungsergebnis zu verweigern, die entgegen einem Stimmverbot abgegeben worden ( § § 4 7 IV G m b H G , 136 I 1 AktG) 3 5 5 und deshalb nichtig seien 3 5 6 . Es mag sein, daß die Beurteilung, ob ein Stimmverbot eingreift, im Einzelfall ähnlich schwierige rechtliche Überlegungen erfordern kann wie die Frage, ob gegen die Treupflicht verstoßen wird 3 5 7 . Gleichwohl greift der Versammlungsleiter in die Rechte des Aktionärs wesentlich tiefer ein, wenn er eine Stimme wegen Treuwidrigkeit, als wenn er sie wegen eines Stimmverbots nicht berücksichtigt. Im letz3 5 1 Im Ergebnis wie hier Guntz, Treubindungen, S. 137f.; Oelrichs, GmbHR 1995, 863, 866ff.; Stützle/Walgenbach, Z H R 155 (1991), 5 1 6 , 536; Timm, N J W 1991, 4 8 1 , 4 8 6 ; trotz Befürwortung der Nichtigkeitsthese auch Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 189; anders Altmeppen, DB 1998, 49, 54; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 5 a ; Böttcher/Grewe, N Z G 2 0 0 2 , 1086, 1088; Zöllner, Schranken, S . 3 7 1 ; Zun, Z H R 155 (1991), 190, 2 0 5 . Für die GmbH einschränkend K. Schmidt, GmbHR 1992, 9, 13: Verwerfungskompetenz nur, wenn Versammlungsleiter einstimmig bestellt und zur Nichtberücksichtigung treuwidriger Stimmen ermächtigt ist. 3 5 2 Vgl. Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 122; Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 4 9 ; KK-Zöllner, AktG, § 243 R n . 2 8 ; MK-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 118; Stützle/Walgenbach, Z H R 155 (1991), 516, 5 3 1 . 3 5 3 Wie hier wohl auch Renkl, Gesellschafterbeschluß, S . 8 3 : Versammlungsleiter hat kein Recht, Beschlußanträge der Gesellschafter zurückzuweisen. 3 5 4 Vgl. nur Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 5 a . 3 5 5 So aber Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 5 a . 3 5 6 Stimmen, die trotz Stimmrechtsausschluß abgegeben werden, sind nichtig; vgl. O L G Brandenburg GmbHR 2 0 0 1 , 6 2 4 , 6 2 6 ; O L G Düsseldorf GmbHR 2 0 0 0 , 1049, 1053; GmbHR 2 0 0 1 , 1 0 5 0 , 1 0 5 3 ; Jüdel, Beschluß, S. 71; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 139; Lindacher, Z G R 1987, 121, 125; Lindemann, Beschlußfassung, S. 155f.; Zöllner, Schranken, S . 3 9 9 . 357 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 5 a .

F. Die positive

335

Beschlußfeststellungsklage

teren Fall wird lediglich ein typisierter Interessenkonflikt festgestellt, der bereits abstrakt, ohne Rücksicht auf den Einzelfall, die Gefahr verstärkt, der hiervon betroffene Aktionär könnte dem eigenen Interesse unangemessenen Vorrang vor den Interessen der Gesellschaft einräumen 3 5 8 . Über den Aktionär wird damit kein individuelles Unwerturteil gefällt; vielmehr erfolgt der Ausschluß aus rein präventiven Gründen, um ein Abstimmungsergebnis sicherzustellen, welches dem Gesellschaftsinteresse angemessen Rechnung trägt. Demgegenüber wird im ersteren Fall gegen den betroffenen Aktionär der individuelle Vorwurf gesellschaftswidrigen Verhaltens erhoben; über sein Stimmverhalten wird ein Unwerturteil gefällt. Uber die Aufgabe, den ordnungsmäßigen Ablauf der Hauptversammlung zu gewährleisten und das Abstimmungsergebnis zu ermitteln, weist ein solches Urteil weit hinaus. Es kann daher nicht mehr vom Kompetenzbereich des Versammlungsleiters umfaßt sein, sondern muß exklusiv den Gerichten vorbehalten bleiben. e) Erste Ansätze zu einer Rechtsgeschäftslehre in Verbänden: von Verstößen gegen das Gesellschaftsinteresse

Die

Rechtsfolge

Die These, eine Stimme sei nichtig, wenn der Gesellschafter, der sie abgebe, gegen die Treupflicht verstoße, soll, wie dargelegt, Ausfluß eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes sein - des Inhalts nämlich, daß die Überschreitung des ausgeübten Rechts stets zur Nichtigkeit seiner Ausübung führe. Damit wirft die Nichtigkeitsthese eine allgemeine Problemstellung auf, die weit über ihr eigentliches Anliegen hinausgreift, die positive Beschlußfeststellungsklage auch in Fällen treuwidriger Ablehnungsbeschlüsse zu eröffnen: die Frage nach den Rechtsfolgen fehlerhafter Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte im Verband. Bereits ein Blick auf die § § 2 4 1 ff. AktG lehrt, daß es jedenfalls im Verbandsrecht einen „allgemeinen Rechtsgrundsatz" des behaupteten Inhalts nicht geben kann: Die Hauptversammlung, die unter Mißachtung von Gesetz und Satzung einen Beschluß faßt, bewegt sich ebenfalls außerhalb der Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten, welche ihr durch Zuweisung der Beschlußkompetenz eingeräumt sind. Dennoch ist die Folge der Gesetzesüberschreitung nur ausnahmsweise die Nichtigkeit, im Regelfall aber bloß die Anfechtbarkeit, also die Vernichtbarkeit des Beschlusses. Nun wird man einwenden wollen, die §§ 2 4 1 ff. AktG verkörperten ihrerseits eine Einschränkung der Nichtigkeit, welche dem Beschluß unweigerlich anhaften würde, wenn es diese Vorschriften nicht gäbe. Doch bedarf gerade dies Vorverständnis der Überprüfung und wird in § 7 dieser Arbeit ausführlich zu behandeln sein, wenn die Rechtsfolgen fehlerhafter Beschlüsse in Personengesellschaften auszumessen sind. An dieser Stelle genügt der Hinweis, daß die Schrankenfunktion der Treupflicht als solche mehrere Rechtsfolgen eröffnen kann: zum einen die Nichtigkeit der Einzelstimme, zum anderen aber ebensogut die Nichtigkeit oder Vernichtbarkeit des durch sie zustande gekommenen Beschlusses. Welche dieser Rechtsfolgen nun die richtige ist, 3 5 8 Zu diesem gedanklichen Hintergrund absoluter Stimmverbote Goette, DStR 1996, 3 8 8 , 389; Hachenburg-Hüffer, GmbHG, § 4 7 Rn. 120; Lutter/Hommelboff, GmbHG, § 4 7 Rn. 13.

336

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

wird durch jene Schrankenfunktion nicht zwingend vorgezeichnet; diese verhält sich m.a.W. zur Rechtsfolge indifferent.

Gerade wenn, wie gezeigt, selbst die treu-

widrige Stimme in einen rechtmäßigen Beschluß ausmünden kann,

spricht alles

dafür, die Rechtsfolge nicht auf der Ebene der Einzelstimme, sondern des Beschlusses zu suchen.

f)

Ergebnis

Wolfgang

Zöllner,

der wichtigste Vertreter der Nichtigkeitsthese, tritt in neuerer

Zeit mit scharfer Zunge für diese These ein, indem er sie in den Stand eines unumstößlichen D o g m a s erhebt: Die Nichtigkeit treuwidriger Stimmen sei „ernstlich nicht b e s t r e i t b a r " 3 5 9 , „rechtlich k a u m b e z w e i f e l b a r " 3 6 0 , und es sei „schwer verständlich", warum immer noch ernstlich das Gegenteil vertreten w e r d e 3 6 1 . M i t der gleichen Entschiedenheit m u ß Zöllner

widersprochen werden: Die Stimme eines

Gesellschafters ist selbst dann, wenn sie unter Verstoß gegen die Treupflicht abgegeben wird, wirksami62.

Die Defizite in der Begründung der Nichtigkeitsthese sind

ihrerseits so gravierend, daß eher „schwer verständlich" erscheint, w a r u m man jene These nicht schon auf viel breiterer Front kritisch hinterfragt hat.

3. Die Vereinfachungsfunktion

der positiven

Beschlußfeststellungsklage

Der treupflichtgemäße Beschlusses läßt sich folglich nur dann im Wege der positiven Beschlußfeststellungsklage erzwingen, wenn man sich offen dazu bekennt, daß die gerichtliche Entscheidung hierüber sich über wirksam abgegebene, aber treuwidrige Stimmen hinwegsetzen darf. Es geht nicht darum, den „eigentlich" gefaßten Beschluß zu ermitteln, sondern darum, einen an sich wirksam gefaßten Ablehnungsbeschluß durch einen anderen (positiven) Beschluß zu ersetzen363.

Dem

Kläger würde, wenn man dies zuließe, die Notwendigkeit erspart, die Zustimmung des dissentierenden Gesellschafters zunächst durch Leistungsklage zu erzwingen und sodann eine erneute Beschlußfassung zu erwirken, in der die Zustimmung des Verurteilten durch § 8 9 4 Z P O ersetzt würde. M i t der positiven BeBaumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.54a. Baumbach-Zöllner, GmbHG, §47 Rn.74a. 361 Zöllner, FS Lutter, S.821, 825. 3 6 2 Im Ergebnis wie hier namentlich Koppensteiner, ZIP 1994, 1325 ff.; ebenso Guntz, Treubindungen, S. 137; Timm, WM 1991, 481, 486; ebenso für die pflichtwidrige Stimme eines Aufsichtsratsmitglieds KK-Mertens, AktG, §108 Rn.69; skeptisch zur schlichten Übergehung pflichtwidriger Nein-Stimmen auch Wellkamp, Vorstand, S. 107. 3 6 3 Strikt ablehnend zu einer solchen Reichweite der positiven Beschlußfeststellungsklage Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193,208,211; Rützel, ZIP 1996,1961,1964; Windel, Interventionsgrund, S. 110; Zöllner, Schranken, S.408; ders., FS Lutter, S.821, 825; ders., KK, AktG, §248 Rn. 26. Für Zulassung der positiven Beschlußfeststellungsklage trotz Ablehnung der Nichtigkeitsthese aber Koppensteiner, ZIP 1994,1325,1328; ders., in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rn. 153. Dabei bekennt sich Koppensteiner freilich nicht ausdrücklich zu einer gerichtlichen Ersetzungskompetenz. 359 360

F. Die positive

337

Beschlußfeststellungsklage

schlußfeststellungsklage würde mithin eine erhebliche Vereinfachung des Verfahrens bewirkt: a) Die Vereinfachung

bei der

Klageerhebung

Wie oben 364 gezeigt, besteht die Pflichtenbindung des Aktionärs bei der Beschlußfassung in der Hauptversammlung häufig nicht gegenüber den Mitaktionären, sondern gegenüber der Gesellschaft. In diesen Fällen kann auch eine etwa gegebene Pflicht, einem Beschluß mit bestimmtem Inhalt zuzustimmen, nur gegenüber der Gesellschaft bestehen. Dann kann der einzelne Aktionär die Zustimmungsklage nur unter den Voraussetzungen der actio pro socio erheben - und das heißt in der AG: gar nicht 365 . In der GmbH müßte der beschwerliche Weg beschritten werden, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit dem Ziel zu erwirken, daß die Zustimmungsklage gegen die dissentierenden Gesellschafter erhoben wird; der einzelne Gesellschafter könnte erst selbst klagen, wenn dieser Versuch erfolglos geblieben ist. Demgegenüber ist zur Erhebung der positiven Beschlußfeststellungsklage jeder Aktionär befugt. In jedem Fall müßte die Zustimmungsklage in einem separaten Rechtsstreit gegen die dissentierenden Aktionäre erhoben werden 366 , und zwar gegen jeden von ihnen, zumindest aber gegen so viele, daß die Mehrheit für den erstrebten Beschluß zustande kommt. Das führt gerade in der AG mit vielen anonymen Kleinanlegern de facto zur Verweigerung des Rechtsschutzes. b) Die Vereinfachung bei der tatsächlichen festgestellten Zustimmungspflicht

Durchsetzung

der

gerichtlich

Aber selbst wenn der Kläger ein Zustimmungsurteil gegen so viele Aktionäre erstreiten könnte, daß mit einer Mehrheit für den erstrebten Beschluß gerechnet werden kann, so wäre allein damit jener Beschluß noch nicht zustande gekommen 367 . Ein Beschluß kommt zustande durch einen Beschlußantrag und eine auf ihn bezogene Abstimmung363. Bei dieser Abstimmung kann der Aktionär dem Antrag nur entweder zustimmen oder ihn ablehnen 369 ; ist er dem Antrag gegenüber indifferent, so mag er sich enthalten 370 . In jedem Fall führt die Abstimmung dazu, daß der Beschlußantrag, in welchem Sinne auch immer, beschieden ist und über ihn daher nicht erneut abgestimmt werden kann; insoweit bedürfte es vielmehr eines B I 3, 4. Oben § 2 F. 366 K. Schmidt, GmbHR 1992, 9, 14. 3 6 7 Zutreffend BGH ZIP 1989, 1261; Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 210. 3 6 8 Vgl. Baltzer, Beschluß, S. 42; Casper, Heilung, S. 31 f.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 59; Lindemann, Beschlußfassung, S.33. 369 Baltzer, Beschluß, S. 104f., 115, 131, 166; Dürr, Nebenabreden, S. 163; Meier, WiB 1997, 1 1 1 0 , 1 1 1 1 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.33; Röttger, Kernbereichslehre, S. 76f.; Winnefeld, DB 1972, 1053; Zöllner, Schranken, S.358; ders, FS Lutter, S.821, 822. 3 7 0 Vgl. Baltzer, Beschluß, S. 131, 166; Röttger, Kernbereichslehre, S.76f. 364 365

338

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

neuen Antrags. Hat also die Hauptversammlung einen Beschlußantrag abgelehnt, so ist dieser damit verbraucht 3 7 1 , mögen auch diejenigen Aktionäre, die gegen den Beschluß gestimmt haben, auf diese Weise gegen ihre Treupflicht verstoßen haben. Jener Antrag bleibt nach rechtskräftigem stattgebendem Anfechtungsurteil nicht bestehen; über ihn kann also nicht erneut abgestimmt werden 3 7 2 . Die erfolgreiche Anfechtung hat das Rechtsgeschäft „Beschluß" insgesamt vernichtet, d.h. nicht nur die Abstimmung, sondern auch den Beschlußantrag selbst. Um nun auf der Grundlage des Zustimmungsurteils zu dem erstrebten Beschluß zu gelangen, müßte der Kläger die folgenden Hürden überwinden: (1) Er müßte eine neue (zweite) Hauptversammlung erzwingen 3 7 3 , in der jener Beschluß zu fassen wäre, wobei die Stimmen der verurteilten Aktionäre durch das Zustimmungsurteil ersetzt würden (§ 8 9 4 Z P O ) 3 7 4 . Das Leistungsurteil wirkt also erst in der folgenden Hauptversammlung 3 7 5 ; die gerichtlich erzwungene Stimme wird erst dadurch wirksam, daß sie dem Versammlungsleiter zugeht 3 7 6 . Eine neue Hauptversammlung aber kann der Beschlußmängelkläger nur erzwingen, wenn ihm das Einberufungsquorum zur Seite steht ( § 1 2 2 AktG). (2) In dieser zweiten Hauptversammlung müßte jeder Aktionär eine neue Stimme abgeben; mit der Aufhebung des alten Beschlusses sind nämlich auch die Stimmen erloschen, die seinerzeit für oder gegen den Beschluß abgegeben wurden. Der Kläger liefe folglich Gefahr, daß andere, nicht zur Zustimmung verurteilte Aktionäre, die u.U. sogar bisher auf der Seite des Klägers gestanden waren, es sich anders überlegen und ihrerseits widersprechen 3 7 7 ; in gleicher Weise mag es sein, daß einige von ihnen zwischenzeitlich ihre Aktien veräußert haben und deren Erwerber nunmehr gegen den Beschluß stimmen 3 7 8 . Gewiß würden diese Aktionäre dann ihrerseits gegen ihre Treupflicht verstoßen. Gleichwohl könnten ihre Stimmen mangels eines gegen sie gerichteten Urteils nicht nach § 8 9 4 Z P O durch das erstrittene Zustimmungsurteil ersetzt werden. Vielmehr müßten sie in einem neuen Prozeß auf Zustimmung verklagt werden. Da auch mit ihrer Verurteilung der erstrebte Beschluß nicht automatisch zustande kommt, müßte abermals eine neue (dritte) Hauptversammlung einberufen werden, in welcher der erstrebte Beschluß zu fassen wäre. (3) In dieser neuen Hauptversammlung bestünde nun folgendes Problem: Diejenigen Aktionäre, die den ursprünglichen Beschlußantrag auf der ersten Hauptversammlung treuwidrig abgelehnt hatten, waren für die zweite Hauptversammlung 3 7 1 BGH W M 1972, 931, 9 3 3 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S . 6 0 ; Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 199; Messer, FS Fleck, S . 2 2 1 , 2 2 5 ; Renkt, Gesellschafterbeschluß, S. 107. 3 7 2 So aber Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 73. 3 7 3 Richtig Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 2 0 2 . Auch Zöllner, Z G R 1982, 6 2 3 , 625 betont zu Recht, daß die Wiederholung der Beschlußfassung schwer durchzusetzen ist. 3 7 4 Vgl. BGH ZIP 1989, 1261; ZIP 1990, 1 1 9 4 , 1196. 3 7 5 Zutreffend Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 2 0 8 . 3 7 6 BGH ZIP 1989, 1261. 3 7 7 Vgl. Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 4 2 ; Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 2 0 2 . 3 7 8 Vgl. Rützel, ZIP 1996, 1961, 1962; Zöllner, Z G R 1982, 623, 6 2 5 .

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

339

verurteilt worden, jenem Antrag zuzustimmen. Die Vollstreckung dieses Urteils geschah dadurch, daß ihre Stimmen in der zweiten Hauptversammlung nach § 8 9 4 ZPO als abgegeben galten. Mit dieser Vollstreckung ist aber dies Urteil verbraucht und einer weiteren Vollstreckung in der dritten Hauptversammlung nicht zugänglich. Nunmehr könnten also die zuerst verurteilten Aktionäre den Beschlußantrag abermals ablehnen, ohne daß das gegen sie ergangene Zustimmungsurteil hieran etwas zu ändern vermöchte. Es müßten m.a.W. diese Aktionäre nochmals auf Zustimmung verklagt werden. Der Kläger droht damit ad infinitum zu prozessieren 379 . (4) Schließlich ist denkbar, daß der Versammlungsleiter in der neuen Hauptversammlung ungeachtet des § 8 9 4 Z P O wieder einen Ablehnungsbeschluß als gefaßt feststellt und verkündet 380 (und dann zu Unrecht, weil die ablehnenden Stimmen durch das Leistungsurteil überspielt werden): Dann muß der Gesellschafter diesen Beschluß abermals anfechten und den unter Berücksichtigung des § 8 9 4 Z P O wirklich gefaßten gerichtlich erzwingen. c) Ergebnis: Positive Beschlußfeststellungsklage Vervollständigung des Rechtsschutzes

als

zwingende

Dieser Befund erlaubt die Feststellung, daß die Zubilligung der positiven Beschlußfeststellungsklage den Rechtsschutz des Klägers nicht nur vereinfacht, sondern gerade in der AG überhaupt erst ermöglicht. Bei erfolgreicher Klage gegen die Gesellschaft erlangt der Kläger ein Urteil, das nach § 2 4 8 1 1 AktG Rechtskraft für und gegen alle Aktionäre und Organmitglieder (auch die nicht am Prozeß beteiligten) wirkt 3 8 1 . Das Urteil erklärt den tatsächlich nicht gefaßten Beschluß für gefaßt, ebenso wie das zugrunde liegende Anfechtungsurteil den tatsächlich gefaßten Beschluß für nichtig erklärt; es ist folglich ebenso wie das Anfechtungsurteil ein Gestaltungsurteil 382 und bringt daher den erstrebten Beschluß analog § 2 4 1 Nr. 5

3 7 ' Auf die Gefahr einer „Anfechtungsklage ad infinitum" weist im Ergebnis zu Recht auch Zöllner, Z G R 1982, 623, 625 hin. 380 Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 2 0 2 ; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1962. 3 8 1 B G H Z 76, 191, 199; BGH DB 2 0 0 1 , 1773, 1774; AnwK-Heidel, AktG, § 2 4 6 R n . 1 3 ; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 3 a ; Baums, D J T 2 0 0 0 , S.F. 192; Bauschatz, N Z G 2 0 0 2 , 3 1 7 , 319; Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 2 , 2 4 1 , 246; Brandes, W M 1984, 2 8 9 , 2 9 8 ; ders., W M 1998, 1, 18; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.139; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 8 6 , § 2 4 8 Rn. 23; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 2 0 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 43; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S . 1 8 6 ; Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 2 0 4 ; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 5 8 0 ; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1966; K. Schmidt, AG 1980, 169, 170; Schröder, Konfliktbeilegung, S . 2 7 1 ; Winter, Treubindungen, S. 169. 3 8 2 O L G Koblenz GmbHR 1990, 39, 4 0 ; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 135, 143; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 47 R n . 2 4 6 ; Hüffer, AktG, § 2 4 8 Rn. 9; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 174; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 4 3 ; Miilbert, Aktiengesellschaft, S . 2 4 7 ; K. Schmidt, AG 1980, 169, 170; ders., NJW 1986, 2 0 1 8 , 2 0 2 0 ; ders., GmbHR 1992, 9, 10f.; ders., Gestaltungsprozesse, S. 104; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 1 R n . 3 , § 2 4 6 Rn. 112; ders., in Scholz, GmbHG, § 4 5 Rn. 47; Schröder, Konfliktbeilegung, S. 2 7 1 ; Sester, Treupflichtver-

340

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

A k t G zustande 3 8 3 . Die Gestaltungswirkung des Urteils trifft alle in § 2 4 8 1 1 A k t G genannten Personen. D a m i t ist der erstrebte positive Beschluß zustande gekommen, ohne daß eine erneute Versammlung erforderlich wäre. Konsequent beruht die positive Beschlußfeststellungsklage nicht auf § 2 5 6 Z P O , sondern versteht sich als Ergänzung der § § 2 4 3 ff. A k t G 3 8 4 , nämlich als Bestandteil der Anfechtungsklage gegen den negativen B e s c h l u ß 3 8 5 . Indem die Gestaltungswirkung des positiven Beschlußfeststellungsurteils aus § 2 4 1 Nr. 5 A k t G hergeleitet wird, erhellt zugleich, daß jenes Urteil auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung zurückwirkt:

Der

Beschluß gilt als von vornherein mit dem festgestellten Inhalt zustande g e k o m m e n . Das leuchtet ohne weiters dort ein, w o die positive Beschlußfeststellungsklage ein unrichtig ermitteltes Zählergebnis korrigieren soll; doch gilt selbst bei der Ersetzung eines treuwidrigen Ablehnungs- durch einen Zustimmungsbeschluß nichts anderes: Die positive Beschlußfeststellungsklage hat ebenso wie die Anfechtungsklage die Funktion, objektive Rechtskontrolle über das Beschlußverhalten der Hauptversammlung auszuüben. Dies wird nur vollständig erreicht, wenn rechtswidrige Beschlüsse nicht auch nur zeitweise als gültig angesehen werden. Ebenso wie aus diesem Grund der Beschluß, der nicht hätte gefaßt werden dürfen, wirkend vernichtet wird, k o m m t der Beschluß, der hätte gefaßt werden

rückmüssen,

rückwirkend zustande. Es ist an der Zeit, den rechtsgestaltenden Charakter des Beschlußfeststellungsurteils auch in dessen Tenor zum Ausdruck k o m m e n zu lassen: Die Annahme des Beschlußantrags wird nicht „festgestellt", sondern konstitutiv durch das Urteil herbeigeführt. Das Urteil könnte etwa lauten: „Der Beschlußantrag des Klägers (oder eines anderen Gesellschafters) in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom . . . (Datum) zu T a g e s o r d n u n g s p u n k t . . . ist angenommen." Freilich enthält das Modell der positiven Beschlußfeststellungsklage daneben auch eine Einschränkung des Rechtsschutzes im Vergleich zur Zustimmungsklage: Die positive Beschlußfeststellungsklage ist wie die Anfechtungsklage an die Klagefrist des § 2 4 6 I A k t G g e b u n d e n 3 8 6 ; sie kann nur durchgreifen, wenn zugleich gegen den ablehnenden Beschluß fristgemäß Anfechtungsklage erhoben worden letzung, S. 158; Winter, Treubindungen, S. 169; Zöllner, ZGR 1982, 623, 628. Zur Gestaltungswirkung des positiven Beschlußfeststellungsurteils noch näher sogleich 5 c. 3 8 3 GroOkommAktG-K. Schmidt, §248 Rn. 19. 3 8 4 Zutreffend K. Schmidt, AG 1980, 169, 170; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn. 180. 385 K. Schmidt, GmbHR 1992, 9, lOf. 3 8 6 BGHZ 76, 191, 199; OLG Celle GmbHR 1997, 172, 174; OLG Hamburg NZG 2002, 244, 245f.; OLG Hamm GmbHR 1992, 458,460; OLG Koblenz GmbHR 1990, 39, 40; AnwKHeidel, GmbHR, § 246 Rn. 13; Baumbach-Zö//wer, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 92; Bauschatz, NZG 2002, 317, 318; Geißler, GmbHR 2002, 520, 528; Geßler-Hüffer, AktG, §246 Rn.85; GroßkommAktG-K. Schmidt, §246 Rn.6, 109; Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn.16; Hüffer, AktG, §246 Rn.43; KK-Zöllner, AktG, §246 Rn.26; Köster, Nichtigkeitsklage, S.123; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.186; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.43; MK-Hüffer, AktG, §246 Rn.79; MüHdbGesR IMISemler, §41 Rn.93; Nietsch, GmbHR 2004, 1518, 1519; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 572; Rützel, ZIP 1996,1961,1963; Zöllner, Schranken, S.411; ders., ZGR 1982, 623, 628.

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

341

ist 387 . Doch erscheint diese Konsequenz durchaus angemessen: Das Modell der §§241 ff. AktG will effektiven Rechtsschutz nicht nur im Interesse des Klägers, sondern letztlich aller an der Gesellschaft Beteiligten ermöglichen, indem auf eine ebenso rasche wie allgemein verbindliche Klärung hingewirkt wird, ob der Beschluß Bestand hat oder nicht. Zum effektiven Rechtsschutz gehört daher nicht nur die individuelle Klagebefugnis des Aktionärs und die Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung, sondern auch die zügige Klageerhebung. 4. Umverteilung der

Rechtsschutzinitiative

a) Das rechtliche Gehör im

Beschlußfeststellungsprozeß

Wenn das Gericht sich im gegen die Gesellschaft gerichteten Beschlußmängelprozeß 388 über wirksam abgegebene Stimmen einzelner Aktionäre hinwegsetzen darf, so greift das Urteil in deren Rechtsstellung ein, ohne daß sie als Parteien am Prozeß beteiligt sind. Es wird dem Kläger die Notwendigkeit abgenommen, sein Rechtsschutzbegehren direkt gegen jene Aktionäre zu richten. Gleichwohl haben diese einen Anspruch auf rechtliches Gehör 389 . Um es zu ermöglichen, ist § 246 IV AktG auf die positive Beschlußfeststellungsklage entsprechend anzuwenden 3 9 0 : Der Vorstand hat die Erhebung der positiven Beschlußfeststellungsklage ebenso wie die der Anfechtungsklage in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Wurde dies versäumt, so ist das Gericht verpflichtet, die Information der übrigen Aktionäre zu veranlassen 391 ; bestehen insoweit Zweifel, so hat das Gericht von sich aus Nach-

387 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.134, 144f. ; GroßkommAktG-K. Schmidt, §246 Rn.103; Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn.43; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 186; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 6 Rn.78; MüHdbGesR IW/Semler, § 4 1 Rn.92; Mülbert, Aktiengesellschaft, S.247; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.571; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1962; Zöllner, in Baumbach, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.92; ders., in KK, AktG, §246 Rn.87; ders., ZGR 1982, 623, 625f.; ders., Zöllner, Schranken, S.411. 388 Die Gesellschaft ist im Prozeß über die positive Beschlußfeststellungsklage ebenso wie im Anfechtungsprozeß Beklagte; vgl. nur Bork/Oepen, ZGR 2002, 241, 246; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 246 Rn. 108; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 20 Rn. 16; Rützel, ZIP 1 9 9 6 , 1 9 6 1 , 1 9 6 3 ; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.181. 389 OLG München DB 1994, 320 321; Bork/Oepen, ZGR 2002, 241, 246; Lindacher, ZGR 1987, 121, 126. 390 BGHZ 97, 28, 31; OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 1050, 1052; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.92; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 193; Brandes, W M 1984, 289, 298; Geißler, GmbHR 2002, 520, 528; Geßler-Hüffer, AktG, §246 Rn.76; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 247; Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn.17; MK-Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn.80; Mülbert, Aktiengesellschaft, S.247; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.87; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.576; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1967; K. Schmidt, AG 1980, 169, 172; ders., NJW 1986, 2018, 2021; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn. 182; ders., in GroßkommAktG, §246 Rn.49, 108; Zöllner, ZGR 1982, 623, 630; ders., in KK, AktG, §248 Rn.26. 391 Zutreffend (für die GmbH) Emde, ZIP 1998, 1475, 1478; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.247.

342

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

forschungen anzustellen, ob die Unterrichtung der Aktionäre erfolgt ist 3 9 2 . Dies Prozeßmodell stellt das rechtliche Gehör der dissentierenden Gesellschafter ausreichend sicher 393 , verweist sie aber darauf, selbst die Initiative für ihren Rechtsschutz zu ergreifen, indem sie der Gesellschaft im Wege der streitgenössischen Nebenintervention beitreten 394 und vortragen, ihre ablehnende Stimme sei rechtmäßig, zumindest aber ihre Zustimmung nicht geboten gewesen. Der Kläger muß nicht neben der positiven Beschlußfeststellungsklage auch noch die opponierenden Gesellschafter auf Zustimmung verklagen 395 . Die positive Beschlußfeststellungsklage hat damit eine Umverteilung der Rechtsschutzinitiative zur Folge. b) Die These von der Notwendigkeit

eines ergänzenden

Zustimmungsurteils

Diese Umverteilung wird in der Literatur nicht durchweg akzeptiert. Vielmehr fordern einige Autoren, der Kläger, der die Treuwidrigkeit ablehnender Stimmen behaupte, müsse außer der positiven Beschlußfeststellungsklage eine Leistungsklage gegen die dissentierenden Aktionäre erheben, gerichtet auf die Zustimmung zum streitigen Beschlußantrag 396 . Denn in der Sache gehe es um die Frage, ob jene Aktionäre zur Zustimmung verpflichtet seien; dies müsse in einem direkt gegen sie gerichteten Rechtsstreit ausgefochten werden 397 . Die Leistungsklage soll lediglich dann entbehrlich sein, wenn und soweit sich diese Aktionäre tatsächlich als streitgenössische Nebenintervenienten am Beschlußfeststellungsprozeß beteiligten 398 . Keine Einigkeit besteht in der Frage, ob die Leistungsklage mit der positiven Beschlußfeststellungsklage gegen den ablehnenden Beschluß verbunden werden kann 3 9 9 . Der BGH hat sich zum Erfordernis einer ergänzenden Leistungsklage noch nicht abschließend geäußert, hält sie aber „jedenfalls" für entbehrlich, wenn der Gesellschafter, dessen ablehnende Stimme es zu überwinden gelte, sich tatsächlich als Nebenintervenient am Prozeß beteilige; dann sei die Verbindung von Anfechtungs- und positiver Beschlußfeststellungsklage das geeignete Mittel, um ohne umständliche Umwege zu einem sachgerechten Abstimmungsergebnis zu gelangen 4 0 0 . In der Literatur wird es teilweise für ausreichend gehalten, daß der betroffene Gesellschafter die Möglichkeit hatte, als streitgenössischer Nebenintervenient 3 9 2 BGHZ 97, 28, 32; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.93; Eickhoff, Gesellschaftericlage, S. 143; Hommelhoff, EWiR 1986, 371. 3 9 3 Ebenso Bork/Oepen, ZGR 2002, 241, 246; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1966 f. 394 K. Schmidt, NJW 1986, 2018, 2020; Zöllner, Schranken, S.413; ders., ZGR 1982, 623, 631. 3 9 5 BGHZ 97, 28, 31. 396 Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 208, 211; K. Schmidt, NJW 1980, 2018, 2021; Winter, Treubindungen, S. 170f.; ders., ZHR 154 (1990), 259, 275. 397 K. Schmidt, NJW 1986, 2018, 2021; Winter, Treubindungen, S.171. 398 K. Schmidt, NJW 1986, 2018, 2021; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn. 182. 3 9 9 Dafür K. Schmidt, NJW 1986, 2018, 2021; dagegen Maier-Reimer, FS Oppenhoff, S. 193, 209. 4 0 0 BGHZ 88, 320, 330f.; OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 47; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.45.

F. Die positive

Bescblußfeststellungsklage

343

beizutreten; die ergänzende Zustimmungsklage sei also selbst dann nicht erforderlich, wenn jener Beitritt tatsächlich unterblieben sei 401 . Das OLG München hat freilich demgegenüber unter Berufung auf die referierten Aussagen des BGH gefordert, daß der fragliche Gesellschafter zwingend am Prozeß beteiligt werden müsse401. Von wieder anderer Seite wird eine ergänzende Zustimmungsklage für entbehrlich gehalten, wenn die positive Beschlußfeststellungsklage außer gegen die Gesellschaft zusätzlich auch noch gegen die opponierenden Gesellschafter gerichtet werde 403 ; danach sind jene Gesellschafter also zwingend als Hauptparteien zu beteiligen, aber eben nicht mit Hilfe einer zusätzlichen Leistungs-, sondern im Rahmen der auch gegen die Gesellschaft erhobenen Gestaltungsklage. Die Frage nach der Notwendigkeit eines ergänzenden Zustimmungsurteils stellt sich nur dann, wenn man mit der hier vertretenen Ansicht selbst treuwidrige Stimmen als wirksam und damit für das rechnerische Abstimmungsergebnis als beachtlich ansieht. Wer demgegenüber die Nichtigkeit der treuwidrigen Stimme annimmt, kommt grundsätzlich ohne eine solche Zustimmungsklage aus 4 0 4 : Für die positive Feststellung des begehrten Beschlusses reicht es dann aus, daß die treuwidrigen Stimmen als Enthaltungen gezählt und das Abstimmungsergebnis allein von den Befürwortern des Beschlusses bestimmt wird. Eine zusätzliche Leistungsklage soll freilich auch auf dem Boden der Nichtigkeitsthese dann erforderlich sein, wenn nicht allein die Nichtberücksichtigung der treuwidrigen Stimme den positiven Beschluß zustande bringen, sondern der betroffene Gesellschafter positiv für die Maßnahme stimmen müsse, damit die erforderliche Mehrheit erreicht werde 4 0 5 . c) Gestaltungselemente

im

Beschlußfeststellungsprozeß

Die Autoren, die eine ergänzende Leistungsklage fordern, nehmen die praktischen Hürden in Kauf, welche für die Klageerhebung durch die Notwendigkeit eines Zustimmungsurteils gegen den einzelnen Aktionär aufgerichtet werden. Dagegen bleiben die Vorteile der positiven Beschlußfeststellungsklage für die Durchsetzung des Zustimmungsurteils erhalten; denn offenbar sollen die Wirkungen dieses Urteils auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung zurückbezogen werden: Weil die dissentierenden Aktionäre zur Zustimmung verurteilt sind, kann ex tunc der erstrebte Beschluß für gefaßt erklärt werden. Es wird also in Wahrheit der dissentierende Aktionär nicht zu einer Leistung verurteilt, welche er erst noch erbringen muß (nämlich die Zustimmung zu dem Beschluß in einer weiteren Versammlung); viel-

Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 5 8 4 f . O L G München DB 1994, 320, 3 2 1 . 403 Häsemeyer, Z H R 160 (1996), 109, 121. 4 0 4 So konsequent Zöllner, Schranken, S . 4 2 0 ; ders., in Baumbach, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 93; dagegen trotz Befürwortung der Nichtigkeitsthese für die Notwendigkeit einer ergänzenden Zustimmungsklage Winter, Treubindungen, S. 170f. 4 0 5 So Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 3 ; Sester, Treupflichtverletzung, S. 161. 401

402

344

5 5 Der aktienrecbtlicbe

Beschlußmängelstreit

mehr soll offenbar mit dem Zustimmungsurteil die ursprünglich me jenes Aktionärs nachträglich

ablehnende Stim-

in eine positive verwandelt werden.

Aus vollstreckungsrechtlicher Sicht erscheint diese Konsequenz nicht unbedenklich. § 8 9 4 Z P O betrifft die Vollstreckung eines Leistungsurteils, welches auf Abgabe einer bestimmten Willenserklärung - hier: einer Stimme in der Hauptversammlung - gerichtet ist. Das rechtskräftige Urteil tritt an die Stelle der erstrebten Willenserklärung und damit funktional in die N ä h e eines Gestaltungsurteils 4 0 6 . Gleichwohl zeigt gerade die hier aufgeworfene Fragestellung, daß nicht alle Wirkungen eines Gestaltungsurteils auch mit Hilfe eines Urteils erreicht werden können, welches dem Beklagten mit Hilfe eines Leistungsbefehls die erstrebte Willenserklärung abringt. D e m Leistungsurteil ist nämlich wesenseigen, daß die dem Beklagten auferlegte Leistung erst noch erbracht werden muß. Konsequent kann die Willenserklärung nur mit Wirkung für die Zukunft abgegeben und auch nur mit dieser M a ß g a b e durch ein gerichtliches Urteil ersetzt werden. Wenn demgegenüber die bereits abgegebene ablehnende Stimme des Beklagten nachträglich in eine positive umgewandelt werden soll, so ist dies eine Rechtsfolge, die nur durch Gestaltungsurteil zu erreichen ist. Ein Gestaltungsurteil dieses Inhalts ist aber dem Gesetz nicht bekannt. Geht man davon aus, daß Gestaltungsurteile als richterlicher Eingriff in die privatautonome Rechtsgestaltung der beteiligten Rechtssubjekte einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfen und daher ohne eine solche nicht statthaft sind (sog. numerus

clausus der Gestaltungsurteile 4 0 7 ), so scheint die oben

b) dargestellte Ansicht bereits aus diesem Grunde verworfen werden zu müssen. Gleichwohl müßte man sich der Anerkennung eines solchen Gestaltungsurteils öffnen, wenn dies erforderlich wäre, um dem dissentierenden Aktionär den gebotenen effektiven Rechtsschutz und insbesondere das rechtliche Gehör zu gewährleisten. D a ß jener numerus clausus der Anerkennung neuer Formen der Gestaltungsurteile nicht unüberwindbar entgegensteht, ergibt sich bereits daraus, daß auch die positive Beschlußfeststellungsklage in Wahrheit eine Gestaltungsklage, das auf sie ergehende Urteil mithin ein Gestaltungsurteil ist (und zwar ein solches, für das es keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage im Gesetz gibt): Es wird ein Beschluß, der tatsächlich nicht zustande gekommen ist, weil er nicht mit dem begehrten Inhalt verkündet wurde, durch gerichtliches Urteil für zustande gekommen erklärt. Das gilt bereits für die Fälle, in denen das Abstimmungsergebnis fehlerhaft ermittelt wurde. Um so mehr gilt es für die treuwidrige Ablehnung eines Beschlußantrags; denn hier wird der Sache nach eine Annahme des Beschlußantrags mit der erforderlichen Mehrheit „festgestellt", die tatsächlich niemals vorgelegen hatte, auch nach dem „ w a h r e n " Abstimmungsergebnis nicht. Vgl. Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 97; siehe auch bereits oben § 3 A II. Vgl. Bettermann, NJW 1956, 1282; Casper, ZHR 163 (1999), 54, 70f.; Grunewald, ZZP 101 (1988), 152, 153; Grunsky, Grundlagen, S.374f.; A. Hueck, FS Heymanns Verlag, S.287f.; Krohn, ZHR 153 (1989), 710, 713; G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 23; ders., in MK, ZPO, Rn.27 vor § 253; K. Schmidt, AG 1977, 205,209; ders., JuS 1986, 35, 39; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 276 ff. 406 407

F. Die positive

d) Prozessuale

Vereinfachung

Beschlußfeststellungsklage

und verbandsrechtliche

345

Grundlagen

Verteilt man, um die Erzwingung des der Treupflicht entsprechenden Beschlusses zu erleichtern, die Rechtsschutzinitiative in der dargestellten Weise zu Lasten der angeblich zur Zustimmung verpflichteten Aktionäre um, so bewirkt man jene Erleichterung, indem man die Parteirollen abweichend von der zugrunde liegenden materiellrechtlichen Rechte- und Pflichtenstruktur verteilt. Wie bereits für die Anfechtungsklage ausgeführt, ist ein solcher Kunstgriff dem gesellschaftsinternen Rechtsschutz nicht fremd; er bedarf aber der besonderen Rechtfertigung aus dem materiellen Verbandsrecht, namentlich aus dem Gedanken der Zweckverfolgung. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Umverteilung in der Tat gerechtfertigt und daher eine ergänzende Leistungsklage gegen die dissentierenden Aktionäre entbehrlich: aa) Die besondere

Schutzwürdigkeit

des

Klägers

Gewiß ist vor Prozeßbeginn unbekannt, ob der Ablehnungsbeschluß tatsächlich rechtswidrig und die widerstrebenden Aktionäre darüber hinaus zur positiven Zustimmung verpflichtet waren. Doch kann die positive Beschlußfeststellungsklage, wie bereits angedeutet 408 , nur durchgreifen, wenn zugleich der Ablehnungsbeschluß fristgemäß angefochten wurde: Der positiv festzustellende Beschluß soll den angefochtenen ablehnenden Beschluß ersetzen. Ein anderer als der verkündete Beschluß kann folglich nur dann für gefaßt erklärt werden, wenn der verkündete Beschluß vorher aufgehoben wird. Eine gesonderte Sachentscheidung über die positive Beschlußfeststellungsklage kann nur dann ergehen, wenn die Anfechtungsklage gegen den Ablehnungsbeschluß Erfolg hat, jener Beschluß also rechtswidrig war und daher für nichtig erklärt wird. Die positive Beschlußfeststellungsklage erlangt also erst in einer Situation Bedeutung, in der jedenfalls feststeht, daß die Mehrheit (bzw. bei Beschlüssen mit qualifiziertem Mehrheitserfordernis: die Sperrminorität) der Aktionäre mit ihrem Abstimmungsverhalten gegen Gesetz oder Satzung verstoßen hat. Die Interessen des Klägers, der neben der Anfechtungs- eine positive Beschlußfeststellungsklage erhebt, sind also bereits im Ausgangspunkt als besonders schutzwürdig zu erachten. bb) Mehrheitsprinzip

und Vorrang der effektiven

Zweckverfolgung

Darüber hinaus wird die geschilderte Umverteilung der Initiativlast durch den Gedanken der effektiven Zweckverfolgung gerechtfertigt. Für die Beitreibung mitgliedschaftlicher Förderleistungen wurde hier die actio pro socio deshalb zugelassen, weil die Entscheidung hierüber sich ausschließlich am Gesellschaftsinteresse zu orientieren hat; die Gefahr, daß diese Leistung nicht erbracht wird, wiegt schwerer als die Gefahr, daß ein Gesellschafter, der sich gegen die Prozeßführung

408

Vgl. oben 3 c.

346

§5 Der aktienrechtliche Beschlußmängelstreit

ausgesprochen hat, mit seinem möglicherweise rechtmäßigen Beitrag zur innergesellschaftlichen Willensbildung übergangen wird. Das gleiche gilt für die Ausschlußklage dort, wo die Gesellschaft in ihrem Fortbestand von ihrer personellen Zusammensetzung unabhängig und die Entscheidung über die Entfernung des Störers daher allein am Gesellschaftsinteresse auszurichten ist: Das Interesse der Gesellschaft an jener Entfernung ist höher zu bewerten als das Interesse eines Gesellschafters, die Gesellschaft mit dem Störer fortsetzen zu wollen. Der materiellrechtliche Vorrang des Gesellschaftsinteresses mündet prozeßrechtlich in ein Gebot aus, die Rechtsposition der Gesellschaft mit Hilfe eines einzigen Prozesses durchzusetzen; dies Gebot verkörpert die prozessuale Kehrseite des Zweckverfolgungsgedankens. Ein solcher Vorrang des Gesellschaftsinteresses läßt sich, wenn auch mit anderem Akzent, ebenso für das Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten belegen. Denn das Bedürfnis nach rechtlicher Kontrolle von Mitgliedsbeschlüssen stellt sich in besonderer Weise bei Beschlüssen, die nicht einstimmig gefaßt werden müssen, sondern für die eine (einfache oder qualifizierte) Mehrheit ausreicht. Das Mehrheitsprinzip soll seinerseits im Gesellschaftsinteresse das Zustandekommen von Entscheidungen erleichtern: Es soll von der Notwendigkeit dispensieren, daß der Beschlußinhalt mit jedem einzelnen Aktionär ausgehandelt werden muß, was den Entscheidungsprozeß erheblich blockieren, in der Publikumsaktiengesellschaft geradezu vereiteln würde. Es soll also im Interesse der Handlungsfähigkeit des Verbandes gerade verhindern, daß jedes einzelne Mitglied Entscheidungen im Verband torpedieren kann. Wenn aber das Mehrheitsprinzip gerade den Zweck hat, Blockadepositionen der Mitglieder zu zerstreuen, kann nicht gleichzeitig dem einzelnen Mitglied die Möglichkeit eingeräumt werden, den Prozeß zu blockieren, in dem es um die rechtliche Kontrolle des Beschlusses geht. In diesen Einsichten liegt die tiefere Legitimation für die prozessualen Erleichterungen, derentwegen der Gesetzgeber der Gesellschaft anstatt den für den Beschluß verantwortlichen Aktionären die Rolle der Beklagten im Beschlußmängelprozeß zugewiesen hat. Wenn das Mehrheitsprinzip eine rasche Entscheidung im Verband ermöglichen soll, muß auch der Prozeß, in dem die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung überprüft werden soll, rasch und möglichst unkompliziert ablaufen. Nun ist aber die positive Beschlußfeststellungsklage nichts anderes als die Ergänzung der Anfechtungsklage; sie effektuiert den Rechtsschutz dort, wo ihn die Anfechtungsklage allein nicht geben kann: bei negativen Beschlüssen, deren Aufhebung durch Anfechtungsurteil für sich gesehen noch nicht den erstrebten positiven Beschluß erzeugt. Daß die positive Beschlußfeststellungsklage unmittelbar mit der Anfechtungsklage zusammenhängt, wird besonders daran deutlich, daß die isolierte Anfechtungsklage gegen Ablehnungsbeschlüsse ohne gleichzeitige Erhebung der positiven Beschlußfeststellungsklage unzulässig ist, wenn nicht an der reinen Aufhebung des Ablehnungsbeschlusses für sich gesehen ein besonderes Interesse besteht. Dann gilt das die § § 2 4 1 ff. AktG beherrschende Prinzip, daß der raschen und allseitigen Klärung des Beschlußmängelstreits der Vorrang vor etwai-

F. Die positive

Bescklußfeststellungsklage

347

gen Blockadeinteressen einzelner Aktionäre zukommt, für die positive Beschlußfeststellungsklage in gleicher Weise. Insbesondere steht dem nicht der Umstand entgegen, daß der Sache nach eine positive Handlung der Aktionäre, nämlich die Zustimmung zu einem bestimmten Beschluß verlangt wird. Auf die Zustimmung des einzelnen Aktionärs kommt es nämlich bei Mehrheitsbeschlüssen nicht um dessen individueller Rechtsstellung willen an, sondern allein insoweit, als seine Zustimmung erforderlich ist, um die vom Gesetz geforderte Mehrheit zustande zu bringen. Es geht um die Mitwirkung des Aktionärs bei einem Mehrheitsbeschluß; ebensowenig wie er diesen Beschluß blockieren kann, kann er den Prozeß blockieren, in dem ein solcher Beschluß als gefaßt festgestellt werden soll. Nach alledem kommt auch im Bereich der Anfechtungs- und positiven Beschlußfeststellungsklage dem Interesse der Gesellschaft an einer effektiven Zweckverfolgung der Vorrang zu gegenüber dem Interesse des einzelnen Aktionärs, nicht selbst die Initiative zur eigenen Rechtsverteidigung ergreifen zu müssen. Die Umverteilung der Initiativlast ist daher die legitime Folge der positiven Beschlußfeststellungsklage. Es reicht mithin zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs aus, wenn der Gesellschafter, dem vorgeworfen wird, er habe seine Stimme treuwidrig abgegeben, die Möglichkeit hat, sich als streitgenössischer Nebenintervenient am Prozeß zu beteiligen. Eine ergänzende, direkt gegen ihn gerichtete Zustimmungsklage ist nicht erforderlich. 5. Positive Beschlußfeststellungsklage

auch bei

Satzungsänderungen

Nach verbreiteter Ansicht ist die positive Beschlußfeststellungsklage ausgeschlossen, wenn ein auf eine Satzungsänderung gerichteter Beschlußantrag treuwidrig abgelehnt wird. Diese Ansicht ist speziell für die GmbH formuliert worden. Insoweit wird zur Begründung vorgetragen, Satzungsänderungen bedürften zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung, die im gerichtlichen Verfahren nicht erwirkt werden könne 409 . Andere gehen demgegenüber davon aus, daß selbst bei Beschlüssen, durch die der Antrag auf Änderung der Satzung abgelehnt werde, regelmäßig eine notarielle Urkunde errichtet werde, deren Inhalt sodann im Wege der positiven Beschlußfeststellungsklage korrigiert werden könne 410 ; mit dieser Maßgabe soll also diese Klage auch für die Erzwingung von Satzungsänderungsbeschlüssen zur Verfügung stehen. Beide Ansichten beruhen ungeachtet ihres unterschiedlichen Ergebnisses auf einem übereinstimmenden Ausgangspunkt: Ohne notarielle Urkunde könne ein Satzungsänderungsbeschluß nicht wirksam zustande kommen. Und in der Tat könnte man denken: Der erzwungene Beschluß könne niemals weiter reichen als der freiwillig gefaßte. Wenn die von den Gesellschaftern selbst beschlossene Satzungsänderung eine notarielle Urkunde erfordere, so könne

409

Winter, Treubindungen, S. 1 8 3 .

410

Hachenburg-Raiser,

G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 2 4 5 .

348

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

ein gerichtlich ersetzter Satzungsänderungsbeschluß nicht ohne eine solche Urkunde auskommen. Diese Überlegungen überzeugen jedoch nur scheinbar. Denn wenn ein Beschluß durch das Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens ersetzt werden soll, fallen sämtliche denkbaren Gründe weg, auf denen die Anordnung der notariellen Beurkundung durch den Gesetzgeber beruhen k a n n 4 1 1 . Weder müssen die Gesellschafter vor Übereilung geschützt werden, noch besteht ein Bedürfnis dafür, sie sachkundig über die Folgen ihrer Erklärung zu belehren. D e m Gericht fällt allein die Aufgabe zu, das rechtliche G e h ö r aller Beteiligten zu gewährleisten und in diesem Z u s a m menhang den Sachvortrag der beteiligten Gesellschafter zu würdigen. Ebensowenig ist eine notarielle Urkunde zu Beweiszwecken vonnöten; denn in Gestalt des gerichtlichen Beschlußfeststellungsurteils mit allseitiger Rechtskraftwirkung existiert ein gleichwertig qualifiziertes Beweismittel. Das rechtskräftige Urteil ist m.a.W. geeignet, die notarielle Beurkundung zu ersetzen 4 1 2 . W ü r d e die positive Beschlußfeststellungsklage in der G m b H in bezug auf Satzungsänderungen wirklich am Erfordernis der notariellen Beurkundung scheitern, so müßte man sie im Aktienrecht konsequent für gänzlich ausgeschlossen halten; denn dort bedarf nach § 1 3 0 1 1 , IV A k t G jeder Beschluß der Hauptversammlung einer von einem N o t a r unterschriebenen Niederschrift. Wie bereits betont, würde aber die Verweigerung der positiven Beschlußfeststellungsklage gerade in der A G de facto auf eine Verweigerung des Rechtsschutzes insgesamt hinauslaufen. So halten die Vertreter der Gegenansicht ihren Standpunkt denn auch nicht konsequent durch; denn wenn eine Urkunde errichtet worden sei, könne ihr Inhalt durch richterliches Urteil verändert w e r d e n 4 1 3 . W ü r d e der Z w e c k der Beurkundung den Anwendungsbereich der positiven Beschlußfeststellungsklage wirklich auf tatsächlich beurkundete Beschlüsse beschränken, so müßte sich ein solches Vorgehen kategorisch verbieten: D a n n könnte ein Beschluß niemals, auch nicht durch gerichtliches Urteil, mit einem Inhalt zustande k o m m e n , dessen Authentizität nicht durch die persönliche Wahrnehmung des N o t a r s verbürgt wäre. Die Existenz

einer Urkunde kann

m.a.W. nur dann sinnvoll verlangt werden, wenn ihr Inhalt unveränderlich feststeht414.

411 Vgl. zum Zweck des Beurkundungserfordernisses Baumbach-Zöllner, GmbHG, §53 Rn. 38; Fleck, ZGR 1988,104,114; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 53 Rn.43: Beweis des richtigen Inhalts der Satzungsänderung im Verfahren der Eintragung ins Handelsregister; Binge, Gesellschafterklagen, S. 125: Beweis, daß erforderliche Mehrheit zustande gekommen ist; BGHZ 80, 76, 79, 105, 324, 338: Außerdem Belehrungsfunktion. 4 1 2 Zutreffend BGHZ 76, 191, 199; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, §53 Rn.51. 413 Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.245. 4 1 4 Nur im Ergebnis richtig daher Baumbach-Zöllner, GmbHG, GmbHG, Anh. §47 Rn.91: Satzungsänderung könne durch positive Beschlußfeststellungsklage erzwungen werden, weil nur die gänzlich fehlende, nicht aber die unrichtige Beurkundung den Beschluß nichtig mache.

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

349

Die positive Beschlußfeststellungsklage steht nach alledem auch für die Erzwingung von Satzungsänderungen zur Verfügung 415 . So hätte im oben 4 1 6 geschilderten Fall Girmes, wenn nicht rein tatsächliche Hindernisse entgegengestanden hätten (Zeitdruck durch Insolvenzantragspflicht des Vorstands bei Scheitern der Sanierung), die von den Gläubigern geforderte und von der einfachen Mehrheit gebilligte Kapitalherabsetzung im Verhältnis 5:2 mit Hilfe der positiven Beschlußfeststellungsklage durchgesetzt werden können, wenn die Treupflicht eine Zustimmung zu dieser Maßnahme gebot. Die gleiche Möglichkeit hätte bestanden, um die Kapitalerhöhung zur Vermeidung der Zwangslöschung 4 1 7 gegen den Willen des Gesellschafters herbeizuführen, der sie blockierte 4 1 8 . Das O L G Hamm hat jüngst mit Recht keine Scheu gezeigt, auf eine positive Beschlußfeststellungsklage hin eine Kapitalerhöhung als gefaßt festzustellen 419 .

III. Positive Beschlußfeststellungsklage und Einberufungsquorum Zur Erhebung der positiven Beschlußfeststellungsklage sind exakt diejenigen Personen befugt, die auch zur Erhebung der Anfechtungsklage befugt sind 4 2 0 , also der in § 2 4 5 AktG bezeichnete Personenkreis. Es wird freilich in der Literatur behauptet, diese Befugnis stehe nur denjenigen Gesellschaftern zu, die im Besitz des Quorums für die Einberufung der Gesellschafterversammlung seien 4 2 1 . Das ist weder auf der Grundlage des herkömmlichen noch auf der des hier befürworteten Verständnisses der positiven Beschlußfeststellungsklage haltbar:

1. Bei rechnerisch fehlerhaft ermitteltem

Abstimmungsergebnis

Auf der Grundlage des herkömmlichen Verständnisses widerlegt sich diese Auffassung von selbst. Der Kläger will nicht einen noch nicht gefaßten Beschluß erzwingen; er behauptet vielmehr, es sei in Wahrheit ein positiver Beschluß - rechnerisch gesehen - bereits gefaßt worden, und begehrt nur noch die gerichtliche Korrektur der unrichtigen, aber für den Beschluß konstitutiven Verlautbarung durch den Versammlungsleiter. Das gilt unbestritten für den Fall der fehlerhaften Berechnung des Abstimmungsergebnisses; nach der herrschenden, hier freilich bekämpften 4 1 5 Im Ergebnis ebenso Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 1 ; Casper, Heilung, S.263f. 4 1 6 B I 4 b. 4 1 7 B G H Z 98, 2 7 6 ; nähere Darstellung des Falles oben B I 4 a. 418 freilich ist zu beachten, daß es sich im Fall BGHZ 98, 2 7 6 um eine Zweimanngesellschaft handelte und dort der Beschlußmängelprozeß als Ganzes unter den Gesellschaftern ausgetragen werden muß. Näher dazu unten § 11 B III 3. 4 , 9 O L G Hamm GmbHR 2 0 0 0 , 673, 674. 420 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 2 0 Rn. 16; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 5 7 5 ; Scholz-K. Schmidt, AktG, § 4 5 Rn. 181. 421 Casper, Heilung, S. 2 6 4 .

350

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Lehre auch für den Fall der treuwidrigen Ablehnung des Beschlußantrags, weil die treuwidrigen Stimmen dann nichtig und daher als Enthaltung zu werten sind und deshalb bei der Ermittlung der erreichten Stimmenmehrheit nicht berücksichtigt werden dürfen. 2. Bei treuwidriger Ablehnung

des

Beschlußantrags

Auf der Grundlage des hier befürworteten Verständnisses wird demgegenüber in der Tat ein treuwidrig abgelehnter Beschluß vom Gericht neu in die Welt gesetzt. Doch soll nach dem Gesagten das Konzept der positiven Beschlußfeststellungsklage den Kläger gerade vom Hindernis des Einberufungsquorums befreien. Überhaupt erscheint die Forderung nach einem solchen Quorum im Beschlußmängelrecht schlicht systemfremd: Die positive Beschlußfeststellungsklage ist gewissermaßen die Verlängerung der Anfechtungsklage; sie tritt dort auf den Plan, wo letztere ihre Kontroll- und Rechtsschutzfunktion nur noch unzureichend wahrzunehmen vermag, weil der begehrte rechtmäßige Zustand nicht allein durch Aufhebung des angefochtenen, sondern nur zusätzlich durch Festsetzung eines neuen Beschlusses hergestellt werden kann. Die positive Beschlußfeststellungsklage teilt die Rechtsnatur der Anfechtungsklage und ist ebensowenig wie diese an ein Quorum gebunden. Die Forderung nach einem solchen Quorum verfehlt ferner den Kern des Problems: Die Hauptversammlung mußte nicht per Einberufungsquorum gezwungen werden, sich überhaupt mit einem Thema auseinanderzusetzen und hierüber Beschluß zu fassen. Dies hat sie von selbst getan. Es geht nunmehr nur noch darum, den Inhalt des Beschlossenen auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und das Ergebnis dieser Prüfung einer effizienten praktischen Durchsetzung zuzuführen. Diese Aufgabenstellung bewegt sich außerhalb derer des Einberufungsquorums.

IV. Zustimmungspflicht und Ermessensfehler 1.

Problemstellung

Die vorstehenden Ausführungen sind zunächst auf den Fall gemünzt, daß die Ablehnung des Beschlusses durch die Mehrheit unter allen Umständen gegen die Treupflicht verstieß, daß es also keine rechtmäßige Beschlußalternative gab, die Gesellschafter mithin verpflichtet waren, diesem und nur diesem Beschluß zuzustimmen. Fraglich ist, ob das soeben vorgestellte Konzept auch dann Geltung beanspruchen kann, wenn es für die Ablehnung des Beschlusses objektiv anerkennenswerte Gründe gab, der Gesellschafter aber für die Ablehnung aus Gründen gestimmt hat, die ihrerseits treuwidrig waren. Die Problemstellung sei anhand des folgenden Beispielsfalls illustriert:

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

351

Der Vorstand der X - A G hat nach § 1 1 9 II A k t G den Antrag gestellt, die Hauptversammlung möge beschließen, daß eine Maschine bei einem bestimmten Lieferanten bestellt werden solle, dessen Preise beispiellos günstig, dessen Servicenetz aber erst noch im Aufbau begriffen ist. Der Mehrheitsaktionär M stimmt gegen den Antrag, weil er die Maschine gerne selbst bestellen möchte, diese aber nur einmal verfügbar ist.

2. Die Vielfalt rechtmäßiger

Stimmabgaben

Da es sich um einen Geschäftsführungsbeschluß handelt, hat sich die Stimmabgabe ausschließlich am Gesellschaftsinteresse auszurichten; mit der Begründung, die Geschäftschance selbst wahrnehmen zu wollen, durfte M den Antrag also nicht ablehnen 4 2 2 . Wohl aber hätte er ihn mit der Begründung ablehnen können, das Servicenetz sei noch nicht hinreichend ausgebaut und daher im Störungsfall eine rasche Reparatur nicht gewährleistet. M war also nicht verpflichtet, dem Beschluß zuzustimmen.

M a n könnte argumentieren, daß in einem solchen Fall auch keine

positive Beschlußfeststellung in Betracht komme 4 2 3 ; denn sie laufe darauf hinaus, daß dem M eine Zustimmung abgerungen werde, die er nicht habe erteilen müssen, und damit in das Abstimmungsermessen der Aktionäre eingegriffen werde. Wie bereits gezeigt 424 , gebietet die Treupflicht dem Aktionär nicht immer, ja nicht einmal regelmäßig die Abstimmung in einem ganz bestimmten Sinne; vielmehr liegt die Beurteilung, was er im Gesellschaftsinteresse für zweckmäßig hält, in seinem Ermessen.

3. Befangenheit

und

Enthaltungspflicht

Es wird sich selten nachweisen lassen, ob ein Aktionär aus gesellschaftsfremden Gründen in einer bestimmten Weise abgestimmt hat 4 2 5 . Dies allein ist freilich kein Grund, der subjektiven Motivation des Aktionärs jegliche Relevanz für die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses abzusprechen 4 2 6 : Der Aktionär unterliegt bei Geschäftsführungsentscheidungen einem rein fremdnützigen Pflichtenmaßstab. Wenn er seine Entscheidungen allein am Verbandsinteresse auszurichten hat, so gilt dies gerade auch für die Begründung solcher Entscheidungen. So hat nach herrschender und richtiger Ansicht ein geschäftsführender Gesellschafter in O H G oder K G bei Ausübung seines Widerspruchsrechts aus § 1 1 5 I HS 2 H G B die Gründe für den

4 2 2 Vgl. Seidel, Treupflichten, S. 102. Allgemein zur Pflicht des Gesellschafters, Geschäftschancen der Gesellschaft nicht an sich zu ziehen, Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 373ff.; Raiser, FS Stimpel, S. 855, 859; Roschmann/Frey, WiB 1996, 927f.; Timm, GmbHR 1981, 177ff.; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 467ff. 4 2 3 So GroßkommAktG-iC. Schmidt, AktG, § 2 4 6 R n . l l l . 4 2 4 Oben § 1 B II 2. 4 2 5 Insoweit richtig Winter, Treubindungen, S. 105. 4 2 6 So aber Winter, Treubindungen, S. 105.

352

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Widerspruch offenzulegen 427 ; dies zumindest auf Verlangen 428 . Gerade wenn in Geschäftsführungsfragen ein Ermessen der Verbandsmitglieder anzuerkennen ist, hängt die Rechtmäßigkeit seiner Ausübung ganz besonders von der Art und Weise ab, wie sie begründet wird; weswegen dann im Mitgliedsorgan einer Kapitalgesellschaft die Motivation der Gesellschafter für ihr Abstimmungsverhalten gänzlich bedeutungslos sein soll, ist nicht einzusehen. Wenn im Einzelfall ein gesellschaftsfremdes Motiv nachgewiesen werden kann, so hat dieser Gesellschafter gezeigt, daß er nicht bereit ist, dem Gesellschaftsinteresse den ihm gebührenden Vorrang einzuräumen. Wenn diesem Gesellschafter im hier gebildeten Fall dem M - die Chance gegeben würde, nochmals unter Beachtung seiner Treupflicht abzustimmen, so könnte M die Ablehnung des Beschlußantrags formal auf eine rechtmäßige Begründung stützen; doch spräche dann immer noch eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß in Wahrheit die persönlichen Motive den Ausschlag gegeben haben, die bei Geschäftsführungsbeschlüssen keinen Platz haben. Ein Gesellschafter, der in sein Abstimmungsverhalten unzulässige Erwägungen einfließen läßt, wäre also bei einer erneuten Abstimmung über den Beschlußantrag verpflichtet, sich der Stimme zu enthalten, solange er nicht nachweist, daß er sich nunmehr ausschließlich vom Gesellschaftsinteresse leiten läßt. Dieser Verlust des Mitentscheidungsrechts durch treuwidrige Abstimmung bedeutet freilich nicht, daß die bereits treuwidrig abgegebene Stimme nichtig ist 429 ; das Mitentscheidungsrecht des Gesellschafters, der sich von sachfremden Erwägungen leiten läßt, geht vielmehr nur für künftige weitere Abstimmungen in derselben Angelegenheit verloren. Daß ihm damit die Möglichkeit genommen wird, sein fehlerhaftes Abstimmungsverhalten unter Aufrechterhaltung des Beschlußergebnisses zu korrigieren, ist ihm zuzumuten: Er hat selbst die Folgen zu tragen, wenn er seinen Handlungsspielraum nicht rechtmäßig ausschöpft 430 . Hätte also im oben gebildeten Fall der Beschlußantrag ohne die Stimme des M die Mehrheit für sich, so wäre seine Annahme durch das Gericht festzustellen; käme auch ohne die Stimme des M eine Mehrheit (aus ihrerseits sachlichen Gründen) nicht zustande, so wäre die Beschlußfeststellungsklage abzuweisen.

427

BGH NJW 1972, 862, 863; MW-Rawert, HGB, § 115 Rn.23; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 115 Rn.5; Schlegelberger-Martens, HGB, § 115 Rn. 11; Staub-Ulmer, HGB, § 115 Rn. 18; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. 1264; gegen diese Begründungspflicht Flame, Die Personengesellschaft, § 15 II 2 (S.267); vermittelnd MüHdbGesR IIv.Ditfurth, § 4 7 Rn.45: Begründungspflicht um so eher, je mehr darauf hindeutet, daß das Widerspruchsrecht aus sachfremden Gründen ausgeübt worden ist. 428 In diesem Sinne Sester, Treupflichtverletzung, S.71. 429 So aber Weipert, ZGR 1990, 142, 147. 430 Zutreffend Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 137.

F. Die positive

353

Beschlußfeststellungsklage

V. Positive Beschlußfeststellungsklage bei Beschlüssen mit individuellem Zustimmungserfordernis ? 1. Der Zusammenhang Mehrheitsprinzip

von positiver Beschlußfeststellungsklage

und

Die oben 431 postulierte Kompetenz der Gerichte, die fehlende Mehrheit für den Beschluß, dessen Feststellung beantragt wird, durch Urteil zu ersetzen, ist auf die Konstellation gemünzt, daß es für das Zustandekommen des Beschlusses nicht auf die individuelle Zustimmung bestimmter Gesellschafter, sondern nur darauf ankam, daß irgendwie die erforderliche Mehrheit für den Beschluß stimmte. Auf diese Weise werden die Gesellschafter, die den Beschlußantrag abgelehnt haben, auf eine Position als streitgenössische Nebenintervenienten verwiesen; sie müssen also nicht individuell auf Zustimmung verklagt werden. Ihnen wird somit die Möglichkeit genommen, das Zustandekommen des beantragten Beschlusses auf die oben 432 dargelegte Weise zu blockieren. Das ist deshalb gerechtfertigt, weil das Mehrheitsprinzip dem Interesse der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft und damit dem Interesse der gemeinsamen Zweckverfolgung dient und aus diesem Grunde dem Gesellschafter zumutet, notfalls einen Beschluß auch gegen seinen Willen als verbindlich hinzunehmen. Das Interesse der Gesellschaft wird insoweit über das des Gesellschafters gestellt. Dieser Vorrang der Zweckverfolgung findet seine prozessuale Kehrseite in dem Gebot, daß Streitigkeiten über den Beschluß in einem Prozeß ausgetragen werden müssen. 2. Positive Beschlußfeststellungsklage Zustimmungserfordernis a) Fehlerhafte contra unwirksame

und individuelles

Beschlüsse

Selbst das Recht der Beschlußfassung in juristischen Personen kennt jedoch Beschlüsse, für die es auf die individuelle Zustimmung eines Gesellschafters ankommt. So bedarf die Vermehrung mitgliedschaftlicher Leistungspflichten der Zustimmung aller davon betroffenen Aktionäre (§ 180 I AktG; für die GmbH § 53 III GmbHG); das gleiche gilt aufgrund der in allen Verbandsformen anwendbaren Vorschrift des § 35 BGB433 für den Entzug von Sonderrechten 434 . Ebenso bedarf die Änderung des Gesellschaftszwecks der Zustimmung aller Mitglieder; § 33 I 2 BGB enthält insoweit ebenfalls einen allgemeinen Rechtsgedanken 435 . Da der Ab431

II 3, 4. II 3 b. 433 Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 196f.; Löffler, NJW 1989, 2656, 2659. 434 BGHZ 15, 177, 181; BGH W M 1962, 201. 435 Vgl. Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.138; Hachenburg-Ulmer, § 5 3 Rn.103; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 197; Löffler, NJW 1989, 2656, 2659; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 73; Seidel, Treupflichten, S. 34; Winter, Treubindungen, S. 98, 199. 432

354

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Schluß eines Unternehmensvertrags das abhängige Unternehmen gänzlich auf die Interessen des herrschenden ausrichtet und damit materiell eine Änderung des Gesellschaftszwecks herbeiführt, muß er, wo nicht das Gesetz ausdrücklich einen Mehrheitsentscheid ermöglicht, von der Zustimmung aller Mitglieder getragen sein; das gilt namentlich für die vertraglich beherrschte GmbH 4 3 6 . Als weiteres Beispiel für einen zustimmungsbedürftigen Beschluß wird mit Recht die Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels437 oder des Schlüssels für die Verteilung des Liquidationserlöses 438 genannt; des weiteren in der GmbH eine Satzungsänderung, welche nachträglich für die Auflösungsklage eine Schiedsklausel einführt 439 oder eine Klausel, die für den Fall, daß ein Gesellschafter ausscheidet, die Abfindung nachträglich auf den Buchwert beschränkt 440 . Dagegen bedeutet eine Bestimmung in der Satzung, wonach Beschlüsse einstimmig zu fassen sind, noch nicht, daß jeder Gesellschafter einzeln zustimmen muß 4 4 1 ; es kann auch Einstimmigkeit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden Gesellschafter gemeint sein. Das materielle Gesellschaftsrecht behandelt solche Beschlüsse anders als diejenigen, welche die erforderliche Mehrheit nicht erreicht haben, aber dennoch vom Versammlungsleiter verkündet worden sind: Letztere sind durch die fehlerhafte Verkündung mit dem verkündeten Inhalt zustande gekommen; sie mögen allenfalls aufgrund der fehlerhaften Verkündung angefochten werden. Erstere sind dagegen nicht etwa fehlerhaft (aber wirksam), sondern unwirksam442, und zwar, solange die Zustimmung noch erteilt werden kann, schwebend 443 , sobald sie verweigert wird, endgültig 444 . Solange die Unwirksamkeit andauert, vermögen sie kei4 3 6 So mit Recht Hüffer, FS Heinsius, S. 339, 354; Seidel, Treupflichten, S. 3 9 , 1 5 7 ; Verhoeven, Innenrecht, Rn.403; Winter, Treubindungen, S. 198f.; offengelassen in BGHZ 105, 324, 332. 437 Löffler, NJW 1 9 8 9 , 2 2 5 6 , 2 6 6 0 ; Marburger, NJW 1 9 8 4 , 2 2 5 2 , 2 2 5 8 ; Winter, Treubindungen, S. 138. 438 Vorwerk/Wimmers, GmbHR 1998, 717, 722. 439 Baumbach-Schulze-Osterloh, GmbHG, § 6 1 Rn.20. 440 Löffler, NJW 1989, 2656, 2660. 4 4 1 So aber wohl Baums, Eintragung, S. 87. Wie hier OLG Hamm GmbHR 2 0 0 1 , 974, 976. 4 4 2 Allgemein für zustimmungsbedürftige Beschlüsse BGHZ 15, 177, 181; Berg, Beschlüsse, S. 111; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 1 R n . l 6 f . ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 1 Rn.15; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 5 3 R n . 9 1 ; A . Hueck, Anfechtbarkeit, S.73; Lindemann, Beschlußfassung, S.47. Für Entzug von Sonderrechten: Berg, Beschlüsse, S. 111, 114 f.; Fischer, J Z 1956, 3 6 2 , 3 6 3 ; Helms, Vereinsmitgliedschaft, S. 1 1 , 1 5 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 95; Nitschke, Personengesellschaft, S. 188; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 16f.; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 109; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.22; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 200; Waldenberger, GmbHR 1997, 49, 55. Für Leistungsvermehrung: Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 4 7 Rn. 10; Berg, Beschlüsse, S. 122ff.; Däubler, GmbHR 1968, 4, 5; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.21; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.22; Scholz-K. Schmidt, § 4 5 Rn.54. 4 4 3 OLG Hamm GmbHR 2 0 0 1 , 974, 976; Berg, Beschlüsse, S. 111, 114f.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 1 Rn.20; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.22; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 1 9 Rn. 9; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 1 Rn. 8; Nitschke, Personengesellschaft, S. 188; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 109; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn.89; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1965; Vollmann, Minderheitenschutz, S.34. 444 Berg, Beschlüsse, S.227ff.; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.23; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 1 Rn.8; Nitschke, Personengesellschaft, S. 188; Vollmann, Minderheitenschutz, S.34.

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

355

nerlei Rechtswirkungen zu entfalten 4 4 5 , abgesehen davon, daß die Verwaltungsorgane bei schwebend unwirksamen Beschlüssen verpflichtet sein können, sich um die Herbeiführung der Wirksamkeit zu b e m ü h e n 4 4 6 . Die Wirksamkeit kann in einem solchen Fall insbesondere nicht dadurch eintreten, daß der Versammlungsleiter den Beschluß mit einem bestimmten Inhalt als gefaßt feststellt 4 4 7 : Wenn das Gesetz ausnahmsweise eine Individualzustimmung fordert, so hält es die Betroffenheit des Gesellschafters für so groß, daß dessen Zustimmung unabdingbar tatsächlich vorliegen muß. Konsequent m u ß die Zustimmung nicht notwendig im R a h m e n einer Abstimmung erklärt werden; die Erteilung ist vielmehr auch vor Beginn oder nach Abschluß des Beschlußverfahrens m ö g l i c h 4 4 8 . Es kann also beispielsweise eine Satzungsänderung mit der dafür erforderlichen M e h r h e i t beschlossen werden, durch die einem Aktionär ein Sonderrecht entzogen wird, und dessen Zustimmung außerhalb der Hauptversammlung eingeholt werden.

b) Die Klage auf Feststellung der

Unwirksamkeit

Wird im Zusammenhang mit einem bestimmten Beschluß darum gestritten, o b eine solche Individualzustimmung erforderlich war bzw. o b sie erteilt worden ist, so k o m m t eine Anfechtungsklage nicht in B e t r a c h t 4 4 9 : Anders als bei Anfechtungsund Nichtigkeitsklage wird nicht die gerichtliche Korrektur eines Rechtsverstoßes erstrebt, sondern die Feststellung, daß der Beschluß, selbst wenn er als solcher rechtmäßig

sein sollte, von vornherein keine Rechtswirkungen nach sich ziehen

kann. D a s Klageziel ist nicht Rechtsgestaltung (Nichtigerklärung), sondern Feststellung eines vorgegebenen Z u s t a n d e s 4 5 0 . Die Unwirksamkeit ist daher mit Hilfe der allgemeinen Feststellungsklage geltend zu machen ( § 2 5 6 Z P O ) 4 5 1 . D e r gegenstand

Streit-

dieser ist ein anderer als der von Anfechtungs- und Nichtigkeitskla-

g e 4 5 2 ; namentlich darf der Anfechtungsklage nicht mit der Begründung stattgegeben werden, es fehle an der erforderlichen Individualzustimmung eines AktioBerg, Beschlüsse, S. 163 Diese Verpflichtung ist freilich eher auf den hier nicht behandelten Fall gemünzt, daß der Beschluß, um wirksam zu werden, der Eintragung ins Handelsregister bedarf (dann sind die Verwaltungsorgane verpflichtet, diese Eintragung herbeizuführen, vgl. Casper, Heilung, S. 37; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rn. 88; Zöllner, ZGR 1988, 392, 415; ders., in KK, AktG, § 241 Rn. 15) oder einer staatlichen Genehmigung (dann sind sie verpflichtet, diese zu erwirken, vgl. Berg, Beschlüsse, S. 167f.; K. Schmidt, FS Fischer, S.693, 702ff.). 4 4 7 Vgl. nur Baums, Eintragung, S. 125. 448 Seidel, Treupflichten, S.23; für § 35 BGB außerdem Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 153, 182; für §53 III GmbHG Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 103; Schultz, Behebung, S.24; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.215. 449 Berg, Beschlüsse, S.173; Mack, Anfechtbarkeit, S.76; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.22. 450 Berg, Beschlüsse, S.172. 4 5 1 BGHZ 15, 177, 181; Berg, Beschlüsse, S. 171; Fischer, JZ 1956, 362, 363; Geßler-Hüffer, AktG, §241 Rn.21; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.73; Hüffer, AktG, §246 Rn.41; Küster, Nichtigkeitsklage, S.26, 28; Mack, Anfechtbarkeit, S.76; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.31; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.22. 4 5 2 Ebenso KK-Zöllner, AktG, §246 Rn.86. 445

446

356

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

n ä r s 4 5 3 . Der Anfechtungsantrag enthält zwar zugleich den Nichtigkeitsantrag 4 5 4 , nicht aber den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit; dieser m u ß vielmehr ausdrücklich daneben gestellt werden. Gleichwohl erscheint denkbar, die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit den gleichen Verfahrensregeln zu unterwerfen wie die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage 4 5 5 , m.a.W. über eine entsprechende Anwendung des § 2 4 9 A k t G 4 5 6 die Beklagtenrolle analog § 2 4 6 II 1 A k t G der Gesellschaft zuzuweisen und dem stattgebenden Urteil analog § 2 4 8 I 1 A k t G Rechtskraft für und gegen alle Aktionäre und Organmitglieder zuzuerkennen 4 5 7 . Die Gleichbehandlung der Feststellungs- mit der Nichtigkeitsklage müßte allerdings ausscheiden, wenn die Gesellschaft im Beschlußmängelstreit deshalb Beklagte wäre, weil der Kläger einen ihr zurechenbaren rechtswidrigen Eingriff in seine Mitgliedschaft abzuwehren suchte. Denn darum geht es im Streit um die Feststellung der Wirksamkeit von Beschlüssen nicht. Der Kläger, der die Unwirksamkeit eines Beschlusses festgestellt wissen will, behauptet vielmehr, daß der Beschluß, da zustimmungsbedürftig, bis zur Erteilung der Zustimmung noch gar nicht in seine Rechte eingreifen könne. Und schon gar nicht kann von einem rechtswidrigen

Ein-

griff bzw. der Behauptung eines solchen gesprochen werden: D e r zustimmungsbedürftige Beschluß ist nicht etwa rechtswidrig, solange die Zustimmung fehlt; er existiert vielmehr in dieser Zeit noch überhaupt nicht als wirksames Rechtsgeschäft. Es geht also nicht um die Abwehr einer Rechtsverletzung, sondern schlicht darum, wie weit die Mitgliedsrechte eines bestimmten Aktionärs im konkreten Fall reichen. Daher erscheint die Klage auch mit umgekehrtem Ziel denkbar, nämlich als Klage auf Feststellung der 'Wirksamkeit

des Beschlusses. Die Gleichbe-

handlung der Feststellungs- mit der Nichtigkeitsklage wäre des weiteren nicht ohne weiteres möglich, wenn auch die Nichtigkeitsklage - ebenso wie die Anfechtungsklage - als Gestaltungsklage einzustufen w ä r e 4 5 8 : D a n n könnte m a n § 2 4 9 A k t G vielleicht noch analog anwenden, wenn die Feststellung begehrt wird, der Beschluß sei endgültig

unwirksam: Diese Klage ziele wie die Nichtigkeitsklage im

Kern auf die Beseitigung eines Schwebezustandes. Die Klage auf Feststellung der schwebenden

Unwirksamkeit wäre demgegenüber nur auf die Feststellung eines

Schwebezustandes gerichtet und könnte daher nicht auch nur ansatzweise einer So aber OLG Dresden GmbHR 1997, 946, 949. Oben A II 3 c. 4 5 5 Dafür Baums, ZHR 142 (1978), 582, 585f.; Berg, Beschlüsse, S. 175f.; KK-Zöllner, AktG, §249 Rn.51; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.22. Einige weitere Autoren wollen die Gleichbehandlung mit der Nichtigkeitsklage auf endgültig unwirksame Beschlüsse beschränken; vgl. Casper, Heilung, S. 276ff.; Fleck, GmbHR 1995, 880, 881; GroßkommAktG-iC. Schmidt, AktG, § 241 Rn. 18, § 249 Rn. 9; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rn. 89; C. Schäfer, Gesellschaftsanteil, S.255f.; K. Schmidt, FS Fischer, S.693, 705 ff. 456 Baums, ZHR 142 (1978), 582, 585f. will §249 AktG direkt anwenden: Der unwirksame Beschluß sei nichtig, weil er gegen den ungeschriebenen Nichtigkeitsgrund der nichtberechtigten Verfügung verstoße. 4 5 7 Dafür namentlich F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.23. 4 5 8 Zum Folgenden K. Schmidt, FS Fischer, S.693, 705ff.; ders., in GroßkommAktG, §241 Rn. 18. 453

454

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

357

Gestaltungsklage gleichgesetzt werden. Die Gleichbehandlung mit der Nichtigkeitsklage ist ferner mit der Überlegung kritisiert worden, es könne ein Gesellschafter seine Zustimmung verweigert, ein anderer sich hierüber noch gar nicht geäußert haben; dann sei eine Feststellungswirkung gegen alle Gesellschafter unmöglieh 4 5 9 . Wie aber bereits gezeigt werden konnte, ist weder die Beschlußmängelklage eine Abwehrklage gegen Eingriffe in die Mitgliedschaft 4 6 0 , noch kann in der Nichtigkeitsklage eine Gestaltungsklage erblickt werden 4 6 1 . Die Parteirolle der Gesellschaft dient vielmehr dazu, den Beschlußmängelstreit in einem einzigen Prozeß zu einer allseits verbindlichen Entscheidung zu führen und dabei zugleich prozeßscheuen Gesellschaftern die Beteiligung am Rechtsstreit zu ersparen. Allein nach diesem Normzweck bestimmt sich, ob analog § § 2 4 9 1 1 , 2 4 6 II 1 die Gesellschaft Beklagte ist und das Urteil analog § § 2 4 9 1 1 , 2 4 8 11 Rechtskraft gegen alle Aktionäre und Verwaltungsmitglieder wirkt. In der Tat besteht ein Bedürfnis für eine derartige Erleichterung des gerichtlichen Verfahrens bei Klagen, mit denen die Unwirksamkeit eines Beschlusses festgestellt werden soll, in nicht geringerem Umfang als bei Klagen, die auf die Feststellung der Nichtigkeit zielen 4 6 2 . Das gilt für schwebend unwirksame Beschlüsse im gleichen Umfang wie für endgültig unwirksame; erstere aus der Analogie zu § 2 4 9 AktG auszuscheiden erscheint daher nicht angebracht. Daß die prozessuale Gleichbehandlung von unwirksamen und nichtigen Beschlüssen dem Willen des Gesetzgebers entspricht, kommt namentlich darin zum Ausdruck, daß in § 2 4 1 AktG die Fälle der § § 2 1 7 II, 2 2 8 II, 2 3 4 III, 2 3 5 II AktG dem Anwendungsbereich des § 2 4 9 AktG unterstellt werden, obwohl es sich hierbei in der Sache nicht um nichtige, sondern um unwirksame Beschlüsse handelt 4 6 3 . Ebensowenig spricht gegen die Anwendung der § 2 4 9 AktG, daß der Beschluß mit Rücksicht auf die verweigerte Zustimmung eines Aktionärs endgültig, mit Rücksicht auf die noch ausstehende Zustimmung eines anderen Gesellschafters schwebend unwirksam sein und beides nicht gleichzeitig festgestellt werden kann: Wenn ein Aktionär die Zustimmung endgültig verweigert hat, ist der Beschluß selbst dann endgültig unwirksam, wenn der andere seine Zustimmung noch erteilt 4 6 4 . Die endgültige Unwirksamkeit kann daher unbedenklich mit Wirkung für und gegen alle festgestellt werden. Es fragt sich lediglich, ob die Klage außerdem daneben gegen den Gesellschafter gerichtet werden muß, dessen fehlende Zustimmung behauptet wird. Häufig wird freilich ein solcher Gesellschafter bereits als Kläger auftreten, um die Abhängigkeit

4 5 9 Aus diesem Grunde gänzlich gegen die Anwendung des § 2 4 9 AktG G e ß l e r - H ü f f e r , AktG, § 2 4 9 R n . 2 9 ; UK-Hüffer, AktG, § 2 4 1 R n . 1 9 . 4 6 0 Oben B I. 4 6 1 Oben A II. 4 6 2 Zutreffend KK-Zöllner, AktG, § 2 4 9 R n . 5 1 . 4 6 3 Zutreffend Casper, Heilung, S. 277; in bezug auf § 2 2 8 II AktG auch F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 35. 4 6 4 Insoweit zutreffend C. Schäfer, Geschäftsanteil, S . 2 5 5 .

358

Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

des Beschlusses von seiner Zustimmung zu reklamieren. D e n k b a r ist indes ebenso, daß der Kläger behauptet, ein Mitgesellschafter

habe die erforderliche Zustim-

mung nicht erteilt. Verficht jener Mitgesellschafter den gegenteiligen Standpunkt, behauptet er also, die Zustimmung wirksam erklärt

zu haben, so ist Klage auf

Feststellung der Unwirksamkeit auch gegen ihn persönlich zu richten; denn das Gesetz stellt, indem es den Beschluß von seiner Zustimmung abhängig macht, sein Interesse über das der Gesellschaft. Die in § 2 4 6 II 1 A k t G getroffene Wertung, daß der Aktionär, welcher der Behauptung des Klägers entgegentreten will, aus eigener Initiative (nämlich durch Beitritt als streitgenössischer Nebenintervenient) um Rechtsschutz nachsuchen muß, läßt sich für diesen

Gesellschafter nicht rechtferti-

gen. Seinen rechtspraktischen Vorzug behält § 2 4 6 II 1 A k t G aber insoweit, als er die Prozeßbeteiligung derjenigen Gesellschafter erspart, auf deren individuelle Z u stimmung es nicht a n k o m m t oder die diese unstreitig erklärt haben.

c) Klage auf Feststellung der

Wirksamkeit?

Z u beachten ist freilich, daß die Rechtsbehauptung des Klägers nicht notwendig auf die Feststellung der Unwirksamkeit gerichtet sein muß. Vielmehr erscheint auch eine Klage mit dem Ziel denkbar, die Wirksamkeit

des Beschlusses festzustel-

len. Sie kann nicht ebenfalls gegen die Gesellschaft erhoben werden; denn sonst wäre unklar, mit welcher Rechtsbehauptung sie in den Rechtsstreit eintreten müßte, wenn ein Aktionär die Unwirksamkeit, ein anderer die Wirksamkeit festgestellt wissen will. M i t dieser Überlegung ist freilich ein Problem von grundsätzlicher Bedeutung ausgesprochen, dessen praktische Relevanz in G m b H und Personengesellschaften weitaus größer ist und daher dort vertieft, hier dagegen nur angedeutet werden soll: Die Gesellschaft ist allein aus Gründen der prozessualen Vereinfachung Prozeßpartei. Sie kann diese Rolle nur einnehmen, wenn die Rechtsbehauptung, mit der sie in den Rechtsstreit eintritt, vorher definiert ist. Im Streit um die Gültigkeit von Beschlüssen wir sie durch eben diesen Beschluß definiert; denn die Gesellschaftsorgane haben diesen gegen die Angriffe des Klägers zu verteidigen. Dieser Beschluß bestimmt auch die Rechtsposition der Gesellschaft im Streit um die Wirksamkeit des Beschlusses; denn ungeachtet dessen, daß dieser möglicherweise unwirksam ist, ist er immerhin gefaßt und vom Leiter der Hauptversammlung verkündet worden. Die Gesellschaftsorgane haben sich konsequent dafür einzusetzen, daß Angriffe gegen die Wirksamkeit des Beschlusses abgewehrt werden. Die Gesellschaft ist daher taugliche Beklagte in einem Prozeß, in dem die W i r k samkeit des Beschlusses bestritten,

nicht aber in einem solchen, in dem sie

behaup-

tet wird; denn im letzteren Fall behauptet der Kläger nichts anderes als das, was die Gesellschaft ebenfalls vortragen müßte.

d) Positive Beschlußfeststellungsklage

und verbandsrechtliche

Wertung

Ist sonach die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses gegen die Gesellschaft zu richten, so fragt sich, o b darüber hinaus auch eine positive Be-

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

359

schlußfeststellungsklage mit dem Ziel gegen die Gesellschaft gerichtet werden kann, die fehlende Zustimmung des sich verweigernden Gesellschafters zu ersetzen. Das ist vereinzelt befürwortet worden mit der Maßgabe, daß daneben eine Leistungsklage gegen diesen Gesellschafter auf Erteilung der Zustimmung erhoben werden müsse 4 6 5 . Bereits die soeben ausgebreiteten Erkenntnisse über die von der Gesellschaft zu vertretende Rechtsposition machen deutlich, daß die positive Beschlußfeststellungsklage hier nicht zu helfen vermag. Denn die Gesellschaftsorgane haben für die Gültigkeit

des Beschlusses einzutreten. Ein Aktionär aber, der

eine richterliche Rechtsgestaltung des Inhalts erstrebt, daß ein Beschluß herbeigeführt werde, der als solcher fehlerfrei gefaßt und verkündet, aber wegen fehlender individueller Zustimmung eines Gesellschafters nicht wirksam geworden ist, erstrebt eben diese Gültigkeit; das Klageziel kongruiert daher mit der Rechtsposition, mit der die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintritt. Die Situation ist insofern eine andere als die im gewöhnlichen Beschlußfeststellungsstreit, als dort ein negativer Beschluß gefaßt worden ist und von der Gesellschaft gegen das Gestaltungsbegehren des Klägers verteidigt wird, während im hier interessierenden Zusammenhang der Beschluß bereits

im positiven

Sinne gefaßt

ist und ihm lediglich in

Gestalt der fehlenden Zustimmung eine Wirksamkeitsvoraussetzung fehlt. Ganz abgesehen davon rechtfertigen es aber auch die verbandsrechtlichen Grundlagen nicht, die Verteilung der Parteirollen vor Gericht zum Zwecke der Vereinfachung des Prozesses abweichend von der materiellrechtlichen Rechte- und Pflichtenstruktur zu verteilen. Wenn nämlich das materielle Gesellschaftsrecht das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses an die Zustimmung eines Aktionärs knüpft, so stellt es dessen individuelles Interesse über das Zweckverfolgungsinteresse der Gesellschaft. So können denn auch Zustimmungspflichten des betroffenen Gesellschafters in diesem Bereich, wenn überhaupt, nur ganz ausnahmsweise anerkannt werden 4 6 6 . Dieser materiellrechtliche Befund muß in gleicher Weise seine Entsprechung in der prozessualen Behandlung finden: Der Gesellschafter hat auch prozessual die Möglichkeit, das Zustandekommen des Beschlusses zu blo-

ckieren; er muß individuell auf Zustimmung verklagt e) Positive Beschlußfeststellungsklage

und

werden.

Sonderbeschluß

Einer differenzierenden Beurteilung bedürfen diejenigen Fälle, in denen das Gesetz die Wirksamkeit eines Beschlusses nicht an die individuelle Zustimmung eines Aktionärs, sondern an die kollektive Zustimmung einer bestimmten Aktionärsgruppe im Wege eines sog. Sonderbeschlusses knüpft ( § 1 3 8 A k t G ) 4 6 7 . Der Beschluß der Hauptversammlung wird in diesem Fall erst, wenn sämtliche SonderbeschlüsRützel, ZIP 1996, 1961, 1965, 1967. Äußerst zurückhaltend für den Anwendungsbereich des § 5 3 III GmbHG C. Schäfer, Geschäftsanteil, S.56ff. 4 6 7 Beispiele für das Erfordernis eines solchen Sonderbeschlusses bei Hüffer, AktG, § 1 3 8 Rn.2. 465

466

360

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

se vorliegen 468 ; die Zustimmung einer Aktionärsgruppe ist bis dahin schwebend unwirksam 469 . Diese Beschlüsse werden indes ihrerseits nicht einstimmig, sondern mit Mehrheit gefaßt, so daß es zwar auf die Zustimmung der jeweiligen Gruppe, nicht aber auf die individuelle Zustimmung eines Aktionärs ankommt. Den beschriebenen Vorrang vor dem Interesse der Gesellschaft an einer erleichterten Entscheidungsfindung hat das Gesetz damit nur der jeweiligen Aktionärsgruppe, nicht aber dem einzelnen Aktionär zugebilligt. Dieser Befund kann nicht ohne Einfluß sein auf die Frage, mit welcher Reichweite die positive Beschlußfeststellungsklage zur Erzwingung derartiger Sonderbeschlüsse zur Verfügung steht. Einerseits kann es denjenigen Aktionären, welche nicht zu der Gruppe gehören, deren Zustimmung erzwungen werden soll, nicht gestattet sein, über die fehlende Zustimmung im Wege einer positiven Beschlußfeststellungsklage hinwegzugehen. Denn aus ihrer Sicht kommt jener Gruppe die gleiche Rechtsstellung zu wie einem Einzelaktionär, dessen Individualzustimmung erzwungen werden soll. Aktionären, die außerhalb der fraglichen Gruppe stehen, bleibt daher nichts anderes übrig, als sämtliche Aktionäre dieser Gruppe auf die Fassung eines zustimmenden Sonderbeschlusses zu verklagen. Andererseits stellt sich der Sonderbeschluß innerhalb jener Aktionärsgruppe als ein ganz normaler Mehrheitsbeschluß dar. Aktionäre, die zu dieser Gruppe gehören, können daher den ablehnenden Sonderbeschluß anfechten 470 und den zustimmenden mit Hilfe der positiven Beschlußfeststellungsklage durchsetzen.

VI. Der fehlerhafte positiv festzustellende Beschluß 1.

Problemstellung

Erhebt ein Gesellschafter neben der Anfechtungs- die positive Beschlußfeststellungsklage, so besteht die Möglichkeit, daß der Beschluß, den er festgestellt wissen will, seinerseits an einem Fehler leidet und in dem Augenblick, da er als gefaßt festgestellt würde, seinerseits der Anfechtung unterläge. Diese Konstellation kann namentlich auftreten, wenn das Abstimmungsergebnis fehlerhaft ermittelt wurde: Der Versammlungsleiter hat entgegen dem Abstimmungsergebnis die Ablehnung des Beschlußantrags festgestellt; seine Annahme hätte indes einen rechtswidrigen z.B. treuwidrigen - Beschluß zur Folge gehabt. Es könnte nun kaum einleuchten, wenn in einem solchen Fall die Gerichte gehalten wären, getreu dem Abstimmungsergebnis den fehlerhaften Beschluß als gefaßt festzustellen und sich damit zum Handlanger gesellschaftsschädigender Absichten des Klägers zu machen. 468 Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 1 Rn. 16f.; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 1 Rn. 15; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.97f.; Mack, Anfechtbarkeit, S.74ff. 4 6 9 R G Z 148, 175, 187; Berg, Beschlüsse, S . 1 4 3 . 4 7 0 Sonderbeschlüsse sind selbständig anfechtbar; vgl. A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 100; KKZöllner, AktG, § 2 4 1 R n . 5 9 .

F. Die positive

361

Beschlußfeststellungsklage

Vielmehr muß im selben Prozeß die Möglichkeit bestehen, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses, dessen Feststellung begehrt wird, geltend zu machen und damit jene Feststellung zu verhindern. 2. Der Anfechtungseinwand

im Verfahren

über die positive

Beschluß-

feststellungsklage Rechtsprechung und Schrifttum erreichen dies dadurch, daß sie gegen den Antrag des Klägers auf positive Beschlußfeststellung den Einwand zulassen, der festzustellende Beschluß sei seinerseits anfechtbar oder nichtig 4 7 1 . Den Nichtigkeitseinwand kann der Vorstand namens der beklagten AG aus eigener Kraft erheben; denn Nichtigkeitsgründe sind ohnehin von Amts wegen zu beachten 4 7 2 . In der AG gilt das gleiche für den Anfechtungseinwand; denn der Vorstand wäre nach § 2 4 5 Nr. 4 AktG auch zur Klageerhebung berechtigt 473 . Unabhängig davon kann der Anfechtungseinwand von einem als streitgenössischer Nebenintervenient beigetretenen Aktionär geltend gemacht werden 4 7 4 . In der GmbH, wo, wie zu zeigen sein wird 4 7 5 , die § § 2 4 1 ff. AktG entsprechende Anwendung finden, gestaltet sich die Rechtslage etwas schwieriger; denn der Geschäftsführer ist dort zwar zur Erhebung der Nichtigkeitsklage, grundsätzlich aber nicht zur Erhebung der Anfechtungsklage befugt 4 7 6 . Den Anfechtungseinwand kann er daher aus eigener Kraft der positiven Beschlußfeststellungsklage nicht entgegensetzen 477 . Dieser Einwand wird vielmehr nur berücksichtigt, wenn ein anfechtungsbefugter Gesellschafter als streitgenössischer Nebenintervenient beitritt und ihn geltend macht 4 7 8 . 3. Neuerliche

Anfechtungsklage

gegen den gerichtlich

festgestellten

Beschluß?

Zweifelhaft erscheint, ob ein Aktionär, der von der Möglichkeit, als streitgenössischer Nebenintervenient beizutreten und gegen den positiv festzustellenden Be4 7 1 B G H Z 76, 191, 200f.; O L G München GmbHR 1990, 2 6 3 , 2 6 5 ; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 192f.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 8 6 ; Zöllner, Z G R 1982, 623, 6 3 0 f . 472 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 140; K. Schmidt AG 1 9 8 0 , 1 6 9 , 1 7 1 ; Zöllner, Z G R 1 9 8 2 , 623, 6 3 0 . 4 7 3 Nach K. Schmidt, AG 1980, 169, 171 soll es für die Befugnis des Vorstands, den Anfechtungseinwand geltend zu machen, nicht auf dessen hypothetische Klagebefugnis ankommen; der Vorstand soll vielmehr den Anfechtungseinwand bereits deshalb erheben können, weil er zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist. Hiiffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 5 fordert offenbar eine Nebenintervention des Vorstandes auf Seiten der beklagten AG, um den Anfechtungseinwand geltend machen zu können; doch ist nicht ersichtlich, weswegen er zu diesem Vortrag nicht schon in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der AG befugt sein sollte: Jenen Einwand vorzubringen entspricht seiner Funktion als Verteidiger des vom Versammlungsleiter festgestellten Beschlusses.

Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 8 6 ; Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 4 3 . Sogleich § 6, passim. 4 7 6 Näher unten § 6 B II. 4 7 7 So aber K. Schmidt, AG 1 9 8 0 , 169, 171. Wie hier aber B G H Z 76, 154, 159f. 478 Brandes, W M 1984, 2 8 9 , 2 9 8 ; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.141f.; Emde, ZIP 1 9 9 8 , 1475, 1477; Zöllner, Z G R 1982, 6 2 3 , 6 3 0 . 474

475

362

§ 5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Schluß den Anfechtungseinwand zu erheben, keinen Gebrauch gemacht hat, den vom Gericht rechtskräftig festgestellten (!) Beschluß seinerseits mit der Anfechtungsklage angreifen kann. Das wird vereinzelt im neueren Schrifttum bejaht 479 , indes zu Unrecht: a) Die Aussagen der

Streitgegenstandslehre

Zwar ist zuzugeben, daß der Streitgegenstand der neuen Klage notwendig ein anderer ist als der Streitgegenstand der ursprünglichen Anfechtungs- und positiven Beschlußfeststellungsklage, welche gegen den ablehnenden Beschluß erhoben worden war; denn wie gesehen, wird der Streitgegenstand durch die den einzelnen Beschlußmangel begründenden Tatsachen bestimmt und nicht durch die Summe aller möglichen Beschlußmängel 480 . Die neue Klage muß auf einen neuen, bislang nicht vorgetragenen Beschlußmangel gestützt werden; denn die Eigenart der hier diskutierten Konstellation besteht gerade darin, daß ein Verstoß des positiven Beschlusses seinem Inhalt nach gegen Gesetz und Satzung gerügt wird, während Streitgegenstand der ursprünglichen Klage ein formeller Mangel war, nämlich ein Fehler bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses. Solange der ablehnende Beschluß verbindlich verkündet war, konnte ihm der nunmehr gerügte Mangel nicht anhaften; dann hatte vielmehr der Aktionär, der für den Ablehnungsbeschluß ficht, das von ihm gewünschte Ergebnis auch ohne Klage erreicht. Die objektiven Grenzen des Streitgegenstandes stehen daher in der Tat einer neuerlichen Anfechtungsklage nicht entgegen. b) Gestaltungsgrund

und

Rechtskraft

Gleichwohl würden jedoch Rechtskraft und Gestaltungswirkung des ursprünglichen positiven Beschlußfeststellungsurteils durchbrochen, wenn hiergegen eine neuerliche Anfechtungsklage zugelassen würde. Dem Aktionär würde nämlich auf diese Weise die Möglichkeit an die Hand gegeben, einen Gestaltungsgrund, der bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Vorprozeß vorlag und gegen das positive Beschlußfeststellungsbegehren hätte eingewandt werden können, nunmehr in einem neuen Prozeß vorzutragen und mit seiner Hilfe eine dem ursprünglichen Urteil zuwiderlaufende gerichtliche Entscheidung zu erreichen. Allerdings ist die Behandlung von Gestaltungsrechten als Mittel zur Durchbrechung der Rechtskraft äußerst umstritten. Das zeigt sich deutlich an der Diskussion um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Gestaltungsrechte, die erst nach Eintritt der Rechtskraft ausgeübt werden und deren Ausübung den titulierten Anspruch zu Fall bringt, im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO der Vollstreckung aus dem Urteil entgegengesetzt werden können. Nach Ansicht 479 480

Bauchatz, N Z G 2002, 317, 319ff. Oben D I 2.

F. Die positive

Beschlußfeststellungsklage

363

des BGH soll die Vollstreckungsabwehrklage auf solche gesetzlichen Gestaltungsrechte nicht gestützt werden können, deren objektive Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung des Vorprozesses vorlagen, mögen jene Gestaltungsrechte auch erst nach diesem Zeitpunkt tatsächlich ausgeübt worden sein 4 8 1 . Der Gestaltungseinwand (häufigster Praxisfall: der Aufrechnungseinwand nach § 3 8 9 BGB) „beruhe" im Sinne des § 7 6 7 II Z P O auf de, objektiven Gestaltungsgrund. Es gelte namentlich zu vermeiden, daß der Beklagte sich den im Vorprozeß nach § 2 9 6 ZPO präklusionsreifen Gestaltungseinwand für das Verfahren nach § 7 6 7 ZPO aufhebe. Eine verbreitete Meinung im Schrifttum 4 8 2 hält dem entgegen, eine Einwendung gegen den titulierten Anspruch entstehe zugunsten des Beklagten erst, wenn dieser das Gestaltungsrecht auch tatsächlich ausübe. Namentlich bei der Aufrechnung widerspreche es dem Gebot prozessualer Waffengleichheit, wenn der Kläger zeitlich unbegrenzt aufrechnen könne, der Beklagte dagegen bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung aufrechnen müsse, um das Aufrechnungsrecht nicht zu verlieren. Der Gefahr, daß der Beklagte im Vorprozeß den Gestaltungseinwand verspätet vortrage und nunmehr die drohende Präklusion nach § 2 9 6 ZPO zu verhindern trachte, indem er die Gestaltungserklärung hinausschiebe, sei dadurch zu begegnen, daß § 2 9 6 Z P O im Vollstreckungsabwehrverfahren nach § 7 6 7 ZPO entsprechend heranzuziehen sei 4 8 3 . Ein Einwand, der im Vorprozeß hätte zurückgewiesen werden können oder müssen, könne bzw. müsse ebenso im Vollstreckungsabwehrverfahren zurückgewiesen werden. c)

Folgerungen

Welcher dieser Ansichten zu folgen ist, kann hier offen bleiben. Denn selbst wenn man der These folgt, daß Einwendungen, die auf Gestaltungsrechten beruhen, im Sinne des § 7 6 7 II Z P O erst mit Abgabe der Gestaltungserklärung entstehen und daher, sofern jene Erklärung nach der letzten mündlichen Verhandlung wirksam wird, dem titulierten Anspruch im Wege der Vollstreckungsabwehrklage entgegengehalten werden können, ist doch gleichwohl festzuhalten, daß das Recht, fehlerhafte Beschlüsse anzufechten, kein Gestaltungsrec^i, sondern ein Gestaltungsklagerecht ist, das nicht mittels rechtsgeschäftlicher Erklärung, sondern dadurch auszuüben ist, daß es gerichtlich geltend gemacht wird. Das Recht, einen fehlerhaften Beschluß anzugreifen, beruht allein auf dem Anfechtungsgrund und nicht daneben auch noch auf einer Anfechtungserklärung; und ebenso beruht konsequent das Recht, dem positiven Beschlußfeststellungsbegehren eines Mitaktionärs mit dem Anfechtungseinwand zu begegnen, allein auf dem Anfechtungsgrund, also dem konkreten Beschlußmangel. In einer solchen Situation besteht bereits im 4 8 1 BGHZ 24, 97, 98; 34, 274, 2 7 9 ; Ernst, NJW 1986, 401, 402ff.; Gottwald/Honold, JZ 1996, 577, 578; Zöller-Vollkommer, ZPO, Rn.64 vor §322. 4 8 2 Z.B. Gaul, GS Knobbe-Keuk, S. 135, 139ff.; Stein/Jonas-Münzberg, ZPO, § 7 6 7 Rn.32ff. 483 Stein/Jonas-Münzberg, ZPO, § 7 6 7 Rn.38.

364

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Ansatz kein Anlaß, Gestaltungsrechte im Kontext der Rechtskraftlehre einer Sonderbehandlung zu unterwerfen. Vielmehr muß es dabei bleiben, daß der Anfechtungseinwand ausgeschlossen ist, sobald das positive Beschlußfeststellungsurteil rechtskräftig ist. Es bist abermals daran zu erinnern, daß die positive Beschlußfeststellungsklage aus Gründen der Prozeßökonomie die Klage gegen die Mitgesellschafter auf Zustimmung zu einem neuen (positiven) Beschluß ersetzt. Einer rechtskräftigen Verurteilung zur Zustimmung könnte der betroffene Aktionär den Einwand, der begehrte Beschluß sei anfechtbar, ganz gewiß nicht mehr entgegensetzen, weil eben der Anfechtungseinwand auf einem Beschlußmangel beruht, der bereits im Zustimmungsprozeß hätte vorgetragen werden können; das Gleiche gilt konsequent für das rechtskräftige positive Beschlußfeststellungsurteil. Versäumt es also ein Aktionär, im positiven Beschlußfeststellungsprozeß den Anfechtungseinwand zu erheben, so hat es mit dem rechtskräftigen stattgebenden positiven Beschlußfeststellungsurteil sein Bewenden.

G. Anfechtungsklage und Mitgliederwecbsel Zweifelhaft und umstritten ist das Schicksal des Anfechtungsrechts, wenn die Aktie ihren Inhaber wechselt. Dabei sind mehrere Fallgestaltungen zu unterscheiden:

I. A k t i e n ü b e r g a n g n a c h Fristablauf Ist der Beschluß bereits zu dem Zeitpunkt unanfechtbar, in dem die Aktie auf den Erwerber übergeht, so ist auch dieser an den Beschluß gebunden. Denn im Zeitpunkt des Ubergangs war mit der Aktie kein Anfechtungsrecht mehr verbunden; in diesem Zustand hat der Erwerber die Aktie übernommen.

II. A k t i e n ü b e r g a n g vor Fristablauf u n d K l a g e e r h e b u n g Ist der Beschluß als solcher im Zeitpunkt des Aktienübergangs noch anfechtbar, hat aber der Veräußerer noch keine Anfechtungsklage erhoben, so soll dies nach h.M. auch der Erwerber - trotz noch laufender Anfechtungsfrist - nicht tun können. Die Anfechtungsbefugnis soll m.a.W. voraussetzen, daß der Kläger bereits am Tag der Hauptversammlung, auf welcher der angegriffene Beschluß gefaßt wurde, Aktionär war 4 8 3 a und seither ununterbrochen geblieben ist 484 . Wer, so wird argu483a N a c h dem U M A G - E n t w u r f soll die Anfechtungsbefugnis nach § 2 4 5 Nr. 1 A k t G von der zusätzlichen Voraussetzung abhängig gemacht werden, d a ß der Kläger die Aktie bereits im Zeitp u n k t der B e k a n n t m a c h u n g der Tagesordnung innehatte. Vgl. dazu kuthe, BB 2 0 0 4 , 4 4 9 , 4 5 0 f . ; Meilicke/Heidel, DB 2 0 0 4 , 1479, 1483f. 484 R G Z 6 6 , 1 3 4 , 1 3 5 ; O L G Celle AG 1984, 2 6 6 , 271; O L G F r a n k f u r t N J W 1972, 6 4 1 , 643;

G. Anfechtungsklage

und

Mitgliederwechsel

365

mentiert, Aktien in einer Zeit erwerbe, da ein Hauptversammlungsbeschluß gefaßt, aber noch anfechtbar sei, gehe bewußt das Risiko ein, Mitgliedsrechte einzubüßen, und habe daher an der Anfechtungsklage kein schutzwürdiges Interesse; diese stelle sich vielmehr als ein widersprüchliches Verhalten dar 485 . Die Mitgliedschaft, welche auf den Erwerber übergegangen sei, sei durch den Beschluß vorgeprägt und dieser daher von jenem hinzunehmen486. Richtig ist jedoch das Gegenteil: Gerade weil der Erwerber die Mitgliedschaft in dem Zustand erwirbt, in dem der Veräußerer sie ihm überläßt, wird sie ihm auch unter Einschluß der fortbestehenden Anfechtungsbefugnis überlassen. Durch die noch laufende Anfechtungsfrist wird die Mitgliedschaft nicht minder vorgeprägt wie durch den Beschluß selbst 487 . Als wenig folgerichtig erweist sich die h.M. auch insoweit, als sie dem Umz/erstf/rechtsnachfolger, etwa dem Erben, die Anfechtung gestatten will 488 ; denn das Vorprägungsargument müßte, wenn es die h.M. zu stützen vermöchte, für jede Art der Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft gelten. Insgesamt verdient daher die Ansicht den Vorzug, wonach das Anfechtungsrecht auf den Erwerber übergeht 489 . Der Erwerber erhält mit der Aktie sämtliche Mitgliedsrechte und so konsequent auch die Befugnis, gerichtlich gegen den noch nicht bestandskräftigen rechtswidrigen Beschluß vorzugehen490. Hatte freilich der Veräußerer diese Befugnis verloren, etwa weil er den Protokollwiderspruch versäumt hatte, so kann auch dem Erwerber keine Anfechtungsbefugnis zuwachsen 491 . Veräußert ein Aktionär seine Aktien an mehrere Erwerber, so geht die Anfechtungsbefugnis auf jeden von ihnen über 492 ; denn jede Aktie verbrieft die volle Palette der Mitgliedsrechte und so auch die Anfechtungsbefugnis. Ein Teil des Schrifttums will freilich dem Erwerber das Anfechtungsrecht nur dann zugestehen, wenn er im Wege des derivativen Erwerbs Mitglied der Gesellschaft geworden ist (namentlich durch ein Veräußerungsgeschäft zwischen ihm OLG Stuttgart NZG 2001, 277, 278; Beyerle, DB 1982, 837f.; Diekgräf, Sonderzahlungen, S.173; Geßler-Hüffer, AktG, §245 Rn.23f.; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.137; Hüffer, AktG, § 245 Rn. 7; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 125; Schneider, NJW 1971,1109, 1111; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 89. 485 Wardenbach, ZGR 1992, 563, 578. 486 Beyerle, DB 1982, 837, 838; Diekgräf, Sonderzahlungen, S.173; Geßler-Hüffer, AktG, §243 Rn.24. 4 8 7 Zutreffend Noack, AG 1989, 78, 85. 4 8 8 Vgl. OLG Celle AG 1984, 266, 271; Beyerle, DB 1982, 837, 838 (dort für Gesamtrechtsnachfolge durch Umwandlungsvorgänge); Geßler-Hüffer, AktG, §245 Rn.23f.; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 138; Hüffer, AktG, §245 Rn.7; die Inkonsequenz der h.M. moniert mit Recht Noack AG 1989, 78, 85f. 489 Feltkamp, Anfechtungsklage, S.24; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn. 157; KKZöllner, AktG, §245 Rn.21; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 146; Noack, AG 1989, 78, 85f.; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.406; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 R n . l 3 1 f . 4 9 0 Ähnlich Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn. 132. 4 9 1 Zutreffend Feltkamp, Anfechtungsklage, S.24 f.; Noack, AG 1989, 78, 86. 4 9 2 Ebenso Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn. 157; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.407.

366

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

und seinem Rechtsvorgänger); dagegen soll ihm kein Anfechtungsrecht erwachsen, wenn er die Aktie originär e r w e r b e 4 9 3 , etwa durch Zulassung zur Zeichnung einer Stammeinlage im R a h m e n einer Kapitalerhöhung 4 9 4 . Diese Einschränkung ließe sich jedoch allenfalls mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens begründ e n 4 9 5 ; ein solcher Vorwurf kann jedoch lediglich gegen denjenigen N e u a k t i o n ä r erhoben werden, der bei Zeichnung der Aktie den Beschlußmangel kennt. Im übrigen ist nicht einzusehen, warum der Zeichner Verstöße gegen Gesetz oder Satzung soll hinnehmen müssen, solange sie noch einer gerichtlichen Korrektur zugänglich sind. Sein Eigeninteresse wird vielmehr a b dem Zeitpunkt seines Beitritts ebenso für die Legalitätskontrolle der Hauptversammlung mobilisiert wie das der Altaktionäre.

III. A k t i e n ü b e r g a n g n a c h K l a g e e r h e b u n g Wenn es richtig wäre, daß der N e u a k t i o n ä r einen rechtswidrigen Beschluß hinnehmen muß, weil die erworbene Mitgliedschaft durch ihn vorgeprägt ist, so könnte konsequent auch eine vom Veräußerer bereits erhobene Anfechtungsklage hieran nichts ändern. Die Anfechtungsbefugnis würde vielmehr ersatzlos wegfallen; die Klage wäre, sei sie nun in der Sache berechtigt gewesen oder nicht, in jedem Fall abzuweisen. Eben dies entspricht einer verbreiteten A n s i c h t 4 9 6 . § 2 6 5 Z P O vermöge hieran nichts zu ändern; denn die Vorschrift erfasse nur den Übergang des streitigen Rechts und damit der Aktivlegitimation, nicht aber deren ersatzlosen Wegf a l l 4 9 7 . Andere Autoren wollen demgegenüber dem Veräußerer gestatten, den Anfechtungsprozeß nach § 2 6 5 Z P O fortzusetzen 4 9 8 . Für die Anfechtungsklage in der G m b H hat auch der B G H dies a n g e n o m m e n 4 9 9 . O h n e Auseinandersetzung mit § 2 6 5 Z P O wird andernorts formuliert, für die Nichtigkeitsklage reiche es aus, 493 Happ, Die GmbH im Prozeß, §19 Rn.52f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.63; MüHdbGesR III/Ingerí, §40 Rn.46; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.l31f. 4 9 4 Vgl. Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.131. 4 9 5 In diese Richtung So Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.63: Mitgliedschaft sei mit dem mangehaften Beschluß »belastet« erworben. 4 9 6 LG Mainz BB 2004, 1132.; Arens, Streitgegenstand, S. 93; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 175; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 138f. 497 A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.139. 4 9 8 BGH ZIP 1993, 1228, 1229; OLG Düsseldorf GmbHR 2001, 1049, 1052; AnwK-Heidel, AktG, §245 Rn.7; Baumbach-Hartmann, ZPO, §265 Rn.6,9; Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 25 ff.; Geßler-Hüffer, AktG, §245 Rn.26; GroßkommAktG-K. Schmidt, §245 Rn.17, §246 Rn.30; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn.52; Heise/Dreier, BB 2004, 1126, 1127; Hüffer, AktG, §245 Rn. 8; KK-Zöllner, AktG, §245 Rn.23; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.64; MK-Lüke, ZPO, §265 Rn.28; MüHdbGesR III/Ingerí, §40 Rn.46; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.118, 131; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.411; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 133; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 216; Wieczorek, ZPO, § 265 Anm. C II a. 4 9 9 BGHZ 43, 261, 266ff.; BGH DB 1974, 716, 717. Dagegen hat der BGH (AG 1999, 180), die Anwendung des § 265 ZPO für den Fall verneint, daß ein Mitglied einer LPG der früheren

G. Anfechtungsklage

und

Mitgliederwechsel

367

wenn der Kläger zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung Aktionär gewesen sei 5 0 0 . Soweit versucht wird, den Aktienübergang während rechtshängiger Anfechtungsklage unter den Wortlaut des § 2 6 5 Z P O zu subsumieren, führt man aus, der Gesellschaftsanteil 501 bzw. die Mitgliedschaft 5 0 2 sei die „streitbefangene Sache" im Sinne dieser Vorschrift. Die Anwendung des § 2 6 5 Z P O verdient im Ergebnis Zustimmung; die bisherigen Versuche, sie zu begründen, fordern jedoch Kritik heraus. Das gilt namentlich, soweit man die Mitgliedschaft als streitbefangene Sache ansieht. Denn wie gezeigt 5 0 3 , verkörpert die Mitgliedschaft kein Einzelrecht, welches für sich gesehen der Veräußerung zugänglich wäre; vielmehr enthält sie eine Sammelbezeichnung für die Gesamtheit der aus dem Mitgliedschaftsverhältnis fließenden Einzelrechte. Die Veräußerung „der Mitgliedschaft" ist eine abgekürzte Formulierung für die Veräußerung jener Einzelrechte. Veräußert wird also allenfalls „das Anfechtungsrecht". Indes kann auch diese Feststellung die Anwendung des § 2 6 5 Z P O nicht tragen; denn das Anfechtungsrecht wurde hier als eine rein prozessuale

Befugnis

dargestellt, die gerichtliche Kontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen einzuleiten. Dem Anfechtungsrecht liegt namentlich kein materiellrechtlicher Anspruch auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung zugrunde 5 0 4 , der als solcher abgetreten werden könnte. Ein Wechsel der Aktivlegitimation über das geltend gemachte Recht, wie ihn § 2 6 5 Z P O erfassen will, läßt sich für den Anfechtungsprozeß nicht darstellen; denn das Anfechtungsrecht versteht sich gerade nicht als Innehabung eines materiellen Rechts und damit nicht als Aktivlegitimation: Es erschöpft sich in einer reinen Prozeßführungsbefugnis. Diese wechselt in das Vermögen eines anderen, wenn die Aktie veräußert wird. § 2 6 5 Z P O findet auf einen solchen Vorgang keine direkte, sondern allenfalls analoge Anwendung 5 0 5 , die jedoch zu befürworten ist: Da das Anfechtungsrecht auf den Erwerber übergeht, wird der Prozeß für die Gesellschaft nicht einfach dadurch für immer abgewendet, daß der bisherige Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt. Vielmehr droht in diesem Fall ein neuer Prozeß durch den Erwerber, der allenfalls, sofern die Anfechtungsfrist schon abgelaufen sein sollte, die Nichtigkeit des Beschlusses belegen muß, um mit seiner Klage durchzudringen. Der Gesellschaft drohen damit eine Verdoppelung des Beschlußmängelprozesses und der Verlust der bisherigen Prozeßergebnisse. Vor einer solchen Konsequenz bist die Gesellschaft zu schützen, und zwar entweder durch Eintritt des Erwerbers in den Prozeß im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels oder aber durch die Anwendung des § 2 6 5 Z P O . Die Veräußerung einer

D D R beerbt wurde; richtigerweise wäre hier freilich von vornherein nur § 2 3 9 ZPO zu erörtern gewesen, da der Tod immer zu einem gesetzlichen Parteiwechsel führt. 5 0 0 O L G Frankfurt W M 1991, 681, 6 8 3 . 501 MK-Lüke, ZPO, § 2 6 5 R n . 2 8 ; Zöller-Greger, ZPO, § 2 6 5 R n . 3 . 5 0 2 GroßkommAktG-K. Schmidt, §245 Rn.19. 5 0 3 Oben § 1 B VI 1. 5 0 4 Oben B I. 5 0 5 Oben § 2 K II 3 b.

368

§5 Der aktienrechtliche

Beschlußmängelstreit

Aktie und die damit einhergehende Veränderung in der Prozeßführungsbefugnis ist ein Vorgang, der beliebig

wiederholt

werden kann. Würde die erste Veräuße-

rung zu einem Parteiwechsel führen, so müßte Gleiches konsequent bei späteren Veräußerungen der Fall sein; die Gesellschaft wäre möglicherweise mit einer Vielzahl nacheinander auftretender Kläger konfrontiert. Dies zu verhindern ist Aufgabe des § 2 6 5 Z P O 5 0 6 ; die Vorschrift greift daher ein, wenn der klagende Aktionär während des Anfechtungsprozesses seine Aktien veräußert.

IV. Das Schicksal der Nichtigkeitsklage Gänzlich Abweichendes soll nach Ansicht des B G H und Teilen des Schrifttums für die Nichtigkeitsklage gelten: Diese bleibe, wenn der Aktionär nach Klageerhebung seine Mitgliedschaft verliere, als allgemeine Feststellungsklage nach § 2 5 6 Z P O zulässig 507 . Umgekehrt werde eine von einem Dritten erhobene Feststellungsklage zur Nichtigkeitsklage nach § 2 4 9 AktG, wenn der Kläger zwischenzeitlich die Aktionärsstellung erwerbe 5 0 8 . Nach der Gegenansicht 5 0 9 ist der Übergang von der allgemeinen Feststellungsklage zur Nichtigkeitsklage eine Klageänderung. Veräußere der Aktionär nach Erhebung der Nichtigkeitsklage seine Aktien, so führe er nach § 2 6 5 Z P O den Rechtsstreit weiter, und zwar als aktienrechtlichen Beschlußmängelprozeß nach § § 2 4 1 ff. AktG 5 1 0 . Die Klage behalte also, sofern sie einmal als Nichtigkeitsklage erhoben worden sei, diese Qualität bis zum Abschluß des Prozesses 511 . Diese Gegenansicht verdient den Vorzug. Die Nichtigkeitsklage kann nach einem Mitgliederwechsel kein anderes Schicksal nehmen als die Anfechtungsklage, weil der Nichtigkeits- immer den Anfechtungsantrag einschließt und umgekehrt 5 1 2 ; wird die Anfechtungsklage nach § 2 6 5 Z P O vom Altaktionär fortgesetzt, so wird es zwingend auch die Nichtigkeitsklage. Die allgemeine Feststellungsklage ist dagegen auf die Klärung der Rechtslage mit Wirkung nur zwischen Kläger und Gesellschaft gerichtet; das darauf ergehende Urteil wirkt nicht Rechtskraft im Umfang des § 2 4 8 AktG. Diese Abweichung von der Nichtigkeitsklage sowie der Umstand, daß der Außenstehende nach § 2 5 6 Z P O zur Verteidigung eigener materieller Rechte, der Aktionär dagegen nach § § 2 4 1 ff. AktG in Ausübung einer prozessualen Befugnis und (auch) im Interesse der Gesellschaft und eines institutionell funktionierenden Aktienwesens klagt, erweist, daß das Rechtsschutzziel beider Klagen ein gänzlich unterschiedliches ist. Die allgemeine Feststellungsklage Oben § 2 K II 5. BGH AG 1999, 180, 181; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 9 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 2 4 9 R n . 6 ; MK-Hüffer, AktG, § 2 4 9 R n . 1 3 . 508 Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 9 R n . 1 3 ; Hüffer, AktG, § 2 4 9 R n . 6 ; MK-Hüffer, AktG, § 2 4 9 Rn. 12. 5 0 9 GroßkommAktG-K. Schmidt, §249 Rn.14. 5 1 0 GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 9 Rn. 15. 5 1 1 KK-Zöllner, AktG, § 2 4 9 Rn. 13. 5 1 2 Oben A II 3 c. 506

507

G. Anfechtungsklage und Mitgliederwechsel

369

k a n n daher niemals als Nichtigkeitsklage fortgeführt w e r d e n und umgekehrt; vielmehr m u ß der Dritte, sobald er A k t i o n ä r g e w o r d e n ist, im Wege der Klageänderung auf die Nichtigkeitsklage übergehen und diese bis zum Prozeßende fortsetzen, selbst w e n n er später seine Aktien veräußert.

§ 6 Der Beschlußmängelstreit in der GmbH Die Eigenheiten der aktienrechtlichen Beschlußmängelklage gliedern sich wie folgt auf: - Gegenstand der Anfechtungsklage ist der vom Versammlungsleiter verkündete Beschluß, und zwar selbst dann, wenn dieser bei korrekter Stimmenauszählung an sich nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat. - Dem Aktionär steht eine umfassende hnitchtungsbefugnis zu, mit deren Hilfe er ohne Rücksicht auf eigene Rechtsbetroffenheit die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen initiieren kann. - Die Anfechtung kann nur durch Klage geltend gemacht werden, die binnen einer bestimmten Frist zu erheben ist, und zwar gegen die Gesellschaft. Nach ganz h.M. gelten die § § 2 4 1 ff. AktG jedenfalls im Grundsatz entsprechend für die GmbH'. Für jedes der soeben genannten Elemente ist diese Analogie zu überprüfen.

A.

Anfechtungsgegenstand

Die Gesellschafter einer GmbH müssen für ihre Gesellschafterversammlung nicht zwingend einen Versammlungsleiter bestimmen 2 . Tun sie es gleichwohl, so gehört 1 B G H Z 11, 2 3 1 , 2 3 5 ; 36, 2 0 7 , 210f.; 89, 48, 50; BGH N J W 1979, 2 5 6 7 , 2 5 6 9 ; N Z G 1999, 722, 723; W M 2 0 0 3 , 195, 196; O L G Düsseldorf GmbHR 1983, 124, 125; O L G Hamburg AG 1 9 8 3 , 1 0 7 ; GmbHR 1 9 8 5 , 1 2 0 ; O L G Hamm GmbHR 1 9 8 5 , 1 1 9 ; GmbHR 2 0 0 1 , 974, 976; O L G Koblenz GmbHR 1990, 39, 40; O L G Nürnberg BB 1970, 1371; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 80; Baums, D J T 2 0 0 0 , S.F. 71; Berg, Beschlüsse, S . 4 9 ; Berger, Z H R 149 (1985), 5 9 9 , 610; Bischoff, BB 1987, 1 0 5 5 , 1 0 5 6 ; Bokelmann, DB 1994, 1 3 4 1 , 1 3 4 2 f . ; Boujong, N Z G 2 0 0 3 , 4 9 7 , 507; Brandes, N Z G 1999, 936; Däubler, GmbHR 1968, 4, 5; Dürr, BB 1995, 1365, 1366; Ebbing, N Z G 1998, 2 8 1 , 285; v. Falkenhausen, Mehrheitsherrschaft, S . 9 1 ; Fleck, Z G R 1988, 104, 116; Gaßneri Zimmer, WiB 1997, 160; Geßler-Hüffer, AktG, Rn. 16 R n . 2 4 1 ; A. Hueck, FS Heymanns Verlag, S. 2 8 7 , 2 9 6 ; Kapsa, Z H R 162 (1998), 633, 636; Koppensteiner, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 86; Kreß, Beschlußkontrolle, S.3; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . l ; Lutz, BB 2 0 0 0 , 833, 835; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 1 R n . 1 0 1 ; Prior, Vereinsbeschlüsse, S . 2 2 f . ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 110, 127; Reuter, Mitbestimmung, S . 2 4 ; Richert, N J W 1957, 1543, 1544; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. lff.; C. Schäfer, Verband, S . 2 9 3 ; Verhoeven, Innenrecht, R n . 2 5 4 ; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 2 0 5 ; Wagner, DStR 2 0 0 3 , 4 6 8 ; Winter, Treubindungen, S . 8 9 , 2 9 5 . 2 Vgl. O L G Zweibrücken 1999, 79; Bosch, WiB 1996, 718, 720; Dürr, Nebenabreden, S. 159; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 91; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 6; Rohleder, GmbHR 1989, 2 3 6 , 2 3 7 .

A.

Anfechtungsgegenstand

371

zu seinen Aufgaben auch die Auszählung der Stimmen und die Verkündung des Beschlußergebnisses; dabei ist streitig, ob ihm diese Befugnis im Einverständnis aller Gesellschafter verliehen sein m u ß 3 oder ob die Verleihung durch Mehrheitsbeschluß ausreicht 4 . Soweit dem Versammlungsleiter diese Befugnis zusteht, hält m a n mit Recht den von ihm verkündeten Beschluß unabhängig davon für verbindlich, ob er tatsächlich auf einer korrekten Stimmenauszählung beruht 5 . Die Verbindlichkeit tritt selbst bei offensichtlich unrichtiger Verkündung ein 6 ; denn wie zu zeigen sein wird, hängen von der Frage, ob ein seinem Inhalt nach eindeutiger Beschluß vorliegt, die Verteilung der Parteirollen sowie die Klageart ab 7 . Dies erfordert Klarheit über die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage; unsichere Kriterien wie die Frage, ob die Verkündung „offenkundig" falsch war oder nicht, vertragen sich nicht mit dem Ziel der § § 2 4 1 ff. AktG, den Rechtsschutz möglichst zu vereinfachen. Auch die offensichtlich fehlerhafte Ermittlung des Abstimmungsergebnisses legt den Inhalt des Beschlusses verbindlich fest. Der unrichtig verkündete Beschluß m u ß von den Gesellschaftern, die mit ihm nicht einverstanden sind, im Wege der Anfechtungsklage beseitigt werden 8 . Der Feststellung des Beschlußergebnisses durch einen Versammlungsleiter steht es gleich, wenn statt dessen ein N o t a r in der Gesellschafterversammlung anwesend w a r und eine eigene Feststellung zum Beschlußergebnis getroffen hat 9 .

3 So für den Fall, daß ein Versammlungsleiter in der Satzung nicht vorgesehen ist, OLG Frankfurt GmbHR 1999, 551; Zöllner/Noack, ZGR 1989, 525, 528. 4 OLG Celle GmbHR 1999, 35; Böttcher/Grewe, N Z G 2002, 1086, 1089; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.218ff.; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 239. - In keinem Fall reicht die Beschlußfeststellung durch einen Gesellschafter aus, der sich gegen den Willen der Gesellschaftermehrheit zum Versammlungsleiter aufschwingt (OLG Köln GmbHR 2002, 913, 914f.). 5 BGHZ 88, 320, 328; 97, 28, 30; 104, 66, 69; BGH N Z G 1999, 722, 723; OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 47; OLG Köln GmbHR 2002, 913, 914; OLG München GmbHR 1990, 263, 264; N Z G 1999,1173, 1174; OLG Nürnberg GmbHR 1994, 252, 254; OLG Stuttgart G m b H R 1995, 228, 229; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.226; Baumbach-ZöZ/rcer, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 64; Baums, Eintragung, S.125; Böttcher/Grewe, N Z G 2002, 1086, 1087; Bork/ Oepen, ZGR 2002, 241, 245; Boujong, WiB 1997, 345, 351; ders., N Z G 2000, 1193, 1201; Brandes, W M 2000, 217,227; Casper, Heilung, S. 31 f.; Geißler, GmbHR 2002, 520, 521; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 5 f.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 144; Lindacher, ZGR 1987, 121, 125; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.42; Oelrichs, G m b H R 1995, 863, 865; Raiser, FS Heinsius, S.645, 647f.; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 237; K. Schmidt, AG 1977, 243, 248; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn.98; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.72; Seidel, Treupflichten, S. 198; Zöllner, Schranken, S.394f., 398 6 Anders BayObLGZ 55, 333, 334; Böttcher/Grewe, N Z F 2002, 1086, 1088; Hoffmann, N Z G 1999, 1174; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 106; ähnlich R G Z 142, 123, 127: Feststellung des Versammlungsleiters maßgeblich, es sei denn, auch ohne Verkündung liege eine unzweideutige protokollarisch festgehaltene Erklärung vor. 7 Unten F. 8 BGHZ 88, 320, 328; 97, 28, 30; 104, 66, 69; 108, 21, 23; BGH GmbHR 1992, 801; N Z G 1999, 722, 723; BayObLG GmbHR 1999, 984, 985; KG NJW-RR 1996, 103, 104; OLG Celle GmbHR 1999, 35; OLG Hamm GmbHR 2001, 974, 976; OLG München N Z G 1999, 1173, 1174; OLG Stuttgart BB 1999, 2316, 2317. 9 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.65.

372

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

Ebenso ist der Beschluß vorläufig verbindlich, wenn zwischen den Gesellschaftern der Inhalt des gefaßten Beschlusses unstreitig ist 10 . Bisher wird dies für den Fall vertreten, daß das Einverständnis über jenen Inhalt am Ende der Gesellschafterversammlung besteht 11 ; es steht aber nichts der Annahme entgegen, daß die Gesellschafter jenes Einverständnis auch noch zu einem späteren Zeitpunkt herstellen können und dadurch der Beschluß allseitig mit dem vereinbarten Inhalt vorläufig verbindlich wird. Freilich hat der Zeitpunkt, zu dem der Beschlußinhalt unstreitig wurde, Einfluß auf den Beginn der Anfechtungsfrist12: Diese beginnt nicht bereits mit dem Tag der Beschlußfassung, sondern erst mit jenem Einverständnis. Wurde nämlich kein Versammlungsleiter bestimmt und besteht Streit über den Inhalt des gefaßten Beschlusses, so existiert keine Instanz, der die Legitimation zukäme, jenen Inhalt vorläufig verbindlich zu fixieren. Folglich fehlt es an einem tauglichen Gegenstand für eine Anfechtungsklage13, und konsequent kann auch keine Klagefrist zu laufen beginnen.

B.

Anfechtungsbefugnis

I. Umfang der Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters 1. Objektive

Rechtskontrolle

auch in der

GmbH

Die umfassende Anfechtungsbefugnis des Aktionärs wurde mit der Begründung gerechtfertigt, der Staat mobilisiere dessen Eigeninteresse für die im öffentlichen Interesse gebotene Rechtskontrolle über die AG, welche andernfalls von einem Aktienamt ausgeübt werden müßte 14 . Eine Anfechtungsbefugnis vergleichbaren Umfangs besteht in der GmbH nur dann, wenn man für sie in gleicher Weise behaupten kann, es müsse andernfalls eine staatliche Aufsichtsbehörde etabliert werden. Das läßt sich mit guten Gründen bejahen in Anbetracht dessen, daß die 10 öOGH AG 1998, 199, 200; OLG Celle GmbHR 1997, 172, 174; OLG München GmbHR 1990, 263, 264; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.65; Geißler, GmbHR 2002, 520, 526; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.96; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn.6; Lindemann, Beschlußfassung, S. 169; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.42; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 107; Raiser, FS Heinsius, S.645, 648; Rohleder GmbHR 1989, 236, 239; Saenger, GmbHR 1997, 112, 115; Schantl, ZIP 1999, 657, 658; Zöllner, FS Lutter, S.821, 828. 11 Vgl. Lindemann, Beschlußfassung, S.169; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 239. 12 Zu ihr ausführlich unten D. 13 BGHZ 76, 154, 156f.; BGH GmbHR 1996, 47, 48; DStR 1999, 769; OLG Brandenburg GmbHR 2001, 624, 626 f.; OLG Celle GmbHR 1997, 172, 174; OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 47; OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 79, 80; Bauschatz, NZG 2002, 317, 318; Boujong, WiB 1997, 345, 351; Brandes, WM 1 9 9 8 , 1 , 1 8 ; Geißler, GmbHR 2002, 520, 526; Goette, DStR 1996, 388; Raiser, FS Heinsius, S.645, 647; ders., FS 100 Jahre GmbHG, S.587, 595; ders., in Hachenburg, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 92; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 237; Saenger, GmbHR 1997, 112, 117; Zöllner, Schranken, S.395; ders./Noack, ZGR 1989, 525, 527. Zum Verfahren in diesen Fällen unten F. 14 Oben §5 B II 2.

B.

373

Anfechtungsbefugnis

G m b H sich als in erheblichem M a ß e insolvenzanfällig erwiesen h a t 1 5 und die in ihr gewährte Gestaltungsfreiheit einen fruchtbaren N ä h r b o d e n für M i ß b r ä u c h e bereitstellt. Das Kontrollbedürfnis resultiert in der A G aus der (typischerweise gegebenen) G r ö ß e des Verbands, in der G m b H aus der M a s s e der existierenden Verbände. So geht gerade mit der hohen Anzahl der vorhandenen G m b H eine erhebliche Kapitalaggregation einher 1 6 . Die Anfechtungsbefugnis besteht daher auch in der G m b H ohne Rücksicht auf persönliche Betroffenheit 1 7 .

2. Die Bedeutung des §245 Nr. 1 AktG Anders als in der A G setzt die Anfechtungsbefugnis in der G m b H nach h . M . nicht voraus, daß der klagende Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung anwesend war und gegen den Beschluß Widerspruch erhoben hat; § 2 4 5 Nr. 1 A k t G soll insoweit nicht analog gelten, weil diese Vorschrift Ausfluß eines streng formalisierten Beschlußverfahrens sei 1 8 ; die A G sei in weit höherem M a ß e als die G m b H auf einen Schutz vor Obstruktionsversuchen ihrer Aktionäre angewiesen 1 9 . D a m i t wird indes die Aussagekraft der in § 2 4 5 Nr. 1 A k t G enthaltenen Wertung für die G m b H unterschätzt:

a) 245 Nr. 1 AktG und das Verbot widersprüchlichen

Verhaltens

Die Befugnis, einen rechtswidrigen Beschluß anzugreifen, ist dem Gesellschafter, wie gezeigt, nicht allein in seinem eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Gesellschaft verliehen; so insbesondere die Befugnis, Klage gegen gesellschaftsschädliche Geschäftsführungsbeschlüsse zu erheben. Ferner ist ihm die Klagebefugnis im öffentlichen Interesse anvertraut, weil das Gesetz das Eigeninteresse des Gesellschafters für die Rechtskontrolle der Gesellschaft mobilisiert. D e r Gesetzgeber hätte dies zum Anlaß nehmen können, die Befugnis zur Einleitung einer solchen Rechtskontrolle dem Einwand widersprüchlichen Verhaltens zu entziehen: Das R e c h t , ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren einzuleiten, könne auf

Zahlenangaben bei Lutter, GmbHR 1997, 329. Zahlenangaben bei Ihlas, Organhaftung, S. 67. 17 BGHZ 43,261, 265f.; Geißler, GmbHR 2002, 520, 525; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn.91; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.62; MüHdbGesR III/Ingerì, §40 Rn.45; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 142; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.l28f. 18 OLG Hamm GmbHR 1985, 119; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.6, 72; Bekker, Verwaltungskontrolle, S.419; Däubler, GmbHR 1968, 4, 8; Dürr, Nebenabreden, S.100; Geißler, GmbHR 2002, 520, 521, 525; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.98, 152; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 62; MüHdbGesR Wingert, § 40 Rn. 45; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.23; Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, S.587, 602f.; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 239; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.116; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1963; Saenger, GmbHR 1997, 112, 115; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn. 129, 139; Vorwerk, GmbHR 1995, 266, 270; Windel, Interventionsgrund, S.71f. 19 Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.384f. 15

16

374

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

diesem Wege nicht verlorengehen, weil das Gesetz auf den Gesellschafter als Kontrolleur nicht verzichten wolle. Der Gesetzgeber hat sich für das Aktienrecht in § 2 4 5 Nr. 1 AktG jedoch im gegenteiligen Sinne entschieden: Wer gegen den Beschluß vorgehen will, muß sich bereits in der Hauptversammlung gegen ihn gewandt haben. Die Vorschrift bringt damit den Grundgedanken zum Ausdruck, daß der Gesellschafter, der gegen den Beschluß vorgehen will, seinen Widerstand von Anfang an kundbar gemacht haben muß. Das Widerspruchserfordernis enthält auf diese Weise eine bereichsspezifische Konkretisierung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens20: Wer nicht in der Hauptversammlung anwesend ist und Widerspruch erhebt, verhält sich widersprüchlich, wenn er später den Beschluß angreifen will. Mit Recht wird mit Rücksicht auf diese ratio legis das Widerspruchserfordernis teleologisch reduziert: Die Anfechtungsklage scheitert dann nicht am fehlenden Widerspruch, wenn der Beschlußmangel in der Hauptversammlung nicht erkennbar war 2 1 . Wenn man aber schon vom Kleinstaktionär bei Erkennbarkeit des Mangels in der Hauptversammlung verlangt, daß er sich noch bis zum Ende der Hauptversammlung gegen den Beschluß wendet, so muß man erst recht vom - typischerweise unternehmerisch in höherem Maße interessierten - GmbH-Gesellschafter erwarten, daß er noch in der Gesellschafterversammlung seinen Willen bekundet, notfalls gerichtlich gegen den Beschluß vorgehen zu wollen. Die stärkere persönliche Verbundenheit mit dem Gesellschaftsunternehmen läßt nämlich eine intensivere Teilnahme an den internen Entscheidungsprozessen erwarten. Deswegen läßt sich das Widerspruchserfordernis auch nicht mit der Begründung bestreiten, der GmbH-Gesellschafter werde besonders von den Beschlüssen betroffen 22 ; im Gegenteil: Gerade deshalb erzeugen seine Nichtteilnahme und sein Schweigen den Anschein der Bereitschaft, den Mehrheitsentscheid zu akzeptieren.

b) Korrelation

von Widerspruchserfordernis

und

Mehrheitsprinzip

Allenfalls erscheint diskutabel, die Form des Widerspruchs zu liberalisieren und es für die Klagebefugnis hinreichen zu lassen, wenn der Gesellschafter gegen den Beschluß gestimmt hat. Selbst diese Erleichterung der Klagebefugnis scheidet indes bei näherem Zusehen aus. Bereits die Allgemeine Begründung zur Aktienrechtsnovelle von 18 8 4 2 3 rechtfertigte das Widerspruchserfordernis mit der Annahme, wer schweige, billige den mehrheitlich gefaßten Beschluß. In der Tat ist dies Erforder-

2 0 Ebenso Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 3 1 ; Noack, AG 1989, 78, 80; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 R n . 1 9 . 21 GroßkommAktG-JC. Schmidt, § 2 4 5 Rn. 19; Hüffer, FS Brandner, S. 57, 71; ders., in Geßler, AktG, § 2 4 5 Rn. 32; ders., AktG, § 2 4 5 Rn. 16; KK-Zöllner, AktG, § 245 Rn. 42, 57; Noack, AG 1989, 78, 82; anders Feltkamp, Anfechtungsklage, S . 2 9 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 2 5 ; MüHdbGesR W/Semler, § 4 1 R n . 5 5 . 2 2 So aber Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, S . 5 8 7 , 602. 2 3 Abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Aktienrecht, S . 4 6 7 .

B.

Anfechtungsbefugnis

375

nis für die Aktiengesellschaft nur gerade mit dieser Überlegung erklärbar 24 : Die ohne Widerspruch erhobene Klage erscheint deshalb als ein widersprüchliches Verhalten, weil selbst dann, wenn der Kläger bereits gegen den Beschluß gestimmt hat, nicht notwendig auch mit gerichtlichen Konsequenzen gerechnet werden muß. Vielmehr kann unter der Geltung des Mehrheitsprinzips grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß selbst die überstimmten Aktionäre den Beschluß hinzunehmen bereit sind, soweit sie sich nicht ausdrücklich im gegenteiligen Sinne äußern; auch das gegen ihren Willen Beschlossene verkörpert grundsätzlich ein korrektes und der Organisationsverfassung der Gesellschaft entsprechendes Ergebnis der verbandsinternen Willensbildung. Da das Mehrheitsprinzip auch in der GmbH gilt, darf dort ebenso von der grundsätzlichen Bereitschaft der Gesellschafter ausgegangen werden, Mehrheitsbeschlüsse selbst dann zu akzeptieren, wenn sie selbst im konkreten Einzelfall der Mehrheit nicht angehören. Anders könnte man nur entscheiden, wenn man aus dem typischerweise intensiveren unternehmerischen Interesse des GmbH-Gesellschafters folgerte, bei diesem müsse auch ohne Widerspruch von der grundsätzlichen Bereitschaft zur Klageerhebung ausgegangen werden. Denn er sei typischerweise wesentlich stärker als der Aktionär gewillt, seine unternehmerischen Vorstellungen durchzusetzen. Diese aus der Realstruktur der GmbH entnommene Überlegung erscheint indes durchaus ambivalent: Da die GmbH mit einem in der Rechtspraxis meist überschaubaren Gesellschafterkreis auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angelegt ist, kann man gerade deswegen auch umgekehrt argumentieren, der einzelne Gesellschafter werde eine gerichtliche Auseinandersetzung wenn irgend möglich meiden. Insgesamt besteht daher in der GmbH kein Grund, in höherem Maße als in der AG an der Bereitschaft des Gesellschafters zur Hinnahme von Mehrheitsentscheidungen zu zweifeln. Dann aber muß es auch für die GmbH dabei bleiben, daß der Gesellschafter Widerspruch erheben muß. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs gestalten sich nicht anders als in der AG: Der Widerspruch muß nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden 25 . Ebensowenig muß der Gesellschafter seinen Widerspruch begründen 26 . Es genügt, wenn mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, daß er zur Hinnahme des Beschlusses nicht bereit ist. Ferner kann der Widerspruch schon vor Beschlußfassung 27 sowie pauschal für alle auf dieser 24

Gegen sie aber Baums, DJT 2000, S. F 74, der dies als bloße Fiktion brandmarkt. AnwK-Heidel, AktG, §245 Rn.9; M K - H ü f f e r , AktG, §245 Rn.34; MüHdbGesR IVISemler, § 4 1 Rn.54; Noack, AG 1989, 78, 80. 26 Vgl. LG Dortmund AG 1977, 9, 10; AnwK-Heidel, AktG, §245 Rn.9; Geßler-Hüffer, AktG, §245 Rn.34; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 Rn.20; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 122, 164; Hüffer, AktG, §245 Rn. 14; KK-Zöllner, AktG, §245 Rn.35; MK-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 34; MüHdbGesR IW/Semler, § 41 Rn. 54; Noack, AG 1989, 78, 81; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 121. 27 AnwK-Heidel, AktG, §245 Rn.12; GroßkommAktG-K. Schmidt, §245 Rn.20; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 142; Hüffer, AktG, § 245 Rn. 14; KK-Zöllner, AktG, § 245 Rn. 36; M K - H ü f fer, AktG, §245 Rn.34, 36; Noack, AG 1989, 78, 81. 25

376

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

Gesellschafterversammlung gefaßten Beschlüsse 2 8 erklärt werden; insbesondere kann ein Gesellschafter, der seine Abstimmungsniederlage absehen k a n n , im Vorfeld der Beschlußfassung erklären, daß er rechtliche Schritte in Erwägung ziehe, wenn nicht in seinem Sinne abgestimmt werde. D e r Widerspruch ist bis zum Ende der Gesellschafterversammlung für jeden auf ihr gefaßten Beschluß m ö g l i c h 2 9 . Das Postulat eines Widerspruchserfordernisses erlaubt es ferner, auch demjenigen Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis zu eröffnen, der für den Beschluß gestimmt hat, sofern er nur nachfolgend Widerspruch einlegt 3 0 . Das ist auch im Ergebnis sachgerecht: Wenn allein die Tatsache, daß ein Gesellschafter der in der Abstimmung unterlegenen Minderheit angehört, nicht ausreicht, um die Anfechtungsbefugnis zu begründen, so kann diese umgekehrt nicht dadurch entfallen, daß der Gesellschafter für den Beschluß gestimmt h a t 3 1 ; anders allenfalls, wenn der zustimmende Gesellschafter M a n g e l gekannt h a t 3 2 . Der Widerspruch m u ß in der G m b H anders als in der A G nicht zu Protokoll erklärt werden, da ein solches in der G m b H nicht obligatorisch ist; doch ist dem Gesellschafter das Widerspruchserfordernis nur dann zuzumuten, wenn man ihm einen Anspruch

auf Protokollie-

rung des Widerspruchs einräumt, um ihm den Nachweis seiner Klagebefugnis zu erleichtern 3 3 . c) Beschlüsse

im schriftlichen

Verfahren

Ein Widerspruch noch in der Gesellschafterversammlung scheidet aus, wenn der Beschluß außerhalb einer solchen, nämlich nach § 4 8 II G m b H G im schriftlichen Verfahren gefaßt worden ist. Die Grundannahme, daß ein Gesellschafter den Mehrheitsentscheid hinzunehmen bereit ist, wenn er sich trotz erkennbaren M a n gels nicht alsbald rechtliche Schritte vorbehält, büßt indes dadurch ihre Berechtigung nicht ein. An der Analogie zu § 2 4 5 Nr. 1 A k t G ist daher auch für diese Fälle

28 LG Dortmund AG 1977, 9, 10; AnwK-Heidel, AktG, §245 Rn.9; Geßler-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 34; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 20; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 141; Hüffer, AktG, §245 Rn.14; KK-Zöllner, AktG, §245 Rn.36; MK-Hüffer, AktG, §245 Rn.34; Noack, AG 1989, 78, 81; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.121. 2 9 A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 142f.; Noack, AG 1989, 78, 81. 3 0 Den Widerspruch kann in der AG selbst derjenige Aktionär erheben, der für den Beschluß gestimmt hat; vgl. Hüffer, AktG, § 245 Rn. 13; Noack AG 1989, 78, 81; Prior, Fehlerhafte Vereinsbeschlüsse, S.239. 31 So aber für die Aktiengesellschaft Zöllner, AG 2000, 145, 146; für die GmbH Däubler, GmbHR 1968, 4, 8; Geißler, GmbHR 2002, 520, 525; Lehmann, Anwendung, S.102; MüHdbGesR Ul/Ingert, §40 Rn.45; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 132; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.136; Saenger, GmbHR 1997, 112, 116; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.216; Winkler, DNotZ 1970, 476, 486; Winter, ZHR 154 (1990), 259, 271. 32 In diesem Sinne Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 61; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 139. 33 Der Anfechtungskläger hat die Erhebung des Widerspruchs zu beweisen; vgl. Hüffer, FS Fleck, S. 151. 156f.

B.

377

Anfechtungsbefugnis

festzuhalten. Der Widerspruch m u ß aber erst - dann freilich unverzüglich - erklärt werden, wenn der Gesellschafter vom Inhalt des Beschlossenen Kenntnis erlangt.

II. Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers? 1. Die Bedeutung

der

Weisungsabhängigkeit

Der Geschäftsführer ist in dieser Eigenschaft nach herrschender Ansicht nicht berechtigt, gegen einen Beschluß der Gesellschafterversammlung Anfechtungsklage zu erheben 3 4 . Ein Teil der Literatur bejaht demgegenüber analog § 2 4 5 Nr. 4 A k t G teils generell 3 5 , teils beschränkt auf kapitalistisch strukturierte Gesellschaften und solche mit einem obligatorischen Aufsichtsrat 3 6 , teils ohne Rücksicht auf die Realstruktur der Gesellschaft insoweit eine Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers, als ihm die Ausführung der Beschlüsse obliegt 3 7 . N a c h wieder a . A . soll der Geschäftsführer zur Anfechtung berechtigt sein, soweit zwingende Rechtsvorschriften verletzt worden sind oder ein Gesellschafter gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen versucht hat, weil insoweit auch die Weisungsbindung des Geschäftsführers entfalle 3 8 . Die h . M . verdient mit der von ihr gegebenen Begründung Zustimmung: Eine Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers verträgt sich nicht mit seiner Stellung im Gefüge der Organisationsverfassung, welche das Gesetz für die G m b H aufgerichtet hat. Der Geschäftsführer ist danach ( § 3 7 I G m b H G ) an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden. Diese verkörpert somit das höchste Organ in der Gesellschaft. Wenn aber der Geschäftsführer anders als der Vorstand einer A G nicht gleichgeordnet neben dem Mitgliedsorgan steht, k a n n er auch nicht befugt sein, die rechtliche Kontrolle jenes Organs zu initiieren. D e r Bindung des Geschäftsführers an den Mehrheitsbeschluß entspricht die grundsätzliche Pflicht, diesen zu verteidigen.

2 . Die Notwendigkeit

der Bescblußverteidigung

durch

den

Geschäftsführer

Ein weiteres Argument, das grundsätzlich gegen eine Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers spricht, erschließt sich bei einem Blick auf § 2 4 5 A k t G . D a n a c h ist in der A G der Vorstand als Gesamtorgan berechtigt, die Anfechtungsklage zu erhe3 4 BGHZ 76,154,159; Däubler, GmbHR 1968,4, 8; Eisenhardt, FS Pfeiffer, S. 839, 851; Heller, GmbHR 2002, 1227, 1229; Immenga, GmbHR 1973, 5, 8; Koppensteiner, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 147; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 131 f.; Kömermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn.430f.; van Venrooy, GmbHR 2004, 237, 249; Verhoeven, Innenrecht, Rn.270ff.; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.216f.; Wagner, DStR 2002, 468f. 35 Becker, Verwaltungskontrolle, S. 453 ff.; Reuter, Mitbestimmung, S.25; Rützel, ZIP 1996, 1961,1963 36 Lehmann, Anwendung, S. 103 f. 37 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.75; ebenso „jedenfalls" bei inhaltlichen Beschlußmängeln auch Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.134. 38 Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.169.

378

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

ben (§ 245 N r . 4 AktG), der Aufsichtsrat als Gesamtorgan dagegen nicht. Es wird lediglich dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied die Anfechtungsbefugnis für den (Ausnahme-)Fall gewährt, daß die Ausführung des Beschlusses zur Strafbarkeit oder Schadensersatzpflicht zumindest eines Verwaltungsmitglieds führt. Diese gesetzliche Anordnung läßt sich nicht mit einer angeblich im Vergleich zum Vorstand weniger bedeutungsvollen oder gar diesem hierarchisch untergeordneten Position des Aufsichtsrats erklären. Vielmehr will das Gesetz sicherstellen, daß wenigstens eines der beiden Verwaltungsorgane für die Verteidigung des Beschlusses zur Verfügung steht 39 . Denn eine solche Verteidigung ist im Interesse derjenigen Aktionäre, deren Stimmen den Beschluß tragen, zwingend erforderlich: Die Parteirolle der Gesellschaft im Beschlußmängelprozeß wird, wie dargelegt 40 , nicht durch materiellrechtliche, sondern allein durch prozeßökonomische Erwägungen getragen. Der Beschluß wird nicht von den Aktionären verteidigt, die ihn gefaßt haben, sondern von den Verwaltungsorganen der Gesellschaft. Den Aktionären wird die Verteidigung der eigenen Rechte damit aus der Hand genommen. Freilich wird diese Konsequenz der §§ 241 ff. AktG durch das Verbandsinteresse gerechtfertigt, rasch und allseitig verbindlich die Gültigkeit des Beschlusses als Grundlage der weiteren Arbeit im Verband zu klären 4 1 . Gleichwohl ist die Beklagtenrolle der Gesellschaft den für den Beschluß verantwortlichen Aktionären nur dann zuzumuten, wenn sichergestellt ist, daß jener Beschluß von der Gesellschaft sachgerecht verteidigt wird und der Aktionär jedenfalls typischerweise keine rechtlichen Schritte zur Verteidigung seines Stimmverhaltens zu ergreifen braucht, weil er auf eine zuverlässige Wahrnehmung seiner Interessen durch die Gesellschaft vertrauen darf. Grundsätzlich sind daher die Gesellschaftsorgane verpflichtet, im Beschlußmängelprozeß Partei für den angefochtenen Beschluß zu ergreifen und Einwände des Klägers zu bekämpfen 4 2 . Aus dieser Pflichtenrolle kann sich der Vorstand befreien, indem er selbst Anfechtungsklage erhebt 4 3 . Der Aufsichtsrat kann dies nach der gesetzlichen Konzeption des § 245 AktG gerade nicht. Er bleibt als letzte gesellschaftsinterne Instanz übrig, um den Beschluß zu verteidigen und dem berechtigten Vertrauen der Aktionäre gerecht zu werden. Er muß den Beschluß verteidigen, obwohl er nicht an Weisungen der Hauptversammlung gebunden ist. In der G m b H aber existiert, soweit nicht das Mitbestimmungsgesetz einen obligatorischen Aufsichtsrat installiert, nach gesetzlicher Anordnung von vornherein nur ein Verwaltungsorgan, das für die Verteidigung der Mehrheit in Betracht kommt,

39

Volhard, Z G R 1996, 55, Iii. O b e n § 5 C. 41 Z u r wertungsmäßigen Rechtfertigung dieser p r o z e ß ö k o n o m i s c h e n Vorteile aus dem Verbandsrecht näher oben § 5 F II 4 d bb. 42 Diekgräf, Sonderzahlungen, S . 2 2 0 , 2 3 4 ; Lutter, FS Der Betrieb, S. 193, 2 0 3 ; Volhard, Z G R 1996, 55, 69. 43 Diekgräf, Sonderzahlungen, S.235; Volhard, Z G R 1996, 55, 60f., 73; Windbichler, Aktionärsverhalten, S.35, 38. 40

B.

Anfechtungsbefugnis

379

nämlich der Geschäftsführer 4 4 , der zudem, anders als der Aufsichtsrat, mangels abweichender Anordnung in der Satzung den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. D a n n m u ß ihm erst recht die Möglichkeit genommen sein, sich seiner Pflicht, den Beschluß zu verteidigen, durch Erhebung einer eigenen Anfechtungsklage zu entziehen. D a ß auch der B G H die sachgerechte Verteidigung des Beschlusses zur bedeutsamen Aufgabe des Geschäftsführers im Beschlußmängelprozeß erhebt, zeigt eine Entscheidung, wonach im Anfechtungsprozeß gegen den Abberufungsbeschluß weder der abberufene Geschäftsführer noch ein zwischenzeitlich bestellter Notgeschäftsführer, sondern der anstelle des Abberufenen neu bestellte Geschäftsführer die Gesellschaft im Prozeß vertritt 4 5 . Der Geschäftsführer ist mithin auch deshalb nicht zur Anfechtung des Beschlusses befugt, weil er zwingend für die Vertretung der Gesellschaft auf Beklagtenseite gebraucht wird. Die Rechtsstellung des Geschäftsführers ist selbst dann keine andere, wenn im Einzelfall ein Aufsichtsrat vorhanden ist. In dessen Gestalt wäre zwar ein weiteres Organ verfügbar, das für die Verteidigung des Beschlusses in Betracht k o m m t . Gleichwohl bestehen durchgreifende Unterschiede in der organisationsrechtlichen Stellung des Vorstands einer A G einerseits, des Geschäftsführers einer G m b H andererseits. Im Aktienrecht ist die Anfechtungsbefugnis des Vorstands nach § 2 4 5 Nr. 4 A k t G Teil seines Auftrags, das Unternehmen eigenverantwortlich zu leiten 4 6 . Eine derart eigenständige Stellung kann der Geschäftsführer einer G m b H nicht für sich in Anspruch nehmen. Er bleibt vielmehr selbst bei obligatorischem Aufsichtsrat, insbesondere in Fällen der Mitbestimmung, an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden 4 7 . So ist denn auch im Beschlußmängelprozeß der G m b H der Aufsichtsrat nicht zur Vertretung der Gesellschaft berufen 4 8 ; selbst in mitbestimmten Gesellschaften obliegt die Vertretung allein dem Geschäftsführer 4 9 . D e r Aufsichtsrat kann folglich im Prozeß nicht die Verteidigung des angegriffenen Beschlusses übernehmen; diese m u ß konsequent grundsätzlich beim Geschäftsführer verbleiben. Eine Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers - bzw. bei einem Kollegium: der Geschäftsführung - analog § 2 4 5 Nr. 4 A k t G scheitert damit insgesamt an der fehlenden Vergleichbarkeit der Interessenlage.

Darauf weist mit Recht Däubler, GmbHR 1968, 4, 8 hin. BGH NJW 1981, 1041; ebenso OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 44; OLG Hamm GmbHR 1985, 119; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.149. 4 6 Vgl. nur Hüffer, AktG, §245 Rn.4. 4 7 Nachweise oben § 2 J II 3, Fn. 504. 48 BGH GmbHR 1962, 134. 49 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 82; Hachenburg-Kaiser, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 197; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 69; A. Hueck, FS Bötticher, S. 197, 216; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.149; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn. 34; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.131; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.491; anders für die mitbestimmte GmbH Lehmann, Anwendung, S.96. 44 45

380 3. Anfechtungsbefugnis

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

analog §245

in der

GmbH

Nr. 5 AktG

Analog § 2 4 5 Nr. 5 AktG ist der Geschäftsführer aber dann zur Anfechtung befugt, wenn er sich durch die Ausführung des Beschlusses strafbar oder ersatzpflichtig machen würde 5 0 . Er darf nicht in die Zwickmühle geraten, einerseits den Beschluß ausführen zu müssen, andererseits aber dafür zu haften 5 1 ; mehr noch: In den Fällen des § 2 4 5 Nr. 5 AktG besteht ein besonders starkes Bedürfnis für die Korrektur des Beschlusses. Der Geschäftsführer ist daher in die Pflicht zu nehmen: Er kann nicht nur anfechten; vielmehr wird dies häufig auch seiner Sorgfaltspflicht entsprechen. In der Tat wird zu zeigen sein 5 2 , daß die Anfechtungsbefugnis aus § 2 4 5 Nr. 5 AktG das einzelne Verwaltungsmitglied nicht in erster Linie vor einer drohenden Haftungsfalle schützen, sondern ihm für einen späteren Ersatzprozeß den Einwand aus der Hand schlagen will, es habe sich gegen den Beschluß nicht wehren können: Die Verwaltungsmitglieder werden für die Kontrolle besonders schwerwiegender Rechtsverstöße mobilisiert. Über § 2 4 5 Nr. 5 AktG hinaus steht dem Geschäftsführer indes ein Anfechtungsrecht nicht zu 5 3 . Insbesondere ist es nicht richtig, daß die Weisungsbindung bei Verstoß gegen zwingende Vorschriften oder in den Fällen des § 2 4 3 II AktG entfällt: Soweit dieser Verstoß nur die Anfechtbarkeit begründet, hat es der Gesetzgeber für möglich gehalten, daß die Gesellschafter einem entsprechenden Beschluß zur Bestandskraft verhelfen, indem sie ihn nicht anfechten. Dann darf sich der Geschäftsführer nicht zum Kontrolleur über die Gesellschafter aufschwingen. Nach ganz h . M . ist der Geschäftsführer analog § 2 4 9 I 1 AktG ohne jede Einschränkung zur Erhebung der Nichtigkeitsklage befugt 5 4 . In der Tat ist der Geschäftsführer an einen nichtigen Gesellschafterbeschluß nicht gebunden; namentlich läßt sich auf einen solchen Beschluß keine Weisungsbindung des Geschäftsführers stützen 5 5 und konsequent auch kein Ausschluß des Klagerechts. Vereinzelt wird gleichwohl angenommen, der Geschäftsführer sei zur Erhebung der Nichtigkeitsklage nur befugt, wenn er sich durch die Ausführung des Beschlusses strafbar oder ersatzpflichtig machen würde 5 6 . Dieser Ansicht wäre zuzustimmen, wenn bei lediglich anfechtbaren Beschlüssen dem Geschäftsführer die Anfechtungsbefugnis 50 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 R n . 6 3 f . ; Lehmann, Anwendung, S. 104f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 5 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 132. 5 1 Vgl. Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 5 4 . 5 2 Unten § 10 E VII 7 b. 5 3 Im Ergebnis wie hier Däubler, GmbHR 1968, 4, 8. 54 Hachenburg-Kaiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 194; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 59; Heller, GmbHR 2 0 0 2 , 1227, 1229; Saenger, GmbHR 1 9 9 7 , 112, 114; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 134. Die Nichtigkeitsklage kann außerdem von Mitgliedern eines etwa bestehenden Aufsichtsrats erhoben werden (Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 76; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 148; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 134; für obligatorischen Aufsichtsrat auch OLG Hamburg DB 1983, 330). 55 Eisenhardt, FS Pfeiffer, S. 839, 848; Mennicke, N Z G 2 0 0 0 , 622, 624; ähnlich BGH GmbHR 1974, 131, 132; Fleck, GmbHR 1974, 2 2 4 , III. 56 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 32.

C.

Anfechtungsklageerfordernis

381

aus § 2 4 5 Nr. 5 AktG im eigenen Interesse, nämlich zum Schutz davor verliehen wäre, den Beschluß ausführen und hinterher dafür haften zu müssen. Dann könnte man nämlich für die Nichtigkeitsklage argumentieren: Sofern eine Ersatzpflicht nicht drohe, bestehe kein Anlaß, den Geschäftsführer aus seiner Verpflichtung zu entlassen, für die Beschlußmehrheit zu streiten. Teilt man dagegen den hier vertretenen Standpunkt, daß der Geschäftsführer analog § 2 4 5 Nr. 5 bereits gegen bloß anfechtbare Beschlüsse deshalb vorgehen kann, weil insoweit ein besonderes Kontrollbedürfnis besteht, so besteht dies Bedürfnis bei nichtigen Beschlüssen erst recht und ohne Rücksicht auf drohende Strafbarkeit oder Schadensersatzpflicht. Der Geschäftsführer ist daher uneingeschränkt zur Erhebung der Nichtigkeitsklage befugt.

C.

Anfechtungsklageerfordernis

I. Klageerfordernis und Realstruktur der GmbH In neuerer Zeit gewinnt die Ansicht an Boden, wonach in der G m b H für die Bekämpfung rechtswidriger Beschlüsse auf das Erfordernis einer Klage verzichtet werden könne 5 7 . Den Ausgangspunkt bildet eine Betrachtung des realen Erscheinungsbildes der G m b H in Gegenüberstellung zur AG. Die Notwendigkeit, gegen fehlerhafte Beschlüsse zu klagen, um sie beseitigen zu können, sei auf die AG zugeschnitten 5 8 ; denn diese sei auf den anonymen Wechsel ihrer Mitglieder angelegt. Künftige Aktionäre müßten sich daher auf Beschlossenes nach Möglichkeit verlassen können 5 9 ; über die Beschlußlage könnten sie sich nur durch Einsicht im Handelsregister informieren 6 0 . Ihrem wie auch dem Schutz der Gläubiger diene das Klageerfordernis 6 1 . Demgegenüber könnten die Gesellschafter einer G m b H ihre Beschlüsse in der Praxis mit weitaus weniger Aufwand aufheben als die Aktionäre einer AG, so daß der Erwerber eines GmbH-Anteils in seinem Vertrauen auf die Beschlußlage nicht schutzwürdig sei 6 2 ; ohnehin seien GmbH-Anteile kaum fungibel 6 3 . Interessen der Gläubiger würden aber durch GmbH-Beschlüsse in der Regel ebenfalls nicht berührt 6 4 . Ein öffentliches Interesse an der Bestandskraft von Mit-

5 7 Vgl. außer den nachfolgend Genannten bereits Zöllner, Z G R 1982, 6 2 3 , 6 2 6 : Erfordernis der Anfechtungsklage sei in der GmbH „dogmatisch nur schwer begründbar"; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S . 2 2 4 f . 58 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 144; Timm, FS Fleck, S. 365, 369. 59 Zöllner/Noack Z G R 1989, 5 2 5 , 533. 60 Binge, Gesellschafterklagen, S. 137. 61 Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 656; ders., FS 100 Jahre GmbHG, S . 5 8 7 , 5 9 9 . 6 2 Um diese Überlegung ergänzt Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 155 f. die Argumentation derjenigen Autoren, die eine AnfechtungsWage für entbehrlich halten; Koch selbst plädiert dagegen für die Beibehaltung des Klageerfordernisses (genauerer Beleg im folgenden). 63 Casper, Z H R 163 (1999), 54, 82. 64 Zöllner/Noack, Z G R 1989, 525, 5 3 4 .

382

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

gliedsbeschlüssen bestehe in der GmbH insgesamt nicht im gleichen Maße wie in der AG 6 5 . Die typischerweise personalistische Ausgestaltung der GmbH 6 6 lasse dort das Klageerfordernis als verzichtbar erscheinen67. Es nehme der Mehrheit jeden Anreiz, Gesetz und Satzung zu beachten 68 , und bestehe in der AG lediglich im Interesse der Rechtssicherheit, für die aber in der GmbH kein vergleichbares Bedürfnis angenommen werden könne 69 : Wo das persönliche Zusammenwirken im Vordergrund stehe, sei die Einhaltung des Rechts wichtiger als der Bestandsschutz von Beschlüssen70. Den Gesellschaftern müsse die Möglichkeit einer gütlichen Einigung verbleiben, bevor die Auseinandersetzung vor Gericht ausgetragen werde 71 . Die Notwendigkeit einer Klage zerstöre das persönliche Vertrauen unter den Gesellschaftern 72 . Das Beschlußverfahren sei in der GmbH weitaus weniger formalisiert als in der AG 7 3 ; namentlich sei hier anders als dort keine rechtliche Kontrolle durch notarielle Beurkundung des Beschlusses gewährleistet74. Anders als in der GmbH komme in der AG Beschlüssen der Hauptversammlung eine typischerweise weittragende Bedeutung zu 75 . Die Notwendigkeit der Klageerhebung führe nur zu einer unnötigen Überlastung der Gerichte 76 . Es wird also die Klage aus rechts praktischer Sicht für entbehrlich gehalten. Darüber, wie ein fehlerhafter Beschluß rechtsdogmatisch anstatt dessen zu behandeln sein soll, haben die Gegner des Klageerfordernisses freilich bislang keine Einigkeit erzielen können:

Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.9. Vgl. dazu Fischer, FS W. Schmidt, S. 1 1 7 , 1 1 9 ; Gaßner/Zimmer, WiB 1 9 9 7 , 1 6 9 , 1 7 2 ; Goette, DStR 2001, 533, 534; Gustavus, GmbHR 1989, 181, 182; Hommelhoff, Gestaltungsfreiheit, S.36, 53; Hüffer, FS 100 Jahre GmbHG, S.520, 531; Immenga, GmbHR 1973, 5, 6; Joost, ZGR 1984, 71, 76; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.149f.; Reichert/Winter, FS 100 Jahre GmbHG, S.209, 212; Ulmer, FS Rittner, S. 735, 736; Verhoeven, Innenrecht, Rn. 172; Zöllner, Schranken, S.431. 67 Binge, Gesellschafterklagen, S. 137ff. ; Casper, ZHR 163 (1999), 54, 80; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 152; Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, S.587, 600. speziell für den fehlerhaften Beschluß zur Feststellung des Jahresabschlusses ebenso Claussen, FS Semler, S.97, 112. 68 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 145. 69 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 147. 70 Timm, FS Fleck, S. 365, 372. 71 Binge, Gesellschafterklagen, S. 139; Casper, ZHR 163 (1999), 54, 80f.; Raiser, FS Heinsius, S.645, 656. 72 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.2; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 181. 73 Casper, ZHR 163 (1999), 54, 79. 74 Raiser, FS Heinsius, S.645, 656; ders., FS 100 Jahre GmbHG, S.587, 599. 75 Casper, Z H R 163 (1999), 54, 81 f.; Raiser, FS Heinsius, S.645, 656; Zöllner/Noack, ZGR 1989, 525, 534. 76 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 2; Raiser, FS Heinsius, S. 6 4 5 , 6 5 7 ; ders., in Hachenburg, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 10. 65

66

C. Anfechtungsklageerfordernis

383

II. Die These von der „internen Nichtigkeit" fehlerhafter Beschlüsse So ist vorgetragen worden, gesetzes- oder satzungswidrige Beschlüsse seien im Gesellschaftsinnenverhältnis ipso iure nichtig77-, diese Nichtigkeit müsse mit Hilfe eines gegenüber der Gesellschaft erklärten Widerspruchs geltend gemacht werden 78 . Gefolgert wird dies aus der Annahme, jedes Verbandsmitglied habe einen verbandsrechtlichen Anspruch auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung durch das Mitgliedsorgan 79 ; diesem Anspruch korrespondiere ein Anspruch auf Aufhebung eines gleichwohl gefaßten rechtswidrigen Beschlusses 80 . Um diesen Ansatz zu verwerfen, genügt an dieser Stelle der Hinweis, daß, wie gezeigt 81 , ein Anspruch des besagten Inhalts nicht existiert und insbesondere nicht das materiellrechtliche Substrat der aktienrechtlichen Anfechtungsklage bildet. Daß außerdem der unvermittelte Schluß von einem solchen Anspruch auf die Nichtigkeit rechtswidriger Beschlüsse nicht überzeugen kann, wird später zu erläutern sein 82 .

III. Anfechtungserklärung statt Anfechtungsklage? Andere Autoren halten daran fest, daß fehlerhafte Beschlüsse grundsätzlich lediglich anfechtbar und damit zunächst wirksam sind. Doch soll der Mangel des Beschlusses nicht nur durch Klage, sondern statt dessen auch eine rechtsgestaltende hnitchtungserklärung geltend gemacht werden können mit der Folge, daß der Beschluß erst mit dieser Erklärung unwirksam wird. Diese Lösung wird teils für sämtliche Beschlüsse vorgeschlagen 83 ; nach anderer Auffassung soll es - freilich auch nur - für diejenigen Beschlüsse beim Klageerfordernis bleiben, welche den Charakter einer Strukturänderungsmaßnahme tragen 84 : Solche Beschlüsse kämen wegen der notariellen Beurkundung ( § 5 4 GmbHG) in einem ähnlich formalisierten Verfahren zustande 85 und wiesen außerdem die für Hauptversammlungsbeschlüsse einer AG typische weittragende Bedeutung auf 86 . Die Anfechtungserklärung soll gegenüber der Gesellschaft abzugeben sein 87 , und zwar nach einer An-

77 78 79

B I.

Noack, Noack, Noack,

Fehlerhafte Beschlüsse, S.47 Fehlerhafte Beschlüsse, S. 71 ff. Fehlerhafte Beschlüsse, S.45; zum Postulat eines solchen Anspruchs bereits oben § 5

Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.46. Oben $ 5 B I. 8 2 Unten § 7 B II 2. 83 Raiser, FS Heinsius, S.645, 655ff.; ders., in Hachenburg, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 172f. 84 Casper, ZHR 163 (1999), 54, 72ff.; dazu neigend bereits Ulmer, GmbHR 1990, 4 2 9 , 4 3 2 (Klageerfordernis nur für Satzungsänderungsbeschlüsse); das besondere Bedürfnis nach Rechtsklarheit für Grundlagenbeschlüsse betont auch Kort, Bestandsschutz, S. 52f. 85 Casper, ZHR 163 (1999), 54, 79 86 Casper, ZHR 163 (1999), 54, 81f. 87 Casper, ZHR 163 (1999), 54, 72; Raiser, FS Heinsius, S.645, 657. 80

81

384

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

sieht unverzüglich, möglichst noch in der Gesellschafterversammlung 88 , nach anderer Auffassung innerhalb der Frist, die auch für eine Anfechtungsklage einzuhalten wäre 89 . Die fristgerechte Anfechtungserklärung soll ipso iure den Beschluß vernichten, sofern er tatsächlich fehlerhaft sei 90 . Daneben soll die Anfechtungsklage möglich bleiben 91 ; nur soll sie eben nicht zwingend erforderlich sein.

IV. Prozessuale Bedenken 1. Die allgemeine Feststellungsklage

als Alternative zur

Anfechtungsklage

Die Darlegungen der Autoren, die sich für eine Aufgabe des Klageerfordernisses aussprechen, lassen eine detaillierte Reflexion über die prozessualen Konsequenzen ihres Ansatzes vermissen. Der Verzicht auf das Klageerfordernis wird nicht dazu führen, daß Rechtsstreitigkeiten über fehlerhafte Beschlüsse in der GmbH gänzlich unterbleiben werden. Derartige Streitigkeiten werden jenen Autoren zufolge im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage ausgetragen 92 , wobei nicht deutlich wird, wer zur Erhebung der Klage befugt und wer Klagegegner sein soll: Gewiß muß der Gesellschafter, der die Anfechtung erklärt hat, Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses erheben können. Unklar ist aber, gegen wen diese Klage erhoben werden soll, und namentlich, ob es auch eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Beschlusses gibt und von wem und gegen wen diese erhoben werden soll: 2. Gesellschafter als Parteien des

Feststellungsstreits?

Zum Teil wird vorgeschlagen, den Feststellungsstreit unter den Gesellschaftern auszufechten. Namentlich sollen die Gesellschafter, die den Beschluß für (trotz der Anfechtungserklärung) wirksam halten, gegen den Anfechtenden mit dieser Behauptung die Feststellungsklage erheben können 9 3 ; dieser soll sich mit dem Einwand verteidigen können, der Beschluß sei rechtswidrig und er, der Feststellungsbeklagte, habe rechtzeitig die Anfechtung erklärt 94 . Dem darauf ergehenden Feststellungsurteil wird freilich nicht die Rechtskraftwirkung des § 248 AktG zuer-

88

Raiser, FS Heinsius, S. 645, 657i. Casper, Z H R 163 (1999), 54, 85f.; zu dieser Frist sogleich D. 90 Casper, Z G R 163 (1999), 54, 74; Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 657t. 91 Raiser, FS Heinsius, S. 645, 6 5 7 ; ders., in H a c h e n b u r g , G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 11; so auch Zöllner/Noack, Z G R 1989, 525, 5 4 1 . 92 Casper, Z H R 163 (1999), 54, 77; Krohn, Z H R 153 (1989), 7 1 0 , 712f.; Raiser, FS Heinsius; S.645, 656f. 93 Raiser, FS Heinsius, S. 645, 656 f.; für die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Beschlusses ohne Ä u ß e r u n g zum richtigen Klagegegner auch Binge, Gesellschafterklagen, S. 139. 94 Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 6 5 6 f . 89

C.

Anfechtungsklageerfordernis

385

kannt 95 . Die Idee, den Rechtsstreit unter den Gesellschaftern auszutragen, kann indes in keiner denkbaren Ausgestaltung befriedigen. Wird die Klage gegen alle Mitgesellschafter erhoben, welche sich nicht als Kläger dem Klagebegehren anschließen, so werden auch prozeßscheue Gesellschafter in den Rechtsstreit gezwungen; wird sie nur gegen diejenigen Gesellschafter erhoben, welche ausdrücklich die Gegenansicht vertreten, so führt dies zu einem lediglich inter partes wirkenden Urteil, an das die nicht am Prozeß beteiligten Gesellschafter nicht gebunden sind. Das eine ist ebenso unvorteilhaft wie das andere. Ein unter den Gesellschaftern auszutragender Rechtsstreit, der beide nachteiligen Konsequenzen vermeidet, wäre überhaupt nur denkbar, wenn man ihn in die Form eines Modells gießen könnte, das den in ihrer Haltung indifferenten Gesellschaftern die Möglichkeit eröffnet, sich am Prozeß zu beteiligen oder es bleiben zu lassen. Ein solches Modell erscheint durchaus denkbar; man könnte nämlich daran denken, das Beiladungsmodell des § 856 ZPO in der Ausgestaltung fruchtbar zu machen, wie es für die Ausschlußklage vorgetragen worden ist 96 : Der dissentierende Gesellschafter würde danach zumindest einen der Mehrheit zugehörigen Mitgesellschafter verklagen und sämtliche übrigen Gesellschafter beiladen lassen; die Beiladungsbefugnis würde auch dem Beklagten sowie all jenen Gesellschaftern zustehen, welche sich nach Beiladung auf einer Seite als Streitgenosse angeschlossen haben; das Urteil würde gegen alle Beigeladenen wirken, gleichviel ob sie sich (auf welcher Seite auch immer) angeschlossen haben oder nicht. Indes wären selbst damit nicht alle prozessualen Schwierigkeiten ausgeräumt: Zunächst besteht die Gefahr, daß der Beklagte und damit derjenige Gesellschafter, dem auf jeden Fall das Prozeßkostenrisiko aufgebürdet wird, willkürlich ausgewählt wird. Die Ausschlußklage, für die das an § 856 ZPO angelehnte Modell entworfen wurde, bereitet insoweit keine Probleme, weil als „geborener" Beklagter der auszuschließende Gesellschafter fungiert. Für den angegriffenen Beschluß sind dagegen möglicherweise mehrere Gesellschafter verantwortlich. Konsequent müßten diese alle auf Beklagtenseite am Prozeß beteiligt werden, um einer ungleichen Verteilung des Prozeßkostenrisikos entgegenzuwirken. Für die Funktionsfähigkeit des Beiladungsmodells in Anlehnung an § 856 ZPO ist dies jedoch nicht erforderlich; dies Modell kommt mit einem einzigen Beklagten aus und kann alle übrigen Gesellschafter auf die Möglichkeit verweisen, nach Beiladung als Streitgenossen am Prozeß teilzunehmen. Wenn aber die Person des Beklagten nicht eindeutig definiert ist, so ist es auch die Rechtsauffassung nicht, welche vom Beklagten vertreten wird. Dem Kläger wird folglich die Möglichkeit geboten, durch geschickte Auswahl des Beklagten eine ihm günstige allseits verbindliche Entscheidung zu erschleichen: Denn richtet er die Klage gegen einen Mitgesellschafter, der nur zum Schein die entgegengesetzte Rechtsauffassung vertritt, so werden zwar nach wie vor die Mitgesellschafter an das hierauf ergehende Urteil nur gebunden, 95 96

Kaiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 6 5 7 . Siehe oben § 3 B II 5.

386

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

wenn ihnen durch Beiladung die Möglichkeit der Prozeßbeteiligung verschafft wurde. Doch mag es im Einzelfall geschehen, daß die beigeladenen Gesellschafter, soweit sie an der Abweisung der Klage interessiert sind, von einer eigenen Prozeßbeteiligung absehen, weil sie auf eine wirkungsvolle Rechtsverteidigung durch den Beklagten vertrauen. Kommt sodann ein dem Kläger günstiges Urteil zustande, so sind auch die Beigeladenen nach § 856 V Z P O hieran gebunden. Selbst wenn Kläger und Beklagter nicht kollusiv zusammenwirken, kann es gleichwohl geschehen, daß der Beklagte während des Prozesses seine Meinung ändert oder den Prozeß nachlässig führt. Die beigeladenen Gesellschafter haben daher allen Anlaß, den Prozeßverlauf sorgfältig zu beobachten; obwohl das Modell des § 856 Z P O ihnen rechtlich eine Prozeßbeteiligung ersparen will, können sie sich faktisch gezwungen sehen, sich dennoch als Streitgenossen anzuschließen. Diese Notwendigkeit besteht demgegenüber grundsätzlich nicht, wenn die Gesellschaft als Beklagte fungiert; denn deren Vertretungsorgane sind in diesem Fall verpflichtet, den Beschluß zu verteidigen 97 . 3. Feststellungsklage

durch und gegen die

Gesellschaft?

Ein Teil der hier referierten Autoren hält denn auch die Gesellschaft für die richtige Gegnerin der Feststellungsklage und legt dem Urteil analog § 248 11 AktG Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder bei 98 . Der Gesellschaft soll ihrerseits die Befugnis zustehen, durch Klage gegen den dissentierenden Gesellschafter feststellen zu lassen, daß der Beschluß trotz der Anfechtungserklärung nicht nichtig sei 99 . Damit, so wird vorgetragen, werde zugleich ein Beitrag zur gerechteren Verteilung der Prozeßführungslast geleistet 100 . Eben dies Gerechtigkeitspostulat vermögen jene Autoren indes nicht einzulösen: 4. Nichtigkeitsklage

analog §§249 1 1, 241 Nr. 5 AktG

Die Anfechtungserklärung soll ein gerichtliches Gestaltungsurteil entbehrlich machen; sie soll mithin selbst die Nichtigkeit des Beschlusses herbeiführen. Ihr sollen daher die Wirkungen des § 241 Nr. 5 AktG zukommen 1 0 1 . Dann aber kann es sich 97

O b e n B II 2. D a f ü r Krohn, Z H R 153 (1989), 710, 712f.; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.86. 99 Casper, Z H R 163 (1999), 5 4 , 77; Zöllner/Noack, Z G R 1989, 525, 543; für den eingetragenen Verein ebenso Prior, Vereinsbeschlüsse, S . 2 1 8 100 Baumbach-Zöllner, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 6 b ; Binge, Gesellschafterklagen, S.18, 139; Zöllner/Noack, Z G R 1989, 5 2 5 , 543. 101 HachenburgSo ausdrücklich Casper, Z H R 163 (1999), 5 4 , 7 4 . Anders, aber inkonsequent Kaiser, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 1 8 6 , 1 8 9 , w o n a c h der Beschluß trotz Anfechtungserklärung wirksam bleiben soll, bis die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses durch Gerichtsurteil festgestellt ist. Damit verbleibt es entgegen dem verbalen A u s g a n g s p u n k t Raisers in der Sache doch beim Klageerfordernis: Derjenige, der die Anfechtung erklärt hat, erzielt den damit bezweckten Erfolg, nämlich die Vernichtung des Beschlusses, nur mit gerichtlicher Hilfe. 98

C. Anfechtungsklageerfordernis

387

bei einer Klage, mit deren Hilfe die Unwirksamkeit des Beschlusses festgestellt werden soll, nicht um eine gewöhnliche Feststellungsklage handeln; sie ist vielmehr eine Nichtigkeitsklage analog §249 AktG: Es soll festgestellt werden, daß der Beschluß durch die Anfechtungserklärung analog § 241 Nr. 5 AktG nichtig geworden ist. Diese Klage kann jeder Gesellschafter gegen die Gesellschaft erheben; wird sie abgewiesen, so wirkt das Urteil lediglich inter partes 102 . Gewiß erscheint es daneben nicht ausgeschlossen, der Gesellschaft ihrerseits das Recht zur Erhebung einer Feststellungsklage mit dem Ziel zuzubilligen, das Gericht möge die Wirksamkeit (Rechtmäßigkeit) des angegriffenen Beschlusses feststellen. Ergeht ein Urteil zugunsten der Gesellschaft, so kann es indes in seinen Wirkungen nicht weiter reichen als ein Urteil, welches die Nichtigkeitsklage eines Gesellschafters abweist; es wirkt daher ebenfalls Rechtskraft nur inter partes. Denn das klagabweisende Urteil stellt immer nur das kontradiktorische Gegenteil des Klageantrags fest. Wird etwa beantragt, das Bestehen eines Rechtsverhältnisses festzustellen, und wird diese Klage abgewiesen, so ist das Nichtbestehen dieses Rechtsverhältnisses festgestellt 103 . Dies beansprucht Gültigkeit auch im Bereich der Beschlußmängelstreitigkeiten. So stellt die Abweisung einer Klage, mit deren Hilfe der Kläger die Unwirksamkeit des Einziehungsbeschlusses festgestellt wissen wollte, rechtskräftig fest, daß der Anteil wirksam eingezogen ist 1 0 4 -freilich nur inter partes. Ebenso stellt die Abweisung der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage rechtskräftig fest, daß der Beschluß nicht wegen der vorgetragenen Beschlußmängel anfechtbar bzw. nichtig ist 1 0 5 - dies indes ebenfalls nur inter partes. Werden nun die Parteirollen vertauscht und tritt nunmehr die Gesellschaft als Klägerin auf, so führt dies zu keinem abweichenden Ergebnis. Man wird sogar noch einen Schritt weiter gehen können: Wird die Klage der Gesellschaft, die Wirksamkeit des Beschlusses festzustellen, mit der Begründung abgewiesen, der Beschluß sei tatsächlich rechtswidrig und durch die Anfechtungserklärung des beklagten Gesellschafters beseitigt worden, so wirkt diese Feststellung nach § 248 1 1 AktG Rechtskraft gegen alle Gesellschafter und Organmitglieder - ebenso wie eine Nichtigkeitsklage des Gesellschafters diese Wirkung nach sich gezogen hätte. Folglich haben auch die übrigen der Mehrheit angehörigen Gesellschafter keine Möglichkeit, durch Einzelklage gegen die Gesellschaft mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder die Wirksamkeit des Beschlusses feststellen zu lassen. Das liegt in der Natur eines prozessualen Modells, welches auf der Mediatisierung der Beklagtenrolle durch die GmbH beruht: Die Gesellschaft kann nicht Beklagte sowohl eines Prozesses sein, in dem ein Gesellschafter die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit, als auch in einem solchen, in dem ein Gesellschafter die Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit eines Beschlusses behauptet. Vgl. oben §5 D I 1. Vgl. MK-Gottwald, ZPO, § 322 Rn. 171; Stein/]onas-Scbumann, Jonas-Leipold, ZPO, §322 Rn.116. 1 0 4 Zutreffend OLG Schleswig NZG 2000, 703, 704. 105 Zutreffend OLG Köln NZG 1999, 1222, 1226. 102

103

ZPO, § 256 Rn. 67; Stein/

388

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

Es wäre dann nämlich nicht mehr klar auszumachen, mit welcher Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Prozeß eintritt. Ließe man es zu, daß ein Gesellschafter gegen die Gesellschaft eine Klage mit dem Ziel erhebt, die Gültigkeit des Beschlusses feststellen zu lassen, so bestünde die Gefahr, daß ein in Wahrheit dem Beschluß positiv gesinnter Gesellschafter Nichtigkeitsklage erhebt (oder die Gesellschaft umgekehrt eine auf die Feststellung der Wirksamkeit des Beschlusses gerichtete Klage gegen einen solchen Gesellschafter) und beide Parteien durch ungeschickte Prozeßführung des Klägers, Kollusion oder gar Klageverzicht auf einen Sieg der Gesellschaft hinwirkten, an den auch die dissentierende Minderheit gebunden wäre 106 . Daher ist in einem Modell, in dem bei Streitigkeiten innerhalb eines Verbandes die Gesellschaft aus Vereinfachungsgründen als Prozeßpartei fungieren soll, systemimmanent die Prozeßinitiative verschoben: Es kann nur entweder der dissentierende Gesellschafter klagen oder die Gesellschaft, niemals aber derjenige Gesellschafter, der den von der Gesellschaft vertretenen Standpunkt teilt. Zum Ausgleich wirkt das Urteil nur dann für und gegen alle Gesellschafter und Organmitglieder, wenn es zugunsten des dissentierenden Gesellschafters ergeht; deshalb besteht auch für ihn weitaus eher als für die Gesellschaft ein Anreiz, einen Prozeß anzustrengen. Die Prozeßführungslast ruht daher notwendig in erster Linie auf demjenigen Gesellschafter, der den Mehrheitsbeschluß bekämpfen will. 5. Der Verzicht auf das Klageerfordernis

als Einbuße an

Rechtssicherheit

Zwar ist nicht zu leugnen, daß die GmbH typischerweise von wenigen Gesellschaftern getragen wird und diese auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen sind, welche durch die Einschaltung staatlicher Gerichte empfindlich gestört werden kann. Eine angemessene Lösung muß daher dem Minderheitsgesellschafter die Möglichkeit offenhalten, zunächst mit seinen Mitgesellschaftern zum Zwecke von Vergleichsverhandlungen ins Gespräch zu kommen. Diesem Befund ist aber nicht beim Klageerfordernis, sondern, wie sogleich 107 zu zeigen sein wird, bei der Klagefrist Rechnung zu tragen. Der Verzicht auf das Erfordernis der Anfechtungsklage führt unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zu untragbaren Konsequenzen in denjenigen Fällen, in denen eine gütliche Einigung mißlingt und daher der Weg zum Gericht beschritten werden muß 108 . Denn die Anfechtungsfrist kann sich der Logik des hier abgelehnten Ansatzes zufolge nur auf die Anfechtungserklärung beziehen 109 . Ist die Anfechtung erklärt, so hängt die Wirksamkeit des Beschlusses davon ab, ob dieser tatsächlich fehlerhaft war (und damit die An1 0 i Das stellt Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 86 selbst richtig fest; auf die Gefahr eines manipulierten Prozeßausgangs bei klagabweisenden Urteilen weist mit Recht auch Vohrmann, Streitgenossenschaft, S. 63 f. hin. 1 0 7 D V. 1 0 8 Wie hier Schröder, GmbHR 1994, 532, 534; ähnlich Fleck, GmbHR 1995, 880, 881; K. Schmidt, GmbHR 1992, 9, 11. 1 0 9 So ausdrücklich Casper, ZHR 163 (1999), 54, 85.

C.

389

Anfechtungsklageerfordernis

fechtungserklärung ihn beseitigt hat) oder nicht (und damit die Anfechtungserklärung ins Leere gegriffen hat). In dieser Frage besteht Ungewißheit, solange nicht ein Rechtsstreit hierüber rechtskräftig abgeschlossen ist. Für die Möglichkeit, nach erfolgter Anfechtungserklärung eine gerichtliche Klärung durch Einleitung eines Feststellungsprozesses herbeizuführen, läuft aber gerade keine Frist mehr, und zwar unabhängig davon, o b man die Klage, mit deren Hilfe jene Klärung herbeigeführt wird, als allgemeine Feststellungsklage qualifiziert oder als auf die analoge Anwendung des § 2 4 1 Nr. 5 A k t G gestützte Nichtigkeitsklage. Es besteht also die Gefahr einer zeitlich unbefristeten Unsicherheit über die Wirksamkeit des Beschlusses - und weil die Möglichkeit, die Initiative für den Prozeß zu ergreifen, vorwiegend bei denjenigen Gesellschaftern liegt, die den Beschluß bekämpfen wollen, haben diese es in der H a n d , die Unsicherheit ad infinitum hinauszuzögern. Zudem steht die Befugnis, eine auf § 2 4 1 Nr. 5 A k t G gerichtete Nichtigkeitsklage zu erheben, jedem

Gesellschafter zu, auch denen, die ursprünglich für den Beschluß

gestimmt und es sich jetzt anders überlegt haben; damit potenziert sich auch die Z a h l der möglichen Kläger. Gerechtigkeit in der Prozeßführungslast stellt daher in Wahrheit nur ein M o d e l l bereit, das den dissentierenden Gesellschafter innerhalb angemessener Frist zur Prozeßführung zwingt110:

Die aus dem Mediatisierungsmodell herrührende K o n -

sequenz, daß die den Beschluß tragenden Gesellschafter keine Möglichkeit haben, aus eigener Initiative eine für alle Beteiligten verbindliche Klärung über das Schicksal des Beschlusses herbeizuführen, ist der M e h r h e i t nur unter der Voraussetzung zumutbar, daß der Beschluß soweit als möglich (d.h. soweit er keine Drittinteressen berührt) wirksam

ist und von der Minderheit innerhalb angemessen kurzer

Frist gerichtlich bekämpft werden muß.

6. Die rasche Klärung des Beschlußmängelstreits

als universales

Desiderat

Wenn m a n die Grundlage für die Nichtigkeit eines Beschlusses nach erfolgter Anfechtungserklärung in einer Analogie zu § 2 4 1 Nr. 5 A k t G erblickt, existiert keinerlei zeitliche Befristung für die Eröffnung einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Nicht einmal für die Anwendung des § 2 4 2 II A k t G auf eintragungspflichtige Beschlüsse ist R a u m ; denn die Nichtigkeit nach § 2 4 1 Nr. 5 A k t G k a n n nicht nach dieser Vorschrift geheilt w e r d e n 1 1 1 . Die dauerhafte Unsicherheit über das rechtliche Schicksal des Beschlusses, wie sie die hier abgelehnte Ansicht zur Folge hat, ist indes bei allen Beschlüssen gleichermaßen unerträglich - nicht nur bei Strukturänderungen, sondern vor allem auch bei

Geschäftsführungsbeschlüs-

110 Im Ergebnis ebenso Hüffer, AktG, § 243 Rn. 2; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn. 17; Schröder, GmbHR 1994, 532, 534; Zeilinger, GmbHR 2001, 541, 545 f. 111 Vgl. dazu Geßler-Hüffer, AktG, §242 Rn.12; GroßkommAktG-K. Schmidt, §242 Rn.3; KK-Zöllner, AktG, §242 Rn.29; Schultz, Behebung, S.209; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 198.

390

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

s e n 1 1 2 . Die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft würde so erheblich beeinträcht i g t 1 1 3 . Die rasche Klärung, o b ein Beschluß gültig ist, ist also gerade in der G m b H mit Rücksicht auf die weitreichenden Kompetenzen der Gesellschafterversammlung g e b o t e n 1 1 4 . Das Bedürfnis nach ihr besteht unabhängig vom Beschlußinhalt; es ist allein darauf zurückzuführen, daß Handelsgesellschaften in aller Regel zu dem Z w e c k gegründet sind, am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen, und dort alsbald auf der Grundlage einer gesicherten internen Willensbildung müssen arbeiten können. Die Lehre, die auf das Klageerfordernis verzichten will, stellt dies Bedürfnis unangemessen hinter das Interesse des Anfechtungsklägers z u r ü c k 1 1 5 .

7. Zum Argument

der Überlastung

der

Gerichte

Was schließlich die Befürchtung anbelangt, das Klageerfordernis könne die Gerichte überlasten, so ist dies bereits im Tatsächlichen zweifelhaft 1 1 6 : Wenn sich der Streit, wie es häufig geschehen wird, nicht ausräumen läßt, wird ein Prozeß ohnehin unumgänglich. Immerhin mag die hier abgelehnte Ansicht die Vergleichsbereitschaft der Gesellschafter fördern und den einen oder anderen Prozeß vermeiden helfen. D o c h kann andererseits die Z a h l der Prozesse auch zunehmen: Wenn sich nämlich der O p p o n e n t , statt Klage zu erheben, mit einer bloßen rechtsgestaltenden Erklärung begnügen kann, so ist für ihn die Hemmschwelle, die Gültigkeit des Beschlusses in Frage zu stellen, weitaus geringer angesiedelt, weil weder ein Anwalt beauftragt werden m u ß noch Kostenvorschüsse zu leisten sind und überhaupt der lästige Gang zum Gericht erspart bleibt. Es ist daher zu erwarten, daß weitaus mehr Gesellschafter bereit sind, die Anfechtung zu erklären, als sie klageweise geltend zu machen. Reicht aber die bloße Anfechtungserklärung aus und erfolgt sie, so können die Befürworter des angegriffenen Beschlusses ihrerseits faktisch gezwungen sein, zur Klärung der Rechtslage Klage zu e r h e b e n 1 1 7 . Vor allem aber k o m m t einer Argumentation, die darauf abzielt, Beschlußmängelstreitigkeiten seien zum Z w e c k e der Entlastung der Gerichte einzudämmen, in dogmatischer Hinsicht kein juristischer Eigenwert zu. Das Prozeßrecht hat - gerade auch im Bereich gesellschaftsinterner Streitigkeiten - dienende Funktion; es soll die Möglichkeit einer zügigen Klärung der Rechtslage bereitstellen. Allein hieran hat sich die Suche nach einer sachgerechten Bewältigung von Beschlußmängel-

112 Überzeugend Zeilinger, GmbHR 2001, 541, 545; das räumt auch Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.79b ein. 113 Zutreffend Geißler, GmbHR 2002, 520, 521; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 167; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 1; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 18; Zeilinger, GmbHR 2001, 541, 545. 114 Zutreffend Schröder, GmbHR 1994, 532, 534. 115 So auch Henze, ZHR 161 (1997), 851, 856. 116 Zutreffend Fleck, GmbHR 1995, 880, 881; K. Schmidt, FS Semler, S.329, 344; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.36. 1 1 7 Zutreffend Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 169

C.

Anfechtungsklageerfordernis

391

Streitigkeiten auszurichten. Diesem Postulat wird die soeben abgelehnte Ansicht nicht gerecht; sie ist daher auch nicht um einer möglichen Entlastung der Gerichte willen gerechtfertigt. Verkürzungen des Rechtsschutzes um der Entlastung der Gerichte willen muß der Gesetzgeber durch eigens hierauf gerichtete Vorschriften anordnen; Forderungen der Rechtswissenschaft auf dieser Ebene bewegen sich im Bereich des Rechtspolitischen und sind für die Anwendung der lex lata ungeeignet. Die Rechtswissenschaft sollte das Überlastungsargument namentlich dann nicht vortragen, wenn sie ihr Anliegen darin erblickt, die Gerichte bei der Auslegung der Gesetze zu unterstützen: Ein Gericht, das dies Argument übernimmt, wird den bösen Anschein erwecken, es sei dieser Überlegung nur deshalb gefolgt, weil es sich sei es im konkreten Verfahren, sei es für die Zukunft - Arbeit vom Halse schaffen wolle. 8. Realtypische

Argumentation

und Kleine AG

Der Gesetzgeber hat selbst zu erkennen gegeben, daß er die §§ 2 4 1 ff. AktG unter Einschluß des Klageerfordernisses auch in personalistischen Gesellschaften für geeignet hält. Er hat 1 9 9 4 in das AktG Sondervorschriften für die kleine AG eingefügt, u.a. § 1 2 1 I V AktG, wonach die Hauptversammlung durch eingeschriebenen Brief einberufen werden kann, wenn die Aktionäre namentlich bekannt sind. Dem liegt die Typusvorstellung des Gesetzgebers von einer personalistischen Gesellschaft zugrunde 1 1 8 . Für den Fall eines Verstoßes gegen § 121 IV AktG hat der Gesetzgeber in § 2 4 2 II 4 AktG eine spezielle Heilungsmöglichkeit eingefügt, ohne das System der §§ 2 4 1 f f . AktG im übrigen für „kleine" Gesellschaften in Frage zu stellen. Das mag einerseits auf der Überlegung beruhen, jenes System sei auch für solche Gesellschaften geeignet; es mag andererseits damit zusammenhängen, daß personalistische Gesellschaften typologisch nicht immer trennscharf von kapitalistischen abgegrenzt werden können 1 1 9 und daher für alle Gesellschaften ein einheitliches System des Beschlußmängelstreits bereitgestellt werden soll: Wie gesehen, soll der Kläger innerhalb der ohnehin kurzen Anfechtungsfrist nicht noch darüber nachdenken müssen, wen er verklagen und was für eine Klage er erheben soll. Beide Überlegungen gebieten eine Analogie zu § § 2 4 1 ff. AktG auch und gerade hinsichtlich des Klageerfordernisses: Wenn jenes Erfordernis für die kleine AG angemessen ist, ist es dies auch für die personalistische G m b H 1 2 0 ; und die G m b H kommt ebenso wie die AG, wenn auch vielleicht nicht mit dem gleichen Zahlenverhältnis, realtypisch sowohl in der personalistischen als auch in der kapitalistischen Variante vor, so daß sich das Abgrenzungsproblem in gleicher Weise stellt. Wegen der Schwierigkeit jener Abgrenzung kann das Klageerfordernis nicht da118 Gaßner/Zimmer, WiB 1997, 169, 171; ähnlich Blanke, BB 1994, 1505; Hahn, DB 1 9 9 4 , 1659, 1664; Planck, GmbHR 1994, 501. 1 1 9 Auf die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung weist zu Recht Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 37f. hin; sie wird auch von Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 151 eingestanden. 1 2 0 Zutreffend Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 182.

392

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

von abhängig gemacht werden, ob die jeweilige Gesellschaft in concreto dem einen oder dem anderen Realtypus zuzuordnen ist 1 2 1 .

V. Ergebnis Es bleibt somit dabei, daß Gesellschafterbeschlüsse in einer G m b H nur in den Grenzen des § 2 4 1 AktG nichtig 1 2 2 , im übrigen nur anfechtbar sind und die Anfechtbarkeit mittels einer Klage geltend zu machen ist 1 2 3 . Die in der Literatur unternommenen Versuche, ohne eine solche Klage auszukommen, sind in ihren prozessualen Konsequenzen nicht zu Ende gedacht und bringen in den Fällen, in denen die außergerichtliche Einigung scheitert, eine untragbare Rechtsunsicherheit über die Arbeit in der Gesellschaft. Durch sie wird die Bereinigung von Beschlußmängelstreitigkeiten weder vereinfacht noch entkompliziert 1 2 4 .

D.

Anfechtungsfrist

I. Die Anfechtungsfrist in der Praxis der Gerichte Der B G H lehnt es zwar in ständiger Rechtsprechung ab, die strenge Monatsfrist des § 2 4 6 I AktG auf die G m b H zu übertragen; vielmehr gelte für die Klage eine „den Umständen nach angemessene" Frist 1 2 5 . Diese soll sich jedoch am „Leitbild des § 2 4 6 I A k t G " orientieren 1 2 6 ; eine Überschreitung der Monatsfrist soll nur 121 Ebenso Krobn, Z H R 153 (1989), 710, 714; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 151, die deshalb selbst in der kapitalistischen GmbH oder Personengesellschaft auf das Klageerfordernis verzichten wollen; Schröder, GmbHR 1994, 4 3 2 , 5 3 5 , der deshalb das Klageerfordernis für jede GmbH postuliert. 1 2 2 B G H Z 51, 2 0 9 , 210f.; 134, 364, 365f.; BGH GmbHR 1989, 120, 122. 123 Wie hier in Auseinandersetzung mit den soeben dargestellten Gegenstimmen Eckardt, N Z G 1999, 4 9 9 , 500f.; Geißler, GmbHR 2 0 0 2 , 5 2 0 , 521f.; Goette, DStR 1996, 3 8 8 ; Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 2 ; Kapsa, Z H R 162 (1998), 6 3 3 , 636f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . l ; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 1 8 ; Schröder, GmbHR 1994, 532ff.; Zeilinger, GmbHR 2 0 0 1 , 541, 5 4 5 f . 1 2 4 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 1; Zeilinger GmbHR 2 0 0 1 , 5 4 1 , 545 f. 125 R G Z 170, 3 5 8 , 380; B G H Z 11, 2 3 1 , 2 4 0 ; 84, 2 0 9 , 2 2 1 ; BGH GmbHR 1992, 801; ZIP 1999, 6 5 6 , 6 5 7 ; N Z G 1999, 722, 723;KG GmbHR 1995, 735; O L G Brandenburg GmbHR 1996, 5 3 9 , 540; O L G Düsseldorf GmbHR 1 9 8 3 , 1 2 4 , 1 2 5 ; GmbHR 1999, 543, 5 4 8 ; O L G Hamburg J Z 1953, 4 0 5 , 4 0 6 ; GmbHR 1985, 120; O L G Hamm DB 1989, 168; GmbHR 1992, 4 5 8 , 4 5 9 ; GmbHR 1998, 138, 139; O L G München DB 2 0 0 0 , 2 4 0 5 ; O L G Naumburg BB 1997, 1914, 1915; O L G Thüringen GmbHR 2 0 0 2 , 115, 116; Baums, D J T 2 0 0 0 , S.F. 71; Dürr, Nebenabreden, S . 2 1 9 ; Geßler-Hüffer, AktG, R n . 1 7 R n . 2 4 1 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 1 R n . 3 8 ; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 1 9 R n . 7 7 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 R n . 1 3 9 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 0 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 1 Rn. 105; Schilling, J Z 1953, 4 0 7 ; Schöne, DB 1995, 1317, 1318f.; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 R n . l 4 2 f . ; Wagner, DStR 2 0 0 3 , 4 6 8 . 1 2 6 B G H Z 101, 113, 117; 111, 2 2 4 , 2 2 6 ; 116, 3 5 9 , 3 7 5 ; BGH GmbHR 1989, 120, 122;

D.

Anfechtungsfrist

393

dann ausnahmsweise zulässig sein, wenn der Kläger nachweist, daß er durch „zwingende U m s t ä n d e " an der Klageerhebung binnen eines M o n a t s gehindert w a r 1 2 7 . Weniger als einen M o n a t soll jedoch die Frist in keinem Fall betragen 1 2 8 ; eine kürzere Frist soll nicht einmal wirksam durch Satzung bestimmt werden könn e n 1 2 9 . Andererseits wird gelegentlich eine Höchstfrist von drei M o n a t e n proklamiert 1 3 0 . Gestützt auf diese Leitlinien hat die Rechtsprechung eine Überschreitung der Monatsfrist um wenige Tage toleriert, ohne vom Kläger den Nachweis zu verlangen, daß er durch zwingende Umstände an einer Klageerhebung gehindert sei 1 3 1 . Im übrigen entscheidet sie von Fall zu Fall, wann der Kläger sich länger als einen M o n a t Zeit lassen darf. Als „zwingender U m s t a n d " wird es etwa angesehen, wenn der Kläger vorher eine gütliche Einigung mit den übrigen Gesellschaftern gesucht hatte 1 3 2 ; nach Scheitern der Verhandlungen wird dem Kläger eine angemessene GmbHR 1992, 801; KG GmbHR 1995, 735; NJW-RR 1996,103; NZG 1999, 498; NZG 1999, 722, 723; OLG Brandenburg GmbHR 1995, 736; GmbHR 1996, 539, 540; GmbHR 1998, 1037, 1038; OLG Celle GmbHR 1999, 1099; OLG Düsseldorf GmbHR 1999, 543, 548; OLG Hamm GmbHR 1992, 458, 459; GmbHR 805, 806; GmbHR 1995, 736, 738; GmbHR 1998, 138,139; OLG Koblenz GmbHR 1990, 39,40; OLG München NZG 2 0 0 0 , 1 0 5 , 1 0 6 ; DB 2000, 2405; OLG Naumburg BB 1997,1914,1915; OLG Oldenburg GmbHR 1992, 667; OLG Schleswig GmbHR 1998, 892; NZG 2003, 821,823; OLG Stuttgart GmbHR 2000,385; OLG Thüringen GmbHR 2002, 115, 116; OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 79, 80; Brandes, WM 2000, 217, 227f.; Dürr, Nebenabreden, S.220; Goette, DStR 1999, 770; Kort, Bestandsschutz, S.49; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.60; M K - H ü f f e r , AktG, §241 Rn.105; Niemeier, ZGR 1990, 314, 335; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.l42f.; Sieger/Gätsch, NZG 1999, 1064; Wagner, DStR 2003, 468. 127 BGHZ 101,113,117; 111,224, 226; BGH GmbHR 1989,120,122; GmbHR 1992, 801; OLG Düsseldorf GmbHR 1999, 543, 548; OLG Hamm GmbHR 2001, 974, 975; OLG Schleswig GmbHR 1998, 892; OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 79, 80; Brandes, WM 2000, 217, 228; Dürr, Nebenabreden, S.219f.; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 14 Rn.79. 128 BGHZ 104,66,72; BGH GmbHR 1989,120,122; OLG Brandenburg GmbHR 1996,539, 540; OLG Oldenburg GmbHR 1992, 667; Baums, DJT 2000, S. F 71; GroßkommAktG-K. Schmidt, §241 Rn.38; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.182; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 78; Kort, Bestandsschutz, S.49; Rohleder, GmbHR 1989,236,240; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 139; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 214; Zöllner/Noack, ZGR 1989, 525, 529. 129 BGHZ 104, 66, 72; Heller, GmbHR 2002, 1227, 1229; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.60; Wagner, DStR 2003, 468; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 119 (der mißverständlich von einer „Vierwochenfrist" spricht). 150 Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.182; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 60; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 241 •, generell für eine Anfechtungsfrist von drei Monaten Nehls, GmbHR 1995, 703, 708. Gegen eine solche Höchstfrist aber Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.143. 131 OLG Hamburg GmbHR 1995,120(1 Monat+ 4 Tage); OLG Hamm DB 1989,168 (1 Monat + 11 Tage); OLG Naumburg BB 1997,1914,1915 (1 Monat + 12 h 33 min); OLG Schleswig NZG 2003, 821, 823 (1 Monat + 5 Tage). Für Tolerierung geringfügiger Überschreitungen auch Rohleder, GmbHR 1989, 236, 241; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.143. Dagegen aber OLG Celle GmbHR 1999,1099,1100: Wenn keine zwingenden Gründe für eine spätere Klageerhebung nachgewiesen werden, führt schon die Überschreitung der Monatsfrist um nur einen Tag zur Verspätung der Anfechtungsklage. 1 , 2 OLG Düsseldorf GmbHR 1983,124,125; GmbHR 1999,543, 548; OLG Hamm GmbHR

394

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

Überlegungsfrist von in der Regel einem Monat zugestanden 133 . Des weiteren wird ihm eine Überschreitung der Monatsfrist zugebilligt, wenn der Streit um den Beschluß schwierige Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art aufwirft 134 . In der Literatur wird insoweit ergänzt, gerade in der personalistischen GmbH seien Beschlußmängel nicht immer ohne weiteres binnen eines Monats erkennbar 135 . Die Überschreitung der Monatsfrist soll ferner gerechtfertigt sein, wenn der Mehrheitsgesellschafter bewußt Informationen zurückhalte 136 oder wenn ein in der Beschlußfassung nicht anwesender Gesellschafter erst später vom Beschluß Kenntnis erlangt 137 . Kein einheitliches Bild gibt die Rechtsprechung ab, wenn es sich beim klagenden Gesellschafter um eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts handelt und deren Geschäftsführungsorgane rechtlich gehalten sind, vor Erhebung der Anfechtungsklage zunächst intern eine Entscheidung anderer Organe herbeizuführen. So soll ein zwingendes Hindernis für die Klageerhebung binnen eines Monats nicht darin liegen, daß die Klägerin eine politische Gemeinde sei, die vor Klageerhebung den Beschluß ihres Hauptausschusses herbeiführen müsse: Auch private Gesellschafter könnten als juristische Personen mit Kollegialorganen verfaßt sein, ohne daß sich hierdurch an der Anfechtungsfrist etwas ändere 138 . Dagegen soll die Überschreitung der Monatsfrist gerechtfertigt sein, wenn Gesellschafterin eine juristische Person sei, die nicht dem deutschen Rechtskreis angehöre, die Klage von deren Konkursverwalter erhoben werde und die Klageerhebung mit den Erfordernissen des ausländischen Konkursrechts abgestimmt werden müsse 139 . Insgesamt sollen die Gründe für die Verzögerung um so gewichtiger sein müssen, je länger der Kläger über die Monatsfrist hinaus mit der Klage zuwarte 140 .

1995, 7 3 6 , 738; Casper/Risse ZIP 2 0 0 0 , 4 3 7 , 4 4 3 ; Lutter/Hommelboff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 60; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S . 1 3 3 ; Saenger, GmbHR 1997, 112, 116; Scholz-K. Z G R 1989, 5 2 5 , 5 3 0 . Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 143; Zöllner/Noack, 133 O L G Hamm GmbHR 1995, Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 6 0 ; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 143. Im Ergebnis ganz ähnlich O L G Stuttgart GmbHR 2 0 0 0 , 385: Anfechtungsfrist beginnt jedenfalls mit Scheitern der Verhandlungen; Rohleder, GmbHR 1989, 2 3 6 , 2 4 2 : Anfechtungsfrist beginnt immer erst mit Scheitern der Verhandlungen. 1 , 4 B G H Z 111, 2 2 4 , 2 2 6 ; GmbHR 1990, 343, 3 4 5 ; BGH GmbHR 1992, 801; O L G Düsseldorf GmbHR 1999, 5 4 3 , 548; OLG München N Z G 2 0 0 0 , 105, 106; DB 2 0 0 0 , 2 4 0 5 ; O L G Schleswig GmbHR 1998, 892; Saenger GmbHR 1997, 112, 116. 135 Ganssmüller, GmbHR 1966, 2 7 4 , 2 7 5 . 136 Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 72. 137 O L G Schleswig GmbHR 1998, 892. Ebenso Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 143, der aber verlangt, daß den Gesellschafter an der verspäteten Kenntniserlangung kein Verschulden trifft. 138 BGH GmbHR 1989, 120, 123. 1 3 9 O L G Brandenburg GmbHR 1998, 1037. 140 O L G Brandenburg GmbHR 1996, 5 3 9 , 5 4 0 .

D.

395

Anfechtungsfrist

II. Die Argumentation aus der Realstruktur 1. Tatsächliche

Unterschiede

zwischen

AG und

GmbH

Die Rechtsprechung begründet diese Praxis mit den realtypischen Eigenheiten der G m b H . D o r t seien die persönlichen Beziehungen der Gesellschafter typischerweise auf eine tragfähige Vertrauensgrundlage angewiesen; folglich könne die Anfechtungsfrist flexibler gehandhabt werden als in der als Publikumsgesellschaft konzipierten A G 1 4 1 . Etwaige Meinungsverschiedenheiten müßten, bevor es zur Klage k o m m e , einvernehmlich bereinigt werden k ö n n e n 1 4 2 . Wenn in der A G in Gestalt der kurzen Anfechtungsfrist das Interesse der Gesellschaft vor dem des Aktionärs den Vorzug erhalte, so folge dies aus der typischerweise größeren Breitenwirkung der Hauptversammlungsbeschlüsse im Vergleich zu Gesellschafterbeschlüssen in der G m b H 1 4 3 . Konsequent sollen die Voraussetzungen, unter denen dem Kläger die Überschreitung der Monatsfrist konzediert werden könne, um so strenger sein, je näher die G m b H sich in ihrem tatsächlichen Zuschnitt der A G a n n ä h e r e 1 4 4 ; und umgekehrt müsse den Gesellschaftern um so mehr Zeit für eine gütliche Einigung belassen werden, je stärker die Gesellschaft personalistische Züge t r a g e 1 4 5 . Ersichtlich steht also die Überlegung Pate, daß auf Umstände, die den Kläger an einer Klageerhebung innerhalb eines M o n a t s hindern, in der personalistischen Gesellschaft Rücksicht genommen werden kann, in der kapitalistischen Gesellschaft dagegen nicht. Die für diese Linie der Rechtsprechung leitenden, soeben skizzierten Überlegungen sind der Sache nach die gleichen, die einen Teil der Literatur dazu bewogen haben, auf das Erfordernis der Anfechtungsklage gänzlich zu verzichten. Demgegenüber wendet der B G H die in § 2 4 2 II A k t G bestimmte Frist für die Heilung nichtiger, aber im Handelsregister eingetragene Beschlüsse strikt und ohne Rücksicht auf die personalistische oder kapitalistische Realstruktur der Gesellschaft an: Die Abgrenzung zwischen beiden Gesellschaftstypen sei im Einzelfall schwierig und ziehe daher eine nicht hinnehmbare Einbuße an Rechtssicherheit nach s i c h 1 4 6 .

141 BGHZ 111, 224, 225; BGH GmbHR 1992, 801; OLG Düsseldorf GmbHR 1983, 124, 125; OLG Hamburg GmbHR 1985, 120. 142 BGHZ 111, 224, 225f.; OLG Düsseldorf GmbHR 1983, 124, 125. 143 Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.117. 144 BGH GmbHR 1992, 801. 1 4 5 OLG Naumburg BB 1997, 1914, 1915. 1 4 i BGHZ 80, 212, 216f.; BGH AG 1984, 149, 150; NJW 1996, 257, 258; ZIP 2000, 1294, 1295; OLG Stuttgart DB 2000., 1218, 1220; Bezzenberger, ZHR 164 (2000), 641, 642, 647; Boujong, WiB 1997, 345, 351; Casper, Heilung, S.336ff.; Emde, ZIP 2000, 1753, 1754f.; Geßler-Hüffer, AktG, §242 Rn.3; Goette, DStR 2000, 1445; Happ, Die GmbH im Prozeß, §19 Rn.43; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 114; Lehmann, Anwendung, S. 97f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.29; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 244; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 89; Zeilinger, GmbHR 2001, 541, 548.

396 2. Materiellrechtliche

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

oder prozessuale

in der

GmbH

Frist?

Die Art und Weise, wie der B G H die Voraussetzungen für eine Überschreitung der Monatsfrist formuliert, erinnert an die Erfordernisse der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 1 4 7 . So wurde denn auch vereinzelt vorgetragen, die Anfechtungsfrist sei eine prozessuale Frist und damit der Wiedereinsetzung zugänglich 1 4 8 . Diese These scheitert freilich bereits am Wortlaut des § 2 3 3 Z P O 1 4 9 : Wiedereinsetzungsfähig sind danach neben den Rechtsmittelfristen nur sogenannte Notfristen; eine Notfrist liegt aber gemäß § 2 2 3 III Z P O nur dann vor, wenn sie im Gesetz als solche bezeichnet wird. Dies ist bei der Anfechtungsfrist nicht der Fall. Die ganz h . M . 1 5 0 erblickt denn auch in der Anfechtungsfrist eine materielle Ausschlußfrist; die Versäumung der Frist soll danach zur Abweisung der Anfechtungsklage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet führen 1 5 1 . Indes überzeugt auch dies nicht. Versteht man nämlich die Anfechtungsbefugnis als eine jeder materiellrechtlichen Grundlage entkleidete, rein prozessuale Befugnis, die gerichtliche Kontrolle von Mitgliedsbeschlüssen einzuleiten, so muß die Frist, innerhalb derer diese Befugnis ausgeübt werden muß, ihrerseits als eine prozessuale Frist angesehen werden; ihre Einhaltung ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage 1 5 2 . Gleiches gilt - abermals entgegen der ganz h . M . 1 5 3 - für die Anfechtungsbefugnis selbst:

Darauf weisen mit Recht Zöllner/Noack, Z G R 1989, 5 2 5 , 5 3 0 hin. G. Lüke, N J W 1966, 838, 839. 149 Gegen Wiedereinsetzungsfähigkeit der Anfechtungsfrist auch O L G Dresden GmbHR 2 0 0 0 , 4 3 5 , 4 3 8 ; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 2 1 6 ; Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 64f.; GeßlerHüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 3 1 ; Henn, AG 1989, 2 3 0 , 2 3 2 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 1 6 2 ; MKHüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 3 3 ; Quack, Z G R 1983, 2 5 7 , 2 6 6 ; Tielmann, ZIP 2 0 0 2 , 1879, 1880. 150 BGH DB 1998, 1708, 1709; O L G Dresden GmbHR 2 0 0 0 , 4 3 5 , 4 3 8 ; O L G Düsseldorf DB 2 0 0 1 , 2 0 8 6 , 2 0 8 7 ; O L G Stuttgart AG 1 9 9 4 , 4 1 1 , 4 1 2 ; ZIP 1998, 1 4 8 2 , 1 4 8 3 f . ; O L G Thüringen GmbHR 2 0 0 2 , 115, 116; LG Hannover W M 1992, 1239, 1242; AnwK-Heidel, AktG, § 2 4 6 Rn. 23; Baums, DJT 2 0 0 0 , S. F 64f.; Boujong, N Z G 2 0 0 0 , 1 1 9 3 , 1 2 0 2 ; Brandes, W M 2 0 0 0 , 2 1 7 , 2 2 7 ; Emde, ZIP 2 0 0 0 , 1753, 1754; v. Falkenbausen/Kocher, ZIP 2 0 0 3 , 4 2 6 , 4 2 8 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 141; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 6 R n . 1 3 ; Henn, AG 1989, 2 3 0 , 2 3 2 ; Hewer, AG 1989, 2 3 4 , 2 3 7 ; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 1 6 2 ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 R n . 6 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 6 R n . 3 3 ; Nietsch, GmbHR 2 0 0 4 , 1 5 1 8 , 1 5 1 9 ; Kömermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 4 7 1 ; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 R n . 1 4 1 ; Schultz, Behebung, S . 2 4 5 ; Steinmeyer/Seidel, DStR 1999, 2 0 7 7 , 2 0 7 8 ; Tielmann, ZIP 2 0 0 2 , 1879, 1880. 151 BGH GmbHR 1998, 891; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 4 4 ; Eickhoff, Gesellschafterklage, S . 2 0 7 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 3 0 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 6 R n . 1 3 , 25; Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 2 0 ; Kindl, Z G R 2 0 0 0 , 166, 182f. ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 R n . 6 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 R n . 1 4 0 ; Schulte, AG 1988, 67, 68; Schultz, Behebung, S . 2 4 5 ; Verhoeven, Innenrecht, R n . 3 0 2 . 152 Zutreffend Pflugradt, Leistungsklagen, S. 159; ebenso Landrock, Innenrechtsstreit, S. 2 4 9 . 153 O L G Düsseldorf GmbHR 1996, 4 4 3 , 4 5 1 ; O L G Hamm N Z G 2 0 0 1 , 5 6 3 , 5 6 4 ; BaumbachZöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 7 1 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 5 ; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 151; Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 2 ; Kindl, Z G R 2 0 0 0 , 166, 182f.; KK-Zöllner, GmbHG, § 2 4 5 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 62; Noac, AG 1989, 78, 83; Mack, Anfechtbarkeit, S. 112; MK-Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn. 2; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 120. 147 148

D.

397

Anfechtungsfrist

Auch sie ist Voraussetzung für die Zulässigkeit, nicht erst für die Begründetheit der Klage 154 . 3. Fristbindung,

Treuepflicht und die Ambivalenz

der

Realstruktur

Das bisher gefundene Ergebnis, daß die Anfechtungsfrist zwar eine prozessuale, nicht aber eine Notfrist darstellt, wirft die Frage auf, welches der Grund für die zeitliche Begrenzung des Anfechtungsrechts ist. Diejenigen prozessualen Fristen, welche in der ZPO als Notfristen bezeichnet werden, haben sämtlich die Funktion, einen bestimmten Stand des Verfahrens, namentlich die formelle Rechtskraft, zu definieren und gegen weitere Angriffe von Seiten der Parteien abzuschirmen. Sofern das Gesetz gegen die Versäumung solcher Fristen Wiedereinsetzung gewährt, blickt es allein auf die Interessen der Partei, welche die Frist versäumt hat: Es wird allein gefragt, ob sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Keine Rolle spielt dagegen die Frage, ob schutzwürdige Interessen der Gegenpartei der Wiedereinsetzung entgegenstehen. Auch daraus erhellt, daß die Anfechtungsfrist nicht einfach mit den prozessualen Notfristen gleichgesetzt werden kann. Wenn nämlich die Befugnis, die gerichtliche Korrektur eines Mehrheitsbeschlusses zu begehren, an eine kurze Frist gebunden wird, so hängt dies damit zusammen, daß in einer Handelsgesellschaft rasch Klarheit bestehen muß, ob die Gesellschaft auf der Basis des Beschlusses arbeiten kann. Diesem Interesse der Gesellschaft an einer ungestörten Zweckverfolgung korrespondiert die Pflicht der Aktionäre, rechtliche Bedenken gegen den Beschluß entweder alsbald zu äußern oder aber das Abstimmungsergebnis hinzunehmen. § 246 I AktG enthält damit eine bereichsspezifische Konkretisierung der Treupflicht155, welche dem Aktionär und im Kontext der GmbH dem Gesellschafter gegenüber seiner Gesellschaft obliegt. Die Anfechtungsfrist blickt damit bereits im Ansatz ganz wesentlich auf die Interessen der Gesellschaft, die im Prozeß als Beklagte auftritt. Sie läßt sich nicht ohne weiteres mit dem Hinweis überspielen, dem Gesellschafter sei aus Gründen, die letztlich in seiner Sphäre liegen, die rechtzeitige Klageerhebung unmöglich oder unzumutbar gewesen. Vielmehr gilt es, aus der dogmatischen Begründung der Anfechtungsfrist stringent die Grenzen ihrer Wirkkraft abzuleiten. Wenn also § 246 I AktG in der Treupflicht des Aktionärs wurzelt, Bedenken gegen den Beschluß rasch vorzutragen, so müssen Abweichungen für die GmbH sich ihrerseits aus der Treupflicht begründen lassen. Gewiß: In einer Gesellschaft, in der jeder jeden kennt, erscheint es eher als in der anonymen Publikumsgesellschaft möglich, auf individuelle Hinder154 Wie hier Landrock, Innenrechtsstreit, S.234; Pflugradt, Leistungsklagen, S . 8 9 f f . ; K. Schmidt, FS Semler, S. 3 2 9 , 3 3 2 ; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 5 Rn. 6; ders., in Scholz. G m b H G , § 4 5 Rn. 1 2 7 , 1 4 7 . In der Sache gelangt Häsemeyer, ( Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 2 7 5 ) z u m gleichen Ergebnis, indem er die Anfechtungsbefugnis als P r o z e ß f ü h r u n g s b e f u g n i s einordnet. 155 Für einen Z u s a m m e n h a n g von Anfechtungsfrist und Treupflicht auch Casper, Z H R 163 (1999), 54, 86; Ebenroth-Ehricke, H G B , § 119 R n . 7 6 ; Großfeld/Brondics, J Z 1982, 5 8 9 , 5 9 0 ; Kort, Bestandsschutz, S.54; Lindemann, Beschlußfassung, S . 2 2 6 ; Wolf, Z G R 1998, 92, 109.

398

5 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

nisse f ü r eine fristgemäße Klageerhebung in der Person eines Gesellschafters R ü c k sicht zu n e h m e n . Eben dies m ü ß t e freilich z u m A n l a ß g e n o m m e n w e r d e n , die Intensivierung der Rücksichtspflichten auch in die u m g e k e h r t e R i c h t u n g zu untersuchen: M a n m ü ß t e in denjenigen Fällen, in denen die Gesellschaft e r k e n n b a r innerh a l b eines kürzeren Z e i t r a u m s Klarheit über den rechtlichen Bestand des Beschlusses benötigt, d e m Gesellschafter abverlangen k ö n n e n , die Klage binnen eines notfalls deutlich - geringeren Z e i t r a u m s als einem M o n a t zu erheben 1 5 6 . D a s sei a n h a n d des folgenden Beispielsfalles illustriert: Die X - G m b H hat ihre Zahlungen eingestellt. Der Geschäftsführer versucht das Unternehmen zu sanieren, indem er mit der Y-GmbH, einem Konkurrenten, Fusionsverhandlungen aufnimmt. Nach zwei Wochen gelingt es ihm, sich mit der Geschäftsleitung der Y-GmbH auf einen Verschmelzungsvertrag zu einigen, der die Rettung des Unternehmens bedeuten würde. Der Verschmelzungsvertrag wird der Gesellschafterversammlung der X - G m b H zur Beschlußfassung vorgelegt. Die Verschmelzung wird gegen die Stimmen des Minderheitsgesellschafters M mit einer Mehrheit von 8 5 % beschlossen. Die Y-GmbH droht damit, den Vertrag platzen zu lassen, wenn M den Verschmelzungsbeschluß anfechten sollte.

Der G e s c h ä f t s f ü h r e r hat nach Eintritt eines Insolvenzgrundes m a x i m a l drei Wochen Zeit, das U n t e r n e h m e n zu sanieren (§ 6 4 1 G m b H G ) . Von diesen drei W o c h e n sind im Beispielsfall bereits zwei vergangen. Die Gesellschaft h a t n u n m e h r ein vitales Interesse d a r a n , i n n e r h a l b der verbleibenden W o c h e zu wissen, o b die w e r b e n de Tätigkeit a u f r e c h t e r h a l t e n w e r d e n k a n n oder nicht. W e n n m a n die Wurzeln der Anfechtungsfrist in der Treupflicht erblickt, so m u ß es - soweit nicht ebenso schutzwürdige Interessen des Klägers entgegenstehen - im G r u n d s a t z möglich sein, die Anfechtungsklage mit Rücksicht auf die Treupflicht nach Ablauf dieser einen Woche f ü r verfristet anzusehen, weil eben angesichts der b e s o n d e r e n Interessenlage e r w a r t e t w e r d e n k o n n t e , d a ß die Klage entweder binnen einer Woche erh o b e n w i r d oder ü b e r h a u p t nicht. Eine solche R ü c k s i c h t n a h m e verlangt der B G H d e m Kläger indes nicht ab: Die M o n a t s f r i s t des § 2 4 6 I A k t G betrachtet er, wie gesehen, als absolute M i n d e s t f r i s t . M i t dieser H a n d h a b u n g b a u t der B G H die (Treu-) Pflicht zur R ü c k s i c h t n a h m e im K o n t e x t der Anfechtungsfrist zu einer E i n b a h n s t r a ß e zugunsten des Klägers aus: Auf die besonderen Interessen des Klägers, länger als einen M o n a t z u w a r t e n zu d ü r f e n , w i r d Rücksicht g e n o m m e n , nicht aber auf die Interessen der Gesellschaft, die im Einzelfall auf einen schnelleren Eintritt der B e s t a n d s k r a f t angewiesen sein k a n n . Der methodische Ansatz, A b w e i c h u n g e n gegenüber der A G aus den realtypischen Unterschieden zwischen A G u n d G m b H zu b e g r ü n d e n , w i r d d a m i t nicht k o n s e q u e n t d u r c h g e f ü h r t . U n d selbst soweit vereinzelt eine gänzliche Loslösung von § 2 4 6 I A k t G b e f ü r w o r t e t u n d f ü r eine Anfechtungsfrist plädiert w i r d , 156 Im Vereinsrecht wird in der Tat einer nach beiden Seiten offenen Monatsfrist zur Erhebung eines vereinsinternen „Widerspruchs" gegen fehlerhafte Beschlüsse das Wort geredet, also ausdrücklich auch die Obliegenheit zu einem rascheren Widerspruch angenommen, wenn die Umstände dies erfordern, was z.B. bei alsbaldigem Vollzug des Beschlusses der Fall sein könne. Vgl. Prior, Vereinsbeschlüsse, S.217f.

D.

Anfechtungsfrist

399

die allein aufgrund der Umstände des Einzelfalls nach Abwägung der Interessen von Kläger und Gesellschaft zu bestimmen sei, wird hervorgehoben, die M o n a t s frist sei in der Regel zu kurz; jene Abwägung fördere tendenziell eine längere Anfechtungsfrist zutage 1 5 7 . In Wahrheit ist die Argumentation aus der Realstruktur ambivalent: Sie kann je nach der Lage des Einzelfalls ebenso für eine längere wie für eine kürzere Anfechtungsfrist sprechen. N i m m t man hinzu, daß die Treupflicht in ihrem Umfang von der Realstruktur abhängt und in personalistischen Verbänden wesentlich intensiver ausgeprägt ist, d.h. tendenziell eine stärkere Pflichtenbindung des Mitglieds erzeugt als in kapitalistischen V e r b ä n d e n 1 5 8 , so spräche dies in der G m b H eher für eine kürzere denn für eine längere Anfechtungsfrist im Vergleich zur A G ; denn dem GmbH-Gesellschafter ist eher als dem Aktionär zuzumuten, zügig gegen fehlerhafte Beschlüsse vorzugehen 1 5 9 . Er ist namentlich mit den Angelegenheiten der Geschäftsführung typischerweise besser vertraut als der Akt i o n ä r 1 6 0 . Gerade weil die Gesellschafter in der G m b H typischerweise persönlich eng miteinander verbunden sind, kulminiert im umstrittenen Beschluß häufig ein schon längere Zeit schwelender M a c h t k a m p f , so daß der Weg zum Gericht bereits vorgezeichnet und eine kurze Anfechtungsfrist daher zumutbar i s t 1 6 1 . Jedenfalls aber muß, wenn schon Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls genommen wird, dies in beiden Richtungen geschehen.

III. Die Notwendigkeit einer festen Frist Die Folgen einer solchen Einzelfallbetrachtung wären freilich für den Kläger fatal: O b die Klage fristgemäß erhoben worden ist, erführe er erst durch das Urteil des Gerichts. Er könnte sich in keinem Fall auch nur auf eine Mindestfrist für eine sorgfältige Reflexion über die Klageerhebung verlassen. So ist denn auch der Rechtsprechung vorgeworfen worden, daß ihre Praxis, in Abhängigkeit vom Einzelfall eine Überschreitung der Frist zuzulassen, dem Kläger wenig Gewinn bringt, solange er nicht mit einiger Gewißheit prognostizieren k a n n , daß gerade ihm aufgrund der von ihm vorgetragenen Umstände diese Wohltat zugute k o m m t 1 6 2 . SoBaumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.5. BGHZ 14, 25, 38; OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 172, 175; OLG Hamburg ZIP 1983, 573, 576; Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 1 3 R n . 2 3 ; Bungert, DB 1995, 1749, 1751; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S. 150; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996, 1367, 1369; Kort, ZIP 1990, 294, 295; MüHdbGesR IWSchiessl, § 3 2 Rn.13; Pabst, Mitwirkungspflicht, S.100; Winter, Treubindungen, S.76. Diese Aussage bezieht sich auf die Bindungen des Gesellschafters in ihrer Summe. Im Einzelfall mag die Realstruktur gerade das umgekehrte Ergebnis zutage fördern (so die Kritik von Baumgärtner, Treupflicht, S. 220 und Seidel, Treupflichten, S. 195, an der Korrelation von Realstruktur und Pflichtenumfang); an der Richtigkeit der im Text formulierten Tendenzaussage ändert das nichts. 1 5 9 Zutreffend Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 164. 1 6 0 Zutreffend MüHdbGesR Wingert, § 4 0 Rn.52. 161 Zutreffend Menger, Lückenausfüllung, S.207. 1 6 2 Zutreffend Geißler, GmbHR 2 0 0 2 , 520, 527; MüHdbGesR Wingert, § 4 0 Rn.52; Nehls, 157

158

400

$ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

wohl der Kläger als auch die Gesellschaft müssen sich darauf verlassen können, daß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Klage auf jeden Fall möglich, danach aber auf jeden Fall ausgeschlossen ist. Es m u ß daher auch für die G m b H bei einer festen Anfechtungsfrist bleiben, die keinerlei Modifikationen in die eine oder die andere Richtung zugänglich i s t 1 6 3 . Fragt man nach der Länge dieser Frist, so gibt es nur ein Ergebnis, das sich aus dem Gesetz begründen läßt und vor den methodischen Anforderungen an eine Analogie zum Aktienrecht bestehen kann: Auch in der G m b H beträgt die Anfechtungsfrist genau einen M o n a t 1 6 4 . D a ß diese Frist selbst für personalistische Verbände angemessen ist, hat abermals der Aktiengesetzgeber zum Ausdruck gebracht, als er 1 9 9 4 die Vorschriften über die kleine A G installiert hat: Das Beschlußmängelrecht ist bis auf die erwähnte Ergänzung des § 2 4 2 II A k t G 1 6 5 unverändert geblieben. Der Gesetzgeber hält also offenbar eine absolute Ausschlußfrist von einem M o n a t selbst in der kleinen A G für angemessen. D a n n kann für die G m b H schwerlich anders entschieden w e r d e n 1 6 6 . Es gilt für die Frist ebenso wie für das Klageerfordernis: Das Bedürfnis nach Rechtssicherheit ist in der G m b H nicht weniger stark ausgeprägt als in der A G 1 6 7 . Für den Verschmelzungsbeschluß ordnet § 1 4 I U m w G rechtsformübergreifend an, daß die Anfechtungsklage innerhalb eines M o n a t s zu erheben ist, obwohl gerade dort oft schwierige Rechtsfragen auftreten; hinge die Anfechtungsfrist wirklich davon ab, so hätte sie hier weitaus länger bemessen werden m ü s s e n 1 6 8 .

IV.

Fristbeginn

Die Frist soll nach Ansicht der Rechtsprechung nicht wie in der A G mit Beschlußfassung, sondern mit Kenntnis des Gesellschafters hiervon beginnen 1 6 9 . Z u m Teil wird im Schrifttum zusätzlich die Erkennbarkeit des Beschlußmangels geford e r t 1 7 0 ; andere formulieren unscharf, die Frist beginne mit Beschlußfassung, GmbHR 1995, 703, 706; ähnliche Kritik bei Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.248f.; Kaiser, FS 100 Jahre GmbHG, S.587, 597. 163 Ebenso Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.248f.; Nehls, GmbHR 1995, 703, 707f.; Schröder, GmbHR 1994, 532, 535. 164 Ebenso Geißler, GmbHR 2002, 520, 527; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.250f.; MüHdbGesR Wlngerl, §40 Rn.52; Mertger, Lückenausfüllung, S. 206 ff.; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.465ff.; Vogel, GmbHR 1953, 5, 7f. 165 Oben C IV 8. 166 Zutreffend Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 251. Für die Übernahme der strengen aktienrechtlichen Monatsfrist in die GmbH auch Lehmann, Anwendung, S. 105ff.; dazu neigend ferner Abramenko, GmbHR 2001, 501, 504. 1 6 7 Zutreffend Köster, Nichtigkeitsklage, S.45; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.466. 168 Darauf weist zu Recht Nehls, GmbHR 1995, 703, 706 hin. 1 6 9 OLG Hamm GmbHR 1992,458,459; OLG München NZG 2000,105,106; OLG Thüringen GmbHR 2002, 115,116; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 79c; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.60. 170 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.79c.

D.

Anfechtungsfrist

401

„ggf." mit Kenntnis der anfechtungsbegründenden U m s t ä n d e ' 7 1 . Demgegenüber wird hier die Sichtweise bevorzugt, daß die Frist für jeden Gesellschafter einheitlich mit der Beschlußfassung beginnt 1 7 2 :

1. Grundsatz: Fristbeginn ab

Beschlußfassung

Die Auffassung des B G H führt dazu, daß die Unsicherheit über den Bestand des Beschlusses längere Zeit währt, wenn in der Versammlung nicht alle Gesellschafter erschienen sind: Ihnen mag der Beschluß erst deutlich später bekannt werden. Sie paßt im übrigen nicht auf die kapitalistische G m b H mit vielen Gesellschaftern; auf die Realstruktur der Gesellschaft kann jedoch nicht Rücksicht genommen werden, wenn die Frist ihr Ziel erreichen soll, den Gesellschaftern rasche Klarheit über die Bestandskraft des Beschlusses zu vermitteln. In der A G beginnt die Anfechtungsfrist auch für diejenigen Aktionäre mit Beschlußfassung, deren Klagebefugnis sich aus § 2 4 5 Nr. 2 A k t G ergibt, die also mangels Ankündigung in der Tagesordnung nicht voraussehen konnten, daß ein Beschluß zu gerade diesem Gegenstand gefaßt würde, oder die rechtswidrig daran gehindert worden sind, an der Versammlung teilzunehmen und sich dort über das Beschlußergebnis zu informieren. D a n n k a n n m a n Gleiches auch von einem GmbH-Gesellschafter erwarten, der typischerweise stärker an den Beschlüssen interessiert ist als ein Aktionär. Jenen Gesellschafter trifft m.a.W. die Obliegenheit, sich aus eigenem Antrieb vom Inhalt des Beschlossenen in Kenntnis zu setzen 1 7 3 ; anders lediglich dann, wenn seine Ladung gänzlich unterblieben ist: In diesem Fall ist der Beschluß analog § 2 4 1 Nr. 1 A k t G n i c h t i g 1 7 4 .

2. Ausnahme: Spätere Einigung über den

Beschlußinhalt

W o der Beschluß erst dadurch zum tauglichen Gegenstand der Anfechtungsklage wird, daß die Gesellschafter seinen Inhalt unstreitig stellen 1 7 5 , beginnt die Frist erst in dem Zeitpunkt, da ein solcher Konsens erzielt wird, selbst wenn dies zu einem späteren Zeitpunkt als zum Ende der Gesellschafterversammlung geschieht. Vorher steht nämlich der Inhalt des Beschlusses nicht fest, so daß dieser sich nicht als O b j e k t für eine Anfechtungsklage eignet.

171 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 80; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 140. 172 Wie hier Hachenburg-Raiser, Anh. §47, Rn. 183; Kort, Bestandsschutz, S.49; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.468f. Ebenso OLG Schleswig GmbHR 1998, 892; Abramenko, GmbH 2001, 501, 504, die aber bei späterer Kenntnis von der Beschlußfassung eine entsprechend spätere Klageerhebung akzeptieren. 173 So zutreffend - im Zusammenhang mit einer statutarischen Befristung der Anfechtungsklage - OLG Hamm GmbHR 2001, 301. 174 Oben § 3 C III. 1 7 5 Dazu oben A.

402

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

V. In Sonderheit: Vergleichsverhandlungen über den Beschluß 1.

Interessenlage

In einer praktisch wichtigen Konstellation ist allerdings tatsächlich eine Abweichung vom Aktienrecht geboten. In einer anonymen Publikumsgesellschaft scheidet die Möglichkeit, nach erfolgter Beschlußfassung rechtliche Bedenken gegen den Beschluß im Rahmen von Vergleichsverhandlungen beizulegen, aus praktischen Gründen aus: Eine Vielzahl von Anlegern mit möglicherweise nur marginaler Beteiligung wird sich nicht am Verhandlungstisch zusammenfinden. In der G m b H erscheinen derartige Vergleichsverhandlungen dagegen jedenfalls d a n n möglich, wenn, was in der Praxis die Regel ist, der Kreis der Gesellschafter ein überschaubares Ausmaß annimmt. Hier k o m m t namentlich die Anwendung moderner M e t h o d e n der Konfliktbewältigung in Betracht; zu denken ist etwa an die Mediation 1 7 6 . Dem Interesse, d a ß in einer solchen Gesellschaft nicht gleich alle Beschlußstreitigkeiten vor Gericht getragen werden, sondern vorher eine gütliche Einigung versucht wird, m u ß das Verbandsrecht Rechnung tragen 1 7 7 .

2. Die analoge Anwendung

des §203 BGB n.F.

Im Ergebnis ist der Rechtsprechung daher darin zuzustimmen, daß dem Kläger eine Klage so lange nicht zumutbar ist, als Vergleichsverhandlungen über den Beschluß laufen. Die rechtsdogmatische Begründung ist der B G H freilich schuldig geblieben; sie wird hier in einer analogen Anwendung verjährungsrechtlicher Vorschriften gesucht. Bis zum 3 1 . 1 2 . 2 0 0 1 behandelten die § § 6 3 9 II, 852 II BGB den Fall, daß der Werkbesteller mit dem Unternehmer bzw. der durch eine unerlaubte H a n d l u n g Geschädigte mit dem Schädiger über eine einvernehmliche Bereinigung der Auseinandersetzung verhandelt. In beiden Fällen sah das Gesetz für die Dauer der Verhandlungen eine H e m m u n g der Verjährung vor. Die H e m m u n g endete, wenn die Verhandlungen von einer Seite abgebrochen wurden; sie endete bereits vorher, wenn die Verhandlungen „eingeschlafen" waren, wenn, wie es der B G H formulierte, die Fortsetzung der Verhandlungen zu dem Zeitpunkt versäumt wurde, da nach Treu und Glauben der nächste Schritt zu erwarten gewesen wäre 1 7 8 . Den Grundgedanken der § § 6 3 9 II, 852 II BGB a.F. hat der Gesetzgeber nunmehr in § 2 0 3 BGB n.F. kodifiziert und zum allgemeinen Prinzip erhoben: Die Verjährung ist gehemmt, solange über den Anspruch verhandelt wird. Die Rechtsfolge der H e m m u n g erscheint auch für die außergerichtliche Verhandlung über die Bereinigung fehlerhafter Beschlüsse angemessen: Die Anfechtungsfrist ist gehemmt, solange Vergleichsverhandlungen zwischen den Gesell-

176 177 178

Dazu C a s p e r / R i s s e , ZIP 2 0 0 0 , 4 3 7 f f . Insoweit richtig B G H Z 111, 2 2 4 , 2 2 5 f . ; Rohleder, B G H N J W 1986, 1337, 1338.

G m b H R 1989, 2 3 6 , 2 4 1 .

D.

Anfechtungsfrist

403

schaftern geführt werden 1 7 9 . Es verwundert nicht, daß die Kautelarpraxis empfiehlt, eine dahin lautende Klausel in die Satzung aufzunehmen 1 8 0 ; richtigerweise gilt diese Hemmung jedoch bereits kraft Gesetzes, nämlich in analoger Anwendung des § 2 0 3 BGB n.F. Die Hemmung endet, wenn ein oder mehrere Gesellschafter sie für gescheitert erklären, die mit dem Gewicht ihrer Stimmen in der Lage sind, die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses durch einen gegenläufigen zu blockieren. Eine Hemmung tritt freilich nur ein, wenn die Mitgesellschafter sich überhaupt auf die Verhandlungen einlassen; geschieht dies vor Ablauf der Anfechtungsfrist nicht, so muß fristgerecht Klage erhoben werden 1 8 1 . Die Aufnahme von Verhandlungen hemmt die Anfechtungsfrist nur dann, wenn sich innerhalb der Anfechtungsfrist so viele Gesellschafter hieran beteiligen, daß sie den Beschluß aufheben könnten. Freilich wird im Schrifttum die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über Neubeginn und Hemmung der Verjährung auf die Anfechtungsfrist abgelehnt 1 8 2 . Diese Haltung fußt indes auf der Prämisse, die Anfechtungsfrist sei eine materielle Ausschlußfrist, was die Anwendung der im allgemeinen Verjährungsrecht niedergelegten Hemmungstatbestände verbiete. Sie könnte freilich nicht einmal dann überzeugen, wenn jene Prämisse richtig wäre: Daß materielle Ausschlußfristen unterbrochen oder gehemmt werden können, ist im geltenden Recht nichts Ungewöhnliches (vgl. z.B. § 1 2 4 II 2 BGB für die Anfechtung einer Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung). Die Anwendung des § 2 0 3 B G B n.F. sollte auf dem Boden der hier vertretenen Meinung, wonach die Anfechtungsfrist eine prozessuale Frist verkörpert, um so leichter fallen: Ebenso wie die Verjährungsfrist markiert sie eine zeitliche Grenze, innerhalb derer für die Durchsetzung privaten Rechts gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann. In ihrem originären Anwendungsbereich betreffen die §§ 194ff. B G B Ansprüche, also subjektive Rechte, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen; im hier interessierenden Zusammenhang steht die objektivrechtliche Befugnis des Gesellschafters im Raum, die Beachtung von Recht und Gesetz durch die Gesellschafterversammlung zu erzwingen. Die Hemmung erscheint schließlich auch unter dem Gesichtspunkt einer Interessenabwägung zwischen Gesellschaft und Anfechtungskläger sachgerecht: Während die übrigen von der Rechtsprechung befürworteten Aufweichungen der Monatsfrist einseitig vom Rechtsschutzinteresse des Klägers her gedacht sind und gegenläufige Belange der Gesellschaft völlig ausblenden, kommt die Hemmung bei Vergleichsverhandlungen allen Gesellschaftern und nicht zuletzt auch der Gesellschaft selbst zugute: Es besteht die Chance, die gemeinsame Zweckverfolgung von der Belastung durch einen Rechtsstreit freizuhal1 7 9 Im Ergebnis ähnlich, aber ohne Rückgriff auf die Verjährungsvorschriften Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 6: Klage nicht erforderlich, solange Verhandlungen laufen. 180 Casper/Risse, ZIP 2 0 0 0 , 4 3 7 , 441 f. 1 8 1 O L G Köln BB 1995, 792, 793. 1 8 2 Vgl. Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 3 2 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 6 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 2 1 ; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 R n . 8 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 6 R n . 3 4 ; MüHdbGesR W/Semler § 41 Rn. 74.

404

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

ten. Deshalb ist es gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht geboten, bei schwebenden Vergleichsverhandlungen eine Ausnahme von der strengen Monatsfrist zu machen. 3.

Überlegungsfrist

Die Anwendung des § 203 BGB n.F. erlaubt es außerdem, dem Kläger nach Scheitern der Verhandlungen eine Überlegungsfrist zuzubilligen, innerhalb derer er entscheiden kann, ob er Klage erheben will oder nicht. Im direkten Anwendungsbereich der Vorschrift endet die Hemmung zwei Monate nach Abbruch der Verhandlungen; der Gläubiger soll in dieser Zeit sein weiteres Vorgehen überdenken können. Dieser Grundgedanke paßt auch für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nach Abbruch von Vergleichsverhandlungen. Die Überlegungsfrist kann hier freilich nur einen Monat betragen; denn sie kann nicht länger sein als die ursprüngliche Anfechtungsfrist. Auf diese Weise wird dem Kläger eine verläßliche Zeitgrenze aufgezeigt: Nach Abbruch der Verhandlungen kann er auf den Tag genau berechnen, wie lange er sich bis zur Klageerhebung Zeit lassen kann. 4. Vergleichsverhandlungen

in der Kleinen AG

Die hier befürwortete Verschiebung des Fristbeginns vom Zeitpunkt der Beschlußfassung zu dem Zeitpunkt, da die Vergleichsverhandlungen gescheitert sind, könnte man freilich mit der Begründung verwerfen, Vergleichsverhandlungen seien in einer AG mit überschaubarem Mitgliederkreis ebenso möglich. Der Gesetzgeber habe, abgesehen von § 242 II 4 AktG, für die Kleine AG keinen Anlaß gesehen, das Beschlußmängelrecht der §§241 ff. AktG zu modifizieren, auch nicht mit Rücksicht auf etwaige Vergleichsverhandlungen. Daher laufe ohne Rücksicht auf solche Verhandlungen eine starre Monatsfrist, und zwar in der GmbH ebenso wie in der Kleinen AG. Sachgerechter erscheint es jedoch, in beiden Gesellschaftsformen § 246 I AktG einer teleologischen Reduktion zu unterwerfen und den Lauf der Frist durch Vergleichsverhandlungen als gehemmt anzusehen. Methodisch ist dies nicht zuletzt deshalb gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber in §203 BGB n.F. das Bestreben der Parteien, rechtliche Auseinandersetzungen einvernehmlich zu bereinigen, erheblich aufgewertet hat: Er hat ein allgemeines Prinzip des Inhalts aufgerichtet, daß der Berechtigte sich durch Verhandlungen nicht den Rechtsschutz abschneidet. Die Anfechtungsfrist wird daher selbst in der AG durch Vergleichsverhandlungen gehemmt; dies freilich nur dann, wenn zur Hauptversammlung in der Form des § 121IV AktG geladen worden und daher sichergestellt ist, daß alle Aktionäre namentlich bekannt sind, die Typusvorstellung einer personalistischen AG also in concreto erfüllt ist. Es reicht nicht aus, daß in der Form des § 121IV AktG geladen werden könnte-, denn dies wird der einzelne Aktionär kaum verläßlich beurteilen können - einmal deshalb nicht, weil die Aktionäre (zwar dem Vorstand, aber) ihm selbst nicht notwendig persönlich bekannt sind, zum anderen aber auch

E. Gesellschaft als Klagegegner deshalb, weil im Einzelfall in rechtlicher

405

Hinsicht unsicher sein k a n n , ob eine Ein-

ladung nach § 1 2 1 IV A k t G möglich gewesen wäre: So k a n n man etwa darüber streiten, o b die Satzung die Einladung nach § 1 2 1 I V A k t G wirksam ausschließen k a n n 1 8 3 . Für den Aktionär m u ß aber von vornherein Klarheit bestehen, o b er zunächst in Vergleichsverhandlungen eintreten k a n n oder o b er sofort Klage erheben muß. M u ß t e der Aktionär die Einladung zur Hauptversammlung den Gesellschaftsblättern entnehmen (§ 1 2 1 III A k t G ) , so m u ß er davon ausgehen, d a ß der Aktionärskreis anonym ist und daher Vergleichsverhandlungen nicht praktikabel sind; dann m u ß er die Klage binnen eines M o n a t s erheben.

E. Gesellschaft als Klagegegner Der Anwendung des § 2 4 6 II 1 A k t G , wonach die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, auf die G m b H wird unter a n d e r e m 1 8 4 mit der Begründung widersprochen, materiell handle es sich beim Beschlußmängelstreit um einen Konflikt unter den Gesellschaftern; die prozessualen Gesichtspunkte, welche in der A G gleichwohl die Austragung des Rechtsstreits mit der Gesellschaft rechtfertigten, paßten für die G m b H n i c h t 1 8 5 .

I. M e d i a t i s i e r u n g u n d P r a k t i k a b i l i t ä t Die Beklagtenrolle der Gesellschaft wurzelt, wie gezeigt 1 8 6 , nicht im materiellrechtlichen Substrat der Anfechtungsklage, sondern in reinen Praktikabilitätserwägungen: Sie ermöglicht es einerseits, den prozeßunwilligen Gesellschaftern die Beteiligung am Prozeß zu ersparen und dennoch ein gegen alle Gesellschafter wirkendes Urteil zu erreichen. Sie erspart den Gesellschaftern namentlich dann die Prozeßbeteiligung, wenn der Fehler nicht auf ihrem, sondern auf dem Verhalten der Geschäftsführung beruht (etwa bei Einberufungs- oder Informationsmängeln). Andererseits verarbeitet sie sämtliche fehlerhaften Beschlüsse ohne R ü c k sicht darauf, o b sie gegenüber der Gesellschaft, dem Kläger oder einem Mitgesellschafter rechtswidrig waren oder o b der verletzten Pflicht überhaupt ein Berechtigter auf der Aktivseite entspricht. Diese Erwägungen haben uneingeschränkt auch in der G m b H Platz 1 8 7 . Namentlich darf der Kläger nicht darüber räsonnieren müssen, wer der wahre hinter dem Beschluß stehende Interessenträger i s t 1 8 8 . DesDazu näher Behrends, N Z G 2 0 0 0 , 578ff. Zum weiteren Argument der Kostengerechtigkeit unten § 8 A. 185 Joost, ZGR 1984, 71, 84ff., insbes. 95ff. 1 8 6 Oben $ 5 C . 1 8 7 Vgl. auch Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 174: GmbH sei im Beschlußmängelstreit nur aus formalen Gründen Beklagte. 1 8 8 Zutreffend Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 148. 183 184

406

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

halb ist die Beklagtenrolle der Gesellschaft in der G m b H in gleicher Weise angemessen wie in der A G 1 8 9 . Das stattgebende Urteil wirkt analog § 2 4 8 I 1 A k t G Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder 1 9 0 . Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob das konkrete Erscheinungsbild der Gesellschaft eine personalistische oder eine kapitalistische Realstruktur spiegelt 1 9 1 : Wollte man die Rolle des Beklagten nach diesem Kriterium differenzieren, so würde man den Kläger, der sich binnen eines M o n a t s zur Klageerhebung entscheiden m u ß , mit dem unzumutbaren Risiko belasten, die Klage gegen den falschen Gegner zu richten. Das Nachdenken über den richtigen Klagegegner will § 2 4 6 II 1 A k t G dem Kläger gerade wegen der kurzen Anfechtungsfrist e r s p a r e n 1 9 2 , und dies mit gutem Grund: Die Gesellschaft ist ohne Rücksicht darauf Partei, wen die durch den Beschluß angeblich verletzte Pflicht traf und w e m gegenüber sie bestand. Wo das

ma-

terielle Recht seine Kraft einbüßt, die Person des Klägers und des Beklagten zu determinieren, müssen eindeutige prozeßrechtliche Kriterien an seine Stelle treten. D a m i t ist auch eine Differenzierung nach der im Einzelfall schwierig zu bestimmenden Realstruktur unvereinbar.

II. D i e S t e l l u n g u n b e t e i l i g t e r G e s e l l s c h a f t e r Die Gesellschafter, welche am Prozeß nicht als Hauptparteien beteiligt sind, müssen sich wie in der A G als streitgenössische Nebenintervenienten beteiligen können ( § 6 9 Z P O ) 1 9 3 . Um ihnen dies auch tatsächlich zu ermöglichen, hat der Geschäftsführer analog § 2 4 6 I V A k t G die Gesellschafter von der Klageerhebung zu unterrichten 1 9 4 . Für den Fall, daß mehr als 5 0 Gesellschafter in dieser Weise zu un1 8 9 Für Gesellschaft als Beklagte auch BGH GmbHR 1983, 124, 125; DB 2001, 1773, 1774; OLG Düsseldorf GmbHR 2001, 1049, 1052;OLG Hamm GmbHR 1985, 119-, Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.81; Däubler, GmbHR 1968,4, 8; Dürr, Nebenabreden, S.99; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 127; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn. 196; Heller, GmbHR 2002, 1227, 1229; Henze, ZGR 1988, 542, 547; Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 143; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 149; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.34; Kömermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.488; K. Schmidt AG 1977, 243, 248; ders., ZGR 1988, 523, 529; ders., GmbHG, § 45 Rn. 148. 190 Ebenso OLG Stuttgart BB 2004, 749, 750; Eckardt, NZG 1999, 499; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.127; Saenger, GmbHR 1997, 112, 114, 116; Trittmann, ZGR 1999, 340, 342. 191 Ebenso OLG Hamburg GmbHR 1992, 43,45; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 128. Gegen die Verteilung der Parteirollen nach Maßgabe der Realstruktur auch Henze, ZGR 1988, 542, 548. 192 Vgl. oben §5 C II. 195 Oben § 5 D II 2 mit Nachweisen. 194 OLG Düsseldorf GmbHR 2001, 1049, 1052; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn. 86; Bayer, ZIP 2003, 881, 888; Dürr, Nebenabreden, S.99; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.200; Happ, Die GmbH im Prozeß, §19 Rn.73; Koppensteiner, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.144; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.37; Nietsch, GmbHR 2004,1518, 1521; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 498; K. Schmidt, ZGR 1988, 523, 533; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn. 156.

E. Gesellschaft

als

407

Klagegegner

terrichten sind, wird es teilweise in Anlehnung an § 6 5 III V w G O für ausreichend gehalten, wenn sie nicht persönlich, sondern durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger und in den Tageszeitungen informiert werden 1 9 5 . Andere lassen dies ohne Rücksicht auf die Zahl der Gesellschafter genügen, wenn die Erhebung der Klage in den nach § § 3 0 II 2 , 6 5 II 1 G m b H G vorgesehenen Blättern, ersatzweise im Handelsregister bekannt gemacht wird 1 9 6 . Indes erscheint zweifelhaft, ob der Gesellschafter auf derart anonyme Informationsmedien verwiesen werden kann. Sachgerechter erscheint es vielmehr, die Analogie zu § 2 4 6 IV AktG für das GmbH-Recht konsequent fortzuschreiben: Nach dieser Vorschrift hat die Bekanntmachung deswegen in den Gesellschaftsblättern zu erfolgen, weil Informationen über die Gesellschaft üblicherweise dort verlautbart werden und deswegen der Aktionär an dieser Stelle mit Mitteilungen dieser Art rechnen kann und muß. Konsequent ist es gemäß § 2 5 AktG Aufgabe der Satzung zu bestimmen, welche Medien außer dem Bundesanzeiger als Gesellschaftsblätter zählen. Eine G m b H mit größerem Gesellschafterkreis wird zweckmäßigerweise in ihrer Satzung ähnliche Mechanismen zur Verbreitung interner Mitteilungen bestimmen. Dann sind diese Informationswege im Zweifel auch für die Unterrichtung der Gesellschafter von einem laufenden Anfechtungsprozeß angemessen; insoweit

enthält der Hinweis auf die § § 3 0 II

2 , 6 5 II 1 G m b H G einen richtigen Kern. Jene Unterrichtung hat daher in analoger Anwendung des § 2 4 6 IV AktG auf dem in der Gesellschaft gen üblichen

Weg zu erfolgen. Das gilt unabhängig

für interne

Mitteilun-

von der Gesellschafterzahl:

Es

kommt allein darauf an, daß die Gesellschaft sich veranlaßt gesehen hat, in der Satzung ein unpersönliches Verfahren für die Information der Gesellschafter einzurichten. Die vorstehenden Überlegungen setzen freilich voraus, daß im Gesellschaftsvertrag das Erfordernis persönlicher Unterrichtung der Gesellschafter durch den Geschäftsführer abbedungen werden kann. Eben dies wird im Schrifttum bestritten: Der Geschäftsführer sei in der Lage, die Anschriften der Gesellschafter der nach § 4 0 G m b H G jährlich zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste zu entnehmen; ebenso müsse die Abtretung eines Geschäftsanteils vom Notar dem Registergericht angezeigt werden 1 9 7 . Diese Überlegungen stützen gewiß die These, daß der Geschäftsführer ohne eine besondere Anordnung in der Satzung die Gesellschafter persönlich zu informieren hat; sie geben indes keinen Anlaß, die Freiheit der Gesellschafter bei der Ausgestaltung der Satzung zu beschneiden: Wenn man schon § 2 4 6 IV AktG entsprechend auf die G m b H anwendet, darf man auch die dort enthaltene Wertung übernehmen, daß der Gesellschafter sich von der Erhebung der Anfechtungsklage und dem Termin zur mündlichen Verhandlung persönlich informieren muß, solange man ihm nur deutlich sagt, woher er die Information beziehen kann. § 2 4 6 IV AktG ist Ausfluß des Rechts aller Gesellschafter

195 196 197

Schultes, Beteiligung, S. 163ff.; zustimmend Pfeiffer, ZZP 111 (1998), 383, 3 8 5 . So für die Auflösungsklage Baumbach-Schulze-Osterloh, GmbHG, § 61 Rn. 16. Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 88; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 37.

408

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

auf rechtliches Gehör im Beschlußmängelprozeß. Art. 1 0 3 I G G will verhindern, daß hinter ihrem Rücken ein Rechtsstreit geführt wird, an dessen Ergebnis sie sodann gebunden sind. Es m u ß damit nur die realistische Möglichkeit

gewährleistet

werden, daß jeder Gesellschafter v o m Prozeß Kenntnis erlangt Diese Möglichkeit ist hinreichend gewährleistet, wenn der Gesellschafter sich aus in der Satzung konkret genannten Quellen selbst informieren kann.

F. Die Rechtslage bei fehlender Beschlußverkündung

in der GmbH

I. D i e F e s t s t e l l u n g s k l a g e als s t a t t h a f t e K l a g e a r t Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer G m b H bedürfen, anders als solche der Hauptversammlung einer A G (vgl. § 1 3 0 II A k t G ) , zu ihrer Wirksamkeit nicht der Verkündung durch einen Versammlungsleiter. Unterbleibt eine solche Verkündung und können sich die Gesellschafter auch im übrigen nicht einigen, mit welchem Inhalt der Beschluß gefaßt wurde, so scheidet, wie gezeigt 1 9 8 , die Anfechtungsklage als statthafte Klageart aus: Ihr fehlt es dann an einem tauglichen O b jekt. Insbesondere kann die Gesellschaft nicht mit der Behauptung in den Rechtsstreit eintreten, der gefaßte Beschluß sei rechtmäßig - das würde voraussetzen, d a ß der Inhalt des Beschlusses feststeht. U m diesen Inhalt zu klären, verbleibt nur die allgemeine Feststellungsklage 1 9 9 . Wenn demgegenüber behauptet w i r d 2 0 0 , die Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft stehe als Rechtsbehelf auch ohne verbindliche Fixierung des Beschlußinhalts zur Verfügung und führe, wenn ihr stattgegeben werde, ein erga omnes wirkendes Gestaltungsurteil herbei, so wird verkannt, daß eine richterliche Gestaltung der Rechtslage nur dort einsetzen kann, w o feststeht, welches jene Rechtslage vorher war. Ein Beschluß k a n n nur für nichtig erklärt bzw. seine Nichtigkeit nur festgestellt werden, wenn feststeht, mit welchem Inhalt er gefaßt wurde; nur auf einen feststehenden Inhalt kann sich namentlich das Urteil des Gerichts beziehen, der Beschluß verstoße gegen Gesetz oder Satzung.

Oben A. BGHZ 14, 25, 35; 7 6 , 1 5 4 , 1 5 7 ; BGH GmbHR 1996, 47,48; ZIP 1999, 656, 657; ÖOGH AG 1998, 199, 200; OLG Celle GmbHR 1997, 172, 173; OLG München GmbHR 1990, 263, 264; OLG Stuttgart GmbHR 1995, 228,229; OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 79, 80; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.227; Bauschatz, NZG 2002, 317, 318; Boujong, WiB 1997, 345, 351; Brandes, WM 1998, 1, 18; Goette, DStR 1996, 388; ders., DStR 1999, 770; Hachenburg-Kaiser, GmbHR, Anh. § 47 Rn. 91,251; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 5; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.227 f.; Rohleder, GmbHR 1989, 236, 237; Rützel, ZIP 1996,1961, 1967; Saenger, GmbHR 1997, 112, 116; Vorwerk, GmbHR 1995, 266, 270; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168, 174; ders., in Baumbach, GmbHG, Anh. §47 Rn.66, 90a. 200 K. Schmidt, GmbHR 1992, 9, 12; ders., in Scholz, GmbHG, §45 Rn.51. 198

199

F. Die Rechtslage bei fehlender Beschlußverkündung

409

in der GmbH

II. P a r t e i e n des F e s t s t e l l u n g s p r o z e s s e s Die Feststellungsklage soll nach Ansicht des B G H sowie derjenigen Autoren, die sich überhaupt mit dieser Frage befassen, gegen die Gesellschaft erhoben werden m ü s s e n 2 0 1 . Das Urteil soll - offenbar unabhängig vom Prozeßausgang 2 0 2 - Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder w i r k e n 2 0 3 . Umgekehrt soll die Gesellschaft das Recht haben, gegen einen Gesellschafter Klage auf Feststellung zu erheben, der Beschluß sei mit einem bestimmten Inhalt zustande g e k o m m e n 2 0 4 . Beides ist entschieden abzulehnen:

1. Ambivalenz der

Rechtsbehauptung

W ä r e die Klage gegen die Gesellschaft zu richten, so müßte sie von jedem

Gesell-

schafter erhoben werden dürfen, gleichgültig mit welchem Inhalt er den Beschluß als gefaßt ansieht. Die Klage könnte damit sowohl

von solchen Gesellschaftern er-

hoben werden, die den Beschlußantrag für angenommen, als auch von solchen, die ihn für abgelehnt halten. D a n n wäre unklar, mit welcher Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Prozeß eintreten soll: Sie müßte immer jeweils das Gegenteil von dem vertreten, was der jeweilige Kläger behauptet. Das Problem verkompliziert sich noch dadurch, daß sich die Beklagtenrolle der Gesellschaft nur auf dem Boden einer Analogie zu § 2 4 6 II 1 A k t G begründen läßt. Konsequent müßte man auch den Verbindungszwang nach § 2 4 6 III 3 A k t G für den Feststellungsprozeß übernehmen, d.h. die gegen die Gesellschaft gerichteten Klagen wären in ein demselben

Prozeß

und

zu verhandeln. Spätestens dann wäre die Gesellschaft gänzlich

außerstande, einen eigenen Rechtsstandpunkt zu beziehen. D a m i t ist zugleich ein weiterer Einwand gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage markiert: Die § § 2 4 3 , 2 4 6 II 1, 2 4 8 1 1 A k t G gehen davon aus, daß ein bestimmter Beschluß gefaßt, von einem Gesellschafter angefochten und von der Gesellschaft, vertreten durch ihre Geschäftsführungsorgane, verteidigt wird. Jene

Organe

definieren

von ihnen vertretene Position also nicht autonom; sie wird ihnen vielmehr

die

durch

2 0 1 OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 44f.; Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.227; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.90c; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.254; Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn.24; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.228. Ohne besondere Hervorhebung wurde ferner in der Sache über eine gegen die Gesellschaft gerichtete Feststellungsklage entschieden in BGH GmbHR 1992, 47; OLG München GmbHR 1996, 451. Abweichend aber Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.51: Feststellungsklage gegen jedermann zulässig, sofern Feststellungsinteresse gegeben. 2 0 2 Vgl. aber OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 47: Inter-omnes-Wirkung nur des stattgebenden Feststellungsurteils. 2 0 3 Ausdrücklich OLG München GmbHR 1996, 451, 452; Brandes, WM 1998, 1, 18: §248 AktG analog anwendbar. Ebenso wohl Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 90 c: Feststellungsurteil wirkt gegen jedermann; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.228: „allseitige Wirkung des Feststellungsurteils". Gegen eine so weitreichende Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils aber Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn.25. 2 0 4 OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 79, 80; Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn.23.

410

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

den Beschluß vorgegeben. Schon deshalb muß der Inhalt des Beschlusses vor Prozeßbeginn verbindlich feststehen. 2. Der drohende

Beschlußvollzug:

Ein

Einwand?

Man wird nun einwenden wollen, die hier beschworene Konstellation, daß Gesellschafter beider Lager mit Hilfe einer Feststellungsklage gegen die Gesellschaft die Rechtslage in ihrem Sinne zu klären suchten, könne in der Praxis kaum vorkommen; denn Anlaß zur Klageerhebung bestehe immer nur dann, wenn sich abzeichne, daß der Geschäftsführer den Beschluß in einem bestimmten Sinne verstehe und sein Handeln danach ausrichte. Dann müsse eben derjenige Gesellschafter klagen, der anderer Meinung sei. Indes: Diese Sicht läßt sich nicht halten, weil sie gegen die Organisationsverfassung der GmbH verstößt: Für den Vollzug des Beschlusses ist der Geschäftsführer zuständig. Es wurde bereits gezeigt 205 , daß allein die Tatsache der Beschlußfassung das Bestreben der Gesellschafter zum Ausdruck bringt, die Entscheidung über eine bestimmte Frage an sich zu ziehen; solange der Beschluß nicht wirksam gefaßt ist, hat der Geschäftsführer sich daher jeglicher Vollzugshandlung zu enthalten. Das bedeutet für die hier besprochene Konstellation: Solange unter den Gesellschaftern nicht feststeht, wofür die Mehrheit gestimmt hat, ist der Geschäftsführer nicht befugt, dem Beschluß eigenmächtig einen bestimmten Inhalt beizumessen und ihn mit diesem Inhalt auszuführen 206 . Zur authentischen Interpretation eines Beschlusses, der seinem Inhalt nach nicht eindeutig ist, ist er nicht berufen 207 . Er kann sich für eine solche Handlung gerade nicht auf die Legitimation durch einen Mehrheitsbeschluß berufen. Schon aus diesem Grunde trifft es nicht zu, wenn behauptet wird, der Minderheitsgesellschafter müsse klagen, wenn Geschäftsführer und Gesellschaftermehrheit am Beschluß mit einem bestimmten Inhalt festhielten 208 , bzw. es sei das wirkliche Stimmenverhältnis für den Beschlußinhalt maßgeblich, und der dissentierende Gesellschafter müsse dagegen klagen 209 : Was „die Mehrheit" beschlossen hat und was dem „wahren" Stimmenverhältnis entspricht, ist in den hier behandelten Fällen gerade fraglich und soll durch den Rechtsstreit überhaupt erst geklärt werden. Wollte man wirklich mit der soeben wiedergegebenen Begründung einem Gesellschafter die Prozeßinitiative auferlegen, so liefe dies auf eine Kompetenz des Geschäftsführers hinaus, den Inhalt des Beschlusses mit vorläufiger Verbindlichkeit festzustellen; diese Kompetenz hat aber nur ein von den Gesellschaftern einstimmig hierzu ermächtigter Versammlungsleiter, den die Gesellschafter in den hier interessierenden Fällen gerade nicht bestellen wollten. Oben § 1 B III 1, sub (3). Ebenso Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 1 . 2 0 7 Vgl. Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 36f., der dies als rechtsformunabhängige Aussage verstanden wissen will. 208 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 2 0 R n . 2 3 . 209 Schantl, ZIP 1999, 657, 6 5 8 . 205

206

F. Die Rechtslage

3. Gesellschaft

bei fehlender

als Partei und

Beschlußverkündung

in der

GmbH

411

Mehrheits-Vertrauen

Diese Schieflage findet ihre Fortsetzung im Prozeß: Im Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozeß steht fest, was die Mehrheit gewollt hat. Die Mehrheit darf grundsätzlich davon ausgehen, daß der Geschäftsführer, der die GmbH im Beschlußmängelprozeß vertritt, den von ihr gefaßten Beschluß sachgerecht verteidigt210. Wenn die GmbH die Rolle des Beklagten ausfüllt, so liegt dies gewiß, wie bereits herausgearbeitet wurde 211 , daran, daß sich hiermit prozeßökonomische Vorteile verbinden, die im Verbandsinteresse unverzichtbar sind; da dies Interesse wegen des Mehrheitsprinzips Vorrang vor individuellen Blockadeinteressen der Gesellschafter hat, müssen letztere es hinnehmen, notfalls im Wege der streitgenössischen Nebenintervention die Initiative für die Verteidigung ihrer Rechte selbst zu ergreifen. Aber gerade im Beschlußmängelprozeß kommt ein weiteres hinzu: Typischerweise sind die Gesellschafter, deren Stimmen den Beschluß tragen, auf eine solche Initiative überhaupt nicht angewiesen, weil sie eben auf eine sachgerechte Verteidigung des Beschlusses durch den Geschäftsführer vertrauen dürfen. Nicht zu Unrecht hat man die Gesellschaft als „passiven Prozeßstandschafter" für diejenigen Gesellschafter angesehen, deren Stimmen den Beschluß tragen 212 . Wo hingegen nicht feststeht, ob diese Mehrheit überhaupt erreicht wurde, fehlt es an der Grundlage für ein Vertrauen des Inhalts, der Geschäftsführer werde gerade einen bestimmten Beschluß für gefaßt halten und verteidigen. Die Gesellschafter müssen dann selbst Initiatoren und Gegner eines jeden gerichtlichen Rechtsschutzbegehrens sein; sie sind von vornherein darauf angewiesen, ihre jeweilige Rechtsposition selbst zu verteidigen. Ebensowenig überzeugt es, der Gesellschaft eine eigene Befugnis zur Erhebung der Feststellungsklage zuzubilligen. Denn dies setzt ebenfalls voraus, daß der Geschäftsführer, der die Klage namens der GmbH zu erheben hat, vorher eigenmächtig entschieden hat, mit welchem Inhalt der Beschluß zustande gekommen ist. Eine solche Entscheidung steht ihm indes nicht zu. An dieser Stelle manifestiert sich eine allgemeine Grenze des auf der Mediatisierung der Parteirolle bei der Gesellschaft beruhenden Modells für die Bewältigung gesellschaftsinterner Streitigkeiten: Es besteht die Gefahr, daß unter den Gesellschaftern gegensätzliche Positionen vertreten werden und die Gesellschaft, wäre sie selbst Partei, sowohl die eine als auch die andere Position vertreten müßte. In einem solchen Fall kommt man nicht umhin, daß der Rechtsstreit unter den Gesellschaftern ausgetragen werden muß. Ähnlich Vobrmann, Streitgenossenschaft, S. 64. Oben § 5 D II 4 d bb. 212 Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 7 4 ; Bork, ZIP 1992, 1205, 1209; Gehrlein, AG 1994, 103, 109; ebenso für die Auflösungsklage in der GmbH Becker, ZZP 97 (1984), 3 1 4 , 332; Windel, Interventionsgrund, S. 172. Ähnliche Formulierungen bei Arens, Streitgegenstand, S. 94: Gesellschaft als „natürlicher Vertreter" aller Aktionäre, die den Beschluß nicht ihrerseits angefochten haben; Austmann, Z H R 158 (1994), 4 9 5 , 508f.: „Stellvertreterkrieg"; W. Lüke, Beteiligung, S. 186: AG als „Repräsentant" der Aktionäre; Volhard, Z G R 1996, 55, 72: Gesellschaft „streitet für" die Mehrheit; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 158: Gesellschaft „repräsentiert ... die den Beschluß verteidigenden Gesellschafter".. 210 211

412

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

4. Das Kompetenzschutzinteresse Beschlußinhalt

in der GmbH

des Gesellschafters

bei

unklarem

Richtig ist daher folgendes: Solange der Inhalt des Beschlusses unter den Gesellschaftern nicht verbindlich feststeht, hat jeder Gesellschafter das Recht, von der Gesellschaft Unterlassung der Ausführung des Beschlusses zu verlangen; dies Recht läßt sich mit der in § 1 dieser Abhandlung besprochenen Kompetenzschutzklage durchsetzen. Sodann haben die Gesellschafter den Streit um die Wirksamkeit des Beschlusses unter sich auszutragen. Freilich fragt sich, ob eine für alle Gesellschafter verbindliche Entscheidung in einer Weise erzielt werden kann, die prozeßunwilligen Gesellschaftern die Prozeßbeteiligung erspart. Diese Möglichkeit gibt es in der Tat, nämlich in Gestalt des oben 213 näher beschriebenen, an § 856 ZPO angelehnten Modells. Der Gesellschafter, der einen bestimmten Beschluß als gefaßt oder nicht gefaßt ansieht, kann diejenigen Mitgesellschafter, die das Gegenteil behaupten, auf Feststellung des Beschlußergebnisses verklagen und alle übrigen Gesellschafter beiladen lassen; die Beiladung kann auch von den Beklagten sowie von denjenigen Gesellschaftern beantragt werden, welche sich nach Beiladung als Streitgenossen angeschlossen haben. 5. Doppeltes

Rechtsschutzbegehren

Die bereits oben I. referierte und abgelehnte Ansicht, es sei bei Beschlüssen unbestimmten Inhalts neben der Feststellungsklage die Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage zulässig, beruft sich hierfür auf einen prozeßökonomischen Vorteil: Lasse man die Beschlußmängelklage zu, so könne das Gericht im Zweifelsfall unentschieden lassen, ob ein fehlerhafter oder ein seinem Inhalt nach unklarer Beschluß vorliege. Die Stoßrichtung dieser Überlegung sei anhand des folgenden Beispielsfalles verdeutlicht: In der X-GmbH halten A 4 0 , B 20 und C 4 0 % des Stammkapitals. In der Gesellschafterversammlung wird darüber Beschluß gefaßt, ob die Planung eines Bürogebäudes auf einem der Gesellschaft gehörigen Grundstück an die Z-GmbH vergeben werden soll. An der Z-GmbH sind A und Z mit jeweils 5 0 % beteiligt. Die Vergabe des Auftrags an die Z-GmbH wird von A und B befürwortet; C aber ist strikt dagegen. C meint, der Beschlußantrag sei damit abgelehnt, weil A nach § 4 7 I V 2 l.Alt. GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei 2 1 4 . A und B halten dagegen die Vergabe an die Z-GmbH für beschlossen, weil der Einfluß des A auf die Z-GmbH nicht so stark sei, daß er ein Stimmverbot rechtfertige; jedenfalls aber sei in der Gesellschafterversammlung ein Notar anwesend gewesen und habe mit verbindlicher Wirkung die Annahme des Beschlußantrags festgestellt und verkündet. C seinerseits bestreitet, daß der Notar zu einer solchen Feststellung ermächtigt worden sei.

§3 B II 5. Vgl. zur Anwendung des § 4 7 I V 2 GmbHG, wenn ein Gesellschafter wirtschaftlich mit dem Vertragspartner der GmbH verflochten ist, nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §47 Rn. 15. 2,3

214

F. Die Rechtslage

bei fehlender

Beschlußverkündung

in der

413

GmbH

Wenn nunmehr C die gerichtliche Klärung des Beschlusses erstrebt, so behauptet er in erster Linie, es sei mit seiner Stimme der Beschlußantrag abgelehnt worden. Um dies zu klären, steht, wie gesehen, die Feststellungsklage zur Verfügung, die C gegen A und B erheben muß; dabei reicht es, wenn er einen von beiden verklagt und den jeweils anderen entsprechend § 8 5 6 Z P O beiladen läßt. Sollte sich herausstellen, daß der Beschlußantrag entgegen seiner Auffassung angenommen ist, so behauptet er hilfsweise, daß dieser Beschluß rechtswidrig und daher für nichtig zu erklären ist, weil der Notar nach § 4 7 IV G m b H G die Stimme des A nicht hätte mitzählen dürfen und deshalb die Ablehnung des Antrags hätte verkünden müssen. Dies muß er im Wege der Anfechtungsklage geltend machen; richtige Beklagte ist die Gesellschaft. Die Parteien des Feststellungsprozesses sind also nicht die gleichen wie die des Anfechtungsprozesses, obwohl beide Streitgegenstände inhaltlich miteinander zusammenhängen. Die Ansicht, die auch gegen umstrittene Beschlüsse die Anfechtungsklage zulassen will, vermeidet in der Tat die Parteirollen-Divergenz. Sie vermag gleichwohl nicht zu überzeugen, weil sie nicht dartun kann, welche Rechtsposition die Gesellschaft im Feststellungsstreit um den wahren Beschlußinhalt einnehmen soll; mangels Legitimation durch einen eindeutigen Gesellschafterbeschluß darf der Geschäftsführer als Vertreter der Gesellschaft weder behaupten, der Antrag sei abgelehnt, noch, er sei angenommen. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als auf dem Boden der hier vertretenen Lehre zu untersuchen, ob C im Hauptantrag

eine Feststellungsklage gegen A und B und im Hilfsantrag

ei-

ne Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft erheben kann. Eine abschließende Stellungnahme zu diesem Problem ist an dieser Stelle noch nicht möglich; denn wie zu zeigen sein wird, ist mit dem soeben vorgestellten Beispiel eine Problematik aufgeworfen, die weit über den gebildeten Fall hinausreicht. Die Gegenüberstellung von Beschlußmängelklage einerseits und Feststellungsklage bei unsicherem Beschlußergebnis andererseits zeigt paradigmatisch ein generelles Problem des gesellschaftsinternen Rechtsstreits: Erhebt man die Gesellschaft im internen Rechtsstreit zur Partei, so ist damit eine Fülle von Verfahrenserleichterungen verbunden. Durchführbar

als vor Prozeßbeginn Gesellschaft

ist ein solches Prozeßmodell aber nur

insoweit,

eindeutig bestimmt ist, mit welcher Rechtsbehauptung

in den Rechtsstreit

eintritt.

die

Im Verlauf dieser Arbeit wird eine Reihe

von Fallgestaltungen aufzuzeigen sein, in denen mehrere Rechtsbehauptungen zweckmäßigerweise als Haupt- und Hilfsbegehren miteinander verknüpft werden, die Gesellschaft aber nur eine dieser Behauptungen vertreten bzw. einer von ihnen entgegentreten kann. Es wird dann sorgfältig die richtige Parteienkonstellation auszumessen sein 2 1 5 . An dieser Stelle genügt es festzuhalten, daß das Problem beim Beschlußmängelstreit in der G m b H jedenfalls nicht damit gelöst ist, die Beschlußmängelklage und damit die § § 2 4 6 II 1, 2 4 8 AktG mit leichter Hand auf den Feststellungsprozeß um den umstrittenen Beschlußinhalt auszudehnen: Einen Be-

215

Ausführlich unten § 1 1 E.

414

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der

GmbH

Schluß, von dem niemand weiß, welchen Inhalt er hat, kann die Gesellschaft im Prozeß nicht verteidigen.

6. Exkurs: Die Funktion der Beschlußverkündung

in § 130 II AktG

Bereits oben 2 1 6 wurde nachgewiesen, daß die ganz h . M . der Verkündung des Hauptversammlungsbeschlusses durch den Versammlungsleiter konstitutive

Wir-

kung beilegt: Der Beschluß kommt überhaupt erst mit dieser Verkündung zustande. M i t ihr wird zugleich sein Inhalt vorläufig verbindlich fixiert. Daraus folgt, daß der Versammlungsleiter in der AG verpflichtet mung in dieser

Weise zu verkünden-,

ist, das Ergebnis

der

Abstim-

keinesfalls steht ihm das Recht zu, das Zu-

standekommen von Beschlüssen zu blockieren. Eben diese h . M . wird in neuerer Zeit angegriffen 2 1 7 : Es könne Situationen geben, in der die Gültigkeit von Stimmen rechtlich so zweifelhaft sei, daß dem Versammlungsleiter eine Beschlußfeststellung nicht angesonnen werden könne. Die Beschlußfeststellung setze in solchen Fällen ein eigenes juristisches Urteil des Versammlungsleiters voraus, zu dem er nicht immer in der Lage sei. Der unklare Beschlußinhalt könne ebensogut von den Aktionären mit Hilfe einer Feststellungsklage geklärt werden. Die hier angestellten Überlegungen zeigen deutlich, daß diese Kritik in ihrer Allgemeinheit nicht überzeugen kann. Die AG wird vom Gesetzgeber als diejenige Rechtsform bereitgestellt, in der eine unüberschaubare Vielzahl anonymer Anleger in ein Unternehmen investieren können; die AG ist die Rechtsform für die Publikumsgesellschaft, wenn sie auch nicht ausschließlich diesem Realtypus vorbehalten ist. Bliebe in einer Publikumsgesellschaft die Verkündung eines verbindlichen Beschlußergebnisses aus und dieses daher unklar, so wären Vorstand und Aufsichtsrat ebenso wie der Geschäftsführer einer G m b H außerstande, den Beschluß zu verteidigen. Die Gesellschaft könnte folglich auch hier nicht als Beklagte auftreten. Die Aktionäre, denen an der Klärung des Beschlußinhalts gelegen ist, müßten konsequent ihren Rechtsstreit hierüber untereinander ausfechten. Ein solches Prozeßmodell erscheint in der Publikumsgesellschaft schlicht undurchführbar. Dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es in § 2 4 6 II 1 AktG die Gesellschaft zur Beklagten erhebt: Rechtsschutz gegen fehlerhafte Beschlüsse funktioniert jedenfalls in der Publikumsgesellschaft überhaupt nur dann, wenn er gegen die Gesellschaft gerichtet werden kann. Daher muß das Aktienrecht unter allen Umständen die Voraussetzungen dafür herzustellen suchen, daß die Gesellschaft die Beklagtenrolle übernehmen kann indem es nämlich die Rechtsposition der Gesellschaft im Beschlußmängelstreit klar definiert. Dies ist Aufgabe des Versammlungsleiters nach § 1 3 0 II AktG: Er muß den Beschluß verkünden, weil dieser nur so und mit diesem Inhalt von Vorstand und Aufsichtsrat verteidigt werden kann. Es bleibt daher dabei, daß die Beschlußverkündung in der AG konstitutives Merkmal des Beschlusses ist. Aufwei216 217

§5 FI. Zöllner, FS Lutter, S. 821, 829f.

F. Die Rechtslage bei fehlender Beschlußverkündung

in der GmbH

415

chungen dieses Grundsatzes erscheinen, wenn überhaupt, allenfalls dort diskutabel, w o der Realtypus der Publikumsgesellschaft eindeutig verlassen wird - nämlich in der kleinen A G , präziser: dann, wenn nach M a ß g a b e des § 1 2 1 I V A k t G zur Hauptversammlung eingeladen wurde. Wie weit eine solche Ausnahme reichen könnte, ist hier nicht abschließend zu erörtern; wichtig ist hier der gesetzessystematische Zusammenhang: N u r die Beschlußverkündung durch den Versammlungsleiter befähigt die Gesellschaft, als Beklagte im Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozeß aufzutreten.

III.

Klagefrist?

Auf dem Boden der Ansicht, die Feststellungsklage sei gegen die Gesellschaft zu richten, ist teilweise erwogen worden, sie müsse ähnlich wie die Anfechtungsklage binnen einer am Leitbild des § 2 4 6 I A k t G orientierten angemessenen Frist erhoben w e r d e n 2 1 8 . Das gleiche wird für eine Feststellungsklage der Gesellschaft

gefor-

d e r t 2 1 9 . Der B G H 2 2 0 hat dagegen die Leitbildfunktion des § 2 4 6 I A k t G für diesen Fall verneint; doch unterliege das R e c h t , den Inhalt des Beschlusses durch Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen, der Verwirkung. Diese trete ein, wenn die Gesellschaft zu erkennen gebe, daß sie den Beschluß in einem bestimmten Sinne verstehe und zu vollziehen trachte, und der Kläger dennoch nichts hiergegen untern e h m e 2 2 1 . Die Feststellungsklage müsse insoweit zeitnah erhoben w e r d e n 2 2 2 . In der Tat ist für die Anwendung des § 2 4 6 I A k t G kein R a u m 2 2 3 ; denn die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, daß alle Beteiligten in naher Zukunft auf den Bestand des Beschlusses müssen vertrauen können, weil die Gesellschaft darauf angewiesen ist, auf rechtssicherer Grundlage arbeiten zu können. Von einer derart rechtssicheren und eines solchen Bestandsschutzes würdigen Grundlage kann bei einem Beschluß, der seinem Inhalt nach umstritten ist, keine Rede s e i n 2 2 4 . Die M ö g l i c h keit einer Verwirkung des Klagerechts im Einzelfall wird dadurch nicht ausgeschlossen; die vom B G H dafür formulierten Voraussetzungen sind angemessen.

Dazu neigend OLG München GmbHR 1996, 451, 452. OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 79, 80. 2 2 0 BGH GmbHR 1996, 47, 48f.; ZIP 1999, 656, 657; Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 90b; Boujong, WiB 1997, 345, 351; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 20 Rn.25; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1968; Schantl, ZIP 1997, 657. 2 2 1 Vgl. BGH ZIP 1999, 656, 657. 2 2 2 BGH GmbHR 1996, 47, 48 f.; OLG Celle GmbHR 1997, 172, 174; OLG Köln GmbHR 2002, 913, 915; Geißler, GmbHR 2002, 520, 526; Saenger, GmbHR 1997, 112, 117; ähnlich Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 229. 2 2 3 Gegen eine Klagefrist auch Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.227; Happ, Die GmbH im Prozeß, §20 Rn.25; Raiser, FS 100 Jahre GmbHG, S.587, 595; Rützel, ZIP 1996, 1961, 1968. Nach Eckardt, NZG 1999, 499, 500 ist die Feststellungsklage nicht einmal unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung zeitlich begrenzt. 2 2 4 Ebenso Eckardt, NZG 1999, 499, 500. 218

219

416

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

IV. D e r f e h l e r h a f t e f e s t z u s t e l l e n d e B e s c h l u ß

1.

Problemstellung

Das Gericht, das über die Feststellungsklage zu entscheiden hat, steht vor der Aufgabe, das tatsächliche Abstimmungsergebnis zu ermitteln. Der Klageantrag ist dem Ziel der Klage, den Inhalt des Beschlossenen zu klären, entsprechend zu formulieren: „Es wird festgestellt, daß der auf der Gesellschafterversammlung der X G m b H am D a t u m Y zu Tagesordnungspunkt Z gefaßte Beschluß den folgenden (genau zu bezeichnenden) Inhalt h a t " . D a die Wirksamkeit einer Stimme, wie geseh e n 2 2 5 , nicht dadurch berührt wird, daß der Gesellschafter, der sie abgegeben hat, damit gegen Mitgliedspflichten verstößt, spielt es für die Begründetheit

der Fest-

stellungsklage keine Rolle, ob der tatsächlich gefaßte Beschluß mit Gesetz und Satzung übereinstimmt

oder

nicht.

Es ist also denkbar, daß das vom Gericht festge-

stellte Abstimmungsergebnis in einen rechtswidrigen Beschluß mündet; gleichwohl hat das Gericht entsprechend dieser Feststellung zu entscheiden. Nun wurde gezeigt, daß gerade bei Mehrheitsbeschlüssen ein Interesse daran besteht, die gerichtliche Auseinandersetzung über sie in einem Prozeß auszufechten, da ansonsten die Funktion des Mehrheitsentscheids, gesellschaftsinterne Entscheidungen zu erleichtern, durch das Prozeßrecht unterlaufen würde. Es kann mithin keinem Gesellschafter zugemutet werden, nach rechtskräftiger Feststellung des Beschlußergebnisses durch das Gericht einen weiteren Prozeß anzustrengen, um den nunmehr seinem Inhalt nach feststehenden Beschluß zu beseitigen. Vielmehr m u ß sich die Rechtsbehauptung, der dem Abstimmungsergebnis entsprechende Beschluß verstoße gegen Gesetz oder Satzung, in den ursprünglichen Feststellungsprozeß integrieren lassen: Das Gericht m u ß die Möglichkeit haben, bereits in diesem Prozeß den Beschluß, dessen Z u s t a n d e k o m m e n es festgestellt hat, für nichtig zu erklären ( § 2 4 1 N r . 5 A k t G ) oder seine Nichtigkeit festzustellen ( § 2 4 9 I 1 A k t G ) .

2. Zum Vergleich: Die positive

Beschlußfeststellungsklage

Das gleiche Problem tauchte bereits im R a h m e n der positiven Beschlußfeststellungsklage auf, nämlich dann, wenn nach Behauptung des Klägers ein Beschlußantrag entgegen dem wahren Abstimmungsergebnis vom Versammlungsleiter (verbindlich) verkündet wurde. In diesem Fall kann dem Antrag des Klägers, das Gericht möge den dem Abstimmungsergebnis entsprechenden Beschluß als gefaßt feststellen, der Einwand entgegengesetzt werden, dieser Beschluß verstoße gegen Gesetz oder Satzung. Den Einwand der Nichtigkeit kann dabei bereits die durch den Geschäftsführer vertretene Gesellschaft erheben, da Nichtigkeitsgründe ohnehin von Amts wegen zu beachten sind; der Einwand der Anfechtbarkeit bleibt dagegen den Gesellschaftern vorbehalten. Ein Gesellschafter, der ihn erheben will,

225

Oben § 5 F II 1, 2.

F. Die Rechtslage bei fehlender Beschlußverkündung

in der GmbH

417

m u ß zu diesem Z w e c k als streitgenössischer Nebenintervenient beitreten. Es reicht in allen Fällen aus, daß der Einwand als Einrede gegen das Klagebegehren erhoben wird; es ist nicht erforderlich, daß Anfechtungs- oder Nichtigkeitseinwand im Wege der Widerklage geltend gemacht werden. Eine solche Gestaltung des Rechtsschutzes wäre auch gar nicht möglich; denn diese Klagen wären ebenso wie die positive Beschlußfeststellungsklage gegen die Gesellschaft zu erheben, welche folglich sodann Gegnerin zweier gegenläufiger Rechtsschutzbegehren wäre: einerseits der Anfechtungs- und positiven Beschlußfeststellungsklage gegen den verkündeten, andererseits des Anfechtungsbegehrens gegen denjenigen Beschluß, der anstelle des verkündeten festgestellt werden soll. D a die Gesellschaft aber ohnehin den verkündeten Beschluß verteidigt, erscheint es unangemessen, sie zur Gegnerin einer Klage zu machen, die letztlich die Aufrechterhaltung eben dieses verkündeten Beschlusses anzielt.

3. Die

Beschlußmängel-Widerklage

Im hier interessierenden Zusammenhang ist die Ausgangslage insoweit eine andere, als der Streit von vornherein unter den Gesellschaftern ausgefochten wird; die Gesellschaft ist, wie gesehen, als Prozeßpartei ungeeignet, weil die von ihr zu vertretende Rechtsbehauptung nicht bestimmt werden kann. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß der Kläger, der entgegen einer verbindlichen Verkündung des Beschlußergebnisses einen davon abweichenden Beschluß festgestellt wissen will, eine Veränderung der Rechtslage erstrebt, weil der an sich verkündete Beschluß beseitigt und ein anderer an dessen Stelle gesetzt werden soll; die positive Beschlußfeststellungsklage ist, wie gesehen, Gestaltungsklage 2 2 6 . Das Gestaltungsbegehren wird von denjenigen, welche die Rechtswidrigkeit des positiv festzustellenden Beschlusses behaupten, mit Hilfe einer entsprechenden Einrede abzuwehren versucht. Der hier zu besprechenden Feststellungsklage w o h n t dagegen von vornherein nicht der Charakter einer Rechtsgestaltung inne; es handelt sich um eine gewöhnliche Feststellungsklage. Diese beiden Gesichtspunkte haben entscheidenden Einfluß darauf, mit welchem prozessualen Mittel ein Gesellschafter die Behauptung, der festzustellende Beschluß sei rechtswidrig, in den Prozeß einzuführen hat. Es reicht hier nicht mehr eine bloße Einrede a u s 2 2 7 . Führt man sich nämlich die oben 1. vorgeschlagene Formulierung des Klageantrags vor Augen, so ist das Feststellungsbegehren von der Rechtmäßigkeit des Beschlusses gerade unabhängig; dann aber k a n n die Rechtswidrigkeit auch nicht im Wege einer „Einrede" materiellrechtliche Bedeutung erlangen: Der Beschlußantrag ist entweder angenommen oder abgelehnt,

Oben § 5 F II 4 c. So aber auf dem Boden der Annahme, die Feststellungsklage sei gegen die Gesellschaft zu richten, Baumbach-Zöllner, GmbHG, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 90c. 226

227

418

§ 6 Der Beschlußmängelstreit

in der GmbH

mag dies nun rechtmäßig geschehen sein oder nicht. Und prozessual steht, anders als bei der positiven Beschlußfeststellungsklage, nichts entgegen, den Beschluß, den der Kläger festgestellt wissen will, mit Hilfe einer Widerklage zu bekämpfen: Denn da der Prozeß unter den Gesellschaftern ausgetragen wird, kann die oben beschriebene Situation, daß die Gesellschaft als Prozeßpartei mit zwei gegenläufigen Rechtsschutzbegehren überzogen wird, nicht eintreten. Die Anfechtbarkeit des Beschlusses, dessen Feststellung der Kläger begehrt, ist daher im Wege der Widerklage in den Prozeß einzuführen. Das gleiche gilt für die Nichtigkeit: Denn das Feststellungsbegehren des Klägers richtet sich nicht darauf, die Wirksamkeit, sondern nur, den Inhalt des Beschlossenen festzustellen. Diesem Begehren kann das Gericht stattgeben, wenn überhaupt (tatbestandlich) ein Beschluß vorliegt; eventuelle Nichtigkeitsgründe ändern nichts daran, daß etwas mit Mehrheit beschlossen wurde und der Beschluß daher diesen Inhalt hat. Nur dies hat das Gericht festzustellen, wenn es mit dem oben 1. formulierten Klageantrag konfrontiert wird. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage werden dabei als Eventualwiderklage erhoben: Da das Beschlußergebnis in den hier behandelten Konstellationen umstritten ist, wird der Gegner der Feststellungsklage in erster Linie die Behauptung des Klägers bestreiten, der Beschluß habe den von ihm behaupten Inhalt. Nur hilfsweise für den Fall, daß das Gericht den Beschluß mit dem vom Kläger vorgetragenen Inhalt für gefaßt erklärt, wird er vortragen, in dieser Gestalt sei der Beschluß rechtswidrig. Die Beschlußmängel-Widerklage wird abermals unter den Gesellschaftern ausgefochten; sie unterliegt wie die Feststellungsklage dem Modell des § 856 ZPO: Alle als Kläger oder Beklagte beteiligte Parteien können die Beiladung der übrigen Gesellschafter beantragen. Rechtskraft und Gestaltungswirkung des Urteils, das der Beschlußmängel-Widerklage stattgibt, erstrecken sich freilich analog § 856 V ZPO nur auf die Gesellschafter, die tatsächlich beigeladen worden sind.

G. Anwendung

der §§241 f f . AktG auf unwirksame in der GmbH?

Beschlüsse

Wie das Aktien-, so sieht auch das GmbH-Recht in außerordentlich seltenen Fällen vor, daß ein Mehrheitsbeschluß der individuellen Zustimmung eines oder mehrerer bestimmter Gesellschafter bedarf, weil diese vom Beschluß in besonderer Weise betroffen werden. Das GmbHG nennt etwa die Fälle der leistungsvermehrenden Satzungsänderung (§ 53 III GmbHG) oder die Einziehung des Geschäftsanteils (§34 II GmbHG). Bis zur Erteilung dieser Zustimmung ist der Beschluß schwebend, nach ihrer Verweigerung endgültig unwirksam. Über die Frage, ob für einen konkreten Beschluß eine Zustimmung dieser Art erforderlich war und ob sie erteilt worden ist, mag zwischen den Gesellschaftern Streit entstehen. Es fragt sich, mit welcher Verteilung der Parteirollen dieser Streit auszutragen ist.

G. Anwendung der §§241 f f . AktG auf unwirksame Beschlüsse in der GmbH?

419

D a der Beschluß nicht fehlerhaft ist, scheidet eine Anfechtungsklage als zulässige Klageart aus. Die Klage ist vielmehr eine allgemeine Feststellungsklage 2 2 8 . Für die vergleichbare Problematik in der A G wurde hier vorgeschlagen, daß die Klage analog § 2 4 6 II 1 A k t G gegen die Gesellschaft zu erheben sei und das stattgebende Urteil analog § 2 4 8 1 1 A k t G in Rechtskraft für und gegen alle Aktionäre und Verwaltungsorgane erwachse. Grundlage dieser H a n d h a b u n g ist das Vertrauen der Aktionäre, daß die Vertretungsorgane der Gesellschaft für die Wirksamkeit des Beschlusses streiten. Dies Vertrauen ist gerechtfertigt, weil der Beschluß nach § 1 3 0 II A k t G obligatorisch vom Versammlungsleiter als gefaßt verkündet worden ist und daher die Position vorzeichnet, mit der die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintritt. Diese Lösung kann für die G m b H nicht unbegrenzt 2 2 9 , sondern nur dann übernommen werden, wenn (fakultativ) ein Versammlungsleiter bestellt wurde und dieser das Beschlußergebnis verkündet hat oder wenn dies Ergebnis unter den Gesellschaftern unstreitig ist. Ist weder das eine noch das andere der Fall, so m u ß die auf die Feststellung der Unwirksamkeit gerichtete Klage gegen die Mitgesellschafter erhoben werden. Dabei kann der Kläger sich darauf beschränken, einen derjenigen Gesellschafter zu verklagen, welche den Beschluß für wirksam halten, und die übrigen nach dem an § 8 5 6 Z P O angelehnten Modell beiladen zu lassen.

2 2 8 BGH NJW 1979, 2567, 2569; Emde, ZIP 2000, 59, 61; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 23, 249; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 53 Rn. 91; Happ, Die GmbH im Prozeß, §19 Rn. 10, §20 Rn.20; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.42; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.59; Waldenberger, GmbHR 1997, 49, 55. 2 2 9 Für die Gesellschaft als Beklagte ohne jede Einschränkung aber Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. §47 Rn.249. Dagegen hat der BGH (NJW 1979, 2567, 2569) eine Feststellungsklage unter den Gesellschaftern für möglich gehalten; das Urteil wirke nur inter partes.

§ 7 Der Beschlußmängelstreit in der Personengesellschaft A. Zum

Streitstand

I. Die Ablehnung der § § 2 4 1 ff. AktG durch die herrschende Lehre Sind nach alledem die § § 2 4 1 ff. A k t G in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung auf die G m b H anzuwenden, so fragt sich, o b Gleiches für O H G und K G gilt. Die ganz herrschende Meinung lehnt dies a b 1 . Dezidiert wendet sie sich namentlich gegen die Unterteilung fehlerhafter Beschlüsse in solche, die ipso iure nichtig, und solche, die trotz ihrer Rechtswidrigkeit lediglich anfechtbar sind 2 . Vielmehr seien Beschlüsse, welche gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag verstießen, immer bereits von Rechts wegen nichtig 3 . Ein Klageerfordernis zur Geltendmachung von Beschlußmängeln wird aus ähnlichen Gründen abgelehnt, wie sie bereits für die G m b H vorgetragen worden sind 4 . Allerdings verwirke derjenige Gesellschafter sein Klagerecht, der den Fehler unangemessen lange ungerügt lasse; ihm sei es sodann verwehrt, sich auf die Nichtigkeit des Beschlusses zu berufen 5 . Freilich hat der B G H erst jüngst hervorgehoben, daß es für die Verwirkung 1 BGH BB 1990, 370; WM 2003,195,196, Bauschatz, NZG 2002, 759, 761; Ebenroth-Ehrikke, HGB, § 119 Rn. 75; A. Hueck, OHG, § 11 V 2a (S. 184); Hüffer, AktG, § 243 Rn. 2; Jüdel, Beschluß, S. 92; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 194; Kort, Bestandsschutz, S. 53f.; Nitschke, Die Personengesellschaft, S. 206ff.; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 170ff.; Schlegelberger-Martens, HGB, §119 Rn.9ff.; Sester, Treupflichtverletzung, S.162f. ; Staub-Ulmer, HGB, §119 Rn.80; Timm, FS Fleck, S.365, 368f., 371 f.; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.219; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 549f.; Zöllner, Schranken, S.382. 2 Nachdrücklich in diesem Sinne OLG Celle NZG 1999, 64, 65; Voormann, Beirat, S. 178 f. 3 BGH WM 1983,1407,1408; OLG Hamm GmbHR 1992, 759,760; Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rn. 31; Baums, Eintragung, S. 35; Bauschatz, NZG 2002, 759, 761; Berg, Beschlüsse, S.43; Brandes, WM 2000, 385, 389; Ebbing, NZG 1998, 281, 284; Grunewald, FS Zöllner, S.177, 185; A. Hueck, OHG, §11 V 2a (S.183f.); Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 97; Jüdel, Beschluß, S. 92f.; Kulka, Ausschluß, S.213; MK-Ulmer, BGB, § 709 Rn. 88ff.; C. Schäfer, Verband, S.299f.; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.56; Sester, Treupflichtverletzung, S.162; SoergelHadding, BGB, § 709 Rn.44; Weber, DStR 1997, 824, 825; Wolf, ZGR 1998, 92, 107; Zöllner, Schranken, S.382. 4 Vgl. im einzelnen Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 212ff. 5 BGHZ 112, 339, 344; BGH WM 1973,100; BB 1999,1835; OLG München BB 2001,1492, 1493; Binge, Gesellschafterklagen, S. 139; Brandes, NZG 1999, 936; ders., WM 2000, 385, 389; Ebenroth-Ehricke, HGB, § 119 Rn. 76; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 11; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.75; Schlegelberger-Martens, HGB, §119 Rnl2; Staub-Ulmer, HGB, §119 Rn. 93; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 554; Zöllner/Noack, ZGR 1989, 525, 531 f.;

A. Zum Streitstand

421

nicht allein auf das Zeitmoment ankomme; hinzutreten müsse vielmehr ein Umstand, welcher das Vertrauen der Gesellschaft rechtfertige, daß der klagende Gesellschafter sich auch in Zukunft nicht mehr auf den M a n g e l berufen werde 6 . Die Frist des § 2 4 6 1 A k t G sei weder als strenge Monatsfrist 7 noch auch nur als Leitbild für die zeitliche Begrenzung der Berufung auf Beschlußmängel heranzuziehen 8 ; doch soll der Gesellschaftsvertrag keine kürzere Klagefrist als einen M o n a t vorsehen dürfen 9 . Geschehe dies gleichwohl, so trete an die Stelle der unwirksamen eine angemessene Frist 1 0 . D e r Streit darüber, ob ein Beschluß fehlerhaft und damit nichtig sei, sei durch Erhebung einer Feststellungsklage 1 1 in einem Prozeß zwischen den Gesellschaftern auszutragen 1 2 ; klagebefugt sei jeder Gesellschafter ohne Rücksicht darauf, o b er an der Abstimmung teilgenommen h a b e 1 3 . Die Klage sei (nur) gegen diejenigen Gesellschafter zu richten, welche die Wirksamkeit des Beschlusses behaupteten 1 4 ; die Gesellschaft sei verpflichtet, N a m e n und Anschrift dieser Gesellschafter anzugeben 1 5 . Mehrere Gesellschafter seien weder auf Kläger-

„jedenfalls" in der Publikumsgesellschaft auch OLG Celle NZG 1999, 64, 65. Für das Vereinsrecht ebenso Prior, Vereinsbeschlüsse, S.212ff. 6 BGH BB 1999, 1835f.; zustimmend Casper, BB 1999, 1837. 7 Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.221. 8 BGH BB 1999,1835; Brandes, NZG 1999,936; gegen die Anwendung des § 2461 AktG auch Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn. 93. 9 BGH NJW 1995, 1218, 1219; Baumbach/Hopt, HGB, $119 Rn.32; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 119 Rn. 12; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.96. 10 BGH NJW 1995, 1218, 1219. 11 BGH NJW 1995,1218,1219; WM 2003,195,196; KG NJW-RR 1996,103,104; BGH DB 1999, 1800; OLG Hamm GmbHR 1992, 759, 760; Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rn.32; Bauschatz, NZG 2002,759, 762; Berg, Beschlüsse, S. 43 f.; Brandes, WM 1998,261,267; ders., NZG 1999, 936; ders., WM 2000, 385, 389; Ebbing, NZG 1998, 281, 284; Ebenroth-Ehricke; HGB, § 119 Rn. 75; Emde, DB 1996, 1557; ders., ZIP 2000, 59, 62; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 11; A. Hueck, OHG, § 11 V 2d (S. 185); MK-Ulmer, BGB, § 709 Rn. 95; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 990; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 135; C. Schäfer, Verband, S. 300; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 13; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 61; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 145ff.; Schütz, Sachlegitimation. S. 150f.; Soergel-Hadding, BGB, §709 Rn.44; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.94; Stimpel, FS Fischer, S.771, 774; Timm, FS Fleck, S.365, 369; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 2a (S.465); Wolf, ZGR 1998, 92, 207. 12 BGHZ 88, 350, 353; BGH WM 1966, 1036; DB 1966,1560,1561; WM 1983, 785; NJW 1995,1218; BB 1999,1835,1836; KG NJW-RR 1996,103,104; OLG Frankfurt DB 1993,2172; OLG Hamm GmbHR 1992, 759, 760; OLG Rostock NZG 2000, 930, 931; Brandes, WM 1978, Beilage 1, S. 11; ders., WM 1998, 261, 266f.; ders., WM 2000, 385, 389; Heymann-Emmerich, HGB, §119 Rn. 12; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 990; Schlegelberger-Martens, HGB, §119 Rn. 13; Staub-Ulmer, HGB, §119 Rn.94; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 557; Wolf, ZGR 1998, 92, 107. 13 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 2a (S.465). 14 BGH WM 1965, 14; WM 1965, 709; BB 1968, 145, 146; OLG Hamburg BB 1967, 1267; Bauschatz, NZG 2002, 759, 762; Brandes, NZG 1999, 936; ders., WM 2000, 385, 389; Ebenroth-Ehricke, HGB, § 119 Rn. 77; A. Hueck, OHG, § 11 V 2d (S. 185f.); UK-Ulmer, BGB, § 709 Rn. 95; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 13; Sester, Treupflichtverletzung, S. 33; SoergelHadding, § 705 Rn.44; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn. 94; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 5 III 1 (S.267). 15 BGH WM 1987, 1102, 1103; Brandes, WM 2000, 385, 389.

422

5 7 Der Bescblußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

noch auf Beklagtenseite notwendige Streitgenossen 1 6 . Die Gesellschaft sei als Beklagte ungeeignet, da es bei Beschlüssen in O H G und K G immer nur um das Verhältnis unter den Gesellschaftern gehe 1 7 ; sie sei O b j e k t , nicht Subjekt des Beschlusses 1 8 . Lediglich vereinzelt wird die Anwendung des § 2 4 7 A k t G auf die Kostenentscheidung im Feststellungsurteil zwischen den Gesellschaftern erwogen 1 9 . Ganz überwiegend gestattet man jedoch den Gesellschaftern, im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, daß die Beschlußmängelklage statt gegen die Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft zu erheben sei 2 0 ; das Gleiche könnten die Gesellschafter auch ad hoc beschließen 2 1 . Der Gesellschaftsvertrag könne ebenso die Gesellschaft zu einer eigenen Feststellungsklage ermächtigen 2 2 . Sei nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft Partei des Beschlußmängelstreits, so wirke das Urteil zwar nicht Rechtskraft gegen die übrigen Gesellschafter 2 3 ; doch seien diese schuldrechtlich verpflichtet, das Urteil gegen sich gelten zu lassen 2 4 . In einer Publikumspersonengesellschaft soll auch ohne eine ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag die Beklagtenrolle der Gesellschaft als stillschweigend vereinbart angesehen werden k ö n n e n 2 5 . Dabei ist umstritten, o b für eine solche ergänzende Vertragsauslegung bereits die hohe Gesellschafterzahl ausreichen 2 6 oder o b das Hinzutreten weiterer Umstände erforderlich sein soll 2 7 .

16 OLG Hamburg BB 1967, 1267; Eckardt, NZG 1999, 991, 993; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 12; MK-Ulmer, BGB, § 709 Rn. 95; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 990; StaubUlmer, HGB, §119 Rn.94; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, §5 III 1 (S. 267); für notwendige Streitgenossenschaft aber OLG Köln NJW-RR 1994,491 ;W. Lüke, ZGR 1994,266,274; Schütz, Sachlegitimation, S. 165. 17 Weber, DStR 1997, 824, 825. 18 Brandes, NZG 1999, 936; ders., WM 2000, 385, 389. 19 Emde, DB 1996, 1557, 1560. 2 0 BGHZ 85, 350, 353; BGH BB WM 1966, 1036; DB 1966, 1560, 1561; WM 1983, 785, 786; NJW 1995, 1218; BB 1999, 1835, 1836; OLG Frankfurt DB 1993, 2172; OLG München NZG 2001, 558, 559; Bauschatz, NZG 2002, 759, 762; Brandes, WM 1978, Beilage 1, S . l l f . ; ders., WM 2000, 385, 389; Ebenroth-Ehricke, HGB, § 119 Rn.78; A. Hueck, OHG, § 11 V 2d (S.186); Heymann-Emmerich, HGB, §119 Rn.12; Joussen, Gesellschafterabsprachen, S.152; MK -Ulmer, BGB, §709 Rn.95; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 990; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 135; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 13; Sester, Treupflichtverletzung, S.34; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.95; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 5 III 1 (S.268). 21 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, §5 III 1 (S.268). 2 2 BGH WM 1983, 785, 786; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 13. 2 3 BGH WM 1966, 1036; DB 1966, 1560, 1561; Casper, BB 1999, 1837, 1838; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 13. 2 4 BGH WM 1966, 1036; BGH DB 1966, 1560, 1561; Casper, BB 1999, 1837, 1838; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 12; A. Hueck, OHG, § 11 V 2d (S. 186); Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 152; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 13; Sester, Treupflichtverletzung, S.34; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.95. 25 Casper, BB 1999, 1837, 1838; Staub-Ulmer, HGB, §119 Rn.98; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 556. 2 6 So Casper, BB 1999, 1837, 1838. 2 7 So BGH BB 1999, 1835, 1836.

A. Zum

Streitstand

423

II. Die Korrelation der § § 2 4 1 ff. AktG mit dem Mehrheitsprinzip Demgegenüber will ein Teil der Literatur die § § 2 4 1 ff. AktG überall dort anwenden, wo sich die Beschlußfassung in der Personengesellschaft kraft gesellschaftsvertraglicher Anordnung nach dem Mehrheitsprinzip richtet 2 8 . In der Übertragung der § § 2 4 1 ff. AktG auf andere Gesellschaftsformen als die AG komme ein Akt gesellschaftsrechtlicher Institutionenbildung zum Ausdruck: Die Anfechtungsklage nach dem dort niedergelegten Verfahrensmodell stelle überall dort den angemessenen Rechtsbehelf bereit, ein Mehrheitsbeschluß als Anfechtnngsgegenstand existiere, die zur Anfechtung befugten Personen sich bestimmen ließen und in Gestalt eines rechtsfähigen Verbandes mit eigenständiger Organisation ein geeigneter Beklagter

vorhanden sei 2 9 . Diese Voraussetzungen, insbesondere die

letztere, seien namentlich auch bei O H G und K G gegeben, wenn der Gesellschaftsvertrag dort die Beschlußfassung mit Stimmenmehrheit vorsehe. Die Beschlußmängelklage sei dort konsequent gegen die Gesellschaft zu richten 3 0 . Wie in den Kapitalgesellschaften sei zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen zu unterscheiden 31 . Das stattgebende Urteil wirke Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter 3 2 .

III. Personalistische und kapitalistische Gesellschaften Wieder andere halten die § § 2 4 1 ff. AktG in denjenigen Gesellschaften für ein geeignetes Modell, welche realtypisch der AG im wesentlichen angeglichen seien nämlich in kapitalistisch strukturierten Personengesellschaften 33 . Diese zeichneten sich dadurch aus, daß sie auf dauerhaften Bestand ohne Rücksicht auf die Person ihrer Gesellschafter angelegt seien, dementsprechend den Gesellschaftsanteil frei verfügbar stellten, nach dem Vorbild der Körperschaften Organe bildeten und Entscheidungen in ihr sich nach dem Mehrheitsprinzip richteten; häufig gehe da28 Becker, Verwaltungskontrolle, S . 5 2 0 , 522; Menger, Lückenausfüllung, S. 183ff., 2 0 1 ; MKEnzinger, HGB, § 119 R n . l 0 6 f f . ; K. Schmidt, FS Stimpel, S . 2 1 7 , 231f.; ders., JuS 1986, 35, 39; ders., Gestaltungsprozesse, S. 104; ders., DB 1 9 9 3 , 2 1 6 7 , 2 1 6 8 ; ders., in GroßkommAktG, AktG, § 2 4 1 R n . 4 1 ; ders., Gesellschaftsrecht, § 1 5 II 3b (S.448); Schröder, GmbHR 1994, 535, 5 3 6 ; sympathisierend und ohne Beschränkung auf Mehrheitsbeschlüsse Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 1 1 9 R n . 8 ; ablehnend aber Casper, Z H R 163 (1999), 54, 74; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 108 ff. 19 K. Schmidt, FS Stimpel, S . 2 1 7 , 231f.: ebenso, aber ohne daraus die Analogie zu § § 2 4 1 ff. AktG für Personengesellschaften zu folgern, Emmerich, Entwicklung, S. 16. 30 K. Schmidt, FS Stimpel, S. 2 1 7 , 2 3 6 f . ; ders., DB 1 9 9 3 , 2 1 6 7 , 2 1 6 8 . Für Parteirolle der Personengesellschaft im Beschlußmängelstreit außerdem jetzt Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S.7. 31 K. Schmidt, FS Stimpel, S . 2 1 7 , 2 4 2 f . 32 K. Schmidt, DB 1993, 2 1 6 7 , 2 1 6 8 . 33 So namentlich Köster, Nichtigkeitsklage, S. 115 ff.; ebenso Grunewald, Ausschluß, S . 2 7 4 ; Timm, FS Fleck, S. 365, 372f.; dazu wohl neigend, aber letztlich offenlassend auch Schütz, Sachlegitimation, S. 149f.: de lege ferenda ebenso Emmerich, Entwicklung, S. 160.

424

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

mit eine Haftungsbeschränkung einher, weil die Rechtsform der GmbH & Co. K G gewählt werde 3 4 . In denjenigen Gesellschaftern, welche dem gesetzlichen Realtypus entsprechend personalistisch ausgestaltet seien, verbleibe demgegenüber für die §§ 2 4 1 ff. AktG kein Raum, da es insoweit an einer der AG vergleichbaren Interessenlage fehle; die typische Personengesellschaft beruhe auf einem wechselseitigen Zusammenwirken der Gesellschafter, was eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit, fehlerhafte Beschlüsse anzugreifen, erforderlich mache 3 5 . In die gleiche Richtung weist der Vorschlag, für Publikumsgesellschaften die Gesellschaft zur Beklagten im Beschlußmängelstreit zu erheben 3 6 ; damit wird zumindest ein Element der § § 2 4 1 ff. AktG, nämlich die Parteienkonstellation, in die Personengesellschaft übernommen.

IV. Fehlerhafte Vertragsänderungen Selbst soweit fehlerhafte Beschlüsse in der Personengesellschaft für ohne weiteres nichtig gehalten werden, sollen fehlerhafte Vertragsänderungsbeschlüsse eine Sonderbehandlung erfahren: Sie seien nach Invollzugsetzung ebenso wirksam wie die von vornherein fehlerhaft gegründete Gesellschaft; ihre Ungültigkeit könne daher allenfalls ex nunc geltend gemacht werden 3 7 . Nach vereinzelt vertretener Ansicht besteht das geeignete Mittel hierzu in einer Gestaltungsklage (ebenso wie ursprüngliche Mängel im Gesellschaftsvertrag in der Personengesellschaft mit Hilfe der Auflösungsklage nach § 133 HGB, in der Kapitalgesellschaft mit der Nichtigkeitsklage nach § § 7 5 GmbHG, 2 7 5 AktG geltend gemacht werden müssen). Dann aber sei das Modell der § § 2 4 1 ff. AktG für solche Beschlüsse angemessen 38 . Hierzu sei freilich bereits an dieser Stelle angemerkt, daß der Zusammenhang zwischen der Anwendbarkeit der § § 2 4 1 f. AktG und der bloßen ex-nunc-Beachtlichkeit von Beschlußmängeln nicht hinreichend belegt ist; denn das Anfechtungsurteil wirkt, anders als etwa das Auflösungsurteil nach § 133 HGB, ex tunc. Allein mit Hilfe der § § 2 4 1 ff. AktG wird also das eigentliche Ziel der soeben wiedergegebenen Ansicht, die Gültigkeit der Vertragsänderung für die Vergangenheit zu begründen, nicht erreicht.

Köster, Nichtigkeitsklage, S. 106 ff. Köster, Nichtigkeitsklage, S. 103 ff. 36 Reuter, J Z 1986, 72, 81. 3 7 MK-Ulmer, BGB, § 7 0 9 R n . 9 1 ; MüHdbGesR-Bä/z, § 1 8 R n . 8 5 ; C. Schäfer, S . 3 8 2 f . Zur ursprünglich fehlerhaften Gesellschaft oben § 2 B VI. 3 8 MüHdbGesR-Bäfe, § 1 8 R n . 8 5 34

35

Verband,

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

425

B. Das Modell der §§241 ff. AktG - Einschränkung oder Erweiterung des Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Beschlüsse? Die Einwände der herrschenden Lehre gegen die analoge Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG lassen sich auf die Grundannahme zurückführen, fehlerhafte Beschlüsse seien gewissermaßen in ihrem rechtlichen „Urzustand" ipso iure nichtig. Die § § 2 4 1 ff. AktG verhinderten, daß die Rechtswidrigkeit des Beschlusses jederzeit durch Erhebung einer Feststellungsklage geklärt werden könne; es wird also angenommen, daß diese Möglichkeit bestünde, wenn es diese Vorschriften nicht gäbe 3 9 . Vor diesem Hintergrund erscheinen die § § 2 4 1 ff. AktG als eine erhebliche Einschränkung der Möglichkeit, Beschlußmängel gerichtlich geltend zu machen 4 0 : Soweit sie nach diesen Vorschriften nicht ausnahmsweise nichtig sind, müssen ihre Gegner noch in der Versammlung Widerspruch erheben ( § 2 4 5 Nr. 1 AktG) und binnen kurzer Frist ( § 2 4 6 1 AktG) Klage erheben. Diese Einschränkungen empfindet man offenbar als für die Personengesellschaften nicht passend. Von diesem Verständnis scheint auch der Gesetzgeber der Aktienrechtsnovelle von 1 8 8 4 ausgegangen zu sein. In der Begründung hierzu ist nämlich ausgeführt, daß das bis dahin geltende Recht die Anfechtungsbefugnis einzelner Aktionäre nicht ausdrücklich regle; deshalb werde angenommen, daß die Anfechtung unbeschränkt von jedem Aktionär geltend gemacht werden könne. Dies gelte es einzudämmen, weil das Anfechtungsrecht „Chikanen und Erpressungen Thür und T h o r " öffne 4 1 . Indes kann die Annahme, fehlerhafte Beschlüsse seien ipso iure nichtig, solange sich aus dem Gesetz keine Einschränkung ergebe, einer kritischen Uberprüfung nicht standhalten:

I. Nichtigkeit nach §§ 134, 138, 125 BGB? Gelegentlich wird als Begründung für die Annahme, fehlerhafte Beschlüsse seien nichtig, auf die §§ 1 3 4 , 1 3 8 BGB zurückgegriffen 42 . Auf die Normen des BGB läßt sich jedoch die These, fehlerhafte Beschlüsse seien grundsätzlich nichtig, nicht stützen 43 . Insbesondere begründet ein Beschluß, bei dessen Fassung die Gesellschafter unter Verstoß gegen abdingbare Mitgliedspflichten, namentlich gegen die So namentlich Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 5 . Dies Vorverständnis ist absolut herrschend; es kommt deutlich zum Ausdruck bei B G H Z 104, 6 6 , 70; O L G München AG 2 0 0 1 , 197, 198; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 1 6 ; Hüffer, FS Fleck, S. 151, 155; ders., in Geßler, AktG, § 342 Rn. 5; Götz, FS Lüke, S. 167, 175; Kindl, AG 1 9 9 3 , 1 5 3 , 1 5 6 ; Lindemann, Beschlußfassung, S.50ff.; Menger, Lückenausfüllung, S. 195f.; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 2 3 4 mit Fn. 361; Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 19, 63 f.; Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 653; ders., in Hachenburg, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 5 ; Teichmann, JuS 1 9 9 0 , 2 6 9 , 2 7 1 ; Winter, Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 276; Zöllner, Schranken, S . 3 8 1 f . 4 1 Abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S . 4 6 7 . 42 Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 2 2 0 . 4 5 Eingehend zum Folgenden namentlich Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 18 ff.; Schmitt, Be39 40

426

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

Treupflicht 4 4 , abgestimmt haben, keinen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 1 3 4 B G B 4 5 : Soweit eine einstimmige Hinwegsetzung über diese Pflichten möglich ist, ist ein einstimmiger

Beschluß rechtmäßig46.

§ 1 3 4 B G B vermag

aber keine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen dispositive N o r m e n zu begründen 4 7 . Vollends versagt § 1 3 4 B G B dort, w o es um Verstöße gegen den Gesellschaftsvertrag geht 4 8 ; denn dieser vermag mangels Rechtsnormqualität kein „gesetzliches" Verbot aufzurichten 4 9 . Ebensowenig läßt sich über § 1 3 4 B G B die Nichtigkeit verfahrensfehlerhafter Beschlüsse begründen 5 0 . § 1 3 8 B G B erfaßt nur krasse Ausnahmefälle 5 1 und kann kein zentraler M a ß s t a b für die Kontrolle von Mehrheitsbeschlüssen sein 5 2 . Wenig Erfolg ist auch dem Versuch beschieden, Verstöße im Beschlußverfahren der Nichtigkeitssanktion des § 1 2 5 B G B zu unterwerfen: § 1 2 5 B G B regelt die F o r m von Rechtsgeschäften, nicht aber die Modalitäten ihres Z u s t a n d e k o m m e n s 5 3 . Abgesehen von diesen Schwierigkeiten, fehlerhafte Beschlüsse unter die Vorschriften im allgemeinen Teil des B G B zu subsumieren, besteht ein weiterer Einwand von wesentlich grundsätzlicherem Gewicht: D e r Beschluß ist das typische Mittel der Willensbildung im Verband. Auf die Frage nach dem rechtlichen Schicksal fehlerhafter Beschlüsse m u ß daher in erster Linie das Verbandsrecht eine Antwort geben 5 4 . So sind denn auch mehrere Versuche unternommen worden, die grundsätzliche Nichtigkeit fehlerhafter Beschlüsse mit spezifisch verbandsrechtlichen Überlegungen zu begründen:

schlußmängelrecht, S.52ff.; außerdem Casper, ZHR 163 (1999), 54, 63 f.; MK-Reuter, BGB, § 32 Rn.57 Schröder, GmbHR 1994, 432, 536 f. 4 4 Zur Abdingbarkeit der Treupflicht oben §2 B IX 1. 45 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn. 1; Casper, ZHR 163 (1999), 54, 67; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.45; Koppensteiner, ZIP 1994, 1325,1326; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.64; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 19f.; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.56; Schröder, GmbHR 1994, 532, 536. 4 6 Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.89. 4 7 Vgl. Erman-Brox, BGB, § 134 Rn.9; UK-Mayer-Maly/Armhrüster, BGB, § 134 Rn.46. 4 8 Für Nichtigkeit nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen den Gesellschaftsvertrag aber Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 10. Für Nichtigkeit gegen die Satzung verstoßender Aufsichtsraisbeschlüsse Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 179; Kindl, AG 1993, 153, 154. 4 9 Zutreffend Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 1; Casper, ZHR 163 (1999), 54,67; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.56. 50 Näher Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 23; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 46; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.68ff.; Schröder, GmbHR 1994, 532, 536; Zöllner, AG 2000, 145; ders., in Baumbach, GmbHG, Anh. §47 Rn. 1. 51 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.28; Schröder, GmbHR 1994, 432, 537; ähnlich Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 5 8 f. 52 Zutreffend Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.72f. 53 Casper, ZHR 163 (1999), 54,68; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß; S. 62ff.; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.28 ff.; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.91; Schröder, GmbHR 1994, 532, 537. 54 So im Ansatz zutreffend Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.73; Staub-Ulmer, HGB, §119 Rn. 90.

427

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

II. Nichtigkeit als Folge eines verbandsrechtlichen Aufhebungsanspruchs 1. Die Differenzierung

zwischen interner und genereller

Nichtigkeit

So ist teilweise behauptet worden, dem Mitglied stehe ein Anspruch auf Aufhebung gesetzes- oder satzungswidriger Beschlüsse zu 55 , weil es einen korrespondierenden Anspruch auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung habe 56 . Dies führe dazu, daß Beschlüsse, die gegen Gesetz oder Satzung verstießen, nichtig seien 57 , und zwar, soweit sie nur das Innenverhältnis unter den Gesellschaftern oder zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern beträfen, intern nichtig, also nur unter den Verbandsbeteiligten58, soweit sie dagegen das Außenverhältnis zu Dritten beträfen (Beschlüsse mit sog. Außenwirkung59), generell nichtig, also auch außenstehenden Dritten gegenüber60. Auf die interne Nichtigkeit könnten sich nur die Gesellschafter und die Gesellschaft, auf die generelle Nichtigkeit demgegenüber jedermann berufen 61 . Die interne Nichtigkeit soll nur eintreten, wenn der Beschlußmangel mit Hilfe eines internen Widerspruchs gerügt werde 62 ; sie soll mittels einer Beschlußmängelklage gerichtlich geltend gemacht werden können, welche dem Tenor ihres Begehrens zufolge Feststellungsklage, in Wahrheit aber ebenso wie die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage Gestaltungsklage sei 63 ; dabei wird also die bereits besprochene Ansicht 64 zugrundegelegt, wonach die Nichtigkeits- ebenso wie die Anfechtungsklage Gestaltungsklage sein soll. Diese Klage soll gegen die Gesellschaft zu erheben sein 65 . Die interne Nichtigkeit soll, sobald ein rechtskräftiges stattgebendes Urteil vorliege, zur generellen Nichtigkeit mutieren 66 . Mit diesen Überlegungen wird ein Ansatz verbandrechtsspezifisch fortgeschrieben, der zuvor für die allgemeine Rechtsgeschäftslehre entwickelt worden war: Danach soll die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften grundsätzlich nur gegenüber denjenigen Personen eintreten, deren Schutz die nichtigkeitsbegründende Norm bezweckt 67 . In eine ganz ähnliche Richtung weist eine in jüngerer Zeit vorgetragene Auffassung, wonach fehlerhafte Beschlüsse in Personengesellschaften unter ähnlichen Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 46 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 45 57 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.47 58 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.55f., 64f. 5 9 Aufzählung solcher Beschlüsse mit Außenwirkung bei Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.52f.; siehe dazu auch sogleich 3. 60 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.59, 64f. 61 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 64f. Dem Konzept Noacks insgesamt zustimmend Krohn, ZHR 153 (1989), 710, 711 f.; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.126f.; Voormann KTS 1989, 4 7 5 , 476. 62 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 71 ff.; zustimmend Binge, Gesellschafterklagen, S. 139. 63 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.98. 6 4 Oben § 5 A II. 65 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 175 f. 66 Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S.98. 6 7 Vgl. U. Hübner, FS H. Hübner, S.487, 490. 55 56

428

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

Voraussetzungen, wie sie in § 2 4 1 A k t G niedergelegt seien, absolut nichtig 6 8 , im übrigen aber lediglich „unverbindlich" in dem Sinne sein sollen, daß die Gesellschafter entscheiden könnten, o b sie den Beschluß trotz des Mangels gegen sich gelten ließen oder nicht 6 9 . Die so verstandene „Unverbindlichkeit" k o m m t der internen Nichtigkeit sehr nahe. Sie soll mit Hilfe einer mitgliedschaftlichen Feststellungsklage geltend zu machen sein, die sich von der gewöhnlichen Feststellungsklage unterscheide 7 0 und in Wahrheit Gestaltungsklage sei 7 1 . Sie sei gegen die Gesellschaft zu richten 7 2 ; ein stattgebendes Urteil entfalte Rechtskraft im Umfang des § 248 AktG73.

2 . Nichtigkeit

und

Aufhebungsanspruch

Die Prämisse dieses Ansatzes, das Mitglied habe einen generellen Anspruch auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung, wurde bereits o b e n 7 4 verworfen. Indes - selbst wenn sie richtig wäre, könnte sie die Rechtsfolge der Nichtigkeit nicht tragen: Wenn jemand einen Anspruch auf Aufhebung eines Rechtsgeschäfts hat, so setzt dies begrifflich voraus, daß jenes Rechtsgeschäft zunächst einmal wirksam ist. So war etwa nach dem bis zum 3 1 . 1 2 . 2 0 0 1 geltenden Kaufrecht der Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags (Wandlung) aus § 4 6 2 B G B nur denkbar, wenn vorher ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden w a r 7 5 ; nichtige Verträge wurden nicht nach §§ 4 5 9 f f . B G B , sondern nach Bereicherungsrecht abgewickelt. Den Begriff der Nichtigkeit verwendet das Gesetz im wesentlichen nur dort, w o es die Geltendmachung des Mangels eines Rechtsgeschäfts nicht in das Belieben der Parteien stellen will. § 1 4 2 B G B zwingt nicht zu einer abweichenden Sehweise: D a n a c h ist das Geschäft „als . . . nichtig anzusehen";

der Gesetzgeber

geht also gerade nicht davon aus, daß die Rechtsfolge von Mängeln eines Rechtsgeschäfts, deren Geltendmachung im Belieben einer Partei steht, von sich aus v o m Begriff der Nichtigkeit erfaßt wird. Die hier kritisierte Ansicht berücksichtigt allerdings diesen Gesichtspunkt bei der Differenzierung zwischen interner und genereller Nichtigkeit. Intern

nichtige

Beschlüsse sollen endgültig wirksam werden, wenn nicht binnen angemessen kurzer Frist die Nichtigkeit geltend gemacht wird. Die Kritik am Konzept der internen Nichtigkeit wird indes hierdurch nicht entkräftet: Gerade wenn es nämlich von der Initiative der Verbandsmitglieder abhängen soll, o b der Beschluß unwirksam ist oder nicht, erscheint die ipso-iure-Nichtigkeit als konstruktiver Ausgangspunkt

6S 69

70 71

72 73 74

75

Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.64ff. Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.76ff.

Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 145 ff.

Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 172ff.

Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 163, 165. Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 168f. § 5 B I. Soergel-Huber,

BGB, § 4 5 9 Rn.6, § 4 6 2 R n . 1 3 .

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

429

merkwürdig systemfremd 76 . Allenfalls mag man annehmen, der intern nichtige Beschluß werde geheilt, sobald die Frist abgelaufen sei, innerhalb derer der interne Widerspruch erhoben werden müsse. Indes: Nach der gedanklichen Konzeption der internen Nichtigkeit wird die Berufung auf sie verwirkt, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht wird 77 . Verwirkung kann aber nicht zur Heilung der Nichtigkeit führen. Unter Heilung kann nämlich sinnvollerweise nur ein Tatbestand begriffen werden, der die Nichtigkeit mit Wirkung inter omnes beseitigt 78 . Eine solche Wirkung wird zu Recht namentlich für die Heilung nach § 242 II AktG angenommen 7 9 . Die Verwirkung schneidet hingegen nur die Rechte desjenigen Rechtssubjekts ab, in dessen Person ihre Voraussetzungen vorliegen 80 . Rechtsnormen, welche die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts anordnen, gehen davon aus, daß es tatbestandlich vorliegt, aber mit einem so gravierenden Mangel behaftet ist, daß der Eintritt seiner Wirkungen verhindert werden soll. Nichtigkeit ist die Sanktion für ein Unwerturteil 81 , zumindest aber für die Nichtbeachtung einer gesetzlichen Vorschrift. Deshalb erscheint es vorzugswürdig, die Nichtigkeit gegenüber jedermann eintreten zu lassen 82 . Wo das BGB die Folgen der rechtlichen Nichtanerkennung eines Rechtsgeschäfts nur bestimmten Personen gegenüber eintreten lassen will, gibt es dies klar zum Ausdruck (z.B. §§ 135,136 BGB) 83 . Die relative Nichtigkeit ist daher die Ausnahme und kann ohne besondere Fundierung im Gesetz nicht angenommen werden 84 . 3. Beschlüsse mit

Außenwirkung?

Darüber hinaus bestehen Bedenken, die Rechtsfolge der „generellen Nichtigkeit" an das Aufgreifkriterium des Beschlusses „mit Außenwirkung" zu knüpfen. Denn die Rechtsfigur des Beschlusses mit Außenwirkung erweckt den Eindruck, als könnten die Gesellschafter mit ihren Beschlüssen über die Rechte außenstehender Dritter disponieren. Dies ist jedoch nicht der Fall 85 . Zahlreiche Beschlüsse, denen im Schrifttum eine solche Außenwirkung beigemessen wird, zeitigen denn auch in Wahrheit eine solche Wirkung nicht 86 :

76

Vgl. auch unten III 3. Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S . 7 5 f f . 78 Z u t r e f f e n d Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S . 5 3 f . 79 B G H W M 1984, 4 7 3 f . ; Bezzenberger, Z H R 164 (2000), 6 4 1 , 6 4 3 ; Casper, Heilung, S. 158ff.; Hachenburg-Raiser, G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 81. 80 Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 101; Casper, Heilung, S. 56f.; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 53. 81 So Casper, Z H R 163 (1999), 54, 63. 82 Ebenso Casper, Z H R 163 (1999), 54, 63; kritisch gegenüber der Relativierung der Nichtigkeitsfolge auch Cahn, J Z 1997, 8, 14. 83 Z u t r e f f e n d Casper, Z H R 163 (1999), 54, 64. 84 Ebenso Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 77. 85 Z u t r e f f e n d Slabschi, Anfechtungsklage, S.55. 86 Z u m Folgenden Slabschi, Anfechtungsklage, S . 5 3 f f . 77

430

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

a) Die grundsätzliche Beschränkung auf das Verbandsinnenverhältnis

der

in der

Personengesellscbaft

Beschlußwirkungen

So entfaltet ein Beschluß nicht deshalb Außenwirkung, weil sein Inhalt im Rahmen eines Geschäfts, welches von der Gesellschaft mit einem Dritten geschlossen wurde, für die hieraus resultierenden Rechte und Pflichten von Bedeutung ist. Wird beispielsweise die Höhe der Tantieme eines leitenden Angestellten oder die Höhe des Kaufpreises im Rahmen eines Kaufvertrags zwischen der Gesellschaft und einem Dritten von der Höhe der beschlossenen Dividende abhängig gemacht 8 7 , so wirkt nicht etwa der Dividendenbeschluß für und gegen jenen Angestellten oder Dritten; es wirkt vielmehr allein der mit der Gesellschaft geschlossene Arbeits- bzw. Kaufvertrag, der den Inhalt des Beschlusses zur Bedingung für den Umfang der wechselseitigen Rechte und Pflichten erhoben hat 8 8 . Dementsprechend ist der Beschluß für den Vertragspartner der Gesellschaft nicht ohne Rücksicht auf eventuelle Fehler verbindlich. Beruht beispielsweise der Dividendenbeschluß auf einem wegen Überbewertung von Passiva fehlerhaft festgestellten Jahresabschluß, so mag dieser Beschluß im Innenverhältnis der AG bestandskräftig geworden sein; ob der Dritte einen solchen Beschluß trotz des Fehlers gegen sich gelten lassen muß, ergibt sich aus der Auslegung des mit ihm geschlossenen Vertrags 8 9 - und umgekehrt ergibt sich aus jener Auslegung, inwieweit die Rechtsstellung des Dritten, im Beispielsfall des leitenden Angestellten, durch die spätere Vernichtung des Gewinnverwendungsbeschlusses nachteilig berührt wird. Wenn Schlosser die berechtigte Frage stellt, ob der Angestellte sich eine Verkürzung seiner Rechte aus dem Arbeitsvertrag gefallen lassen muß 9 0 , so ist die Antwort dem Anstellungsvertrag zu entnehmen. Das gleiche gilt für den Fall, daß Gewinnschuldverschreibungen oder Genußscheine nach Maßgabe des Gewinnverwendungsbeschlusses bedient werden 9 1 : Diesem Beschluß kommt Maßgeblichkeit nicht aus sich selbst heraus zu, sondern nur kraft Anordnung in den Ausgabebedingungen für jene Papiere, und dementsprechend ergibt sich aus diesen Bedingungen, ob und inwieweit Fehler des Gewinnverwendungsbeschlusses auf den Anspruch der Inhaber durchschlagen; jene Bedingungen werden ggf. der Inhaltskontrolle nach § § 3 0 7 f f . BGB n.F. unterzogen 92 . Die Außenwirkung des Beschlusses ist daher auch für diesen Fall zu verneinen 93 . Selbst der teilweise vorgetragene Fall, daß der Geschäftsführer einer GmbH ein Geschäft mit einem Dritten von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig macht und diese daher im Vertrag als aufschiebende Bedingung vereinbart wird, vermag die Existenz von Be-

87 88 89 90 91 92 93

Für Außenwirkung in diesem Fall Petermann, BB 1996, 2 7 7 , 2 8 2 . Näher Slabschi, Anfechtungsklage, S. 5 6 ff. Slabschi, Anfechtungsklage, S . 5 8 . Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 2 2 7 f . Für Außenwirkung in diesem Fall Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 53. Vgl. dazu B G H Z 119, 305, 3 1 8 . Ebenso Slabschi, Anfechtungsklage, S . 6 0 f .

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

431

Schlüssen mit Außenwirkung nicht zu exemplifizieren 9 4 ; denn abermals ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags, wie lange der Dritte das Risiko hinnehmen muß, daß der Beschluß wirksam angefochten wird. Ebensowenig k a n n von einer Außenwirkung des Beschlusses die Rede sein, in dem die H a u p t v e r s a m m l u n g den Verzicht auf oder den Vergleich über Ansprüche der Gesellschaft beschließt; Außenwirkung k o m m t hier erst dem daraufhin geschlossenen Erlaß- oder Vergleichsvertrag zu 9 5 . In allen diesen Fällen wird die Verbindlichkeit des Beschlusses für das Außenverhältnis durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Dritten hergestellt; der Beschluß als solcher ist allenfalls daraufgerichtet, nach außen hin umgesetzt zu werden, keinesfalls aber bereits von sich aus nach außen wirksam. Eine Ausnahme mag m a n allenfalls beim Verzicht auf oder Vergleich über Ersatzansprüche nach den §§ 50, 53, 93, 116, 117 AktG anerkennen, wenn m a n nämlich davon ausgeht, d a ß die Zustimmung der Hauptversammlung in diesen Fällen abweichend von § 82 II AktG unmittelbar die Vertretungsmacht des Vorstands (bzw. bei Ansprüchen gegen diesen: des Aufsichtsrats) beschränkt 9 6 . Keine Außenwirkung k o m m t des weiteren dem Beschluß der H a u p t v e r s a m m lung zur ordentlichen Kapitalherabsetzung zu; insbesondere tritt eine solche Wirkung nicht gegenüber den Gläubigern ein 97 . Auf die Aufrechterhaltung der bisherigen Grundkapitalziffer haben die Gläubiger keinen Anspruch; ihre schutzwürdigen Interessen sind durch den Sicherungsanspruch nach § 2 2 5 A k t G geschützt 9 8 . Ein Beschluß der Hauptversammlung aber, der diesen Sicherungsanspruch einschränkt oder ausschließt, ist für die Gläubiger ebenso schlicht unverbindlich, wie ganz allgemein die bloße Erklärung des Schuldners, er werde die ihm obliegende Verpflichtung nicht erfüllen, deren Bestand gegenüber dem Gläubiger unberührt läßt 9 9 . Ebenso wirkungslos ist ein Beschluß, mit dem die Gesellschaft die Erfüllung einer Verpflichtung gegenüber einem Gesellschafter aus einem Drittgläubigergeschäft verweigert; ihn braucht daher der Gesellschafter nicht anfechten, um sich seinen Anspruch zu erhalten 1 0 0 . Im übrigen gilt, was soeben f ü r die Kapitalherabsetzung herausgearbeitet wurde, für sämtliche Änderungen der Satzung: Dritte haben die Gesellschaft in dem Z u s t a n d hinzunehmen, in dem sie sich jeweils befindet 1 0 1 ; es ist allein Angelegenheit der Gesellschaftsorgane, über die Veränderung dieses Zustands zu befinden. Damit ist aber keine „ W i r k u n g " der Satzungsände94

So aber Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 147. Slabschi, Anfechtungsklage, S . 5 8 f . 96 So Hüffer, AktG, § 9 3 R n . 2 9 a.E.; wohl auch Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 53; dezidiert anders Slabschi, Anfechtungsklage, S. 58 mit Fn. 160. 97 So aber Hellwig, Z H R 162 (1998), 5 2 8 , 529. 98 Slabschi, Anfechtungsklage, S.69. 99 Für absolute Unwirksamkeit eines Beschlusses, w o n a c h sich die H a u p t - oder Gesellschafterv e r s a m m l u n g n a m e n s der Gesellschaft einseitig von deren Verbindlichkeiten lossagt, auch Hoffmann, A G 1980, 141, 147; Köster, Nichtigkeitsklage, S.26; für Nichtigkeit nach § 2 4 1 N r . 3 l.Alt. A k t G Baums, Z H R 142 (1978), 5 8 2 , 583. 100 B G H W M 1972, 931, 933; Geßler-Hüffer, AktG, $ 2 4 1 R n . 8 . 101 Slabschi, Anfechtungsklage, S. 71. Für A u ß e n w i r k u n g von Satzungsänderungen aber Winnefeld, DB 1972, 1053, 105. 95

432

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

rung gegenüber Dritten, sondern nur die Tatsache beschrieben, daß die Dritten die Änderungen der Satzung hinnehmen müssen, weil ihnen mangels Verbandsmitgliedschaft nicht das Recht zusteht, über die Gestalt des Verbandes mitzubestimmen 1 0 2 . Insgesamt ist daher festzuhalten, daß Dritte von Beschlüssen der Gesellschafter in der Regel nicht in ihren subjektiven Rechten betroffen sind 1 0 3 . Dann sollte man aber nicht davon sprechen, daß jene Beschlüsse gegen Dritte „wirken". b) Die fehlende normative Relevanz der Beschlußmängelfolgen

der Außenwirkung

für die

Reichweite

Außenwirkung entfalten lediglich diejenigen Beschlüsse, welche auf das Zustandekommen von organisationsrechtlichen Verträgen mit anderen Unternehmen gerichtet sind; so der Zustimmungsbeschluß zu einem Unternehmens- ( § 2 9 3 AktG), Verschmelzungs- ( § 1 3 UmwG), oder Spaltungsvertrag ( § § 1 2 5 S. 1, 13 UmwG) 1 0 4 . Ein derartiger Beschluß erschöpft sich nicht darin, intern den vom Geschäftsleitungsorgan geschlossenen Vertrag abzusegnen; er enthält vielmehr die maßgebliche, auf den Abschluß eines solchen Vertrags gerichtete Willenserklärung der Gesellschaft 1 0 5 . Er bringt unmittelbar nach außen hin einen Vertrag mit einem von der Gesellschaft verschiedenen Rechtssubjekt zustande; seine Wirkungen verharren daher nicht im Innenverhältnis der Gesellschaft. Freilich ändert selbst dies nichts daran, daß jeder Partner des Unternehmensvertrags den Beschluß der Hauptversammlung der jeweils anderen Gesellschaft hinzunehmen hat, wie er ist. Die eine Gesellschaft kann am Beschluß der anderen weder mitwirken noch diesen anfechten oder gar durch positive Beschlußfeststellungsklage erzwingen; sie hat schlicht keinen Anspruch auf einen fehlerfreien Beschluß. Mit Recht wird daher betont, daß im Anfechtungsprozeß gegen den Zustimmungsbeschluß dem Vertragspartner kein rechtliches Gehör gewährt werden muß 1 0 6 . Ganz ähnliche Grundsätze gelten für einen Beschluß, mit dem die Genehmigung zur Veräußerung vinkulierter Anteile ausgesprochen wird: Sofern man nicht daran festhält, daß die Genehmigung vom Geschäftsführer nach § 3 7 G m b H G in Ausübung unbeschränkter und unbeschränkbarer Vertretungsmacht erteilt wird 1 0 7 , sondern im Genehmigungsbeschluß der Gesellschafterversammlung selbst die maßgebliche Außenerklärung der Gesellschaft erblickt, hat jener Beschluß Außenwirkung 1 0 8 . Selbst dann aber hat der Erwerber keinen Anspruch auf rechtliches Gehör 1 0 9 : Ihm 1 0 2 Vgl. zur Unterscheidung zwischen Rechtswirkung und Hinnehmenmüssen bereits oben § 3 B II 5 c aa. 1 0 3 Zutreffend Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 R n . 1 7 3 . 1 0 4 Ebenso Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 52. Anders, weil nur auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gläubiger zielend, Slabschi, Anfechtungsklage, S. 72ff. 1 0 5 B G H Z 82, 188, 195; LG Berlin W M 1 9 9 2 , 2 2 , 25; Brandes, W M 1994, 2 1 7 7 , 2 1 8 1 f . 106 Häsemeyer, Z Z P 101 (1988), 385, 3 8 9 ; W. Lüke, Beteiligung, S . 1 3 4 f . ; anders Brüggemann, J R 1969, 3 6 1 , 3 6 4 ; Schlosser, Gestaltungsklagen, S . 1 8 2 , 2 1 6 ; ders., J Z 1967, 4 3 1 , 4 3 3 . 1 0 7 Nachweise zum Streitstand unten § 11 D III 3 c cc. 1 0 8 O L G Koblenz GmbHR 1990, 39, 40. 1 0 9 So aber Brüggemann, J R 1969, 361, 3 6 4 f .

433

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

steht nämlich kein Recht auf Erteilung der Genehmigung und damit auch kein Recht auf einen fehlerfreien Genehmigungsbeschluß zu. Er hat vielmehr den Beschluß in dem Zustand zu akzeptieren, wie er ist; ist dieser Beschluß anfechtbar, so hält er eben nicht mehr als einen solchen Beschluß in der H a n d . Bereits der festgestellte Befund, daß Beschlüsse mit Außenwirkung überhaupt existieren, die von der Außenwirkung betroffenen Dritten aber keinen Rechtsschutz gegen sie in Anspruch nehmen können, nährt Zweifel an der These, d a ß es gerade auf Innen- oder Außenwirkung ankommen soll, wenn es um die Frage nach der Reichweite der Beschlußmängelfolgen geht. Hätte die Außenwirkung zur Folge, daß der Beschluß, wenn fehlerhaft, in jedem Falle auch Dritten gegenüber nichtig ist, so wären sämtliche fehlerhaften Verschmelzungsbeschlüsse ipso iure nichtig. In der gerichtlichen Praxis sind sie jedoch häufig nur unter dem Gesichtspunkt der Anfechtbarkeit diskutiert w o r d e n 1 1 0 - und dies völlig zu Recht: Weswegen etwa die fehlerhafte Information über die wirtschaftliche Begründung der Verschmelzung ohne weiteres auch den Partner des Verschmelzungsvertrags berühren soll, w o doch nur Informationsinteressen der eigenen Aktionäre beeinträchtigt worden sind, ist nicht ersichtlich. Die Lehre, die intern und generell nichtige Beschlüsse voneinander scheiden will, knüpft daher für die Differenzierung an ein untaugliches Kriterium an. Wenn es überhaupt ein geeignetes Aufgreifkriterium für die Differenzierung zwischen interner und genereller Nichtigkeit gibt, so k a n n es nicht in der Reichweite der Beschlußwirkungen,

sondern allenfalls im Schutzzweck

der

verletzten

Norm liegen. Dies Kriterium k o m m t sinnfällig in § 2 4 1 Nr. 3 A k t G zum Ausdruck: Nichtig - und zwar ipso iure und damit in der Diktion jener Differenzierung: generell nichtig - ist ein Beschluß dann, wenn er gegen Vorschriften im öffentlichen Interesse verstößt. Als solche k o m m e n Vorschriften in Betracht, die gerade auch dem Schutz der Allgemeinheit oder außenstehender Personen wie etwa künftiger Aktionäre zu dienen bestimmt sind 1 1 1 , sowie Vorschriften, die zwar den Schutz nur der gegenwärtigen Aktionäre bezwecken, aber vom Gesetzgeber in der Weise als zwingend ausgestaltet sind, daß die Hauptversammlung auf diesen Schutz nicht einmal mit einstimmigem Beschluß verzichten k a n n 1 1 2 - ganz allgemein Vorschriften, deren Beachtung dem Gesetzgeber so wichtig ist, daß es nicht den Aktionären überlassen bleiben k a n n , o b die Rechtsverletzung gerichtlich gerügt wird oder aber

110

1792.

OLG Hamm ZIP 1988,1051,1052; OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988; OLG Köln ZIP 1988,

111 Vgl. OLG Düsseldorf DB 1967, 2155; Hoffmann, AG 1980, 141,145; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 75 ff.; G. Hueck, FS Nipperdey, S. 427, 447; Koppensteiner, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, §47 Rn.lOOff.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 151; M K - H ü f f e r , AktG, § 241 Rn. 59; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.47; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 72.f.; Zöllner, Schranken, S.64f. 112 RGZ 118, 67, 72; 148, 175, 176; OLG Karlsruhe NJW 1980, 2137; KK-Zöllner, AktG, § 241 Rn. l l l f . ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.151; Säcker, JZ 1980, 82, 84; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S.48.

434

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

nach Ablauf der Anfechtungsfrist endgültig ungeahndet b l e i b t 1 1 3 . Diese Differenzierung ist mit der Unterscheidung nach Innen- und Außenwirkung nicht gleichzusetzen; denn die Tatsache, daß eine Vorschrift verletzt worden ist, welche die Gläubiger oder sonstige außenstehende Personen zu schützen bestimmt ist, bedeutet gerade nicht zwingend, daß der Beschluß Rechtswirkungen gegenüber den Gläubigern oder den anderen Personengruppen entfaltet 1 1 4 . Die Außenwirkung von Beschlüssen ist für die Bestimmung der Beschlußmängelfolgen schlicht irrelevant.

III. Nichtigkeit wegen Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse? Die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft fassen ihre Beschlüsse grundsätzlich einstimmig ( § 1 1 9 1 H G B ) ; mehrheitlich hingegen nur dann, wenn dies im Gesellschaftsvertrag besonders bestimmt ist. Ist dies geschehen, so läßt sich die Gültigkeit von Mehrheitsbeschlüssen direkt auf den Vertragswillen jedes einzelnen Gesellschafters zurückführen 1 1 5 . Vor diesem Hintergrund wird vorgetragen, fehlerhafte Beschlüsse seien deshalb nichtig, weil die Ermächtigung des Gesellschafters an die jeweilige Mehrheit, ggf. gegen seinen Willen zu beschließen, nur solche Beschlüsse decke, die mit Gesetz und Satzung im Einklang stünden 1 1 6 . Es bestehe ein Regelungsgefälle zwischen den Grundlagen der Gesellschaft (Gesetz; Gesellschaftsvertrag) und den darauf beruhenden Beschlüssen; mit dieser Abstufung sei es unvereinbar, Beschlüsse, die gegen diese übergeordnete Regelungsebene verstießen, für wirksam zu erachten.

1 , 3 Vgl. Canaris, BB 1981, Beilage 14, S.5f.; Raiser, NJW 1981, 2166, 2167; ähnlich GeßlerHüffer, AktG, §241 Rn.47. 114 Zutreffend Slabschi, Anfechtungsklage, S.55. 115 Das im Text Gesagte bedeutet nicht, daß auch jeder einzelne Mehrheitsbeschluß inhaltlich im Wege einer vorweggenommenen Zustimmung des in der Abstimmung unterlegenen Gesellschafters vom Gesellschaftsvertrag gedeckt sein muß. Den Versuch, die Geltung von Mehrheitsbeschlüssen in OHG und KG in dieser Weise zu erklären (so in jüngerer Zeit noch Reuter, JZ 1986, 16,23), betrachtet man heute überwiegend als gescheitert (vgl. Göhel, Mehrheitsentscheidungen, S. 127f.; Hermanns, ZGR 1996, 103, 105f.; Leenen, FS Larenz, S.371, 375ff.; Marburger, NJW 1984, 2252, 2254; Mecke, BB 1988, 2258, 2260f.; Michalski, WiB 1997, 1, 2; Röttger, Kernbereichslehre, S. 89f.; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205, 212). Von Vertragswillen gedeckt ist nur die Geltung von Mehrheitsbeschlüssen als institutionalisierte Form der gesellschaftsinternen Willensbildung an sich ohne Rücksicht auf ihren Inhalt (ähnlich Leenen, aaO.S.379ff.). Im übrigen versucht man heute verbreitet die Geltung von Mehrheitsbeschlüssen auf die Überlegung zu stützen, der Gesellschaftsvertrag habe der Mehrheit insoweit eine Gestaltungsermächtigung erteilt (vgl. Göbel, aaO.S. 130f., 163; Marburger, aaO.S.2254; Mecke, aaO.S.2261; K. Schmidt, aaO.S.214ff.) 116 Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.90.

B. Das Modell

der §§241 f f . AktG

1. Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse nach den Rechtsfolgen

435

und die Frage

Mit dieser Überlegung wird im Ansatz zu Recht herausgestrichen, daß der Gesellschafter nur gesetzes- und vertragskonforme Beschlüsse der Mehrheit akzeptieren muß. Dies bestreiten freilich auch die Befürworter einer Analogie zu §§241 ff. AktG nicht 117 - sonst würden sie nicht zur Bekämpfung fehlerhafter Beschlüsse die Anfechtungsklage zulassen. Wer also aus der Unterordnung des Beschlusses unter Gesetz und Gesellschaftsvertrag unvermittelt die Nichtigkeit des Beschlusses folgert, bricht die Argumentation genau dort ab, wo richtigerweise erst ihr Ausgangspunkt markiert ist. Das Regelungsgefälle zwischen Gesetz und Gesellschaftsvertrag einerseits und Beschluß andererseits besteht in gleichem Maße in der AG; und dennoch erkennt der Gesetzgeber dort fehlerhafte Beschlüsse in weitem Umfang als zunächst wirksam an. Die entscheidenden Überlegungen dürfen daher nicht am Tatbestand der Rechtsverletzung ansetzen; zu fragen ist vielmehr, welche Rechtsfolgen die Überschreitung der Mehrheitsbefugnisse nach sich ziehen soll. Darüber sagt allein die Feststellung, es sei gegen Gesetz und Satzung verstoßen worden, noch nichts aus. Vielmehr impliziert die Suche nach der angemessenen Rechtsfolge fehlerhafter Beschlüsse die folgenden Fragen: - Welches rechtliche Schicksal nimmt ein Beschluß, wenn niemand etwas dagegen unternimmt? - Wer soll befugt sein, etwas gegen den Beschluß zu unternehmen? (Gesellschafter? Fremdorgane? Dritte?) Soll diese Befugnis eine eigene Rechtsbetroffenheit voraussetzen? - Was soll der Befugte unternehmen müssen? (Klage? Anfechtungserklärung? Widerspruch?) - Innerhalb welcher Frist soll der Befugte die erforderlichen rechtlichen Schritte ergreifen müssen? - Was geschieht, wenn die erforderlichen rechtlichen Schritte tatsächlich von jemand Befugtem ergriffen werden, in der Zwischenzeit, solange der Streit noch nicht rechtsverbindlich geklärt ist? Diese Fragen sind je für sich einer der Interessenlage in der Handelsgesellschaft angemessenen Lösung zuzuführen; sodann ist zu fragen, ob und auf welchem Wege sich die gefundenen Ergebnisse als Aussagen des geltenden Rechts darstellen lassen. 2. Mehrheitsprinzip

und Handlungsfähigkeit

des Verbandes

Zuvor aber sei an eines erinnert: Die Frage, ob die Mehrheit den rechtlichen Rahmen ihrer Gestaltungsmacht überschritten hat, stellt sich erst dann, wenn ihr generell die Befugnis eingeräumt ist, gegen den Willen der Minderheit zu entscheiden, 117

Vgl. namentlich K. Schmidt,

AG 1977, 243, 2 5 1 .

436

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

wenn also das Mehrheitsprinzip gilt. Gerade für Mehrheitsbeschlüsse erweist sich die Möglichkeit, sie einer Rechtskontrolle durch unabhängige Gerichte zu unterziehen, als unverzichtbares Legitimationselement 118 . Das Mehrheitsprinzip dient dazu, das Zustandekommen von Entscheidungen im Gesellschaftsinteresse zu erleichtern 119 , häufig überhaupt erst zu ermöglichen 120 ; es handelt sich um eine formale Entscheidungsregel im Interesse der Funktionsfähigkeit des Beschlußorgans. Das Mehrheitsprinzip soll also ermöglichen, daß das Verbandsleben - die Verfolgung des Verbandszwecks - ungeachtet interner Konflikte fortschreitet. Und darauf sind gerade Handelsgesellschaften in besonderem Maße angewiesen: Sie müssen in einer schnellebigen Wirtschaft flexibel reagieren können. Diese Möglichkeit wäre nicht gewährleistet, wenn die interne Grundlage ihrer Dispositionen noch nach längerer Zeit in Frage gestellt werden könnte 121 ; die zeitlich unbeschränkte Berufung auf Beschlußmängel würde den Beitrag, den das Mehrheitsprinzip für die Handlungsfähigkeit des Verbandes leistet, in erheblichem Umfang relativieren. Daraus ergibt sich für die fünf oben aufgeworfenen Fragen folgendes: 3. Endgültige

Wirksamkeit

des nicht angefochtenen

Beschlusses

Ein Beschluß, dessen Geltung nicht zeitnah bekämpft wird, darf auch danach nicht mehr in Frage gestellt werden. Es stimmt nicht, daß in der Personengesellschaft ein vertrauensvolles Zusammenwirken der Gesellschafter die Möglichkeit implizieren muß, Beschlußmängel jederzeit geltend zu machen 122 ; richtig ist allein das Gegenteil: Der Bestandsschutz nicht angegriffener Beschlüsse ist in Personengesellschaften ebenso wichtig wie in AG und GmbH, und zwar aus dem gleichen Grund wie dort: Es muß alsbald Klarheit bestehen, auf welcher Grundlage die Gesellschaft arbeiten kann. Hält man fehlerhafte Beschlüsse stets für ipso iure nichtig, so kann eine rasche Klärung nur dadurch erzielt werden, daß man nach Ablauf einer bestimmten kurzen Frist die Berufung auf die Nichtigkeit für verwirkt hält 123 oder für die zeitliche Befristung der Berufung auf Beschlußmängel die Treupflicht aktiviert 124 oder gar beide Begründungsansätze miteinander kombiniert 125 . Das Ziel, dem Beschluß zu dauerhafter Bestandskraft zu verhelfen, wird jedoch in wesentlich besserem Maße durch die Annahme erreicht, daß dieser mit Ablauf der Frist endKreß, Beschlußkontrolle, S. 126ff.; Schröder, Konfliktbeilegung, S. 146f. Vgl. Baltzer, Beschluß, S.215; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 136; Kreß, Beschlußkontrolle, S. 1; Lawall, DStR 1997, 331, 334; Leenen, 2. FS Larenz, S.371, 383, 390; Marburger, NJW 1984, 2252, 2253; Pabst, Mitwirkungspflicht, S. 158; Vorwerk/Wimmers, GmbHR 1998, 717; Weipert, ZGR 1990, 142, 143. 1 2 0 Siehe auch unten D II 4. 121 Zutreffend Menger, Lückenausfüllung, S. 172 ff.; vgl. auch bereits oben § 6 C IV 6. 1 2 2 So aber Schütz, Sachlegitimation, S. 148. 1 2 3 Vgl. Casper, Heilung, S.55. 124 Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 10; Soergel-Hadding, BGB, § 709 Rn.45. 1 2 5 Deutlich bei Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn. 93 sowie Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 124, die Treupflicht und Verwirkungsgedanken kombiniert heranziehen. 118

119

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

437

gültig wirksam wird 1 2 6 , namentlich ohne Rücksicht auf das individuelle Verhalten der einzelnen Gesellschafter. Die Annahme endgültiger Wirksamkeit schließt nämlich gegenüber jedermann die Möglichkeit aus, daß der Beschluß bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Folgemaßnahmen inzident überprüft wird; die Verwirkung präkludiert demgegenüber nur den Vortrag des jeweiligen Gesellschafters. An der Bestandskraft von Beschlüssen, die nicht binnen kurzer Frist angegriffen werden, besteht ein legitimes Interesse aller an der Gesellschaft Beteiligten, es sei denn, daß ausnahmsweise Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt sind und es deshalb nicht den Gesellschaftern überlassen bleiben kann, ob sie gegen den Beschluß vorgehen oder nicht. Eben dies ist das Konzept der § § 2 4 1 ff. AktG. Auf O H G und KG paßt daher nicht nur die diesen Vorschriften eigene Differenzierung zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen als solche; vielmehr verläuft auch die Grenzlinie zwischen beiden Arten fehlerhafter Beschlüsse an derselben Stelle, wie sie in § 2 4 1 AktG für das Aktienrecht kraft Gesetzes markiert und auch für die GmbH übernommen wurde 1 2 7 : Es muß einer der dort abschließend aufgezählten Nichtigkeitstatbestände gegeben sein. 4. Befugnis

zur Berufung

auf

Beschlußmängel

Die Befugnis zur Ergreifung rechtlicher Maßnahmen gegen einen fehlerhaften Beschluß kann nicht jedermann zustehen, sondern nur denjenigen, die am Gesellschaftsleben beteiligt sind: Gesellschaftern, ggf. je nach Struktur des Verbandes auch Fremdorganen. Der Umfang, in dem diesen Personen die Anfechtungsbefugnis zusteht, bedarf dabei freilich für jede Rechtsform einer eigenständigen Begründung 1 2 8 . Jedenfalls aber sollen nicht außenstehende Dritte mit Hilfe von Klagen gegen die Wirksamkeit von Verbandsbeschlüssen ins Verbandsleben hineinregieren dürfen. Die § § 2 4 1 ff. AktG erreichen dies, indem sie die Befugnis zur Erhebung der Anfechtungsklage personell begrenzen ( § 2 4 5 AktG). Auch die Nichtigkeitsklage in der besonderen Ausformung des § 2 4 9 AktG kann nur von Aktionären und Organmitgliedern erhoben werden; Dritte sind insoweit auf die allgemeine Feststellungsklage nach § 2 5 6 ZPO verwiesen 129 . Will man auf dem Boden der Annahme, fehlerhafte Beschlüsse seien ipso iure nichtig, für die gleichen Beschränkungen eintreten, so fällt die Begründung hierfür schwer: Die These, die Nichtigkeit wirke grundsätzlich nur im Verbandsinnenverhältnis, hat sich nicht halten lassen. Allenfalls mag man Feststellungsklagen Außenstehender dadurch begrenzen, daß man ihnen das Feststellungsinteresse abspricht 1 3 0 . Klagen Dritter werden sich jedoch damit vor allem dann nicht verhindern lassen, wenn deren Rechtsstellung Ähnlich Casper, ZHR 163 (1999), 54, 65 für die GmbH. Ebenso Menger, Lückenausfüllung, S.202ff. 1 2 8 Zum Umfang der Anfechtungsbefugnis in OHG und KG ausführlich unten C III. 1 2 9 Vgl. KK-Zöllner, AktG, § 2 4 9 Rn.3; Vollmann, Minderheitenschutz, S.69. 1 5 0 Vgl. Casper, Z H R 163 (1999), 5 4 , 6 4 . Siehe ferner unten § 1 0 A I für die Behandlung fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse. 126 127

438

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

kraft Vereinbarung mit der Gesellschaft von der dortigen Beschlußlage abhängig ist: Genuß- oder Gewinntantiemeberechtigten k a n n m a n ein Feststellungsinteresse nicht absprechen. Die § § 2 4 1 ff. AktG vermögen demgegenüber Klagen Dritter weitgehend einzudämmen; so hat der BGH mit Recht Genußscheininhabern die Befugnis abgesprochen, einen Kapitalherabsetzungsbeschluß anzufechten 1 3 1 .

5. Klageerfordernis

und

Klagegegner

Für die G m b H wurde gezeigt, daß das Erfordernis einer Anfechtungsklage auch in Gesellschaften mit typischerweise personalistischem Einschlag angemessen und im Interesse der Rechtssicherheit unabdingbar ist. Für O H G und KG, die vom Gesetz als typischerweise personalistische Gesellschaften konzipiert sind, k a n n daher auf diese Ausführungen verwiesen werden 1 3 2 . Daraus ergibt sich zugleich, d a ß die Analogie zu den § § 2 4 1 ff. AktG nicht auf Personengesellschaften mit kapitalistischem Einschlag beschränkt werden kann; ebensowenig hängt sie vom A u s m a ß der wirtschaftlichen Bedeutung der Gesellschaft ab 1 3 3 . Derartige Differenzierungen würden in den Anfechtungsprozeß eine erhebliche Rechtsunsicherheit hineintragen 1 3 4 , weil in Gesellschaften, deren Realstruktur nicht eindeutig dem personalistischen oder kapitalistischen Typus zugeordnet werden kann, unklar wäre, innerhalb welcher Frist und gegen wen die Klage zu erheben wäre: Die Beklagtenrolle der Gesellschaft analog § 246 II 1 AktG ließe sich nur für kapitalistische Personengesellschaften begründen. M a n relativiere das Gewicht dieser Überlegungen nicht dadurch, d a ß es dem B G H in einer langjährigen Rechtsprechung gelungen sei, eini Sonderrecht für die Publikumspersonengesellschaft zu entwickeln, und in diesem R a h m e n auch die damit einhergehenden Abgrenzungsprobleme gemeistert habe 1 3 5 : Wenn es etwa um die internen Entscheidungszuständigkeiten oder um die H a f t u n g der Initiatoren gegenüber enttäuschten Publikumskommanditisten geht, gehören etwaige Abgrenzungsschwerigkeiten gewiß zum normalen Risiko eines jeden, der an einem staatlichen Gerichtsverfahren als Partei beteiligt ist. Im Kontext fehlerhafter Beschlüsse besteht demgegenüber ein qualifiziertes und vom Gesetzgeber anerkanntes Bedürfnis nach einer eindeutigen und leicht erkennbaren Verteilung der Parteirollen: Überlegungen über den richtigen Klagegegner will, wie gezeigt 1 3 6 , § 246 II 1 AktG dem Anfechtungskläger gerade ersparen und m u ß dies auch tun, weil eben die Gesellschaft nur aus Gründen der Praktikabilität Partei ist, das materielle Gesellschaftsrecht mithin seine Kraft zur Bestimmung der richtigen 151

B G H Z 119, 305, 3 1 6 f . Für ein Klageerfordernis namentlich auch Menger, Lückenausfüllung, S . 2 0 4 . 133 Z u t r e f f e n d Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 71 ff. für das Vereinsrecht. 134 Z u t r e f f e n d Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 123f.; Menger, Lückenausfüllung, S.189ff.; M K - E n z i g e r , H G B , § 1 1 9 R n . 1 0 8 ; Nitschke, Personengesellschaft, S.208f.; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 151; K. Schmidt, FS Stimpel, S . 2 1 7 , 2 3 0 ; ders., Z H R 160 (1996), 4 0 8 , 4 1 0 ; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 1 R n . 4 1 ; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.229. 135 So aber Grunewald, Ausschluß, S.275; Schütz, Sachlegitimation, S. 149. 136 O b e n § 5 C II. 132

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

439

Parteien verloren hat und folglich besonders klare prozessuale Kriterien an seine Stelle treten müssen. Die Klage ist wie in der AG/GmbH gegen die Gesellschaft zu richten 1 3 7 . Die § § 2 4 1 ff. AktG ermöglichen eine optimale Bewältigung von Beschlußmängelstreitigkeiten in einem Prozeß. Dies anzuzielen ist in der Personengesellschaft ebenso wie in der Kapitalgesellschaft deshalb geboten, weil die rationelle Erledigung gesellschaftsinterner Streitigkeiten einen wichtigen Beitrag zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks leistet. Gerade in der Personengesellschaft, in der das Mehrheitsprinzip gilt, gebührt das Interesse an einer ebenso raschen wie endgültigen Beilegung des Rechtsstreits der Vorrang vor etwaigen Interessen einzelner Gesellschafter, den Prozeß zu blockieren. Die übrigen Gesellschafter können auf beliebiger Seite als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten 1 3 8 ; die vertretungsberechtigten Gesellschafter haben sie zu diesem Zweck von der Klageerhebung zu unterrichten 1 3 9 . 6.

Anfechtungsfrist

Soweit die Rechtsfolgen fehlerhafter Beschlüsse in der Personengesellschaft den § 2 4 1 ff. AktG entnommen werden, wird vereinzelt einer an § 2 4 6 1 AktG orientierten, aber einzelfallabhängigen angemessenen Anfechtungsfrist das Wort geredet 1 4 0 . Richtigerweise wird jedoch allein eine feste, von den Umständen des Einzelfalls gelöste Frist den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht. Abermals können darüber hinausgehende Verzögerungen der Klageerhebung nicht mit Rücksicht auf den personalistischen Charakter der Gesellschaft toleriert werden; denn eine variable Frist müßte nicht nur zugunsten des Klägers, sondern auch zugunsten der Gesellschaft flexibel gehandhabt werden. Ohne eine Mindestfrist aber hätte der Kläger keinerlei Sicherheit, welchen Zeitraum er für die Vorbereitung der Klage einrechnen darf. Wie in der G m b H beträgt daher die Frist auch in der Personengesellschaft einen M o n a t 1 4 1 ; und wie dort wird diese Frist gehemmt, sobald die Gesellschafter in Vergleichsverhandlungen über den Beschluß eintreten. Modifikationen sind lediglich beim Fristbeginn angezeigt: Wurde der Beschluß auf einer Versammlung gefaßt, so ist deren Datum ebenso für den Fristbeginn entscheidend wie in der G m b H . Wurde der Beschluß dagegen außerhalb einer solchen, etwa im schriftlichen Verfahren gefaßt, so beginnt die Frist, sobald dem Gesellschafter eine Mitteilung vom Beschlußergebnis zugeht.

137 138 139 140 141

Im Ergebnis ebenso Menger, Lückenausfüllung, S.210ff. Schmitt, Beschlußmängelrecht, S . 1 7 1 , 187f. Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 188. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 3b bb (S.449). Wie hier Menger, Lückenausfüllung, S . 2 0 9 f .

440

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

7. Vorläufige Wirksamkeit Klärung

in der

Personengesellschaft

von Mehrheitsbeschlüssen

bis zur

gerichtlichen

Die Anfechtungsklage entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Der lediglich anfechtbare Beschluß ist also vorläufig wirksam. Gerade an dieser Konsequenz aus der Anwendung der §§ 241 ff. AktG nehmen deren Gegner besonderen Anstoß 142 . Und gewiß ist die vorläufige Wirksamkeit fehlerhafter Beschlüsse noch nicht deswegen legitim, weil der Mehrheitsentscheidung die Vermutung der materiellen Richtigkeit zukäme 143 . Doch bedeutet das Mehrheitsprinzip, daß die Minderheit die Entscheidung hinzunehmen hat, wenn und solange es ihr nicht gelingt, sie gerichtlich zu Fall zu bringen; die Annahme einer aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage würde für die Dauer des Prozesses den Willen der Minderheit (genauer: des Klägers), dem ebensowenig die Vermutung materieller Richtigkeit beigemessen werden kann, gegen den Willen der Mehrheit durchsetzen. Die vorläufige Wirksamkeit ist auch deswegen geboten, weil, wie gesehen 144 , ein Gesellschafter, der mit der Mehrheit gestimmt hat, keinerlei Möglichkeit hat, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gerichtlich feststellen zu lassen. Das kann ihm nur dann zugemutet werden, wenn der von ihm gefaßte Beschluß so weit wie ohne Verletzung von Drittinteressen möglich bis zu seiner gerichtlichen Aufhebung wirksam bleibt. 8. Ergänzende Vertragsauslegung und

Institutionenbildung

a) Die §§241 f f . AktG als rechtsformübergreifend

angemessenes

Lösungsmodell

Damit ergibt sich ein erstaunlicher Befund: Die § § 241 ff. AktG, die genau dasjenige Modell festschreiben, welches soeben normtext-autonom skizziert wurde, enthalten ein im Grundsatz für jede Handelsgesellschaft interessengerechtes System der Rechtsfolgen fehlerhafter Mehrheitsbeschlüsse. Sie schreiben das Mehrheitsprinzip folgerichtig fort, indem sie nicht nur die Möglichkeit der gerichtlichen Beschlußkontrolle normieren, sondern auch alle damit aufgeworfenen Folgefragen einer vernünftigen Antwort zuführen. Gäbe es die §§241 f f . AktG nicht, so wären gleichwohl rechtswidrige Beschlüsse in weitem Umfang wirksam, und auch für die weiteren Folgen würden sich die gleichen Rechtsfolgen weitgehend aus einer sachgerechten Gesetzesauslegung ergeben-, denn dann müßte man im Wege der Rechtsfortbildung diejenigen Regeln entwickeln, welche den Bedürfnissen der Beteiligten am besten gerecht werden. Das gilt unabhängig davon, ob das Mehrheitsprinzip seine Grundlage im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag findet. Der rechtliche „Urzustand" des fehlerhaften Beschlusses ist nicht die Nichtigkeit, sondern - jedenfalls grundsätzlich - die Vernichtbarkeit.

142 143 144

Vgl. namentlich Schlegelberger-Martens, H G B , § 119 Rn. 10. Gegen eine solche Vermutung bereits oben § 5 E II 3. O b e n § 6 C IV 4.

B. Das Modell der §§241 f f . AktG b) Die historische

Entwicklung

der Beschlußkontrolle:

441 Ein

Einwand?

Diese Aussage lenkt freilich zwangsläufig den Blick auf die Rechtsgeschichte. Denn Rechtsprechung und Rechtslehre standen bereits früher einmal vor der Situation, ohne kodifiziertes Beschlußmängelrecht die Problematik

fehlerhafter

Mehrheitsbeschlüsse bewältigen zu müssen - nämlich vor der Aktienrechtsnovelle 1 8 8 4 . Der vom damaligen Gesetzgeber erhobene Befund der lex lata vor Inkrafttreten der Novelle scheint nun die soeben formulierten Aussagen nachdrücklich zu widerlegen: Vor 1 8 8 4 ging man von der grundsätzlich zeitlich unbegrenzten M ö g lichkeit eines jeden, auch des nicht in der Hauptversammlung erschienenen Aktionärs aus, fehlerhafte Beschlüsse gerichtlich anzugreifen. Diese Rechtsmacht des Aktionärs, so der Gesetzgeber von 1 8 8 4 , gelte es einzudämmen, weil sie in ihrer damals aktuellen Ausformung „Chikanen und Erpressungen T h ü r und T h o r " öffn e 1 4 5 . D e m Gesetzgeber ging es also in der Tat darum, die Gründe für die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen zu begrenzen 1 4 6 . Daraus könnte man ableiten, ohne gesetzliche Regelung bleibe es eben bei der Nichtigkeitsfolge. D o c h erscheint der Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien bei näherer Betrachtung ambivalent 1 4 7 . Denn ebensogut kann man die Novelle von 1 8 8 4 dahin interpretieren, daß der damalige Gesetzgeber seine Unzufriedenheit mit dem in Rechtsprechung und Lehre erreichten Stand zum Ausdruck bringen wollte: D o r t hatte man sich nicht dazu durchringen können, die gewünschte Begrenzung der Berufung auf Beschlußmängel rechtsfortbildend zu entwickeln, so daß der Gesetzgeber einschreiten mußte, um ein Recht zu installieren, das seiner M e i n u n g nach schon vorher als lex lata hätte erkannt werden müssen. Für die Beschreibung eines rechtlichen Urzustandes fehlerhafter Beschlüsse genügt jedenfalls allein der Hinweis auf den 1 8 8 4 erreichten Stand von Forschung und Lehre nicht; denn die damalige Diskussion entspann sich in einer Zeit, in der das moderne Verbandsrecht erst in der Entstehung begriffen war. Es erscheint verständlich, wenn zu dieser Zeit die heute im Grundsatz weithin erkannten Anforderungen an eine zweckgerechte H a n d h a b u n g von Beschlußmängeln noch nicht gänzlich durchdrungen werden konnten. D e m damaligen Diskussionsstand kann daher für das heutige Rechtsverständnis nicht ohne weiteres prägende Bedeutung beigemessen werden. c) Nochmals:

Der Zusammenhang

mit dem

Mehrheitsprinzip

Die vorstehenden Überlegungen bestätigen erneut die hier vertretene Ansicht, d a ß die § § 2 4 1 ff. A k t G in vollem Umfang in der G m b H Anwendung finden, lediglich mit einer Modifikation bei der Anfechtungsfrist im Falle von Vergleichsverhandlungen. Die Übertragung dieser Vorschriften auf andere Gesellschaftsformen k a n n 1 4 5 Vgl. Allgemeine Begründung, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, dernes Aktienrecht, S . 4 6 7 ; hierzu auch Emmerich, Entwicklung, S. 133 f.

146

Hundert Jahre mo-

Hoffmann, AG 1980, 141, 143; Huber, FS Coing, S. 167, 168; Lutter, NJW 1969, 1873,

1877; K. Schmidt, FS Stimpel, S.217, 233. 1 4 7 Ebenso Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S.239, 250.

442

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

mit Fug und Recht als ein Akt gesellschaftsrechtlicher Institutionenbildung angesehen werden 1 4 8 . Das dort bereitgestellte Modell für die prozessuale Bewältigung von Beschlußmängelstreitigkeiten wird ohne Rücksicht auf die Rechtsform sämtlichen mit dem Mehrheitsprinzip verbundenen Bedürfnissen nach Rechtsschutz einerseits, rascher Rechtsklarheit andererseits gerecht. Der Zusammenhang mit dem Mehrheitsprinzip wird auch nicht durch die § § 2 4 3 II, 2 4 5 Nr. 3 AktG aufgelöst, wonach der Aktionär die unzulässige Gewährung von Sondervorteilen ohne Rücksicht darauf anfechten kann, wie er selbst abgestimmt und ob er Widerspruch erhoben hat 1 4 9 ; denn die einstimmige Gewährung solcher Vorteile ist recht mäßig. Das Anfechtungsbedürfnis wird also gerade dadurch auf den Plan gerufen, daß jener Vorteil nur mit Mehrheit beschlossen wurde. d) Methodische

Ableitung

Die juristische Methodik eröffnet zwei Wege, auf denen sich die §§ 241 ff. AktG auch in O H G und K G als bereits gegenwärtig geltendes Recht darstellen lassen. Zum einen kommt in Betracht, diese Vorschriften ähnlich wie in der GmbH im Wege der Gesetzesanalogie auf diese Gesellschaften zu übertragen. Die andere Möglichkeit führt über die Vertiefung der ergänzenden Vertragsauslegung als Institution der Rechtsfortbildung 1 5 0 ; denn in der Personengesellschaft ergibt sich das Mehrheitsprinzip aus dem Gesellschaftsvertrag, so daß es naheliegt, aus jenem Vertrag auch die Rechtsfolgen abzuleiten, die sich einstellen, wenn die Mehrheit den Boden von Gesetz und Vertrag verläßt. Mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung mag zum einen die Situation bewältigt werden, daß die konkreten Vertragsparteien in ihrem Vertrag ein singuläres, gerade in ihrer Situation auftretendes Problem nicht bedacht haben und daher das Gefüge von Rechten und Pflichten für den Einzelfall fortgedacht werden muß, um zu einer adäquaten Lösung zu gelangen. Die ergänzende Vertragsauslegung kommt aber zum anderen auch dann in Betracht, wenn Lösungen gefunden werden müssen, die typisch erweise in einer Vielzahl von gleichartigen Rechtsverhältnissen auftreten. Dann muß diese Form der Auslegung nach einer typischerweise angemessenen Lösung suchen. Die so gefundene Regelung erfüllt sodann die gleiche Funktion wie ein Rechtssatz des dispositiven Gesetzesrechts. In eben dieser Weise verhält es sich im Beschlußmängelrecht derjenigen Personengesellschaften, deren Gesellschaftsvertrag das Mehrheitsprinzip vorsieht: Die § § 2 4 1 ff. AktG sind dort, wo der Gesellschaftsvertrag keine Regelung über die Folgen fehlerhafter Beschlüsse enthält, typischerweise angemessen. Ihre Übertragung in das Recht der O H G und KG ist daher das Ergebnis einer solchen generalisierenden ergänzenden Vertragsauslegung und damit selbst

148

K. Schmidt,

FS Stimpel, S . 2 1 7 , 218; dagegen aber Baumbach-Zöllner,

GmbHG, Anh. § 4 7

Rn.2. 1 4 9 So aber Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 125f.; in diese Richtung früher auch K. Schmidt, AG 1977, 2 4 3 , 2 5 1 . 1 5 0 Zum Folgenden ausführlich Canaris, ZIP 1996, 1109, 1115 ff.

B. Das Modell der §§241 f f . AktG

443

Inhalt eines dispositiven Rechtssatzes. J e n e Auslegung ergibt mithin nicht etwa die U n w i r k s a m k e i t 1 5 1 , sondern nach den obigen Darlegungen lediglich die Vernichtbarkeit fehlerhafter Beschlüsse. Leitet man die Übertragung der aktienrechtlichen Regeln in dieser Weise aus dem Institut der ergänzenden Vertragsauslegung ab, so k ö n n t e man einwenden, es stehe nicht in der M a c h t der Gesellschafter als Parteien des Gesellschaftsvertrags, in Gestalt der Anfechtungsklage eine neue Gestaltungsklage einzuführen und damit neue Aufgaben für die Gerichte zu schaffen 1 5 2 ; eine Gestaltungsklage gebe es nur in den gesetzlich besonders zugelassenen F ä l l e n 1 5 3 . Dies Argument überzeugt schon deshalb nicht, weil mit der gleichen Begründung auch in der G m b H die Analogie zu den §§ 2 4 1 ff. A k t G ausscheiden m ü ß t e 1 5 4 . D e r numerus clausus der Gestaltungsklagen steht der Analogie zu diesen Vorschriften nicht entgegen; denn die Anfechtungsklage bleibt ihrer Rechtsnatur nach unverändert und wird lediglich auf eine andere Gesellschaftsform übertragen 1 5 5 . So hält es der B G H mit R e c h t für möglich, das Erfordernis einer fristgebundenen Anfechtungsklage im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren 1 5 6 . Darüber hinaus wird aber mit der soeben wiedergegebenen Überlegung der methodische Standort der ergänzenden Vertragsauslegung verkannt: In der hier einschlägigen Spielart, nämlich in ihrer Funktion als Garant einer typisch erweise sätze der dispositiven

angemessenen Lösung, erzeugt sie ihrerseits

Rechts-

lex lata. Es ist dann gerade nicht mehr der individuelle Ver-

tragswille, der das Erfordernis der Anfechtungsklage legitimiert, sondern das methodisch zulässig -

um jene Rechtssätze ergänzte Gesetz selbst. D a ß die

§ § 2 4 1 ff. A k t G als das typischerweise angemessene Modell für die Behandlung bereitstellen, scheint auch die Kautelarpraxis anzuerkennen, wenn sie, wie beobachtet und nachgewiesen w u r d e 1 5 7 , verbreitet ihrer M a n d a n t s c h a f t empfiehlt, jenes Modell im Gesellschaftsvertrag zu übernehmen oder sich zumindest daran zu orientieren; so wird selbst in GmbH-Satzungen das Erfordernis einer Anfechtungsklage nochmals ausdrücklich hervorgehoben 1 5 8 . Beide Begründungsansätze schließen einander nicht aus, sondern können nebeneinander zum Tragen k o m m e n . Freilich kann die ergänzende VertragsausleSo aber Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 84ff. Gegen privatautonome Vereinbarung einer Anfechtungsklage aus diesem Grunde BGH BB 1990, 370; OLG Hamm GmbHR 1992, 759, 760; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.45f.; Wagner, Prozeßverträge, S.602f.; anders aber neuerdings BGH NJW 1995, 1218; siehe sogleich. 153 Yg| Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.221. 154 So zutreffend Nitschke, Personengesellschaft, S.206f. Für die Möglichkeit, den Anwendungsbereich einer Gestaltungsklage durch Einzelanalogie zu erweitern, auch Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 123; A. Hueck, FS Heymanns Verlag, S. 287,289; Köster, Nichtigkeitsklage, S. 131; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 184ff.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 118f.; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 283ff. 1 5 5 Ähnlich Becker, Verwaltungskontrolle, S.519. 156 BGH NJW 1995, 1218; Brandes, WM 1998, 261, 267; ders., WM 2000, 385, 389; Ebenroth-Ehricke, HGB, § 119 Rn.78. 157 Vgl. Becker, Verwaltungskontrolle, S.521; Menger, Lückenausfüllung, S. 181 f. 158 Casper/Risse, ZIP 2000, 437, 441 bei und mit Fn.38. 151

152

444

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

gung aus sich heraus nicht alle Probleme lösen. Namentlich läßt sich aus ihr keine bestimmte Dauer der Anfechtungsfrist ableiten. Der vom Gesetzgeber beschrittene Weg, eine strikte Frist von genau einem Monat festzusetzen, ist dezisionistisch und daher für den Rechtsanwender nicht ohne weiteres gangbar, wenn die Rückbindung an Wertungen des geschriebenen Rechts fehlt. Das gilt gerade dann, wenn die Anfechtungsfrist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den Parteien als typisierter Vertragswille unterstellt werden soll. Ohne die Anbindung an das Gesetz ist daher nicht auszukommen. Deshalb sind die § § 2 4 1 ff. AktG im Wege der Gesetzesanalogie auf OHG und KG zu übertragen, unter Einschluß der Monatsfrist des § 246 I AktG. Da diese Vorschriften ein typischerweise angemessenes Rechtsfolgensystem für die Behandlung fehlerhafter Beschlüsse bereitstellen, wird ihre Anwendung zusätzlich durch die Annahme getragen, daß sie dem typisierten Vertragswillen der Gesellschafter entsprechen. Dies zusätzliche Fundament für die Anwendung der § 241 ff. AktG stützt die Übernahme aller Elemente des dort enthaltenen Prozeßmodells mit Ausnahme der Anfechtungsfrist; denn diese läßt sich nicht ohne weiteres positiv als im Zweifel gewollt aus der Parteivereinbarung ableiten. Sie widerspricht der Interessenlage aber auch nicht, so daß mit der Analogie zu § 2 4 6 I AktG den Gesellschaftern jedenfalls keine Regelung aufgedrängt wird, mit der sie, hätten sie die Beschlußmängelfolgen bedacht, typischerweise nicht einverstanden gewesen wären. Dem Ansatz, die Aussagen der § § 241 ff. AktG im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als geltendes Recht zu etablieren, wird maßgebliche eigenständige Bedeutung zukommen, wenn es gilt, die Anwendung dieser Vorschriften auf Beschlußmängeltatbestände jenseits des Verstoßes gegen Gesetz und Satzung auszudehnen, nämlich bei Verstößen gegen allseitige Stimmbindungsvereinbarungen 159 .

C. Im einzelnen: Die §§241 ff AktG in OHG und KG Die § § 2 4 1 ff. AktG stellen daher alles in allem auch für die Personengesellschaft ein taugliches Modell zur Bewältigung von Beschlußmängelstreitigkeiten bereit 1 6 0 . Insbesondere ist auch in ihr zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen zu differenzieren 161 . Die Anfechtungs- und die Nichtigkeitsklage sind gegen die Gesellschaft zu richten 162 . Für die Anfechtungsklage beträgt die Frist einen Monat ab Beschlußfassung 163 ; sie ist gehemmt, solange die Gesellschafter sich in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen über den Beschluß befinden. Ebenso steht wie in AG und GmbH als Vervollständigung des Rechtsschutzes die positive Dazu ausführlich unten § 8 B. Für die Analogie zu § § 2 4 1 f f . AktG auch Schröder, GmbHR 1994, 532, 537. 1 6 1 Ebenso Schröder, GmbHR 1994, 532, 537. 1 6 2 Im Ergebnis ebenso Becker, Verwaltungskontrolle, S. 524. 163 hier Köster, Nichtigkeitsklage, S. 146f.; gegen die Anwendung der Monatsfrist aber Becker, Verwaltungskontrolle, S. 522. 159

160

C. Im einzelnen:

Die §§241 f f . AktG in OHG und KG

445

Beschlußfeststellungsklage zur Verfügung 164 . Insofern gilt nichts anderes als in der GmbH. Lediglich zwei Elemente des in § § 2 4 1 ff. AktG niedergelegten Modells bedürfen für die Personengesellschaft einer besonderen Reflexion: der Anfechtungsgegenstand und die Anfechtungsbefugnis.

I. Unstreitiger oder verbindlich festgestellter Mehrheitsbeschluß als Anfechtungsgegenstand Die Anfechtungsklage ist zunächst immer dann statthaft, wenn der Beschluß nach besonderer Anordnung im Gesellschaftsvertrag mit Mehrheit gefaßt werden konnte. Sie kommt freilich dort ebenso wie in der GmbH nur in Betracht, wenn ein Beschlußergebnis mit vorläufiger Verbindlichkeit verkündet wurde, etwa in einer Gesellschafterversammlung von einem Versammlungsleiter, oder wenn das Ergebnis der Abstimmung unter den Gesellschaftern unstreitig ist. Das Einverständnis kann, wenn der Beschluß in einer Gesellschafterversammlung gefaßt worden ist, bereits in deren Verlauf, in gleicher Weise aber auch später hergestellt werden. Bei schriftlicher Abstimmung wird man in der Regel die Person, die mit der Auszählung der Stimmen betraut ist, auch für befugt halten dürfen, das Abstimmungsergebnis verbindlich festzustellen. In diesem Fall muß eine etwaige unrichtige Feststellung ebenso durch Anfechtungsklage beseitigt werden wie in AG und G m b H 1 6 5 . Ist dagegen der Inhalt des Beschlusses weder unstreitig noch verbindlich festgestellt, so fehlt es wie in der GmbH an einem geeigneten Objekt für die Anfechtungsklage. Eine solche kommt daher in diesem Fall nicht in Betracht. Vielmehr ist der Streit um den Beschlußinhalt im Rahmen einer allgemeinen Feststellungsklage auszutragen. Für diese Klage gelten wie in der G m b H 1 6 6 die Erleichterungen des § 856 Z P O , wie sie für den gesellschaftsinternen Rechtsstreit fortgeschrieben wurden 1 6 7 : Die Parteien des Feststellungsstreits können die Beiladung ihrer Mitgesellschafter beantragen. Diese können dem Rechtsstreit auf beliebiger Seite als Streitgenossen beitreten, dies aber auch bleiben lassen. Das Urteil erwächst in Rechtskraft gegenüber den Parteien sowie allen Beigeladenen.

1 6 4 Anders Sester, Treupflichtverletzung, S. 161 ff., der freilich die §§ 241 ff. AktG auch im übrigen ablehnt. 1 6 5 Dezidiert anders, weil die Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG generell ablehnend, Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn. 91. Trotz Ablehnung des Klageerfordernisses nimmt dagegen Schmitt (Beschlußmängelrecht, S.222) eine Obliegenheit des Gesellschafters an, der Feststellung des Versammlungsleiters alsbald zu widersprechen. 1 6 6 Dazu oben $6 F II 4. 1 6 7 Oben § 3 B II 5.

446

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

II. Einstimmiger Beschluß als A n f e c h t u n g s g e g e n s t a n d ? 1. Die §§241 f f . AktG als Antwort auf das

Mehrheitsprinzip

Die §§ 241 ff. AktG nehmen sich, wie ausgeführt 168 , einer Problematik an, die ohne Rücksicht auf die Rechtsform mit dem Mehrheitsprinzip notwendig verbunden ist: Der Mehrheitsbeschluß muß der rechtlichen Kontrolle zugänglich sein; und das Verfahren dieser Kontrolle muß auf eine effektive und allseitig verbindliche Beilegung des Streits ausgerichtet sein, damit der Beitrag des Mehrheitsprinzips zur Erleichterung verbandsinterner Entscheidungen nicht durch ein aufwendiges Kontrollverfahren wieder neutralisiert wird. Das scheint dafür zu sprechen, das Modell der §§ 241 ff. AktG nur dort anzuwenden, wo der Gesellschaftsvertrag der O H G oder KG die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses vorsieht. Einstimmige Beschlüsse, so könnte man argumentieren, verkörperten die Richtigkeitsgewähr des individuellen Aushandelns und bedürften keines vergleichbaren Kontrollverfahrens. 2. Einstimmige

Beschlüsse mit (unstreitigem)

Stimmverbot

Eine solche Argumentation ist indes bereits für diejenigen Beschlüsse unrichtig, bei denen mitzustimmen einzelnen Gesellschaftern aufgrund von Interessenkonflikten in ihrer Person untersagt ist 169 . Gewiß: Während die Anordnung des Mehrheitsprinzips die interne Entscheidungsfindung erleichtern will und zu diesem Zweck einen Verlust an Richtigkeitsgewähr in Kauf nimmt, besteht die Zielsetzung von Stimmverboten umgekehrt darin, jene Richtigkeit zu garantieren: Der befangene Gesellschafter ist deshalb vom Stimmrecht ausgeschlossen, weil befürchtet werden muß, daß er seinem Eigeninteresse einen unangemessenen Vorrang vor den Interessen der Gesellschaft einräumt 170 und damit der Verbandswille durch Sonderinteressen verfälscht wird 171 , weil m.a.W. von ihm ein sachgerechter Entscheidungsbeitrag nicht zu erwarten ist. Doch ändert dies nichts daran, daß ein solcher Gesellschafter nur rechtmäßige Beschlüsse seiner Mitgesellschafter hinnehmen muß. Praktisch wichtigstes und an späterer Stelle noch ausführlich zu erörterndes 172 Beispiel ist der Fall, daß der Gesellschaftsvertrag für den Ausschluß eines Gesellschafters auf das Erfordernis einer Gestaltungsklage (§ 140 HGB) verzichtet und statt dessen einen bloßen Beschluß der Gesellschafter genügen läßt: In

168

Soeben B III. Vgl. zu Stimmverboten in der Personengesellschaft näher Baumgärtner, Treupflicht, S. 135; Menger, Lückenausfüllung, S. 130ff.; Röttger, Kernbereichslehre, S. 92f.; Staub-Ulmer, HGB, § 119 R n . 6 6 f f . ; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 8 4 f . 170 p n o r ; Vereinsbeschlüsse, S . 9 5 . 171 Hüffer, FS Heinsius, S. 337, 341. 172 Unten § 1 1 D I. 169

C. Im einzelnen:

Die §§241 f f . AktG in OHG und KG

447

einem solchen Fall unterliegt der auszuschließende Gesellschafter einem Stimmverbot 1 7 3 . Die mit der rechtlichen Kontrolle fehlerhafter Beschlüsse verbundenen Probleme treten in solchen Fällen in gleicher Weise auf wie bei gewöhnlichen Mehrheitsbeschlüssen: Die übrigen Gesellschafter haben ein Interesse daran, rasch über die Gültigkeit des Beschlusses Klarheit zu gewinnen. Nicht jeder Gesellschafter wird sich an einer gerichtlichen Auseinandersetzung hierüber beteiligen wollen; dennoch werden diejenigen Gesellschafter, welche den Streit über den Beschluß letztlich austragen, eine allseits verbindliche Entscheidung anstreben. Vor diesem Hintergrund steht nichts entgegen, die § § 2 4 1 ff. AktG auch auf einstimmige Beschlüsse anzuwenden. Schutzwürdige Belange einzelner Beteiligter werden dadurch nicht beeinträchtigt; insbesondere hat keiner der Gesellschafter, die für den Beschluß gestimmt haben, ein Interesse daran, persönlich verklagt zu werden, um das Verfahren zu blockieren: Würde die Klage nicht gegen die Gesellschaft erhoben, sondern gegen die Mitgesellschafter, so könnte der Kläger die Klage gegen sie alle erheben und damit die Erledigung des Streits in einem einzigen Prozeß erzwingen. Dann aber werden die Mitgesellschafter eher ein Interesse daran haben, daß nicht sie verklagt werden, sondern die Gesellschaft: Damit ersparen sie sich das Prozeßkostenrisiko. Die Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG bedeutet in diesem Zusammenhang, daß der vom Stimmrecht ausgeschlossene Gesellschafter den Beschluß grundsätzlich (d.h. wenn nicht analog § 2 4 1 AktG ein Nichtigkeitsgrund vorliegt) innerhalb der o b e n 1 7 4 genannten Frist anfechten muß, und zwar mittels einer gegen die Gesellschaft zu erhebenden Klage. Denn aus seiner Sicht stellt sich der Beschluß so dar wie ein gewöhnlicher Mehrheitsbeschluß 1 7 5 : Die Mitgesellschafter haben aus Gründen der Gesellschaftsverfassung das Recht, eine Entscheidung zu treffen, ohne nach seiner Zustimmung zu fragen. Dies gilt freilich nur dann, wenn zwischen allen Gesellschaftern unstreitig ist, daß das Stimmverbot besteht, wenn also der betroffene Gesellschafter akzeptiert, daß er im konkreten Fall nicht mitstimmen durfte. In diesem Fall steht auch das Beschlußergebnis als solches außer Streit, so daß der Beschluß ein geeignetes Objekt für eine Anfechtungsklage verkörpert. Behauptet hingegen der Gesellschafter, er sei zu Unrecht von der Abstimmung ausgeschlossen worden, so behauptet er nicht die Rechtswidrigkeit, sondern die Unwirksamkeit

des Beschlusses; denn wenn seine Rechtsbehauptung zutrifft, kam es

für den Beschluß gerade auf seine individuelle Zustimmung an. In einem solchen Fall macht die fehlende Zustimmung den Beschluß nicht fehlerhaft, sondern verhindert sein Zustandekommen überhaupt 1 7 6 . Für diesen Fall ist nicht die Anfechtungsklage, sondern die Feststellungsklage der richtige Rechtsbehelf. 1 7 3 BGH DStR 1997, 1090, 1091; O L G Stuttgart GmbHR 1 9 8 9 , 4 6 6 , 4 6 7 ; Ebenrotb-Lorz, HGB, § 140 R n . 4 5 ; Lutz, BB 2 0 0 0 , 833, 834; Mayer, BB 1992, 1497. 1 7 4 B III 6. 1 7 5 Die Ähnlichkeit von Stimmrechtsausschluß und Mehrheitsprinzip aus der Sicht des überstimmten Gesellschafters betont auch Röttger, Kernbereichslehre, S. 93 f. 1 7 6 Unten D I.

448

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

3. Einstimmig gefaßte, aber nichtige

in der

Personengesellschaft

Beschlüsse

Die Richtigkeitsgewähr des einstimmigen Beschlusses hindert ferner nicht die Annahme, daß selbst in O H G und K G Beschlüsse, die an besonders schweren Fehlern leiden, unter den gleichen Voraussetzungen wie im R e c h t der Kapitalgesellschaftern nichtig sind, also unter den Voraussetzungen des § 2 4 1 A k t G . Liegt ein solcher Fall vor, so ist selbst der einstimmig gefaßte Beschluß nichtig; denn die durch § 2 4 1 A k t G und die in ihm in Bezug genommenen Vorschriften entziehen den durch sie gewährten Schutz der Disposition der Gesellschafter. Beschlüsse, die an einem solchen Mangel leiden, müssen nicht eigens angefochten werden, um ihre Nichtigkeit herbeizuführen; diese besteht vielmehr auch in O H G und K G bereits ipso iure. Es steht jedoch nichts entgegen, die prozeßökonomischen Vorteile, welche die § § 2 4 1 ff. A k t G bereitstellen, in gleicher Weise nutzbar zu machen, wenn in einer O H G oder K G die Nichtigkeit eines Beschlusses gerügt wird, etwa wegen Gläubigerschädigung oder wegen inhaltlicher Sittenwidrigkeit. Die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage k o m m t daher auch in der Personengesellschaft zur Anwend u n g 1 7 7 - und zwar selbst für einstimmig gefaßte Beschlüsse 1 7 8 .

4. Klageverbindung

bei mehrfachem

Rechtsschutzbegehren

Mehrheitsbeschlüsse sind in Personengesellschaften nur statthaft, sofern sie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sind. Selbst wenn der Vertrag eine entsprechende Bestimmung enthält, ist deren Reichweite nicht immer eindeutig; denn nach Ansicht des B G H müssen die Gegenstände, über die mit Mehrheit entschieden werden k a n n , im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich benannt werden (sog. Bestimmtheitsgrundsatz). Eine allgemeine Mehrheitsklausel erstreckt sich im Zweifel nur auf Geschäftsführungsbeschlüsse 1 7 9 ; diese sind dann freilich generell e r f a ß t 1 8 0 . Klauseln, wonach allgemein über Vertragsänderungen mit Mehrheit entschieden werden k a n n , erfassen nur solche Änderungen, die sich im R a h m e n des Gewöhnlichen h a l t e n 1 8 1 . Soll sich aber die Mehrheitsklausel auf außergewöhnliche Vertragsänderungsbeschlüsse erstrecken, so müssen die Gegenstände dieser Beschlüsse ausdrücklich in jener Klausel benannt sein 1 8 2 . Der Bestimmtheitsgrundsatz wird von Teilen der Literatur als bedeutsame Schranke für Mehrheitsbeschlüsse in der

Ebenso Köster, Nichtigkeitsklage, S. 148f. Unklar insoweit Köster, Nichtigkeitsklage, S. 148f. 179 Marburger, NJW 1984, 2252, 2253; Röttger, Kernbereichslehre, S. 155 f. 180 Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 140f. 181 BGH NJW 1985, 2830, 2831; NJW 1988, 411, 412; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 142ff.; Röttger, Kernbereichslehre, S. 156; weitergehend Brändel, FS Stimpel, S. 95, 103f.: im Zweifel seien alle Vertragsänderungen erfaßt. 182 BGHZ 48, 251, 254; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 143f.; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 101; Röttger, Kernbereichslehre, S. 156. Beispiele für solche außergewöhnlichen Beschlüsse bei Marburger, NJW 1984,2252, 2253; Michalski, WiB 1997,1, 3; Nitschke, Personengesellschaft, S.90. 177 178

C. Im einzelnen: Die §§241 f f . AktG in OHG und KG

449

Personengesellschaft apostrophiert 1 8 3 , ist jedoch andernorts auf Kritik gestoß e n 1 8 4 ; so wird vorgetragen, der Gesellschafter werde nicht wirklich vor der Option eines Mehrheitsentscheids gewarnt, wenn, wie es mittlerweile geschehen sei, die Kautelarpraxis breite Kataloge „außergewöhnlicher" Geschäfte in die Gesellschaftsverträge aufnehme und damit den formalen Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz genüge. Außerdem verhindere er im Einzelfall die gebotene Anpassung des Gesellschaftsvertrags an veränderte Umstände. An die Stelle der formalen Schranke, welche durch den Bestimmtheitsgrundsatz aufgerichtet wird, soll eine materielle Begrenzung der Mehrheitskompetenz treten: D a n a c h k o m m e n Mehrheitsbeschlüsse nicht in Betracht, sofern durch sie in unverzichtbare Gesellschafterrechte eingegriffen wird; und selbst Eingriffe in unentziehbare Gesellschafterrechte sollen nur zulässig sein, wenn die Mehrheitsklausel in concreto als vorweggenommene Zustimmung zu diesem Eingriff gewertet werden könne (sog. Kernbereichslehre 1 8 5 ). In Gesellschaften mit großer Gesellschafterzahl

kommt

selbst nach der Rechtsprechung des B G H der Bestimmtheitsgrundsatz nicht zur A n w e n d u n g 1 8 6 . D o r t soll sogar gänzlich ohne Zulassung im Gesellschaftsvertrag mit M e h r h e i t entschieden werden können, bei Vertragsänderungen freilich nur mit % - M e h r h e i t 1 8 7 . In einer neueren Entscheidung hat der B G H offengelassen, o b überhaupt noch am Bestimmtheitsgrundsatz festzuhalten sei; er entschied den konkreten Fall anhand der Kernbereichslehre 1 8 8 . In einer weiteren Entscheidung hat er Elemente des Bestimmtheitsgrundsatzes und der Kernbereichslehre vermengt, indem er für eine mehrheitliche Beschlußfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses eine ausdrückliche Grundlage im Gesellschaftsvertrag deshalb forderte, weil das Gewinnrecht, für dessen Umfang der Jahresabschluß maßgeblich sei, zum Kernbereich der Mitgliedschaft g e h ö r e 1 8 9 . Folglich mag Streit darüber entbrennen, o b der Gegenstand des gefaßten Beschlusses von der Mehrheitsklausel gedeckt ist. Gerade die Ausnahme vom Bestimmtheitsgrundsatz für „ g r o ß e " Gesellschaften bringt erhebliche Rechtsunsicherheit mit s i c h 1 9 0 . D a n n wird der Gesellschafter, der mit dem Beschluß nicht ein183 Hermanns, ZGR 1996,103,108; Kraffel/König, DStR 1996,1130,1131; Loritz, JZ 1986, 1073,1081; Marburger, NJW 1984,2252,2255ff.; ders., ZGR 1988,150,153f.; Michalski, WiB 1997,1, 7f.; Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 119 Rn. 19; Röttger, Kernbereichslehre, S. 151 ff.; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn. 18ff.; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205,214ff.; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 78ff.; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 520f. 184 Fischer, FS Barz, S.33, 41 f.; Hennerkes/Binz, BB 1983, 713, 714; Leenen, FS Larenz, S.371, 375ff.; Mecke, BB 1988, 2258, 2261ff.; MK-Enzinger, HGB, § 119 Rn.81; Schiemann, AcP 185 (1985), 73, 75; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.33, 38f. 185 Vgl. im einzelnen Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 407f.; Mecke, BB 1988, 2258, 2261ff.; Ulmer, ZHR 161 (1997), 102, 122f.; ders., in Staub, HGB, § 119 Rn.40ff. 186 Vgl. namentlich BGHZ 71, 53, 57ff.; BGHZ 85, 350, 355ff. 187 Baumbach-Hopt, HGB, Anh. § 177a Rn. 69; unter Berufung auf § 179 II AktG auch Brandes, WM 1978 Beilage 1 S . l l . 188 BGH NJW 1995, 194. 1 8 9 BGH DB 1996, 926, 927f. 190 Brändel, FS Stimpel, S.95, 101.

450

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

verstanden ist, in erster Linie vortragen, der Beschluß sei einstimmig zu fassen gewesen und daher in Ermangelung seiner (des Klägers) Zustimmung unwirksam 1 9 1 ; jedenfalls aber verstoße er gegen Gesetz oder Gesellschaftsvertrag und sei daher nichtig oder doch zumindest anfechtbar. Wurde der Beschluß von einem Versammlungsleiter oder einer sonstigen dazu befugten Person verbindlich festgestellt und verkündet, so kann der Gesellschafter beide Klageanträge gegen die Gesellschaft richten. Denn wie noch zu zeigen sein wird 1 9 2 , kann in einem solchen Fall nicht nur die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, sondern auch die Klage mit dem Ziel, die Unwirksamkeit des Beschlusses wegen der fehlenden Zustimmung eines Gesellschafters festzustellen, gegen die Gesellschaft gerichtet werden. Diese tritt in den Rechtsstreit mit der Rechtsbehauptung ein, der Beschluß sei vom Versammlungsleiter verkündet und daher wirksam gefaßt worden. Fehlt es an einer solchen Feststellung des Beschlusses, so sind demgegenüber beide Klageanträge gegen die Mitgesellschafter zu richten, weil weder für das eine noch für das andere Rechtsschutzbegehren eine Rechtsposition der Gesellschaft bestimmt ist, die zu vertreten die geschäftsführenden Gesellschafter legitimiert sind und auf deren Verteidigung sich die übrigen Gesellschafter verlassen können; es gilt insoweit das gleiche wie in der G m b H beim Streit um einen Beschluß, der seinem Inhalt nach streitig und nicht durch einen Versammlungsleiter verkündet worden ist 1 9 3 . Das Problem der sachlichen Begrenztheit von Mehrheitsklauseln läßt sich also im hier vertretenen Modell bestens bewältigen; es besteht kein Anlaß, aus diesem Grunde die Anwendbarkeit der §§ 2 4 1 ff. AktG und namentlich das Klageerfordernis in Zweifel zu ziehen 1 9 4 .

III.

Anfechtungsbefugnis

Schwierigkeiten bereitet die Frage, in welchem Umfang der einzelne Gesellschafter zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen als befugt anzusehen ist. Die für AG und G m b H gefundenen Ergebnisse lassen sich nicht ohne weiteres auf die Personengesellschaften übertragen. 1. Objektive

Kontrollbefugnis?

Im Aktienrecht hängt die Anfechtungsbefugnis nicht davon ab, daß der klagende Aktionär in seinen eigenen mitgliedschaftlichen Rechten betroffen ist; mehr noch: Der Pflicht, deren Verletzung behauptet wird, muß kein korrespondierender Berechtigter gegenüberstehen. Die Anfechtungsklage kann sich vielmehr darauf be1 9 1 Vgl. zu dieser Rechtsfolge fehlender Zustimmung eines Gesellschafters beim Einstimmigkeitsprinzip nur BGH BB 1976, 948. 1 9 2 Sogleich D II. , 9 3 Dazu oben § 6 F. 1 9 4 So aber Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 172f.

C. Im einzelnen: Die §§241 f f . AktG in OHG und KG

451

schränken, die reine Verletzung objektiven Rechts (Gesetz oder Satzung, § 2 4 3 I AktG) zu rügen. In der AG konnte für eine solch umfassende Kontrollbefugnis der Gesichtspunkt ins Feld geführt werden, daß ohne sie die Tätigkeit der Aktiengesellschaften einer staatlichen Aufsichtsbehörde unterworfen werden müßte. Statt dessen werde das Eigeninteresse der Aktionäre für die rechtliche Kontrolle des Verbandes aktiviert. Für die GmbH mußte diese Überlegung bereits deutlich anders akzentuiert werden: Hier war das Bedürfnis nach objektiver Rechtskontrolle nicht auf den Zuschnitt des Verbandes als Publikumsgesellschaft mit einem erheblichen individuellen wirtschaftlichen Machtpotential zurückzuführen, sondern auf das rechtstatsächlich belegbare erhebliche Insolvenzpotential der GmbH; nicht die individuelle Macht des einzelnen Verbandes rief das Kontrollbedürfnis auf den Plan, sondern das typische wirtschaftliche Schicksal einer großen Menge von Gesellschaften. Bei Personenhandelsgesellschaften fällt es schwer, eine ähnliche Argumentation ins Feld zu führen, weil die persönliche Haftung der Gesellschafter ein hinreichendes Korrektiv bereitstellt, welches die Erwartung rechtfertigt, daß die Gesellschafter sich freiwillig an Gesetz und Gesellschaftsvertrag halten werden. Zumindest in der typischen O H G oder K G läßt sich des weiteren kaum ein Bedürfnis dafür ausmachen, daß ein Gesellschafter mit Hilfe der Anfechtungsklage die Rechtsverletzung zum Nachteil eines Mitgesellschafters geltend macht: In der personalistischen Gesellschaft vermag sich typischerweise jeder Gesellschafter selbst zu helfen. Um vor diesem Hintergrund noch die Notwendigkeit zu begründen, den Gesellschaftern ähnlich weitreichende Kontrollbefugnisse einzuräumen wie in GmbH und AG, müßte ein rechtspolitisches Vorverständnis weitaus bedeutsameren Ausmaßes offengelegt werden: Es müßte behauptet und belegt werden, daß letztlich sämtliche vollkaufmännischen Handelsbetriebe einer allgemeinen Rechtsaufsicht unterstellt werden müßten und hiervon nur abgesehen werden könne, wenn man anstatt dessen eine umfassende Rechtskontrolle durch die Gesellschafter selbst gewährleiste. Indes - in der Interpretation des deutschen Handelsrechts haben derart interventionistische Grundvorstellungen keinen Platz. In der regulären O H G und K G ist daher zur Anfechtung nur derjenige Gesellschafter befugt, der entweder vorträgt, in eigenen Rechten verletzt zu sein, oder eine Rechtsverletzung zum Nachteil der Gesellschaft geltend macht; denn wie gezeigt, erfüllt die Beschlußmängelklage, soweit derartige Rechtsverletzungen gerügt werden, die Funktion der actio pro socio 1 9 5 . Wie sogleich sub 2. zu zeigen sein wird, ist darüber hinaus gerade aus diesem Grund selbst die Befugnis, Rechtsverletzungen zum Nachteil der Gesellschaft zu rügen, nicht uneingeschränkt jedem Gesellschafter zuzugestehen. Weitergehende Befugnisse stehen dem Gesellschafter lediglich dort zu, wo die Personengesellschaft nach ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Ausgestaltung ein Gefährdungspotential verkörpert, welches dem der AG oder GmbH vergleichbar ist. So besteht eine umfassende Befugnis, Rechtsverletzungen ohne Rücksicht auf 195

Oben § 5 B I 3.

452

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

den durch die verletzte Norm geschützten Personenkreis zu rügen, in der G m b H & Co K G / O H G . Diese ist durch einige Spezialvorschriften in Ansehung der Kapitalerhaltung an die G m b H angeglichen worden (vgl. §§ 1 3 0 a , 1 7 7 a HGB) und wirft daher auch nach Ansicht des Gesetzgebers dieselben Mißbrauchsgefahren auf wie die G m b H . Des weiteren besteht eine ebenso umfassende Anfechtungsbefugnis in der Publikumspersonengesellschaft, die ihrer Realstruktur nach der A G sehr nahe kommt und erwiesenermaßen in besonderer Weise anfällig dafür ist, von zweifelhaften Geschäftsleuten zur Akquisition breit gestreuten Kapitals und nachfolgend zum Betrug der Anleger mißbraucht zu werden 1 9 6 . Die Schwierigkeit, Publikumsvon regulären Personengesellschaften in der Praxis abzugrenzen, steht nicht entgegen, der Realstruktur für die Frage der Anfechtungsbefugnis juristische Relevanz beizumessen; denn Unklarheiten über den Umfang der Anfechtungsberechtigung gehören zum normalen Prozeßrisiko eines jeden Klägers. Es ist m.a.W. dem einzelnen Gesellschafter zuzumuten, Anfechtungsklage auf das Risiko zu erheben, daß das Gericht den Publikumscharakter der Gesellschaft verneint und die Klage abweist, weil sich für den konkreten Beschlußgegenstand keine Anfechtungsbefugnis begründen läßt. Für die Frage des Klagegegners war nur deswegen anders zu entscheiden, weil die besondere gesetzliche Zwecksetzung, die mit der Beklagtenrolle der Gesellschaft verbunden ist, ein qualifiziertes M a ß an Rechtsklarheit erfordert: Wenn das Gesetz die Gesellschaft anstelle derjenigen Person(en) zur Beklagten stempelt, denen aus Anlaß des Beschlusses ein mögliches Fehlverhalten zur Last fällt, will es dem Kläger jegliches Nachdenken über den richtigen Klagegegner ersparen. Ohne jede Einschränkung ist schließlich die Befugnis eines jeden Gesellschafters - auch in der dem gesetzlichen Regeltypus entsprechenden O H G oder K G - anzuerkennen, die Nichtigkeit

eines Beschlusses nach § 2 4 1 AktG gerichtlich geltend zu

machen; denn die dort bezeichneten Vorschriften sind der Disposition der Gesellschafter gänzlich entzogen und häufig im Interesse außenstehender Dritter erlassen, welche ihrerseits allenfalls begrenzte Möglichkeiten haben, gegen den Beschluß vorzugehen.

2. Die Anfechtung von Geschäftsführungsbeschlüssen nichtgeschäftsführende Gesellschafter

durch

Wenn dem einzelnen Gesellschafter die Anfechtungsklage unter anderem mit der Behauptung gestattet wird, der Beschluß verletze Rechte der Gesellschaft, so bedarf dies einer weiteren Einschränkung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Beschlußmängelklage, die mit dieser Rechtsbehauptung erhoben wird, die Funktion der actio pro socio erfüllt. Sie erfüllt jene Funktion in ihrer o b e n 1 9 7 dis1 9 6 Zur Mißbrauchsanfälligkeit der Publikumspersonengesellschaft auch Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV (S. 144); Kulka, Ausschluß, S. 106; Radu, ZIP 1992, 303, 306; K. Schmidt, BB 2 0 0 1 , 1857, 1863.

197

§2J.

C. Im einzelnen:

Die §§241 f f . AktG in OHG und KG

453

kutierten präventiven Form: Der Gesellschafter, der die Anfechtungsklage erhebt, versucht die Mitgesellschafter zur Unterlassung einer ihrerseits gegen das Interesse der Gesellschaft verstoßenden Entscheidung zu bewegen. Die präventive actio pro socio steht aber, wie gesehen 1 9 8 , nicht ohne weiteres jedem Gesellschafter einer O H G oder K G zu. Dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementär konnte zwar die präventive actio pro socio mit Hinweis auf sein umfassendes Informationsrecht aus § 118 I H G B noch uneingeschränkt gewährt werden; dem Kommanditisten dagegen nur, wenn er konkrete Anhaltspunkte für eine unredliche Geschäftsführung oder gesellschaftsschädliches Verhalten der Komplementäre darlegt. Der Zusammenhang mit der Beschlußmängelklage liegt auf der Hand: Wo der Kommanditist gegen die Entscheidung eines einzelnen geschäftsführenden Gesellschafters nicht intervenieren kann, kann ihm auch keine Befugnis zustehen, die Entscheidung einer Mehrzahl von geschäftsführenden Gesellschaftern, welche durch Beschluß getroffen wurde, zu Fall zu bringen. Die Befugnis nichtgeschäftsführender Gesellschafter zur Anfechtung von Geschäftsführungsbeschlüssen deckt sich daher vom Umfang her mit der Befugnis zur Erhebung der präventiven actio pro socio: Der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Komplementär kann die Anfechtungsklage uneingeschränkt, der Kommanditist dagegen nur dann erheben, wenn er konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung darlegt. Ohne diese inhaltliche Begrenzung sind alle Gesellschafter zur Anfechtung derjenigen Beschlüsse befugt, an denen sie trotz Ausschlusses von der Geschäftsführung mit abstimmen. Dazu gehören Grundlagenbeschlüsse sowie außergewöhnliche Geschäftsführungsbeschlüsse ( § 1 1 6 II HGB). Wenn auf diese Weise Komplementären einerseits, Kommanditisten andererseits eine Anfechtungsbefugnis mit unterschiedlichem Umfang zugebilligt wird, so ist dies auch im Ergebnis sachgerecht; denn erstere sind wegen der unbeschränkten persönlichen Haftung besonders schutzwürdig 199 . Die dargelegte Begrenzung gilt freilich nicht für die Nichtigkeitsklage: Sie kann uneingeschränkt von jedem Kommanditisten erhoben werden. 3. Die Rolle des §245 Nr. 1 AktG Entgegen der bisher herrschenden Meinung wurde hier für die GmbH die Befugnis eines Gesellschafters, Gesellschafterbeschlüsse anzufechten, analog § 2 4 5 Nr. 1 AktG davon abhängig gemacht, daß er in der Gesellschafterversammlung erschienen ist und Widerspruch erhoben hat 2 0 0 ; beim schriftlichen Verfahren muß der Widerspruch unverzüglich nach Kenntnis vom Beschlußinhalt erhoben werden. Für die Personengesellschaften wird ein solches Erfordernis, soweit es überhaupt

Oben § 2 J II 4,5. So zutreffend - allerdings nicht im Zusammenhang mit Beschlußmängelstreitigkeiten Schneider, Z G R 1972, 357, 368f. 2 0 0 Oben § 6 B I 2. 198

199

454

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

diskutiert wird, bislang abgelehnt 2 0 1 , in dieser Allgemeinheit indes zu Unrecht. Wie gesehen, erklärt sich nämlich das Erfordernis eines Widerspruchs daraus, daß unter Geltung des Mehrheitsprinzips grundsätzlich von der Bereitschaft überstimmter Gesellschafter ausgegangen werden kann, das gegen ihren Willen Beschlossene hinzunehmen. Ein Gesellschafter, der trotz Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes nicht unverzüglich widerspricht, verhält sich widersprüchlich, wenn er sich später auf den Beschlußmangel beruft. Diese Überlegung entfaltet ihre volle Überzeugungskraft überall dort, wo die Geltung des Mehrheitsprinzips angeordnet ist, sei es nun durch Vertrag oder durch Gesetz. § 2 4 5 Nr. 1 AktG gilt konsequent auch in der Personengesellschaft entsprechend, soweit der Gesellschaftsvertrag abweichend von § 119 I H G B die Geltung des Mehrheitsprinzips angeordnet hat - freilich auch nur dort. Wie in der G m b H muß der Widerspruch nicht zu Protokoll erklärt werden, da ein solches nicht obligatorisch geführt wird; doch steht dem Gesellschafter zu Beweiszwecken ein Anspruch auf Protokollierung seines Widerspruchs zu. Wo ausnahmsweise einstimmige Beschlüsse Gegenstand der Anfechtung sein können, ist die Befugnis, Beschlußmängel zu rügen, ohne Widerspruch zulässig. Das gilt ohne weiteres für analog § 2 4 1 AktG ipso iure nichtige Gesellschafterbeschlüsse; ein Widerspruch ist hier schon deshalb entbehrlich, weil selbst die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage nach § 2 4 9 1 1 AktG ohne vorherigen Widerspruch erhoben werden kann. Nichts anders gilt aber im oben II 2 beschriebenen Fall, daß ein (unstreitig) vom Stimmrecht ausgeschlossener Gesellschafter rügt, der von den übrigen Gesellschaftern gefaßte Beschluß sei rechtswidrig: Wenn der Gesellschaftsvertrag am Einstimmigkeitsprinzip festhält, kann von einer grundsätzlichen Bereitschaft eines Gesellschafters, Beschlüsse gegen seinen Willen hinzunehmen, nicht ausgegangen werden - selbst dann nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall in ein Stimmverbot fügt. Dann fehlt die Grundlage für die Annahme, der Gesellschafter, der nicht unverzüglich widerspreche, verhalte sich widersprüchlich, wenn er seine fehlende Bereitschaft, es beim Beschluß bewenden zu lassen, nicht alsbald zum Ausdruck bringe.

D. Anwendung

der §§241 f f . AktG auf unwirksame

Beschlüsse?

Unter der Geltung des Mehrheitsprinzips begründet es noch nicht ohne weiteres die Ungültigkeit eines Beschlusses, wenn die Zustimmung eines einzelnen Gesellschafters irrtümlich als bestehend angenommen wurde oder wenn sie zwar besteht, aber aus irgendwelchen Gründen unwirksam ist; dies selbst dann nicht, wenn es auf jene Zustimmung für das Erreichen der erforderlichen Mehrheit ankam. Denn wenn ein Versammlungsleiter ein bestimmtes Beschlußergebnis mit verbindlicher Wirkung verkündet hat oder der Beschluß seinem Inhalt nach un201

Becker,

Verwaltungskontrolle, S . 4 1 9 .

D. Anwendung

der §§241 f f . AktG auf unwirksame

Beschlüsse?

455

streitig ist, ist der Beschluß mit diesem Inhalt gültig und allenfalls wegen fehlerhafter Feststellung der Mehrheitsverhältnisse anfechtbar. Wo wie in der Personengesellschaft nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung das Einstimmigkeitsprinzip gilt, kommt der Zustimmung des einzelnen Gesellschafters eine weitaus größere Bedeutung zu. Macht ein Gesellschafter geltend, seine Stimme sei niemals abgegeben oder wegen eines angeblichen, aber nicht bestehenden Stimmverbots zu Unrecht nicht berücksichtigt worden oder aber als Willenserklärung nach allgemeinem Zivilrecht nichtig (SS 104ff. BGB), sei es ipso iure, sei es durch Anfechtung gemäß §§ 119 ff. BGB, so fragt sich, inwiefern für das gerichtliche Verfahren die § § 2 4 1 ff. AktG gelten.

I. Das von der Anfechtungsklage abweichende Klageziel Eine uneingeschränkte Übernahme dieser Vorschriften kommt ganz gewiß nicht in Betracht. Denn das Ziel der Klage besteht nicht darin, einen fehlerhaften Beschluß zu rügen und zu beseitigen. Vielmehr bedeutet das Einstimmigkeitsprinzip, daß der Beschluß nicht zustande kommt, bevor jeder Gesellschafter, der für den jeweiligen Beschlußgegenstand zur Teilnahme an der Abstimmung berufen ist (bei gewöhnlichen Geschäftsführungsbeschlüssen die geschäftsführenden, in den Fällen des § 1 1 6 II H G B und bei Grundlagenbeschlüssen sämtliche Gesellschafter), zugestimmt hat 2 0 2 . Der Gesellschafter, der seine fehlende Zustimmung reklamiert, behauptet damit nicht, daß ein (wirksamer, aber) rechtswidriger, ja nicht einmal ein unwirksamer, sondern daß überhaupt kein Beschluß gefaßt worden sei. Denn bei einstimmigen Beschlüssen in der Personengesellschaft ist die Zustimmung aller Gesellschafter nicht erst Wirksamkeits- oder gar Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, sondern bereits Tatbestandsmerkmal des Beschlusses; solange auch nur eine erforderliche Zustimmung fehlt, liegt kein unwirksamer oder rechtswidriger, sondern überhaupt kein Beschluß vor 2 0 3 . Das gleiche gilt, wenn zwar alle Gesellschafter ihre Zustimmung erklärt, diese aber mangels Zugangs beim Adressaten nicht wirksam geworden ist. Nach h.M. wird die Stimme erst dann wirksam, wenn sie den Mitgesellschaftern zugeht ( $ 1 3 0 BGB) 2 0 4 , und zwar je nach Beschlußgegenstand Vgl. Zöllner, Schranken, S . 3 6 0 . Vgl. ausführlich Berg, Beschlüsse, S. 147ff.; wohl auch Schneider, AG 1979, 57, 68; Schröder, GmbHR 1994, 532, 5 3 6 . Siehe aber BGH W M 1973, 100: Ein Beschluß, der mit Mehrheit gefaßt wurde, obwohl er einstimmig zu fassen gewesen wäre ist nichtig (also offenbar tatbestandlich gegeben); O L G Köln ZIP 1987, 1120, 1124: Da ein Gesellschafter einem einstimmig zu fassenden Beschluß nicht zugestimmt hatte, wurde die Unwirksamkeit des Beschlusses festgestellt; ähnlich BGH NJW 1988, 4 1 1 , 4 1 2 f . Die genannten Entscheidungen gehen freilich nicht auf die im Text erläuterte dogmatische Differenzierung (Beschluß entweder nichtig oder unwirksam oder schon tatbestandlich nicht gegeben) ein, enthalten also keine definitive Aussage gegen die hier vertretene Einordnung. Es genügte, in den jeweiligen Fällen festzuhalten, daß der Beschluß jedenfalls keine Rechtswirkungen entfaltete, aus welchem rechtskonstruktiven Grund auch immer. 2 0 4 B G H Z 65, 93, 97; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn. 13-Jüdel, Beschluß, S. 35; Nitsch202

203

456

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

allen oder nur den geschäftsführenden 205 . Wenn also die Stimme auch nur eines Gesellschafters auch nur einem Mitgesellschafter nicht zugeht, ist sie danach nicht wirksam geworden und der Beschluß nicht gefaßt. Von anderen wird darauf hingewiesen, daß die Stimme darauf gerichtet sei, den Willen der Gesellschaft zu formen, und daher ihr zugehen müsse 206 . Die Klage, mit der geltend gemacht wird, ein Beschluß sei aus einem der genannten Gründe nicht zustande gekommen ist folgerichtig nicht Gestaltungsklage (in Form der Anfechtungsklage), sondern eine gewöhnliche Feststellungsklage.

II. Gesellschaft als Beklagte? 1. Das Erfordernis eines unstreitigen

Beschlußinhalts

Gleichwohl konnte bereits für die AG nachgewiesen werden, daß dort auf eine solche Feststellungsklage die §§246 II 1, 248 I 1 AktG analog anzuwenden sind 207 : Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten; das Urteil, das die Unwirksamkeit des Beschlusses feststellt, wirkt Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter. In der GmbH ließ sich diese Analogie zumindest für solche Beschlüsse begründen, deren Inhalt von einem Versammlungsleiter mit vorläufig verbindlicher Wirkung verkündet wurde oder zwischen den Gesellschaftern unstreitig ist. In der Personengesellschaft, in der das Einstimmigkeitsprinzip gilt, wird die verbindliche Feststellung des Beschlußinhalts durch eine damit beauftragte Person, etwa einen Versammlungsleiter, eher selten sein; geschieht dies dennoch, so vermag die Feststellung, ein Beschluß sei einstimmig mit einem bestimmten Inhalt gefaßt worden, nicht auch nur vorläufig einen Beschluß mit diesem Inhalt zustande zu bringen, wenn in Wirklichkeit eine Stimme gefehlt hat 208 . Wohl aber kann eine solche Feststellung die Position der Gesellschaft für einen von ihr oder gegen sie zu führenden Rechtsstreit festzulegen: Die geschäftsführenden Gesellschafter haben als Vertreter der Gesellschaft die Behauptung zu verfechten, der Beschluß sei gemäß der Feststellung des Versammlungsleiters zustande gekommen. Ebenso mag es geschehen, daß die Gesellschafter unstreitig zu irgendeinem Zeitpunkt einstimmig einen Beschluß gefaßt haben, einer der Gesellschafter aber nachträglich die Rechtsgültigkeit seiner Stimme in Frage stellt, weil er sie für nichtig oder für wirksam angefochten hält. Dann markiert das allseitige Einverständnis, daß der Beschluß zumindest einmal die Zustimmung aller Gesellschafter gefunden hat und folglich zu-

ke, Personengesellschaft, S.75f.; Ulmer, FS Niederländer, 4 1 5 , 4 2 1 ; ders., in Staub, H G B , § 119 R n . 2 4 ; Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S.26. 205 Ulmer, FS Niederländer, 4 1 5 , 4 2 1 . 206 Hübner, Interessenkonflikt und Vertretungsmacht, S . 2 7 9 f . 207 O b e n § 5 F II 3 c. 208 So zutreffend A. Hueck, O H G , § 11 V I d (S. 182); Jüdel, Beschluß, S. 88f.; Prior, Vereinsbeschlüsse, S.40; Rohleder, G m b H R 1989, 2 3 6 , 2 3 7 ; Ulmer, FS Niederländer, S . 4 1 5 , 4 3 1 .

D. Anwendung

der §§241ff.

AktG auf unwirksame

Beschlüsse?

457

stände gekommen ist, die von den geschäftsführenden Gesellschaftern namens der Gesellschaft zu vertretende Rechtsbehauptung. Ist die Rechtsposition der Gesellschaft in dieser Weise vorab bestimmt, so ist die zentrale Funktionsbedingung für ein Prozeßmodell erfüllt, das die Gesellschaft zur Partei im gesellschaftsinternen Rechtsstreit erhebt: Dann wissen die übrigen Gesellschafter, wofür die Gesellschaft eintritt, und können sich grundsätzlich darauf verlassen, daß die Vertretungsorgane der Gesellschaft ihr Prozeßverhalten entsprechend dieser vorab festgelegten Rechtsbehauptung einrichten. Sofern also unstreitig ist, daß zu irgendeinem Zeitpunkt alle Gesellschafter zugestimmt haben, oder ein einstimmiger Beschluß von einer dazu befugten Person als gefaßt verkündet wurde, ist Raum für die entsprechende Anwendung der § § 2 4 6 II 1, 2 4 8 AktG. Besteht dagegen bereits Streit darüber, ob überhaupt jemals alle Gesellschafter mit dem Beschlußinhalt einverstanden waren, deren Zustimmung erforderlich war, fühlt etwa ein Gesellschafter sich zu Unrecht vom Stimmrecht ausgeschlossen oder aus sonstigen Gründen übergangen, so ist bereits umstritten, ob der Beschlußantrag jemals angenommen oder ob er abgelehnt wurde. In einem solchen Fall fehlt es an einer Legitimation der geschäftsführenden Gesellschafter, für die Annahme eines wirksamen Beschlusses namens der Gesellschaft zu streiten; der Streit ist daher ebenso zwischen den Gesellschaftern auszutragen, wie dies in der G m b H bei unklaren Mehrheitsverhältnissen der Fall ist 2 0 9 . 2. Umverteilung

der

Initiativbefugnisse

Die analoge Anwendung der § § 2 4 6 II 1 , 2 4 8 AktG ist auf die Personenhandelsgesellschaft ferner nur dann übertragbar, wenn sich wie in AG und G m b H belegen läßt, daß nicht schutzwürdige Belange einzelner Gesellschafter die Zuweisung der Parteirolle an die Gesellschaft verbieten. Derartige Belange sind in der Personengesellschaft nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Bereits im Zusammenhang mit dem Anfechtungsklageerfordernis in der G m b H 2 1 0 wurde gezeigt, daß ein Prozeßmodell, das die Beklagtenrolle der Gesellschaft zuweist, die Befugnis umverteilt, die gerichtliche Klärung zu initiieren: Wenn der Kläger mit einer Klage gegen die Gesellschaft die Ungültigkeit des Beschlusses behaupten kann, kann nicht ein anderer Gesellschafter mit einer ebenfalls gegen die Gesellschaft gerichteten Klage die Feststellung begehren, der Beschluß sei gültig. Denn wären beide Klagen mit dieser Rollenverteilung möglich, so wäre ungewiß, mit welcher Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Prozeß eintreten müßte. Allenfalls kann die Gesellschaft ihrerseits eine Klage gegen den dissentierenden Gesellschafter mit dem Ziel erheben, die Gültigkeit des Beschlusses feststellen zu lassen; doch wirkt das auf diese Klage ergehende stattgebende Urteil nur inter partes, ebenso wie umgekehrt die Abwei-

209 210

Dazu oben § 6 F. Oben § 6 F II 1.

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

458

in der

Personengesellschaft

sung der Nichtigkeitsklage. Ein einzelner Gesellschafter, der für die Verteidigung des Beschlusses eintritt, hat, so wurde festgestellt, in einem solchen Prozeßmodell keinerlei Befugnis, eine allseits verbindliche Klärung in einem einzigen Rechtsstreit zu erwirken. Diese Verteilung der Initiativbefugnisse ist, so wurde oben konstatiert, den Gesellschaftern nur zumutbar, wenn sie zumindest für den Regelfall davon ausgehen können, daß nach angemessen kurzer Frist ein M a n g e l des Beschlusses nicht mehr geltend gemacht werden kann und der Angreifer daher gezwungen ist, etwaige Einwände alsbald im Klagewege zu erheben, widrigenfalls er mit ihnen durch Fristablauf präkludiert ist. Die Möglichkeit, daß danach der Beschluß noch in Frage gestellt werden kann, m u ß mithin die Ausnahme bleiben. Das mit dieser Argumentation aufgestellte Gerechtigkeitspostulat einzulösen fiel in A G und G m b H nicht schwer; denn die Nichtigkeit eines Beschlusses als Folge eines Rechtsverstoßes ist ebenso die absolute Ausnahme wie die Unwirksamkeit eines Beschlusses als Folge der fehlenden Zustimmung eines Gesellschafters oder Aktionärs: Die Fälle, in denen es auf die individuelle Zustimmung eines von ihnen a n k o m m t , sind angesichts des grundsätzlich geltenden Mehrheitsprinzips äußerst selten. In O H G und K G hingegen führt, soweit es der Gesellschaftsvertrag beim Einstimmigkeitsprinzip beläßt, die fehlende Zustimmung auch nur eines zur Abstimmung berufenen Gesellschafters ausnahmslos dazu, daß ein Beschluß nicht einmal tatbestandlich vorliegt. D a n n aber, so könnte man argumentieren, müsse jedem einzelnen Gesellschafter die Möglichkeit offenstehen, aus eigenem Antrieb ein für und gegen alle Gesellschafter wirkendes Urteil darüber zu erwirken, o b der Beschluß nun zustande gekommen ist oder nicht. Diese Befugnis werde durch die Parteirolle der Gesellschaft denjenigen Gesellschaftern in unzumutbarer Weise abgeschnitten, welche das Zustandekommen des Beschlusses behaupteten; die Gesellschaft könne daher nicht Partei des Feststellungsprozesses sein.

3.

Vorsorge

im

Beschlußverfahren

Freilich besteht im Vergleich zur Rechtslage beim Angriff gegen rechtswidrige Mehrheitsbeschlüsse bereits im Ausgangspunkt ein gewichtiger Unterschied: W o Beschlüsse einstimmig gefaßt werden können, können sich die Gesellschafter in weitaus größerem M a ß e gegen eine spätere Auseinandersetzung schützen, als dies bei Mehrheitsbeschlüssen der Fall ist. Es sei nämlich nochmals daran erinnert, daß die Gesellschaft nur Beklagte sein kann, wenn der Beschluß von einer dazu befugten Person in verbindlicher Weise als gefaßt verkündet oder wenn die Tatsache der Zustimmung aller zur Abstimmung Berufenen unstreitig ist. Namentlich mit Hilfe eines Abstimmungsleiters lassen sich einige Risiken steuern, die das wirksame Zustandekommen des Beschlusses bedrohen. Der Abstimmungsleiter kann bei zweifelhafter Geschäftsfähigkeit eines Gesellschafters auf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bestehen. Ist der Beschluß in Abwesenheit zu fassen, so besteht bereits in der G m b H die Möglichkeit, die Entgegennahme der Stimmen auf einen

D. Anwendung

der §§241 f f . AktC

auf unwirksame

Beschlüsse?

459

Abstimmungsleiter zu konzentrieren 211 ; Gleiches ist für O H G und KG anzunehmen 212 . Damit ist das Risiko gemindert, daß ein Beschluß mangels Zugangs einer Stimme nicht wirksam wird. Damit schließt sich der Kreis zum oben 2. aufgestellten Postulat: Die Gesellschaft kann in einem Prozeß, in dem die Unwirksamkeit des Beschlusses festgestellt werden soll, nur dann als Partei fungieren, wenn dadurch nicht schutzwürdige Belange der übrigen Gesellschafter beeinträchtigt werden. Eine solche Beeinträchtigung kann sich nur daraus ergeben, daß jene Gesellschafter nicht die Möglichkeit haben, mit Wirkung inter omnes die Wirksamkeit des Beschlusses feststellen zu lassen. Diese Beeinträchtigung kann unberücksichtigt bleiben, d.h. die Parteirolle ohne Rücksicht hierauf der Gesellschaft zugewiesen werden, wenn sichergestellt ist, daß Angriffe gegen den Beschluß, soweit sie zeitlich unbefristet zulässig sind, den Ausnahmefall bilden. In den hier behandelten Fällen ist Streitgegenstand nicht die Rechtmäßigkeit, sondern das Zustandekommen eines Beschlusses. Wenn ein von den Gesellschaftern legitimierter Abstimmungsleiter das Ergebnis der Abstimmung verbindlich verkündet hat oder die Gesellschafter jenes Ergebnis unstreitig stellen, ist die Situation, daß hernach ein Gesellschafter noch die Wirksamkeit seiner Zustimmung bestreitet, der Ausnahmefall. Soweit ein solcher Fall noch eintreten kann, ist es daher den Mitgesellschaftern zuzumuten, daß sie nicht durch Klage gegen die Gesellschaft mit Wirkung inter omnes das Zustandekommen des Beschlusses feststellen lassen können. Die Umverteilung der Rechtsschutzinitiative, die mit der Beklagtenrolle der Gesellschaft einhergeht, ist daher hinzunehmen. 4. Die besondere Interessenlage in der

Massengesellschaft

Umgekehrt ist es gerade jene Umverteilung, die den Rechtsschutz des Klägers häufig überhaupt erst ermöglicht: Stellt man sich nämlich nur den praktisch nicht seltenen Fall vor, daß die Zahl der Gesellschafter einer KG im Erbgang fortlaufend wächst, so bedeutet es für den einzelnen Gesellschafter, der mit Wirkung inter omnes festgestellt wissen will, daß ein bestimmter Beschluß nicht zustande gekommen sei, einen zunehmend höheren Aufwand, die Klage gegen alle Mitgesellschafter zu erheben. Wenn der Gesellschafterkreis unüberschaubare Ausmaße annimmt, sind einstimmige Beschlüsse in der Praxis kaum zu erzielen 213 ; beläßt man es gleichwohl beim Einstimmigkeitsprinzip, so wird eine Willensbildung in der Gesellschaft häufig gänzlich verhindert 214 . Die Gesellschaft droht dann handlungs211 Vgl. Baumbach-Zöllner, G m b H G , § 4 7 R n . 4 ; Seidel, Treupflichten, S.20; ebenso o h n e Rücksicht auf die Rechtsform des Verbandes Baltzer, Beschluß, S. 148. 212 Ebenso Ulmer, FS Niederländer, S . 4 1 5 , 421; Staub-Ulmer, H G B , § 119 R n . 2 4 ; Westermann/Klingberg, H a n d b u c h , Rn. I 4 8 3 ; Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S . 2 6 . 213 B G H Z 71, 53, 58; B G H N J W 1990, 2 6 8 4 , 2 6 8 5 ; Baltzer, Beschluß, S.215; Brändel, FS Stimpel, S. 95, 99; Renkt, Gesellschafterbeschluß, S. 102; K. Schmidt, Z H R 158 (1994), 2 0 5 , 2 2 1 ; Stimpel, FS Fischer, S . 7 7 1 , 7 7 6 . 214 Nitschke, Personengesellschaft, S.76.

460

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

und funktionsunfähig zu werden 215 ; sie kann auf Dauer mit dem Einstimmigkeitsprinzip nicht bestehen 216 . In einer solchen Situation tun die Gesellschafter gut daran, das Mehrheitsprinzip einzuführen 217 und damit dem hier Gesagten zufolge die Anwendung der §§241 ff. AktG zu eröffnen: Es kommt dann eine Beschlußmängelklage gegen die Gesellschaft in Betracht. Verharren die Gesellschafter beim Prinzip der Einstimmigkeit, so bedeutet dies, daß der einzelne Gesellschafter in seinem Beitrag zur innergesellschaftlichen Willensbildung besonders geschützt werden soll. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn er mit der Behauptung, er habe einem Beschluß nicht wirksam zugestimmt, gegen eine Fülle weitgehend anonymer Mitgesellschafter prozessieren müßte. Gerade für Massengesellschaften wird vielfach und mit Recht betont, daß die Notwendigkeit, die Mitgesellschafter zu verklagen, faktisch zu einer Verweigerung des Rechtsschutzes führt 2 1 8 . Selbst der BGH räumt ein, daß die Notwendigkeit einer Klage gegen mehrere hundert Gesellschafter den Kläger vor unzumutbare Schwierigkeiten stellt 219 ; entgegen seiner Ansicht darf die Abhilfe aber nicht der Kautelarpraxis überlassen bleiben, sondern ist durch eine sachgerechte Handhabung der lex lata zu leisten. Aus dem festgestellten Befund müssen endlich die gebotenen Konsequenzen gezogen werden: Soweit möglich, d.h. soweit sich vor Prozeßbeginn eine von der Gesellschaft zu vertretende Rechtsbehauptung bestimmen läßt, muß die Beklagtenrolle der Gesellschaft zugewiesen werden. S. Ergebnis Die vorstehenden Überlegungen münden in das folgende Ergebnis: Wenn das Zustandekommen eines Beschlusses mit einem bestimmten Inhalt streitig und auch nicht von einem Versammlungsleiter verbindlich festgestellt worden ist, bleibt es dabei, daß der Streit, ob alle Gesellschafter dem Beschluß wirksam zugestimmt haben, unter den Gesellschaftern ausgefochten wird (unten III.). Haben jedoch entweder unstreitig alle Gesellschafter dem Beschluß zugestimmt oder ist dieser von einem Versammlungsleiter oder einer sonstigen dazu befugten Person in verbindlicher Weise als gefaßt verkündet worden, so ist die Klage mit dem Ziel festzustellen, der Beschluß sei mangels Einstimmigkeit nicht zustande gekommen, analog § 246 II 1 AktG gegen die Gesellschaft zu erheben. Das Urteil, welches dieser Klage stattgibt und feststellt, daß der Beschluß nicht zustande gekommen sei, entfaltet 215 Baltzer, Beschluß, S . 2 1 5 ; Guntz, Treubindungen, S. 101; Michalski, WiB 1 9 9 7 , 1 ; Schlegelherger-Martens, H G B , $ 119 Rn. 15 216 Köster, Nichtigkeitsklage, S . 1 2 5 ; Wiedemann, J Z 1978, 6 1 2 . 217 Ebenso Picot, BB 1993, 13, 14; K. Schmidt, A G 1977, 2 4 3 , 2 5 1 f.; ähnlich Wiedemann, JZ 1983, 559, 560: Mit steigender Gesellschafterzahl büßt das Einstimmigkeitsprinzip seine Berechtigung ein. 218 Vgl. O L G Celle N Z G 1 9 9 9 , 64f.; Casper, BB 1999, 1837, 1838; Menger, Lückenausfüllung, S . 2 1 0 ; Reuter, J Z 1986, 72, 81; K. Schmidt, DB 1993, 2 1 6 7 ; ders., BB 2 0 0 1 , 1 8 5 7 , 1864; Schmitt, Beschlußmängelrecht, S.47; Stimpel, FS Fischer, S . 7 7 1 , 781. 219 B G H BB 1999, 1835, 1836.

D. Anwendung

der §§241ff.

AktG auf unwirksame Beschlüsse?

461

Rechtskraft im Umfang des analog anzuwendenden § 248 I 1 AktG. Die Gesellschafter sind von dem Prozeß analog § 2 4 6 I V AktG zu unterrichten und haben die Möglichkeit, dem Rechtsstreit als streitgenössische Nebenintervenienten beizutreten. Umgekehrt ist die Gesellschaft befugt, Klage mit dem Ziel zu erheben, das Zustandekommen des Beschlusses feststellen zu lassen; auch hierbei haben sämtliche Gesellschafter die Möglichkeit, als streitgenössische Nebenintervenienten beizutreten. Wird die von der Gesellschaft erhobene Feststellungsklage abgewiesen, so gilt das kontradiktorische Gegenteil des Klageantrags als rechtskräftig festgestellt, d.h. daß der Beschluß nicht zustande gekommen ist; dies Urteil entfaltet ebenso wie ein der entsprechenden Klage eines Gesellschafters stattgebendes Feststellungsurteil Rechtskraft im Umfang des §248 AktG. Demgegenüber wirkt die Rechtskraft eines Urteils, welches die Feststellungsklage eines Gesellschafters abweist oder der Feststellungsklage der Gesellschaft stattgibt, nur zwischen den jeweiligen Prozeßparteien; daneben für und gegen diejenigen Gesellschafter, die tatsächlich dem Rechtsstreit als streitgenössische Nebenintervenienten beigetreten sind.

III. Parteirolle bei Streit über die Tatsache der einstimmigen Beschlußfassung Wo streitig ist, ob überhaupt jemals ein einstimmiger Beschluß gefaßt wurde, insbesondere wo ein Gesellschafter reklamiert, er habe eine den Beschlußantrag befürwortende Stimme niemals abgegeben, kommt eine Klage gegen oder durch die Gesellschaft nicht in Betracht. Dieser Fall ähnelt vielmehr der Situation in der GmbH, die entsteht, wenn unklar geblieben ist, mit welchem Inhalt der Beschluß gefaßt worden ist. Der Rechtsstreit ist daher wie dort unter den Gesellschaftern auszutragen, wobei für diesen Streit abermals das an § 856 ZPO angelehnte Beiladungsmodell fruchtbar gemacht werden kann: Der Kläger richtet die Klage gegen diejenigen Gesellschafter, die seiner Auffassung vom Inhalt bzw. der Wirksamkeit des Beschlusses widersprechen, zumindest aber gegen einen von ihnen; die übrigen Gesellschafter, insbesondere die indifferenten, können sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten beigeladen werden mit der Folge, daß sich die Rechtskraft des Urteils auf sie erstreckt. Die Beiladungsbefugnis steht auch denjenigen Gesellschaftern zu, die nicht ursprünglich Partei des Rechtsstreits waren, sondern dies erst dadurch geworden sind, daß sie sich nach Beiladung auf einer Seite als Streitgenosse angeschlossen haben.

462

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

E. Die gerichtliche Durchsetzung von Zustimmungspflichten in der Personengesellschaft I. Mehrheitsbeschlüsse Soweit der Gesellschaftsvertrag vorsieht, daß Gesellschafterbeschlüsse mit Mehrheit zu fassen sind, können derartige Beschlüsse nicht nur durch Klage gegen die Gesellschaft angefochten werden. Vielmehr kann die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse, durch die ein Beschlußantrag abgelehnt wird, ebenso wie im Recht der Kapitalgesellschaften mit der positiven Beschlußfeststellungsklage verbunden werden. Diese ist auf das Ziel gerichtet, das Gericht möge den begehrten Beschluß als positiv im Sinne des Beschlußantrags gefaßt feststellen. Diese Klage kommt sowohl bei fehlerhafter Ermittlung des Abstimmungsergebnisses als auch dann in Betracht, wenn geltend gemacht wird, die Gesellschaftermehrheit habe durch die Ablehnung des Beschlußantrags gegen ihre Treupflicht verstoßen. Durch gerichtliches Urteil kann somit die fehlende Zustimmung eines Gesellschafters ersetzt werden, wenn dieser zu deren Erteilung verpflichtet war. Insoweit gilt nichts anderes als im Recht der Kapitalgesellschaften; wegen der Einzelheiten kann auf das dazu Gesagte verwiesen werden 220 .

II. Einstimmige Beschlüsse 1. Der Unterschied

zum Organisationsrecbt

der

Kapitalgesellschaften

Das Organisationsrecht der Kapitalgesellschaften stellt mit der Hauptversammlung (AG) bzw. Gesellschafterversammlung (GmbH) ein institutionalisiertes Forum für Beratungen und Entscheidungen durch die Verbandsmitglieder bereit. Soweit die Aktionäre bzw. die Gesellschafter für die Entscheidung über einen bestimmten Gegenstand zuständig sind, treffen sie diese Entscheidung durch Beschluß. Dies gilt in gleicher Weise für Angelegenheiten der Geschäftsführung wie für Beschlußgegenstände, welche die Grundlagen des Verbands berühren. Ist ein Gesellschafter aus einem bestimmten Grunde verpflichtet, einer Mitglieds-Entscheidung bestimmten Inhalts zuzustimmen, so bezieht sich diese Pflicht immer auf einen solchen Beschluß. Die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung hat die Qualität eines Gesellschaftsorgims 221 ; seine Beschlüsse werden der Gesellschaft als ihr Wille zugerechnet. Auch wenn das Gesetz in der Personengesellschaft die Einrichtung einer Gesellschafterversammlung nicht vorsieht 222 , kennt es, wie insbeOben § 5 F. Vgl. ausführlich Hüffer, FS 100 Jahre GmbHG, S.520, 526. 2 2 2 Vgl. BGH WM 1957,1128,1130; OLG Bremen NJW 1972,1952,1953-,Baumbach/Hopt, HGB, § 1 1 9 Rn.27; Hüffer, FS 100 Jahre GmbHG, S.520, 528; Schlegelberger-Martens, HGB, §119 Rn.5; Ulmer, FS Niederländer, S.415; ders., in Staub, HGB, § 119 Rn.5. 220 221

E. Gerichtliche

Durchsetzung von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

463

sondere die § § 1 1 3 I, 116 II HGB zeigen, sehr wohl den Beschluß als Entscheidungsform der Gesellschafter. Der Beschluß kommt wie in GmbH und AG dadurch zustande, daß ein Beschlußantrag gestellt und hierüber abgestimmt wird. Wie dort ist der Beschlußantrag verbraucht, sobald der Abstimmungsvorgang abgeschlossen ist; bis dahin kann die Zustimmung noch erteilt werden 223 . Freilich besteht insoweit ein Unterschied zum Beschluß in der Kapitalgesellschaft, als die Ablehnung des Beschlußantrags keinen negativen, sondern vielmehr überhaupt keinen Beschluß zustande bringt; denn bei einstimmigen Beschlüssen gehört, wie gesehen, die Zustimmung eines jeden Gesellschafters bereits zum rechtsgeschäftlichen Tatbestand des Beschlusses. Es erhebt sich damit die Frage, ob die Zustimmungspflicht auch bei einstimmig zu fassenden Beschlüssen in der Personengesellschaft mit Hilfe einer positiven Beschlußfeststellungsklage durchgesetzt werden kann. Zweifel hieran sind veranlaßt, wenn man sich im Recht der Kapitalgesellschaften den vergleichbaren Fall vor Augen führt, daß ein Gesellschafterbeschluß zu seiner Wirksamkeit der individuellen Zustimmung eines Gesellschafters oder einer Gesellschaftergruppe bedarf: Dann müssen dieser Gesellschafter bzw. diese Gesellschaftergruppe auf Zustimmung verklagt werden. Das Zustimmungsbegehren ist also in diesem Fall anders als bei der positiven Beschlußfeststellungsklage nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen die angeblich zustimmungspflichtigen Gesellschafter persönlich zu richten. Die Eigenart der positiven Beschlußfeststellungsklage, daß der zustimmungspflichtige Gesellschafter selbst die Initiative zur Verteidigung seiner Rechtsstellung ergreifen muß, indem er der Gesellschaft als streitgenössischer Nebenintervenient beitritt, läßt sich in den Fällen, in denen eine solche Sonderzustimmung erzwungen werden soll, anders als bei Mehrheitsbeschlüssen nicht rechtfertigen. Begründet wurde diese Differenzierung mit einem unterschiedlichen Rangverhältnis von Gesellschaftsinteresse einerseits und mitgliedschaftlichem Eigeninteresse des Gesellschafters andererseits: Wo der Beschlußgegenstand dem Mehrheitsprinzip unterliegt, erleichtert das Gesetz Entscheidungen im Verband und räumt damit dem Interesse der Gesellschaft an einer effektiven Zweckverfolgung den Vorrang ein vor dem Interesse der Gesellschafter an der Durchsetzung seines entgegenstehenden Willens. Wenn das Interesse des Gesellschafters, den Beschluß zu verhindern, nicht geschützt wird, dann auch nicht sein Interesse, das auf die Durchsetzung des Beschlusses gerichtete Verfahren zu blockieren. Wo dagegen das Gesetz die Wirksamkeit des Beschlusses nicht nur um der Erreichung der erforderlichen Mehrheit, sondern um der Person des einzelnen Gesellschafters willen von dessen Zustimmung abhängig macht, besteht kein derartiger Vorrang des Gesellschaftsinteresses; das Rechtsschutzbegehren muß daher direkt gegen denjenigen Gesellschafter gerichtet werden, dessen Zustimmung erzwungen werden soll.

223

BGH ZIP 1990, 505, 507.

464

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

2. Die Vereinfachungstechnik

in der

der positiven

Personengesellschaft

Beschlußfeststellungsklage

Wenn ein negativer Mehrheitsbeschluß angefochten und mit Hilfe der positiven Beschlußfeststellungsklage ein positiver erzwungen werden soll, so liegt hierin, wie ausführlich dargelegt 2 2 4 , eine erhebliche Vereinfachung des gerichtlichen Verfahrens: Es wird der Beschluß unmittelbar durch Gestaltungsurteil erzwungen und damit dem Kläger ein erneutes Aufrollen des Beschlußverfahrens erspart sowie sichergestellt, daß die Wirkung dieses Gestaltungsurteils alle Gesellschafter ergreift; die Gestaltungswirkung im Beschlußmängelprozeß ist zwar keine Wirkung gegenüber jedermann, kraft gesetzlicher Anordnung ( § 2 4 1 Nr. 5 AktG) aber eine solche für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder. Und wenn die Klage darauf gestützt ist, die Mehrheit habe pflichtwidrig ihre Zustimmung verweigert, so wird diese in einem gegen die Gesellschaft gerichteten Prozeß ersetzt, ohne daß das Rechtsschutzbegehren gegen die Gesellschafter gerichtet werden müßte, welche gegen den Beschluß gestimmt haben. Für die Erleichterung sind also zwei Verfahrenselemente verantwortlich: Das Gestaltungsklageprinzip

der Parteirollen abweichend

von der materiellrechtlichen

und die

Verteilung

Pflichtenbeziehung.

Versucht man das Konzept der positiven Beschlußfeststellungsklage auf einstimmige Beschlüsse in der Personengesellschaft zu übertragen, so ist für die dort getroffene Verteilung der Parteirollen von vornherein kein Raum: Die Gesellschaft kommt als Beklagte nicht in Betracht. Im originären Anwendungsbereich der positiven Beschlußfeststellungsklage streitet die Gesellschaft für die Behauptung, der Beschlußantrag sei abgelehnt

worden, und dies entspreche auch dem wahren Ab-

stimmungsergebnis und stehe im Einklang mit Gesetz und Satzung. Wo dagegen um einstimmige Beschlüsse gestritten wird, ist die Gesellschaft, wie soeben gezeigt, von vornherein nur dann geeignete Prozeßpartei, wenn unstreitig oder verbindlich festgestellt wurde, daß der Beschluß positiv,

also im zustimmenden Sinne zustande

gekommen ist. Die Gesellschaft streitet also, wenn überhaupt, für den positiven Beschluß und kann daher nicht Gegnerin einer Rechtsbehauptung des Inhalts sein, der Beschluß sei zu Unrecht nicht verkündet oder rechtswidrig abgelehnt worden. Wenn sie überhaupt als Partei in Betracht kommt, dann auf Klägerseite

- wenn sie

nämlich mit der Rechtsbehauptung auftreten kann, der Opponent sei zur Zustimmung verpflichtet. Die Klage mit dem Ziel, die Zustimmung eines Gesellschafters zu einem Beschluß zu erzwingen, muß daher von vornherein gegen diesen Gesellschafter gerichtet werden. Damit ist jedoch über die statthafte Klageart

noch

nichts ausgesagt: So erscheint durchaus denkbar, die Klage, ähnlich wie die positive Beschlußfeststellungsklage bei rechtswidriger Ablehnung eines Beschlußantrags, als eine Art beschlußersetzende

Gestaltungsklage

zu begreifen; das stattge-

bende Urteil würde sodann den Beschluß mit rechtsgestaltender Wirkung zustande bringen und die nochmalige Einleitung des Abstimmungsverfahrens ersparen.

224

Oben § 5 F II 3.

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

3. Zum bisherigen

Meinungsstand

a) Die Erzwingung

der Zustimmung

durch

in der Personengesellschaft

465

Leistungsklage

In Rechtsprechung und Literatur wurde freilich eine solche Lösung bislang noch nicht erwogen. Dort geht man vielmehr davon aus, daß die Zustimmung des widersprechenden Gesellschafters durch eine Leistungsklage erzwungen werden muß 2 2 5 . Danach kommt Beschluß frühestens zustande, wenn der beklagte Gesellschafter, u.U. nach einem durch mehrere Instanzen geführten Prozeß, rechtskräftig verurteilt ist; ist zu diesem Zeitpunkt das Abstimmungsverfahren bereits abgeschlossen, so muß es neu aufgerollt werden auf die Gefahr hin, daß nunmehr ein anderer, nicht verurteilter Gesellschafter den Beschluß blockiert und daher seinerseits verklagt werden muß; es entstehen eben die Schwierigkeiten, derentwegen die positive Beschlußfeststellungsklage im Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten Einzug gehalten hat. b) Unbeachtliche Zustimmungsverweigerung Beschlußgegenstandf

in Abhängigkeit

vom

So besteht denn auch eine starke Neigung, die ablehnende Stimme des betreffenden Gesellschafters für unbeachtlich, den Beschluß daher auch ohne seine Zustimmung für zustande gekommen und daher eine auf sie gerichtete Leistungsklage für entbehrlich zu halten. Das soll namentlich für sämtliche Geschäftsführungsbeschlüsse gelten 226 ; vereinzelt wird die Unbeachtlichkeit der pflichtwidrig verweigerten Zustimmung ohne Rücksicht auf den Beschlußgegenstand proklamiert 227 : Eine Gesellschaftergruppe, die eine Vertragsänderung im Gesellschaftsinteresse für erforderlich halte, könne diese beschließen; sei die Änderung erforderlich, so trete sie ohne die Zustimmung der Opponenten ein. Diese müßten sodann Feststellungsklage erheben, um zu klären, ob die Vertragsänderung tatsächlich erforderlich sei und daher der Beschluß sie zustande gebracht habe 228 . Vereinzelt wird die treuwidrige Nein-Stimme bei Vertragsänderungsbeschlüssen in Publikumsgesell225 B G H N J W 1960, 91; N J W 1985, 974; W M 1 9 8 6 , 1 5 5 6 , 1 5 5 7 ; BB 1 9 8 8 , 1 5 9 , 1 6 0 ; Baumbach/Hopt, H G B , § 1 1 9 R n . 7 ; Bauschatz, N Z G 2 0 0 2 , 759, 763; Heymann-Emmerich, HGB, § 119 R n . 2 0 ; Mayer, BB 1 9 9 2 , 1 4 9 7 , 1498; Pabst, Mitwirkungspflicht, S . 2 0 7 ; Soergel-Hadding, BGB, § 7 0 5 Rn. 64; Staub/Ulmer, H G B , § 105 R n . 2 4 9 ; Westermann/Klingberg, H a n d b u c h , Rn. I 5 3 6 ; Winter, Treubindungen, S.37; Zöllner, Schranken, S . 4 1 8 f . ; insbesondere für Vertragsänderungsbeschlüsse ferner Ganssmüller, DB 1965, 1 8 9 3 , 1899; Göbel, Mehrheitsbeschlüsse, S . 2 1 2 f . ; Weipert, Z G R 1990, 142, 151 f. 226 A. Hueck, O H G , § 11 III 3 (S. 175); MK-Enzinger, H G B , § 119 R n . 2 9 ; Schlegelberger-Martens, H G B , § 119 Rn. 48; Sester, Treupflichtverletzung, S. 126; Staub-Ulmer, H G B , § 115 Rn. 3 2 , § 116 R n . 2 1 , § 119 Rn. 58; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 85; Weipert, Z G R 1 9 9 0 , 1 4 2 , 1 4 7 ; ders., in M ü H d b G e s R I, § 6 Rn. 53; ders., in M ü H d b G e s R II, § 10 Rn. 70; Winter, T r e u b i n d u n gen, S.37. 227 Jüdel, Beschluß, S . 7 2 f . ; zumindest für den Regelfall auch LG Düsseldorf W M 1993, 153, 161. 228 Schneider, AG 1979, 57, 62 f.

466

5 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

Schäften für unbeachtlich gehalten, in den übrigen Fällen hingegen eine Leistungsklage gefordert 229 . Andere wollen bei Grundlagenangelegenheiten generell nicht auf eine Zustimmung des Opponenten und eine hierauf gerichtete Leistungsklage verzichten 230 . In einem besonders außergewöhnlich gelagerten Fall, in dem ein Gesellschafter sich über mehrere Jahre hinweg beharrlich weigerte, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, und sich hinterher darauf berief, er habe den zwischenzeitlich von den übrigen Gesellschaftern beschlossenen Maßnahmen niemals zugestimmt, nahm der BGH an, der betreffende Gesellschafter habe sein Recht verwirkt, sich auf seine fehlende Zustimmung zu berufen 231 . c) Unbeachtliche Zustimmungsverweigerung von der Außenwirkung des Beschlusses?

in

Abhängigkeit

Ein Teil der Literatur erklärt die pflichtwidrig verweigerte Zustimmung bei all jenen Beschlüssen für unbeachtlich, denen keine Außenwirkung zukommt; Außenwirkung soll in diesem Sinne immer dann vorliegen, wenn der Beschluß die Gesellschaft als Handlungsorganisation betreffe. Außenwirkung komme z.B. der Zustimmung zur Aufnahme oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters, Änderungen in Geschäftsführungsbefugnis oder Vertretungsmacht, der Auflösung der Gesellschaft und deren Rückumwandlung in eine werbende zu 2 3 2 , ebenso der Zustimmung zur Entsendung einer Person in den Beirat einer KG 2 3 3 . Zur Begründung dieses Ansatzes wird ins Feld geführt, die Entscheidung für die Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit einer verweigerten Zustimmung spitze sich auf eine zentrale Prioritätensetzung zu: Entscheide man sich für die Beachtlichkeit, so werde das Gewicht auf die Rechtssicherheit gelegt, weil der Beschluß in jedem Fall zunächst gescheitert sei und erst ausgeführt werden dürfe, wenn die Zustimmung des Opponenten herbeigeführt sei. Entscheide man sich demgegenüber für Unbeachtlichkeit, so werde der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft der Vorrang eingeräumt, weil die geschäftsführenden Gesellschafter den Beschluß ausführen dürften, freilich auf das Risiko, daß die Opposition mit ihrem Vortrag durchdringe, sie habe sich dem Beschluß rechtmäßig verweigert. Bei Beschlüssen mit Außenwirkung sei auf Rechtssicherheit besonderer Wert zu legen; deshalb sei die verweigerte Zustimmung beachtlich und müsse im Wege der Leistungsklage überwunden werden. In Geschäftsführungsangelegenheiten komme demgegenüber der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft der Vorrang zu; die pflichtwidrig verweigerte Zustimmung sei dort zudem auch wegen der besonders intensiven Treubindung der Gesellschaf-

229 Brandes, W M 1978, Beilage 1, S. 11; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S . 2 1 2 f . ; Picot, BB 1993, 13. 16f. 230 MK-Enzinger, HGB, § 1 1 9 R n . 2 9 ; Weipert, in MüHdbGesR I, § 6 R n . 5 3 ; ders., in MüHdbGesR II, § 13 R n . 3 3 ; Winter, Treubindungen, S . 3 7 . 2 3 1 BGH NJW 1972, 862, 864. 2,2 Staub-Ulmer, HGB, § 105 R n . 2 5 0 . 233 Sester, BB 1997, 1, 5 f.

E. Gerichtliche Durchsetzung von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

467

ter unbeachtlich 2 3 4 . Nicht einig sind sich die Vertreter dieses Ansatzes bei der Behandlung von Vertragsänderungen ohne Außenwirkung: Deren Fehlen wird teilweise zum Anlaß genommen, die pflichtwidrig verweigerte Zustimmung auch dort für unbeachtlich zu h a l t e n 2 3 5 ; andere wollen diese wegen der weniger intensiven Treubindung in diesem Bereich für beachtlich e r k l ä r e n 2 3 6 . Soweit die Verweigerung als beachtlich angesehen wird, verweist man die übrigen Gesellschafter darauf, die Zustimmung im Wege der Leistungsklage zu erzwingen 2 3 7 . d) Evidenz

und

Dringlichkeit

Vereinzelt betont man, selbst die pflichtwidrig verweigerte Zustimmung sei grundsätzlich beachtlich, weil allein dies der Rechtsgeschäftslehre des B G B entsprec h e 2 3 8 ; ausnahmsweise soll sie unbeachtlich sein, wenn und weil der Pflichtverstoß offensichtlich sei 2 3 9 . Wieder andere halten sie für unbeachtlich und eine auf ihre Erzwingung gerichtete Klage in Publikumsgesellschaften 2 4 0 sowie ohne Rücksicht auf die Realstruktur der Gesellschaft dann für entbehrlich, wenn ein Eilfall vorliege, in dem die Gesellschaft besonders rasch auf die Zustimmung angewiesen s e i 2 4 1 . Der B G H hat insoweit keine allgemeinen Leitlinien entwickelt; seine bisherige J u dikatur k o m m t jedoch dem zuletzt genannten Ansatz sehr nahe: Die Fälle, in denen er es für verzichtbar hielt, die Zustimmung der Opponenten durch Leistungsurteil zu ersetzen, waren sämtlich dadurch gekennzeichnet, daß der entsprechende Beschluß für die Gesellschaft existenznotwendig w a r 2 4 2 und deshalb rasch erzwungen werden mußte. So ignorierte der B G H die fehlende Zustimmung eines Kommanditisten zum Verkauf des Gesellschaftsunternehmens in einer Situation, da die Gesellschaft akut in der Krise schwebte und eine Sanierungsalternative nicht in Sicht w a r 2 4 3 ; ebenso die fehlende Zustimmung eines Kommanditisten zur Aufnahme eines neuen Komplementärs nach Ausscheiden des einzigen a l t e n 2 4 4 ; schließlich die fehlende Zustimmung eines Kommanditisten zur Aufhebung einer Regelung im Gesellschaftsvertrag, w o n a c h die Kommanditeinlagen mit einem festen Satz zu verzinsen waren, in einer Situation, da die Gesellschaft, hätte sie diese Sester, Treupflichtverletzung, S. 131 f. Staub-Ulmer, HGB, § 105 Rn.250; aufgegeben ebenda § 119 Rn.58. 256 Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn.48; Sester, Treupflichtverletzung, S. 143f.; ders., BB 1997, 1, 5; jetzt ebenso Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.58. 237 Schlegelberger-Martens, HGB, §119 Rn.48. 238 Wiedemann, FS Heinsius, S.949, 956; ders., WM 1992, Beilage 7, S.22. 239 Wiedemann, FS Heinsius, S.949, 957; ders., WM 1992, Beilage 7, S.22. 240 Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn.20; Picot, BB 1993, 13, 16f.; dagegen Sester, Treupflichtverletzung, S. 129, weil der Publikumscharakter der Gesellschaft nicht immer eindeutig bestimmbar sei; ebenso ablehnend MK-Enzinger, HGB, §119 Rn.29, weil die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern in diesem Fall unerträglich in der Schwebe bleibe. 241 Heymann-Emmerich, HGB, § 119 Rn.20. 2 4 2 Vgl. Brandes, WM 1990, 1221, 1222f. 2 4 3 BGH NJW 1960, 434, 435. 2 4 4 BGH WM 1979, 1058, 1059f.; bestätigt durch BGH WM 1986, 1556, 1557. 254 235

468

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

Pflicht erfüllt, in Insolvenz gefallen w ä r e 2 4 5 . Wenn man sich überhaupt darauf einlassen will, abgegebene Nein-Stimmen für schlicht unbeachtlich zu erklären, so findet in der Tat das Kriterium der Gefahr

im Verzug am ehesten einen Anhalts-

punkt im Gesetz: § 1 1 5 II H G B verleiht dem einzelnen Gesellschafter in diesem Fall eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis selbst dann, wenn der Gesellschaftsvertrag an sich Gesamtgeschäftsführungsbefugnis anordnet. Für Vertragsänderungen gilt die Vorschrift freilich nicht.

e)

Stellungnahme

aa) Die Stimme als

Willenserklärung

Die Stimmabgabe ist Willenserklärung. Sie gehört zum Tatbestand des Beschlusses; ein einstimmiger Beschluß k o m m t erst dann zustande, wenn alle Gesellschafter dem Beschluß zugestimmt, m.a.W. positiv mit „ J a " gestimmt h a b e n 2 4 6 . D a es in der Rechtsgeschäftslehre des B G B keine unbeachtlichen, sondern nur wirksame oder unwirksame Willenserklärungen gibt, läßt sich die „Unbeachtlichkeit" einer Stimme nur begründen, wenn man behauptet, jene Stimme sei unwirksam nichtig,

bzw.

oder wenn man dem Gesellschafter, der sich einem Beschluß treuwidrig

verweigert, entgegenhält, er sei überhaupt nicht zur Abstimmung berufen, so daß es auf seine Zustimmung oder Ablehnung gar nicht erst a n k o m m e . Z u dem Ziel, welches die soeben referierten Ansichten übereinstimmend anstreben, nämlich zum Z u s t a n d e k o m m e n eines Beschlusses ohne die Zustimmung des Opponenten, führt keiner dieser beiden Wege:

bb) Nichtigkeit treuwidriger

Zustimmungsverweigerung?

Hält man die treuwidrige Verweigerung des Opponenten für nichtig, so könnte sie nur als Enthaltung gedeutet werden, niemals aber als positive Zustimmung: NeinStimmen lassen sich nicht kurzerhand in J a - S t i m m e n umdeuten 2 4 7 . Eine Enthaltung aber reicht für das Z u s t a n d e k o m m e n eines einstimmigen positiven Beschlusses nicht aus; sie bedeutet vielmehr, daß die unabdingbare Zustimmung eines Gesellschafters fehlt und damit der Beschlußantrag gescheitert i s t 2 4 8 . Z u d e m gilt in Personen- ebenso wie in Kapitalgesellschaften, daß sich die These, eine treuwidrig abgegebene Stimme sei nichtig, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen l ä ß t 2 4 9 : Die Gesellschafter können, wenn sie allseitige Übereinstimmung erzielen, auch M a ß n a h m e n beschließen, welche dem Gesellschaftsinteresse zuwider2 4 5 BGH NJW 1985, 974f.; bestätigt durch BGH WM 1986, 1556, 1557; zustimmend Picot, BB 1993, 13, 16; ablehnend Flume, FS Rittner, S. 119, 128. 2 4 6 Vgl. nur Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 100f.; Ulmer, FS Niederländer, S.415,431; Wiedemann, WM 1992, Beilage 7, S.23. 2 4 7 Zutreffend Reuter, JZ 1986, 72, 80. 248 Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 100f.; Staub-Ulmer, HGB, § 119 Rn.30. 2 4 9 Für Nichtigkeit der treuwidrigen Stimme in der Personengesellschaft aber BGHZ 65, 93, 98; Sester, Treupflichtverletzung, S. 140.

E. Gerichtliche Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

469

laufen - ja selbst solche, die ihm offensichtlich zuwiderlaufen. Selbst die treuwidrige Stimme trägt mithin die Möglichkeit in sich, zusammen mit anderen gleichlautenden Stimmen einen rechtmäßigen und wirksamen Beschluß zustande zu bringen, und kann somit nicht von vornherein als nichtig verworfen werden. Aus ähnlichen Gründen geht es nicht an, das Zustandekommen eines positiven Beschlusses mit der Überlegung zu begründen, ein Gesellschafter, der jegliche Teilnahme an der Abstimmung verweigere, verwirke sein Recht, sich auf seine fehlende Zustimmung zu berufen: Das könnte allenfalls seine Verpflichtung begründen, die Zustimmung nachträglich zu erteilen, niemals aber die Folgerung rechtfertigen, der Beschluß sei auch ohne die Stimme jenes Gesellschafters wirksam zustande gekommen 250 . Das Verwirkungsargument vermag nicht über die Tatsache hinwegzuhelfen, daß der rechtsgeschäftliche Tatbestand eines Beschlusses nicht gegeben ist; es vermag allenfalls die Position des betreffenden Gesellschafters gegenüber den bereits beschlossenen und vollzogenen Maßnahmen zu beschreiben: Wer sich beharrlich weigert mitzustimmen, muß es hinnehmen, daß in der Gesellschaft das Leben auch ohne ihn weitergeht; ihm ist es folglich fortan verwehrt, gegen jene Maßnahmen im Wege der Kompetenzschutzklage vorzugehen. Der Gesellschafter muß m.a.W. den tatsächlichen Zustand der Gesellschaft als gegeben akzeptieren. Sofern die in seiner Abwesenheit gefaßten Beschlüsse nicht vollzogen worden sind, besteht dagegen kein Grund, ihn ohne weiteres an sie zu binden. cc) Ausschluß von der

Abstimmung?

Versucht man dagegen, das Zustandekommen eines einstimmigen Beschlusses mit der Überlegung zu begründen, ein treuwidrig abstimmender Gesellschafter sei von vornherein nicht zur Abstimmung berufen, so erschöpft sich die Argumentation in einem Zirkelschluß; denn die Voraussetzungen eines solchen Stimmrechtsausschlusses liegen erst zutage, wenn der betroffene Gesellschafter bereits (pflichtwidrig negativ) abgestimmt hat. Die treuwidrige Stimmabgabe kann zwar, wie bereits vorgeführt 251 , zur Befangenheit des Gesellschafters in dem Sinne führen, daß er bei künftigen Abstimmungen in derselben Angelegenheit ausgeschlossen ist, weil er für den konkreten Fall bewiesen hat, daß er nicht bereit ist, dem Gesellschaftsinteresse den ihm gebührenden Rang einzuräumen; niemals aber kann aus ihr ein Stimmrechtsausschluß bereits für die aktuell laufende Abstimmung hergeleitet werden. dd) Materielles Recht und Vereinfachung

des

Rechtsschutzes

Nach alledem führen die Versuche, einen für notwendig erachteten Beschluß durch die Annahme herbeizuführen, die Stimme eines Opponenten sei unbeacht-

250 251

So aber BGH N J W 1972, 862, 864. Oben § 5 F IV 3.

470

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

lieh, bereits aus Gründen rechtsgeschäftlicher Dogmatik allesamt in die Irre 2 5 2 . Darüber hinaus steht jenen Versuchen entgegen, daß sie mit Mitteln des materiellen Rechts ein Anliegen zu verwirklichen suchen, dessen Bewältigung richtigerweise allein dem Prozeßrecht vorbehalten bleiben muß. Jenes Anliegen kommt am deutlichsten zum Ausdruck in der Rechtsprechung des BGH: Es sollen möglichst rasch Beschlüsse erzwungen werden, wenn sie für den Fortbestand der Gesellschaft dringend nötig sind. Es soll also mit Hilfe einer materiellrechtlichen Bestimmung der Rechtsfolgen treuwidrig ablehnender Stimmen ein Ziel erreicht werden, das letztlich auf prozessualer Ebene angesiedelt ist: die Vereinfachung des Rechtsschutzes in Eilfällen. Auf dem vom BGH vorgezeichneten Weg läßt sich dies Bestreben indes kaum verwirklichen. Selbst wenn man den Beschluß ungeachtet der Gegenstimmen rechtlich für gefaßt hält, kann die Gesellschaft gleichwohl nicht auf ihn bauen, solange nicht notfalls durch drei Instanzen der Streit darüber ausgefochten ist, ob der opponierende Gesellschafter sich tatsächlich pflichtwidrig verhalten hat und daher der fragliche Beschluß ohne Rücksicht auf ihn zustande gekommen ist. Den Wunsch der Gesellschafter, den Widerstand des Opponenten möglichst ebenso rasch wie endgültig zu überwinden, kann kein einziges denkbares Prozeßmodell erfüllen; solange der gesellschaftsinterne Rechtsstreit dem gewöhnlichen Instanzenzug unterworfen ist, ist die Unsicherheit unter den Gesellschaftern keine andere als die Ungewißheit, in die sich jeder andere Rechtsgenosse begibt, wenn er sein Recht vor den staatlichen Gerichten sucht. Rechtsschutz mit der Geschwindigkeit eines einstweiligen Verfügungs- und dem endgültigen Ergebnis eines rechtskräftig abgeschlossenen Hauptsacheverfahrens gibt es nach der ZPO nicht. Das Optimum, das mit Hilfe eines Hauptsacheverfahrens für die hier behandelte Konstellation erreicht werden kann, ist ein Verfahrensergebnis, wonach der begehrte Beschluß, sobald das stattgebende Urteil rechtskräftig ist, so behandelt wird, als hätte der Opponent ihm von vornherein zugestimmt. Es muß also dem stattgebenden Urteil Rückwirkung beigelegt werden. Damit entpuppt sich der Versuch, nach materiellem Recht das Zustandekommen eines Beschlusses zu fingieren, als eine Scheinlösung. Bei Lichte besehen begegnet hier ein ähnlicher Fehler, wie er schon im Rahmen der Diskussion um die positive Beschlußfeststellungsklage unterlaufen ist: Dort wurde auf der Ebene des materiellen Rechts die Nichtigkeit der treuwidrig ablehnenden Stimme unter anderem deshalb behauptet, weil man glaubte, nur so der positiven Beschlußfeststellungsklage Raum geben und damit die Erzwingung gebotener Beschlüsse vereinfachen zu können 2 5 3 . Damit wurde der falsche Begründungsweg für ein im Ansatz begrüßenswertes Anliegen gewiesen. Die richtige Lösung wurde in dieser Arbeit mit Mitteln des Prozeßrechts gefunden, indem nämlich die Urteilswirkungen sachgerecht bestimmt wurden: Das positive Beschlußfeststellungsurteil ersetzt konstitutiv und mit Wirkung 2 5 2 Tendenziell ebenso Bauschatz, N Z G 2 0 0 2 , 759, 7 6 3 : Ersetzung der Zustimmung eines treuwidrig handelnden Gesellschafters im Recht der Personenhandelsgesellschaften sei dogmatisch und prozessual fragwürdig. 2 5 3 Oben § 5 F II 1.

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

471

ex tunc bezogen auf den Zeitpunkt der Abstimmung den Beschluß, der unter den Gesellschaftern nicht zustande gekommen ist. Der gleiche Weg ist konsequent hier einzuschlagen: Es ist anzuerkennen, daß ohne die positive Zustimmung des Opponenten nicht auszukommen ist, und sodann zu fragen, ob sich das Gestaltungselement der positiven Beschlußfeststellungsklage auch bei einstimmigen Beschlüssen fruchtbar machen läßt 254 . Ergebnis eines solchen Vorgehens, soweit es sich begründen läßt, wäre, daß zur Erzwingung des begehrten Beschlusses das Abstimmungsverfahren nicht nochmals durchlaufen werden muß und daß das Gericht den Beschluß mit Wirkung ex tunc, d. h. mit Wirkung ab dem Zeitpunkt ersetzt, da der Beschluß zustande gekommen wäre, wenn der Opponent zu dem Zeitpunkt, da er abstimmte, nicht mit Nein, sondern mit Ja gestimmt hätte. 4. Das Gestaltungsklageprinzip a) Prozeßökonomie

und der Vorrang des

und verbandsrechtliche

Gesellschaftsinteresses

Wertung

Freilich wurde gezeigt, daß Vereinfachungen im gesellschaftsinternen Prozeß nicht aus sich selbst heraus legitim sind, sondern sich auf eine verbandsrechtliche Wertung des Inhalts zurückführen lassen müssen, daß das Verbandsinteresse nach materiellem Recht Vorrang hat vor individuellen Blockadeinteressen einzelner Gesellschafter - und zwar nicht aufgrund der Pflichtenlage im konkreten Einzelfall, sondern wegen der abstrakten Eigenart der Streitsache. Wenn die positive Beschlußfeststellungsklage in der Kapitalgesellschaft für unstatthaft erklärt wurde, sobald eine Zustimmung erzwungen werden soll, ohne die der Beschluß überhaupt nicht wirksam werden kann, so lag dem genau diese Wertung zugrunde: Eine solche Klage kann nur dort die fehlende Zustimmung einzelner Gesellschafter ersetzen, wo es auf diese nur zur Erreichung der erforderlichen Mehrheit angekommen wäre. Dies findet seine Rechtfertigung darin, daß das Mehrheitsprinzip generell die Entscheidungsfindung im Verband erleichtern und individuellen Blockadepositionen entgegenwirken will. Das Mehrheitsprinzip ist damit Ausdruck eines grundsätzlichen Vorrangs des Gesellschaftsinteresses vor dem Interesse des einzelnen Gesellschafters. Die Effektuierung der verbandsinternen Entscheidung, welche durch das Mehrheitsprinzip erreicht wurde, darf nicht durch eine zu umständliche Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens wieder in Frage gestellt werden. Ein solcher Vorrang besteht demgegenüber gerade nicht, wo das Gesetz für das Wirksamwerden des Beschlusses die individuelle Zustimmung gerade dieses Gesellschafters fordert.

2 5 4 Für Anwendung der positiven Beschlußfeststellungsklage auf die GmbH & Co. KG (beschränkt auf Beschlüsse zur Feststellung des Jahresabschlusses) Bauschatz, N Z G 2 0 0 2 , 7 5 9 , 764.

472

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

b) Der Vorrang des Gesellschaftsinteresses entscheidungen

in der

bei

Personengesellschaft

Geschäftsführungs-

Wo das Einstimmigkeitsprinzip gilt, läßt sich der Vorrang des Gesellschaftsinteresses nicht mit der Überlegung begründen, das Beschlußverfahren sei auf erleichterte Entscheidungsfindung angelegt. Denn jeder Gesellschafter hat die Möglichkeit, mit seiner Ablehnung das Zustandekommen eines Beschlusses zu verhindern. Ein genereller, vom konkreten Beschlußgegenstand unabhängiger Vorrang des Gesellschaftsinteresses besteht indes selbst bei einstimmig zu fassenden Beschlüssen dort, wo der einzelne Gesellschafter sein Abstimmungsverhalten ausschließlich am Wohl der Gesellschaft zu orientieren hat. Dazu gehören namentlich Geschäftsführungsbeschlüsse, aber darüber hinaus auch solche Grundlagenbeschlüsse, bei denen ein ähnlicher Vorrang des Gesellschaftsinteresses gilt. Ein Beispiel für einen solchen Grundlagenbeschluß stellt der oben 255 bereits ausführlich erörterte Beschluß dar, mit dem in einer Gesellschaft, die dem gesetzlichen Regelfall (§131 III Nr. 3 HGB) entsprechend in ihrem Fortbestand von ihrer personellen Zusammensetzung unabhängig ist, über die Erhebung der Ausschlußklage gegen einen untragbar gewordenen Gesellschafter befunden wird: Da in diesem Fall der einzelne Gesellschafter in seinem Interesse an jener personellen Zusammensetzung nicht schutzwürdig ist, hat er seine Stimmabgabe bezüglich des Gesellschafterausschlusses allein am Gesellschaftsinteresse auszurichten. Wenn in dieser Weise das Gesellschaftsinteresse dominiert, so bedeutet dies, daß dessen Verwirklichung nicht durch gesellschaftsinterne Konflikte blockiert werden darf. Gerade bei Geschäftsführungsbeschlüssen ist häufig rasche Klarheit darüber erforderlich, auf welcher Grundlage die Gesellschaft weiterarbeiten kann. Wenn die Verpflichtung eines Gesellschafters im Raum steht, einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme (oder auch einem sonstigen unter dem Primat des Gesellschaftsinteresses stehenden Beschluß) zuzustimmen, so darf deren prozessuale Durchsetzung nicht so ausgestaltet werden, daß der Verwirklichung des Gesellschaftsinteresses unnötige Hindernisse in den Weg gestellt werden. Eben dies wäre aber der Fall, wenn der einzelne Gesellschafter individuell auf Zustimmung verklagt werden und danach das gesamte Beschlußverfahren neu aufgerollt werden müßte; dann müßten die gleichen Hürden überwunden werden, wie sie oben 256 für die Kapitalgesellschaften beschrieben wurden, mit der einzigen Ausnahme, daß das Recht der Personengesellschaft kein Einberufungsquorum kennt und daher mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag jeder einzelne Gesellschafter verlangen kann, daß über Gegenstände abgestimmt wird, bezüglich derer er selbst mitstimmen darf 2 5 7 . Unter diesen Umständen erscheint es auch ver255

256 257

§ 3 B III 4 a.

§5FII3.

Der U m f a n g dieses Einberufungsrechts ist im einzelnen streitig. Die h . M . gibt unterschiedslos jedem Gesellschafter das Recht, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen ( B a u m b a c h / Hopt, H G B , § 1 1 9 R n . 2 9 ; Heymann-Emmerich, H G B , § 1 1 9 Rn. 7; Nitschke, Personengesellschaft, S . 2 0 0 , 2 0 2 ; Schlegelberger-Martens, H G B , § 119 R n . 6 ) . N a c h Staub-Ulmer, H G B , § 119

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

473

bandsrechtlich legitim, das Verfahren des gerichtlichen Rechtsschutzes zu vereinfachen und die Möglichkeit zu eröffnen, den Beschluß durch Gestaltungsurteil zu erzwingen. Klage und Urteil gegen den Opponenten richten sich daher nicht auf Leistung, nämlich die Abgabe einer Willenserklärung, welche mit Rechtskraft des Urteils nach § 894 ZPO als abgegeben gilt. Vielmehr ersetzt das stattgebende Urteil den begehrten positiven Beschluß, der von den Gesellschaftern tatsächlich nicht gefaßt worden ist. Insoweit ist, trotz unterschiedlichen Klagegegners, der Urteilsinhalt der gleiche wie bei der positiven Beschlußfeststellungsklage im Recht der Kapitalgesellschaften. Das Urteil ersetzt den Beschluß mit Wirkung ex tunc. Der Zeitpunkt, auf den das Urteil zurückwirkt, ist, sofern eine Gesellschafterversammlung stattgefunden hat, das Datum, an dem sie abgehalten wurde. Der Tenor des Urteils lautet dann wie folgt: „Der Beschlußantrag des Klägers (oder eines anderen Gesellschafters) in der Gesellschafterversammlung vom ... zum Tagesordnungspunkt ... ist angenommen". Hat eine Gesellschafterversammlung nicht stattgefunden, so ist zu unterscheiden: Hat der Opponent die Stimme ausdrücklich verweigert, so wirkt das Urteil auf den Zeitpunkt zurück, zu dem der Beschluß zustande gekommen wäre, wenn er zur selben Zeit statt dessen die Zustimmung erklärt hätte. Hat sich der zustimmungspflichtige Gesellschafter weder im positiven noch im negativen Sinne geäußert, so wirkt das Urteil auf den Tag zurück, an dem sich jener Gesellschafter mit dem Stimmabgabe erstmals im Verzug befand. Zu tenorieren ist in diesen Fällen wie folgt: „Der Beschlußantrag des Gesellschafters ... mit dem Inhalt... ist mit Wirkung vom ... (Datum) angenommen." Den Rückwirkungszeitpunkt im Urteil klarzustellen empfiehlt sich, weil ohne Gesellschafterversammlung ein eindeutiges Beschlußdatum nicht ohne weiteres auszumachen ist. d) Kein Vorrang des Gesellschaftsinteresses

bei

Grundlagenstreitigkeiten

Wo dagegen nach der Eigenart des Beschlußgegenstandes der Gesellschafter sein eigenes Interesse berücksichtigen darf, kommt eine Gestaltungsklage nicht in Betracht; die Zustimmung des Opponenten muß vielmehr mit Hilfe der Leistungsklage erzwungen und sodann das Beschlußverfahren neu aufgerollt werden. Das gilt namentlich dann, wenn einem Gesellschafter der Verzicht auf vertragliche Gewinnrechte angesonnen werden soll: Das Gewinnrecht ist ein eigennütziges Gesellschafterrecht 258 . So muß etwa die Zustimmung des Kommanditisten zur Aufhebung einer vertraglichen Regelung, wonach seine Einlage fest zu verzinsen ist, mit Hilfe der Leistungsklage erzwungen werden 259 . Das gleiche gilt generell für die Durchsetzung einer Verpflichtung, einer Vertragsänderung zuzustimmen: Die Zu-

Rn. 5 , 1 9 ist dies Einberufungsrecht davon abhängig, daß ein berechtigtes Bedürfnis für die Einberufung dargetan wird. Nach Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S. 185 kann jeder geschäftsführende Gesellschafter unbeschränkt, jeder nicht geschäftsführende Gesellschafter insoweit die Einberufung verlangen, als er über andere als Geschäftsführungsbeschlüsse abgestimmt werden soll. 2 5 8 Vgl. nur Reinisch, Ausschluß, S . 6 1 . 2 5 9 Dies gegen BGH N J W 1985, 974.

474

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

stimmungspflicht bildet die Ausnahme 2 6 0 . Das Leistungsurteil ersetzt die Zustimmung lediglich mit Wirkung ex nunc und erst dann, wenn ein neuer Abstimmungsvorgang eingeleitet wird und in diesem Rahmen das Urteil allen Gesellschaftern oder ggf. dem Versammlungsleiter zugeht. Es erscheint nicht angängig, eine Rückwirkung des Leistungsurteils auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung nach dem Rechtsgedanken des § 159 BGB zu begründen 2 6 1 ; denn zum einen ist die Zustimmung des Opponenten nicht „Bedingung" für das Zustandekommen des Rechtsgeschäfts „Beschluß", sondern dessen Tatbestandsmerkmal; und zum anderen beschreibt die Vorschrift eine Rückwirkung auf der Ebene des materiellen Rechts, nicht aber eine Urteilswirkung. Allenfalls mag der Opponent der Gesellschaft gegenüber verpflichtet sein, den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Verzögerung der Zustimmung entstanden ist (§§280 I, II, 286 BGB n.F.). 5. Parteien des

Rechtsstreits

a) Gesellschaft als Klägerin Es wurde bereits gezeigt, daß die Gestaltungsklage zur Erzwingung eines einstimmigen Beschlusses in einer O H G oder KG gegen den opponierenden Gesellschafter und nicht gegen die Gesellschaft gerichtet werden muß. Offen geblieben und nunmehr zu erörtern ist die Frage, wer den Prozeß als Klägerpartei führt. Soweit die Frage überhaupt erörtert wird, hält man jeden einzelnen Gesellschafter für aktivlegitimiert 262 - ähnlich wie die h.M. die Klage auf Zustimmung zu einer Ausschluß(§ 140 HGB) oder Entziehungsklage (§§ 1 1 7 , 1 2 7 HGB) durch einen einzelnen Gesellschafter für möglich hält 2 6 3 . Mehrere Gesellschafter als Kläger seien keine notwendigen Streitgenossen 264 . Auf dem Boden der hier gewonnenen Erkenntnisse über die materiellrechtliche Zuordnung von Ansprüchen, welche der Förderung des Gesellschaftszwecks zu dienen bestimmt sind, muß diese Zuordnung auf Bedenken stoßen: Solche Ansprüche sind vielmehr allein solche der Gesellschaft. So ist etwa die Zustimmung zur Ausschluß- und Entziehungsklage der Gesellschaft geschuldet 265 ; das gleiche gilt für die Zustimmung zu Vertragsänderungen, welche im Gesellschaftsinteresse als erforderlich erscheinen, etwa zum Zwecke der Bewahrung gemeinsam geschaffener Werte. Dann aber kann die Klage nur von der Gesellschaft erhoben werden; dies wurde bereits für diejenigen Beschlüsse gezeigt, welche auf die Zustimmung zur Erhebung einer Ausschluß- oder Entziehungsklage gerichtet sind 266 . 260

MK-Enzmger, HGB, § 119 Rn.28; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn.48. So aber Mayer, BB 1992, 1497, 1498f. 262 MK-Enzinger, HGB, § 1 1 9 Rn.28; MüHdbGesR VWeipert, §6 Rn.51; SchlegelbergerMartens, HGB, § 119 Rn.48; Sester, Treupflichtverletzung, S. 139. 263 Vgl. oben § 3 B II 2 a. 264 MK-Enzinger, HGB, § 119 Rn.28; Schlegelberger-Martens, HGB, § 119 Rn.48. 265 Oben § 3 B III 4 b. 266 Oben § 3 B III 4 b. 261

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

475

Die Klage der Gesellschaft kann indes nicht in eigener Machtvollkommenheit von den geschäftsführenden Gesellschaftern erhoben werden. Die Verfolgung mitgliedschaftlicher Leistungsansprüche setzt vielmehr, wie bereits oben anhand der Einforderung von Einlagen und mitgliedschaftlichen Schadensersatzansprüchen demonstriert 267 , einen Gesellschafterbeschluß voraus. Zur Begründung wurde oben vorgetragen, der interne Rechtsstreit sei in einer Gesellschaft, welche zumindest in ihrem Regeltypus auf das persönliche Zusammenwirken einiger weniger Personen gerichtet sei, eine so außergewöhnliche Angelegenheit, daß ihm eine Willensbildung unter den Gesellschaftern vorausgehen müsse. Die seither in dieser Arbeit zutage geförderten Erkenntnisse über die Verteilung der Parteirollen im gesellschaftsinternen Rechtsstreit haben einen weiteren, auch im vorliegenden Zusammenhang einschlägigen Gesichtspunkt ins Blickfeld gerückt: Wenn die Gesellschaft im internen Rechtsstreit als Prozeßpartei fungiert, so bedarf die Rechtsposition, welche sie vertritt, ganz unabhängig davon, welche Rechtspositionen ihr materiellrechtlicb zugewiesen sind, einer besonderen Legitimation durch die Willensbildung seitens der intern zur Entscheidung berufenen Personen. Wenn es darum geht, das Zustandekommen eines Beschlusses zu erzwingen, so muß diese Legitimation konsequent von allen denjenigen Gesellschaftern ausgehen, welche den Beschluß befürworten: Sie fassen den Beschluß, und sie müssen konsequent die Bereitschaft mitbringen, seine gerichtliche Durchsetzung in Angriff zu nehmen. Sie müssen namentlich entscheiden, ob sie sich bis zur erzwungenen Zustimmung des Opponenten noch an ihrer eigenen Stimmabgabe festhalten lassen wollen; denn sofern das nicht der Fall ist, ist der Abstimmungsvorgang abgeschlossen und der Beschlußantrag endgültig gescheitert 268 . Der Klagebeschluß ist somit von allen Befürwortern des zu erzwingenden Beschlusses zu fassen; die Opponenten, die verklagt werden sollen, sind, da ein Rechtsstreit gegen sie beschlossen werden soll, vom Stimmrecht ausgeschlossen269. Eine ohne diesen Beschluß von den geschäftsführenden Gesellschaftern namens der Gesellschaft erhobene Klage ist unzulässig. b) Gesellschafter

als Kläger

Es fragt sich, inwieweit dem einzelnen Gesellschafter die Befugnis zusteht, eine beschlußersetzende Gestaltungsklage zu erheben. Da der Zustimmungsanspruch der Gesellschaft zusteht und mit Hilfe der Gestaltungsklage der Sache nach eben jene Zustimmungspflicht des widersprechenden Gesellschafters aktualisiert wird, liegt es nahe, diese Befugnis dem einzelnen Gesellschafter dann zuzubilligen, wenn die Voraussetzungen der actio pro socio vorliegen, wenn es also nicht gelingt, einen Gesellschafterbeschluß des Inhalts zustande zu bringen, daß die Klage gegen den dissentierenden Gesellschafter erhoben werden soll. So will denn auch ein Teil des Schrifttums unterschiedslos jedem Gesellschafter das Recht einräumen, die Zu267 268 269

Oben § 2 E I, II. Vgl. BGH ZIP 1990, 5 0 5 , 507. Vgl. nur Baumbach/Hopt, HGB, § 119 R n . 8 .

476

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

stimmungspflicht im Wege der actio pro socio durchzusetzen 270 . Richtigerweise gilt dies jedoch nur mit Einschränkungen. Das Recht, die beschlußersetzende Gestaltungsklage zu erheben, ist das Gegenstück zum Recht, die Aufhebung gefaßter Beschlüsse im Wege der Anfechtungsklage zu bekämpfen. Der Umfang der Klagebefugnis ist konsequent in beiden Fällen derselbe. Bei den hier vor allem einschlägigen Geschäftsführungsbeschlüssen ist nicht jeder Gesellschafter ohne weiteres zur Anfechtungsklage befugt; die Anfechtungsbefugnis richtet sich vielmehr ihrerseits danach, inwiefern der Gesellschafter zur Erhebung der präventiven actio pro socio befugt ist, also zur Klage auf Unterlassung rechtswidriger oder Vornahme rechtlich gebotener Geschäftsführungshandlungen. Dem Komplementär steht diese Klage uneingeschränkt selbst dann zu, wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, dem Kommanditisten dagegen lediglich dann, wenn er konkrete Anhaltspunkte für eine unredliche Geschäftsführung vorträgt und beweist 271 . Das gleiche gilt für die beschlußersetzende Gestaltungsklage: Ein bestimmter Geschäftsführungsbeschluß kann vom einzelnen Gesellschafter nur in dem Ausmaß erzwungen werden wie die entsprechende Geschäftsführungshandlung. Erhebt ein einzelner Gesellschafter die Klage, so sind die übrigen Gesellschafter beizuladen; sie können sich als streitgenössische Nebenintervenienten am Prozeß beteiligen. Wo ein Beschluß erzwungen werden soll, dessen Gegenstand den Gesellschafter nicht strikt vorrangig auf das Gesellschaftsinteresse verpflichtet, kommt demgegenüber weder die beschlußersetzende Gestaltungsklage noch eine actio pro socio in Betracht; denn beide Rechtsinstitute fußen auf der Annahme, daß der Streitgegenstand materiellrechtlich vom grundsätzlichen Vorrang des Gesellschaftsinteresses dominiert ist. In einem solchen Fall verbleibt es dabei, daß eine gewöhnliche Zustimmungsklage erhoben werden muß, und zwar ausschließlich von der Gesellschaft. c) Zustimmungspflichtiger

Gesellschafter als Beklagter

Da grundsätzlich die Gesellschaft als Klägerin aufzutreten hat, kann sie nicht wie im Modell der §§241 ff. AktG die Rolle der Beklagten übernehmen. Die Klage ist daher gegen den oder die zustimmungspflichtigen Gesellschafter zu richten. Das gilt zum einen dann, wenn jene Gesellschafter die Zustimmung ausdrücklich verweigert haben; desgleichen aber auch dann, wenn sie sich überhaupt nicht äußern; schließlich dann, wenn der Versuch, einen Beschluß zustande zu bringen, daran scheitert, daß ein Abstimmungsverfahren überhaupt nicht erst eingeleitet wird, etwa dadurch, daß in einer Gesellschafterversammlung der Beschlußantrag jener Gesellschafter einfach nicht behandelt wird: Dann müssen alle Gesellschafter verklagt werden, die sich nicht ausdrücklich für den begehrten Beschluß ausgesprochen haben. Denn solange sich ein Gesellschafter auf einen Beschlußantrag hin

270 271

Heymann-Emmerich, H G B , § 119 R n . 2 0 ; Schmidt-Diemitz, Siehe im einzelnen oben § 2 J II 4, 5.

Rechtsschutz, S.68, 70.

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

477

nicht äußert, muß unterstellt werden, daß er zur Zustimmung nicht bereit ist; dann muß gegen ihn Rechtsschutz gesucht werden, um den Beschluß zu erzwingen.

III. V o n d e r p o s i t i v e n B e s c h l u ß f e s t s t e l l u n g s k l a g e zu einer a l l g e m e i n e n beschlußersetzenden Gestaltungsklage 1. Der Ursprung der positiven Beschlußfeststellungsklage: des Anfechtungsrechtsschutzes

Komplettierung

Die vorstehenden Überlegungen geben Anlaß, Funktion und Anwendungsbereich der positiven Beschlußfeststellungsklage grundsätzlich - und durchaus mit rechtsformübergreifender Perspektive - nochmals zu durchleuchten. Entwickelt wurde diese Klage als Vervollständigung des mit der Befugnis zur Erhebung der Anfechtungsklage gewährleisteten Rechtsschutzes: Der Kläger, der einen Ablehnungsbeschluß als rechtswidrig angreifen will, erreicht sein Rechtsschutzziel regelmäßig erst dann, wenn es ihm gelingt, statt des ablehnenden den positiven Beschluß zu erzwingen. Der Weg, den begehrten Beschluß im Wege einer Zustimmungsklage gegen die sich hiergegen sperrenden Gesellschafter herbeizuführen, hat sich als zu steinig erwiesen; deswegen kann mit dem Anfechtungsantrag der Antrag auf die Feststellung jenes Beschlusses verbunden werden. Folgerichtig fehlt der isolierten Anfechtungsklage, also einer solchen, die nicht zusammen mit einer positiven Beschlußfeststellungsklage erhoben wird, regelmäßig - wenn auch nicht immer - das Rechtsschutzinteresse272. 2. Feststellungs- und Gestaltungselemente Beschlußfeststellungsklage

bei der

positiven

Die positive Beschlußfeststellungsklage wurde zunächst mit dem Ziel zugelassen, die fehlerhafte Ermittlung des gleichwohl als verbindlich verkündeten Abstimmungsergebnisses zu korrigieren. Hierin ist ein Feststellungselement insoweit enthalten, als der Kläger geltend macht, tatsächlich sei die erforderliche Mehrheit für die Annahme des Beschlußantrags erreicht; er begehrt damit die gerichtliche Feststellung eines bereits tatsächlich vorliegenden Zählergebnisses. Gleichwohl ist bereits die so erhobene positive Beschlußfeststellungsklage Gestaltungsklage, weil der Beschluß mit dem verbindlich verkündeten Inhalt zunächst wirksam war und dieser Inhalt erst durch das stattgebende Urteil geändert wird 273 . Wenn später die 2 7 2 Vgl. Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 6 R n . 1 4 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 6 R n . 6 0 ; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 168; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 20 Rn. 13; Hüffer, AktG, § 2 4 6 Rn. 11; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 142; Zu den Ausnahmefällen, in denen eine isolierte Anfechtungsklage zulässig ist, siehe KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 R n . 2 7 f f . 2 7 3 Vgl. Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 8 R n . 2 3 .

478

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

positive Beschlußfeststellungsklage selbst mit dem Ziel zugelassen wurde, einen Beschluß als gefaßt festzustellen, der von der Mehrheit treuwidrig abgelehnt worden ist, so enthielt sie von vornherein keinerlei Feststellungselement mehr, sondern wirkt ausschließlich rechtsgestaltend-. Es wird durch gerichtliches Urteil ein Beschluß als gefaßt „festgestellt", der unstreitig überhaupt niemals mit diesem Inhalt zustande gekommen ist. Der Kläger weiß sehr wohl, daß es dafür der Zustimmung der Gesellschaftermehrheit bedurft hätte und diese tatsächlich nicht erreicht wurde, weil, um es nochmals zu betonen, die ablehnenden Stimmen selbst dann wirksam sind, wenn sie tatsächlich treuwidrig abgegeben worden sind 274 . Im Kontext dieser Arbeit wird der Terminus der „positiven Beschlußfeststellungsklage" nur deshalb aufrechterhalten, um den Standort dieser Klage in der bisherigen Diskussion zu verdeutlichen; in Wahrheit handelt es sich bei ihr um eine beschlußersetzende Gestaltungsklage. 3. Der Anwendungsbereich a) Negativbeschluß

als

der beschlußersetzenden

Gestaltungsklage

Voraussetzung?

Wenn sich aber die positive Beschlußfeststellungsklage auch für die Erzwingung von Beschlüssen eignet, die nach dem eigenen Vortrag des Klägers niemals mit dem im Klageantrag begehrten Inhalt zustande gekommen sind, so ist der Anwendungsbereich dieser Klage nicht mehr auf den Fall beschränkt, daß ein ablehnender Mehrheitsbeschluß ergangen ist und dieser zunächst angefochten werden muß. Gewiß: Wo dies der Fall ist, verbleibt es dabei, daß die gerichtliche Ersetzung des gefaßten Beschlusses durch positives Beschlußfeststellungsurteil allein dann in Betracht kommt, wenn das Gericht mindestens zeitgleich den tatsächlich gefaßten Beschluß aufhebt. Die positive Beschlußfeststellungsklage muß daher zusammen mit einer Anfechtungsklage erhoben werden, und zwar wie diese innerhalb der Anfechtungsfrist 275 . Doch reicht der Anwendungsbereich der positiven Beschlußfeststellungsklage, verstanden als beschlußersetzende Gestaltungsklage, eben darüber hinaus: Sie kommt, wie soeben II. gezeigt, selbst dort in Betracht, wo nicht etwa ein fehlerhafter Ablehnungsbeschluß zustande gekommen ist, sondern überhaupt kein Beschluß. Gleichwohl steht die positive Beschlußfeststellungsklage auch hier zur Verfügung, um die gerichtliche Ersetzung des tatsächlich nicht gefaßten positiven Beschlusses zu erwirken. Die positive Beschlußfeststellungsklage ist in diesem Fall ohne eine vorgeschaltete (und gleichzeitig erhobene) Anfechtungsklage zulässig. Denn die Anfechtungsklage dient nur dazu, einen Ablehnungsbeschluß zu beseitigen, der im hier diskutierten Fall gar nicht existiert.

274 275

Ausführlich oben § 5 F II 2. O b e n § 5 F II 3 c.

E. Gerichtliche Durchsetzung von Zustimmungspflichten

b) Zustimmungsbedürftiger

Beschluß in der

in der Personengesellschaft

479

Kapitalgesellschaft?

In G m b H und A G werden Beschlüsse grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt ( § § 4 7 I G m b H G , 1 3 3 I A k t G ) . Selten verlangt das Gesetz für das Zustandekommen eines Beschlusses die Zustimmung eines Gesellschafters; Beispiele hierfür wurden bereits erörtert 2 7 6 . In diesen Fällen k o m m t der Beschluß zwar bereits dann zustande, wenn die erforderliche Mehrheit erreicht ist. So liegt etwa ein leistungsvermehrender Satzungsänderungsbeschluß tatbestandlich vor, wenn er mit der für Satzungsänderungen erforderlichen M e h r h e i t gefaßt ist. D o c h wird der Beschluß erst wirksam, wenn der von der Leistungsvermehrung betroffene Gesellschafter zustimmt. Bereits daraus erhellt, daß zur Erzwingung dieser Zustimmung die beschlußersetzende Gestaltungsklage nicht in Betracht k o m m t : Der Beschluß als solcher existiert bereits, nur m u ß seine Wirksamkeit durch eine ergänzende Einzelerklärung des betroffenen Gesellschafters herbeigeführt werden. Diese Einzelerklärung m u ß in einem Rechtsstreit gerade gegen diesen Gesellschafter erzwungen, der Rechtsschutz also gerade gegen ihn gesucht werden; und die erzwungene Erklärung wirkt nur e x nunc. Dies Ergebnis entspricht allein den verbandsrechtlichen Wertungsgrundlagen: W o das Gesetz die individuelle Zustimmung eines Gesellschafters zu einem Mehrheitsbeschluß erfordert, stellt es sein Interesse über das Interesse der Gesellschaft an ihrer eigenen Handlungsfähigkeit. Das Prozeßrecht kann in einer solchen Situation keine Verfahrenserleichterungen bieten, wenn sie sich zu Lasten des individuellen Rechtsschutzes jenes Gesellschafters auswirken.

c) Verweigerter

Mehrheitsbeschluß

Umgekehrt mag es geschehen, daß ein Minderheitsgesellschafter einen bestimmten Beschluß beantragt, den er im Interesse der Gesellschaft für erforderlich hält, die Mehrheit diesen Antrag aber nicht ablehnt, sondern bereits jegliche Abstimmung hierüber verweigert. So mag es dem betreffenden Gesellschafter mangels Q u o r u m (§§ 1 2 2 I A k t G , 5 0 I G m b H G ) nicht gelingen, die Einberufung der Gesellschafterversammlung zu erwirken; oder aber es mag die Mehrheit seinen Beschlußantrag ohne inhaltliche Befassung von der Tagesordnung absetzen (wozu sie nach hier nicht zu diskutierender h . M . befugt ist 2 7 7 ) oder zwar inhaltlich darüBeispiele oben § 5 F V 2 a. Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.221; Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 180; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 50 Rn.4; Schopp, GmbHR 1976, 126, 130. Wenn demgegenüber BGHZ 123, 15, 21 f. einen Absetzungsbeschluß für anfechtbar gehalten hat, so beruht dies auf den Besonderheiten des zu entscheidenden Falles: Die Gesellschafter waren kraft Satzung verpflichtet, ein satzungsmäßig vorgesehenes Organ zu besetzen und zu diesem Zweck über die Wahl der Organpersonen abzustimmen; ein entsprechender Beschlußantrag durfte daher nicht kurzerhand von der Tagesordnung genommen werden. Kritisch gegenüber der h.M. mit beachtlichen Gründen aber Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 50 Rn.20; Becker, Verwaltungskontrolle, S.591; Bork/Oepen, ZGR 2002,241,248; Goette, FS Ulmer, S. 129,135ff.; Habersack, ZGR 1994,354, 373; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 50 Rn. 11. Folgt man der Kritik, 276 277

480

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

ber beraten, die Beschlußfassung aber vertagen oder die Beratung ohne Ergebnis abbrechen. Bei Mehrheitsbeschlüssen in OHG und KG sind die gleichen Konstellationen denkbar; anders als in der Kapitalgesellschaft ist freilich dort das Verlangen nach einer Abstimmung oder der Einberufung einer Gesellschafterversammlung (sofern der Gesellschaftsvertrag eine solche vorsieht) nicht an ein bestimmtes Kapitalquorum gebunden278. Wird die Beratung vertagt oder der Beschlußantrag von der Tagesordnung abgesetzt, so verbleibt dem Gesellschafter immerhin die Möglichkeit, den hierauf gerichteten verfahrensleitenden Beschluß anzufechten. Seinem Rechtsschutzziel, einen Sachbeschluß zu erzwingen, rückt der Kläger dadurch freilich kaum näher: Das Gericht hebt, wenn die Klage Erfolg hat, lediglich den Vertagungs- oder Absetzungsbeschluß auf. Damit ist dem Kläger schon deshalb nicht geholfen, weil jener Beschluß sich in der Nichtbehandlung des Beschlußantrags auf der jeweiligen Haupt- oder Gesellschafterversammlung erschöpft: Selbst wenn eine Pflicht bestanden hätte, über jenen Antrag sachlich zu entscheiden, so wäre dies doch ungeachtet der Anfechtung tatsächlich nicht erfolgt und auch nicht mehr nachholbar, weil eben diese Versammlung bereits beendet ist 279 . Wird die Beratung einfach abgebrochen, so liegt nicht einmal ein verfahrensleitender Beschluß vor; ebensowenig dort, wo dem Gesellschafter unter Hinweis auf das geringe Gewicht seiner Beteiligung und das deshalb verfehlte Einberufungsquorum die Einberufung einer Gesellschafterversammlung überhaupt versagt wird. Auf dem Boden der hier für richtig gehaltenen Prämissen kann jedoch dies alles die Befugnis des Gesellschafters nicht hindern, im Klagewege einen positiven Sachbeschluß zu erzwingen, wenn die Mitgesellschafter kraft der sie treffenden gesellschaftsrechtlichen Treupflicht gehalten sind, einem solchen Beschluß zuzustimmen. Denn wie gesehen, kann mit der positiven Beschlußfeststellungsklage, verstanden als beschlußersetzende Gestaltungsklage, auch ein unstreitig nicht gefaßter Beschluß erzwungen werden. Jene Klage setzt dann konsequent nicht mehr voraus, daß überhaupt ein (anfechtbarer) Sachbeschluß ergangen ist; sie ist auch dort statthaft, wo die Mehrheit sich geweigert hat, einen solchen Beschluß zu fassen. Vereinzelt ist dies bereits im Ansatz richtig erkannt worden, wenn dem Gesellschafter für den Fall, daß ein Sachbeschluß überhaupt verweigert wird, eine Leistungsklage gegen die Gesellschaft auf Fassung eines solchen Beschlusses280 oder so kann die Minderheit den beantragten Beschluß selbst fassen ( B a u m b a c h - Z ö l l n e r , aaO.; Bork/ Oepen, aaO.). Noch anders neuestens Schäfer, Z H R 167 (2003), 66, 71 ff.: § 50 GmbHG gibt der Minderheit das Recht, Tagesordnungspunkte in der Weise durchzusetzen, daß die Gesellschafterversammlung sich in der Sache damit befassen muß; sofern die betreffende Angelegenheit zum Gegenstand der Tagesordnung geworden ist, kann der einzelne Gesellschafter hierzu Beschlußanträge stellen (§ 5 1 I V GmbHG) und hat einen individuellen Anspruch darauf, daß hierüber in der Sache Beschluß gefaßt wird. Die Minderheit soll aber entgegen Zöllner den Sachbeschluß nicht ohne die Mehrheit fassen dürfen (aaO.S. 86ff.). 2 7 8 Siehe soeben II 4 a. 2 7 9 Ähnlich A. Hueck, Anfechtbarkeit, S . 4 4 . 2 8 0 Der BGH (WM 1 9 7 3 , 1 2 9 5 , 1 2 9 6 ) hat eine solche Leistungsklage zugelassen in einem Fall,

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

481

gar eine Beschlußerzwingungsklage analog der verwaltungsrechtlichen Verpflichtungsklage nach § 42 II VwGO 2 8 1 eingeräumt wird. Nur handelt es sich eben nicht um eine Leistungs-, sondern um eine Gestaltungsklage: Das stattgebende Urteil bringt unmittelbar den Beschluß zustande, ohne daß das Verfahren der Beschlußfassung erneut aufgerollt werden müßte. Dieser Klage liegt in der Kapitalgesellschaft ebensowenig ein materiellrechtlicher Anspruch auf Beschlußfassung zugrunde, wie dies bei der positiven Beschlußfeststellungsklage in ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich der Fall ist. Dort - nämlich wo die Klage als Annex zur Anfechtungsklage den durch diese gewährleisteten Rechtsschutz komplettiert teilt sie deren Rechtsnatur: Sie beruht auf einer rein prozessualen Befugnis des Gesellschafters, die gerichtliche Uberprüfung des Beschlusses auf seine Ubereinstimmung mit dem objektiven Recht zu initiieren 282 . Das gleiche gilt für die beschlußersetzende Gestaltungsklage dort, wo sie nicht auf der Anfechtung eines ablehnenden Sachbeschlusses aufbaut, sondern einen Sachbeschluß überhaupt erzwingen will: Es wird mit dieser Klage die objektivrechtliche Verpflichtung der Gesellschafter reklamiert, einen Beschluß bestimmten Inhalts zu fassen. Diese Befugnis ist wie die Anfechtungsbefugnis mit jeder Mitgliedschaft in einer Kapitalgesellschaft verbunden, gleich welches Gewicht ihr zukommt. Die Klage kann in der Kapitalgesellschaft von jedem Gesellschafter erhoben werden, selbst von demjenigen, der nicht über das Einberufungsquorum verfügt 283 . Die Mehrheit unterliegt dort, wo sie die Beschlußfassung verweigert, derselben Rechtskontrolle wie dort, wo sie Beschlüsse faßt: Wenn sie zur Fassung eines bestimmten Beschlusses rechtlich verpflichtet ist, hat jeder Gesellschafter die Befugnis, die Erfüllung dieser Verpflichtung einzufordern. In der Personengesellschaft sind Komplementäre unbeschränkt, Kommanditisten bei gewöhnlichen Geschäftsführungsbeschlüssen nur dann klagebefugt, wenn der Verdacht unredlicher Geschäftsführung besteht. Die Klage ist wie die Anfechtungsklage (und die auf sie aufbauende positive Beschlußfeststellungsklage) gegen die Gesellschaft zu richten. Die Zulassung der beschlußersetzenden Gestaltungsklage für den Fall eines pflichtwidrig verweigerten Mehrheitsbeschlusses ist auch vor dem Hintergrund der hier entwickelten verbandsrechtlichen Wertungsgrundlagen unbedenklich: Bei Mehrheitsbeschlüssen überwiegt, wie dargelegt, das Zweckverfolgungsinteresse, nämlich das Interesse an einer zügigen Entscheidungsfindung, etwaige Blockadeinteressen einzelner Gesellschafter.

in dem der Inhaber eines Geschäftsführer-Sonderrechts seine Bestellung zum Geschäftsführer erzwingen wollte. 281 Becker, Verwaltungskontrolle, S.587. 2 8 2 Zu dieser Rechtsnatur der Anfechtungsbefugnis oben § 5 II. 2 8 3 Die Bedeutungslosigkeit des fehlenden Einberufungsquorums wurde bereits für die positive Beschlußfeststellungsklage in ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich belegt; vgl. oben § 5 F III.

482 d) In Sonderheit:

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

Verweigerter Gewinnverwendungsbeschluß

in der

GmbH

Besondere Brisanz erlangt das Problem der Erzwingung von Gesellschafterbeschlüssen dann, wenn der Gesellschafter einer G m b H die Ausschüttung von Gewinn erstrebt und damit auf den Widerstand der Mehrheit stößt. Denn nach h.M. 2 8 4 , deren Berechtigung hier offenbleiben muß 2 8 5 , entsteht ein Anspruch auf Gewinnauszahlung erst, wenn die Gesellschafterversammlung einen Beschluß über die Verwendung des Jahresüberschusses nach § 46 Nr. 1 G m b H G gefaßt hat, und nur insoweit, als dieser Beschluß die Auszahlung von Gewinn anordnet. Wenn also ein Gesellschafter am Jahresüberschuß partizipieren will, muß er einen solchen Beschluß herbeiführen. Das scheitert in der Praxis nicht selten daran, daß die Gesellschaftermehrheit entweder die Thesaurierung beschließt oder sich überhaupt weigert, über die Verwendung des Jahresergebnisses zu befinden. Dann fragt sich, welche rechtlichen Möglichkeiten sich dem Minderheitsgesellschafter eröffnen, einen ihm günstigen Beschluß zu erzwingen. Überwiegend wird angenommen, der Gesellschafter habe Anspruch darauf, daß überhaupt1*6, nicht aber, daß mit einem bestimmten Inhalt beschlossen werde 2 8 7 . Der Beschluß ist danach im Wege der Leistungsklage zu erzwingen und das Urteil, da nur die Gesellschafter ihn fassen könnten, nach § 888 Z P O zu vollstrecken. Nach erfolgter Beschlußfassung kann sodann auf Gewinnauszahlung geklagt werden. Wenigstens soll § 254 AktG Leitbild für eine regelmäßig zu beanspruchende Mindestdividende sein 288 . Eine Gegenansicht will den Gesellschafter einen Anspruch nicht nur auf irgendeinen, sondern auf einen Gewinnverwendungsbeschluß nach billigem Ermessen zugestehen. Prozessual soll dieser Anspruch im Wege einer Gestaltungsklage analog § 315 III 2 HS 2 durchgesetzt werden können; das Urteil soll also unmittelbar den Beschluß ersetzen 289 . In eine ähnliche Richtung weist die Auffassung, der Gesellschafter könne grundsätzlich beanspruchen, daß die Vollausschüttung beschlossen werde; stehe aber ein abweichender Mehrheitswille fest, so könne lediglich ein Gewinnverwendungsbeschluß nach billigem Ermessen verlangt werden, der abermals im Wege der Gestaltungsklage durchzusetzen sei 290 . Vereinzelt wird nach

284 B G H Z 137, 378, 381; 139, 2 9 9 , 302f.; Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 2 , 2 4 1 , 2 6 0 f . , 2 7 0 f f . ; Boujong, N Z G 2 0 0 0 , 1193, 1196; Brandes, W M 2 0 0 0 , 2 1 7 , 2 1 8 ; mit umfassenden Nachweisen zuletzt Arnold, G e w i n n a u s z a h l u n g s a n s p r u c h , S . 8 7 f f . 285 gewichtigen G r ü n d e n kritisch Hommelhoff, FS Rowedder, S. 171, 176 ff.; ihm folgend Oppenländer, DStR 1996, 922, 927. 286 Baumbach-Schulze-Osterloh, G m b H G , § 4 2 a R n . 4 1 ; Habersack, Mitgliedschaft, S . 2 7 4 f . ; Salje, N Z G 1998, 986, 987; Stein, Z H R 162 (1998), 6 4 2 , 646. 287 Hachenburg-Goerdeler/Müller, G m b H G , § 2 9 R n . 5 6 ; Hachenburg-Hüffer, GmbHG, §46 Rn.20. 288 Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 6 R n . 3 1 . 289 Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 2 9 Rn. 33f., § 4 6 Rn. 6; Rowedder, in: ders./Schmidt-Leith o f f , G m b H G , § 2 9 R n . 3 6 ; Wimmer, DStR 1997, 1931, 1934; Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 1 6 f . Z u r Kritik an diesem Konzept ausführlich Bork/Oepen, Z G R 2002, 241, 253ff. m w N . 290 G. Hueck, FS Steindorff, S.45, 54f.; im wesentlichen zustimmend Seidel, Treupflichten, S. 148f.

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in der Personengesellschaft

483

dreimaliger erfolgloser Einberufung der Gesellschafterversammlung mit dem Ziel, einen Gewinnverwendungsbeschluß zu fassen, ein solcher fingiert 291 . Nach einem gänzlich neuen Konzept soll der Gesellschafter nach § 29 GmbHG zunächst immer einen Beschluß verlangen können, wonach der Jahresüberschuß vollständig ausgeschüttet wird 292 . Dieser Anspruch soll aber unter der auflösenden Bedingung stehen, daß die Gesellschafterversammlung mehrheitlich eine abweichende Gewinnverwendung beschließt 293 . Trete diese Bedingung ein, so erlösche der Anspruch auf einen Vollausschüttungsbeschluß294. Die Mehrheit könne den Thesaurierungsbeschluß bis zur Rechtskraft des Urteils fassen, durch das die Gesellschaft verurteilt werde, die Vollausschüttung zu beschließen 295 . Freilich könne der Gesellschafter, der die Ausschüttung erstrebe, den Thesaurierungsbeschluß anfechten; dringe er damit durch, so entfalle die auflösende Bedingung, und der Anspruch auf einen Vollausschüttungsbeschluß lebe wieder auf 296 . Der Gesellschafter könne aber auch von sich aus tätig werden: Er könne im Wege einer Gestaltungsklage den begehrten Vollausschüttungsbeschluß erzwingen 297 . Der Gesellschafter könne sogar unmittelbar auf Gewinnauszahlung klagen; der Klageantrag enthalte dann implizit die Klage auf Fassung eines entsprechenden Ausschüttungsbeschlusses. Gebe das Gericht der Klage statt, so werde hierdurch im Wege der verdeckten richterlichen Gestaltung implizit auch der Ausschüttungsbeschluß ersetzt 298 . Habe die Gesellschafterversammlung eine abweichende Gewinnverwendung beschlossen, so müsse der Kläger diese anfechten; diese Klage könne mit der Auszahlungsklage verbunden werden 299 . Es ist nicht Aufgabe dieser Arbeit, die materiellrechtliche Vorfrage zu entscheiden, ob und mit welchem Inhalt der Gesellschafter eine ihm günstige Gewinnverwendung beanspruchen kann. Allein ein Blick auf den soeben wiedergegebenen Streitstand zeigt aber, daß der Weg, einen Gesellschafterbeschluß zu erzwingen, über das Mittel der Gestaltungsklage führt, sofern sich auch nur ein halbwegs bestimmbarer Inhalt des zu erzwingenden Beschlusses ausmachen läßt. Die Gestaltungsklage ist das sachgerechte Mittel, weil

ZGR 2002, 241, 262. Gutbrod, GmbHR 1995, 5 5 1 , 556. Kritisch dazu Bork/Oepen, Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 143ff.; insoweit zustimmend Bork/Oepen, ZGR 2002, 241, 266. 293 Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 148ff. - Insoweit abweichend Bork/Oepen, ZGR 2 0 0 2 , 2 4 1 , 266f.: Der Gesellschaft steht eine Ersetzungsbefugnis des Inhalts zu, daß sie anstelle des geschuldeten Vollausschüttungsbeschlusses einen Beschluß fassen, kann, wonach der Jahresüberschuß ganz oder teilweise thesauriert wird. 294 Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 192. 295 Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 150, 2 3 9 . 296 Gewinnauszahlungsanspruch, S . 2 4 3 . 297 Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 150ff. - Auch insoweit abweichend Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 2 , 2 4 1 , 2 6 7 : Leistungsklage; Urteil substituiert mit Rechtskraft nach § 8 9 4 ZPO den von der Gesellschaft nicht gefaßten Beschluß. 298 Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S. 229. 299 Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S . 2 4 3 ff. 291

292

484

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

- die nochmalige Abhaltung einer Gesellschafterversammlung und ggf. die Wiederholung der Abstimmung mit allen damit verbundenen Risiken für den Kläger 300 erspart werden kann. - die Klage auf den Gewinnverwendungsbeschluß sich gegen die Gesellschaft richtet und damit der Beschluß mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter erzwungen werden kann, auch wenn sie sich nicht am Prozeß beteiligen. Mit Recht wird im Rahmen der Diskussion um die Gewinnverwendung in der GmbH hervorgehoben, daß die Erzwingung eines hierauf gerichteten Beschlusses in das Mitwirkungsrecht der Mitgesellschafter an der Entscheidung über die Verwendung des Jahresüberschusses eingreift und deshalb allen Gesellschaftern die streitgenössische Nebenintervention eröffnet werden muß 3 0 1 . In der GmbH ist die Gestaltungsklage das angemessene Mittel, um eine Gewinnverwendung zu erzwingen: Über diese ist mit Mehrheit zu beschließen. Dem Gesetzgeber war es also abermals um eine erleichterte Entscheidungsfindung zu tun. Dann darf der Rechtsschutz gegen die rechtswidrige Blockade eines solchen Beschlusses nicht unnötig kompliziert werden.

IV. Die Behandlung des treuwidrigen Widerspruchs nach § 115 I HGB Die vorstehenden Überlegungen waren auf den Fall gemünzt, daß eine Maßnahme deswegen nicht ausgeführt werden kann, weil es an einem hierfür erforderlichen Beschluß fehlt. Im Recht der Personengesellschaften tritt eine weitere Konstellation auf, in der Streit über die Durchführung einer Maßnahme entstehen kann: Es mag in einer O H G oder KG mehrere geschäftsführende Gesellschafter mit Einzelgeschäftsführungsbefugnis geben. Diese können nach unternehmerischem Ermessen walten, haben aber Geschäftsführungshandlungen zu unterlassen, denen ein anderer geschäftsführender Gesellschafter widersprochen hat (§1151 HS 2 HGB). Der Gesellschafter, der die Maßnahme im Gesellschaftsinteresse für zwingend erforderlich hält und daher gleichwohl ausführen will, muß daher nicht etwa einen positiven Beschluß der Gesellschafter erzwingen, sondern lediglich den Widerspruch und damit ein einseitiges Rechtsgeschäft des Widersprechenden beseitigen. 1. Nichtigkeit

des treuwidrigen

Widerspruchs?

Das Widerspruchsrecht nach § 115 I HGB ist Teil der Geschäftsführungsbefugnis, seine Ausübung daher strikt vorrangig am Gesellschaftsinteresse zu orientieren 302 . Vor diesem Hintergrund hält die Rechtsprechung 303 einen Widerspruch, der eine 300

Dazu oben § 5 F II 3 b. Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.236ff. 302 BGH NJW 1986, 844; Baumbach-Hopi, HGB, § 115 Rn. 3; Fischer, NJW 1954, 777, 778; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 135; Gogos, Geschäftsführung, S.40; MK-Rawert, HGB, §115 Rn.38; Schlegelberger-Martens, HGB, §115 Rn. 14f.; MüHdbGesR IIv.Ditfurth, § 7 301

E. Gerichtliche

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in der Personengesellschaft

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im Gesellschaftsinteresse notwendige Maßnahme zu verhindern trachtet, für unbeachtlich, den durchführungswilligen Gesellschafter also ohne Rücksicht auf ihn zur Ausführung der beabsichtigten Maßnahme befugt; dieser mag allenfalls eine Feststellungsklage gegen den widersprechenden Gesellschafter erheben 304 . Diese Deutung ließe sich nur halten, wenn man den treuwidrigen Widerspruch als nichtig betrachten könnte 3 0 5 . Die Nichtigkeit läßt sich jedoch nicht begründen. Die Überlegung, der treuwidrig Widersprechende sei nach § 2 4 9 BGB zur Naturalrestitution und damit zur Rücknahme des Widerspruchs verpflichtet 306 , vermag allenfalls einen Anspruch auf Rücknahme des Widerspruchs zu begründen, nicht aber die Annahme, der Widerspruch sei ipso iure nichtig - ebenso wie ein eventueller Anspruch auf Aufhebung eines Beschlusses niemals dessen Nichtigkeit begründen könnte 3 0 7 . Mit Recht ist ferner darauf hingewiesen worden, daß § 2 4 9 BGB als Norm des Schadensersatzrechts eine Lösung nur für schuldhafte Treupflichtverletzungen bereithält 308 . Die Ableitung der Nichtigkeit aus der Funktion der Treupflicht als immanenter Schranke des Widerspruchsrechts 309 ließe sich nur halten, wenn dort, wo ein Beschluß erforderlich ist, mit der gleichen Begründung eine treuwidrige Stimme als nichtig behandelt werden könnte; denn Widerspruchsund Stimmrecht sind zwei rechtstechnisch unterschiedliche, qualitativ aber gleichwertige Gestaltungsformen innerverbandlicher Willensbildungskompetenz 310 . Eine Stimme zu einem Beschluß ist jedoch gerade nicht deswegen nichtig, weil sie gegen die Treupflicht verstößt 311 ; dann gilt auch für den Widerspruch nichts anderes. Eine abweichende Beurteilung ist nicht einmal bei einem offensichtlich treuwidrigen Widerspruch angezeigt 312 ; denn selbst eine offensichtlich treuwidrige Stimme Rn.37. § 4 7 Rn.42; Sester, Treupflichtverletzung, S. 30, 68; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 263. 3 0 3 R G Z 158, 302, 310f.; 163, 35, 39; BGH NJW 1986, 844; Baumbach/Hopt, HGB, § 115 Rn.3; Heymann-Emmerich, HGB, § 115 Rn. 12; A. Hueck, OHG, § 10 III 5 (S. 131f.);]üdel, Beschluß, S. 72f.; MK-Ulmer, BGB, § 7 1 1 R n . l l f . ; MK-Rawert, HGB, § 1 1 5 R n . 3 6 ; Schlegelberger-Martens, HGB, § 1 1 5 Rn.16; Semler, BB 1979, 1533, 1535; Soergel-Hadding, BGB, § 7 1 1 Rn.7; Staub-Ulmer, HGB § 1 0 5 Rn.248, § 1 1 5 Rn.5, 21; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. 1263; ebenso für den Fall des einem GmbH-Gesellschafter eingeräumten Widerspruchsrechts OLG Stuttgart BB 1999, 2 3 1 6 , 2317. 3 0 4 Dafür Schlegelberger-Martens, HGB, § 115 Rn. 20; Sester, Treupflichtverletzung, S. 30; Soergel-Hadding, BGB, § 7 1 1 Rn. 7; Staub-Ulmer, HGB, § 1 1 5 Rn.23; Winter, Treubindungen, S.36. 3 0 5 So in der Tat Jüdel, Beschluß, S. 72f.; Weber, Treubindungen, S. 72; Winter, Treubindungen, S.36. 306 Heymann-Emmerich, HGB § 115 Rn. 12; A. Hueck, OHG, § 10 III 5 (S. 132); Soergel-Hadding, BGB, § 7 1 1 Rn.7. 3 0 7 Vgl. dazu - in Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Ansicht Noacks - oben B II 2. 308 Sester, Treupflichtverletzung, S. 126 f. 309 Sester, Treupflichtverletzung, S. 126; Staub-Ulmer, HGB, § 105 R n . 2 3 6 . 3 1 0 Das hat Sester (Treupflichtverletzung, S. 109) selbst zutreffend herausgearbeitet. 3 1 1 Oben § 5 F II 2. 3 1 2 So aber Flume, Die Personengesellschaft, § 1 5 II 3 (S.268); Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 957. Auch R G Z 158, 302, 310f. und 163, 35, 39 sprechen von der Unbeachtlichkeit des willkürlichen, offensichtlich gesellschaftswidrigen Widerspruchs.

486

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

verfällt nicht dem Nichtigkeitsverdikt 3 1 3 . Ebensowenig läßt sich die Unbeachtlichkeit des Widerspruchs mit der Überlegung rechtfertigen, der Gesellschafter verhalte sich widersprüchlich, wenn er sich auf seinen treuwidrigen Widerspruch berufe 3 1 4 ; denn diese Argumentation verhält sich zur Rechtsfolge (Nichtigkeit oder Vernichtbarkeit) indifferent: Mit der gleichen Begründung ließe sich auch die These begründen, der Widerspruch sei zwar grundsätzlich wirksam, doch sei der Gesellschafter zu seiner Rücknahme verpflichtet. Derselbe Einwand trifft im übrigen die beiden anderen, zuvor referierten Versuche, die Nichtigkeit des Widerspruchs zu begründen: Aus § 2 4 9 B G B könnte man ebenso wie aus der Funktion der Treupflicht als immanenter Schranke des Widerspruchsrechts anstelle der Nichtigkeit ebensogut die bloße Vernichtbarkeit folgern. Es begegnet hier ein Fehler in der Argumentation, der schon mehrfach konstatiert werden konnte: So wurde etwa die Annahme in der Personengesellschaft seien fehlerhafte Beschlüsse stets ipso iure nichtig: u.a. darauf gestützt, die Mehrheit habe den Rahmen ihrer Ermächtigung überschritten, mit bindender Wirkung auch für die Minderheit zu entscheiden. Diese Überlegung hat sich ebenfalls als für die Frage nach der Rechtsfolge unerheblich erwiesen: Aus jener Überschreitung läßt sich ebenso die Nichtigkeit wie die Vernichtbarkeit des Beschlusses herleiten. Nichts anderes gilt für den Widerspruch: Die Tatsache, daß die Treupflicht das Recht zu seiner Erhebung beschränkt, präjudiziert noch nicht die Rechtsfolge Nichtigkeit oder Vernichtbarkeit.

2. Die Beseitigung des Widerspruchs durch

Gestaltungsklage

Es muß vielmehr dabei bleiben, daß der Widerspruch trotz des Treupflichtverstoßes wirksam

ist 3 1 5 . Er muß folglich ebenso durch Urteil beseitigt werden, wie dort,

wo ein Beschluß erforderlich ist, dieser durch Urteil erzwungen werden muß. Der Gesellschafter, der die Maßnahme durchführen will, muß hierfür nicht positiv die Zustimmung des widersprechenden Gesellschafters erstreiten. Sein Rechtsschutzziel beschränkt sich vielmehr auf ein rein kassatorisches:

Er erstrebt die Beseiti-

gung eines Rechtsgeschäfts, nämlich des Widerspruchs seines Mitgesellschafters. Die Klage richtet sich daher nicht auf die Erteilung der Zustimmung, sondern auf die Beseitigung des Widerspruchs. Sie ist ebenfalls Gestaltungsklage; der Klageantrag lautet dahin, den Widerspruch für nichtig zu erklären. Diese Rechtsschutzform gleicht der aktienrechtlichen Anfechtungsklage; und in der Tat: Ebenso wie die beschlußersetzende Gestaltungsklage aus der positiven Beschlußfeststellungsklage entwickelt wurde, läßt sich die den Widerspruch beseitigende Gestaltungsklage auf die Anfechtungsklage zurückführen. Gegenstand der Klage ist hier wie dort die rechtliche Kontrolle des Entscheidungsverhaltens von Gesellschaftern in 3 1 3 Im Ergebnis ablehnend zur auf die Evidenz der Treuwidrigkeit abstellenden Ansicht Wiedemanns auch Sester, Treupflichtverletzung, S. 127. 3 1 4 So aber Jüdel, Beschluß, S . 7 2 f . 3 1 5 Im Grundsatz ebenso Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 955ff.

E. Gerichtliche

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von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

487

mitgliedschaftlichen Angelegenheiten. Eine auf Widerruf des Widerspruchs gerichtete Leistungsklage könnte keinen gleichwertigen Rechtsschutz bereitstellen: Das Gestaltungsurteil, welches den Widerspruch f ü r nichtig erklärt, tut dies mit Wirkung ex tunc, so d a ß dem Gesellschafter, welcher die M a ß n a h m e ausführen will, aus der zwischenzeitlichen Ausführung der M a ß n a h m e kein Vorwurf der Kompetenzüberschreitung erwachsen kann. Ein Leistungsurteil w ü r d e demgegenüber den Widerruf des Widerspruchs lediglich mit Wirkung ex nunc ab Rechtskraft des Urteils nach § 894 Z P O fingieren.

3. Parteien des

Rechtsstreits

Die Verpflichtung, den Widerspruch nicht treuwidrig auszuüben, besteht gegenüber der Gesellschaft; denn an ihrem Interesse hat sich seine Ausübung zu orientieren - ebenso wie das Stimmrecht bei Geschäftsführungsbeschlüssen allein am Gesellschaftsinteresse zu orientieren ist. Aus diesem Grunde wurde hier gezeigt, d a ß die beschlußersetzende Gestaltungsklage von der Gesellschaft zu erheben ist: In der Sache ersetzt sie eine Leistungsklage der Gesellschaft auf Z u s t i m m u n g zu einem bestimmten Beschluß. In gleicher Weise ersetzt die Anfechtungsklage gegen den Widerspruch nach § 115 I HS 2 H G B eine Leistungsklage der Gesellschaft gegen den widersprechenden Gesellschafter auf R ü c k n a h m e des Widerspruchs. Konsequent ist auch diese Klage von der Gesellschaft gegen den widersprechenden Gesellschafter zu erheben; der einzelne Gesellschafter k a n n sie nur dann erheben, wenn er zur Erhebung einer präventiven actio p r o socio befugt ist und vergeblich versucht hat, die Mitgesellschafter dazu zu bewegen, die Klageerhebung namens der Gesellschaft zu beschließen.

V. Klagefrist für die beschlußersetzende Gestaltungsklage? Die dogmatische N ä h e der hier entwickelten beschlußersetzenden Gestaltungsklage zum Beschlußmängelstreit nach § § 2 4 1 ff. A k t G wirft die Frage auf, ob die Gestaltungsklage ebenso wie die Anfechtungsklage an die Frist des § 2 4 6 I AktG zu binden ist, die, wie gezeigt 3 1 6 , analog für den Beschlußmängelstreit in G m b H u n d Personengesellschaft gilt.

1. Fristablauf

und

Rechtmäßigkeit

Um dies beantworten zu können, ist auszumessen, wie weit die Rechtsfolgen des Fristablaufs im originären Anwendungsbereich des § 2 4 6 I AktG reichen. Dazu folgender Beispielsfall: 316

Oben § § 6 D III, 7 B III 6.

488

§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

Die X-GmbH befindet sich in einem Liquiditätsengpaß und hatte in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten, die Löhne an ihre Arbeitnehmer pünktlich auszuzahlen; diese haben für den Fall weiterer Lohnrückstände die Niederlegung ihrer Arbeit angedroht. Gleichwohl beantragt der Geschäftsführer in der Gesellschafterversammlung, sich einen neuen Dienstwagen für 60.000 Euro kaufen zu dürfen, obwohl sein jetziger Dienstwagen voll funktionstüchtig ist. Die Gesellschafterversammlung beschließt mit einer Mehrheit von 8 0 % , ihm den Kauf dieses Wagens auf Kosten der Gesellschaft zu erlauben. Minderheitsgesellschafter M wehrt sich vehement gegen den Beschluß, versäumt es aber, ihn fristgerecht anzufechten. M a g der Gesellschafterbeschluß in diesem Fall auch noch nicht die Existenz der Gesellschaft insgesamt gefährdet haben und deshalb wegen Aushöhlung der gläubigerschützenden Liquidationsvorschriften ( § § 6 5 f f . G m b H G ) nach § 2 4 1 N r . 3 A k t G nichtig sein: In jedem Fall verstießen die Gesellschafter, die in einer solchen Situation für den K a u f eines neuen Dienstwagens stimmten, gegen die Treupflicht, welche ihnen gegenüber der Gesellschaft oblag. Denn der unnötige Abfluß von dringend benötigter Liquidität stellte die erfolgreiche Verfolgung des Gesellschaftszwecks durchaus in Frage. Aber nach Ablauf der in § 2 4 6 I A k t G bestimmten Monatsfrist ist die Anfechtung des Beschlusses ausgeschlossen. § 2 4 6 I A k t G beseitigt also in jedem Fall die Rechtsfolge

des Rechtsverstoßes, nämlich die An-

fechtbarkeit. Fraglich ist aber, o b die Vorschrift auch den Rechtsverstoß selbst beseitigt, o b mit anderen Worten der Beschluß nach Fristablauf als rechtmäßig

zu be-

handeln ist. Für diese Annahme scheinen die Vorschriften über die Organhaftung in Kapitalgesellschaften zu sprechen. § 9 3 I V 1 A k t G befreit ein Vorstandsmitglied von seiner Schadensersatzpflicht, wenn es in Ausführung gesetzmäßiger Beschlüsse der Hauptversammlung gehandelt hat. Die herrschende M e i n u n g 3 1 7 versteht unter einem „gesetzmäßigen" Beschluß auch einen solchen, der zwar möglicherweise gegen Gesetz und Satzung verstößt, aber wegen Fristablaufs nicht mehr angefochten werden kann. An dieser Ansicht ist richtig, daß nach Ablauf der Anfechtungsfrist allein die Ausführung des Beschlusses dem Vorstand nicht mehr zum Vorwurf gemacht werden kann; mehr noch: er hat ihn auszuführen 1 1 8 . Gleichwohl hält die herrschende Meinung ihren eigenen Ausgangspunkt nicht konsequent durch. Denn sie will die Haftung der Vorstandsmitglieder trotz Unanfechtbarkeit des Beschlusses aufrecht erhalten, wenn diese den Beschluß pflichtwidrig herbeigef ü h r t 3 1 9 oder es pflichtwidrig unterlassen haben, den Beschluß nach § 2 4 5 Nr. 5 A k t G anzufechten 3 2 0 . Diese Einschränkungen sind nur auf der Prämisse erklärbar, 517 GroßkommAktG-Hopt, § 93 Rn.323; Hefermehl, FS Schilling, S. 159,166 f.; ders., in Geßler, AktG, § 93 Rn.48; Hüffer, AktG, § 93 Rn.25; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 65; MKHüffer, AktG, § 243 Rn. 123; Zempelin, AcP 155 (1955), 209, 227. 3 1 8 GroßkommAktG-Hopf, § 93 Rn.323. Ebenso für den Geschäftsführer einer GmbH Winter, Treubindungen, S.55f. 319 Baums, DJT 2000, S. F 61; Canaris, ZGR 1978, 207, 213; Ebert, NZG 2003, 444, 448; GroßkommAktG-Hopf, §93 Rn.325; Hefermehl, FS Schilling, S.159, 172; Hüffer, AktG, §93 Rn.26; KK-Mertens, AktG, § 93 Rn. 116. 3 2 0 GroßkommAktG-Hopi, § 93 Rn. 323; Hefermehl, FS Schilling, S. 159, 167f.; ders., in Geß-

E. Gerichtliche

Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

489

daß rechtswidrige Beschlüsse trotz Unanfechtbarkeit rechtswidrig bleiben 321 : Denn einen gesetzmäßigen Beschluß kann man weder pflichtwidrig herbeiführen, noch kann man seine Anfechtung pflichtwidrig unterlassen. Der Umstand, daß der Beschluß gegen Gesetz und Satzung verstößt, wirkt also über den Ablauf der Anfechtungsfrist hinaus: Der Beschluß bleibt als solcher rechtswidrig, lediglich die Rechtsfolgen verändern sich. Dies steht im Einklang mit der hier für richtig gehaltenen Deutung der Anfechtungsfrist als prozessuale Frist: Jene Frist markiert die zeitliche Grenze der Anfechtungsbefugnis, also der Befugnis, die Rechtswidrigkeit geltend zu machen. Die Rechtswidrigkeit selbst aber besteht fort. 2. Fortbestehende Verpflichtung gegenläufigen Beschlusses?

der Gesellschafter

zur Fassung eines

Ist der Beschluß selbst rechtswidrig, so hat auch jeder Gesellschafter, der mit seiner Stimme zu dessen Zustandekommen beigetragen hat, rechtswidrig abgestimmt. An diesem Befund ändert der Ablauf der Anfechtungsfrist ebenfalls nichts. Damit ist jedoch noch nichts darüber ausgesagt, inwiefern der Gesellschafter nach Ablauf der Anfechtungsfrist verpflichtet ist, sein Stimmverhalten zu korrigieren und an einem gegenläufigen Beschluß mitzuwirken, durch welchen der im ursprünglichen Beschluß liegende Rechtsverstoß ausgeräumt wird. Soweit das Problem in der Literatur überhaupt gesehen wird, wird betont, der überstimmte Gesellschafter könne nur noch ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht verlangen, daß die Mitgesellschafter einen solchen gegenläufigen Beschluß faßten 322 . Diese Ansicht verdient Zustimmung. Wären die Gesellschafter nach Fristablauf noch zur Revision des Beschlusses verpflichtet, so wäre die Rechtsbeständigkeit des ursprünglichen Beschlusses, welche durch § 246 I AktG sichergestellt werden soll, zwar nicht rechtlich in Frage gestellt: An seiner endgültigen Wirksamkeit ist nichts mehr zu ändern. Jene Rechtsbeständigkeit würde jedoch in tatsächlicher Hinsicht weitgehend ausgehöhlt. Das erhellt, wenn man den oben gebildeten Beispielsfall weiter denkt: Wären die Gesellschafter verpflichtet, selbst nach Ablauf der Anfechtungsfrist den rechtswidrigen Beschluß zu korrigieren, so könnte M mit Seiler, AktG, § 93 Rn.48; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 50; KK-Mertens, AktG, § 93 Rn. 118;

Zempelin,

AcP 155 (1955), 2 0 9 , 2 2 7 . Über die Frage, in welchem Umfang die Pflicht zur Anfechtung besteht, herrscht Streit: Für grundsätzliche Anfechtungspflicht Becker,

Verwaltungskontrolle, S. 451 ff.;

Bork, ZIP 1 9 9 2 , 1 2 0 5 , 1 2 0 6 ; KK-Mertens aaO.; dagegen Diekgräf, fermehl,

Sonderzahlungen, S. 166; He-

aaO.S. 167; Volhard, ZGR 1996, 55, 60; differenzierend Golling,

Sorgfaltspflichtverlet-

zung, S.82; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 3 Rn.122; MüHdbGesR IV/Semler, § 4 1 R n . 6 1 : Anfechtungspflicht nur, wenn der fehlerhafte Beschluß der Gesellschaft Schaden zu bringen droht. 3 2 1 Für Rechtswidrigkeit selbst nach Ablauf der Anfechtungsfrist auch Becker, Verwaltungskontrolle, S.452; Habersack, Mitgliedschaft, S.234f.; Hachenburg-Häffer, GmbHG, § 4 7 Rn. 184; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 3 Rn.5; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.65; K. Schmidt, GmbHR 1979, 121, 127f.; differenzierend Golling, Sorgfaltspflichtverletzung, S.82: Gesetzmäßig, wenn Schaden für Gesellschaft nicht zu erwarten und Vorstand deshalb nicht zur Anfechtung verpflichtet war; nicht gesetzmäßig, wenn dies doch der Fall war. 322 Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn.143.

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§ 7 Der Beschlußmängelstreit

in der

Personengesellschaft

nem 20%-Anteil die Einberufung der Gesellschafterversammlung verlangen und notfalls selbst vornehmen; in jener Versammlung könnte er sodann einen Beschluß des Inhalts beantragen, den Geschäftsführer anzuweisen, keinen neuen Dienstwagen zu kaufen. Würde dieser Beschlußantrag durch Sachbeschluß abgelehnt, so könnte M hiergegen Anfechtungsklage erheben und diese Klage mit einer positiven Beschlußfeststellungsklage verbinden, um den Untersagungsbeschluß zu erzwingen. Ebenso könnte er den Beschluß durch Gestaltungsklage erzwingen, wenn die Mehrheit eine erneute Beschlußfassung ablehnte und den Beschlußantrag von der Tagesordnung absetzte. § 246 I AktG enthält zunächst die Aussage, daß der einmal gefaßte Beschluß als solcher endgültig wirksam wird und in seinem rechtlichen Bestand nicht mehr in Frage gestellt werden kann, wenn die Anfechtungsfrist verstrichen ist. Die in dieser Vorschrift enthaltene Wertung reicht jedoch darüber noch hinaus. Mit der Anfechtungsklage wird, wie gesehen 323 , in der Kapitalgesellschaft nicht ein subjektivrechtlicher Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses geltend gemacht, sondern die rein objektivrechtliche Verpflichtung der Mehrheit eingefordert, den rechtswidrigen Beschluß zu korrigieren; in der Personengesellschaft muß der Kläger belegen, daß jene Verpflichtung gerade ihm oder der Gesellschaft gegenüber bestehen. Wenn für die Klage, mit deren Hilfe die Erfüllung dieser Pflicht erzwungen werden soll, eine Frist von einem M o n a t vorgesehen ist, so kann dies nur bedeuten, daß jene Pflicht dann nicht mehr besteht, wenn sie nicht binnen eines Monats geltend gemacht wird. Folglich dürfen die Gesellschafter, solange sich die maßgeblichen Umstände nicht geändert haben, bei einer erneuten Beschlußfassung über denselben Gegenstand unter Hinweis auf die Bestandskraft des Beschlusses dieselbe Haltung annehmen wie bei der ersten Beschlußfassung - mag sie auch gegen Gesetz oder Satzung verstoßen. N u r mit dieser Deutung erreicht die Anfechtungsfrist ihr Ziel, allen an der Gesellschaft Beteiligten alsbaldige Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Gesellschaft auf dem Boden des fraglichen Beschlusses weiter arbeiten kann oder nicht. Die positive Beschlußfeststellungsklage ist in ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich darauf gemünzt, den durch die Anfechtungsklage gewährleisteten Rechtsschutz zu vervollständigen: Sie ermöglicht es dem Gericht, zeitgleich mit der Aufhebung des ablehnenden Beschlusses den positiven als gefaßt festzustellen. Sie ist daher dort, wo sie an eine Anfechtungsklage anknüpft, ihrerseits an die Frist des § 246 I AktG gebunden. Die Verpflichtung, statt des ablehnenden einen zustimmenden Beschluß zu fassen, kann daher ebenfalls nach Ablauf eines Monats nicht mehr geltend gemacht werden. 3.

Folgerungen

Wenn aber einerseits die positive Beschlußfeststellungsklage der Fristbindung nach § 246 I AktG unterliegt, andererseits die hier entwickelte beschlußersetzende 323

Oben § 5 B.

E. Gerichtliche Durchsetzung

von Zustimmungspflichten

in der Personengesellschaft

491

Gestaltungsklage nichts anderes als die Erweiterung von deren Anwendungsbereich ist, stellt sich mit Nachdruck die Frage, ob jene Gestaltungsklage gleichfalls an eine solche Frist gebunden ist. Sie bedarf einer differenzierenden Antwort; denn nicht in allen hier besprochenen Fällen läßt sich ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Anwendung des § 246 I AktG belegen. a) Verweigerter

Mehrheitsbeschluß

Die Fristbindung der Beschlußmängelklage findet ihre Rechtfertigung darin, daß in Gestalt eines Beschlusses ein Akt der kollektiven Willensbildung vorliegt, dessen Inhalt zweifelsfrei feststeht. Wo dies nicht der Fall ist, fehlt es an einer Grundlage für die zeitliche Begrenzung von Klagebefugnissen. So wurde bereits gezeigt, daß die Feststellungsklage mit dem Ziel, den zwischen den Gesellschaftern umstrittenen Inhalt eines Beschlusses festzustellen, an keine Klagefrist gebunden ist - eben weil Bestandsschutz für einen Beschluß nicht denkbar ist, solange sein Inhalt nicht feststeht. Ebensowenig ist Bestandsschutz dort denkbar, wo eine Willensbildung in der Sache von vornherein nicht stattfindet. Wo die Mehrheit die Beratung ohne Ergebnis abbricht oder wo es nicht einmal zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung kommt, fehlt es an einer Willensbildung überhaupt; wo die Beschlußfassung vertagt oder von der Tagesordnung abgesetzt wird, liegt zwar ein verfahrensleitender Beschluß, nicht aber eine Willensbildung in der Sache vor. Durch die Verweigerung einer solchen Willensbildung kann die Klagebefugnis keine zeitliche Begrenzung erfahren; namentlich muß der Gesellschafter, der einen bestimmten Beschluß erzwingen will, nicht vorher den Vertagungsbeschluß oder den Beschluß angefochten haben, durch den sein Beschlußantrag von der Tagesordnung abgesetzt wurde. Für eine Klagefrist ist nur dort Raum, wo ein inhaltlich bestimmtes Ergebnis einer abgeschlossenen kollektiven Willensbildung vorliegt. Die beschlußersetzende Gestaltungsklage, mit deren Hilfe ein Gesellschafter einen Mehrheitsbeschluß erzwingen will und dessen Fassung verweigert wird, ist daher unbefristet zulässig. b) Mangels allseitiger Zustimmung Beschluß

nicht zustande gekommener

einstimmiger

Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage bei einstimmigen Beschlüssen. Wo ein oder mehrere Gesellschafter die Stimmabgabe als solche verweigern (sich also zum Beschlußantrag nicht etwa ablehnend, sondern überhaupt nicht äußern), besteht freilich kein Anlaß für ein vom soeben Gesagten abweichendes Ergebnis: Abermals hat keine Willensbildung in der Sache stattgefunden, an deren Ergebnis ein Bedürfnis anknüpfen könnte, es entweder rasch oder überhaupt nicht zu korrigieren. Anders aber dort, wo alle Gesellschafter sich zur Sache geäußert, einer oder mehrere von ihnen aber gegen den Beschluß gestimmt haben. In diesem Fall hat eine kollektive Willensbildung in der Sache stattgefunden. Freilich ist in diesem Fall nicht, wie dies bei Mehrheitsbeschlüssen der Fall ist, ein - wenn auch fehlerhafter -

492

§ 7 Der Beschlußmängelstreit in der Personengesellschaft

ablehnender Beschluß zustande gekommen; vielmehr verhindert die ablehnende Stimme auch nur eines Gesellschafters, daß überhaupt ein Beschluß zustande k o m m t . Diese abweichende dogmatische Einordnung trägt indes dem besonderen Gewicht Rechnung, welches bei einstimmigen Beschlüssen dem Beitrag jedes einzelnen Gesellschafters zur kollektiven Willensbildung zukommt. Sie schützt den einzelnen Gesellschafter insbesondere dadurch, daß es ihm auf diese Weise erspart bleibt, gegen Beschlüsse, die gegen seinen Willen gefaßt werden, erst gerichtlich vorgehen zu müssen. Dieser Schutz des einzelnen Gesellschafters darf nun, da es um die zeitliche Begrenzung seiner Verpflichtung geht, dem von ihm abgelehnten Beschluß doch noch zuzustimmen, nicht gegen ihn gewendet werden: Wenn schon bei Mehrheitsbeschlüssen diejenigen Gesellschafter, welche von Rechts wegen, namentlich kraft der sie treffenden Treupflicht, verpflichtet gewesen wären, dem Beschluß zuzustimmen, nur einen M o n a t nach Beschlußfassung auf die Korrektur ihrer ablehnenden Stimme in Anspruch genommen werden können, so kann dieser Zeitraum bei einstimmigen Beschlüssen nicht länger sein. W o sich alle Gesellschafter zur Sache geäußert, also entweder zustimmend oder ablehnend gestimmt haben, ist die beschlußersetzende Gestaltungsklage daher analog § 2 4 6 I A k t G binnen eines M o n a t s zu erheben. Die Frist beginnt für jeden Gesellschafter in dem Zeitpunkt, in dem ihm bekannt wird, daß alle Gesellschafter ihre Stimme abgegeben und einer oder mehrere von ihnen gegen den Beschluß gestimmt haben. In diesem M o m e n t liegt ein abgeschlossenes Ergebnis kollektiver Willensbildung in der Sache vor, an welches das Bedürfnis anknüpft, eine Korrektur, falls erforderlich, möglichst rasch herbeizuführen.

§ 8 Rechtsformübergreifende Probleme des Beschlußmängelstreits A. Die Gesellschaft als Beklagte in Personengesellschaft und Gerechte Verteilung des Prozeßkostenrisikos?

GmbH:

I. D e r E i n w a n d Wie bereits oben 1 herausgearbeitet, hat die Zuweisung der Beklagtenrolle an die Gesellschaft eine Disparität in der Verteilung des Kostenrisikos zur Folge. W ä h rend der Kläger im Falle der Klagabweisung die Kosten des Rechtsstreits selbst dann trägt, wenn er bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage von einem Prozeßerfolg ausgehen durfte, werden die Kosten des Rechtsstreits bei erfolgreicher Klage der Gesellschaft auferlegt und nicht den Gesellschaftern, die mit ihren Stimmen den - dann nachweislich rechtswidrigen - Beschluß zustande gebracht haben. Dieser Befund ist für die G m b H zum Anlaß genommen worden, die Zuweisung der Beklagtenrolle an die Gesellschaft in Frage zu stellen: Es könne nicht angehen, daß die Minderheit auf eigene Kosten, die Mehrheit auf Kosten der Gesellschaft prozessiere 2 . Daher erscheine es vorzugswürdig, in der G m b H den Beschlußmängelstreit in einem Prozeß unter den Gesellschaftern auszutragen 3 . Die Gesellschaft sei zwar selbständige Trägerin von Rechten und Pflichten 4 ; im Beschlußmängelstreit seien Träger der hinter der Auseinandersetzung verborgenen Interessen aber materiell die Gesellschafter 5 . Die Gesellschaft habe im Verhältnis zur Willensbildung unter den Gesellschaftern kein Eigeninteresse, sondern habe sie hinzunehmen 6 Auf die Gesellschaft als Beklagte könne zwar in der A G aus praktischen Gründen nicht verzichtet werden 7 ; in der G m b H mit typischerweise wenigen Gesellschaftern träfen diese Gründe jedoch nicht in gleicher Weise zu 8 . D a kein verfahrenstechnisches Bedürfnis bestehe, die Gesellschafter aus der Wahrnehmung ihrer Interessen im Prozeß zu verdrängen, erweise sich die Parteirolle der Gesellschaft als verfassungs1 2 3 4 5 6 7 8

§5 E Joost, Joost, Joost, Joost, Joost, Joost, Joost,

I. ZGR ZGR ZGR ZGR ZGR ZGR ZGR

1984, 1984, 1984, 1984, 1984, 1984, 1984,

71, 71, 71, 71, 71, 71, 71,

96. 76ff. 76f. 78f. 79. 93. 95 ff.

494

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

widrig 9 . Sollte sich dieser Einwand als überzeugend erweisen, so muß er ebenso in der G m b H - und desgleichen in der Personengesellschaft - dazu führen, daß die Klage nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen diejenigen Gesellschafter zu richten ist, welche den Beschluß zustande gebracht haben 1 0 . Für die AG konnte eine Reihe von Gesichtspunkten nachgewiesen werden, welche jene Disparität im Kostenrisiko positiv legitimieren 1 1 . Sie alle treffen für Personengesellschaft und G m b H nicht zu. § 1 1 7 VII AktG findet auf diese beiden Gesellschaftsformen keine Anwendung; ein Bedürfnis für die Entlastung des Passivrubrums auch im Prozeß um einen möglichen Kostenerstattungsanspruch gegen die Aktionäre besteht in G m b H und O H G / K G mit typischerweise überschaubarem Personenkreis nicht.

II. Vermeidung der Disparität durch Parteirollen-Zuweisung an Gesellschafter? Freilich konnte oben 1 2 herausgearbeitet werden, daß die Mediatisierung der Beklagtenrolle durch die Gesellschaft auch in G m b H und Personengesellschaft mit durchgreifenden Vorzügen für eine ökonomische Handhabung des Verfahrens behaftet ist: Sie hatte es erlaubt, eine allseits rechtskräftige Entscheidung zu erlangen, ohne die prozeßunwilligen Gesellschafter in den Prozeß und in das Kostenrisiko einbeziehen zu müssen. Freilich steht gerade diese Verschonung einzelner Gesellschafter vom Kostenrisiko hier auf dem Prüfstand. Es erscheint nämlich zweifelhaft, ob gerade diejenigen Gesellschafter Schutz gegen das Kostenrisiko verdienen, die den Rechtsstreit durch die rechtswidrige Beschlußfassung veranlaßt haben. Würde sich die Beschlußmängelklage direkt gegen diese Gesellschafter richten, so müßten diese als materiellrechtlich notwendige Streitgenossen verklagt und, wenn sie unterliegen, persönlich in die Kosten verurteilt werden: Sie haben den Beschluß gemeinsam gefaßt und können nur zusammen - nämlich in Gestalt eines Aufhebungsbeschlusses - über ihn verfügen. Daran würde auch der Umstand nichts ändern, daß diese Aufhebung im Einzelfall auch mit Mehrheit durch die Stimmen einzelner von ihnen möglich sein kann; denn das gesamte Beschlußverfahren

müß-

te für den Aufhebungsbeschluß wiederholt werden. Fehlt aber dem einzelnen Gesellschafter die Befugnis, über den angefochtenen Beschluß zu verfügen 1 3 , so kann sich keiner derjenigen Gesellschafter, deren Stimmen den angefochtenen Beschluß getragen haben, durch sofortiges Anerkenntnis nach § 93 Z P O von der Kostener-

Joost, Z G R 1 9 8 4 , 71, 97. Vgl. Joost, Z G R 1984, 71, 98ff. 11 Oben § 5 E II.

9

10

12 13

§ 5 C. Zutreffend Schmitt,

Beschlußmängelrecht, S. 46.

A. Die Gesellschaft

als Beklagte

in Personengesellschaft

und

GmbH

495

stattungspflicht befreien 14 . Dies zumal deshalb nicht, weil er durch die Beschlußfassung die Klage mit veranlaßt hat: Zwar veranlaßt grundsätzlich derjenige Beklagte die Klage nicht, der vorprozessual nicht zur Leistung aufgefordert worden ist. Dem Kläger aber, der binnen kurzer Frist handeln muß, ist es nicht zumutbar, erst noch vorprozessual die Aufhebung des Beschlusses zu verlangen15. Das gleiche gilt für die Nichtigkeitsklage jedenfalls dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Geschäftsleitung demnächst zur Ausführung des Beschlusses schreitet 16 . Nach alledem sind die beschlußfassenden Gesellschafter in ihrem Interesse, sich aus Prozeß und Kostenrisiko herauszuhalten, nicht ohne weiteres schutzwürdig17. Wohl aber sind es diejenigen Gesellschafter, die sich (zulässigerweise) der Stimme enthalten haben sowie diejenigen, die mit dem Kläger gestimmt haben: Sie haben die Klage nicht veranlaßt und dürfen daher auch nicht gegen ihren Willen in den Prozeß hineingezogen werden. Gerade diesem Belang wird aber die Mediatisierung des Beschlußmängelstreits durch die Gesellschaft in besonderer Weise gerecht. Unter dem Aspekt der Kostengerechtigkeit wirkt es sich somit nicht nachteilig, sondern im Gegenteil positiv aus, wenn nicht die Gesellschafter untereinander den Prozeß austragen müssen, sondern die Beklagtenrolle der Gesellschaft zugewiesen wird. Die Austragung des Prozesses unter den Gesellschaftern ergibt daher zumindest nicht notwendig einen Gewinn für die gerechte Verteilung des Prozeßkostenrisikos.

III. Kompensation der Disparität durch materiellrechtlichen Erstattungsanspruch ? Das Ungleichgewicht in der Verteilung des Kostenrisikos vermag nach alledem das Plädoyer für einen Beschlußmängelstreit unter den Gesellschaftern nicht zu stützen. Es fragt sich lediglich, ob sich jenes Ungleichgewicht dadurch kompensieren läßt, daß der Gesellschaft gegen diejenigen Gesellschafter, die für den Beschluß gestimmt haben, ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch zugebilligt wird - und zwar ein solcher, der nicht davon abhängig ist, daß die Mehrheit den Rechtsverstoß schuldhaft verkannt hat; wie bereits ausgeführt18, trägt der Klägers selbst bei fehlendem Verschulden die Kosten, so daß die Disparität im Kostenrisiko erst dann ausgeglichen ist, wenn auch der Mehrheit ein solches Kostenrisiko zur Last fällt. 14 Ebenso - allgemein für die Fälle materiellrechtlich notwendiger Streitgenossenschaft auf der Passivseite - Berger, Prozeßstandschaft, S. 169 mit Fn. 99; Stein/]onas-Bork, ZPO, § 62 Rn. 34. 15 So aber KG GmbHR 2000, 385; OLG Naumburg DB 1 9 9 8 , 1 0 2 3 f . ; Getßler, GmbHR 2 0 0 2 , 520, 525. 16 Zutreffend OLG Frankfurt GmbHR 1993, 224, 225; zustimmend Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 8 1 . 1 7 Siehe dazu noch sogleich V. 18 Oben § 3 B III 5 a.

496

§ 8 Recbtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

Die beklagte Gesellschaft wird bisweilen als gesetzliche Passiv-Prozeßstandschafterin für diejenigen Gesellschafter bezeichnet, welche den Beschluß mit ihrer Stimmkraft zustande gebracht h a b e n 1 9 . Das legt die Idee nahe, einen Erstattungsanspruch der Gesellschaft unter Rückgriff auf den Gedanken des Handelns im Fremdinteresse zu begründen. D o c h vermag dies ebensowenig zu überzeugen wie im K o n t e x t der Ausschlußklage 2 0 ; denn die für den Beschluß verantwortlichen Gesellschafter werden nicht selten für sich reklamieren, ihrerseits in völliger Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsinteresse, ja gerade zu dessen besonderem Wohle abgestimmt zu haben, weswegen nicht ihnen, sondern der Gesellschaft das Kostenrisiko zur Last fallen müsse. Als Anspruchsgrundlage für einen verschuldensunabhängigen Erstattungsanspruch k o m m t vielmehr abermals nur die Treupflicht in Betracht, verstanden nicht als Schadensersatz-, sondern als primäre (Förder-) Pflicht zur Ausstattung der Gesellschaft mit denjenigen Mitteln, welche diese benötigt, um einen von den Gesellschaftern veranlaßten Rechtsstreit führen zu können. D e r Annahme einer solchen Pflicht steht wie bereits im K o n t e x t der Ausschlußklage der Einwand entgegen, daß den Gesellschaftern, die den Beschluß gefaßt haben, auf diesem Wege eine weder gesetzlich noch vertraglich begründete Nachschußpflicht aufgebürdet würde. Die Ausübung des Stimmrechts wäre nämlich dann stets mit dem Risiko behaftet, mit dem eigenen Vermögen für die Rechtmäßigkeit des Beschlossenen einstehen zu müssen. Wie wenig überzeugend sich ein Erstattungsanspruch aus der Förderpflicht begründen läßt, wird in besonderer Weise am Beispiel des Gesellschafterausschlusses deutlich: Die Gesellschafter, welche die Erhebung der Ausschlußklage beschließen, können auch auf materiellrechtlichem Wege nicht für die Kosten des Ausschlußprozesses haftbar gemacht werden, wenn der Prozeß verlorengeht 2 1 . Nun können aber jedenfalls die Satzung einer G m b H und der Gesellschaftsvertrag einer O H G / K G v o m Erfordernis einer Ausschlußklage dispensieren und statt dessen vorsehen, daß die Wirkungen des Ausschlusses bereits dann eintreten, wenn ein entsprechender Beschluß von den übrigen Gesellschaftern gefaßt und dem auszuschließenden Gesellschafter mitgeteilt wird. Dieser Beschluß ist freilich seinerseits anfechtbar durch Klage gegen die Gesellschaft. Wenn aber im Falle der Ausschlußklage der Gesellschaft, veranlaßt durch einen Gesellschafterbeschluß, die für diesen Beschluß verantwortlichen Gesellschafter nicht auf Erstattung der Prozeßkosten haften, so leuchtete es k a u m ein, wenn sie im Falle der erfolgreichen Anfechtung des Ausschließungsbeschlusses auf Kostenerstattung belangt werden könnten: Die rechtliche Konstruktion des Ausschlusses kann auf die materiellrechtliche Verteilung des Prozeßkostenrisikos im Innenverhältnis keinen Einfluß haben.

19 20 21

Siehe bereits oben § 6 F II 3 . Dazu oben § 3 B III 5 b, c. Vgl. im einzelnen oben § 3 B III 5 .

A. Die Gesellschaft

als Beklagte

in Personengesellschaft

und

GmbH

497

IV. Folgerungen 1. Kein Kostenrisiko

für die Teilnahme

an

Verbandsentscheidungen

Diese Darlegungen bedeuten nicht nur eine Absage an einen verschuldensunabhängigen Kostenerstattungsanspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter. Sie belegen zugleich, daß die Verschonung der Gesellschafter - selbst derer, die den rechtswidrigen Beschluß gefaßt haben - vom Kostenrisiko in Personengesellschaft und GmbH positiv legitimiert werden kann. Die Ausübung von Mitgliedsrechten in Gestalt der Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und Abstimmung über Beschlußanträge ist notwendiges Lebenselement einer Gesellschaft. Gewiß verfügen die meisten Handelsgesellschaften über eine Organisationsverfassung, welche ihre Handlungsfähigkeit auch bei Passivität der Gesellschafter gewährleistet; doch ist bereits dies keineswegs in allen Gesellschaften der Fall: So kommt beispielsweise die Personengesellschaft mit Gesamtgeschäftsführungsbefugnis bereits für das Tagesgeschäft nicht ohne Beschlüsse der geschäftsführenden Gesellschafter aus. Wenn die Organisationsverfassung der Gesellschaft den Gesellschaftern Mitentscheidungsrechte in einem bestimmtem Umfang einräumt, so traut sie ihnen sachgerechte Entscheidungen im Gesellschaftsinteresse zu. Aufgabe eines jeden Mitgliedsrechts ist es, neben der Wahrung individueller Interessen seines Inhabers zugleich einen Beitrag zur Richtigkeitsgewähr der Willensbildung im Verband zu leisten, welche ohne die Ausübung jener Rechte nicht stattfinden kann 2 2 . Das Recht unterstellt mithin ein Interesse des Verbandes daran, daß derartige Entscheidungen bei den Gesellschaftern abgefragt und von ihnen getroffen werden 23 . Selbst wenn dies Interesse nicht immer so weit reicht, daß die Gesellschafter zur Stimmabgabe verpflichtet sind, so dürfen sie doch zumindest nicht dadurch vom Gebrauch ihrer Mitgliedsrechte abgeschreckt werden, daß jener Gebrauch mit einem verschuldensunabhängigen Kostenrisiko sanktioniert wird. Abermals würde den Gesellschaftern sonst de facto eine Nachschußpflicht auferlegt, weil sie Entscheidungen nicht nur treffen, sondern darüber hinaus auch auf eigenes Risiko verteidigen müßten. Jede Mitwirkung an Verbandsentscheidungen würde für den einzelnen Gesellschafter zum potentiellen persönlichen Kostenfaktor. Die Stimmabgabe darf sich vielmehr für den Gesellschafter nur dann finanziell nachteilig auswirken, wenn er schuldhaft gegen seine Gesellschafterpflichten verstößt.

Vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S . 3 1 3 . Für das Vereinsrecht hat Prior, Vereinsbeschlüsse, S. 180 betont, der Verband habe ein erhebliches Interesse an der aktiven Mitarbeit seiner Mitglieder. 22

23

498

§ 8 Rechtsformübergreifende

2. Legitimationsprinzipien im gesellschaftsinternen a) Verdeckte

Probleme

des

für die Verteilung von Rechtsstreit

Beschlußmängelstreits

Kostenrisiken

Nachschußpflichten

Wenn auch der eingangs referierten Literaturmeinung nicht darin gefolgt werden kann, daß das Gebot einer gerechten Kostenverteilung es erfordert, den Beschlußmängelstreit abweichend von § 246 II 1 AktG unter den Gesellschaftern auszutragen, so kommt ihr doch das gewichtige Verdienst zu, das Argument der Kostengerechtigkeit in seiner rechtsgrundsätzlichen Bedeutung herausgestrichen zu haben. Die bisherigen Überlegungen zur Kostenverteilung im gesellschaftsinternen Rechtsstreit geben in der Tat Anlaß, über den konkreten Problemkreis der Beschlußmängelstreitigkeiten hinaus in generalisierender Perspektive nach den Prinzipien zu fragen, nach denen Gesellschafter, wenn sie im Konflikt mit Mitgesellschaftern oder Organmitgliedern stehen und es zur gerichtlichen Austragung dieses Konflikts kommt, mit einem Kostenrisiko belastet oder aber von diesem Risiko befreit sind. Bereits im Rahmen der hier angestellten Überlegungen zur actio pro socio wurde zu zeigen versucht, daß die Gesellschaft gerade auch unter dem Gesichtspunkt der gerechten Kostenverteilung die richtige Partei ist, wenn es gilt, ihr Interesse, nämlich das in ihr aggregierte und auf sie projizierte Interesse der Gesellschafter an einer gedeihlichen Verfolgung des gemeinsamen Zwecks, gegen Störungen von seiten einzelner Gesellschafter zu verteidigen. Deshalb ist die Gesellschaft richtige Partei, wenn sie Beiträge einfordert, Schadensersatz wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Pflichten verlangt, den Ausschluß eines Gesellschafters aus wichtigem Grund betreibt oder wenn sie die Zustimmung eines Gesellschafters zu einem für die Zweckverfolgung notwendigen Beschluß erzwingen will. Die Gesellschafter, die intern die Entscheidung über die Klageerhebung der Gesellschaft herbeiführen, dürfen nicht mit einem Kostenrisiko belastet werden, wenn sie aus Sicht ex ante davon ausgehen dürfen, daß die Klage Erfolg haben wird; denn dies würde auf eine gesellschaftsvertraglich nicht vorgesehene Nachschußpflicht im Gesellschaftsinteresse hinauslaufen. Die gleiche Überlegung steht, wie soeben gezeigt, für die Freistellung derjenigen Gesellschafter vom Kostenrisiko Pate, deren Stimmen den angefochtenen Mehrheitsbeschluß getragen haben. b) Die Zuständigkeit

für die Inanspruchnahme

des

Gesellschaftsvermögens

Die Diskussion zur actio pro socio hat freilich gezeigt, daß allein der Gesichtspunkt, es werde das Gesellschaftsinteresse verteidigt, nicht ausreicht, um die Freistellung der Gesellschafter vom Kostenrisiko zu rechtfertigen. Der Gesellschafter, der seine Mitgesellschafter nicht von der Notwendigkeit überzeugen konnte, mitgliedschaftliche Förderleistungen im Klagewege einzufordern, und sich deshalb zur actio pro socio entschließt, trägt, wenn er unterliegt, die Kosten selbst. Denn selbst wenn der Rechtsstreit dazu dient, das Gesellschaftsinteresse zu verteidigen, ist es die Gesamtheit der Gesellschafter, die, je nach Verbandsverfassung einstim-

B. Die §§241 f f . AktG bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

499

mig oder mehrheitlich, darüber befinden muß, ob das Gesellschaftsvermögen für die Kosten des Rechtsstreits in Anspruch genommen wird. Wer die Entscheidung, daß dies nicht geschehen soll, nicht akzeptieren will, muß auf eigenes Kostenrisiko klagen. Beim Beschlußmängelstreit gilt Ähnliches: Die Gesellschafter haben zwar mit dem angefochtenen Beschluß nicht ausdrücklich über die Frage entschieden, auf wessen Kosten der Streit über seine Gültigkeit geführt werden soll. Indem das Gesetz die Gesellschaft zur Beklagten erhebt, weist es ihr aber auch das Kostenrisiko zu. Man darf unterstellen, daß die Gesellschafter, die eine Entscheidung treffen, die für die Gesellschaft verbindlich sein und deren Wohl optimal verwirklichen soll, einverstanden sind, wenn diese Entscheidung auf Kosten des Gesellschaftsvermögens verteidigt wird. Die gesetzlich angeordnete Verteilung von Parteirollen und Prozeßkosten befindet sich damit ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Gesellschafter-Entscheid.

B. Die §§241 ff. AktG bei Verstoß gegen Stimmbindungen

vertragliche

I. Problemstellung Die Satzung einer GmbH und der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft sind der Ort, an dem die Gesellschafter ihre Rechtsbeziehungen untereinander und zur Gesellschaft regeln. Vor allem in der GmbH ziehen sie es freilich häufig vor, wichtige Gesichtspunkte ihrer Zusammenarbeit außerhalb der Satzung in Nebenabreden zu regeln. Sofern das Abstimmungsverhalten in Gesellschafterversammlungen betroffen ist, spricht man von Stimmbindungsvereinbarungen. Es fragt sich, ob und in welchem Umfang der Verstoß gegen eine solche Vereinbarung die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen begründen kann. Der BGH hat in zwei viel beachteten Urteilen eine Anfechtungsklage wegen Verletzung (nicht des Gesetzes oder der Satzung, sondern) eines allseitigen Stimmbindungsvertrags zugelassen 24 . Seien alle Gesellschafter an diesem Vertrag beteiligt, so verkörpere dieser nicht mehr eine Regelung der Gesellschafter, sondern eine solche der Gesellschaft (wohl ähnlich der Satzung); außerdem sei nicht einzusehen, weshalb bei all2 4 BGH GmbHR 1983, 196; GmbHR 1987, 94, 96; zustimmend O L G Hamm GmbHR 2 0 0 0 , 673, 674; Happ, Z G R 1984, 168, 175; Herfs, Einwirkung, S.233ff.; Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 146ff. (aaO.S. 151 auch für Personengesellschaften); K. Schmidt, im Scholz, GmbHG, § 4 5 Rn. 116; ders., in GroßkommAktG, § 2 4 3 Rn. 19; ders., Gesellschaftsrecht, § 5 I 5 (S. 95); ablehnend O L G Stuttgart DB 2 0 0 1 , 854, 859; Binge, Gesellschafterklagen, S. 125ff.; Hüffer, AktG, § 2 4 3 Rn. 10; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 4 7 Rn. 118; Mertens, AG 1 9 8 9 , 2 4 1 , 2 4 3 ; Kömermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 3 6 3 ; Dimer, N J W 1987, 1849, 1851 ff.; ders., FS Werner, S . 9 1 1 , 912; Wnter, Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 265ff.; ders., Treubindungen, S. 51 f.; gegen die Zulassung der Anfechtungsklage in solchen Fällen bereits vor Bekanntwerden der zitierten BGH-Urteile A. Hueck, FS Nipperdey, S . 4 0 1 , 4 0 6 ; Uhlenbruck, DB 1967, 1927, 1930.

500

§8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

seitiger Beteiligung an der Bindung die Gesellschafter auf den umständlichen Weg einer Leistungsklage gegen die Mitgesellschafter verwiesen werden sollten, die vertragswidrig abgestimmt hätten.

II. Stimmbindung als Konkretisierung der Treupflicht? Methodisch soll damit offenbar der Weg zu einer analogen Anwendung der §§243 ff. AktG geebnet und die dafür erforderliche Vergleichbarkeit der Interessenlage belegt werden; denn um eine direkte Anwendung kann es sich nicht handeln: Gesetz oder Satzung sind nicht verletzt, wenn lediglich gegen eine Stimmbindungsvereinbarung verstoßen wird. Insbesondere geht es nicht an, den Stimmbindungsvertrag als Konkretisierung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht zu begreifen und aus diesem Grunde die Verletzung jenes Vertrags mit einem Treupflichtverstoß gleichzusetzen 25 : Die Treupflicht besteht bereits kraft Gesetzes; ihre Verletzung ist Gesetzesverletzung im Sinne des § 243 I AktG 2 6 . Sie gebietet ein bestimmtes Abstimmungsverhalten entweder ipso iure oder eben überhaupt nicht. Das erhellt, wenn man sich den Fall einer Stimmbindungsvereinbarung vor Augen führt, an der nicht alle Gesellschafter beteiligt sind: Für den Gesellschafter, der nicht Partei des Stimmbindungsvertrags ist, kann eine verbindliche „Konkretisierung" der Treupflicht nicht eintreten 27 . Dann gebietet aber eben „die Treupflicht" diesem Gesellschafter jenes Stimmverhalten nicht.

III. Stimmbindung als Quelle der Satzungsauslegung? Ebensowenig läßt sich die Zulässigkeit der Anfechtungsklage mit der Überlegung begründen, der Stimmbindungsvertrag enthalte eine einvernehmliche Satzungsauslegung. Häufig fehlt es zum Gegenstand der Stimmbindung überhaupt an einer Regelung in der Satzung, welche als Einfallstor für eine derartige „Auslegung" fungieren könnte 28 . Aber selbst dort, wo eine der Auslegung zugängliche einschlägige Satzungsbestimmung existiert, begründet der Verstoß gegen die Stimmbin25 So aber Baumbacb-Zöllner, GmbHG, § 4 7 Rn.79; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 3 Rn. 19; Hoffmann-Becking, ZGR 1994,442,458f.; Weber, DStR 1997, 824, 827f.; Westermann, Nebenordnungen, S. 50; wie hier gegen diese Gleichsetzung OLG Hamm G m b H R 2000, 673, 674; OLG Stuttgart DB 2001, 854, 859; Dürr, Nebenabreden, S. 104; Jäger, DStR 1996, 1935, 1939-,Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 146f.; Ulmer, NJW 1 9 8 7 , 1 8 4 9 , 1 8 5 2 ; Winter, Z H R 154 (1999), 259, 267 mit Fn.28. 26 OLG Köln N Z G 1999, 1112, 1114; Brondics, Aktionärsklage, S. 112; GroßkommAktG-K. Schmidt, % 243 Rn. 9; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 5, 21; Immenga, GmbHR 1973, 5, 9; Kropff, ZGR 1994, 628, 642; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.46; Martens, GmbHR 1984, 265, 267; Verhoeven, Innenrecht, Rn.257; Weber, DStR 1997, 824, 827; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 98; Winter, Treubindungen, S. 296 27 Anders, aber verfehlt Weber, DStR 1997, 824, 829. 28 Zutreffend Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442, 456; Jäger, DStR 1996, 1935, 1938.

B. Die §§241 f f . AktG

bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

501

dung jedenfalls in der GmbH nicht deshalb auch eine Verletzung der Satzung (§243 I AktG), weil diese durch jene einvernehmlich ausgelegt werde 29 . Denn auf das Einverständnis aller Gesellschafter kommt es für das Verständnis einer Satzungsbestimmung nicht an. Die Satzung einer Körperschaft ist vielmehr objektiv aus sich heraus auszulegen 30 ; was sich danach nicht in sie hineinlesen läßt, kann ihr auch nicht wegen der Stimmbindung entnommen werden 31 . Selbst der BGH hat es aus diesem Grunde abgelehnt, die Stimmbindungsvereinbarung zur Interpretation der Satzung heranzuziehen 32 . Freilich ist das Prinzip der objektiven Auslegung von GmbH-Satzungen in jüngerer Zeit mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen worden 3 3 . Indes: Selbst wenn der Kritik zu folgen sein sollte, eignet sich die Nebenabrede nicht als Auslegungsmittel für die Satzung. Der Parteiwille der Gesellschafter ging nämlich gerade dahin, die Regelung auf der schuldrechtlichen Ebene zu belassen und nicht in die Satzung aufzunehmen 3 4 .

IV. Stimmbindung als Regelung „der Gesellschaft"? Wenn also die §§243 ff. AktG allenfalls analog angewendet werden können und hierfür die Vergleichbarkeit der Interessenlage belegt werden soll, muß nach den für die Vergleichbarkeit relevanten Kriterien gefragt werden. Das in diesen Vorschriften niedergelegte Verfahrensmodell dient, wie gezeigt 35 , dazu, die prozeßökonomische Erledigung des Beschlußmängelstreits zu gewährleisten. Das Argument des BGH, die allseitige Stimmbindung könne zugleich der Gesellschaft als eigene Regelung zugerechnet werden, eignet sich folglich nicht, die Vergleichbarkeit der Interessenlage mit den in §§243 ff. AktG geregelten Fällen zu belegen; denn diese Überlegung ist eine solche des materiellen Rechts. Mit ihr läßt sich namentlich nicht die Beklagtenrolle der Gesellschaft begründen 36 ; denn diese wurzelt gerade nicht im materiellen, sondern eigenständig im Prozeßrecht 37 . Im übrigen trifft

29

So aber Jäger, DStR 1996, 1935, 1937. Darauf haben mehrere Autoren mit Recht hingewiesen; vgl. Dürr, N e b e n a b r e d e n , S. 103; ders., BB 1 9 9 5 , 1 3 6 5 , 1 3 6 7 ; Ulmer, N J W 1987, 1849, 1851f.; Vomhof, G m b H R 1 9 8 4 , 1 8 1 ; Weber, DStR 1997, 824, 2 8 6 ; Winter, Treubindungen, S.51; ders., Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 2 7 0 . Im Ansatz ebenso Jäger, DStR 1996, 1 9 3 5 , 1 9 3 7 , der freilich gleichwohl die Stimmbindung, w o eine einschlägige Satzungsbestimmung existiert, als deren verbindliche Konkretisierung a n e r k e n n e n will. 31 Z u t r e f f e n d Vomhof, G m b H R 1984, 181. 32 B G H G m b H R 1983, 196; G m b H R 1987, 94, 95. 33 Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 83 f., 159; Schneider, FS Kellermann, S . 4 0 3 , 4 0 7 ; Westermann, N e b e n o r d n u n g e n , S . 4 3 f f . 34 Z u t r e f f e n d Herfs, Einwirkung, S . 2 0 2 ; Ulmer, N J W 1 9 8 7 , 1 8 5 1 f. 35 O b e n § 5 C I, II. 36 Ablehnend unter Berufung auf § 13 I G m b H G auch Vomhof, G m b H R 1 9 8 4 , 1 8 1 . D e m B G H in diesem A r g u m e n t zustimmend aber Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 109. 37 O b e n § 5 C I, II. 30

502

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

das hier verworfene Argument auch materiellrechtlich nicht zu 3 8 : Die Gesellschafter hätten die Stimmbindung ohne weiteres als unechten Satzungsbestandteil in die Satzung aufnehmen k ö n n e n 3 9 . Von einem Satzungsbestandteil unterscheidet sich die Stimmbindung maßgeblich dadurch, daß sie nicht automatisch auch gegen später eintretende Gesellschafter w i r k t 4 0 . Indem die Gesellschafter von der Aufnahme in die Satzung abgesehen haben, haben sie gerade keine Regelung „der Gesellschaft" gewollt.

V. Zum Stellenwert der Prozeßökonomie Von Interesse ist allein das zweite, auf dem Grundsatz der Prozeßökonomie

beru-

hende Argument des B G H 4 1 : Die Parteien der Vereinbarung sollen nicht auf den umständlichen Weg verwiesen werden, zuerst die widerstrebenden Mitgesellschafter auf vertragsgemäßes Abstimmungsverhalten zu verklagen 4 2 . Das auf eine solche Klage ergehende Urteil würde nämlich nicht per se, sondern erst in einer neuen Gesellschafterversammlung

den vertragsgemäßen Beschluß zustande

bringen,

weil die Gesellschafter den alten Beschluß erst aufheben müßten, bevor der neue gefaßt werden k ö n n t e 4 3 . M a n c h e Beschlüsse schaffen zudem einen Zustand, der sich nur noch unter erschwerten Umständen umkehren läßt; in solchen Fällen kann die Leistungsklage ihr Ziel nur noch bedingt erreichen Das gilt beispielsweise für den Kapitalerhöhungsbeschluß nach Eintragung ins Handelsregister 4 4 : Die K a pitalerhöhung kann nicht durch einfachen Aufhebungsbeschluß, sondern nur dadurch wieder rückgängig gemacht werden, daß die Gesellschafter eine ordentliche Kapitalherabsetzung beschließen - mit der Konsequenz, daß den Gläubigern Sicherheit zu leisten ( § 5 8 I Nr. 2 , 4 G m b H G ) und das Sperrjahr zu beachten ist ( § 5 8 I Nr. 3 G m b H G ) . Ganz allgemein lassen sich Satzungsänderungen durch einen Aufhebungsbeschluß nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung ex nunc besei-

Ebenso Happ, ZGR 1984, 168, 172L; Jäger, DStR 1996, 1935, 1938f. Darauf weisen mit Recht Hoffmann-Becking (ZGR 1994, 442, 445f.) und Ulmer (NJW 1987, 1849, 1850) hin. 4 0 Vgl. Herfs, Einwirkung, S. 199; Jäger, DStR 1996,1935,1936; Priester, FS Claussen, S.319, 332, 334. 41 Nach Ansicht einiger Autoren ist dies Argument aus Sicht des BGH das eigentlich entscheidende; vgl. Dürr, Nebenabreden, S. 109; Happ, ZGR 1984, 168, 173; Jäger, DStR 1996, 1935, 1938. Das OLG Hamm (GmbHR 2000, 673, 674) hat sich dem BGH „aus Gründen der Prozeßökonomie" angeschlossen. 4 2 Dem BGH in diesem prozeßökonomischen Argument zustimmend Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 150; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.116; Weber, DStR 1997, 824; wohl auch Happ, ZGR 1984, 168, 173f. i.V.m. 175; ablehnend dagegen Jäger, DStR 1996, 1935, 1939. 4 3 Vgl. Happ, ZGR 1984, 168, 172; Köhler, Nebenabreden, S.35; Weber, DStR 1997, 824, 825 4 4 v. Caemmerer, FS A. Hueck, S.281, 283; Dürr, Nebenabreden, S.90f.; Lindemann, Beschlußfassung, S. 188ff.; F. Schäfer, Anfechtungsklage, S. 114; Schultz, Behebung, S.29. 38

39

B. Die §§241 f f . AktG bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

503

tigen 45 . Ähnliche Probleme tauchen auf, wenn ein Gewinnverwendungsbeschluß angefochten werden soll: Nach h.M. ist ein solcher Beschluß wesentliches Element für die Begründung eines Dividendenanspruchs46. Sobald er endgültig wirksam ist, erwächst dem einzelnen Gesellschafter ein Dividendenanspruch, der nur durch die rückwirkende Vernichtung dieses Beschlusses, nicht aber dadurch zu Fall gebracht werden kann, daß dieser Beschluß aufgehoben und ein neuer gefaßt wird 47 - es sei denn, alle Gesellschafter stimmen der Aufhebung des Dividendenbeschlusses zu 48 . Es besteht also in der Tat ein erhebliches Interesse der Gesellschafter daran, sich das Instrumentarium der § § 2 4 1 ff. AktG, namentlich die Beklagtenrolle der Gesellschaft und die Option eines Gestaltungsurteils mit ex-tunc-Wirkung, zunutze zu machen. Aber ebenso konnte gezeigt werden, daß nicht schon allein das Interesse an einer prozeßökonomischen Erledigung des Rechtsstreits die Handhabung des Verfahrens bestimmt, sondern daß jenes Interesse durch eine besondere verbandsrechtliche Wertung gestützt werden muß: den normativ belegten Vorrang des Zweckverfolgungsinteresses der Gesellschaft vor einem eventuellen Blockadeinteresse eines widerstrebenden Gesellschafters. Im direkten Anwendungsbereich der § § 243 ff. AktG wird diese Wertung durch das Mehrheitsprinzip vorgegeben 49 . Gewiß ändert auch die Stimmbindung nichts an der Geltung des Mehrheitsprinzips. Sie nimmt aber nicht an der durch dies Prinzip begründeten verbandsrechtlichen Wertung teil; denn sie soll in den durch sie geregelten Angelegenheiten gerade ein einheitliches Stimmverhalten der beteiligten Gesellschafter sicherstellen. Sie dient daher auch nicht primär der Handlungsfähigkeit des Verbandes, sondern der Bündelung mitgliedschaftlicher Eigeninteressen der Beteiligten. Auf eine verbandsrechtliche Wertung lassen sich Stimmbindungen nicht zurückführen - eben weil sie ihrer Rechtsnatur nach keine verbandsrechtlichen, sondern lediglich schuldrechtliche Regelungen enthalten. Das Verbandsrecht und insbesondere die hierin wurzelnde Zweckförderpflicht der Gesellschafter verhält sich solchen Regelungen gegenüber indifferent. Damit kann die Abwicklung von Streitigkeiten aus Anlaß solcher Stimmbindungen auch nicht kraft Gesetzes in direkter oder analoger dem Regime der § § 241 ff. AktG unterstellt werden: Diese Vorschriften stellen gerade im Interesse der Zweckförderung ein Modell zur rationellen Abwicklung verbandsrechtlich radizierter Rechtsstreitigkeiten bereit.

VI. Anfechtbarkeit des Beschlusses kraft ergänzender Vertragsauslegung Wohl aber kann sich die Anwendbarkeit der §§ 241 ff. AktG aus einer ergänzenden Auslegung der Stimmbindungsvereinbarung ergeben. Inhaltlich zielen Stimmbin45 46 47 48 49

Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 1 0 f . Nachweise zum Streitstand oben § 7 E III 3 d. Vgl. Pflugradt, Leistungsklagen, S. 68; F. Schäfer, Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 1 0 . Näher oben § 5 F II 4 d bb.

Anfechtungsklage, S. 115.

504

§ 8 Rechtsformiibergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

düngen stets auf Entscheidungen, welche für die Arbeit in der Gesellschaft von Bedeutung sind 50 . Im Zweifel werden daher die Parteien einer solchen Vereinbarung ein möglichst effektives Modell zur prozessualen Durchsetzung der Stimmbindung wünschen. Diesem Wunsch kommen die § § 2 4 1 ff. AktG optimal entgegen: Die § § 2 4 6 II 1 , 2 4 8 AktG ermöglichen eine allseits verbindliche Entscheidung ohne notwendige Beteiligung aller Gesellschafter; das Gestaltungsklageprinzip erspart zum Zwecke der Aufhebung des Beschlusses eine nochmalige Abstimmung 51 und ermöglicht die Vernichtung sämtlicher fehlerhafter Beschlüsse ex tunc 5 2 . Ferner eröffnet die Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG die Möglichkeit, die Anfechtungsklage gegen einen vertragswidrigen negativen Beschluß mit der positiven Beschlußfeststellungsklage zu verbinden, um den vertragsgemäßen Beschluß unmittelbar durch gerichtliches Gestaltungsurteil zustande zu bringen 53 . Weist man die Beklagtenrolle der Gesellschaft zu, so wird dadurch der Rechtsschutz des Gesellschafters, dessen Verpflichtung aus der Stimmbindung behauptet wird, nicht verkürzt; denn er kann dem Prozeß als streitgenössischer Nebenintervenient beitreten 54 . Im Zweifel entspricht es daher dem Willen der am Stimmbindungsvertrag Beteiligten, daß der Beschluß auch wegen dessen Verletzung angefochten werden kann. Diesem Willen bei der Auslegung jenes Vertrags zu entsprechen, steht rechtlich dann nichts entgegen, wenn alle Gesellschafter an ihr beteiligt sind. Es ist also gerade nicht richtig, daß ein Gesellschafter, der sich auf eine Nebenabrede einläßt (statt auf der Verankerung der Stimmbindung in der Satzung zu bestehen), damit ohne weiteres auch Erschwerungen des Rechtsschutzes in Kauf nimmt 55 . Wenn allerdings auch nur ein einziger Gesellschafter nicht an der Vereinbarung beteiligt ist, läßt sich entgegen gewichtigen Stimmen im Schrifttum 56 eine Anfechtung wegen Stimmbindungsverstoßes nicht begründen 57 . Denn der nicht beteiligte Gesellschafter muß sich darauf verlassen können, daß ein mit Gesetz und Satzung in Ein50 Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442, 445; Köhler, Nebenabreden, S.7, 83. Überblick über mögliche Gegenstände von Nebenabreden etwa bei Baumann/Reiß, Z G R 1989, 157, 162ff.; Dürr, Nebenabreden, S. 5 ff.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 13 ff.; Priester, FS Claussen, S.319, 320. 51 Auf dies Ersparnis weist im vorliegenden Zusammenhang namentlich Dürr, Nebenabreden, S.109f. hin. 5 2 Für eine bloße (und für die Gesellschafter bei Satzungsänderungen und Dividendenbeschlüssen aus den genannten Gründen nutzlose) Wirkung ex nunc aber Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 165. 5 3 Zutreffend Happ, Z G R 1 9 8 4 , 1 6 8 , 1 7 7 . Für eine positive Beschlußfeststellungsklage wegen Verletzung eines Stimmbindungsvertrags jüngst OLG Hamm GmbHR 2 0 0 0 , 673, 674. 54 Weber, DStR 1997, 824, 825. 5 5 So aber Dürr, Nebenabreden, S. 107; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 142; Hoffmann-Becking, Z G R 1994, 4 4 2 , 450; Westermann, Nebenordnungen, S.40f. 56 Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 167; Odersky, FS Lutter, S. 557, 562; Westermann, Nebenordnungen, S.49. 5 7 Ebenso OLG Celle W M 1992, 1703, 1706; Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 4 7 Rn.79; Herfs, Einwirkung, S.235ff.; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 112, 200; Zutt, ZHR 155 (1991), 190, 196.

B. Die §§241 f f . AktG bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

505

klang stehender Beschluß Bestand hat und nicht mit Rücksicht auf eine ihm fremde schuldrechtliche Vereinbarung zu Fall gebracht werden kann; außerdem muß er es nicht hinnehmen, daß die Partner jener Vereinbarung ihren Prozeß auf Kosten der (als Partei fungierenden) Gesellschaft führen. Aus dem gleichen Grund reicht es für eine Anfechtung nicht aus, daß der Beschluß gegen die Vereinbarung zwischen einem einzelnen Gesellschafter und der Gesellschaft verstößt 58 .

VII. Die Rechtsverteidigung der Gesellschaft: Ein Einwand? Gegen die Geltung der § § 2 4 1 ff. AktG im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wende man nicht ein, der zur Verteidigung des Beschlusses berufene Geschäftsführer verfüge u.U. nicht über die hierzu erforderlichen Informationen 59 ; die Mehrheit, die vom Geschäftsführer erwartet, für die Aufrechterhaltung des Beschlusses einzutreten, möge ihn mit jenen Informationen versorgen 60 . Tun sie das nicht, so ist der Fremdgeschäftsführer, der mangels besonderer Anhaltspunkte nicht mit der Existenz der Nebenabrede rechnen muß, mangels Verschuldens nicht zum Schadensersatz verpflichtet; das Risiko einer erhöhten Schadensersatzhaftung trifft ihn daher ebenfalls nicht 61 . Ebensowenig überzeugt es bei der allseitigen Stimmbindung, die Beklagtenrolle der Gesellschaft mit der Begründung zu kritisieren, ihr dürfe nicht die Auseinandersetzungs- und Kostenlast für einen ihr fremden Rechtsstreit aufgebürdet werden 62 . Gewiß mag es dem Gesellschaftsinteresse widersprechen, die Arbeitskraft des Geschäftsführers und das Gesellschaftsvermögen mit dem Rechtsstreit über die Stimmbindung zu belasten. Auch deshalb ist die Anfechtungsklage in Fällen unstatthaft, in denen nicht alle Gesellschafter an der Stimmbindung beteiligt sind. Sind sie es aber, so kommt ein Gesichtspunkt zum Tragen, der in anderem Zusammenhang bereits herausgestrichen wurde 63 : Das Gesellschaftsinteresse steht zur Disposition des einstimmigen Gesellschafter-Entscheids. Wenn die Gesellschafter einhellig den Rechtsschutz über das Anfechtungsmodell in technischer Hinsicht für zweckmäßig halten, nehmen sie auch die Nachteile für das Gesellschaftsinteresse in Kauf. Deswegen überzeugt es auch nicht, wenn aus der Tatsache, daß die Gesellschafter die Vereinbarung statt in die Satzung in einen Nebenvertrag aufnehmen, geschlossen wird, die Gesellschafter hätten einen Rechtsstreit auf Kosten der Gesellschaft nicht gewollt 64 : Der Kostennachteil wird durch die verbesserte Effizienz des Rechtsschutzes mehr als aufgewogen. Im Ergebnis ebenso O L G Celle W M 1992, 1703, 1706. So aber Winter, Treubindungen, S.52; ders., Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 2 7 4 . 6 0 Zutreffend Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 158. 6 1 So aber Winter, Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 2 7 1 ; dagegen wie hier Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 150; Westermann, Nebenordnungen, S. 50. 6 2 So aber Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 118; ähnlich Winter, Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 2 7 4 . 6 3 Oben § 2 B I X 1. 6 4 So aber O L G Stuttgart DB 2 0 0 1 , 854, 859. 58

59

506

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

VIII. Fehlende Publizität: Ein Einwand? Der Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG hält man entgegen, mit ihr werde der grundlegende Unterschied zwischen schuld- und organisationsrechtlichen Regeln eingeebnet 6 5 . Ein Stimmbindungsvertrag sei anders als eine Satzungsbestimmung für den Rechtsverkehr nicht erkennbar 6 6 ; wenigstens sei daher erforderlich, daß der Stimmbindungsvertrag offengelegt werde, um ausnahmsweise doch die Anfechtung zu rechtfertigen 6 7 . Diese Überlegungen überschätzen die Bedeutung der Publizität für die Ausgestaltung des Rechtsschutzes. Der Anfechtungskläger trägt ohnehin die Beweislast dafür, daß alle Gesellschafter an der Vereinbarung beteiligt sind. Und außenstehende Dritte werden durch die Stimmbindungsvereinbarung nicht berührt 6 8 ; der Gesellschaftsvertrag regelt, auch wenn er publiziert werden muß, nicht die Rechtsbeziehungen zu Dritten, sondern der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft, verharrt also in der Innensphäre der Gesellschaft 6 9 . Ebensowenig kommt den unter Verstoß gegen die Stimmbindung gefaßten Beschlüssen Außenwirkung zu; und wenn eine solche doch einmal ausnahmsweise zu bejahen ist, haben jedenfalls Dritte kein rechtlich geschütztes Interesse an Bestand oder Beseitigung eines eventuell vertragswidrigen Beschlusses 7 0 . Darüber hinaus zielt der Einwand fehlender Publizität von Stimmbindungen schon im Ansatz in die falsche Richtung. Wäre dies Argument wirklich geeignet, den Rechtsschutz gegen die Verletzung von Stimmbindungen zu begrenzen, so dürfte es sich nicht allein gegen die Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG richten. Vielmehr müßte konsequent jegliche gerichtliche Durchsetzbarkeit von Nebenabreden unter den Gesellschaftern in Zweifel gezogen werden. Wäre Dritten nämlich ein Interesse daran zuzubilligen, daß Entscheidungen der Gesellschafterversammlung nur anhand von Gesetz und Satzung überprüft werden, so dürften die Gesellschafter aus der Stimmbindung keinerlei Rechte herleiten; dies nicht einmal mit Wirkung ex nunc 7 1 : Müßte der Beschluß mit Rücksicht auf die Nebenabrede aufgehoben werden, so ließe sich dies nur auf einen zusätzlichen Prüfungsmaßstab außerhalb von Gesetz und Satzung zurückführen. Es dürfte also der bindungskonforme Beschluß auch nicht im Wege der Leistungsklage erzwungen werden können. Letztlich müßte man Stimmbindungsverträge für gänzlich unwirksam erachten. Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 142. So aber Binge, Gesellschafterklagen, S. 125 f.; Hachenburg-Raiser, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn. 142; Jäger, DStR 1996, 1935, 1939; Köhler, Nebenabreden, S.38f.; Müller, Verbandsbeschlüsse, S . 2 3 ; Ulmer, N J W 1987, 1849, 1854; Winter, Treubindungen, S . 5 1 ; ders., Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 2 6 8 f . , 272f.; ähnlich O L G Stuttgart DB 2 0 0 1 , 854, 859: Nebenabrede als „Schattenordnung", die um der Rechtssicherheit willen nicht als Anfechtungsgrund hinreichen dürfe. Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 165 will mit Rücksicht auf die fehlende Publizität der Nebenabrede die Kassationswirkung des Anfechtungsurteils nur ex nunc zulassen. 6 7 So aber Köhler, Nebenabreden, S. 86 ff. 6 8 So aber Binge, Gesellschafterklagen, S. 126. 6 9 Zutreffend Priester, FS Claussen, S . 3 1 9 , 3 3 0 . 7 0 Dazu ausführlich oben § 7 B II 3 b. 7 1 Dies gegen Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 165. 65

66

B. Die §§241 f f . AktG bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

507

Will man diese Konsequenz nicht ziehen, so reduziert sich das Problem auf ein rein prozeßrechtliches: Es geht schlicht um die rechtstechnische Frage, ob sich der Kläger auf eine Leistungsklage gegen den Mitgesellschafter verweisen lassen und nachfolgend das Beschlußverfahren neu aufrollen muß oder ob er sich für sein Anliegen die Vorteile der § § 241 ff. AktG nutzbar machen, nämlich sich mit einer Klage gegen die Gesellschaft begnügen und die Aufhebung des vertragswidrigen Beschlusses durch Gestaltungsurteil erzwingen kann. Mit anderen Worten: Die Anfechtung erleichtert nur den Weg, auf dem die vertragliche Bindung durchgesetzt werden kann 72 . Welche Form des Rechtsschutzes aber den Vorzug verdient, ist ein ausschließlich internes Problem unter den Gesellschaftern; mit der Frage, ob eine Regelung unter den Gesellschaftern publiziert wurde oder nicht, hat dies alles nichts zu tun. Den spezifisch prozeßrechtlichen Einschlag des hier behandelten Problems gilt es in besonderem Maße im Auge zu behalten. Denn er zeigt, daß eine Reihe weiterer Einwände, mit deren Hilfe man die Ubertragbarkeit der §§ 241 ff. AktG auf die Verletzung allseitiger Stimmbindungen zu bestreiten versuchte, am Kern der Fragestellung vorbei zielen:

I X . Kollision der Kontrollmaßstäbe: Ein Einwand? 1. Verkappte Rückkehr

zum

Einstimmigkeitsprinzip?

Die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen wegen Stimmbindungsverstoßes wird für die GmbH mit der Überlegung in Abrede gestellt, sie stehe nicht im Einklang mit den organisationsrechtlichen Regeln über die Beschlußfassung. Wenn nämlich die Stimmbindung auf gleicher Stufe wie Gesetz und Satzung zum maßgeblichen Recht für die Gesellschaft erhoben werde, trete an die Stelle des Mehrheitsprinzips der Grundsatz einstimmiger Beschlußfassung. Abweichungen von der Stimmbindung seien nämlich nur einstimmig möglich 73 . Dieser Einwand muß, bevor er gewürdigt werden kann, in seiner Stoßrichtung präzisiert werden. Denn die Tatsache, daß eine Abweichung von der Stimmbindung nur im allseitigen Einverständnis der Vertragsparteien zulässig ist, besagt noch nicht, daß hiermit das Einstimmigkeitsprinzip Einzug hielte. Dies Prinzip in seiner Ausformung, wie sie in § 119 I HGB für die OHG niedergelegt ist, bedeutet nämlich, daß die fehlende Zustimmung eines Gesellschafters nicht etwa nur zu einem anfechtbaren Beschluß führt, sondern darüber hinaus, daß ein Beschluß bereits tatbestandlich nicht vorliegt. Diese Rechtsfolge hat ein Stimmbindungsverstoß in der GmbH und auch in einer Personengesellschaft, in deren Gesellschaftsvertrag das Mehrheitsprinzip verankert ist - in keinem Fall: Der Beschluß ist vielmehr zustande gekommen in dem Augenblick, da eine Abstimmung über einen Beschlußantrag zu 72 73

Zutreffend Herfs, Einwirkung, S. 200. Ulmer, N J W 1987, 1849, 1854.

508

§8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

dessen mehrheitlicher Annahme geführt hat. Der Verstoß gegen die Stimmbindung kann dann nur noch bedeuten, daß die Gesellschafter, die den Beschluß zustande gebracht haben, pflichtwidrig gehandelt haben und deswegen rechtlich gehalten sind, ihn rückgängig zu machen. Das ist die gleiche Folge, wie ihn auch ein Verstoß gegen Gesetz oder Satzung nach sich zieht: Über dispositive Bestimmungen des Gesetzes, namentlich über die Treupflicht dürfen sich die Gesellschafter ebenfalls nur einstimmig hinwegsetzen; das bedeutet aber nicht, daß deswegen das Einstimmigkeitsprinzip gilt, sondern nur, daß der treuwidrige Beschluß angefochten werden kann. Für die Satzung gelten wiederum Besonderheiten: Sofern die Gesellschafter sich für den Einzelfall über sie hinwegsetzen (sog. Satzungsdurchbrechung) und auf diesem Wege eine Maßnahme mit dauerhafter Wirkung beschließen, reicht nach der Rechtsprechung des BGH sogar eine satzungsändernde Mehrheit aus; doch bedarf der Beschluß in jedem Fall der notariellen Beurkundung sowie der Eintragung im Handelsregister 74 . In diesem Fall ist in der Tat der nicht publizierte Beschluß unwirksam; dies freilich selbst dann, wenn die Maßnahme einstimmig beschlossen wurde. Abermals wird also nicht das Einstimmigkeitsprinzip eingeführt; vielmehr werden nur die Voraussetzungen formuliert, unter denen von der Satzung abgewichen werden darf. Liegen sie nicht vor, so verbleibt erneut nur die Anfechtung des Beschlusses. Die Befürchtung, es werde de facto die Rückkehr zum Einstimmigkeitsprinzip eingeläutet, ist folglich nur dort gerechtfertigt, wo die Vereinbarung darauf abzielt, daß Beschlüsse nur einstimmig gefaßt werden sollen 75 . Diese Vereinbarung bewirkt ein schuldrechtliches Verbot der Beschlußfassung für alle Beteiligten, solange auch nur einer von ihnen nicht einverstanden ist. Indes: Die Rechtsfolge eines Verstoßes besteht auch hier nicht darin, daß ein Beschluß gegen das Veto eines Beteiligten nicht zustande kommt; vielmehr liegt ein wirksamer Beschluß vor, und der übergangene Gesellschafter muß ihn bekämpfen. Dann aber erweist sich die Frage, wie er ihn zu bekämpfen hat, abermals als ein nur rechtstechnisches, auf der Ebene des Prozeßrechts angesiedeltes Problem: Entweder man verweist ihn auf den mühsamen Weg der Leistungsklage gegen alle Gesellschafter, oder man gewährt ihm die Erleichterung der § § 2 4 1 ff. AktG. Teilte man die Befürchtung, es werde entgegen dem Organisationsrecht der konkreten Gesellschaft auf einem Umweg das Einstimmigkeitsprinzip eingeführt, so müßte man die Stimmbindung bereits auf der Ebene des materiellen Rechts für wirkungslos halten. Hält man sie aber für rechtsgültig, so steht nichts im Wege, den Rechtsschutz gegen ihre Verletzung möglichst effektiv auszugestalten.

74 B G H Z 1 2 3 , 1 5 , 1 8 f f . ; O L G Köln AG 2 0 0 1 , 4 2 6 f . ; O L G Nürnberg BB 2 0 0 0 , 687f.; LG Bonn AG 2 0 0 1 , 2 0 1 , 2 0 2 . Aus der Diskussion um die Voraussetzungen satzungsdurchbrechender Beschlüsse Habersack, Z G R 1994, 354ff.; Lawall, DStR 1996, 1169ff.; Priester, Z H R 151 (1987), 40ff.; Tieves, ZIP 1994, 1341 ff. 75 Offenbar bildet dieser Fall den Hintergrund des hier gewürdigten Einwands; vgl. Ulmer, N J W 1987, 1849, 1854 mit F n . 4 6 .

B. Die §§241 f f . AktG bei Verstoß gegen vertragliche

2. Zum Rangverhältnis kollidierender

Stimmbindungen

509

Stimmpflichten

D e r oben 1. wiedergegebene Einwand trägt freilich möglicherweise einen gänzlich anderen Kern - den Einwand nämlich, die hier vertretene Ansicht verunklare Maßstäbe

der Beschlußkontrolle.

die

In der Tat kann es geschehen, daß ein und diesel-

be Beschlußfassung dem Gesellschafter kraft Gesetzes oder Satzung geboten, Stimmbindungsvertrags hingegen verboten

kraft

ist oder umgekehrt. D a s mag der fol-

gende Beispielsfall illustrieren: Die Satzung der X-GmbH sieht einen fakultativen Aufsichtsrat vor, der nach Beendigung der Amtszeit der gewählten Mitglieder binnen 3 Monaten neu zu besetzen ist. Als die Amtsperiode des aktuellen Aufsichtsrats zu Ende geht, vereinbaren die Gesellschafter in einer Nebenabrede, den Aufsichtsrat für die nächsten 12 Monate nicht zu besetzen. Indem die Satzung die Besetzung des Aufsichtsrats binnen 3 M o n a t e n vorsieht, gebietet

sie jedem einzelnen Gesellschafter, an der Beschlußfassung hierüber mitzu-

wirken; ein Gesellschafterbeschluß, wonach ein entsprechender Beschlußantrag eines Gesellschafters von der Tagesordnung abgesetzt wird, ist aus diesem Grunde wegen Satzungsverstoßes a n f e c h t b a r 7 6 . Der Stimmbindungsvertrag verbietet

da-

gegen jegliche Beschlußfassung innerhalb der nächsten 1 2 M o n a t e . In einer solchen Situation hat der Gesellschafter die Wahl, o b er entweder gegen die Satzung oder gegen das Gesetz verstößt. Sofern dies Kollisionsproblem im Schrifttum gesehen wird, wird argumentiert, der Stimmbindungsvertrag sei zwar rechtswirksam, seine Erfüllung aber nicht erzwingbar 7 7 ; der Satzung wird also als Pflichtenmaßstab der Vorrang eingeräumt. Andere halten die Erfüllung der Stimmbindung gleichwohl für erzwingbar: Der Gesellschafter, der sich auf sie einlasse, stehe nicht anders als derjenige, der dieselbe Sache zweimal verkaufe; er müsse zusehen, wie er mit der Kollision z u r e c h t k o m m e 7 8 . Welcher Ansicht zu folgen ist, ist hier nicht zu entscheiden; denn abermals bewegt sich das Problem auf der Ebene einer materiellrechtlichen Vorfrage: Entweder die Verpflichtung aus der Stimmbindung hat hinter derjenigen aus der Satzung zurückzutreten; dann ist keinerlei

Rechtsschutz

gegeben, um ihre Erfüllung zu erzwingen. Oder aber die Stimmbindung setzt sich durch; dann ist es wiederum nur eine rechtstechnische Frage, o b m a n Rechtsschutz via Leistungsklage oder analog § § 2 4 1 ff. A k t G gewährt. Allein die Tatsache, d a ß der Gesellschafter in einen Pflichtenwiderstreit geraten kann, hindert jene Analogie somit nicht.

3. Vertraglich vereinbarte Satzungsänderung oder

Satzungsabweichung

Es w a r bereits die Rede davon, daß die § § 2 4 1 ff. A k t G mangels Publizität der Stimmbindungsverträge generell

76 77 78

als Rechtsschutzmodell gegen deren Verletzung

BGHZ 123, 15, 21 f. Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 108; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 146ff. Herfs, Einwirkung, S. 231 ff.

510

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

verworfen wurden. Diese Überlegung wird besonders prononciert vorgetragen für den Fall, daß die Stimmbindung auf eine Änderung der Satzung oder doch zumindest auf die Verkürzung des dort eröffneten Beschlußrahmens abzielt - indem etwa die Tätigkeit der Gesellschaft auf einen Teil des statutarischen Unternehmensgegenstandes beschränkt 79 oder aber vereinbart wird, daß bestimmte Gründe, die nach der Satzung die Abberufung des Geschäftsführers rechtfertigen, hierfür nicht ausreichen sollen 80 . Satzungsdurchbrechungen, welche darauf gerichtet seien, einen von der Satzung abweichenden Zustand dauerhaft zu begründen, müßten nach der Rechtsprechung 81 notariell beurkundet und im Handelsregister publiziert werden. Dann aber könne es nicht sein, daß eine formlose, nicht publizierte Nebenabrede mit gleichem Ziel gleichsam den Charakter einer Satzungsbestimmung erlange, indem ein von dieser Nebenabrede abweichender Beschluß so angefochten werden könne, als hätten die Gesellschafter dadurch gegen die Satzung verstoßen 82 . Mit dieser Überlegung ließe sich indes abermals lediglich begründen, daß der Stimmbindungsvertrag materiellrechtlich unwirksam ist 83 ; freilich bedeutet der Umstand, daß die Nebenabrede mangels Registrierung nicht für Außenstehende gilt, nicht ohne weiteres, daß sie auch im Verhältnis der Gesellschafter unverbindlich ist 84 . Aber wie dem auch sei: Wenn die Vereinbarung wirksam ist, steht gegen ihre Verletzung der Rechtsweg offen, und es stellt sich nur noch die Folgefrage nach seiner möglichst zweckmäßigen Ausgestaltung.

X . Stimmbindung und Vollstreckbarkeit: Ein Einwand? 1. Der

Ansatz

Die Anfechtungsklage ist als Rechtsschutzform bei Verletzung von Stimmbindungsverträgen für die GmbH in neuerer Zeit mit der Begründung für ungeeignet befunden worden, das Gericht regiere mittels eines stattgebenden Anfechtungsurteils in die Willensbildung der Gesellschaft hinein, was mit der Autonomie der Gesellschafter nicht vereinbar sei 85 . Dabei wird nicht verkannt, daß der BGH seit geraumer Zeit die Leistungsklage auf Erfüllung des Stimmbindungsvertrags und eine

Ein solcher Fall lag BGH GmbHR 1983, 196 zugrunde. Vgl. Fleck, Z G R 1988, 104, 124. 81 Nachweise soeben Fn. 74. 82 Dürr, Nebenabreden, S. 152; ders., BB 1995, 2 5 9 , 2 7 1 f.; Fleck, Z G R 1988, 104, 124; Winter, Z H R 154 (1990), 2 5 9 , 271 f. 83 So für einen auf eine dauerhafte Satzungsdurchbrechung gerichteten Stimmbindungsvertrag B G H Z 123, 15, 20. Für die Möglichkeit, gescheiterte Satzungsdurchbrechungen in wirksame schuldrechtliche Nebenabreden umzudeuten, Priester, FS Claussen, S. 3 1 9 , 3 3 1 . Für Formfreiheit selbst eines auf Satzungsänderung gerichteten Stimmbindungsvertrags Sieger/Schulte, GmbHR 2 0 0 2 , 1050, 1053. 8 4 Zutreffend Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 159f. 85 Dürr, Nebenabreden, S. 146ff., 186ff.; kurz auch ders., DB 1995, 1365, 1368. 79

80

B. Die §§241 f f . AktC bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

511

entsprechende Zwangsvollstreckung gemäß § 8 9 4 Z P O zuläßt 8 6 und damit ein gerichtliches „Hineinregieren" in jene Willensbildung nicht von vornherein für unstatthaft erklärt. Eben dieser Auffassung wird jedoch im Anschluß an die abweichende Rechtsprechung des R G 8 7 entgegengetreten: Die Gesellschafterversammlung sei vom Gesetz als Organ der Willensbildung eingerichtet 8 8 und das Beschlußverfahren entsprechend formalisiert. Damit bringe der Gesetzgeber zum Ausdruck, daß auf die Willensbildung in der Gesellschaft nicht durch äußeren Zwang und damit auch nicht durch die Vollstreckung von Stimmbindungen eingewirkt werden solle 8 9 . Die Gesellschafterversammlung sei Forum des wechselseitigen Interessenausgleichs. Eines solchen Forums bedürfe es gerade deshalb, weil in der G m b H das Mehrheitsprinzip gelte. Die Gesellschafterversammlung könne diese ihr zugedachte Funktion nur erfüllen, wenn alle Gesellschafter, auch die stimmgebundenen, empfänglich für die Argumente ihrer Mitgesellschafter seien; ein Gesellschafter, dessen Stimme nach § 8 9 4 Z P O gerichtlich ersetzt worden sei, werde von den Überlegungen nicht mehr erreicht, welche in der Aussprache vor der Abstimmung ausgetauscht würden. Damit verliere der Beschluß an Richtigkeitsgewähr, und es leide die Legitimation der Mehrheit, für die Minderheit mit zu entscheiden 9 0 . Freilich soll, auch insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des R G 9 1 , eine Schadensersatzpflicht des Gebundenen möglich bleiben 9 2 . Es soll nach alledem weder die Erfüllung von Stimmbindungen im Vollstreckungswege erzwungen noch

ein Gesellschafterbeschluß wegen Verstoßes gegen einen

Stimmbindungsvertrag angefochten werden können.

2. Die Abstimmungsfreiheit ersatzpflicht

unter dem Eindruck drohender

Schadens-

Der Ansatz, die Unvoreingenommenheit des Abstimmungsverhaltens gegen Vorabbindungen des Stimmberechtigten abzuschirmen, findet eine Parallele im öffentlichen Recht: So hielt das BVerwG Verträge zwischen einer Gemeinde und einem privaten Bauträger für nichtig, durch die sich die Gemeinde zum Erlaß eines bestimmten Bebauungsplans verpflichtete und sich im Gegenzug vom Bauträger die Übernahme der Kosten für die Installation einer gebietsadäquaten Infrastruktur

8 6 B G H Z 48, 163, 169ff.; ebenso die heute h.M.; vgl. Fleck, Z G R 1 9 8 8 , 104, 115; Herfs, Einwirkung, S. 170f.; Odersky, FS Lutter, S . 5 5 7 , 561; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 II 4a (S. 617), 4 b aa (S. 620); Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. 1506; Zöllner, Z H R 155 (1991), 168, 185 ff. 8 7 Grdl. R G Z 112, 2 7 3 , 279f.; 170, 358, 372. 88 Dürr, Nebenabreden, S. 156f. 89 Dürr, Nebenabreden, S. 153f., 157; gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung Dritter wegen Stimmbindungen, weil als Instrument der Fremdbestimmung mit dem Charakter der Personengesellschaft nicht vereinbar, Baumbach/Hopt, HGB, § 1 1 9 Rn. 18. 90 Dürr, Nebenabreden, S. 168ff., 188f., 204f.; ders., BB 1995, 1365, 1370. 9 1 R G Z 112, 2 7 3 , 2 8 0 . 92 Dürr, Nebenabreden, S, 2 0 7 f .

512

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

versprechen ließ (sog. Folgekostenverträge 9 3 ): Solche Verträge verkürzten die nach § 1 V, V I B a u G B vorgeschriebene Abwägung aller betroffenen Belange und ließen die Bürgerbeteiligung nach § 3 B a u G B sowie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 B a u G B zu einer sinnlosen Formale verkümmern. Einen in Erfüllung eines solchen Vertrags erlassenen Bebauungsplan hielt das B V e r w G für nichtig, wenn nicht die Abwägung vor Vertragsschluß sachlich und prozedural ordnungsgemäß vorgenommen worden w a r 9 4 . Die Argumentationslinie ist ersichtlich die gleiche, wie sie auch in der oben 1. wiedergegebenen Ansicht vertreten wird: Erfüllungszwang, der das Ergebnis der Willensbildung beeinflussen soll, macht das Verfahren jener Willensbildung zur Farce. Indem das B V e r w G den Folgekostenvertrag für nichtig erklärte, erkannte es freilich nicht einmal eine Schadensersatzpflicht für den Fall an, daß der Plan nicht vertragsgemäß erlassen wurde. Und in der Tat ist gegen die Rechtsprechung des R G zur Erzwingung vertraglicher Stimmpflichten eingewandt worden, sie gebe dem Gebundenen Steine statt Brot, weil die v o m R G nach wie vor für möglich gehaltene potentielle Schadensersatzpflicht einen k a u m geringeren Erfüllungszwang ausübe als die Zwangsvollstreckung 9 5 . Richtigerweise sei daher die Erfüllungsvollstreckung zuzulassen: Die Vorstellung, ein Gesellschafter müsse in der Gesellschafterversammlung noch Gegenargumenten zugänglich sein, beruhe auf einer oftmals unrealistischen Vorstellung der tatsächlichen Abläufe und sei bei schriftlichen Abstimmungen ohnehin gegenstandslos 9 6 .

3. Die Besonderheiten

allseitiger

Stimmbindungen

Indes erscheint die These, die Schadensersatzpflicht entfalte den gleichen Erfüllungszwang wie die auf Primärleistung gerichtete Zwangsvollstreckung, ihrerseits nicht zwingend; so verbietet das Gesetz in § 8 8 8 II Z P O , den Arbeitnehmer im Vollstreckungswege zur Arbeitsleistung anzuhalten, erhält aber in § 6 1 II A r b G G die Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers aufrecht. Es besteht daher in der Tat Anlaß, über die Vollstreckbarkeit von Stimmbindungen nochmals nachzudenken - namentlich dann, wenn die Stimmbindung gegenüber außenstehenden Dritten eingegangen worden ist 9 7 . K o m m t man sodann zu dem Ergebnis, daß eine Erfül9 3 BVerwG DVB1. 1980, 686, 688; NVwZ 1982, 249. Mittlerweile ist den Gemeinden die Kooperation mit Privaten im Zuge der Bauleitplanung nach Maßgabe der §§ 11,12 BauGB gestattet. 9 4 BVerwGE 45, 309, 315ff. 95 Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S.69. 96 Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 70. 9 7 Die Diskussion über die Zulässigkeit von Stimmbindungen gegenüber Dritten ist noch im Fluß. Verbreitet wird sie verneint, soweit sie das Abstimmungsverhalten bei Satzungs- und Strukturänderungen betrifft (Herfs, Einwirkung, S.381; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §47 Rn.5; Priester, FS Werner, S.657, 671f.; zurückhaltend auch Schubel, Verbandssouveränität, S.603f.). Nach Habersack (ZHR 164 (2000), 1, 11 f.) sind jedenfalls umfassende, nach Flume (Die Juristische Person, § 7 IV (S.240ff.); Die Personengesellschaft, § 14 IV (S.229ff.)) sämtliche Stimmbindungen mit Dritten unzulässig. Großzügiger dagegen Beuthien/Gätscb, ZHR 156 (1992), 459, 476ff.; C. Weber, Außeneinfluß, S.338ff.

B. Die §§241 f f . AktG

bei Verstoß gegen vertragliche

Stimmbindungen

513

lungsvollstreckung ausscheidet, so ist konsequent auch für eine Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen wegen Verstoßes gegen die Stimmbindung ausgeschlossen 98 . Eine abschließende Stellungnahme zu diesem Problem ist indes nicht veranlaßt; denn ein Beschluß unterliegt nach hier vertretener Ansicht bereits im Ansatz nur dann der Anfechtung, wenn alle Gesellschafter an der Stimmbindung beteiligt sind". In diesem Fall aber beeinträchtigt weder der Erfüllungszwang, der durch die Anfechtungsklage ausgeübt wird, die Autonomie in der Gesellschaft, noch wird die Funktionsfähigkeit der Gesellschafterversammlung aus den Angeln gehoben. Denn es haben alle Gesellschafter die notwendigen Vorabklärungen bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung getroffen und mögliche Argumente ausgetauscht. Von einem „Hineinregieren" des Gerichts kann angesichts der allseitigen Bindung der Gesellschafter keine Rede mehr sein; die Gesellschafter sind die Bindung vielmehr in freier Selbstverwirklichung eingegangen. Es ist zu betonen, daß auch der Gesellschafter, der sich lange vor der Gesellschafterversammlung festlegt, dies aus freien Stücken tut 100 . Daher ist selbst unter dem Gesichtspunkt der Verbandsautonomie gegen die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen wegen Verletzung allseitiger Stimmbindungen nichts zu erinnern.

XI. Anfechtungsfrist Was die Anfechtungsfrist wegen Verstoßes gegen die allseitige Stimmbindungsvereinbarung anbelangt, so muß berücksichtigt werden, daß sich die Anfechtbarkeit als solche aus der Parteivereinbarung und nicht aus der Satzung ergibt. Deshalb kann jedenfalls nicht ohne weiteres auf die Frist des § 246 I AktG zurückgegriffen werden; vielmehr ist die Anfechtung so lange möglich, wie nach der Parteivereinbarung die Durchsetzung der Stimmbindung als solche möglich sein soll. Bestandsschutzinteressen der Gesellschaft oder einzelner Gesellschafter werden hierdurch nicht berührt; denn da alle Gesellschafter beteiligt sein müssen, um die Anfechtbarkeit überhaupt zu begründen, muß jeder, solange die Stimmbindung durchsetzbar bleibt, mit einer Aufhebung des Beschlusses rechnen. Freilich sind zwei Aspekte in den Blick zu nehmen: Zum einen erscheint eine Auslegung der Stimmvereinbarung dahin, daß die Klage auf vereinbarungsgemäße Abstimmung bis zum Ende der regulären Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB n.F.) möglich bleiben soll, ihrerseits wenig naheliegend; zum anderen bedeutet es für die Frage der Durchsetzung einer Stimmbindung einen erheblichen Unterschied, ob ihre klageweise Durchsetzung im Vorfeld einer Beschlußfassung geschehen soll oder erst nach erfolgter Beschlußfassung. Im ersteren Fall erzeugt schon die bevorstehende Beschlußfassung einen hinreichenden Zeitdruck, um eine bevorstehende Verletzung des Vertrags zu 98

In diesem Sinne Priester, FS Werner, S. 657, 662ff. Für Anfechtbarkeit, w e n n die Stimmbindung zwar gegenüber einem Dritten eingegangen w u r d e , aber alle Gesellschafter an ihr beteiligt sind, auch Priester, FS Werner, S. 657, 6 7 6 . 100 Z u t r e f f e n d Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 71. 99

514

Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

verhindern; so hat denn in der Praxis so manches M a l nur die einstweilige Verfügung einen Verstoß verhindern k ö n n e n 1 0 1 . Ein Erfüllungsprozeß in der Hauptsache k o m m t gewöhnlich zu spät und gewährleistet keinen effektiven

Rechts-

schutz 1 0 2 . Es existiert in dieser Situation noch kein Beschluß, auf dessen Grundlage die Gesellschaft arbeiten könnte, so daß Bestandsschutzinteressen nicht berührt sind. Im letzteren Fall ist die Verletzung bereits eingetreten, und es stellt sich fortan die Frage, wie lange der Bestand des Beschlusses in der Schwebe soll gehalten werden können. Es entspricht typischerweise dem Interesse aller Gesellschafter und damit im Zweifel auch ihrem Parteiwillen, wenn ein Beschluß nach Ablauf einer angemessenen, nicht allzu lang bemessenen Frist als endgültig wirksam behandelt w i r d 1 0 3 . M a n kann zwar die Frist des § 2 4 6 I A k t G im allgemeinen nicht ohne weiteres den Gesellschaftern als vertraglich gewollt unterstellen. D o c h darf man gerade bei Stimmbindungsverstößen annehmen, daß die Gesellschafter keinen längeren Schwebezustand wollen, als er im Falle einer Gesetzes- oder Satzungsverletzung bestünde: Die Vorstellung, eine schuldrechtliche Vereinbarung könnte die Anfechtung für eine längere Zeit begründen als Gesetz oder Satzung, erscheint wertungswidersprüchlich. Mangels abweichender Parteivereinbarung gilt daher für die Anfechtung wegen Verstoßes gegen einen allseitigen Stimmbindungsvertrag die gleiche Klagefrist wie für die Anfechtung wegen Verstoßes gegen Gesetz oder Satzung; mangels besonderer Regelung beträgt sie e x a k t einen M o n a t .

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

Das Aktienrecht verleiht dem Aktionär die Befugnis, Beschlüsse desjenigen Organs anzufechten, dem er angehört - nämlich der Hauptversammlung. Hauptversammlungsbeschlüsse können des weiteren nach § 2 4 5 Nr. 4 A k t G vom Vorstand und unter den Voraussetzungen des § 2 4 5 Nr. 5 A k t G auch von einzelnen Mitglie-

101 Vgl. etwa OLG Hamburg WM 1992, 274, 275; OLG Koblenz NJW 1986, 1692f.; NJW 1991, 1119; OLG Stuttgart NJW 1987, 2449. Für die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung in diesen Fällen auch Damm, ZHR 154 (1990), 413,434f.; Herfs, Einwirkung, S. 171 ff.; Michalski, GmbHR 1991, 1, 12ff.; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.68; Tbeißen, DB 1993, 469, 471; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 508; Winter, GmbHR 1998, 714, 716; Zutt, ZHR 155 (1991), 190, 199ff.; dagegen aber Baumbach-Zöllner, GmbHG, §47 Rn.81; A. Hueck, FS Nipperdey, S. 401, 407; Köhler, Nebenabreden, S. 33; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 10. Die Durchsetzung einer positiven Stimmabgabe dürfte freilich im Verfahren der einstweiligen Verfügung ausscheiden; denn das Verfügungsurteil kann Willenserklärungen nicht ersetzen, wenn schon ein vorläufig vollstreckbares Urteil in der Hauptsache diese Wirkung nicht haben kann (zutreffend Köhler, Nebenabreden, S. 30f.; Zöllner, ZHR 155 (1991), 168,188f.). Vgl. zur Frage, ob gesetzliche Stimmpflichten mittels einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden können, zuletzt Beyer, GmbHR 2001, 467. 470; Winter, GmbHR 1998, 714, 716. 102 Dürr, Nebenabreden, S.88f.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S.71; Odersky, FS Lutter, S.557, 561; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.68; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 506; Wellkamp, Aktionärsschutz, S. 10. 103 Oben § 6 C IV 6.

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

515

dem des Vorstands oder Aufsichtsrats angefochten werden. Es fragt sich, ob und in welchem Umfang der Aktionär seinerseits Beschlüsse der Verwaltungsorgane angreifen kann; die gleiche Frage stellt sich für andere Gesellschaftsformen.

I. Verwaltungsorgane in der GmbH außerhalb der Geschäftsführung Das GmbHG erlaubt es den Gesellschaftern in praktisch beliebigem Umfang, durch Satzung fakultative Organe zu installieren. Die Praxis kennt namentlich Überwachungsgremien, deren Kompetenzumfang auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten wird und die ihrer Funktion entsprechend als Aufsichtsrat, Beirat oder mit vergleichbaren Titeln bezeichnet werden. Im Anwendungsbereich des MitbestG ist freilich die Einrichtung eines Aufsichtsrats zwingend (§6 1 MitbestG). Alle diese Organe treffen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Entscheidungen in der für Kollegien gängigen Form des Beschlusses. 1. Obligatorischer

Aufsichtsrat

Beschlüsse eines obligatorischen Aufsichtsrats können von einem Gesellschafter ebensowenig angefochten werden wie Beschlüsse des Aufsichtsrats einer AG von einem Aktionär 104 : Der Aufsichtsrat verkörpert eine unabhängige Überwachungsinstanz und ist daher einer allgemeinen Rechtskontrolle durch die Gesellschafter nicht zugänglich 105 . Freilich überwiegt in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung, daß fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse nicht nur anfechtbar, sondern gänzlich nichtig seien. Die Nichtigkeit sei mittels einer Feststellungsklage geltend zu machen 106 ; dieser Ansatz läßt die Möglichkeit offen, daß die Klage auch von Gesellschaftern erhoben werden kann. Indes wird zu zeigen sein 107 , daß die §§241 ff. AktG unter Einschluß der Differenzierung zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen auch für aktienrechtliche Aufsichtsratsbeschlüsse das angemessene Rechtsschutzmodell bereitstellen und dort allein Aufsichtsratsmitgliedern die Anfechtungsbefugnis verleihen. Weitergehende Kontrollbefugnisse lassen sich konsequent auch für den obligatorischen Aufsichtsrat einer GmbH nicht begründen; denn in jeder mitbestimmten Gesellschaft, so auch in der GmbH, ist der Aufsichtsrat als unabhängiges Überwachungsorgan eingerichtet 108 und von der Einflußnahme durch die Gesellschafter in gleicher Weise freigestellt 109 wie der Aufsichtsrat einer AG. 104

Binge, Gesellschafterklagen, S.24; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 7 . N ä h e r unten § 10 A III 3. 106 Nachweise unten § 10 A I. 107 Unten § 1 0 A II, III. 108 Vgl. etwa Hanau/Ulmer, MitbestG, § 2 5 R n . 4 5 f . , 49. 109 Dagegen bleibt die Gesellschafterversammlung zur Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführung befugt; vgl. dazu oben § 6 B II 2. 105

516

§ 8 Rechtsformübergreifende

2. Fakultative a)

Probleme des

Beschlußmängelstreits

Organe

Meinungsstand

Was die Behandlung fehlerhafter Beschlüsse eines fakultativen Organs, etwa eines Beirats anbelangt, so erklärt ein Teil der Literatur 1 1 0 die § § 241 ff. AktG für gänzlich unanwendbar; fehlerhafte Beschlüsse seien ausnahmslos nichtig 111 . Dagegen differenzieren andere 1 1 2 wie folgt: Soweit der Beirat Aufgaben der Geschäftsführung wahrnehme, könnten seine Beschlüsse ebensowenig angefochten werden, wie die Gesellschafter von den Geschäftsführern selbst Unterlassung rechtswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen verlangen könnten; eine Ausnahme gelte nur dann, wenn der Beirat die ihm zugewiesenen Kompetenzen überschreite. Soweit der Beirat dagegen Aufgaben wahrnehme, welche das Gesetz in abdingbar Weise der Gesellschafterversammlung zugewiesen habe, könnten die Gesellschafter seine Beschlüsse ebenso anfechten wie einen Gesellschafterbeschluß gleichen Inhalts. So hielt das OLG Düsseldorf einen Gesellschafter für befugt, den Gewinnverwendungsbeschluß eines fakultativen Beirats anzufechten 1 1 3 ; dieser leite die Zuständigkeit hierfür von der an sich nach § 46 Nr. 1 G m b H G berufenen Gesellschafterversammlung ab. Desgleichen ließ in jüngerer Zeit das OLG Schleswig die Anfechtungsklage gegen einen Beschluß des freiwilligen Aufsichtsrats einer G m b H zu, worin der Veräußerung vinkulierter Anteile zugestimmt wurde: Der Aufsichtsrat habe gleichsam als Gesellschafterausschluß entschieden 113 ". Andernorts werden Klagemöglichkeiten des Gesellschafters in weitaus größerem Umfang befürwortet 1 1 4 : Soweit der Beschluß konstitutiv Rechte ändere, begründe oder aufhebe, sei die Anfechtungsklage der richtige Rechtsbehelf 1 1 5 . Werde dagegen lediglich über M a ß n a h m e n tatsächlicher Art, insbesondere solche der Geschäftsführung beschlossen, so bedürfe es einer Anfechtungsklage mit rechtsgestaltendem Klageziel nicht; vielmehr sei nach dem Vorbild der im Fall Holzmüller entwickelten Aktionärsklage 1 1 6 eine Klage des Gesellschafters auf Feststellung der Rechtswidrigkeit oder gar auf Unterlassung der M a ß n a h m e möglich. Ein wieder anderer Ansatz will die § § 2 4 1 ff. AktG zugunsten des Gesellschafters immer dann anwenden, wenn der Beirat Grundlagenentscheidungen treffe 1 1 7 . Der BGH hat die Anfechtungskla-

110 Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.95; Binge, Gesellschafterklagen, S.24; Hachenburg-Raiser, GmbHG, §52 Rn.332ff.; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.625; grundsätzlich auch Voormann, Beirat, S. 177. 111 Hacbenburg-Raiser, GmbHG, § 52 Rn. 333; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, S. 631, 651. 112 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §52 Rn.68; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.133. 113 OLG Düsseldorf G m b H R 1983, 124, 125. n3a OLG Schleswig N Z G 2003, 821, 823; zustimmend Triebel, ZIP 2004, 156; ablehnend Hirte/Roth, EWiR 2003, 419, 420. 114 Zum Folgenden Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 4 5 Rn. 187f. 115 Ähnlich insoweit Verhoeven, BB 1978, 335, 337: Anfechtungsklage, soweit der Beschluß rechtsgestaltende Wirkung hat. 116 Dazu BGHZ 83, 122 und oben § 1 A. 117 Voormann, Beirat, S. 182.

C. Der organübergreifende

517

Beschlußmängelstreit

ge eines Gesellschafters gegen den Beschluß eines statutarischen Schiedsgerichts zugelassen, ohne nach dem Gegenstand des Beschlusses zu f r a g e n 1 1 8 . b)

Kritik

Die Differenzierung zwischen Beschlüssen aus abgeleiteter und solchen aus originärer Zuständigkeit ist, wie mit Recht bemerkt w u r d e 1 1 9 , unergiebig; denn die Gesellschafterversammlung kann sämtliche

Geschäftsführungsentscheidungen

an

sich ziehen, ist also originär allzuständig. Namentlich m u ß den Gesellschaftern die Möglichkeit offenstehen, Geschäftsführungsbeschlüsse eines Beirats anzufechten; denn die Anfechtungsklage fungiert insoweit als actio pro s o c i o 1 2 0 , die, wie gezeigt 1 2 1 , auch gegenüber Fremdorganen und auch als präventive Klage auf Unterlassung gesellschaftsschädigender M a ß n a h m e n zur Verfügung steht. Die Unterlassungsklage nach dem Vorbild des Holzmüller-Urteils eignet sich dagegen nicht als Mittel des Gesellschafters zur Bekämpfung fehlerhafter Beiratsbeschlüsse: Diese Klage dient dazu, M a ß n a h m e n zu bekämpfen, die ohne die gebotene M i t w i r k u n g des Mitgliedsorgans ausgeführt werden; es handelt sich um eine reine Kompetenzschutzklage. Dagegen stehen beim organübergreifenden Beschlußmängelstreit Beschlüsse im R a u m , für die das betreffende Organ zweifellos anstelle der Gesellschafterversammlung zuständig ist, die aber wegen inhaltlicher Mängel angegriffen werden. Zweifelhaft erscheint freilich, mit welcher Klageart der Gesellschafter gegen solche Beschlüsse vorzugehen hat: Die These, Beschlüsse eines

fakultativen

Aufsichtsrats könnten nach M a ß g a b e der § § 2 4 3 ff. A k t G angefochten werden, bedarf der Abstimmung mit der h.L., die fehlerhafte Beschlüsse in

obligatorischen

Aufsichtsräten für ipso iure nichtig hält; die unterschiedliche Behandlung von Beschlußmängeln in beiden Fällen leuchtet nicht e i n 1 2 2 . Es sei bereits angedeutet, d a ß nach hier vertretener Ansicht die § § 2 4 1 ff. A k t G auf fehlerhafte Beschlüsse eines obligatorischen Aufsichtsrats entsprechend anzuwenden s i n d 1 2 3 ; dann spricht vieles für die generelle Übernahme dieser Vorschriften auch in fakultativen Aufsichtsräten:

BGHZ 43, 261, 264f. Hachenburg-Raiser, GmbHG, §52 Rn.334; Reuter, FS 100 Jahre GmbHG, S.631, 650; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 Rn. 20. Für Anfechtungsrecht des Gesellschafters namentlich auch in bezug auf Geschäftsführungsbeschlüsse fakultativer Organe Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 346; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §45 Rn.20. 120 Oben §5 B I 3. 121 Oben §2 H V. 122 Konsequent in beiden Fällen für eine Nichtigkeitsfeststellungsklage Hachenburg-Raiser, GmbHG, §52 Rn.333; dem folgend Weber, Außeneinfluß, S.326. 123 Unten § 10 A II, III. 118 119

518

§8 Rechtsformübergreifende

c) Anfechtungsbefugnis

Probleme

und Prozeßmodell

des

Beschlußmängelstreits

als Ergebnis der

Satzungsauslegung

Fakultative Organe verdanken ihre Kompetenzen der Satzung und üben ihr Amt aus, weil die Gesellschafter es so wollen. Der Umfang ihrer Kompetenzen ist durch Auslegung der Satzung zu bestimmen; Gleiches sollte konsequent auch für die Folgen fehlerhafter Beschlüsse gelten: Es ist zu fragen, welcher Rechtsschutz vernünftigerweise angemessen ist und daher als von den Gesellschaftern gewollt gelten kann. Insoweit ist vorgetragen worden, die Gesellschafter hätten mit der Einrichtung des fakultativen Aufsichtsrats die Gesellschaftsverfassung an die AG angenähert. Es sei daher nicht anzunehmen, daß gleichwohl das Rechtsschutzsystem fortbestehen solle, welches gegen Gesellschafterbeschlüsse zur Verfügung stehe 124 . Die Würdigung dieses Einwands muß zwei Fragen trennen, nämlich zum einen die Frage nach der generellen Anwendbarkeit der § § 2 4 1 ff. AktG und sodann die Frage nach der Berechtigung des einzelnen Gesellschafters, fehlerhafte Organbeschlüsse anzufechten. Bereits an früherer Stelle 125 konnte belegt werden, daß dem Modell der § § 2 4 1 ff. AktG mit seinen spezifischen Eigenheiten, insbesondere Klageerfordernis und Beklagtenrolle der Gesellschaft, für eine rationelle und allseits verbindliche Erledigung des Rechtsstreits erhebliche Vorteile innewohnen, die es rechtfertigen, es überall dort als gewollt anzusehen, wo mit Mehrheit entschieden wird. Da die Vorteile der § § 2 4 1 ff. AktG sich bei Beiratsbeschlüssen in gleicher Weise manifestieren, ist ihre Geltung mangels abweichender Anhaltspunkte auch für Beschlüsse eines fakultativen Beirats als gewollt anzusehen. Die Anfechtungsklage ist bei fehlerhaften Beschlüssen, welche nicht ausnahmsweise nichtig sind, innerhalb eines Monats 1 2 6 zu erheben; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, da dem Gesellschafter eine Mitteilung über den Beschluß zugeht 1 2 7 oder er anderweitig Kenntnis von diesem erlangt 1 2 8 . Der Einwand, dem Gesellschafter könne es an der erforderlichen Kenntnis fehlen und daher der Beschluß noch nach Jahren anfechtbar sein 129 , zwingt zu keiner anderen Beurteilung; denn die Gesellschaft hat es in der Hand, die Frist durch Mitteilung des Beschlusses in Lauf zu setzen. Steht somit die Anfechtungsklage nach § 243 AktG im allgemeinen offen, so kann sie außer von den Mitgliedern des fakultativen Aufsichtsrats oder Beirats gerade auch von jedem einzelnen Gesellschafter erhoben werden. Gewiß impliziert die Einrichtung des fakultativen Organs eine Annäherung an die AG. Indes bedeutet dies zwar eine Verlagerung der Zuständigkeit, nicht aber eine Verkürzung der Kontrollbefugnisse 1 3 0 . 124 Baumbach-Zöllner, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 9 5 ; ähnlich Römermann, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 6 2 5 . 125 O b e n § 7 B III. 126 Wie hier Landrock, Innenrechtsstreit, S.246. Insoweit anders Hölters, BB 1977, 105, 109: innerhalb angemessener Frist. 127 In diesem Sinne Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 5 Rn. 188. 128 Unklar Hölters, BB 1977, 105, 109: mit „ B e k a n n t w e r d e n " des Beschlusses (wem gegenüber?); nach Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 4 5 reicht Kennenmüssen aus. Anders insoweit Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 45 Rn. 188: auch d a n n Mitteilung des Beschlusses maßgeblich. 129 So Voormann, Beirat, S. 180. 1,0 Z u t r e f f e n d Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 4 5 R n . 2 0 .

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

519

Die bereits angedeuteten Parallelen zwischen der Anfechtungsklage und der actio pro socio sprechen vielmehr dafür, daß dem Gesellschafter jene Befugnisse ungeschmälert erhalten bleiben. Der Kläger kann nicht nur die Verletzung eigener Mitgliedschaftsrechte rügen 1 3 1 , sondern darüber hinaus jeden Verstoß gegen Gesetz oder Satzung.

II. Genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluß 1. Materiellrechtliche

Voraussetzungen

Über die Kapitalerhöhung in der AG und einen ggf. damit verbundenen Bezugsrechtsausschluß beschließt nach §§ 182 I 1, 186 III 2 AktG die Hauptversammlung. Dabei bedarf der Bezugsrechtsausschluß einer sachlichen Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse 132 . Jedoch sieht das Gesetz in § § 2 0 2 f f . AktG die Möglichkeit vor, daß die Hauptversammlung den Vorstand ermächtigt, das Kapital selbständig zu erhöhen ( § 2 0 2 I AktG) und in diesem Rahmen auch das Bezugsrecht selbständig auszuschließen ( § 2 0 3 II 1 AktG), letzteres freilich nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats ( § 2 0 4 I 2 AktG). Ein Ermächtigungsbeschluß, der die Befugnis des Vorstands zum Ausschluß des Bezugsrechts einschloß, war freilich nach früherer Rechtsprechung an strenge materiellrechtliche Voraussetzungen gebunden 1 3 3 : Die Ermächtigung durfte nur dann ausgesprochen werden, wenn sich bereits im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses absehen ließ, welcher sachliche Grund in Zukunft für den Bezugsrechtsausschluß sprechen würde; daneben war selbstverständlich auch der Vorstand zur Ausübung der Ermächtigung nur befugt, wenn tatsächlich sachliche Gründe für einen Bezugsrechtsausschluß eingetreten waren. Die erste dieser beiden Anforderungen hat der B G H in neuerer Zeit im Urteil Siemens/Nold fallen gelassen 1 3 4 : Danach darf zwar der Vorstand nach wie vor das Bezugsrecht nur dann ausschließen, wenn es auch die Hauptversammlung selbst dürfte, wenn also die materiellrechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen 1 3 5 ; doch muß deren Eintritt im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses nicht 1 . 1 So aber Binge, Gesellschafterklagen, S. 117, der auch insoweit keine Beschlußmängelklage, sondern lediglich eine gewöhnliche Unterlassungsklage zulassen will. 1 . 2 Nachweise oben § 3 A IV 2, Fn.48. B G H Z 83, 319, 321ff. ; O L G München W M 1991, 1763, 1765; AG 1 9 9 3 , 2 8 3 , 2 8 4 f . ; LG Bochum AG 1991, 213f.; LG Tübingen ZIP 1991, 169, 171. 1 , 4 B G H Z 136, 133, 136ff. (Siemens/Nold); kritisch zur früheren Rechtsprechung bereits Heinsius, Z G R 1984, 383, 386f.; ders., FS Kellermann, S. 115, 120; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 117; Martens, FS Steindorff, S. 1 5 1 , 1 5 3 ; ders., ZIP 1 9 9 2 , 1 5 7 7 , 1 5 8 3 , Sethe, AG 1 9 9 4 , 342, 352f. Ob auch die zweite Voraussetzung, nämlich die sachliche Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse, fallengelassen wurde, ist streitig; dazu oben § 3 A IV 2. 1 5 5 Vgl. B G H Z 136, 133, 139; LG Frankfurt AG 1 9 8 1 , 2 3 5 , 2 3 6 ; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 172; Bagel, Bezugsrechtsausschluß, S.24f.; Bayer, Z H R 163 (1999), 5 0 5 , 5 3 9 ; Bosse, ZIP 2 0 0 1 , 104, 106; Brandes, W M 1997, 2 2 8 1 , 2285; Ekkenga, AG 2 0 0 1 , 5 6 7 , 5 6 9 ; Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S . 8 5 ; Harrer/Grabowski, D Z W i R 1995, 10, 17; Kindler, Z G R 1998,

520

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

mehr absehbar sein. Gegenstand des Urteils war eine Sachkapitalerhöhung; o b der B G H bei Barkapitalerhöhungen ebenso entscheiden wird, ist noch o f f e n 1 3 6 .

2. Aktionärsklage Rechtsstellung!'

zur Abwehr des Eingriffs in die

mitgliedschaftliche

Das Urteil ist im Schrifttum auf ein geteiltes E c h o g e s t o ß e n 1 3 7 ; den Einwänden seiner Kritiker kann hier nicht im einzelnen nachgegangen werden. Vielmehr ist, die neue Rechtsprechung des B G H zugrunde legend, zu fragen, welche Abwehrmöglichkeiten dem einzelnen Aktionär zustehen, wenn der Vorstand das Bezugsrecht ausschließt, ohne daß hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre. Der B G H legt dem Aktionär in diesem Fall nahe, nach dem Vorbild des Holzmüller-Urteils 1 3 8 die Aktionärsklage zu e r h e b e n 1 3 9 mit dem Ziel, die Unterlassung des Bezugsrechtsausschlusses zu erzwingen. Und in der Tat erscheint der Verweis auf dies Urteil naheliegend, wenn m a n das Klagerecht, das dem Aktionär hierin zugebilligt wurde, als Ausfluß eines Abwehranspruchs gegen Eingriffe in die mitgliedschaftliche Rechtsstellung begreift: In diese wird durch den Bezugsrechtsausschluß nachdrücklich eingegriffen 1 4 0 , handelt es sich doch bei ihm, wie gesehen 1 4 1 , um einen Teilausschluß jedes betroffenen Aktionärs. Indes wurde gezeigt, daß sich die Aktionärsklage nach dem Vorbild des Holzmüller-Urteils nicht als eine solche Abwehrklage erklären läßt: D e r Aktionär, der die Unterlassung einer M a ß n a h m e begehrt, welche der Vorstand ohne die erforderliche Befragung der Hauptversammlung durchzuführen trachtet, fordert die Achtung seiner Kompetenzen ein. Die Klage ist nicht Abwehrklage, sondern Klage auf Erfüllung einer primären Leistungspflicht des Verbandes gegenüber dem M i t glied 1 4 2 : D a s Mitglied hat Anspruch darauf, daß eine M a ß n a h m e unterlassen werde, welche das Mitgliedsorgan, obwohl erforderlich, noch nicht beschlossen oder gegen die es sich gar ausgesprochen h a t 1 4 3 . D a m i t ist der Bezugsrechtsausschluß 35, 59f.; Großkomm.AktG-Hirte, § 203 Rn. 79; Marsch, AG 1981,211 f.; Martens, FS Steindorff, S. 151,153; MüHdbGesR ¡Krieger, § 58 Rn.42; Quack, ZGR 1983, 257, 260f.; van Venrooy, BB 1982, 735, 736. 136 Für eine Übertragung der in BGHZ 136, 133 eingeleiteten Rechtsprechung auf Barkapitalerhöhungen Hofmeister, NZG 2000, 713, 715; Kindler, ZGR 1998, 35, 64; Schwark, LM Nr. 9 zu § 186 AktG; Volhard, AG 1998, 397, 403; zweifelnd Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 514. 137 Zustimmend etwa Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1922; Bungert, NJW 1998, 488, 490f.; Hirte, DStR 2001, 577, 578; Kindler, ZGR 1998, 35, 40; Volhard, AG 1998, 397, 403f.; ablehnend dagegen Lutter, JZ 1998, 50ff. 138 BGHZ 83, 122; siehe dazu oben § 1 A. 139 BGHZ 136, 133, 141; insoweit zustimmend Baums, DJT 2000, S. F 212; Behnke, NZG 1999,410,411; Habersack, DStR 1998,533,537; Hüffer, AktG, § 203 Rn. 38; KK-Lutter, AktG, §203 Rn.31, 44; ebenso bereits Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.207f.; Lutter, BB 1981, 861, 864. 140 Vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S.262. 141 Oben §3 A IV 2. 142 Oben § 1 B VII 4. 143 Oben §1 BIII 1.

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

521

nicht vergleichbar 1 4 4 : Der Aktionär, der ihn abwehren will, wendet sich, sofern dem Vorstand rechtmäßig und wirksam die Ermächtigung erteilt wurde, nicht gegen die Verletzung seiner Kompetenzen, sondern gegen eine materielle Verkürzung seiner Mitgliedsrechte. Dies Rechtsschutzziel kann die Aktionärsklage, verstanden als bloße Kompetenzschutzklage, nicht verarbeiten.

3. Anfechtungsklage

gegen den

a) Anmeldepflichten

bei der

Vorstandsbeschluß

Kapitalerhöhung

Will der Vorstand das genehmigte Kapital ausnutzen und in diesem Z u s a m m e n hang das Bezugsrecht ausschließen, so unterscheiden sich die Verfahrensschritte in einigen Punkten von denjenigen, welche bei einer regulären Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß einzuhalten sind. Bei der letzteren werden zunächst der K a pitalerhöhungsbeschluß ( § 1 8 4 A k t G ) und sodann die Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 1 8 8 A k t G ) zum Handelsregister angemeldet. Beim genehmigten K a pital m u ß die Ermächtigung des Vorstands, soweit sie nicht schon in der Ursprungssatzung enthalten ist ( § 2 0 2 I AktG), durch satzungsändernden Beschluß ausgesprochen werden ( § 2 0 2 II A k t G ) und gelangt somit nach §§ 1 7 9 , 1 8 1 A k t G zur Anmeldung. Die Ausübung dieser Ermächtigung durch den Vorstand, die funktional dem Kapitalerhöhungsbeschluß der Hauptversammlung entspricht, wird demgegenüber nicht gesondert angemeldet; § 2 0 3 1 1 A k t G verweist nicht auf § 1 8 4 A k t G . Angemeldet wird dann lediglich wieder die Durchführung der Kapitalerhöhung ( § § 2 0 3 1 1, 1 8 8 A k t G ) .

b) Informationsrechte

der

Aktionäre

aa) Die Verweisung in § 203 II 2 AktG auf § 186 IV AktG Sehr umstritten ist die H a n d h a b u n g der Informationspflichten nach § 1 8 6 I V A k t G im R a h m e n des Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital. Der nach § 1 8 6 IV A k t G vorgeschriebene Vorstandsbericht erfüllt im K o n t e x t einer regulären Kapitalerhöhung die Funktion, die Aktionäre zu einer sachgerechten Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluß zu befähigen 1 4 5 . Diese Funktion kann er dort, w o nicht die Hauptversammlung, sondern der Vorstand über den Bezugsrechtsausschluß entscheidet, nicht mehr erfüllen. Gleichwohl stellt § 2 0 3 II 2 A k t G klar, daß die Berichtspflicht des Vorstands betreffend den Bezugsrechtsausschluß Wie hier Ekkenga, AG 2001, 567, 575. BGHZ 83, 319, 326; OLG Stuttgart AG 1998, 529, 533; LG Bonn AG 1995, 44, 46; LG Hof WM 1992, 2057, 2061; LG Memmingen DB 2001, 1190, 1191; LG Stuttgart AG 1998, 41, 44; Becker, BB 1981, 394, 395; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.85f.; ders., DStR 2001, 577; Kindler, ZGR 1998, 35, 60; Meilicke/Heidel, DB 2000, 2358, 2359; Natterer, ZIP 2002, 1672, 1675; Schwark, FS Claussen, S.357, 367; Sturies, WPg. 1982, 581, 585; Timm, DB 1982, 211, 213; van Venrooy, DB 1982, 735, 737; Wellkamp, Aktionärsschutz, S.143; Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 965. 144

145

522

5 8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

auch beim genehmigten Kapital gilt - freilich nicht für den Kapitalerhöhungsbeschluß, sondern für den Ermächtigungsbeschluß nach § 202 II AktG 146 . Wenn allerdings auf dem Boden der neueren Rechtsprechung im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses ein sachlicher Grund für den Ausschluß des Bezugsrechts noch nicht absehbar sein muß, fragt sich, welche Begründung der Vorstand der Hauptversammlung für einen solchen Beschluß unterbreiten soll. So manchem Vorstand fiel denn auch in der Vergangenheit nicht viel mehr ein als der Rückzug auf formelhafte Wendungen wie etwa den pauschalen Hinweis auf die Absicht, das Unternehmen in näherer Zukunft an ausländischen Börsen zu plazieren oder Beteiligungen an nicht näher bezeichneten Unternehmen zu erwerben. Unter dem Regime der früheren Rechtsprechung waren solche Berichte unzureichend und begründeten die Anfechtbarkeit des Ermächtigungsbeschlusses 147 ; die Funktion des Vorstandsberichts wurde sodann gerade auch darin erblickt, die Überprüfung zu ermöglichen, ob der Vorstand in Wahrheit eine Vorratsermächtigung anstrebte 148 . Die neuere Rechtsprechung erlaubt es demgegenüber der Hauptversammlung, den Vorstand ohne absehbaren Grund zum Ausschluß des Bezugsrechts zu ermächtigen 149 . Macht die Hauptversammlung hiervon Gebrauch, kann man konsequent vom Vorstand keinen Bericht fordern über einen sachlichen Grund, der noch gar nicht existiert 150 . Die Reduktion der Anforderungen an die Inhaltskontrolle des Ermächtigungsbeschlusses wirkt m.a.W. auf die Anforderungen an den Bericht zurück 151 . Allenfalls kann der Vorstand verpflichtet sein, eine mit dem genehmigten Kapital verbundene strategische Neuausrichtung des Unternehmens zu erläutern; 146 Vgl. zur Geltung des § 186 IV A k t G für den Ermächtigungsbeschluß n u r B G H Z 83, 319, 325f.; Krieger, FS W i e d e m a n n , S. 1081, 1088; Natterer, ZIP 2 0 0 2 , 1672, 1676; Sturies, WPg. 1982, 5 8 1 , 585. 147 Besonders anschaulich O L G M ü n c h e n W M 1995, 60, 61; LG Hof W M 1992, 2 0 5 7 , 2 0 6 1 f.; ferner B G H Z 83, 319, 3 2 6 f . ; LG M ü n c h e n ZIP 1 9 9 2 , 1741, 1743; Quack, Z G R 1983, 2 5 7 , 2 6 2 . Dagegen werden solche Wendungen für ausreichend gehalten von LG F r a n k f u r t A G 1 9 8 1 , 2 3 5 f . ; H. Becker, BB 1981, 394, 395f.; Marsch, AG 1 9 8 1 , 2 1 1 , 2 1 2 f . B G H ZIP 1 9 9 4 , 5 2 9 , 5 3 0 hielt die allgemeine A n k ü n d i g u n g für ausreichend, die jungen Aktien an ausländischen Börsen plazieren zu wollen; ebenso Brandes, W M 1994, 2 1 7 7 , 2 1 8 5 f. Dagegen hat zuletzt unter Z u grundelegung des Urteils Siemens/Nold das O L G M ü n c h e n ( N Z G 2 0 0 2 , 1113, 1114) einen Ermächtigungsbeschluß für nichtig erklärt, in dessen Vorfeld der Vorstand wie folgt berichtet hatte: „Der Gesellschaft soll im R a h m e n ihrer strategischen Neuorientierung die Möglichkeit gegeben werden, in geeigneten Einzelfällen Beteiligungen und/oder Lizenzen und/oder sonstige Vermögensgegegstände von Unternehmen gegen Überlassung von Aktien der Gesellschaft erwerben zu k ö n n e n " : D a m i t strebe der Vorstand eine Vorratsermächtigung an, die selbst nach Siemens/Nold unzulässig sei. 148 LG F r a n k f u r t AG 1 9 8 4 , 2 9 6 , 2 9 9 . 149 Behnke, N Z G 1999, 4 1 0 , 4 1 1 ; Bosse, ZIP 2 0 0 1 , 104, 105. 150 Deutlich jüngst O L G Schleswig N Z G 2 0 0 4 , 2 8 1 , 2 8 3 ; ferner A n w K - G r o ß , A k t G , § 2 0 3 Rn. 65; Hofmeister, N Z G 2 0 0 0 , 713, 716; Krieger, FS W i e d e m a n n , S. 1081, 1088; Natterer, ZIP 2 0 0 2 , 1 6 7 2 , 1677; Feter, W W i R 2 0 0 4 , 2 1 1 , 2 1 2 . 151 Kindler, Z G R 1998, 35, 61, 63, der deshalb einen Bericht vor Fassung des Ermächtigungsbeschlusses für gänzlich entbehrlich hält; ebenso bereits ders., Z H R 158 (1994), 339, 3 6 3 f . Vgl. auch Bayer, Z H R 168 (2004), 132, 154: Bericht Gedwf nach der Siemens/Nold-Rechtsprechung keiner konkreten Substanz mehr.

C. Der organübergreifende

523

Beschlußmängelstreit

so muß er seinen Wunsch, zur Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß mit dem Ziel des Beteiligungserwerbs ermächtigt zu werden, besonders begründen, wenn die bisherige Unternehmenspolitik

auf Beteiligungsreduktion

angelegt

war 1 5 2 . Wenig Überzeugungskraft kommt auch einem Bericht des Vorstands in einer nicht börsennotierten AG zu, der um genehmigtes Kapital in Höhe von 3 0 . 0 0 0 Euro nachsucht mit der Begründung, daß ein etwaiger Beteiligungserwerb unter Einsatz dieses neu geschaffenen Aktienpakets aufgrund der komplexen Transaktionsstrukturen im internationalen Wettbewerb potentieller Erwerbsinteressenten kurzfristig realisiert werden müsse 1 5 3 : Mit einer Tranche von 3 0 . 0 0 0 Euro wird man in jenem internationalen Wettbewerb vermutlich nicht weit kommen, so daß der Ermächtigungsbeschluß mangels plausibler Berichterstattung ( § § 2 0 3 II 2 , 1 8 6 IV AktG) angefochten werden kann. Abgesehen von solchen Sonderfällen aber droht die Verweisung in § 2 0 3 II 2 AktG auf § 1 8 6 IV AktG weitgehend leerzulaufen. So räumen denn auch Stimmen aus der Praxis freimütig ein, daß sich die Vorstandsberichte im Vorfeld des Ermächtigungsbeschlusses gerade seit der Kehrtwende des B G H im Urteil Siemens/Nold in standardisierten Formulierungen erschöpfen 1 5 4 und ihr Informationswert gleich Null ist 1 5 5 .

bb) Die These von der Vorab-Berichtspflicht Kapitals

bei Ausnutzung des

genehmigten

Teile des Schrifttums nehmen diese Konsequenz bewußt hin 1 5 6 . Dagegen haben andere, um sie zu vermeiden, vorgeschlagen, die Berichtspflicht auf die Vorstandsentscheidung zu beziehen: Bevor der Entschluß des Vorstands, das genehmigte Kapital auszunutzen und in diesem Rahmen das Bezugsrecht auszuschließen, vollzogen werde, seien die Aktionäre hiervon und von den Gründen des beabsichtigten Bezugsrechtsausschlusses in Kenntnis zu setzen 157 - und zwar mit einer Vorlaufzeit

LG München I BB 2 0 0 1 , 748, 749; insoweit zustimmend Bungert, BB 2 0 0 1 , 742, 7 4 3 ; FS Ulmer, S. 175, 191. 153 Dieser Fall wird - mit zu Recht kritischer Stellungnahme - berichtet von Happ, FS Ulmer, S. 175, 177 mit Fn.10. 154 Krieger, FS Wiedemann, S. 1 0 8 1 , 1 0 8 4 : „Die Allgemeinheit der Darstellung führt dazu, daß die Berichte jeweils inhaltlich sehr ähnlich sind". 155 Happ, FS Ulmer, S. 175, 177. 1 5 6 Etwa Marsch, AG 1982, 211, 2 1 2 ; Rottnauer, BB 2 0 0 3 , 1973, 1974; der Sache nach auch sämtliche Stimmen im Schrifttum, welche die nachfolgend vorgestellte These von einer Vorabberichtspflicht des Vorstands bekämpfen (vgl. Nachweise in den folgenden Fußnoten). 1 5 7 A n w K - G r o ß , AktG, § 2 0 3 R n . 9 7 ; Bayer, Z H R 168 (2004), 132, 155; Ekkenga, AG 2 0 0 1 , 615, 619ff.; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 120ff.; ders. DStR 2 0 0 1 , 577, 581; ders., in GroßkommAktG, § 2 0 3 Rn. 86; Kimpler, DB 1994, 767, 768; Lutter, BB 1981, 861, 863; ders., J Z 1998, 50, 52; ders., in KK, AktG, § 2 0 3 R n . 3 1 ; Meilicke/Heidel, DB 2 0 0 0 , 2 3 5 8 , 2 3 5 9 f . ; Paefgen, ZIP 2 0 0 4 , 145, 153f.; Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluß, S . 9 6 ; Sethe, AG 1994, 3 4 2 , 354; Timm, DB 1982, 2 1 1 , 215f.; Westermann/Paefgen, J Z 2 0 0 3 , 138, 142; einschränkend Hüffer, AktG, § 2 0 3 Rn. 37. Für Vorabberichtspflicht des Vorstands für den Fall, daß das genehmigte Kapital zur Abwehr feindlicher Übernahmeversuche eingesetzt werden soll, auch Kiem, ZIP 2 0 0 0 , 1509, 1514f. 152

Happ,

524

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

von einem Monat 1 5 8 . Die Grundlage für diese Berichtspflicht wird teilweise in § 203 II 2 AktG gesehen 159 . Andere wenden dagegen ein, § 203 II 2 AktG beziehe sich eindeutig nur auf den Ermächtigungsbeschluß; es sei daher § 203 I AktG einschlägig, der insoweit ebenfalls auf § 186IV 2 AktG verweise 160 . Der Vorabbericht soll auch dann erforderlich sein, wenn die Hauptversammlung selbst das Bezugsrecht ausgeschlossen und dem Vorstand nur noch die Entscheidung über die Kapitalerhöhung als solche überlassen hat, wenn also diese, sobald der Vorstand sie beschließt, automatisch mit dem Bezugsrechtsausschluß wirksam wird 161 . Ein solcher Vorabbericht kann gewiß nicht mehr eine Entscheidungsgrundlage für die Aktionäre bereitstellen, da diese im Zeitpunkt der Ausnutzung des genehmigten Kapitals nichts mehr zu entscheiden haben. Wohl aber kann ein solcher Bericht den Aktionären die Möglichkeit eröffnen, Maßnahmen des präventiven Rechtsschutzes zu ergreifen - desjenigen Rechtsschutzes nämlich, den ihnen unter dem Regime der älteren Rechtsprechung die Anfechtungsklage gegen den Ermächtigungsbeschluß gewährleistete. Bereits bei der regulären Kapitalerhöhung und erst recht beim genehmigten Kapital erfüllt der Bericht außerdem noch eine weitere Funktion: Er soll die Grundlage für die materiellrechtliche Beurteilung bereitstellen, ob der Bezugsrechtsausschluß durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist 162 . Auf dem Boden der neuen Rechtsprechung kann der Bericht beim genehmigten Kapital keine der genannten Funktionen erfüllen, wenn man ihn nur auf den Ermächtigungsbeschluß bezieht. Denn weil sich zu diesem Zeitpunkt ein Grund für den Bezugsrechtsausschluß noch nicht abzeichnen muß, kann der Vorstand auch nicht verpflichtet sein, über ihn zu berichten, so daß die Aktionäre sich künftig mit den bereits erwähnten formelhaften Wendungen als Grundlage für ihre Entscheidung über die Ermächtigung werden begnügen müssen. Und weil der Bericht aus diesem Grunde relativ vage gehalten werden kann, fehlt auch dem Gericht jegliche Grundlage, schon im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses den voraussichtlichen Grund für den Bezugsrechtsausschluß darauf hin zu überprüfen, ob er diesen zu rechtfertigen vermag 163 . Der Ermächtigungsbeschluß kann in Konsequenz der neueren Rechtsprechung nicht einmal mit der Begründung angegriffen werden, der Vorstand habe kein konkretes Vorhaben für die Verwendung der Mittel aus 158 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 122; ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 0 3 R n . 8 6 ; Lutter, BB 1981, 2 6 1 , 2 6 4 ; ders, in KK, AktG, § 2 0 3 R n . 3 1 ; Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluß, S.96; Timm, DB 1982, 2 1 1 , 2 1 6 ; weniger streng Sayer, Z H R 168 (2004), 132, 156: 14 Tage bis 4 Wochen ; ablehnend gegenüber einer solchen Vorlaufzeit, weil es an einer gesetzlichen G r u n d l a g e hierfür fehle, Hüffer, AktG, § 2 0 3 Rn. 37a; ebenso ablehnend, weil die Vorlaufzeit die Effizienz des Kapitalmarktes gefährde, Kimpler DB 1994, 767, 768. 159 So A n w K - G r o ß , AktG, § 2 0 3 R n . 9 7 . 160 So Lutter, BB 1 9 8 1 , 2 6 1 , 2 6 3 . 161 Ekkenga, AG 2 0 0 1 , 615, 6 2 0 f . 162 B G H Z 83, 319, 3 2 6 ; LG Hof W M 1992, 2 0 5 7 , 2 0 6 1 ; Bagel, Bezugsrechtsausschluß, S.308, 3 2 5 , 3 2 9 f . ; Lutter, BB 1981, 2 6 1 , 2 6 3 ; Paefgen, ZIP, 2 0 0 4 , 145, 146. 163 Ekkenga, AG 2 0 0 1 , 561, 5 7 2 ; Ihrig, WiB 1997, 1181, 1182.

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

525

der Kapitalerhöhung g e n a n n t 1 6 4 ; die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluß ist heute praktisch nicht mehr a n f e c h t b a r 1 6 5 . Den Befürworten einer Vorabberichtspflicht ist daher darin zu folgen, daß effektiver Rechtsschutz allein dann möglich ist, wenn er gegen die Entscheidung des Vorstand selbst über den Bezugsrechtsausschluß gerichtet werden k a n n 1 6 6 . Z u diesem Z w e c k müssen die Aktionäre die Möglichkeit haben, von jener Entscheidung und von den Gründen hierfür Kenntnis zu n e h m e n 1 6 7 ; deswegen ist in der Tat ein Vorabbericht des Vorstands unerläßlich. Gleichwohl ist die Annahme, der Vorstand sei zur Erstattung eines solchen Vorabberichts verpflichtet,

auf Widerspruch gestoßen: Sie finde keine Grundlage

im Gesetz und gefährde die Effizienz des genehmigten Kapitals als Instrument flexibler Beschaffung von Eigenkapital 1 6 8 . Zudem lasse sich k a u m ein M a ß s t a b begründen, anhand dessen der Vorstand beurteilen könne, w a n n seine grundsätzliche Geheimhaltungspflicht bei beabsichtigten Transaktionen unter Ausnutzung genehmigten Kapitals in eine Vorabberichtspflicht u m s c h l a g e 1 6 9 . cc)

Vorabbericht

und

Gesetzeswortlaut

Was die Vereinbarkeit mit dem Gesetzeswortlaut anbelangt, so erscheint es in der Tat wenig geglückt, die Berichtspflicht aus § 1 8 6 I V A k t G über die Verweisungsnorm des § 2 0 3 I A k t G zur Anwendung zu bringen. Denn weil nur in § 2 0 3 II 2 A k t G v o m Bezugsrechtsausschluß die Rede und dort § 1 8 6 I V 2 A k t G ausdrücklich genannt ist, ist § 2 0 3 II 2 A k t G insoweit als lex specialis anzusehen 1 7 0 . Und § 2 0 3 II 2 A k t G bezieht die Berichtspflicht nach § 1 8 6 I V 2 A k t G ausdrücklich auf den Ermächtigungsbeschluß, nicht aber auf die nachfolgende Entscheidung des Vorstands, das Bezugsrecht auszuschließen 1 7 1 . Gerade deshalb liegt freilich die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber davon ausging, für den Bezugsrechtsausschluß könne und müsse bereits im Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses eine fundierte Begründung gegeben werden. O f f e n b a r hat er erwartet, daß bereits bei Erteilung jener Ermächtigung inhaltlich aussagekräftige Informationen über den Bezugsrechtsausschluß gegeben werden und eine solWellkamp, Vorstand, S. 75. Richtig Bosse, ZIP 2001, 104, 107. 166 Zur Ausgestaltung des Rechtsschutzes näher unten c) 167 Zutreffend Bayer, Aktionärsrechte, S.154; Ekkenga, AG 2001, 567, 576; GroßkommAktG-H/Vte, §203 Rn. 86; Meilicke/Heidel, DB 2000, 2358, 2360; Westermann/Paefgen, JZ 2003, 138, 142. 168 OLG Frankfurt NZG 2003, 584, 586f.; BB 2003, 1971 ff.; LG Frankfurt/M. DB 2000, 2159; Bosse, ZIP 2001, 104, 106f.; Heinsius, FS Kellermann, S.115, 123ff.; Kirchner/Sailer, NZG 2002, 305, 306f.; Krieger, FS Wiedemann, S. 1081, 1092f.; Küblerl Mendelson!Mundheim AG 1990,461,463; MüHdbGesR W/Krieger, § 58 Rn.44; Paschos, WM 2005, 356, 359ff.; Sinewe, ZIP 2001, 403, 404. 169 Happ, FS Ulmer, S. 175, 184. 170 Insoweit richtig Heinsius, FS Kellermann, S. 115, 123; Marsch, AG 1982, 211, 215. 171 Das betonen besonders Krieger, FS Wiedemann, S. 1081, 1088; Natterer, ZIP 2002, 1672, 1676 - mit dem Ziel, das Postulat einer Vorabberichtspflicht des Vorstands als gesetzwidrig zu entlarven. 164

165

526

5 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

che Ermächtigung rechtmäßig nicht erteilt werden k a n n , bevor dies geschehen ist. Das Gesetz liegt somit eher auf der Linie der älteren Rechtsprechung, die eben dies gefordert hatte. Wenn man es davon abweichend mit der neueren Rechtsprechung für zulässig hält, daß der Vorstand gleichsam auf Vorrat ermächtigt wird, in denkbaren künftigen Fällen das Bezugsrecht auszuschließen, so läßt sich dies allenfalls als Rechtsfortbildung contra legem im Hinblick auf die Ausrichtung von Publikumsgesellschaften auf den Kapitalmarkt begreifen 1 7 2 . J e n e Ausrichtung mag eine Verlagerung der ^Lnts&ei&ungszuständigkeit

rechtfertigen: W ä h r e n d früher die

Hauptversammlung die Ermächtigung nur bei konkret absehbarem sachlichem Grund erteilen und daher eine materielle Vorentscheidung über den Bezugsrechtsausschluß treffen mußte, kann sie heute die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluß komplett an den Vorstand delegieren. Die Orientierung am Kapitalmarkt rechtfertigt jedoch keine

Verkürzung

des Rechtsschutzes

zum Nachteil der

Aktionäre. Die Entscheidung des Vorstands substituiert einen entsprechenden Beschluß der Hauptversammlung. Sie m u ß daher ebenso gerichtlich angreifbar sein wie dieser 1 7 3 . Die neuere Rechtsprechung kann folglich nur Bestand haben, wenn sie - ebenso rechtfortbildend ohne Rücksicht auf das rechtssystematische Verhältnis von § 2 0 3 I und § 2 0 3 II 2 A k t G - durch eine Verpflichtung des Vorstands flankiert wird, vor Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Ausschluß des Bezugsrechts an die Aktionäre zu berichten, wenn also der Aktionär spätestens im Zeitpunkt jener Ausnutzung von den Gründen des Bezugsrechtsausschlusses

er-

f ä h r t 1 7 4 . Die Verpflichtung zur Erstattung eines Vorabberichts gründet, weil der Vorstandsbeschluß materiell an die Stelle eines solchen der Hauptversammlung tritt, unmittelbar

auf§

186IV

2 AktG,

der somit nicht erst über die Verweisung in

§ 2 0 3 A k t G zur Geltung gebracht werden m u ß 1 7 5 . Nicht die Annahme einer solchen Verpflichtung verstößt nach alledem gegen das Gesetz, sondern deren Leugnung.

dd) Vorab-Berichtspflicht

und Effizienz der

Kapitalmaßnahme

Die Befürchtung der Gegenmeinung, das genehmigte Kapital könne seiner Funktion beraubt werden, der A G eine effiziente und hinreichend flexible Kapitalbeschaffung zu ermöglichen, ist nur teilweise begründet und dort, w o sie begründet ist, hinzunehmen. Der Vorstand hat den Vorabbericht mit der vergleichsweise kurzen Vorlaufzeit von einem M o n a t zu erstatten; er darf zur Durchführung der Kapitalerhöhung schreiten, wenn nicht sein Beschluß, das Kapital unter Ausschluß des Ähnlich Hüffer, AktG, §203 R n . l l a . Zutreffend Meilicke/Heidel, DB 2000, 2358, 2359. 174 Aus diesen Gründen genügt es auch nicht, wenn der Vorstand an den Aufsichtsrat berichtet (so aber van Venrooy DB 1982, 735, 737; zu Recht ablehnend auch Bosse, ZIP 2001, 104, 105; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 110f.; Sinewe, ZIP 2001, 403). 175 In diese Richtung auch Timm, DB 1982, 211, 215, der die Berichtspflicht auf den „Gedanken der §§ 186 IV, 192 II Nr.2, 193 II AktG" stützen will. Vgl. auch Bayer, ZHR (2004), 132, 154; Bericht bedarf nach der Siemens/Nold-Rechtsprechung keiner konkreten Substanz mehr. 172 173

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

527

Bezugsrechts zu erhöhen, innerhalb dieses M o n a t s angegriffen und ihm die Durchf ü h r u n g im Wege der einstweiligen Verfügung 1 7 6 untersagt wird. Länger als einen M o n a t wird die M a ß n a h m e also nicht hinausgezögert, es sei denn, ein Gericht gelangt im summarischen Verfahren zum Ergebnis, daß die Rechtswidrigkeit des Bezugsrechtsausschlusses zumindest glaubhaft gemacht ist. Die gesetzmäßige Kapitalerhöhung wird damit in ihrer Verwirklichung nur um einen M o n a t hinausgezögert. Wenn dem Vorstand zugemutet wird, diese Zeitspanne zuzuwarten, wird die Effizienz der Kapitalmaßnahme im Regelfall nur unwesentlich beeinträchtigt 1 7 7 . Das gilt namentlich für den Fall, d a ß die Kapitalerhöhung die Beteiligung an anderen Gesellschaften ermöglichen soll: Derartige Verbindungen müssen ohnehin im Rahmen einer unternehmerischen Strategie sorgfältig und zeitaufwendig vorbereitet werden 1 7 8 , so daß es auf einen M o n a t mehr oder weniger nicht a n k o m m e n kann. Für einen „Einkaufsbummel in der Unternehmerlandschaft" steht das genehmigte Kapital nicht zur Verfügung 1 7 9 . Die Verzögerung der D u r c h f ü h r u n g um einen M o n a t bedroht die Kapitalakquisition lediglich d a n n ernsthaft, wenn diese über den organisierten Kapitalmarkt erfolgen soll: Für das Bestreben, einen günstigen Börsenkurs für die Akquisition neuen Eigenkapitals in maximaler H ö h e auszunutzen, können durchaus bereits einige wenige Wochen entscheidend sein 1 8 0 ; der Börsenkurs mag einen M o n a t später bereits ein gänzlich anderes (und für die Gesellschaft unerfreuliches) Schicksal genommen haben 1 8 1 . So waren es gerade auch die Bedürfnisse des Unternehmens als Teilnehmer des Kapitalmarkts, die den B G H zur Aufgabe der strengen Anforderungen an den Ermächtigungsbeschluß bewogen hatten 1 8 2 ; und mit Recht wurde im Schrifttum bedauert, d a ß die neuere Rechtsprechung zu wenig zwischen geschlossenen AG einerseits und kapitalmarktaktiven Publikumsgesellschaften andererseits differenziert 1 8 3 . Gewiß wird ein Aktionär, der Teilhabe- und Informationsrechte gegenüber einer börsennotierten Gesellschaft behauptet, auf die Tatsache Rücksicht nehmen müssen, d a ß das Unternehmen, an dem er beteiligt ist, Kapital auf einem organisierten M a r k t beschafft 1 8 4 ; dies um so mehr, als er im Zweifel selbst nur über eben diesen M a r k t Z u g a n g zum Unternehmen gefunden hat. In diesem U m f a n g verdient das Anliegen der neueren Rechtsprechung, der Gesellschaft mehr Flexibilität zu verschaffen, grundsätzlich Beifall. 176

Vgl. zur einstweiligen Verfügung gegen Vollzugsmaßnahmen des Vorstands unten D II 2. Ebenso Meilicke/Heidel, DB 2 0 0 0 , 2 3 5 8 , 2360. 178 Z u t r e f f e n d Timm, DB 1982, 2 1 1 , 2 1 4 . 179 Z u t r e f f e n d Lutter, J Z 1998, 50, 51; Timm, DB 1982, 2 1 1 , 2 1 5 . 180 Heinsius, FS Kellermann, S. 115, 125. 181 Kübler, A G 1994, 141, 147. 182 Vgl. B G H Z 136, 133, 137ff. 183 Bayer, Z H R 163 (1999), 505, 540ff.; Happ, FS Ulmer, S. 175, 189f.; Hüffer, A k t G , § 2 0 3 Rn. I I a ; Lutter, FS Zöllner, 363, 3 7 3 f f . ; ders./Leinekugel ZIP 1998, 805, 813 mit F n . 7 1 ; M K Hüffer, A k t G , § 2 4 3 R n . 6 1 ; Seibt, V G R III (2000), 37, 56; Ulmer, Z G R 1999, 7 5 1 , 7 6 4 f . 184 Eingehend hierzu Martens, ZIP 1992, 1677, 1694 ff. 177

528

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

Wenn aber selbst bei unmittelbar bevorstehender Kapitalmaßnahme der Aktionär keines Berichts für würdig befunden wird, wird die kapitalmarktrechtliche Perspektive einseitig auf die Sicht der Gesellschaft verengt und verkannt, daß der Aktionär ebenfalls als Teilnehmer des Kapitalmarktes auftritt. Er bedarf der Information nicht nur um des präventiven Rechtsschutzes willen, sondern auch, um sein eigenes Investitionsverhalten sachgerecht zu steuern: Die Art und Weise, wie der Vorstand das genehmigte Kapital ausnutzt und die daraus gewonnenen Mittel zu verwenden trachtet, spiegelt stets eine bestimmte unternehmenspolitische Entscheidung wider. D e r Aktionär, der sein Bezugsrecht um dieser Entscheidung willen opfern mußte, wird sehr sorgfältig prüfen, o b er in jener Geschäftspolitik des Vorstands eine Erfolgsperspektive erblickt oder nicht; wenn nicht, wird er sich zur Desinvestition entschließen 1 8 4 3 . Diese Entscheidung darf ihm das Aktienrecht nicht verbauen; dies namentlich nicht unter Hinweis auf die Einflüsse des Kapitalmarktrechts. Bis heute ist unklar, wie die Wechselwirkungen von Verbandsrecht und Kapitalmarktrecht zu qualifizieren sind: So wird formuliert, M e c h a n i s m e n des ersteren ergänzten, ersetzten sogar teilweise diejenigen des letzteren 1 8 5 . Das Gesellschaftsrecht der börsennotierten Gesellschaften verwandle sich zum Kapit a l m a r k t r e c h t 1 8 6 ; der Anleger sei mehr mit Mitteln des Kapitalmarktrechts denn des Gesellschaftsrechts zu schützen 1 8 7 . Andernorts ist von einer „Überlagerung" aktienrechtlicher Vorschriften durch Regeln des Kapitalmarkts die R e d e 1 8 8 . Teilweise wird mit Blick auf bestimmte einzelne Problemfelder zu illustrieren versucht, wie sich Wertungen des Kapitalmarktrechts gegen solche des tradierten Gesellschaftsrechts durchsetzen 1 8 9 ; wieder andere bevorzugen demgegenüber die Deutung, daß beide Rechtsgebiete einander ergänzen und wechselseitig zusammenwirk e n 1 9 0 . Schließlich wird teilweise der Akzent auf das Verbandsrecht gelegt: Dieses werde durch das Kapitalmarktrecht nicht abgelöst, sondern ergänzt und in mancher Hinsicht überhaupt erst voll entfaltet 1 9 1 . Es erscheint daher zumindest denkbar, daß das Kapitalmarktrecht tatsächlich im Ansatz geeignet ist, verbandsrechtliche Wertungen zu überspielen. Selbst dies kann indes nicht bedeuten, daß dem Aktionär, der gerade in seiner Eigenschaft als Anleger durch die Bestimmungen des Kapitalmarktrechts in seinen Informationsinteressen besonders geschützt werden s o l l 1 9 2 , ein verbandsrechtlich begründeter Informationsanspruch

vorenthalten

184a Ygl. a u c h Fleischer, NJW 2004,2335,2336: Größere Transaktionen sind nicht nur Management-, sondern Investitionsentscheidungen. 185 GvoßkommAktG-Assmann, Einl. Rn.380; kritisch Mülbert, Aktiengesellschaft, S.76f. 186 Großfeld, AG 1997, 433, 435. 187 Schießl, VGR II (1999), 57, 66. 188 Ekkenga, VGR III (2000), 77, 78; Seibt, ebenda S.37, 41 ff. 189 Lutter, FS Zöllner, S. 363ff., passim; van Aerssen, WM 2000, 391, 392f. 190 Schwark, FS Stimpel, S. 1087,1101 ff.; Zöllner, AG 2000, 145,152; Hommelhoff, Diskussionsbeitrag, S. 69; Möllers, ZGR 1997, 334, 366f.; ders., AG 1999, 433, 442. 191 Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 432. 192 Zum Anliegen des Kapitalmarktrechts, Anleger durch Information zu schützen, vgl. GroßkommAkxG-Assmann, Einl. Rn.375ff.; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 752ff.; Luttermann, ZIP 2001, 1901, 1904; Merkt, Unternehmenspublizität, S.296ff.; Schwark, FS Stimpel, S.1087f.,

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

529

werden darf. Das aktienrechtliche Auskunftsrecht verzeichnet im Gegenteil unter den Bedingungen moderner Kapitalmärkte einen Funktionszuwachs: Der Aktionär kann Auskunft gerade auch mit dem Ziel verlangen, eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung sachgerecht treffen zu können 193 . Damit verträgt sich eine Beschneidung präventiver Informationsrechte als Konsequenz der Siemens/NoldRechtsprechung nicht. Gewiß ist die Existenz des Bezugsrechts so manchem Autor ein Dorn im Auge, der hierin die Flexibilität der Gesellschaft bei der Aufnahme neuen Eigenkapitals bedroht sieht 194 oder die mitgliedschaftsrechtliche Ausgestaltung der Aktionärsrechte unter den Bedingungen eines modernen Kapitalmarkts und namentlich angesichts der sehr schwach ausgeprägten Bindung des Aktionärs an die Gesellschaft für überholt hält 195 . Doch ist die Konzeption der Aktie als Mitgliedsstellung geltendes Recht, ihre Neubestimmung daher exklusive Aufgabe des Gesetzgebers. Auf dem Boden der lex lata gibt es zu einem Aktionärsschutz der hier befürworteten Intensität keine Alternative, mag man dies nun für mit den Bedürfnissen der Praxis vereinbar halten oder nicht. Darüber hinaus überzeugt der Versuch, dem Vorstand ohne präventive Kontrolle den praktisch beliebigen Handel mit Aktien der Gesellschaft zu ermöglichen, nicht einmal als rechtspolitische Perspektive. In der Reformdiskussion vor der Aktienrechtsnovelle 1884 hatte man als häufige Ursache für den Zusammenbruch von Unternehmen die allzu pauschale Ermächtigung an Vorstand und Aufsichtsrat ausgemacht, das Grundkapital der Gesellschaft beliebig zu erhöhen 196 . Nun ist der maximale Umfang einer Kapitalerhöhung nach heutigem Recht zwingend an einen Hauptversammlungsentscheid gebunden. Aber die Vorratsermächtigung zum Bezugsrechtsausschluß kann ganz ähnliche Wirkungen haben wie eine Pauschalermächtigung zur Kapitalerhöhung selbst: Die Entscheidung des Vorstands, an wen die Aktien ausgegeben werden, kann Teil eines wichtigen strategischen Konzepts sein. Hierüber vorab informiert zu werden, haben die Aktionäre nicht nur um ihrer selbst, sondern auch um eines funktionierenden Aktienwesens willen ein Recht. Die Erfahrungen der Gründerkrise waren schmerzhaft; die Fehler von damals sollten nicht wiederholt werden.

llOOf.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 9 III 1 (S.496, 4 9 9 f f . , 511 ff.); Zöllner, A G 2 0 0 0 , 145, 152. 193 Überzeugend Hommelboff, Z G R 2 0 0 0 , 748, 7 6 8 f. 194 Kübler/Mendelson/Mundbeim, AG 1990, 461, 4 6 6 und passim. - Gegen A u f w e i c h u n g e n des Bezugsrechts mit Rücksicht auf den Kapitalmarkt dezidiert und zutreffend Zöllner, A G 2 0 0 2 , 585, 5 8 8 f f . 195 Vgl. dazu Mertens, A G 1 9 9 0 , 4 9 ff., insbes. S.52; Schießl, AG 1 9 9 9 , 4 4 2 , 4 4 5 f.; ders., V G R II (1999), 5 7 , 6 5 f . 196 Vgl. Scbubel, Verbandssouveränität, S. 5 8 0 f . m w N . Vgl. auch Zöllner, A G 2 0 0 2 , 5 8 5 , 5 8 6 , der die Kapitalerhöhungsskandale des beginnenden 20. J a h r h u n d e r t s in einem Atemzug mit den Schwindelgründungen der 1870er Jahre nennt.

530

§ 8 Rechtsformübergreifende

c) Prozessuale

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

Folgerungen

Die vorstehenden Ausführungen haben eine Begrenzung der Vorstandskompetenz zum Ausschluß des Bezugsrechts in zweierlei Richtung zutage gefördert: Der Durchführung einer solchen Kapitalerhöhung muß eine Entscheidung des Vorstands vorausgehen, die zum einen der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf und zum anderen nicht ausgeführt werden darf, bevor sie den Aktionären bekanntgegeben, ihnen gegenüber begründet und danach einen Monat zugewartet worden ist. Diese Entscheidung des Vorstands ergeht jedenfalls dann, wenn es sich beim Vorstand um ein Kollegialorgan handelt, in der Form eines Beschlusses; nichts anderes gilt aber, wenn die Entscheidung von einem Einmann-Vorstand getroffen wird: Es findet zwar nicht notwendig eine Differenzierung zwischen Beschluß und Ausführung statt, wenn die Entscheidung über die Maßnahme und ihre Ausführung in der Hand einer einzelnen Person liegen. Die zur Durchführung der Maßnahme befugte Person entscheidet gewissermaßen, indem sie ausführt. Anders liegt es aber dort, wo das Gesetz eine Trennung von Entscheidung und Ausführung vorschreibt. So muß selbst der Alleingesellschafter-Geschäftsführer bestimmte Maßnahmen förmlich beschließen, bevor er sie ausführt 1 9 7 . Dies gilt namentlich für die Kapitalerhöhung: Er hat sie zunächst zu beschließen und zum Handelsregister anzumelden, bevor er einen neuen Geschäftsanteil zeichnen kann. Die gleiche Konstellation begegnet beim Bezugsrechtsausschluß im Rahmen des genehmigten Kapitals: Der Vorstand hat eine Entscheidung zu treffen, die von ihrer Ausführung eben durch die Zustimmung des Aufsichtsrats und die Vorabinformation an die Aktionäre getrennt ist. Den Beschluß faßt der Vorstand auf der Grundlage einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung und damit in abgeleiteter Zuständigkeit. Mit der Verlagerung jener Zuständigkeit ist keine Verkürzung des Rechtsschutzes verbunden. Ebenso wie der auf einen Bezugsrechtsausschluß gerichtete Kapitalerhöhungsbeschluß der Hauptversammlung unterliegt daher der entsprechende Vorstandsbeschluß der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage nach den § § 2 4 1 ff. AktG 1 9 8 . Daraus erhellt, daß der Rechtsschutz des Aktionärs sich nicht in einer Abwehrklage zur Beseitigung eines Eingriffs in seine Mitgliedschaft erschöpft. Wäre dies der Vgl. dazu Lindemann, Beschlußfassung, S. 65 ff. Ebenso Baums, Z G R 1983, 300, 329f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 5 0 1 , 5 0 3 ; Paefgen, ZIP 2 0 0 4 , 145, 149ff.; Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluß, S. 96. Ausdrücklich gegen die Zulassung einer Anfechtungsklage gegen den Vorstandsbeschluß zur Ausnutzung des genehmigten Kapitals OLG Frankfurt N Z G 2 0 0 3 , 3 3 1 , 3 3 2 ; Rottnauer, BB 2 0 0 3 , 1 9 7 3 , 1 9 7 4 ; - Hirte, ZIP 1989, 1233, 1244 will sich zumindest insoweit an das Anfechtungsverfahren anlehnen, als die Klage gegen den Bezugsrechtsausschluß (deren Klageart er aaO.S. 1243 nicht näher bestimmt; vgl. aber nunmehr GroßkommAktG-H/rte, § 2 0 3 Rn. 130ff.: vorbeugende Unterlassungsklage) gegen die Gesellschaft zu richten sein soll. Für vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Ausschluß des Bezugsrechts auch A n w K - G r o ß , AktG, § 2 0 3 Rn. 122; Bayer, Z H R 168 (2004), 1 3 2 , 1 5 8 ; Meilicke/Heidel, DB 2 0 0 0 , 2 3 5 8 , 2 3 5 9 . Cahn, Z H R 164 (2000), 113, 117 will auf die Unterlassungsklage des Aktionärs gegen die Durchführung der Kapitalerhöhung § 2 4 7 AktG analog anwenden. 197

198

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

531

Fall, so müßte er geltend machen, daß er selbst vom Bezugsrechtsausschluß in seinen Mitgliedschaftsrechten betroffen ist 1 9 9 . Richtigerweise kann jedoch der Aktionär den Vorstandsbeschluß unter den gleichen Voraussetzungen anfechten, unter denen er auch einen regulären Kapitalerhöhungsbeschluß anfechten könnte. Der Aktionär muß daher gerade keine

Betroffenheit in eigenen Rechten rügen 2 0 0 ; er

kann insbesondere selbst dann mit Erfolg klagen, wenn sein eigenes Bezugsrecht nicht berührt wird. Da der Aktionär am Vorstandsbeschluß und der Sitzung, in welcher dieser gefaßt wird, nicht teilzunehmen befugt ist, greift auch die Beschränkung des § 2 4 5 Nr. 1 AktG ins Leere 2 0 0 3 : Die Anfechtungsbefugnis steht vielmehr jedem Aktionär zu. Andererseits ist die Anfechtung des Vorstandsbeschlusses ebenso streng an die Frist des § 2 4 6 I AktG gebunden wie die Anfechtung eines entsprechenden Beschlusses der Hauptversammlung 2 0 1 ; diese Frist beginnt in dem Augenblick, da der Beschluß in den Gesellschaftsblättern bekanntgegeben wird 2 0 2 , und zwar unter Einschluß des Vorabberichts 2 0 3 . Wird innerhalb dieser Frist keine Anfechtungsklage erhoben, so wird der Vorstandsbeschluß ebenso bestandskräftig, wie dies bei einem vergleichbaren Beschluß der Hauptversammlung der Fall wäre 2 0 4 ; das ist auch im Ergebnis sachgerecht, weil gerade wegen der Begründung neuer Mitgliedschaften ein gesteigertes Interesse am rechtlichen Bestand der Kapitalerhöhung besteht, welche sonst nach ihrer Durchführung unter großem Aufwand rückgängig gemacht werden müßte 2 0 5 . Die Kompetenz des Vorstands, die Kapitalerhöhung durchzuführen und diese Durchführung nach § § 2 0 3 I 1, 188 AktG zum Handelsregister anzumelden, 1 9 9 Das fordert für die Anfechtungsklage gegen den Vorstandsbeschluß ausdrücklich Baums, Z G R 1 9 8 3 , 3 0 0 , 3 4 0 ; für die Anfechtungsklage gegen jede Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß Cahn, Z H R 163 (1999), 554, 580; Martens, ZIP 1992, 1677, 1688ff.; de lege ferenda für die Unterlassungsklage gegen die Gesellschaft gegen die Durchführung des vom Vorstand beschlossenen Bezugsrechtsausschlusses ebenso Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S . 2 1 5 . 2 0 0 Ebenso Becker, Verwaltungskontrolle, S. 505. 2 0 0 a Anders Paefgen, ZIP 2 0 0 4 , 145, 151: Aktionär müsse seine Klageabsicht unverzüglich nach Bekanntmachung der Verwaltungsentscheidung über die Ausnutzung genehmigten Kapitals mitteilen. 2 0 1 Ebenso A n w K - G r o ß , AktG, § 203 Rn. 126; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S . 2 0 9 ; ders., in GroßkommAktG, § 2 0 3 Rn. 132; KK-Lutter, AktG, § 203 Rn. 44 für die Klage gegen die Gesellschaft auf Unterlassung der Aktienausgabe. Gegen eine solche Befristung Becker, Verwaltungskontrolle, S. 505, weil die Sitzung des Vorstands dem Aktionär nicht zugänglich sei. Doch läßt sich, wie sogleich im Text zu zeigen sein wird, seine Kenntnis vom Beschluß auf andere Weise gewährleisten. Nach Paefgen, ZIP 2 0 0 4 , 145, 151 soll die Satzung für den Fall der Anfechtung des Vorstandsbeschlusses, wonach das genehmigte Kapital ausgenutzt werden soll, eine kürzere Anfechtungsfrist vorschreiben können. 2 0 2 Ebenso Baums, Z G R 1983, 300, 330; ebenso für die von ihm angenommene vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Gesellschaft AnwK-Gro/?, AktG, § 2 0 3 Rn. 126. 2 0 3 Ähnlich Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.210: Frist beginnt, sobald der Vorstand seine Pflicht zum Vorabbericht erfüllt hat. Hirte nennt als alternative Möglichkeiten des Fristbeginns die Bekanntgabe der Maßnahme in der Tagespresse; spätestens soll die Frist einen Monat nach der nächsten Hauptversammlung zu laufen beginnen. 2 0 4 Ausdrücklich gegen eine solche Bestandskraft aber Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 2 0 6 . 2 0 5 Zur Rückabwicklung fehlerhafter Kapitalerhöhungen unten D III 1.

532

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

knüpft an einen rechtsgültigen, den Aktionären bekanntgemachten und ihnen gegenüber begründeten sowie vom Aufsichtsrat gebilligten Vorstandsbeschluß an. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so überschreitet der Vorstand, der gleichwohl unter Ausschluß des Bezugsrechts das genehmigte Kapital ausnutzt, seine Kompetenzen zu Lasten derjenigen der Hauptversammlung. H a t daher der Aktionär den Vorstandsbeschluß erfolgreich angefochten, fehlt es an einem Vorabbericht des Vorstands oder an einem zustimmenden Beschluß des Aufsichtsrats (den der Aktionär ebenfalls anfechten k a n n 2 0 6 ) , so kann sich der Aktionär gegen die Durchführung der Kapitalerhöhung mit der Kompetenzschutzklage wehren. Die K o m petenzschutzklage ist auch begründet, wenn der Vorabbericht zwar erteilt, aber inhaltlich ungenügend ist; ein solcher Bericht vereitelt ebenfalls die präventiven Rechtsschutzmöglichkeiten des Aktionärs, so daß dieser die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht zu dulden braucht. Der Aktionär kann die Anfechtungsklage gegen den Vorstandsbeschluß und die auf Unterlassung der Durchführung gerichtete Kompetenzschutzklage miteinander verbinden; der Anspruch auf Unterlassung einer Kapitalerhöhung, welche die soeben beschriebenen Kautelen nicht beachtet, läßt sich im Wege der einstweiligen Verfügung sichern. D a m i t steht dem Aktionär effektiver Rechtsschutz gegen einen rechtswidrigen Bezugsrechtsausschluß auch im Zuge des genehmigten Kapitals zur Seite. d) Nochmals:

Zum Zweck

des

Vorabberichts

D e r Vorabbericht des Vorstands vor Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Ausschluß des Bezugsrechts hat sich nach dem Gesagten als gewichtiges Instrument entpuppt, um dem Aktionär diesen effektiven Rechtsschutz überhaupt gewährleisten zu können. Gerade mit Blick hierauf wird freilich jüngst vorgetragen, auf diese Weise werde der Vorstandsbericht seiner ursprünglichen Funktion beraubt: Informationsrechte der Aktionäre bestünden nicht, um Rechtsschutz zu ermöglichen, sondern um eine sachgerechte Kompetenzausübung sicherzustellen. Die Ausnutzung genehmigten Kapitals falle aber nicht mehr in die Kompetenz der Hauptversammlung, so daß der Aktionär insoweit auch keine Information mehr benötige. Für die Überwachung der Rechtmäßigkeit des Bezugsrechtsausschlusses sei der Aufsichtsrat zuständig und nicht die Hauptversammlung 2 0 7 . Demgegenüber ist nochmals festzuhalten: Die Delegation der Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluß auf den Vorstand rechtfertigt keine Verkürzung des Rechtsschutzes; ohne Vorabbericht vor der entsprechenden Vorstandsentscheidung würde es aber zu einer solchen Verkürzung k o m m e n . Die These, daß Informationsrechte der Aktionäre immer nur einer sachgerechten Kompetenzausübung und niemals der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dienen, ist in dieser Allgemeinheit 2 0 6 Wie hier Becker, Verwaltungskontrolle, S.503; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 159ff.; anders - nur Angriff gegen die Vorstandsentscheidung selbst - Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 173 mit Fn. 100, S . 2 2 4 . 207 Krieger, FS Wiedemann, S . 1 0 8 1 , 1097ff.

C. Der organübergreifende

Beschlußmängelstreit

533

schlicht falsch; sie wird eindeutig widerlegt durch § 246 IV AktG: Diese Vorschrift begründet ebenfalls eine Informationspflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären, und dies, wie gezeigt 208 , gerade mit dem Ziel, den Aktionären Rechtsschutz im Anfechtungsverfahren zu gewährleisten. Und selbst der Vorstandsbericht im Vorfeld eines Bezugsrechtsausschlusses im originären Anwendungsbereich des § 186 IV AktG dient nicht allein der sachgerechten Kompetenzausübung, sondern soll die gerichtliche Überprüfung des Bezugsrechtsausschlusses erleichtern, entfaltet also jedenfalls auch Rechtsschutzfunktion. Diese Rechtsschutzfunktion wird für das genehmigte Kapital durch den Vorabbericht konsequent fortgedacht: Wenn man schon beim Ermächtigungsbeschluß auf substantielle Information und damit auch weitgehend auf eine Rechtskontrolle verzichtet, m u ß man dies bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals nachholen. Z u d e m übersieht die soeben wiedergegebene Kritik an der Vorabberichtspflicht des Vorstands, daß jene Pflicht noch eine weitere Funktion erfüllt, nämlich die Funktion, die Aktionäre in ihrer Funktion als Teilnehmer des Kapitalmarkts so rechtzeitig vom geplanten Einsatz des genehmigten Kapitals zu unterrichten, daß sie über ihren Aktienbesitz sachgerecht disponieren können.

III. Exkurs: Befristung der Kompetenzschutzklage? Der BGH hat im Holzmüller-Urteil ausgeführt, daß dem Aktionär, der sich durch die eigenmächtige Ausführung einer Vorstandsmaßnahme in seinen Kompetenzrechten beeinträchtigt fühle, nicht unbegrenzt lange zuwarten könne. Verlange er, die M a ß n a h m e rückgängig zu machen, so müsse er innerhalb einer Frist klagen, die nicht außer Verhältnis zur Anfechtungsfrist stehe 209 . Das LG Koblenz hat im Anschluß hieran judiziert, die Klage auf Feststellung, daß der Vorstand sich rechtswidrig über die Kompetenz der Hauptversammlung hinweggesetzt habe, müsse spätestens 6 Monate nach Ausführung der M a ß n a h m e erhoben werden 2 1 0 . Im Schrifttum wird die gegen die Ausführung gerichtete Kompetenzschutzklage teilweise sogar bedingungslos der starren Frist des § 246 I AktG unterworfen 2 1 1 . Eine ähnliche Befristung der Kompetenzschutzklage ließe sich bereits vor Ausführung 208

O b e n § 5 D II 2. B G H Z 8 3 , 1 2 2 , 1 3 5 f . ; zustimmend LG Koblenz DB 2 0 0 1 , 1 6 6 0 ; Altmeppen, D B 1 9 9 8 , 4 9 , 51. In diese Richtung auch Becker, Verwaltungskontrolle, S. 6 5 0 ; M ü H d b G e s R TV/Wiesner, § 18 Rn. 12: Klage o h n e unangemessene Verzögerung zu erheben; vgl. ferner Brandes, W M 1 9 8 4 , 2 8 9 , 2 9 4 ; K K - M e r t e n s , A k t G , § 9 3 Rn. 191: Klage nur binnen angemessener Frist; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 117: Wiederherstellungsanspruch n u r innerhalb enger zeitlicher Grenzen. 210 LG Koblenz A G 2 0 0 2 , 102. 211 D a f ü r Flame, Die juristische Person, § 8 V 4 (S. 311); Martens, Z H R 147 (1983), 3 7 7 , 4 0 2 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 158. Für § 2 4 6 I AktG als A n h a l t s p u n k t f ü r die Befristung der Kompetenzschutzklage des weiteren Bayer, N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 , 2 6 1 1 ; Brondics, Aktionärsklage, S. 119; Großfeld/Brondics, J Z 1982, 5 8 9 , 5 9 0 f . ; dies., A G 1 9 8 7 , 2 9 3 , 3 0 4 unter insoweit fehlerhafter Berufung auf B G H Z 83, 122. Vgl. ferner Rehbinder, Z G R 1 9 8 3 , 92, 107: Für die K o m p e tenzschutzklage gelte eine angemessene Frist, ähnlich wie im G m b H - R e c h t (dazu ausführlich 209

534

R e c h t s f o r m ü b e r g r e i f e n d e Probleme

des

Beschlußmängelstreits

der Maßnahme denken: So könnte man etwa den Standpunkt vertreten, der Vorstand könne die beabsichtigte Maßnahme Gesellschaftsblättern bekanntmachen und sodann einen Monat zuwarten, um sodann, falls kein Aktionär im Klagewege sein Vorgehen zu unterbinden sucht, zur Tat zu schreiten. Die Befragung der Hauptversammlung könnte er sich dann gänzlich ersparen. Bereits der Blick auf diese Konsequenz zeigt, daß eine so weitgehende Fristbindung der Kompetenzschutzklage nicht angenommen werden kann 2 1 2 . Der Vorstand hätte es sonst weitgehend in der Hand, die Kompetenzordnung der AG aufzulösen. In der Sache bestehen denn auch gewichtige Unterschiede zur Interessenlage bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluß. Der Aktionär, der den hierauf gerichteten Beschluß des Vorstands angreift, wehrt sich nicht gegen eine Kompetenzanmaßung durch den Vorstand. Dies könnte er auch kaum mit Erfolg tun; denn durch den Ermächtigungsbeschluß ist dem Vorstand die Kompetenz zu dieser Entscheidung übertragen worden. Der Aktionär wendet sich vielmehr gegen den sachlichen Inhalt des Beschlusses - dies freilich, wie gezeigt, ohne notwendig die Verletzung eigener Rechte behaupten zu müssen. Die Anfechtungsklage gegen den Vorstandsbeschluß, das genehmigte Kapital unter Ausschluß des Bezugsrechts auszuschöpfen, ist in dem gleichen Umfang erfolgreich, wie es die Anfechtungsklage gegen einen gleichlautenden Beschluß der Hauptversammlung wäre. Demgegenüber richtet sich das Rechtsschutzbegehren des Kompetenzschutzklägers nicht, jedenfalls nicht notwendig, gegen den Inhalt des Beschlusses. Gewiß wird der Aktionär die Kompetenzschutzklage vornehmlich dann erheben, wenn er mit der Vorstandsmaßnahme in der Sache nicht einverstanden ist. Er kann indes durchaus auch dann vernünftigen Anlaß für eine solche Klage sehen, wenn er das Vorhaben des Vorstands in der Sache für durchaus diskussionswürdig, indes zugleich noch der Diskussion vor dem Forum der Hauptversammlung bedürftig erachtet. Dementsprechend ist die Kompetenzschutzklage dort, wo der Vorstand seine Kompetenzen tatsächlich überschritten hat, selbst dann begründet, wenn die Maßnahme von der Hauptversammlung in der Sache rechtmäßig hätte beschlossen werden können. Es wird nicht ein fehlerhafter Beschluß des an sich zuständigen Vorstands gerügt, sondern dessen fehlende Zuständigkeit und damit das Fehlen eines Beschlusses durch das an sich zuständige Organ überhaupt. Wo aber das tatsächlich zuständige Organ keinen Beschluß gefaßt hat, unterliegt die Maßnahme keinem Bestandsschutz, der dazu zwingt, Rechtsschutz hiergegen auf den Zeitraum binnen eines Monats seit dem Vorstandsbeschluß zu beschränken. Die Kompetenzschutzklage richtet sich, anders als die Anfechtungsklage gegen den Bezugsrechtsausschluß beim genehmigten Kapital, nicht gegen einen Beschluß des Vorstands als solchen; sie richtet sich gegen dessen tatsächliche Ausüben § 6 D). Die Frist soll beginnen, sobald der Aktionär von der Vorstandsmaßnahme Kenntnis erlangt (Brondics aaO.S. 119f.) bzw. hätte erlangen müssen (Pflugradt,

aaO.S. 159).

2 1 2 Wie hier Baums, DJT 2 0 0 0 , S. F 218; Binge, Gesellschafterklagen, S. 151 f.; Zöllner, 1988, 392, 432.

ZGR

D. Die konkurrierende

535

Kompetenzscbutzklage

führung. So stellt sich denn auch für die Kompetenzschutzklage das Problem der Verfristung bei weitem nicht in ihrem gesamten Anwendungsbereich. So kann der Vorstand etwa seine Verpflichtung, einen Hauptversammlungsbeschluß

auszufüh-

ren, nicht dadurch zu Fall bringen, daß er die Nichtausführung beschließt, dies bek a n n t m a c h t und sodann ein M o n a t ohne Gegenwehr der Aktionäre verstreicht. Bestandsschutz für die Vorstandsmaßnahme ist erst dort denkbar, w o der Vorstand tatsächlich etwas getan hat und den dadurch geschaffenen Zustand u.U. nur unter Schwierigkeiten wieder beseitigen kann. Einen eben solchen Fall hat der B G H im Fall Holzmüller entschieden; verallgemeinerungsfähige Aussagen zur Fristbindung der Aktionärsklage enthält das Urteil nicht. Angesichts der völlig unterschiedlichen Interessenlage kann § 2 4 6 I A k t G nicht auch nur ansatzweise für eine Fristbindung der Kompetenzschutzklage fruchtbar gemacht werden; diese unterliegt vielmehr lediglich den allgemeinen Grenzen der V e r w i r k u n g 2 1 3 . Im Fall Holzmüller war die Klage in der Tat verwirkt: D e r Kläger hatte 2 J a h r e zugewartet, bis er etwas gegen die Ausgliederung des wesentlichen Betriebsteils in die Tochtergesellschaft u n t e r n a h m 2 1 4 . Im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung zutreffend hat der B G H daher zu Recht die Klage als zu spät erhoben erachtet.

D. Die konkurrierende I.

Kompetenzschutzklage

Problemstellung

Ein Prozeßmodell, das gesellschaftsinterne Streitigkeiten unter Beteiligung der Gesellschaft als Partei im gerichtlichen Verfahren zu bewältigen sucht, stößt, wie mehrfach hervorgehoben, immer dann auf seine Grenzen, wenn konkurrierende Klagen mit entgegengesetztem Rechtsschutzziel gegen die Gesellschaft erhoben werden könnten. Aus diesem Grund ist die Gesellschaft nur dort als Partei geeignet, w o die Rechtsbehauptung, mit der sie in den Rechtsstreit eintritt, klar definiert ist. Im K o n t e x t von Beschlußmängelstreitigkeiten wird jene Behauptung durch den Beschluß bestimmt, den die Gesellschaftsorgane folglich zu verteidigen haben. N u n mag es geschehen, daß eben jene Legitimationsgrundlage, nämlich der Beschluß, im Streit steht, ein Aktionär oder Gesellschafter aber bereits vor der endgültigen Klärung auf die Durchführung des seiner Meinung nach gefaßten und gültigen oder den NichtVollzug des seiner M e i n u n g nach nicht gefaßten bzw. jedenfalls ungültigen Beschlusses drängt. Wie oben § 1 gesehen, hat jedes Verbandsmitglied gegen die Gesellschaft einen Anspruch darauf, daß ausgeführt wird, was positiv, und unterlassen wird, was überhaupt nicht oder gar negativ beschlossen worden ist. Dies kann im Rechtsstreit zu schwierigen Situationen führen: 2 1 3 Ebenso Binge, Gesellschafterklagen, S. 152; Saenger, GmbHR 1997, 112, 121; Z G R 1988, 392, 4 3 2 . 2 1 4 BGH AG 1982, 158, 161; insoweit in BGHZ 83, 122 nicht abgedruckt.

Zöllner,

536

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

- So mag in einer GmbH oder Personengesellschaft die Verkündung des Beschlußergebnisses durch einen Versammlungsleiter unterblieben sein und daher unter den Gesellschaftern Streit darüber bestehen, mit welchem Inhalt der Beschluß gefaßt worden ist. Der eine Gesellschafter mag behaupten, die Mehrheit habe für eine bestimmte Maßnahme gestimmt, und daher von der Gesellschaft deren Ausführung durch den Geschäftsführer begehren; ein anderer mag entgegnen, die Gesellschafter hätten sich mehrheitlich dagegen ausgesprochen, und daher von der Gesellschaft Unterlassung der Maßnahme verlangen. - Ebenso mag ein Beschluß zwar mit einem eindeutig bestimmten Inhalt gefaßt, aber angefochten worden sein. Die Befürworter des Beschlusses werden sich auf den Standpunkt stellen, der Beschluß sei ungeachtet der Klage wirksam und daher vom Vorstand bzw. Geschäftsführer auszuführen; die Gegner werden einwenden, es müsse angesichts der erhobenen Klage vermieden werden, daß durch den Vollzug des Beschlusses vollendete Tatsachen geschaffen würden. In beiden Fällen fragt sich, wie das Gericht über das Vornahme- bzw. das Unterlassungsbegehren zu entscheiden hat.

II. Die Kompetenzschutzklage bei unklarem Beschlußinhalt Während in der AG der Beschluß immer von einem Versammlungsleiter verkündet werden muß und daher immer nur mit dem verkündeten Inhalt, ohne eine solche Verkündung aber überhaupt nicht wirksam wird 215 , ist eine solche Beschlußfeststellung in der GmbH entbehrlich. Es kann daher, wie bereits erörtert 216 , Streit darüber entstehen, mit welchem Inhalt der Beschluß gefaßt worden ist. Dieser Streit ist unter den Gesellschaftern auszutragen; bevor dieser nicht endgültig beigelegt ist, muß der Geschäftsführer mit der Ausführung des Beschlusses zuwarten. Daraus folgt, daß eine Konkurrenz von gegenläufigen Kompetenzschutzklagen nicht entstehen kann; denn die auf Unterlassung der Ausführung gerichtete Klage ist immer, die auf Vollzug des Beschlusses gerichtete demgegenüber nie begründet eben weil der Geschäftsführer nicht tätig werden darf, bevor nicht Einigkeit über den Beschlußinhalt hergestellt worden ist, und sei es zwangsweise durch rechtskräftige richterliche Feststellung. Die Gesellschaft kann daher nicht in die Zwickmühle konkurrierender Leistungstitel (der eine auf Ausführung, der andere auf Unterlassung) geraten.

215 216

Näheroben §5 FI. Oben §6 F.

D. Die konkurrierende

Kompetenzschutzklage

537

III. Die Kompetenzschutzklage während rechtshängiger Anfechtungsklage 1. Der Vorstand in der Zwickmühle

widerstreitender

Rechtsschutzbegehren

Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage, wenn ein Beschluß mit eindeutig bestimmtem Inhalt existiert, aber angefochten worden ist. Anfechtbare Beschlüsse sind wirksam und bleiben es, bis sie durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt worden sind (§241 Nr.5 AktG). Die Anfechtungsklage entfaltet keine aufschiebende Wirkung 217 . Bereits deshalb kann das Geschäftsleitungsorgan nicht verpflichtet sein, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage mit dem Vollzug des Beschlusses zuzuwarten 218 . Deswegen ist die Behauptung verfehlt, der Anspruch auf Unterlassung jenes Vollzugs entstehe bereits mit der rechtswidrigen Beschlußfassung 219 . Ein solcher Anspruch ließe sich allenfalls als Ausfluß eines allgemeinen Rechts auf gesetzes- und satzungsmäßige Beschlußfassung erklären; bestünde ein solches Recht, so wäre konsequent im Moment, da der Beschluß gefaßt wird, ein Anspruch auf seine Aufhebung und konsequent auch ein Anspruch auf Unterlassung des Vollzugs gegeben. Dem Aktionär steht indes, wie gezeigt 220 , ein subjektivrechtlicher Anspruch auf rechtmäßige Beschlußfassung nicht zu. Allenfalls kann er verlangen, daß der Vorstand sein Handeln nach der Beschlußlage richtet; diese aber ist vor rechtskräftigem Abschluß des Anfechtungsprozesses nicht eindeutig. Der Anspruch des Aktionärs, die Ausführung eines rechtswidrigen Beschlusses zu unterlassen, entsteht daher erst mit Rechtskraft des stattgebenden Anfechtungsurteils; in diesem Fall muß der Vorstand abwarten, bis ein neuer Beschluß gefaßt wird, da die Hauptversammlung, indem sie Beschluß gefaßt hat, zu erkennen gegeben hat, daß sie ihre Kompetenz ausüben und die Maßnahme nicht dem Gutdünken des Vorstands überantworten will. Freilich versetzt die Anfechtungsklage die Gesellschaft ungeachtet der Tatsache, daß der Beschluß wirksam ist und vollzogen werden kann, in einen Schwebezustand. Sowohl die Ausführung wie die Nichtausführung eines Beschlusses können mit Risiken verbunden sein, was folgendes Beispiel verdeutlichen mag: Die H a u p t v e r s a m m l u n g der X-AG hat eine Kapitalerhöhung sowie den Ausschluß des Bezugsrechts beschlossen. Der in der H a u p t v e r s a m m l u n g klar benannte Z w e c k dieser M a ß n a h m e besteht darin, ein anderes Unternehmen zu erwerben und dessen bisherigem Inhaber U als Gegenleistung eine Sperrminorität an der X anzubieten. U soll m.a.W. das von ihm gezeichnete Kapital durch Einbringung seines Unternehmens als Sacheinlage decken. Aktionär A ficht den Kapitalerhöhungsbeschluß mit der Begründung an, U biete a u f g r u n d bestimmter 217 Bork, Z Z P 100 (1987), 249, 267; Ebert, GmbHR 2003, 444, 447; Henze, ZIP 2002, 97; Hölters, BB 1977, 105, 109; lmmenga, GmbHR 1973, 5, 10; Littbarski, Rechtsschutz, S. 166f.; Noack, AG 1989, 78, 85; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §28 IV 5 e aa (S.860); Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.63, 156; Verhoeven, Innenrecht, Rn.261, 307; Wellkamp, Vorstand, S.61. 218 So aber Worch, Treuepflichten, S. 120 (für den Geschäftsführer der GmbH). 219 So aber Baums, DJT 2000, S. F 205; Schulz-Gardyan, Z H R 159 (1995), 748, 751. 220 Oben § 5 B I.

538

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

Verdachtsmomente nicht die G e w ä h r für gesellschaftstreues Verhalten. Der Bezugsrechtsausschluß sei daher nicht im Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt. U d r o h t , das Geschäft platzen zu lassen, w e n n es nicht alsbald vollzogen werde. Die Mehrheit drängt den Vorstand, die K a p i t a l m a ß n a h m e schleunigst beim Handelsregister angemeldet wird. A möchte eben dies um jeden Preis verhindern.

Führt der Vorstand die Kapitalerhöhung durch und hat sodann die Anfechtungsklage Erfolg, so steht der Vorstand vor einer prekären Situation. Denn er muß nunmehr die Kapitalerhöhung gemäß den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft 221 wieder mit großem Aufwand rückgängig machen. Wartet hingegen der Vorstand aber zu und springt deshalb U ab, so nutzt es der X nichts, wenn sie dann im Anfechtungsprozeß obsiegt; denn die erhofften Synergien aus dem geplanten Unternehmenszusammenschluß sind dahin. Die Risiken beider Optionen abzuwägen muß in allen Verbandsformen dem Geschäftsleitungsorgan überlassen bleiben, das nach pflichtgemäßem Ermessen Für und Wider gegeneinander abzuwägen hat. In diese Ermessensausübung kann sich das einzelne Mitglied nicht mit Hilfe der Kompetenzschutzklage einmischen. Dies Ermessen muß der Geschäftsführung bereits deshalb verbleiben, weil sie namentlich in den Kapitalgesellschaften auch von der Haftung getroffen wird. Wird der Beschluß ausgeführt und später vom Gericht aufgehoben, so vermag er die Enthaftung des Vorstands nach § 93 IV AktG und des Geschäftsführers nach § 43 III 3 GmbHG nicht mehr zu bewirken 222 . Dann können Vorstand und Geschäftsführer auch nicht gezwungen sein, den Beschluß vor rechtskräftiger Entscheidung über die Anfechtungsklage auszuführen 223 ; und konsequent kann kein Aktionär einen Anspruch auf Beschlußvollzug haben. 2. Zur Bedeutung des vorläufigen

Rechtsschutzes

Mit diesen Überlegungen ist das Problem konkurrierender Kompetenzschutzklagen bei rechtshängiger Anfechtungsklage indes nicht gelöst, sondern auf die Ebene des vorläufigen Rechtsschutzes verlagert. Während des Anfechtungsprozesses kann nämlich eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel begehrt werden, den Vollzug des Beschlusses durch den Vorstand bzw. den Geschäftsführer zu untersagen 224 . Der Verfügungsanspruch besteht zwar nicht in einem gegenwärtigen Un221 Dazu näher Baums, Eintragung, S.61; Hommelhoff, Z H R 158 (1994), 11, 16; Hüffer, AktG, §248 Rn.7a; U. Huber, FS Zöllner, S.147, 148; Kort, ZGR 1994, 291, 306ff.; ders., Bestandsschutz, S.2.11 ff.; Krieger, Z H R 158 (1994), 35, 48f.; Lindemann, Beschlußfassung, S.220ff.; C. Schäfer, Verband, S.422ff.; Schockenhoff, DB 1994, 2327; Schultz, Behebung, S. 172; Slabschi, Anfechtungsklage, S. 82f.; Stein, ZGR 1994,473,486; Vollmann, Minderheitenschutz, S.42f.; Winter, FS Ulmer, S.699, 702; Zöllner, AG 1993, 68, 72ff. Ebenso für eine von vornherein nichtige Kapitalerhöhung OLG Stuttgart DB 2000, 1218, 1220. 222 Vgl. zuletzt Horbach, BB 2001, 893f. 223 Im Ergebnis ebenso Ebert, GmbHR 2003, 444, 447; v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2003, 4 2 6 , 4 2 8 ; Hüffer, AktG, § 243 Rn. 50; Mennicke, N Z G 2 0 0 0 , 6 2 2 , 6 2 4 ; MK-Hüffer, AktG, § 243 Rn.22; Pßugradt, Leistungsklagen, S. 86. 224 OLG Nürnberg GmbHR 1993, 588, 589; Baums, DJT 2000, S. F 219; Beyer, GmbHR 2001, 4 6 7 , 4 6 9 ; Damm, Z H R 154 (1990), 413, 437; v. Gerkan, ZGR 1985, 167,189; Happ, Die

D. Die konkurrierende

Kompetenzschutzklage

539

terlassungsanspruch; denn dieser ist vor rechtskräftiger Entscheidung über die Anfechtungsklage nicht gegeben. D o c h wird, wenn die Anfechtungsklage Erfolg hat, ein Anspruch jedes einzelnen Mitglieds entstehen, die Ausführung des v o m Gericht für nichtig erklärten Beschlusses zu unterlassen 2 2 5 . Die Erfüllung dieses Anspruchs zu sichern, insbesondere seiner Vereitelung durch faktisch unumkehrbaren Beschlußvollzug zuvorzukommen, dient die einstweilige Verfügung. D a der Verfügungsanspruch sich in der Hauptsache gegen die Gesellschaft richtet, ist diese auch Gegnerin des einstweiligen Verfügungsbegehrens. In gleicher Weise ist dann aber auch eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel denkbar, den Beschluß trotz seiner nur schwebenden Wirksamkeit auszuführen116-,

ein Verfügungsgrund

mag insoweit darin bestehen, daß der Beschluß, wenn er nicht alsbald vollzogen wird, seinen wirtschaftlichen Sinn einbüßt. So ist beispielsweise eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel für zulässig gehalten worden, den angefochtenen Beschluß zum Handelsregister anzumelden 2 2 7 .

3. Die analoge Anwendung

der §§246,

248

AktG

D a m i t nun der Vorstand nicht in die Zwickmühle einander widersprechender Leistungstitel gerät, ist vorgeschlagen worden, dem Leistungsurteil (nach dem soeben Gesagten dem Verfügungsurteil) gegen die Gesellschaft die Rechtskraftwirkung des § 2 4 8 A k t G beizumessen: Das einmal ergangene Sachurteil soll gegen alle Aktionäre w i r k e n 2 2 8 , und zwar unabhängig davon, o b die Ausführung des Beschlusses oder deren Unterlassung begehrt wurde und o b ein stattgebendes oder ein abweisendes Sachurteil ergangen ist 2 2 9 . D e r Vorstand soll die Erhebung des Verfügungsantrags sowie einen eventuellen Termin zur mündlichen Verhandlung in den Gesellschaftsblättern bekanntgeben müssen ( § 2 4 6 IV A k t G ) 2 3 0 , damit die übrigen Aktionäre nach §§ 6 6 , 6 9 Z P O intervenieren und so ihr rechtliches G e h ö r wahrnehmen können. Sollte diesem Vorschlag zu folgen sein, so m u ß die streitgenössische Nebenintervention den Aktionären auf beliebiger Seite eröffnet werden: Z w a r haben sie weder ein R e c h t auf vorläufigen Vollzug noch auf vorläufige Aussetzung des Vollzugs. Die Verfügung sichert aber einen künftig,

nämlich mit

GmbH im Prozeß, §25 Rn.l; Hölters, BB 1977, 105, 109; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.183; Landrock, Innenrechtsstreit, S.260; Littbarski, Rechtsschutz, S.56, 166f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.40; MüHdbGesR Wingert, §40 Rn.87; MüHdbGesR IV/Semler, §41 Rn.8; Paefgen, ZIP 2004, 145, 148; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S.126; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.60f.; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn. 183; Semler, BB 1979, 1533, 1536; Trittmann, ZGR 1999, 340, 361. 2 2 5 Oben §1 B III 1, sub (3). 2 2 6 Vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. §47 Rn.40. 227 Littbarski, Rechtsschutz, S. 175. 2 2 8 So für die AG Baums, DJT 2000, S.F. 219; GroßkommAktG-iC. Schmidt, § 241 Rn. 6; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 164. 229 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 168. 2 3 0 So Baums, DJT 2000, S. F 219. Gegen die Anwendung des § 246 IV AktG auf das Verfügungsverfahren aber Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 130.

540

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

Rechtskraft des Urteils, entstehenden Anspruch auf Vollzug bzw. Nichtvollzug des Beschlusses. Will der Vorstand den Beschluß nicht vollziehen, so wird das Ergebnis der Willensbildung der Aktionäre jedenfalls zeitweise außer Kraft gesetzt, obwohl der Beschluß in der Zwischenzeit wirksam ist; will der Vorstand ihn ausführen, so besteht die Möglichkeit, daß der Beschluß später rückwirkend aufgehoben und damit der Vorstand so steht, als habe er von vornherein eigenmächtig gehandelt. 4. Rechtsbehauptung

und

Legitimation

Die Gesellschaft ist, wie in dieser Arbeit mehrfach hervorgehoben, nur dann geeignete Partei im gesellschaftsinternen Rechtsstreit, wenn die Rechtsposition, mit der sie in den Rechtsstreit eintritt, vorab definiert ist. Im Beschlußmängelstreit wird diese Positionsbestimmung durch den gefaßten Beschluß definiert, den die Gesellschaft zu verteidigen hat. Im Kompetenzschutzstreit während eines anhängigen Prozesses um die Anfechtung des Beschlusses besteht keine Pflicht des Vorstands, für den Vollzug des Beschlusses einzutreten; der Vorstand entscheidet vielmehr von Fall zu Fall nach pflichtgemäßem Ermessen, wie er den Schwebezustand zu überbrücken gedenkt. Die Position der Gesellschaft wird damit jedenfalls nicht durch den gefaßten Beschluß bestimmt. Gleichwohl bedeutet dies nicht, daß die Gesellschaft in den hier interessierenden Fällen zwingend als Prozeßpartei ausscheidet. Wenn ihre Rechtsbehauptung für den Prozeß vorab bestimmt sein muß, so liegt dies daran, daß es ihren Vertretungsorganen grundsätzlich nicht zusteht, diese Position autonom zu bestimmen. Diese Einsicht führte insbesondere in GmbH und Personengesellschaft zur Erkenntnis, daß die Gesellschaft keinen Beschluß verteidigen kann, der weder unstreitig noch verbindlich festgestellt ist; denn der Geschäftsführer bzw. die geschäftsführenden Gesellschafter sind nicht befugt, eigenmächtig einen bestimmten Beschlußinhalt zu behaupten. Der Streit um die Feststellung des Beschlußinhalts muß konsequent unter den Gesellschaftern ausgefochten werden. Sieht sich dagegen der Vorstand mit dem Begehren eines Aktionärs konfrontiert, einen angefochtenen Beschluß auszuführen oder auszusetzen, so entscheidet er hierüber autonom; er bestimmt konsequent auch, mit welcher Rechtsbehauptung er in den Rechtsstreit eintritt. Diese Position darf er konsequent auch namens der Gesellschaft vertreten. Er muß sich freilich an der einmal vorgenommenen Bestimmung festhalten lassen; die einmal gebildete Auffassung, daß der Beschluß angesichts der Anfechtungsklage noch nicht auszuführen sei bzw. trotz des Prozesses unbedingt bereits jetzt vollzogen werden müsse, muß er bis zum Prozeßende vertreten. Mit dieser Maßgabe sind in der Tat die §§246, 248 AktG auf den Kompetenzschutzstreit während rechtshängiger Anfechtungsklage anwendbar.

D. Die konkurrierende

5. Der Inhalt der Bekanntmachung

541

Kompetenzschutzklage

nach §246 IV AktG

Die Möglichkeit des Vorstands, zwischen zwei konträren Rechtsbehauptungen zu wählen, hat Konsequenzen für das weitere Verfahren: D e r Vorstand darf sich nicht darauf beschränken, nur die Tatsache des Verfügungsantrags und einen eventuellen Termin zur mündlichen Verhandlung bekanntzumachen; er m u ß richtigerweise außerdem auch den Inhalt des Verfügungsantrags bekanntgeben. Denn anders als bei der Beschlußmängelklage, bei der jedem bewußt ist, daß sie sich gegen

den

Beschluß richtet, kann der Verfügungsantrag sowohl auf die Ausführung wie auch auf das gegenteilige Ziel, nämlich die Unterlassung gerichtet sein. Die übrigen Aktionäre müssen dann wissen, wofür einerseits der Kläger und andererseits der Vorstand streiten, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können, o b und auf welcher Seite sie intervenieren wollen.

6. Exkurs: Verbindung von Beschlußmängela) Kein Kompetenzschutzanspruch Anfechtungsurteil

und

Kompetenzschutzklage?

vor rechtskräftigem

stattgebendem

Die vorstehenden Überlegungen bleiben nicht ohne Folgen für den Rechtsschutz des Anfechtungsklägers. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, der Aktionär, der einen Beschluß der Hauptversammlung anfechte, könne diese Klage mit einer auf Unterlassung des Beschlußvollzugs gerichteten Aktionärsklage, hier sog. Kompetenzschutzklage, verbinden. D e r Anspruch auf Unterlassung des Vollzugs entstehe nämlich bereits mit der rechtswidrigen Beschlußfassung 2 3 1 . D e n k t man diese Ansicht zu Ende, so stehen danach beide Streitgegenstände unverbunden nebeneinander: Der Aktionär verlangt Aufhebung des Beschlusses, daneben aber bereits jetzt, trotz ungewissen Ausgangs des Anfechtungsprozesses, Unterlassung. Auf dem Boden der soeben zutage geförderten Erkenntnisse erscheint dies jedenfalls in der Begründung angreifbar: Der Anspruch auf Unterlassung entsteht erst, wenn der Beschluß rechtskräftig für nichtig erklärt ist. Solange die Anfechtungsklage noch nicht rechtskräftig beschieden ist, entscheidet der Vorstand a u t o n o m nach pflichtgemäßem Ermessen, o b er den Beschluß aussetzen oder ausführen will. Ein Kompetenzschutzanspruch des Aktionärs kann in diesem Zeitpunkt nicht zur Entstehung gelangen.

b) Kompetenzschutzantrag

als uneigentliche

Eventualklage

Vielmehr stellt sich die gleichzeitig mit der Anfechtungsklage erhobene K o m p e tenzschutzklage des Aktionärs als eine Klage

auf künftige

Leistung

nach § 2 5 9

Z P O dar. D a die Kompetenzschutzklage nur begründet ist, wenn die vorgeschaltete Anfechtungsklage Erfolg hat, macht der Aktionär beide Klagebegehren nicht als zwei selbständige Hauptanträge geltend; vielmehr erhebt er den Anfechtungsan231

Baums, DJT 2000, S. F 205.

542

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

trag als Hauptantrag und hilfsweise für den Fall des Erfolgs den Kompetenzschutzantrag auf Unterlassung des Beschlußvollzugs. Es handelt sich damit um eine sog. uneigentliche eventuelle Klagenhäufung. c) Der Streit um die Zulässigkeit

der uneigentlichen

Eventualhäufung

Die Zulässigkeit einer solchen Klagenhäufung ist umstritten, wobei die Darstellung des Streitstandes dadurch erschwert wird, daß einige Autoren ihre Überlegungen auf spezifische, singuläre Varianten dieser Klagenhäufung fokussieren. So wird der uneigentlichen Eventualhäufung namentlich der Kampf angesagt, soweit sie mit dem Ziel eingesetzt wird, von ein und derselben Forderung einen Teil als Hauptantrag und für den Fall des Erfolgs den Rest als uneigentlichen Hilfsantrag geltend zu machen. In einem solchen Fall verhalte der Kläger sich widersprüchlich: Er müsse sich entscheiden, ob er die Forderung ganz oder nur teilweise erfüllt haben wolle 232 . Die Zulassung einer Klagenhäufung der beschriebenen Art laufe auf die Zulassung einer Klage hinaus, welche unter der auflösenden Bedingung erhoben werde, daß sie unbegründet sei; eine solche Klage sei aber nicht zulässig 233 . Dem Kläger werde die Möglichkeit eingeräumt, die Hemmung der Verjährung vollumfänglich eintreten zu lassen ( § 2 0 4 Nr. 1 BGB n.F.) und gleichzeitig sein Kostenrisiko zu minimieren 234 , während diese Möglichkeit dem Beklagten nicht offenstehe: Der Beklagte sei, was dem Umfang des Streitgegenstands angehe, allein vom Verhalten des Klägers abhängig 235 . Für eine solche Freistellung des Klägers vom Kostenrisiko gebe es keinen Grund 236 . Vielmehr ergebe sich aus § 269 ZPO die Wertung, daß der Beklagte nicht unbeschränkt in Streitigkeiten verwickelt werden dürfe, die rückwirkend wegfallen und ohne seinen Willen erneuert werden könnten 237 . Darüber hinaus wird zum Teil die uneigentliche Eventualhäufung nicht nur für den soeben beschriebenen Sonderfall, sondern grundsätzlich abgelehnt 238 ; sie soll lediglich ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn dies zur Herstellung der prozessualen Waffengleichheit erforderlich sei. So könne der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren Kündigungsschutzklage erheben und hilfsweise für den Fall des Erfolgs auch den rückständigen Lohn sowie Weiterbeschäftigung verlangen. Bezüglich des Lohns gelte dies namentlich deshalb, weil der Umstand kompensiert werden müsse, daß die Kündigungsschutzklage für sich allein die Verjährung von Lohnansprüchen nicht beeinflusse 239 .

Lüke/Kerwer, N J W 1996, 2 1 2 1 , 2 1 2 4 . Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2 1 2 1 , 2 1 2 5 ; Wendtland, Verbindung, S, 55f. 234 Lüke/Kerwer, N J W 1996, 2 1 2 1 , 2 1 2 5 . Dies Argument wird allgemein gegen uneigentliche Eventualklagen, also ohne Begrenzung auf die im Text beschriebene besondere Fallgestaltung, ins Feld geführt von MK-Lüke, ZPO, § 2 6 0 Rn. 16. 235 Musielak-Foerste, ZPO, § 2 6 0 R n . 9 . 236 Lüke/Kerwer, N J W 1996, 2 1 2 1 , 2 1 2 3 f . 237 Lüke/Kerwer, N J W 1996, 2 1 2 1 , 2 1 2 5 . 2 3 8 M K - L ü k e , ZPO, § 2 6 0 Rn. 16; Musielak-Foerste, ZPO, § 2 6 0 Rn. 9. 2 3 9 M K - L ü k e , ZPO, § 2 6 0 R n . 1 8 . 232 233

D. Die konkurrierende

Kompetenzschutzklage

543

Die überwiegende Meinung hält dagegen die uneigentliche Eventualhäufung im Grundsatz für zulässig 2 4 0 , hat freilich über deren Voraussetzungen noch keine Einigkeit erzielt. So wird argumentiert, mit dem Hilfsantrag werde eine künftige Leistung begehrt; deshalb sei er nur unter den Voraussetzungen des § 2 5 9 Z P O zulässig 2 4 1 . Diese Überlegung ist freilich teilweise auf den Spezialfall gemünzt, daß der Eigentümer nach § 9 8 5 B G B Herausgabe der Sache, hilfsweise für den Fall der nicht fristgerechten ( § 2 5 5 Z P O ) Erfüllung Schadensersatz aus § 2 8 3 B G B a.F. geltend m a c h t 2 4 2 . Weitergehend wird gefordert, es müsse für den Fall, daß der Hauptantrag Erfolg habe, bereits bei Klageerhebung feststehen, daß dann auch der Hilfsanspruch entstehe; denn § 2 5 9 Z P O könne nur eingreifen, wenn der Bestand des Anspruchs auf die zukünftig begehrte Leistung bereits gewiß s e i 2 4 3 . Von anderer Seite wird wiederum die uneigentliche Eventualklage ohne jede Einschränkung für zulässig e r k l ä r t 2 4 4 : Sie sei schon in §§ 5 1 0 b , 6 2 3 Z P O , 1 1 3 1 2 , I V V w G O , 6 1 II A r b G G gesetzlich a n e r k a n n t 2 4 5 ; für sie spreche die P r o z e ß ö k o n o m i e , weil die Prozeßergebnisse nicht doppelt erarbeitet werden m ü ß t e n 2 4 6 ; einen ungerechtfertigten Kostenvorteil erlange der Kläger nicht, weil er ebensogut zwei Prozesse hintereinander schalten und dann den zweiten nur bei Erfolg des ersten führen k ö n n e 2 4 7 ; der Beklagte sei beim Umfang des Streitgegenstands nicht v o m Verhalten des Klägers abhängig, sondern könne seinerseits eine negative Feststellungsklage erheb e n 2 4 8 ; und das Recht des Beklagten auf eine Sachentscheidung werde ebensowenig verletzt wie durch die Zulassung des eigentlichen, d.h. für den Fall

erfolglosen

Hauptantrags erhobenen Hilfsantrag 2 4 9 . Der B G H 2 5 0 erwähnt zwar § 2 5 9 Z P O , läßt es aber für die Zulässigkeit des uneigentlichen Eventualantrags schon ausreichen, daß der Beklagte seine Verpflichtung aus dem Hauptantrag bestreitet; dem Kläger könne nicht zugemutet werden, zwei Prozesse zu führen. d) Prozeßökonomie

und verbandsrechtliche

Wertung

Diese Interessenbewertung, die der B G H generell auf die Fälle uneigentlicher Eventualhäufung gemünzt wissen will, erweist sich jedenfalls für den Bereich ge2 4 0 RGZ 144, 71, 73f.; BGH NJW 1986,2820, 2821; WM 2 0 0 1 , 4 1 6 , 4 1 7 ; OLG Köln VersR 1995, 679, 680; OLG Schleswig NJW 1966, 1929, 1930; Bunte, JuS 1967, 206f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 96 Rn.20f.; Rütter, VersR 1989,1241,1244; Stein/JonasSchumann, ZPO, §260 Rn. 25; Tbomas/Putzo, ZPO, §260 Rn.8; Wendtland, Verbindung, S.54f.; Wolf, FS Gaul, S.805, 807ff. 2 4 1 OLG Schleswig NJW 1966, 1929, 1930; Bunte, JuS 1967, 206f.; Rütter, VersR 1989, 1241, 1244. 2 4 2 So namentlich bei Bunte, JuS 1967, 206f.; Rütter, VersR 1989, 1241, 1244. 243 Wendtland, Verbindung, S.54ff. 2 4 4 Zum Folgenden Wolf, FS Gaul, S.805 ff. 245 Wolf, FS Gaul, S.805, 808f. 246 Wolf, FS Gaul, S. 805, 807f. 247 Wolf, FS Gaul, S.805, 807, 810. 248 Wolf, FS Gaul, S.805, 812. 249 Wolf, FS Gaul, S.805, 810. 2 5 0 BGH NJW 1986, 2820, 2821; WM 2001, 416, 417.

544

§ 8 Rechtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

seilschaftsrechtlicher Beschlußmängelstreitigkeiten als zutreffend. Die § § 2 4 1 ff. AktG tragen dem Umstand Rechnung, daß durch die Geltung des Mehrheitsprinzip die Entscheidungsfindung im Verband erleichtert werden soll und dies seine Spiegelung in der Vereinfachung des Rechtsschutzes finden muß, damit zügig und effektiv Klarheit über die Beschlußlage hergestellt werden kann. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn der Aktionär seinen Kompetenzschutzanspruch nach erfolg*reicher Beschlußanfechtung in einem gänzlich neuen Prozeß durchsetzen müßte. Ebensowenig kann dem Aktionär, der im Gegensatz zu seinen Mitaktionären schon hinsichtlich des Anfechtungsantrags mit einem Prozeßkostenrisiko belastet ist, zugemutet werden, die Klage auf Unterlassung des Beschlußvollzugs auf ein zusätzliches Kostenrisiko hin bereits von Beginn an als unbedingte zu erheben. Der Anfechtungskläger ist der einseitigen Gestaltungsmacht der Mehrheit ausgesetzt und im Interesse prozessualer Waffengleichheit auf eine effektive und möglichst kostengünstige Möglichkeit der Gegenwehr angewiesen. Die Verbindung beider Klagen eröffnet die Möglichkeit, daß in dem Augenblick, da der Anfechtungsantrag sich als begründet erweist, sogleich die Verurteilung der Gesellschaft zur Unterlassung ausgesprochen wird. Die Gefahr, daß das Unterlassungsurteil rechtskräftig wird, der Anfechtungsprozeß aber in die nächsthöhere Instanz gelangt, besteht deshalb nicht, weil für beide Anträge die Gesellschaft die richtige Beklagte ist und der Vorstand für den Anfechtungsantrag zusammen mit dem Aufsichtsrat ( § 2 4 6 II 2 AktG), für den Unterlassungsantrag allein zur Vertretung der Gesellschaft berufen ist. Die Entscheidung über eine Berufung gegen das Anfechtungsurteil muß er in jedem Fall mittragen; trägt er sie mit, so wird er dies Rechtsmittel sinnvollerweise auch gegen das Unterlassungsurteil einlegen. Insgesamt kann daher der Aktionär Anfechtungsklage und hilfsweise für den Fall des Erfolgs Kompetenzschutzklage auf Unterlassung des Beschlußvollzugs erheben.

E. Kompetenzscbutzklage

und gegenläufige

Bescblußmängelklage

Erhebliche Schwierigkeiten bereitet die Parteienkonstellation, wenn eine Person, die an sich zur Ausführung des Beschlusses berufen wäre, ihrerseits Anfechtungsklage erhebt:

I. Aktiengesellschaft M a n nehme etwa in einer AG an, der Vorstand ( § 2 4 5 Nr. 4 AktG) oder ein Vorstandsmitglied ( § 2 4 5 Nr. 5 AktG) klage gegen einen Hauptversammlungsbeschluß. Die Gesellschaft wird dann nur noch durch den Aufsichtsrat vertreten ( § 2 4 6 II 3 AktG); dieser tritt namens der Gesellschaft mit der Rechtsbehauptung auf, der Beschluß sei wirksam. Will nun ein Aktionär erreichen, daß der Beschluß gleichwohl ausgeführt wird, so muß er dies Begehren ebenfalls im Wege einer Kla-

E. Kompetenzschutzklage

und gegenläufige Beschlußmängelklage

545

ge gegen die Gesellschaft zur Geltung bringen. Die Gesellschaft wird in diesem Streit vom Vorstand vertreten werden; dieser nämlich ist allein berufen zu bestimmen, mit welcher Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintritt: Er muß entscheiden, ob der Beschluß trotz des anhängigen Prozesses ausgeführt wird oder nicht. Der Vorstand wird namentlich dann kaum dafür eintreten, den Beschluß zu vollziehen, wenn er als Gesamtorgan nach § 245 Nr. 4 AktG die Klage erhoben hat; dann wird er vielmehr argumentieren, der Beschluß sei ohnehin vom Gericht aufzuheben. Die Gesellschaft verficht hier also in zwei verschiedenen Prozessen diametral entgegengesetzte Rechtspositionen in bezug auf ein und denselben Beschluß. Jene Positionen lassen sich erst auf den zweiten Blick miteinander vereinen: Wenn der Vorstand dem Begehren des Aktionärs entgegentritt, den Beschluß auszuführen, so ist hierfür der Vortrag, der Beschluß sei rechtswidrig, weder notwendig noch hinreichend. Es genügt einerseits, wenn der Vorstand geltend macht, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses sei gewichtigen Zweifeln ausgesetzt, die das Gericht möglicherweise dazu bewegen werden, der Anfechtungsklage stattzugeben; der Vorstand muß also nicht selbst die Rechtswidrigkeit behaupten, sondern kann sich auf die Prognose zurückziehen, wie das Gericht wohl entscheiden wird. Andererseits muß der Vorstand außerdem dartun, welche Nachteile der Gesellschaft für den Fall drohen, daß der Beschluß, obwohl rechtswidrig, ausgeführt wird; denn dies zu beurteilen ist zentraler Gegenstand des Ermessens, das der Vorstand auszuüben hat, wenn er sich überlegt, ob in Anbetracht des Beschlußmängelstreits die beschlossene Maßnahme durchgeführt werden soll oder nicht. Im übrigen muß es hingenommen werden, wenn der Vortrag der Gesellschaft in beiden Prozessen widersprüchliche Elemente enthält: Diesen Preis zahlt das Gesellschaftsprozeßrecht dafür, daß es einer zur Ausführung des Beschlusses bestimmten Person das Recht gibt, gegen eben diesen Beschluß zu klagen.

II. G m b H Nicht prinzipiell anders liegt es in der GmbH, wenn ein Geschäftsführer, sofern er hierzu berechtigt ist 251 , Anfechtungsklage gegen den Beschluß erhebt. Ist er alleiniger Geschäftsführer, so muß die Gesellschafterversammlung für den Anfechtungsprozeß analog § 46 Nr. 8 HS 2 GmbHG einen Sondervertreter bestellen, der die Gesellschaft im Anfechtungsprozeß vertritt und für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses eintritt 252 . Hat die GmbH neben dem Kläger noch weitere Geschäftsführer, so wären diese an sich in der Lage, die Gesellschaft zu vertreten und den Beschluß zu verteidigen. Es liegt jedoch die Befürchtung nahe, daß die gedeihliche Zusammenarbeit unter den Geschäftsführern leidet, wenn in einem Prozeß ein Teil von ihnen auf Seiten der Gesellschaft, der andere Teil als deren Prozeß251 252

Zur eingeschränkten Klagebefugnis des GmbH-Geschäftsführers oben § 6 B II. Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rn.82; MüHdbGesR lWIngerl, § 4 0 Rn.60.

546

§ 8 Recbtsformübergreifende

Probleme des

Beschlußmängelstreits

gegner auftritt. Deshalb kann im Falle des § 46 Nr. 8 G m b H G selbst dann ein Sondervertreter bestellt werden, wenn außer dem ersatzpflichtigen Geschäftsführer noch weitere vorhanden sind; in die gleiche Richtung weist § 246 II 3 AktG, wenn er dem Vorstand oder Aufsichtsrat bereits dann die Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft nimmt, wenn auch nur eines seiner Mitglieder als Kläger auftritt. Entsprechend § 46 Nr. 8 G m b H G kann die Gesellschafterversammlung daher einen Sondervertreter für die Gesellschaft bestellen. Dieser Sondervertreter behauptet namens der beklagten Gesellschaft im Beschlußmängelstreit, der Beschluß sei rechtmäßig; ebenso behauptet der Geschäftsführer namens der Gesellschaft im Kompetenzschutzstreit, der Beschluß werde voraussichtlich aufgehoben, und es entstünden durch seinen Vollzug erhebliche Nachteile. Der Rechtsvortrag der Gesellschaft weicht in beiden Prozessen voneinander ab; dies ist in der G m b H aber nicht minder hinnehmbar als in der AG. H a t freilich die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer und sind einige von ihnen bereit, den Beschluß schon vor rechtskräftigem Abschluß des Anfechtungsprozesses auszuführen, so kommt es auf die Ausgestaltung der Geschäftsführungskompetenzen an: Dürfen die Geschäftsführer, die zur Ausführung des Beschlusses bereit sind, ohne Mitwirkung des Klägers handeln, so kann das Kompetenzschutzbegehren der an der Ausführung interessierten Gesellschafter auf diese Weise ohne Rechtsstreit erfüllt werden.

III. Personengesellschaft Klagt in der Personengesellschaft ein geschäftsführender Gesellschafter gegen einen Gesellschafterbeschluß, so wird die Gesellschaft von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern vertreten. Wenn, wie dies meistens der Fall ist, Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsberechtigung bei denselben Gesellschaftern liegen, treten die geschäftsführenden Gesellschafter auf verschiedenen Seiten des Prozesses auf: entweder als Kläger oder als Vertreter der beklagten Gesellschaft. In der Personengesellschaft ist diese Folge, anders als in der G m b H bei Klage des Geschäftsführers, hinzunehmen: In den Kapitalgesellschaften müssen Loyalitätskonflikte der Verwaltungsmitglieder deshalb vermieden werden, weil den Organen auch gesellschaftsfremde Dritte angehören. Diese sollen aus dem Investment der Gesellschafter Rendite erwirtschaften, nicht aber sich gegenseitig in Rechtsstreitigkeiten aufreiben. In O H G und KG gilt dagegen das Prinzip der Selbstorganschaft: Die Gesellschafter nehmen die Verwaltung der Gesellschaft selbst in die H a n d . Konflikte in der Geschäftsführung sind immer Konflikte zwischen Gesellschaftern; dann erscheint es folgerichtig, wenn die Gesellschafter im Prozeß auf entgegengesetzten Seiten auftreten. N u n kann es abermals geschehen, daß ein geschäftsführender Gesellschafter den Beschluß anficht, gleichzeitig aber auf Ausführung des Beschlusses in Anspruch genommen wird - etwa wenn Gesamtgeschäftsführungsbefugnis verein-

E. Kompetenzschutzklage

und gegenläufige

Beschlußmängelklage

547

bart wurde und es daher auf seine Mitwirkung ankommt oder gar wenn er einziger geschäftsführender Gesellschafter ist. Die Anfechtungsklage gegen den Beschluß ist gegen die Gesellschaft zu richten 2 5 3 ; diese verteidigt den Beschluß. Grundsätzlich ist die auf Ausführung des Beschlusses gerichtete Kompetenzschutzklage ebenfalls gegen die Gesellschaft zu erheben 2 5 4 . Die Position der Gesellschaft im Rahmen dieser Klage ist freilich wesentlich schwieriger zu bestimmen; man wird davon ausgehen müssen, daß ihr in der Praxis lediglich ein schmaler Anwendungsbereich verbleiben wird: Wenn nämlich die Gesellschafter mit Mehrheit eine M a ß nahme der Geschäftsführung beschließen dürfen, wird der Gesellschaftsvertrag zweckmäßigerweise nicht die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter vorsehen, sondern es zulassen, daß eine Zahl von Gesellschaftern, welche zur Erlangung der Beschlußmehrheit ausreicht, den Beschluß auch vollziehen darf. Dann können diese Gesellschafter handeln, ohne der Mitwirkung des Anfechtungsklägers zu bedürfen. Ist tatsächlich die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter angeordnet, so werden sie, ebenso wie sie über die Maßnahme selbst mit Mehrheit entscheiden durften, auch mehrheitlich beschließen dürfen, daß der Beschluß ungeachtet der Klage ausgeführt wird; dann erübrigt sich ein hierauf gerichtetes Kompetenzschutzbegehren. Von Bedeutung wird die gegenläufige Kompetenzschutzklage am ehesten in der K G sein - dann nämlich, wenn die Kommanditisten mit ihrer Mehrheit gegen die Stimme des Komplementärs eine außergewöhnliche Maßnahme beschlossen haben und dieser nunmehr die Durchführung verweigert. Dann tritt die bereits für AG und G m b H beschriebene Situation auch in der K G ein: Die Kommanditisten können gegen die Gesellschaft auf Vollzug klagen, während der Komplementär ebenfalls gegen die Gesellschaft die Aufhebung des Beschlusses begehrt.

IV. In Sonderheit: Der Streit um den Widerspruch nach § 115 I HS 2 H G B Wenn eine O H G oder K G mehrere zur Einzelgeschäftsführung berechtigte Gesellschafter hat, kann jeder von ihnen der Maßnahme eines anderen widersprechen (§ 1 1 5 I HS 2 HGB). Der Gesellschafter, der den Widerspruch erklärt hat, kann verlangen, daß die Maßnahme unterbleibt; der Anspruch richtet sich gegen die Gesellschaft 2 5 5 . Widerspricht der Gesellschafter aus sachfremden Gründen, so kann die Gesellschaft im Wege einer Gestaltungsklage gegen diesen Gesellschafter den Widerspruch anfechten; das Gericht erklärt sodann den Widerspruch mit Wirkung ex tunc für nichtig 2 5 6 . Beide Klagen können damit als Klage und Widerklage verbunden werden. 253 254 255 256

Oben Oben Oben Oben

§7 §1 §1 §7

B B B E

III 5. VII 4 . VII 4 . IV 2 .

548

§8 Rechtsformübergreifende

Probleme

des

Beschlußmängelstreits

Freilich wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, der Streit zwischen dem handlungswilligen und dem widersprechenden Gesellschafter sei zwischen diesen auszutragen 257 . Und in der Tat liegt eine solche Parteienkonstellation auf den ersten Blick nahe: Es handelt sich letztlich um Meinungsverschiedenheiten zwischen zwei Gesellschaftern. Bei näherem Zusehen erweist sich indes, daß sich der Konflikt nicht auf diese beiden Personen reduzieren läßt. An der Vernichtung des treuwidrigen Widerspruchs hat nämlich nicht nur der handlungswillige Gesellschafter ein Interesse, sondern ebenso alle übrigen, insbesondere auch die nicht geschäftsführenden Gesellschafter. Die Vernichtung eines treuwidrigen Widerspruchs wird im Gesellschaftsinteresse begehrt, das bei der Ausübung des Widerspruchsrechts den absoluten Vorrang einnimmt. Der Anfechtungsklage liegt ein Anspruch der Gesellschaft gegen den widersprechenden Gesellschafter auf Rücknahme des Widerspruchs zugrunde; dieser Anspruch muß ebenso von der Gesellschaft geltend gemacht werden wie die Klage auf Leistung der versprochenen Einlage. Müßten die einzelnen Gesellschafter den Streit untereinander austragen, so müßten sie mit ihren Privatvermögen ohne Rücksicht darauf für die Prozeßkosten einstehen, ob sie den Prozeß ex ante für erforderlich halten durften. Allenfalls wäre ein Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft denkbar; dann aber erscheint es konsequent, wie bei der Klage auf Leistung von Einlagen sogleich die Gesellschaft zur Klägerpartei zu erheben.

V. Zur Verteilung der Prozeßkosten Zu beachten ist aber, daß das Widerspruchsrecht dem einzelgeschäftsführenden Gesellschafter die Möglichkeit verschafft, eine Maßnahme mit der gleichen Wirkung zu blockieren, die, wäre die Gesellschaftergesamtheit zuständig, ein jene Maßnahme ablehnender Gesellschafterbeschluß nach sich zöge: Die Maßnahme darf nicht ausgeführt werden. Bei einer Klage gegen einen ablehnenden Gesellschafterbeschluß ist freilich die Gesellschaft ihrerseits Beklagte; die für den Beschluß verantwortlichen Gesellschafter sind damit vom Risiko befreit, mit ihrem Privatvermögen für die Prozeßkosten einstehen zu müssen. Die Legitimation für diese Entlastung wurde oben 258 darin erblickt, daß die Gesellschafter im Interesse der Gesellschaft an Entscheidungen mitwirken sollen, daß also ihre Teilnahme an solchen Entscheidungen erwünscht ist und deshalb nicht unter der Drohung stehen darf, ohne Rücksicht auf Verschulden zu einer finanziellen Belastung in Gestalt von Prozeßkosten zu werden. Die gleiche Entlastung muß konsequent einem Gesellschafter zugute kommen, der einer Maßnahme nach § 115 I HS 2 HGB widerspricht; und ebenso einem Gesellschafter, der im Wege einer beschlußersetzenden Gestaltungsklage auf die Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme 257 258

Teichmann, A V, VI 1.

AcP 179 (1979), 4 7 5 , 485.

E. Kompetenzschutzklage

und gegenläufige

Beschlußmängelklage

549

in Anspruch genommen wird. Die Ablehnung einer Geschäftsführungsmaßnahme bedeutet ebenso eine in abstracto schutzwürdige Teilnahme an einer Verbandsentscheidung wie die Zustimmung. Die konsequent gebotene Entlastung von den Prozeßkosten darf dem widersprechenden Gesellschafter daher nicht deshalb versagt bleiben, weil seine Position für den konkreten Streitfall nicht von der Gesellschaft verteidigt werden kann. Der Gesellschafter, der eine Geschäftsführungsmaßnahme ablehnt, indem er ihr nach § 115 I HS 2 HGB widerspricht oder einem nach § 1191 HGB erforderlichen Gesellschafterbeschluß die Zustimmung verweigert, hat daher, wenn er gerichtlich auf die Zustimmung oder die Rücknahme des Widerspruchs in Anspruch genommen wird, nach §110 I HGB einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Erstattung der Prozeßkosten, welche er nach § 91 ZPO tragen muß. Dies freilich nur dann, wenn er ohne eigenes Verschulden davon ausgegangen ist, daß seine Ablehnung mit dem Gesellschaftsinteresse im Einklang steht. Dagegen trifft die Gesellschafter das Prozeßkostenrisiko zu Recht, wenn sie in einer Personengesellschaft auf die Zustimmung zu einem Vertragsänderungsbeschluß in Anspruch genommen werden; denn hier verteidigen sie ihr eigenes Interesse gegen das der Gesellschaft. Ebenso sind die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht nur richtiger Klagegegner, sondern ebenso richtiger Träger der Prozeßkosten, wenn ein Beschluß ausnahmsweise zu seiner Wirksamkeit ihrer individuellen Zustimmung bedarf (z.B. bei der Leistungsvermehrung, bei der Verkürzung von Sonderrechten oder bei der Änderung des Gesellschaftszwecks)259; denn abermals streiten diese Gesellschafter in eigener Sache gegen die Interessen der Gesellschaft. Schließlich verbleibt das Kostenrisiko bei den Gesellschaftern, wenn unter ihnen umstritten ist, welcher Beschluß überhaupt gefaßt wurde: In diesem Fall muß der Inhalt des Beschlusses durch einen Feststellungsprozeß unter den Gesellschaftern geklärt werden 260 . Das Gesellschaftsvermögen kann für diesen Rechtsstreit weder auf der einen noch auf der anderen Seite in Anspruch genommen werden; denn die gegensätzlichen Rechtsbehauptungen über den Inhalt des Beschlusses sind prinzipiell gleichwertig. Wenn schon nicht klar ist, welcher Beschluß gefaßt wurde, ist erst recht auch keine Entscheidung dahin gefallen, daß aus dem Gesellschaftsvermögen die Kosten des Rechtsstreits bestritten werden sollen. Das Kostenrisiko verbleibt damit bei den Gesellschaftern.

259 260

Dazu näher oben § 5 F V 2 a. Oben § 6 F II.

§ 9 Zwischenergebnis A. Die Parteirolle der Gesellschaft als Antwort auf das Zweiparteienprinzip Im Anschluß an die Überlegungen zur actio pro socio und zur Ausschlußklage konnten in § 4 dieser Arbeit erste Grundlinien aufgezeigt werden, mit welchen Mitteln die gerichtliche Auseinandersetzung um mehrseitige Rechtsbeziehungen im Verband unter der Geltung des Zweiparteienprinzips bewältigt werden kann. Insbesondere konnten diejenigen Postulate herausgearbeitet werden, welche vom Verbandsrecht an das Prozeßrecht herangetragen werden: Erstrebt wird die Erledigung des Rechtsstreits in einem einzigen Prozeß mit allseits verbindlichem Ergebnis, aber unter Verschonung prozeßscheuer Gesellschafter von der Einbeziehung in das gerichtliche Verfahren. Dem Wunsch nach rationeller Streiterledigung konnte freilich nur dort Durchschlagskraft attestiert werden, wo das materielle Verbandsrecht die Interessen der Gesellschaft über diejenigen des Gesellschafters stellt, der u.U. an einer Verzögerung oder Behinderung der Auseinandersetzung interessiert ist. Wo ein solcher Vorrang nicht festgestellt werden kann, müssen Verzögerungen und Hindernisse für die prozessuale Rechtsdurchsetzung in Kauf genommen werden. Im weiteren Verlauf der Untersuchung hat sich erwiesen, daß die soeben beschriebenen Wertungen in gleicher Weise für das Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten zutreffen. Die § § 2 4 1 ff. AktG paradigmatisch eine Möglichkeit vor Augen, wie man den multipolaren Rechtsstreit zwischen Gesellschaftern im Schema eines Zweiparteienprozesses unterbringt 1 : Dem Gesellschafter, der die Gültigkeit des Beschlusses in Zweifel zieht, tritt anstelle der Gesellschafter, deren Stimmen den Beschluß getragen haben, die Gesellschaft als Klagegegner gegenüber. Den übrigen Gesellschaftern verbleibt die Möglichkeit, sich am Rechtsstreit zu beteiligen; eine Verpflichtung hierzu besteht aber nicht. Das stattgebende Urteil entfaltet Wirkung für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder.

' Zutreffend Landrock,

Innenrechtsstreit, S. 170, 174.

B. Leistungsgrenzen

des Mediatisierungsmodells

B. Leistungsgrenzen des

551

Mediatisierungsmodells

I. Das bipolare Rechtsverhältnis bei actio pro socio und Ausschlußklage Im Rahmen der actio pro socio und der Ausschlußklage konnte die allseitige Verbindlichkeit des Prozeßergebnisses ohne Rücksicht auf seinen Inhalt konstatiert werden: Die klagende Gesellschaft verfolgt einen eigenen Anspruch gegen den beklagten Gesellschafter. Ebenso besteht eine solche allseitige Verbindlichkeit, wenn statt der Gesellschaft ein Gesellschafter im Wege der actio pro socio als Prozeßstandschafter für sie klagt. Denn in jedem Fall ist gewährleistet, daß sowohl die Interessen derjenigen Gesellschafter angemessen zur Geltung kommen, die an einem stattgebenden, wie derjenigen, die an einem abweisenden Urteil interessiert sind. Der Streitgegenstand ließ sich als bipolares Rechtsverhältnis darstellen: Der Anspruch auf Erbringung einer Leistung in das Gesellschaftsvermögen ist durch einen Berechtigten - die Gesellschaft - und einen Verpflichteten - den Gesellschafter definiert und bereitet in einem Modell des Zweiparteienprozesses keine Schwierigkeiten. Das gleiche gilt für den Ausschlußprozeß: Sein Substrat besteht darin, daß die Gesellschaft von einem Gesellschafter, der die Zweckverfolgung nachhaltig stört, das Ausscheiden verlangen kann.

II. Das multipolare Rechtsverhältnis im Beschlußmängelstreit 1. Inter-partes-Wirkung

des klagabweisenden

Beschlußmängelurteils

Demgegenüber ist im Beschlußmängelprozeß die Gesellschaft Partei allein aus Gründen der Praktikabilität: Materiell geht es um ein mehrseitiges Rechtsverhältnis, nämlich um einen Beschluß des Mitgliedsorgans, an dem sämtliche Mitglieder beteiligt sind. In der Sache wird ein Konflikt zwischen Mehrheit und Minderheit ausgefochten2; die Gesellschaft repräsentiert im Prozeß die Mehrheit. Wenn in dieser Situation das Urteil, das eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage nach § § 2 4 1 ff. AktG abweist, Wirkung nur inter partes entfaltet, so wird hiermit die zwingende Grenze der Leistungsfähigkeit eines Modells markiert, das der Gesellschaft in gesellschaftsinternen Streitigkeiten anstelle der sachlich betroffenen Gesellschafter die Beklagtenrolle zuweist: Würde ein abweisendes Urteil inter omnes wirken, so könnte ein Aktionär, der sich für die Gültigkeit des Beschlusses einsetzt, pro forma eine Beschlußmängelklage mit dem Ziel erheben, im kollusiven Zusammenwirken mit den Verwaltungsorganen, welche die Gesellschaft nach § 246 II AktG im Prozeß vertreten, für die Abweisung der Klage mit Wirkung gegen alle zu sorgen. Und umgekehrt könnte die Gesellschaft gegen einen Aktionär, der den Beschluß befürwortet, eine Klage auf Feststellung der Gültigkeit des Beschlusses mit 2 Baums, FS Lutter, S . 2 8 3 , 2 8 5 ; Emde, S.84f.

G m b H R 2 0 0 0 , 6 7 8 , 6 7 9 ; Schröder,

Konfliktbeilegung,

552

§9

Zwischenergebnis

Wirkung für und gegen alle erheben. Deshalb ist, wenn die Gesellschaft als Beklagte fungiert, die Rechtskraft des Urteils zwingend auf diejenigen Personen zu beschränken, die tatsächlich am Prozeß beteiligt sind: die Gesellschaft, den Kläger und diejenigen Mitgesellschafter, welche sich tatsächlich

als streitgenössische Ne-

benintervenienten am Prozeß beteiligt haben.

2. Antagonismus der Prozeßparteien Aktionäre

und das Vertrauen der

unbeteiligten

Vorstand und Aufsichtsrat sind verpflichtet, als Vertreter der Gesellschaft den Beschluß zu verteidigen; sie sind es deshalb, weil die Aktionäre, wenn schon die Klage nicht direkt gegen sie zu richten ist, darauf müssen vertrauen können, daß die Verwaltung sich für ihr Votum im Prozeß stark m a c h t 3 . Wollte man das abweisende Urteil ebenfalls inter omnes wirken lassen, so müßte in gleicher Weise ein Aktionär, der gegen den Beschluß gestimmt hat, darauf vertrauen können, daß der Kläger mit seiner Klage tatsächlich einen Angriff gegen den Beschluß führt. Dies Vertrauen läßt sich jedoch nicht herstellen, weil eine Verpflichtung des klagenden Aktionärs zur effektiven Rechtsverfolgung nicht besteht: Ihm verbleibt zu jeder Zeit die volle Disposition über seine Klage 4 . Namentlich kann er nicht gezwungen werden, einen einmal eingeleiteten Prozeß auch fortzusetzen 5 ; und ebensowenig kann man ihn zwingen, im Interesse seiner M i t a k t i o n ä r e den Angriff gegen den Beschluß mit dem gebotenen Nachdruck zu führen.

3. Exkurs: Kein Anerkenntnis im aktienrechtlichen a) Rechtsschutzvertrauen

und

Beschlußmängelverfahren

Verteidigungspflicht

Die überwiegende M e i n u n g will dem Vorstand gestatten, dem Begehren des Beschlußmängelklägers durch ein Anerkenntnis nach § 3 0 6 Z P O mit der Folge eines Anerkenntnisurteils abzuhelfen 6 , und den Aktionär auf die Möglichkeit verweisen, durch streitgenössische Nebenintervention und in diesem R a h m e n durch die selbständige Verfolgung des Klagabweisungsantrags die Wirkungen des Anerkenntnisses zu verhindern 7 . D e m kann indes nicht gefolgt werden. Das Gesetz Zutreffend Volhard, ZGR 1996, 55, 76 f. Vgl. Diekgräf, Sonderzahlungen, S.229; ders., WM 1991, 613, 618; Guntz, Treubindungen, S.314f.; Hommelhoff/Timm, AG 1989, 168; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S.173. 5 A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 173; Slabschi, Anfechtungsklage, S. 18. 6 RG JW 1938, 748, 750; LG Hannover WM 1992, 1239, 1243; AnwK-Heidel, AktG, §246 Rn. 35; Austmann, ZHR 158 (1994), 495, 508, 510f.; Bauschatz, NZG 2002, 317, 321; Bork, ZIP 1992, 1205ff.; Diekgräf, Sonderzahlungen, S.225ff.; Emde, ZIP 1998, 1474; Gehrlein, AG 1994, 103, 105; Geßler-Hüffer, AktG, §246 Rn.27f.; Hüffer, AktG, §246 Rn.17; KK-Zöllner, AktG, § 246 Rn. 74; Joost, ZGR 1984, 71, 92 mit Fn. 81; Martens, AG 1988,118,123; MK-Hüffer, AktG, §246 Rn.26; MüHdbGesR IV/Semler, §41 Rn.77. Ebenso für die GmbH-rechtliche Auflösungsklage Hachenburg-Ulmer, GmbHG, §61 Rn.39. 7 Vgl. LG Hannover WM 1992, 1239, 1243; Austmann, ZHR 158 (1994), 495, 508, 510f.; 3

4

B. Leistungsgrenzen

des

Mediatisierungsmodells

553

schützt das soeben hervorgehobene Rechtsschutzvertrauen der Aktionäre, indem es die Voraussetzungen abschließend formuliert, unter denen die Verwaltung und ihre Mitglieder sich der Verteidigungspflicht entziehen können. Der Vorstand einer AG kann dies nach § 245 Nr. 4 AktG ohne Einschränkung tun, einzelne Verwaltungsmitglieder einer AG sowie der Geschäftsführer einer GmbH nur unter den strengen Voraussetzungen des § 245 Nr. 5 AktG, der Aufsichtsrat als Kollegialorgan überhaupt nicht. Wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, so kann die Verteidigung des Beschlusses auch nicht dadurch preisgegeben werden, daß anerkannt wird, der Beschluß sei rechtswidrig 8 . Die Möglichkeit des Vorstands, den Beschluß nach § 245 Nr. 4 AktG anzufechten, begründet daher auch kein Argument für die Zulässigkeit des Anerkenntnisses 9 : Ficht der Vorstand den Beschluß an, so zerstört er in einer vom Gesetz gebilligten Weise das Rechtsschutzvertrauen der Aktionäre. Umgekehrt bleibt jenes Vertrauen bestehen und verdient Schutz, wenn der Vorstand nicht anficht: Dann muß jeder Aktionär sich darauf verlassen können, daß der Vorstand für den Beschluß eintritt. Der Vorstand kann nach § 245 Nr. 4 AktG den Beschluß zur gerichtlichen Uberprüfung in einem kontradiktorischen Verfahren stellen; über seine Klage entscheidet das Gericht ohne Rücksicht auf die Rechtsansichten der Parteien. Daraus folgt indes gerade nicht das Recht des Vorstands, als Vertreter der beklagten Gesellschaft ein Anerkenntnis zu erklären: Dann ähnlich würde der Beschluß ohne Prüfung der Sach- und Rechtslage allein wegen dieses Anerkenntnisses, mithin in einem konsensualen Verfahren kassiert. Im übrigen müßte das Anerkenntnis nach § 246 II 2 AktG von Vorstand und Aufsichtsrat abgegeben werden 10 , so daß schon aus diesem Grunde der Anfechtungsbefugnis des Vorstands allein für die Zulässigkeit des Anerkenntnisses kein Argumentationswert zukommt.

Bork, ZIP 1992, 1205, 1210ff.; Diekgräf, Sonderzahlungen, S . 2 2 7 ; Gehrlein, A G 1 9 9 4 , 103, 110; Geßler-Hüffer, A k t G , § 2 4 6 Rn. 28; KK-Zöllner, A k t G , § 2 4 6 Rn. 74; M ü H d b G e s R IW/Semler, § 4 1 Rn. 77. Ebenso für die GmbH-rechtliche Auflösungsklage Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 6 1 R n . 3 9 . B G H ZIP 1993, 1228, 1 2 2 9 hat die Zulässigkeit des Anerkenntnisses im Anfechtungsrechtsstreit offengelassen, aber „jedenfalls" gefordert, d a ß der A k t i o n ä r dies Anerkenntnis durch streitgenössische Nebenintervention auf Seiten der beklagten Gesellschaft müsse zu Fall bringen k ö n n e n . 8 Gegen die Zulässigkeit eines solchen Anerkenntnisses auch O L G M ü n c h e n G m b H R 1996, 4 5 1 , 4 5 2 ; Brändel, FS Vieregge, S. 69, 70 f.; G r o ß k o m m A k t G - K . Schmidt, A k t G , § 2 4 6 R n . 78; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 174; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 4 7 Rn. 154; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 125; Römermann, in: Michalski, G m b H G , A n h . § 4 7 Rn. 525; Scholz-K. Schmidt, G m b H G , § 4 5 R n . 1 5 9 ; Slabschi, Anfechtungsklage, S. 145; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S . 2 1 7 f . ; Volhard, Z G R 1996, 55, 7 0 f f . 9 So aber Bork, Z I P 1992, 1205, 1206. Z u t r e f f e n d dagegen G r o ß k o m m A k t G - K . Schmidt, A k t G , § 2 4 6 Rn. 78. 10 Das hat Bork, Z I P 1992, 1205, 1206 selbst richtig gesehen.

554

§9

b) Die Erfüllung rechtlichen

Zwischenergebnis

der Verteidigungspflicht

als Teil der

Garantie

Gehörs

Dieser Argumentation halte man nicht entgegen, Vorstand und Aufsichtsrat k ö n n ten das Prozeßergebnis durch Geständnis und Säumnis für die Gesellschaft nachteilig beeinflussen und damit de facto eine dem Anerkenntnis zumindest ähnliche Wirkung erzielen 1 1 . Z w a r entspricht es herrschender Lehre, daß bei Säumnis der Gesellschaft ein Versäumnisurteil ergehen k a n n 1 2 und ein Geständnis der Gesellschaft die Widerrufssperre des § 2 9 0 Z P O auslöst 1 3 . Z u r Begründung wird vorgetragen, nach Geständnis oder Säumnis prüfe das Gericht wenigstens noch die Schlüssigkeit des zugestandenen ( § 2 9 0 Z P O ) oder als zugestanden fingierten ( § 3 3 1 I Z P O ) Tatsachenvortrags in rechtlicher H i n s i c h t 1 4 . Gleichwohl bedarf diese h.L. der Korrektur. D a nämlich die Gesellschaftsorgane zur Verteidigung des Beschlusses verpflichtet sind, handeln sie pflichtwidrig, wenn sie ungünstige Tatsachen zugestehen oder durch Säumnis die Fiktion eines solchen Geständnisses nach § 3 3 1 I Z P O auslösen 1 5 . Gewiß besteht diese Pflichtwidrigkeit zunächst im Innenverhältnis; doch ist sie ebenso wie beim Anerkenntnis gleichwohl vom Gericht von Amts wegen im Prozeß zu beachten, d.h. das Gericht darf bei Säumnis der Gesellschaft kein Versäumnisurteil erlassen 1 6 und auch Geständnisse der Gesellschaft nicht der Widerrufssperre des § 2 9 0 Z P O unterwerfen 1 7 . Denn die nachdrückliche Verteidigung des Beschlusses durch die Verwaltungsorgane der Gesellschaft ist unerläßliche

Funktionsbedingung

eines Prozeßmodells, welches die Rechtsverteidi-

gung aus Gründen der Praktikabilität den beschlußfassenden Aktionären entzieht und in die Hände der Gesellschaft legt. Die Möglichkeit der streitgenössischen Nebenintervention versteht sich nur als eine letzte Sicherheit für die Aktionäre, ihren Rechtsschutz dann selbst ergreifen zu können, wenn im konkreten Fall die Befürchtung besteht, die Verwaltung werde die Verteidigerrolle nicht angemessen ausfüllen. Dies ändert aber nichts daran, daß der Aktionär, dem zugemutet wird, daß das Rechtsschutzbegehren, welches auf die Vernichtung seines Beitrags zur gesellschaftsinternen Willensbildung abzielt, anstatt gegen ihn gegen die Gesellschaft gerichtet wird, grundsätzlich davon ausgehen darf, daß seine Rechtsposition ebenso nachdrücklich verteidigt wird, wie er es selbst täte. Die Verteidigungspflicht von Vorstand und Aufsichtsrat ist damit notwendige Kehrseite einer Verteilung der So aber Bork, ZIP 1992, 1205, 1207. AnwK-Heidel, AktG, § 246 Rn. 35; Bauschatz, NZG 2002, 317, 321; Geßler-Hüffer, AktG, §246 Rn.28; Hüffer, AktG, §246 Rn.17; KK-Zöllner, AktG, §246 Rn.73; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.154; MüHdbGesR IV/Semler, §41 Rn.77; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 525; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 160. 13 Bauschatz, NZG 2002, 317, 321; KK-Zöllner, AktG, § 246 Rn. 73; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn.154; MüHdbGesR IV/Semler, §41 Rn.77; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anh. §47 Rn.525; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn. 160. 14 Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn.160. 15 Wie hier Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.218 16 Im Ergebnis wie hier Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 125. 17 Im Ergebnis wie hier Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 126. 11

12

B. Leistungsgrenzen des

555

Mediatisierungsmodells

Parteirollen abweichend v o m materiellen Recht. D a m i t k o m m t der jener Pflicht zentrale

verfassungsrechtliche

Bedeutung

zu: Ihre Erfüllung durch die Verwaltung

ist neben der Unterrichtung nach § 2 4 6 IV A k t G und der Möglichkeit einer Beteiligung als streitgenössischer Nebenintervenient Voraussetzung daß dem Aktionär

das rechtliche

Gehör

gewährleistet

wurde.

für die

Annahme,

N u r das Gesetz darf

die Fallgestaltungen bestimmen, in denen Verwaltungsorgane oder deren Mitglieder die Verteidigung des Beschlusses preisgeben dürfen; diese Gestattung ist an besonders begründete und eng gefaßte Voraussetzungen zu knüpfen: So darf der Vorstand als Kollegium nur deshalb klagen, weil der Aufsichtsrat als Verteidiger noch zur Verfügung steht und weil dem Vorstand als Leitungsaufgabe eine allgemeine Legalitätsverantwortung für Entscheidungen in der Hauptversammlung zugeschrieben wird; einzelne Verwaltungsmitglieder dürfen nur klagen, wenn und weil zivil- oder strafrechtliche Sanktionen drohen. Im übrigen schreibt das Gesetz den Organen und deren Mitgliedern zwingend vor, sich für den Beschluß einzusetzen gerade weil dies im Interesse der Aktionäre geboten ist. Aus diesem Grunde sind auch die Rechtsfolgen,

welche an die Nichterfüllung

der Verteidigungspflicht durch Vorstand und Aufsichtsrat anknüpfen, die gleichen wie bei Verletzung der Unterrichtungspflicht oder Verweigerung der streitgenössische Nebenintervention: Das Anerkenntnis- oder Versäumnisurteil wird voll samK,

wirk-

doch kann der einzelne Aktionär es im Wiederaufnahmeverfahren, nämlich

mit Hilfe der Nichtigkeitsklage analog § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O wieder zu Fall bringen 1 9 . Der Schutz des Aktionärs wird mithin auf dem Wege des Wiederaufnahmeverfahrens vollumfänglich verwirklicht; es besteht kein Grund, für jenen Schutz § 8 2 6 B G B heranzuziehen 2 0 . Löst sich die Verwaltung pflichtwidrig aus ihrer Verteidigerrolle heraus, so ist die Position des Aktionärs, welcher für den angefochtenen Beschluß gestimmt hat, nicht in einer Weise zur Geltung g e k o m m e n , wie sie durch Art. 1 0 3 I G G gefordert ist. Jener Aktionär kann daher ebenso wie derjenige, welchem die Beteiligung als streitgenössischer Nebenintervenient verwehrt wurde, wie eine nicht den Vorschriften des Gesetzes entsprechend vertretene Partei behandelt werden. Ganz ausnahmsweise

ist das Anerkenntnisurteil rechtmäßig

und der

Wiederaufnahmeklage entzogen, wenn die Geschäftsführung das Anerkenntnis im Einverständnis aller übrigen, nicht am Prozeß beteiligten Gesellschafter e r k l ä r t 2 1 ; denn in diesem Fall sind alle Gesellschafter hinreichend zu W o r t g e k o m m e n und haben auf die Verteidigung ihrer Rechte durch die Gesellschaft verzichtet.

18 Vgl. für Versäumnisurteil Happ, Die GmbH im Prozeß, § 19 Rn. 108; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse, S.218; für Anerkenntnisurteil BGH NJW 1975, 1273; Happ, aaO.; Hüffer, AktG, § 248 Rn. 2; MK-Hüffer, AktG, § 248 Rn. 10; Renkt, Gesellschafterbeschluß, S. 126; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §47 Rn. 154. 19 Vgl. dazu oben §5 DIU 2. 2 0 So aber Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn. 171. 21 So die Konstellation bei OLG Naumburg DB 1998, 1023 f.

556

§9

Zwischenergebnis

c) Die Mitwirkung des Aufsichtsrats: Ein ausreichender für die Aktionäre?

Schutz

Dem Rechtsschutzvertrauen der Aktionäre wird auch nicht dadurch Genüge getan, daß bei Abgabe eines Anerkenntnisses der Aufsichtsrat mitwirken müßte 22 . Zwar ist es richtig, daß § 246 II 2 AktG die Zuständigkeit für die Vertretung der Gesellschaft im Beschlußmängelprozeß deshalb in die Hände auch des Aufsichtsrats legt, weil der Gesetzgeber Kollusionen zwischen Kläger und Vorstand vorbeugen wollte 23 . Doch reicht das Rechtsschutzvertrauen der Aktionäre wesentlich weiter: Sie verdienen es nicht nur, vor der mutwilligen Herbeiführung eines stattgebenden Urteils geschützt zu werden, sondern darüber hinaus, daß die Verwaltung den Beschluß so verteidigt, wie sie es täten, wenn sie selbst Beklagte wären. Und selbst wenn der Beschluß eindeutig rechtswidrig und nach der Prozeßlage das Anerkenntnis an sich die einzig vernünftige Reaktion wäre, muß jedenfalls der Vorstand, wenn er diese Auffassung teilt, die Preisgabe seiner Verteidigerrolle offenlegen, indem er den Beschluß seinerseits anficht; darüber hinaus ist aber das Anerkenntnis selbst in einer solchen Situation kategorisch unzulässig, weil es stellvertretend für eine Vielzahl von Aktionären abgegeben werden müßte, die, wären sie selbst Partei des Prozesses, je für sich autonom über die Abgabe des Anerkenntnisses entscheiden dürften und dabei keineswegs gezwungen wären, jene „einzig vernünftige" Entscheidung zu treffen. Die Verteidigung des Beschlusses mag den Aktionären entzogen, durch die Gesellschaft mediatisiert und deren Verwaltung übertragen werden; die prozessuale Privatautonomie, auf eine drohende Niederlage mit einem Anerkenntnis zu reagieren, kann dagegen nicht von der Gesellschaft anstelle der Aktionäre ausgeübt werden. 4. Alleinige Initiativbefugnis

der

Beschlußgegner

Aus der beschriebenen Rollenverteilung zwischen Kläger und Gesellschaft folgt nicht nur die bloße Inter-partes-Wirkung des die Beschlußmängelklage abweisenden Urteils. Vielmehr steht die Befugnis, die Initiative für die rechtliche Klärung des Beschlusses zu ergreifen, von vornherein nur denjenigen zu, die gegen den Beschluß vorgehen wollen. Eine Klage etwa mit dem Ziel, festzustellen, daß der Beschluß nicht anfechtbar und nicht nichtig sei, könnte nicht gegen die Gesellschaft erhoben werden, ohne die soeben beschriebene Zuweisung der Angreifer- und Verteidigerrolle aufzulösen. Denn wenn sowohl eine solche Klage als auch eine Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage gegen die Gesellschaft erhoben würden und beide geeignet wären, eine allseits verbindliche Entscheidung zu generieren, so müßte die Gesellschaft im einen Prozeß für, im anderen Prozeß gegen den Beschluß streiten. Die Rechtsbehauptung, mit der sie in den Prozeß einträte, bliebe unklar; die damit 22

So aber AnwK-Heidel, AktG, §246 Rn.35; Bork, ZIP 1992, 1205, 1206. OLG Hamburg N Z G 2003, 478, 479; Bork, ZIP 1992, 1205, 1206; M K - H ü f f e r , AktG, §246 Rn.26, 51; Tielmann, ZIP 2002, 1879, 1881. 23

B. Leistungsgrenzen

des

Mediatisierungsmodells

557

verbunden Schwierigkeiten erschienen um so gravierender, als die beiden gegenläufigen Prozesse, da beide auf eine allseitig verbindliche rechtliche Klärung gerichtet, zwingend miteinander verbunden werden müßten. 5. Multipolarität

und

Indifferenz

Beruht aber das Prozeßmodell, das die Gesellschaft im Streit um die Gültigkeit von Mitgliedsbeschlüssen zur Prozeßpartei erhebt, auf dem Vertrauen der den Beschluß tragenden Gesellschafter, die Verwaltungsorgane werden den Beschluß verteidigen, so muß die Gesellschaft zweifelsfrei auf eine bestimmte Rechtsposition festgelegt sein, nämlich einen bestimmten Beschluß, über dessen Inhalt Klarheit besteht. Wo dies nicht der Fall ist, kann sich einerseits kein Rechtsschutzvertrauen der Gesellschafter bilden; andererseits sind die Verwaltungsorgane dann auch nicht legitimiert, einen bestimmten Beschluß als gefaßt zu behaupten und im Prozeß zu verteidigen. Sie würden sich sonst unzulässig zu den Herren über die verbandsinterne Willensbildung aufschwingen. Die Gesellschaft kann daher Beklagte im Beschlußmängelverfahren nur dann sein, wenn der Inhalt des Beschlusses entweder zwischen allen Gesellschaftern unstreitig oder aber durch einen hierzu berufenen Versammlungsleiter mit vorläufig verbindlichem Inhalt festgestellt ist. In der AG ist die Verkündung des Beschlusses durch einen Versammlungsleiter gesetzlich vorgeschrieben, die Klage konsequent allein gegen die Gesellschaft zu richten. In GmbH, OHG und KG steht die Bestellung einer für die Feststellung des Beschlußergebnisses verantwortlichen Person im Belieben der Gesellschafter; die Gesellschaft kommt daher als Beklagte im Beschlußmängelverfahren nur in Betracht, wenn die Gesellschafter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. In diesem Umfang so läßt sich freilich gegen Beklagtenrolle der Gesellschaft an sie nicht einwenden, sie sei verfassungswidrig24: Das Rechtsschutzvertrauen, das der Gesellschafter berechtigterweise in die Prozeßführung durch die Gesellschaft investieren darf, macht dessen Verdrängung aus der Parteistellung erträglich. Sein rechtliches Gehör wird gewährleistet durch die Verpflichtung der Geschäftsführung, den Beschluß nachdrücklich zu verteidigen, durch seine Unterrichtung vom Prozeß und die Möglichkeit, dem Rechtsstreit als streitgenössischer Nebenintervenient beizutreten. Können damit die § § 2 4 1 ff. AktG einerseits nicht durchweg in jeder Gesellschaft zur Bewältigung von Beschlußmängelstreitigkeiten beitragen, so haben andererseits die Zusammenhänge zwischen Parteirolle der Gesellschaft und Rechtsschutzvertrauen der Gesellschafter das Tor zur Anwendung der § § 246 II 1, 248 11 AktG auch außerhalb ihres eigentlichen Geltungsbereichs aufgestoßen, wenn auch nur in Grenzen: Wird nicht die Fehlerhaftigkeit, sondern die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses mangels der für dessen Zustandekommen erforderlichen individuellen Zustimmung eines Gesellschafters geltend gemacht, so ist die 24

So aber Joost, Z G R 1984, 71, 97.

558

59

Zwischenergebnis

Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit gegen die Gesellschaft zu richten, wenn unstreitig ist, daß der Beschluß einmal mit Zustimmung des betreffenden Gesellschafters gefaßt worden ist (und nunmehr allenfalls deren Ungültigkeit gerügt wird) oder wenn ein Versammlungsleiter den Beschluß als gefaßt festgestellt und verkündet hat. Ungeachtet dessen, daß ein Beschluß, dem die erforderliche Z u stimmung tatsächlich fehlt, trotz jener Verkündung unwirksam bleibt, werden damit die Gesellschaft und ihre Organe für den Prozeß auf ein bestimmtes Beschlußergebnis festgelegt, das sie verteidigen können und müssen. W o die Grundlage für ein Rechtsschutzvertrauen der Gesellschafter nicht vorhanden ist, m u ß die Verteidigung ihrer Rechtspositionen in ihren Händen bleiben. Der Streit um den Inhalt, die Rechtmäßigkeit oder Wirksamkeit von Beschlüssen, die weder verbindlich festgestellt noch unstreitig sind, m u ß daher unter den Gesellschaftern ausgetragen werden. Gleichwohl müssen sich nicht alle Gesellschafter am Prozeß beteiligen; vielmehr genügt es, wenn der Gesellschafter, der eine rechtliche Klärung erstrebt, einen Gesellschafter verklagt, der die seiner Ansicht entgegengesetzte Rechtsauffassung vertritt; beide haben die Möglichkeit, die übrigen Gesellschafter beiladen zu lassen mit der Folge, daß die Rechtskraft des Urteils auch gegen sie wirkt. Diejenigen Gesellschafter, die der Beiladung gefolgt sind und sich als Streitgenossen angeschlossen haben, sind ihrerseits berechtigt, die Beiladung weiterer, bislang nicht beigeladener Gesellschafter zu beantragen; sie haben ein eigenständig schutzwürdiges Interesse an der allseitigen Verbindlichkeit der Entscheidung, weil keinem

Gesellschafter, sei er nun ursprünglich oder erst nach

Beiladung Partei des Rechtsstreits geworden, zuzumuten ist, einen zweiten Prozeß in derselben Sache zu führen. Dies alles ist die Folge einer gesellschaftsrechtsspezifischen Erweiterung des Modells, welches in § 8 5 6 Z P O für den Einziehungsprozeß bei mehrfacher Pfändung einer Forderung vorgesehen ist.

C. Zwei Modelle allseitig verbindlicher Klärung gesellschaftsinterner Streitigkeiten M i t den vorstehenden Überlegungen wurden zwei Modelle rekapituliert, die im Verlauf dieser Arbeit vorgestellt wurden, um eine allseits verbindliche Klärung des gesellschaftsinternen Streits zu erreichen und zugleich diejenigen Gesellschafter von einer Prozeßbeteiligung zu verschonen, die sich von einer gerichtlichen Auseinandersetzung fernhalten wollen.

I. G e s e l l s c h a f t a l s P a r t e i Z u m einen besteht die Möglichkeit, die Gesellschaft zur Partei im gesellschaftsinternen Rechtsstreit zu erheben. Diese Option steht immer, aber auch nur dann offen, wenn sich eine bestimmte Rechtsposition definieren läßt, welche das Vertre-

C. Zwei Modelle allseitig verbindlicher Klärung gesellschaftsinterner

Streitigkeiten

559

tungsorgan der Gesellschaft zu verteidigen legitimiert ist. Im Zuge der Beschlußmängelstreitigkeiten besteht diese Rechtsposition in einem unstreitigen oder verbindlich festgestellten Beschluß. Dieser erzeugt für den Fall seiner Gültigkeit eine Verpflichtung der Gesellschaftsorgane, ihn auszuführen, und damit auch die Verpflichtung, ihn gegen Angriffe zu verteidigen. Dies Modell vereinfacht dem Kläger die Prozeßführung ganz erheblich. Er kann sich darauf beschränken, die Klage gegen die Gesellschaft zu erheben; es ist dann Sache des Vertretungsorgans, welches im Prozeß für die Gesellschaft auftritt, dafür zu sorgen, daß alle übrigen Gesellschafter von der Klageerhebung und dem Termin zur mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangen und als streitgenössische Nebenintervenienten um das ihnen zustehende rechtliche Gehör nachsuchen können. Die Form der Unterrichtung ist je nach der Realstruktur der Gesellschaft verschieden: Der Vorstand einer AG kann sich mit einer Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern begnügen (§ 2 4 6 IV AktG); der Geschäftsführer einer GmbH oder die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Personengesellschaft müssen demgegenüber grundsätzlich jeden Gesellschafter persönlich unterrichten. Ist eine solche Unterrichtung nicht erfolgt, so hat das Gericht sie von Amts wegen entweder selbst nachzuholen oder auf eine Nachholung durch die Vertretungsorgane der Gesellschaft hinzuwirken. Dem Kläger wird damit die Mühe erspart, die ladungsfähigen Anschriften seiner Mitgesellschafter selbst eruieren zu müssen. Ergeht ein stattgebendes Urteil, so wirkt dies Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder. Dies gilt selbst dann, wenn die Unterrichtung eines Gesellschafters vom Prozeß unterblieben ist; dieser muß die Wirkungen des Urteils dadurch beseitigen, daß er analog § 5 7 9 I Nr. 4 Z P O Nichtigkeitsklage mit der Begründung erhebt, ihm sei zu Unrecht die Chance der Prozeßbeteiligung verwehrt worden. Das klagabweisende Urteil wirkt demgegenüber nur zwischen Gesellschaft und Kläger.

II. K l a g e gegen einen Mitgesellschafter unter Beiladung der übrigen In den Fällen, in denen sich die Gesellschaft nicht auf eine bestimmte Rechtsposition für den Prozeß festlegen läßt, besteht zum anderen die Möglichkeit, dem Kläger eine Klage gegen einen Mitgesellschafter anzusinnen und beiden Parteien (auch dem Beklagten) die Befugnis zuzubilligen, die übrigen Gesellschafter beizuladen. Die Beiladung erfolgt freilich nicht von Amts wegen und auch nicht durch das Vertretungsorgan der Gesellschaft; vielmehr muß diejenige Partei sie beantragen, die an einer Erstreckung der Urteilswirkungen auf außenstehende Gesellschafter interessiert ist. Das Urteil entfaltet Rechtskraft nur gegen die Parteien und die tatsächlich beigeladenen Dritten; ein nicht Beigeladener trägt also, anders als bei Parteistellung der Gesellschaft, nicht die Last, die Urteilswirkungen durch einen gegenläufigen Rechtsbehelf (etwa die Nichtigkeitsklage nach § 5 7 9 I Nr.4 ZPO) wieder von sich abwenden zu müssen. Freilich tritt die Rechtskraft für und gegen alle Bei-

560

§9

Zwischenergebnis

geladenen unabhängig vom Prozeßergebnis ein, also bei Stattgabe ebenso wie bei Abweisung. Offen geblieben ist bisher, auf welchem Wege die Gesellschaft an ein Urteil gebunden wird, das zwischen den Gesellschaftern ergangen ist. Da die Gesellschaft nicht Prozeßpartei ist, kann ihre Bindung an das Urteil, wenn sie denn bestehen sollte, keine prozessuale sein; namentlich wirkt die Rechtskraft des Urteils nicht gegen sie. Für die Personengesellschaften hat indes der BGH ohne nähere Begründung den Rechtssatz aufgestellt, daß die Gesellschaft nach keinem anderen Recht leben könne, als zwischen den Gesellschaftern unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sei. Ob dieser Rechtssatz zutrifft und worauf er ggf. gestützt werden könnte, muß hier in dieser Allgemeinheit noch nicht entschieden werden 25 . Jedenfalls soweit Gesellschafterbeschlüsse im Streit sind, läßt sich in der Tat eine materiellrechtlich fundierte Bindung der Gesellschaft an das Urteil begründen. Soweit nach dem Organisationsrecht der Gesellschaft Beschlüsse von den Gesellschaftern getroffen werden, sind sie nicht nur für diese, sondern auch für die Gesellschaft verbindlich: Der Beschluß formt den Willen des Verbandes. Verbindlich ist der Beschluß mit dem Inhalt, mit dem er zustande gekommen ist. Dieser Inhalt kann, wie gezeigt werden konnte, unter anderem dadurch fixiert werden, daß die Gesellschafter hierüber ein allseitiges Einverständnis erzielen. Sind nun die Gesellschafter insoweit zerstritten und wird in einem Prozeß zwischen ihnen rechtskräftig festgestellt, daß der Beschluß einen bestimmten Inhalt hat und hiermit verbindlich ist, so ersetzt dies Urteil jenes allseitige Einverständnis: Das Feststellungsurteil behandelt die Gesellschafter so, als wäre der Inhalt des Beschlusses im Sinne des Urteilstenors zwischen ihnen unstreitig. Dann ist die Gesellschaft ebenso an diese Feststellung gebunden, wie sie an ein allseitiges Einverständnis der Gesellschafter über den Beschlußinhalt gebunden wäre. Das gleiche gilt, wenn in einem Prozeß zwischen den Gesellschaftern nicht der Inhalt, sondern die Gültigkeit des Beschlusses im Streit steht: Wird festgestellt, der Beschluß sei gültig, so bindet dies die Gesellschaft, weil sie eben generell an gültige Beschlüsse gebunden ist; wird aber festgestellt, der Beschluß sei ungültig, so wird er unter den Gesellschaftern so behandelt, als sei er niemals gefaßt worden. Dann kann er auch keine Rechte und Pflichten der Gesellschaft begründen; denn „ihr" Wille wurde dann eben nicht in der durch den Beschluß markierten Weise gebildet. Aus diesem Funktionsmechanismus erhellt zugleich, daß die Bindung der Gesellschaft auf diesem Wege nur dann eintreten kann, wenn alle Gesellschafter an das Urteil gebunden sind; ist dies bei auch nur einem Gesellschafter nicht der Fall, weil etwa seine Beiladung versäumt wurde, so fehlt es an einem Tatbestand, welcher dem für die Gesellschaft verbindlichen allseitigen Einverständnis der Gesellschafter über das Ergebnis der Willensbildung gleichgesetzt werden könnte.

25

Ausführlich dazu unten § 11 D II 7 .

C. Zwei Modelle allseitig verbindlicher

Klärung gesellschaftsinterner

Streitigkeiten

561

III. Optionenwahl Wie schon im Rahmen der Überlegungen zur Ausschlußklage 26 sowie zum Anfechtungsklageerfordernis in der GmbH 2 7 angedeutet wurde, verdient das Modell, welches die Gesellschaft zur Partei erhebt, dort, wo für seine Anwendung Raum ist, den Vorzug: Im Interesse einer rationellen Beilegung des Streits ist ein Modell zu befürworten, welches die allseitige Verbindlichkeit der Urteilswirkungen - zumindest bis zu deren Beseitigung durch ein Wiederaufnahmeurteil - gewährleistet und gleichzeitig diejenigen Gesellschafter, welche sich nicht am Prozeß beteiligen wollen, hiervon verschont: Eine solche Beteiligung ist rechtlich entbehrlich, weil die Rechtskraft auch ohnedies allseitig wirkt; sie ist tatsächlich entbehrlich, weil die Gesellschafter wissen, wofür die Gesellschaft streitet. Die Vorteile eines Modells, welches die Gesellschaft als Beklagte installiert, entfalten sich namentlich im Bereich der Beschlußmängelstreitigkeiten. Wo ein Beschluß unstreitig oder verbindlich festgestellt worden ist, haben der Gesetzgeber (der im Aktienrecht die verbindliche Beschlußfeststellung angeordnet hat) bzw. die Gesellschafter (die den Inhalt des Beschlusses außer Streit gestellt oder seine verbindliche Feststellung ermöglicht haben) klargestellt, daß ungeachtet etwaiger Streitigkeiten über die Gültigkeit des Beschlusses zunächst eine Basis vorhanden sein soll, auf welche die Gesellschaft ihre Arbeit, nämlich die Verfolgung des Gesellschaftszwecks, gründen kann. Dem Gesellschafter, der sich gegen die Gültigkeit des Beschlusses wendet, wird die prozessuale Initiativlast einseitig auferlegt. Erwirkt dieser Gesellschafter aber ein Urteil, das die Ungültigkeit des Beschlusses feststellt oder (im Fall des Anfechtungsurteils) herbeiführt, so muß - gleichsam spiegelbildlich - in gleicher Weise dessen allseitige Verbindlichkeit gewährleistet sein. Ebenso wie der Kläger den Beschluß zunächst gegen sich gelten lassen mußte, müssen nun auch die Mitgesellschafter seine Beseitigung durch Gerichtsurteil gegen sich gelten lassen und allenfalls ihrerseits Schritte zur Wiederherstellung des Beschlusses ergreifen (etwa im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens) Wenn ein Gesellschafter die Verweigerung rechtlichen Gehörs rügt und Rechtsmittel gegen das stattgebende Anfechtungs- oder Nichtigkeitsurteil (nach hier vertretener Deutung auch gegen das die Unwirksamkeit mangels individueller Zustimmung feststellende Urteil) nicht mehr in Betracht kommen, richtet sich folglich die Wiederaufnahmeklage analog § 579 I Nr. 4 ZPO ihrerseits ebenfalls gegen die Gesellschaft. Denn da die Rechtskraft des Ausgangsurteils für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsorgane wirkt, ist fortan die Position der Gesellschaft und ihrer Organe dahingehend festgelegt, daß sie für die Ungültigkeit des Beschlusses streiten.

26 27

Oben § 3 B III 4 . Oben § 6 C IV 2.

§10

Organstreitigkeiten

In ihrer Eigenschaft als Verwaltungsorgane sind Vorstand und Aufsichtsrat einer AG sowie der Geschäftsführer und sonstige fakultativ oder obligatorisch eingerichtete Organe einer GmbH verpflichtet, ihr Handeln strikt am Interesse der Gesellschaft auszurichten. Über die Frage, welche Maßnahme im Interesse der Gesellschaft förderlich und welche nicht mehr vertretbar erscheint, kann Streit entstehen zum einen unter den Mitgliedern ein und desselben Organs, wenn dies als Kollegium organisiert ist (wie dies beim Aufsichtsrat immer und beim Vorstand meistens der Fall ist); man spricht insoweit von einem Intra-Organstreit. Zum anderen können Meinungsverschiedenheiten zwischen den verschiedenen Organen auftreten; dann spricht man von einem Inter-Organstreit.

A. Fehlerhafte

Aufsichtsratsbeschlüsse

Soweit ein Organ als Kollegium eingerichtet ist, entscheidet es wie die Versammlung der Mitglieder durch Beschluß. Uber dessen Rechtmäßigkeit und Gültigkeit kann ebenso wie dort Streit entstehen. Dann fragt sich, in welchem Verfahren die Meinungsverschiedenheiten vor Gericht beigelegt werden können. Dies soll am Beispiel der aktienrechtlichen Aufsichtsratsbeschlüsse erörtert werden.

I. Die Ablehnung der § § 2 4 1 ff. A k t G durch die herrschende Meinung Die ganz h.M. lehnt es ab, die § § 241 ff. AktG auf Beschlüsse des Aufsichtsrats einer AG anzuwenden1: Der Aufsichtsrat sei durch die persönliche Zusammenarbeit 1 B G H Z 122, 342, 347ff.; 124, 111, 115; 135, 244, 2 4 7 ; O L G Düsseldorf W M 1973, 1425; ZIP 1995, 1183, 1186f.; OLG Frankfurt N Z G 2 0 0 3 , 3 3 1 , 332; Baumbach/Hueck, AktG, § 108 Rn. 3; Borgmann, Organstreit, S. 2 2 0 . 222f.; Brandes, W M 1994, 2 1 7 7 , 2 1 8 2 ; ders., W M 1997, 2 2 8 1 , 2 2 8 3 ; Heyder, in: Michalski, GmbHG, § 52 R n . 3 7 5 ; Hüffer, AktG, § 108 Rn. 18f.; Kindl, AG 1993, 153, 155ff.; ders. DB 1993, 2 0 6 5 , 2 0 6 6 ; KK-Zöllner, AktG, § 108 Rn.82ff.; Lutter/ Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 611; Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71, 78; MKHüffer, AktG, § 241 Rn. 102; MüHdbGesR W/Hoffmann-Becking, § 31 Rn. 97; Noack, D Z W i R 1994, 341, 342; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 126; Schultz, Behebung, S.251ff.; ebenso für den Aufsichtsrat einer GmbH Baumbach-Zö//«er, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 9 4 (jedenfalls soweit der Aufsichtsrat in eigener Zuständigkeit entscheidet); Hachenburg-Raiser, GmbHG, § 52 R n . 8 2 ; Scholz-Schneider, GmbHG, § 5 2 R n . 3 1 0 f . ; Voormann, Beirat, S. 181.

A. Fehlerhafte

Aufsichtsratsbeschlüsse

563

seiner Mitglieder geprägt 2 , welche durch die Notwendigkeit, Klage zu erheben, empfindlich gestört werde 3 . Die Bereinigung von Streitigkeiten sei auch auf informellem Wege durch gütliche Einigung möglich 4 ; dies zumal eine neue Aufsichtsratssitzung rasch einberufen werden könne 5 . Die Bereitschaft, rechtswidrige Beschlüsse freiwillig zu revidieren, werde durch den Klagezwang eher gesenkt 6 . Außerdem fehle es für eine Analogie zu § § 2 4 1 ff. A k t G an einer Vergleichbarkeit der Interessenlage, weil die Mitglieder des Aufsichtsrats im Gegensatz zu Gesellschaftern/Aktionären ihr Amt rein fremdnützig ausübten 7 . Ferner hätten Aufsichtsratsbeschlüsse typischerweise nicht die Breitenwirkung von Hauptversammlungsbeschlüssen 8 , weswegen es nicht erforderlich sei, mit Hilfe der §§ 2 4 1 ff. A k t G einen breit gestreuten Anlegerkreis in seinem Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der Beschlüsse zu schützen 9 . Es sei nicht gerechtfertigt, einseitig diejenigen Mitglieder des Aufsichtsrat in die Rolle des Klägers zu drängen, welche die Rechtmäßigkeit des Beschlusses anzweifelten 1 0 . Die Installation fristgebundener Klageerfordernisse vermehre die gerichtliche Tätigkeit und sei daher strikt abzulehnen 1 1 . Nicht gänzlich einig ist man sich darüber, welches rechtliche Schicksal ein fehlerhafter Aufsichtsratsbeschluß nimmt, wenn nicht das Rechtsfolgen-Gefüge der §§ 2 4 1 ff. A k t G eingreifen soll. Weithin wird davon ausgegangen, fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse seien ipso iure nichtig 1 2 . Andere Autoren wollen trotz Ablehnung der Analogie zu § § 2 4 1 ff. A k t G wenigstens an der Unterteilung zwischen nichtigen und vernichtbaren Beschlüssen festhalten 1 3 : Lediglich vernichtbar seien

BGHZ 122, 342, 347f. ; Schultz, Behebung, S.252. Götz, FS Lüke, S. 167, 177. 4 BGHZ 122, 342, 348; Schultz, Behebung, S.252. 5 Götz, FS Lüke, S. 167, 175 f. 6 Götz, FS Lüke, S.167, 176. 7 Baumbach-Zöllner, GmbHG, §52 Rn.56; Heyder, in: Michalski, GmbHG, §52 Rn.375; Kindl, AG 1993, 153, 156. 8 BGHZ 122, 342, 347; Götz, FS Lüke, S. 167, 178f.; Kindl, AG 1993, 153, 156; ders., DB 1993, 2065, 2066. 9 BGHZ 122, 342, 347; Kindl, AG 1993, 153, 156; ders., DB 1993, 2065, 2066; ScholzSchneider, GmbHG, §52 Rn.310f. 10 BGHZ 122, 342, 350; Götz, FS Lüke, S.167, 177; Kindl, AG 1993, 153, 156; ders., DB 1993, 2065, 2066. 11 Baumbach-Zöllner, GmbHG, §52 Rn.56. 12 BGHZ 64, 325, 333; 122, 342, 351; 124, 111, 125; 135, 244, 247; OLG Düsseldorf ZIP 1995,1183,1189; OLG Frankfurt NZG 2003, 331,332; OLG Naumburg NZG 1999, 317, 318; LG Düsseldorf DZWiR 1994, 338, 339; LG Hamburg WM 1980, 688, 691; Baumbach-Zöllner, GmbHG, §52 Rn.54; Borgmann, Organstreit, S.223; Brandes, WM 1994, 2177, 2182; ders., WM 1997, 2281, 2283; Geßler-Geßler, AktG, § 108 Rn.69f.; Heyder, in: Michalski, GmbHG, §52 Rn. 376ff.; Meilicke, FS W. Schmidt, S.71, 78; MüHdbGesR IV/Hoffmann-Becking, §31 Rn. 97; Noack, ZHR 162 (1998), 120,122; Potthoff/Trescher, Das Aufsichtsratsmitglied, 4. Kap. I 7 a (2) (S. 129f.); Schultz, Behebung, S.252. 13 OLG Hamburg WM 1982, 1090, 1095; Fitting/Wlotzke/Wißmann, MitbestG, §25 Rn.38; Götz, FS Lüke, S.167, 181ff.; Hanau/Ulmer, MitbestG, §25 Rn.38, 40; Kindl, AG 1993, 153, 159; ders., DB 1993, 2065, 2067; KK-Mertens, AktG, §108 Rn.82; Littbarski, Rechtsschutz, S. 149f. 2

3

564

§10

Organstreitigkeiten

Beschlüsse dann, wenn sie gegen Verfahrensvorschriften verstießen, welche dem Schutz einzelner Aufsichtsratsmitglieder dienten; diese könnte nämlich auf jenen Schutz verzichten14. Der vernichtbare Beschluß werde wirksam, wenn er nicht innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist15, spätestens bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung16 durch Erklärung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden17, alternativ durch Klageerhebung18 angefochten werden. Anfechtungsberechtigt seien alle Aufsichtsratsmitglieder ohne Rücksicht auf persönliche nachteilige Betroffenheit 19 . Die Anfechtung führt auf dem Boden dieses Konzepts mit Wirkung ex tunc die Nichtigkeit des Beschlusses herbei. Die Nichtigkeit des Beschlusses, mag sie nun ipso iure eingetreten oder durch Erklärung einer hierzu befugten Person herbeigeführt worden sein, soll sodann mit Hilfe einer Feststellungsklage geltend gemacht werden 20 , welche gegen die Gesellschaft zu richten sei 21 ; denn ihr sei der Aufsichtsratsbeschluß als ein Beschluß ihres Organs zuzurechnen22. Den Kreis der Klagebefugten will der BGH dadurch be14 Kindl, AG 1993, 153, 159; ders., DB 1993, 2 0 6 5 , 2067; KK-Mertens, AktG, § 108 Rn. 82; Littbarski, Rechtsschutz, S. 149ff. 1 5 KK-Mertens, AktG, § 108 Rn.94; ebenso Götz, FS Lüke, S. 167, 187; Kindl, AG 1 9 9 3 , 1 5 3 , 161; ders., DB 1993, 2065, 2067: Monatsfrist des § 2 4 6 I AktG als Untergrenze; HachenburgRaiser, GmbHG, § 52 Rn. 84: Orientierung an Anfechtungsfrist für Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH. Enger OLG Hamburg W M 1982, 1090, 1095; AG 1984, 248, 249; Fitting/Wlotzke/ Wißmann, MitbestG, § 2 5 Rn.39; GK-Naendrup, MitbestG, $25 Rn.90; Littbarski, Rechtsschutz, S. 150: unverzügliche Rüge erforderlich. 16 Kindl, AG 1 9 9 3 , 1 5 3 , 161; ders., DB 1 9 9 3 , 2 0 6 5 , 2067; Schultz, Behebung, S.253. Großzügiger Hüffer, AktG, § 108 Rn.20: bis 1 Monat nach der nächsten Aufsichtsratssitzung. 1 7 OLG Düsseldorf AG 1995, 4 1 6 , 418; Fitting/Wlotzke/Wißmann, MitbestG, § 2 5 Rn.39; Hanau/Ulmer, MitbestG, § 2 5 Rn.40; Kindl, AG 1993, 153, 161; KK-Mertens, AktG, § 1 0 8 Rn. 93. 18 OLG Hamburg W M 1982, 1090, 1095; AG 1984, 248, 249. 19 Kindl, AG 1 9 9 3 , 1 5 3 , 160f.; ders., DB 1993, 2065, 2067; KK-Mertens, AktG, § 108 Rn.94. Enger Götz, FS Lüke, S. 167, 185f.: Bei Verfahrensfehlern kann nur das betroffene Aufsichtsratsmitglied anfechten. 2 0 BGHZ 135, 244, 247; OLG Düsseldorf W M 1973, 1425; ZIP 1995, 1183, 1186; OLG Frankfurt N Z G 2 0 0 3 , 331, 332; OLG Köln W M 1 9 8 1 , 4 1 3 , 414; LG Düsseldorf DZWiR 1994, 338, 339; Borgmann, Organstreit, S.223; Brandes, W M 1997, 2 2 8 1 , 2283; Geßler-Geßler, AktG, § 108 Rn. 72; Götz, FS Lüke, S. 167, 187; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 2 2 Rn.7; Hirte, EWiR 2 0 0 3 , 419, 420; Hey der, in: Michalski, GmbHG, § 52 Rn. 381; KK-Mertens, AktG, Vorb. § 95 Rn. 18, § 108 Rn. 88; Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71, 109; MüHdbGesR I V / H o f f m a n n - B e k king, § 3 1 R n . 9 7 , § 3 3 Rn.54; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 126; Schultz, Behebung, S.252. 2 1 BGHZ 83, 144, 146; OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183, 1187; Borgmann, Organstreit, S.223 f.; Brandes, W M 1984, 289, 293; ders., W M 1994, 2 1 7 7 , 2182; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 22 Rn. 10; KK-Mertens, AktG, Vorb. § 95 Rn. 18, § 108 Rn. 90; Meilicke, FS W. Schmidt, S.71, 112; Raiser, MitbestG, § 2 5 Rn.44; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18. Skeptisch Noack, DZWiR 1994, 341, 342, weil nicht einleuchte, weswegen die eine Seite mit dem Geldbeutel der Gesellschaft prozessieren dürfe und die andere nicht. Wie jedoch zu zeigen sein wird (unten C V 1 d), trägt die Gesellschaft grundsätzlich die Kosten des Organstreits unabhängig vom Ausgang des Prozesses; es prozessieren also grundsätzlich beide Konfliktparteien auf Kosten der Gesellschaft, gleichviel wie man die Parteirollen verteilt. 2 2 BGHZ 83, 14, 146; OLG Düsseldorf AG 1995, 416; Brandes, W M 1984, 289, 293; ders., W M 1994, 2177, 2182.

A. Fehlerhafte

Aufsichtsratsbeschlüsse

565

grenzen, daß er im Einzelfall das Rechtsschutzinteresse verneint 2 3 . Vereinzelt wird zur Präzisierung der Klagebefugnis das Konzept der internen und generellen Nichtigkeit fruchtbar g e m a c h t 2 4 : Der Beschluß sei relativ nichtig, wenn die verletzte N o r m nur einen bestimmten Personenkreis schützen solle, absolut nichtig dagegen dann, wenn der Schutz eines übergreifenden Interesses bezweckt w e r d e 2 5 . Klagebefugt seien im Ergebnis in erster Linie die Mitglieder des Aufsichtsrats, bei Vorliegen eines entsprechenden Feststellungsinteresses aber auch Vorstand und Aktionär e 2 6 . In zeitlicher Hinsicht soll die Geltendmachung von Beschlußmängeln durch die Verwirkungsgrundsätze begrenzt sein 2 7 . Umgekehrt soll die Gesellschaft eine Klage auf Feststellung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses erheben k ö n n e n 2 8 . Die Vertretung der Gesellschaft wird teilweise dem Vorstand zugewiesen 2 9 . Andere wiederum halten den Vorstand für ungeeignet, die Vertretung der Gesellschaft zu übernehmen; denn er sei vom fehlerhaften Aufsichtsratsbeschluß nicht persönlich betroffen und stehe außerhalb der aufsichtsratsinternen Kompetenzzuweisung 3 0 . Sachgerecht sei vielmehr eine Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat analog § 1 1 2 A k t G 3 1 bzw. durch diejenigen Aufsichtsratsmitglieder, welche den Beschluß verteidigen w o l l t e n 3 2 .

II.

Kritik

D e m Leser der hier vorgelegten Abhandlung sind die soeben referierten Überlegungen nicht neu; die meisten von ihnen dienten bereits einem Teil der Literatur dazu, den Verzicht auf das Anfechtungsklageerfordernis in der G m b H zu begründen. Namentlich ist hier wie dort auf die vertrauensvolle Z u s a m m e n a r b e i t (einerseits der GmbH-Gesellschafter, andererseits der Aufsichtsratsmitglieder) hingewiesen w o r d e n 3 3 . Würden sie überzeugen, so müßten ihre Befürworter konsequent in gleicher Weise fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse in der G m b H für 23 BGHZ 122, 342, 351; OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1183, 1187; Brandes, WM 1994, 2177, 2182; Hachenburg-Raiser, GmbHG, § 52 Rn. 82. Mit Recht kritisch wegen der inhaltlichen Unbestimmtheit dieser Aussage Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 54. 2 4 Dazu bereits oben § 6 C II, § 7 B II. 25 Borgmann, Organstreit, S.227f. 2 6 Im einzelnen Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71,109ff.; gegen Klagebefugnis der Aktionäre aber Mertens AG 1990,40, 50; Zöllner, ZGR 1988, 392, 398. Für Klagebefugnis regelmäßig auch des Vorstands Raiser, MitbestG, §25 Rn.42. 27 Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 52 Rn. 56; Borgmann, Organstreit, S. 228 ff.; Brandes, WM 1994, 2177, 2182; Heyder, in: Michalski, GmbHG, §52 Rn.375, 383; Raiser, MitbestG, §25 Rn.43; Scholz-Schneider, GmbHG, §52 Rn.311. 2 8 BGHZ 122, 342, 352; Kindl, AG 1993, 153, 156f.; Raiser, MitbestG, §25 Rn.44. 2 9 BGHZ 122, 342, 345; OLG Düsseldorf AG 1995, 416; Borgmann, Organstreit, S.224. 30 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 276; Noack, DZWiR 1994, 341, 342; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18. 31 So Noack, DZWiR 1994, 341, 342. 32 So Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 18. 33 Das hat Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S.205, richtig gesehen.

566

§10

Organstreitigkeiten

nichtig bzw. durch rechtsgestaltende Erklärung vernichtbar halten. Der B G H hat indes Konsequenzen aus der soeben wiedergegebenen Argumentation für die GmbH bislang nicht einmal im Ansatz erwogen. Da jene Argumentation sich nicht als geeignet erweisen hat, die Unterscheidung von nichtigen und anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen in der GmbH und das Klageerfordernis bei lediglich anfechtbaren Beschlüssen zu Fall zu bringen, wird es kaum überraschen, wenn hier im Anschluß an Vorarbeiten in Rechtsprechung und Literatur 3 4 einer entsprechenden Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG auf fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse das Wort geredet wird: Das Interesse an einer zügigen Beilegung gesellschaftsinterner Streitigkeiten ist die prozessuale Kehrseite des Zweckverfolgungsgedankens; ihm ist vor allem dann Rechnung zu tragen, wenn nach materiellem Verbandsrecht dem Gesellschaftsinteresse der Vorrang vor dem Eigeninteresse der streitbeteiligten Personen gebührt. Aufsichtsratsmitglieder haben, gerade weil sie fremdnützig arbeiten, ihre Tätigkeit ausschließlich am Gesellschaftsinteresse auszurichten; eine auf den eigenen Vorteil bedachte Amtsführung ist ihnen untersagt. Die Fremdnützigkeit der Aufsichtsratstätigkeit spricht nach alledem in Wahrheit nicht gegen 3 5 , sondern im Gegenteil für die analoge Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG.

III. Die Ausgestaltung des Beschlußkontrollverfahrens in Analogie zu § § 2 4 1 ff. AktG 1. Differenzierung a) Orientierung

zwischen am Katalog

nichtigen

und anfechtbaren

Beschlüssen

der §§241 f f . AktG

Die Analogie bedeutet zum einen, daß zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen zu differenzieren ist 3 6 ; ein fehlerhafter Beschluß ist nur ausnahmsweise nichtig 3 7 . Die Nichtigkeitsgründe können im Grundsatz § 2 4 1 AktG entnommen 5 4 Für die Anwendung der § § 241 ff. AktG namentlich OLG Hamburg DB 1992, 774ff.; ebenso Baums, Z G R 1983, 300, 305ff.; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 8 9 , 4 9 3 ; GK-Naendrup, MitbestG, § 25 R n . 2 1 8 ; Landrock, Innenrechtsstreit, S. 190f., 193f.; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 94ff.; Radtke, BB 1 9 6 0 , 1 0 4 5 , 1 0 4 6 ; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 212f.; „jedenfalls" für Entscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat in von der Hauptversammlung abgeleiteter Zuständigkeit (z.B. Ausnutzung genehmigten Kapitals) auch Anv/K-Heidel, AktG, § 2 4 1 R n . 3 ; für Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf Beschlüsse fakultativer Aufsichtsräte in GmbH und GmbH & Co KG Großfeld/Brondics AG 1 9 8 7 , 2 9 3 , 302. Zur Anwendung der § § 2 4 1 ff. AktG neigend, aber letztlich offenlassend GroßkommAktG-K. Schmidt, § 241 Rn. 34ff. Vgl. auch jüngst Baums, D J T 2 0 0 0 , S. F 191f.: Auf die § § 2 4 9 , 2 4 6 II, III 1, IV, 2 4 7 , 2 4 8 AktG könne nicht verzichtet werden. Die Analogie zu den § § 2 4 1 ff. AktG wird von Becker (aaO.S.500), Landrock (aaO.) und Steinbeck (aaO.) mit Recht auch auf Vorstandsbeschlüsse ausgedehnt. 3 5 Insoweit wie hier Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 95f. 3 6 Vgl. nur Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 2 7 ; Steinbeck, Überwachungspflicht, S . 2 1 2 f . 3 7 Nach Ansicht von Radtke, BB 1 9 6 0 , 1045, 1048 sind fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse immer nur anfechtbar, weil sie nicht ins Handelsregister eingetragen würden und daher keiner Heilung zugänglich seien. Das überzeugt nicht, weil die Heilung nach § 2 4 2 AktG ihrerseits an einen nichtigen Beschluß anknüpft.

A. Fehlerhafte

Aufsichtsratsbeschlüsse

567

werden 3 8 . Die Abgrenzung von den Anfechtungsgründen ist durchaus zu bewältigen: Selbst im Recht der fehlerhaften Hauptversammlungsbeschlüsse hat sich die Differenzierung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen erst im Laufe der Entwicklung von Rechtsprechung und Literatur herausgebildet 39 . Gewiß gingen hier und da die Meinungen auseinander, ob ein bestimmter Mangel zur Anfechtbarkeit oder zur Nichtigkeit führte; und dennoch stand am Ende der Entwicklung ein überzeugendes und rechtssicher zu handhabendes Konzept für die Behandlung von Beschlußmängeln. Man darf optimistisch sein, daß dies auch bei Aufsichtsratsbeschlüssen gelingen wird. b)

Einberufungsmängel

Ein Beschluß ist analog § 2 4 1 Nr. 1 AktG nichtig, wenn auch nur ein Mitglied nicht zu der Sitzung geladen worden ist, auf welcher der Beschluß gefaßt wurde 4 0 ; es gilt insoweit nichts anderes als für die Gesellschafterversammlung einer G m b H 4 1 . Daß das in § 121 II, III AktG niedergelegte Einberufungsverfahren auf Beschlüsse des Aufsichtsrats nicht anwendbar ist, steht der Anwendbarkeit des § 2 4 1 Nr. 1 AktG ebensowenig entgegen 42 wie in der GmbH. Im Gegenteil: Gerade beim Aufsichtsratsbeschluß gebietet die Nichtladung eines Mitglieds die Nichtigkeit, weil die Teilnahme an der Sitzung für das Mitglied nicht nur Recht, sondern Pflicht ist 4 3 . Mit Recht hat bereits das R G darauf hingewiesen, daß bei Nichtladung auch nur eines Mitglieds das Kollegialitätsprinzip verletzt wird 4 4 . Daher ist der Beschluß selbst dann nichtig, wenn er, wäre das übergangene Mitglied geladen worden, mit gleichem Inhalt gefaßt worden wäre 4 5 . Nichtigkeit analog § 2 4 1 Nr. 1 AktG ist ferner gegeben, wenn der Aufsichtsrat durch einen Unbefugten einberufen wurde 4 6 , nicht jedoch, wenn trotz der genannten Mängel alle Mitglieder erschienen sind und keiner der Beschlußfassung widersprochen hat 4 7 . 3 8 O L G Hamburg DB 1992, 774, 775; Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 2 9 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 52 R n . 2 0 . Gegen eine pauschale Übernahme der aktienrechtlichen Nichtigkeitsgründe aber Götz, FS Lüke, S. 167, 179; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S . 2 0 5 f . 3 9 Daraufweisen zu Recht Axhausen (Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 129) und Landrock (Innenrechtsstreit, S. 197) hin; zur Rechtsentwicklung im einzelnen Casper, Heilung, S. 9 ff.; Emmerich, Entwicklung, S. 139ff.; Slabschi, Anfechtungsklage, S.20ff. 4 0 Zutreffend Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 125; anders (nur Anfechtbarkeit) Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 191, 197; Baums, Z G R 1983, 3 0 0 , 311 f.; Götz, FS Lüke, S. 167, 183; (nur „eingeschränkte" Nichtigkeit) Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn.613. 4 1 Vgl. dazu bereits oben § 3 C III. 4 2 So aber Kindl, AG 1993, 153, 157. 4 3 Zutreffend Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 125. 4 4 R G Z 66, 2 6 9 , 371 f. Das R G folgerte daraus freilich nicht die Nichtigkeit des Beschlusses, sondern hielt einen solchen für schon gar nicht erst zustande gekommen. 4 5 Anders auf dem Boden der h.M. O L G Stuttgart AG 1985, 193, 194. 4 6 Ebenso Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 187; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 125. 4 7 Insoweit richtig Schultz, Behebung, S . 2 5 2 f .

568 c) Mitbestimmungs-

§10

und

Organstreitigkeiten

Gleichheitsverstöße

Nichtigkeit nach §241 Nr. 3 AktG tritt ein, wenn der Beschluß des Aufsichtsrats Rechte oder Interessen von Personen berührt, welchen kein Anfechtungsrecht zusteht 48 . Nichtig sind etwa Beschlüsse, welche gegen das MitbestG verstoßen 49 . Während für Beschlüsse der Hauptversammlung streitig ist, ob der Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre verstoßen, nichtig 50 oder nur anfechtbar 51 sind, ist für Beschlüsse, welche zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung von Aufsichtsratsmitgliedern führen, ausnahmslos nichtig 52 ; denn durch sie wird die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats gefährdet 53 und die Kollegialität im Aufsichtsrat in Frage gestellt. Wegen der Fremdnützigkeit der Tätigkeit im Aufsichtsrat berührt der Gleichheitsverstoß nicht lediglich, ja nicht einmal primär das Interesse des benachteiligten Mitglieds. Der Aufsichtsrat wurde vom Gesetzgeber eingerichtet und mit der Überwachungsaufgabe betraut, weil die Hauptversammlung für die Kontrolle der Geschäftsführung durch den Vorstand typischerweise nicht in Betracht kommt 5 4 . Wenn der Gesetzgeber diese Aufgabe nicht einzelnen Personen zugewiesen hat, sondern einem Kollegium, so gibt er zu erkennen, daß ihm gerade an der Überwachung durch mehrere Personen in arbeitsteiligem Zusammenwirken gelegen ist; das impliziert notwendig die gleiche Rechtsstellung aller Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Ungleichbehandlung ist damit Nichtigkeitsgrund nach §241 Nr. 3, 3. Alt. AktG: Das Kollegialitätsprinzip besteht im öffentlichen Interesse. Anders als die Aktionäre können daher die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht über ihr Recht auf Gleichbehandlung disponieren 55 . Mit Recht hat ferner der BGH einen Hauptversammlungsbeschluß, der zu einer Ungleichbehandlung von Aufsichtsratsmitgliedern führte, für nichtig erklärt 56 .

48

Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 9 1 ; ähnlich Axkausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 162ff., der die Nichtigkeit zwar auf § 134 BGB stützt, die nichtigkeitsbegründenden gesetzlichen Verb o t s n o r m e n aber a n h a n d der Kriterien des § 2 4 1 Nr. 3 A k t G ermitteln will. 49 Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 157ff. 50 Berg, Beschlüsse, S. 127ff.; Fischer, J Z 1956, 3 6 2 , 363. 51 R G Z 1 1 8 , 6 7 , 72f.; Baumbach-Zöllner, G m b H G , Anh. § 4 7 Rn. 48; Geißler, G m b H R 2 0 0 2 , 520, 5 2 3 ; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 6 0 f . ; G. Hueck, Grundsatz, S . 3 0 9 f f . ; Hüffer, A k t G , § 2 4 3 R n . 2 9 ; M ü H d b G e s R W/Wiesner, § 17 Rn. 13; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 4 7 R n . 1 2 4 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 8 IV 5d (S.858); ders., in G r o ß k o m m A k t G , § 2 4 3 R n . 4 4 ; Schulze-Osterloh, FS Stimpel, S . 4 8 7 , 5 0 0 . 52 Im Ergebnis ebenso B G H W M 1 9 8 7 , 1 0 7 0 ; N J W 1 9 8 8 , 1 2 1 4 ; N J W 1989, 904, 9 0 5 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 153 ff. 53 Z u t r e f f e n d B G H W M 1987, 1070. 54 Vgl. n u r Hommelhoff, Z H R 153 (1989), 181, 195f. 55 So aber O L G H a m b u r g DB 1 9 9 2 , 774, 776, das aus diesem G r u n d e bei einem Gleichheitsverstoß n u r Anfechtbarkeit a n n i m m t . 56 B G H Z 83, 151, 153.

A. Fehlerhafte d)

Aufsichtsratsbeschlüsse

569

Beschlußunfähigkeit

Ebenso mit Rücksicht auf das Kollegialitätsprinzip ist ein Aufsichtsratsbeschluß dann nichtig, wenn dem Aufsichtsrat bei seiner Fassung die Beschlußfähigkeit fehlte 5 7 : Wenn nicht eine Mindestzahl von Mitgliedern am Beschluß beteiligt war, ist die Überwachung des Vorstands nicht durch ein Kollegium, sondern durch Einzelpersonen erfolgt. Das gilt namentlich dann, wenn der Aufsichtsrat bei Beschlußfassung nicht einmal mit der gesetzlichen Mindestzahl von drei Mitgliedern (§ 9 5 S. 1 A k t G ) besetzt ist 5 8 . Aus dem Kollegialitätsprinzip folgt ferner die Nichtigkeit eines Beschlusses, wonach ein gewähltes Aufsichtsratsmitglied aus dem Aufsichtsrat ausgeschlossen wird; über die Bestellung durch die Hauptversammlung kann der Aufsichtsrat nicht disponieren 5 9 und sich namentlich nicht eines mißliebigen Kollegen entledigen: Die Aufsichtsratsmitglieder sind nicht wechselseitig Richter übereinander. e)

Kompetenzüberschreitung

Nichtig sind des weiteren Zustimmungsvorbehalte, welche der Aufsichtsrat unter Überschreitung des in § 1 1 1 IV 2 A k t G gesetzten R a h m e n s ad hoc beschließt 6 0 ; denn der Gesetzgeber hat in dieser Vorschrift die Grenzlinie zwischen Geschäftsführung und deren Überwachung markiert. Überschreitet der Aufsichtsrat diese Grenze, so schwingt er sich zum Geschäftsführungsorgan auf; angesichts der gewichtigen Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Organisationsrecht der A G beigemessen hat (namentlich in § 2 3 V A k t G ) , kann die rechtliche Relevanz eines solchen Rechtsverstoßes nicht zur Disposition der an der Gesellschaft Beteiligten gestellt werden. Es mag sein, daß der Kompetenzverstoß häufig nicht evident, sondern den einschlägigen Bestimmungen durch Auslegung zu entnehmen ist. Deswegen die Rechtsfolge der Kompetenzverletzung auf bloße Anfechtbarkeit zu reduzieren 6 1 , erscheint jedoch verfehlt: § 2 4 1 Nr. 3 A k t G enthält eine Blankettnorm, welche die Nichtigkeit immer erst in Verbindung mit speziellen aktienrechtlichen Vorschriften begründet. D a ß die Reichweite jener Vorschriften im Wege der Auslegung ermittelt werden m u ß , ist notwendige Konsequenz. § 2 4 1 Nr. 3 A k t G beschränkt die Nichtigkeit auf besonders schwere, nicht aber auf besonders offen zutage liegende Mängel. Die Nichtigkeit beruht nicht darauf, daß der M a n g e l leicht festgestellt werden kann, sondern darauf, daß dem Gesetzgeber die Einhaltung der betreffenden N o r m besonders wichtig war.

5 7 Für Nichtigkeit wegen fehlender Beschlußfähigkeit auch BGH AG 1989, 129, 130; ZIP 1999, 192; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 189; Baums, ZGR 1983, 300, 317; GK-Naendrup, MitbestG, §25 Rn.83; Heinsius AG 1977, 281; Kindt, AG 1993, 153, 159; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.138; Werner, AG 1979, 330, 331. 58 LG Karlsruhe DB 1993, 1352. 59 Zutreffend LG Mühlhausen AG 1996, 526, 527. 6 0 Ebenso Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 13. 6 1 So Landrock, Innenrechtsstreit, S.232.

570

§10

f ) Beschlüsse außerhalb einer

Organstreitigkeiten

Sitzung

Schließlich ist ein Beschluß nichtig, wenn er ohne die Voraussetzungen des § 108 IV AktG außerhalb einer Sitzung gefaßt wird; das folgt direkt aus dieser Vorschrift, so daß sich ein Rückgriff auf § 2 4 1 AktG erübrigt 6 2 . 2. Klageerfordernis

bei lediglich anfechtbaren

Beschlüssen

Wo sich eine Nichtigkeit nach diesen Grundsätzen nicht begründen läßt und daher der Beschluß nur anfechtbar ist, bedeutet der Rückgriff auf die § § 2 4 1 ff. AktG zum anderen, daß der Beschluß nur durch die Erhebung einer gerichtlichen Anfechtungsklage beseitigt werden kann 6 3 ; eine bloße rechtsgestaltende Anfechtungserklärung reicht nicht aus 6 4 . Zur Begründung kann auf die Überlegungen verwiesen werden, welche oben 6 5 zum Klageerfordernis bei Gesellschafterbeschlüssen einer G m b H angestellt wurden: Der Verzicht auf das Erfordernis einer Anfechtungsklage und dessen Substitution durch eine bloße Anfechtungserklärung hätte zur Folge, daß diese Erklärung den Beschluß analog § 2 4 1 Nr. 5 AktG vernichtete und die Klage auf Feststellung, daß der Beschluß tatsächlich fehlerhaft und durch die Anfechtungserklärung vernichtet worden ist, als Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG unbefristet erhoben werden könnte 6 6 . Dies hätte einen Verlust an Rechtssicherheit zur Folge, der bei Aufsichtsratsbeschlüssen ebensowenig hingenommen werden kann wie bei Gesellschafterbeschlüssen in der GmbH 6 7 , und zwar ohne Rücksicht auf die gegebene oder fehlende Breitenwirkung des jeweiligen Beschlusses. Im übrigen trifft es auch im Tatsächlichen nicht zu, daß Beschlüssen des Aufsichtsrats keine Breitenwirkung zukommt: Entscheidungen des Aufsichtsrats sind von eigenständigem Gewicht für das Wohlergehen der Gesellschaft. Das gilt namentlich für Vorstandswahlen und Zustimmungsbeschlüsse nach § 111 IV 2 AktG 6 8 .

62

Zutreffend Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 133. Ebenso Landrock, Innenrechtsstreit, S.202; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 178; Steinbeck, Überwachungspflicht, S.212f. 64 Ebenso Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S.214; Becker, Verwaltungskontrolle, S.497f. 65 §6 C IV. 66 Die Gefahr unbefristeter Klageerhebung befürchtet im Ergebnis auch Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 178. 67 Zutreffend OLG Hamburg DB 1992, 774. Instruktiv und überzeugend zum Bedürfnis nach Rechtssicherheit hinsichtlich der Gültigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen im einzelnen Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 97ff. 68 Zutreffend Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 141 ff. 65

A. Fehlerhafte

3.

Aufsichtsratsbeschlüsse

571

Anfechtungsbefugnis

Anfechtungsbefugt ist jedes Aufsichtsratsmitglied 6 9 . Die Verletzung von eigenen Rechten oder solchen der Gesellschaft muß nicht geltend gemacht werden 7 0 . Das Aufsichtsratsmitglied muß jedoch analog § 2 4 5 Nr. 1 AktG in der Sitzung erschienen sein und dem Beschluß widersprochen haben 7 1 . Wenn schon vom Kleinstaktionär das Erscheinen in der Hauptversammlung verlangt wird, obwohl diesem ein Recht auf unternehmerisches Desinteresse zusteht, so muß dies erst recht von einem Aufsichtsratsmitglied erwartet werden, das an den Aufsichtsratssitzungen teilnehmen muß-. Das Aufsichtsratsmitglied ist zur Wahrnehmung seiner Kompetenz verpflichtet.

Die Wertung des § 2 4 5 Nr. 1 AktG, daß unter Geltung des Mehr-

heitsprinzips von einer grundsätzlichen Bereitschaft der Abstimmenden ausgegangen werden kann, Beschlüsse auch gegen ihren Willen zu akzeptieren, und sich daher ein Mitglied widersprüchlich verhält, das trotz erkennbaren Mangels nicht alsbald widerspricht, gilt überall, wo das Mehrheitsprinzip verankert ist, und damit auch für Aufsichtsratsbeschlüsse 7 2 . Beim Aufsichtsrat kommt hinzu, daß dessen Mitglieder nicht nur an den Sitzungen teilnehmen müssen, sondern auch zur Bekämpfung rechtswidriger Beschlüsse gehalten sind 7 3 : Gerade dann kann bereits in der Sitzung erwartet werden, daß der Opponent den Beschluß in Frage stellt. Der Widerspruch ist entbehrlich, soweit der Beschlußmangel in der Sitzung nicht erkennbar ist 7 4 , muß aber nachgeholt werden, sobald sich der Mangel später zeigt 7 5 . Keine Anfechtungsbefugnis kommt dagegen dem Vorstand zu 7 6 . Die entsprechende Anwendung des § 2 4 5 Nr. 4 AktG scheidet deswegen aus, weil der Aufsichtsrat zur Überwachung des Vorstands berufen ist {§ 1 1 1 1 AktG) und daher der Vorstand nicht seinerseits mit gerichtlicher Hilfe zur Überwachung des Aufsichtsrats schreiten darf 7 7 . Eine Anfechtungsbefugnis einzelner Vorstandsmitglieder nach § 2 4 5 Nr. 5 A k t G 7 8 erscheint kaum vorstellbar, da der Vorstand keine Be6 9 Ebenso Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 219; GK-Naendrup, MitbestG, § 2 5 R n . 2 1 8 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 180; K. Schmidt, FS Semler, S . 3 2 9 , 3 4 5 ; für fakultative Aufsichtsräte in GmbH und GmbH & Co KG ebenso Großfeld/Brondics, AG 1987, 2 9 3 , 3 0 2 . 7 0 Ebenso Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 9 5 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 180; K. Schmidt, FS Semler, S . 3 2 9 , 345. 7 1 Wie hier Baums, Z G R 1983, 300, 339; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 181; anders Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S.220f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 9 4 . 7 2 Vgl. zur Geltung des Mehrheitsprinzips bei Aufsichtsratsbeschlüssen nur Hüffer, AktG, §108 Rn.6. 7 3 Darauf weist mit Recht Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 181 hin. 7 4 Ebenso, aber auf Kenntnis des Mangels abstellend, Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 181 75 Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 181. 7 6 Wie hier Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S . 2 2 3 ; Baums, Z G R 1 9 8 3 , 300, 340f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 9 5 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 182; anders Radtke, BB 1 9 6 0 , 1 0 4 5 , 1 0 4 8 . Allgemein gegen die Anfechtungsbefugnis organfremder Personen Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 3 6 f . 7 7 Zutreffend Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S . 2 2 3 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 182. Aus dem gleichen Grund generell gegen Klagen des Vorstands gegen den Aufsichtsrat wegen angeblich pflichtwidriger Überwachung Lewerenz, Leistungsklagen, S. 136. 7 8 Für sie Radtke, BB 1960, 1045, 1048.

572

§10

Organstreitigkeiten

schlüsse des Aufsichtsrats ausführt und sich daher auch nicht aus diesem Grunde strafbar oder ersatzpflichtig machen kann. Die Schlagkraft der Überlegung, daß der Kontrollierte sich nicht zum Kontrolleur aufschwingen darf, führt dazu, daß selbst die Nichtigkeitsklage dem Vorstand nicht unbegrenzt zugebilligt werden kann 7 9 . Unzweifelhaft zulässig ist sie lediglich dort, wo der Beschluß die eigene Rechtsstellung des Vorstands berührt, wie dies etwa bei Bestellungs- oder Abberufungsbeschlüssen der Fall ist 80 . Schwierig zu beantworten ist die Frage, ob der Vorstand die Nichtigkeitsklage gegen einen vom Vorstand beschlossenen ad-hocZustimmungsvorbehalt mit der Begründung erheben darf, er überschreite den Rahmen des § 111IV 2 AktG und greife damit unzulässig in die Geschäftsleitungskompetenz ein 81 . Gegen eine solche Befugnis spricht gewiß, daß Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats ein zentrales Instrument der Vorstands-Überwachung verkörpern und Klagen des Vorstands hiergegen deshalb in ganz besonderer Weise den Einwand heraufbeschwören, der Kontrollierte schwinge sich zum Kontrolleur auf. Andererseits hat der Gesetzgeber der aktienrechtlichen Kompetenzordnung im allgemeinen (§23 V AktG) und der Leitungsautonomie des Vorstands im besonderen (§§76 I, 111 IV 1 AktG) so gewichtige Bedeutung beigemessen, daß nicht angenommen werden kann, er habe die Gegenwehr des Vorstands gegen rechtswidrige Kompetenzübergriffe seitens des Aufsichtsrats unterbinden wollen. Dem Vorstand kann es nicht zugemutet werden, die Maßnahme auf die Gefahr hin eigenmächtig auszuführen, daß sich der Vorbehalt im nachhinein doch als rechtmäßig erweist und er u.U. sodann zum Schadensersatz verpflichtet ist; er muß vielmehr aus eigener Initiative auf eine rechtliche Klärung dringen dürfen. Es wird im übrigen zu zeigen sein, daß der umgekehrte Fall, nämlich der Kompetenzübergriff des Vorstands zum Nachteil des Aufsichtsrats, gerichtlich durchsetzbare Abwehrrechte der Aufsichtsratsmitglieder auslöst; dann erscheint es auch mit Rücksicht auf den Symmetriegedanken angezeigt, den Vorstand gegen Übergriffe durch den Aufsichtsrat nicht rechtsschutzlos zu stellen. Die Nichtigkeitsklage kann daher mit der Begründung erhoben werden, der Zustimmungsvorbehalt überschreite den in § 111 IV 2 AktG gesetzten Rahmen. Eine allgemeine Befugnis der Aktionäre, Aufsichtsratsbeschlüsse anzufechten, ist nicht anzuerkennen 8 2 : Zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle der Ver79

So aber Baums, Z G R 1983, 300, 343. Für Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage in diesem Fall Vollmer, G m b H R 1984, 5, 9. Auch der B G H hat, o h n e die Klagebefugnis näher zu problematisieren, in der Sache über die Klage des Vorstands gegen den A b b e r u f u n g s b e s c h l u ß des Aufsichtsrats entschieden (BGH ZIP 1999, 192). 81 Für Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage in diesem Fall Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 13. 82 So aber Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 9 5 f . ; dagegen wie hier Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S . 1 7 3 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S . 1 8 2 f . ; Radtke, BB 1960, 1045, 1048. Z u m Sonderfall eines Beschlusses, w o n a c h die A u s n u t z u n g genehmigten Kapitals d u r c h den Vorstand unter Ausschluß des Bezugsrechts vom Aufsichtsrat genehmigt wird, näher oben § 8 C II 3 c. Lemke a a O . will dem Aktionär die Anfechtungsbefugnis generell n u r d a n n gewähren, w e n n der Beschluß in seine Mitgliedschaft eingreift. 80

A. Fehlerhafte

Aufsichtsratsbeschlüsse

573

waltung sind die Aktionäre nicht berufen. Für das Verhältnis der Aktionäre zum Vorstand ist dies vielfach und mit Recht betont w o r d e n 8 3 ; für das Verhältnis zum Aufsichtsrat kann nichts anderes gelten 8 4 . Deshalb ist dem Aktionär selbst die Nichtigkeitsklage nur dann eröffnet, wenn er rügt, der Beschluß überschreite die Kompetenz des Aufsichtsrats zum Nachteil der Hauptversammlung 8 5 .

4.

Verfahren

a) Klagegegner

und

Prozeßvertretung

Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage sind gegen die Gesellschaft zu richten 8 6 , vertreten durch den V o r s t a n d 8 7 ( § 2 4 6 II 3 A k t G ) ; auch insoweit ist keine Abweichung von den § § 2 4 1 ff. A k t G geboten. Eine Vertretung durch den Aufsichtsrat ist nicht angezeigt 8 8 ; ebensowenig ist der Aufsichtsrat zur beklagten Partei zu erheb e n 8 9 . M a n wende nicht ein, der Vorstand sei mangels persönlicher Betroffenheit als Vertretungsorgan ungeeignet: Das gleiche müßte man für Beschlüsse der Hauptversammlung annehmen; und dennoch ordnet das Gesetz die Vertretung der Gesellschaft durch Vorstand und Aufsichtsrat an. Die fehlende persönliche Betroffenheit steht der Vertreterrolle des Vorstands schon deshalb nicht entgegen, weil die Organe der Gesellschaft im Beschlußmängelstreit weder für eigene R e c h t e noch für solche der Gesellschaft streiten, sondern stellvertretend für diejenigen Personen, welche mit ihren Stimmen den Beschluß zustande gebracht haben. D e r Vorstand „kontrolliert" deswegen auch nicht den Aufsichtsrat, indem er „für i h n " den Prozeß führt 9 0 ; denn er vertritt - und hat zu vertreten - den Standpunkt der Mehrheit, nämlich die Behauptung, der von ihr gefaßte Beschluß sei rechtmäßig. D e r Vorstand greift also nicht in die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats ein; vielmehr verteidigt er sie. Seine Legitimation für die Vertretung der Gesellschaft bezieht der Vorstand, nicht anders als bei Beschlüssen der Hauptversammlung, aus dem Rechtsschutzvertrauen

der Aufsichtsratsmehrheit: Diese darf sich darauf

verlassen, daß der Vorstand ihren Beschluß sachgerecht verteidigt. Soweit daneben den Aufsichtsratsmitgliedern, deren Stimmen den Beschluß tragen, rechtliches Gehör zu gewähren ist, ist ihnen ebenso wie den Aktionären bei der Anfechtung v o m Hauptversammlungsbeschlüssen die Möglichkeit der streitgenössischen Nebenintervention zu eröffnen; Art. 1 0 3 I G G steht daher der Parteirolle der Gesellschaft

83 LG Köln AG 1992, 238, 240; GroßkommAktG-K. Schmidt, §241 Rn.5; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 117ff., insbes. S. 120f., 122; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.48, 88. 8 4 Ebenso Baums, ZGR 1983, 300, 342; Becker, Verwaltungskontrolle, S.498f. 85 Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.176. 86 GK-Naendrup, MitbestG, §25 Rn.218; Steinbeck, Überwachungspflicht, S.213. 87 GK-Naendrup, MitbestG, §25 Rn.218. 88 So aber Landrock, Innenrechtsstreit, S.243. 89 So aber Poseck, DB 1996, 2165, 2169 mit Fn.60. 9 0 So aber der Einwand von Häsemeyer, AcP 188 (1988), 140, 161.

574

§10

Organstreitigkeiten

auf der Passivseite ebenfalls nicht entgegen 9 1 . Schließlich überzeugt es nicht, wenn die Zuweisung der Parteirolle nach der Stoßrichtung der Rechtsverletzung differenziert wird. Insoweit ist vorgeschlagen, die Klage sei zwar im allgemeinen gegen die Gesellschaft zu richten 9 2 , abweichend hiervon aber gegen den Aufsichtsrat als Organ, wenn der Beschluß eigene Organmitgliedschaftsrechte des klagenden Aufsichtsratsmitglieds verletze 93 . Damit wird dem klagenden Aufsichtsratsmitglied bei der Auswahl des richtigen Beklagten eine juristische Prüfung auferlegt, welche Art des Rechtsverstoßes im konkreten Fall gegeben ist; diese Prüfung will § 246 II 1 AktG dem Kläger aber gerade ersparen 9 4 . Wendet m a n die § § 2 4 1 ff. AktG als Gesamtsystem an, so erscheint es daher folgerichtiger, als richtige Beklagte immer und ausschließlich die Gesellschaft anzusehen. Allerdings wäre die Gesellschaft als Partei im Streit um die Gültigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses ungeeignet, wenn bereits über dessen Inhalt keine Gewißheit bestünde; dann stünden einer Klage gegen sie die gleichen Gründe entgegen wie in der G m b H beim Streit um den Inhalt eines Gesellschafterbeschlusses 9 5 . Streit um den Inhalt des Aufsichtsratsbeschlusses läßt sich jedoch dadurch vermeiden, d a ß der Aufsichtsratsvorsitzende das Ergebnis der Abstimmung ermittelt und daraufhin den diesem Ergebnis entsprechenden Beschluß als gefaßt verkündet. Z u einer solchen Verkündung ist der Vorsitzende in jedem Fall befugt 9 6 ; inwiefern er hierzu auch verpflichtet ist, ist bislang nicht geklärt 9 7 . Verkündet er den Beschluß in dieser Weise, so wird hierdurch der Inhalt des Beschlossenen ebenso verbindlich fixiert, wie dies bei der Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Leiter der Hauptversammlung der Fall ist 98 . Diese A n n a h m e wird freilich vereinzelt bestritten 9 9 : Stelle der Aufsichtsratsvorsitzende zu Unrecht die Ablehnung oder die A n n a h m e eines Beschlußantrags fest und messe m a n dieser Feststellung Verbindlichkeit bei, so mache m a n den in Wahrheit gefaßten Beschluß allein wegen fehlerhafter Protokollierung unwirksam. Dies sei mit § 107 II 3 AktG nicht vereinbar, wonach die fehlende Protokollierung den Beschluß gerade nicht unwirksam mache. Diese Kritik überzeugt jedoch nicht: § 107 II 3 AktG stellt für Aufsichtsratsbeschlüsse - in prononciertem Gegensatz zu § 130 AktG bei Hauptversammlungsbeschlüssen - klar, daß die Protokollierung kein konstitutives M e r k m a l für das 91

So aber Häsemeyer, AcP 188 (1988), 140, 142, 161. Bork, ZIP 1991, 137, 146. 93 Bork, ZIP 1991, 137, 145. 94 O b e n § 5 C II. 95 Z u dieser Konstellation ausführlich oben § 6 F. 96 Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 126; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 134; Peus, der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 127ff. 97 Vgl. Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 199: Grundsätzlich keine Verpflichtung, weil § 107 II A k t G nur die Verpflichtung zur Protokollierung der Sitzung vorschreibe; w o h l aber bei geheimer A b s t i m m u n g oder bei Beschlußfassung o h n e Sitzung. 98 Ebenso O L G H a m b u r g DB 1992, 774, 775; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S . 2 0 2 f . ; Baums, Z G R 1983, 300, 321; K K - M e r t e n s , A k t G , § 108 R n . 7 5 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 144f. 99 Z u m Folgenden Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 131. 92

A. Fehlerhafte Wirksamwerden

Aufsichtsratsbeschlüsse

575

des Beschlusses darstellt; dem Protokoll k o m m t vielmehr bloße

Beweisfunktion z u 1 0 0 . Der Beschluß ist also in jedem Fall gefaßt, sei es positiv oder negativ. Dies steht indes der Annahme nicht entgegen, daß die Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Aufsichtsratsvorsitzenden wenigstens für den Inhalt des Beschlusses von konstitutiver Bedeutung ist: Der Beschluß wird in Übereinstimmung mit § 1 0 7 II 3 A k t G in jedem Fall wirksam, wenn auch ggf. mit einem Inhalt, der die Mehrheitsverhältnisse nicht korrekt wiedergibt. M i t der verbindlichen Feststellung des Beschlußergebnisses ist die Position der Gesellschaft auf die Verteidigung des Beschlusses festgelegt und das legitime Vertrauen der Aufsichtsratsmehrheit hierauf begründet. Unterbleibt diese Feststellung, so haben die Aufsichtsratsmitglieder unter sich den Streit um die Feststellung des Beschlußinhalts nach dem Beiladungsmodell des § 8 5 6 Z P O auszutragen; im einzelnen kann auf die entsprechenden Überlegungen zur G m b H verwiesen w e r d e n 1 0 1 . b)

Rechtskraft

Das stattgebende Urteil wirkt analog § 2 4 8 1 1 A k t G Rechtskraft für und gegen alle Aktionäre und Organmitglieder 1 0 2 . Nicht beteiligte Aufsichtsratsmitglieder können auf beliebiger Seite als Nebenintervenienten beitreten 1 0 3 ; es handelt sich dann wegen § 2 4 8 A k t G um eine streitgenössische N e b e n i n t e r v e n t i o n 1 0 4 . Die Gegner der Analogie zu §§ 2 4 1 ff. A k t G kommen zu einem ähnlichen Ergebnis, indem sie entweder § 9 9 V A k t G heranziehen 1 0 5 oder mangels einer besonderen Regelung über die Folgen fehlerhafter Beschlüsse die allgemeinen Regeln des Vereinsrechts für anwendbar e r k l ä r e n 1 0 6 . Im Vereinsrecht, so wird vorgetragen, sei m a n sich auch ohne Rückgriff auf § 2 4 8 A k t G darüber einig, daß das Urteil, welches die Nichtigkeit eines Mitgliedsbeschlusses feststelle, für und gegen alle Verbandsbeteiligten w i r k e 1 0 7 . Deshalb, so wird gefolgert, bedürfe es der Anwendung der § § 2 4 1 ff. A k t G nicht, um die allseitige Verbindlichkeit der Nichtigkeitsfeststellung zu begründen 1 0 8 . Der Fehler dieser Überlegung liegt in deren Prämisse: Die Vgl. nur Hüffer, AktG, § 107 Rn. 13. Oben §6 F. 102 Ebenso OLG Hamburg DB 1992, 774, 775; Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S. 225 ff.; Baums, ZGR 1983, 300, 343; Becker, Verwaltungskontrolle, S.499; GK-Naendrup, MitbestG, §25 Rn.218; für fakultative Aufsichtsräte in GmbH und GmbH & Co KG ebenso Großfeld/ Brondics, AG 1987, 293, 303. 103 Becker, Verwaltungskontrolle, S.498. 104 Ebenso Meilicke, FS W. Schmidt, S.71, 113. 105 So Borgmann, Organstreit, S.225; Geßler-Geßler, AktG, § 108 Rn.7. 106 Vgl. Borgmann, Organstreit, S. 225; Kindt, AG 1993,153,154; ders., DB 1993,2065; Meilicke, FS W. Schmidt, S.71, 76; berechtigte Zweifel an der Verwertbarkeit des Vereinsrechts für fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse bei Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.57, 91 ff. 1 0 7 Vgl. BGH ZIP 1992, 918, 919; Binge, Gesellschafterklagen, S.176f.; Grunewald, Ausschluß, S.269; Palandt-Heinrichs, BGB, §32 R n . l l ; RGRK-Steffen, BGB, §32 Rn.17; SoergelHadding, BGB, § 32 Rn.40. 108 BGHZ 122, 342, 350f.; Kindl, AG 1993,153,157f.; ders., DB 1993, 2065,2066. Dagegen folgert Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71, 112f., obwohl er die Analogie zu §§241 ff. AktG ablehnt, 100 101

576

§10

Organstreitigkeiten

allseitige Rechtskraftbindung läßt sich nämlich bereits im Vereinsrecht nicht ohne gesetzliche Grundlage als logische Selbstverständlichkeit darstellen 1 0 9 , sondern ihrerseits nur mit einer Analogie zu § 2 4 8 A k t G begründen 1 1 0 , ebenso wie sich die dort vertretene These, die Beschlußmängelklage sei gegen die Gesellschaft zu richt e n 1 1 1 , nur unter Rückgriff auf § 2 4 6 II 1 A k t G halten läßt, weil die Beklagtenrolle der Gesellschaft im materiellen

Verbandsrecht keine Stütze findet 1 1 2 . Wie gezeigt,

hängen die § § 2 4 6 II 1 und 2 4 8 A k t G miteinander z u s a m m e n 1 1 3 : Die Klage gegen die Gesellschaft ist notwendige Voraussetzung der allseitigen Rechtskraftbindung. Z u diesem Z w e c k verteilt das Gesetz die Parteirollen abweichend v o m materiellen Recht. Ein solches Prozeßmodell kann dem Vereinsrecht nicht losgelöst vom Gesetz übergestülpt werden; vielmehr m u ß es unter Rückgriff auf eine besondere gesetzliche Anordnung begründet werden. Diese Anordnung kann im Vereinsrecht nur in einer analogen Anwendung der § § 2 4 6 II 1 , 2 4 8 1 1 A k t G gefunden werden. Konsequent k a n n auch in der Aktiengesellschaft selbst auf dem Boden der h . M . , welche sich gegen eine Analogie zu den § § 2 4 1 ff. A k t G ausspricht, das Urteil, das die Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses ausspricht, nur dann für und gegen alle Aktionäre und Verwaltungsmitglieder Rechtskraft wirken, wenn man dies auf eine entsprechende Anwendung des § 2 4 8 A k t G stützt 1 1 4 . 5.

Anfechtungsfrist

Die Frist beträgt einen M o n a t ab Beschlußfassung. § 2 4 6 I A k t G gilt strikt analog und nicht, wie teilweise in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Anfechtungsfrist in der G m b H vorgeschlagen w u r d e 1 1 5 , nur als Leitbild für eine nach den Umständen zu bestimmende angemessene Frist. Die insoweit für die G m b H vorgetragenen Argumente greifen auch bei Aufsichtsratsbeschlüssen durch: Würde man die angemessene Frist je für den konkreten Einzelfall bestimmen, so wären nicht nur Hindernisse in der Person des Klägers, sondern auch umgekehrt besondere Bedürfnisse der Gesellschaft nach rascher Klärung zu berücksichtigen; wäre die Frist aber die allseitige Rechtskraftbindung des die Nichtigkeit feststellenden Urteils aus §§200, 201 a.F. (jetzt S§248, 249) AktG. 1 0 9 So aber Binge, Gesellschafterklagen, S. 176 f.; wie hier Schmitt, Beschlußmängelrecht, S. 165. 110 Zutreffend Prior, Vereinsbeschlüsse, S.243ff.; für Analogie zu §248 AktG auch Habetha, DZWiR 1996, 447, 450. Für die Übernahme der § 241 ff. im ganzen im Vereinsrecht jüngst ausführlich MK-Reuter, BGB, §32 Rn.56ff. 111 Vgl. etwa Soergel-Hadding, BGB, §32 Rn.40. BGHZ 59, 369 hat, ohne näher in die Frage nach dem richtigen Beklagten einzutreten, in der Sache über eine gegen den Verein gerichtete Beschlußmängelklage entschieden. 112 Oben §5 C II. 113 Oben §5 C II. 114 Für entsprechende Anwendung des §248 AktG auf dem Boden der h.M. Götz, FS Lüke, S. 167, 188; KK-Mertens, AktG, §248 Rn.91. 1 1 5 OLG Hamburg DB 1992, 774, 775; Baums, ZGR 1983, 300, 341f.; Becker, Verwaltungskontrolle, S.496; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 184f.; für fakultative Aufsichtsräte in GmbH und GmbH & Co KG ebenso Großfeld/Brondics, AG 1987, 293, 302.

A. Fehlerhafte

Aufsichtsratsbeschlüsse

577

nach beiden Seiten variabel 116 , so bestünde die Gefahr übereilter Klageerhebung, weil die Dauer der Frist nicht mehr verläßlich berechenbar wäre. Aus dem gleichen Grund überzeugt es nicht, die Frist für die Geltendmachung von Beschlußmängeln nach allgemeinen Verwirkungsgrundsätzen zu bestimmen 117 . Es besteht also wie in der GmbH ein Bedürfnis nach einer festen Frist. Die Dauer von einem Monat erscheint nicht minder angemessen als in der GmbH; das Bedürfnis nach einer schnellen Klärung der Rechtslage ist bei Aufsichtsratsbeschlüssen in gleicher Weise gegeben 118 . Die Ausdehnung der Anfechtungsfrist auf drei Monate in Anlehnung an § 110 III AktG erscheint nicht angebracht 119 ; die darin angeordnete reguläre Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrats steht in keinem Zusammenhang mit dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit, sondern soll lediglich ein Minimum an Uberwachungsaktivität von Seiten des Aufsichtsrats sicherstellen. Die Frist beginnt wie in der GmbH mit der Beschlußfassung und nicht, wie teilweise behauptet wird 1 2 0 , erst mit Kenntnis des jeweiligen Aufsichtsratsmitglieds vom Beschluß. Sie kann nur dadurch gehemmt werden, daß die Aufsichtsratsmitglieder in Vergleichsverhandlungen eintreten; die Hemmung dauert bis einen Monat nach Scheitern jener Verhandlungen. Mit dieser Ausnahme von der Monatsfrist wird dem Umstand, daß der Aufsichtsrat auf vertrauensvolle Zusammenarbeit seiner Mitglieder angelegt ist, in ebenso angemessenem Umfang Rechnung getragen, wie dies oben 1 2 1 für Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH festgestellt wurde. Zugleich erledigt sich damit der gegen die Anwendung des § 246 I AktG vorgetragene Einwand 1 2 2 , die starre Monatsfrist lasse einer gütlichen Einigung unter den Aufsichtsratsmitgliedern nicht genügend zeitlichen Spielraum.

IV. Aufsichtsräte in anderen G e s e l l s c h a f t s f o r m e n Die dargestellten Vorteile, welche für die entsprechende Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf den Aufsichtsrat einer AG den Ausschlag gegeben haben, sind in gleicher Weise für Aufsichtsräte in anderen Gesellschaftsformen feststellbar. So ist denn für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH die Analogie mehrfach und zu Recht befürwortet worden 1 2 3 ; für den obligatorischen Aufsichtsrat, etwa den einer mitbestimmten GmbH, gilt nichts anderes. 116 Dafür in der Tat, ohne Stellungnahme pro oder contra Analogie zu § § 241 ff. AktG, Kropff ZGR 1994, 628, 631. 117 Insoweit zutreffend Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.41. 118 Zutreffend Radtke, BB 1960, 1045, 1046. 119 So aber Axhausen, Aufsichtsratsbeschlüsse, S.217f. 120 Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 184. 121 § 6 D V 2, 3. 122 Kindt, AG 1993, 153, 157; ders., DB 1993, 2065, 2066; gegen die Anwendung des § 2 4 6 I AktG auch LG Düsseldorf DZWiR 1994, 338, 340; Noack, ebenda, S.341, 342. 123 Großfeld/Brondics, AG 1987, 293, 302 (vgl. bereits die Zitate im Vorstehenden); ferner Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 189.

578

§10

Organstreitigkeiten

B. Die Funktionengliederung im AG-Organisationsrecht: Überblick über das Streitpotential Die Einrichtung eines Leitungs- und eines davon getrennten Überwachungsorgans in der Aktiengesellschaft (Vorstand/Aufsichtsrat) birgt reiches Potential für Streitigkeiten zwischen diesen beiden Organen, die im Anschluß an Bauer124

in drei

Fallgruppen unterteilt werden können: - Da wäre - als erste Fallgruppe - zu denken an Hilfsrechte, mittels derer der Aufsichtsrat seine Überwachungsaufgabe überhaupt erst erfüllen kann. In erster Linie ist damit § 9 0 AktG angesprochen, wonach der Vorstand dem Aufsichtsrat von selbst (Abs. 1) bzw. auf Verlangen (Abs. 3 Satz 1) Bericht erstatten muß; ohne solche Berichte ist der Aufsichtsrat zur Überwachung des Vorstandes schlicht außerstande 1 2 5 . Ferner gehören dazu die Rechte aus §§ 111 II, 148, 1 7 0 AktG. - Ferner sind - als zweite Fallgruppe - Übergriffe eines Organs in den Kompetenzbereich eines anderen denkbar; so wenn der Vorstand entgegen einem statutarischen oder ad hoc-Zustimmungsvorbehalt ( § 1 1 1 IV 2 AktG) eine Maßnahme eigenmächtig ausführt. - Schließlich kommen - als dritte Fallgruppe - Streitigkeiten auf Aufsichtsratsebene über die Ausübung der Kontrollfunktion, etwa über das Einschreiten gegen angeblich gesetzes- und satzungswidrige Maßnahmen des Vorstands in Betracht.

C. Der Streit um

Informationspflichten

I. D i e h e r r s c h e n d e L e h r e Die h.L. 1 2 6 hält den Berichtsanspruch aus § 9 0 I, III 1 AktG für einen solchen der Gesellschaft, gerichtet gegen die Vorstandsmitglieder persönlich. Dieser Anspruch sei gerichtlich durchsetzbar; dabei vertrete der Aufsichtsrat nach § 112 AktG die Gesellschaft im Prozeß 1 2 7 . Die Ansprüche aus § 9 0 III 2, V AktG sollen dagegen dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied in Person zugewiesen sein 1 2 8 , wobei im Falle Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft, 1986, S. 14ff. B G H Z 106, 54, 62; Borgmann, Organstreit, S . 2 1 3 ; Geißler, GmbHR 1998, 1114, 1116; Hachenburg-Raiser, GmbHG, § 5 2 Rn. 114; Hommelhoff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 3 0 2 f . 126 Flume, Die Juristische Person, § 11 V (S.406); Geßler-Hefermehl, AktG, § 90 R n . 3 6 ; Hüffer, AktG, § 90 Rn. 15; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 108f.; K. Schmidt, Informationsrecht, S. 18; Scholz-Schneider, GmbHG, 8. Aufl. 1995 (in 9. Aufl. nicht mehr enthalten), § 52 Rn. 3 7 8 ; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 8; H. Westermann, FS Bötticher, 1969, S . 3 6 9 , 377ff. 127 Geßler-Hefermehl, AktG, § 9 0 R n . 3 6 ; Hanau/Ulmer, MitbestG, § 2 5 R n . 1 4 5 ; Hüffer, AktG, § 9 0 Rn. 15; Scholz-Schneider, GmbHG, 8. Aufl. 1995 (in 9. Aufl. nicht mehr enthalten), §52 Rn.378. 128 Vgl. für § 9 0 III 2 AktG Borgmann, Organstreit, S . 2 1 4 ; KK-Mertens, AktG, Vorb. § 7 6 Rn. 7; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 101 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 2 1 2 , 2 2 5 ; H. Wester124 125

B. Die Funktionengliederung

im

AG-Organisationsrecht

579

des § 9 0 III 2 AktG nach einer Ansicht wiederum die Vorstandsmitglieder 1 2 9 , nach einer Gegenmeinung die Gesellschaft 1 3 0 , im Falle des § 9 0 V AktG demgegenüber nach einer Ansicht die Gesellschaft 1 3 1 , vertreten durch den Vorstand 1 3 2 , nach einer Gegenauffassung der Aufsichtsratsvorsitzende 133 passivlegitimiert sein sollen. Der Aufsichtsratsvorsitzende wird mit der Begründung zu beklagten Partei erhoben, es gehe um eine aufsichtsratsinterne Streitigkeit. Diese werde zweckmäßigerweise unter den Mitgliedern des Aufsichtsrats ausgetragen; die Gesellschaft müsse demgegenüber durch den Vorstand vertreten werden, welcher mit dem Konflikt in der Sache nichts zu tun habe 1 3 4 . Vereinzelt wird dafür plädiert, unterschiedslos sämtliche Streitigkeiten aus § 9 0 AktG zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern als Kläger und der Gesellschaft als Beklagten auszutragen 1 3 5 . Diejenigen Autoren, welche die Gesellschaft für passivlegitimiert halten, wollen die Beteiligung des Vorstands im Falle des § 90 V AktG dadurch vermeiden, daß sie die Vertretung der Gesellschaft analog § 112 AktG dem Aufsichtsrat 1 3 6 oder gar einem externen Prozeßpfleger 1 3 7 überantworten.

II. Die Lehre vom Organrecht Dieser h.L. stehen Ansätze gegenüber, wonach der Berichtsanspruch aus § 9 0 III 1 AktG dem Aufsichtsrat als Organ zustehe und gegen den Vorstand als Organ gerichtet sei. Das Gesetz halte beide Organe für fähig, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, wobei diese freilich unterschiedlich qualifiziert werden: Während es sich nach einer Ansicht um echte subjektive Rechte der Organe (als solcher) handeln soll 1 3 8 , halten andere 1 3 9 daran fest, daß das subjektive Recht dem mann, FS Bötticher, S . 3 6 9 , 379; anders freilich Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 14f.: gesetzliche Prozeßstandschaft, da der Berichtsanspruch nur der Gesellschaft zustehe und an den Gesamtaufsichtsrat zu richten sei. Für § 90 V AktG Borgmann a a O . S . 2 1 6 ; KK-Mertens aaO.; Lewerenz, aaO.S. 95ff.; K. Schmidt, a a O . S . 2 2 6 ; Stodolkowitz, aaO.S. 15f.; H. Westermann aaO.S. 380. 129 Geßler-Hefermehl, AktG, § 90 Rn. 36; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 109. Anders Hanaul Ulmer, MitbestG, § 2 5 Rn. 145, wonach sich sowohl der Anspruch aus § 90 III 1 als auch der aus § 90 III 2 AktG gegen „den Vorstand" richten soll. 130 Borgmann, Organstreit, S.215f.; Hüffer, AktG, § 9 0 R n . 2 1 ; KK-Mertens, AktG, § 9 0 Rn.53. 131 Hüffer, AktG, § 9 0 R n . 2 2 ; KK-Mertens, AktG, § 9 0 R n . 5 3 ; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 16f.; im Zusammenhang mit § § 1 1 1 II, 170 AktG ebenso B G H Z 85, 2 9 3 , 2 9 5 . 132 Hüffer, AktG, § 90 R n . 2 2 . 133 BayObLG AG 1968, 3 2 9 , 3 3 0 ; Borgmann, Organstreit, S . 2 1 6 f . ; Hanau/Ulmer, MitbestG, § 2 5 Rn. 145; Lewerenz (vorige Fn.) S.98ff.; iC. Schmidt, ZZP 92 (1979), 2 1 2 , 2 2 6 f . ; Westermann, FS Bötticher, S . 3 6 9 , 3 8 0 f . 134 H. Westermann, FS Bötticher, S . 3 6 9 , 3 8 0 f . 135 Becker, Verwaltungskontrolle, S . 5 0 7 f . 136 Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 8, 16f. 137 Becker, Verwaltungskontrolle, S . 5 0 8 . 138 Bork, Z G R 1989, l , 7 f f . ; Geißler, GmbHR 1 9 9 8 , 1 1 1 4 , 1 1 1 7 ; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 86f.; den subjektiven Rechtscharakter betont als Anhänger der h.L. auch Westermann, FS Bötticher, S . 3 6 9 , 3 7 0 ; ebenso Lewerenz, Leistungsklagen, S . 9 0 (der gleichwohl a a O . S . 5 9 f f .

580

§10

Organstreitigkeiten

Berechtigten definitionsgemäß zum Zwecke der Verwirklichung individueller Freiheit verliehen sei. Die Ausübung von Organrechten stehe aber nicht zur Disposition der Berechtigten; diese seien vielmehr kraft ihrer Organstellung verpflichtet, jene Rechte wahrzunehmen 140 . Den Organen seien daher keine subjektiven Rechte eingeräumt, sondern hiervon zu unterscheidende, an die Wahrnehmung einer zugewiesenen Kompetenz anknüpfende Organrechteui. Damit ist eine Rechtsfigur entworfen, die für das Zivilrecht ungewöhnlich, im öffentlichen Recht freilich längst geläufig ist 142 . Zugunsten der Anerkennung solcher Organrechte wird zunächst aus materiellrechtlicher Sicht angeführt, das Gesetz unterscheide deutlich zwischen Rechten des Aufsichtsrats und der Aufsichtsratsmitglieder143. Der Aufsichtsrat erfülle die Überwachungsaufgabe in arbeitsteiliger Organisation; er sei daher als Organ Berichtsgläubiger 144 . Der Aufsichtsrat habe Anspruch auf einen durch den Gesamtvorstand autorisierten Bericht 145 ; letzterer sei daher als Organ Berichtsschuldner. Die Anerkennung des Organs als Pflichtenträger bewähre sich in der gerichtlichen Auseinandersetzung über Streitigkeiten innerhalb eines Organs: Fühle sich ein Aufsichtsratsmitglied vom Gesamtaufsichtsrat in seinen Kompetenzrechten verletzt, so müsse dieser seine Position vor Gericht verteidigen können, anstatt dies dem Vorstand zu überlassen 146 . Die Lehre vom Organrecht stimmt mit der h.L. freilich im Ausgangspunkt darin überein, daß das Prozeßrecht der Durchsetzung des materiellen Rechts diene und dessen Vorgaben daher zu übernehmen habe: Wo es materielle Rechte einer Personengesamtheit gebe, müsse diese sie gerichtlich geltend machen können 147 . Diesen Auffassungen stehen ihrerseits zwei primär vom Prozeßrecht gedachte Konzepte gegenüber:

III. Die Lehre vom objektiven Rechtsbeanstandungsverfahren So will eine Auffassung auch den Organen im Verhältnis untereinander jegliche eigene Rechtsposition absprechen und die Möglichkeit der gerichtlichen Geltenddas nachfolgend referierte Verständnis vom subjektiven Recht teilt, aus dem die in folgender Fn. zitierten Autoren ableiten, daß Rechte der Organe keine subjektiven Rechte seien). 139 Bauer, Organklagen, S.34, 61 f.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 302f.; Lewerenz, Leistungsklagen, S.59ff.; Pflugradt, Leistungsklagen, S.29. 140 Lewerenz, Leistungsklagen, S.59f., 89; Pflugradt, Leistungsklagen, S.S.29; Wiedemann, Organverantwortung, S.14f.; gerade für den Berichtsanspruch auch Hommelhoff, Z H R 143 (1979), 288, 302f. 141 Bauer, Organklagen, S.38ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 302f. 1 4 2 Siehe dazu Bethge, DVB1. 1975, 459ff.; Böckenförde, FS Wolff, 1973, S.269, 300ff.; Ewald, DVB1. 1970, 237, 241f.; Hoffmann-Becking, DVB1. 1972, 299ff.; Lorenz, AöR 93 (1968), 308, 316ff.; neuestens ausführlich W. Roth, Organstreitigkeiten, S.51ff. 143 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 292 144 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 298 145 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 300f. 146 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 2 8 8 , 314; Westermann, FS Bötticher, S.369, 380f. 147 Bork, Z G R 1989, 1, 22f.; ders., ZIP 1991, 137, 139.

B. Die Funktionengliederung

im

AG-Organisationsrecht

581

machung von Organpflichten (z.B. der Berichtspflicht aus § 9 0 III 1 A k t G ) - wie schon die Beschlußmängelklage - als prozessuale

Befugnis

begreifen, den Ver-

pflichteten zur Einhaltung des objektiven materiellen Rechts a n z u h a l t e n 1 4 8 . Inhaber dieser Befugnis sei der Aufsichtsrat als Kollegialorgan 1 4 9 ; die Klage sei gegen die Gesellschaft zu r i c h t e n 1 5 0 .

IV. Das Gesellschaftsvermögen als Streitvermögen des Interorganstreits Ein anderer Ansatz versucht demgegenüber, die Einordnung der Organstreitigkeiten von der funktionellen Parteilehre zu entwickeln 1 5 1 : Die Bestimmung der richtigen Partei im Zivilprozeß hänge nicht nur von der Person ab, welche in ihn verwickelt sei, sondern auch von dem Vermögen, für das sie streite 1 5 2 . Die Organrechte seien ebenso wie die korrespondierenden Organpflichten dem Vermögen der Gesellschaft zugeordnet 1 5 3 . Vorstand und Aufsichtsrat stritten daher im eigenen N a men um fremde Rechte und Pflichten und träten daher sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite als Prozeßstandschafter der Gesellschaft a u f 1 5 4 . Dabei wird durchaus erkannt, daß mit dieser Konstruktion der Sache nach ein Insichprozeß zugelassen wird. Das aber sei hinzunehmen; denn derartige Konstellationen seien auch sonst nichts Ungewöhnliches: So stelle der Streit zwischen Gemeinschuldner und Insolvenzverwalter um die Freigabe eines Gegenstandes aus der Insolvenzmasse ebenfalls einen Insichprozeß d a r 1 5 5 .

V. Stellungnahme 1. Das materiellrechtliche

Konzept der herrschenden

Lehre

Die herrschende Lehre orientiert sich bei der Bestimmung von Aktiv- und Passivlegitimation an denjenigen Subjekten, die nach herkömmlichem Verständnis als rechtsfähig angesehen werden können: an der Gesellschaft einerseits und den M i t gliedern der Organe andererseits. Die daraus gezogenen Folgerungen können freilich k a u m überzeugen: 148 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 103ff. (das Konzept ist in dasjenige für die Aktionärsklage integriert). 149 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 123 für den Berichtsanspruch, S. 125 für den Streit um die Beachtung von Zustimmungsvorbehalten. 150 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 156f. 151 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265f.; zustimmend Habersack, Mitgliedschaft, S.192; Teichmann, FS Mühl, S.663, 666 ff.; Wieczorek-Hausmann, ZPO, Rn.2 vor §50. 152 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 268 im Anschluß an de Boor, Parteiwechsel, S.50ff. und Henckel, Parteilehre, S. 41 ff., insbes. S. 105 ff. 153 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 269, 278. 154 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 273, 277ff. 155 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 278.

582

§10 Organstreitigkeiten

a) Widersprüchliche

Deutung

von § 90 III 1 und 2

AktG

So erscheint insbesondere fragwürdig, weshalb der Anspruch aus § 90 III 1 AktG der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder, der Anspruch aus § 90 III 2 AktG aber dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied gegen die Gesellschaft zustehen, warum m.a.W. die Gesellschaft in Satz 1 die Rolle des Anspruchsberechtigten, in Satz 2 die Rolle des Verpflichteten einnehmen soll. Inhalt und Funktion des Berichtsanspruchs sind nämlich in beiden Sätzen identisch: Es ist an den Aufsichtsrat im ganzen zu berichten; der Bericht soll dem Aufsichtsrat im ganzen die Möglichkeit verschaffen, die in seine Zuständigkeit fallenden Entscheidungen sachgerecht zu treffen. Aus dem gleichen Grund führt es nicht weiter, wenn man für § 90 III 1 und 2 AktG einheitlich die Vorstandsmitglieder als passivlegitimiert ansieht und den Berichtsanspruch in Satz 1 der Gesellschaft, in Satz 2 dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zuschlägt: Der Bericht nach Satz 2 ist an den Gesamtaufsichtsrat zu erstatten. Wenn der Berichtsanspruch in Satz 1 ein solcher der Gesellschaft ist, muß konsequent auch in Satz 2 materiellrechtlich die Gesellschaft Inhaberin dieses Anspruchs sein. Das Einzelklagerecht eines Aufsichtsratsmitglieds erleichtert lediglich die gerichtliche Durchsetzung dieses Anspruchs; in § 9 0 III 2 AktG müßte man, wenn man die Gesellschaft als Trägerin des Berichtsrechts ansieht, konsequent eine gesetzliche Prozeßstandschaft nach dem Vorbild der actio pro socio erblicken. b) Informationsanspruch

und Wissenszurechnung

(§90 III 1

AktG)

Aber auch wenn man beide Sätze des § 9 0 III 1 AktG isoliert betrachtet, läßt sich für die Art und Weise, wie die h.L. die Rollen des Berechtigten und des Verpflichteten verteilt, kein tragfähiges materiellrechtliches Fundament erkennen. Wenn in § 90 III 1 AktG die Gesellschaft Berechtigte sein soll 1 5 6 , so ließe sich dies allein auf die Erwägung stützen, daß der Vorstand der Gesellschaft sein Wissen mitzuteilen habe; da die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand durch den Aufsichtsrat vertreten werde (§ 112 AktG), müsse dieser die Mitteilungen des Vorstands entgegennehmen. Diese Überlegung provoziert die Frage, wie sich die h.L. die Zurechnung von Wissen im Verband vorstellt. Denn zumindest im Verhältnis zu außenstehenden Dritten wird das Wissen des Vorstands bereits der Gesellschaft zugerechnet 1 5 7 ; insoweit ist die Gesellschaft bereits informiert und muß nicht durch einen Bericht erst in Kenntnis der erforderlichen Tatsachen gesetzt werden 1 5 8 . Die herrschende Lehre müßte also für das Verbandsmwewverhältnis ein davon abweichendes Konzept der Wissenszurechnung vortragen und begründen; beides ist sie bis heute schuldig geblieben.

156 157

158

Ablehnend hierzu auch Hommelboff, Z H R 143 (1979), 288, 295. Vg. hierzu neuestens ausführlich Buck, Wissen und juristische Person, S. 194ff.

Zutreffend Bork, ZIP 1991, 137, 138.

ß. Die Funktionengliederung

c) Kein Kompetenzschutz (§90 III 2 AktG)

im

AG-Organisationsrecht

im eigenen Interesse des

583

Aufsichtsratsmitglieds

In gleicher Weise läßt § 9 0 III 2 AktG auf dem Boden der herrschenden Lehre Fragen offen: Ein Anspruch des Aufsichtsratsmitglieds gegen die Gesellschaft ließe sich materiellrechtlich nur als Anspruch auf Bereitstellung derjenigen Informationen begreifen, die für eine sachgerechte Ausübung des Aufsichtsratsmandats erforderlich sind; es würde somit eine Mitwirkungspflicht der Gesellschaft gerichtlich geltend gemacht. Weist man dem Aufsichtsratsmitglied einen individuellen Anspruch auf Erfüllung dieser Mitwirkungspflicht zu, so wird damit der mißverständliche Eindruck erweckt, das Interesse des Aufsichtsratsmitglieds an einer sachgemäßen Amtsausübung sei um seiner eigenen Person willen geschützt. Eben dies ist aber nicht der Fall: Informationsansprüche stehen einem Aufsichtsratsmitglied nicht im eigenen Interesse, sondern lediglich als Hilfsmittel zur Ausübung seiner Kompetenzen zu 1 5 9 , welche es rein fremdnützig im Interesse der Gesellschaft auszuüben h a t 1 6 0 . Aus eben diesem Grund kann auch kaum die Gesellschaft Beklagte sein, geht es doch gerade darum, ihr Interesse an der Einhaltung der Kompetenzordnung zu verwirklichen 1 6 1 .

d) Die Gesellschaft als Partei im Beschlußmängelprozeß:

ein Einwand?

Gewiß: Im Beschlußmängelstreit ist die Gesellschaft Beklagte, obwohl dort gleichfalls die Klage jedenfalls auch ihre Interessen wahren soll. Vereinzelt wurde hieraus gefolgert, die Gesellschaft müsse im Organstreit ebenso als Beklagte Partei sein wie im Beschlußmängelstreit; denn die Handlungen des Vorstands würden ihr ebenso zugerechnet wie der Beschluß der Hauptversammlung 1 6 2 . Doch beruht diese Überlegung auf der fehlerhaften Prämisse, im Beschlußmängelstreit sei die Parteirolle der Gesellschaft mit Hilfe jener Zurechnung zu erklären; wie bereits ausgeführt wurde 1 6 3 , wurzelt die Beklagtenrolle der Gesellschaft nicht im materiellen, sondern im Prozeßrecht: In einer Situation, in der eine Vielzahl von Aktionären durch den Streit um die Gültigkeit des Beschlusses in ihren Rechten berührt ist, stellt die Beklagtenrolle der Gesellschaft nach § 2 4 6 II 1 AktG die einzig sachgerechte Möglichkeit dar, den Streit systemkonform im Zweiparteienprinzip der Z P O zu erfassen. Zudem erlaubt es die Mediatisierung der Parteistellung, prozeßscheuen Aktionären die Verfahrensbeteiligung zu ersparen 1 6 4 . Im Organstreit geht es demgegenüber nicht um ein mehrseitiges Rechtsverhältnis, wie es der Beschluß 1 5 9 O L G Karlsruhe N J W 1 9 8 0 , 2 1 3 7 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 112; Raiser, Z G R 1 9 8 9 , 4 4 , 53 f. 160 Korf, AG 1987, 193, 194; Lewerenz, Leistungsklagen, S . 5 9 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S . 3 3 ; Raiser, AG 1989, 185, 187. Ähnlich Elsing/Schmidt, BB 2 0 0 2 , 1705, 1706: Informationsanspruch aus § 90 III 2 AktG ist pflichtgebundenes Recht. 1 6 1 Überzeugend K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 2 2 2 . 162 Pflugradt, Leistungsklagen, S. 155 ff. 1 6 3 Ausführlich oben § 5 C. 1 6 4 Oben § 5 C II.

584

§10

Organstreitigkeiten

verkörpert; vielmehr läßt sich der Streitgegenstand in eine bipolare materielle Rechtsbeziehung auflösen: Es ist das eine Organ berechtigt und das andere verpflichtet. Es besteht also anders als im Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten kein Anlaß, die Gesellschaft abweichend von der Zuweisung materieller Rechte und Pflichten zur Prozeßpartei zu erheben. Ebensowenig m u ß einzelnen Organen oder Organmitgliedern die Prozeßbeteiligung erspart werden; denn Nachteile entstehen ihnen hieraus im Regelfall nicht: Die Kosten des Organstreits trägt unabhängig vom Ausgang des Prozesses das Gesellschaftsvermögen 1 6 5 , und zwar selbst dann, wenn ein einzelnes Organmitglied k l a g t 1 6 6 . Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 9 9 VI 8 A k t G 1 6 7 . Im Einzelfall mag es analog § 9 9 V I 9 gerechtfertigt sein, aus Billigkeitsgründen den Mitgliedern eines Organs die Kosten aufzuerlegen 1 6 8 ; doch wird dies allenfalls bei mutwilliger Herbeiführung des Rechtsstreits in Betracht k o m m e n .

e) Die Gesellschaft als Gegnerin mitgliedschaftlicher und Auskunftsansprüche: ein Einwandf

Kompetenzschutz-

Ebensowenig ist die Gesellschaft im Organstreit deswegen notwendig Partei, weil sie es auch im mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzstreit ist. Z w a r wird sich beim Streit um Eingriffe in die Zuständigkeit anderer Organe, namentlich bei der Auseinandersetzung um Verstöße gegen § 1 1 1 I V 2 A k t G , zeigen, daß das Gedankengut der Kompetenzschutzklage auch dort fruchtbar gemacht werden kann: D e r Kläger fordert die Beachtung seiner Mitwirkungsrechte ein, die ihm, soweit er als Aktionär klagt, als subjektive Rechte, soweit er dagegen als Aufsichtsratsmitglied klagt, lediglich als Organrechte verliehen sind. Gerade hierin liegt aber der systembedingte Unterschied in der Parteistellung begründet: Weil der Aktionär im Kompetenzschutzstreit ein eigenes Recht geltend macht, dieses aus dem Mitgliedschaftsverhältnis fließt und jenes Verhältnis ein solches zwischen Mitglied und Verband ist, klagt der Aktionär gegen die Gesellschaft; und weil das Mitwirkungsrecht des Aufsichtsratsmitglieds ein Organrecht ist, fließt es aus dem Organrechtsverhältnis, welches die Funktionengliederung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat beschreibt. Gleiches gilt für den Streit um Informationsrechte: Die mitgliedschaftlichen Informationsrechte aus §§ 5 1 a G m b H G , 1 3 1 A k t G stehen dem Gesellschafter bzw. Aktionär als echte subjektive Rechte gegenüber

der Gesellschaft

zu, ob-

165 Vgl. Bauer, Organklagen, S.82f.; Bork, ZGR 1989, 1, 27ff.; ders., ZIP 1991, 137, 140; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 306; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 160ff.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S.224. 16i Pflugradt, Leistungsklagen, S. 162. Dagegen für persönliche Kostenpflicht des klagenden Organmitglieds LG Darmstadt ZIP 1986, 1389, 1394. 167 Bork, ZGR 1989, 1, 27ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 306. 168 Dafür Bauer, Organklagen, S.82; Bork, ZIP 1991, 137, 140; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 306; Lutter, Information und Vertraulichkeit, §5 II 1 c aa (S.70f.); selbst dies ablehnend Pflugradt, Leistungsklagen, S. 161 f.

B. Die Funktionengliederung

im

AG-Organisationsrecht

585

wohl das Gesetz den Geschäftsführer/Vorstand als Verpflichteten benennt 169 ; man ist sich darüber einig, daß dieser in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsorgan angesprochen ist 170 . Nach umstrittener, aber richtiger Ansicht ist selbst in OHG und KG die Gesellschaft Gegnerin der Informationsansprüche einzelner Gesellschafter 171 . Dies alles erklärt sich indes daraus, daß der Gesellschafter/Aktionär der Gesellschaft als Träger eines geschützten mitgliedscbaftlicben Eigeninteresses gegenübertritt; seine Verwaltungsrechte sind aus diesem Grunde nicht nur Kompetenzen, sondern echte subjektive Rechte, die sich gegen die Gesellschaft richten. Informationsrechte von Verwaltungsmitgliedern fließen hingegen aus dem Organrechtsverhältnis und richten sich gegen das verpflichtete Organ. Nun wird zwar Organrechtsverhältnis ebenfalls zwischen Organmitglied und Gesellschaft begründet. Die Stoßrichtung der durch die Kompetenzordnung aufgerichteten Pflichtenbindung wird dadurch jedoch nicht präjudiziert. Beide Organe und ihre Mitglieder können verlangen, daß ihnen die für ihre Amtsausübung erforderlichen Informationen gegeben und daß ihre Zuständigkeiten beachtet werden. Kommt es zum Streit, so werden sie diametral gegensätzliche Rechtsbehauptungen vertreten; konsequent kann die Gesellschaft nicht für beide gleichzeitig passivlegitimiert sein. Vielmehr sind die Organe untereinander gehalten, die gesetzlich vorgeschriebenen Auskünfte zu erteilen und die wechselseitigen Zuständigkeiten zu respektieren. Wenn also die Zuordnung von Rechten und Pflichten im Organstreit anders vorgenommen wird als im Streit um entsprechende Rechte eines Verbandsmitglieds, so liegt hierin entgegen vereinzelt vorgetragener Kritik 172 keine Ungereimtheit.

1 6 9 BGHZ 136, 48, 51; OLG Hamburg ZIP 1986, 709, 710; OLG Hamm NJW 1986, 1693, 1694; OLG Karlsruhe GmbHR 1985, 59, 60; Brandes, WM 1998, 1, 18; Habersack, Mitgliedschaft, S.341; Wilde, ZGR 1998, 423, 441. 1 7 0 Für § 131 AktG: OLG Stuttgart AG 1998, 529, 534; Brondics, Aktionärsklage, S. 102; Geißler, NZG 2 0 0 1 , 5 3 9 , 540; Groß, AG 1 9 9 7 , 9 7 , 1 0 3 . Für § 51a GmbHG: BGHZ 1 3 6 , 4 8 , 5 1 ; OLG Hamm NJW 1986, 1693, 1694; OLG Karlsruhe GmbHR 1985, 59, 60; Brandes, WM 1998, 1, 18; Stangier/Bork, GmbHR 1982, 169, 171; Worcb, Treuepflichten, S.191f. Für alle Verbandsrechtsformen K. Schmidt, Informationsrechte, S.27f. 171 Wie hier BayObLG DB 1991, 1874 für §166 III HGB; MK-Grunewald, HGB, §166 Rn. 27; MüHdbGesR II/Weipert, § 11 Rn. 39; Schütz, Sachlegitimation, S. 105 ff., insbes. S. 107; Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 535 f.; ders., WM 1992, Beilage 7, S. 6, 43. Für eine daneben bestehende persönliche Informationspflicht der geschäftsführendem Gesellschafter BGH WM 1962, 883; NJW 1992, 1890, 1891; Heinemann EWiR 1991, 1099, 1100; Littbarski, Rechtsschutz, S. 185; MK-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 164; Schlegelberger-Martens, HGB, § 166 Rn. 13; K. Schmidt, Informationsrechte, S.65 mit Fn.241; Soergel-Hadding, BGB, § 7 0 5 Rn.53; für Informationspflicht ausschließlich der geschäftsführenden Gesellschafter OLG Hamm DB 1970, 43; für Klage auf Information gegen alle Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.96ff. 172 Landrock, Innenrechtsstreit, S.72f.

586

§10

2. Gesellschaftsvermögen

als

Organstreitigkeiten

Streitvermögen?

a) Die Indifferenz der Gesellschaft zum

Streitgegenstand

Gerade die Gegenüberstellung der herrschenden Lehre zu § 9 0 III 1 AktG einerseits, § 9 0 III 2 AktG andererseits zeigt, daß die Rolle der Gesellschaft bei Streitigkeiten zwischen ihren Organen in Wahrheit indifferent

ist. Der Informationsan-

spruch steht weder „der Gesellschaft" zu noch richtet er sich gegen „die Gesellschaft". Indifferent ist die Gesellschaft deshalb, weil sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat als auch einzelne seiner Mitglieder Verwaltungsbefugnisse das Gesellschaftsvermögen

über

ausüben und man somit die Gesellschaft, wenn man

sie im Prozeß als Partei beteiligt, ebensogut auf der Aktiv- wie auf der Passivseite beteiligen könnte; die Plazierung auf einer dieser beiden Seiten geschieht daher nicht ohne eine gewisse Beliebigkeit 1 7 3 . Nicht zu Unrecht hat man der h.L. entgegengehalten, sie habe nicht zu erklären vermocht, weshalb gerade der Aufsichtsrat und nicht der Vorstand „mit der Gesellschaft im Rücken" vor Gericht auftrete 1 7 4 bzw. warum gerade das klagende, nicht aber das beklagte Organ die juristische Person repräsentiere 1 7 5 . Die Gesellschaft kann nicht einseitig in die Rolle des Berechtigten oder des Verpflichteten gedrängt werden; denn im Zweifel werden sich beide Organe für ihr Verhalten darauf berufen, es werde dem von ihnen verwalteten Gesellschaftsinteresse am besten gerecht 1 7 6 . Die Berichtspflicht des Vorstands dient ebenso dem Interesse der Gesellschaft wie die Uberwachungspflicht des Aufsichtsrats; wenn der Berichtsanspruch ein Recht der Gesellschaft wäre, müßte konsequent die Berichtspflicht eine Pflicht der Gesellschaft sein 1 7 7 . Daß die Kompetenzen von Vorstand und Aufsichtsrat auf das Interesse und das Vermögen der Gesellschaft bezogen sind, hat man im Schrifttum gesehen 1 7 8 . M a n hat daraus gefolgert, daß beide Organe für die Gesellschaft streiten, nämlich als deren Prozeßstandschafter. Die Gesellschaft erscheint dann entweder als Rechtsträgerin

sowohl

auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite; oder aber man verneint jegliches subjektive Innenrecht der Gesellschaft gegen sich selbst 1 7 9 und nimmt auf beiden Seiten des Prozesses gewissermaßen eine rechtsträgerlose Prozeßstandschaft an. Angesichts der gravierenden Begründungsdefizite in der h.L. verbietet sich eine allzu schroffe Zurückweisung dieses Konzepts 1 8 0 , das indes in der Sache tatsächlich nicht vollauf befriedigen kann 1 8 1 :

173 174 175 176 177 178 179 180 181

Rn.5.

Ähnliche Kritik bei Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 123. Bauer, Organklagen, S . 2 5 ; Hommelboff, Z H R 143 (1979), 288, 3 0 6 . Lewerenz, Leistungsklagen, S . 6 9 Ähnlich Bauer, Organklagen, S . 6 3 . Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 122. Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 2 6 9 . So wohl Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 2 7 2 f . Überzogen Raiser, AG 1989, 185, 188 („halsbrecherisch"). Im Ergebnis ablehnend auch Bauer, Organklagen, S . 3 8 ; KK-Mertens, AktG, Vorb. § 7 6

B. Die Funktionengliederung

b) Die funktionelle

im

587

AG-Organisationsrecht

Parteilehre

Jenes Konzept beruht auf der von de Boor

und Henckel

begründeten funktionellen

Parteilehre, w o n a c h eine Person immer für ein bestimmtes Vermögen

streitet und

mit diesem Vermögen Partei ist. Diese Lehre wurde mit unterschiedlichem Akzent formuliert: N a c h de Boor gen

;

ist Partei der befugte

Verwalter

über das

Streitvermö-

die Prozeßführungsbefugnis gründet mithin in der Verwaltungsbefugnis

1H1

über jenes Vermögen. N a c h Henckel gegenstand verfügen

ist Partei diejenige Person, die über den Streit-

kann und der für den Rechtsstreit ein bestimmtes Rechts-

schutzmieresse zur Seite s t e h t 1 8 3 ; die Prozeßführungsbefugnis gründet also in der VerfügungsbefugnislM

über das Interessevermögen.

In der Praxis wirkt sich diese

Lehre immer dann aus, wenn eine Person nicht für eigenes, sondern für fremdes Vermögen streitet: So ist etwa der Insolvenzverwalter nicht mit seinem Eigenvermögen, sondern mit der Insolvenzmasse Partei; der Testamentsvollstrecker nicht mit seinem Eigenvermögen, sondern mit dem N a c h l a ß . Die funktionelle Parteilehre hat für eine Fülle von Prozeßkonstellationen, namentlich für die Fälle der Verwaltung über fremdes Vermögen, das Auseinanderfallen von Prozeßführer und materiellem Rechtsträger durchaus befriedigend zu erklären vermocht. Gleichwohl sind berechtigte Einwände verblieben 1 8 5 . So k o n n te auf ihrem Boden die Parteistellung in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten nicht erklärt w e r d e n 1 8 6 . Ebenso m u ß § 2 6 5 Z P O im System dieser Lehre einen Fremdkörper bilden; denn der Rechtsvorgänger verwaltet weder das Vermögen des E r w e r b e r s 1 8 7 , noch k o m m t ihm hierüber eine Verfügungsbefugnis z u 1 8 8 . Im R a h m e n des § 2 6 5 Z P O wirkt sich hier namentlich das Kriterium des Interessevermögens bedenklich aus: Die Prozeßführungsbefugnis ist dem Veräußerer nicht im eigenen Interesse verliehen 1 8 9 ; gleichwohl soll er mit seinem Eigenvermögen Partei • sein

190

.

c) Die Übertragung der funktionellen

Parteilehre auf den

Organstreit

Selbst wenn man aber die funktionelle Parteilehre in ihrem Ansatz als Erklärungsmodell für die Parteistellung im Zivilprozeß zugrunde legen will, erscheint zweifelhaft, o b sie die Schlußfolgerung trägt, Vorstand und Aufsichtsrat seien im O r g a n streit mit dem Vermögen der Gesellschaft Partei 1 9 1 . Das Anliegen der funktionelde Boor, Parteiwechsel, S.53; ders., JZ 1951, 450. Henckel, Parteilehre, S. 106f. 184 Deutlich Henckel, Parteilehre, S.41f., 107; dem folgend Winte, Streitgenossenschaft, S.52. 185 Skeptisch zur funktionellen Parteilehre neben den im Folgenden Genannten auch Stein/] onas-Bork, Rn.3 vor §50. 186 Zutreffend Dimaras, Verfahrensbeteiligung, S.37; Kass, Prozeßstandschaft, S.35. 187 Zutreffend Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S.37. 188 Zutreffend Liedtke, Vermögensrechtsstreit, S.32. 1 8 9 Zum Schutzzweck des §265 ZPO oben §2 K I 2, II 5. 190 Auf diesen Widerspruch weist zu Recht Kass, Prozeßstandschaft, S.44 hin. 191 Kritisch, wenn auch ohne definitive eigene Stellungnahme, bereits Bork, ZGR 1989,1,24f. 182

183

588

§10

Organstreitigkeiten

len Parteilehre besteht darin, die Parteistellung von Personen zu erklären, die nicht in eigener Sache streiten, sondern in Ausübung einer Verwaltungsbefugnis für ein fremdes Vermögen. Begründet wurde sie daher anhand von Fallbeispielen, in denen ausnahmslos um einen bestimmten Gegenstand aus diesem Vermögen gefochten wurde - sei es, daß der Bestand eines Rechts aus diesem Vermögen bestritten (Beispiel: Insolvenzverwalter klagt eine zur Masse gehörige Forderung ein) oder umgekehrt eine Pflicht als diesem Vermögen zugehörig behauptet wurde (Beispiel: Gläubiger klagt gegen Insolvenzverwalter auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle), sei es, daß die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zu diesem Vermögen behauptet oder bestritten wurde (Beispiel: Insolvenzverwalter verlangt Herausgabe eines zur Masse gehörigen Gegenstandes); zur letzteren Fallgruppe gehört auch die Klage des insolventen Schuldners gegen den Insolvenzverwalter auf Freigabe eines Gegenstandes aus der Masse. Gerade um einen solchen Fall geht es beim Organstreit jedoch nicht. Es wird nicht darum gestritten, ob eine Forderung der Gesellschaft besteht oder ein Gegenstand dem Gesellschaftsvermögen angehört. Im Streit steht vielmehr der Umfang der Verwaltungsbefugnisse als solcher, die nach gesetzlicher Anordnung zwischen den Parteien aufgeteilt sind 192 : Zu klären ist, inwieweit wer zu welcher Verwaltungshandlung berufen ist. Insbesondere läßt sich der Organstreit nicht mit dem Freigabestreit zwischen Schuldner und Insolvenzverwalter vergleichen 193 . Denn diese beiden Personen streiten nicht um die Verwaltungsbefugnis über diesen Gegenstand; vielmehr streiten sie, obwohl der Schuldner nach wie vor Rechtsträger auch des die Insolvenzmasse bildenden Vermögens ist, um die Zuordnung des Gegenstandes zu einem von zwei rechtlich getrennten Vermögen: nämlich entweder zum freien Vermögen des Schuldners oder eben zur Masse. Deswegen ist der Freigabestreit, wenn man die funktionelle Parteilehre konsequent zu Ende denkt, gerade kein Fall des Insichprozesses. Ein Insichprozeß würde voraussetzen, daß beide Parteien für dasselbe Vermögen streiten. Im Freigabeprozeß streiten sie aber für verschiedene: freies Vermögen versus Insolvenzmasse. So läßt sich denn auch die Vorstellung eines Prozesses der Gesellschaft, repräsentiert durch den (Aktiv-)Prozeßstandschafter Aufsichtsrat, gegen die Gesellschaft, repräsentiert durch den (Passiv-)Prozeßstandschafter Vorstand, mit den Grundannahmen der funktionellen Parteilehre nicht in Einklang bringen. Jene Lehre definiert die Partei über das Vermögen, für das sie streitet; dies namentlich in den Fällen, in denen ein anderer als der nach materiellem Recht ermittelte Rechtsträger für das Vermögen streitet. Die Befugnis dieses „anderen" kann, wenn sie nicht in der materiellrechtlichen Innehabung des Vermögens wurzelt, nur noch auf einer Befugnis zu dessen Verwaltung oder zur Verfügung hierüber beruhen. Dann kann aber jene Verwaltungs- oder Verfügungsbefugnis nicht ihrerseits zum Streit1 9 2 Die Verteilung dieser Befugnisse bildet das materiellrechtliche Substrat des Organstreits; jenes Substrat ist folglich entgegen der Kritik Pflugradts (Leistungsklagen, S . 3 0 , 49) hinreichend bestimmt. 1 9 3 Dies gegen Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 2 7 8 .

B. Die Funktionengliederung

im

AG-Organisationsrecht

589

vermögen gehören; und konsequent kann derjenige, der eine solche Befugnis bestimmten Ausmaßes für sich reklamiert, nicht allein schon deswegen, weil er jene Befugnis behauptet, für dies Vermögen streiten. Erst der Prozeß soll erweisen, ob und inwieweit jene Befugnis tatsächlich besteht; es ist gerade die Legitimation im Streit, Befugnisse über fremdes Vermögen ausüben zu dürfen. Wenn es zum Organstreit überhaupt eine Parallele außerhalb des Gesellschaftsrechts gibt, etwa im Insolvenzrecht, dann ist sie nicht im Freigabestreit zwischen Gemeinschuldner und Insolvenzverwalter zu suchen, sondern im Prätendentenstreit zwischen zwei Insolvenzverwaltern: So mag ein neu bestellter Verwalter vom bisherigen die Herausgabe der Masse verlangen und dieser einwenden, seine Bestellung sei niemals wirksam widerrufen worden. Beide beanspruchen eine bestimmte Befugnis, fremdes Vermögen zu verwalten; aber keiner von beiden streitet für die Masse, weil es eben darum geht, überhaupt erst zu eruieren, wer berechtigterweise für sie streiten darf. Und nicht anders ist es beim aktienrechtlichen Organstreit: Aufsichtsrat und Vorstand beanspruchen bestimmte Verwaltungsbefugnisse über das Gesellschaftsvermögen für sich; sie streiten daher nicht für das Gesellschaftsvermögen, weil erst der Prozeß ergeben soll, wie im konkreten Fall die Befugnisse beider Organe gegeneinander abzugrenzen sind. Mit Recht hat Bauer betont, es sei sinnlos, die Geschäftsführung und deren Überwachung ein und demselben Rechtssubjekt (nämlich der Gesellschaft) zuzuordnen194. d) Insichprozeß

und

Zweiparteienprinzip

Wenn sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat als Prozeßstandschafter für die Gesellschaft streiten, ist diese als „Rechtsträger" auf Aktiv- ebenso wie auf Passivseite beteiligt. Damit proklamiert das hier kritisierte Konzept in der Sache einen Insichprozeß mit identischer Partei auf beiden Seiten; denn die Prozeßstandschaft setzt zumindest die theoretische Möglichkeit voraus, daß die Prozeßführungsbefugnis statt durch den Prozeßstandschafter auch durch den Rechtsträger selbst wahrgenommen werden könnte. Auf den Organstreit gemünzt würde dies bedeuten: Die Gesellschaft selbst muß theoretisch in ein und demselben Rechtsstreit als sowohl Kläger- als auch Beklagtenpartei denkbar sein. Eben darauf läuft die Annahme einer beiderseitigen Prozeßstandschaft hinaus; und hierin verstößt sie gegen das Zweiparteienprinzip195. Jenes Prinzip besagt, daß im Prozeß Kläger und Beklagter einander stets als verschiedene Personen gegenübertreten 196 . Dieser Einwand läßt sich namentlich nicht mit der Überlegung aus dem Feld schlagen, die auf Kläger- und Beklagtenseite beteiligten Organe verfolgten neben dem Interesse der Gesellschaft hiervon zu unterscheidende Teilinteressen, welche im Rahmen einer Bauer, Organklagen, S . 5 9 . Zutreffend Bauer, Organklagen, S . 6 8 ; Bork, Z G R 1989, 1, 25; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 123f. 196 MK-Lindacher, ZPO, Rn.4ff. vor § 5 0 ; Musielak-Weth, ZPO, § 5 0 R n . 4 ; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 4 0 Rn.26ff.; Stein/]onas-Bork, ZPO, R n . 1 7 vor § 5 0 ; Wieczorek-Hausmann, ZPO, Rn. 1 vor § 50; Wieczorek-Mansel, ZPO, Rn. 1 vor § 64. 194

195

590

§10

Organstreitigkeiten

Prozeßstandschaft dogmatisch klar wahrgenommen werden könnten 1 9 7 : Will man wirklich derartige „Teilinteressen" anerkennen, so hat man in der Sache bereits konzediert, daß das „Interessevermögen" der AG nicht das ausschlaggebende Kriterium ist 198 . In Wahrheit kann jedoch jenes „Teilinteresse", wenn es vom Gesellschaftsinteresse zu scheiden sein soll, nur noch im Interesse der Organe an der Wahrnehmung ihrer Kompetenz bestehen; und als vom Gesellschaftsinteresse zu trennendes Eigeninteresse kann dies Interesse niemals anerkannt werden, weil eben Organkompetenzen ausschließlich im Gesellschaftsinteresse verliehen sind. 3. Das Organrecht als notwendiges Korrelat einer Organisation a) Organrechte in Abgrenzung

zu subjektiven

funktionengegliederten

Rechten

Die in § § 90 I, III und V AktG beschriebenen Informationsrechte sind also einerseits keine Rechte der Gesellschaft; die Organe bzw. ihre Mitglieder streiten für sich, um die Feststellung eigener Befugnisse199. Bei diesen Befugnissen handelt es sich andererseits nicht um subjektive Rechte des Aufsichtsrats oder seiner Mitglieder im herkömmlichen Sinne 200 . Es ist zwar zuzugeben, daß Rechte, die das Gesetz Organen oder Organmitgliedern zuweist, Verhaltensberechtigungen verleihen, welche gegen die Ingerenz anderer Rechtssubjekte abgeschirmt sind. Damit weisen sie diejenigen Strukturelemente auf, welche nach einer neueren, bereits vorgestellten Lehre vom subjektiven Recht 201 dessen prägende Merkmale konstituieren 202 . Doch wird die Einordnung von Organrechten als subjektive Rechte dem Umstand nicht gerecht, daß das subjektive Recht seinem Träger im eigenen Interesse zum Zwecke der Verwirklichung individueller Freiheit verliehen ist. Die Informationsrechte des Aufsichtsrats/-mitglieds dienen aber gerade nicht dessen Eigeninteresse 203 ; sie sollen vielmehr eine sachgerechte Ausübung der mit der Organbestellung verliehenen Kompetenz sicherstellen. Deren Ausübung ist den Organen und Organmitgliedern nicht nur erlaubt, sondern geboten. Es handelt sich damit um fremdnützige Rechte, sog. Organrechte; die korrespondierenden Pflichten des als Anspruchsgegner bezeichneten Organs sind dementsprechend Organpflichten204. Diese dem öffentlichen Recht entlehnte Rechtsfigur trägt einem Phänomen Rech197

So aber Teichmann, FS M ü h l , S. 663, 6 7 0 . Z u t r e f f e n d Bork, Z G R 1 9 8 9 , 1, 25. 199 Z u t r e f f e n d Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 101. 200 So aber Bork, Z G R 1989, 1, 8ff.; Säcker, N J W 1 9 7 9 , 1 5 2 1 , 1526; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 90; Stein/]onas-Bork, ZPO, §50 Rn.5a. 201 O b e n § 1 B VI 2 b. 202 Das hebt namentlich Bork, Z G R 1989, 1, lOf. hervor. 203 Bauer, O r g a n k l a g e n , S.34f.; Hommelhoff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 302f.; Raiser, A G 1989, 185, 187; trotz E i n o r d n u n g als subjektives Recht auch Westermann, FS Bötticher, S . 3 6 9 , 3 7 8 („Pflichtrecht"). 204 Überzeugend Bauer, O r g a n k l a g e n , S.38ff.; dem folgend LG D a r m s t a d t ZIP 1 9 8 6 , 1389, 1391. 198

B. Die Funktionengliederung

im

AG-Organisationsreckt

591

nung, das überall dort auftritt, wo eine Körperschaft durch Organe verwaltet wird, denen ein jeweils abgegrenzter Funktionsbereich zugeordnet ist 205 : Das Organisationsstatut der Körperschaft hat jene Funktionentrennung deswegen eingeführt, weil es sich davon ein Höchstmaß an institutioneller Gewähr für die Richtigkeit der Sachentscheidungen verspricht. Die Mißachtung von in der Organisationsverfassung verankerten Befugnissen eines Organs durch ein anderes muß konsequent als Gefährdung jener Richtigkeitsgewähr angesehen werden. Die Kompetenz des an sich zuständigen Organs stünde nur auf dem Papier, wenn es jene Mißachtung sanktionslos hinnehmen müßte; klagbare Organrechte sind das Mittel, welches die Rechtsordnung bereitstellt, um die Einhaltung der Zuständigkeitsordnung auch in tatsächlicher Hinsicht sicherzustellen206. Organrechte sind somit nur die Kehrseite der dem Organ verliehenen Kompetenz und dieser notwendig inhärent. Ist aber die Aufteilung von Zuständigkeiten auf mehrere Organe Grundelement der Verwaltung einer jeden Körperschaft, so hat die Rechtsfigur des Organrechts in jeder Körperschaft ihren legitimen Platz, mag diese nun ihrer Rechtsnatur nach dem öffentlichen oder den privaten Recht angehören 207 . b) Relative

Rechtsfähigkeit?

Es bedeutet ein Mißverständnis, wenn behauptet wird, Organe könnten keine eigenen Rechte haben, weil ihre Befugnisse nicht in deren eigenem, sondern im Interesse der Gesellschaft verliehen seien 208 : Die Rechtsfigur des Organrechts in Abgrenzung zum subjektiven Recht trägt gerade dieser absoluten Fremdnützigkeit Rechnung. Ebensowenig läßt sich die Existenz von Organrechten mit dem Hinweis bestreiten, Organe einer Körperschaft seien von der Rechtsordnung nicht als rechtsfähige Subjekte anerkannt: Wo die Kompetenz einem Kollegialorgan verliehen ist, ist sie nach dem Gesetz Trägerin der damit verbundenen Befugnisse. Man wende nicht ein, mit diesen Überlegungen werde in systemfremder Weise einer relativen (nämlich nur im Hinblick auf Organkompetenzen gegebenen) Rechtsfähigkeit das Wort geredet; denn die Rechtsfähigkeit ist, worauf mit Recht hingewiesen worden ist 209 , immer eine relative: So ist einerseits die natürliche Person nicht völkerrechtsfähig, andererseits der Staat nicht ehefähig.

Vgl. Roth, Organstreitigkeiten, S.37ff. Ähnliche Überlegungen bei Bauer, Organklagen, S . 6 0 ; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 509; Schock, Aufsichtsratsmitglied, S. 123. 2 0 7 Für Übertragbarkeit der Rechtsfigur „Organstreit" aus dem öffentlichen Recht auch Bauer, Organklagen, S . 4 2 f . 2 0 8 So aber Scholz-Schneider, GmbHG, 8. Aufl. 1995 (in 9. Aufl. nicht mehr enthalten), § 5 2 Rn. 3 7 4 . 209 Bauer, Organklagen, S.33f.; Pflugradt, Leistungsklagen, S.2.8; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 175 f. 205 206

592 c) Subjektives

§10 Recht und

Organstreitigkeiten

Fremdnützigkeit

Gegen die Anerkennung von Organrechten in Abgrenzung zu subjektiven Rechten wende man nicht ein, was nicht lediglich objektives R e c h t sei, müsse notwendig in ein subjektives Recht ausmünden 2 1 0 ; denn die rechtliche Bedeutung des „Subjektiv e n " m u ß sich nicht notwendig in der bloßen begrifflichen Abgrenzung zum „ O b jektiven" erschöpfen, sondern kann, wie es hier für richtig gehalten wurde, das Interesse einschließen, dem durch die Zuweisung der Berechtigung gedient werden soll: „ S u b j e k t i v " erscheint dann als Gegensatz nicht zu „ o b j e k t i v " , sondern zu „ausschließlich fremdnützig". Und ebensowenig leuchtet es ein, wenn das K o n zept des Organrechts mit der Begründung verworfen wird, es sei auf den Innenbereich der juristischen Person zugeschnitten, welcher sich aber vom Außenbereich nicht trennen lasse 2 1 1 . Das Recht einer jeden Gesellschaft kennt die strikte Trennung zwischen rechtlichem Dürfen im Innen- und rechtlichem Können im Außenverhältnis; besonders deutlich k o m m t sie zum Ausdruck in der unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht der Vertretungsorgane von Handelsgesellschaften ( S S 1 2 6 H G B , 3 7 G m b H G , 8 2 A k t G ) . Die Existenz von subjektiven Rechten, welche ausschließlich im Fremdinteresse verliehen sind, läßt sich des weiteren nicht unter Hinweis auf die §§ 3 3 5 B G B , 1 0 3 I InsO belegen 2 1 2 : Beim Vertrag zugunsten Dritter besteht der in S 3 3 5 B G B niedergelegte Leistungsanspruch des Versprechensempfängers in dessen eigenem Interesse, weil er dem Begünstigten aus dem Valutaverhältnis verpflichtet ist und mit Hilfe der Leistung des Versprechenden diese Verpflichtung erfüllen will 2 1 3 . Und mit dem Hinweis auf das Ablehnungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 1 0 3 I InsO wird vorausgesetzt, was zu beweisen ist: Es ist gerade fraglich, ob dies Recht - und diese Frage stellt sich für sämtliche anderen Rechte des Verwalters, ist also nicht auf § 1 0 3 I InsO beschränkt - trotz seiner Fremdnützigkeit als subjektives Recht anerkannt werden kann oder o b nicht auch insoweit ein bloßes Organrecht postuliert werden muß214.

So aber Bork, ZGR 1989, 1, 10; Pflugradt, Leistungsklagen, S.29. So aber Pflugradt, Leistungsklagen, S.29f. 212 So aber Bork, ZGR 1989,1,10; für die Existenz von ausschließlich fremdnützigen subjektiven Rechten auch Scbulz-Gardyan, Aktionärsklage, S. 90. 213 Vgl. Staudinger-Jagmann, BGB, §335 Rn.2. 214 Es herrscht bis heute Streit darüber, wie die Stellung des Insolvenzverwalters rechtsdogmatisch zu erklären ist; teilweise wird der Verwalter als Organ, teilweise als Vertreter der Konkursmasse, teils als Partei kraft Amtes eingeordnet (zum Streitstand näher W. Lüke, in: Kübler/Prütting, InsO, § 80 Rn. 32ff.; Pawlowski, JuS 1990,378, 380; ders., Allgemeiner Teil, Rn. 687ff.). Jede dieser Erklärungen bringt aber die absolute Fremdnützigkeit der Verwalterrechte zum Ausdruck und legt die Deutung nahe, daß die Befugnisse des Verwalters lediglich Kompetenzen und gerade keine subjektiven Rechte sind. 210 211

B. Die Funktionengliederung

d) Rechtsschutz

nur für Beziehungen

im

des

AG-Organisationsrecht

593

Außenrechts?

Die Rechte von Organen zum Zweck der Wahrnehmung ihrer Kompetenz sind auch nicht deshalb mit echten subjektiven Rechten in eins zu setzen, weil auch die Körperschaft als solche subjektive Rechte haben könne, aber ebenfalls nicht Trägerin individueller Freiheit sei 2 1 5 . Denn Art. 19 III G G erkennt juristische Personen in erheblichem Umfang als Trägerinnen individueller Freiheit an, und zwar, wie bereits im ersten Abschnitt der Untersuchung deutlich wurde 2 1 6 , gerade mit dem Ziel, die Freiheitsausübung der hinter ihnen stehenden Mitglieder zu schützen. Ebensowenig scheitert die Anerkennung klagbarer Organrechte daran, daß Organrechtsbeziehungen solche des Innenrechts, die Vorschriften der Z P O hingegen solche des Außenrechts seien 2 1 7 : Die ZPO beschränkt ebensowenig wie der staatliche Rechtsschutz insgesamt auf „außenrechtliche" Rechtsverhältnisse. Vielmehr steht für Rechtsverhältnisse des materiellen Rechts grundsätzlich der Rechtsweg offen, es sei denn, es ist im Gesetz ausnahmsweise etwas Abweichendes bestimmt. e) Innenrechtsstreit

und

Anspruchsstruktur

Schließlich scheitert die Anerkennung gerichtlicher Organstreitigkeiten nicht an der Überlegung, innerorganisatorische Rechte und Pflichten ließen sich mit Hilfe der allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsstruktur nicht angemessen erfassen 2 1 8 . Soweit für diesen Einwand, der teilweise sogar gegen die Anerkennung eigener Rechte des Aktionärs auf ein Handeln des Vorstands in Ubereinstimmung mit der Beschlußlage in der Hauptversammlung erhoben wird 2 1 9 , überhaupt eine Begründung gegeben wird, erschöpft sie sich in der Befürchtung, es müßten dann materielle Rechte der Organe gegeneinander anerkannt werden 2 2 0 ; Vorstand und Aufsichtsrat träten doch nach außen hin als Repräsentanten des einheitlichen Rechtssubjekts Aktiengesellschaft auf 2 2 1 . Aber gerade vor der Anerkennung von Rechten und Pflichten innerhalb der juristischen Person sollte man aber angesichts des im öffentlichen Recht erreichten Diskussionsstandes nicht mehr zurückschrecken. Der allgemeine zivilrechtliche Anspruch äußert sich gemäß § 1 9 4 B G B darin, daß jemand von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangt. Diese Merkmale sind beim Organstreit erfüllt: So kann etwa der Aufsichtsrat die Erstattung eines Berichts verlangen. Erst recht sind sie beim mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzstreit erfüllt: So kann der Aktionär verlangen, daß er zur Hauptversammlung zugelassen, seine Stimme mitgezählt und die beschlossene Maßnahme ausgeführt wird. 2 1 5 Mit dieser Begründung wird die Rechtsfigur des Organrechts in Abgrenzung zum subjektiven Recht kritisiert von Landrock, Innenrechtsstreit, S. 149f. 2 1 6 Oben § 1 B II. 2 1 7 So aber Landrock, Innenrechtsstreit, S. 152 ff. 2 1 8 So aber Borgmann, Organstreit, S . 2 1 5 , 238; Hüffer, AktG, § 90 Rn. 18. 219 Roth, ZZP 103 (1990), 365, 366; Zöllner, Z G R 1 9 8 8 , 392, 4 2 3 f . 220 Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 4 2 3 f . 2 2 1 Aus diesem Grund gegen die Zulassung des Organstreits KK-Mertens, AktG, Vorb. § 7 6 Rn. 3.

594 4.

Im einzelnen:

Organstreitigkeiten

§10 Die

Zuordnung

von

Organrechten

und

-pflichten

D i e b e t e i l i g t e n O r g a n e u n d O r g a n m i t g l i e d e r t r e t e n n a c h a l l e d e m als T r ä g e r ner Organrechte

und -pflichten

a u f . Sie s i n d f o l g l i c h i m P r o z e ß selbst

Partei111.

eigeAn

i h r e r P a r t e i f ä h i g k e i t ist n i c h t zu z w e i f e l n 2 2 3 ; sie ist p a r t i e l l v o m G e s e t z g e b e r s e l b s t a n e r k a n n t w o r d e n , n ä m l i c h in G e s t a l t d e r A n f e c h t u n g s b e f u g n i s des V o r s t a n d s n a c h § 2 4 5 Nr. 4 A k t G 2 2 4 . Die Parteifähigkeit der O r g a n e scheitert a u c h nicht dar a n , d a ß diese m a n g e l s e i g e n e n V e r m ö g e n s n i c h t als S c h u l d n e r d e r P r o z e ß k o s t e n in Betracht k o m m e n 2 2 5 ; denn wie gezeigt226, trägt das Gesellschaftsvermögen

die

K o s t e n des O r g a n s t r e i t s . N i c h t s a n d e r e s gilt ü b r i g e n s i m R a h m e n des § 2 4 5 N r . 4 A k t G , w o d e r G e s e t z g e b e r d e m V o r s t a n d als G e s a m t o r g a n e i n e e i g e n e K l a g e b e f u g n i s e i n g e r ä u m t h a t : D i e K o s t e n des A n f e c h t u n g s r e c h t s s t r e i t s t r ä g t o h n e R ü c k s i c h t a u f d e n A u s g a n g des P r o z e s s e s d a s G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n 2 2 7 . Die Verteilung der Parteirollen folgt e x a k t der materiellrechtlichen Z u w e i s u n g v o n R e c h t e n u n d P f l i c h t e n . S o s t e h e n die I n f o r m a t i o n s a n s p r ü c h e a u s § § 9 0 III 2 , 1 2 5 I I , III A k t G d e m e i n z e l n e n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d als O r g a n r e c h t zu u n d k ö n n e n v o n d i e s e m e i n g e k l a g t w e r d e n 2 2 8 . D a s g l e i c h e gilt f ü r d a s R e c h t des A u f s i c h t s ratsmitglieds auf Kenntnisnahme vom Vorstandsbericht nach § 9 0 V A k t G 2 2 9 . D e r

2 2 2 Wie hier LG Darmstadt ZIP 1 9 8 6 , 1 3 8 9 , 1 3 9 1 ; Bauer, Organklagen, S . 4 1 , 70ff.; Bork, ZIP 1991, 137, 139; Geißler, GmbHR 1998, 1114, 1117; Häsemeyer, Z H R 144 (1980), 2 6 5 , 2 8 4 ; Hess, ZZP 119 (2004); 2 6 7 , 2 8 6 ; Hommelhoff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 305ff.; Poseck, DB 1996, 2 1 6 5 , 2 1 6 6 ; Raiser, AG 1989, 185, 188; Stein/]onas-Bork, ZPO, § 5 0 R n . 5 a . 2 2 3 Gegen sie aber B G H Z 122, 342, 3 4 4 f . ; O L G Hamburg DB 1992, 774; Flume, Juristische Person, § 11 V (S.405f.); KK-Mertens, AktG, Vorb. § 76 R n . 4 ; Littbarski, Rechtsschutz, S. 159; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 21 f. 2 2 4 Darauf ist mehrfach und zu Recht hingewiesen worden; vgl. Bauer, Organklagen, S. 78 f.; Bork, Z G R 1989, 1,23; Geißler, GmbHR 1998, 1114, 1117; Joost, Z G R 1984, 71, 89; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 2 1 2 , 2 2 0 f . 2 2 5 So aber O L G Hamburg DB 1992, 774; Brondics, Aktionärsklage, S. 163f.; Musielak-Weth, ZPO, § 50 Rn. 19; ähnlich Mertens Z H R 154 (1990), 2 4 , 2 5 ; gegen die Anerkennung der Parteifähigkeit von Organen auch Schütz, Sachlegitimation, S. 126; Teichmann, FS Mühl, S, 6 6 3 , 6 6 7 . 2 2 6 Oben C V 1 d. 2 2 7 G e ß l e r - H ü f f e r , AktG, § 2 4 5 Rn. 62; Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn. 30; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 Rn. 93; Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 5 1 . Dagegen will die h.M. ein einzelnes Mitglied des Aufsichtsrats oder des Vorstands, das nach § 2 4 5 Nr. 5 AktG die Klage erhebt, persönlich für die Kosten des Rechtsstreits haften lassen und ihm allenfalls einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § § 6 8 3 , 6 7 0 BGB zubilligen; vgl. Dänzer-Vanotti, BB 1 9 8 5 , 1632ff.; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 Rn. 66; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 5 Rn. 8; Hüffer, AktG, § 245 Rn. 33; KK-Zöllner, AktG, § 2 4 6 Rn. 93; Landrock, Innenrechtsstreit, S . 2 5 2 . Nach M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 5 R n . 6 4 soll der Vorstand als unterlegener Anfechtungskläger also Organ in die Kosten verurteilt werden; ihm stehe aber entsprechend § 6 7 0 BGB ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen die Gesellschaft zu, so daß er als Organ Vermögen bilde, das für eine Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß zur Verfügung stehe. 2 2 8 Ebenso Bork, ZIP 1991, 137, 140f.; Lewerenz, Leistungsklagen, S.95ff. (für § 9 0 AktG), 130f. (für § 1 2 5 AktG); Pflugradt, Leistungsklagen, S . 1 2 7 ; Poseck, DB 1996, 2 1 6 5 , 2 1 6 8 f . ; Steinbeck, Überwachungspflicht, S . 1 2 6 , 190. 2 2 9 Ebenso Bork, Z G R 1 9 8 9 , 1, 32; ders., ZIP 1991, 137, 141; Deckert, AG 1994, 4 5 7 , 4 6 0 ; Lewerenz, Leistungsklagen, S . 1 0 0 ; Poseck, DB 1996, 2 1 6 5 , 2 1 6 8 f .

B. Die Funktionengliederung

im

AG-Organisationsrecht

595

Berichtsanspruch aus § 90 I, III 1 AktG steht dem Aufsichtsrat als solchem zu 230 ; denn er hat die Uberwachungsaufgabe, deren Erfüllung die Berichtspflichten des Vorstands dienen, als Kollegium zu erfüllen 231 . Ebenso ist der Aufsichtsrat als solcher Träger des Einsichts- und Prüfungsrechts aus § 111 II AktG 232 . Der Aufsichtsrat hat einen Anspruch auf einem Bericht, welchen der Vorstand als Kollegium autorisiert hat 2 3 3 ; deshalb ist in den Fällen des § 90 III 1 , 2 AktG der Vorstand der richtige Beklagte 234 , ebenso in den Fällen des § 125 II, III AktG 2 3 5 . Umstritten ist die Frage des richtigen Klagegegners für die Fälle des § 90 V AktG; es fragt sich nämlich, wen die Pflicht trifft, dem Aufsichtsratsmitglied die Kenntnis von den Vorstandsberichten zu gewähren. Der Vorstand selbst kann nicht mehr richtiger Beklagter sein; denn er hat seine Berichtspflicht erfüllt, indem er dem Aufsichtsratsvorsitzenden den Bericht zugeleitet hat 236 . Daraus wird teilweise gefolgert, der Aufsichtsratsvorsitzende sei der richtige Beklagte 237 . Von anderer Seite wird vorgetragen, der Aufsichtsrat als Gesamtorgan habe dem einzelnen Mitglied die Kenntnis zu vermitteln und sei daher als solcher der richtige Beklagte, werde aber im Prozeß allein durch den Aufsichtsratsvorsitzenden vertreten 238 . Die erstgenannte Ansicht verdient den Vorzug: Wenn der Vorstand den Bericht nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden zuleiten muß, um seine Berichtspflicht zu erfüllen, so ist dieser primärer Ansprechpartner des Vorstands und in dieser Funktion gegenüber den übrigen Mitgliedern des Aufsichtsrats herausgehoben. Gerade er hat seine Aufgabe als Kommunikationsmittler zwischen Aufsichtsrat und Vorstand sachgerecht auszufüllen. Er in Person hat daher den übrigen Mitgliedern des Aufsichtsrats die Kenntnis von den Berichten zu vermitteln. Wollte man den Aufsichtsrat als Gesamtorgan für verpflichtet halten, so würde dies zu merkwürdigen prozessualen Konsequenzen führen, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende den Bericht gänzlich 230

Ebenso Geißler, G m b H R 1998, 1114, 1118; Hommelboff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 2 9 1 , 2 9 4 f . ; Lutter, I n f o r m a t i o n u n d Vertraulichkeit, § 4 I 4 (S. 54); Meilicke, FS W. Schmidt, S. 71. 93; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 123; Poseck, DB 1996, 2 1 6 5 , 2 1 6 6 ; Raiser, A G 1989, 185, 188; v. Schenck N Z G 2 0 0 2 , 64, 65; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 121 ff. Gegen einen I n f o r m a tionsanspruch des Aufsichtsrats als Kollegium aber Lewerenz, Leistungsklagen, S. 107ff. 231 Vgl. nur B G H Z 106, 54, 63; O L G Celle AG 1990, 2 6 4 , 2 6 5 ; O L G F r a n k f u r t A G 1 9 8 8 , 109, 110; LG D a r m s t a d t ZIP 1986, 1389, 1390; LG Köln A G 1976, 3 2 9 ; Bauer, O r g a n k l a g e n , S.52; Decken, A G 1994, 4 5 7 , 4 6 3 ; Hommelboff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 2 9 2 ; Kort, A G 1 9 8 7 , 193, 196; Raiser, Z G R 1989, 4 4 , 52, 67. 232 B a y O b L G BB 1968, 727, 728; Elsing/Schmidt, BB 2 0 0 2 , 1 7 0 5 , 1709; Geßler-Geßler, AktG, § 111 R n . 3 9 ; Lutter, I n f o r m a t i o n u n d Vertraulichkeit, § 9 1 1 (S.86); Steinbeck, Ü b e r w a chungspflicht, S. 129. 233 Hommelboff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 301. 234 LG Düsseldorf A G 1988, 386; Bauer, Organklagen, S . 1 1 5 f f . ; Bork, Z G R 1989, 1, 32f.; ders., ZIP 1991, 137, 141; Hommelboff, Z H R 143 (1979), 2 8 8 , 301; Lutter, I n f o r m a t i o n u n d Vertraulichkeit, § 5 (S.62ff.), insbes. § 5 II 1 c aa (S.70); Raiser, A G 1989, 185, 188; Steinbeck, Überwachungspflicht, S . 1 2 2 , 125, 191. 235 Bork, Z G R 1989, 1, 3 2 f . 236 Vgl. B a y O b L G AG 1968, 329, 330; Borgmann, Organstreit, S.216; Lewerenz, Leistungsklagen, S. 22; Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, S. 149f.; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1 , 1 6 . 237 Vgl. die in Fn. 133 G e n a n n t e n . 238 Bork, ZIP 1991, 137, 143.

596

§10

Organstreitigkeiten

für sich behält: D a n n könnten theoretisch sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrats auf Kenntnisnahme nach § 9 0 V A k t G klagen; das Gesamtorgan wäre Beklagter, obwohl alle seine Mitglieder bis auf eines (nämlich den Aufsichtsratsvorsitzenden) als Kläger auftreten. Konsequent ist der Aufsichtsratsvorsitzender auch richtiger Beklagter, wenn ein Aufsichtsratsmitglied nach § 1 7 0 III A k t G vom Prüfungsbericht Kenntnis nehmen w i l l 2 3 9 ; er ist es entgegen anderslautenden S t i m m e n 2 4 0 auch dann, wenn ein Aufsichtsratsmitglied bei Einsicht in jenen Bericht einen Sachverständigen zuziehen will und der Aufsichtsratsvorsitzende ihm dies verwehrt.

V I . D e r E i n f l u ß d e r N e u b e s e t z u n g v o n O r g a n e n w ä h r e n d des P r o z e s s e s Vorstand und Aufsichtsrat üben ihr Amt nur für begrenzte Zeit aus: Vorstandsmitglieder werden auf höchstens fünf J a h r e bestellt (§ 8 4 1 1 A k t G ) und unterliegen in dieser Zeit stets dem Risiko, aus wichtigem Grund, und sei es nur nach Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, abberufen zu werden (§ 8 4 III A k t G ) . Auch die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern darf sich nicht auf einen größeren Zeitraum als - grob gerechnet - fünf J a h r e beziehen (im einzelnen § 1 0 2 I 1 A k t G ) . Wenn sich ein gerichtlicher Auskunftsstreit in die Länge zieht, mag es geschehen, daß während des Prozesses ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats ausgetauscht wird; im Extremfall mag sogar ein Organ insgesamt neu besetzt werden. Es fragt sich, welchen Einfluß solche Veränderungen auf einen laufenden Auskunftsstreit haben.

1. Austausch

von Mitgliedern

des prozeßführenden

Kollegiums

Wer die Existenz von Organrechten und -pflichten leugnet und statt dessen die Mitglieder der Organe persönlich in die Pflicht nimmt, k o m m t an unangenehmen prozessualen Konsequenzen nicht vorbei. Wenn etwa die Vorstandsmitglieder persönlich verpflichtet wären, den Bericht nach § 9 0 III 1 A k t G zu erstatten, so müßte der Austausch eines von ihnen dazu führen, daß das neu eingetretene Mitglied separat verklagt 2 4 1 und die Hauptsache gegenüber dem ausgeschiedenen Mitglied für erledigt erklärt werden. Allenfalls mag man sich einen gewillkürten Parteiwechsel vorstellen, der aber nicht unbegrenzt zulässig i s t 2 4 2 . Im Extremfall wäre sogar denkbar, das ausgeschiedene Vorstandsmitglied nach § 2 6 5 Z P O weiter dem Prozeß zu verhaften; denn der Wechsel der Amtspersonen und der damit verbunWie hier Lewerenz, Leistungsklagen, S. 132f. Vgl. BGHZ 85, 2 9 3 , 295; Brandes, W M 1984, 289, 293; Flume, Die Juristische Person, § 11 V (S. 406f.); Hüffer, AktG, § 90 Rn. 21: Gesellschaft, nicht Aufsichtsratsvorsitzender als richtige Passivpartei. 2 4 1 So in der Tat Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 21. 2 4 2 Zu den Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels BGH NJW 1981, 989; Roth, N J W 1988, 2977ff. 239

240

B. Die Funktionengliederung

im

597

AG-Organisationsrecht

dene Wechsel des zur Information Verpflichteten ist ein Vorgang, der bei typisierender Betrachtungsweise als beliebig wiederholbar erscheint 2 4 3 und deshalb die entsprechende Anwendung der Vorschrift selbst dann rechtfertigen kann, wenn der Erwerb der materiellen Pflichtenstellung sich nicht auf eine rechtsgeschäftliche Verfügung zurückführen läßt, sondern auf originären Erwerb. So ist § 2 6 5 Z P O anwendbar, wenn das streitige Recht in der Zwangsvollstreckung

erworben

w i r d 2 4 4 ; Ähnliches würde hier gelten, weil das neue Vorstandsmitglied seine Pflichtenstellung nicht vom ausgeschiedenen ableitet, sondern es originär aus seiner Wahl bezieht. Indes wäre die Rechtsverfolgung gegen das ausgeschiedene Vorstandsmitglied zumindest rechtspraktisch nur die zweitbeste Lösung; denn dies Mitglied hat keinen Zugang mehr zu den Unterlagen, aus denen sich die gewünschten Informationen ergeben. D e r hier gewählte Ansatz hält demgegenüber eine wesentlich einfachere Problemlösung bereit 2 4 5 : Z u r Information ist der Vorstand als Organ gen

Zusammensetzung

in seiner

jeweili-

verpflichtet. Der Austausch eines oder mehrerer, selbst

sämtlicher Vorstandsmitglieder ändert daher an der Identität des Verpflichteten nichts: Verpflichtet ist nach wie vor der Vorstand

dieser

Gesellschaft.

Das Organ

währt als ein und dasselbe Subjekt von Organrechten so lange, wie die Gesellschaft selbst besteht. D a m i t erweist sich selbst beim Austausch sämtlicher Vorstandsmitglieder ein Parteiwechsel entbehrlich 2 4 6 : Der Vorstand bleibt als Beklagter Partei und ist auch als solcher weiterhin passivlegitimiert. Gewechselt haben lediglich diejenigen Amtspersonen, welche die Berichtspflicht für den Vorstand erfüllen müssen. Und selbst eine Unterbrechung des Prozesses nach den § § 2 3 9 f f . Z P O k o m m t nicht stets bei jedem Wechsel eines Organmitglieds in B e t r a c h t 2 4 7 , sondern allenfalls dann, wenn der Vorstand als Ganzes neu besetzt wird, etwa wenn sämtliche Vorstandsmitglieder abberufen werden oder ihrer aller Amtszeit geschlossen endet. Anknüpfungspunkt der Unterbrechung ist dann nicht § 2 3 9 Z P O 2 4 8 , da diese Vorschrift abermals einen Parteiwechsel voraussetzt, sondern § 2 4 1 Z P O : Die Situation bei vollständiger Neubesetzung des Vorstands ist dann vergleichbar mit dem Wegfall des gesetzlichen Vertreters. E b e n s o wie die prozeßunfähige Partei ohne gesetzlichen Vertreter handlungsunfähig wird, dieser aber erst neu bestellt werden m u ß , damit die Partei ihre R e c h t e wieder wahrnehmen k a n n , m u ß dann, wenn das Amt der gegenwärtigen Vorstandsmitglieder endet, ein neuer Vorstand bestellt werden, damit jemand für die Partei (nämlich das O r g a n ) handeln kann; bis dies geschieht, darf der Prozeß nicht fortgesetzt werden. Die gleichen Grundsätze gelten im Anfechtungsprozeß, wenn der Vorstand nach § 2 4 5

Zu diesem Kriterium für die Anwendung des § 2 6 5 ZPO oben § 2 K II 5. Dazu bereits oben § 2 K II 4 c. 2 4 5 Die prozessuale Zweckmäßigkeit des hier vertretenen Organstreitkonzepts betont auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 IV 2a (S.422). 243 244

246 247 248

So ausdrücklich Bork, ZIP 1991, 137, 140.

So aber Häsemeyer, So aber Häsemeyer,

ZHR 144 (1980), 265, 287. ZHR 144 (1980), 265, 287.

598

§10

Organstreitigkeiten

Nr. 4 AktG als Kläger auftritt: Der Austausch von Vorstandsmitgliedern begründet keinen Parteiwechsel 249 . Die Rechtsdurchsetzung wird nach alledem auf dem Boden der hier vertretenen Lehre vom Organrecht nicht vor zusätzliche Hindernisse gestellt: Zum einen ist ein Parteiwechsel oder gar ein gänzlich neuer Prozeß entbehrlich; zum anderen wird die Information immer gerade vom aktuell amtierenden Vorstand erteilt, der Zugang zu den einschlägigen Daten hat. Damit wird jene Lehre in besonderer Weise der zentralen Wertung gerecht, welche durchgängig die Handhabung gesellschaftsinterner Streitigkeiten beherrscht: Organe üben ihre Rechte im strikt vorrangigen Interesse der Gesellschaft aus. Konsequent sind die Parteirollen im Rechtsstreit so zuzuweisen, daß das Gesellschaftsinteresse möglichst unkompliziert durchgesetzt werden kann. Auch in diesem Punkt ist die Lehre vom Organrecht der h.L. überlegen. 2. Austausch des prozeßführenden

Einzelmitglieds

Schwieriger erscheint die Beurteilung der Prozeßlage, wenn ein einzelnes Mitglied während des von ihm geführten Organstreit ausgewechselt wird. So mag etwa ein Aufsichtsratsmitglied nach § 90 V AktG die Einsicht in den Vorstandsbericht begehren und während des Prozesses seine Amtszeit enden. Wird es sodann nicht wieder bestellt, sondern an seiner Stelle ein anderes, so könnte man das ausgeschiedene Mitglied nach § 265 ZPO als weiterhin prozeßführungsbefugt ansehen: Der Wechsel der Amtsstellung sei ein typischerweise beliebig wiederholbarer Vorgang, so daß der Informationsschuldner vor einem mehrfachen Wechsel der Klägerpartei geschützt werden müsse. Im Schrifttum tendiert man freilich eher zu einem Parteiwechsel 250 . Denkbar erscheint schließlich noch eine dritte Möglichkeit: Wie schon bei prozeßführenden Kollegialorganen ist auch beim Rechtsstreit von einzelnen Organmitgliedern die Organstellung als solche von der Person des Amtsinhabers zu trennen. Das Organmitglied macht Kompetenzrechte aus seiner Organstellung niemals für die eigene Person geltend, sondern für das Amt, das es bekleidet. Damit ist es nicht als Person, sondern als Organmitglied Partei. Diese Klarstellung ist deshalb von essentieller Bedeutung, weil sie die Position des Organmitglieds im Prozeß gegen sämtliche Veränderungen in dessen eigenem Privatvermögen abschirmt. So führt die persönliche Insolvenz eines Aufsichtsratsmitglieds nicht etwa dazu, daß der Prozeß nach § 240 ZPO unterbrochen wird, bis er nach § 85 InsO vom Insolvenzverwalter aufgenommen wird; denn die Verwaltungsbefugnis, um die das Organmitglied streitet, gehört nicht zur Insolvenzmasse, so daß sich auch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters hierauf nicht erstrecken kann. Dieser Befund ist für alle diejenigen Personen von Be249

Z u t r e f f e n d Ceßler-Hüffer, AktG, § 2 4 5 R n . 5 9 , 61; G r o ß k o m m A k t G - K . Schmidt, §245 R n . 3 3 ; A. Hueck, FS Bötticher, S . 1 9 7 , 2 0 5 ; M K - H ä f f e r , A k t G , § 2 4 5 R n . 6 3 ; M ü H d b G e s R IV/ Semler, § 4 1 R n . 6 1 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 118. 250 Lewerenz, Leistungsklagen, S. lOOf.

D. Durchsetzung

von

Zustimmungsvorbebalten

599

deutung, die kraft einer ihnen verliehenen Amts- oder Organstellung einen Rechtsstreit führen. So verklagt man im öffentlichen Recht „den Regierungspräsidenten", der als Beklagter selbst dann identisch bleibt, wenn die Person des Amtsinhabers wechselt 251 ; und ebenso wird der Prozeß für die Insolvenzmasse durch „den Insolvenzverwalter" geführt unabhängig davon, welche Person dies Amt bekleidet 2 5 2 . Das gleiche könnte man nun auch für ein einzelnes Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglied annehmen: Werde es ausgetauscht, so werde wie bisher die Klage erhoben durch bzw. gegen das Organmitglied. Dann müßte im Prozeß lediglich das Rubrum berichtigt werden; ein Parteiwechsel fände nicht statt. Diese Deutung verdient den Vorzug, wo das einzelne Organmitglied innerhalb des Organs eine abgrenzbare Funktion ausübt. Wird etwa der Aufsichtsratsvorsitzende nach § 90 V AktG auf Einsichtnahme in die Vorstandsberichte in Anspruch genommen und während des Prozesses ausgetauscht, so bleibt „der Aufsichtsratsvorsitzende" als Beklagter Partei ohne Rücksicht auf die Person, welche dies Amt innehat. Der Personalwechsel führt zu einer Berichtigung des Rubrums, nicht aber zu einem Parteiwechsel. Anders liegt es dagegen, wenn ein einfaches Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats einen Organstreit führt. Denn die Nachfolge in dies Amt ist einer eindeutigen personellen Zuordnung nicht immer zugänglich. Insbesondere dann, wenn der Aufsichtsrat als Ganzes neu besetzt wird, läßt sich nicht ausmachen, welches der neuen Mitglieder gerade an die Stelle des prozeßführenden getreten ist. In einem solchen Fall sind freilich ein Parteiwechsel oder die Anwendung des § 265 ZPO ebensowenig begründbar; denn hierfür müßte ebenfalls die Frage eindeutig geklärt werden, wer gerade an die Stelle des prozeßführenden Mitglieds getreten und damit fortan Partei ist bzw. für wen dies Mitglied fortan als gesetzlicher Prozeßstandschafter streitet. Das einfache Organmitglied läßt sich nicht in gleicher Weise wie ein Kollegialorgan als feststehender Funktionsträger definieren, welcher personelle Veränderungen im Prozeß überdauern könnte. Die Klage wird vielmehr mit Ausscheiden des Organmitglieds unbegründet; ggf. muß die Hauptsache für erledigt erklärt werden.

D. Durchsetzung

von

Zustimmungsvorbehalten

Der Aufsichtsrat kann nach § 1 1 1 I V 2 AktG einzelne Maßnahmen des Vorstandes ad hoc an seine Zustimmung binden; auch die Satzung kann eine solche Zustimmungspflicht vorsehen. In diesem Fall fragt sich, ob der Aufsichtsrat auf Unterlassung klagen kann, wenn der Vorstand die betreffende Maßnahme ohne die erforderliche Zustimmung ausführt.

251 252

Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S.41. Zutreffend Heintzmann, Prozeßführungsbefugnis, S . 4 1 .

600

§10

Organstreitigkeiten

I. A k t i e n r e c h t l i c h e K o m p e t e n z o r d n u n g als r e c h t s s c h u t z l o s e Z o n e ?

1. Der Ansatz Eine solche Klagemöglichkeit wird in der Literatur zum Teil mit der Begründung verneint, es bestehe hierfür kein Bedürfnis 2 5 3 ; denn der Aufsichtsrat, der zur Durchsetzung seiner Kompetenzen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müsse, gebe sich selbst der Lächerlichkeit preis 2 5 4 ; er habe seine fehlende Eignung bewiesen und gehöre schleunigst a b b e r u f e n 2 5 5 . Die Zubilligung von Klagemöglichkeiten störe die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsr a t 2 5 6 , weil eine gerichtliche Auseinandersetzung eher zur Perpetuierung der M i ß stimmung denn zur Entkrampfung des Verhältnisses zwischen Vorstand und Aufsichtsrat beitrage 2 5 7 . Der auf Unterlassung in Anspruch genommene Vorstand werde einen erheblichen Teil seiner Arbeitskraft der Verteidigung gegen die Klage widmen, die ihm fortan für die sorgfältige Führung des Gesellschaftsunternehmens fehle; werde er sodann verurteilt und im Vollstreckungswege in Ordnungshaft genommen, so drohe die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft 2 5 8 . D e r Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes entspreche es, daß er sich für sein Handeln erst nachträglich verantworten m ü s s e 2 5 9 . Die aktienrechtliche Kompetenzordnung sei nicht darauf eingerichtet, mit gerichtlicher Hilfe gegenüber den O r g a n e n durchgesetzt zu werden. Vielmehr sei das Machtgefüge so ausbalanciert, daß sich jedes O r g a n im R a h m e n seiner Kompetenzen entfalten k ö n n e 2 6 0 . Es sei nicht zu erwarten, daß die gerichtliche Entscheidung M a ß n a h m e n zutage fördere, welche dem Gesellschaftsinteresse besser dienten als die von Vorstand und Aufsichtsrat ins Auge g e f a ß t e n 2 6 1 ; Angelegenheiten der Geschäftsführung eigneten sich weder der F o r m nach noch in der Sache für eine gerichtliche Auseinandersetzung 2 6 2 . Setze sich der Vorstand wirklich über einen Zustimmungsvorbehalt hinweg und sei die Mehrheit im Aufsichtsrat nicht bereit, dies hinzunehmen, so könne die Konsequenz nur in der Entlassung des Vorstands b e s t e h e n 2 6 3 . Ein gerichtlich a n g e f o c h tener Organstreit berge das Risiko, daß das Gericht einen Kompetenzverstoß ver-

253 Baumbach-Zöllner, GmbHG, § 52 Rn. 67b; Borgmann, Organstreit, S.240f.; Brücher, AG 1989, 190, 191; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 28ff.; Noack, ZHR 162 (1998), 120, 122. 254 Littbarski, Rechtsschutz, S.187; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 33, letzterer im Zusammenhang mit Berichtsstreitigkeiten zwischen Gesamtaufsichtsrat und Vorstand; zustimmend Borgmann, Organstreit, S.239; Noack, ZHR 162 (1998), 239. 2 5 5 KK-Mertens, Vorb. §76 Rn.6. 256 Mertens, ZHR 154 (1990), 24,27; ähnlich Borgmann, Organstreit, S.238 für Berichtsstreitigkeiten zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. 257 Littbarski, Rechtsschutz, S. 160. 258 Brücher, AG 1989, 190, 192. 2 5 9 KK-Mertens, AktG, Vorb. § 76 Rn.6. 2 6 0 KK-Mertens, AktG, Vorb. § 76 Rn. 6; Littbarski, Rechtsschutz, S. 159. 261 Littbarski, Rechtsschutz, S. 160. 262 Martens, Aktionärsverhalten, S. 63, 64. 263 Borgmann, Organstreit, S.241; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 32.

D. Durchsetzung

von

Zustimmungsvorbehalten

601

neine; werde die Klage aus diesem Grunde abgewiesen, so erweise sie sich als eine unverzeihliche politische Dummheit 264 . Es nehme nicht wunder, daß gerichtliche Organstreitigkeiten zwischen Gesamtaufsichtsrat und Gesamtvorstand in der Praxis bisher nicht aufgetreten seien 265 . 2. Kritik Diese Auffassung bleibt die Einhaltung jeglicher methodischen lex artis schuldig; sie unternimmt nicht einmal im Ansatz den Versuch, die Rechtsstellung des Aufsichtsrats stringent aus dem vorgefundenen Normenbestand abzuleiten 266 . Mit der Begründung, für diesen Rechtsstreit bestehe kein Bedürfnis, läßt sich die Klage des Aufsichtsrats ganz gewiß nicht abweisen 267 ; ebensowenig mit der Begründung, der Aufsichtsrat begehe eine politische Dummheit oder mache sich lächerlich. Ob er das wirklich tun will, mag er selbst entscheiden; es ist nicht Aufgabe der Rechtslehre, ihm diese Entscheidung abzunehmen. Und ebenso ist es Aufgabe allein des Aufsichtsrats und nicht etwa der Rechtslehre zu entscheiden, ob nach abgeschlossenem Rechtsstreit noch eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Vorstand möglich ist 268 . Wenn in der Praxis Klagen nur selten erhoben werden, so mag dies gerade damit zusammenhängen, daß wegen ihrer fehlenden Anerkennung durch Rechtsprechung und Rechtslehre die Beteiligten das Prozeßrisiko gescheut haben; deshalb ist dieser Befund noch kein Indiz für ein fehlendes Bedürfnis 269 . Wenn die Anerkennung von Klagemöglichkeiten des Aufsichtsrats mit der Begründung verworfen wird, es werde das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Vorstand gestört, so wird der Aufsichtsrat einseitig in die Rolle des Störers gedrängt. Das ist schon deshalb abzulehnen, weil in aller Regel das Vertrauensverhältnis in dem Zeitpunkt, da sich der Aufsichtsrat zur Klage entschließt, bereits zerstört ist170. Ob der Aufsichtsrat oder der Vorstand für diese Zerstörung verantwortlich ist, steht vor Prozeßbeginn nicht fest. Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich davon ab, welches der beiden Organe das materielle Recht auf seiner Seite hat; eben dies soll der Prozeß gerade klären. Wenn sich der Vorstand über Zustimmungsvorbehalte hinwegsetzt, kann er mithin im Klagewege zur Unterlassung angehalten werden 271 . Das gilt gerade deshalb, weil der Gesetzgeber der Organisation der AG einen hohen Stellenwert eingeräumt und sie der satzungsautonomen Mertens, Z H R 154 (1990), 24, 32. Borgmann, Organstreit, S.239. 2 6 6 Aus diesem Grund mit Recht kritisch auch Poseck, DB 2 1 6 5 , 2166; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, S.98. 2 6 7 Zutreffend Bork, ZIP 1990, 1037, 1040. 2 6 8 Zutreffend Poseck, DB 1996, 2165, 2167; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 186. 2 6 9 Zutreffend Geißler, GmbHR 1998, 1114, 1119; ähnlich Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 12f. 2 7 0 Zutreffend Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 186. 2 7 1 Im Ergebnis wie hier auch Lewerenz, Leistungsklagen, S. 121; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 117; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 187f.; Teichmann, FS Mühl, S. 663, 671. 264 265

602

§10

Organstreitigkeiten

Gestaltung weitgehend entzogen hat: Die zwingende Zuständigkeitsordnung muß von denen, zu deren Nachteil sie verletzt wird, mit gerichtlicher Hilfe wieder hergestellt werden können 272 . Abermals geht es hier nicht um Rechte der Gesellschaft, welche der Aufsichtsrat in deren Namen geltend macht 273 , sondern um Rechte und Pflichten zwischen den Organen. Der Organstreit ist die notwendige Kehrseite einer Verbandsorganisation, welche die Verwaltung einer Körperschaft auf mehrere Organe mit kontrastierenden Aufgaben verteilt. Diese Kontraste, etwa der zwischen Geschäftsführung und deren Überwachung, sind auf mögliche Konflikte hin angelegt; diese können daher nicht von vornherein der richterlichen Streitentscheidung entzogen sein 274 . Mit Recht ist gerade im Zusammenhang mit § 111 IV 2 AktG darauf hingewiesen worden, daß die Gewaltenteilung in der AG ohne die Option gerichtlichen Kompetenzschutzes nicht funktionieren kann 275 . Im übrigen wird der rechtliche Blickwinkel verkürzt, wenn die Frage des praktischen Bedürfnisses nur auf Rechtsstreitigkeiten zwischen den Kollegialorganen Vorstand und Aufsichtsrat bezogen wird. Gewiß führt die Anerkennung von Klagebefugnissen aus Anlaß eines Zustimmungsvorbehalts zunächst dazu, daß das Kollegialorgan als solches gerichtlichen Kompetenzschutz begehren kann; es kann m.a.W. der Gesamtaufsichtsrat im Wege der Leistungsklage vom Vorstand Unterlassung der Maßnahme verlangen, zu der die Zustimmung verweigert wurde 276 . Darüber hinaus ist aber die Existenz von Klagemöglichkeiten eines Organs gegen das andere Voraussetzung für daraus abgeleitete Klagebefugnisse einzelner Organmitglieder, für die sehr wohl ein praktisches Bedürfnis bestehen kann 2 7 7 , wenn sich etwa der Aufsichtsrat mehrheitlich gegen einen rechtlich gebotenen Zustimmungsvorbehalt sperrt 278 :

II. Das Gedankengut der Kompetenzschutzklage 1. Subjektives

Recht oder

Ersatzaufsicht?

Die hier angestellten Überlegungen zur mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzklage 279 haben zu dem Ergebnis geführt, daß ein Verbandsmitglied die Kompetenzschutzklage unter zweierlei rechtlichen Gesichtspunkten erheben kann: Zum einen gehört zu den Mitgliedsrechten ein subjektives Recht auf EntscheidungsteilhaZutreffend Teicbmann, FS Mühl, S.663, 671. So aber Lewerenz, Leistungsklagen, S. 121; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 9. 2 7 4 Zutreffend GK-Naendrup, MitbestG, § 2 5 Rn.219; Landrock, Innenrechtsstreit, S.74f. 275 Poseck, DB 1995, 2165, 2167. 2 7 6 Vgl. Bauer, Organklagen, S.98f.; Bork, Z G R 1989, 1, 19; Hachenburg-Raiser, GmbHG, § 5 2 Rn.235; Pflugradt, Leistungsklagen, S.125; Raiser, ZGR 1989, 44, 60f.; ders., AG 1989, 185, 188; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 192f.; Teicbmann, FS Mühl, S.663, 671 f. 2 7 7 Ein solches Bedürfnis bejahen zu Recht Bauer, Organklagen, S. 21 f.; Pflugradt, Leistungsklagen, S.57ff. 2 7 8 Zu dieser Konstellation unten E. 2 7 9 Oben § 1 B V. 272

273

D. Durchsetzung

von

Zustimmungsvorbehalten

603

be; dies Recht impliziert einen eigenen Anspruch jedes einzelnen Mitglieds darauf, daß das Entscheidungsergebnis in die Tat umgesetzt wird. Dies subjektive Teilhaberecht wird zum anderen unterstützt durch ein Ersatzaufsichtsrecht des Mitglieds, welches dem Organisationsrecht des Verbands entspringt und dem Aktionär als Organrecht einen Anspruch auf Befolgung des Beschlossenen für den Fall einräumt, daß die zuständigen Organe es versäumen, die Kompetenzordnung mit Hilfe der rechtlich zu Gebote stehenden Aufsichtsmittel durchzusetzen. Der subjektivrechtliche Einschlag des Befolgungsanspruchs läßt sich für ein Aufsichtsratsmitglied gewiß nicht belegen: Dessen Mitwirkungsrecht ist ein rein fremdnütziges, ein Organrecht. Gerade deshalb aber kommt die zweite, im Organisationsrecht des Verbandes verankerte Säule des Befolgungsanspruchs zum Tragen: Gerade weil die Kompetenzordnung eine ganz wesentliche institutionelle Voraussetzung für inhaltlich angemessene Sachentscheidungen ist, ist dem Gesetzgeber besonders an ihrer Einhaltung gelegen; versäumt es das Organ Aufsichtsrat einzuschreiten, wenn seine Zuständigkeit vom Vorstand mißachtet wird, so liegt es konsequent am einzelnen Aufsichtsratsmitglied, im Wege der Ersatzaufsicht einzuschreiten und selbst im Klagewege die Unterlassung der Maßnahme zu begehren. Es handelt sich hierbei, in Gegenüberstellung zu der in § 1 dieser Arbeit behandelten mitgliedschaftlichen, um eine organschaftliche Kompetenzschutzklage. Dem Aufsichtsratsmitglied steht ein eigener Anspruch auf Unterlassung zu 280 - dies freilich nicht im Sinne eines subjektiven, sondern wiederum nur eines Organrechts. 2. Subsidiäres

Klagerecht

Zweifelhaft kann nur sein, in welchem Rangverhältnis der Kompetenzschutzanspruch des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zu demjenigen des Gesamtaufsichtsrats steht. Für den Bereich der mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzklage stellte sich das Problem nicht; denn das Recht auf Entscheidungsteilhabe ist dort subjektives Recht und entsteht konsequent sofort immer dann, wenn der Vorstand die Beschlußlage in der Hauptversammlung mißachtet, und nicht erst dann, wenn der Aufsichtsrat es versäumt, dagegen einzuschreiten. Das Mitwirkungsrecht des Aufsichtsratsmitglieds ist dagegen als fremdnütziges Organrecht konzipiert; konsequent ist seine prozessuale Verwirklichung wesentlich enger in den Kontext der Verbandsorganisation eingebunden: In erster Linie ist es Sache des Gesamtaufsichtsrats, die Verletzung seiner Zuständigkeit zu korrigieren. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied muß sich konsequent bei auftretenden Kompetenzkonflikten zunächst um ein Einschreiten des Gesamtaufsichtsrats bemühen; erst wenn es damit nicht durchdringt, kann es selbst klagen. Sind jedoch diese Voraussetzungen der Einzelklage gegeben, so handelt es sich um eine Klage aus eigenem (Organ-) Recht und nicht etwa um eine Klage in Prozeßstandschaft für das Gesamtorgan. 280

S. 90.

Vgl. Bauer, O r g a n k l a g e n , S. 99; Bork, Z G R 1989, 1 , 1 9 ; Schulz-Gardyan,

Aktionärsklage,

604

§10

Organstreitigkeiten

Dies zu betonen besteht deshalb besonderer Anlaß, weil an früherer Stelle in dieser Arbeit 281 für einen anderen Fall subsidiärer Klagebefugnis, nämlich für die actio pro socio auf Erfüllung mitgliedschaftlicher Leistungspflichten, mit Entschiedenheit dafür plädiert wurde, diese Klage als eine solche aus fremdem Recht, nämlich dem Recht der Gesellschaft zu begreifen. Das ist bei der actio pro socio deshalb zutreffend, weil die korrespondierenden Leistungsansprüche der Gesellschaft zustehen. Bei der Klage des Aufsichtsratsmitglieds wegen Zuständigkeitsverletzung geht es dagegen immer auch um die Verletzung eines eigenen Mitwirkungsrechts, das dem Aufsichtsratsmitglied individuell zugewiesen ist - wenn auch eben nicht als subjektives, sondern als Organrecht. Der Kompetenzschutzanspruch des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds teilt die Rechtsnatur dessen des Gesamtaufsichtsrats: Es handelt sich um einen Befolgungsanspruch des in § 1 dieser Arbeit näher umschriebenen Inhalts, mithin um einen (als Organrecht zugewiesenen) Erfüllungsanspruch. 3. Der Gegner des organschaftlichen

Befolgungsanspruchs

Anspruchsgegwer ist, anders als bei der mitgliedschaftlichen Kompetenzschutzklage, nicht die Gesellschaft, sondern der Vorstand als Gesamtorgan-, denn ebenso wie der Aufsichtsrat ein eigenes Organ recht darauf hat, daß der Vorstand sich nicht über seine Mitentscheidungsbefugnisse hinwegsetzt, ist dessen korrespondierende Pflicht eine eigene Organpflicht. Die Gesellschaft scheidet als Anspruchsgegner aus den gleichen Gründen aus wie beim Auskunftsstreit: Dem Aufsichtsrat steht kein um seiner selbst willen geschütztes Interesse an der Beachtung seiner Kompetenzen zu; die Zuständigkeitsordnung besteht allein im Interesse der Gesellschaft. Damit verträgt es sich nicht, die Gesellschaft als zur Wahrung jener Kompetenzen Verpflichtete anzusehen; sie ist sowohl gegenüber dem Vorstand als auch gegenüber dem Aufsichtsrat Gläubigerin des Anspruchs auf Einhaltung der Kompetenzordnung und kann daher nicht ihrerseits hierzu verpflichtet sein (Konfusionsargument). Hierin manifestiert sich der Unterschied in der Rechtsstellung von Aufsichtsratsmitglied einerseits, Verbandsmitglied andererseits: Die Mitentscheidungsbefugnis des letzteren ist ein subjektives Recht, das im mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis zum Verband wurzelt und sich gegen diesen richtet; dem Aufsichtsratsmitglied steht ein solches Recht nicht zu, da es ausschließlich dem Verband verpflichtet ist. Ein Recht auf ungestörte Kompetenzausübung kann daher nicht gegenüber dem Verband, sondern nur - letztlich im Interesse des Verbandes - gegenüber denjenigen Personen bestehen, welche jene Ausübung stören.

281

Oben § 2 B.

E. Die Aufsichtsratsminderheit

im Kampf gegen die

E. Die Aufsichtsratsminderbeit Aufsichtsratsmebrbeit

Aufsichtsratsmehrheit

im Kampf gegen

und den

605

die

Vorstand

Nicht selten kommt es vor, daß die Mehrheit im Aufsichtsrat mit den Plänen des Vorstandes einverstanden ist, aber eine Minderheit hiergegen opponiert und ihre Position vor Gericht zur Geltung bringen will. Bekannt geworden sind insoweit die folgenden Fälle:

I. Der Fall Feiten & Guilleaume In einem vom LG Köln entschiedenen Fall 2 8 2 war der Aufsichtsrat der Feiten ÖC Guilleaume AG mit 6 Anteilseigner- und 3 Arbeitnehmervertretern besetzt. Die AG hatte außerdem einen sog. Aktivitätsausschuß gebildet, dessen Mitglieder von den beiden Hauptaktionären entsandt wurden, welche zusammen 7 0 % des Grundkapitals hielten. Der Ausschuß amtierte ohne Grundlage in der Satzung. Der Kläger, einer der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, begehrte die Untersagung bestimmter Formen des Zusammenwirkens zwischen Vorstand und Aktivitätsausschuß. Z u r Begründung trug er vor, in der Sache überwache dieser Ausschuß anstelle des Aufsichtsrats die Geschäftsführung, womit die Mitbestimmung umgangen werde. Die Bedenken des Klägers waren in der Sache nicht von der H a n d zu weisen; sie fanden nachdrückliche Unterstützung in der Anschlußliteratur zum hier besprochenen Urteil 2 8 3 .

II. Der Fall A d a m Opel In einem vom BGH entschiedenen Fall 2 8 4 beabsichtigte der Vorstand der deutschen Adam Opel AG, einer 100%igen Tochter der amerikanischen General M o t o r s Company (GMC), auf deren Veranlassung, die gesamte Datenerfassung und -Verarbeitung auf die EDS Deutschland G m b H auszulagern. Die EDS Deutschland war von ihrer gleichnamigen amerikanischen Muttergesellschaft gegründet worden; die EDS USA gehörte wiederum zu 1 0 0 % der G M C . Das konzernstrategische Ziel der G M C bestand darin, die EDV ihrer weltweiten Konzernunternehmen zu vereinheitlichen und dadurch erhebliche Geldsummen einzusparen. Der Aufsichtsrat der Adam Opel AG wurde von diesem Vorhaben unterrichtet. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat scheiterten dort mit ihrem Antrag, der Aufsichtsrat möge die Mißbilligung dieser M a ß n a h m e beschließen, am entgegenstehenden Votum der Anteilseignervertreter. Die Arbeitnehmervertreter erhoben daraufhin Klage gegen Vorstand und Gesellschaft mit der Begründung, durch die Auslagerung der EDV sei der Vorstand seiner Fähigkeit beraubt, das Unternehmen eigenverantwortlich zu leiten; er könne konsequent auch seinen Berichtspflichten über das Unternehmen nach § 9 0 AktG nicht mehr nachkommen, weil ihm der Zugriff auf die Unternehmensdaten verwehrt sei. Damit werde 282

LG Köln AG 1976, 329. AG 1976, 330, 331; Immenga, ZGR 1977, 249, 266f.; Landrock, InHommelhoff/Timm, nenrechtsstreit, S.225. 284 BGHZ 106, 54. 283

606

§10

Organstreitigkeiten

der Aufsichtsrat in der Wahrnehmung seiner Überwachungsaufgabe erheblich beeinträchtigt. Die Arbeitnehmervertreter verlangten daher, die Ausgliederung der EDV sowie die Weitergabe jeglicher Personaldaten an Stellen außerhalb des Unternehmens zu unterlassen. In der Sache sprach auch hier viel dafür, daß die Arbeitnehmervertreter recht hatten 2 8 5 .

III. D e r Fall A R A G / G a r m e n b e c k Schließlich hatte der BGH über den folgenden Sachverhalt zu befinden 2 8 6 : Die ARAG Finanz BV, eine 100%ige niederländische Tochter der deutschen ARAG AG, trat in Geschäftsbeziehungen zur englischen Garmenbeck Ltd. Diese nahm Kapital zu Zinsen auf, die erheblich über dem Kapitalmarktniveau lagen, und gewährte ihrerseits unterhalb des marktüblichen Zinses liegende Billigkredite. Die Verluste aus dieser Geschäftstätigkeit wurden für einen gewissen Zeitraum durch Ausweitung des Geschäftsumfangs nach Art eines Schneeballsystems aufgefangen; Anfang 1990 brach die Garmenbeck-Gruppe endgültig zusammen. Die ARAG Finanz BV hatte der Garmenbeck Ltd. einen ungesicherten Kredit gewährt. Die Kreditsumme refinanzierte sie, indem sie ihrerseits einen Bankkredit aufnahm, welchen die ARAG AG mittels einer harten Patronatserklärung besicherte. Die ARAG Finanz BV fiel mit ihrer Darlehensforderung gegen die Garmenbeck Ltd. aus. Sie konnte daher ihrerseits ihren Verpflichtungen gegenüber der Bank nicht nachkommen. Die Bank nahm daher die ARAG AG aus der Patronatserklärung in Anspruch. Die ARAG AG zahlte daraufhin einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe an die Bank. Der Aufsichtsrat der ARAG AG lehnte es mehrheitlich ab, den Vorstand aufgrund dieses Geschäfts nach § 93 AktG auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Die Kläger, Aufsichtsratsmitglieder der ARAG AG, begehrten die Feststellung, daß der Beschluß, durch den die Einforderung abgelehnt worden war, nichtig sei.

IV.

Problemstellung

K o n s t e l l a t i o n e n dieser Art erlangen vornehmlich Bedeutung in m i t b e s t i m m t e n Aufsichtsräten und werden dort von Arbeitnehmervertretern initiiert 2 8 7 . Im Fall A R A G / G a r m e n b e c k klagten freilich zwei Anteilseignervertreter 2 8 8 . In den Fällen Feiten & Guilleaume und A d a m O p e l erblickten die Arbeitnehmervertreter in den von ihnen beanstandeten M a ß n a h m e n einen V e r s t o ß gegen das recht

in institutioneller

H i n s i c h t die U b e r w a c h u n g s a u f g a b e des Aufsichtsrats als solche.

D e m g e g e n ü b e r ging es im Fall A R A G / G a r m e n b e c k um materiell schäfte

Organisations-

der Aktiengesellschaft: Die Vorstandspläne gefährdeten ihrer Ansicht nach

für das Gesellschaftsvermögen.

schädliche

Ge-

D e r Fall wurde entschieden, als der Scha-

den bereits eingetreten w a r ; Streitgegenstand des Prozesses w a r eine B e s c h l u ß m ä n 2 8 5 Ebenso Raiser, ZGR 1989, 44, 45; ders., AG 1989, 185, 186. Anders aber LG Darmstadt ZIP 1986, 1389, 1392. 2 8 6 BGHZ 135, 244. 2 8 7 Vgl. Raiser, ZGR 1989, 44, 47. 2 8 8 Vgl. Noack, DZWiR 1994, 341, 342.

E. Die Aufsichtsratsminderheit

im Kampf gegen die

Aufsichtsratsmehrheit

607

gelklage einzelner Aufsichtsratsmitglieder. Der Sachverhalt gewinnt jedoch Bedeutung auch für den Fall des Organstreits, wenn man ihn in den Status vor Abgabe der harten Patronatserklärung zurückversetzt und sich vorstellt, die Kläger hätten gegen das Votum der Aufsichtsratsmehrheit bereits die Abgabe jener Erklärung durch den Vorstand zu verhindern gesucht.

V. Meinungsstand Im Fall Adam Opel ließ sich der BGH nicht auf eine Prüfung der Frage ein, ob die Arbeitnehmervertreter in der Sache recht hatten. Vielmehr wies er die Klage mit dem Argument ab, es gehe nicht an, daß Streitigkeiten im Aufsichtsrat vor Gericht auf dem Umweg über den Vorstand ausgetragen würden 289 . Die Kläger seien gehalten, zunächst die Wirksamkeit des im Aufsichtsrat gefaßten Zustimmungsbeschlusses gerichtlich überprüfen zu lassen 290 . Im Fall Feiten & Guilleaume beschied das LG Köln den Kläger mit dem Bemerken, die Überwachungsaufgabe sei dem Aufsichtsrat als Kollegium übertragen; ohne besonderen Auftrag sei ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied zur Überwachung weder verpflichtet noch mit entsprechenden Rechten ausgestattet. Eine individuelle Klagemöglichkeit sei allenfalls denkbar, wenn das Aufsichtsratsmitglied durch sittenwidrige vorsätzliche Schädigung in seiner Amtsausübung behindert werde; ein solcher Sachverhalt liege aber hier nicht vor 2 9 1 . In der Lehre wird zum Teil wenigstens eine Klage des Gesamtaufsichtsrats 292 , vereinzelt auch der Gesellschaft 293 , gegen den Vorstand für zulässig befunden, aber nicht gesagt, ob und ggf. wie ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied diese Klage soll erzwingen können. Vereinzelt wird dem Aufsichtsratsmitglied die Befugnis zur Erhebung einer Feststellungsklage eingeräumt, mit deren Hilfe nachträglich geklärt werden könne, ob das Handeln des Vorstands rechtmäßig gewesen sei; vorbeugende Klagemöglichkeiten seien dagegen kategorisch abzulehnen 294 . Andere Autoren reden dagegen einer präventiven Einzelklagebefugnis des Aufsichtsratsmitglieds das Wort 2 9 5 .

2 8 9 B G H Z 106, 54, 66. Zustimmend insoweit Binge, Gesellschafterklagen, S . 7 8 ; Bork, ZIP 1990, 1037, 1040; Deckert, AG 1994, 4 5 7 , 4 6 1 ; KK-Mertens, AktG, § 111 R n . 5 7 ; Raiser, AG 1989, 185, 190; Scholz-Schneider, GmbHG, § 5 2 R n . 3 1 1 a ; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 18; gegen die Klagemöglichkeit einzelner Aufsichtsratsmitglieder auch Kort, AG 1 9 8 7 , 1 9 3 , 1 9 7 f . 2 9 0 B G H Z 106, 54, 67; ebenso Bork, Z G R 1989, 1, 40ff.; KK-Mertens, AktG, § 111 R n . 3 7 ; Raiser, Z G R 1989, 4 4 , 66ff.; ders., in Hachenburg, GmbHG, § 5 2 R n . 2 3 6 . 2 9 1 LG Köln AG 1976, 3 2 9 . Im Ergebnis zustimmend Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 115f. 2 9 2 Vgl. bereits oben D I 2 bei F n . 2 7 6 ; speziell für den Fall Adam Opel ebenso Raiser, ZGR 1989, 4 4 , 58ff.; ders., AG 1989, 185, 188. 293 Baumbach/Hueck, AktG, § 82 Rn. 14. 294 Borgmann, Organstreit, S.230ff. 2 9 5 GK-Naendrup, MitbestG, § 2 5 R n . 2 2 1 ; Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330, 3 3 3 ; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 129f.

608

§10

Organstreitigkeiten

VI. Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung An der Ansicht des BGH ist richtig, daß präventive Klagerechte von Aufsichtsratsmitgliedern nicht ohne Rücksicht auf die Beschlußlage im Aufsichtsrat gewährt werden können. Hat nämlich der Aufsichtsrat einer Maßnahme des Vorstands zugestimmt, so ist seine Kompetenz beachtet worden und für Kompetenzschutzansprüche einzelner Aufsichtsratsmitglieder folglich kein Raum. Es ist daher zutreffend, wenn betont wird, das klagewillige Aufsichtsratsmitglied müsse zuerst innerhalb des Aufsichtsrats die Beschlußlage klären 296 . Offenbar neigt aber der BGH außerdem dazu, daß ein Aufsichtsratsmitglied, das die von der Mehrheit gebilligte Vorstandsmaßnahme verhindern will, zwei Prozesse führen muß, nämlich zunächst einen Rechtsstreit um den Aufsichtsratsbeschluß und, wenn dieser erfolgreich geführt wurde, einen weiteren gegen den Vorstand - wobei völlig offengelassen wird, ob und auf welcher Grundlage die Klagemöglichkeit gegen das Vorstandsmitglied gegeben sein könnte. Auf dem Boden seiner Ansicht, daß fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse ipso iure nichtig sind 297 , erscheint diese Auffassung freilich wenig folgerichtig: Dann müßte es auch möglich sein, die Nichtigkeit des Beschlusses inzident im Rahmen einer gegen den Vorstand erhobenen Klage gerichtlich prüfen zu lassen. Die bisherigen Ergebnisse der hier vorgelegten Untersuchung geben denn auch Anlaß, der Position des BGH nachdrückliche Skepsis entgegenzubringen: Da die Organtätigkeit im Aufsichtsrat und im Vorstand allein dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet ist, liegt die aus dem Zweckverfolgungsgedanken hergeleitete prozessuale Folgerung nahe, daß der Streit in einem Prozeß entschieden werden muß. Und eben dies läßt sich in der Tat auch für die eingangs geschilderten Fälle begründen:

VII. Das Kompetenzschutzinteresse des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds 1. Ausgangspunkt: Beschlußmängelklage Zustimmungsverweigerung

zur Erzwingung

der

Wie gezeigt werde konnte 2 9 8 , steht dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied analog § 243 I AktG die Anfechtungsklage gegen fehlerhafte Beschlüsse zu. Diese ist gegen die Gesellschaft zu richten und führt im Falle ihres Erfolgs zur Nichtigerklärung des Beschlusses. Leidet der Beschluß an einem in §241 AktG aufgeführten Mangel, so ist analog § 249 AktG die Nichtigkeitsklage statthaft, welche ebenfalls gegen die Gesellschaft zu erheben ist. Der so gewährleistete Rechtsschutz wird wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der § § 241 ff. AktG komplettiert durch die

296 297 298

Vgl. außer den in F n . 2 9 0 G e n a n n t e n Poseck, DB 1996, 2 1 6 5 , 2 1 6 8 f . Nachweise oben A I. O b e n A II, III.

E. Die Aufsichtsratsminderheit

im Kampf gegen die

Aufsichtsratsmehrheit

609

sog. positive Beschlußfeststellungsklage199-. Ein Aufsichtsratsmitglied kann, wenn es der Meinung ist, ein Beschlußantrag sei pflichtwidrig abgelehnt worden, diese Klage erheben mit dem Ziel, den pflichtgemäß zu fassenden Beschluß feststellen zu lassen. Für den Streit um rechtswidrige Hauptversammlungsbeschlüsse wurde hier ausgeführt 300 , daß ein positives Beschlußfeststellungsurteil den rechtswidrigen ablehnenden durch den gebotenen zustimmenden Beschluß ersetzt, obwohl die Stimmen, die den Ablehnungsbeschluß getragen haben, ungeachtet ihrer Pflichtwidrigkeit wirksam sind. Das zentrale Argument hierfür wurde darin gesehen, daß bei Ubereinstimmung aller Aktionäre ein Beschluß selbst dann rechtmäßig ist, wenn er gegen das Gesellschaftsinteresse verstößt, und deshalb nicht die Einzelstimme unvermittelt als nichtig verworfen werden kann. Diese Überlegung gilt für Aufsichtsratsbeschlüsse nicht; selbst ein einstimmiger Aufsichtsratsbeschluß ist rechtswidrig, wenn er den Interessen der Gesellschaft zuwiderläuft. Andererseits gilt auch hier, daß die Nichtigkeit pflichtwidriger Stimmen im Aufsichtsrat sich nicht ohne weiteres auf „allgemeine Rechtsgrundsätze" stützen läßt. Vor allem würde das Kollegialitätsprinzip verletzt, wenn man dem Aufsichtsratsvorsitzenden gestattete, bei der Feststellung des Beschlußergebnisses Stimmen einzelner Aufsichtsratsmitglieder als angeblich pflichtwidrig zu ignorieren, was aber unvermeidliche Konsequenz wäre, wenn man die pflichtwidrige Stimme für nichtig erachtete. Auch die Stimme eines Aufsichtsratsmitglieds ist folglich selbst dann wirksam, wenn sie pflichtwidrig abgegeben wird. Doch steht dies der Anerkennung einer positiven Beschlußfeststellungsklage im Aufsichtsrat entgegen vereinzelter Kritik im Schrifttum 301 nicht entgegen; denn wie gezeigt, vermag sich das stattgebende Urteil selbst über wirksame Stimmen hinwegzusetzen. Gewiß darf auf diesem Wege keine allgemeine Verhaltenskontrolle des Vorstands etabliert werden 302 . Doch sind, auch nach Ansicht des BGH 303 , durchaus Fallgestaltungen denkbar, in denen der Aufsichtsrat im Interesse der Gesellschaft gehalten ist, eine Maßnahme des Vorstands einem ad-hoc-Zustimmungsvorbehalt zu unterwerfen und diese Zustimmung zu verweigern; das unternehmerische Ermessen des Aufsichtsrats kann sich insoweit auf Null reduzieren. Ein Einschreiten wird vor allem bei schweren Rechtsbrüchen des Vorstands geboten sein 304 . In gleicher Weise steht dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied, wenn das Kollegium eine 299

Für die Zulassung der positiven Beschlußfeststellungsklage im K o n t e x t aktienrechtlicher Aufsichtsratsbeschlüsse zutreffend O L G H a m b u r g DB 1 9 9 2 , 774, 7 7 5 ; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 186. 300 O b e n § 5 F II 4 c. 301 K K - M e r t e n s , A k t G , § 108 R n . 9 2 . 302 Insoweit richtig Geißler, G m b H R 1998, 1114, 1120. 303 B G H Z 124, 111, 127; vgl. auch Brandes, W M 1994, 2 1 7 7 , 2 1 8 3 ; KK-Mertens, AktG, § 108 Rn. 80; Kropff Z G R 1994, 628, 643; Martens, Z H R 159 (1995), 567, 5 7 8 . 304 Kaiser, Z G R 1989, 4 4 , 6 4 f . Ähnlich KK-Mertens, A k t G , § 108 R n . 8 1 : Z u s t i m m u n g s b e schluß ist fehlerhaft, w e n n V o r s t a n d s m a ß n a h m e offensichtlich rechtswidrig. Generell für Interventionspflicht des Aufsichtsrats bei gesetzes- oder satzungswidrigen V o r s t a n d s m a ß n a h m e n Schön, J Z 1994, 6 8 4 , 685.

610

§10

Organstreitigkeiten

Beschlußfassung überhaupt verweigert (indem etwa der Beschlußantrag mehrheitlich von der Tagesordnung abgesetzt wird), die hier entwickelte 305 beschlußersetzende Gestaltungsklage zur Verfügung, um einen Beschluß, der, obwohl rechtlich geboten, nicht gefaßt worden ist, gerichtlich zu erzwingen 306 . Ein Eingriff in die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats kann hierin nicht erblickt werden 307 , solange man sich nur darauf besinnt, daß die Erzwingung eines Beschlusses auf diesem Wege nur dann in Betracht kommt, wenn es zum Einschreiten via Zustimmungsvorbehalt keine Alternative gibt (Ermessensreduktion auf Null) oder wenn einzelne Aufsichtsratsmitglieder ein Einschreiten des Aufsichtsrats aus sachwidrigen Gründen blockiert haben, deswegen bei einer erneuten Abstimmung zur Stimmenthaltung verpflichtet wären und unter den übrigen, ermessensgerecht abstimmenden Mitgliedern eine Mehrheit für das Einschreiten votiert. Es sind dies die gleichen Voraussetzungen, unter denen auch bei Gesellschafterbeschlüssen eine positive Beschlußfeststellungsklage begründet ist 3 0 8 . Sobald es dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied gelungen ist, einen Zustimmungsvorbehalt zu erzwingen und/oder einen etwaigen Zustimmungsbeschluß zu beseitigen, steht ihm als Organrecht ein Anspruch gegen den Vorstand auf Unterlassung der Maßnahme zu; es handelt sich hierbei um den bereits soeben 3 0 9 herausgearbeiteten organschaftlichen Kompetenzschutzanspruch. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied kann gegen die Maßnahme des Vorstands nach Nichtigerklärung des Zustimmungsbeschlusses ebenso vorgehen wie ein Aktionär, der mit Erfolg einen Hauptversammlungsbeschluß angefochten hat, wonach der Vorstand eine bestimmte Handlung vornehmen soll 3 1 0 . Wie das Aufsichtsratsmitglied im einzelnen prozessual vorzugehen hat, hängt nun davon ab, ob der Zustimmungsvorbehalt schon kraft Satzung existiert oder erst ad hoc angeordnet werden muß und von der Mehrheit im Aufsichtsrat verweigert wird:

Vgl. oben § 7 E III. 306 pjj r e j n e Verpflichtungsklage" eines Aufsichtsratsmitglieds gegen die übrigen mit dem Ziel, entsprechenden Beschlüssen zuzustimmen, im Ansatz bereits Raiser, Z G R 1989, 4 4 , 68f. Es bedarf hierzu nicht der Fiktion eines angreifbaren Ablehnungsbeschlusses (so aber noch Lutter/ Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 3. Aufl. 1 9 9 3 , R n . 4 3 - in 4. Aufl. nicht mehr enthalten). Vielmehr steht bei Verweigerung eines Sachbeschlusses die beschlußersetzende Gestaltungsklage auch ohne einen solchen Beschluß zur Verfügung (oben § 7 E III 3 a, c). 5 0 7 So aber Borgmann, Organstreit, S.225f.; Noack, DZWiR 1994, 341, 343, die aus diesem Grund die positive Beschlußfeststellungsklage im Kontext von Aufsichtsratsbeschlüssen nicht zum Zuge kommen lassen wollen. Ähnlich befürchtet Rellermeyer, Z G R 1993, 77, 99f. einen Eingriff in die Willensbildung der Gesellschaft, wenn man die Unterlassungsklage eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zulasse. 3 0 8 Dazu ausführlich oben § 5 F IV. 3 0 9 D II. 3 1 0 Diese Parallele wird bereits angedeutet von GK-Naendrup, MitbestG, § 2 5 R n . 2 2 1 . 305

E. Die Aufsichtsratsminderheit

2. Das Vorgehen bei statutarischem

im Kampf

gegen die Aufsichtsratsmehrheit

611

Zustimmungsvorbehalt

Wenn der Zustimmungsvorbehalt schon in der Satzung verankert ist, genügt es, wenn das dissentierende Aufsichtsratsmitglied Anfechtungsklage erhebt. Hat diese Klage Erfolg, so ist ein Zustimmungsbeschluß nicht gefaßt; die Maßnahme des Vorstands hat zu unterbleiben. Hierauf hat, wie gesehen 311 , das einzelne Aufsichtsratsmitglied (in Gestalt eines hier sog. Organrechts) einen Anspruch. Diesen Anspruch kann das Aufsichtsratsmitglied sodann mit Hilfe der organschaftlichen Kompetenzschutzklage durchsetzen. 3. Das Vorgehen bei

ad-hoc-Zustimmungsvorbehalt

Wenn der Zustimmungsvorbehalt erst ad hoc angeordnet werden muß, wird der Aufsichtsrat, der die Maßnahme des Vorstands billigt, in aller Regel keinen Anlaß sehen, einen solchen Vorbehalt zu beschließen - einverstanden ist er ohnehin. Hier reicht die bloße Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluß nicht aus; denn da die Zustimmung des Aufsichtsrats ohne Zustimmungsvorbehalt nicht erforderlich ist, kann der Vorstand die Maßnahme auch eigenmächtig durchführen, ohne sich dem Vorwurf kompetenzwidrigen Handelns auszusetzen. Vielmehr muß das dissentierende Aufsichtsratsmitglied die Anfechtungsklage mit einer positiven Beschlußfeststellungsklage (oder, falls eine Beschlußfassung überhaupt verweigert wird, mit einer beschlußersetzenden Gestaltungsklage) verbinden: Es muß die „Feststellung" 312 begehren, es sei ein Zustimmungsvorbehalt beschlossen worden. Im Erfolgsfalle führt diese Feststellung in Verbindung mit der Nichtigerklärung des gefaßten Zustimmungsbeschlusses dazu, daß die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats fehlt und das Aufsichtsratsmitglied im Wege einer Klage gegen den Vorstand Unterlassung begehren kann. 4. Das Problem

der Eventualklage

gegen

Dritte

Die Unterlassungsklage gegen den Vorstand kann in beiden Fällen nur dann Erfolg haben, wenn zuvor der Beschlußmängelklage stattgegeben worden ist; wird diese nämlich abgewiesen, mißlingt es also, den Zustimmungsbeschluß zu beseitigen oder den Zustimmungsvorbehalt zu erzwingen, so kann dem Vorstand kein kompetenzwidriges Handeln zur Last gelegt werden, an das ein Unterlassungsanspruch anknüpfen könnte. Es fragt sich daher, ob die Unterlassungsklage für den Fall, daß die Beschlußmängelklage Erfolg hat, zeitgleich mit dieser als uneigentliche Eventualklage erhoben werden kann. Zweifelhaft erscheint dies deshalb, weil die Beschlußmängelklage gegen die Gesellschaft, die Unterlassungsklage jedoch

Oben D I L In Wahrheit ist bereits in ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich die positive Beschlußfeststellungsklage eine Gestaltungsklage; vgl. oben § 5 F II 4 c. 311

512

612

§10

Organstreitigkeiten

gegen den Vorstand erhoben wird. Es fragt sich daher, ob es zulässig ist, den Vorstand, der nicht Partei der Hauptklage ist, im Wege der Eventualklage zu belangen. Die Frage, ob eine Klage hilfsweise auch gegen eine Person erhoben werden kann, die nicht zugleich Beklagte des Hauptantrags ist, wird, soweit ersichtlich, bislang nur für den Fall erörtert, daß die Klage hilfsweise für den Fall des Mißerfolgs des Hauptantrags erhoben wird (sog. eigentliche Eventualklage). Ein solcher Hilfsantrag ist nach nahezu einhelliger Ansicht unzulässig. Die Bedenken 313 seien anhand des folgenden Falles illustriert: D veräußert den Wagen des K an den gutgläubigen B. K verlangt von B Herausgabe nach § 985 BGB mit der Begründung, der Wagen sei ihm abhanden gekommen und die Übereignung durch D an B daher nicht wirksam geworden (§ 935 BGB); hilfsweise für den Fall der Klagabweisung verlangt er von D Herausgabe des Veräußerungserlöses (§ 816 I 1 BGB).

Könnte D mit dieser Zielrichtung hilfsweise verklagt werden, so würde ihm ein Prozeß auf Probe zugemutet: Er müßte von Anfang an mit einer möglichen Verurteilung rechnen. Es bestünde für ihn aller Anlaß, bereits zu Prozeßbeginn einen Anwalt zu beauftragen, um seine Verteidigung sachgerecht wahrnehmen zu können, namentlich um substantiiert zur Wirksamkeit der Veräußerung vorzutragen. Gleichwohl hätte er keinen Anspruch auf ein Sachurteil; denn wenn das Gericht zu dem Ergebnis käme, daß die Ubereignung tatsächlich unwirksam war, wäre der Hauptantrag gegen B begründet, so daß über den Hilfsantrag gegen D nicht mehr entschieden werden dürfte. Es dürfte konsequent auch keine Kostenentscheidung zugunsten des D ergehen, obwohl seine Rechtsverteidigung im Ergebnis Erfolg hatte, weil er mangels Wirksamkeit der Verfügung dem K nicht nach § 8 1 6 1 1 BGB verpflichtet ist. D trüge somit seine Anwaltskosten selbst. Erhebliche Schwierigkeiten ergäben sich, wenn die Klage gegen B abgewiesen und derjenigen gegen D stattgegeben würde und nunmehr K gegen die Abweisung des Hauptantrags gegen B mit Erfolg Berufung einlegt: Dann wären sowohl B zur Herausgabe des Wagens als auch D zur Herausgabe des Veräußerungserlöses verurteilt. Beides nebeneinander kann K aber nach materiellem Recht nicht beanspruchen. Wird das Herausgabeurteil gegen B rechtskräftig, so mag man allenfalls dem D gestatten, dies im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) gegen K einzuwenden. Diese Konsequenzen sind für ihn unzumutbar; sie widersprechen namentlich der Wertung des § 2 6 9 I ZPO: Wer eine Klage erhebt, geht eine prozessuale Bindung ein, welche so weit reicht, daß nach Beginn der mündlichen Verhandlung die Klage nicht mehr ohne Zustimmung der Gegenseite zurückgenommen werden kann. Wer vor Gericht zur Verteidigung gegen die Klage gezwungen wird, hat mithin Anspruch auf ein Sachurteil; verzichtet er hierauf, indem er der Rücknahme zustimmt, so hat er 313 Zum Folgenden insbesondere LG Berlin NJW 1958, 833f.; Fiebig, ebenda; Stein/JonasBork,, ZPO, Rn.4a vor § 59; ferner Kion, Eventualverhältnisse, S. 82f.; gegen die Zulassung von Eventualklagen gegen Dritte auch BGH MDR 1973, 742; Baumbach-Hartmann, ZPO, §59 Rn.2; W. Lüke, Beteiligung, S.308f., 311; Wendtland, Verbindung, S.41; Wieczorek-Schütze, ZPO, §59 Rn.43f.; Zöller-Vollkommer, ZPO, §60 Rn. 10. Für Zulässigkeit aber Baumgärtel, Prozeßhandlung, S. 130.

E. Die Aufsichtsratsminderheit

im Kampf gegen die Aufsichtsratsmehrheit

613

zumindest noch einen Anspruch auf Erstattung der Prozeßkosten (§269 III ZPO). Dieses Anspruchs darf der Beklagte nicht dadurch beraubt werden, daß er zwar von Anfang an de facto zu seiner Rechtsverteidigung gezwungen ist, gleichwohl aber ein Sachurteil gegen ihn möglicherweise gar nicht ergeht. Es fragt sich, ob diese Bedenken vorliegend auch einer uneigentlichen Eventualklage mit dem eingangs beschriebenen Inhalt entgegenstehen. Die Gefahr, daß der Vorstand als Hilfsbeklagter vergebens Kosten für seine Rechtsverteidigung investiert, besteht nicht; denn wie gezeigt 314 , trägt die Gesellschaft die Kosten des Organstreits. Es bleibt die Gefahr, daß der Kläger mit beiden Anträgen in erster Instanz obsiegt, die Gesellschaft gegen das stattgebende Beschlußmängelurteil Berufung einlegt und damit Erfolg hat: Dann ist der Vorstand zur Unterlassung verurteilt, obwohl die Grundlage seiner Unterlassungspflicht, nämlich die Vernichtung des Aufsichtsratsbeschlusses, weggefallen ist. Doch ist zu berücksichtigen, daß im Streit um die Gültigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen der Vorstand analog § 246 II 3 AktG die Gesellschaft allein vertritt; der Aufsichtsrat kommt, da einzelne seiner Mitglieder klagen, für die Vertretung der Gesellschaft ebensowenig in Betracht wie bei der Anfechtungsklage eines Aufsichtsratsmitglieds gegen einen Beschluß der Hauptversammlung nach § 245 Nr. 5 AktG. Es tritt also die eigenartige Konstellation zutage, daß der Vorstand als bilfsweise Beklagter zugleich Prozeßvertreter der Gesellschaft als Hauptbeklagten ist. Entscheidet er sich dafür, gegen die Verurteilung der Gesellschaft im Hauptantrag (nämlich gegen das Beschlußmängelurteil) Berufung einzulegen, so ist es ihm ein leichtes, das gleiche gegen seine eigene Verurteilung im Hilfsantrag (nämlich gegen das Unterlassungsurteil) zu tun, und zwar, da auch insoweit die Gesellschaft die Kosten trägt, abermals ohne eigenes Prozeßkostenrisiko. Abweichend von den üblichen Fällen einer Eventualklage gegen Dritte übt mithin der Vorstand als Hilfsbeklagter entscheidenden Einfluß auch auf die Prozeßführung durch die Gesellschaft als Hauptbeklagte aus; und anders als dort droht ihm nicht die vergebliche Investition von Kosten der Rechtsverteidigung, weil der gesamte Streit auf Kosten der Hauptbeklagten ausgetragen wird. Schließlich verliert auch das Argument, dem Hilfsbeklagten dürfe kein Prozeß auf Probe angesonnen werden, für die vorliegende Konstellation erheblich dadurch an Gewicht, daß der hilfsweise beklagte Vorstand bereits als gesetzlicher Vertreter der im Hauptantrag beklagten Gesellschaft fungiert. Seine Verpflichtung, eine bestimmte Maßnahme nicht auszuführen, hängt allein vom Ergebnis des Beschlußmängelstreits ab. Bereits die Verteidigung gegen den Anfechtungsantrag mündet für den Vorstand in der Sache in einer Verteidigung der eigenen Handlungsbefugnis aus, weil Anlaß für den gesamten Rechtsstreit seine Absicht bildet, jene Maßnahme in die Tat umzusetzen. Daß sein Interesse, nicht einem „Prozeß auf Probe" unterworfen zu werden, allenfalls bedingt schutzwürdig ist, ergibt sich auch aus folgender Parallelüberlegung: Der Vorstand könnte, selbst wenn er in erster Instanz nicht mitverklagt würde, vom Kläger im Wege des gewillkürten Partei314

Oben C V 1 d.

614

§10

Organstreitigkeiten

beitritts jederzeit auch in höheren Instanzen in den Prozeß einbezogen werden, er könnte, wenn es das materielle Recht geböte, sogar anstelle der bisher verklagten Gesellschaft verklagt werden (gewillkürter Parteiwechsel). Denn er hat als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft vollumfänglich Einfluß auf den bisherigen Prozeß gehabt; seine Weigerung, ihn anstelle der Gesellschaft fortzusetzen, wäre daher rechtsmißbräuchlich. Aus eben diesem Grund hat es der BGH für zulässig erachtet, daß ein Amtsverwalter in der Berufungsinstanz persönlich statt bisher in seiner Eigenschaft als Amtspartei 315 und die Gesellschafter einer Personengesellschaft anstelle der bisher verklagten und von ihnen vertretenen Gesellschaft 316 verklagt werden; für die hier behandelte Konstellation kann nichts anderes gelten. Dann aber hätte der Vorstand, selbst wenn er persönlich nicht verklagt würde, allen Anlaß, den Prozeß sorgfältig zu beobachten und sich ggf. rechtlich beraten zu lassen; um einen „Prozeß auf Probe" handelt es sich für ihn nicht. Alle diese Besonderheiten rechtfertigen es, ausnahmsweise die uneigentliche Eventualklage gegen den Vorstand zuzulassen, obwohl er nicht zugleich Beklagter der im Hauptantrag erhobenen Anfechtungsklage ist. 5. Aufsichtsrats-Klagebefugnisse

und Corporate

Governance

Damit hat das einzelne Aufsichtsratsmitglied die Möglichkeit, pflichtwidrige Handlungen des Vorstands zu verhindern und, falls sie gleichwohl vorgenommen werden, ihre Beseitigung zu verlangen. Die Ableitung dieser Rechtsschutzmöglichkeit aus dem Gedankengut der Kompetenzschutzklage bedeutet, daß sowohl präventiv Unterlassung als auch nachträglich Beseitigung verlangt werden kann. Die Zubilligung dieses Rechtsschutzes ist gerade angesichts der Neuregelung der Unternehmensüberwachung durch das KonTraG geboten. Dies Gesetz trägt gerade auch den gestiegenen Anforderungen Rechnung, welche der Aufsichtsrat bei der Überwachung der Vorstandsarbeit zu bewältigen hat, und nimmt auf diese Weise den Aufsichtsrat stärker als zuvor in die Pflicht 317 . Konsequent muß, wenn sich der Aufsichtsrat als Kollegium sperrt, gerade auch das einzelne Aufsichtsratsmitglied die Chance haben, pflichtwidriges Vorstandshandeln mit gerichtlicher Hilfe zu unterbinden. Es kann kaum angenommen werden, daß der Gesetzgeber einerseits die Pflichtenbindung des Aufsichtsrats verschärft, andererseits aber einem engagierten und kritischen Aufsichtsratsmitglied die Möglichkeit verschließen will, den Konflikt mit der Mehrheit und dem von ihr gedeckten Vorstand mit gerichtlicher Hilfe auszutragen. Ganz auf dieser Linie liegen die neueren Entwicklungen in der Rechtsprechung: Durch das Urteil des BGH im Fall ARAG/Garmenbeck 318 hat 3 1 5 BGHZ 21, 285, 289; zumindest im Ergebnis zustimmend Lent, J Z 1956, 762, 763; Roth, NJW 1988, 2977, 2981 f.; ablehnend aber Bötticher, MDR 1958, 330f. 3 1 6 BGHZ 91, 132, 134. 317 Berrar, DB 2001, 2181; Decken, NZG 1998, 710; Hommelhoff/Mattbeus, AG 1998, 249, 255 ff. 3 1 8 BGHZ 135, 244; dazu bereits oben §2 C IX 1.

E. Die Aufsichtsratsminderheit

im Kampf gegen die

Aufsichtsratsmehrheit

615

die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern wegen Verletzung ihrer Überwachungspflichten eine bis dato nicht für möglich gehaltene praktische Bedeutung erlangt. Dem muß auf Aktivseite eine stärkere Betonung der Klagerechte zur Abwehr rechtswidriger Behinderungen der eigenen Organtätigkeit entsprechen 3 1 9 . 6. Die actio pro socio: Eine alternative dogmatische

Grundlage?

Verschiedentlich wird vorgeschlagen, zur Bewältigung der eingangs geschilderten Konfliktfälle die actio pro socio heranzuziehen 3 2 0 : Der Kläger, so wird erwogen, mache die Rechte des Kollektivs (Aufsichtsrat), welches deren Wahrnehmung verweigere, im eigenen Namen geltend, nämlich das Organrecht auf funktionsgerechte Ausübung der Überwachungstätigkeit. Der Aufsichtsrat sei nicht bloßes Sprachrohr der Aktionäre, sondern dem Unternehmensinteresse verpflichtet, welches vom Aktionärsinteresse abweichen könne. Wenn die Willensbildung im Aufsichtsrat von unternehmensfremden Interessen gesteuert sei, müsse daher die Rechtsposition des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auch prozessual durch entsprechende Klagerechte gestärkt werden. In der Tat ist die actio pro socio eines Aufsichtsratsmitglieds jedenfalls nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie sich nicht gegen ein anderes Aufsichtsratsmitglied richtet, sondern gegen den Vorstand; denn wie bereits gezeigt 3 2 1 , richtet sich auch die von Gesellschaftern erhobene actio pro socio nicht notwendig gegen Mitgesellschafter, sondern ist in gleicher Weise gegen Fremdgeschäftsführer denkbar. Konsequent ist auch der Vorstand geeigneter Beklagter einer actio pro socio. Bezweifelt wird freilich, ob ein Aufsichtsratsmitglied als geeigneter Kläger in Betracht kommt: Die Befugnis zur Erhebung der actio pro socio wurzele zwingend im mitgliedschaftlichen Eigeninteresse des Klägers, welches bei einem Gesellschafter oder Aktionär vorhanden sei, bei einem Aufsichtsratsmitglied aber fehle 3 2 2 . O b dieser Einwand trägt, muß an dieser Stelle noch nicht entschieden werden 3 2 3 ; jedenfalls reicht der durch die actio pro socio gewährleistete Rechtsschutz nicht weiter als derjenige, welcher nach den hier angestellten Überlegungen unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzschutzklage garantiert werden Zutreffend Geißler, GmbHR 1998, 1114f. Dafür namentlich Hommelhoff/Timm, AG 1976, 330, 3 3 3 ; für die Personengesellschaft Schütz, Sachlegitimation, S. 126; für den Fall, daß vorher der Aufsichtsratsbeschluß erfolgreich angefochten wurde, auch Deckert, AG 1994, 457, 4 6 5 ; Kindl, AG 1993, 153f.; in der Tendenz ebenso, aber zurückhaltender („allenfalls" wenn Aufsichtsratsmitglied sein Recht gegen den Gesamtaufsichtsrat gesucht hat) B G H Z 106, 54, 66 f.; BGH DB 1 9 9 2 , 1337; O L G Celle AG 1 9 9 0 , 2 6 4 , 2 6 5 ; Bork, Z G R 1 9 8 9 , 1, 40ff.; Raiser, Z G R 1989, 4 4 , 69f.; Steinbeck, Überwachungspflicht, S . 2 1 9 . 5 2 1 Oben § 2 H V. 5 2 2 Aus diesem Grunde ablehnend gegen die Heranziehung der actio pro socio im vorliegenden Zusammenhang Kort, AG 1987, 193, 198; Pflugradt, Leistungsklagen, S. 34; Steinbeck, Überwachungspflicht, S . 2 2 1 f . ; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 19. Im Ergebnis ablehnend ferner O L G Frankfurt AG 1 9 8 8 , 1 0 9 , 1 1 1 ; Mertens, Z H R 154 (1990), 2 4 , 33; ders., in KK, AktG, Vorb. § 76 Rn. 7f. , 2 3 Vgl. dazu sogleich unten F. 319 320

616

§10

Organstreitigkeiten

kann. Den hier für möglich gehaltenen Rechtsschutz kann das Aufsichtsratsmitglied aus eigenem Recht in Anspruch nehmen, weil ihm ein eigenes Organrecht auf Unterlassung von Maßnahmen zusteht, welche der Vorstand entgegen einem - gefaßten oder gerichtlich erzwungenen - Zustimmungsvorbehalt trifft; die actio pro socio ist demgegenüber definitionsgemäß Klage aus fremden Recht 3 2 4 . Daher wird hier der Verortung des Rechtsschutzes in der Kompetenzschutzklage der Vorzug gegeben. 7. Zur Bedeutung a) Der

des §245 Nr. 5 AktG

Ansatz

Des weiteren wurde ein Klagerecht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds aus einer entsprechenden Anwendung des § 2 4 5 Nr. 5 AktG herzuleiten versucht 325 . Die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift legen diese Analogie auf den ersten Blick freilich kaum nahe: Nach ihr sind einzelne Aufsichtsratsmitglieder zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen befugt, sofern auch nur einem von ihnen (nicht notwendig das klagende 326 ) durch deren Ausführung Strafbarkeit oder Schadensersatzhaftung droht. Zur Ausführung von Vorstandsbeschlüssen sind Aufsichtsratsmitglieder von vornherein nicht berufen, so daß ihnen insoweit auch kein Schaden drohen kann 3 2 7 . Doch könnte man die Analogie mit der Überlegung begründen, dem Aufsichtsratsmitglied drohe ein Ersatzprozeß, wenn es pflichtwidrig nicht gegen gesellschaftsschädliche Vorstandsmaßnahmen einschreite 328 : Bereits im originären Anwendungsbereich des § 245 Nr. 5 AktG komme die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nicht deshalb in Betracht, weil sie den Beschluß ausführten - dies sei in der Tat Sache des Vorstands - , sondern deshalb, weil der Aufsichtsrat bei der Ausführung rechtswidriger Hauptversammlungsbeschlüsse durch den Vorstand ggf. als Überwachungsorgan tätig werden müsse und daher das Haftungsrisiko gerade aus der Hinnahme der Ausführungshandlungen durch den Vorstand resultiere. Dann aber müsse die ratio legis des § 2 4 5 Nr. 5 AktG ebenso eingreifen, wenn der Vorstand ohne vorherigen Beschluß der Hauptversammlung zu rechtswidrigen Maßnahmen schreite. b) Zum Normzweck

des § 245 Nr. 5 AktG

Jene ratio legis wird ganz überwiegend darin erblickt, daß jedes einzelne Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied sich mit Hilfe der Anfechtungsklage aus der Ausführlich oben § 2 B. Pflugradt, Leistungsklagen, S. 129f. 3 2 6 Oben 5 5 B II 1. 3 2 7 Aus diesem Grunde ablehnend Kaiser, Z G R 1989, 4 4 , 54f.; ders., AG 1989, 185, 189; K. Schmidt, FS Semler, S . 3 2 9 , 342; im Ergebnis auch GroßkommAktG-fC. Schmidt, § 2 4 5 R n . 4 5 ; Kort, AG 1987, 193, 197f. 3 2 8 Zum Folgenden Pflugradt, Leistungsklagen, S. 129f. 324 325

E. Die Aufsichtsratsminderheit

im Kampf gegen die

Aufsichtsratsmehrheit

617

Zwangslage müsse befreien können, welche dadurch entstehe, daß es entweder den Beschluß ausführe bzw. seine Ausführung hinnehme auf die Gefahr, daß der Beschluß rechtswidrig sei oder aber die Ausführung unterlasse bzw. nicht hinnehme auf die Gefahr, daß er rechtmäßig sei 329 ; es soll mithin die Möglichkeit einer präventiven gerichtlichen Uberprüfung gegeben werden. Auf dem Boden dieses Verständnisses argumentieren die Gegner der Analogie, daß eine solche Zwangslage für das einzelne Aufsichtsratsmitglied nicht bestehe, wenn es lediglich um das Einschreiten gegen eine Vorstandsmaßnahme gehe 330 . In der Tat könnte man argumentieren, zum Einschreiten gegen rechtswidrige Vorstandsmaßnahmen sei nicht das einzelne Mitglied, sondern der Gesamtaufsichtsrat berufen. Das einzelne Mitglied erfülle seine Pflichten dadurch, daß es sich innerhalb des Aufsichtsrats nach Kräften um ein Einschreiten bemühe 331 ; habe es dies im Rahmen des Zumutbaren getan, so hafte es nicht 332 . Es benötige also nicht die Klagebefugnis aus § 245 Nr. 5 AktG, um sich vom Damoklesschwert der drohenden Haftung zu befreien. Gänzlich befriedigen kann diese Überlegung jedoch nicht; denn selbst wenn es um die Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen geht, ist das Einschreiten des Aufsichtsrats gegen Ausführungshandlungen des Vorstandes Sache des Gesamtaufsichtsrats. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die Klagebefugnis aus § 245 Nr. 5 AktG für geboten gehalten. Und in der Tat läßt sich die Anfechtungsbefugnis aus § 245 Nr. 5 AktG nicht mit der Überlegung erklären, daß dem einzelnen Verwaltungsmitglied die Möglichkeit gegeben werden soll, sich aus einer Zwangslage zu befreien. Ein solcher Deutungsversuch scheitert, wie mit Recht bemerkt wurde 3 3 3 , bereits daran, daß anerkanntermaßen 3 3 4 die Anfechtungsbefugnis auch dann besteht, wenn nicht das klagende, wohl aber ein anderes Verwaltungsmitglied von der Haftung bedroht ist. Die herrschende Interpretation des § 245 Nr. 5 AktG ist denn auch keineswegs unbestritten. So wurde der Normzweck dieser Vorschrift andernorts dahin gedeutet, es solle die gerichtliche Überprüfung besonders schwerer Beschlußmängel erleichtert 329 B G H Z 106, 54, 64; M K - H ü f f e r , A k t G , § 2 4 5 R n . 6 7 ; Rollin, Aktionärsklage, S . 2 5 7 ; Steinbeck, Überwachungspflicht, S.215. 330 B G H Z 106, 5 4 , 64; Decken, A G 1994, 457, 4 6 3 ; Steinbeck, Überwachungspflicht, S. 2 1 5 ; Stodolkowitz, Z H R 154 (1990), 1, 19. 331 Die Widerstandspflicht des überstimmten Einzelmitglieds eines Kollegial Vorstandes hat in jüngerer Zeit das O L G H a m m (AG 1995, 5 1 2 , 514) hervorgehoben; die Pflicht eines ü b e r s t i m m ten Aufsichtsratsmitglieds, die M e h r h e i t von der N o t w e n d i g k e i t eines Einschreitens zu überzeugen, wird betont von LG D o r t m u n d A G 2 0 0 2 , 97, 98. Für Widerstandspflicht in F o r m einer ablehnenden Stimmabgabe gegen schädliche Beschlußvorschläge Vetter, DB 2 0 0 4 , 2 6 2 3 , 2 6 2 5 ; dagegen reicht es nach LG Berlin Z I P 2 0 0 4 , 73, 76 aus, w e n n das Aufsichtsratsmitglied seine Bedenken artikuliert und sich am Ende der Stimme enthält. 332 Vgl. n u r O L G F r a n k f u r t A G 1988, 109, 110; Bork, Z G R 1989, 1, 35; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S.31. 333 Rellermeyer Z G R 1 9 9 3 , 77, 95. 334 A n w K - H e i d e l , A k t G , § 2 4 5 Rn. 25; Dänzer-Vanotti, BB 1985, 1 6 3 2 , 1634; G e ß l e r - H ü f f e r , A k t G , § 2 4 5 R n . 6 0 9 ; Hommelhoff/Timm, A G 1976, 330, 3 3 3 ; K K - Z ö l l n e r , A k t G , § 2 4 5 R n . 6 8 ; M K - H ü f f e r , A k t G , § 2 4 5 R n . 7 0 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S . 1 2 1 .

618

§10

Organstreitigkeiten

werden 335 . Diese Überlegung weist in die richtige Richtung, erfaßt das Anliegen des § 245 Nr. 5 AktG aber gleichwohl ebenfalls noch nicht vollständig. Das zutreffende Verständnis dieser Vorschrift erschließt sich erst, wenn man sich von der Grundannahme löst, daß durch sie die Mitglieder von Vorstand und AG begünstigt, und sich statt dessen der Einsicht öffnet, daß sie in die Pflicht genommen werden sollen: Ihnen wird die Anfechtungsbefugnis gerade deswegen verliehen, weil sie sich zur Abwehr von Ersatzpflicht oder Strafbarkeit nicht auf den Vortrag sollen zurückziehen können, sie hätten organintern alles unternommen, um die Ausführung des Beschlusses bzw. deren Hinnahme zu verhindern. Vielmehr soll ihnen entgegengehalten werden können, daß sie die Möglichkeit versäumt hätten, den rechtswidrigen Beschluß mit gerichtlicher Hilfe zu beseitigen. Diese Deutung kann auch den Umstand verarbeiten, daß die Anfechtungsbefugnis nach § 2 4 5 Nr. 5 AktG nicht von einer Bedrohung gerade des klagenden Verwaltungsmitglieds selbst abhängig ist: Es kommt nur darauf an, daß der Gesellschaft Schaden oder ein strafbarer oder ordnungswidriger Rechtsverstoß droht und durch die Klage abgewendet werden soll; welche Personen im Ernstfall für den Schaden haften oder für die Handlung bestraft werden, erscheint dann von lediglich sekundärer Bedeutung. c)

Folgerungen

Wenn man vor diesem Hintergrund über eine Klagebefugnis einzelner Aufsichtsratsmitglieder gegen rechtswidrige Vorstandsmaßnahmen analog § 2 4 5 Nr. 5 AktG diskutiert, geht es mithin nicht um eine Erweiterung des Rechtsschutzes, sondern um eine Ausdehnung organschaftlicher Pflichtenstellung: Die Analogie würde bedeuten, daß ein Aufsichtsratsmitglied gezwungen wäre, gegen rechtswidrige Handlungen des Vorstands zu klagen, um sicherzugehen, daß es alles Erforderliche gegen die betreffende Maßnahme getan hat. Dem Geist des KonTraG, die Überwachungsinitiative des Aufsichtsrats zu beleben, würde dies gewiß entsprechen. Gerade wenn es aber darum geht, die Möglichkeiten des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zur Verhinderung rechtswidrigen Organhandelns zu erweitern, sollte die Klagemöglichkeit, anders als es § 2 4 5 Nr. 5 AktG zur Voraussetzung hat, gerade nicht zwingend davon abhängen, daß Schäden oder strafbare Handlungen drohen. Der hier unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzschutzklage befürwortete Rechtsschutz trägt dem Rechnung: Es kommt allein darauf an, daß es im Gesellschaftsinteresse unabweisbar geboten ist, die beabsichtigte Handlung des Vorstand zu verhindern, selbst wenn sich noch keine bezifferbaren Schäden abzeichnen oder die betreffende Handlung gar ein Einschreiten des Staatsanwalts indizieren. Das hier für richtig gehaltene Konzept ist der Analogie zu § 245 Nr. 5 AktG daher zum einen in den Tatbestandsvoraussetzungen überlegen; zum anderen konnte es aus den gegebenen Kompetenzrechten des Aufsichtsratsmitglieds dedu-

335

K. Schmidt,

FS Semler, S . 3 2 9 , 3 4 2 .

F. Schadensersatzklagen

einzelner Aufsichtsratsmitglieder?

619

ziert werden, so daß es für die Analogie zu § 245 Nr. 5 AktG an einer regelungsbedürftigen Gesetzeslücke fehlt. Der Rechtsschutz nach hier vertretenem Modell bleibt hinter dem des § 245 Nr. 5 AktG allenfalls insoweit zurück, als die Analogie zu dieser Vorschrift, anders als hier gefordert, nicht voraussetzt, daß das klagende Aufsichtsratsmitglied vorher Beschlußmängelklage gegen die Erteilung der Zustimmung zur Vorstandsmaßnahme bzw. die Verweigerung des Zustimmungsvorbehalts erhebt 336 . Da aber nach hier vertretenem Modell die Beschlußmängelklage gegen den Aufsichtsratsbeschluß mit der Kompetenzschutzklage gegen den Vorstand verbunden werden kann, wird der Rechtsschutz des Aufsichtsratsmitglieds hierdurch im Ergebnis nicht verkürzt.

F. Schadensersatzklagen

einzelner

Aufsicbtsratsmitglieder?

I. Problemstellung Der oben 3 3 7 geschilderte Fall ARAG/Garmenbeck gibt Anlaß, Einzelklagebefugnisse eines Aufsichtsratsmitglieds in noch anderer Richtung zu untersuchen. Die Aufsichtsratsmitglieder, welche die Einforderung von Schadensersatz wegen gesetzwidriger Geschäftsführung durch den Vorstand betrieben, versuchten, einen entsprechenden Klagebeschluß des Gesamtaufsichtsrats und eine nachfolgende Klageerhebung durch diesen namens der Gesellschaft zu erwirken. Den ablehnenden Beschluß griffen sie im Wege der Beschlußmängelklage an. Es fragt sich jedoch, ob sie nicht nach dem Scheitern ihres Vorstoßes im Aufsichtsratsplenum berechtigt gewesen wären, selbst als Einzelkläger im Wege der actio pro socio gegen die Vorstandsmitglieder vorzugehen, die der Gesellschaft den Schaden zugefügt hatten. Die Rechtsfigur der actio pro socio wurde bereits diskutiert für den Fall, daß einzelne Aufsichtsratsmitglieder Maßnahmen des Vorstandes bekämpfen, die zu einer Verkürzung der gesetzlichen Aufsichtsratskompetenz führen; dort bestand für ihre Anerkennung kein Bedürfnis, weil die actio pro socio eine Klage aus dem Recht der Gesellschaft ist, Aufsichtsratsmitglieder aber kompetenzschützende Rechtsbehelfe bereits aus eigenem Recht verfolgen können 3 3 8 . Betreibt dagegen ein Aufsichtsratsmitglied einen Organhaftungsprozeß, so macht es einen Anspruch der Gesellschaft geltend und klagt daher nicht mehr aus eigenem Recht. Es ist daher zu diskutieren, ob ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied zur actio pro socio befugt ist.

336 337 338

Richtig gesehen von Rellermeyer, E III. Soeben E VII 6.

ZGR 1993, 77, 98.

620

§10

Organstreitigkeiten

II. Actio pro socio und mitgliedschaftliches Eigeninteresse Die Frage nach der Einzelklagebefugnis von Aufsichtsratsmitgliedern wird nur vereinzelt erörtert. Sie wird mit der Begründung verworfen, unabdingbare Grundlage der actio pro socio sei die Verbandsmitgliedschaft. Das Aufsichtsratsmitglied klage aber in seiner Eigenschaft als Organmitglied 339 . Offenbar wird die actio pro socio also aus dem mitgliedschaftlichen Eigeninteresse des Gesellschafters an der Verfolgung des Gesellschaftszwecks abgeleitet. Und in der Tat scheint die Entwicklung der Verbandsrechtsdogmatik diese Einschätzung zu stützen: Die BGB-Gesellschaft ist in § 705 BGB noch als ein reiner schuldrechtlicher Vertrag mit gegenseitigen Ansprüchen der Gesellschafter konzipiert, zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks beizutragen. Zunehmend setzte sich die Erkenntnis durch, daß über das schuldrechtlichen Leistungsversprechen hinaus eine Verbandsorganisation aufgerichtet wird; dies führte dazu, daß die Rechtszuständigkeit schließlich der Gesellschaft und die Entscheidungszuständigkeit den Gesellschaftsorganen zugewiesen wurde 340 . In der actio pro socio, so könnte man nun meinen, scheine auf, was vom eigenen Anspruch des Gesellschafters auf Zweckförderung noch übrig geblieben sei: eine Prozeßführungsbefugnis für den Fall, daß die nach dem Verbandsrecht zuständige Instanz von der Klageerhebung zu Unrecht absieht. Die actio pro socio erscheint dann ebenso als Ausprägung des mitgliedschaftlichen Eigeninteresses wie ursprünglich der eigene Anspruch des Gesellschafters auf Förderung des Gesellschaftszwecks. Eine vergleichbare Position hat ein Aufsichtsratsmitglied gewiß nicht: Der Aufsichtsrat ist Fremdorgan; seine Mitglieder agieren nicht in der Eigenschaft als Beteiligte der Vereinbarung, den gemeinsamen Zweck zu fördern.

III. Prozeßökonomie und verbandsrechtliche Wertung Blickt man jedoch auf die in § 2 dieser Arbeit angestellten Überlegungen, so erhellt, daß die Befugnis eines Gesellschafters, Ansprüche der Gesellschaft geltend zu machen, nicht, jedenfalls nicht in erster Linie mit seinem mitgliedschaftlichen Eigeninteresse begründet wurde. Der Akzent lag keineswegs auf der These, dem Gesellschafter werde gewissermaßen als Surrogat für seine fehlenden materielle (Mit-) Berechtigung an der Gesellschaftsforderung die Prozeßführungsbefugnis hierüber zuerkannt. Ausschlaggebend war vielmehr in erster Linie ein organisationsrechtlicher, institutionell am Gesellschaftsinteresse orientierter Gesichtspunkt: Zuständig für die Einforderung ist an sich die Gesellschaftergesamtheit, die hierüber durch Beschluß entscheidet. Lehnt diese die Einforderung pflichtwidrig ab, versagt also die nach dem Organisationsrecht zuständige Instanz, so kann der Gesellschafter subsidiär einschreiten. Er könnte in der Weise vorgehen, daß er einen Einforde339 340

Nitschke, Personengesellschaft, S . 3 3 3 . Ausführlich oben $2 B, C.

F. Schadensersatzklagen

einzelner Aufsichtsratsmitglieder?

621

rungsbeschluß und sonach die Klageerhebung durch die Gesellschaft erzwingt; dann müßten aber zwei Prozesse geführt werden, nämlich zunächst mit dem Ziel, den Einforderungsbeschluß per Gerichtsurteil zu ersetzen, und sodann mit dem Ziel, das der Gesellschaft Geschuldete beizutreiben. Diesen Umweg möchte man dem Gesellschafter ersparen; deshalb kann er die Rechtsverfolgung sogleich in die Hand nehmen. Diese Erleichterung dient dem Gesellschaftsinteresse, dem bei der Entscheidung über die Beitreibung mitgliedschaftlicher Förderleistungen der absolute Vorrang gebührt. Die Klagebefugnis des Gesellschafters erklärt sich also aus der Zugehörigkeit zu dem Organ, das über die Einforderung namens der Gesellschaft entscheidet: Wenn die Gesellschaftergesamtheit diese Entscheidung nicht sachgerecht trifft, setzt der Gesellschafter die seinige an deren Stelle. Nun konnte aber gezeigt werden, daß ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied ebenfalls die Möglichkeit hat, mit Hilfe der Anfechtungs- und positiven Beschlußfeststellungsklage Beschlüsse zu erzwingen, die im Gesellschaftsinteresse geboten sind. Die beiden klagewilligen Aufsichtsratsmitglieder hätten folglich im Fall ARAG/Garmenbeck, wenn das Gesellschaftsinteresse die Einforderung zwingend gebot (wofür vieles spricht), einen Beschluß des Aufsichtsrats, Klage gegen die Vorstandsmitglieder zu erheben, mittels Anfechtungs- und positiver Beschlußfeststellungsklage erzwingen können. Sodann hätten sie die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats im Wege der Kompetenzschutzklage auf Ausführung dieses Klagebeschlusses, d.h. auf Mitwirkung an der Vertretung der Gesellschaft im Prozeß gegen die Vorstandsmitglieder ( § 1 1 2 AktG) verklagen können. Wenn darüber zu entscheiden ist, ob ein Organmitglied wegen pflichtwidriger Geschäftsführung belangt werden soll, hat abermals das Gesellschaftsinteresse absoluten Vorrang 3 4 1 . Kommt es hierüber zu Meinungsverschiedenheiten im Aufsichtsrat, so wiegt folglich Gefahr, daß der Gesellschaft durch den Verzicht auf die Beitreibung eine Vermögenseinbuße entsteht, schwerer als die Gefahr, daß eine möglicherweise ordnungsgemäße Willensbildung im Aufsichtsrat durch die Einzelklage eines Aufsichtsratsmitglieds unterlaufen wird. Der materiellrechtlich begründete Vorrang des Gesellschaftsinteresses fordert auch hier eine möglichst effektive Ausgestaltung des Rechtsschutzes - indem nämlich dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied die Befugnis zugebilligt wird, den Anspruch im Wege der actio pro socio zu verfolgen. Zu beachten ist freilich, daß im Gegensatz zum Kompetenzschutzstreit zwischen Aufsichtsrat (oder einem seiner Mitglieder) und Vorstand die Prozeßkosten nicht von der Gesellschaft getragen werden. Im Organhaftungsprozeß ist es vielmehr der Gesamtaufsichtsrat, der die Entscheidung darüber zu treffen hat, ob das Gesellschaftsvermögen für den Rechtsstreit in Anspruch genommen wird. Diese Entscheidung ist dort, wo das Aufsichtsratsmitglied zu klagen berechtigt ist, im negativen Sinne ausgefallen; denn seine actio pro socio setzt hier ebenso wie die des Gesellschafters voraus, daß vorher vergeblich versucht wurde, einen Einforderungsbeschluß des Gesamtaufsichtsrats herbeizuführen. Die Kosten des Prozesses 341

B G H Z 1 3 5 , 2 4 4 , 2 5 5 ; siehe dazu bereits oben § 2 C I X 1.

622

§10

Organstreitigkeiten

hat daher im Verlustfalle das klagende Aufsichtsratsmitglied aus seinem Privatvermögen zu bestreiten.

G. Organschaftlicher Kompentenzschutzstreit in anderen Gesellschaftsformen Die hier angestellten Überlegungen für die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand lassen sich überall dort fruchtbar machen, wo der Geschäftsführung einer Gesellschaft ein Uberwachungsorgan zur Seite gestellt wird. Das zeigt sich anschaulich an dem an früherer Stelle behandelten Fall BGHZ 76, 160 3 4 2 . Der BGH hat bekanntlich dort die Klage eines Kommanditisten gegen den Komplementär der KG, die Bezahlung einer angeblich überhöhten Rechnung an seine Ehefrau zu unterlassen, abgewiesen, weil er in der Anerkennung einer präventiven Klagebefugnis eine Gefahr für die Handlungsfähigkeit der Geschäftsführung erblickte. Gerade angesichts der Verfassung dieser KG war diese Beurteilung nicht ohne weiteres selbstverständlich. Denn der klagende Kommanditist gehörte einem gesellschaftsvertraglich eingerichteten Beirat der Kommanditisten an. Hier wäre sorgfältig auszumessen gewesen, welche Kompetenzen diesem Beirat zugewiesen waren: Stand ihm etwa die Kompetenz zu, über die Gewinnverwendung zu beschließen, so verletzte das Verhalten des Komplementärs - unterstellt, die Rechnung seiner Ehefrau war tatsächlich überhöht - diese Kompetenz; es handelte sich nämlich dann um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Einen solchen Rechtsverstoß konnte der klagende Kommanditist ebenso mit Hilfe der Kompetenzschutzklage rügen, wie das Mitglied eines Aufsichtsrats die Verletzung eines statutarischen oder ad-hoc-Zustimmungsvorbehalts durch den Vorstand reklamieren kann. Die Kompetenzschutzklage ist in diesem Fall an die Organmitgliedschaft gebunden und nicht an die Mitgliedschaft in der Gesellschaft; sie wäre dem Kläger folglich selbst dann offengestanden, wenn er nicht Kommanditist der Gesellschaft gewesen wäre 3 4 3 . Es handelt sich dabei auch nicht um eine (präventive) actio pro socio, welche das klagende Beiratsmitglied aus dem Recht der Gesellschaft erhebt 3 4 4 , sondern um eine Klage des Beiratsmitglied aus eigenem Recht, nämlich einem ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied eines Gesellschaftsorgans zugewiesenen Organrecht, welches ihm den Zugang zur Kompetenzschutzklage eröffnet. Die Möglichkeit einer präventiven actio pro socio ist demgegenüber nur dort in Betracht zu ziehen, wo ein Kommanditist klagen will, der nicht dem Beirat angehört und daher keine Organrechte für sich reklamieren kann. Ihm verbleibt in der Tat nur eine Klage aus dem Recht der Gesellschaft, nämlich deren Anspruch gegen die geschäftsführenden Gesellschafter, die innergesellschaftliche Zuständigkeits342 543 344

Oben § 2 J . Anders, aber aus dem im Text genannten Grund verfehlt Voormann, So aber Bork/Oepen, Z G R 2 0 0 1 , 515, 5 3 9 .

Beirat, S. 184.

G. Organschaftlicher

Kompentenzschutzstreit

in anderen Gesellschaftsformen

623

Ordnung einzuhalten und damit auch die Gewinnverwendungskompetenz des Beirats zu respektieren. Die Befugnis, diesen Anspruch geltend zu machen, steht einem gewöhnlichen Kommanditisten indes nur d a n n zu, w e n n er über den fraglichen Vorfall Information verlangen könnte (etwa nach § 166 HGB) 3 4 5 . Das konnte m a n im Fall B G H Z 7 6 , 1 6 0 freilich ebenfalls bejahen: Wenn der Komplementär an seine Ehefrau eine überteuerte Rechnung bezahlt, so liegt hierin eine unredliche Geschäftsführung. Der Komplementär wirtschaftet mit einem solchen Vorgehen buchstäblich in die eigene Tasche. Der klagende Kommanditist wäre folglich, selbst wenn er besagtem Beirat nicht angehört hätte, nach § 166 III H G B berechtigt gewesen, vor Gericht nähere Auskünfte über die Berechtigung der Rechnungsposten zu erzwingen. D a n n stand ihm im Gefolge des hier Gesagten auch das Recht zur präventiven actio p r o socio zu.

34s

Ausführlich oben § 2 J II 4, 5.

§ 1 1 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen Versucht man den Streit um die Rechtsbeziehungen innerhalb eines Verbandes im Schema des Zweiparteienprozesses abzubilden, so hat es sich als ein tragfähiges und für eine rationelle Erledigung der Auseinandersetzung vorteilhaftes Modell erwiesen, der Gesellschaft die Rolle als einer der beiden Prozeßparteien zuzuweisen. Dies Modell ist freilich in seiner Leistungsfähigkeit begrenzt: Es kann dort nicht zur Anwendung k o m m e n , w o nicht eindeutig definiert ist, mit welcher Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Prozeß eintritt. So ist der Streit darüber, welchen Inhalt ein gefaßter Gesellschafterbeschluß hat, in einem Prozeß unter den Gesellschaftern auszutragen. Z u m Abschluß dieser Arbeit sollen die Leistungsgrenzen der Parteirollen-Mediatisierung grundsätzlich ausgemessen werden.

A. Die

Auflösungsklage

Erstrebt ein Gesellschafter die gänzliche Beendigung der Gesellschaft, so eröffnet ihm in der G m b H § 6 1 G m b H G , im Recht der O H G und K G § 1 3 3 H G B die M ö g lichkeit, durch Klage die Auflösung zu begehren. Die Klage ist in beiden Fällen Gestaltungsklage 1 . Das stattgebende Urteil löst konstitutiv die Gesellschaft auf, und zwar mit Wirkung ex nunc ab Eintritt seiner Rechtskraft.

I. 1. Gestaltungswirkung

GmbH

für und gegen alle an der Gesellschaft

Beteiligten

In der G m b H ist die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ( § 6 1 II 1 G m b H G ) und kann nur von Gesellschaftern erhoben werden, deren Geschäftsanteile zu1 Für § 133 HGB: Baumbach/Hopt, HGB, §133 Rn.15; Grunsky, Grundlagen, §38 II 3b (S.375); Henckel, Parteiiehre, S.96; G. Lüke, JuS 1998, 594; Röhricht-v.Gerkan, HGB, §133 Rn. 17; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 52 III 4 a (S. 1516); ders., AG 1995, 551; ders., in Schlegelberger, HGB, § 133 Rn.41, 49; ders., in MK, HGB, § 133 Rn.43, 51; Zöller-Greger, ZPO, Rn.8 vor §253. Für §61 GmbHG: Grunewald, ZZP 101 (1988), 152,160; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 61 Rn. 1; Rasner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 61 Rn. 17; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 IV 2b bb (S. 1198); ders., AG 1995, 551; Zöller-Vollkommer, ZPO, Rn.9 vor § 300. Für beide Rechtsformen Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 91 Rn. 6.

A. Die

Auflösungsklage

625

sammen mindestens 1 0 % des Stammkapitals ausmachen (§ 61 II 2 GmbHG). Aus der Tatsache, daß die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, ist der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, daß das Auflösungsurteil die ihm zukommende Gestaltungswirkung für und gegen alle Gesellschafter und Verwaltungsmitglieder ohne Rücksicht auf ihre Beteiligung am Auflösungsprozeß herbeiführen soll 2 . Bereits für das Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten wurde festgestellt, daß die Beklagtenrolle der Gesellschaft ein rechtstechnisches Mittel ist, um die mehrseitigen Rechtsbeziehungen im Verband unter der Geltung des Zweiparteienprinzips im Zivilprozeß zu bewältigen. Die Gesellschaft streitet für diejenigen Gesellschafter, welche den angegriffenen Beschluß befürworten oder zumindest nichts gegen ihn unternehmen wollen; diese dürfen umgekehrt darauf vertrauen, daß die Gesellschaftsorgane den Beschluß verteidigen. Konsequent wirkt das Urteil, das den Beschluß für nichtig erklärt, Rechtskraft für und gegen alle Mitglieder und Verwaltungsorgane (§248 AktG) und entfaltet Gestaltungswirkung für und gegen eben diesen Personenkreis ( § 2 4 1 Nr.5 AktG). Die Parteirolle der Gesellschaft ist damit das Mittel, um eine allseits verbindliche Entscheidung herbeizuführen, ohne daß alle Gesellschafter sich notwendig am Prozeß beteiligen müßten. Wenn der Gesetzgeber die Beklagtenrolle der Gesellschaft zuweist, bringt er somit zum Ausdruck, die Urteilswirkungen auf alle Gesellschafter und Verwaltungsorgane zu erstrecken. Das gilt in gleicher Weise für die Auflösungsklage in der GmbH. Abermals folgt diese Reichweite der Urteilswirkung nicht aus einer angeblich dem Gestaltungsurteil als solchem immanenten inter-omnes-Wirkung, sondern auf einer besonderen, spezifisch auf die Auflösungsklage gemünzten gesetzlichen Anordnung. 2. Die Rechtsstellung

der unbeteiligten

a) Erstreckung

Gestaltungswirkung

der

Gesellschafter

Die übrigen Gesellschafter sind am Prozeß nicht als Hauptparteien beteiligt. Jedoch ist ihnen, wie das BVerfG mit Recht ausgesprochen hat 3 , im Auflösungsprozeß rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 I GG). Das zivilprozessuale Gestaltungsmittel hierfür ist wie bei der Beschlußmängelklage die streitgenössische Nebenintervention nach § 69 ZPO 4 : Es ist zwar nirgends angeordnet, daß die Rechtskraft des Auflösungsurteils gegen alle Gesellschafter wirkt (dazu noch sogleich); wohl aber richtet sich die Gestaltungswirkung des Urteils gegen sie. Nach dem Sinn und Zweck des § 69 ZPO, Personen das rechtliche Gehör zu eröffnen, die am

2 Für eine solche Wirkung des Auflösungsurteils auch Arnold, Gewinnauszahlungsanspruch, S.236; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 IV 2b bb (S.1198f.); Schuhes, Beteiligung, S.103. 3 BVerfGE 60, 7, 13; weitere Nachweise oben § 5 D II 1, Fn.238. 4 BVerfGE 60, 7, 13; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 5 0 Rn.72; Stein/ Jonas-Bork, ZPO, § 69 Rn. 3 mit Fn. 9; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 69 Rn. 2, 3; näher oben § 5 D II 2.

626

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

Prozeß nicht notwendig beteiligt, aber durch das Urteil in ihren Rechten betroffen werden, ist diese Vorschrift entsprechend auf den Fall anzuwenden, d a ß das Urteil Gestaltungswirkung gegen am Prozeß nicht beteiligte Dritte entfaltet 5 . Freilich hat der B G H ausgesprochen, d a ß im Falle der „Rechtskraft für und gegen alle" Dritte nicht ohne weiteres als streitgenössische Nebenintervenienten angesehen werden könnten 6 . Wenn man mit der h . M . 7 die Gestaltungswirkung auch für und gegen völlig unbeteiligte Dritte anerkennen wollte, die von der Entscheidung nicht in ihren Rechten berührt werden, müßte man dann Ähnliches annehmen: Die bloße Tatsache, d a ß m a n die Umgestaltung eines fremden Rechtsverhältnisses hinnehmen muß, k a n n keine prozessuale Rechtsstellung von der Stärke des § 69 Z P O hervorbringen. Wohl aber m u ß die Gestaltungswirkung für § 69 Z P O ausreichen, wenn sie ein eigenes Rechtsverhältnis des Dritten zu einer der Prozeßparteien umgestaltet. Eben dies ist bei der Auflösungsklage der Fall: Die Mitgliedschaft an einer werbenden Gesellschaft wird in eine solche an einer Liquidationsgesellschaft verwandelt; das Auflösungsurteil begründet damit einen tief reichenden Eingriff in die Rechtsstellung der Gesellschafter 8 . Damit diese rechtlich gegebene Möglichkeit der streitgenössischen Nebenintervention auch tatsächlich gewährleistet ist, ist der Geschäftsführer verpflichtet, den übrigen Gesellschaftern die Tatsache der Klageerhebung sowie den Termin zur mündlichen Verhandlung mitzuteilen; § 246 IV A k t G enthält insoweit einen allgemeinen Rechtsgedanken, dessen Überzeugungskraft nicht spezifisch auf Beschlußmängelstreitigkeiten begrenzt ist, sondern darüber hinaus all jene Fälle erfaßt, in denen in einem Rechtsstreit gegen die Gesellschaft ein Urteil ergehen kann, dessen Wirkungen die Rechtsstellung aller, auch der am Rechtsstreit unbeteiligten Gesellschafter berühren. In kapitalistischen Gesellschaften mag freilich statt individueller Information die Bekanntmachung der Klageerhebung in einer gesellschaftsinternen Publikationsorgan genügen 9 ; insoweit gilt nichts anderes als im Beschlußmängelstreit: Die Gesellschafter haben Anspruch, über die Klageerhebung auf eben demjenigen Weg unterrichtet zu werden, auf dem sie generell mit Mitteilungen über die Gesellschaft rechnen müssen 1 0 . H a t der Geschäftsführer die Gesellschafter nicht unterrichtet, so hat das Gericht darauf hinzuwirken, daß dies nachgeholt wird 1 1 . Wird dies alles beachtet, so ist an-

5 Austmann, Z H R 159 (1994), 4 9 5 , 5 0 5 ; Calavros, Urteilswirkungen, S. 171; G r o ß k o m mAktG-K. Schmidt, § 2 4 6 R n . 4 4 ; W. Lüke, Beteiligung, S . 2 1 4 ; MK-Schilken, ZPO, §69 Rn.7; Musielak-Weth, Z P O , § 6 9 R n . 4 ; Schlosser, Gestaltungsklagen, S.207; ders., J Z 1967, 4 3 1 , 4 3 4 ; Schuhes, Beteiligung, S. 141 ;Stein/]onas-Bork, Z P O , § 69 Rn. 3; Thomas/Putzo, Z P O , § 69 Rn. 4; Wieczorek-Mansel, Z P O , § 69 Rn. 8, 28; Wieser, Z Z P 112 (1999), 4 3 9 , 4 4 1 ; Zöller-Vollkommer, ZPO, §69 Rn.3. 6 B G H Z 92, 2 7 5 , 2 7 7 . 7 Nachweise oben § 3 B II 5a, F n . 2 2 0 . 8 Vgl. auch O L G H a m m O L G Z 1 9 7 1 , 2 2 6 , 2 2 7 . 9 D a f ü r Windel, Interventionsgrund, S. 172. 10 Vgl. bereits oben § 6 E III. 11 BVerfGE 60, 7 , 1 4 f . ; Lutter/Kleindick, in Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 61 R n . 4 ; Rasner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, G m b H G , § 6 1 Rn. 16; vgl. dazu bereits oben § 5 D II 1.

A. Die

627

Auflösungsklage

dererseits die gesetzliche Anordnung, daß die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, nicht wegen Verstoßes gegen Art. 103 I G G verfassungswidrig 12 . b) Erstreckung

der

Rechtskraft

Darüber hinaus ist aber anzunehmen, daß auch die Rechtskraft

des stattgebenden

Auflösungsurteils gegen sämtliche Mitglieder und Verwaltungsorgane wirkt 1 3 . Im Rahmen der hier angestellten Überlegungen zur Beschlußmängelklage wurde gezeigt, daß ein Zusammenhang besteht zwischen der in § 2 4 6 II 1 AktG angeordneten Parteistellung der Gesellschaft und der allseitigen Rechtskraftwirkung nach § 2 4 8 1 1 AktG. Die Beklagtenrolle der Gesellschaft verkörpert ein Mittel des Gesetzgebers, den Rechtsstreit im Gewände eines Zweiparteienprozesses zu erledigen und dennoch ein für und gegen alle Beteiligten wirkendes Urteil zu ermöglichen. § 2 4 8 I 1 AktG enthält somit über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus einen allgemeinen Rechtsgedanken: Wo die Gesellschaft im gesellschaftsinternen Konflikt die Rolle der beklagten Partei einnimmt, wirkt das zu ihren Ungunsten ergangene Urteil gegen sämtliche in dieser Vorschrift bezeichneten Personen. Es besteht kein Anlaß, Abweichendes für den Auflösungsrechtsstreit anzunehmen. Damit erweist sich zugleich, daß selbst die Gestaltungswirkung des Auflösungsurteils in ihrer personellen Reichweite nicht über die subjektiven Grenzen der Rechtskraft hinausreicht: Die Gesellschafter, deren Mitgliedschaft durch das Auflösungsurteil umgestaltet wird, werden von der Rechtskraft erfaßt. Dritten gegenüber, welche von der Rechtskraftbindung nicht erreicht werden, entfaltet das Urteil keine Rechtswirkungen; sie müssen es lediglich

hinnehmen1*.

D a ß nicht nur die Gestaltungswirkung, sondern auch die Rechtskraft des Auflösungsurteils analog § 2 4 8 11 AktG alle Gesellschafter erfassen muß, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, mit welchem prozessualen Mittel die Auflösung erzwungen werden müßte, wenn es die gesetzlich besonders ausgeformte Auflösungsklage nicht gäbe. Dann könnte der Auflösungswillige nämlich sein Ziel nur noch dadurch erreichen, daß er in der Gesellschafterversammlung einen Auflösungsbeschluß beantragt, einen eventuellen ablehnenden Beschluß anficht und die Anfechtungsklage mit der positiven Beschlußfeststellungsklage verbindet, m.a.W. beantragt, daß Gericht möge entgegen dem Abstimmungsergebnis einen Auflösungsbeschluß als gefaßt feststellen 15 . Diese Klage müßte Erfolg haben, wenn ein wichtiger Grund vorläge; dann nämlich wären die Gesellschafter materiellrechtlich verpflichtet, der Auflösung zuzustimmen 16 , und hätten folglich mit ihren ab12 So aber Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 3 8 5 , 4 1 0 ; Joost, Z G R 1984, 71, 97; Windel, Interventionsgrund, S. 172. 13 Im Ergebnis ebenso, aber ohne den sogleich im Text befürworteten Rückgriff auf § 2 4 8 AktG, R G Z 164, 129, 131; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 3 2 5 R n . 3 7 . 14 Zur Differenzierung zwischen Rechtswirkung und Hinnehmen-müssen oben § 3 B II 5 c aa. 15 Für die Zulässigkeit einer solchen Klage (neben der Auflösungsklage!) in der Tat Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 60 Rn. 16. 16 Becker, ZZP 97 (1984), 3 1 4 , 327ff.; Henze, Z H R 162 (1998), 186, 196.

628

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

lehnenden Stimmen gegen Mitgliedspflichten verstoßen. Das stattgebende Beschlußfeststellungsurteil würde aber bereits in direkter Anwendung des §248 AktG Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter entfalten. Dann aber kann für die Auflösungsklage nichts anderes gelten. 3. Gesellschaft als Beklagte und a) Prozessualer und materieller

Projektionsidee Ansatz

Entsteht zwischen Gesellschaftern Streit über eine gesellschaftsinterne Angelegenheit und ordnet das Gesetz an, daß im gerichtlichen Verfahren die Gesellschaft als Partei auftreten soll, so dient dies, wie hier mehrfach 1 7 hervorgehoben, der prozessualen Vereinfachung 18 und erscheint bereits aus diesem Grunde sinnvoll. Darüber hinaus glaubte das Reichsgericht, die Beklagtenstellung der Gesellschaft im Auflösungsrechtsstreit materiellrechtlich erklären zu können: Die Gesellschaft kämpfe um ihre Existenz und verteidige sich gegen diejenigen Gesellschafter, welche sie zu vernichten trachteten 19 . Die Rechtslehre hat an dieser Deutung kein gutes Haar gelassen: Die Gesellschaft diene als Zweckschöpfung des Rechts den Interessen der Gesellschafter und habe folglich kein Existenzrecht, das von deren Willen unabhängig sei 20 . Namentlich bei personalistischen Gesellschaften stehe die Parteirolle der Gesellschaft im Widerspruch zur Allzuständigkeit der Gesellschafter 21 . b) Kein Existenzrecht

der Gesellschaft um ihrer selbst willen

In der Tat sind die Gesellschafter nicht verpflichtet, „ihre" Gesellschaft am Leben zu erhalten. Die Gesellschaft hat kein Existenzrecht um ihrer selbst willen 22 , sondern nur weil und solange die Gesellschafter jene Existenz wollen. Das Gesellschaftsinteresse aggregiert lediglich das Interesse derjenigen Gesellschafter, welche im konkreten Fall an der Zweckförderung festhalten. Sobald sich alle Gesellschafter einig sind, sind auch Maßnahmen zulässig, welche dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufen 23 ; und ebenso können die Gesellschafter über die Existenz der Gesellschaft als solche disponieren. Mit Recht hat der BGH hervorgehoben, daß der Auflösungsbeschluß in einer Kapitalgesellschaft keiner materiellen Beschlußkon-

17

Zuletzt soeben 1. Das betont mit Recht gerade für den Auflösungsrechtsstreit auch Becker, Z Z P 97 (1984), 314, 319. 19 R G Z 164, 129, 130. 20 Berger, Prozeßstandschaft, S.156f.; Häsemeyer, Z Z P 101 (1988), 385, 410; Joost, Z G R 1984, 71, 80f.; Marotzke, Z Z P 100 (1987), 164, 209f. 21 Häsemeyer, Z Z P 101 (1988), 385, 410. 22 Ebenso Becker, Z Z P 97 (1984), 314, 332; Windbicbler, Aktionärsverhalten, S. 35, 47; vgl. bereits oben § 5 B I 4 b. 23 Oben §2 B IX 1. 18

A. Die

Auflösungsklage

629

trolle unterliegt 2 4 , weil er seine Rechtfertigung in sich trägt 2 5 . Namentlich haben die Gesellschafter bei seiner Fassung nicht das Gesellschaftsinteresse zu berücksichtigen; denn die Zweckverfolgung, welche dies Interesse konstituiert, soll gerade wegfallen 2 6 . Würde man die Rechtmäßigkeit des Auflösungsbeschlusses

von ei-

nem sachlichen Grund abhängig machen, so gerieten die Voraussetzungen für einen solchen Beschluß zumindest tendenziell in die Nähe des wichtigen Grundes, welcher für die A u f1 ös u n gs & läge nach § 61 G m b H G erforderlich ist 2 7 . § 6 0 I Nr. 2 G m b H G fordert für die Auflösung freilich keine Einstimmigkeit, sondern gibt sogar einer qualifizierten Mehrheit das Recht, ihr Kapital aus der Gesellschaft abzuziehen. c) Die Aussagen der

Projektionsidee

Gleichwohl muß das Reichsgericht gegen die Kritik der Literatur in Schutz genommen werden. Denn für die Erhebung der Auflösungsklage besteht nur dann eine Notwendigkeit, wenn die qualifizierte Mehrheit für einen Auflösungsbeschluß nicht erreicht wird, wenn also mindestens eine beachtliche Minderheit an der gemeinsamen Zweckverfolgung festhalten will. Dann ist als Folge des Projektionsgedankens in der Tat ein Interesse der Gesellschaft an ihrer eigenen Existenz anzuerkennen - freilich abermals nicht um ihrer selbst willen, sondern weil die Gesellschaft nunmehr das Fortsetzungsinteresse der Auflösungsgegwer aggregiert und in sich aufnimmt. Die Beklagtenrolle der Gesellschaft ist also durchaus auch materiellrechtlich legitimierbar. Und sie muß auf diese Weise legitimiert werden: Es wurde gezeigt, daß die Gesellschaft im gesellschaftsinternen Konflikt nur dann Prozeßpartei sein kann, wenn sich eine Position der Gesellschaft definieren läßt, mit der die Vertretungsorgane in ihrem Namen in den Prozeß eintreten. Im Kontext der Beschlußmängelstreitigkeiten ist dies, wie dargelegt, der unstreitige oder verbindlich festgestellte Beschluß. Im Kontext der Auflösungsklage wird jene Rechtsposition durch die Projektionsidee bestimmt: Weil es noch Gesellschafter gibt, die an der Fortsetzung der Gesellschaft interessiert sind, und weil deren

2 4 Im Ergebnis ebenso Henze, ZIP 1995, 1473, 1476; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 143f.; Picot, BB 1993, 13, 16; Timm, J Z 1980, 665, 667f.; Winter, Treubindungen, S.156ff.; Worch, Treuepflichten, S. 117. 2 5 B G H Z 76, 3 5 2 , 353; 103, 184, 190f.; 129, 136, 151; ö O G H AG 1 9 9 9 , 142, 143; O L G Stuttgart Aufsichtsrat 1994, 4 1 1 , 4 1 2 f . ; ebenso Brandes, W M 1984, 2 8 9 , 2 9 9 ; Flume, ZIP 1 9 9 6 , 161, 162; Geßler-Hüffer, AktG, § 2 4 3 R n . 5 6 ; GroßkommAktG-K. Schmidt, § 2 4 3 R n . 4 6 ; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 R n . 1 3 1 ; Lutter, Z H R 153 (1989), 4 4 6 , 4 4 9 ; M K - H ü f f e r , AktG, § 2 4 3 R n . 6 4 ; Vorwerk/Wimmers, GmbHR 1998, 7 1 7 , 722; Zöllner, AG 2 0 0 0 , 1 4 5 , 1 5 5 ; ders., in Baumbach, GmbHG, Anh. § 4 7 R n . 5 1 ; anders Wiedemann, J Z 1989, 4 4 7 , 4 4 8 f. 26 Ernstberger, Mehrheitsherrschaft, S.178f.; Marscb-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 175f.; Timm, J Z 1980, 6 6 5 , 667; Zöllner, Schranken, S.344; ders., AG 2 0 0 0 , 145, 155; ders., in KK, AktG, § 2 4 3 Rn. 193; im Zusammenhang mit Umwandlungsbeschlüssen auch Ulmer, BB 1 9 6 4 , 665, 667. 2 7 Zutreffend Winter, Treubindungen, S. 157.

630

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

Stimmrechtsmacht so stark ist, daß gegen ihren Willen ein Auflösungsbeschluß nicht zustande kommt, hat auch die Gesellschaft selbst ein Interesse an ihrer eigenen Fortsetzung 2 8 . Dies Interesse zu verteidigen sind die Vertretungsorgane der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. d) Parteirolle und

Prozeßökonomie

In prozessualer Hinsicht scheint es demgegenüber schwerzufallen, die Parteirolle der Gesellschaft und die damit verbundene Vereinfachung des Gerichtsverfahrens zu legitimieren. Denn im bisherigen Untersuchungsgang wurde diese Vereinfachung damit gerechtfertigt, daß die effektive Verfolgung des Gesellschaftszwecks die Vereinfachung des Rechtsschutzes gebiete; deshalb könne die Gesellschaft ungeachtet dessen Partei sein, daß der Konflikt in Wahrheit ein solcher unter den Gesellschaftern ist. Die Auflösungsklage, so will scheinen, läßt nicht mehr als Verwirklichung der Zweckverfolgung darstellen; denn Ziel dieser Klage ist gerade die Beendigung der Gesellschaft und damit der Zweckverfolgung. M a n könnte vor diesem Hintergrund gerade entgegengesetzt argumentieren: Da das Zweckverfolgungsinteresse gegen die Angriffe des Auflösungsklägers verteidigt werde, müsse jenem Kläger der Rechtsschutz besonders schwer gemacht, das Gerichtsverfahren daher so ausgestaltet werden, daß eine rationelle Erledigung des Rechtsstreits nach Möglichkeit blockiert wird. Vor diesem Hintergrund sei - de lege ferenda, da § 61 II 1 G m b H G de lege lata keine Alternative zur Beklagtenrolle der Gesellschaft bietet - eine Regelung anzustreben, wonach der Auflösungskläger alle Mitgesellschafter gemeinsam verklagen und die Nachteile einer solchen Prozeßführung in Kauf nehmen müsse, wenn ihm an der Vernichtung der Gesellschaft gelegen sei. Indes: Diese Überlegung blickt einseitig auf das Interesse des Auflösungsklägers und läßt die Interessen der übrigen Gesellschafter unberücksichtigt. Die Gesellschaft bezieht im Prozeß Stellung gegen das Auflösungsbegehren, weil sie das Interesse der fortsetzungswilligen Gesellschafter verteidigt. Solange der Rechtsstreit schwelt, wird die Arbeit der Gesellschaft behindert; dies namentlich dann, wenn zu befürchten steht, daß der Kläger u.U. mehrere Prozesse mit dem Ziel führen kann, die Auflösung der Gesellschaft zu erzwingen. Eben dies wäre der Fall, wenn die Klage gegen die Mitgesellschafter zu richten wäre und auch nur einer von ihnen nicht am Prozeß beteiligt würde, obwohl seine Beteiligung notwendig wäre: Dann könnte dieser Gesellschafter Gegner eines zweiten Auflösungsrechtsstreits werden oder gar das Ergebnis des ersten Rechtsstreits in Frage zu stellen suchen. Die Gesellschafter, die an der Zweckverfolgung festhalten, müssen alsbaldige Klarheit darüber anstreben, ob ihre Arbeit im bisherigen Rechtsrahmen fortgesetzt werden kann oder nicht. Die prozeßökonomische Ausgestaltung des Gerichtsverfahrens ist daher auch beim Auflösungsrechtsstreit geboten.

28

Vgl. bereits oben § 5 B I 4 b.

A. Die II. 1. Der Wortlaut

des §133

631

Auflösungsklage

Personengesellschaft

HGB:

Zwingende

Prozeßbeteiligung

aller

Gesellschafter In der Personengesellschaft kann die Auflösungsklage von jedem einzelnen Gesellschafter erhoben werden 2 9 ; mehrere Auflösungskläger sind prozessual notwendige Streitgenossen 3 0 . § 1 3 3 H G B ordnet an, daß die Klage gegen die übrigen Gesellschafter zu richten ist, d.h. gegen sämtliche Gesellschafter, welche nicht auf Klägerseite beteiligt sind 3 1 . Mehrere Auflösungsbeklagte sind dann materiellrechtlich notwendige Streitgenossen 3 2 . Es müssen also alle Gesellschafter am Prozeß beteiligt sein 3 3 ; wie bei der Ausschlußklage hält die h . L . aber auch im Auflösungsrechtsstreit eine Beteiligung desjenigen Gesellschafters für entbehrlich, der sich für den Fall, daß die Klage Erfolg hat, vorprozessual verbindlich mit der Auflösung einverstanden erklärt h a t 3 4 . Werde die Klage nicht gegen alle Gesellschafter erhoben, deren Prozeßbeteiligung auf der Passivseite erforderlich sei, so sei sie als unbegründet abzuweisen 3 5 . Andere Autoren setzen dieser h.L. diejenigen abweichenden M o d e l l e entgegen, welche sie bereits für die Ausschlußklage favorisiert haben. So wird namentlich das Modell des mehrseitigen Gestaltungsprozesses 3 6 auch auf die Auflösungsklage angewandt 3 7 : Es soll zwingend die Beteiligung aller Gesellschafter erforderlich sein, welche nicht durch eine rechtsgeschäftliche Erklärung außerhalb des Prozesses ersetzt werden k ö n n e 3 8 ; denn dann verbleibe das Risiko, daß jenes Einver29 Baumbacb/Hopt, HGB, §133 Rn. 13; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 59; ders., in Schlegelberger, HGB, § 133 Rn.43; ders., in MK HGB, § 133 Rn.45; ders., Gesellschaftsrecht, §52 III 4 c (S. 1517). 30 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.61 f.; ders., in Schlegelberger, HGB, § 133 Rn.45; ders., in MK HGB, § 133 Rn.47; für materiellrechtlich notwendige Streitgenossenschaft MK-Schilken, ZPO, § 62 Rn. 27; Musielak-Weth, ZPO, § 62 Rn. 10; Stein/]onas-Bork, ZPO, § 62 Rn. 15; Wieczorek-Schütze, ZPO, § 62 Rn. 37. 31 BGH NJW 1998, 146; OLG Nürnberg WM 1958, 710, 713; Brandes, WM 1998, 261,267; A. Hueck, OHG, §25 III 3 (S. 377); Jauernig, ZZP 101 (1988), 361, 370; G. Lüke, JuS 1998, 594. 32 Brückner, Streitgenossen, S. 143; Henckel, Parteilehre, S. 104; Jauernig, ZZP 101 (1988), 361, 370; Lindacher, JuS 1986, 379, 381; G. Lüke, JuS 1998, 594; MK-Schilken, ZPO, §62 Rn.28; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §49 Rn. 33; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.32, 59f., 64; Schütz, Sachlegitimation, S. 154; K.-H. Schwab, FS Lent, S.271, 289; Stein/]onas-Bork, ZPO, §62 Rn. 15; Winte, Streitgenossenschaft, S.69; Z.öl\er-Vollkommer, ZPO, §62 Rn.20. 33 Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.87. 3 4 BGH NJW 1958, 418f.; NJW 1998, 146; Baumbach-Hartmann, ZPO, §62 Rn.13; Brandes, WM 1998, 261, 267; Brückner, Streitgenossen, S. 151; Henckel, Parteilehre, S. 104; A. Hueck, OHG, §25 III 3 (S. 377); Jauernig, ZZP 101 (1988), 361, 370f.; K.-H. Schwab, FS Lent, S.271, 289; Stein/]onas-Bork, ZPO, §62 Rn.15; Ulmer, FS Geßler, S.269, 274ff.; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.87f.; Zöller-Vollkommer, ZPO, §62 Rn.20. 3 5 G. Lüke, JuS 1998, 594. 36 Dazu oben § 3 B II 4. 37 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 50, 57. 38 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.61, 65ff.; ders., in Schlegelberger, HGB, § 133 Rn.46.

632

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

ständnis nach bürgerlichem R e c h t unwirksam sei und folglich die Bindung des Gesellschafters an das Prozeßergebnis entfalle 3 9 . Jeder Gesellschafter soll während des Prozesses beliebig die Fronten wechseln k ö n n e n 4 0 . Ebenso wird das an § 8 5 6 Z P O angelehnte Beiladungsmodell für den Auflösungsstreit fruchtbar zu machen versucht 4 1 : D e r Auflösungskläger soll sich damit begnügen können, diejenigen Gesellschafter zu verklagen, welche sich der Auflösung widersetzen; die übrigen sollen beigeladen werden und dem Rechtsstreit auf beliebiger Seite beitreten können.

2. Gestaltungswirkung

nur für die am Prozeß beteiligten

Gesellschafter

Materiellrechtliches Substrat der Auflösungsklage ist die Verpflichtung der beklagten Gesellschafter, angesichts des wichtigen Grundes in die Auflösung der Gesellschaft einzuwilligen 4 2 . Streitgegenstand ist der Auflösungsantrag, gestützt auf einen bestimmten wichtigen Grund; werden mehrere Sachverhalte vorgetragen, welche nach Behauptung des Klägers je für sich die Auflösung rechtfertigen, so liegen mehrere Streitgegenstände v o r 4 3 . Das stattgebende Urteil löst die Gesellschaft konstitutiv auf und ist daher Gestaltungsurteil. Aber es wirkt weder gegenüber jedermann noch auch nur gegenüber denjenigen Gesellschaftern, die zu verklagen der Auflösungskläger versäumt h a t 4 4 ; im Gegenteil: Wenn das Gesetz auf die Beteiligung „der übrigen" Gesellschafter Wert legt, so bringt es zum Ausdruck, daß ein Gesellschafter, der am Prozeß nicht beteiligt war, auch von den Urteilswirkungen nicht betroffen werden soll.

3. Klage gegen die

Gesellschaft?

Es fragt sich, o b rechtsfortbildend jenseits des Wortlauts des § 1 3 3 H G B die M ö g lichkeit anzuerkennen ist, auch in der Personengesellschaft die Auflösungsklage gegen die Gesellschaft zu erheben 4 5 . Der Hintergrund dieser auf den ersten Blick erstaunlichen Fragestellung erhellt, wenn man einige der bisher in dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse zusammenführt:

Vgl. jetzt MK-Schmidt, HGB, § 133 Rn.48: Die h. L. kann allenfalls im Interesse der Prozeßökonomie als Ergebnis einer rechtsfortbildenden Praxis hingenommen werden. 39 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.73f. 40 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 60, 162 ff. 41 Roth, FS Großfeld, S.915, 926f. 42 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 31, 70. 43 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.55. 4 4 Wie hier A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 94 II 3 (S.527); Jauernig, ZZP 101 (1988), 361, 371; anders Schlosser, Gestaltungsklagen, S.221; Ulmer, FS Geßler, S.269, 273. 4 5 Ansätze in diese Richtung bei MK-Schmidt, HGB, §133 Rn. 50 sowie Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, § 133 Rn.48 für Publikumsgesellschaft und GmbH & Co KG.

A. Die

a) Die Parallele zur

633

Auflösungsklage

Ausschlußklage

So legt der Wortlaut des § 140 HGB gleichfalls nahe, daß der Streit um den Ausschluß eines Gesellschafters unter den Gesellschaftern als Prozeßparteien auszutragen ist. Gleichwohl wurde gezeigt, daß der Anspruch gegen den störenden Gesellschafter, aus der Gesellschaft auszuscheiden, materiellrechtlich dieser selbst und nicht den Mitgesellschaftern in ihrer Gesamtheit zusteht. Tragend hierfür waren vor allem zwei Überlegungen, die beide auch im Rahmen der Auflösungsklage Gültigkeit beanspruchen: aa) Die organisationsrechtliche

Komponente

des

Gesellschaftsvertrags

Die Idee von der Parteirolle der Mitgesellschafter wurzelt noch in der schuldrechtlichen Komponente des Gesellschaftsvertrags, nämlich in der Tatsache, daß durch Abschluß des Gesellschaftsvertrags Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern begründet worden seien und diese durch den Ausschluß des Gesellschafters teilweise wieder aufgelöst würden. Demgegenüber wurde hier die organisationsrechtliche Komponente des Gesellschaftsvertrags in den Vordergrund gestellt. Leidet der Gesellschaftsvertrag an einem Mangel, welcher nach der Rechtsgeschäftslehre des allgemeinen bürgerlichen Rechts zu seiner Nichtigkeit führen würde, ist jedoch die Gesellschaft in Vollug gesetzt, so wird sie als zwar fehlerhafte, gleichwohl aber nach innen und außen wirksame Gesellschaft behandelt. Der Mangel muß durch Erhebung der Auflösungsklage geltend gemacht werden und führt dann allenfalls zur Auflösung der Gesellschaft ex nunc. Solange die Gesellschaft wirksam ist, erzeugt sie die gleichen mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten wie ein fehlerfreier Gesellschaftsvertrag. Ein Gesellschafter, der die Verfolgung des Gesellschaftszwecks nachhaltig stört, muß nach § 140 HGB durch Gestaltungsurteil ausgeschlossen werden. Damit ist nicht so sehr der Abschluß eines schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrags, sondern gerade die darauf basierende Errichtung einer rechtsfähigen (§ 124 I HGB) Organisation für die Entstehung mitgliedschaftlicher Bindungen entscheidend. Ansprüche gegen Mitglieder auf Leistungen, welche den gemeinsamen Zweck fördern, stehen allein dieser Organisation zu. Konsequent ist bei Nichterfüllung jener Förderpflichten diese Organisation, nämlich eben die O H G oder KG, zur Realisierung entsprechender Sanktionen befugt: zur Einforderung von Schadensersatz; zum Ausschluß eines störenden Gesellschafters. Das Mitgliedschaftsverhältnis, welches diese Ansprüche und diese Pflichten trägt, ist ein Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Gesellschafter. Eine Rechtsbeziehung zu den Mitgesellschaftern besteht demgegenüber nur insoweit, als der Gesellschafter verpflichtet ist, auf legitime mitgliedschaftliche Eigeninteressen seiner Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen. Insoweit unterscheidet sich die Personenhandelsgesellschaft nicht von der GmbH. Der Gesellschafter, der die Auflösung begehrt, begehrt die Auflösung des Mitgliedschaftsverhältnisses, das ihn mit der Gesellschaft verbindet. Schon deshalb ist die Gesellschaft für die Auflösungsklage der richtige Klagegegner.

634

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

bb) Die

Projektionsidee

Das Gesellschaftsinteresse wurde hier als zwar imaginäre, gleichwohl aber eigenständige rechtliche Größe herausgearbeitet: Die rechtsfähige Gesellschaft aggregiert das Interesse der Gesellschafter an der Förderung des gemeinsamen Zwecks und nimmt es in sich auf. Die Kernaussage dieses Projektionsgedankens lautet dahin, daß das Interesse an der gemeinsamen Zweckverfolgung von der Gesellschaft verteidigt wird. Gerade dieser Projektionsgedanke legitimiert, wie gesehen, in der GmbH die gesetzliche Anordnung, daß die Auflösungsklage gegen die Gesellschaft zu richten ist. Jener Gedanke gilt aber, wie dargelegt 46 , in der Personengesellschaft nicht minder. b) Die Parteirollenverteilung

im gesellscbaftsinternen

Konflikt

Für die Anerkennung einer Auflösungsklage gegen die Gesellschaft sprechen ferner die allgemeinen Überlegungen, die hier zur Verteilung der Parteirollen in gesellschaftsinternen Rechtsstreitigkeiten angestellt wurden. Die Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse in § 9 dieser Arbeit hat zwei verschiedene Konzepte vor Augen geführt, mit deren Hilfe die Erledigung gesellschaftsinterner Streitigkeiten in einem einzigen Prozeß mit allseits verbindlicher gerichtlicher Entscheidung bewältigt werden kann, ohne prozeßscheuen Gesellschaftern die Beteiligung am Prozeß aufzudrängen. Das eine Konzept besteht darin, der Gesellschaft die Parteirolle auf Kläger- oder, was hier allein in Betracht kommt, Beklagtenseite zuzuweisen. Das gegen die Gesellschaft erstrittene stattgebende Urteil wirkt analog § 2 4 8 I 1 AktG Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter und (wo Fremdorganschaft möglich ist) Verwaltungsmitglieder; die übrigen Gesellschafter können als streitgenössische Nebenintervenienten auf Kläger- oder Beklagtenseite beitreten. Das andere Konzept beläßt die Parteirolle bei den Gesellschaftern, erspart aber die Notwendigkeit einer allseitigen Prozeßbeteiligung dadurch, daß der Kläger nur einen derjenigen Mitgesellschafter verklagen muß, welche seiner Rechtsauffassung entgegentreten, und die übrigen entsprechend § 8 5 6 Z P O beiladen kann; die Beiladungsbefugnis steht in gleicher Weise dem Beklagten sowie denjenigen Mitgesellschaftern zu, welche sich, ihrerseits beigeladen, als Streitgenossen angeschlossen haben. Wo sich eine Rechtsposition klar definieren läßt, mit der die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintreten kann - z.B. ein bestimmter, seinem Inhalt nach unstreitiger Beschluß - , ist einerseits Raum für das Prozeßmodell, welches die Gesellschaft zur Partei erhebt; andererseits verdient dies Modell dann auch den Vorzug, weil es eine allseitig verbindliche und gleichzeitig rationelle Erledigung des Rechtsstreits in größerem Umfang gewährleistet. Auch der Gesellschafter einer Personengesellschaft muß daher die Auflösungsklage statt gegen seine Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft richten. Diese tritt mit einer klar definierten Rechtsbehauptung in 46

Oben § 2 B X I 1.

A. Die

635

Auflösungsklage

den Prozeß ein: M a n hat sich nicht einstimmig oder, soweit es der Gesellschaftsvertrag vorsieht, auf die Auflösung einigen können; deshalb vertritt die Gesellschaft den Standpunkt der fortsetzungswilligen Gesellschafter, ein wichtiger Grund für die Auflösung sei nicht gegeben. Positivrechtlich läßt sich die Beklagtenrolle der Gesellschaft auf eine entsprechende

Anwendung

des §61 II 1 GmbHG

stützen, da

dessen Grundgedanke, wie gezeigt, in gleicher Weise für die Personengesellschaft zutrifft.

III. Mitgliederwechsel w ä h r e n d des Auflösungsprozesses 1.

Meinungsstand

Überträgt der Kläger nach Rechtshängigkeit seiner Klage seinen Gesellschaftsanteil auf einen Dritten, so soll die Klage unbegründet w e r d e n 4 7 . D e r Kläger soll den Prozeß auch nicht nach § 2 6 5 Z P O als Kläger fortsetzen können; denn das Auflösungsrecht sei vom hierauf gerichteten Interesse des Klägers nicht zu trennen 4 8 ; jenes Interesse aber falle weg, wenn der Kläger durch Übertragung des Anteils aus der Gesellschaft ausscheide. Die Anwendung des § 2 6 5 Z P O wird des weiteren mit der Begründung verworfen, der Auflösungskläger verliere mit Veräußerung seiner Beteiligung die Aktivlegitimation 4 9 . Dagegen soll, wenn ein auf Auflösung beklagter Mitgesellschafter seinen Anteil veräußert, der Prozeß gegen ihn nach § 2 6 5 Z P O fortgesetzt werden können, weil man ihm sonst ein für M i ß b r ä u c h e anfälliges prozeßtaktisches Mittel in die H a n d gebe 5 0 . Die Auflösungsklage als Gestaltungsklage ersetze die sonst notwendige Leistungsklage auf Abgabe des Einverständnisses mit der Auflösung. Die entsprechende Verpflichtung treffe den beklagten Mitgesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter. „Streitbefangen" sei daher dessen Gesellschaftsanteil, so daß die Veräußerung jenes Anteils den Tatbestand des § 2 6 5 Z P O erfülle. Das Mitgliedschaftsrecht des Beklagten sei O b j e k t der begehrten Gestaltung 5 1 .

Baumbach-Schulze-Osterloh, GmbHG, § 61 Rn. 14; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 61. Lutter/Kleindick, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 61 Rn. 3; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S.61, 150f.; ders., in Schlegelberger, HGB, § 133 Rn.44; ders., in MK, HGB, § 133 Rn.46; ders., in Scholz, GmbHG, § 61 Rn.7. 49 Baumbach-Schulze-Osterloh, GmbHG, § 61 Rn. 14. Gegen die Anwendung des § 265 ZPO ferner Hachenburg-Ulmer, GmbHG, §61 Rn.27; Rasner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §61 Rn. 12. 50 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 64f.; ders., in Schlegelberger, HGB, § 133 Rn.47; ders., in MK, HGB, §133 Rn.49. 51 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 64. 47 48

636

§11

2. Mitgliederwechsel a) Auflösungsrecht

Die Mediatisierung

auf als

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

Klägerseite Desinvestitionsrecht

Die Anwendung des § 2 6 5 Z P O bei Veräußerung auf Klägerseite scheitert indes gewiß nicht schon daran, daß der Kläger mit Veräußerung seiner Beteiligung die Aktivlegitimation für die Klage verliert. Denn dieser Verlust ist allen Fällen des § 2 6 5 Z P O eigen und bildet überhaupt den Grund für die Notwendigkeit für diese Regelung: Die Klage, die eigentlich als unbegründet abgewiesen werden müßte und sodann vom Erwerber neu angestrengt werden könnte, kann, weil der Veräußerer dem Prozeß verhaftet bleibt, nach wie vor zu einer Sachentscheidung über den streitigen Anspruch selbst führen. O b § 2 6 5 Z P O bei Veräußerung auf Klägerseite anwendbar ist, läßt sich sachgerecht nur beantworten, wenn man das materiellrechtliche Substrat des Auflösungsrechts näher beleuchtet. M a n könnte geneigt sein, dies Recht mit der Überlegung zu erklären, es sei dem Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht mehr zumutbar, sein Investment weiterhin an eine Gesellschaft zu binden, in der es nicht mehr gedeihlich eingesetzt werden könne. Das Auflösungsrecht erschiene dann als eine Ausprägung des Rechts investition.

auf

Des-

In der Tat scheinen der B G H und die h.L. diese Deutung zu bevorzu-

gen, indem sie nämlich den Auflösungskläger vorrangig auf andere

Instrumente

der Desinvestition verweisen, welche den Bestand der Gesellschaft (im Gegensatz zur Auflösung) nicht in Frage stellen: So soll der Gesellschafter in erster Linie gehalten sein, seinen Anteil gegen angemessenes Entgelt zu veräußern 5 2 . Zum unentziehbaren Kern der Mitgliedsrechte eines Gesellschafters gehört im übrigen das Recht, aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszutreten^.

Anknüpfend da-

ran wird argumentiert, der Gesellschafter, der in der Gesellschaft keine Zukunft mehr erblicke, habe in erster Linie von diesem Recht Gebrauch zu machen, bevor er die Auflösung begehre 5 4 . Der Austritt könne ihm lediglich dann nicht als vorrangiges Mittel der Konfliktlösung angesonnen werden, wenn ungewiß sei, ob die ihm zustehende Abfindung

aus ungebundenem Vermögen gezahlt werden kön-

ne 5 5 . Teilweise wird ganz allgemein darauf hingewiesen, daß der Gesellschafter auf das Austrittsrecht nur dann verwiesen werden dürfe, sofern ihm der Austritt zumutbar sei, ohne daß Kriterien benannt würden, anhand derer sich dies beurteilen ließe 56 . Deutet man das Austrittsrecht in dieser Weise als Recht auf Desinvestition, BGH N J W 1985, 1901; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 61 R n . 4 . Vgl. für die GmbH B G H Z 116, 359, 3 6 9 . Da das Ausscheiden eines Gesellschafters nach der Novelle des § 131 HGB grundsätzlich nicht mehr zur Auflösung der O H G oder KG führt, ist ein solches Recht auch dort anzuerkennen (zutreffend Baumbach/Hopt, HGB, § 133 Rn. 1; Röhricht, FS Kellermann, 361, 378ff.). 54 Baumbach-Schulze-Osterloh, GmbHG, § 61 R n . 5 ; Goerdeler, FS Barz, 1 1 3 , 1 2 5 ; Immenga, Kapitalgesellschaft, Lutter/Kleindick, in S . 3 4 0 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 6 1 Rn. 1. 55 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 IV 2b bb (S. 1198). Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 6 1 Rn. 4 nimmt die Unsicherheit bei der Durchsetzung der Abfindung zum Anlaß, einen Vorrang des Austritts vor der Auflösung generell zu bestreiten. 56 Röhricht-v.Gerkan, HGB, § 133 R n . 5 . 52

53

A. Die Auflösungsklage

637

so erscheint es folgerichtig, wenn § 2 6 5 ZPO bei Veräußerung auf Klägerseite nicht angewandt wird: Der Auflösungskläger, der seinen Anteil veräußert hat, hat desinvestiert und konsequent kein Interesse mehr an der Auflösung; der Erwerber hat soeben investiert und regelmäßig keinen Grund, sogleich die Auflösung zu betreiben und sein Investment wieder zurückzuziehen. Mit dem Mitgliederwechsel verliert nicht nur der Kläger seine Aktivlegitimation; vielmehr erlischt das Auflösungsrecht als Ganzes. Deshalb wird die Klage endgültig unbegründet, sowohl für den Kläger als auch für den Erwerber. Der Auflösungskläger muß daher, will er die Abweisung seiner Klage vermeiden, die Hauptsache für erledigt erklären. b) Auflösungsrecht

als Abwehr drohender

Ungleichbehandlung

Die soeben vorgestellte Deutung des Auflösungsrechts als Recht auf Desinvestition erscheint für den Regelfall zutreffend; sie bedarf indes der Ergänzung für den besonderen Fall, daß der Auflösungsgrund in einem unheilbaren Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern besteht57 und sich dieses auch nicht dadurch beheben läßt, daß einer von mehreren zerstrittenen Gesellschaftern ausgeschlossen wird, weil alle beteiligten Gesellschafter in gleicher Weise für den Konflikt verantwortlich sind58. In einem solchen Fall kann der Gesellschafter nicht ohne weiteres auf sein Austrittsrecht verwiesen werden. Dann würde er nämlich vor die Wahl gestellt, entweder in einer für ihn unzumutbaren Gesellschaft zu verbleiben oder aber seinen Mitgesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft ohne ihn zu ermöglichen. Diese Option würde auf eine Ungleichbehandlung zu seinem Nachteil hinauslaufen; denn die übrigen Gesellschafter können kein stärkeres Recht zur Fortsetzung der Gesellschaft beanspruchen als er selbst. Ihnen darf namentlich keine Handhabe gegeben werden, den auflösungswilligen Gesellschafter, den sie nicht ausschließen können, dadurch loszuwerden, daß sie die Auflösung verweigern und sodann ihm das Leben möglichst schwer machen. Das Auflösungsrecht erscheint in einer solchen Situation also nicht nur als Recht zur Desinvestition, sondern darüber hinaus als ein Recht, den Mitgesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft zu verwehren. Selbst dann ist freilich die Anwendung des § 265 ZPO bei Veräußerung auf Klägerseite ausgeschlossen: Wer seine Beteiligung veräußert, gibt zu erkennen, daß er den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft ermöglichen will, und verhält sich daher widersprüchlich, wenn er weiterhin die Auflösung begehrt. Der Erwerber hat seinerseits zu erkennen gegeben, daß er mit den bisherigen Gesellschaftern zusammenarbeiten will, und verhält sich daher ebenfalls widersprüchlich, wenn er sogleich die Gesellschaft aufzulösen trachtet. Die Klage wird also abermals unter allen denkbaren Gesichtspunkten unbe5 7 Vgl. zum Zerwürfnis als Auflösungsgrund R G Z 164, 2 5 7 , 2 5 8 ; Balz, J Z 1983, 2 4 1 , 2 4 2 ; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 6 1 R n . 2 1 ; Lutter/Kleindick, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 6 1 R n . 8 ; Röhricht, FS Kellermann, S . 3 6 1 , 369; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 6 1 R n . 1 6 , 24; Winkler, Lückenausfüllung, S. 64. 58 In einem solchen Fall ist der Ausschluß eines von mehreren konfliktbeteiligten Gesellschaftern nicht möglich; vgl. unten C III 1 .

638

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

gründet, weil das Auflösungsrecht als solches mit der Veräußerung erlischt. Der Kläger hat daher die Hauptsache für erledigt zu erklären.

3. Veräußerung

auf

Beklagtenseite

Wenn § 2 6 5 Z P O für die Veräußerung auf Beklagtenseite mit der Begründung für a n w e n d b a r erklärt wird, es gelte prozeßtaktische Manipulationen durch den Auflösungsbeklagten zu verhindern, so entspricht dies exakt dem oben 5 9 beschriebenen Normzweck: Dem Kläger als dem Gegner des Veräußerers sollen Verzögerungen erspart bleiben, die sich einstellen würden, wenn er bei jedem Wechsel in der Rechtszuständigkeit eine neue Partei verklagen müßte, und sei es im selben Prozeß im Wege des Parteiwechsels. An dieser Stelle erweist sich freilich ein weiterer rechtspraktischer Vorzug des § 61 II 1 G m b H G und seiner Anwendung auch auf die Personengesellschaft: Da die Gesellschaft Beklagte ist, k a n n ein Gesellschafterwechsel bereits im Ansatz keinen Einfluß auf den Prozeß haben.

B. Die Rechtslage in der

Zweimanngesellscbaft

I. Mediatisierung und Prozeßökonomie Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Vorzüge eines Prozeßmodells betont, welches der Gesellschaft die Parteirolle in gesellschaftsinternen Streitigkeiten zuweist. Auf diese Weise läßt sich in einem einzigen Prozeß eine allseits verbindliche Erledigung des Rechtsstreits erzielen, an dem sich alle Gesellschafter beteiligen können, aber nicht müssen, wenn sie die Verwicklung in den Rechtsstreit scheuen. Die Mediatisierung der Parteistellung durch die Gesellschaft erwies sich damit als ein Beitrag zur prozeßökonomischen Bewältigung des Rechtsstreits; soweit es hierfür erforderlich war, einzelnen Gesellschaftern eine nach materiellem Recht eigentlich gebotene Parteirolle zu nehmen, konnte dies unter Hinweis darauf begründet werden, d a ß eine prozeßökonomische H a n d h a b u n g als prozessuale Kehrseite des alle Gesellschafter bindenden Zweckverfolgungsgedankens gefordert war und die gewählte Gestaltung jener Prozeßökonomie am besten gerecht wurde. Indes: In der Zweimanngesellschaft k a n n die Parteistellung der Gesellschaft diesen Gewinn an prozessualer Zweckmäßigkeit nicht erbringen. Denn ein Streit unter den Gesellschaftern ist notwendig ein Streit unter allen Gesellschaftern: Der eine ficht eine Meinungsverschiedenheit mit dem anderen aus.

59

§2 KI 2,115.

B. Die Rechtslage

II.

in der

Zweimanngesellschaft

639

Kostengerechtigkeit

Unter dem Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit ist in der Zweimanngesellschaft die Parteirolle der Gesellschaft ebenfalls fragwürdig 60 : Wenn die einzigen zwei vorhandenen Gesellschafter gegenläufige Positionen verfechten, verliert die Überlegung, der eine streite für das gemeinsame Zweckverfolgungsinteresse, wofür ihm, der er zu Nachschüssen nicht verpflichtet sei, nicht auch noch ein Kostenrisiko aufgebürdet werden dürfe 6 1 , ebenso an Überzeugungskraft wie der Gedanke, die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten sei Lebenselement einer Gesellschaft und dürfe nicht mit einem verschuldensunabhängigen Kostenrisiko sanktioniert werden 6 2 . Der verbandsinterne Streit ist notwendig

ein solcher zwischen den bei-

den Gesellschaftern; und diese vertreten notwendig

Vorstellungen, die stark von

ihren individuellen Interessen geleitet sind. Diese besondere persönliche Verwicklung beider Gesellschafter in die Auseinandersetzung ist in der Zweimanngesellschaft bereits bei abstrakter,

typisierender

Betrachtung

gegeben; sie rechtfertigt es,

diesen die Kostenlast aufzuerlegen und das Gesellschaftsvermögen hiervon zu verschonen. Die einseitige Belastung eines Gesellschafters mit dem persönlichen Kostenrisiko, während der andere mit dem Gesellschaftsvermögen streiten darf, mündet letztlich in einen Verstoß gegen Art. 3 I G G und das daraus abgeleitete Gebot der prozessualen Waffengleichheit aus 6 3 . So ist namentlich für die Ausschlußklage mit Recht vorgetragen worden, daß die Aussicht, Alleingesellschafter zu werden, dem Kläger durchaus ein Kostenrisiko wert sein sollte 64 : Es geht nicht um die Verteidigung des Gesellschaftsinteresses, sondern darum, wer das Gesellschaftsunternehmen allein fortführen darf 6 5 . Es überzeugt daher nicht, wenn die Ausschlußklage durch die Gesellschaft für die Zweimann-GmbH gerade deshalb befürwortet wird, weil der den Ausschluß betreibende Gesellschafter dann nicht auf eigenes Kostenrisiko klagen müsse 6 6 : Eben diese Ersparnis läßt sich in der Zweimanngesellschaft nicht überzeugend legitimieren. Die Kostengerechtigkeit läßt sich auch 6 0 So auch Becker, Z G R 1986, 383, 407f.; Reher, Sonderrecht, S. 161f. Demgegenüber hielt das O L G München (WM 1982, 1061, 1063) eine Klage der Gesellschaft, vertreten durch einen Gesellschafter, gegen den anderen für zulässig und verwarf den Einwand des letzteren, der prozeßbetreibende Gesellschafter wolle sich lediglich das persönliche Kostenrisiko ersparen. 61 Mit dieser Überlegung wurde die - auch im Innenverhältnis zu den Gesellschaftern endgültige - Verpflichtung der Gesellschaft gerechtfertigt, die Kosten aus dem Gesellschaftsvermögen zu bestreiten. Siehe oben § 3 B II 5 b, c. 6 2 Diese Überlegung wurde vorgetragen, um zu rechtfertigen, daß die Gesellschaft im Beschlußmängelstreit anstelle der mehrheitsbildenden Gesellschafter die Prozeßkosten trägt. Siehe oben § 8 A V, VI 1. 6 3 So überzeugend LG Karlsruhe DB 1998, 1 0 2 4 , 1 0 2 5 . Das Gericht hat sich freilich gescheut, daraus die Konsequenz zu ziehen, daß der Prozeß zwischen den Gesellschaftern auszutragen sei; vielmehr könne selbst in der Zweimanngesellschaft die Schadensersatzklage wegen Verletzung von Geschäftsführerpflichten gegen einen Gesellschafter von der Gesellschaft erhoben werden (LG Karlsruhe DB 2 0 0 1 , 693, 694). 64 Kulka, Ausschluß, S . 2 0 7 . 65 Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 4 0 7 ; Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 134 66 Schneider, FS Kellermann, S . 4 0 3 , 4 1 7 .

640

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

nicht dadurch verwirklichen, daß die Kosten des Gesellschaftsprozesses dem Gesellschafter, dessen Position von der Gesellschaft im Rechtsstreit repräsentiert wird, im Innenverhältnis belastet werden; denn ein verschuldensunabhängiger Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter ist, wie zu zeigen versucht wurde 67 , nicht begründbar. Freilich wird die Ansicht vertreten, die GmbH sei selbst dann die allein richtige Ausschlußklägerin, wenn sie nur zwei Gesellschafter habe 68 . Auf dem Boden des soeben Gesagten kann jedoch nur die entgegengesetzte Position richtig sein: Für die Ausschlußklage ist der Gesellschafter selbst klagebefugt - und zwar ausschließlich69 und nicht, wie verbreitet behauptet wird 70 , konkurrierend neben der Gesellschaft. Persönliche Verwicklungen der beschriebenen Art können zwar auch in mehrgliedrigen Gesellschaften auftreten; doch kommen sie dort nicht notwendig, ja nicht einmal typischerweise vor. Die Verteilung der Parteirollen und die hieran anknüpfende Verteilung der Kostenlast kann jedoch auf den konkreten Grad der persönlichen Verwicklung streitbeteiligter Gesellschafter keine Rücksicht nehmen: Gerade wenn die Verteilung der Parteirollen in gesellschaftsinternen Streitigkeiten vom materiellen Recht losgelöst und an prozeßökonomischen Erwägungen orientiert wird, verliert das materielle Recht seine Kraft, rechtsgewiß den richtigen Kläger und den richtigen Beklagten zu definieren. An seine Stelle muß ein Modell der Rollenverteilung treten, welches ebenso rechtssicher zu handhaben ist. Dies Modell kann auf die Umstände des Einzelfalls nur wenig Rücksicht nehmen. Bei Zweimanngesellschaften ist eine besondere Handhabung der Parteistellung gerechtfertigt, weil dort typischerweise der interne Streit ein solcher zwischen den Gesellschaftern ist und die verfochtenen Rechtspositionen typisch erweise stark vom Eigeninteresse der Gesellschafter dominiert werden.

III. Einzelfragen Daher ist in diesem Fall unabhängig von der materiellen Zuordnung von Rechten und Pflichten der Prozeß ausschließlich zwischen den Gesellschaftern ohne Beteiligung der Gesellschaft auszutragen.

Oben §3 B I I 5 , §8 A V,VI 1. BGHZ 16, 317, 32.1 f.; OLG Nürnberg BB 1970, 1371; Ganssmüller, GmbHR 1963, 7, 8; Goette, DStR 2001, 533, 534; A. Hueck, DB 1953, 776. 6 9 Im Ergebnis ebenso Dreiss/Eitel-Dreiss, Ausscheiden, S. 123; R. Fischer, FSW. Schmidt, S. 117, 133f.; Wolf, ZGR1998m 92, 107ff. 70 Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 31; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 18 Rn. 38f.; MüHdbGesR III/Kort, §29 Rn.52; Oppenländer, DStR 1996, 922, 927f.; Schneider, FS Kellermann, S.402,417; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 139; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. §34 Rn.28. 67 68

B. Die Rechtslage in der 1. Einforderung

von Sozialansprüchen

und

641

Zweimanngesellschaft Ausschlußklage

Dies Ergebnis wird freilich gerade für die Einforderung von Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen gegenüber einem Gesellschafter nicht durchweg geteilt. In der Tat wäre es ohne Schwierigkeiten möglich, die Klageerhebung gegen den angeblich verpflichteten Gesellschafter durch die Gesellschaft dem anderen Gesellschafter zu überantworten. Wenn man auf einen Einforderungsbeschluß nicht gleich gänzlich verzichtet 7 1 , so kann jedenfalls der die Einforderung betreibende Gesellschafter ihn allein fassen, da der andere v o m Stimmrecht ausgeschlossen ist 7 2 . Ebenso ist der klagewillige Gesellschafter einer G m b H in der Lage, sich mittels eines Beschlusses nach § 4 6 Nr. 8 G m b H G zum Sondervertreter zu bestellen und dann namens der G m b H den Anspruch zu verfolgen 7 3 . Aus alledem ist der Schluß gezogen worden, der Gesellschafter könne die Prozeßführung der Gesellschaft an sich ziehen und sei daher auf die actio pro socio nicht angewiesen; diese sei folglich unzulässig 7 4 . Die eingangs sub I./II. angestellten Überlegungen führen indes zum entgegengesetzten Ergebnis: Der die Einforderung betreibende Gesellschafter muß in Personengesellschaft und G m b H unmittelbar selbst

im Wege der

actio pro socio vorgehen; diese ist m.a.W. nicht nur zulässig, sondern

geboten.

Werfen sich die Gesellschafter gegenseitig vor, das Vermögen der Gesellschaft unberechtigt vermindert zu haben, so müssen ihre wechselseitigen Einzelklagen als Klage und Widerklage in einem Prozeß verhandelt w e r d e n 7 5 . Indem die Klagebefugnis des Klägers auf die actio pro socio gestützt wird, ist auch sichergestellt, daß

71 Für Verzicht auf einen Einforderungsbeschluß in der Personengesellschaft Hadding, Actio pro socio, S.59f., 75; ders., JZ 1975, 159, 164; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 134; in der GmbH OLG Düsseldorf DB 1993,2474,2475; OLG München WM 1982,1061,1062; Ihlas, Organhaftung, S. 106; Krieger, VGR I (1998), 111,113; Oppenländer, DStR 1996, 922, 928; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §46 Rn.41; Schneider, FS Kellermann, S.403, 422; Zöllner, ZGR 1988, 392, 410f. Dagegen halten einen Einforderungsbeschluß für erforderlich (jeweils für GmbH): Eickhoff, Gesellschafterklage, S.204; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 75. Was die Ausschlußklage in der Zweimann-GmbH anbelangt, so ist ebenfalls die Auffassung weit verbreitet, daß dort auf den sonst erforderlichen Gesellschafterbeschluß verzichtet werden kann; vgl. Abramenko, GmbHR 2001, 501, 502; Goette, DStR 2001, 533, 534; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. §34 Rn.26; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 18 Rn.37; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn. 36; MüHdbGesR WM Kort, § 29 Rn. 43; Oppenländer, DStR 1996, 922, 923 f.; Schneider, FS Kellermann, S.403, 416; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 140; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. §34 Rn.26. 7 2 Vgl. für die GmbH nur §47 IV GmbHG und Eickhoff, Gesellschafterklage, S.70f. 73 Barnert, Gesellschafterklage, S. 224, 227; Eickhoff, Gesellschafterklage, S.71; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, §46 Rn.47; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §46 Rn. 153. Nach OLG München WM 1982,1061,1063; Schneider, FS Kellermann, S. 403,422 soll der eine Gesellschafter als Vertreter der Gesellschaft gegen den anderen die Einforderung betreiben können, ohne das Verfahren zur Bestellung eines Sondervertreters nach § 46 Nr. 8 GmbHG durchlaufen zu müssen. Das überzeugt nicht: Allein mit einer solchen prozeßökonomischen Erwägung läßt sich keine Vertretungsmacht begründen (zutreffend Scholz-K. Schmidt aaO.). 74 Eickhoff, Gesellschafterklage, S.71; Reher, Sonderrecht, S. 145. Ebenso - auch für mehrgliedrige Gesellschaften - Barnert, Gesellschafterklage, S. 203 ff., 218 ff. 7 5 So für die GbR neuestens ausdrücklich Goette, DStR 2000, 35, 36.

642

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

das Urteil für und gegen die Gesellschaft wirkt: Wie gesehen 76 , handelt es sich bei der actio pro socio um eine aus dem Recht der Gesellschaft abgeleitete Prozeßführungsbefugnis; die Gesellschaft als Rechtsträger muß daher das Urteil so gegen sich gelten lassen, als hätte sie den Prozeß selbst geführt. Das gleiche gilt für Ausschlußstreitigkeiten; denn die Befugnis des einzelnen Gesellschafters, die Ausschlußklage zu erheben, wurde hier ebenfalls aus der actio pro socio hergeleitet. In dem häufigen Fall, daß beide Gesellschafter versuchen, sich gegenseitig auszuschließen, müssen die beiden Ausschlußklagen wechselseitig als Klage und Widerklage erhoben werden 77 . Beide Klagen sind in Prozeßstandschaft für die Gesellschaft 78 , nämlich als actio pro socio bereits de lege lata zulässig; ein Ruf nach dem Gesetzgeber 79 ist nicht angezeigt. Umgekehrt ist die Klage der Gesellschaft gegen beide Gesellschafter unzulässig80: Die Vorstellung, die Gesellschaft schließe alle ihre Gesellschafter aus, ist mit Recht als „kurios" 81 bzw. „absurd" 82 bezeichnet worden; die Gesellschaft müßte, wenn sie gegen beide Gesellschafter klagte, angesichts wechselseitiger Schuldzuweisungen nicht selten in beiden Verfahren jeweils einander widersprechenden Standpunkte vertreten 83 . Der gleichzeitige Ausschluß beider Gesellschafter widerspricht auch gänzlich der Interessenlage: Der Streit rankt sich darum, daß einer der beiden Gesellschafter ausscheiden soll, nämlich derjenige, der tatsächlich einen wichtigen Grund gesetzt hat. Haben beide ihn in ähnlich gravierender Weise gesetzt, so kommt ein Ausschluß nicht in Frage 84 ; vielmehr ist allein die Auflösung die richtige Folge 85 .

Oben § 2 B, G IV. Im Ergebnis wie hier Becker, Z G R 1986, 3 8 3 , 4 0 7 f . (für AG); Dreiss/Eitel-Dreiss, Ausscheiden, S. 127; Reher, Sonderrecht, S. 156ff.; Soufleros, Ausschließung, S.73 (für GmbH); Wolf, Z G R 1998, 92, 107 (für Personengesellschaften und GmbH). Die Möglichkeit eines AusschlußHachenburg-Ulmer, prozesses als Klage und Widerklage wird außerdem befürwortet von GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 3 1 ; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 4 R n . 3 7 . Vgl. außerdem O L G München GmbHR 1994, 2 5 1 , 2 5 2 : Versuchen beide Gesellschafter, die Anteile des jeweils anderen aus wichtigem Grund einzuziehen, so müssen beide Beschlußanträge in derselben Gesellschafterversammlung gemeinsam behandelt werden, damit die Gesellschafter die wechselseitige Einziehung nicht im Wettlauf betreiben. 76

77

78 Für die GmbH ebenso Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 3 1 ; Kulka, Ausschluß, S . 2 0 9 ; Reher, Sonderrecht, S. 147f. 7 9 Vgl. R. Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 133 für die GmbH. 8 0 Für sie aber Balz, Beendigung, S . 4 7 ; Spitze, Ausschließung, S . 9 2 . 81 Kulka, Ausschluß, S. 2 0 7 . 82 Joost, Z G R 1984, 71, 80. 83 Soufleros, Ausschließung, S. 73. 84 Vgl. B G H Z 16, 317, 322f.; 80, 346, 351 f. 85 B G H Z 80, 346, 3 5 2 ; BGH GmbHR 1991, 3 6 2 , 363; Balz, Beendigung, S . 5 2 ; Gehrlein, DB 1999, 2 2 5 5 , 2 2 5 6 ; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, § 61 R n . 4 ; MüHdbGesR III/Kort, § 29 Rn. 53; Schneider, FS Kellermann, S . 4 0 3 , 4 1 6 .

B. Die Rechtslage in der 2.

Zweimanngesellschaft

643

Auflösungsklage

Was die Auflösungsklage anbelangt, so hat die Rechtsprechung bisher selbst in der Z w e i m a n n - G m b H unverändert § 6 1 II 1 G m b H G angewendet, ohne die alternative Möglichkeit eines Auflösungsprozesses zwischen den beiden zerstrittenen Gesellschaftern überhaupt zu erörtern 8 6 . Richtigerweise ist aber auch diese Klage vom einen Gesellschafter gegen den anderen zu erheben: Die beabsichtigte Vereinfachung des Prozesses kann durch die Beklagtenrolle der Gesellschaft nicht erreicht werden; und unter dem Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit vermag nicht einzuleuchten, weswegen es dem einen Gesellschafter gestattet sein soll, das Desinvestitionsbestreben des anderen unter Inanspruchnahme des Gesellschaftsvermögens, welches für die Kosten eines gegen die Gesellschaft geführten Rechtsstreits einzustehen hätte, zu blockieren. Vielmehr liegt gerade in der Zweimanngesellschaft der Auflösungsstreit häufig in einem persönlichen Zerwürfnis der Gesellschafter begründet. Sachgerecht ist daher auch hier die allein Auflösungsklage gegen den fortsetzungswilligen Mitgesellschafter.

3.

Beschlußmängelstreitigkeiten

W ä h r e n d nach einigen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur die Anfechtungsklage auch in der Zweimanngesellschaft gegen die Gesellschaft gerichtet werden k a n n 8 7 bzw. m u ß 8 8 , wird hier die Deutung bevorzugt, daß der Streit um Beschlußmängel oder um den Inhalt des Beschlossenen 8 9 v o m einen Gesellschafter durch Klage gegen den anderen ausgetragen w i r d 9 0 . Abweichend von § 2 4 6 II 1 A k t G k o m m t die Gesellschaft nicht als Partei in Betracht; die Vorschrift ist insoweit teleologisch zu reduzieren: Sie verfolgt das Anliegen, eine rationelle Erledigung des Beschlußmängelstreits zu gewährleisten. In der Zweimanngesellschaft kann sie zur Förderung dieses Anliegens nichts beitragen. Die Bindung der Gesellschaft an das zwischen den Gesellschaftern ergehende Urteil ergibt sich aus dem Umstand, daß die Gesellschaft kraft ihres Organisationsrechts an das unstreitige Ergebnis der Willensbildung unter den Gesellschaftern gebunden ist; sind sich die Gesellschafter darüber einig, daß ein bestimmter Beschluß mit einem bestimmten Inhalt Gültigkeit hat, so gilt dieser Beschluß für die Gesellschaft. Wird dies Einver-

86 Vgl. RGZ 164, 257; BGH NJW 1985,1901; für die GmbH als Beklagte auch Oppenländer, DStR 1996, 922, 928. 87 OLG Hamm GmbHR 1985, 119; GmbHR 1998,138. Ohne jegliche Problematisierung der Parteirolle haben das OLG Düsseldorf (GmbHR 1994, 884), das OLG Hamm (GmbHR 2000, 673, 674) und das OLG Naumburg (DB 1998,1023) in Zweimanngesellschaften über Beschlußmängelklagen in der Sache entschieden, welche gegen die Gesellschaft erhoben worden waren. 88 Oppenländer, DStR 1996, 922, 928; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §45 Rn. 148. 89 Zu dieser besonderen Streitkonstellation oben § 6 F, § 7 D III. 9 0 Ebenso Lindacher, ZGR 1987, 121, 128; Reher, Sonderrecht, S.152f.

644

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

ständnis nicht erzielt, so wird es durch gerichtliches Urteil ersetzt 91 , das fortan die Gesellschaft ebenso bindet wie ein von vornherein unstreitiger Beschluß. 4.

Kompetenzschutzklage

Was die Kompetenzschutzklage anbelangt, so ist vor allem die Konstellation von Interesse, daß in einer G m b H der eine Gesellschafter die Anteilsmehrheit innehat und einen Beschluß gegen das Votum des anderen durchsetzt, der seinerseits alleiniger Geschäftsführer ist. Weigert sich dieser, den Beschluß auszuführen, so erscheint es aus mehreren Gründen unzweckmäßig, die Gesellschaft zur Partei in diesem Rechtsstreit zu erheben: Z u m einen müßte, da der Minderheitsgesellschafter zugleich Anfechtungskläger und Geschäftsführer ist, für die Gesellschaft im Anfechtungsprozeß nach § 5 7 Z P O ein Notvertreter bestellt werden. Z u m anderen wird der Minderheitsgesellschafter seinerseits den Beschluß anfechten wollen. Wären nun Kompetenzschutzklage und Anfechtungsklage beide gegen die Gesellschaft zu richten, so müßte, wie gezeigt 92 , der Minderheitsgesellschafter als Geschäftsführer nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob angesichts der Schwebelage die Ausführung des Beschlusses für die Gesellschaft vorteilhaft ist oder eher ein Zuwarten angezeigt erscheint. Angesichts dessen, daß der Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Minderheitsgesellschafter den auszuführenden Beschluß angefochten hat, ist seine Ermessensausübung vorausbestimmt: Er wird den Vollzug des Beschlusses aussetzen. Gewiß: Hierin unterscheidet sich die Lage nicht von derjenigen in einer mehrgliedrigen Gesellschaft, wenn der Anfechtungskläger zugleich der Geschäftsführung angehört. Gerade in der Zweimanngesellschaft zeigt sich indes abermals, daß es in Wahrheit allein um einen Konflikt zwischen den beiden einzigen Gesellschaftern geht. Die Kompetenzschutzklage ist daher gegen den Minderheitsgesellschafter persönlich zu richten; dieser kann den Beschluß im Wege der Widerklage gegen den Mehrheitsgesellschafter anfechten. Wo freilich als Geschäftsführer ein gesellschaftsfremder Dritter waltet, wird auch in der Zweimann-GmbH die Kompetenzschutzklage gegen die Gesellschaft und nicht gegen den Geschäftsführer erhoben werden müssen. In einem solchen Fall liegt kein Konflikt zwischen den beiden Gesellschaftern vor, sondern zwischen einem Gesellschafter und dem Fremdgeschäftsführer. In einem solchen Fall bleibt die Gesellschaft geeigneter Klagegegner; mit einer Klage gegen den Mitgesellschafter würde nichts erreicht, weil dieser nicht Geschäftsführer ist und es daher nicht in seiner Hand liegt, die fragliche Handlung auszuführen oder zu unterlassen. Im Interesse einer klaren Abgrenzung wird man die Gesellschaft immer dann für die richtige Beklagte halten müssen, wenn auch nur einer der Geschäftsführer nicht zugleich Gesellschafter ist; die Besonderheiten der Parteirollenverteilung in der Zweimanngesellschaft rechtfertigen sich gerade daraus, daß der Konflikt denknotwendig ausschließlich unter den beiden Gesellschaftern ausgefochten werden muß. 91 92

Vgl. zu diesen Überlegungen bereits oben § 9 C II. Z u diesem Problem grundsätzlich oben § 8 E.

B. Die Rechtslage in der

5. In Sonderheit: einer GmbH

Das Abberufungsduell

Zweimanngesellschaft

zweier

645

Gesellschafter-Geschäftsführer

Besondere Schwierigkeiten bereitet die Parteirolle der Gesellschaft dann, wenn beide Gesellschafter zugleich Geschäftsführer sind und, heillos zerstritten, sich gegenseitig aus wichtigem Grund durch Beschluß der Gesellschafterversammlung abzuberufen versuchen. Da der jeweils von der Abberufung betroffene Gesellschafter in einem solchen Fall kein Stimmrecht hat 9 3 , kann jeder die Abberufung des jeweils anderen mit seiner Stimme durchsetzen94. Beide Beschlüsse würden an sich der Anfechtung durch den jeweils betroffenen Gesellschafter in separaten Prozessen unterliegen, welche gegen die Gesellschaft zu richten wären. Doch wäre auch in einem solchen Fall die Gesellschaft häufig gezwungen, einander widersprechende Standpunkte zu vertreten; denn wenn beide Geschäftsführer zugleich Gesellschafter sind, ist das Verhalten des jeweiligen Mitgesellschafters bei der Abberufung des anderen zu berücksichtigen: Haben beide einen wichtigen Grund gesetzt, so ist die Abberufung keines von ihnen gerechtfertigt 95 . Liegt dem Bestreben nach wechselseitiger Abberufung ein unheilbares Zerwürfnis zugrunde, ohne daß einem Geschäftsführer ein wichtiger Grund nachgewiesen werden kann, so wird nach sorgsamer Interessenabwägung die Abberufung des weniger vorzugswürdigen Geschäftsführers bestätigt, die des vorzugswürdigen dagegen aufgehoben immer vorausgesetzt, es läßt sich zumindest einer der beiden Geschäftsführer als der vorzugswürdige ausmachen 96 . In keinem Fall aber ist die Abberufung beider Geschäftsführer angebracht 97 . Sind nämlich beide Geschäftsführer untragbar, so ist ihrer beider Abberufung nicht das richtige Mittel: Wenn sich beide nicht auf einen neutralen Dritten einigen können, bliebt als einzig denkbare Konsequenz aus dem Zerwürfnis die Auflösung der Gesellschaft. Wenn aber die Gesellschaft die Abberufung eines der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht verteidigen kann, ohne zum Verhalten des jeweils anderen vorzutragen, so muß sie sich im einen Prozeß insgesamt auf die Seite des einen, im anderen insgesamt auf die Seite des anderen Gesellschafters schlagen. Darüber hinaus würde das Abberufungsdu9 3 Würde dem Gesellschafter bei seiner eigenen Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund ein Stimmrecht zugebilligt, so würde dieser zum Richter in eigener Sache. Deshalb ist einhellig anerkannt, daß in solchen Fällen ein Stimmverbot besteht; vgl. BGHZ 86, 177, 181; 102, 172, 176; BGH BB 1988, 159, 160; OLG Frankfurt WM 1989, 438, 441; LG Frankfurt NJW 1951, 719f.; OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 884, 886; GmbHR 2000, 1050, 1053; OLG Hamburg BB 1954, 978; OLG Hamm GmbHR 1985, 119; OLG Karlsruhe NZG 2000, 264, 265; OLG Naumburg NZG 2000, 44, 46; OLG Stuttgart GmbHR 1995, 228, 229; Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 121; Hüffer, FS Heinsius, S.339, 348; Lutz, BB 2000, 833; Oppenländer, DStR 1996, 922, 924; Schneider, ZGR 1983, 535, 540f.; Winkler, Lückenausfüllung, S.48; Worch, Treuepflichten, S. 170. 9 4 Vgl. BGHZ 86, 177, 182f. 9 5 OLG Düsseldorf NJW 1989, 172f. 9 6 LG Karlsruhe GmbHR 1998, 684, 685; Morawietz, GmbHR 2000, 637, 641. 9 7 So aber Grunewald, FS Zöllner, S. 177, 188; dagegen wie hier Morawietz, GmbHR 2000, 637, 641.

646

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

eil unlösbare Probleme bei der Vertretung der Gesellschaft aufwerfen; denn die Gesellschaft würde im Anfechtungsprozeß jeweils von demjenigen GesellschafterGeschäftsführer vertreten, der die Abberufung betrieben hat. Wird die Anfechtungsklage des einen abgewiesen und dessen Abberufung damit endgültig wirksam, so ist die G m b H im anderen Prozeß nicht mehr ordnungsgemäß vertreten 9 8 ; damit erlangt derjenige Gesellschafter einen Vorteil, der zufälligerweise als erster seinen Prozeß g e w i n n t " . M a c h t aber das Landgericht am Sitz der Gesellschaft, das nach § 2 4 6 III 1 A k t G für den Anfechtungsprozeß gegen beide Abberufungsbeschlüsse ausschließlich zuständig ist, das einzig Richtige und verbindet es die beiden Prozesse, so ist die Vertretung der G m b H allenfalls noch über § 5 7 Z P O sicherzustellen 1 0 0 . Die Rechtsprechung hat es dennoch zugelassen, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer den Rechtsstreit um seine Abberufung mit der Gesellschaft f ü h r t 1 0 1 . Eine sachgerechte Lösung kann jedoch nur so aussehen, daß der Streit um die wechselseitige Abberufung direkt zwischen den beiden zerstrittenen Gesellschaftern ausgetragen wird. D e n k b a r erscheint etwa, jedem Gesellschafter zu gestatten, den gegen ihn gerichteten Abberufungsbeschluß durch Klage gegen den Mitgesellschafter anzufechten; beide Klagen könnten dann als Klage und Widerklage erhoben und in einem Prozeß verhandelt w e r d e n 1 0 2 . Wird die Anfechtungsklage eines Gesellschafters abgewiesen, seine Abberufung also für rechtmäßig gehalten, so ist diese bereits mit Beschlußfassung wirksam geworden; mit dem Beschluß hat somit der betreffende Gesellschafter seine Stellung als Geschäftsführer verloren. Jeder Gesellschafter wäre gezwungen, den gegen ihn gerichteten Beschluß nach § 2 4 6 I A k t G innerhalb eines M o n a t s anzufechten. In der Literatur wird freilich eine andere Lösung vorgeschlagen: Den auf die Abberufung gerichteten Gesellschafterbeschlüssen soll von vornherein keinerlei Bedeutung zukommen. Vielmehr soll analog

1 2 7 H G B die wechselseitige Abberufung als Klage und Widerklage in

einem Prozeß auszufechten s e i n 1 0 3 . Der Rückgriff auf §§ 1 1 7 , 1 2 7 H G B bedeutet, daß die Abberufung durch gerichtliches Gestaltungsurteil mit Wirkung ex nunc ausgesprochen wird; der Betroffene verliert seine Geschäftsführerstellung also erst mit Rechtskraft dieses Urteils. Eine Klagefrist kann es nach dieser Lösung nicht geben; vielmehr kann ein Gesellschafter, dessen Abberufung als Geschäftsführer beZutreffend Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 124. Vgl. Wolf, ZGR 1998, 92, 100. 100 Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 124. 101 OLG Düsseldorf NJW 1989, 172f.; OLG Hamm GmbHR 1995, 736. 102 Verhandlung der wechselseitigen Abberufungsbeschlüsse in einem Prozeß auch Oppenländer, DStR 1996, 922, 926. 103 Dafür Grunewald, FS Zöllner, S. 188f. (die darüber hinaus die §§ 117, 127 HGB generell auf die Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern anwenden will, S. 186); Wolf, ZGR 1998, 92, lOOff.; Winkler, Lückenausfüllung, S.45f.; für gemeinsame Verhandlung und Entscheidung beider Abberufungen Baumbach-Zöllner, GmbHG, §38 Rn.36c,d; Hachenburg-Stein, GmbHG, §38 Rn.128. Gegen die Anwendung der §§117, 127 HGB selbst in der ZweimannGmbH aber BGHZ 86, 177, 180; OLG Hamburg GmbHR 1992, 43, 45. 98

99

B. Die Rechtslage in der

Zweimanngesellschaft

647

gehrt wird, noch nach längerer Zeit, etwa während des gegen ihn geführten Prozesses, zum Gegenangriff übergehen und seinerseits die Abberufung des Klägers begehren. Die analog § § 1 1 7 , 127 HGB erhobenen Einzelklagen werden in Prozeßstandschaft für die Gesellschaft erhoben; denn allein dieser steht ein Anspruch gegen den untragbaren Geschäftsführer auf Niederlegung seines Amtes zu. Im Ergebnis wird die Anwendung der § § 1 1 7 , 127 H G B der Interessenlage besser gerecht: Ein Bedürfnis dafür, daß der Gegenangriff des zuerst Abberufenen zeitlich auf einen Monat nach seiner Amtsenthebung stattfinden müßte, besteht nicht, da beiden Gesellschaftern bewußt ist, daß sie in der Sache gegeneinander um die Übernahme der Alleingeschäftsführung streiten. Der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft während des Prozesses kommt es eher zugute, wenn beide Streitparteien bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens Geschäftsführer bleiben. Welchem der beiden skizzierten Modelle man aber auch immer folgt; eines ist gewiß: Sie lassen sich beide auf dem Boden der lex lata entwickeln. Ein Eingreifen des Gesetzgebers muß hierfür nicht abgewartet werden 1 0 4 .

IV. D i e Rechtsstellung eines später beitretenden Gesellschafters Die prozessuale Sonderbehandlung der Zweimanngesellschaft wirft die Frage auf, welchen Verlauf der Rechtsstreit nimmt, wenn nach Rechtshängigkeit der Klage ein weiterer Gesellschafter in die Gesellschaft eintritt und daher aus der zweigliedrigen eine mehrgliedrige Gesellschaft wird. Denn mit dem Beitritt des neuen Gesellschafters gewinnen die Überlegungen, auf deren Grundlage Parteirolle und Kostenlast der Gesellschaft zugewiesen wurden, bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ihre Überzeugungskraft zurück. 1. Actio pro socio und

Ausschlußklage

Die Befugnis eines Gesellschafters, die Leistung von Einlagen oder Schadensersatz aus der Verletzung mitgliedschaftlicher Pflichten im Wege der Einzelklage einzufordern, ist in der mehrgliedrigen Gesellschaft an die Voraussetzung geknüpft, daß vergeblich versucht wurde, einen Einforderungsbeschluß der Gesellschaftergesamtheit zustande zu bringen. In der Zweimanngesellschaft entfällt dies Erfordernis, weil die Willensbildung in der Gesellschaft überflüssig ist: Sie geht ohnehin ausschließlich von demjenigen Gesellschafter aus, welcher die Einforderung bewirken will; die Klage muß sogar im Wege der actio pro socio erhoben werden, weil eine Klage durch die Gesellschaft prozeßökonomisch sinnlos und unter dem Blickwinkel der Kostengerechtigkeit bedenklich ist. Die gleichen Grundsätze gelten für die Ausschlußklage. Der Gesellschafter, der die Klage erhoben hat, bleibt auch nach dem Beitritt eines weiteren Gesellschafters hierzu befugt; die Klage ist 104

So aber Fischer, FS W. Schmidt, S. 117, 125 f.

648

§11

Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

nach wie vor zulässig. Denn der Beitritt ändert nichts daran, daß eine auf die Erhebung der Klage gerichtete Willensbildung der Gesellschaft überflüssig ist. Dem beigetretenen Gesellschafter stehen Mitgliedschaftsrechte nämlich erst ab dem Zeitpunkt des Beitritts zu; daß vorher ohne seinen Willen Klage erhoben wurde, hat er schlicht hinzunehmen. Er kann daher im Leistungs- oder Ausschlußprozeß nicht einmal streitgenössisch intervenieren. Denn diese Möglichkeit mußte den übrigen Gesellschaftern nur deshalb eingeräumt werden, weil sie durch die Klageerhebung in ihrem Beitrag zur verbandsinternen Willensbildung übergangen worden sind und ihnen Gelegenheit gegeben werden muß zu rügen, daß dies in unzulässiger Weise geschehen sei. Der beigetretene Gesellschafter hatte aber niemals über die Klageerhebung mitzuentscheiden.

2.

Beschlußmängelstreitigkeiten

Wird um die Rechtmäßigkeit von Gesellschafterbeschlüssen gestritten, so verdankt die Gesellschaft ihre Parteirolle nicht der im materiellen Recht verwurzelten Überlegung, daß die Gesellschaft durch ihr Organ Gesellschafterversammlung Rechte des Klägers verletzt hat. Vielmehr sind rein prozeßökonomische Überlegungen für die Beklagtenrolle der Gesellschaft leitend. Die Gesellschaft ist denn auch richtigerweise nicht passivlegitimiert - denn die streitige Verpflichtung, den Beschluß zu korrigieren, trifft nach materiellem Recht nicht sie, sondern die Gesellschafter, welche ihn gefaßt haben - , sondern lediglich passivprozeßfiibrungsbefugt: Sie ist gesetzliche Prozeßstandschafterin der Gesellschafter 1 0 5 . Weil die Beklagtenrolle der Gesellschaft in der Zweimanngesellschaft den ihr zugeschriebenen prozeßökonomischen Ertrag nicht mehr erbringen kann, ist die Klage dort gegen den Mitgesellschafter zu richten, der jenen Beschluß mit der Kraft seines Stimmengewichts zustande gebracht hat. Das gilt - in teleologischer Reduktion des §246 II 1 AktG - auch für die aus zwei Aktionären bestehende AG. Gewiß: In dem Augenblick, da der Gesellschaft ein weiterer Gesellschafter beitritt, sind die Grundlagen, weswegen der Gesellschaft nach § 2 4 6 II 1 AktG die passive Prozeßführungsbefugnis zugewiesen wurde, wieder gegeben. Dem auf eine rationelle Streiterledigung gerichteten Anliegen des § 2 4 6 II 1 AktG widerspräche es jedoch, wenn der spätere Beitritt eines weiteren Gesellschafters einen Parteiwechsel erforderlich machen würde. Die Klage bleibt daher als Klage gegen den Mitgesellschafter zulässig. Freilich fragt sich, ob dann der neue Gesellschafter auch von Rechtskraft und Gestaltungswirkung des Urteils erfaßt wird. Denn die allseitige Rechtskraft nach § 2 4 8 1 1 AktG hängt eng mit der Parteirolle der Gesellschaft nach § 2 4 6 II 1 AktG zusammen 1 0 6 , welche hier wegfällt. Die Erstreckung der Urteilswirkungen auf den neu eingetretenen Gesellschafter kann indes dadurch erreicht werden, daß in An105 106

Oben § 6 F II 3. Oben § 5 C I I .

C. Das Ausschlußduell

zweier

Gesellschafter

649

Wendung des an § 856 ZPO angelehnten Modells sowohl der Kläger als auch der Beklagte befugt sind, die Beiladung jenes Gesellschafters zu beantragen; dieser kann sich auf beliebiger Seite als Streitgenosse anschließen. Da das Urteil im Rechtsstreit zwischen den Gesellschaftern ergeht, wirkt, soweit die Beiladung aller neu eingetretenen Gesellschafter erfolgt ist, nicht nur das stattgebende, sondern auch das klagabweisende Urteil Rechtskraft für und gegen diese. Die Begrenzung der allseitigen Rechtskraft auf das stattgebende Urteil ist eng verknüpft mit der Parteirolle der Gesellschaft 107 und daher dort nicht veranlaßt, wo jeder Gesellschafter seine Position im Prozeß selbst vorträgt.

C. Das Ausscblußduell zweier Gesellschafter I. Problemstellung Vor allem in der Zweimanngesellschaft, durchaus aber auch in einer Gesellschaft mit mehreren Mitgliedern kann es geschehen, daß sich zwei Gesellschafter heillos miteinander überwerfen. In einer solchen Situation wird jeder dem anderen die Schuld am Konflikt zuweisen und versuchen, ihn aus der Gesellschaft auszuschließen. Wenn ein entsprechender Beschluß in der Gesellschafterversammlung gefaßt werden soll, hat der Auszuschließende kein Stimmrecht 108 ; so kann es geschehen, daß sowohl für den Ausschluß des einen als auch für den Ausschluß des anderen eine Mehrheit zustande kommt. In der Zweimanngesellschaft, in der neben dem Auszuschließenden nur noch derjenige Gesellschafter existiert, der den Ausschluß betreibt, ist diese Konstellation die Regel und läßt sich, wie gesehen 109 , dadurch bewältigen, daß die wechselseitigen Ausschlußklagen als Klage und Widerklage zwischen den Gesellschaftern ausgefochten werden. Aber auch in mehrgliedrigen Gesellschaften kann das Problem auftauchen, wie folgendes Fallbeispiel zeigen mag: An der X - G m b H sind a) A und B mit jeweils 4 0 % sowie C mit 2 0 % b) A und B mit jeweils 4 5 % sowie C mit 1 0 % beteiligt. A und B wollen sich gegenseitig ausschalten. C hingegen plädiert dafür, A und B mögen sich zusammenraufen, um die bisher erfolgreiche Arbeit fortzusetzen; er erklärt daher, er werde weder dem Ausschluß des A noch dem des B zustimmen.

Uber den Ausschluß des B stimmen allein A und C, über den des A allein B und C ab. Ein Stimmverbot des A auch für den Ausschluß des B oder umgekehrt (Überkreuzstimmverbot) läßt sich nicht begründen 110 : Der Ausschluß des Stimmrechts ist immer dann angezeigt, wenn vom betroffenen Gesellschafter ein sachgerechter Beitrag zur gesellschaftsinternen Willensbildung schlechterdings nicht zu erwarten 107 108 109 110

Ausführlich oben § 6 C I V . Nachweise oben § 3 A IV 3c, Fn. 86. Oben BIII 1. So aber Grunewald, Ausschluß, S. 109.

650

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

ist. Das ist gewiß bei einem Gesellschafter der Fall, der selbst ausgeschlossen werden soll; er würde sich sonst zum Richter in eigener Sache aufschwingen. Für den wechselseitigen Ausschluß zweier Gesellschafter trifft dies nicht in gleicher Weise zu. Denn selbst wenn die Situation das Verständnis nahelegt, daß von den beiden in den Konflikt verstrickten Gesellschaftern einer in dieser Gesellschaft zuviel ist, mithin entweder der eine oder der andere gehen muß, so ist dies keinesfalls zwangsläufig der Ausgang des Verfahrens: Ebenso ist denkbar, daß keiner von beiden oder aber daß beide das Feld räumen müssen. Die wechselseitigen Vorwürfe können gänzlich unterschiedliche, voneinander getrennt zu beurteilende Sachverhalte betreffen; dann aber ist durchaus dem einen Gesellschafter ein angemessenes Urteil darüber zuzutrauen, wie auf die Verfehlungen des anderen zu reagieren ist. Ein Stimmverbot könnte man nur gegen denjenigen Gesellschafter verhängen, von dem feststeht, daß er zwangsweise die Gesellschaft verlassen muß; zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Ausschlußklage wird jedoch ein Prozeß, der diese Frage klären soll, erst vorbereitet, so daß ungewiß ist, ob einer der im Konflikt verstrickten Gesellschafter tatsächlich weichen muß und ggf. wer von ihnen. Die bloße Möglichkeit, daß ein Gesellschafter ausgeschlossen wird, vermag ein Stimmverbot nicht zu rechtfertigen. Wenn aber alle Gesellschafter stimmberechtigt bleiben, so bedeutet dies im Fall a), daß C die Erhebung der Ausschlußklage durch die Gesellschaft gegen A ebenso verhindern kann wie die gegen B:A bzw. B können den C nur im Verhältnis 4 0 : 2 0 überstimmen. Der Beschluß zur Erhebung einer Ausschlußklage erreicht daher sowohl bezüglich B als auch bezüglich A lediglich eine ^-Mehrheit, die, wie gesehen 1 1 1 , nicht ausreicht. Die prozeßrechtliche Konsequenz folgt dann dem bereits skizzierten Muster 1 1 2 : A kann die Ausschlußklage gegen B im Wege der actio pro socio erheben; und das gleiche kann umgekehrt B gegen A tun. Die beiden Klagen können als Klage und Widerklage miteinander verknüpft und in einem Prozeß verhandelt werden. Dem C ist Gelegenheit zu geben, als streitgenössischer Nebenintervenient dem Prozeß beizutreten, was er sowohl im Prozeß gegen A als auch im Prozeß gegen B jeweils auf Seiten des Beklagten tun kann, um einzuwenden, er habe sich aus treupflichtgemäßen Gründen gegen den Ausschluß beider gewandt. Mit diesem Vorbringen wird er insbesondere dann Erfolg haben, wenn sich (wie häufig) herausstellen wird, daß beiden sich streitenden Gesellschaftern (A und B) Verfehlungen zur Last fallen, die u.U. sogar den Ausschluß beider rechtfertigen würden. Denn in einem solchen Fall ist C der einzige, der überhaupt noch glaubwürdig das Gesellschaftsinteresse repräsentiert; wenn er mit A und B weiter zusammenarbeiten will, wird hiergegen unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht nichts zu erinnern sein. C wird also mit Erfolg geltend machen, die Klageerhebung von A gegen B und umgekehrt setze sich unzulässig über seinen Beitrag zur Wil-

111 112

Oben § 3 A IV 3. Oben B III 1.

C. Das Ausschlußduell

zweier

Gesellschafter

651

lensbildung in der GmbH hinweg. Im Fall a) führt also die hier vertretene Handhabung zu einem sachgerechten Ergebnis; es besteht kein Anlaß zu Korrekturen. Im Fall b kann demgegenüber jeder der beiden sich duellierenden Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung mit 45:10 Stimmen (= 81,8% und damit mehr als %) den Beschluß zur Erhebung der Ausschlußklage des jeweils anderen durchsetzen. Dies bringt die GmbH (bzw. deren Geschäftsführer, der die GmbH dabei vertreten muß) in die mißliche Lage, zwei Prozesse führen zu müssen, nämlich gegen beide Gesellschafter, die an diesem Ausschlußduell beteiligt sind. Im einen Prozeß muß die GmbH prononciert die Verfehlungen des A vortragen und die des B bestreiten oder relativieren; im anderen Prozeß muß sie Gleiches zu Lasten des B tun. Sie wird daher genötigt, letztlich in ein und derselben Angelegenheit zwei Standpunkte zu vertreten, die miteinander häufig nicht in Einklang zu bringen sein werden. Was in beiden Prozessen in der Summe begehrt wird, entspricht denn auch nicht dem, was die Gesellschafter wirklich wollen: Es sollen nicht beide Gesellschafter ausgeschlossen werden, sondern einer von ihnen - nämlich derjenige, der tatsächlich den wichtigen Grund für seinen Ausschluß gesetzt hat. Die Möglichkeit, daß in Wahrheit beide Gesellschafter gegen das Gesellschaftsinteresse verstoßen haben und daher der Ausschluß beider gerechtfertigt ist, kalkulieren die streitbeteiligten Gesellschafter (A und B) nicht ein.

II. Die Gesellschaft als untaugliche Streitpartei Abermals kann also die Beteiligung der Gesellschaft am Prozeß, welche ansonsten eine zweckmäßige prozessuale Bewältigung des gesellschaftsinternen Konflikts gewährleistet, die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Die Konstellation ähnelt in einem wichtigen Punkt derjenigen, die entsteht, wenn ein Gesellschafter mit entsprechender Blockademacht treuwidrig die Erhebung der Ausschlußklage verhindert: Eine sachgemäße Willensbildung in der Gesellschaft ist nicht gewährleistet. Auf diese Situation wurde hier dahingehend geantwortet, daß dem einzelnen Gesellschafter die Befugnis zugebilligt wurde, die Ausschlußklage selbst im Wege der actio pro socio zu erheben 113 . Freilich darf ein Unterschied nicht übersehen werden: Das Problem liegt im hier behandelten Bereich nicht darin, daß eine Ausschlußklage der Gesellschaft blockiert wird, sondern im Gegenteil darin, daß zwei miteinander unvereinbare Ausschlußklagen beschlossen werden. Die Antwort auf diese Situation lautet daher nicht, daß die am Streit beteiligten Gesellschafter den Ausschlußprozeß als actio pro socio selbständig führen dürfen, sondern daß sie ihn in dieser Weise führen müssen-. Das Ausschlußduell ist im Wege der Klage und Widerklage zwischen den beiden Gesellschaftern auszutragen, die sich miteinander überworfen haben (hier zwischen A und B).

113

Oben § 3 B IV.

652

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

III. Die Rechtslage bei Ausschlußreife beider Kontrahenten 1. Wichtiger Grund und Verhalten der

Mitgesellschafter

Probleme ergeben sich freilich, wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, daß beide am Prozeß beteiligten Gesellschafter (A und B) einen wichtigen Grund für ihren Ausschluß gesetzt haben. Wären sie die einzigen Gesellschafter, so würde das Gericht Klage und Widerklage kurzerhand abweisen, weil bei beiderseits gesetztem wichtigem Grund nicht nur ein Gesellschafter ausgeschlossen werden kann: Entweder die beiden Gesellschafter, die sich miteinander überworfen haben, finden wieder zusammen oder die Gesellschaft muß aufgelöst werden. In einer Gesellschaft, in der zu den zerstrittenen Gesellschaftern neutrale hinzutreten, deren Gesellschaftstreue außer Streit steht, verkompliziert sich die Situation: Denn dann ist - einerseits den zerstrittenen Gesellschaftern untereinander (also hier A und B) angesichts ihrer eigenen Verfehlungen der Verbleib auch des jeweils anderen zumutbar - andererseits den neutralen Gesellschaftern (also hier dem C) der Verbleib keines von beiden zumutbar. Vor diesem Hintergrund bedarf zunächst aus der Sicht des materiellen Rechts die These des BGH der Überprüfung, wonach bei der Beurteilung des wichtigen Grundes auch das Verhalten der Mitgesellschafter zu berücksichtigen ist 114 . Ausgangspunkt muß sein, daß die Gesellschaft Gläubigerin des Ausschlußanspruchs ist und es daher für den wichtigen Grund darauf ankommt, ob ihr der Verbleib des betreffenden Gesellschafters zugemutet werden kann. Zunächst ist also eine isolierte Betrachtung anzustellen und zu fragen, ob das Verhalten eines Gesellschafters für sich gesehen den Ausschluß rechtfertigt. Indes ist der Ausschluß eines Gesellschafters eine Ungleichbehandlung zu seinem Nachteil 115 : Er muß ausscheiden, während die übrigen die gemeinsame Zweckverfolgung fortsetzen dürfen. Diese Ungleichbehandlung bedarf einer besonderen Rechtfertigung, eben in Gestalt des wichtigen Grundes in der Person des Auszuschließenden. Konsequent ist auch beim Ausschluß von mehreren Gesellschaftern das Gebot der Gleichbehandlung zu beachten 116 : Der Ausschluß soll dazu dienen, die gemeinsame Zweckverfolgung gegen Störer zu verteidigen; diese Funktion erfüllt er nur dann, wenn alle Ge1 1 4 Für den Ausschluß aus der GmbH: BGHZ 16, 317, 322f.; 32, 17, 35; 80, 346, 351f.; BGH NJW 1981, 2302, 2303; OLG Düsseldorf NJW 1989, 172, 173; OLG München DB 1994, 320, 321; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 13; Oppenländer, DStR 1996, 922, 923; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, Anh. § 34 Rn. 17; Spitze, Ausschließung, S. 51 f. Für den Ausschluß aus der Personengesellschaft: BGZ 4, 108, 111, 116; BGH BB 2003, 1214f.; Für die Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils aus wichtigem Grund BGH NJW 1995,1538; Boujong, WiB 1997, 345, 346; Oppenländer, DStR 1996, 922, 924. 115 Vgl. Kulka, Ausschluß, S.133f. 116 Zutreffend BGH DB 1990, 929; Balz, Beendigung, S.54f.; Dreiss/Eitel-Dreiss, Ausscheiden, S. 126; Grunewald, Ausschluß, S.65; Kulka, Ausschluß, S. 159f.; Seidel, Treupflichten, S. 125. Ebenso für den Fall der Abberufung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer LG Karlsruhe GmbHR 1998, 684, 685.

C. Das Ausschlußduell

zweier

Gesellschafter

653

sellschafter ausgeschlossen werden, deren Fehlverhalten die Schwelle zum wichtigen Grund überschritten hat 1 1 7 , und zwar dann ohne Rücksicht auf das Ausmaß, in dem sie die Zweckverfolgung beeinträchtigt haben 1 1 8 . Das gilt namentlich dann, wenn mehrere Gesellschafter sich die gleichen Verfehlungen gegen das Verbandsinteresse zuschulden kommen lassen: Nimmt die Gesellschaft das Verhalten eines von ihnen hin, so hält sie eine Verteidigung gegen das Verhalten als Ganzes offensichtlich nicht für erforderlich; dann darf keiner dieser Gesellschafter ausgeschlossen werden 119 . Andererseits ist trotz gleicher Verfehlungen eine Differenzierung angezeigt, wenn sich erweist, daß von einem der betroffenen Gesellschafter keine weiteren Störungen mehr ausgehen werden, wohl aber von anderen; denn wie mit Recht betont wird 1 2 0 , ist für die Annahme eines wichtigen Grundes auch entscheidend, ob eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem betroffenen Gesellschafter trotz des Vorgefallenen noch denkbar erscheint. Sind weitere Störungen der Zweckverfolgung nicht zu erwarten, so kommt ein Ausschluß nicht in Betracht. Die Begrenzung des Ausschlußrechts durch den Gleichbehandlungsgrundsatz ist in der Zweimanngesellschaft der innere Grund dafür, warum keiner der beiden Gesellschafter ausgeschlossen werden kann, wenn in der Person beider ein wichtiger Grund vorliegt 121 : Es würde sonst der ausgeschlossene gegenüber dem verbleibenden Gesellschafter benachteiligt. Ebenso kann der Ausschluß eines Gesellschafters aus einer mehrgliedrigen Gesellschaft nicht ausgesprochen werden, wenn alle Gesellschafter einen wichtigen Grund gesetzt haben 1 2 2 . Sind jedoch konfliktneutrale gesellschaftstreue Gesellschafter vorhanden, so können - und müssen grundsätzlich - sämtliche Gesellschafter ausgeschlossen werden, die einen wichtigen Grund gesetzt haben. Konsequent muß das Ausschlußduell nicht notwendig damit enden, daß einer der beiden hieran Beteiligten ausscheidet; denkbar ist vielmehr auch, daß beide je für sich einen wichtigen Grund gesetzt haben. Im Beispielsfall ist damit folglich auch der Ausschluß der Gesellschafter A und B ein denkbarer Prozeßausgang.

Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 19. Kulka, Ausschluß, S. 112f. 1 1 9 BGH DB 1990, 929; Grunewald, Ausschluß, S.65. 1 2 0 Zutreffend Grunewald, Ausschluß, S.74. m Im Ergebnis ebenso BGHZ 16, 317, 322f.; 80, 346, 351 f.; BGH W M 1984, 29, 30; GmbHR 1991, 362, 363; OLG Düsseldorf NJW 1989, 172, 173; OLG München GmbHR 1994, 2 5 1 , 2 5 2 ; Gehrlein, DB 1 9 9 9 , 2 2 5 5 , 2 2 5 6 ; Goette, DStR 2 0 0 1 , 5 3 3 , 5 3 4 ; Grunewald, Ausschluß, S.71; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 3 4 Rn.13; Reuter, Z H R 151 (1987), 355, 375; Schneider, FS Kellermann, S.403, 416. Ebenso für das Abberufungsduell von Gesellschafter-Geschäftsführern LG Karlsruhe GmbHR 1998, 684, 685. 122 Balz, Beendigung, S.52; Fichtner, BB 1966, 146, 148; Goette, DStR 2 0 0 1 , 533, 536. 117 118

654

§11

Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

2. Ausschluß beider Gesellschafter und Widerklage?

durch stattgebendes

Urteil auf Klage

Wenn nun A und B im Wege der Klage und Widerklage wechselseitig ihren Ausschluß begehren und das Gericht zu dem Ergebnis kommt, daß in der Tat beide Gesellschafter einen wichtigen Grund für ihren Ausschluß gesetzt haben, so könnte das Gericht dieser Vorgabe des materiellen Rechts gerecht zu werden suchen, indem es sowohl der Klage als auch der Widerklage stattgibt und beide Gesellschafter aus der Gesellschaft ausschließt. Das darf es indes aus zwei Gründen nicht: a) Die Notwendigkeit

eines doppelten

Ausschließungsbeschlusses

Eine Klage, welche auf den Ausschluß von A und B gerichtet gewesen wäre, hätte von vornherein von der Gesellschaft erhoben werden müssen; den auf die Erhebung dieser Klage gerichteten Gesellschafterbeschluß hätte C alleine fassen müssen, da beim gleichzeitigen Ausschluß mehrerer Gesellschafter der eine auch bezüglich des Ausschlusses des anderen nicht mitstimmen darf: Der Ausschluß dient dazu, die Verfolgung des Gesellschaftszwecks gegen den Einfluß von Störenfrieden zu sichern; mitstimmen kann also derjenige nicht, der seinerseits von der Teilnahme an jenem Verbandszweck ausgeschlossen werden soll. Das Risiko, das die Gesellschaft eingeht, wenn sie einen Ausschlußprozeß gegen zwei Gesellschafter gleichzeitig führt, besteht lediglich darin, daß sich die Klage gegen einen von beiden als unbegründet erweisen kann und dieser daher in Wahrheit über den Ausschluß des anderen hätte mitstimmen müssen. Soll dies Risiko vermieden werden, müßte C den Ausschluß von A und B seinerseits im Wege der actio pro socio begehren. In jedem Fall wäre dem C bei der Frage, ob ein solcher doppelter Ausschlußprozeß initiiert werden soll, die entscheidende Rolle zugefallen. b) Keine Verteidigung des Gesellschaftsinteresses Gesellschafter

durch

ausschlußreifen

Damit zusammenhängend ist anzumerken, daß ein Gesellschafter, von dem zur Überzeugung des Gerichts feststeht, daß er selbst ausgeschlossen werden muß, die Rolle des Ausschlußklägers nicht mehr glaubwürdig verkörpert 123 . Denn wie bereits gesehen, soll die Ausschlußklage die gemeinsame Zweckverfolgung gegen den Einfluß von Störenfrieden absichern; und die Befugnis zur Erhebung der actio pro socio, aus der auch die Einzelklagebefugnis im Ausschlußprozeß folgt, wurzelt gerade in dem Gedanken, daß die Initiative des einzelnen zugunsten eben jener Zweckverfolgung mobilisiert werden soll, wenn die Gesellschaftsorgane die gebotenen Handlungen versäumen. Ein Gesellschafter aber, der seinerseits von der Teilnahme an jener Zweckverfolgung ausgeschlossen werden muß, kann die Rolle ihres Verteidigers im Prozeß kaum übernehmen. Die Entscheidung darüber, ob beide

123

Zutreffend Grunewald, Ausschluß, S. 109; Kulka, Ausschluß, S. 102.

C. Das Ausschlußduell zweier

655

Gesellschafter

Gesellschafter ausgeschlossen werden sollen, wenn das Gericht in ihrer beider Person einen wichtigen Grund erblickt, können demnach nur die übrigen Gesellschafter treffen - ebenso wie es an ihnen gelegen gewesen wäre, von vornherein über die Erhebung einer gleichzeitigen Ausschlußklage gegen beide zu beschließen oder aber es bleiben zu lassen. Den gleichzeitigen Ausschluß beider Gesellschafter durch ein der Klage und der Widerklage stattgebendes Urteil darf das Gericht folglich nicht aussprechen; vielmehr hat es Klage und Widerklage abzuweisen. Die Abweisung erfolgt nicht als unbegründet - dann wäre der Ausschlußanspruch der Gesellschaft mit Rechtskraft abgelehnt, obwohl das Gericht ihn an sich für begründet erachtet - , sondern als unzulässig: Für den Ausschluß beider Gesellschafter durch Gerichtsurteil ist ein entsprechender Gesellschafterbeschluß Sachurteilsvoraussetzung (mit einer sogleich zu besprechenden Einschränkung). Für den Ausschluß jedes einzelnen Gesellschafters (A und B) für sich betrachtet ist nämlich derjenige Gesellschafter nicht klagebefugt, der seinerseits ausgeschlossen werden kann und hierauf verklagt worden ist, so daß die Ausschlußklage auch insoweit unzulässig ist. Zwar wurde für die actio pro socio festgestellt, daß die Befugnis zu ihrer Erhebung nicht davon abhängt, daß der Klägers seinerseits alle Pflichten gegenüber der Gesellschaft erfüllt hat; denn könnte sich der Beklagte darauf berufen, so würde eine Art Einrede des nichterfüllten Vertrags in das Gesellschaftsrecht eingeführt, die mit dem Gedanken der gemeinsamen Zweckförderung unvereinbar wäre 124 . Im Interesse jener Zweckförderung darf jeder Gesellschafter als einzelner darauf dringen, daß die Mitgesellschafter ihren Sozialverpflichtungen nachkommen, soweit nicht die Gesellschaftsorgane rechtmäßig etwas anderes entschieden haben. Bei der Ausschlußklage ist das hingegen anders: Wer selbst dem Ausschluß von der gemeinsamen Zweckförderung geweiht ist, ist als deren Verteidiger nicht mehr geeignet. Die Befugnis zur Erhebung der auf Ausschluß eines Mitgesellschafters gerichteten actio pro socio besteht mit anderen Worten nicht mehr, wenn der Kläger einen wichtigen Grund für seinen eigenen Ausschluß gesetzt hat und dieser Ausschluß gerichtlich geltend gemacht worden ist - und sei es von einem seinerseits ausschlußreifen Mitgesellschafter. c) Amtswegige Information der unbeteiligten intervention der Gesellschaft

Gesellschafter

und Haupt-

Zum gleichzeitigen Ausschluß beider störender Gesellschafter, also des Klägers und des Widerklägers, ist vielmehr nur die Gesellschaft befugt, und auch dies nur, wenn die übrigen Gesellschafter einen hierauf gerichteten Beschluß gefaßt haben. Wenn das Gericht zu der Uberzeugung gelangt, daß beide einen wichtigen Grund gesetzt haben, hat es daher, bevor es Klage und Widerklage abweist, von Amts wegen die übrigen Gesellschafter hierüber zu informieren - selbst dann, wenn diese bisher von der auch in dieser Konstellation gegebenen Möglichkeit zum Prozeß-

124

Oben § 2 C IX 4.

656

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

beitritt im Wege der streitgenössischen Nebenintervention keinen Gebrauch gemacht haben. Sie haben auf diese Weise Gelegenheit, eine Ausschlußklage gegen beide sich streitenden Gesellschafter zu beschließen. Die Gesellschaft kann sodann im laufenden Rechtsstreit die Ausschlußklage gegen den ursprünglichen Kläger und den ursprünglichen Widerkläger erheben. Freilich ist die Ausschlußklage gegen beide Gesellschafter bereits dadurch rechtshängig geworden, daß diese wechselseitig ihren Ausschluß begehrt haben. Die Gesellschafter haben den wechselseitigen Ausschluß im Wege der actio pro socio verlangt, so daß die Rechtshängigkeit auch gegen die Gesellschaft wirkt 1 2 5 . Deshalb muß die Gesellschaft das Ausschlußbegehren im Wege der Hauptintervention verfolgen: Sie muß im Beispielsfall den A auf Ausschluß und den B auf Feststellung verklagen, daß dieser zur Erhebung der Ausschlußklage gegen A nicht befugt sei; umgekehrt muß sie den B auf Ausschluß und den A auf Feststellung verklagen, daß dieser zur Erhebung der Ausschlußklage gegen B nicht befugt sei. Indem die Gesellschaft Hauptintervention erhebt, macht sie nicht etwa geltend, das Ausschlußrecht, d.h. der Anspruch gegen den Störer, aus der Gesellschaft auszuscheiden, stehe ihr anstelle desjenigen Gesellschafters zu, der bislang den Ausschluß im Wege der actio pro socio betrieben hat. Denn gerade weil die Gesellschafter wechselseitig den Ausschluß im Wege der actio pro socio begehrt haben, haben sie deutlich gemacht, daß sie ein Recht der Gesellschaft geltend machen. Die Gesellschafter haben also nie behauptet, selbst aktivlegitimiert zu sein; sie haben vielmehr lediglich die Prozeßführungsbefugnis über den Ausschlußrechtsstreit für sich in Anspruch genommen. Will man also für die Gesellschaft das Recht zur Hauptintervention begründen, so muß man belegen, daß § 64 ZPO auch dann Anwendung findet, wenn der Urkläger nicht die Aktivlegitimation, sondern lediglich die Prozeßführungsbefugnis für sich reklamiert. Auf dem Boden der hier vertretenen und oben 126 näher erläuterten These, daß § 64 ZPO ein materiellrechtlicher Abwehranspruch des Hauptintervenienten gegen die Rechtsanmaßung durch den Urkläger zugrunde liegt, ist die Anwendung des § 64 ZPO in der Tat zu befürworten: Der Rechtsinhaber wird nicht nur dadurch in seiner Rechtsausübung gestört, daß ein Dritter das Recht für sich in Anspruch nimmt, sondern auch dadurch, daß er die Befugnis für sich in Anspruch nimmt, hierüber einen Rechtsstreit zu führen 127 . Das gilt auch für die Hauptintervention der Gesellschaft in das Ausschlußduell zweier ihrer Gesellschafter: Haben diese beide einen wichtigen Grund gesetzt, so nehmen sie die Prozeßführungsbefugnis über das Recht, den jeweils anderen auszuschließen, unbefugt in Anspruch. Dagegen kann sich die Gesellschaft mit Hilfe der Hauptintervention wehren.

125

Oben § 2 G IV 4. § 2 D i l 2 b. 127 Ebenso Koussoulis, Z Z P 100 (1987), 211, 224f.; im Ergebnis ebenso ZPO, § 64 Rn. 10; Wieczorek-Mansel, ZPO, § 6 4 Rn.21, 29. 126

Stein/]onas-Bork,

D. Der Feststellungsstreit

d) Actio pro socio und

im

Grundlagenbereich

657

Hauptintervention

Freilich kann es geschehen, daß unter den übrigen Gesellschaftern ein solcher auf den Ausschluß beider Gesellschafter gerichteter Beschluß nicht zustande kommt; so etwa, wenn im Fall b nicht ein Gesellschafter C mit 1 0 % , sondern zwei Gesellschafter C und D mit je 5 % Beteiligung vorhanden wären und D gegen den gleichzeitigen Ausschluß von A und B stimmen würde. Hier müßte C seinerseits im Wege der actio pro socio Klage gegen A und B auf Ausschluß aus der GmbH erheben. Problematisch erscheint freilich abermals, daß sowohl die Ausschlußklage gegen A als auch die gegen B bereits im Wege der actio pro socio rechtshängig gemacht worden ist und daher eine weitere actio pro socio ausscheidet: Der Ausschlußklage liegt ein Anspruch der Gesellschaft gegen den störenden Gesellschafter zugrunde, aus ihr auszuscheiden. Die aus diesem Anspruch resultierende Prozeßführungsbefugnis der Gesellschaft kann nur einmal ausgeübt werden, entweder von der Gesellschaft selbst oder von einem Prozeßstandschafter. Ist die Klage von einem Gesellschafter im Wege der actio pro socio erhoben worden, so ist eben diese Prozeßführungsbefugnis ausgeübt und steht der weiteren Klage eines anderen Gesellschafters entgegen. Deshalb muß C sowohl die Ausschlußklage gegen A als auch die gegen B als actio pro socio im Wege der Hauptintervention gegen A und B richten (§ 64 ZPO): Die Ausschlußklage gegen A wird von C erhoben mit gleichzeitiger Feststellungsklage des C gegen B, daß er, da seinerseits ausschlußreif, zur Klageerhebung nicht befugt sei; und umgekehrt wird auch die Ausschlußklage gegen B von C erhoben mit gleichzeitiger Feststellungsklage gegen A, daß er, da ausschlußreif, jene Klage nicht erheben könne.

D. Der Feststellungsstreit im

Grundlagenbereich

Zweifelhaft ist die Parteirolle der Gesellschaft im verbandsinternen Prozeß schließlich dann, wenn zwischen den Mitgliedern Streit über den rechtlichen Status der Gesellschaft oder ihrer Mitglieder besteht. So mag es Meinungsverschiedenheiten darüber geben, - über die Person der Mitglieder, namentlich darüber, ob eine bestimmte Person Gesellschafter ist oder nicht. - über die Auslegung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung, etwa um die Frage, welcher Gewinnanteil welchem Gesellschafter zusteht. In solchen Fällen ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, mit welcher vorab definierten Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintreten soll; denn das Prozeßergebnis verhält sich in den hier diskutierten Fällen zum Gesellschaftsinteresse indifferent. Das spricht dafür, Streitigkeiten um das Bestehen einer Mitgliedschaft zwischen den Gesellschaftern auszutragen. Indes sind verschiedene Fallgruppen auseinanderzuhalten.

658

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

I. Der Ausschluß durch Gesellschafterbeschluß 1.

Problemstellung

In allen Gesellschaftsformen ist der Ausschluß eines Gesellschafters dadurch zu bewirken, daß die übrigen Gesellschafter die Erhebung der Ausschlußklage beschließen und diese sodann vom Vertretungsorgan der Gesellschaft erhoben wird. Die Klage ist Gestaltungsklage; erst mit Rechtskraft des Ausschlußurteils endet die Mitgliedschaft des störenden Gesellschafters. Zumindest in O H G , K G und GmbH kann jedoch der Gesellschaftsvertrag auf das Erfordernis einer Gestaltungsklage verzichten 1 2 8 . Der Ausschluß wird in diesem Fall durch bloßen Gesellschafterbeschluß bewirkt. Freilich besteht dann bis zu einer gerichtlichen Klärung Ungewißheit, ob tatsächlich ein wichtiger Grund bestand. Entbrennt hierüber unter den Gesellschaftern Streit, so fragt sich, zwischen welchen Parteien dieser vor Gericht auszutragen ist. 2. Die Rechtsprechung

zum Ausschließungsbeschluß

in

Personengesellschaften

Wird ein Gesellschafter durch Beschluß ausgeschlossen, obwohl es an einem wichtigen Grund fehlt, so ist dieser Beschluß fehlerhaft. Der Angriff gegen ihn erscheint dann nur als eine Unterart der Auseinandersetzung über fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse. So hat der B G H für den Fall, daß der Ausschließungsbeschluß in einer O H G oder K G gefaßt wird, getreu seiner generell für fehlerhafte Beschlüsse vertretenen Linie 1 2 9 ausgesprochen, daß jener Beschluß ohne einen wichtigen Grund nichtig sei 1 3 0 und der Streit hierüber mit Hilfe einer Feststellungsklage ausgetragen werden müsse 1 3 1 , die gegen diejenigen Gesellschafter zu richten sei, wel-

1 2 8 B G H Z 31, 2 9 5 , 2 9 8 ; 81, 2 6 3 , 265f.; BGH W M 1957, 1406, 1407; W M 1960, 106, 107; GmbHR 1991, 3 6 2 ; DStR 1997, 1090, 1091; BayOGLG BB 2 0 0 3 , 1 3 7 9 O L G Brandenburg N Z G 1998, 263, 2 6 4 ; OLG Nürnberg GmbHR 2 0 0 1 , 108, 109; Bräutigam, FS Quack, S . 1 8 9 , 192f.; Damrau-Schröter, N J W 1991, 1927, 1935; Ebenroth-Lorz, HGB, § 140 R n . 4 4 ; Freund, GmbHR 1962, 2 3 1 , 2 3 2 ; Goette, DStR 1997, 1093; ders., DStR 2 0 0 1 , 533, 535, 538; von Gronau, EWiR 2 0 0 3 , 865, 866; Hachenburg-Ulmer, GmbHG, Anh. § 3 4 R n . 3 8 ; A. Hueck, O H G , GmbHG, § 34 Rn. 39; § 2 9 1 2 c (S.446); Hüffer, Z H R 151 (1987), 3 9 6 , 4 0 4 ; Lutter/Hommelhoff, MüHdbGesR I/Piehler, § 6 7 R n . 4 1 ; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S. 111; Nitschke, Personengesellschaft, S . 8 8 ; Pabst, BB 1978, 892; Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 6 5 4 ; Rowedder/Bergmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 34 Rn. 84; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 III 2 a (S. 1458f.); ders., in Schlegelberger, HGB, § 140 Rn. 74; ders., in: MK HGB, § 140 Rn. 91; ScholzWinter, GmbHG, § 15 Rn. 1 3 8 , 1 5 2 ; Schramm, M D R 1 9 6 3 , 1 7 4 , 176; Staub-Ulmer, HGB, § 140 Rn. 51; Tschernig, GmbHR 1999, 6 9 1 , 695; Vollmer, BB 1984, 1774, 1775f.; Wagner, Prozeßverträge, S. 6 0 3 . - Nach Reinisch, Ausschluß, S. 115 ff. gilt dies selbst für die AG: § 23 V AktG gebiete nicht das Festhalten am Gestaltungsklageprinzip; tendenziell ähnlich Becker, Z G R 1986, 383, 393ff. - Das Gestaltungsklageprinzip ist auch für Entziehungsklagen nach § § 1 1 7 , 1 2 7 HGB abdingbar; vgl. Schneider, Z G R 1972, 357, 375; Westermann, Vertragsfreiheit, S . 2 1 7 f . 1 2 9 Nachweise oben § 7 A I. 1 3 0 B G H Z 31, 2 9 5 , 302. 1 , 1 W M 1992, 57, 58; Staub-Ulmer, HGB, § 140 R.n.51.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

659

che den Ausschließungsbeschluß für wirksam hielten 1 3 2 . Unter den Mitgesellschaftern bestehe keine notwendige Streitgenossenschaft. Umgekehrt könne die Feststellungsklage auch von jedem der verbleibenden Gesellschafter erhoben werden mit dem Ziel, die Wirksamkeit des Ausschlusses feststellen zu lassen 1 3 3 . Die Argumentation knüpft nahtlos an diejenige an, welche der B G H für den Beschlußmängelstreit in der Personengesellschaft vertritt: Die Gesellschaft könne im Feststellungsstreit über die Mitgliedschaft eines Gesellschafters nicht Partei sein 1 3 4 ; denn der Gesellschaftsvertrag sei das Grundverhältnis, auf dem die Gesellschaft errichtet sei und über das diese nicht disponieren könne 1 3 5 . Daher könne sie auch nicht in Prozeßstandschaft für diejenigen Gesellschafter klagen, welche den Ausschluß betrieben 1 3 6 . Vielmehr sei der Feststellungsprozeß unter den Gesellschaftern auszutragen, wobei mehrere Gesellschafter auf einer Seite des Prozesses keine notwendigen Streitgenossen seien 1 3 7 . Das Urteil wirke nur gegen die am Prozeß beteiligten Gesellschafter 1 3 8 . Die Gesellschafter könnten aber die Gesellschaft materiellrechtlich ermächtigen, den Streit über die Frage, wer Partner des Gesellschaftsvertrags sei, an ihrer Stelle zu führen 1 3 9 ; damit werde die Dispositionsbefugnis auf sie übertragen 1 4 0 . Streitig ist, ob in der Publikumsgesellschaft auch ohne eine ausdrückliche Regelung davon ausgegangen werden kann, daß die Gesellschaft jedenfalls stillschweigend zur Prozeßführung ermächtigt ist 1 4 1 , oder ob dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich verankert sein m u ß 1 4 2 . Vereinzelt wird freilich zusätzlich für den konkreten Streitfall ein Gesellschafterbeschluß gefordert, durch welchen die von der Gesellschaft im Prozeß vertretene Rechtsbehauptung 132 Kulka, Ausschluß, S.213f.; ähnlich Staub-Ulmer, HGB, § 1 4 0 R n . 5 2 : Klagegegner seien „ein oder mehrere Mitgesellschafter". 133 Staub-Ulmer, HGB, § 140 R n . 5 2 . 1 3 4 B G H Z 3 0 , 1 9 5 , 1 9 7 f . ; 4 8 , 1 7 5 , 1 7 6 f . ; 8 1 , 2 6 3 , 2 6 4 f . ; 9 1 , 1 3 2 , 1 3 3 ; BGH GmbHR 1963, 7; W M 1 9 6 5 , 4 ; J R 1 9 6 5 , 2 1 f.; W M 1965, 709; W M 1975, 5 1 2 , 5 1 4 ; BB 1990, 3 7 0 und 3 7 1 ; O L G Celle N Z G 1999, 64; O L G Rostock N Z G 2 0 0 0 , 930, 931; Brandes, W M 1 9 9 0 , 1221 f.; Kulka, Ausschluß, S.213f.; Wöhrmann, Streitgenossenschaft, S . 2 7 f . 1 3 5 B G H Z 4 8 , 1 7 5 , 1 7 6 f . ; 8 1 , 2 6 3 , 2 6 5 ; BGH W M 1 9 6 5 , 4 ; W M 1 9 6 5 , 7 0 9 ; BB 1 9 9 0 , 3 7 0 und 3 7 1 ; ZIP 1999, 1391, 1393, O L G Celle N Z G 1999, 64; Armbruster, LMK Brandes, W M 1 9 9 0 , 1221 f.; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.27; Wagner/Radlmayr, EWiR 2 0 0 3 , 625, 626; ähnlich Schütz, Sachlegitimation, S . 1 3 8 : Gesellschaft kann nicht über Grundlage ihrer eigenen Existenz entscheiden. 1 3 6 BGH BB 1990, 3 7 1 . 1 3 7 B G H Z 30, 195, 197ff. ; BGH W M 1957, 1406, 1407; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 103; Staub-Ulmer, HGB, § 140 Rn. 52; Wiedemann, W M 1975, Beilage 4, S. 37. 1 3 8 B G H Z 30, 195, 199. 1 3 9 B G H Z 91, 132, 133; BGH BB 1990, 3 7 0 und 371; N J W 2 0 0 3 , 1729; O L G Celle N Z G 1 9 9 9 , 64; Brandes, W M 1990, 1221, 1222; K. Schmidt, DB 1 9 9 3 , 2 1 6 7 , 2 1 6 8 ; Wiedemann, FS Kellermann, S . 5 2 9 , 538. 1 4 0 BGH BB 1990, 3 7 1 . 1 4 1 So K. Schmidt, DB 1993, 2 1 6 7 , 2 1 6 8 . 1 4 2 So B G H Z 91, 132, 133; BGH N J W 2 0 0 3 , 1729. Nach der zuletzt genannten Entscheidung ergibt sich der Wille der Gesellschafter, die Gesellschaft als richtige Beklagte zu installieren, bereits aus einer Klausel im Gesellschaftsvertrag, wonach gegen (u.a. Ausschließungs-)Beschlüsse die fristgebundene Anfechtungsklage statthaft ist.

660

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

festzulegen s e i 1 4 3 . Das von der Gesellschaft erstrittene Urteil entfalte zwar keine Rechtskraft gegen die Gesellschafter 1 4 4 ; denn es fehle an einer Vorschrift, w o n a c h die Rechtskraft auf sie erstreckt werde. Eine Rechtskraftbindung auf privatautonomer Basis sei nicht anzuerkennen 1 4 5 . Die Gesellschafter seien aber schuldrechtlich verpflichtet, es gegen sich gelten zu lassen 1 4 6 . Der B G H münzt diese Rechtsprechungsgrundsätze unterschiedslos auf diejenigen Fälle, in denen die behauptete oder bestrittene personelle Veränderung durch einen Beschluß herbeigeführt worden, und auf solche Fälle, in denen sie kraft Gesetzes oder jedenfalls ohne einen Beschluß eingetreten i s t 1 4 7 . Bereits im Schrifttum der frühen Nachkriegszeit wurde die Vorstellung, die Personengesellschaft könnte im Streit um die Mitgliedschaft eines ihrer Gesellschafter Partei sein, vehement bekämpft. So wurde nicht nur die fehlende Sachbefugnis der Gesellschaft ins Feld g e f ü h r t 1 4 8 , sondern darüber hinaus darauf hingewiesen, den vertretungsberechtigten Gesellschaftern fehle es an der Vertretungsmacht für einen auf das Gesellschaftsverhältnis bezogenen A n t r a g 1 4 9 . Die These, die Gesellschaft sei als Prozeßpartei ungeeignet, ist indes mit keinem der bisher referierten Argumente ausreichend belegt: Die Vertretungsmacht fehlt den vertretungsberechtigten Gesellschaftern ganz gewiß, soweit es um die Aufnahme oder das einvernehmliche Ausscheiden von Gesellschaftern geht. Im Prozeß um die Feststellung der Mitgliedschaft wird jedoch keine Veränderung des Gesellschafterkreises konstitutiv erstrebt, sondern nur um eine solche Veränderung gestritten, die, wenn überhaupt, bereits außergerichtlich eingetreten ist und durch das erstrebte Feststellungsurteil lediglich deklariert werden s o l l 1 5 0 . Aus dem gleichen Grund greift der Einwand der fehlenden Dispositionsbefugnis ins Leere: Die Gesellschaft disponiert nicht über das Gesellschaftsverhältnis in dem Sinne, daß sie eine Veränderung ihrer personellen Zusammensetzung herbeiführt; vielmehr begehrt sie die deklaratorische Feststellung einer bereits erfolgten Veränderung 1 5 1 . Überhaupt ist die Prozeßführung niemals mit einer materiellrechtlichen Verfügung gleichzusetzen 1 5 2 .

Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 538. BGH BB 1990, 370 und 371; OLG Celle NZG 1999, 64. 145 Schütz, Sachlegitimation, S. 68f. 146 BGH BB 1990, 370 und 371; OLG Celle NZG 1999, 64; Brandes, WM 1990, 1221,1222. 1 4 7 Zur an zweiter Stelle genannten Fallgruppe unten II. 148 Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 1 zu § 125 HGB. 149 BGHZ 4 8 , 1 7 5 , 1 7 7 ; BGH DB 1968, 257; Beitzke, JR 1965,22; Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 1 zu §125 HGB. 150 Zutreffend Bork, ZGR 1991, 125, 130f.; Schütz, Sachlegitimation, S. 176f. 151 Zutreffend Beitzke, JR 1965, 22; Bork, ZGR 1991, 125, 131f.; Schütz, Sachlegitimation, S. 174 f. 152 Vgl. bereits oben § 2 G IV 2; im hier interessierenden Zusammenhang namentlich W. Lüke, ZGR 1994, 266, 272. 143

144

D. Der Feststellungsstreit

3. Materiellrechtlich Gesellschaftern

notwendige

im

661

Grundlagenbereich

Streitgenossenschaft

zwischen

allen

Gleichwohl wird es auch im neueren Schrifttum grundsätzlich für vorzugswürdig gehalten, den Streit um die Feststellung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft unter den Gesellschaftern auszutragen: Der Schwerpunkt des Mitgliedschaftsverhältnisses liege anders als bei der juristischen Person nicht auf der Beziehung zwischen Mitglied und Verband, sondern auf der Beziehung zwischen den Mitgliedern 153 . Im Streit um die Mitgliedschaft in der Gesellschaft sollen jedoch die Gesellschafter nach einer verbreiteten Ansicht materiellrechtlich notwendige Streitgenossen sein 154 . Zur Begründung wird teilweise darauf hingewiesen, auch die Schaffung und Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses bedürfe der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter 155 . Andere stellen schlicht die Einheitlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses in den Vordergrund und schließen hieraus auf die Notwendigkeit, beim Streit hierüber einheitlich für alle hieran Beteiligten zu entscheiden 156 . Der Gesellschafter, der seine Mitgliedschaft festgestellt wissen wolle, müsse mithin sämtliche Gesellschafter verklagen, nicht bloß diejenigen, welche explizit diese seine Rechtsbehauptung bestritten 157 ; doch könne ein Gesellschafter, der sich nicht am Prozeß beteiligen wolle, seiner Teilnahme hieran durch die bindende Erklärung ausweichen, das Urteil (schuldrechtlich) gegen sich gelten zu lassen 158 . Für die kapitalistisch strukturierte Gesellschaft wird freilich vereinzelt eine Ausnahme erwogen: Dort soll von vornherein die Gesellschaft richtiger Klagegegner sein 159 . Solle umgekehrt das Nichtbestehen der Mitgliedschaft eines Gesellschafters festgestellt werden, so sei die Klage von allen übrigen gegen diesen Gesellschafter zu erheben 160 . Es ist leicht zu erkennen, daß diese Überlegungen auf zweierlei abzielen: Zum einen soll eine allseits verbindliche Entscheidung herbeigeführt, zum anderen aber denjenigen Gesellschaftern eine Prozeßbeteiligung erspart werden, welche die gerichtliche Auseinandersetzung scheuen. Das Bestreben nach einer einheitlichen 153 Bork, ZGR 1991, 125, 128; ebenso U. Huber, Vermögensanteil, S.20; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S.55 mit Fn. 174. 1 5 4 OLG München N Z G 1999, 590f.; Göckeler, Stellung, S.62f.; W. Lüke, Z G R 1994, 2 6 6 , 273f.; MK-Schilken, ZPO, § 6 2 Rn.36; Schütz, Sachlegitimation, S. 159ff.; Wieczorek-Schütze, ZPO, § 62 Rn. 54; Zöller- Vollkommer, ZPO, § 62 Rn. 21. Für Notwendigkeit einer Klage gegen alle Mitgesellschafter auch OLG Celle NJW 1951, 281. Die Annahme einer materiellrechtlich notwendigen Streitgenossenschaft läßt sich entgegen Wieczorek-Schütze aaO. nicht auf BGHZ 9 1 , 1 3 2 , 1 3 3 stützen. Dort ist zwar von der Notwendigkeit einer Klage gegen „die beiden anderen Gesellschafter" die Rede; der BGH nimmt aber zur notwendigen Streitgenossenschaft nicht ausdrücklich Stellung. Da in concreto alle Gesellschafter am Prozeß beteiligt waren, erübrigte sich die Frage, ob die Klage gegen einen von ihnen ausgereicht hätte. 155 W. Lüke, Z G R 1994, 266, 273 f. 156 Schütz, Sachlegitimation, S. 142ff. 157 Schütz, Sachlegitimation, S. 160f. 158 Schütz, Sachlegitimation, S. 161f. 159 Schütz, Sachlegitimation, S. 151 f. 160 Schütz, Sachlegitimation, S. 162ff.

662

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

Entscheidung verdient dabei nachdrücklich Beifall. Z u welch widersinnigen Ergebnissen inhaltlich divergierende Urteile führen können, ist anschaulich dargelegt worden: W ü r d e etwa in einem Rechtsstreit zwischen A und B festgestellt, A sei Gesellschafter einer O H G , zwischen A und C aber die Nichtmitgliedschaft des A in eben dieser O H G ausgesprochen, so bestünde zum einen keine Klarheit über das Gewinnrecht des A: Wird ihm ein Gewinnanteil zugesprochen, so wirkt sich dies zum Nachteil des C aus, obwohl dieser gegenüber A obsiegt hat 1 6 1 . Sieht m a n richtigerweise die Gesellschaft als Schuldnerin des Gewinnanspruchs an, so ist logisch ausgeschlossen, d a ß sowohl das eine als auch das andere Urteil gegen sie wirkt. Z u m anderen aber besteht die gleiche Unklarheit über die Gesellschafterp/7/cfcfe« des A: Wird A von B auf Leistung der Einlage verklagt, so k o m m t diese auch dem C zugute, obwohl sich dieser erfolgreich dagegen gewehrt hat 1 6 2 . Um die einheitliche Entscheidung und die Verschonung prozeßunwilliger Gesellschafter zu erreichen, wenden indes die Befürworter einer notwendigen Streitgenossenschaft die gleichen Instrumente an, wie sie nach h . M . im Falle der Ausschlußklage in der Personengesellschaft greifen sollen. Damit sind auch die Bedenken gegen diese Lösung die gleichen wie dort: Die im materiellen Recht angesiedelte Verpflichtungserklärung, das Urteil gegen sich gelten zu lassen, erzeugt niemals die gleiche Bindungswirkung wie eine Beteiligung als Prozeßpartei. Z u einer angemessenen Befriedung der Parteien führen nach den hier zutage geförderten Erkenntnissen lediglich zwei Modelle: Entweder m a n erhebt die Gesellschaft zur Prozeßpartei oder m a n schreibt das Beiladungsmodell aus § 856 Z P O gesellschaftsrechtsspezifisch fort.

4. Gesamtanalogie

zu

856 ZPO, 248

AktG

Anklänge in eben diese Richtung finden sich vereinzelt bereits in der Literatur der beginnenden 1970er Jahre. Danach soll zwar der Feststellungsstreit nach wie vor unter den Gesellschaftern ausgetragen werden; das Urteil soll jedoch in Gesamtanalogie zu § § 8 5 6 Z P O , 248, 249, 2 5 2 AktG, 147 S. 1 K O (jetzt: § 178 III InsO) Rechtskraft gegen sämtliche Gesellschafter wirken 1 6 3 . Das Gesellschaftsverhältnis, so wird ausgeführt, sei unteilbar; eine Person sei Gesellschafter gegenüber allen Mitgesellschaftern oder überhaupt nicht 1 6 4 . Konsequent könne auch die Rechtsbeziehung eines Gesellschafters zu einem seiner Mitgesellschafter niemals anders gestaltet sein als die zu einem anderen Mitgesellschafter 1 6 5 . Die Mehrseitigkeit des Rechtsverhältnisses stehe in einem Spannungsverhältnis zum Zweiparteienprinzip der Z P O ; deshalb seien für die prozessuale Bewältigung all jene Vor161

Vohrmann, Vohrmann, 163 Vohrmann, 273 f. mit Fn. 32. 164 Vohrmann, 165 Vohrmann, 162

Streitgenossenschaft, S. 13. Streitgenossenschaft, S. 14. Streitgenossenschaft, S.59ff.; ablehnend hierzu W. Lüke, ZGR 1994, 266, Streitgenossenschaft, S.23. Streitgenossenschaft, S.24.

D. Der Feststellungsstreit im

Grundlagenbereich

663

Schriften heranzuziehen, welche ebenfalls die gerichtliche Klärung mehrseitiger Rechtsverhältnisse in diesem Zweiparteienschema ermöglichten 1 6 6 . Das Urteil zwischen zwei Gesellschaftern wirke Rechtskraft für und gegen alle Mitgesellschafter, selbst wenn diese nicht am Prozeß beteiligt gewesen seien 1 6 7 ; das gelte für stattgebende ebenso wie für abweisende Urteile 1 6 8 . Die prozeßführenden Gesellschafter seien kraft ihrer Treupflicht gehalten, die übrigen vom Rechtsstreit zu unterrichten 1 6 9 , und zwar mittels Zustellung eines Schriftsatzes 1 7 0 ; diese Pflicht treffe freilich nur diejenigen Gesellschafter, deren Mitgliedschaft in der Gesellschaft außer Streit stehe, nicht aber eine Person, deren Mitgliedschaft bestritten sei 1 7 1 . D e m so unterrichteten Gesellschafter stehe sodann die Möglichkeit offen, dem Rechtsstreit auf Kläger- oder Beklagtenseite beizutreten 1 7 2 ; mache er hiervon keinen Gebrauch, so wirke das Urteil gleichwohl gegen i h n 1 7 3 , nicht aber, wenn die Benachrichtigung unterblieben sei 1 7 4 . Der Kläger müsse nachweisen, daß sämtliche Gesellschafter, welche nicht im R u b r u m als Parteien des Prozesses aufgeführt seien, ordnungsgemäß vom Prozeß benachrichtigt worden seien; denn ein Feststellungsinteresse bestehe nur, wenn die allseitige Rechtskrafterstreckung des Urteils gewährleistet sei. Die Benachrichtigung aller Gesellschafter sei m.a.W. Prozeßvoraussetzung 1 7 5 . Dieser Vorschlag war zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung dem damals erreichten Diskussionsstand weit voraus. Dies deshalb, weil in ihm einerseits bereits die Andeutung enthalten ist, daß § 8 5 6 Z P O sich zu einem Prozeßmodell für gesellschaftsinterne Streitigkeiten fortschreiben läßt, andererseits das Anliegen des § 2 4 8 1 1 A k t G erkannt wurde, ein allseits verbindliches Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens zu gewährleisten, und schließlich mitgeteilt wird, daß das Mediatisierungsmodell der §§ 2 4 6 II 1, 2 4 8 I 1 A k t G die Antwort des Gesetzgebers auf das Zweiparteienprinzip bei mehrseitigen Rechtsverhältnissen enthält. Gleichwohl kann die Gesamtanalogie zu den genannten Vorschriften methodisch nicht vollauf befriedigen. Denn die Funktionsweise eines Modells, welches aus § 8 5 6 Z P O für die Bewältigung gesellschaftsinterner Streitigkeiten entwickelt worden ist, ist eine gänzlich andere ist als diejenige des in § § 2 4 1 ff. A k t G niedergelegten Mediatisierungsmodells, an das § 2 4 8 A k t G anknüpft. Die §§ 8 5 6 Z P O , 2 4 8 A k t G k ö n n e n niemals in ihrem Zusammenwirken eine geeignete Lösung bereitstellen; vielmehr ist nur entweder

166 167 168 169 170 171 172 173 174 175

Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann, Vohrmann,

die eine oder die andere Vorschrift anwendbar: Entweder man

Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft, Streitgenossenschaft,

S.59f. S. 60. S.61. S.68f. S.75f. S.70. S.70f. S.71. S.72ff. S.74f.

664

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

versucht, § 8 5 6 Z P O mit den bereits geschilderten 1 7 6 Weiterungen fruchtbar zu machen. Dann ist der Streit unter den Gesellschaftern auszutragen, wobei sich nicht alle Gesellschafter tatsächlich am Prozeß beteiligen müssen, sondern lediglich vom Kläger oder vom Beklagten ihre Beiladung beantragt werden kann. Sie können sich sodann als Streitgenossen auf der einen oder anderen Seite anschließen; die Rechtskraft wirkt unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits gegen sie nicht nach § 2 4 8 AktG, sondern nach § 8 5 6 V Z P O . Oder die Gesellschaft fungiert als Beklagte; dann ergibt sich die allseitige Rechtskrafterstreckung aus § 2 4 8 AktG, freilich nur bei einem der Gesellschaft ungünstigen Prozeßausgang. Die übrigen Gesellschafter sind von Amts wegen beizuladen und können sich als streitgenössische Nebenintervenienten auf beliebiger Seite anschließen; dies folgt aber nicht aus § 8 5 6 Z P O , sondern unmittelbar aus Art. 103 I GG. Beide Modelle wurden o b e n 1 7 7 in ihren unterschiedlichen Eigenheiten entfaltet; sie lassen sich nicht in einer Gesamtanalogie zusammenführen. Blickt man freilich auf die Einzelergebnisse des hier besprochenen Lösungsansatzes, so erhellt, daß dieser ungeachtet der etwas unglücklichen normativen Verortung bereits die wesentlichen Strukturelemente des an § 8 5 6 Z P O angelehnten Modells enthält: Der Streit wird zwischen den Gesellschaftern ausgetragen; nicht beteiligte Gesellschafter werden „benachrichtigt" (= beigeladen), und zwar ausschließlich auf Parteiinitiative; und die Rechtskraft wirkt nicht gegen Gesellschafter, deren Benachrichtigung unterblieben ist. Jener Ansatz verdient daher in seinen Ergebnissen überall dort weitgehend Zustimmung, wo nach der Eigenart des Streitgegenstands die Gesellschaft als Beklagte nicht in Betracht kommt und daher das Modell des § 8 5 6 Z P O den Vorzug verdient. Eben dies herauszuarbeiten ist freilich die grundsätzliche Aufgabe des vorliegenden Untersuchungsabschnitts: Es ist abermals zu fragen, ob sich für Feststellungsstreitigkeiten der eingangs geschilderten Art das Modell der § § 2 4 6 II 1 , 2 4 8 AktG besser eignet oder das Modell des §856 ZPO178.

5. Drittfeststellungsklage a) Der

der

Gesellschaft

Ansatz

Bevor diese Überlegungen in der gebotenen Grundsätzlichkeit ausgebreitet werden können, ist auf einen weiteren Ansatz aus der jüngeren Lehre einzugehen 1 7 9 . Ihm liegt einerseits die Prämisse zugrunde, daß der Schwerpunkt der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft auf der Rechtsbeziehung zwischen den Gesellschaftern und nicht wie in der juristischen Person auf der Rechtsbeziehung zwi-

176 177 178 179

Oben § 3 B II 5. Zusammenfassend in § 9 . Zu dieser Optionenwahl grundsätzlich oben § 9 C. Zum Folgenden Bork, Z G R 1991, 125 ff.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

665

sehen Mitglied und Verband liegt 180 ; andererseits wird nicht geleugnet, daß der Gesellschaft aus dem Mitgliedsverhältnis selbständige Ansprüche gegen den einzelnen Gesellschafter zustehen können oder umgekehrt dieser möglicherweise Ansprüche gegen die Gesellschaft (etwa den Gewinnanspruch) erheben kann und die Gesellschaft zur Sicherung ihrer Ansprüche bzw. zur Verteidigung ihrer Rechtsstellung auf eine grundsätzliche Klärung der Frage angewiesen sein kann, ob der Gesellschafter ihr noch angehört oder nicht. Weil aber das Mitgliedschaftsverhältnis schwerpunktmäßig als ein solches unter den Gesellschaftern gedeutet wird, stellt sich die Klage der Gesellschaft auf Feststellung, daß ein Gesellschafter der Gesellschaft noch oder nicht mehr angehört, als Drittfeststellungsklage dar 181 . Es wird damit an die herrschende Meinung angeknüpft, wonach die Feststellung eines Rechtsverhältnisses auch von einem hieran Unbeteiligten begehrt werden kann, wenn es für seine eigene Rechtsstellung auf dessen Bestehen oder Nichtbestehen ankommt 182 : Die Klage setze keine Sachbefugnis voraus. Vielmehr würden die richtigen Parteien des Feststellungsstreits durch das Feststellungsinteresse markiert 183 . Zur Erhebung der Feststellungsklage sei m.a.W. befugt, wer über dasjenige Recht prozessieren dürfe, welches durch den Feststellungsprozeß über das fremde Recht geschützt werden solle 184 . Übertragen auf den Feststellungsstreit in der Personengesellschaft bedeutet dies, daß die Gesellschaft gewissermaßen als „Dritte" auf die Feststellung klagt, zwischen den Gesellschaftern bestehe ein Mitgliedsverhältnis oder eben nicht. b) Anspruch

und

Rechtsverhältnis

An diesem Ansatz mutet bereits auf dem Boden des materiellen Rechts merkwürdig an, daß einerseits zwar selbst in der Personengesellschaft Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter und umgekehrt bestehen, das diese Ansprüche tragende Rechtsverhältnis aber nicht zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, sondern unter den Gesellschaftern bestehen soll. Gewiß: Die Existenz eines Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Mitglied und Verband wird auch für die Perso180 Bork, Z G R 1991, 125, 128; für den Bereich der Grundlagenangelegenheiten zustimmend Schütz, Sachlegitimation, S. 139, der aber aaO.S. 141 in körperschaftlich organisierten Personengesellschaften den Schwerpunkt der Mitgliedsbeziehung im Verhältnis zwischen Mitglied und Verband erblickt. 181 Bork, Z G R 1991, 125, 131, 138. 1 8 2 R G Z 170, 358, 374; B G H Z 137, 134, 136f.; BGH GmbHR 1967, 97; N J W 1990, 2 6 2 7 , 2 6 2 8 ; W M 1994, 3 8 2 , 383; DB 1997, 153, 155; W M 1997, 2 4 0 3 , 2 4 0 4 ; O L G Karlsruhe ZIP 1991, 1145, 1149; LG Koblenz DB 2 0 0 1 , 1660; Baumbach-Hartmann, ZPO, § 2 5 6 R n . 2 7 ; Berger, Prozeßstandschaft, S. 158f.; Bork, Z G R 1991, 125, 127; Brondics, Aktionärsklage, S. 185;Grunsky, Grundlagen, § 3 8 II 2 (S.373f.); Habscheid, ZZP 112 (1999), 37, 45; Henckel, Parteilehre, S. 30f., 88f.; Hofmann, GmbHR 1967, 97, 98; Kass, Prozeßstandschaft, S. 146; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse, S . 8 4 ; Schütz, Sachlegitimation, S . 2 0 , 63, 166f.; Thomas/Putzo, ZPO, § 2 5 6 Rn. 9; Vohrmann, Streitgenossenschaft, S. 25; Wagemeyer, Parteiwechsel, S. 99; Zöllner, Z G R 1988, 392, 397. 183 Zöllner, Z G R 1988, 3 9 2 , 397. 184 Henckel, Parteilehre, S . 8 9 .

666

§11

Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

nengesellschaft nicht geleugnet 185 . Aber jenes Verhältnis soll in einer Weise seinem „Schwerpunkt" nach auf das Verhältnis unter den Gesellschaftern konzentriert sein, daß die Gesellschaft darauf angewiesen sein soll, dies Rechtsverhältnis - und nicht das angeblich gleichfalls existente eigene Rechtsverhältnis zum Gesellschafter - feststellen zu lassen 186 . Demgegenüber sei hier nochmals betont: Die maßgeblichen und für das Mitgliedsverhältnis typusprägenden Hauptleistungspflichten, nämlich die Pflicht zur Erbringung der Einlage oder sonstiger im Gesellschaftsvertrag versprochener Beiträge sowie die Pflicht zu sonstigen Förderleistungen, treffen den Gesellschafter selbst in OHG und KG ausschließlich gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber den Mitgesellschaftern. Die tatsächlich in Vollzug gesetzte Organisation ist es, welche selbst bei Mängeln im Gesellschaftsvertrag die Wirksamkeit der Gesellschaft gewährleistet. Der Schwerpunkt der Mitgliedsbeziehung liegt daher in der Personengesellschaft ebenso im Verhältnis von Mitglied und Verband, wie dies in der juristischen Person der Fall ist. Daraus folgt zugleich ein weiterer Einwand gegen das vom BGH vorgetragene Argument, die Gesellschaft könne nicht über die Mitgliedschaft eines Gesellschafters an ihr disponieren: Im Gegenteil, sie kann es! Die Ausschlußklage nach § 140 HGB zielt ein Urteil an, welches konstitutiv die Mitgliedschaft eines Gesellschafters beendet; dies Urteil ersetzt eine andernfalls mögliche rechtsgeschäftliche Vereinbarung des Inhalts, daß der Gesellschafter ausscheidet. Es wird also die Mitgliedschaft durch das Ergebnis des Prozesses verändert, mit den Worten des BGH: über sie disponiert. Gleichwohl kann (und muß) die Klage durch die Gesellschaft erhoben werden. Sie kann es deshalb, weil die Gesellschaft selbständige Partnerin einer Mitgliedsbeziehung ist. Das eigentliche Problem besteht bei der Ausschlußklage ebenso wie bei der auf Bestehen oder Nichtbestehen der Mitgliedschaft gerichteten Feststellungsklage nicht in der „Disposition" über die Mitgliedschaft, will sagen: in der Tatsache, daß über die Mitgliedschaft eine verbindliche gerichtliche Entscheidung angestrebt wird und diese fortan die rechtlichen Verhältnisse in der Gesellschaft bestimmt. Es besteht vielmehr in der Legitimation derjenigen Personen, welche den Prozeß über die Mitgliedschaft führen. Diese Legitimation ist es, die der BGH im Recht der Personengesellschaften nur bei den Gesellschaftern selbst als gegeben ansieht. Und in der Tat wurde auch hier im Rahmen der zur Ausschlußklage angestellten Überlegungen nicht bestritten, daß ein von der Gesellschaft geführter Prozeß ohne vorherige Willensbildung unter den Gesellschaftern nicht denkbar ist. Wenn die Gesellschafter sich aber für den Prozeß entschlossen haben, steht einer Legitimation der vertretungsberechtigten Gesellschafter, diese Rechtsbehauptung namens der Gesellschaft und repräsentativ für die Gesamtheit der Gesellschafter vor Gericht zu tragen, nichts entgegen. Die Willensbildung der Gesellschafter hat dazu geführt, daß sich eine Position der Gesellschaft klar definieren läßt, mit der sie in den Rechtsstreit eintritt. Das gleiche gilt für die Feststel185 186

Bork, Z G R 1991, 125, 128. Bork, Z G R 1991, 125, 128f.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

667

lungsklage: Wenn die Gesellschafter durch Beschluß einen Mitgesellschafter ausschließen, bilden sie einen kollektiven Willen. Fortan ist die Gesellschaft und sind deren vertretungsberechtigte Gesellschafter legitimiert, diesen Willen vor Gericht gegenüber dem betroffenen Mitgesellschafter zu verfechten. c) Abschied

von der

Drittfeststellungsklage

Darüber hinaus erscheint es auch aus prozessualen Gründen bedenklich, die Gesellschaft zu einem „dritten" Rechtssubjekt zu degradieren und sie auf die Drittfeststellungsklage zu verweisen. Denn die herrschenden Meinung, welche die Feststellungsklage eines nicht am festzustellenden Rechtsverhältnis Beteiligten zulassen will, ist abzulehnen. aa) Materiellrechtliche

Abhängigkeit

von

Rechtsverhältnissen

Zwar existiert eine Fülle von Konstellationen, in denen die Rechtsstellung einer Person vom Bestand oder Nichtbestand eines fremden Rechtsverhältnisses beeinflußt wird 187 . Besonders fallen diejenigen ins Auge, bei denen die Abhängigkeit von einem fremden Rechtsverhältnis den typischen Inhalt der Rechtsstellung ausmacht. So ist die Verpflichtung des Gesellschafters einer OHG gegenüber dem Gläubiger der Gesellschaft davon abhängig, ob diesem gegen jene ein Anspruch zusteht; denn der Gesellschafter kann die Einwendungen der Gesellschaft geltend machen (§ 129 IHGB). Das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschafter und Gläubiger ist materiellrechtlich abhängig vom Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Gesellschaft. In einem solchen Fall läßt sich jedenfalls auf den ersten Blick ein Interesse des Dritten (des Gesellschafters), ein fremdes Rechtsverhältnis zu klären, nicht leugnen. Indes diese Klärung vermag den Dritten in der Verteidigung seiner eigenen Rechtsstellung kaum zu stützen: Denn selbst wenn der Dritte das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses in seinem Sinne durch gerichtliches Urteil hat klären lassen, wirkt diese Feststellung nur zwischen ihm und seinem Prozeßgegner, nicht aber gegen den Dritten 188 . Denn über das Recht des Dritten ist der Feststellungskläger nicht prozeßführungsbefugt; so bereitet denn auch die Drittfeststellungsklage nicht unerhebliche Probleme bei der Abgrenzung zu denjenigen Fällen, in denen ein Rechtsfremder in Prozeßführungsbefugnis für einen am fremden Rechtsverhältnis Beteiligten streitet 189 . Wo der Dritte über ein fremdes Recht nicht Prozeß zu führen befugt ist, kann auch der Rechtsträger nicht an das Urteil gebunden sein. 1 8 7 Eingehende Darstellung solcher Rechtsverhältnisse bei Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 388ff., 402ff. 1 8 8 BGH LM Nr. 4 zu § 3 2 5 ZPO; Bork, ZGR 1991, 125, 132; Habscheid, ZZP 112 (1999), 37, 49; Henckel, Parteilehre, S.90; Michaelis, 2. FS Larenz, S.443, 452; Stein!Jonas-Schumann, ZPO, § 2 5 6 Rn. 175. 1 8 9 Vgl. Berger, Prozeßstandschaft, S.160ff.; Kass, Prozeßstandschaft, S . 1 4 8 f . G. Lüke, FS Henckel, S.563, 573, 575f. und Zöller-Greger, ZPO, § 2 5 6 Rn.3b, lehnen die Drittfeststellungsklage gerade deswegen ab, weil sie die Voraussetzungen der Prozeßstandschaft aushebele.

668

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

Illustriert man diese Einsichten am Beispiel der Außenhaftung eines OHG-Gesellschafters, so bedeutet dies: Der Gesellschafter mag mit Erfolg gegen den Gläubiger auf Feststellung geklagt haben, es bestehe keine Gesellschaftsschuld. Wird aber sodann in einem Prozeß zwischen dem Gläubiger und der Gesellschaft festgestellt, die Hauptverbindlichkeit bestehe doch, so nützt dem Gesellschafter das von ihm erstrittene Feststellungsurteil nichts. Denn er kann nach materiellem Recht nur die der Gesellschaft zustehenden Einwendungen geltend machen (§129 I HGB). Einwendungen, die der Gesellschaft rechtskräftig aberkannt worden sind, kann auch der Gesellschafter nicht mehr einwenden 190 - selbst wenn zwischen ihm und dem Gläubiger ursprünglich einmal etwas Gegenteiliges entschieden worden sein mag. bbj Die Lehre von der Drittwirkung

der

Rechtskraft

Die Bindung des akzessorisch Haftenden an das zwischen Gläubiger und Schuldner ergangene Urteil hat man bisweilen als Ausfluß der Rechtskraft dieses Urteils zu begreifen versucht. So wurde vorgetragen, Gläubiger und Schuldner seien als Parteien des durch die Forderung definierten Rechtsverhältnisses zuvörderst berufen, den Streit über jene Forderung gerichtlich zu klären 191 . Was zwischen ihnen als den legitimi contradictores192 rechtskräftig festgestellt sei, sei für sie beide fortan maßgeblich; in dieser Maßgeblichkeit manifestiere sich geradezu das Wesen der Rechtskraft 193 . Die angestrebte Maßgeblichkeit zwischen den Parteien erreiche jene Feststellung jedoch nur dann, wenn jeder Dritte zu akzeptieren habe, daß das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien die durch das Urteil ausgesprochene Gestalt angenommen habe194. Die subjektive Begrenzung der Rechtskraft individualisiere die Rechtssubjekte, welche am endgültig entschiedenen Rechtsverhältnis teilnähmen 195 . Damit sei aber noch nicht entscheiden, daß andere Rechtssubjekte jenes Rechtsverhältnis nochmals zur gerichtlichen Beurteilung bringen könnten; dies ergebe sich nicht aus dem subjektiven Umfang der Rechtskraft, sondern aus deren Aufgabe, Rechtssicherheit zu schaffen 196 . Ein rechtskräftig entschiede-

1 9 0 Im Ergebnis einhellige Meinung: BGHZ 3, 385, 391; 64, 155, 156; Baumbach-Hartmann, ZPO, § 325 Rn.28; Blomeyer, ZZP 75 (1962), 1, 5, 12, 24ff.; Grunsky, Grundlagen, § 4 7 VI 2c (S. 545); U. Huber, JuS 1972, 621, 622, 627; Koussoulis, Beiträge, S. 163ff.; Lindacher, JuS 1986, 379, 383; MK-Gottwald, ZPO, § 3 2 5 Rn.60; Musielak-Musielak, ZPO, § 3 2 5 Rn.16; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 155 Rn.24; Schuck, NJW 1988, 865, 869f.; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, § 3 2 5 Rn.93; Thomas/Putzo, ZPO, § 3 2 5 Rn.5; Westermann/Klingberg, Handbuch, Rn. I 725; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 325 Rn.35. 1 9 1 K..H. Schwab, ZZP 77 (1964), 1 2 4 , 1 3 9 f . Zustimmend zur nachfolgend dargestellten Drittwirkungslehre K.H. Schwabs, Koussoulis, Beiträge, S. 117ff. 192 K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 139; Koussoulis, Beiträge, S.128. 193 K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 138 194 K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 138f. 195 Koussoulis, Beiträge, S.120f. 196 Koussoulis, Beiträge, S. 121.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

669

nes Rechtsverhältnis dürfe aber niemand mehr in Frage stellen 197 . Man spricht insoweit auch von einer absoluten Geltung der relativen Feststellung198: Es erstrecke sich zwar nicht die Rechtskraft auf den Dritten, weil sein eigenes Rechtsverhältnis nicht Gegenstand des Vorprozesses gewesen sei; doch müsse der Dritte hinnehmen, daß das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Vorprozesses in einem bestimmten Sinne geklärt worden sei 199 . Er müsse es auch insoweit hinnehmen, als jenes Rechtsverhältnis für seine eigene Rechtsstellung präjudiziell sei; so müsse der Gesellschafter die rechtskräftige Feststellung der Gesellschaftsschuld zwischen Gläubiger und Gesellschaft gegen sich gelten lassen 200 . In gleicher Weise sei der Bürge an die Feststellung der Hauptschuld zwischen Gläubiger und Schuldner gebunden 201 . In eine ähnliche Richtung weist die mehrfach vorgetragene Überlegung, eine Person, welche bereits nach materiellem Recht eine Verschlechterung ihrer Rechtslage hinnehmen müsse, müsse auch das Ergebnis eines diesbezüglichen fremden Prozesses gegen sich gelten lassen, weswegen eine sog. „Rechtskraftbindung kraft materiellrechtlicher Abhängigkeit" anzuerkennen sei 2 0 2 . cc) Urteilswirkungen

und rechtliches

Gehör

In neuerer Zeit wird demgegenüber mit Recht betont, daß die Bindung des akzessorisch Haftenden an das Urteil zwischen Gläubiger und Schuldner sich nicht als Ausfluß - in der Diktion der soeben wiedergegebenen Lehre: als Drittwirkung203 der Rechtskraft begreifen läßt 2 0 4 . Dem steht namentlich entgegen, daß eine derartige Bindung an das Ergebnis eines fremden Prozesses sich nur halten läßt, wenn der Dritte die Möglichkeit hatte, sich an diesem Prozeß zu beteiligen 205 : Die Urteilsbindung kraft Prozeßrechts setzt zwingend rechtliches Gehör voraus. Die „Drittwirkung der Rechtskraft" soll jedoch nach dem ausdrücklichen Bekenntnis seiner Befürworter gerade nicht von einer solchen Beteiligungsmöglichkeit abhängig sein, namentlich nicht von einer Streitverkündung an den Dritten durch eine der Parteien 206 . Das rechtliche Gehör, welches dem Dritten auf dem Boden der Drittwirkungslehre folgerichtig gewährt werden müßte, läßt sich auch nicht mit dem Hinweis beschneiden, das geltende deutsche Zivilprozeßrecht sei mit einer Fülle von Verfahrensgarantien ausgestattet, welche die fehlende Beteiligung des Koussoulis, Beiträge, S. 122. K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 137; Koussoulis, Beiträge, S.114. 199 Koussoulis, Beiträge, S. 126. 200 Koussoulis, Beiträge, S. 165 erklärt diese Bindung als Drittwirkung der Rechtskraft. 201 K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 143, 147; Koussoulis, Beiträge, S. 128f., 169f.; im Ergebnis ebenso Martens, ZZP 79 (1966), 404, 428f. Für die Bindung des Bürgen auf materiellrechtlicher Grundlage ( § 7 6 7 BGB) Baumbach-Hartmann, ZPO, § 3 2 5 Rn.24. 2 0 2 In diesem Sinne Bettermann, Vollstreckung, S. 86, 88. 203 K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 137ff. passim 2 0 4 Zutreffend Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 395. 2 0 5 Zutreffend bereits Bettermann, Vollstreckung, S. 80f.; ebenso W. Liike, Beteiligung, S. 108, 117; Schütz, Sachlegitimation, S. 153. 206 K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 144. 197

198

670

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

Dritten als hinnehmbar erscheinen ließen 2 0 7 , und ebensowenig mit der Überlegung, die Verhandlungsmaxime gewährleiste die uneingeschränkte Herstellung der materiellen R e c h t s l a g e 2 0 8 . Denn die gesetzlichen Kautelen, welche die „Richtigkeit" des Urteils gewährleisten sollen, können diese Wirkung nur zugunsten desjenigen entfalten, der als Prozeßbeteiligter tatsächlich in den G e n u ß ihres Schutzes k o m m t . N u r wer tatsächlich die Möglichkeit hat, sich am Prozeß zu beteiligen, kann durch seinen Tatsachen- und Rechtsvortrag dazu beitragen, daß der Urteilstatbestand die Wirklichkeit zutreffend wiedergibt und die rechtliche Bewertung abgewogen begründet wird. Ebensowenig läßt sich das rechtliche Gehör des Außenstehenden mit der Überlegung als entbehrlich abtun, der „legitimus cont r a c t o r " gewährleiste die Wahrnehmung auch seiner Interessen. Denn das Interesse des Dritten läuft keineswegs notwendig parallel zu dem der Prozeßpartei 2 0 9 , wie gerade am Beispiel der Bürgschaft erhellt: D e m Schuldner mag an der Feststellung der Hauptschuld gelegen sein, um die Geschäftsbeziehung zum Gläubiger nicht zu gefährden, während es dem Bürgen allein auf die Haftungsbefreiung a n k o m m t . Das Gesetz hat es, wie namentlich in § 3 2 5 Z P O zum Ausdruck k o m m t , in K a u f genommen, daß mit Rücksicht auf die Interessen am Prozeß unbeteiligter Dritter widersprechende Entscheidungen ergehen k ö n n e n 2 1 0 . dd) Feststellungswirkung

inter

omnes?

Die Lehre von der Drittwirkung der Rechtskraft gerät, indem sie Dritten ansinnt, die Rechtskraft des Urteils zwischen den Parteien des Vorprozesses hinzunehmen, in eine gefährliche N ä h e zur hier abgelehnten Lehre von der Gestaltungswirkung für und gegen jedermann: Wird dort der Dritte an die Gestaltungswirkung gebunden, so ist es bei der Drittwirkungslehre die Feststellungswirkung,

die über die Par-

teien des Prozesses hinausgreifen soll: Die Feststellung, daß ein bestimmter Anspruch oder ein bestimmtes Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht, soll von jedermann hinzunehmen s e i n 2 1 1 . Der Dritte ist zwar mit seinem eigenen Rechtsverhältnis der Rechtskraft nicht unterworfen; aber er soll die rechtskräftige Vorentscheidung des fremden Rechtsverhältnisses

anerkennen m ü s s e n 2 1 2 .

Indes:

„ W i r k u n g " und „Hinnehmen-müssen" dürfen nicht leichtfertig in eins gesetzt werden. „Hinnehmen-müssen" kann sinnvollerweise nur bedeuten, daß der Dritte die Herrschaft der Beteiligten über ein ihm fremdes

Rechtsverhältnis und konse-

So aber K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 141. So aber Martens, ZZP 79 (1966), 404, 429. 2 0 9 Zutreffend Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 395. 2,0 Calavros, Urteilswirkungen, S.173f.; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, §325 Rn.80ff.; ablehnend zur Lehre von der Drittwirkung der Rechtskraft auch MK-Gottwald, ZPO, § 325 Rn. 8; Grunsky, Grundlagen, §47 VI 2 d (S.547f.); ]auernig, ZZP 101 (1988), 361, 362; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, § 155 Rn. 35f.; Schack, NJW 1988, 865, 872; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 188; Windel, Interventionsgrund, S. 125f.; Zöller-Vollkommer, ZPO, §325 Rn.2. 2 1 1 Ausdrücklich wird diese Parallele gezogen bei Koussoulis, Beiträge, S. 140f. 212 Koussoulis, Beiträge, S.141 bei Fn.187. 207 208

D. Der Feststellungsstreit im

Grundlagenbereich

671

quent auch eine gerichtliche Entscheidung hierüber zu respektieren hat. Es kann aber gerade nicht

gemeint sein, daß automatisch die eigene

Rechtsstellung hier-

durch berührt wird: Das wäre eben nicht nur ein Hinnehmen-müssen, sondern eine echte

Rechtswirkung

- eben doch eine Unterwerfung des Dritten unter die

Rechtskraft eines Urteils, dessen Inhalt der Dritte nicht durch eigenen Prozeßvortrag beeinflussen konnte. ee)

Urteilsbindung

kraft

materiellen

Rechts

Vielmehr wird die Vorgabewirkung eines fremden Urteils, wenn nicht die Voraussetzungen der Rechtskrafterstreckung oder der Interventionswirkung vorliegen, allein durch das materielle Recht vermittelt. M a n wende nicht ein, diese Vorgabewirkung finde nirgends einen ausdrücklichen Anhalt im G e s e t z 2 1 3 ; jene Wirkung kann sich nämlich sehr wohl aus der Auslegung materiellrechtlicher Vorschriften ergeben. Diese ergibt gerade in den Fällen akzessorischer Haftung ein differenzierendes Bild: So bedeutet die rechtskräftige Verurteilung der O H G , daß auch der Gesellschafter etwaige Einwendungen der Gesellschaft gegen die Hauptschuld nicht mehr vorbringen kann. Denn der Gesellschafter wird mit Einwendungen, welche nicht gerade in seiner Person begründet sind, nach § 1 2 9 1 H G B nur gehört, solange sie auch von Seiten der Gesellschaft geltend gemacht werden können. D e r Gesellschaft aber sind sämtliche Einwendungen durch die rechtskräftige Verurteilung endgültig aberkannt. Anders entscheidet dagegen die ganz h . M . im Fall der Bürgschaft: Der Bürge soll gerade nicht

an die rechtskräftige Verurteilung des

Hauptschuldners zur Leistung an den Gläubiger gebunden s e i n 2 1 4 . f f ) Das Verhältnis den Parteien

des

des Drittfeststellungsurteils

zum Feststellungsurteil

zwischen

Drittrechtsverhältnisses

Wenn der Dritte kraft materiellen Rechts an das Ergebnis eines Vorprozesses zwischen den Parteien des streitigen Rechtsverhältnisses gebunden wird, so bedeutet dies nicht, daß die Rechtskraft desjenigen Urteils in Frage gestellt wird, welches der Dritte selbst gegenüber einer dieser Parteien erstritten hat; jenes Urteil wird lediglich materiellrechtlich obsolet. Dies zeigt sich mit Deutlichkeit am Beispiel der Außenhaftung in der O H G nach § 1 2 8 H G B . M a n stelle sich vor, ein GesellschafSo aber K.H. Schwab, ZZP 77 (1964), 124, 136. B G H Z 3 , 3 8 5 , 390; 76, 222, 229 f.; 107, 92, 96; BGH WM 2005, 132, 133; U. Huber, JuS 1972, 621,627; Jauernig, ZZP 101 (1988), 361,376ff.; MK-Habersack, BGB, § 767 Rn. 11; MKGottwald, ZPO, §325 Rn.62; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §155 Rn.28; Schack, NJW 1988, 865, 870; Stem/Jonas-Leipold, ZPO, §325 Rn. 96; Thomas/Putzo, ZPO, §325 Rn.5. Sofern eine Bindung des Bürgen angenommen wird, wenn die Bürgschaft nach Rechtskraft des über die Hauptforderung ergangenen Urteils eingegangen wurde (OLG Koblenz MDR 1998, 1022f. ; Blomeyer, ZZP 75 (1962), 1, 22ff. ; ders., Zivilprozeßrecht, §91 II 3 b (S. 507f.); Zöller-Vollkommer, ZPO, § 325 Rn. 34), trifft dies insofern zu, als die Übernahme der Bürgschaft in Kenntnis dieses Urteils den Willen des Bürgen erkennen lassen kann, den Bestand der Forderung nicht mehr in Frage zu stellen (zutreffend Stein/]onas-Leipold, ZPO, § 325 Rn. 90). 213

214

672

§ 11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

ter habe gegen den Gläubiger ein Urteil erstritten, wonach diesem keine Forderung gegen die Gesellschaft zusteht. Das bedeutet zugleich, daß auch der Gesellschafter nicht haftet; denn sämtliche Einwendungen der Gesellschaft k o m m e n nach § 1 2 9 I H G B auch ihm zugute. Klagt aber nun der Gläubiger mit Erfolg gegen die Gesellschaft, so bedeutet dies, daß der Gesellschaft sämtliche Einwendungen abgeschnitten sind, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung begründet waren. Diese Einwendungen sind folglich gemäß § 1 2 9 I H G B fortan auch dem Gesellschafter abgeschnitten. Das Urteil, das vormals zwischen Gläubiger und Gesellschafter ergangen ist, wird dadurch nicht aufgehoben, in seiner Wirkung aber obsolet: M a g auch die Gesellschaft früher Einwendungen gegen die Forderung gehabt haben, so hat sie diese doch dadurch verloren, daß das Gericht sie ihr rechtskräftig aberkannt hat. Dieser Befund läßt sich verallgemeinern: W o ein Rechtsverhältnis zwischen den hieran Beteiligten mit einem bestimmten Inhalt festgestellt worden ist, müssen Dritte dies hinnehmen - schlicht deshalb, weil sie die Herrschaft der Beteiligten über ihr eigenes Rechtsverhältnis zu respektieren h a b e n 2 1 5 . gg)

Folgerungen

Solange aber das Urteil über ein fremdes Rechtsverhältnis nicht gegen alle hieran Beteiligten wirkt, solange es namentlich durch das Ergebnis des Prozesses überlagert zu werden droht, den die Parteien jenes Rechtsverhältnisses untereinander führen, vermag es zu dessen Klärung nichts beizutragen und somit auch die Rechtsposition des Dritten nicht zu s t ä r k e n 2 1 6 . So stellen sich denn auch die Feststellungsklagen, die der B G H als Drittfeststellungsklagen zugelassen hat, in Wahrheit als Klagen auf Feststellung eigener Rechtsverhältnisse d a r 2 1 7 . Klagen auf Feststellung eines fremden Rechtsverhältnisses sind daher entgegen der herrschenden M e i n u n g samt und sonders mangels Feststellungsinteresses unzulässig 2 1 8 : An einer Feststellung, die den eigenen Rechtsschutz nicht fördert, kann ein Dritter kein Interesse haben. Diese Überlegungen bleiben nicht ohne Folgen für die hier besprochene Ansicht, welche die Klage der Gesellschaft gegen einen ihrer Gesellschafter, die Mitgliedschaft (oder Nichtmitgliedschaft) festzustellen, als Drittfeststellungsklage begreifen will. Die prozessualen Konsequenzen, die aus dieser Handhabung gezogen Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 394f. Zutreffend Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 396f.; G. Lüke, FS Henckel, S.563, 572. 2 1 7 Eingehende Urteilsanalyse bei G. Lüke, FS Henckel, S. 563, 565ff.; Michaelis, 2. FS Larenz, 443, 452ff.; Trzaskalik, Rechtsschutzzone, S. 157ff.; die gleiche Einschätzung findet sich bei Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 396; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 34 II vor 1 (S. 140); Schumann, FS Musielak, S. 457, 468f. Zöller-Greger, ZPO, § 256 Rn. 3b; tendenziell auch Stein/]onas-Schumann, ZPO, §256 Rn.37. 2 1 8 Im Ergebnis wie hier Häsemeyer, ZZP 101 (1988), 385, 396; G. Lüke, FS Henckel, S. 563, 571 ff.; ders., in MK, ZPO, § 256 Rn. 34; W. Lüke, ZGR 1944, 266, 272; Michaelis, 2. FS Larenz, 443, 452ff.; Trzaskalik, Rechtsschutzzone S. 156ff.; Windel, Interventionsgrund, S.68f.; ZöllerGreger, ZPO, § 256 Rn. 3b; zurückhaltend auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §90 Rn. 14; Zöllner, AcP 190 (1990), 471, 491ff. 2,5

216

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

673

werden, führen die Unzulänglichkeit des durch eine solche Klage gewährleisteten Rechtsschutzes deutlich vor Augen. Nach der besagten Ansicht ist die Gesellschaft an ein Urteil, das zwischen sämtlichen Gesellschaftern ergeht, gebunden 219 - nicht durch die Rechtskraft dieses Urteils, da die Gesellschaft am Prozeß nicht beteiligt war, wohl aber schuldrechtlich 220 : Sie könne nach keinem anderen Recht leben, als zwischen den Gesellschaftern rechtskräftig festgestellt sei 221 . Konsequent seien auch die Gesellschafter untereinander schuldrechtlich berechtigt und verpflichtet, sich in ihrer Rechtsstellung gegenüber der Gesellschaft dem Urteil gemäß behandeln zu lassen, welches sie im untereinander geführten Prozeß erstritten hätten 2 2 2 . Dies gelte ungeachtet dessen, ob in einem früheren Prozeß zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter etwas Abweichendes festgestellt worden sei; die Rechtskraft dieses Urteils werde zwar nicht in Frage gestellt, doch werde dies Urteil durch die schuldrechtliche Bindung an das nachfolgende, zwischen den Gesellschaftern ergangene Urteil obsolet 223 . Das Phänomen ist damit dasselbe wie bei der Außenhaftung des Gesellschafters: Das vom Dritten erstrittene Feststellungsurteil versagt ihm den hiermit erstrebten Rechtsschutz, sobald zwischen den am Rechtsverhältnis Beteiligten eine gegenteilige Feststellung getroffen worden ist. Die Gesellschaft hat mit einem Urteil, wonach ein Gesellschafter der Gesellschaft noch bzw. nicht mehr angehört, letztlich nichts erreicht, sobald unter den Gesellschaftern eine gegenteilige Feststellung ergeht 224 . 6. Stellungnahme:

Anfechtung

des

Ausschließungsbeschlusses

Bereits die oben § 3 zur Ausschlußklage angestellten Überlegungen haben eine weitgehende Harmonisierung des Gerichtsverfahrens in der GmbH einerseits, in der Personengesellschaft andererseits zutage gefördert. Es liegt daher nahe, für den Rechtsschutz gegen den Ausschließungsbeschluß ebenso nach einer rechtsformübergreifenden Lösung zu forschen. a) Ausgangspunkt:

Die Rechtslage in der GmbH

Wird ein GmbH-Gesellschafter auf statutarischer Grundlage durch bloßen Gesellschafterbeschluß ausgeschlossen, so muß er nach Ansicht des BGH den Beschluß anfechten 225 , und zwar binnen eines Monats ab dem Zeitpunkt der Beschlußfassung. Versäume er diese Frist, so sei seine Mitgliedschaft unwiederbringlich been-

219

Bork, ZGR 1991, 125, 134. Bork, ZGR 1991, 125, 134. 221 Dazu noch unten II 7. 222 Bork, ZGR 1991, 125, 133 f. 223 Bork, ZGR 1991, 125, 134. 224 Das betont mit Recht Schütz, Sachlegitimation, S. 172, der daher wie hier die Idee einer Drittfeststellungsklage zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ablehnt. 225 BGH GmbHR 1991, 362 220

674

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

det 2 2 6 . Es bestehe kein Anlaß, den Ausschließungsbeschluß anders zu behandeln als alle anderen Beschlüsse 227 : Das Bedürfnis nach rascher Klarheit sei hier nicht geringer als dort. W ä h r e n d des Anfechtungsprozesses sei der Ausschließungsbeschluß schwebend wirksam; lasse sich ein wichtiger G r u n d nicht nachweisen, so sei der Ausgeschlossene wegen der ex-tunc-Wirkung des stattgebenden Anfechtungsurteils rückwirkend so zu stellen, als sei er nie ausgeschlossen worden 2 2 8 . Andere Autoren tragen hingegen Bedenken, an den bloßen Ablauf der Anfechtungsfrist eine so einschneidende Folge wie den endgültigen Verlust der Mitgliedschaft zu knüpfen 2 2 9 . Sie verzichten daher gänzlich auf das Erfordernis einer Anfechtungsklage gegen den Ausschließungsbeschluß 2 3 0 , halten diesen vereinzelt gar für gänzlich unwirksam 2 3 1 , eröffnen aber zumindest dem Ausgeschlossenen nach Fristablauf die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit des Ausschließungsbeschlusses und damit die fortbestehende Mitgliedschaft mit Hilfe einer Feststellungsklage geltend zu machen 2 3 2 . Unwirksam ist der Ausschließungsbeschluß nur dann, wenn er ohne wichtigen Grund der individuellen Zustimmung des Auszuschließenden bedarf. Für diese Einordnung könnte m a n die Rechtslage bei der Zwangseinziehung eines G m b H Anteils ins Feld führen. Ist diese für den Fall zugelassen, d a ß in der Person eines Gesellschafters ein wichtiger Grund für seine Entfernung aus der Gesellschaft vorliegt, so hält eine verbreitete Meinung den Einziehungsbeschluß für unwirksam, wenn es an einem solchen Grund fehlt 2 3 3 . Andere erachten den Beschluß für lediglich anfechtbar 2 3 4 . Mit dem Wortlaut des § 34 G m b H G ist allein die erstgenannte 226 O L G O l d e n b u r g G m b H R 1 9 9 2 , 6 6 7 ; Grunewald, Ausschluß, S. 2 4 2 ; Habersack, Mitgliedschaft, S . 2 5 1 f . ; Hachenburg-Ulmer, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 3 8 ; Koch, Anfechtungsklageerfordernis, S. 67f.; Römermann, in: Michalski, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 4 5 f . ; für fehlenden wichtigen G r u n d als bloßen Anfechtungsgrund auch O L G B r a n d e n b u r g N Z G 1998, 2 6 3 , 2 6 5 . 227 Abramenko, G m b H R 2 0 0 1 , 501, 5 0 4 ; für die Zwangseinziehung auch Niemeier, ZGR 1990, 314, 329; ebenso für die Personengesellschaft O L G Rostock N Z G 2 0 0 0 , 930, 931. Dagegen stehen B G H Z 68, 212, 2 1 6 und O L G Stuttgart N Z G 2 0 0 0 , 835, 836 für die Personengesellschaft auf dem S t a n d p u n k t , d a ß gesellschaftsvertragliche Ausschlußfristen für Klagen gegen fehlerhafte Beschlüsse sich im Zweifel nicht auf Beschlüsse über den Ausschluß von Gesellschaftern erstreckten. 228

O L G Brandenburg N Z G 1998, 2 6 3 , 2 6 5 . Vgl. namentlich Lutter/Hommelhoff, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 5 ; Raiser, FS 100 J a h r e G m b H G , S . 5 8 7 , 598. 230 Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S. 174; Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 120. 231 Schmidt-Diemitz, Rechtsschutz, S. 120. 232 Lutter/Hommelhoff, G m b H G , Anh. § 4 7 R n . 5 ; Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 6 4 5 ; ders. FS 100 Jahre G m b H G , S . 5 8 7 , 5 9 8 . 233 So namentlich in neuester Zeit B G H DB 1999, 2 2 5 3 , 2 2 5 4 ; ebenso O L G Dresden G m b H R 1997, 946, 949; LG Karlsruhe N Z G 2 0 0 4 , 335, 336; Baumbach-Hueck/Fastrich, G m b H G , § 34 Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 3 4 R n . 3 1 ; Priester, Z H R 151 (1987), 4 0 , 4 3 . 234 Gehrlein, ZIP 1996, 1157, 1159; Hachenburg-Ulmer, G m b H G , Anh. § 3 4 R n . 3 0 ; Happ, Die G m b H im Prozeß, § 19 R n . 2 7 ; KK-Lutter, A k t G , § 2 3 7 R n . 3 2 ; Niemeier, Z G R 1 9 9 0 , 314, 3 2 7 f f . Der B G H hat in B G H Z 104, 66, 75 den fehlenden wichtigen G r u n d unter d e m Gesichtsp u n k t der Anfechtbarkeit geprüft, aber nicht dezidiert dazu Stellung g e n o m m e n , ob der Beschluß u n w i r k s a m oder n u r anfechtbar ist. 229

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

675

Deutung vereinbar: Wenn die Einziehung keine Grundlage in der Satzung hat, muß der betroffene Gesellschafter persönlich einverstanden sein. Das Erfordernis individueller Zustimmung dient ebenso wie bei der Leistungsvermehrung (§ 53 III G m b H G ) allein seinem Schutz; jene Zustimmung ist daher Voraussetzung für die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses. Das bedeutet aber noch nicht, daß der Ausschluß

ohne wichtigen Grund ebenfalls unwirksam sein muß. Die Zwangsein-

ziehung reicht nämlich insofern weiter, als sie nicht nur den Gesellschafter aus der Gesellschaft entfernt, sondern auch dessen Anteil vernichtet. D a ß dies auch für den betroffenen Gesellschafter einen Unterschied bedeutet, zeigt sich, wenn man bedenkt, daß im Falle des Ausschlusses die Gesellschaft den Anteil des Ausgeschlossenen an einen Dritten veräußern kann: Der dabei erzielte Erlös steht zur Verfügung, um den Ausgeschlossenen wegen seiner Abfindung zu befriedigen. Der Anteil bietet also selbst dem Ausgeschlossenen noch eine zusätzliche Sicherheit. Konsequent bedarf die Zwangseinziehung selbst dann einer statutarischen Ermächtigung oder der Zustimmung des Betroffenen, wenn dieser wirksam aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden ist: Jene Sicherheit muß der Ausgeschlossene nicht gegen seinen Willen preisgeben. Wenn aber die Einziehung weiter reicht als der Ausschluß, kann aus dem Umstand, daß sie der Zustimmung des Betroffenen bedarf, noch nicht gefolgert werden, daß Gleiches beim Ausschluß gelten muß. Ein erster Anhaltspunkt für die sachgerechte Problemlösung findet sich abermals, wenn man sich den Ausschluß des Bezugsrechts vor Augen führt. Dieser verkörpert, wie dargelegt 2 3 5 , in der Sache einen Teilausschluß; und gleichwohl muß ihn der Gesellschafter binnen eines Monats anfechten. Dies selbst dann, wenn das Stammkapital um ein Vielfaches erhöht wird und die neuen Anteile sämtlich an bisher gesellschaftsfremde Dritte ausgegeben werden. Der Bezugsrechtsausschluß kann damit einem vollständigen Ausschluß sehr nahe kommen; der mit beiden Maßnahmen verbundene Eingriff in die Mitgliedschaft unterscheidet sich dann nur noch graduell, nicht qualitativ. Eine unterschiedliche Beurteilung von Bezugsrechts- und Vollausschluß ist daher auch in Ansehung der Rechtsfolgen eines fehlerhaften Beschlusses nicht veranlaßt. Dies selbst dann nicht, wenn der Ausschließungsbeschluß einstimmig gefaßt werden muß; denn da der Auszuschließende hierbei nicht mitstimmen darf 2 3 6 , stellt jener Beschluß sich aus seiner Sicht dar wie ein gewöhnlicher Mehrheitsbeschluß und unterliegt wie dieser den Anfechtungsregeln 2 3 7 . Des weiteren ist zu beachten, daß der Ausschluß durch bloßen Gesellschafterbeschluß einer Grundlage in der Satzung bedarf; denn ohne eine solche verbleibt es bei der Notwendigkeit einer Ausschlußklage. Das Ziel einer Satzungsbestimmung, die einen bloßen Beschluß ausreichen läßt, kann nur darin bestehen, das Verfahren des Ausschlusses zu vereinfachen. Dann läßt sich jener Bestimmung der Wille der für die Satzung verantwortlichen Gesellschafter entnehmen, über

235 236 237

Oben § 3 A IV 2. Hüffer, FS Heinsius, S . 3 3 9 , 3 4 4 . Vgl. oben § 7 C II 2 für die Personengesellschaft.

676

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

den Verbleib des Störers rasche Klarheit zu erlangen. Erkennt man einmal eine derartige Klausel als verbindlich an, so hat man auch diesen ihren Zweck zu respektieren. Es ist mithin der Wille des Satzungsgebers, der nach Fristablauf selbst eine so einschneidende Rechtsfolge wie den endgültigen Verlust der Mitgliedschaft rechtfertigt. Insgesamt verdient damit die Auffassung Zustimmung, wonach der Gesellschafter endgültig ausgeschlossen ist, wenn er den Ausschließungsbeschluß nicht binnen eines Monats anficht. Mit dieser Handhabung ist eine rasche und allseits verbindliche Klärung der Mitgliedschaft gewährleistet. Die Gesellschaft tritt mit einer klar definierten Rechtsbehauptung in den Rechtsstreit ein, welche durch den Beschluß der Gesellschafterversammlung umrissen wird: Der Geschäftsführer verteidigt den von den Gesellschaftern gefaßten Ausschließungsbeschluß. Konsequent ist die Gesellschaft auch in der Lage, aus eigenem Antrieb eine Feststellungsklage mit dem Ziel zu erheben, die Wirksamkeit und Rechtsgültigkeit des Ausschließungsbeschlusses in ihrem Sinne klären zu lassen; in Ansehung eines Einziehungsbeschlusses hat der B G H eine solche Feststellungsklage ausdrücklich zugelassen 238 . In den meisten Fällen wird die Gesellschaft jedoch von einer eigenen Klageerhebung absehen und abwarten können, ob der Ausgeschlossene die Anfechtungsfrist verstreichen läßt. b) In Sonderheit: Die rechtsmißbräuchliche der Anfechtungsklage

Berufung

auf die

Verfristung

Allenfalls mag im Einzelfall die Berufung auf die Versäumung der Anfechtungsfrist rechtsmißbräuchlich sein. Einen solchen Fall hatte der BGH im Jahre 1 9 8 7 zu entscheiden 2 3 9 : M und K waren die einzigen beiden Gesellschafter der C - G m b H und an dieser zu gleichen Teilen beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag war bestimmt, daß die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit unter Ausschluß des Betroffenen dessen Geschäftsanteil gegen eine in bestimmter Weise berechnete Abfindung einziehen konnte, wenn die Zwangsvollstreckung in diesen Anteil betrieben wurde. K gab gegenüber M zum Schein ein vollstreckbares Anerkenntnis ab, um die Auflösung einer Eigentümergemeinschaft zu erwirken, an der er (K) beteiligt war. Statt in den Miteigentumsanteil vollstreckte K jedoch in den Geschäftsanteil des M und ließ eine Gesellschafterversammlung einberufen, in der er mit seinen Stimmen gegen den Widerspruch des K die Einziehung von dessen Geschäftsanteil beschloß. K versäumte die rechtzeitige Anfechtung dieses Beschlusses. Die C - G m b H klagte gegen K auf Feststellung, daß dessen Geschäftsanteil eingezogen und vernichtet sei und sämtliche sich aus diesem Anteil ergebenden Rechte und Pflichten des K erloschen seien.

Die Gesellschafterversammlung hatte nicht eigentlich die Ausschließung des K, sondern die Einziehung von dessen Geschäftsanteil beschlossen. Beide Maßnahmen unterscheiden sich rechtlich darin, daß die Ausschließung sich nur gegen die 238 239

B G H Z 101, 113, 116ff.; zu diesem Urteil sogleich b). B G H Z 101, 113.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

677

Person des Gesellschafters richtet und den Anteil als solchen unberührt läßt; die Einziehung vernichtet demgegenüber den Anteil als Ganzes 2 4 0 . Damit erlischt freilich notwendig auch die Mitgliedschaft des von der Einziehung betroffenen Gesellschafters. Die Entscheidung ist daher auch für den hier behandelten Themenbereich der Gesellschafterausschließung durch Beschluß von Bedeutung. Die Tatbestandsvoraussetzungen der statutarischen Einziehungsermächtigung lagen nach dem Wortlaut der Klausel vor: In den Anteil des betroffenen Gesellschafters wurde die Zwangsvollstreckung betrieben. Die Unwirksamkeit des Beschlusses, der mit Hilfe einer Feststellungsklage geltend zu machen gewesen wäre 2 4 1 , ließ sich daher nicht begründen und wurde vom B G H gar nicht erst diskutiert. Die Nichtigkeit des Beschlusses entsprechend § 2 4 1 Nr. 4 AktG verneinte der B G H , weil der Einziehungsbeschluß nicht inhaltlich, sondern allenfalls vor dem Hintergrund seines Zustandekommens fehlerhaft sei 2 4 2 . Doch erblickte der B G H im Vorgehen des M mit Recht die sittenwidrige Ausnutzung einer formalen Rechtsposition 2 4 3 : M hatte aufgrund eines Titels, dem, wie er wußte, keine Forderung zugrunde lag und der ihm für einen gänzlich anderen Zweck ausgestellt worden war, auf arglistige Weise versucht, den K aus der Gesellschaft zu drängen. Der B G H wies aus diesem Grund die Feststellungsklage der C - G m b H ab: K sei trotz des unanfechtbar gewordenen Einziehungsbeschlusses Mitglied geblieben. Selbst wenn der Einziehungsbeschluß durch Ablauf der Anfechtungsfrist endgültig wirksam geworden sei, habe die Gesellschaft die hierdurch erlangte Position nicht zum Nachteil des K verwenden dürfen 2 4 4 . Damit hat der B G H die gleiche Rechtsfolge erzielt, die eingetreten wäre, wenn er sogleich die Nichtigkeit des Beschlusses angenommen hätte. Bereits dieser Befund nährt Zweifel, ob der B G H die von ihm überzeugend getroffene rechtsethiscbe

Wertung rechtskonstruktiv

korrekt umgesetzt hat. Entwe-

der K war Gesellschafter, oder er war es nicht. Eine Zwischenlösung etwa des Inhalts, der Anteil des K sei zwar wirksam eingezogen, die C - G m b H dürfe sich aber nach Treu und Glauben nicht hierauf berufen, gibt es nicht: Einreden aus Treu und Glauben betreffen Ansprüche, nicht aber die Feststellung eines rechtlichen Status. Will man daher dem K ungeachtet der Bestandskraft des Einziehungsbeschlusses die Mitgliedsstellung erhalten, so muß man ihm entweder angesichts des grob mißbräuchlichen Verhaltens der Mehrheit auch nach längerer Zeit noch die Anfechtung des Einziehungsbeschlusses gestatten 2 4 5 , was aber der hier geforderten star2 4 0 Vgl. zu diesem Unterschied nur BGH N J W 1977, 2 3 1 6 ; DB 1999, 2 2 5 3 , 2 2 5 4 ; O L G Düsseldorf GmbHR 1999, 543, 545; O L G Hamm GmbHR 1995, 736, 3 7 3 ; Gehrlein, ZIP 1996, 1157, 1160; DB 1999, 2 2 5 5 ; Tschernig, GmbHR 1999, 6 9 1 , 692. 2 4 1 Vgl. BGH DB 1999, 2 2 5 3 , 2 2 5 4 . 2 4 2 B G H Z 101, 113, 116f.; ebenso Kesselmeier, Abfindungsregelungen, S. 179. 2 4 3 B G H Z 101, 1 1 3 , 1 2 1 ; zustimmend Becker, Verwaltungskontrolle, S . 4 6 8 ; Dürr, Nebenabreden, S . 2 2 0 ; Oppenländer, DStR 1996, 922, 924; Raiser, FS Heinsius, S . 6 4 5 , 6 5 2 ; K. Schmidt, J Z 1987, 1083, 1084f. 2 4 4 B G H Z 101, 113, 118ff. 2 4 5 So Baumbach-Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rn. 79b.

678

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

ren, von den Besonderheiten des Einzelfalls gelösten Anfechtungsfrist 246 widerstreitet; oder man muß dem betroffenen Gesellschafter nach § 826 BGB einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Geschäftsanteils gewähren 247 . Freilich ist zweifelhaft, ob dieser Anspruch sich gegen die Gesellschaft richtet, trifft doch der Vorwurf sittenwidrigen Handelns nicht sie, sondern den Gesellschafter M. Allenfalls mag man erwägen, das Verhalten des M sei der C-GmbH zuzurechnen gewesen 248 ; doch läßt diese Überlegung Zweifel zurück: Zuzurechnen ist der C-GmbH allenfalls der Einziehungsbeschluß. Dieser aber ist, wenn man ihn nicht nach §241 Nr. 4 AktG für nichtig hält, nach Ablauf der Anfechtungsfrist gegen etwaige Abwehrrechte des K immun und insbesondere gerade nicht sittenwidrig. Richtigerweise wäre daher wohl ein Anspruch des K gegen M zu bejahen gewesen mit dem Inhalt, die erforderlichen Maßnahmen in der Gesellschaft zu beschließen, damit er, K, seinen Anteil zurückerhält und im Gesellschaftsinnenverhältnis so behandelt wird, als hätte er seine Mitgliedschaft niemals verloren. c) Folgerungen für die

Personengesellschaft

Die Rechtsprechung steht im Recht der Personengesellschaften auf dem Standpunkt, der Ausschluß sei ohne wichtigen Grund unzulässig und löse die zeitlich unbegrenzte Befugnis des Ausgeschlossenen aus, hiergegen gerichtlich vorzugehen 249 . Ohne wichtigen Grund sei der Beschluß unwirksam 2 5 0 . Mehr noch: Eine Klausel im Gesellschaftsvertrag, wonach Beschlüsse nur innerhalb einer bestimmten Frist zur gerichtlichen Prüfung gestellt werden können, soll sich im Zweifel nicht auf Ausschließungsbeschlüsse beziehen 251 . Die Würdigung dieser Ansicht muß bei der Frage ansetzen, wie in der Personengesellschaft fehlerhafte Beschlüsse generell zu behandeln sind. Es wurde hier zu belegen versucht, daß die §§241 ff. AktG namentlich mit der hierin enthaltenen Differenzierung zwischen nichtigen und lediglich anfechtbaren Beschlüssen auf O H G und KG entsprechend anzuwenden sind 252 . Grundsätzlich lediglich anfechtbar und nur ausnahmsweise ipso iure nichtig sind namentlich solche Beschlüsse in diesen Gesellschaftsformen, welche nach besonderer Anordnung im Gesellschaftsvertrag mit Mehrheit zu fassen sind. Ein mehrheitlich gefaßter Ausschließungsbeschluß muß daher in der Personengesellschaft ebenso wie in der GmbH fristgerecht - grundsätzlich binnen eines Monats 253 - angefochten werden; nach Ablauf dieser Frist wird er endgültig wirksam. 246

O b e n § 6 D II, III. Z u t r e f f e n d K. Schmidt, J Z 1987, 1083, 1084. 248 In diesem Sinne Niemeier, Z G R 1990, 314, 326, der es aber ausdrücklich ablehnt, d a r a u s die Konsequenz zu ziehen, es k ö n n e nach Ablauf der Anfechtungsfrist noch die fortbestehende Gesellschafterstellung reklamiert werden (S.334ff.). 249 B G H Z 68, 2 1 2 , 2 1 6 ; O L G Celle N Z G 1999, 64, 65. 250 B G H Z 31, 2 9 5 , 302; Stimpel, FS Fischer, S . 7 7 1 , 7 8 1 . 251 B G H Z 68, 2 1 2 , 2 1 6 . 252 O b e n § 7 B III, C. 253 Z u r Anfechtungsfrist in der Personengesellschaft oben § 7 B III 6. 247

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

679

Nichts anderes gilt jedoch dort, wo der Beschluß über den Ausschluß aus wichtigem Grund einstimmig zu fassen ist. Denn der vom Ausschluß betroffene Gesellschafter hat in diesen Fällen kein Stimmrecht. Aus seiner Sicht wirkt daher der Ausschließungsbeschluß wie ein gewöhnlicher Mehrheitsbeschluß: Der Beschluß entfaltet Rechtswirkungen auch gegen seinen Widerspruch; doch muß er nur solche Beschlüsse gegen seinen Willen gelten lassen, welche mit Gesetz und Gesellschaftsvertrag im Einklang stehen 2 5 4 . Damit ist auch in der Personengesellschaft der Ausschließungsbeschluß anzufechten, und zwar binnen eines Monats ab Beschlußfassung.

d)

Ergebnis

Die Konstellation, daß ein Gesellschafter durch Ausschließungsbeschluß der übrigen ausgeschlossen wird, ist nach alledem für G m b H und Personengesellschaft einheitlich zu behandeln: Jener Beschluß führt zum endgültigen Ausscheiden des Ausgeschlossenen, wenn dieser nicht binnen eines Monats hiergegen Anfechtungsklage erhebt. Die Gesellschaft kann ihrerseits auf Feststellung klagen, der Beschluß sei rechtmäßig und wirksam und habe die Mitgliedschaft des Ausgeschlossenen beendet. Sie kann in diesem Rechtsstreit Partei sein, weil ihre Rechtsposition durch den von den Gesellschaftern gefaßten Ausschließungsbeschluß eindeutig festgelegt ist. Im übrigen verkörpert der Ausschließungsbeschluß ebenso wie die Ausschlußklage eine Maßnahme zur Verteidigung des Gesellschaftsinteresses. Die Gesellschaft ist daher gegenüber dem Klageziel nicht indifferent; vielmehr liegt es in ihrem Interesse, daß ein Gesellschafter, welcher die Zweckverfolgung nachhaltig in Frage stellt, aus der Gesellschaft ausscheidet. In der Zweimanngesellschaft ist freilich der Prozeß abermals zwischen den Gesellschaftern auszutragen. Dies gilt zunächst für die Anfechtungsklage gegen den Ausschließungsbeschluß 2 5 5 . Aber auch die gegenläufige Feststellungsklage mit dem Ziel, die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses festzustellen, wird in der Zweimanngesellschaft nicht von der Gesellschaft, sondern vom verbleibenden Gesellschafter erhoben 2 5 6 - und zwar als actio pro socio in Prozeßstandschaft für die Gesellschaft, ebenso wie der verbleibende Gesellschafter die Ausschlußklage als actio pro socio erheben müßte, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht den Ausschluß durch einfachen Gesellschafterbeschluß zuließe. Die auf den Ausschließungsbeschluß aus wichtigem Grund gestützte Feststel-

Näher oben § 7 C II 2. Zum Beschlußmängelstreit in der Zweimanngesellschaft näher oben B III 3. 2 5 6 Demgegenüber hat B G H Z 101, 113, wo über einen Einziehungsbeschluß in einer ZweiMann-GmbH zu entscheiden war, die Gesellschaft als richtige Feststellungsklägerin angesehen und im Urteilstatbestand auf einen Beschluß des Senats in einem Vorprozeß zwischen den beteiligten Gesellschaftern hingewiesen, in dem ausgesprochen war, daß der Streit um die Feststellung der Mitgliedschaft in einer GmbH nicht zwischen den Gesellschaftern ausgefochten werden könne (aaO.S.115). 254

255

680

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

lungsklage ist gewissermaßen das wesensgleiche Minus zur auf Rechtsgestaltung gerichteten Ausschlußklage.

II. Personelle Veränderungen ohne Gesellschafterbeschluß Optionenwahl

1.

Nicht bei jedem Streit um das Bestehen der Mitgliedschaft eines Gesellschafters ist die Position der Gesellschaft so klar definiert wie im Ausschlußstreit. Das verdeutlicht der folgende, im Jahre 1964 vom BGH entschiedene Fall 257 : Die X-KG w a r von den Gesellschaftern W und R als persönlich haftenden Gesellschaftern und S als Kommanditist errichtet w o r d e n . W verstarb und w u r d e beerbt. Die X-KG erhob, vertreten durch R, Klage gegen die Erben auf Feststellung, d a ß diese durch den Tod des W nicht Kommanditisten geworden seien.

Der BGH hielt auch hier die Gesellschaft nicht für berechtigt, über die Mitgliedschaft einzelner Gesellschafter an ihr zu streiten, da sie nicht über ihren eigenen personellen Bestand disponieren könne. Streitigkeiten dieser Art müßten unter den Partnern des Gesellschaftsvertrags ausgetragen werden 258 . Im gleichen Sinne entschied der BGH bei einem Streit zwischen den Gesellschaftern über das wirksame Ausscheiden eines fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters 259 . Die von ihm vertretenen Rechtsprechungsgrundsätze entsprechen denjenigen, welche bereits oben 12 für den Ausschließungsbeschluß wiedergegeben wurden. Befriedigen kann diese Handhabung hier ebensowenig wie dort: Da das zwischen zwei Gesellschaftern ergangene Urteil nur inter partes wirkt, besteht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen über die Mitgliedschaft eines Gesellschafters 260 . Diese Gefahr wird selbst dann nicht gebannt, wenn der Kläger all jene Mitgesellschafter verklagt, die einen dem Klagebegehren entgegengesetzten Rechtsstandpunkt vertreten; denn es kann geschehen, daß die bisher konfliktneutralen Gesellschafter später ihre Meinung ändern und dann das Ergebnis des Vorprozesses, an das sie nicht gebunden sind, in einem neuen Rechtsstreit in Frage stellen 261 . Will man diese mißlichen Konsequenzen vermeiden, so läuft die Diskussion über die Lösung abermals auf die Alternativen hinaus: Entweder die Klage wird von der bzw. gegen die Gesellschaft erhoben und die Verbindlichkeit des Urteils auf die Gesellschafter erstreckt; oder der Prozeß ist zwischen den Gesellschaftern auszutragen, wobei es genügt, wenn konfliktneutrale Gesellschafter lediglich beigeladen werden und ihnen sodann freisteht, sich am Prozeß zu beteiligen. Es wur257

BGH JR 1965, 21. BGH JR 1965, 21f.; W M 1965, 14; W M 2003, 1729; Röhricht-v.Gerkan, Rn.76. 259 BGH W M 1975, 512, 154. 260 Zutreffend Beitzke, JR 1965, 22. 261 Darauf macht zu Recht Beitzke, (JR 1965, 22) aufmerksam. 258

HGB, §105

681

D. Der Feststellungsstreit im Grundlagenbereich

de bereits mehrfach 262 herausgestrichen, daß die Gesellschaft lediglich dann Partei sein kann, wenn die Rechtsbehauptung, mit welcher sie in den Rechtsstreit eintritt, klar festgelegt ist. 2. Gesellschaft

als Prozeßpartei,

vertreten durch alle übrigen

Gesellschafterf

a) Der Ansatz Im Schrifttum ist vorgeschlagen worden 263 , den Streit um die Feststellung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft in der Weise auszutragen, daß die Gesellschaft eine Feststellungsklage erhebe und dabei von allen Gesellschaftern, auch den Kommanditisten, vertreten werde. Die Klage richte sich gegen diejenige Person, welche sich der Mitgliedschaft in der Gesellschaft berühme. Bedenken gegen die fehlende Vertretungsmacht der Kommanditisten werden mit der Begründung auszuräumen versucht, daß diese insoweit an der Organisation der Gesellschaft mitzuwirken hätten und folgerichtig auch die Gesellschaft in einem Prozeß müßten vertreten können, in dem es um jene Organisation, nämlich um den personellen Bestand der Gesellschaft gehe. Dieser Lösungsvorschlag ist auf den Sachverhalt der oben besprochenen Entscheidung264 gemünzt, wo die Gesellschaft klagte und dabei durch denjenigen vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten wurde, der den Erben seines Mitkomplementärs die Mitgliedsstellung verwehren wollte. Denkt man diesen Ansatz zu Ende, so hätten konsequent auch die Erben ihrerseits eine etwaige Klage auf Feststellung, daß sie der Gesellschaft angehörten, gegen diese richten und diese sodann von allen übrigen Gesellschaftern vertreten werden müssen. b) Organisationskompetenz

und

Vertretungsmacht

Aus materiellrechtlicher Sicht kann der Schluß von der internen Organisationskompetenz der Kommanditisten auf deren externe Vertretungsmacht nicht überzeugen. Uber außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen haben die Kommanditisten ebenfalls mit zu entscheiden (§164 S.2 HGB); gleichwohl folgt hieraus, soweit zur Umsetzung des Beschlossenen Rechtshandlungen namens der Gesellschaft nach außen hin erforderlich sind, noch nicht, daß ihnen insoweit auch die Vertretungsmacht zusteht. Nun mag man einwenden, vorliegend gehe es nicht um einen Geschäftsführungs-, sondern um einen Grundlagenstreit; und ebenso wie die Kommanditisten an der Begründung oder Aufhebung neuer Mitgliedschaften in der KG durch rechtsgeschäftliche, auf die Änderung des Gesellschaftsvertrags gerichtete Erklärungen mitwirken müßten, müßten sie auch Vertretungsmacht für die Gesellschaft in einem Grundlagenstreit ausüben können, der in der

262

263 264

Zusammenfassend oben § 9 1.

Beitzke, JR 1965, 22. BGH JR 1965,21.

682

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

Sache lediglich repräsentativ für sie geführt werde. Negativ gewendet würde dieser Einwand bedeuten: Die vertretungsberechtigten Gesellschafter haben nach materiellem Recht keine Vertretungsmacht, Mitgliedschaften in der KG aufzulösen oder zu begründen; deswegen haben sie auch im Prozeß keine Vertretungsmacht, für die übrigen Gesellschafter um die Mitgliedschaft von in ihrem Gesellschafterstatus umstrittenen Personen zu streiten. Damit wird aber der gewählte materiellrechtliche Vergleichsfall fehlerhaft im Prozeß abgebildet: Der Notwendigkeit einer allseitigen Beteiligung bei der Aufnahme neuer oder dem Ausscheiden bisheriger Gesellschafter würde im Prozeß allenfalls die Notwendigkeit der Beteiligung aller Gesellschafter als Prozeßparteien entsprechen. Wo aber die Gesellschaft Partei ist, sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter auch legitimiert, den für sie definierten Standpunkt vorzutragen 265 . c) Rechtsbehauptung

und

Legitimation

In Wahrheit geht es denn auch um eben jene Legitimation: Wenn alle Gesellschafter, deren Mitgliedschaft unumstritten ist, als Vertreter der Gesellschaft auftreten sollen, so enthält diese These implizit die Behauptung, daß allein den vertretungsberechtigten Gesellschaftern nicht die Legitimation zukomme, namens der Gesellschaft zu behaupten, eine bestimmte Person sei Mitglied oder nicht. Eine solche Legitimation läßt sich indes nicht schon im Ansatz verneinen: Materiellrechtlich ist nämlich in der Tat die Gesellschaft der richtige Prozeßgegner. Denn wie in dieser Arbeit mehrfach herausgestrichen wurde 266 , besteht auch in OHG und KG das Mitgliedschaftsverhältnis in erster Linie zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. In diesem Verhältnis bestehen die wechselseitigen typusprägenden Hauptleistungspflichten. Gleichwohl ist der hier besprochenen Ansicht zuzugeben, daß der Feststellungsstreit die Grundlagenkompetenz der Gesellschafter berührt und diesen daher, wenn das Urteil gegen sie gelten soll, ein Einfluß auf den Prozeß einzuräumen ist. Zum anderen fehlt es an dem für die Parteirolle der Gesellschaft unerläßlichen Rechtsschutzvertrauen der übrigen Gesellschafter: Die Rechtsbehauptung, mit der die Gesellschaft in den Prozeß eintritt, ist nicht klar definiert. Die Gesellschaft ist gegenüber den Klagebegehren indifferent; aus der Sicht des Zweckverfolgungsinteresses ist es gleichgültig, wer als Gesellschafter hieran teilnimmt 267 . Das unterscheidet die Feststellungsklage namentlich von der Ausschlußklage, bei der die Gesellschaft eine Störung der Zweckverfolgung abzuwehren sucht und zudem auf der Basis eines von den Gesellschaftern gefaßten Beschlusses klagt. Es besteht daher die Gefahr, daß die vertretungsberechtigten Gesellschafter in bezug auf den Mitgliedsstatus des Gesellschafters dessen Rechtsstandpunkt teilen und darauf die Prozeßführung ausrichten. Sodann entsteht eben diejenige PattVgl. Schütz, Sachlegitimation, S. 176 f. Insbesondere oben § 3 B I. 2 6 7 Für die AG ist dies in anderem Zusammenhang bereits ausdrücklich hervorgehoben worden; vgl. Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S . 4 3 ; ders., ZIP 1989, 1233, 1237f. 265 266

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

683

Situation, welche die Gesellschaft als Prozeßpartei disqualifiziert: Wenn die Gesellschaft auf Feststellung des Nichtbestehens der Mitgliedschaft verklagt werden könnte, müßte sie auch auf Feststellung des Bestehens der Mitgliedschaft verklagt werden können und wäre, wenn beides erfolgt, zur Vertretung zweier miteinander unvereinbarer Rechtsbehauptungen gezwungen. d) Legitimation

durch allseitige

Gesamtvertretung?

An diesem Punkt setzt nun die hier besprochene Ansicht an. Sie möchte die Legitimation der Gesellschaft dadurch herstellen, daß sie einer Vertretung der Gesellschaft durch sämtliche Gesellschafter, auch durch die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen, das Wort redet. Das Ziel einer allseits verbindlichen Entscheidung über die Mitgliedschaft vermag sie dadurch in der Tat zu erreichen. Zwar wirkt die Rechtskraft des Urteils nicht gegen die übrigen Gesellschafter; denn diese sollen nicht selbst als Parteien, sondern als Vertreter der Gesellschaft am Prozeß beteiligt sein. Doch ergibt sich ihre Bindung an die Entscheidung aus den oben 268 näher entfalteten Überlegungen zur Urteilsbindung bei materiellrechtlich abhängigen Rechtsverhältnissen. Ist beispielsweise die bestehende Mitgliedschaft eines Gesellschafters festgestellt und klagt nunmehr ein Mitgesellschafter gegen die Gesellschaft auf Auszahlung eines höheren Gewinns mit der Begründung, dieser Gesellschafter gehöre der Gesellschaft in Wahrheit nicht an, so daß ihm, dem Kläger, ein höherer Gewinnanteil gebühre, so kann die Gesellschaft dem entgegenhalten, zwischen ihr und dem vormals umstrittenen Gesellschafter stehe die Mitgliedschaft rechtskräftig fest und sie müsse dessen Gewinnrechte bedienen. Dies Urteil muß der Mitgesellschafter hinnehmen, weil es zwischen den Parteien ergangen ist, denen die Herrschaft über jenes Rechtsverhältnis zusteht. Und diese Herrschaft haben dem hier besprochenen Ansatz zufolge seitens der Gesellschaft Personen ausgeübt, welche in jedem Fall die Legitimation für eine den Mitgliedsstatus eines Gesellschafters betreffende Rechtsbehauptung der Gesellschaft vermitteln - nämlich sämtliche übrigen Gesellschafter 269 . Wenn aber sämtliche übrigen Gesellschafter die Gesellschaft im Feststellungsprozeß vertreten sollen, so bleibt ungewiß, wie zu verfahren ist, wenn einer oder mehrere Mitgesellschafter die Rechtsauffassung des umstrittenen Gesellschafters bezüglich seines Mitgliedsstatus teilen und daher nicht bereit sind, im Prozeß namens der Gesellschaft eine entgegengesetzte Rechtsbehauptung zu vertreten. Es kommen nur zwei Möglichkeiten in Betracht: Entweder diese Gesellschafter sind auf Mitwirkung an der Vertretung der Gesellschaft zu verklagen; oder die Gesellschaft wird nur noch durch diejenigen Gesellschafter vertreten, welche entgegen der Auffassung des umstrittenen Gesellschafters dessen Mitgliedschaft behaupten bzw. bestreiten wollen, und richtet sodann die Feststellungsklage außer gegen jeI 5 c ee. Die Zuständigkeit sämtlicher Gesellschafter für Statusangelegenheiten betont auch Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 538; ders., W M 1992, Beilage 7, S.7f. 268

269

684

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

nen Gesellschafter auch noch gegen seine Verbündeten. Die erstgenannte Möglichkeit führt zu einer wenig sinnvollen Vervielfachung von Prozessen und stößt materiellrechtlich auf die Schwierigkeit, daß anders als bei der Ausschlußklage eine Verpflichtung, an einer Feststellungsklage mitzuwirken oder ihr wenigstens zuzustimmen, sich kaum aus der Treupflicht herleiten läßt; denn da die Gesellschaft gegenüber dem Klageziel indifferent ist, kann eine solche Mitwirkung nicht unter dem Gesichtspunkt eingefordert werden, es gelte das Gesellschaftsinteresse zu verteidigen. Die letztgenannte Möglichkeit erweist sich demgegenüber unter dem Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit als problematisch: Es dürfen diejenigen Gesellschafter auf Kosten der Gesellschaft prozessieren, welche bezüglich des Mitgliedsstatus anderer Meinung sind als der betroffene Gesellschafter; dessen Verbündete prozessieren dagegen auf eigenes Risiko. Für eine solche Verteilung des Kostenrisikos ist keine Rechtfertigung in Sicht: Anders als bei der Ausschlußklage können die in Vertretung der Gesellschaft klagenden Gesellschafter nicht für sich reklamieren, sie leisteten einen Beitrag zur gemeinsamen Zweckverfolgung; denn für diese ist die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft bedeutungslos. Und anders als bei der Beschlußmängelklage können die Gesellschafter, welche die Mitgliedschaft anders beurteilen als der umstrittene Gesellschafter, nicht ins Feld führen, sie hätten lediglich Mitgliedschaftsrechte ausgeübt und dürften hiervon nicht durch die Auferlegung eines Prozeßkostenrisikos abgeschreckt werden. Der Streit um die Feststellung, wer Mitglied der Gesellschaft ist, kann, da das Gesellschaftsinteresse hierdurch nicht berührt wird, nur noch aus persönlichem Interesse der Gesellschafter geführt werden; für die Finanzierung einer solchen Auseinandersetzung aber steht das Gesellschaftsvermögen nicht zur Verfügung. Im Ergebnis vermag es daher nicht zu überzeugen, die Gesellschaft als Partei in den Feststellungsprozeß zu entsenden und sie durch sämtliche Gesellschafter vertreten zu lassen. Ohne eine besondere Regelung verbleibt es daher in der Tat dabei, daß der Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft zwischen den Gesellschaftern ausgefochten werden muß - wenn nicht der besondere, bereits oben I. behandelte Fall vorliegt, daß ein Gesellschafter durch Beschluß ausgeschlossen worden ist und sich nunmehr dagegen wehrt. An sich sachlegitimiert wäre zwar die Gesellschaft, da das Mitgliedschaftsverhältnis, wie zu zeigen versucht wurde 270 , in erster Linie ein Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem einzelnen Gesellschafter ist. Der Gesellschaft fehlt aber die Prozeßführungsbefugnis, weil ihre Repräsentanten im Prozeß nicht aus eigener Kompetenz eine bestimmte Rechtsbehauptung in den Prozeß einführen können. Es entsteht gewissermaßen die umgekehrte Situation im Vergleich zum Beschlußmängelstreit, wo die Prozeßführungsbefugnis der Gesellschaft übertragen ist, während an sich diejenigen Gesellschafter sachlegitimiert sind, die den angefochtenen Beschluß gefaßt haben. Es zeigt sich erneut, daß die Verteilung der Parteirollen im gesellschaftsinternen Rechtsstreit nicht streng der materiellrechtlichen Berechtigung und Verpflichtung folgt, sondern spezifisch prozeßrechtliche 270

Oben § 3 B I.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

685

Erwägungen mit eine Rolle spielen; im Zusammenhang mit dem Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft ist dies namentlich der Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit. e) Legitimation

durch Gesellschaftsvertrag

oder

Gesellschafterbeschluß?

Die Rechtsprechung gestattet den Gesellschaftern, wie gezeigt, für den Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft eines Gesellschafters die Parteirolle der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag festzuschreiben 271 . Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, daß Gleiches auch ohne Grundlage im Gesellschaftsvertrag durch einfachen Gesellschafterbeschluß geschehen könne, der ad hoc aus Anlaß des bevorstehenden Rechtsstreits gefaßt werde 272 . Zumindest das letztere erscheint bedenklich: Wenn nämlich die Parteirolle der Gesellschaft nur um den Preis einer ungerechten Verteilung des Kostenrisikos zugewiesen werden kann, so vermag hieran selbst ein ad hoc gefaßter Gesellschafterbeschluß nichts zu ändern. Da der Streit um die Mitgliedschaft nicht im Interesse der Gesellschaft geführt wird, ist keine Rechtfertigung in Sicht, für seine gerichtliche Austragung das Gesellschaftsvermögen in Anspruch zu nehmen. Die Gesellschaft in einer solchen Situation zur Prozeßpartei zu erheben erscheint folglich allenfalls dann diskutabel, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht; denn in diesem Fall haben sich die Gesellschafter auf die ungerechte Verteilung der Kostenlast im Interesse einer rationellen Streiterledigung eingelassen. Selbst in einem solchen Fall müssen jedoch weitere Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Partei im konkreten Rechtsstreit tatsächlich als Partei auftreten kann: Der Gesellschaftsvertrag definiert nämlich noch nicht die Position der Gesellschaft für die konkreten Auseinandersetzung. Mit Recht wird daher hervorgehoben, daß für jeden einzelnen Prozeß die Rechtsbehauptung der Gesellschaft durch einen ad hoc zu fassenden Gesellschafterbeschluß festgelegt werden muß 2 7 3 . Ohne einen solchen Beschluß fehlt es an einer Legitimation für die Rechtsbehauptung, mit der die vertretungsberechtigten Gesellschafter der Gesellschaft in den Rechtsstreit eintreten. Hierin liegt der zutreffende Kern der These des B G H , es fehle der Gesellschaft an der Dispositionsbefugnis über ihre eigenen Grundlagen. Das Zustandekommen eines Legitimationsbeschlusses richtet sich nach den gleichen Regeln, nach denen auch sonst Beschlüsse zustande kommen. Verharrt der Gesellschaftsvertrag beim Einstimmigkeitsprinzip, so kann die Gesellschaft nur dann als Partei auftreten, wenn ein Gesellschafter eine bestimmte eigene Rechtsstellung gegen das Votum aller übrigen Gesellschafter für sich reklamiert und diese deshalb einen einstimmigen Legitimationsbeschluß fassen. Kommt eine solche Einigkeit nicht zustande, so ist der Versuch, ad hoc die Gesellschaft zur Vertretung einer bestimmten Rechtsbehauptung zu legitimieren, gescheitert; die Ge271

272 273

Oben D I 2. Bork, Z G R 1991, 125, 140ff.; Wiedemann, W M 1992, Beilage 7, S.8. Wiedemann, FS Kellermann, S . 5 2 9 , 538.

686

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

sellschaft kann trotz Zulassung im Gesellschaftsvertrag nicht Partei sein. Dies aber bedeutet für den Kläger eine fatale Unsicherheit über den richtigen Klagegegner; will er seine Mitgliedschaft festgestellt wissen, so wird er die Position seiner Mitgesellschafter häufig nicht kennen und daher nicht wissen, ob unter diesen ein Legitimationsbeschluß zustande kommt (dann ist Gesellschaft geeignete Partei) oder nicht (dann verbleibt es bei den Gesellschaftern als Parteien der Auseinandersetzung). Macht man die Parteirolle der Gesellschaft vom Zustandekommen eines Legitimationsbeschlusses unter den Gesellschaftern abhängig, so ist abermals nicht das materielle Recht, sondern ein rein formales, prozeßrechtliches Kriterium für die Verteilung der Parteirollen entscheidend. Wenn aber jene Verteilung vom materiellen Recht entkoppelt wird, müssen, wie gezeigt 274 , an dessen Stelle Kriterien gesetzt werden, welche die eindeutige und problemlose Bestimmung der richtigen Prozeßpartei ermöglichen. Diesem Postulat wird eine Lösung, welche die Parteirolle der Gesellschaft vom Ergebnis der Willensbildung unter den übrigen Gesellschaftern abhängig macht, nicht gerecht; der Feststellungskläger muß vielmehr bereits von Anfang an wissen, gegen wen er sein Feststellungsbegehren zu richten hat. Deshalb ist eine Klausel, welche die Gesellschaft im Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft eines Gesellschafters zur Prozeßpartei erhebt, ergänzend auszulegen: Der Gesellschafter, der den Rechtsstreit gegen die Gesellschaft führt, kann den übrigen Gesellschaftern eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer sie einen Legitimationsbeschluß zustande zu bringen haben. Kommt ein Beschluß in diesem Zeitraum nicht zustande, so darf der Kläger abweichend von der Klausel die Mitgesellschafter persönlich verklagen - und zwar nach dem sogleich darzustellenden Modell des § 856 ZPO. 3. Prozeß zwischen

den Gesellschaftern

nach dem Modell des § 856 ZPO

Kann die Gesellschaft nicht kraft Gesetzes zur Partei des Feststellungsprozesses um die Mitgliedschaft eines Gesellschafters erhoben werden, so verbleibt lediglich eine überzeugende Alternative: Der Gesellschafter, welcher in seinem Mitgliedsstatus umstritten ist, hat diejenigen Gesellschafter oder ist von denjenigen Gesellschaftern zu verklagen, welche mit einer gegenteiligen Rechtsauffassung hervortreten; dabei genügt es, wenn einer jener Gesellschafter klagt oder verklagt wird. Die übrigen, namentlich die gegenüber dem Klageziel neutralen Gesellschafter können auf Antrag der Parteien beigeladen werden und sich auf beliebiger Seite als Streitgenossen anschließen (und dann ggf. weitere, bislang nicht beigeladene Mitgesellschafter beiladen) oder dies bleiben lassen. Es ist dies das in der hier vorgelegten Arbeit bereits mehrfach angesprochene, gesellschaftsrechtsspezifisch erweiterte Modell des § 856 ZPO 2 7 5 . Gewiß: Auf diesem Wege wird der Streit um ein Rechtsverhältnis, welches materiellrechtlich zwischen der Gesellschaft und dem 274 275

Oben § 6 E I. Zu den Elementen und zur dogmatischen Begründung dieses Modells oben § 3 B II 5.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

687

umstrittenen Gesellschafter besteht, in einem Prozeß unter den Gesellschaftern ausgefochten. Doch läßt sich auf dem Boden der hier vertretenen Grundthesen hieraus kein Einwand gegen die Anwendung des an § 856 Z P O angelehnten Modells herleiten. Denn abermals sei betont: Im gesellschaftsinternen Prozeß ist für die Bestimmung der Parteirollen nicht notwendig die materiellrechtliche Beteiligung am Rechtsverhältnis entscheidend. Die Parteirollen werden vielmehr so verteilt, daß in einem einzigen Rechtsstreit eine allseits verbindliche Klärung erzielt, den prozeßscheuen Gesellschaftern aber die Prozeßbeteiligung erspart wird. Die materielle Rechtslage behält für die Bestimmung der Parteirollen ihre eigenständige Bedeutung lediglich dann, wenn mindestens gleichwertige Individualinteressen eines Gesellschafters dem Interesse an einer rationellen Erledigung des Rechtsstreits entgegenstehen; wo dies nicht der Fall ist, bedeutet die hier vertretene, allein an den genannten prozeßökonomischen Desideraten ausgerichtete Parteirollenverteilung nichts Geringeres als die prozessuale Fortsetzung des für alles gesellschaftliche Handeln leitenden Zweckverfolgungsgedankens. Auf diesem Boden war es möglich, den Streit um die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses in einem Rechtsstreit zwischen Anfechtungskläger und Gesellschaft auszutragen, obwohl nicht diese, sondern die Mitgesellschafter am mehrseitigen Rechtsgeschäft „Beschluß" beteiligt sind und daher nach materiellem Recht die richtigen Adressaten einer Klage wären, mit der die Rechtmäßigkeit ihres Stimmverhaltens eingefordert wird. Vorliegend besteht eine ganz ähnliche Situation mit umgekehrten Vorzeichen: N a c h materiellem Recht wäre die Gesellschaft richtige Prozeßpartei; gleichwohl muß aber auf einen Prozeß unter den Gesellschaftern ausgewichen werden. Die Gesellschafter sind dann zwar möglicherweise nicht nach materiellem Recht sachlich legitimiert, aber Träger der Prozeßführungsbefugnis. Das Desiderat, eine allseits verbindliche Entscheidung in einem Prozeß herbeizuführen, vermag die prozessualen Erleichterungen des § 856 Z P O auch im Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft überzeugend zu begründen. Z w a r verhält sich das Gesellschaftsinteresse zum Streitgegenstand als solchem indifferent; doch würde eine Vervielfachung von Prozessen sich insgesamt negativ auf die Zusammenarbeit in der Gesellschaft auswirken. Schutzwürdige gegenläufige Interessen einzelner Gesellschafter, die Erledigung des Rechtsstreits zu verzögern, sind nicht ersichtlich. Das Gesellschaftsinteresse bezieht sich daher nicht auf den Prozeßausgang als solchen - es wird durch die Feststellung der Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft einer bestimmten Person nicht berührt - , wohl aber auf die rasche Erledigung des Prozesses.

4. Die Mitgliedschaftsfeststellung a) Zum

in der

GmbH

Streitstand

Konsultiert man Rechtsprechung und Schrifttum zur Frage, wer im Streit um die Mitgliedschaft in einer G m b H richtige Prozeßpartei ist, so stößt man nicht immer auf eindeutige Aussagen. So hält es der BGH in einem älteren Urteil für möglich,

688

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

daß der Streit zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ausgefochten werde 276 ; ein zwischen den Gesellschaftern ergangenes Urteil wirke nämlich nicht Rechtskraft gegen die Gesellschaft 277 . Das Urteil mach nicht deutlich, ob die Klage gegen die Gesellschaft nur erhoben werden kann27S oder aber erhoben werden muß279. In einem späteren Urteil führte der BGH sodann aus, im Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft sei die Gesellschaft selbst Partei 280 ; schließlich entschied er ohne jede weitere Problematisierung der Parteirollenverteilung in der Sache über eine Feststellungsklage, die gegen die Gesellschaft erhoben worden war 2 8 1 . Dagegen hielt das LG Düsseldorf die Feststellungsklage eines Anteilserwerbers gegen einen Mitgesellschafter mit dem Ziel, seine Mitgliedschaft in der GmbH festzustellen, für zulässig 282 . Endlich soll die Gesellschaft von sich aus einen Gesellschafter-Prätendenten verklagen können, um feststellen zu lassen, daß dieser nicht Mitglied der Gesellschaft sei; sie könne dadurch die Ingerenz Außenstehender in gesellschaftsinterne Entscheidungsprozesse abwehren 283 . Im Schrifttum wird die Klage des Prätendenten alternativ gegen Gesellschaft oder Mitgesellschafter zugelassen 284 . Sofern die Gesellschaft Partei des Prozesses ist, wirkt das Urteil Rechtskraft gegen sie 285 . b) Rechtsbehauptung

und

Legitimation

In der GmbH besteht nach materiellem Recht insoweit ein Unterschied zur Personengesellschaft, als den Gesellschaftern bezüglich der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft nicht notwendig die Grundlagenkompetenz zukommt. So kann nach § 15 I GmbHG der Geschäftsanteil übertragen und die Mitgliedschaft eines neuen Gesellschafters auf diesem Wege begründet werden, ohne daß die übrigen Gesellschafter hiergegen vorgehen könnten. Man hüte sich indes davor, hieraus und aus der Tatsache, daß die GmbH im Gegensatz zur Personengesellschaft juristische Person ist, den Schluß zu ziehen, der Streit sei mit der Gesellschaft auszutragen. In prozessualer Hinsicht besteht vielmehr die gleiche Situation wie in O H G und KG: Es gibt keine klar definierte Rechtsposition der Gesellschaft bezüglich der Mitgliedschaft des umstrittenen Gesellschafters. Konsequent trifft den Geschäftsführer keine Verpflichtung, eine bestimmte Rechtsauffassung zu vertreten; damit fehlt es an dem für die Parteirolle der Gesellschaft notwendigen Rechtsschutzvertrauen der übrigen Gesellschafter, weil diese sich nicht darauf verlassen 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285

BGH GmbHR 1963, 7. BGH GmbHR 1963, 7; ebenso Hofmann, GmbHR 1967, 97, 98. Für diese Deutung des Urteils Hofmann, GmbHR 1967, 97, 99. Für diese Deutung des Urteils Ganssmüller, GmbHR 1963, 7. BGH WM 1975, 512, 514; ebenso schon BGH WM 1969, 1258. BGH GmbHR 1984, 84, 74. LG Düsseldorf ZIP 1985, 1269, 1270; ebenso Scholz-Emmerich, GmbHG, § 13 Rn.54. Scholz-Emmerich, GmbHG, § 13 Rn.54. Michalski, in: ders., GmbHG, § 14 Rn. 109; MüHdbGesR IIVSchiessl, § 31 Rn.28. Scholz-Emmerich, GmbHG, § 13 Rn.54; MüHdbGesR III/Schiessl, §31 Rn.28.

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

689

können, daß der Geschäftsführer ihren Rechtsstandpunkt verficht. Allerdings wurde bereits gezeigt 286 , daß ausnahmsweise die Gesellschaft auch ohne ein solches Rechtsschutzvertrauen ihrer Mitglieder als geeignete Prozeßpartei in Betracht kommt, wenn dasjenige Organ, welches die Gesellschaft im Rechtsstreit vertritt, befugt ist, die Rechtsposition der Gesellschaft autonom zu definieren, die Rechtsstellung der Mitglieder hierdurch also nicht berührt wird: So darf etwa der Vorstand einer AG nach Anfechtung eines Beschlusses der Hauptversammlung in eigener Zuständigkeit entscheiden, ob er den vorläufig wirksamen Beschluß ausführt oder erst das Ergebnis des Prozesses abwartet. Eine solche autonome Zuständigkeit für die Auswahl der von der Gesellschaft vertretenen Rechtsbehauptung kommt indes dem Geschäftsführer im Streit um die Mitgliedschaft einer Person nicht zu. Denn bereits für die Ausschlußklage wurde gezeigt, daß der Geschäftsführer nach dem Organisationsrecht der G m b H grundsätzlich an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden und von deren Vertrauen abhängig ist, weswegen er nicht eigenmächtig namens der Gesellschaft behaupten darf, ein Gesellschafter sei auszuschließen. Das gleiche gilt beim Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft: Der Geschäftsführer darf ohne Legitimation durch die Gesellschafter nicht namens der Gesellschaft behaupten, jemand sei Gesellschafter oder sei es nicht. Diese Legitimation kann ihm freilich die Gesellschafterversammlung in jenem Feststellungsstreit ebensowenig erteilen, wie die Gesellschafter einer O H G oder KG dazu in der Lage sind; denn abermals ist das Gesellschaftsinteresse gegenüber der Person ihrer Gesellschafter indifferent; der Streit wird daher aus persönlichem Interesse der Gesellschafter geführt. Wie in der Personengesellschaft ist nicht einzusehen, weshalb die einen Gesellschafter auf Kosten des Gesellschaftsvermögens sollen prozessieren können, die anderen dagegen auf eigenes Kostenrisiko. Ungeachtet der Tatsache, daß ebenso wie in der Personengesellschaft die Mitgliedschaftsbeziehung in der G m b H - und erst recht dort - in erster Linie eine solche zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ist, ist daher der Streit um die Mitgliedschaft nach dem an § 856 Z P O angelehnten Modell in einem Prozeß unter den Gesellschaftern auszutragen. c) In Sonderheit:

Der Streit um die Kaduzierung

eines

Geschäftsanteils

Eine einzige Ausnahme sei hier kurz gestreift: N a c h § § 21 ff. G m b H G kann der Geschäftsanteil eines Gesellschafters kaduziert werden, der nachhaltig seine Einlage schuldig bleibt. Die Kaduzierung führt der Geschäftsführer in eigener Zuständigkeit durch; er benötigt hierfür lediglich einen Einforderungsbeschluß der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 2 GmbHG 2 8 7 . Kommt es zum Streit, ob die Voraussetzungen der Kaduzierung vorlagen, so hat der betroffene Gesellschafter die Möglichkeit, Feststellungsklage zu erheben; diese ist gegen die Gesellschaft zu

286 287

Oben § 8 D III 4. Oben § 2 C I, § 3 A IV 1.

690

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

richten 2 8 8 . Wenn nämlich der Geschäftsführer die Kaduzierung in eigener Zuständigkeit durchführt, so ist er auch befugt, namens der Gesellschaft im Prozeß die Rechtsbehauptung zu vertreten, die Einlage sei noch nicht eingezahlt und auch die sonstigen Voraussetzungen der § § 2 1 ff. G m b H G lägen vor. 5. Exkurs: Andere

Statusstreitigkeiten

a) Grundsatz: Prozeß zwischen den Gesellschaftern des §856 ZPO

nach dem

Modell

Nach den vorstehend herausgearbeiteten Grundsätzen richtet sich nicht nur der Streit um die Mitgliedschaft in der Gesellschaft, sondern ebenso der Streit um jeden anderen rechtlichen Status, insbesondere um die Auslegung des Gesellschaftsvertrags und den Bestand der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten. Die geschäftsführenden Gesellschafter in der Personengesellschaft bzw. der Geschäftsführer einer G m b H sind auch hier nicht aus sich heraus legitimiert, namens der Gesellschaft eine bestimmte Rechtsbehauptung zu vertreten; und der Streit um die Verteilung der Rechte und Pflichten wird abermals typischerweise aus persönlichem Interesse der Gesellschafter geführt, so daß die Belastung des Gesellschaftsvermögens mit den Kosten des Rechtsstreits nicht überzeugend begründet werden kann. So muß etwa der Streit in einer O H G , ob einem Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis zusteht, zwischen den Gesellschaftern ausgefochten werden 2 8 9 ; ebenso der Streit darüber, ob der Gesellschaftsvertrag wirksam geändert worden ist 290 ; ob ein als Erbe eingetretener Gesellschafter Kommanditist oder persönlich haftender Gesellschafter ist 291 ; ob ein Mitglied des Beirats einer Personengesellschaft wirksam abberufen worden ist 292 ; ob die Gesellschaft durch Beschluß aufgelöst worden ist 2 9 '; ob der Jahresabschluß der Gesellschaft mit Rechtsfehlern behaftet ist 294 ; ob dem Kommanditisten ein Bezugsrecht bei der Erhöhung des Kommanditkapitals zusteht 2 9 5 . Das gleiche gilt für den Streit um die richtige Auslegung des Gesellschaftsvertrags 296 . Diese Grundsätze gelten in Personengesellschaft und G m b H gleichermaßen.

288

Im Ergebnis ebenso Damrau-Schröter, N J W 1991, 1927, 1929. B G H N J W 1959, 53, 54. 2,0 BGH W M 1965,4. 291 B G H DB 1966, 1560. 292 B G H DB 1968, 2 5 7 . 293 B G H W M 1973, 990. 294 B G H W M 1991, 509, 510. 295 R G Z 163, 385, 3 8 7 f f . 296 Stimpel, FS Fischer, S . 7 7 1 , 773. Der B G H (DB 1996, 926) hat o h n e Problematisierung der Parteirolle in der Sache über eine Feststellungsklage der Kommanditisten gegen den Komplementär entschieden, mit deren Hilfe die Klärung der Frage erstrebt w u r d e , ob ein aus Kommanditisten gebildeter Beirat den Jahresabschluß abweichend von der Vorlage des K o m p l e m e n t ä r s festzustellen befugt war. 289

D. Der Feststellungsstreit

b) Der Streit um die Wirksamkeit Gesellschaftsvertrag

im

691

Grundlagenbereich

von Bestimmungen

im

ursprünglichen

Einen Sonderfall nimmt die Konstellation ein, daß über den Inhalt einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag Einigkeit besteht, aber ihre Wirksamkeit in Zweifel gezogen wird. Insoweit wird zwar ebenfalls behauptet, der Streit sei zwischen den Gesellschaftern auszutragen 297 ; doch trifft dies bei näherem Hinsehen nicht zu: In der GmbH wird die Änderung der Satzung mit Mehrheit beschlossen; der Gesellschafter, der sich hiergegen wehren will, muß Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft erheben. Gleiches gilt in einer Personengesellschaft, wenn die Änderung des Gesellschaftsvertrags zulässigerweise mit Mehrheit beschlossen wurde; denn die § § 2.41 ff. AktG sind auf Mehrheitsbeschlüsse in der Personengesellschaft entsprechend anwendbar 298 . Ebenso kann bei einem einstimmig zu fassenden Beschluß, dessen Inhalt unstreitig ist, die Feststellungsklage, er sei nicht wirksam zustande gekommen oder nichtig, gegen die Gesellschaft gerichtet werden 299 . Wenn nun die Ungültigkeit nicht einer Änderung des Gesellschaftsvertrags, sondern einer Bestimmung im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag behauptet wird, muß konsequent ebenfalls die Klage gegen die Gesellschaft gerichtet werden. Denn ebenso wie diese im Rechtsstreit um eine Änderung des Gesellschaftsvertrags deren Wirksamkeit verteidigt, verteidigt sie im Streit um den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag dessen Rechtsgültigkeit. Die ihrem Inhalt nach unstreitige Bestimmung legitimiert die Gesellschaft, mit der Rechtsbehauptung in den Rechtsstreit einzutreten, sie sei rechtlich einwandfrei. c) Der Streit um Bestand und Umfang mitgliedschaftlicher

Förderpflichten

Es wurde gezeigt, daß der Streit um die Auslegung des Gesellschaftsvertrags im Prozeß unter den Gesellschaftern auszutragen ist. Das ist als Grundsatz deshalb zutreffend, weil die Gesellschaft im Streit um die Rechtsstellung von Mitgliedern, wie sie sich aus jenem Vertrag ergibt, indifferent und deshalb das Gesellschaftsvermögen nicht dafür gewidmet ist, für die Kosten des Streits hierüber einzustehen; namentlich ist nicht einzusehen, warum eine Gruppe von Gesellschaftern per Legitimationsbeschluß ihre Position zu derjenigen der Gesellschaft soll erheben und mit deren Vermögen soll streiten können, während diejenigen Gesellschafter, welche die gegenteilige Ansicht vertreten, auf eigenes Risiko prozessieren müssen. Konsequent ist die Gesellschaft im Streit um die Auslegung klagebefugt, wenn es gilt, den Umfang mitgliedschaftlicher Förderpflichten feststellen zu lassen. Die Erfüllung dieser Pflichten per Leistungsklage kann die Gesellschaft, wie zu zeigen versucht wurde 300 , erzwingen, wenn die Gesellschafter unter Ausschluß des zu verklagenden Gesellschafters vom Stimmrecht die Klageerhebung beschließen. Kon297 298 299 300

Emde, Oben Oben Oben

ZIP 2 0 0 0 , 1753, 1758; Stimpel, FS Fischer, S . 7 7 1 , 7 7 3 . § 7 B III, C. § 7 D i l 1. § 2 C I für die GmbH, E I, II für die Personengesellschaft.

692

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

sequent kann die Gesellschaft, falls über den Umfang von Förderpflichten Streit entsteht, der über den konkreten Anlaß hinausreicht, den Bestand der Förderpflichten durch Erhebung einer Feststellungsklage der gerichtlichen Klärung zuführen. Das Gesellschaftsvermögen ist nämlich sehr wohl dafür gewidmet, die Einforderung solcher Förderleistungen zu ermöglichen und zu diesem Z w e c k eventuell notwendige Prozesse zu finanzieren.

6. In Sonderheit: Der Streit um die vollzogene Auflösung der

Gesellschaft

Im Schrifttum hat man sich zum Teil speziell mit der Frage befaßt, wer richtige Partei ist, wenn darum gestritten wird, o b die Gesellschaft aufgelöst ist. Die Klage auf Feststellung, eine Personengesellschaft sei aufgelöst, soll gegen sämtliche übrigen Gesellschafter gerichtet werden müssen. Denn ein Feststellungsinteresse bestehe nur, wenn das Urteil gegen alle Gesellschafter wirke und sich hernach niemand mehr darauf berufen k ö n n e , die Auflösung sei zu Unrecht festgestellt w o r d e n 3 0 1 . Freilich soll ein Feststellungsinteresse gegenüber denjenigen Gesellschaftern nicht bestehen, welche die Behauptung des Klägers, die Gesellschaft sei aufgelöst, nicht bestritten 3 0 2 . D a m i t wird freilich die Gefahr heraufbeschworen, daß ein ursprünglich indifferenter Gesellschafter es sich zwischenzeitlich anders überlegt 3 0 3 und nunmehr nach rechtskräftig abgeschlossenem Prozeß entgegen der Feststellung im Urteil den Fortbestand der Gesellschaft behauptet. Die Notwendigkeit, alle Gesellschafter ohne Rücksicht darauf zu verklagen, wie sie sich zum Begehren des Klägers stellen, würde andererseits prozeßscheuen Gesellschaftern die Beteiligung am Rechtsstreit unter Einschluß des Kostenrisikos aufzwingen 3 0 4 . In der G m b H wird das Problem nur vereinzelt behandelt und dahin gelöst, daß die Klage auf Feststellung, die Gesellschaft sei aufgelöst, als Auflösungsklage nach § 6 1 G m b H G erhoben werden k ö n n e 3 0 5 . Diese Ansicht erscheint indes deshalb angreifbar, weil die Bestimmung, o b die Gesellschaft aufgelöst oder fortgesetzt werden soll, den Gesellschaftern obliegt; diese aber müssen in den Fällen, in denen streitig ist, o b die Gesellschaft ohne den Willen der Gesellschafter aufgelöst worden ist, nicht notwendig hierüber einen Willen gebildet haben. Es läßt sich damit nicht eindeutig die Rechtsposition bestimmen, welche die Gesellschaft im Rechtsstreit vertritt. Vielmehr wäre zu befürchten, daß Gesellschafter, die gegenteiliger M e i n u n g sind, gegen die Gesellschaft auf Feststellung klagen, daß die Gesellschaft nicht

aufgelöst

ist, und die Gesellschaft sodann mit zwei einander diametral entgegengesetzten Klageanträgen konfrontiert würde. Allein richtig ist auch hier die Lösung mit Hilfe des § 8 5 6 Z P O : Ein Gesellschafter kann einen Mitgesellschafter verklagen; beide können die Beiladung der übrigen Mitgesellschafter beantragen, die sich so301

302 303

304

305

Henckel, Parteilehre, S.288f. Henckel, Parteilehre, S. 94. Auf diese Gefahr weist zu Recht Vohrmann, Streitgenossenschaft, S.38f. hin. Vgl. Vohrmann, Streitgenossenschaft, S. 39.

Scholz-K. Schmidt, GmbHG, §61 Rn.4.

D. Der Feststellungsstreit im

693

Grundlagenbereich

dann auf der einen oder der anderen Seite als Streitgenossen anschließen können. Das Urteil wirkt Rechtskraft gegen alle Parteien und Beigeladenen. 7. Die Bindung der Gesellschaft ergangene

an das zwischen

den

Gesellschaftern

Urteil

a) Rechtsformspezifische

Argumentation

in der Rechtsprechung

des

BGH

Wenn nun die Gesellschaft als Partei im Rechtsstreit um die Feststellung der Mitgliedschaft oder in anderen Statusstreitigkeiten ausscheidet, so ist gleichwohl das Urteil, das im Feststellungsprozeß zwischen den Gesellschaftern ergeht, auch für sie von Bedeutung. Nur wenn eine bestimmte Person Mitglied ist, kann die Gesellschaft gegen sie einen Anspruch auf Erfüllung von Mitgliedspflichten haben und umgekehrt verpflichtet sein, Gewinne an sie auszuzahlen. Wenn der BGH die GmbH im Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft in ihr als notwendige Streitpartei ansieht, weil sich nur so ein Urteil erzielen lasse, welches Rechtskraft gegen sie wirken könne 3 0 6 , so spricht er ein berechtigtes Anliegen aus - ein Anliegen, dem er freilich in der Personengesellschaft auch in einem Prozeß zwischen den Gesellschaftern gerecht zu werden glaubt: Die Personengesellschaft, so meint er, könne nach keinem anderen Recht leben als zwischen den Gesellschaftern unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sei 3 0 7 . Für diese These gibt der BGH keine nähere Begründung. Diese ist daher im folgenden nachzuholen und zu prüfen, ob besagte These sich auch im Recht der GmbH fruchtbar machen läßt. Die praktische Relevanz dieser Fragestellung wird dem Rechtsanwender durch eine bemerkenswerte Entscheidung des BGH aus jüngerer Zeit vor Augen geführt: Danach soll ein Urteil aus einem zwischen den Gesellschaftern ausgefochtenen Prozeß um die Auslegung der Satzung keine Rechtskraft gegen die GmbH wirken 3 0 7 3 . b) Die organisationsrechtliche Bindung der Gesellschaft zwischen allen Gesellschaftern

an Urteile

Blickt man nochmals auf das Recht der Beschlußmängelstreitigkeiten, so erhellt, daß für die Personengesellschaft ebenso wie für die GmbH die Parteirolle der Gesellschaft aus deren Organisationsrecht heraus begründet werden konnte: Weil die Gesamtheit der Gesellschafter im Rahmen ihrer Zuständigkeit Entscheidungen für die Gesellschaft trifft, ist diese an Beschlüsse gebunden, welche entweder zwischen den Gesellschaftern unstreitig oder aber von einer hierzu befugten Person verbindlich festgestellt worden sind. Sie hat solche Beschlüsse im Streitfall vor Gericht zu verteidigen. Ist weder das eine noch das andere der Fall, muß der Streit um den InBGH GmbHR 1963, 7. BGHZ 4 8 , 1 7 5 , 1 7 7 ; Bork, ZGR 1991, 125,133; U. Huber, JuS 1972, 621, 627; Reichert/ Winter, BB 1988, 981, 990; Stimpel, FS Fischer, S.771, 774; Wiedemann, FS Kellermann, S.529, 538. 3 0 7 a BGH WM 2003, 195, 197. 306

307

694

§11

Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

halt des Beschlusses zwischen den Gesellschaftern ausgefochten werden. Die mit Rechtskraft gegenüber allen Gesellschaftern ergangene gerichtliche Feststellung, daß ein Beschluß bestimmten Inhalts gefaßt worden sei, bereinigt den Streit zwischen den Gesellschaftern über den Inhalt des Beschlusses; sie steht folglich einem unstreitigen Beschluß gleich und ist daher ebenso wie dieser für die Gesellschaft bindend. Das Urteil zwischen den Gesellschaftern entfaltet daher zwar keine Rechtskraft gegenüber der Gesellschaft; diese ist aber kraft Organisationsrechts an den gerichtlich festgestellten Beschluß gebunden. Die hier untersuchten Streitigkeiten vollziehen sich freilich außerhalb von Gesellschafterbeschlüssen: Die umstrittene Person ist entweder Mitglied oder nicht; der Gesellschaftsvertrag ist entweder so oder anders auszulegen; der Kläger ist entweder zur Geschäftsführung befugt oder nicht und so fort. Ein Gesellschafterbeschluß kann den bestehenden Zustand nicht rechtsverbindlich beschreiben; freilich könnten die Gesellschafter den unsicheren Rechtszustand dadurch beseitigen, daß sie einen Vergleich schließen und sich in diesem Rahmen auf einen bestimmten Rechtszustand einigen. Gleichwohl erscheint eine Bindung der Gesellschaft an das zwischen den Gesellschaftern ergangene Urteil begründbar, wenn man sich die in dieser Arbeit entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Parteirollen im gesellschaftsinternen Prozeß nochmals vor Augen führt. Danach kann die Gesellschaft nur dann Partei sein, wenn die Rechtsposition, welche sie im Rechtsstreit vertritt, vorab bestimmt ist. Diese Bestimmung trifft die nach dem Organisationsrecht der Gesellschaft hierfür zuständige Instanz; so haben beim Beschlußmängelstreit die Gesellschafter den Beschluß gefaßt, den die Gesellschaft im Prozeß verteidigt. Wo demgegenüber eine solche Position nicht vorab bestimmt ist, wie etwa im Feststellungsstreit über die Mitgliedschaft oder in den oben 5. beschriebenen Konstellationen, kommt die Gesellschaft als Partei nicht in Betracht. Jene Position könnte nämlich in diesen Fällen nur durch die Gesellschafter definiert werden; doch sind diese in der Sache gerade uneins und damit zur Bestimmung einer von der Gesellschaft zu vertretenden Rechtsbehauptung nicht in der Lage. Sobald aber ein Gericht einen bestimmten Rechtszustand innerhalb der Gesellschaft mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter festgestellt hat, steht dies einer einstimmigen Entscheidung aller Gesellschafter gleich, die Gesellschaft möge in einem künftigen Rechtsstreit diese und keine andere Rechtsposition verteidigen. Diese Entscheidung ist für die Gesellschaft ebenso verbindlich wie ein einstimmiger Beschluß gleichen Inhalts. Mit anderen Worten: Unterstellt, die Gesellschaft würde in einem Folgeprozeß mit dem Rechtsschutzbegehren eines Gesellschafters konfrontiert, für dessen Beurteilung der vom Gericht im Prozeß zwischen den Gesellschaftern festgestellte Rechtszustand von Bedeutung ist, so könnte und dürfte sie keine andere Rechtsposition vertreten als die im Erstprozeß zwischen den Gesellschaftern erkannte. Hat beispielsweise das Gericht des Vorprozesses einen bestimmten Gewinnverteilungsschlüssel als vereinbart festgestellt und klagt sodann ein Gesellschafter gegen die Gesellschaft auf Auszahlung von Gewinn, so muß die Gesellschaft den gerichtlich festgestellten Verteilungsschlüssel ihrem Prozeßvortrag zugrunde legen; einen anderen

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

695

als diesen Verteilungsschlüssel darf sie nicht behaupten. Die Gesellschaft ist folglich nicht an die Rechtskraft des Urteils zwischen den Gesellschaftern gebunden; ihre Bindung ergibt sich jedoch abermals aus dem materiellen Recht, nämlich aus dem Organisationsrecht der Gesellschaft: Die Gesellschaft und ihre Vertretungsorgane dürfen keine andere Rechtsposition vertreten als die zwischen den Gesellschaftern verbindlich festgestellte. Dies alles gilt ohne Rücksicht auf die Rechtsf o r m sowohl in der Personengesellschaft als auch in der G m b H : Auch deren Geschäftsführer ist an die von den Gesellschaftern einstimmig getroffene oder eben gerichtlich festgestellte Beurteilung des Rechtszustandes gebunden 3 0 7 b . An ein zwischen den Gesellschaftern ergangenes Urteil ist die Gesellschaft freilich nur d a n n gebunden, wenn alle Gesellschafter die Möglichkeit hatten, am Prozeß teilzunehmen, wenn also alle zumindest nach § 856 Z P O beigeladen worden sind. N u n wird m a n einwenden wollen: Wenn die Gesellschaft nur organisationsrechtlich gebunden sei, nicht aber von der Rechtskraft des zwischen den Gesellschaftern ergangenen Urteils betroffen werde, bleibe es dem einzelnen Gesellschafter im Folgeprozeß gegen die Gesellschaft u n b e n o m m e n , die zwischen ihm und den Mitgesellschaftern getroffene Feststellung wieder in Frage zu stellen: Gebunden sei er nur gegenüber den Mitgesellschaftern, aber nicht im Verhältnis zur Gesellschaft. Dieser Einwand könnte indes k a u m durchgreifen. Das Urteil, das einen bestimmten Rechtszustand zwischen den Gesellschaftern feststellt, bezieht sich auf den Bestand mitgliedschaftlicher Rechte und Pflichten. H ä t t e n die Gesellschafter aus freien Stücken eine Einigung über den jenen Zustand erzielt, so wäre diese nicht nur in ihrem Verhältnis zueinander bindend, sondern gerade auch in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft - ebenso wie der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag zwischen den Gesellschaftern geschlossen wird, aber fortan auch die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft verbindlich regelt. Die Verbindlichkeit ergibt sich folglich aus dem Organisationsrecht der Gesellschaft: Was die Gesellschafter als Rechtszustand der Gesellschaft festlegen, bestimmt auch das Rechtsverhältnis des je einzelnen Gesellschafters zur Gesellschaft. Das gerichtliche Urteil ersetzt eine solche Einigung und ist daher ebenfalls zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern bindend.

307b

Zumindest im Ergebnis verfehlt daher die in voriger Fn. genannte Entscheidung des BGH: Das Urteil aus einem Prozeß unter den Gesellschaftern einer G m b H um die Auslegung der Satzung bindet sehr wohl die G m b H , freilich nicht mittels Rechtskraftwirkung, sondern kraft materiellen Organisationsrechts der Gesellschaft.

696

§ 11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

III. D e r Streit u m die W i r k s a m k e i t der Ü b e r t r a g u n g vinkulierter Aktien oder Geschäftsanteile 1.

Problemstellung

Aktien und Geschäftsanteile an einer GmbH sind der rechtsgeschäftlichen Veräußerung zugänglich. Das ist in § 68 11 AktG für Namensaktien ausdrücklich vorgesehen und wird für Inhaberaktien vorausgesetzt; für Geschäftsanteile an einer GmbH ist dies in § 15 I GmbHG bestimmt. In der GmbH kann die Satzung bestimmen, daß die Übertragung des Anteils an die Genehmigung durch die Gesellschaft gebunden ist (§ 15 V GmbHG); Gleiches sieht § 68 II 1 AktG für Namensaktien vor. Macht eine Gesellschaft von dieser Möglichkeit der Satzungsgestaltung Gebrauch, so ist der Anteil bzw. die Aktie vinkuliert, d.h. seine/ihre Veräußerung dinglich schwebend unwirksam, bis die Genehmigung erteilt 308 , und endgültig unwirksam, wenn sie verweigert wird 309 : Die §§ 15 V GmbHG, 68 II 1 AktG verstehen sich als Ausnahmevorschriften zu § 137 BGB. Es mag hier zum Streit darüber kommen, ob die Genehmigung überhaupt erteilt bzw. ob sie rechtmäßig verweigert wurde. Zur Illustration diene der folgende, im Jahre 1992 vom LG Aachen entschiedene Fall 310 : Die A M B AG, Holdinggesellschaft der Aachener und M ü n c h e n e r Versicherungsgruppe, hatte zum damaligen Z e i t p u n k t ein G r u n d k a p i t a l von 2 3 3 . 7 5 0 . 0 0 0 D M , welches in insgesamt 4 . 6 7 5 . 0 0 0 Aktien zu je 50 D M zerlegt war. D a v o n w a r e n 8 8 0 . 0 0 0 Aktien als Inhaberaktien, die restlichen 3 . 7 9 5 . 0 0 0 Aktien als vinkulierte N a m e n s a k t i e n ausgegeben w o r d e n . Die X - A G , eine Tochtergesellschaft der französischen Assurances Générales de France (AGF), hielt 3 4 6 . 8 7 5 Stück Inhaberaktien und e r w a r b über die Börse eine Vielzahl - nach ihrem Vortrag 8 4 0 . 2 8 3 Stück - weiterer N a m e n s a k t i e n von a n o n y m e n Anlegern; die Z a h l der erworbenen Aktien w a r jedenfalls so hoch, d a ß der G e s a m t u m f a n g der Beteiligung an der A M B einschließlich der Inhaberaktien oberhalb von 2 5 % lag. Der Vorstand, der nach der Satzung der A M B über die Genehmigung der Anteilsveräußerung zu entscheiden hatte, lehnte diese ab. Die X-AG verklagte die A M B d a r a u f h i n auf Erteilung der Genehmigung und zur Eintragung eines Vermerks über den Übergang der von ihr erworbenen Aktien in das Aktienbuch.

2. Der Erwerber als Kläger Das Gericht problematisierte zunächst die Klagebefugnis der AGF; denn wenn der Anspruch auf die Zustimmung tatsächlich existierte, so war er Mitgliedsrecht der Aktionäre und stand folglich nicht der AGF, sondern den anonymen Veräußerern zu 311 . Da die Anteilsveräußerung bis dahin schwebend unwirksam war, dauerte 308

LG Aachen AG 1992, 410. Vgl. nur Lutter/Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 15 Rn.52. LG Aachen AG 1992, 410. 311 Berger, Z H R 157 (1993), 30, 37; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn. 39, 41; Reichert/ Winter, FS 100 Jahre GmbHG, S. 209,224. Für einen eigenen Anspruch des Erwerbers auf die Genehmigung, wenn dieser bereits Gesellschafter ist, KG N Z G 2001, 508. 309 310

D. Der Feststellungsstreit im

Grundlagenbereich

697

deren Mitgliedschaft bis zur Erteilung der Genehmigung an. Die X - A G als Erwerberin konnte daher allenfalls aus fremdem R e c h t klagen, also als gewillkürte Prozeßstandschafterin für die Veräußerer. Die Befugnis, dies zu tun, wurde v o m L G Aachen überzeugend b e j a h t 3 1 2 : M i t der Veräußerung einer Namensaktie bringt deren Inhaber zum Ausdruck, daß er mit ihr nichts mehr zu tun haben will; darin liegt eine konkludente Ermächtigung, einen etwaigen Anspruch auf Genehmigung durch die Gesellschaft im eigenen N a m e n geltend zu machen. Das eigene rechtliche Interesse folgt daraus, daß ohne die begehrte Zustimmung der Gesellschaft der Anspruch des Erwerbers gegen den Veräußerer auf Übertragung der Aktien nicht erfüllt werden k a n n 3 1 3 ; gerade angesichts des Erwerbs der Aktien über die Börse ferner daraus, daß der Erwerber die Aktien über die Börse von anonymen, für ihn nicht identifizierbaren Veräußerern erlangt hat und mit einer Rechtsverfolgung durch diese nicht mehr zu rechnen war; hätte die X - A G nicht als Prozeßstandschafterin klagen können, so wäre ihr de facto jeglicher Rechtsschutz versagt worden. Die Klagebefugnis des Erwerbers scheitert entgegen der Kritik im Schriftt u m 3 1 4 auch nicht am Verbot, mitgliedschaftliche R e c h t e isoliert von der M i t gliedsstellung als ganzer zu übertragen (Abspaltungsverbot); denn der Veräußerer bleibt rechtlich Inhaber des Anspruchs auf die Genehmigung und läßt lediglich den Erwerber als nach wie vor Rechtsfremden den Prozeß hierüber führen. Ebensowenig überzeugt es, wenn eingewandt w i r d 3 1 5 , es entspreche dem Sinn der Vinkulierung, wenn die Gesellschaft sich zunächst nur mit dem bisherigen Gesellschafter auseinandersetzen müsse; denn mit dieser Überlegung wird vorausgesetzt, was zu beweisen ist: Wenn der bisherige Gesellschafter einen Anspruch auf die Genehmigung hat, ist die Gesellschaft in ihrem Interesse, sich nur mit ihm auseinandersetzen zu müssen, nicht schutzwürdig.

3. Die Gesellschaft als Beklagte a) Die Gesellschaft als materiellrechtliche

Gegnerin des

Zustimmungsanspruchs

D a ß die Gesellschaft die richtige Beklagte ist, hat das Gericht demgegenüber nicht mit einem Wort problematisiert, sondern offenbar als selbstverständlich vorausgesetzt. Und in der Tat sprechen sowohl § 6 8 II 1 A k t G als auch § 15 V G m b H G von einer Genehmigung durch „die Gesellschaft". Wenn die Gesellschaft die Genehmigung erklärt, so richtet sich auch ein etwaiger materiellrechtlicher Anspruch, jene Genehmigung zu erteilen, gegen sie 3 1 6 . Im Streit um die Devinkulierung von Aktien und GmbH-Anteilen tritt somit der Aktionär der Gesellschaft als normaler

3 1 2 LG Aachen AG 1992, 410f.; ebenso Berger, ZHR 157 (1993), 30, 40ff.; lmmenga, AG 1992, 105, 108f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, §46 Rn.37. 313 Berger, ZHR 157 (1993), 30, 44; lmmenga, AG 1992, 105, 108f. 314 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn.43. 315 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn.44. 3 1 6 Ebenso Happ, Die GmbH im Prozeß, §3 Rn.46.

698

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

Gläubiger eines Leistungsanspruchs gegenüber 3 1 7 . Freilich wurde in dieser Arbeit zu zeigen versucht, daß allein dies nicht ausreicht, um die Gesellschaft zur Partei im gesellschaftsinternen Prozeß zu erheben. Vielmehr ist selbst in dieser Situation die Gesellschaft nur dann geeignete Prozeßpartei, wenn ihre dort vertretene Rechtsposition klar definiert und Vorstand bzw. Geschäftsführer daher legitimiert sind, sie namens der Gesellschaft dem Gegner entgegenzuhalten. b) Rechtsbehauptung

und Legitimation

(AG)

Diese Legitimation bezieht die Gesellschaft aus der Willensbildung desjenigen Organs, welches intern für die Entscheidung über die von der Gesellschaft zu vertretende Rechtsbehauptung zuständig ist. In den allermeisten der hier besprochenen Streitigkeiten mußte danach jene Legitimation durch einen Entscheid des Mitgliedsorgans vermittelt werden; so bei der Einforderung von Einlagen und Schadensersatz wegen Verletzung von Mitgliedspflichten, bei der Erhebung der Ausschlußklage, im Beschlußmängelstreit, sofern der Beschluß von einem Versammlungsleiter verbindlich verkündet oder seinem Inhalt nach unstreitig ist. Seltener konnte das Vertretungsorgan der Gesellschaft deren Rechtsposition autonom definieren; so etwa bei der Entscheidung über die Ausführung eines angefochtenen Gesellschafterbeschlusses, solange der Prozeß schwebt. Es ist mithin auch für die hier interessierende Problematik, nämlich für den Streit um die Erteilung der Veräußerungsgenehmigung für vinkulierte Anteile, das Organisationsrecht der Gesellschaft zu befragen. Dies ergibt für die AG ein eindeutiges Bild: Über die Genehmigung entscheidet der Vorstand nach § 6 8 II 2 AktG in eigener Zuständigkeit 3 1 8 . Konsequent ist der Vorstand befugt, ohne Befragung der Hauptversammlung im Prozeß zu bestreiten, daß er die Genehmigung zu erteilen habe. Und ebenso wird man ihn für befugt halten müssen, im Streitfall aus eigener Kompetenz zu behaupten oder zu bestreiten, daß er die Genehmigung bereits erteilt habe. Kommt ausnahmsweise in Anlehnung an das Holzmüller-Urteil des BGH 3 1 9 eine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung in Betracht 3 2 0 , so hat der Vorstand deren Beschluß herbeizuführen und zu verteidigen; jener Beschluß definiert dann die von ihm zu vertretende Rechtsbehauptung. c) Rechtsbehauptung

und Legitimation

(GmbH)

In der G m b H unterliegt die Verteilung der Zuständigkeiten der Disposition des Satzungsgebers. Es mag danach der Geschäftsführer aus eigener Kompetenz ent317

Landrock, Innenrechtsstreit, S. 81 f. Vgl. Asmus, Mitgliedschaft, S. 71; Geßler-Hefermebl/Bungeroth, AktG, § 68 R n . 113; Lutter, AG 1992, 369, 370; K. Schmidt, FS Beusch, S . 7 5 9 , 767; Wiedemann, Übertragung, S. 104f.; M ü H d b G e s R W/Wiesner, § 14 R n . 2 5 . 319 B G H Z 83, 122; dazu bereits oben § 1 A. 320 Eine solche hält im vorliegenden Z u s a m m e n h a n g K. Schmidt, FS Beusch, S . 7 5 9 , 7 6 9 f . für möglich. 318

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

699

scheiden dürfen; es mag aber auch die Satzung einen Gesellschafterbeschluß oder gar die individuelle Zustimmung eines jeden Gesellschafters erfordern 3 2 1 . Die Frage nach der Verteilung der Parteirollen ist für diese drei Konstellationen getrennt zu beantworten.

aa) Individualzustimmung

des

Gesellschafters

Verlangt die Satzung die individuelle

Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters,

so scheidet die Gesellschaft als Beklagte aus; denn in diesem Fall ist überhaupt nicht sie, sondern jeder einzelne Gesellschafter Subjekt der Zustimmung und konsequent auch Gegner eines etwaigen Zustimmungsanspruchs. Die Klage ist in diesem Fall gegen die Gesellschafter zu richten 3 2 2 . Das O L G Düsseldorf hat dies richtig gesehen, indem es eine gegen den Mitgesellschafter gerichtete Zustimmungsklage nicht mangels Passivlegitimation abgewiesen, sondern in der Sache hierüber entschieden hat 3 2 3 . Das stattgebende Urteil ersetzt nach § 8 9 4 Z P O die Zustimmung des hierzu verurteilten Gesellschafters 3 2 4 .

bb) Entscheidung des Geschäftsführers

aus eigener

Zuständigkeit

Kann der Geschäftsführer aus eigener Machtvollkommenheit über die Zustimmung oder ihre Verweigerung entscheiden, so werden Rechte der Gesellschafter von seiner Entscheidung bereits im Ansatz nicht berührt; denn ihnen ist die Teilnahme hieran verschlossen. Konsequent definiert der Geschäftsführer die Rechtsposition der Gesellschaft autonom. Die Gesellschaft ist folglich nicht nur nach materiellem Recht, sondern auch nach den hier herausgearbeiteten prozessualen Kriterien die richtige Beklagte 3 2 5 .

cc) Genehmigung durch

Gesellschafterbeschluß

Schwierigkeiten bereitet allein die Konstellation, daß die Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung erteilt werden muß. Für einige Autoren erübrigt sich die Frage nach dem richtigen Gegner der Zustimmungsklage bereits im Ansatz; denn ihnen zufolge ist der Gesellschafter, der die Zustimmung erstrebt, gehalten, den ablehnenden Beschluß der Gesellschafterversammlung fristgemäß anzufechten 3 2 6 und die Genehmigung durch Erhebung der positiven Beschlußfeststellungs-

3 2 1 Vgl. BayObLG DB 1991, 1270, 1271; Asmus, Mitgliedschaft, S . 7 2 f . ; K. Schmidt, FS Beusch, S. 759, 762. 322 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 R n . 4 9 ; Winter GmbHR 1998, 714, 715. 3 2 3 O L G Düsseldorf ZIP 1987, 2 2 7 , 231 324 Leßmann, GmbHR 1985, 179, 186; Lutter/Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 15 Rn.53. 3 2 5 Im Ergebnis wie hier Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 R n . 4 7 . 326 Reichert/Winter, FS 100 Jahre GmbHG, S . 2 0 9 , 227f.; Koppensteiner, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 4 7 Rn. 140 mit F n . 5 8 9 ; Westermann/Menger, D Z W i R 1991, 143, 147.

700

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

klage zu erzwingen 327 ; versäume der Gesellschafter die Anfechtungsfrist, so erlösche der Anspruch auf die Genehmigung. Würde man dem folgen, so wäre dem Erwerber jegliche Möglichkeit abgeschnitten, die Genehmigung in gewillkürter Prozeßstandschaft durchzusetzen. Denn die Beschlußmängelklage kann er nicht in gewillkürter Prozeßstandschaft erheben. Diese Klage dient der objektiven Rechtskontrolle von Verbandsbeschlüssen. Die Befugnis, eine solche Kontrolle einzuleiten, ist zwingend an die Mitgliedsstellung gebunden und kann nicht von einem gesellschaftsfremden Anteilerwerber ausgeübt werden. Verschlossen ist dem Erwerber daher sowohl die Anfechtungs- als auch die positive Beschlußfeststellungsklage. Abweichend hiervon will freilich neuerdings das OLG Stuttgart eine Beschlußmängelklage des Erwerbs in gewillkürter Prozeßstandschaft zulassen 3273 . Dafür mag sprechen, daß der veräußernde Gesellschafter u.U. einen Anspruch auf die Zustimmung oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber haben kann. Indes ist die Beschlußmängelklage mehr als bloß die Durchsetzung subjektiver Mitgliedsrechte; in ihr kommt eine objektive Rechtskontrollbefugnis des einzelnen Gesellschafters/Aktionärs zum Ausdruck. Diese Befugnis ist so zwingend an die Mitgliedschaft gebunden, daß sie außenstehenden Dritten nicht - auch nicht im Wege einer Prozeßführungsermächtigung - eingeräumt werden kann. Man kann eine durch Ermächtigung seitens des Veräußeres vermittelte Prozeßführungsbefugnis des Erwerbers auch nicht auf die Geltendmachung einer subjektiven Rechtsdurchsetzung reduzieren. Denn dann müßten auch die Voraussetzungen für die Begründetheit der Klage um das Erfordernis einer subjektiven Rechtsverletzung angereichert werden. Das Prüfprogramm des Beschlußmängelprozesses erschöpft sich indes in der Frage, ob der angefochtene Beschluß gegen das Gesetz verstößt. Vom Erfordernis einer subjektiven Rechtsverletzung weiß das Gesetz nichts. Für das Instrument der gewillkürten Prozeßstandschaft bleibt daher im Beschlußmängelverfahren kein Raum. Andere halten dagegen auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist eine Leistungsklage gegen die Gesellschaft auf Erklärung der Zustimmung für möglich 328 . Diese Leistungsklage soll dem Veräußerer neben der Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Gesellschafterbeschluß zur Verfügung stehen 329 . Da ein stattgebendes Leistungsurteil in gleicher Weise den Beitrag der übrigen Gesellschafter zur gesellschaftsinternen Willensbildung berühre wie ein stattgebendes Urteil, habe der Geschäftsführer sie entsprechend § 246 IV AktG vom Prozeß zu unterrichten 330 ; not-

327

Reichert/Winter, FS 100 Jahre GmbHG, S.209, 225f. OLG Stuttgart N Z G 2003, 1025. 328 OLG Koblenz GmbHR 1990, 39, 40f.; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn.60; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.5, 8; Raiser, FS Heinsius, S, 645, 651; ders., in Hachenburg, GmbHG, Anh. § 4 7 Rn.175. 329 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn.67ff. 330 Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn.54. 327a

D. Der Feststellungsstreit

im

Grundlagenbereich

701

falls habe das Gericht diese Unterrichtung selbst zu veranlassen 3 3 1 . Die übrigen Gesellschafter könnten sodann als Nebenintervenienten beitreten 3 3 2 . Diese Ansicht würde es dem Erwerber ermöglichen, die Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung in gewillkürter Prozeßstandschaft zu erheben. Die dargestellten Implikationen einer Leistungsklage auf Erteilung der Zustimmung zeigen deutlich, daß es sich bei ihr in der Sache um eine verlängerte (weil zeitlich unbefristete) Beschlußmängelklage handelt: Es sind die gleichen Verfahrenskautelen zu beachten, um die Rechte übergangener Gesellschafter zu wahren; und auch die Urteilswirkungen sind praktisch dieselben: Zwar wirkt das positive Beschlußfeststellungsurteil auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung zurück 3 3 3 , während das Leistungsurteil die Zustimmung nur mit Wirkung ex nunc ersetzt. Dieser Unterschied wirkt sich aber im praktischen Ergebnis deshalb nicht aus, weil die erteilte oder erzwungene Zustimmung nach § 1 8 4 B G B ohnehin auf den Zeitpunkt der Abtretung zurückwirkt 3 3 4 . Dann aber besteht kein Anlaß, neben der Anfechtungs- und positiven Beschlußfeststellungsklage die Leistungsklage auf Zustimmung zuzulassen. Wenn selbst eine so einschneidende Folge wie der Ausschluß eines Gesellschafters aus wichtigem Grund, soweit er durch Beschluß ausgesprochen werden kann, nach Ablauf eines Monats endgültig bestandskräftig wird, sofern sie nicht vorher angefochten wurde, so muß Gleiches erst recht gelten, wenn dem Gesellschafter lediglich ein mitgliedschaftlicher Leistungsanspruch aberkannt wird. Dies um so mehr, als der wichtigste mitgliedschaftliche Leistungsanspruch, nämlich der Anspruch auf Herbeiführung eines Dividendenbeschlusses 3 3 5 , ebenfalls durch Ablauf der Anfechtungsfrist untergehen kann

-

wenn nämlich die Mehrheit die Thesaurierung des Jahresüberschusses beschließt und der Gesellschafter, obwohl er einen Ausschüttungsbeschluß hätte beanspruchen können, die Anfechtungsfrist verstreichen läßt. Dann kann für den Anspruch auf einen Zustimmungsbeschluß nach § 15 V G m b H G schwerlich Abweichendes gelten. Wenn aber Rechtsschutz gegen die Verweigerung der Zustimmung exklusiv auf dem Weg über die Anfechtungsklage zu suchen ist, beantwortet sich die Frage nach dem richtigen Klagegegner von selbst: Die Klage ist wie jede andere Beschlußmängelklage gegen die Gesellschaft zu richten ( § 2 4 6 II 1 AktG). Ein Bedürfnis für eine eigenständige Klage auf Erteilung der Zustimmung ist daneben nur erforderlich, wenn man nicht schon im per positive Beschlußfeststellungsklage erzwungenen Zustimmungsbeschluß diese Genehmigung erblickt, sondern auf dem Standpunkt steht, diese müsse sodann nach außen hin vom Geschäftsführer in AusO L G Koblenz GmbHR 1990, 39, 41; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 R n . 5 5 . O L G Koblenz GmbHR 1 9 9 0 , 39, 41; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 R n . 5 3 . 3 3 3 Oben S 5 F II 3 c. 334 Hutter/Bayer, in Vgl. nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 15 R n . 5 2 . 3 3 5 Sofern man auf dem Standpunkt steht, der Ausschüttungsanspruch gelange auch ohne Dividendenbeschluß zur Entstehung (dazu oben § 7 E III 3 d), gilt Gleiches für den Dividendenanspruch selbst: Mit Bestandskraft des Thesaurierungsbeschlusses ist er erloschen. 331

332

702

§11 Die Mediatisierung der Parteistellung und ihre Grenzen

Übung seiner Vertretungsmacht für die Gesellschaft ( § 3 5 1 G m b H G ) erklärt werden. Denn das positive Beschlußfeststellungsurteil ersetzt lediglich den Beschluß, nicht aber auch eine etwa erforderliche Erklärung des Geschäftsführers. M i t diesen Überlegungen ist die Streitfrage angesprochen, wer in der G m b H die Genehmigung gemäß § 15 V G m b H G nach außen hin zu erteilen hat. Teilweise wird die Gesellschafterversammlung als das hierfür zuständige Organ angesehen. D a n a c h enthält der Beschluß, durch den die Genehmigung ausgesprochen wird, zugleich auch die entsprechende Außenerklärung der Gesellschaft gegenüber Veräußerer und Erwerber. Eine etwaige Erklärung des Geschäftsführers kann nur aufgrund einer besonderen Vollmacht durch die Gesellschafter erfolgen und ist nur wirksam, wenn ihr ein Beschluß tatsächlich zugrunde liegt 3 3 6 . D a n a c h wäre in dem M o m e n t , da der Beschluß erzwungen ist, auch die Außenerklärung abgegeben; Veräußerer und Erwerber bräuchten keine gesonderte Erklärung des Geschäftsführers mehr zu erzwingen. Andere stehen auf dem Standpunkt, selbst im R a h m e n des § 15 V G m b H G bleibe der Geschäftsführer in unbeschränkter und unbeschränkbarer Vertretungsmacht dafür zuständig, die Genehmigung namens der Gesellschaft zu e r k l ä r e n 3 3 7 . In diesem Falle müßte diese Erklärung, falls sie der Geschäftsführer trotz erzwungenem Zustimmungsbeschluß nicht ausspricht, gesondert erstritten werden. Das Rechtsinstrument hierzu wäre die Kompetenzschutzklage:

Der Ver-

äußerer hat Anspruch darauf, daß der Beschluß, wonach die Zustimmung erteilt werden soll, vom Geschäftsführer ausgeführt wird. Für diese Klage ist abermals die Gesellschaft die richtige B e k l a g t e 3 3 8 . D a freilich der Rechtsschutz mit Hilfe mitgliedschaftlicher Klagerechte bewirkt werden m u ß (Beschlußmängelklage und ggf. Kompetenzschutzklage), scheidet der Erwerber nach dem bereits Gesagten als Kläger aus; er ist in der Tat auf die Initiative des Veräußerers angewiesen.

d)

Ergebnis

Es ist nach alledem zu unterscheiden: Ist nach der Satzung die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung für die Entscheidung über die Genehmigung zuständig, so trifft sie diese durch Beschluß; dieser legt die Position des Vorstands im gerichtlichen Verfahren fest und erzeugt das Rechtsschutzvertrauen der Aktionäre bzw. 3 3 6 OLG Koblenz GrabHR 1990, 39; Asmus, Mitgliedschaft, S.73ff.; Baumbach-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 15 Rn.42; Hachenburg-Zutt, GmbHG, § 15 Rn. l l l f . ; lmmenga, Kapitalgesellschaft, S. 80; K. Schmidt, FS Beuscb, S. 759, 762f.; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rn. 90; Wiedemann, Übertragung, S.390; Winkler, Lückenausfüllung. S.587f.; Zwissler, GmbHR 1999, 1283, 1284. Nach jüngerer Rechtsprechung des BHG (ZIP 2003, 1293, 1294) wird ein Gesellschafterbeschluß, der die Grundlage für ein Rechtsgeschäft des Vertretungsorgans bildet, mit seinem Zustandekommen regelmäßig zugleich mit Außenwirkung umgesetzt, sofern sowohl der Geschäftsführer als auch der außenstehende Dritte als Erklärungsgegner bei der Beschlußfassung zugegen sind. Das müßte folgerichtig auch für die Erteilung der Zustimmung nach § 15 V GmbHG gelten. 337 Fischer, ZHR 130 (1966), 359, 367; Fleck, ZGR 1988,104,108; Happ, Die GmbH im Prozeß, § 15 Rn. 14; Lutter/Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 15 Rn.46. 3 3 8 Oben § 1 B VII 4.

E. Die Problematik

des doppelten

Rechtsschutzbegehrens

703

Gesellschafter, daß die Gesellschaft diese und keine andere Entscheidung vertreten wird. Die Gesellschaft ist daher richtige Beklagte. Ist der Vorstand bzw. Geschäftsführer zuständig, so bedeutet dies für die Anteilseigner, daß sie einerseits kein Vertrauen in eine bestimmte Position der Gesellschaft bilden können, andererseits aber auch durch jene Entscheidung in ihren Rechten nicht berührt sind. Die Geschäftsleitung definiert, indem sie aus eigener Kompetenz über die Genehmigung befindet, die Position der Gesellschaft autonom. Daher ist die Gesellschaft auch hier geeignete Beklagte.

E. Die Problematik des doppelten

Rechtsschutzbegehrens

I. Problemstellung Für den gesellschaftsinternen Rechtsstreit wurden hier zwei Rechtsschutzmodelle vorgestellt: Läßt sich eine Rechtsbehauptung bestimmen, mit der die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintreten kann, so ist diese Partei. Die Gesellschaft vertritt dabei die Haltung derjenigen, die jene Position kraft gesellschaftsinterner Entscheidungszuständigkeit definiert haben. Wer diese Haltung bekämpft, tritt als Prozeßgegner der Gesellschaft auf. Die Gesellschaft kann jedoch zu Statusfragen wie etwa der vollzogenen Auflösung, der Mitgliedschaft einer Person oder des Inhalts des Gesellschaftsvertrags nicht aus eigener Kraft vortragen. Zwar ist sie jedenfalls für einige dieser Konstellationen nach materiellem Recht sachlich legitimiert. Das gilt namentlich für den Streit um die Mitgliedschaft einer Person; denn das Mitgliedschaftsverhältnis besteht in erster Linie als ein solches zwischen Gesellschaft und Gesellschafter 339 . Doch fehlt ihr für die genannten Streitigkeiten die Prozeßführungsbefugnis, weil ihre Vertreter nicht mit einer klar definierten Rechtsbehauptung in den Rechtsstreit eintreten können. In diesen Fällen wird der Streit unter den Gesellschaftern ausgefochten. Dabei genügt es, wenn ein einzelner Gesellschafter einen einzelnen anderen Gesellschafter verklagt; beide haben sodann in entsprechender Anwendung des § 856 ZPO die Möglichkeit, die Beiladung der übrigen Gesellschafter zu beantragen, welche sich sodann auf Kläger- oder Beklagtenseite als Streitgenossen anschließen können. Das führt zu Problemen bei der Parteirollenverteilung überall dort, wo der Grundlagenstreit, welcher zwischen den Gesellschaftern auszutragen ist, eine Vorfrage zu einem Leistungs- oder Gestaltungsprozeß betrifft, für welche die Gesellschaft die richtige Partei ist. Es kann folglich der Fall eintreten, daß in ein und demselben Rechtsstreit zwei Rechtsbehauptungen, typischerweise verbunden als Haupt- und Hilfsantrag, im Streit stehen und die Gesellschaft für eine der beiden Rechtsbehauptungen Partei sein kann, für die andere nicht.

559

Vgl. oben § 3 B I.

704

511 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

II. Fallgruppen 1. Beschlußmängelklage

und Klage auf Feststellung des

Beschlußinhalts

Eine solche Konstellation wurde bereits an früherer Stelle in dieser Arbeit angedeutet 340 : Es mag geschehen, daß der Gesellschafter einer GmbH in erster Linie behauptet, ein Beschluß sei mit dem von ihm gewünschten Inhalt gefaßt worden, und hilfsweise für den Fall, daß ein gegenteiliger Beschluß zustande gekommen sein sollte, gegen diesen Beschluß Anfechtungsklage erhebt. Dann ist die Gesellschaft für den Beschlußmängelstreit die richtige Partei, für den vorgeschalteten Feststellungsstreit dagegen nicht, weil der Beschluß seinem Inhalt nach streitig und auch nicht von einem Versammlungsleiter verbindlich festgestellt worden ist. Es fragt sich dann, mit welchen Parteien der Rechtsstreit zu führen ist; bisher konnte lediglich gezeigt werden, daß das Problem nicht aus der Welt zu schaffen ist, indem man die § § 243ff., insbesondere die §§246 II, 248 AktG auf den Feststellungsstreit um den Beschlußinhalt entsprechend anwendet. Eine Fülle weiterer Sachverhalte läßt sich benennen, bei denen die Verteilung der Parteirollen unter exakt dem gleichen Gesichtspunkt problematisch erscheint: 2. Auflösungsklage

und Klage auf Feststellung der vollzogenen

Auflösung

Sowohl im Recht der Personengesellschaften als auch im Recht der GmbH gibt es Gründe, welche zur Auflösung der Gesellschaft führen, ohne daß eine hierauf gerichtete Klage eines Gesellschafters oder Willensbildung unter den Gesellschaftern erforderlich wäre (vgl. im einzelnen § 60 I Nr. 1, 4 - 7 GmbHG, § 131 I Nr. 1, 3, II HGB). Wenn es zum Streit darüber kommt, ob die Gesellschaft aus einem dieser Gründe aufgelöst ist, ist der Streit mit Hilfe einer Feststellungsklage unter den Gesellschaftern auszutragen 341 . Dagegen ist die rechtsgestaltende Auflösungsklage gegen die Gesellschaft zu erheben, wie sich für die GmbH aus § 61 II 1 GmbHG und für die Personengesellschaft aus einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift ergibt 342 . Das Problem ist auch hier nicht dadurch zu lösen, daß man den Anwendungsbereich der Auflösungsklage kurzerhand auf den Feststellungsstreit um die vollzogene Auflösung ausdehnt 343 . 3. Übertragung vinkulierter Geschäftsanteile

einer GmbH

Das erwähnte Problem bei der Parteienkonstellation kann im Falle der Übertragung vinkulierter GmbH-Anteile auftauchen, wenn der Veräußerer oder der Erwerber in erster Linie vorträgt, die Übertragung sei nicht von der Zustimmung der 340 341 342 343

Oben § 6 F II 5. Oben D II 6. Oben A II 3 b. So aber Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 61 Rn.4; zur Kritik hieran bereits oben D II 6.

E. Die Problematik des doppelten

Rechtsschutzbegehrens

705

Gesellschafter oder der Gesellschaft abhängig, und in zweiter Linie die Erteilung der Zustimmung begehrt. Die praktische Relevanz dieser Konstellation sei an folgendem, von L G und O L G Düsseldorf entschiedenen Fall illustriert: Die A-GmbH war von E, B und R gegründet worden, wobei R seinen Anteil treuhänderisch für E und B hielt. Die Satzung machte die Veräußerung eines Geschäftsanteils von der Zustimmung aller Gesellschafter abhängig. Im Testament des E war eine Teilungsanordnung verankert, wonach P, der Sohn des E, alle Anteile an der Gesellschaft erhalten sollte. Die Anteile wurden ihm nach dem Tod des E vom Testamentsvollstrecker übertragen. B stellte sich auf den Standpunkt, ohne seine Genehmigung könne P nicht Gesellschafter werden; diese Genehmigung aber verweigere er. P beantragte durch Klage gegen B die Feststellung, er sei auch ohne dessen Genehmigung Mitglied der Gesellschaft geworden, weil er die Beteiligung des E durch letztwillige Verfügung und nicht durch rechtsgeschäftliche Übertragung erworben habe; die Veräußerung in Vollzug einer Teilungsanordnung des Erblassers unterfalle dem statutarischen Zustimmungserfordernis nicht. Hilfsweise begehrte er die Verurteilung des B zur Erteilung der Genehmigung.

P hatte in erster Linie die Feststellung seiner Mitgliedschaft, in zweiter Linie die Genehmigung zu seinem Anteilserwerb verlangt. W i e eng diese beiden Klagebegehren miteinander zusammenhängen, zeigt sich gerade an der Prozeßgeschichte im entschiedenen Fall: Das L G Düsseldorf folgte dem P in seiner Argumentation und stellte fest, daß P auch ohne die Zustimmung der übrigen Gesellschafter M i t glied geworden sei 3 4 4 . Das O L G Düsseldorf verwarf diese P o s i t i o n 3 4 5 , verurteilte aber auf den Hilfsantrag des P hin den B zur Erteilung der G e n e h m i g u n g 3 4 6 . Prozessual warf der Fall keine besonderen Schwierigkeiten auf; denn da die Satzung die individuelle

Zustimmung jedes Gesellschafters zur Veräußerung eines Ge-

schäftsanteils verlangte, mußte B sowohl auf die Feststellung der Mitgliedschaft als auch hilfsweise auf Erteilung der Zustimmung verklagt werden. Die Gesellschaft schied als Klagegegnerin insoweit von vornherein aus. Problematisch wird der Fall aber, wenn man ihn abwandelt

und annimmt, die Satzung hätte die Über-

tragung des Anteils an die Zustimmung der Gesellschaft

geknüpft. D a n n wäre der

als Hauptantrag erhobene Feststellungsantrag des P nach wie vor gegen B zu richten (und R analog § 8 5 6 Z P O beizuladen) gewesen; denn der Streit rankte sich um die Feststellung der Mitgliedschaft des P und insbesondere um die Reichweite der Vinkulierung, mithin um eine typische Frage der Satzungsauslegung. Solche Streitigkeiten verhalten sich zum Gesellschaftsinteresse indifferent und lassen auch die Bestimmung einer von der Gesellschaft zu vertretenden Rechtsposition nicht zu; sie sind daher unter den Gesellschaftern auszufechten 3 4 7 . Die hilfsweise zu erhebende Zustimmungsklage ist demgegenüber gegen die Gesellschaft zu richten, wenn diese Subjekt der Zustimmung ist 3 4 8 . Haupt- und Hilfsantrag richten sich daher abermals gegen unterschiedliche Parteien. 344 345 346 347 348

LG Düsseldorf ZIP 1985, 1269, 1270ff. OLG Düsseldorf ZIP 1987, 227, 228 ff. OLG Düsseldorf ZIP 1987, 227, 231 f. Oben D II 1 - 4 für die Feststellung der Mitgliedschaft, D II 5 für die Auslegung der Satzung. Oben D III 3.

706 4. 'Weitere

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

Fallgestaltungen

Das eingangs dieses Abschnitts angesprochene Problem bei der Verteilung der Parteirollen taucht des weiteren auf, wenn etwa der Kläger im Hauptantrag die Feststellung begehrt, es sei ein bestimmter Gewinnverteilungsschlüssel vereinbart worden, und hilfsweise für den Fall des Erfolgs im (uneigentlichen) Eventualantrag die Auszahlung von Gewinn in entsprechender Höhe erstrebt. Der Hauptantrag zielt auf die Klärung eines Streits um die Auslegung des Gesellschaftsvertrags und ist daher gegen die Mitgesellschafter zu erheben; der Hilfsantrag richtet sich dagegen schon deshalb gegen die Gesellschaft, weil nur mit Hilfe eines gegen sie gerichteten Titels in ihr Vermögen vollstreckt werden kann. Des weiteren erscheint denkbar, daß in erster Linie die Feststellung begehrt wird, eine Person sei aus der Gesellschaft ausgeschieden oder ihr gar nicht erst beigetreten; hilfsweise für den Fall, daß sie doch Mitglied sein sollte, wird ihr Ausschluß begehrt. Der Hauptantrag zielt auf die Feststellung der Mitgliedschaft und ist daher unter den Gesellschaftern auszufechten; der Hilfsantrag auf Ausschluß des Gesellschafters muß dagegen von der Gesellschaft erhoben werden.

III. L ö s u n g s v o r s c h l a g 1. Die Notwendigkeit der rechtskräftigen über den Grundlagenstreit

Entscheidung

Eine erste Fallgruppe bilden diejenigen Sachverhalte, in welchen eine die Grundlagen der Gesellschaft betreffende Frage geklärt werden muß, um sodann eine Leistungs- oder eine Gestaltungsklage gegen die Gesellschaft erheben zu können. Unter diese Fallgruppe sind die meisten der soeben geschilderten Konstellationen einzuordnen: so etwa die Feststellungsklage um den Gewinnverteilungsschlüssel als Vorfrage für die Klage gegen die Gesellschaft auf Gewinnauszahlung; die Klage des Erwerbers eines Geschäftsanteils auf Feststellung, daß er bereits Mitglied sei, als Vorfrage für die Klage gegen die Gesellschaft auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Anteils; die Klage auf Feststellung, daß ein Beschluß bestimmten Inhalts gefaßt sei, als Vorfrage für die Beschlußmängelklage gegen die Gesellschaft (§246 II 1 AktG); und ebenso die Klage auf Feststellung, die Gesellschaft sei bereits aufgelöst, als Vorfrage für die Auflösungsklage ( § 6 1 II 1 GmbHG). In allen diesen Fällen kann die Gesellschaft, wie gezeigt, zum Hauptantrag nicht aus eigener Kraft vortragen, weil ihre Vertreter hierzu nicht legitimiert sind. So kann die Gesellschaft gegen die Klage auf Auszahlung von Gewinn nicht einwenden, der Gewinnverteilungsschlüssel sei ein anderer als der vom Kläger behauptete. Das sei an folgendem Fall illustriert: Die X - O H G , bestehend aus den Gesellschaftern A, B und C, betreibt ein Unternehmen auf dem Gebiet der Biotechnologie. N a c h dem Gesellschaftsvertrag sind alle drei Gesellschafter mit je 2 0 % am Gewinn beteiligt. Die restlichen 4 0 % soll derjenige Gesellschafter beanspru-

E. Die Problematik des doppelten

Rechtsschutzbegehrens

707

chen können, der im betreffenden Geschäftsjahr die meisten Patente für die Gesellschaft entwickelt hat. A und B streiten darüber, wem von beiden diese 4 0 % zustehen. A hat zwar mehr Patente angemeldet; B behauptet aber, A habe auch solche angemeldet, die eigentlich das geistige Eigentum des B seien. In Wahrheit habe daher B die 4 0 % Gewinnvorrecht zu beanspruchen. Würden sowohl A als auch B die Gesellschaft in verschiedenen Prozessen auf Auszahlung des bevorrechtigten Gewinns verklagen, so könnte es geschehen, d a ß die Gerichte beider Prozesse zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Tatsachenlage gelangen und beiden Gesellschaftern die jeweils begehrten 6 0 % zusprechen. D a n n hätte die Gesellschaft mehr Gewinn ausgezahlt, als sie gemacht hat. Würden beide Klagen in einem Prozeß verhandelt, so wäre unklar, mit welcher Rechtsbehauptung die Gesellschaft in den Prozeß eintreten müßte: Entweder die Patente sind das Verdienst des A oder aber des B. D a r a n wird deutlich, daß die hier besprochene Problematik der Parteirollenverteilung selbst dann auftritt, wenn der Grundlagenstreit nicht als vorgeschalteter Feststellungsprozeß ausgefochten, sondern sogleich Leistungsklage erhoben und der Grundlagenstreit nur implizit als Vorfrage entschieden wird: Die Gesellschaft kann gegen die Gewinnklage nicht aus eigener Kraft vortragen, der Gewinnverteilungsschlüssel sei ein anderer als der v o m Kläger behauptete; ebensowenig kann sie vortragen, der Kläger sei für das streitige Geschäftsjahr gar nicht Gesellschafter gewesen 3 4 9 . Das gleiche Problem stellt sich in allen anderen hier besprochenen Fallgruppen: So kann die Gesellschaft der Auflösungsklage nicht mit der Begründung entgegentreten, die Gesellschaft sei schon aufgelöst, und ebensowenig kann sie der Anfechtungsklage gegen einen Gesellschafterbeschluß mit der Einlassung begegnen, der angefochtene Beschluß sei mit dem behaupteten Inhalt überhaupt nicht gefaßt worden. Rechtsbehauptungen dieser Art können nämlich die Vertreter der Gesellschaft nicht in deren N a m e n vorbringen. Wenn über diese Vorfragen tatsächlich Streit besteht, müssen sie in einem vorgeschalteten Feststellungsprozeß zwischen den Gesellschaftern geklärt werden. Die Lösung des Problems m u ß daher ihren Ausgangspunkt im materiellen

Recht

nehmen. Eine Anfechtungsklage gegen einen Beschluß, der weder unstreitig n o c h verbindlich festgestellt ist, ist unbegründet,

weil es ihr an einem tauglichen O b j e k t

fehlt. Eine Auflösungsklage, die gegen eine Gesellschaft erhoben wird, von der nicht feststeht, o b sie als werbende überhaupt noch existiert, ist unbegründet,

weil

nicht feststeht, o b sie ihr Gestaltungsziel überhaupt noch erreichen kann. Und die Gewinnauszahlungsklage ist unbegründet,

wenn der klagende Gesellschafter nicht

dartun kann, daß der Schlüssel für die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern unstreitig oder rechtskräftig festgestellt ist. Auf zweifelhafte Behauptungen des Klägers zur Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern braucht sich die Gesellschaft nicht einzulassen; wie gesehen, kann sie dies gar nicht. Wird also der behauptete Gewinnverteilungsschlüssel bestritten, so kann ein Auszahlungsurteil

349

So aber Fischer, LM Nr. 1 zu § 125 HGB.

708

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

nur ergehen, wenn mindestens gleichzeitig mit ihm auch ein vorgeschaltetes Feststellungsurteil über jenen Schlüssel rechtskräftig wird. 2. Die Gesellschaft als

Hilfsbeklagte?

Prozessual bedeutet dies, daß der Kläger bei streitigem Gewinnverteilungsschlüssel im Hauptantrag dessen Feststellung und im Hilfsantrag für den Fall des Erfolgs seiner Klage, also für den Fall, daß das Gericht die Rechtslage in seinem Sinne klärt, Auszahlung verlangen muß; es handelt sich um eine uneigentliche Eventualklage. Ahnliches gilt für die übrigen behandelten Fallgruppen: So ist etwa im Hauptantrag die Feststellung zu begehren, daß die Anteilsübertragung ohne Genehmigung der Gesellschaft wirksam wurde, und erst hilfsweise für den Fall der Abweisung ein Leistungsurteil auf Erteilung der Zustimmung zu erstreben. Im Hauptantrag ist die Feststellung zu begehren, ein Beschluß sei mit einem bestimmten Inhalt gefaßt; hilfsweise für den Fall, daß er Beschluß mit dem gegenteiligen Inhalt gefaßt worden ist, ist die Beschlußmängelklage gegen diesen Beschluß zu erheben. Im Hauptantrag ist die Feststellung zu begehren, die Gesellschaft sei bereits aufgelöst; erst im Hilfsantrag kann die rechtsgestaltende Auflösungsklage erhoben werden. Bei alledem ist zu beachten, daß die Gesellschaft nur Partei des Hilfs-, nicht aber des Hauptprozesses ist; sie ist eventualbeklagte Dritte. Die gegen eine Eventualklage gegen Dritte grundsätzlich zu Recht erhobenen Bedenken 350 sind freilich in den hier behandelten Konstellationen jedenfalls zum Teil überwindbar. Ein Prozeß auf Probe kann der Gesellschaft zugemutet werden, weil sie in der Sache immer die Haltung einer bestimmten Gesellschaftergruppe repräsentiert, die Gesellschafter aber alle zumindest die Möglichkeit haben, sich am vorgeschalteten Feststellungsprozeß zu beteiligen. Die Gefahr, daß im Hinblick auf den Hilfsantrag der Prozeß beobachtet und kostspielige Rechtsberatung eingeholt werden muß, obwohl noch gar nicht feststeht, ob die Gesellschaft tatsächlich belangt wird, wiegt deshalb nicht schwer, weil von diesen Kosten nicht das Privatvermögen der Gesellschafter, sondern nur das Gesellschaftsvermögen getroffen wird, das ohnehin in den Fällen, in denen die Gesellschaft geeignete Partei ist, auch dafür gewidmet ist, die Prozeßkosten zu bestreiten. Es bleibt jedoch die Gefahr, daß das Urteil über den Hilfsantrag rechtskräftig wird, dasjenige über den Hauptantrag jedoch in der Rechtsmittelinstanz aufgehoben wird und damit die Bedingung wegfällt, unter welcher der Hilfsantrag zur Entscheidung gestellt war. Diese Gefahr ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, wenn man den oben gebildeten Fall fortdenkt und annimmt, A dringt mit seinem Feststellungsbegehren durch, daß er die meisten Patente entwickelt hat, und erwirkt ein Zahlungsurteil gegen die Gesellschaft auf Auszahlung von 60% des Jahresgewinns. B legt gegen das Feststellungsurteil Berufung ein. Eine Berufung der 350

Zu ihnen oben § 10 E VII 4.

E. Die Problematik

des doppelten

Rechtsschutzbegehrens

709

Gesellschaft gegen das Zahlungsurteil unterbleibt, weil B und C nur gesamtvertretungsberechtigt sind und C den A deckt. Das Berufungsgericht entscheidet, daß das Gewinnvorrecht nicht dem A, sondern dem B zusteht. Das Urteil wird rechtskräftig. Damit ist die Grundlage für das Zahlungsurteil weggefallen; die Gesellschaft müßte die Vollstreckung aus dem zugunsten des A ergangenen Urteil mühsam mit Hilfe einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 7 6 7 Z P O abwenden. Eben dies wird dem Eventualbeklagten mit Recht nicht zugemutet - wobei vorliegend noch hinzukommt, daß nicht sicher erscheint, o b die Gesellschaft diese Klage erheben wird; denn wenn C den A deckt, wird er auch nicht mit B zusammen eine entsprechende Klage gegen A erheben. Es besteht damit die Gefahr, daß das Ergebnis des Feststellungsprozesses durch den nachfolgenden Leistungsprozeß faktisch unterlaufen wird. Die Eventualklage gegen die Gesellschaft erweist sich damit jedenfalls im Gewinnauszahlungsstreit als unzulässig.

Es läßt sich daher nicht vermei-

den, daß der Rechtsstreit in den hier behandelten Fällen in zwei nacheinander geschalteten Prozessen ausgefochten wird. Das Desiderat einer rationellen Erledigung des Rechtsstreits erweist sich insoweit als nicht erfüllbar.

3. In Sonderheit: Der

Beschlußmängelstreit

Besonderheiten gelten freilich für die Fallgestaltung, daß der Kläger in erster Linie die Feststellung eines bestimmten, von ihm unterstützten Beschlußinhalts erstrebt, hilfsweise den gegenteiligen Beschluß anficht. Es wurde gezeigt, daß die im Feststellungsprozeß beklagten Gesellschafter im Wege der Anfechtungswiderklage

ein-

wenden können, der Beschluß, dessen Feststellung der Kläger erstrebt, verstoße gegen das Gesetz oder die Satzung. Diese Klage ist direkt gegen den Feststellungskläger, also ausnahmsweise nicht gegen die Gesellschaft zu richten; bisher unbeteiligte Mitgesellschafter sind analog § 8 5 6 Z P O beizuladen 3 5 1 . Die Beklagten haben daher die Möglichkeit, im gleichen Prozeß den Beschluß, sollte er mit einem von ihnen mißbilligten Inhalt zustande gekommen sein, vernichten zu lassen. Im Interesse der prozessualen Waffengleichheit muß das gleiche Recht dem Kläger zustehen, falls das Beschlußergebnis im Sinne der Beklagten ausgefallen ist. Der Kläger kann daher, wenn das Beschlußergebnis weder unstreitig noch verbindlich festgestellt ist, sowohl

die Feststellungsklage als auch die hilfsweise erhobene Anfech-

tungsklage gegen die Gesellschafter richten. § 2 4 6 II 1 AktG gilt, als Ergebnis einer teleologischen

Reduktion,

in diesem Fall ausnahmsweise

nicht entsprechend, weil

die Vorschrift hier ihr Ziel, den Rechtsschutz zu vereinfachen, nicht erreicht: M ü ß te die Klage gegen die Gesellschaft erhoben werden, so müßten Feststellungs- und Anfechtungsrechtsstreit in zwei nacheinander geschalteten Prozessen ausgefochten werden. Zu beachten ist allerdings, daß in diesem Fall die beklagten Gesellschafter das Kostenrisiko auch für den Anfechtungsrechtsstreit trifft, über den zu entscheiden 351

Im einzelnen oben § 6 F IV 3.

710

§11

Die Mediatisierung

der Parteistellung

und ihre

Grenzen

ist, wenn sich entgegen dem Hauptbegehren des Klägers herausstellt, daß ein Beschluß mit unstreitigem oder verbindlich festgestelltem Inhalt vorliegt. Es wurde zu zeigen versucht, daß die Gesellschafter, die einen solchen Beschluß fassen, einem verschuldensunabhängigen finanziellen Risiko nicht ausgesetzt werden dürfen, weil ihr Beitrag zur gesellschaftsinternen Willensbildung grundsätzlich erwünscht ist und deshalb die Gesellschafter nur bei schuldhaft fehlsamem Beschlußverhalten finanziell belastet werden dürfen; mit dem unstreitigen oder verbindlich festgestellten Beschluß haben sie zugleich die legitime Entscheidung getroffen, daß für den Beschlußmängelstreit das Gesellschaftsvermögen in Anspruch genommen werden darf 3 5 2 . Dies Anliegen darf nicht dadurch unterlaufen werden, daß der Kläger willkürlich Klage auf Feststellung des Beschlußinhalts erhebt, um so die Mitgesellschafter auch bezüglich des Kostenrisikos in den Rechtsstreit hineinzuziehen. Hat die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage Erfolg, so steht daher den Gesellschaftern, die den fehlerhaften Beschluß nicht verschuldet haben, gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Erstattung der Prozeßkosten zu; würde man ihnen einen solchen Erstattungsanspruch verwehren, so liefe dies auf eine verdeckte Nachschußpflicht hinaus. 4. In Sonderheit:

Der

Auflösungsrechtsstreit

Es konnte gezeigt werden, daß im Auflösungsrechtsstreit die Parteirolle der Gesellschaft ( § 6 1 II 1 GmbHG) ebenfalls nur der Vereinfachung des Rechtsschutzes dient. Abermals kann die Vorschrift dies Ziel nicht erreichen, wenn in einem vorgeschalteten Prozeß die Feststellung begehrt wird, die Gesellschaft sei aufgelöst bzw. noch nicht aufgelöst; es wären vielmehr auch hier zwei hintereinander geschaltete Prozesse nötig: zunächst der Feststellungsstreit über die vollzogene Auflösung unter den Gesellschaftern; sonach, falls der Fortbestand de Gesellschaft als werbende festgestellt wird, das Verfahren der Auflösungsklage nach § 6 1 G m b H G . Es bietet sich an, die Vorschrift der gleichen teleologischen Reduktion zu unterziehen, wie dies soeben für § 246 II 1 AktG befürwortet wurde: Wird die Klage auf Feststellung der vollzogenen Auflösung erhoben, so kann der Kläger hilfsweise gegen die Mitgesellschafter die rechtsgestaltende Auflösungsklage erheben, damit beides in einem Prozeß verhandelt werden kann. Wird Klage auf Feststellung erhoben, daß die Gesellschaft als werbende fortbestehe, so können die Beklagten gegen den Kläger Auflösungswiderklage erheben. Der gesamte Rechtsstreit folgt sodann dem Modell des § 856 ZPO: Bisher unbeteiligte Gesellschafter sind beizuladen und können sich auf beliebiger Seite als Streitgenossen anschließen.

352

Ausführlich oben § 8 A.

E. Die Problematik

5. In Sonderheit:

Die

des doppelten

Rechtsschutzbegehrens

711

Ausschlußklage

Die Problematik doppelten Rechtsschutzbegehrens stellt sich schließlich im Kontext der Ausschlußklage: Diese ist unbegründet, wenn der betreffende Gesellschafter bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden ist 3 5 3 . Allenfalls kann sie als Feststellungsklage mit dem Ziel fortgeführt werden, das Gericht möge Vorliegen eines wichtigen Grundes aussprechen 3 5 4 . Ist streitig, ob ein Gesellschafter bereits ausgeschieden ist oder nicht, so ist dies zunächst in einem Feststellungsstreit zu klären. N u n ist aber der Feststellungsstreit um die Mitgliedschaft unter den Gesellschaftern auszutragen, während die Ausschlußklage von der Gesellschaft zu erheben ist. Es fragt sich, ob gleichwohl beide Streitgegenstände in einem einzigen Prozeß verhandelt werden können. Die Möglichkeit, daß die Gesellschafter untereinander den Feststellungsstreit ausfechten und die Gesellschaft für den Fall, d a ß der Beklagte noch Gesellschafter ist, als Eventualklägerin die Ausschlußklage erhebt, scheidet dabei von vornherein aus; denn dem Ausschlußbeklagten k a n n kein Prozeß auf Probe zugemutet werden. Insbesondere dürfen ihm nicht die Kosten vorsorglicher Rechtsberatung in bezug auf die Ausschlußklage auferlegt werden, über die womöglich niemals entschieden wird. In Betracht k o m m t erneut allein, daß auch der Streit über die Ausschlußklage unter den Gesellschaftern ausgefochten wird. Das läßt sich für den Ausschlußrechtsstreit in der Tat begründen. Wie gezeigt, k a n n die Ausschlußklage im Wege der actio pro socio von einem einzelnen Gesellschafter erhoben werden, wenn die Mitgesellschafter einen Beschluß, w o n a c h die Klage durch die Gesellschaft erhoben werden soll, pflichtwidrig blockieren; dies gilt freilich nur, wenn der Fortbestand der Gesellschaft nicht von der gleichbleibenden Zusammensetzung des Gesellschafterkreises abhängt 3 5 5 . Dem steht der Fall gleich, d a ß die Ausschlußklage von der Gesellschaft nicht erhoben werden kann, weil die Mitgliedschaft des Ausschlußbeklagten streitig ist und deshalb die Gesellschaft nicht mit der Rechtsbehauptung in den Rechtsstreit eintreten k a n n , der Beklagte sei Mitglied und müsse aus wichtigem Grund ausscheiden: Für die Behauptung, der Gesellschafter sei Mitglied, sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Personengesellschaft sowie der Geschäftsführer einer G m b H nicht legitimiert. In diesem Fall m u ß ebenfalls die Ausschlußklage durch einen einzelnen Gesellschafter im Wege der actio pro socio möglich sein. Denn wie gezeigt, gebührt dort, w o die Gesellschaft auch bei verändertem Gesellschafterkreis fortbesteht, dem Gesellschaftsinteresse bei der Entscheidung über den Ausschluß der absolute Vorrang. Dies schlägt sich prozessual in dem Erfordernis nieder, den Rechtsstreit möglichst in einem Prozeß zu bewältigen und damit das Gesellschaftsinteresse möglichst effektiv zur Geltung zu bringen 3 5 6 . 355 354 355 356

OLG Stuttgart GmbHR 1989, 466, 467. Oben § 3 D II 4. Näher oben § 3 B IV 1. Zusammenfassend oben § 4 B II 2.

712

§11 Die Mediatisierung

der Parteistellung und ihre Grenzen

Der Gesellschafter darf sich freilich nicht auf dem Umweg über den Feststellungsstreit über die Mitgliedschaft eine auf anderem Wege nicht begründbare Einzelklagebefugnis für den Ausschlußrechtsstreit verschaffen. Dies würde geschehen, wenn der Kläger grundlos behaupten könnte, der Beklagte sei nie in die Gesellschaft eingetreten bzw. aus ihr bereits ausgeschieden, um auf diesem Wege die Mitgliedschaft des Beklagten streitig zu stellen, eine entsprechende Feststellungsklage erheben und, gestützt auf die hier vorgetragenen Überlegungen, im Wege der Hilfsklage die Ausschlußklage als Einzelkläger zu erheben. Deshalb hat der Gesellschafter, bevor er die Ausschlußklage im Wege der actio pro socio als Eventualklage erhebt, die übrigen Gesellschafter zu befragen: Stehen diese sämtlich auf dem Standpunkt, der Beklagte sei gegenwärtig Mitglied der Gesellschaft, so darf der Kläger die Ausschlußklage (als Hilfsantrag zur in erster Linie erhobenen Klage auf Feststellung, der Beklagte sei bereits nicht mehr Mitglied) nur erheben, wenn die Mitgesellschafter durch Beschluß ihr Einverständnis hiermit erklären oder die Verweigerung eines solchen Beschlusses gegen die Treupflicht verstößt. Dann ist es nämlich nur der Kläger, der mit seiner Ansicht, der Beklagte sei nicht Mitglied, einer sonst möglichen Ausschlußklage durch die Gesellschaft im Wege steht.

§ 1 2 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen Ziel der hier vorgelegten Untersuchung war es, die verschiedenen Erscheinungsformen gesellschaftsinterner Streitigkeiten zu durchleuchten und für ihre prozessuale Bewältigung, namentlich für das Verhältnis von materiellem Recht und Prozeßrecht, verallgemeinerungsfähige Grundsätze herauszuarbeiten. Dabei sei betont, daß sämtliche hier unterbreiteten Vorschläge sich als Lösungsangebote auf der Ebene der lex lata verstehen. Die Arbeit verfolgt keinerlei rechtspolitisches oder kautelarjuristisches Anliegen. I.1. Jedes Mitglied einer Gesellschaft hat einen Anspruch darauf, daß Handlungen, deren Vornahme beschlossen wurden, ausgeführt werden und Handlungen, deren Unterlassung beschlossen wurde oder über die, obwohl erforderlich, noch kein Beschluß gefaßt worden ist, unterbleiben. Der nach § 115 I HS 2 widersprechende Gesellschafter hat nach Erklärung des Widerspruchs einen Anspruch auf Unterlassung der betroffenen Maßnahme. 2. Dieser Anspruch - wie er hier verkürzend genannt wurde: Befolgungsanspruch - wurzelt im Verbandsrecht und richtet sich gegen die Gesellschaft; er ist seiner Rechtsnatur nach weder ein Schadensersatzanspruch noch ein Abwehranspruch wegen Beeinträchtigung von Mitgliedsrechten. Vielmehr gehört die Beachtung von Mitgliedszuständigkeiten und die Befolgung von Mitgliedsentscheidungen zu den Erfüllungspflichten des Verbandes aus dem Rechtsverhältnis zu seinem Mitglied. Der Befolgungsanspruch kann von jedem einzelnen Mitglied im Wege der Klage, hier sog. Kompetenzschutzklage, verfolgt werden. II. 1. Ansprüche auf die Leistung von Einlagen und Nachschüssen, auf die Erstattung verbotener Auszahlungen (§§31 GmbHG, 62 AktG), auf sonstige Förderleistungen wie etwa die Mitarbeit im Gesellschaftsunternehmen ( § 1 1 4 HGB) und auf Schadensersatz wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Förderpflichten (beispielsweise § 1 1 3 I HGB) sind in allen Gesellschaftsformen Bestandteil des Gesellschaftsvermögens und damit Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Mitglieder. Die Annahme, es gebe daneben einen eigenen Anspruch der Gesellschafter untereinander auf Erbringung dieser Leistungen, läßt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt halten. Das Mitgliedsverhältnis ist in allen Gesellschaftsformen in erster Linie ein solches zwischen Verband und Mitglied. In diesem Verhältnis stehen die typusprägenden Hauptleistungspflichten von Verband und Mitglied einander gegenüber: Der Verband kann vom Mitglied die Förderung des Gesellschaftszwecks, das Mitglied vom Verband die Befolgung von Mitgliedsentscheidungen und die Auszahlung von Gewinn verlangen.

714

§12

Die wichtigsten

Ergebnisse

in

Thesen

2. Die Einforderung von Leistungen, welche aus mitgliedschaftlicher Verpflichtung an die Gesellschaft zu erbringen sind, ist in erster Linie Aufgabe der dafür zuständigen Gesellschaftsorgane. Das sind in der O H G / K G diejenigen Gesellschafter, welche zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind, in der GmbH der Geschäftsführer und in der AG der Vorstand. Der Einforderung von Schadensersatzleistungen an die Gesellschaft wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Pflichten hat in der Personengesellschaft nach dem Rechtsgedanken des § 113 II H G B , in der GmbH nach § 4 6 Nr. 8 GmbHG ein Gesellschafterbeschluß vorauszugehen. Für Einlageansprüche gilt in der GmbH nach § 4 6 Nr. 2 GmbHG das Gleiche; in der Personengesellschaft ist zwar nicht die außergerichtliche Einforderung der Einlagen, wohl aber deren gerichtliche Beitreibung grundsätzlich - anders allenfalls ausnahmsweise in der Publikumspersonengesellschaft eine außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme und als solche nach § § 1 1 6 II, 164 S . 2 H G B von der Gesamtheit der Gesellschafter zu beschließen. 3. In GmbH und Personengesellschaft (nicht aber in der AG) ist der einzelne Gesellschafter ausnahmsweise befugt, Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen (actio pro socio). Er klagt dann als gesetzlicher Prozeßstandschafter der Gesellschaft. Die dafür erforderliche Prozeßführungsbefugnis besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Kläger oder ein Mitgesellschafter erfolglos versucht hat, einen Einforderungsbeschluß der Gesellschaftergesamtheit herbeizuführen. Die Klage ist selbst in diesem Fall lediglich dann zulässig, wenn die Weigerung der Mitgesellschafter, an einem solchen Beschluß mitzuwirken, treuwidrig ist. Ein negativer Einforderungsbeschluß muß aber nicht zuerst angefochten werden. Die Befugnis des Gesellschafters, bei pflichtwidriger Säumnis der zuständigen Entscheidungsträger den Anspruch in eigener Regie beizutreiben, ist vielmehr Ausdruck der Verpflichtung aller Gesellschafter auf den Gesellschaftszweck, dem bei der Einforderung von Förderleistungen und aus deren Verletzung resultierenden Schadensersatzansprüchen der absolute Vorrang gebührt. Das Absehen von der Beitreibung des Anspruchs ist nur ausnahmsweise rechtmäßig. Die Beitreibung darf daher nicht durch gesellschaftsinterne Konflikte blockiert werden. Die Möglichkeit, mitgliedschaftlich begründete Leistungsansprüche der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter im Wege der Einzelklage beizutreiben, erweist sich so als die prozessuale Fortsetzung des Zweckverfolgungsgedankens. 4. Erhebt ein Gesellschafter gegen einen Mitgesellschafter Klage auf Leistung an die Gesellschaft, so setzt sich diese Klage über den Beitrag derjenigen Mitgesellschafter zur verbandsinternen Willensbildung hinweg, welche sich gegen die Einforderung ausgesprochen haben. Diesen Gesellschaftern ist daher rechtliches Gehör zu gewähren; sie können dem Prozeß auf beliebiger Seite als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten ( § 6 9 ZPO), um vorzutragen, sie hätten aus sachlich vertretbaren Gründen gegen die Einforderung gestimmt. 5. Die actio pro socio kann unter den soeben dargelegten Voraussetzungen auch gegen Organpersonen erhoben werden, welche nicht zugleich Gesellschafter sind. Denn sie nehmen eine fremdnützige Aufgabe im Gesellschaftsinteresse wahr. Gera-

§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

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de sie sind in besonderer Weise der Zweckverfolgung verpflichtet. Daher sind sie auch geeignete Adressaten einer actio pro socio. 6. Die actio pro socio kann auch präventiv auf die Unterlassung gesellschaftsschädigender oder auf die Vornahme zwingend gebotener Handlungen gerichtet sein. Eine solche präventive actio pro socio kann in der GmbH von jedem Gesellschafter, in O H G und KG von jedem Komplementär erhoben werden, soweit er nicht ohnehin schon selbst geschäftsführungsbefugt und damit in der Lage ist, mit Hilfe seines Widerspruchsrechts die Maßnahme zu verhindern. Kommanditisten können im Wege der präventiven actio pro socio nur vorgehen, wenn sie Anhaltspunkte für eine unredliche Geschäftsführung dartun. 7. Die rechtshängige actio pro socio macht eine entsprechende Klage der Gesellschaft nach § 261 III Nr. 1 ZPO unzulässig; das Urteil, das auf eine actio pro socio ergeht, wirkt Rechtskraft auch gegen die Gesellschaft. Ebenso sperrt die rechtshängige Klage der Gesellschaft eine actio pro socio; das Urteil gegen die Gesellschaft wirkt Rechtskraft auch gegen alle Gesellschafter, die möglicherweise im Wege der actio pro socio vorgehen wollen. Führen die Gesellschaftsorgane den Prozeß nachlässig, so kann der Gesellschafter beantragen, an ihrer Stelle als Sondervertreter der Gesellschaft den Prozeß fortzusetzen. 8. Uberträgt ein Gesellschafter nach Erhebung der actio pro socio seinen Gesellschaftsanteil auf einen Dritten, so führt er die actio pro socio analog § 265 Z P O weiter. Scheidet er ersatzlos aus der Gesellschaft aus, so tritt die Gesellschaft im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in den Prozeß ein. III. 1. In allen Gesellschaftsformen besteht die Möglichkeit, einen Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen, wenn er einen wichtigen Grund gesetzt hat. Der Ausschluß wird durch Gestaltungsurteil bewirkt. Die Klage ist von der Gesellschaft zu erheben; denn sie hat gegen den Gesellschafter, der die Zweckverfolgung stört, einen Anspruch darauf, aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die Gesellschaft wird im Ausschlußprozeß durch ihre Geschäftsführungsorgane vertreten. Dies gilt für alle Gesellschaftsformen, selbst für die Personengesellschaft. Die Klage ist nur zulässig, wenn die Gesellschafter einen hierauf gerichteten Beschluß gefaßt haben, der in AG und GmbH mit K-Mehrheit, in der Personengesellschaft mangels abweichender Anordnung im Gesellschaftsvertrag einstimmig gefaßt werden muß. 2. Ist erfolglos versucht worden, einen solchen Beschluß zustande zu bringen, so kann ein einzelner Gesellschafter den Ausschluß im Wege der actio pro socio begehren. Das gilt uneingeschränkt in der GmbH und jedenfalls regelmäßig in der Personenhandelsgesellschaft, nämlich immer dann, wenn deren Gesellschaftsvertrag nicht abweichend von § 131 III Nr. 3 HGB an die Kündigung eines Gesellschafters die Auflösung der Gesellschaft knüpft. Insoweit gebührt dem Interesse der Gesellschaft, den Störer loszuwerden, der Vorrang vor dem etwaigen Eigeninteresse eines Gesellschafters, am Störer festzuhalten. Gesellschafter, die der Erhebung der Ausschlußklage widersprochen haben und sich durch die actio pro socio in ihrem Beitrag zur gesellschaftsinternen Willensbildung übergangen fühlen, können dies geltend machen, indem sie, vom Prozeß informiert, als streitgenössische

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§12

Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

Nebenintervenienten beitreten. In der Personengesellschaft, in der die Kündigung durch einen Gesellschafter gemäß einer entsprechenden Anordnung im Gesellschaftsvertrag zur Auflösung der Gesellschaft führt, hat demgegenüber jeder Gesellschafter ein schutzwürdiges eigenes Interesse daran, die Gesellschaft in ihrer gegenwärtigen personellen Zusammensetzung fortzuführen. Dies Interesse steht gleichrangig neben dem Interesse der Gesellschaft an der Entfernung des Störenfrieds. In einem solchen Fall ist die Ausschlußklage als actio pro socio nicht statthaft. 3. In der GmbH ist der Ausschluß unter der aufschiebenden Bedingung auszusprechen, daß die Abfindung binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist aus ungebundenem Vermögen bezahlt wird. Ungeachtet dessen steht freilich nach Eintritt der formellen Rechtskraft fest, daß der Gesellschafter einen wichtigen Grund gesetzt hat. Die Gesellschaft kann daher im Wege einer Suspendierungsklage beantragen, daß der Ausschlußbeklagte ab Eintritt der formellen Rechtskraft des Ausschlußurteils sämtlicher Gesellschafterrechte für verlustig erklärt wird, sobald ihm aus ungebundenem Vermögen eine vorläufig geschätzte Abfindung bezahlt wird. Ausschlußklage und Suspendierungsklage sind abzuweisen, wenn sich bereits während des Prozesses erweist, daß die vorläufige bzw. endgültige Abfindung nicht aus ungebundenem Vermögen bezahlt werden können. Erweist sich dies erst nach Prozeßende, so können die übrigen Gesellschafter entscheiden, ob die Gesellschaft aufgelöst oder mit dem Störer fortgesetzt werden soll. Keinesfalls kann der Störer von sich aus die Auflösung begehren, um sich wegen der Abfindung aus dem Liquidationserlös zu befriedigen. 4. Scheidet der Ausschlußbeklagte während des Prozesses freiwillig aus der Gesellschaft aus, so kann der Prozeß mit dem Ziel fortgeführt werden festzustellen, daß der Beklagte einen wichtigen Grund gesetzt habe. IV. 1. Das Recht des Aktionärs, gegen fehlerhafte Beschlüsse im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage vorzugehen, ist eine rein prozessuale Befugnis, objektive Rechtsverstöße der Hauptversammlung zu rügen und deren gerichtliche Korrektur zu erzwingen: Das Beschlußmängelverfahren ist ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren. Ein allgemeiner Abwehranspruch gegen rechtswidrige Beschlußfassung steht dem Aktionär dagegen nicht zu. 2. Die Gesellschaft ist nach § 2 4 6 II 1 AktG Beklagte des Rechtsstreits ausschließlich aus Gründen prozessualer Praktikabilität. Die dadurch bewirkte Vereinfachung des Rechtsschutzes ist Spiegelbild des Mehrheitsprinzips: Dies Prinzip soll Entscheidungen im Verband erleichtern. Dem würde es widerstreiten, wenn Streitigkeiten um die Gültigkeit jener Entscheidungen unter den Aktionären in einem hoch komplexen Rechtsstreit mit zahlreichen Parteien ausgefochten werden müßten. § 2 4 6 II 1 AktG will im Zusammenwirken mit § 2 4 8 11 AktG eine allseits verbindliche Entscheidung ermöglichen, andererseits aber prozeßscheuen Aktionären die Prozeßbeteiligung ersparen. 3. Die Gesellschaftsorgane, welche die Gesellschaft im Beschlußmängelprozeß vertreten, sind verpflichtet, den Beschluß zu verteidigen; hierauf müssen sich die

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§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

Aktionäre verlassen können, die den Beschluß gefaßt haben und wegen § 2 4 6 II 1 A k t G im Prozeß nicht selbst verteidigen können (Rechtsschutzvertrauen).

Die Ge-

sellschaft kann nur als Partei im Beschlußmängelstreit auftreten, weil die Position, welche sie vertritt, durch den gefaßten und vom Leiter der Hauptversammlung verkündeten Beschluß bereits vor Prozeßbeginn klar definiert ist. Dies Rechtsschutzvertrauen steht der Möglichkeit entgegen, daß der Vorstand das Klagebegehren mit der Folge eines Anerkenntnisurteils nach § 3 0 6 Z P O anerkennt. Unbeschadet dessen haben die Aktionäre im Beschlußmängelstreit einen Anspruch auf rechtliches G e h ö r (Art. 1 0 3 I G G ) . Um dies G e h ö r sicherzustellen, hat der Gesetzgeber dem Vorstand in § 2 4 6 IV A k t G aufgegeben, die Klageerhebung und den Termin zur mündlichen Verhandlung in den Gesellschaftsblättern bekanntzugeben. Jeder Aktionär hat daraufhin die Möglichkeit, sich am Rechtsstreit als streitgenössischer Nebenintervenient (§ 6 9 Z P O ) zu beteiligen, und zwar in jeder Lage des Verfahrens sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite. 4 . Die Gesellschaft kann einen Aktionär, welcher die Nichtigkeit eines Beschlusses nach § 2 4 1 A k t G behauptet, auf Feststellung verklagen, daß dies nicht der Fall sei. Das stattgebende Urteil wirkt freilich ebenso nur zwischen der Gesellschaft und dem Beklagten, wie umgekehrt ein Urteil, welches eine Nichtigkeitsklage abweist, nur zwischen diesen beiden wirkt. 5. Wird ein Beschluß angegriffen, durch den ein Beschlußantrag abgelehnt den ist, so kann der Kläger zusammen mit der Anfechtungsklage die sog. Beschlußfeststellungsklage

worpositive

erheben, um zu erreichen, daß das Gericht die erstrebte

Annahme des Beschlußantrags ausspricht. Z u r Erhebung dieser Klage ist nicht erforderlich, daß der Kläger über das Einberufungsquorum verfügt; doch m u ß sie innerhalb der Frist des § 2 4 6 I A k t G erhoben werden. Die positive Beschlußfeststellungsklage steht zur Verfügung, wenn der Versammlungsleiter das Abstimmungsergebnis rechnerisch falsch ermittelt hat, aber auch dann, wenn der Beschlußantrag treuwidrig abgelehnt worden ist. Treuwidrig ablehnende Stimmen sind zwar wirksam; doch ist das Gericht befugt, sich über sie hinwegzusetzen. Die positive Beschlußfeststellungsklage ist daher in Wahrheit eine Gestaltungsklage.

beschlußersetzende

Die Aktionäre, deren Stimmen so als treuwidrig gebrandmarkt

werden, müssen nicht persönlich auf Zustimmung zum erstrebten Beschluß verklagt werden. Sie können aber als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten, um die Rechtmäßigkeit ihrer Stimmabgabe vorzutragen. Die ausschließliche Beklagtenrolle der Gesellschaft und das Gestaltungsklageprinzip vereinfachen den Rechtsschutz erheblich; dies ist indes abermals als prozessuales Spiegelbild des Mehrheitsprinzips gerechtfertigt. 6. Die positive Beschlußfeststellungsklage k o m m t auch als isolierte, d.h. nicht mit einer Anfechtungsklage verbundene Klage in Betracht, wenn es dem Kläger trotz entsprechenden Bemühens nicht gelungen ist, überhaupt einen Beschluß in der Sache zustande zu bringen, etwa weil die Einberufung einer Hauptversammlung gänzlich unterblieben ist oder aber die M e h r h e i t den Beschlußantrag des Klägers mehrheitlich von der Tagesordnung abgesetzt. Eine Frist für diese Klage gibt

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§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

es nicht, da kein ablehnender Beschluß vorhanden ist, an den ein schutzwürdiges Interesse an rascher Bestandskraft a n k n ü p f e n könnte. 7. Die positive Beschlußfeststellungsklage steht nicht zur Verfügung, wenn ein Beschluß erzwungen werden soll, der nicht lediglich einer bestimmten Mehrheit bedarf, sondern aufgrund besonderer gesetzlicher A n o r d n u n g (Beispiel: § 35 BGB) der individuellen Zustimmung eines Aktionärs. Solche Beschlüsse sind selbst dort, w o sie ein Versammlungsleiter als gefaßt verkündet hat, schwebend unwirksam, bis diese Zustimmung erteilt, und endgültig unwirksam, wenn sie verweigert worden ist. Hier erachtet das Gesetz die Blockadeinteressen des einzelnen Aktionärs in Abwägung mit dem Interesse des Verbandes an einer effektiven Zweckverfolgung für gleichwertig und besonders schutzwürdig. Der betreffende Aktionär m u ß daher persönlich auf Zustimmung verklagt werden. 8. Behauptet ein Aktionär, ein vom Versammlungsleiter verkündeter Beschluß sei in Ermangelung seiner Z u s t i m m u n g unwirksam, so k a n n er eine entsprechende Feststellungsklage erheben. Diese ist analog § 246 II 1 AktG gegen die Gesellschaft zu erheben; das stattgebende Urteil wirkt analog § 248 11 AktG für und gegen alle Aktionäre und Verwaltungsmitglieder. Die Gesellschaft ist deshalb geeignete Beklagte, weil sie durch den verkündeten Beschluß auf dessen Verteidigung festgelegt, ihre Rechtsbehauptung also klar definiert ist. 9. Uberträgt ein Aktionär während des Anfechtungsprozesses seine Aktien auf einen Dritten, so führt er den Prozeß analog § 265 Z P O fort. Das gleiche gilt, wenn er Nichtigkeitsklage erhoben hatte; denn der Streitgegenstand von Anfechtungsund Nichtigkeitsklage ist, sofern es um denselben Beschlußmangel geht, identisch. V.l. Die § § 2 4 1 ff. AktG gelten im Grundsatz auch für die rechtliche Überprüfung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer G m b H . Es ist zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen zu unterscheiden; letztere müssen durch Klage angefochten werden. Nichtigkeits- und Anfechtungsklage sind gegen die Gesellschaft zu erheben. Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt wie in der AG strikt einen M o n a t ; § 246 I AktG ist nicht nur als Leitbild heranzuziehen, sondern entsprechend anzuwenden. Der Lauf der Anfechtungsfrist wird gehemmt, solange die Gesellschafter sich über den Beschluß zu vergleichen suchen. Die H e m m u n g endet einen M o n a t nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen durch eine Partei. 2. Z u r Erhebung der Nichtigkeitsklage sind analog § 2 4 9 I 1 AktG alle Gesellschafter sowie der/die Geschäftsführer befugt. Die Anfechtungsklage k a n n analog § 2 4 5 Nr. 1 AktG von jedem Gesellschafter erhoben werden, der in der Gesellschafterversammlung anwesend war und Widerspruch erhoben hat. Der Widerspruch ist analog § 2 4 5 Nr. 2 AktG bei Verweigerung der Teilnahme an der Gesellschafterversammlung, bei nicht ordnungsgemäßer Einberufung der Versammlung (soweit nicht schon ein Nichtigkeitsgrund nach § 2 4 1 Nr. 1 AktG vorliegt) oder bei unzureichend angekündigter Tagesordnung sowie analog § 2 4 5 Nr. 3 bei der Anfechtung wegen Sondervorteilen ( § 2 4 3 II AktG) entbehrlich; er ist ferner infolge teleologischer Reduktion des § 2 4 5 Nr. 1 AktG d a n n entbehrlich, wenn der Be-

§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

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Schlußmangel im Zeitpunkt der Beschlußfassung nicht erkennbar war. Dem Geschäftsführer steht keine allgemeine Anfechtungsbefugnis nach dem Vorbild des § 2 4 5 Nr. 4 AktG zu, wohl aber eine solche nach § 245 Nr. 5 AktG zu, wenn er sich durch die Ausführung des Beschlusses strafbar oder ersatzpflichtig machen würde. 3. Für die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ist lediglich dort R a u m , w e n n ein von den Gesellschaftern bestellter und mit Ermittlung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses betrauter Versammlungsleiter einen Beschluß mit einem bestimmten Inhalt bekanntgegeben hat oder wenn das Ergebnis der Abstimmung außer Streit steht. N u r in diesem Fall existiert ein geeignetes Objekt für die Beschlußmängelklage. Das tatsächliche Einverständnis über den Beschlußinhalt k a n n zum Ende der Gesellschafterversammlung, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt werden; mit seiner Herstellung beginnt die Anfechtungsfrist. 4. Fehlt es an einer derartigen Bestimmtheit des Beschlußinhalts, so ist der Streit um den Inhalt des Beschlusses durch eine allgemeine Feststellungsklage ( § 2 5 6 Z P O ) zu klären. Diese Klage kann nicht gegen die Gesellschaft erhoben werden. Denn mangels eindeutigen Beschlußinhalts ist die Position der Gesellschaft in diesem Rechtsstreit nicht klar definiert. Die Gesellschafter können kein Rechtsschutzvertrauen dahin bilden, welche Position der Geschäftsführer namens der Gesellschaft vertreten wird. Der Rechtsstreit ist daher unter den Gesellschaftern selbst auszufechten. Der Kläger hat seine Klage gegen einen derjenigen Gesellschafter zu richten, welche die gegenteilige Ansicht vom Inhalt des Beschlusses vertreten. Beide haben die Möglichkeit, bei Gericht die Beiladung der übrigen Gesellschafter zu beantragen; diese können sich dem Kläger oder dem Beklagten als Streitgenossen anschließen. Die Rechtskraft des Feststellungsurteils wirkt für und gegen den Kläger, den Beklagten sowie sämtliche Gesellschafter, welche in dieser Weise beigeladen worden sind. Dies alles ist die Konsequenz einer gesellschaftsrechtsspezifischen Fortschreibung des § 856 Z P O . VI. 1. Ebenso gelten die § § 2 4 1 ff. AktG entsprechend für die rechtliche Überprüf u n g von Beschlüssen in einer O H G oder KG. Diese Vorschriften stellen für den Streit um fehlerhafte Mehrheitsbeschlüsse eine Regelung bereit, die ohne Rücksicht auf die Realstruktur des Verbandes, mithin selbst in einer personalistischen Handelsgesellschaft, in allen Teilen der Interessenlage gerecht wird. Als Gegenstand der Anfechtungsklage eignen sich Beschlüsse, welche nach besonderer Ano r d n u n g im Gesellschaftsvertrag mit Mehrheit zu fassen sind, sowie solche, die zwar einstimmig gefaßt werden müssen, bei denen aber ein oder mehrere Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen sind: Aus deren Sicht stellt sich der Beschluß der übrigen Gesellschafter dar wie ein gewöhnlicher Mehrheitsbeschluß. Wie in der G m b H k o m m t die Anfechtungsklage nur dort in Betracht, w o der Inhalt des Beschlusses eindeutig feststeht, weil er unstreitig ist oder von einer hierzu legitimierten Person verbindlich verkündet wurde. Besteht Streit über den Beschlußinhalt, so ist dieser unter Anwendung des an § 856 Z P O angelehnten M o dells zwischen den Gesellschaftern auszutragen. - Die Nichtigkeitsklage k a n n selbst gegen einstimmig gefaßte Beschlüsse erhoben werden.

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§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

2. Z u r Erhebung der Anfechtungsklage ist jeder Gesellschafter befugt; der Umfang dieser Befugnis richtet sich freilich nach seinen Mitwirkungskompetenzen. Geschäftsführende Gesellschafter können jeden Beschluß anfechten. Im gleichen Umfang steht von der Geschäftsführung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschaftern die Anfechtungsbefugnis zu. Der Kommanditist kann Grundlagenbeschlüsse sowie Beschlüsse über außergewöhnliche Geschäfte (§§ 116 II, 164 S.2 HGB) uneingeschränkt, gewöhnliche Geschäftsführungsbeschlüsse lediglich dann anfechten, wenn er Anhaltspunkte für eine unredliche Geschäftsführung dartut. Zur Erhebung der Nichtigkeitsklage sind alle Gesellschafter befugt. Die Anfechtungsfrist beträgt analog § 246 I AktG strikt einen M o n a t und wird durch Vergleichsverhandlungen gehemmt. 3. Ist streitig, ob ein einstimmig zu fassender Beschluß die Zustimmung aller Gesellschafter gefunden hat, so ist dieser Streit grundsätzlich zwischen den Gesellschaftern auszutragen. Ausnahmsweise ist die Klage analog § 246 II 1 AktG gegen die Gesellschaft zu richten, wenn zwischen den Gesellschaftern unstreitig ist, daß jedenfalls einmal ein einstimmiger Beschluß gefaßt wurde, und nunmehr lediglich darum gestritten wird, ob die unstreitig erteilte Zustimmung eines Gesellschafters wirksam ist. Die Gesellschaft wird durch diesen Befund darauf festgelegt, den Beschluß als wirksam gefaßt zu verteidigen; ein Urteil, welches auf Klage eines Gesellschafters das Gegenteil feststellt, wirkt analog § 248 11 AktG für und gegen alle Gesellschafter, nicht aber ein Urteil, welches jene Feststellungsklage des Klägers abweist. Die Feststellungsklage kann von der Gesellschaft selbst erhoben werden; stellt das Gericht daraufhin die Wirksamkeit des Beschlusses fest, so wirkt dies Urteil lediglich inter partes. Wo der Streit um die Wirksamkeit des Beschlusses zwischen den Gesellschaftern auszutragen ist, gelten für die prozessuale Behandlung die gleichen, auf der Basis des § 856 Z P O entwickelten Grundsätze, welche in der G m b H für den Streit um den Inhalt eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung gelten. 4. Ist ein Beschluß einstimmig zu fassen und haben die Gesellschafter nach dem Gegenstand dieses Beschlusses ihr Abstimmungsverhalten ausschließlich am Gesellschaftsinteresse zu orientieren (was etwa bei Geschäftsführungsbeschlüssen der Fall ist), so kann ein Beschluß, der im Gesellschaftsinteresse zwingend geboten ist, im Wege einer beschlußersetzenden Gestaltungsklage erzwungen werden. Die Klage ist von der Gesellschaft gegen den Gesellschafter zu erheben, welcher sich gegen jenen Beschluß sperrt. Die Gesellschaft kann nur klagen, wenn die übrigen Gesellschafter einen dahin lautenden Beschluß gefaßt haben. Kommt ein solcher Klagebeschluß nicht zustande, so kann ein einzelner Gesellschafter die Gestaltungsklage im Wege der actio pro socio unter den gleichen Voraussetzungen erheben, unter denen er auch zur Erhebung der präventiven actio pro socio befugt wäre. VII. 1. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, den Streit um gesellschaftsinterne Rechtsverhältnisse, deren einheitliche Entscheidung wünschenswert ist, im Zweiparteienprozeß abzubilden und gleichwohl in einem Prozeß eine allseits ver-

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bindliche Entscheidung zu erlangen: Entweder man erhebt die Gesellschaft zur Prozeßpartei (etwa in § 246 II 1 AktG), oder man läßt einen Rechtsstreit unter zwei Gesellschaftern genügen und verweist die übrigen darauf, sich nach Beiladung auf der einen oder der anderen Seite als Streitgenossen anzuschließen (Modell des § 856 ZPO). Die Gesellschaft kann freilich nur Partei sein, wenn die von ihr vertretene Rechtsbehauptung vor Prozeßbeginn durch eine Entscheidung des zuständigen Gesellschaftsorgans eindeutig festgelegt ist. Sie kann ferner nur dann Partei sein, wenn sich gegenüber dem Gesellschafter, gegen den sie prozessiert, rechtfertigen läßt, daß der Streit auf Kosten des Gesellschaftsvermögens geführt wird. Letzteres ist der Fall, wenn die Gesellschafter, deren Position die Gesellschaft vertritt, jene Position in Verteidigung oder Verwirklichung des Gesellschaftsinteresses festgelegt und außerdem zumindest konkludent die Entscheidung getroffen haben, daß das Gesellschaftsvermögen für den Rechtsstreit in Anspruch genommen werden soll. Beide Voraussetzungen sind namentlich bei der Ausschlußklage und der Klage auf Erfüllung mitgliedschaftlicher Förderpflichten gegeben, ebenso aber beim Beschlußmängelstreit, weil die Teilnahme der Gesellschafter an Verbandsentscheidungen typischerweise dem Gesellschaftsinteresse zugute kommt und daher nicht mit einem Kostenrisiko belastet werden darf. Wo sich die Parteirolle der Gesellschaft begründen läßt, verdient sie als Prozeßmodell den Vorzug. 2. Realstruktur einer Gesellschaft und Anzahl der Gesellschafter sind für die Auswahl des geeigneten Prozeßmodells schlicht irrelevant. Im gesellschaftsinternen Prozeß ist die Verteilung der Parteirollen weitgehend vom materiellen Recht lösgelöst. Wo aber das materielle Recht seine bestimmende Kraft über die Verteilung der Parteirollen verliert und reinen Praktikabilitätserwägungen weichen muß, müssen diese eine ähnlich verläßliche und einfach zu handhabende Bestimmung der Parteirollen bereitstellen. Damit verträgt sich die Abgrenzung nach einem so unsicheren Kriterium, wie es die Realstruktur der Gesellschaft verkörpert, nicht. VIII. Entsprechend §§243 ff. AktG kann ein Beschluß auch wegen Verletzung eines allseitigen Stimmbindungsvertrags angefochten werden. Zwar ist eine Gesetzesanalogie zu diesen Vorschriften nicht möglich; ihre Anwendung ergibt sich aber aus einer ergänzenden Auslegung des Vertrags, weil man für den Regelfall unterstellen kann, daß die Gesellschafter sich die Vereinfachungen des Rechtsschutzes durch das in diesen Vorschriften bereitgestellte Modell zunutze machen wollten. IX. In Ausnahmefällen ist ein organübergreifender Beschlußmängelstreit anzuerkennen, die Befugnis also, Beschlüsse von Organen anzufechten, denen der Anfechtungskläger selbst nicht angehört. 1. Das gilt zum einen in der GmbH, wenn die Satzung außerhalb der Gesellschafterversammlung und dem Geschäftsführer ein weiteres Beschlußorgan installiert, beispielsweise einen Beirat: Dann ergibt im Zweifel die Auslegung der Satzung, daß die Gesellschafter zwar die Entscheidungsbefugnisse in die Hände dieses Gremiums legen, sich aber nicht ihrer rechtlichen Kontrollbefugnisse begeben

III

§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

wollten. Beschlüsse eines fakultativen Aufsichtsrats oder Beirats können daher ebenso von jedem Gesellschafter angefochten werden wie entsprechende Gesellschafterbeschlüsse. 2. Z u m anderen sind Beschlüsse des Vorstands einer AG anfechtbar, welche in von der Hauptversammlung abgeleiteter Zuständigkeit gefaßt werden. Von Bedeutung ist dies namentlich für den Bezugsrechtsausschluß beim genehmigten Kapital. Der Vorstand hat seine Entscheidung darüber, ob er das genehmigte Kapital ausnutzt und dabei das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließt, durch Beschluß zu treffen; diese Entscheidung hat er den Aktionären nach § § 2 0 3 II 2, 186 IV AktG bekanntzumachen, bevor er die Kapitalerhöhung durchführt, und sodann mindestens einen M o n a t zuzuwarten, um den Aktionären Gelegenheit zu M a ß n a h m e n präventiven Rechtsschutzes zu geben. Der Beschluß des Vorstands, das genehmigte Kapital unter Bezugsrechtsausschluß auszuschöpfen, stellt daher ungeachtet dessen, d a ß er nicht selbständig zum Handelsregister angemeldet wird, einen eigenen Verfahrensschritt zu dieser Kapitalmaßnahme dar. Er ist ebenso anfechtbar, wie es ein entsprechender Kapitalerhöhungsbeschluß der Hauptversammlung wäre. Der Aktionär k a n n nach erfolgreicher Anfechtung des Beschlusses im Wege der Kompetenzschutzklage verlangen, d a ß die D u r c h f ü h r u n g der Kapitalerhöhung unterlassen werde. Insoweit sind auch M a ß n a h m e n des einstweiligen Rechtsschutzes denkbar. X. Die § § 2.41 ff. AktG gelten entsprechend für die Anfechtung aktienrechtlicher Aufsichtsratsbeschlüsse. Namentlich ist auch dort zwischen (grundsätzlich) anfechtbaren und (ausnahmsweise) nichtigen Beschlüssen zu differenzieren. Die Anfechtung ist innerhalb eines M o n a t s (§246 I AktG) nach Beschlußfassung mittels Klage geltend zu machen, welche gegen die Gesellschaft zu richten ist. Die Klagefrist ist gehemmt, solange die Aufsichtsratsmitglieder versuchen, sich über den Beschluß zu vergleichen. Anfechtungsberechtigt ist jedes Aufsichtsratsmitglied, das in der Sitzung anwesend war und Widerspruch erhoben hat. XI. Das Gesetz stärkt den Aufsichtsrat bei der Wahrnehmung seiner Überwachungsaufgabe, indem es ihm Informationsrechte gegenüber dem Vorstand (z.B. § 90 AktG) und in begrenztem Umfang Mitwirkungsrechte bei dessen Entscheidungen ( § 1 1 1 IV 2 AktG) einräumt. 1. K o m m t es zum Rechtsstreit über den Umfang dieser Rechte und über die Frage, ob der Vorstand sie im konkreten Fall ausreichend beachtet hat, so ist die Gesellschaft weder auf der Aktiv- noch auf der Passivseite Partei. Namentlich der Informationsanspruch aus § 90 A k t G läßt sich weder als Anspruch der Aufsichtsratsmitglieder gegen die Gesellschaft begreifen noch als Anspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand. Vielmehr ist der Streit um die Berichtsansprüche aus § 901, III 1 AktG vom Aufsichtsrat gegen den Vorstand, aus § 90 III 2 AktG vom einzelnen Aufsichtsratsmitglied gegen den Vorstand und aus § 90 V AktG vom einzelnen Aufsichtsratsmitglied gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden geltend zu machen. Die beteiligten Organe und Organmitglieder klagen aus eigenem Recht. Dabei handelt es sich freilich nicht um echte subjektive Rechte; denn sie sind den Orga-

§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

723

nen und Organmitgliedern nicht zum eigenen Nutzen verliehen. Vielmehr sollen sie eine sachgerechte Ausübung der mit der Organbestellung verliehenen tenz sicherstellen. Es handelt sich damit um fremdnützige

Rechte, sog.

KompeOrganrech-

te; die korrespondierenden Pflichten des als Anspruchsgegner bezeichneten Organs sind dementsprechend Organpflichten. sind folglich im Prozeß selbst

Partei.

Die beteiligten Organe/-mitglieder

Dies gilt auch außerhalb des § 9 0 A k t G : So

steht dem Aufsichtsrat ein Organrecht auf Unterlassung von Vorstandsmaßnahmen zu, die ohne die nach § 1 1 1 IV 2 A k t G erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats durchgeführt werden. 2 . Beschließt der Vorstand eine M a ß n a h m e , welche rechtlich oder tatsächlich die Wahrnehmung der Uberwachungsaufgabe durch den Aufsichtsrat erschwert oder die der Gesellschaft erheblichen Schaden zuzufügen droht, so kann der Aufsichtsrat verpflichtet sein, zur Wahrung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung oder zur Bewahrung der Gesellschaft vor Verlusten ad hoch nach § 1 1 1 I V 2 A k t G einen Zustimmungsvorbehalt zu beschließen und diese Zustimmung zu verweigern. Besteht bereits ein statutarischer Zustimmungsvorbehalt, so genügt die Verweigerung der Zustimmung. Erteilt der Aufsichtsrat mit Mehrheitsbeschluß gleichwohl die Zustimmung, so kann diese vom einzelnen Aufsichtsratsmitglied angefochten werden. Besteht für die M a ß n a h m e bereits ein statutarischer Zustimmungsvorbehalt, so führt die gerichtliche Aufhebung des Zustimmungsbeschlusses dazu, daß der Vorstand die M a ß n a h m e nicht ausführen darf. Besteht ein solcher

Zustimmungsvorbehalt

nicht, so kann das Aufsichtsratsmitglied in der Sitzung des Aufsichtsrats beantragen, es möge ein solcher Zustimmungsvorbehalt beschlossen werden. W i r d dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt, so kann das Aufsichtsratsmitglied diesen Beschluß anfechten und im Wege der positiven Beschlußfeststellungsklage beantragen, das Gericht möge den Zustimmungsvorbehalt als beschlossen feststellen. Weigert sich die Mehrheit, über den Zustimmungsvorbehalt überhaupt Beschluß zu fassen, indem sie etwa den entsprechenden Antrag von der Tagesordnung absetzt oder die Beratung hierüber ohne Ergebnis abbricht, so k a n n das einzelne Aufsichtsratsmitglied den Beschluß mit Hilfe der beschlußersetzenden Gestaltungsklage erzwingen. H a b e n diese Klage und die Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluß Erfolg, so ist der Vorstand nicht mehr befugt, die M a ß n a h m e auszuführen. Schickt er sich gleichwohl hierzu an, so kann das einzelne Aufsichtsratsmitglied hiergegen mit Hilfe der Kompetenzschutzklage vorgehen: Ihm steht zwar kein subjektivrechtlicher Anspruch darauf zu, daß eine M a ß n a h m e des Vorstands ohne die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats unterbleibe; wohl aber steht ihm zum Schutz seiner fremdnützigen Kompetenz ein Organrecht

dieses

Inhalts zu. X I I . Entgegen verbreiteter Kritik läßt sich die Bestimmung in § 6 1 II 1 G m b H G , daß die Auflösungsklage in der G m b H gegen diese zu richten ist, aus dem materiellen Verbandsrecht überzeugend begründen. Denn die G m b H ist Trägerin des Zweckverfolgungsinteresses und nimmt das dahin lautende Interesse der Gesell-

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§12 Die wichtigsten Ergebnisse in Thesen

schafter in sich auf. Solange einzelne Gesellschafter an der Zweckverfolgung festhalten wollen, verteidigt die Gesellschaft dies Interesse gegen diejenigen Gesellschafter, welche der Zweckverfolgung mit Hilfe der Auflösungsklage ein Ende zu bereiten trachten. XIII. In der Zweimanngesellschaft sind gesellschaftsinterne Streitigkeiten immer zwischen den Gesellschaftern auszutragen. Die Beklagtenrolle der Gesellschaft vermag hier unter keinem Gesichtspunkt den prozeßökonomischen Ertrag zu erbringen, der ihr in mehrgliedrigen Gesellschaften beigemessen werden konnte; außerdem vertreten die Gesellschafter Vorstellungen, die typischerweise stark von ihren individuellen Interessen geleitet sind, so daß es nicht angemessen erscheint, das Gesellschaftsvermögen mit den Prozeßkosten zu belasten. Es sind also Klagen auf Erfüllung von Mitgliedspflichten und die Ausschlußklage zwingend vom einen Gesellschafter im Wege der actio pro socio gegen den anderen geltend zu machen; ebenso die Beschlußmängelklage. Ausnahmsweise ist auch in der Zwei-Mann-GmbH mit Fremdgeschäftsführer die Kompetenzschutzklage gegen die Gesellschaft zu richten; in diesem Fall läßt sich der Streit nicht als Konflikt zwischen den beiden Gesellschaftern darstellen. XIV. 1. Die Gesellschaft ist als Partei im gesellschaftsinternen Konflikt ferner dann ungeeignet, wenn - selbst in der mehrgliedrigen Gesellschaft - zwei Gesellschafter versuchen, sich gegenseitig aus der Gesellschaft auszuschließen. Denn die Gesellschaft wäre dann in beiden Ausschlußprozessen gezwungen, dem jeweils beklagten Gesellschafter entsprechend schwere Versäumnisse vorzuwerfen; dies könnte sie zwingen, widersprüchliche Standpunkte zu verfechten, weil häufig die am Ausschlußduell beteiligten Gesellschafter sich wechselseitig die Schuld an Mißständen in der Gesellschaft zuweisen. Es bleibt in einem solchen Fall nichts anderes übrig, als daß diese beiden Gesellschafter im Wege der actio pro socio - verbunden als Klage und Widerklage - wechselseitig gegeneinander die Ausschlußklage erheben. 2. Ergibt der Prozeß, daß beide Gesellschafter einen wichtigen Grund gesetzt haben, so hat das Gericht die übrigen Gesellschafter hierüber zu informieren; diese müssen nunmehr entscheiden, ob sie den Ausschluß beider Gesellschafter beschließen wollen. Kommt ein solcher Beschluß zustande, so kann die Gesellschaft in den laufenden Rechtsstreit im Wege der Hauptintervention nach § 64 ZPO eintreten. Die Hauptintervention ist eine doppelte, weil durch die Ausschlußklage und -Widerklage zwei selbständige Prozeßrechtsverhältnisse zustande gekommen sind: Die Gesellschaft muß zum einen den Ausschlußbeklagten auf Ausschluß und den Ausschlußkläger auf Feststellung verklagen, daß dieser zur Erhebung der Ausschlußklage nicht befugt sei; umgekehrt muß sie den Ausschlußwiderbeklagten auf Ausschluß und den Ausschlußwiderkläger auf Feststellung verklagen, daß dieser zur Erhebung der Ausschlußwiderklage nicht befugt sei. Kommt ein auf die Erhebung der Hauptintervention gerichteter Gesellschafterbeschluß nicht zustande, weil unter den Gesellschaftern die nötige Einstimmigkeit (in der Personengesellschaft) oder Mehrheit (in der GmbH) nicht erreicht worden ist, so kann die Haupt-

§12

Die wichtigsten

Ergebnisse

in

Thesen

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Intervention von einem einzelnen Gesellschafter im Wege der actio pro socio erhoben werden. In der Personengesellschaft scheidet diese Möglichkeit aus, wenn der Gesellschaftsvertrag an die Kündigung durch einen Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft knüpft. Denn die Hauptintervention bedeutet in der Sache nichts anderes als die Erhebung Ausschlußklage gegen beide am Ausschlußduell beteiligten Gesellschafter; die Möglichkeit, sie im Wege der actio pro socio zu erheben, stößt daher auf die gleichen Grenzen, wie sie für die Ausschlußklage gelten. XV. 1. Kann kraft besonderer Anordnung in Gesellschaftsvertrag oder Satzung ein Gesellschafter durch bloßen Gesellschafterbeschluß ausgeschlossen werden, so hat der auf diese Weise ausgeschlossene Gesellschafter diesen Beschluß in allen Gesellschaftsformen, in denen eine solche Gestaltung zulässig ist (auf jeden Fall in G m b H und Personengesellschaft; in der AG zweifelhaft wegen § 2 3 V AktG), innerhalb der hierfür geltenden Frist anzufechten. Versäumt er dies, so wird der Ausschluß endgültig wirksam. 2. Hat ein Aktionär seine Aktien oder GmbH-Gesellschafter seinen Geschäftsanteil veräußert, ist diese Veräußerung aber nach § 6 8 II 1 AktG bzw. § 15 V G m b H G von der Genehmigung durch die Gesellschaft abhängig, so muß eine etwaige Klage auf Erteilung dieser Genehmigung gegen die Gesellschaft gerichtet werden. In der Veräußerung der Aktien bzw. des Anteils liegt die konkludente Ermächtigung an den Erwerber, den Anspruch auf diese Zustimmung im eigenen Namen geltend zu machen. Der Erwerber hat auch ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Rechtsverfolgung im eigenen Namen; er kann somit in gewillkürter Prozeßstandschaft klagen. Sofern freilich für die Genehmigung ein Gesellschafterbeschluß erforderlich ist, entfällt diese Möglichkeit, den Zustimmungsanspruch durchzusetzen; in diesem Fall ist nämlich der Erwerber darauf verwiesen, die Genehmigung im Wege der positiven Beschlußfeststellungsklage zu erzwingen, welche nicht von außenstehenden Dritten im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft erhoben werden kann. 3. Besteht in anderer Weise Streit darüber, ob eine Person Mitglied einer Gesellschaft ist, so ist dieser Streit im Wege der Feststellungsklage zwischen den Gesellschaftern auszutragen, wobei diese sich abermals die Erleichterungen zunutze machen können, welche aus der oben (VI 4 b) geschilderten Fortschreibung des § 8 5 6 Z P O folgen: Der Feststellungskläger muß nur einen derjenigen Gesellschafter verklagen, die seiner Rechtsauffassung widersprechen; beide können sodann die übrigen Gesellschafter beiladen. Die Gesellschaft ist als Partei ungeeignet, weil die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises für das Interesse an der Zweckverfolgung grundsätzlich bedeutungslos ist und sich daher keine Rechtsbehauptung eindeutig festlegen läßt, mit der die Gesellschaft in den Rechtsstreit eintreten könnte.

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Vertagungsklauseln in den Satzungen mitbestimmter Aktiengesellschaf-

ten, A G 1 9 7 9 , 3 3 0 f f . Werner,

Winfried,

Zuständigkeitsverlagerungen in der Aktiengesellschaft durch Richter-

recht?, Z H R 1 4 7 ( 1 9 8 3 ) , 4 2 9 f f . Werner,

Fehlentwicklungen

Winfried,

in aktienrechtlichen

Auskunftsstreitigkeiten,

FS

Theodor Heinsius, Berlin/New York 1 9 9 1 , S. 9 1 1 ff. Werner,

Winfried,

Z u r Treupflicht des Kleinaktionärs, FS Johannes Semler, Berlin/New

York 1 9 9 3 , 4 1 9 f f . Westermann,

Harm

Peter, Vertragsfreiheit

und Typengesetzlichkeit im Recht der Personen-

gesellschaft, Berlin/Heidelberg/New York 1 9 7 0 Westermann,

Harm

Peter,

GmbH-Konzernrecht kraft richterlicher

Rechtsfortbildung?,

GmbHR 1976, 77ff. Westermann,

Harm

Peter,

Z u m Verhalten des Großaktionärs bei Umtauschangeboten ge-

m ä ß § 3 0 5 AktG, A G 1 9 7 6 , 3 0 9 f f . Westermann,

Harm

Peter,

Die Anpassung von Gesellschaftsverträgen an veränderte Um-

stände, FS Wolfgang Hefermehl 1 9 7 6 , 2 2 5 ff. Westermann,

Harm Peter, Die Ausschließungsklage gem. § 1 4 0 H G B - eine stumpfe Waffe?,

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Sachwortverzeichnis Abfindung - Ausschlußklage 186, 2 4 3 f f . - Einziehung 675 - Feststellungsklage 2 4 7 - Kapitalbindung 636 - verbotene Auszahlung 2 4 5 ff. A b h a n d e n k o m m e n 612 Abhängigkeitsbericht 2 9 8 Abhängigkeitsprüfung 2 9 8 Abspaltungsverbot 6 9 7 actio pro socio 45ff., 2 2 8 , 2 6 1 , 265f., 345, 4 5 3 - Anspruchsverzicht 87, 94ff. - Ausschlußklage 2 3 1 , 2 3 5 f f . , 654f., 711, 715f., 7 2 4 f . - Beschlußanfechtung 2 7 9 f., 5 1 7 - Beweislast 102, 109 - Deliktsrecht 52 ff. - Drittgeschäfte des Gesellschafters 92f. - eigener Anspruch 46 ff. - Einforderungsbeschluß 129 - Einlageanspruch 105ff., 117, 138 - Eventualklage 7 1 1 f. - Fremdgeschäftsführer 138ff., 7 1 4 f . - gegen Dritte 91 f. - Gesellschafterwechsel 152ff., 256, 715 - Hauptintervention 98ff., 132f., 6 5 7 - Innengesellschaft 4 8 , 52f. - Insolvenz der Gesellschaft 122 f. - Klagebefugnis von Aufsichtsratsmitgliedern 6 1 9 f f . - Kompetenzordnung - A G 111 ff., 136f. - G m b H 74 ff. - Personengesellschaft 104 ff. - Liquidation 170 f. - nach gefaßtem Einforderungsbeschluß 82 f. - Nachtragsliquidation 105

- Nebenintervention 102ff., 109, 129, 132f., 169, 4 7 6 , 7 1 4 - Organstreitigkeiten 615f. - präventive 144ff., 4 7 6 , 622f., 7 1 5 , 720 - Prozeßkosten 81, 102f., 112, 159, 498, 621f. - Prozeßstandschaft 50, 73, 109, 118ff., 159, 6 0 4 , 7 1 4 - rechtliches Gehör 97f., 104 - Rechtshängigkeit 118ff., 132, 7 1 5 - Rechtskraft 118ff., 715 - stimmrechtsloser Anteil 94 - Schadenersatz 105f., 111 ff., 151 - Subsidiarität 80ff 108ff. - Treuepflicht als Anspruchsgrundlage, 47ff. - Treuepflicht als M a ß s t a b 55ff. - Tu-quoque-Einwand 93 f. - übergangener Gesellschafter 96 ff. - Unabdingbarkeit 118 - Unterlassungsanspruch 144ff. - verbotene Auszahlung 116f., 138 - Verhältnis zur Kompetenzschutzklage 7 - Vereinfachungsfunktion 8 6 ff. - Vertragskonzern 113ff., 129 - Verzichtsbeschluß 94ff. - Zustimmungsklage 3 3 7 - Zustimmungspflicht 4 7 5 f. - Zweckförderpflicht 4 6 , 90ff. - Zweimanngesellschaft 50, 6 4 1 f., 647f., 7 2 4 Agio 3 2 5 Aktienamt 2 8 9 f . , 2 9 2 Aktienrechtsnovelle 2 8 7 , 4 2 5 , 4 4 1 , 529 Aktionär - Desinvestition 528, 5 3 3 - Informationsanspruch 528f.

772

Sachwortverzeichnis

- räuberischer 180 Aktionärsklage s. Kompetenzschutzklage AMG-Urteil 6 9 6 ff. Anerkenntnis - sofortiges 4 9 4 f . Anerkenntnisurteil 3 1 6 , 5 5 2 f f . , 7 1 7 Anfechtung - Willensmängel 2 0 8 , 4 0 3 Anfechtungsbefugnis 4 0 1 , 4 2 5 , 4 3 7 , 718f., 720 - Aufsichtsrat 5 1 5 f f . , 5 5 3 - Beschluß 5 6 4 f . , 5 7 1 ff. - drohende Ersatzpflicht 3 8 0 , 6 1 6 f f . - drohende Strafbarkeit 3 8 0 , 6 1 6 f f . - genehmigtes Kapital 5 3 1 - Geschäftsführer 3 6 1 - GmbH-Geschäftsführer 3 7 7 f f . - GmbH-Gesellschafter 3 7 2 f . - Kommanditist 4 5 2 f . , 7 2 0 - Mitgliederwechsel 3 6 5 - Personengesellschaft 4 5 0 f . - Protokoll Widerspruch 3 7 3 ff. - Prozeßvoraussetzung 3 9 6 f. - Verwaltungsmitglieder 2 8 9 , 3 1 5 f . , 488, 514f., 544, 553, 613, 616ff. - Vorstand 2 8 8 , 3 1 5 f . , 3 6 1 , 3 7 7 f f . , 5 1 4 , 544f., 533, 571f., 594, 597f. Anfechtungsfrist - AG 2 6 8 , 3 0 0 , 3 0 4 - Präklusion von Anfechtungsgründen 306ff. - prozessuale Frist 4 8 9 - Schadensersatz 2 8 0 Anfechtungsklage 4 7 8 (-> s.a. Beschlußanfechtung) Anteils vererbung 164 Anwachsung 1 6 9 f . ARAG-Urteil 87f., 6 0 6 , 6 1 4 f . , 6 1 9 , 6 2 1 Auflösung - übertragende 286 Auflösungsbeschluß 2 8 3 , 6 2 7 - Beschlußkompetenz 7 0 - materielle Beschlußkontrolle 6 2 8 f. - positive Beschlußfeststellungsklage 627f. - Projektionsidee 6 2 8 f f . , 6 3 4 Auflösungsklage 2 8 1 ff. - Beiladungsmodell 6 3 2

- des ausgeschlossenen Gesellschafters 2 4 9 , 2 5 5 f. -

Gestaltungsklageprinzip 6 2 4 f f . Gestaltungswirkung 3 1 1 f. GmbH 624ff., 692 K G 6 3 1 ff.

- Klagegegner 6 3 1 f f . , 7 0 4 , 7 0 6 , 7 1 0 , 7 2 3 f. - mehrseitiger Gestaltungsprozeß 6 3 1 f. - Mitgliederwechsel 6 3 5 f f . - nachträgliche Schiedsklausel 3 5 4 - Nebenintervention 3 1 1 f., 6 2 5 f f . - O H G 6 3 1 ff. - Quorum 191 f., 6 2 4 f . - Rechtskraft 6 2 5 , 6 2 7 f . - Streitgegenstand 6 3 2 - Streitgenossenschaft. 6 3 1 - Unterrichtung vom Prozeß 6 2 6 - Veräußerung der streitbefangenen Sache 6 3 5 ff. - Zerwürfnis 6 3 7 Auflösungsklausel 2 3 1 , 2 4 3 Aufsichtsrat 5 1 5 , 5 5 3 - Beschluß 5 6 2 f f . , 5 6 6 f f . - Betreibung von Ansprüchen gegen Vorstand 87 - Haftung 6 9 f. - Sitzungsfrequenz 5 7 7 - Überwachungspflicht 6 9 f . - Vertretungsmacht 5 7 3 - Vorsitzender 5 7 4 f . , 5 9 5 f . , 5 9 9 , 6 0 9 - Vorstandsberichte 5 7 6 ff. - Vorstandswahl 5 7 0 - Zustimmungsvorbehalt 5 6 9 , 5 7 2 , 599ff., 609ff., 622, 723 - Zweimanngesellschaft 6 4 3 , 6 4 8 f. Ausfallhaftung 4 9 , 71ff., 1 9 0 , 2 4 4 , 2 8 1 Auskunftserzwingungsverfahren 2 9 7 f f . Ausschließungsbeschluß 2 5 7 , 4 4 6 f . , 4 9 6 , 6 5 8 ff. - Anfechtung 6 7 3 ff. - Klagefrist 6 7 3 ff. - Rechtsmißbrauch 6 7 6 f f . - Stimmverbot 6 7 5 , 6 7 9 - unwirksamer 6 7 4 f . , 6 7 8 - Zweimanngesellschaft 6 7 9 f. Ausschlußklage 179ff., 2 6 2 , 3 4 6 - Abfindung 1 8 6 , 2 4 3 ff., 7 1 6 - Auflösungsmodell 2 4 8 ff.

Sachwortverzeichnis

773

- Aufrechnung 2 4 5 - auflösende Bedingung 2 5 0 - aufschiebende Bedingung 245ff., 250, 252 - Berechnungsstichtag 195 - Feststellung des Ausschlußgrundes 259f. - Gleichwertigkeit des Gesellschaftsinteresses 2 5 9 - Kapitalbindung 2 4 4 f f . , 2 4 5 f . , 2 5 2 , 254ff. - kein Vorrang des Gesellschaftsinteresses 2 4 5 - KG 244 - Mitwirkung des Ausschlußbeklagten 246 - O H G 2 4 3 ff. - vorläufige 2 5 0 f . , 2 5 2 f f . actio pro socio 2 3 1 , 2 3 5 f f . , 2 5 6 , 654f., 711, 715f., 724f. AG 1 7 9 f . , 2 3 9 f f . Aktivlegitimation 2 0 2 f f . , 2 2 6 f f . , 2 3 9 f . Auflösungsmodell 7 1 6 Ausfallhaftung 2 4 4 Ausschlußanspruch 1 8 4 , 6 5 2 , 7 1 5 Ausschlußduell 6 4 9 f f . , 7 2 4 Ausschlußgrund 6 3 3 Beiladungsmodell 2 1 6 f f . , 2 6 3 Duldungsanspruch gegen Mitgesellschafter 2 0 5 f . Eventualklage 7 1 1 f. Frontenwechsel 2 1 4 Gesellschaft als Prozeßstandschafter 1 8 4 f.

- kein Strafcharakter 2 4 5 - kollektives Verteidigungsrecht 1 9 7 ,

Gesellschafterbeschluß 1 8 5 f . , 1 9 0 f f . , 227f., 237, 240, 247 - Anfechtung 1 9 4 ff. - Mehrheitsquorum 190ff. - Prozeßvoraussetzung 194 f. - Stimmverbot 1 9 4 , 2 2 7 Gesellschafterwechsel 2 5 6 f f . , 7 1 6 Gestaltungsanspruch 182 ff. Gestaltungsklage 181 f., 1 9 6 , 7 1 5 Gestaltungswirkung 2 1 7 f f . Gleichbehandlungsgebot 6 5 2 f. G m b H 179ff., 2 3 9 f f . Hauptintervention 6 5 5 f f . , 7 2 4 f . individuelles Verteidigungsrecht 2 1 3 Kapitalgesellschaften 1 7 9 ff.

Austritt - aus wichtigem Grund 2 5 5 , 6 3 6 f. Austrittsregel -> s. Fortsetzungsklausel

216 - Kostengerechtigkeit 2 3 2 f f . - mehrere Ausschlußbeklagte 2 0 4 , 2 0 7 , 2 1 1 , 2 1 5 , 2 1 8 , 236f. - Mehrheitsquorum 7 1 5 - mehrseitiger Gestaltungsprozeß 2 1 2 f f . , 2 2 8 , 2 3 2 f. - Minderheitsquorum 1 9 4 - Mitwirkungsklage 2 0 3 f f . , 2 3 7 , 2 3 8 f . , 474 - Aktivlegitimation 2 3 1 - Nebenintervention 2 0 4 f f . , 2 1 7 f . , 6 5 0 , 655f., 715f. - Projektionsidee 197ff. - Rechtskraft 2 1 9 - Stimmverbot 2 3 6 f . , 6 4 9 f . - Streitgegenstand 2 1 1 , 2 1 3 ff. - Streitgenossenschaft 2 0 2 f . , 2 1 4 f f . - Suspendierung der Gesellschafterrechte 2 4 6 , 2 5 1 ff. - Treuepflicht 1 8 3 - Unterrichtung vom Prozeß 6 5 5 f. - Vertretungsmacht 7 1 5 - Vorrang des Gesellschaftsinteresses 264 - Widerklage 6 5 0 , 6 5 2 , 6 5 4 f . - Zustimmungsklage -> s. Mitwirkungsklage - Zweckförderpflicht 1 8 4 , 1 9 8 - Zweimanngesellschaft 6 4 0 , 7 2 4 Außergewöhnliches Geschäft 6, 8, 1 4 8 f . ,

681

Bebauungsplan 5 1 1 f. Befangenheit 1 5 5 , 3 5 1 , 4 6 9 Befolgungsanspruch 6f., 11 ff., 141 ff., 2 0 1 , 6 0 4 , 7 1 3 - verbandsrechtliche Grundlage 3 6 ff. Beiladungsmodell 4 1 8 , 4 1 9 , 4 4 5 , 4 6 1 , 558ff., 634, 648f., 662ff., 687, 689f., 692f., 695, 703, 705, 709, 719, 720f., 725 - Auflösungsklage 6 3 2 - Ausschlußklage 2 1 6 f f . , 2 6 3

774

Sachwortverzeichnis

- Beschlußanfechtung 3 8 5 f . - Feststellungsklage 2 2 3 f . , 4 1 2 f . - Mitgliedschaftsfeststellungsklage 6 8 6 f . - Nebenintervention - streitgenössische 2 2 4 - Streitgenossenschaft 2 2 4 Beirat 4 6 6 , 5 1 6 f f . , 7 2 1 f. Beschluß - Antrag und Abstimmung 3 3 7 - Rechtsgeschäft 3 3 3 - unwirksamer 3 5 3 f f . , 4 1 8 f . , 6 7 4 f . , 6 7 8 - Beschlußanfechtung 4 4 7 - Verbrauch des Antrags 3 3 7 f . Beschlußanfechtung - Abwehranspruch 7 1 6 - Abwehrklage 2 7 7 f f . - actio pro socio 2 7 9 f . , . 5 1 7 - AG 268 - Anerkenntnis 3 1 6 , 5 5 2 f f . , 7 1 7 - Anspruch auf rechtmäßige Beschlüsse 277ff., 289 - Aufhebungsanspruch 3 8 3 , 4 2 7 f f . - aufschiebende Wirkung 5 3 7 , 6 7 4 - Aufsichtsrat - Anfechtungsbefugnis 5 1 5 ff. - Klagebefugnis 5 7 1 ff. - Klageerfordernis 5 7 0 - Klagefrist 5 1 8 , 5 7 6 f . - Klagegegner 5 7 3 ff. - fakultativer 5 1 6 f f . , 5 7 7 - obligatorischer 5 1 5 - Ausschließungsbeschluß 6 7 3 ff., 7 2 5 - Ausschlußklagebeschluß 194 ff. - Außenwirkung 2 2 0 f . , 2 7 2 f . , 2 9 1 , 429ff., 466f. - Beiladungsmodell 3 8 5 f . - Beirat 5 1 6 f f . - Benachrichtigung der Gesellschafter 104 - Beschlußverteidigung durch Gesellschaftsorgane 3 7 7 f f . - Einberufungsmangel 2 4 7 , 4 0 1 , 4 0 5 , 567 - Einforderungsbeschluß 9 7 -

- negativer 111 Entlastung 2 9 8 ergänzende Vertragsauslegung 4 4 2 f . Erstreckung auf Folgebeschlüsse 2 6 9 fehlerhaft festgestelltes Abstimmungsergebnis 3 2 8 f.

-

Genußscheininhaber 4 3 8 Gesellschafterwechsel 7 1 8 Gestaltungsklage 2 6 8 f f . , 5 0 4 Gestaltungswirkung 2 2 2 Geständnis 5 5 4 G m b H 3 70ff. - Anfechtungsbefugnis 3 7 2 , 7 1 8 f . - Anfechtungserklärung 3 83 f. - Anfechtungsgegenstand 3 7 0 ff. - Informationsverweigerung 3 0 1 , 405 -

Klageerfordernis 3 8 1 ff. Klagefrist 3 9 2 f f . , 7 1 8 Klagegegner 4 0 5 f f . unstreitiger Beschluß 3 7 2 , 4 0 1

- Vergleichsverhandlungen 3 8 8 , 3 9 3 , 395, 402ff. - Heilung 4 2 9 - Institutionenbildung 4 4 1 f. - Jahresabschluß 4 3 0 - KG 719 - Anfechtungsgegenstand 7 1 9 , 7 2 0 - Klagefrist 7 2 0 - Klagefrist 4 2 5 , 4 3 9 - feste 3 9 9 f f . - Fristbeginn 4 0 0 f f . - G m b H 196 - Kleine AG 4 0 0 , 4 0 4 f . - Präklusion von Anfechtungsgründen 196 - prozessuale Frist 3 9 6 , 4 0 3 , 4 8 9 - Rechtsmißbrauch 6 7 6 ff. - Überlegungsfrist 4 0 4 - Klagegegner 2 9 4 f f . , 3 1 4 , 4 3 8 f . , 7 1 6 - Klageverbindung 3 0 2 f f . - Kontrollfunktion 2 7 6 ff. - Kostengerechtigkeit 3 2 4 f f . , 4 9 3 f f . - Legalitätskontrolle 3 0 6 - mehrere Kläger 3 0 2 f f . - Mehrheitsbefugnisse 4 3 4 f f . - Mitgliederwechsel 1 5 8 , 3 6 4 f f . - Nebenintervention 3 1 1 ff., 4 0 6 , 4 3 9 , 552ff., 717 - Interventionsbefugnis 3 1 9 f f . - Nichtigkeitsklage 7 1 9 - objektive Rechtskontrolle 3 7 2 f . , 450ff. - objektives Rechtsbeanstandungsverfahren 1 4 8 , 2 8 7 f f . , 7 1 6

Sackwortverzeichnis O H G 719 - Anfechtungsgegenstand 719, 720 - Klagefrist 720 organübergreifende 5 1 4 f f . , 7 2 1 f . Parteiwechsel 3 6 7 f . passive Prozeßstandschaft 4 9 6 Passivrubrum 2 9 5 , 326, 4 9 4 Personengesellschaft 4 2 0 ff. - Anfechtungsbefugnis 4 5 0 ff. - Anfechtungsgegenstand 4 4 5 ff. - Klagefrist 4 3 9 , 4 4 4 - Klagegegner 4 3 8 f., 4 4 4 , 5 4 7 - Vertragsänderung 4 2 4 Popularklage 2 7 6 Prozeßkosten 2 3 4 , 324ff., 4 9 3 f f . Prozeßstandschaft 700 prozessuale Befugnis 288, 3 6 7 Publikums-KG 4 2 2 , 4 2 4 Rechtshängigkeit 302 ff. rechtliches Gehör 3 1 1 ff. Rechtskraft 104, 111, 2 2 2 , 2 7 3 , 296f., 302, 308, 312, 314f., 339, 384ff., 406, 4 2 8 , 5 5 1 f., 575f., 6 4 8 f . - klageabweisendes Urteil 321 f. Rechtsschutzvertrauen 7 1 7 Rückwirkung 268 schwebende Wirksamkeit des Beschlusses 2 6 8 Selbstkontrolle 2 8 9 f f . Sondervertreter 5 4 5 Sondervorteil 333, 4 4 2 , 718 Stimmbindungsvertrag 4 9 9 f f . , 721 - Klagefrist 5 1 3 f . Streitgegenstand 2 7 0 f . , 303ff., 362 Streitgenossenschaft 314f., 4 2 1 f. streitiger Beschluß 704, 7 0 7 Streitwertspaltung 328 subjektive Rechtsverletzung 2 7 6 , 700 Teilurteil 2 7 5 Treuepflicht - Klagefrist 397ff., 4 3 6 Treuepflichtverstoß 78 Unterrichtung v o m Prozeß 313, 3 2 1 ff., 4 0 6 f f . , 5 3 3 , 5 5 5 , 7 1 7 unwirksamer Beschluß 4 4 7 , 4 5 4 f f . Veräußerung der streitbefangenen Sache 3 6 6 f f . Verbindung mit Kompetenzschutzklage 5 4 1 f. Vereinsrecht 5 7 5

775

- Verfahrensfehler - B e k a n n t m a c h u n g der Tagesordnung 299 - Informationspflichtverstoß 2 9 8 - potentielle Kausalität 2 9 7 f . - Relevanztheorie 2 9 8 f . - Vergleichsbeschluß 95 f. - Verhältnis zur Auskunftserzwingung 297ff. - Verhältnis zur Registerkontrolle 2 9 1 ff. - Versammlungsleiter 195 - Versäumnisurteil 554 - Verteidigungspflicht der Gesellschaftsorgane 4 1 1 , 7 1 6 f . - Vertretungsmacht 3 1 6 , 544, 6 1 3 - Verzichtsbeschluß 95 f. - Vinkulierung 699ff. - vorläufige Wirksamkeit 4 4 0 , 537, 6 7 4 - Vorstandsbeschluß - Anfechtungsbefugnis 5 3 1 - genehmigtes Kapital 5 3 0 f f . - Klagefrist 5 3 1 - subjektive Rechtsverletzung 5 3 0 f . - Widerklage 4 1 7 f . , 709 - Widerspruch 4 5 3 f. - Zuständigkeit 646 - Zweimanngesellschaft 642f., 7 2 4 Beschlußersetzende Gestaltungsklage 4 6 4 , 4 7 5 ff., 609 ff., 717, 720 - Klagefrist 4 8 7 f f . Beschlußmängelklage 15, 49 - Anspruch auf Beschlußbeseitigung 15 - mißbräuchliche 58 - Prozeßverbindung 142 Beschlußmängelstreitigkeiten s. Beschlußanfechtung Beschlußunfähigkeit 569 Betriebsübergang 164f. Bezugsrecht - Bezugsrechtsausschluß -»• s. d o r t - Feststellungsklage 6 9 0 Bezugsrechtsausschluß 13, 537f., 6 7 5 f . - A k t i o n ä r s i n f o r m a t i o n 5 2 1 ff. - Aufsichtsratsbeschluß 7 2 2 - Beteiligungserwerb 5 2 2 f . - Beurteilungsspielraum 2 8 3 - Börsengang 5 2 2 - Duldungspflicht 2 8 4 - einstweilige Verfügung 5 2 7

776

Sachwortverzeichnis

- genehmigtes Kapital 13, 5 1 9 f f . , 722 - G m b H 189f. - Kapitalmarktflexibilität 5 2 6 f f . - Kompetenzschutzklage 13 - M e h r h e i t s q u o r u m 192 ff. - Mißbrauchskontrolle 187f. - sachliche Rechtfertigung 187f., 2 8 3 - sachlicher G r u n d 522, 5 3 7 f . - Stimmberechtigung 193 - Teilausschluß 188f., 192ff., 2 8 3 , 5 2 0 - Treuepflicht 2 84 f. - Unterlassungsklage 5 2 0 f . - Vermögensschutz 188 - Vorabbericht 5 2 3 f f „ 722 - Vorstandsbericht 2 8 3 Bißsperre 136 Buchwertklausel 3 5 4 Bürgenhaftung 72 Business judgement rule 143f. C o r p o r a t e Governance 614f. Delisting 5 Fn. 2 Depotstimmrecht 114f. Dividendenbeschluß 4 3 0 , 503, 7 0 1 - Nichtigkeit 2 9 1 (- s.a. geschäftsführender Gesellschafter) Konfusionsargument 66 Kostengerechtigkeit - Ausschlußklage 2 3 2 f f . - Beschlußanfechtung 4 9 3 f. - Feststellungsklage 6 8 5 - Zweimanngesellschaft 6 3 9 f . Kündigung 7 1 5 f. - außerordentliche 1 9 7 - durch Gesellschaftergläubiger 2 4 9 Kündigungsschutzklage 5 4 2 Legalzession 7 2

Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft 62f., 633 - Kapitalerhöhung 5 3 8 Leistungsvermehrung 2 4 4 , 3 5 3 , 4 1 8 , 479, 675 Linotype-Urteil 2 8 5 f. Materiellrechtliche Abhängigkeit 6 6 7 f f . Mediatisierung der Parteirolle 2 6 5 , 3 1 8 , 324, 326, 387, 405f., 411, 413f., 494, 551ff., 583, 624ff. Mehrheitsprinzip 3 2 6 f f . , 3 4 5 f f . , 3 5 3 , 374ff., 411, 423, 435f., 439ff., 446, 454, 471, 479, 503, 507, 571, 716 - Bestimmtheitsgrundsatz 4 4 8 f. - Kernbereichslehre 4 4 9 Mehrseitiger Gestaltungsprozeß 2 1 2 f f . , 2 2 8 , 6 3 1 f. - Kostenrisiko 2 3 2 f . Minimax-Urteil 180 Mitbestimmung 7 0 , 1 4 7 , 3 7 8 f . , 5 6 8 , 6 0 6 Mitgliedschaft - Herrschaftsrecht 2 7 - sonstiges Recht 22ff., 2 7 8 - subjektives Recht 19 ff. Nacherbfolge 1 5 3 , 1 6 2 Nachlaßverwalter 1 5 4 , 176 Nachschußpflicht 2 3 5 , 4 9 8 Nebenintervention - actio pro socio 1 2 9 , 132f., 1 6 9 - Auflösungsklage 3 1 1 f. - Ausschlußklage 2 0 4 f f . , 2 1 7 f . , 2 3 7 f . - Beschlußanfechtung 3 1 1 f f . , 4 3 9 - streitgenössische 102ff., 1 0 9 , 1 2 9 , 157, 169, 237f., 265, 313ff., 406, 634 - actio pro socio 4 7 6 , 7 1 4 - Auflösungsklage 6 2 5 - Ausschlußklage 6 5 0 , 6 5 5 f . , 7 1 5 f . - Beiladungsmodell 2 2 4 - Beschlußanfechtung 5 5 2 f f . , 7 1 7 - Feststellungsklage 4 6 1 - Interventionsbefugnis 3 1 9 f f . - positive Beschlußfeststellungsklage 3 4 2 ff., 3 6 1 f . , 4 6 3 - Veräußerung der streitbefangenen Sache 1 5 7 Nichtigkeit - Aufsichtsratsbeschluß 5 1 6 , 5 6 3 , 5 6 6 f f .

Sachwortverzeichnis -

Beschlußmängel - Einberufungsmangel 4 0 1 , 5 6 7 (-> s. auch dort) - Dividendenbeschluß 2 9 1 - Einziehungsbeschluß 2 5 2 f . - Formmangel 4 2 6 - Gesetzesverstoß 4 2 5 f . - Gleichbehandlungsgebot 5 6 8 - interne 3 8 3 , 4 2 7 f f . - Kompetenzüberschreitung 5 6 9 - negativer Einforderungsbeschluß 75 - öffentliches Interesse 5 6 8 - Sittenwidrigkeit 4 2 5 f. - Stimmabgabe 6 0 9 - Vinkulierung 7 0 1 Nichtigkeitsklage - Anspruch auf rechtmäßige Beschlüsse 277ff. - Aufsichtsratsbeschluß 6 0 8 - Beschlußmängel 2 4 7 , 3 8 6 f f . , 5 3 0 , 7 1 8 - Gestaltungsklage 2 7 0 f f . , 3 5 6 - Heilung 3 8 9 , 3 9 1 , 3 9 5 - Klagegegner 2 9 4 f f . - Mitgliederwechsel 3 6 8 f . - öffentliches Interesse 4 3 3 f . - Personengesellschaft 4 4 8 - Verhältnis zur Anfechtungsklage 356 - erschlichene Zustellung 3 2 3 - Feststellungsklage 2 7 4 - Geschäftsführer 3 8 0 f . - Streitgegenstand 2 7 0 f . , 3 0 4 , 3 0 6 - Wiederaufnahme 2 0 8 , 2 3 6 , 3 1 6 , 322f., 555, 559, 561 Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit 5 8 7 Nießbrauch 2 0 f. Notfrist 3 96 f. Objektives Rechtsbeanstandungsverfahren 5 8 0 f . Opel-Urteil 6 0 5 ff. Organhaftung 5 4 f . , 1 4 4 , 6 1 9 f f . Organpflicht 17 - Zweckförderung 143 Organrecht 17 Organstreitigkeiten 5 6 2 f f . , 7 2 2 f . - actio pro socio 6 1 5 f . - funktionelle Parteilehre 5 8 7 f f . - Gesellschaft als Partei 5 83 ff.

781

- Informationsanspruch 5 7 9 f f . - Klagegegner 5 9 5 f. - Mitgliederwechsel 5 9 6 f f . - objektives Rechtsbeanstandungsverfahren 5 8 0 f . -

Organrechtsfähigkeit 5 7 9 f . , 5 9 0 f f . Parteifähigkeit 5 9 4 Prozeßkosten 5 8 4 , 6 1 3 Prozeßstandschaft 5 8 1 f., 6 0 3 Trennung von Amt u. Person 5 9 8 f. Vertretungsmacht 5 7 9

Parteibegriff 121 Parteibeitritt 131 f. Parteifähigkeit - Organe 5 9 4 - Vorstand 2 8 8 Parteiwechsel 153ff., 3 6 6 f . - gewillkürter 1 5 8 , 1 7 4 f . , 6 1 3 f . - Organstreitigkeiten 5 9 7 - Rückfall der Prozeßführungsbefugnis 1 7 2 ff. Passivrubrum 2 9 5 , 3 2 6 , 4 9 4 Patronatserklärung 6 0 6 f. Personalistische Gesellschaft 1 0 7 , 2 0 1 , 3 9 1 f., 3 9 5 , 3 9 9 , 4 0 6 , 4 2 3 f . , 4 3 8 , 7 1 9 Pfandrecht 2 0 f. Pflichtrecht 1 0 , 2 8 Planungsermessen - Vorabbindung 5 1 1 f. Positive Beschlußfeststellungsklage 9 6 , 141, 328ff., 345ff., 470f., 477, 717 - Ablehnungsbeschluß 3 2 9 f . - Anfechtungseinwand 3 6 0 f f . , 4 1 6 f . - Auflösungsbeschluß 6 2 7 f . - Auflösungsquorum 2 4 0 - Aufsichtsratsbeschluß 6 0 8 f., 6 1 1 - beschlußersetzende Gestaltungsklage 3 2 6 ff. - Einberufungsquorum 3 4 9 f . - Einforderungsbeschluß 8 4 , 1 1 5 f . - Ermessensfehler 3 5 0 f f . - fehlerhaft festgestelltes Abstimmungsergebnis 3 2 8 f . - Gestaltungswirkung 3 3 9 f . , 3 6 2 , 4 7 0 f . - Individualzustimmung 3 5 3 f f . - Kapitalerhöhung 3 4 9 - Kapitalherabsetzung 3 4 9 - Klagebeschluß für Gesellschafterausschluß 2 4 0

782

Stichwortverzeichnis

-

Klagefrist 3 4 0 , 4 9 0 Nebenintervention 3 4 2 f . , 3 6 1 f., 4 6 3 objektive Rechtskontrolle 3 4 0 rechtliches Gehör 5 4 1 ff., 3 4 8 Rechtskraft 3 6 2 Rückwirkung 3 4 0 , 7 0 1 Satzungsänderung 3 4 7 f f . Sonderbeschluß 3 5 9 f . treuwidriger Ablehnungsbeschluß 330ff. - Unterrichtung vom Prozeß 3 4 1 f. - unwirksamer Beschluß 7 1 8 - Verbindung mit Anfechtungsklage, 340f., 345ff., 478 - Vereinfachungsfunktion 3 2 6 f f . , 4 6 4 - Vinkulierung 6 9 9 f f . , 7 2 5 - Vorrang des Gesellschaftsinteresses 3 4 5 ff. - Zustimmungsklage 3 4 2 f f . - Zustimmungsvorbehalt 7 2 3 Privatautonomie 3 2 6 f., 3 4 4 Präklusion - verspätetes Parteivorbringen 3 0 7 f . - von Anfechtungsgründen 3 0 6 ff. - wegen Verspätung 1 7 5 Privatautonomie 1 2 7 f . , 1 3 4 Projektionsidee 6 8 , 1 4 1 , 197ff., 2 3 0 , 231, 284, 315, 628ff., 634 - Prozeßkosten 2 3 3 ff. Prozeßabweisung 172 Prozeßeröffnungsbefugnis 1 2 7 f . , 1 3 2 , 175, 208 Prozeßfähigkeit 2 0 8 , 5 9 7 f . Prozeßhandlungsbefugnis 1 2 7 f . , 2 0 8 Prozeßkosten 7 0 8 ff. - actio pro socio 8 1 , 102f., 1 1 2 , 1 5 9 , 6 2 1 f. - Beschlußanfechtung 2 3 4 - Einforderungsbeschluß 2 3 4 - Feststellungsklage 6 8 4 - Gewinnverwendungsbeschluß 2 3 4 - Kompetenzschutzklage 5 4 8 f . - Organstreitigkeiten 5 8 4 , 6 1 3 - Projektionsidee 2 3 3 f f . - Treuepflicht 2 3 3 f . - Veräußerung der streitbefangenen Sache 1 5 5 - Zweckförderpflicht 2 3 4 f . Prozeßökonomie 171f., 2 0 5 f . , 2 2 4 ,

225f., 228, 230f., 301, 309, 378, 411, 412, 448, 471, 502f., 543f., 608, 620ff., 630, 638, 640, 724 - Hauptintervention 9 9 - Kehrseite des Zweckverfolgungsgedankens 2 3 8 - Veräußerung der streitbefangenen Sache 156 Prozeßstandschaft 17, 5 0 - Abberufungsduell 6 4 7 - actio pro socio 7 3 , 1 0 9 , 118ff., 1 5 9 , 604 - Ausschlußklage 1 8 4 f . , 2 3 5 f f . - Feststellungsklage 6 5 9 f f . - gewillkürte - Beschlußanfechtung 7 0 0 - Vinkulierung 6 9 7 , 7 0 1 , 7 2 5 - Kapitalerhöhung 2 9 1 - Mißbrauch der Prozeßführungsbefugnis 128 - Mitwirkungsklage bei Gesellschafterausschluß 2 0 5 , 2 0 7 f f . - Organstreitigkeiten 5 8 1 f., 5 8 6 f f . , 6 0 3 - passive - Beschlußanfechtung 4 1 1 , 4 9 6 - Rechtskraft 119ff., 1 7 5 , 2 3 5 f . , 6 4 1 f . - rechtsträgerlose 5 8 6 - Tod des Prozeßstandschafters 1 7 4 f. - Unterhaltsprozeß 175 - Verlust der Prozeßführungsbefugnis 172 ff. - Vertragskonzern 1 1 3 f . - Wechsel der Prozeßführungsbefugnis 160f. - Zwangsverwaltung 1 7 5 Prozessuale Waffengleichheit 6 3 9 Prozeßunterbrechung 133 Prozeßverbindung - Anfechtung 9 7 - Beschlußmängelklage 142 - Kompetenzschutzklage 1 4 2 - Schadenersatz 9 7 Prüfungsbericht 5 9 6 Publikums-KG 1 9 0 , 4 2 2 , 4 2 4 , 4 5 2 , 459f., 465f., 467 Rechtliches Gehör 1 3 4 , 2 6 2 , 3 1 1 f f . , 3 4 8 , 407f., 432, 669f., 717 - actio pro socio 9 7 f . , 1 0 4

Sachwortverzeichnis - positive Beschlußfeststellungsklage, 5 4 1 ff. Rechtsbeanstandungsverfahren - objektives 15, 148, 2 8 7 f f . , 716 Rechtsfähigkeit - Gesellschaft bürgerlichen Rechts 198f. - O r g a n e 579f., 590ff. - relative 5 9 1 Rechtshängigkeit - actio p r o socio 118ff., 132, 715 - Beschlußanfechtung 3 0 2 f f . Rechtskraft - actio p r o socio 118ff., 715 - Anfechtungsurteil 111 - Auflösungsklage 6 2 4 f f . - Ausschlußklage 219 - Ausschlußurteil 2 1 0 - Beiladungsmodell 560 - Beschlußanfechtung 104, 222, 2 7 3 , 2 9 6 f . , 302, 308, 312, 314f., 321ff., 339, 384ff., 4 0 6 , 4 2 8 , 551f., 575f., 648 f. - Drittwirkung 668ff. - Feststellungsklage 368, 4 0 9 , 4 1 9 , 4 6 0 f . , 6 6 0 , 673, 688, 693ff. - Hauptintervention 101 f. - Insolvenzprobe 122 f. - klagabweisendes Urteil 3 8 7 - Klageabweisung 2 7 3 f., 5 5 1 f. - Kompetenzschutzklage 5 3 9 f . - kontradiktorisches Gegenteil 3 8 7 - positive Beschlußfeststellungsklage 362 - Prozeßstandschaft 119ff., 175, 235f., 6 4 1 f. - Rechtsnachfolge 120f., 166 - subjektive Grenzen 670 - Testamentsvollstreckung 121 - Unwirksamkeitsfeststellungsklage 356f. - Verfügungsbefugnis 121 f., 125 f. - Verhältnis zur Gestaltungswirkung

220 - Zwischenurteil 210 Rechtsschutzvertrauen 552f., 556ff., 682, 7 1 7 Rechtsverhältnis 19 ff. Reflexschaden 69 Registerrichter

783

- Amtslöschung von Beschlüssen 2 9 2 f . - Aussetzung des Verfahrens 2 9 3 f. - P r ü f u n g s k o m p e t e n z 2 92 ff. - vorläufiger Rechtsschutz 2 9 3 Regreßzirkel 326 Satzung - Stimmbindung als Auslegungsmaßstab 5 0 0 f . Satzungsänderung 347, 355, 4 7 9 , 5 0 2 , 508, 5 0 9 f . Schadensersatzpflicht - des Aktionärs 3 2 4 f f . Schadensminderungsobliegenheit 316 Schiedsgericht 5 1 7 Schuldübernahme 2 5 8 Schuldverschreibung 4 3 0 Selbstorganschaft 199f., 546 Siemens/Nold-Urteil 5 1 9 f f . Sittenwidrige Schädigung 317, 678 Sittenwidrigkeit - Stimmabgabe 3 3 2 f . Sonderrecht 353, 3 5 5 Sondervertreter 76f., 133, 134ff., 715 - A G 82 - Beschlußanfechtung 5 4 5 - Einforderungsbeschluß 142f., 6 4 1 - G m b H 76f., 83 - in der Insolvenz 123 - Organstellung 123 Sondervorteil 58, 74, 333, 4 4 2 Sonstiges Recht - allgemeine Handlungsfreiheit 29 ff. - Ausschlußfunktion 2 3 ff. - elterliche Sorge 27ff., 31 - F o r d e r u n g 2 4 ff. - Gewerbebetrieb 30 - individuelle Freiheit 24 - Mitgliedschaft 22ff., 2 7 8 - negatorischer Schutz relativer Rechte, 34 ff. - N u t z u n g s f u n k t i o n 2 3 ff. - Präexistenz des Herrschaftsobjekts 25 ff. - räumlich-gegenständlicher Bereich der Ehe 2 7 - sozialtypische Offenkundigkeit 31 ff. - Zuweisungsgehalt 2 3 Sozialpflichtigkeit des Eigentums 22

784

Sachwortverzeichnis

Spaltung 4 3 2 Squeeze out 2 8 6 Stellvertretendes c o m m o d u m 256 Stimmabgabe - Abstimmungsleiter 4 5 8 f. - Dringlichkeit 467f., 4 7 0 - Leistungsklage 4 6 5 - Nichtigkeit 609 - rückwirkende Ersetzung 4 7 3 - Sittenwidrigkeit 3 3 2 f . - Treuepflicht 330ff. - Treuewidrigkeit 4 6 8 f f . , 4 8 5 - Unbeachtlichkeit 4 6 5 f f . (-• s.a. Treuepflicht) - Vertragsänderung 4 7 3 f. - Willenserklärung 4 6 8 - Z u g a n g 455f 4 5 9 Stimmbindungsvertrag 4 9 9 f f . , 7 2 1 - Anfechtungsgrund 4 9 9 ff. - Durchsetzbarkeit 5 0 6 f . - Pflichtenkollision 509 - Publizität 506 - Vollstreckbarkeit 5 1 Off. Stimmrecht 8 f. Stimmverbot 194, 2 2 7 , 2 3 6 f . , 328, 334, 412f., 4 4 6 , 649f., 675, 679 Streitgegenstand - Ausschlußklage 2 1 1 , 2 1 3 ff. - Beschlußanfechtung 2 7 0 f f . , 303ff., 362 - Mitwirkungsklage bei Gesellschafterausschluß 2 1 1 - Nichtigkeitsklage 2 0 7 f . , 304, 306 - Rechtsschutzform 2 7 3 f. - unwirksamer Beschluß 3 5 5 f . - zweigliedriger Begriff 2 7 3 , 3 0 3 , 3 0 5 f . Streitgenossenschaft - Beiladungsmodell 2 2 4 - notwendige - Auflösungsklage 6 3 1 - Ausschlußklage 202f., 2 0 6 , 2 1 4 f f . - Beschlußanfechtung 314f., 4 2 1 f . - Entziehungsklage 2 4 1 - Feststellungsklage 6 5 9 f f . - Zustimmungsklage bei Gesellschafterbeschluß 4 7 4 Streitwertspaltung 328 Subjektives Recht - auf Entscheidungsteilhabe 8f., 17f., 19, 36, 43, 97f., 6 0 2 f .

- Mitgliedschaft 19 ff. - Organe 579f. - Organrechtsfähigkeit 5 9 0 f f . - und Rechtsverhältnis 20 Suspendierungsklage 2 5 2 f f . , 716 Süssen-Urteil 88 Tagesordnungspunkt - Absetzung durch Mehrheitsbeschluß 4 7 9 , 509 Teilurteil - Beschlußanfechtung 2 7 5 Testamentsvollstrecker 176 Treuepflicht 47ff., 5 5 f f . - Abbedingung 87 - Aktienrecht 112 - aktienrechtliches Haftungsprivileg 324f. - als Begrenzung der actio p r o socio 130f. - als Begrenzung von Sozialansprüchen 97 - Anfechtungsgrund 78 - Anspruch auf rechtmäßige Beschlüsse 278 ff. - Befangenheit 4 6 9 - Beitreibung von Sozialansprüchen 2 6 3 - des Aktionärs 3 2 4 f . - des Geschäftsführers 139 - Einforderungsbeschluß 80ff., 81, 86, 115f. - einstimmiger Beschluß 508 - Ermessen 141, 350ff. - existenzvernichtender Eingriff 67f. - Gegenseitigkeit 93 - Geschäftsführungsangelegenheiten 56f., 2 7 9 f . - Gesellschaft als Berechtigte 61 ff. - Gesetzesverletzung 500 - Girmes-Urteil 2 8 2 f . - Grundlagenbeschluß 2 8 0 f f . - H i n a u s d r ä n g e n von Minderheiten 285ff. - kalte Liquidation 67f., 4 8 8 - Klagefrist bei Beschlußanfechtung 397ff., 436 - Korrektur bestandskräftiger Beschlüsse 489f. - mißbräuchliche Beschlußanfechtung 58

Sachwortverzeichnis - Mitwirkung an - Gesellschafterausschluß 203, 209, 214f., 230, 238f., 263 - Mitgliedschaftsfeststellungsklage 683 f. - Nichtigkeit der Stimmabgabe 330ff., 468ff., 4 8 5 - Pflicht zum Ausscheiden aus der Gesellschaft 183, 2 5 1 f. - Personalentscheidungen 57 - positive Beschlußfeststellungsklage, 330ff. - Projektionsidee 68 - Prozeßkosten 233f., 496 - Rechtsverhältnis unter Aktionären 316f. - Schädigungsverbot 57f. - stand still 130 - Stimmbindungsvertrag 500 - Vergleichsverhandlungen 403 f. - Widerspruch 484ff. - Widerspruchsrecht 105 - Zustimmungspflicht 141, 462ff., 468f., 4 8 0 U M A G 113, 114f., 144 Fn.492, 299 Unternehmensgegenstand 16ff., 510 Unternehmensvertrag 432 Veräußerung der streitbefangenen Sache 153ff., 5 8 7 (-