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German Pages 357 Year 2015
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse
Band 198
Die zivilrechtliche Haftung im bargeldlosen Zahlungsverkehr Von
Benjamin Sorg
Duncker & Humblot · Berlin
BENJAMIN SORG
Die zivilrechtliche Haftung im bargeldlosen Zahlungsverkehr
Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von
Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse
Band 198
Die zivilrechtliche Haftung im bargeldlosen Zahlungsverkehr Eine Untersuchung der Umsetzung des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie (2007/64/EG) ins deutsche Recht
Von
Benjamin Sorg
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-14175-3 (Print) ISBN 978-3-428-54175-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-84175-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Diese Abhandlung wurde als Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Ludwig-Maximilians-Universität zu München vorgelegt. Sie wurde auf Empfehlung von Herrn Prof. Dr. Mathias Habersack (als Erstgutachter) und Herrn Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität als Promotionsleistung angenommen. Bis zur Drucklegung fanden noch zahlreiche Aktualisierungen Eingang, insbesondere wurden die Neubearbeitungen des Münchener Kommentars, die Neuveröffentlichung des Handbuchs von Langenbucher/Bliesener/Spindler sowie die Neukommentierung des Staudingers berücksichtigt. Die erfolgreiche Anfertigung dieser Arbeit sowie die Bewältigung der gesamten juristischen Ausbildung habe ich zuallererst meinen Eltern, Frau Hannelore Sorg und Herrn Dr. Albrecht Sorg, zu verdanken. Durch ihre Unterstützung habe ich stets den notwendigen Freiraum und die besten Möglichkeiten erhalten, die verschiedenen Ziele im Laufe des Studiums zu erreichen – nicht zuletzt stand mir für die vorliegende Bearbeitung der Zeitrahmen zur Verfügung, welcher für die angemessene Aufarbeitung der einzelnen Themenbereiche erforderlich war. Zu großem Dank bin ich auch meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Habersack, verpflichtet: Schon die Themenfindung ging entscheidend auf seine Erfahrung und Expertise zurück. Auch im Rahmen der Ausarbeitung bot er mir stets seine Unterstützung an. Die äußerst zügige Erstbegutachtung rundet sein großes und dankenswertes Engagement in diesem Promotionsverfahren ab. Ein besonderer Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Grigoleit für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Zudem möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Lars Klöhn bedanken, dass er bereitwillig als Prüfer im Rahmen des Rigorosums zur Verfügung stand. Abschließend möchte ich noch meinen Kommilitonen und Freunden Herrn Dr. Julius Forschner, Herrn Dr. Steffen Ott und Herrn Dr. Thomas Pflock sehr herzlich danken: Mit ihnen konnten stets konstruktiv und zielführend Rechtsdiskussionen geführt werden. Auch in Bezug auf die technische Fertigstellung dieser Arbeit erwiesen sie sich als äußerst wertvolle Unterstützer. München, im Dezember 2014
Benjamin Sorg
Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Intentionen der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtspolitische Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mit der ZD-RiL beabsichtigte Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeit der Neuregelung: Erfasste Dienstleistungen und Ausnahmen 1. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG: Ein- oder Auszahlungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . a) Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zahlungskonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Barein-/Barauszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsfelder des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 ZAG . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spezialfall: Dreipersonenverhältnisse und die Ausnahme nach § 1 Abs. 10 Nr. 14 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendungsfelder des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 ZAG . . . . . . . . . . . . . . 2. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG: Zahlungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erläuterung der Definition des Zahlungsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriffe der Definition und Konsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkung des Anwendungsbereichs durch Ausnahmen nach § 1 Abs. 10 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bargeldgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zahlungen aufgrund von Wertpapieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis zum Zahlungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsfelder des Zahlungsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausdrückliche Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Überweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zahlungskarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zahlungsvorgänge zwischen Zahlungsdienstleistern . . . . . . . . . . 3. § 1 Abs. 2 Nr. 4 ZAG: Zahlungsauthentifizierungsgeschäft . . . . . . . . . . . a) Das Zahlungsauthentifizierungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbartes Verfahren zum Erteilen eines Zahlungsauftrags . . . bb) Personalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(1) § 675l BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 675m BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 675k BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Schlussfolgerungen aus diesen Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis zum Begriff des ZAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Konkrete Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelne Zahlungsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgabe von ZAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Annahme von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen . . . . . . . cc) Abrechnung von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen . . . . . § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG: Das digitalisierte Zahlungsgeschäft . . . . . . . . . . . a) Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Charakteristik des digitalisierten Zahlungsgeschäfts . . . . . . . . . . . bb) Adressat der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zahlung an den Netzbetreiber: Integration in den Zahlungsfluss . . . . c) Netzbetreiber als ausschließlich zwischengeschaltete Stelle . . . . . . . . aa) Konkrete Rolle des Netzbetreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahme nach § 1 Abs. 10 Nr. 11 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung zum digitalisierten Zahlungsgeschäft . . . . . . . . . . § 1 Abs. 2 Nr. 6: Finanztransfergeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konkreter Vorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis der einzelnen Varianten des § 1 Abs. 2 ZAG zueinander . . . . a) Verhältnis des Zahlungsgeschäfts nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 zu den restlichen Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Normprogramm des § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Normprogramm des § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 675c Abs. 2 BGB: Elektronisches Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarkeit mit der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begriff und Anwendungsbereich des E-Geldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Bereichsausnahmen des § 1 Abs. 10 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Technische Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Handelsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wertpapieranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kundenkarten und Verbundzahlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Variante 1: Verwendung beim Aussteller selbst . . . . . . . . . . . . . . . (1) „Instrument“ und Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „beruhen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Variante 2: Verwendung innerhalb eines Dienstleisternetzes . . . .
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cc) Variante 3: Verwendung für bestimmte Produkte . . . . . . . . . . . . . dd) Größe des Anbieternetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Konzerninterne Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Struktur der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundgerüst der Neuregelung im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenz der neuen Struktur: Verschiedene Phasen eines Zahlungsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beteiligte an einem Zahlungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Trennung der Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mitteilungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliches Konzept für die Mitteilungen: Beteiligungsformen und Rechtsfiguren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Differenzierung zwischen „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Zahlungsauftrag als Erklärung des Zahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsfolgen eines Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsnatur des Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mögliche Erklärungswege des Zahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Auslösen eines Zahlungsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Möglichkeit des Zahlungsauftrags als Redaktionsversehen . . . . bb) Konkurrenz zwischen „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ durch Zahlungsempfänger: Bereits vom „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ erfasste Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auslöseerfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis und Zusammenfassung zum „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Varianten des Auslösens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beteiligung des Empfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Initiierung bei der Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einzugsermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Abbuchungsauftragsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) SEPA-Lastschriftverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Vergleich der verschiedenen Lastschriftverfahren . . . . . (2) Initiierung bei Kartenzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Debitkarte/ec-Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Anhaltspunkte der AGB zum Ablauf des Auslösens (bb) Bisherige Erkenntnisse zum Ablauf der Initiierung (b) Kreditkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Klassisches Verfahren mit Unterschrift . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis (bb) Mailorderverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) GeldKarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Tatsächlicher Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Vergleich der verschiedenen Kartenzahlungsmethoden . . (3) Plausibilität dieses Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) § 675p Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Struktur des § 675p BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Allgemeine Interessenlage bei Widerrufsfristen . . . (cc) Interessenlage bei den jeweiligen Auslösevarianten (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) § 675s Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) § 675x BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Gleichbehandlung von Ungleichem . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis zur Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Beteiligung des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung zum gesetzlichen Mitteilungssystem . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit dieses Ergebnisses mit der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches zur Auslegung der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse der Erwägungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Analyse der Regelungen der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entstehungsgeschichte der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirksamkeit der Mitteilung eines Zahlungsdienstnutzers . . . . . . . . . . . . . a) Zugang der Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zugang des Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verhältnis des § 675n BGB zu Art. 64 ZD-RiL . . . . . . . . . . . (2) „Cut-off“-Zeiten nach § 675n Abs. 1 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . (3) Beweisführung im Prozess als zentrales Problem . . . . . . . . . . (4) Beweiserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Inhalte der Neuregelung als Ansatzpunkt . . . . . . . . . . . . . (b) Allgemeine Grundsätze der Beweislastumkehr . . . . . . . . (c) Anwendung auf den Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Alternativlösung: Zugangsbestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Drohender Verstoß gegen das Harmonisierungsgebot . . . (f) Umsetzung der Bestätigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Folgen einer Verletzung der Bestätigungspflicht . . . . . . . bb) Zugang einer Mitteilung des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Wirksamkeitsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90 91 91 92 93 93 94 94 94 95 96 96 97 98 99 99 99 101 101 102 103 105 108 108 108 109 109 109 111 112 113 113 114 115 116 116 118 118 118 119
Inhaltsverzeichnis aa) Formmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Formbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Folgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige Fragen zur Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wirksamkeitshindernder Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Widerruf eines Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Form des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Adressat des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Zeitliche Komponente des Widerrufs . . . . . . . . . . . . (a) Gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vorverlegung durch Vereinbarung . . . . . . . . . . . (b) Widerruf einer Mitteilung des Zahlungsempfängers . . . (c) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsfolgenvernichtender Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Spezialregelung für Lastschriften: § 675p Abs. 2 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Tatbestandsmerkmal „Vereinbarter Fälligkeitstag“ (a) Entscheidendes Rechtsverhältnis für die „Fälligkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtliche Konstruktion der Bestimmung des „Fälligkeitstags“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Tatbestandsmerkmal „Ende des Geschäftstags“ . . . (cc) Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Weitere Möglichkeiten zum Widerruf eines Zahlungsauftrags nach § 675p BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ausschlusswirkung des § 675p BGB . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Widerrufsmöglichkeiten des Zahlungsempfängers . . . . . 4. Handlungspflichten aufgrund einer wirksamen Mitteilung . . . . . . . . . . . a) Zusätzliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtvorliegen der Ausführungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Pflichtenstellung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers . . . . . . (1) Rechtsnatur der Ablehnung und der Unterrichtung . . . . . . . . (2) Frist und Form zur Unterrichtung über die Ablehnung . . . . . (3) Schadensersatz aufgrund einer unterlassenen Unterrichtung (a) Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Tatbestandsmerkmale der §§ 280 ff. BGB . . . . . . . . . . . . (c) Beweislast für die Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . (d) Rechtsfolge des § 280 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Mitverschulden des Zahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 119 119 120 121 121 122 122 122 123 124 124 125 127 127 128 128 128 128 130 131 131 132 132 133 134 134 135 136 136 137 138 140 140 141 142 143 144
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Inhaltsverzeichnis (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflichtenstellung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendbarkeit von § 675o Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Pflichten des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers nach analoger Anwendung des § 675o Abs. 1 BGB . . . II. Autorisierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ansprüche auf Aufwendungsersatz – Autorisierung als zentrales Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur der Autorisierungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zwischen Autorisierung und Zahlungsauftrag . . . . . . . . . . . c) Adressat der Autorisierungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Berechtigung zur Autorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insolvenzrecht als Beschränkung der Berechtigung . . . . . . . . . . . cc) Fälschungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Autorisierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zugang als Wirksamkeitsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Einsatz eines ZAI als besondere Autorisierungsform . . . . . . . . . . . . . . i) Beweisrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Autorisierung ohne ZAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beweisrecht bei Verwendung eines ZAI: Einfluss des § 675w BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 675w S. 1 BGB – Mindestvoraussetzungen der Beweisführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 675w S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 675w S. 3 BGB – Fragen des Anscheinsbeweises . . . . . . . (a) Interpretation des deutschen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . (b) Überprüfung der nationalen Interpretation anhand der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Wortlaut des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL . . . . . . . . . . . . (bb) Erwägungsgrund 33 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Entwicklung des Wortlauts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Rolle des Nutzervertrauens im Gesamtkonzept der ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Konsequenzen bei Verzicht auf Anscheinsbeweis . . (ff) Beweislastverteilung anhand der Gefahren- und Verantwortungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (gg) Prinzip der Vollharmonisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . (hh) Zusammenfassung und Ergebnis zu § 675w S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145 146 146 147 148 148 150 150 151 152 152 152 153 154 155 156 156 157 157 159 159 160 161 161 162 162 163 163 164 165 167 169 173
Inhaltsverzeichnis (4) Zusammenfassung des § 675w BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendung der Beweisgrundsätze auf bestehenden Zahlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Debitkarte/ec-Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zur Verfügung stehende Beweismöglichkeiten . . . . . . . . (b) Anscheinsbeweis und seine generellen Voraussetzungen (c) Systemsicherheit als Basis eines Erfahrungssatzes . . . . . (d) Erschütterung des Anscheinsbeweises . . . . . . . . . . . . . . . (e) Beweislast für die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises und für die Erschütterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kreditkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kreditkartenzahlung mit PIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Klassisches Unterschriftsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Kreditkarte und Unterschrift als ZAI . . . . . . . . . . . . (bb) Beweislast und Beweiserleichterungen . . . . . . . . . . (c) Kreditkarteneinsatz im Distanzgeschäft – „MailorderVerfahren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Herkömmliches Mailorderverfahren . . . . . . . . . . . . (bb) Modernes Mailorderverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Manuelle Barauszahlung in Verbindung mit dem Personalausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Online-Banking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vorliegen eines ZAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Beweislastverteilung auf das Online-Banking . . . . . . . . . . . . . . . (c) Erschütterung des Anscheinsbeweises – verschiedene Manipulationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Phishing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Pharming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Malware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Nachweis der Erschütterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung des Beweisrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Widerruf der Autorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines zum Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Widerrufsfrist bei Daueraufträgen – § 675j Abs. 2 S. 2 BGB . . dd) Beweislast für den wirksamen Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Anfechtung der Autorisierung nach allgemeinen Regeln . . . . . . . . . . l) Autorisierung bei Lastschriftverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einzugsermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 174 175 175 175 176 177 178 180 182 182 182 182 184 186 186 187 187 188 188 189 191 192 192 193 194 196 196 197 197 198 200 200 202 202
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Inhaltsverzeichnis (1) Bewertung des Einzugsermächtigungsverfahrens nach der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Genehmigungstheorie als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . (b) Keine Klarstellung durch den Gesetzgeber und die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) § 675x Abs. 2 BGB als Argument gegen die Genehmigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Der Ermächtigungsvorgang als Interpretationshilfe . . . . (e) Schnelle Rechtssicherheit als wichtiges Regelungsziel . . (f) Wertungswidersprüche im Zusammenhang mit § 675x BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Unzulässige Schaffung von „halb-autorisierter“ Zahlung durch die Genehmigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (h) Verstoß der Genehmigungsfiktion gegen §§ 676b Abs. 2, 675e Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) Verpflichtung zur Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (j) Fortbestehen der ursprünglichen Argumentation . . . . . . . (k) Zusätzliche Argumente durch die Neuregelung . . . . . . . .
(2) (3)
(4) (5)
(l) Neuere Rechtsprechung zur Genehmigungstheorie . . . . . (m) Zwischenergebnis zur Genehmigungstheorie . . . . . . . . . . Anwendung der Genehmigungstheorie und Regelfall der Autorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuere Rechtsprechung zur vorzeitigen konkludenten Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Erhöhung des Verfügungsrahmens ohne Widerspruch . . (b) Sicherung der streitigen Lastschrift durch Einzahlungen (c) Sonstige Konstellationen aus instanzgerichtlicher Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Regelmäßig wiederkehrende Lastschriften . . . . . . . . . . . . (e) Zentrale Kriterien aller Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Stellungnahme zu dieser Rechtsprechungsserie . . . . . . . . (aa) Anknüpfungspunkt für eine Willenserklärung . . . . . (bb) Bewertung dieser Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . (a) Abstrakte Grundvoraussetzung für die Annahme einer Genehmigungserklärung . . . . . . . . (b) Einfluss von Motiven aus dem Valutaverhältnis auf den Empfängerhorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . (x) Konkrete Fallgestaltungen des BGH . . . . . . . . . . Tatsächliche Identität zwischen Zahler und Zahlungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
202 202 203 204 205 206 208 210 210 213 215 216 217 218 218 219 221 222 223 223 224 225 226 227 227 228 230 234 236
Inhaltsverzeichnis (6) Einzugsermächtigungsverfahren in der Insolvenz des Zahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Ausblick: Einzugsermächtigungsverfahren in der Zukunft . . (a) Änderung der AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Genehmigungsfiktion durch Europarecht . . . . . . . . . . . . . (c) Fazit zum Einzugsermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . bb) Abbuchungsauftragsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) SEPA-Lastschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anderweitige Anspruchsgrundlagen gegenüber dem Zahler . . . . . . . . . . a) Verwendung eines ZAI: § 675v BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendungsbereich und Sperrwirkung der Norm . . . . . . . . . (2) Fehlende Autorisierung als zentrale Voraussetzung . . . . . . . . bb) § 675v Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verzicht auf ein subjektives Merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Abhandenkommen: Verkörperung des ZAI als Haftungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Kausalität und Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 675v Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Personalisierte Sicherheitsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Schuldhafte Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Kausalität und Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) § 675v Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Qualifizierte Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Unterfall der Pflichtverletzung: Verstoß gegen die Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Betrügerische Absicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Kausalität und Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) § 675v Abs. 3 BGB: Haftungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 675v Abs. 3 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 675v Abs. 3 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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237 238 238 240 240 240 241 241 241 241 242 243 244 244 244 244 246 246 248 249 249 249 250 251 251 252 252 253 253 255 257 258 258 259 260 260 261
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Inhaltsverzeichnis (3) Auswirkungen des § 675v Abs. 3 BGB auf die Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Zahlungsverfahren – Anwendbarkeit der allgemeinen Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirkungen des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einfluss des Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung des europarechtlichen Hintergrunds . . . . . . . . dd) Auswirkungen auf das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ansprüche gegen andere am Zahlungsvorgang Beteiligte . . . . . . . . . . . . . a) Ansprüche gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers aa) Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kondiktionsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ansprüche gegen den Zahlungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis zur Autorisierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausführungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt des Erfüllungsanspruches des Zahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ziel des Zahlungsbetrags: Relevanz der Kundenkennung . . . . . . . . . . aa) Relevanz der Kundenkennung für die Erfüllung des Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erstattungsanspruch des Zahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Problem des Zahlers: Unkenntnis des Haftungsgegners . . . . (2) Außerordentlicher Auskunftsanspruch des Zahlers . . . . . . . . (a) Übertragung des Auskunftsanspruchs auf den Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Datenschutz als Gegenargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Sonderbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Grenzen des § 675r Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 675r Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kenntnis des Zahlungsdienstleisters des Zahlers . . . . . . . . . . dd) Begriff der Kundenkennung nach § 675r Abs. 2 BGB . . . . . . . . . b) Weitere Vorgaben: Ausführungsfrist und Abzugsverbot . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchsposition des Zahlungsempfängers: § 675t BGB . . . . . . . . . . . . a) Ermittlung des korrekten Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Modalitäten des Anspruchs des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . . 3. Leistungsstörungen: Ausbleiben des jeweils geschuldeten Erfolgs . . . . . a) § 675y BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 675y Abs. 1 BGB: Vom Zahler ausgelöste Zahlungsvorgänge . . (1) Voraussetzungen der Haftung nach § 675y Abs. 1 BGB . . . . (2) Rechtsfolgen des § 675y Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vollständiges Ausbleiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
262 263 263 265 267 267 269 269 269 270 272 274 275 275 275 275 276 276 277 277 278 278 280 280 282 284 286 288 288 292 292 293 294 294 297 297
Inhaltsverzeichnis (b) Gekürzter Eingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verspäteter Eingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Erstattung im Falle der Erfüllungskompetenz der verspäteten Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verhältnis zwischen Zahler und dessen Zahlungsdienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verhältnis des Zahlungsdienstleisters des Zahlers zu den anderen Beteiligten . . . . . . . . . . . . . (x) Konsistenz dieser Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Erstattung bei fehlender Erfüllungskompetenz der verspäteten Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Fehlende Kausalität zwischen Fristversäumung und Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bestehende Kausalität zwischen Fristversäumung und Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Zusammenfassung zur Verzögerung und Auswirkungen auf andere Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 675y Abs. 2 BGB: Vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöste Zahlungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verhältnis des Zahlungsempfängers zu seinem Zahlungsdienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Haftung nach § 675y Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . (b) Haftung nach § 675y Abs. 2 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . (2) Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister . . . . b) § 675z BGB: Weitere Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit anderweitiger Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . bb) Zurechnung von Fremdverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Haftungsbegrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Eigenständiger Anspruch nach § 675z S. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . c) Beweisführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) § 676a BGB: Regressmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Normzweck und Wirkrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen des Regresses nach § 676a BGB . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolge des § 676a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rückabwicklungsphase: § 675x BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Struktur des § 675x BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelne Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen des § 675x Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Autorisierter Zahlungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überhöhter Zahlungsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 297 298 298 299 299 300 301 302 303 303 304 305 305 305 306 307 309 309 311 311 312 313 315 315 317 318 319 320 320 321 321 321 322
18
Inhaltsverzeichnis
V.
cc) Darlegung der Sachumstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Erstattungsbegehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen des Anspruchs aus § 675x Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolge der Erstattungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur der Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen des Erstattungsbegehrens und Inhalt des Erstattungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einfluss des § 675x BGB auf die Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zwischen § 675x Abs. 2 BGB und § 675e BGB . . . . . . . . b) Nachteil des Zahlungsempfängers als Regelungsgrund . . . . . . . . . . . . c) Rechtspolitische Folgen einer reinen Anwendung von § 675e Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) § 675x Abs. 2 BGB als Vorbeugung gegen diese Folgen . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Insolvenzrechtliche Bedeutung des § 675x BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Haftungseinschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 676b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 676c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
D. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zusammenfassung der wichtigsten Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ziel der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundstruktur der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweiserleichterung für Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausschlusswirkung der Widerrufsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Unterrichtungspflicht bei Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Anscheinsbeweis für die Autorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Schadensersatz bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . 9. Einzugsermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Kundenkennung nach § 675r BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Erstattung bei verspäteter Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. § 675x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertung der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
323 324 324 325 325 326 327 329 330 330 330 331 332 333 333 334 334 335 337 337 337 337 337 338 338 338 338 339 339 340 340 340 340
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
A. Einführung „Manchmal regiert der Fortschritt dort, wo man ihn am wenigsten vermutet. Zum Beispiel in der Bürgersaalkirche in der Münchener Fußgängerzone. Wer dort einen Obolus an den Herrn und seine Getreuen entrichten möchte, zieht seine Kreditkarte durch ein Lesegerät. Sogar eine Quittung gibt es.“1
Nicht nur in der Kirche, auch im Alltag kommt man immer häufiger ohne Bargeld zurecht. Selbst bei kleineren Beträgen an der Supermarktkasse greift man mittlerweile vermehrt auf die ec-Karte zurück2. Zudem stellen viele Produktanbieter die Bezahlform generell um: So findet man heute kaum noch eine Hochschulgastronomie, die ohne ein Kartensystem auskommt3 – dieselbe Entwicklung lässt sich bei sportlichen Großereignissen beobachten4. Im Bestreben einer größtmöglichen Vereinfachung des Bezahlvorgangs entwickelt die Bankenwirtschaft auch immer wieder neue Zahlungsprodukte. Zuletzt kündigte die „Deutsche Kreditwirtschaft“ die Prepaid-Zahlungskarte „girogo“ an, die im Gegensatz zur herkömmlichen ec-Karte kontaktloses Zahlen ermöglichen soll5. Die steigende Entwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs lässt sich nicht nur in solchen Situationen erahnen, sondern auch an statistischen Erhebungen ablesen: In den letzten Jahren ist die Gesamtzahl aller bargeldlosen Transaktionen sowohl innerhalb Deutschlands als auch innerhalb der EU stetig gestiegen6. Diese Umstände indizieren einen zukunfts- und innovationsfähigen Dienstleistungszweig, der aber trotz aller Bemühungen nicht vor Zwischenfällen und Streitigkeiten geschützt sein wird. Mit der Zahlungsdiensterichtlinie 2007/64/EG 1
Prange/Höfinghoff FAS 04.01.2009, Nr. 1, S. 39. Vgl. https://www.bankenverband.de/downloads/statistik-service/electronic-cash-trans aktionen (Abruf am 05.03.2012), wonach seit 2001 die Zahl der Transaktionen mit der ec-Karte von 0,5 Mrd. auf 2 Mrd. gestiegen ist. 3 Vgl. nur http://www.studentenwerk-berlin.de/mensen/produkte_preise/mensacard/ index.html; http://www.studentenwerk-muenchen.de/mensa/bezahlen-mit-karte; http:// www.my-stuwe.de/cms/50/1/1/cat/BargeldlosbezahlenmitStudentenausweisMensakarte. html (Tübingen); http://www.studentenwerk.uni-erlangen.de/verpflegung/de/kartensys tem.shtml (Abruf jeweils am 27.08.2012). 4 Vgl. Klein FAZ 27.08.2011, Nr. 199, S. 19. 5 Vgl. http://www.girogo.de/4-0-Haendlerinfo.html (Abruf am 27.08.2012). 6 Wachstum in Deutschland zwischen 2007 und 2010: von 15,5 Mrd. auf 17,3 Mrd.; Wachstum europaweit zwischen 2007 und 2010: von 75,3 Mrd. auf 86,7 Mrd. (vgl. hierzu Statistik der EZB; abrufbar unter http://sdw.ecb.europa.eu/reports.do?node= 1000001964; Seite 11, Tabelle 6a; Abruf am 27.08.2012). 2
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A. Einführung
(ZD-RiL) möchte die EU diesen Problemen vorbeugen und den Zahlungsverkehr zumindest in rechtlicher Hinsicht auf feste Füße stellen – der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinie im Wesentlichen mit den §§ 675c–676c BGB umgesetzt. Mit der folgenden Untersuchung werden die sich aus diesen Normen ergebenden Haftungsansprüche der an einem Zahlungsvorgang beteiligten Parteien näher beleuchtet. Ausgehend von vertraglichen Verpflichtungen wird das wechselseitige Anspruchssystem zwischen einem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister analysiert. So werden zum einen die jeweiligen Handlungspflichten mit ihren Voraussetzungen erörtert. Zum anderen werden Ausgleichs-, Ersatzund Erstattungsansprüche – insbesondere bezüglich des Zahlungsbetrags – in pathologischen Konstellationen erörtert7. Diese Arbeit beginnt zunächst mit drei Vorfragen: Welche Intentionen werden mit der ZD-RiL verfolgt, bzw. welche Missstände sollen beseitigt werden? Welche Erscheinungen im Zahlungsverkehr werden überhaupt nur von der ZD-RiL erfasst? Und welche grundsätzliche Struktur liegt der Neuregelung zugrunde? Im anschließenden Hauptteil werden entsprechend dem zeitlichen Ablauf eines Zahlungsvorgangs die gegenseitigen Verpflichtungen und Haftungsansprüche inklusive ihrer Voraussetzungen und ihrer konkreten Inhalte aufgezeigt.
7 Vollständig ausgeblendet werden die Fragen der Entgeltfähigkeit bestimmter Leistungen sowie des Aufsichtsrechts des ZAG.
B. Vorfragen I. Intentionen der ZD-RiL 1. Rechtspolitische Ausgangssituation Im Zeitpunkt des Richtlinienerlasses fand die EU in Europa einen weitgehend national strukturierten Zahlungsmarkt vor1, d.h. es bestand in jedem Mitgliedsstaat ein eigenständiges Zahlungssystem, dessen einzelne Zahlungsverfahren sich als weitgehend inkompatibel zu denen der anderen Mitgliedsstaaten erwiesen2. Zudem unterschieden sich Systeme zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten erheblich in ihrer Leistungsfähigkeit3. So ist es auch keine Überraschung, dass in den einzelnen Mitgliedsstaaten dem bargeldlosen Zahlungsverkehr ein jeweils anderer Stellenwert zukam4. Kam es trotzdem zu grenzüberschreitenden Zahlungsströmen, waren diese meist zu teuer und zu langsam. Dies mag letztlich auch einer der Gründe für die Seltenheit eines solchen Vorgangs gewesen sein.5 Ein wirklicher Wettbewerb unter den Finanzdienstleistern in diesem Sektor hat sich bisher nicht herausgebildet.6 Selbst auf nationaler Ebene wies der Zahlungsverkehrsmarkt teilweise faktische Monopolstellungen auf 7.
1 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 3 a. E. 2 Manger-Nestler EuZW 2008, 332 (333). 3 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1118) in dessen Fußnote 21. 4 Innerhalb der EU gibt es große statistische Unterschiede in der Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs: Während beispielsweise in Deutschland, Frankreich, Belgien und Österreich ca. 200–300 jährliche bargeldlose Transaktionen pro Einwohner zu verzeichnen sind, zählt man in Italien, Tschechien, Litauen, Malta, Ungarn, Polen und Slowakei keine 100 Transaktionen pro Jahr und Einwohner – in Bulgarien, Griechenland und Rumänen liegt dieser Wert sogar unter 20 Transaktionen pro Jahr und Einwohner [vgl. hierzu Statistik der EZB; abrufbar unter http://sdw.ecb.europa.eu/reports. do?node=1000001964; Seite 12, Tabelle 6b; Abruf am 27.08.2012]. 5 Vgl. Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 4. 6 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1118); Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 3 a. E. 7 Vgl. Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 4.
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B. Vorfragen
Ein solch ineffizientes Zahlungsverkehrssystem belastete letztlich jeden Marktteilnehmer, zumal insbesondere Verbraucher kaum Angebote für grenzüberschreitende Zahlungsverfahren vorfanden. Man versuchte zwar schon früher diese Unzulänglichkeiten durch EG-Sekundärrecht zu beseitigen8, was sich aber aus heutiger Sicht als unzureichend herausgestellt hat9. 2. Mit der ZD-RiL beabsichtigte Änderungen Die angeführten Mängel sollen durch die ZD-RiL behoben werden, d.h. es soll ein einheitlicher Binnenmarkt für den Zahlungsverkehr entstehen10. Ohne entsprechende grenzüberschreitende Zahlungsmöglichkeiten wird der Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen immer gehemmt bleiben – die europäische Idee des freien Verkehrs von Wirtschaftsgütern benötigt zwingend ein leistungsfähiges grenzübergreifendes Zahlungsverkehrssystem.11 Ein solches muss aber im Wesentlichen auf dem bargeldlosen und elektronischen Transfer von Zahlungsmitteln beruhen, da gleichwertige bargeldgebundene Zahlungen „um ein Vielfaches teurer“ sind12 und somit die Schaffung eines umfassenden Binnenmarktes nicht entscheidend unterstützen können. Zum Zwecke eines einheitlichen Binnenmarktes soll die ZD-RiL auch die Initiative der Vereinigung der Spitzenverbände der europäischen Bankwirtschaft – „European Payment Council“ (EPC) – unterstützen und fördern. Der EPC plante parallel zur europarechtlichen Entwicklung einen einheitlichen Zahlungsverkehrsmarkt – „Single Euro Payments Area“ (SEPA) – basierend auf Vereinbarungen privatrechtlicher Natur.13 Die durch die ZD-RiL beabsichtigte Vollharmonisierung soll also die Vereinheitlichung und gegenseitige Integration der einzelnen nationalen Systeme fördern. Der dadurch entstehende einheitliche Zahlungsmarkt soll eine Effizienzsteigerung – gerade hinsichtlich der Transferkosten und der Transferdauer – hervorrufen. Schließlich lassen einheitliche Zahlungsverfahren eine erhöhte Au-
8
Empfehlung 97/489/EG; Richtlinie 97/5/EG; Verordnung (EG) Nr. 2560/2001. Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 4 f. 10 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 5. 11 Vgl. Erwägungsgrund 1 zu Richtlinie ZD-RiL; Manger-Nestler EuZW 2008, 332 (333); Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „I. Einleitung“; Schäfer/Lang BKR 2009, 11. 12 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1118). 13 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 2006/C 318/09 „1.1“; Stellungnahme der Europäischen Zentralbank 2006/C 109/05 „1.1“. 9
I. Intentionen der ZD-RiL
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tomatisierung und eine Etablierung eines gewissen Sicherheitsniveaus zu, so dass sich positive Skaleneffekte in der Zahlungsbranche erhoffen lassen14, an denen letztlich auch die Verbraucher oder andere Nutzer partizipieren sollen15. Die Öffnung des Zahlungsmarktes für neue Anbieter16 bezweckt zusätzlich den Antrieb des Wettbewerbs17, um die angesprochenen Effekte noch zu verstärken18. Die Bestrebungen, den Zahlungsmarkt transparenter und verbraucherfreundlicher zu gestalten19, sind sicherlich ebenfalls auf die Idee der Wettbewerbsförderung zurückzuführen – schließlich kann durch bessere Vergleichbarkeit und stärkere Rechtssicherheit ein effektiverer Zahlungsverkehrsmarkt für Verbraucher entstehen20, in den gerade die neuen Anbieter stoßen werden. Damit der Nutzer aber die entstehenden Zahlungsangebote auch wahrnimmt, möchte die ZD-RiL sein Vertrauen in den Zahlungsverkehrsmarkt stärken21. Hierzu ist das Festschreiben von maximalen Ausführungsfristen für einzelne Zahlungen22 sicherlich ein entscheidendes Mittel – so forciert die ZD-RiL den Fortgang der Integration und Rationalisierung23. Auch wenn eine Wettbewerbssteigerung und ein einheitlicher Binnenmarkt im Zahlungsverkehr die primären Zielrichtungen der ZD-RiL darstellen – und somit im Hinblick auf die richtlinienkonforme Auslegungsmethode die entscheidenden Gesichtspunkte sind –, dürfen diese Ziele jedoch nicht als Selbstzweck aufgefasst werden. Leistungsstarke Zahlungssysteme bringen zunächst Vorteile für die gewerblichen Nutzer. Durch eine Verbesserung in der Zahlungskette wird ihnen eine leichtere Fakturierung und Abrechnung ihrer Produkte ermöglicht24. Dies 14 Vgl. Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 2. 15 Vgl. Erwägungsgrund 4 zu Richtlinie ZD-RiL; Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „II.1.1“; Schäfer/Lang BKR 2009, 11. 16 Vgl. Erwägungsgrund 5 zu Richtlinie ZD-RiL; Schäfer/Lang BKR 2009, 11; Manger-Nestler EuZW 2008, 332 (333 a. E.); Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „II.1.1“. 17 Schäfer/Lang BKR 2009, 11; vgl. Frank/Massari WM 2009, 1117 (1118); Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „II.1.1“. 18 Vgl. Erwägungsgrund 4 zu Richtlinie ZD-RiL; Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „II.1.1“. 19 Vgl. Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 7. 20 Vgl. Frank/Massari WM 2009, 1117 (1118); Grundmann WM 2009, 1109 (1111). 21 Vgl. hierzu Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 8, 16 (beabsichtigter Erwägungsgrund 20), Erwägungsgrund 34 zu Richtlinie ZD-RiL; Frank/Massari WM 2009, 1117 (1124). Daraufhin zielen sicherlich auch die Transparenzbestimmungen in Art. 30 ff. ZD-RiL. 22 Vgl. Art. 69 der Richtlinie ZD-RiL. 23 Vgl. Schäfer/Lang BKR 2009, 11. 24 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 3.
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B. Vorfragen
legt – neben der Senkung der externen Transaktionskosten – Einsparungspotential bei den internen Verwaltungskosten frei. Darüber hinaus profitiert auch der private Nutzer vom Zugang zu einem einfachen, kostengünstigen und sicheren Giro-Zahlungssystem25. Denn ein solches vereinfacht und verbilligt den Konsum gerade im Fernabsatzsektor. Als Folge sieht die Kommission eine absolute Konsumsteigerung26. 3. Fazit Durch die Harmonisierung des Rechts des Zahlungsverkehrs sollen die bisher national ausgerichteten Märkte deutlich stärker ineinandergreifen, um mittels Wettbewerb und Automatisierung eine Kostenersparnis sowohl bei den Dienstleistern als auch bei den Nutzern hervorzurufen.27 Diese Effizienzsteigerung im Zahlungsmarkt soll langfristig zu einer „Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit Europas“ 28 insgesamt führen und das Wachstum in allen anderen wirtschaftlichen Bereichen anregen29. Auch erhält der gemeinschaftsinterne Wettbewerb unter den Anbietern von zahlungsauslösenden Waren und Dienstleistungen einen zusätzlichen Impuls: Standortnachteile, die sich gerade aus dem Fehlen einer wirtschaftlich funktionierenden Zahlungsinfrastruktur ergeben, werden eingeebnet30. Für die Interpretation der nationalen Neuregelung ist die ZD-RiL aufgrund des Grundsatzes der richtlinienkonformen Auslegung31 ein bedeutsames Hilfsmittel, so dass deren Motive und Zwecke stets entscheidende Auslegungskriterien darstellen.
25 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 2006/ C 318/09 „1.3“, „1.7“; Erwägungsgrund 4 zu Richtlinie ZD-RiL; Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „II.1.1“. 26 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 1. 27 Zu den rechtspolitischen Zielen der Richtlinie siehe auch Casper in: MüKo-BGB [2012] vor §§ 675c–676c Rn. 4–6; Omlor in: Staudinger [2012] Vorbemerkung zu §§ 675c–676c Rn. 11 ff. 28 Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 11 Anm. 1, „II.1.1“; vgl. auch Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 1. 29 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 1. 30 Derleder NJW 2009, 3195; Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 7. 31 Zu diesem Grundsatz vgl. Ruffert in: Calliess/Ruffert – EUV/EGV 2007 Art. 249 EGV Rn. 115 ff.; Nettesheim in: Grabitz/Hilf – 2009 Art. 249 EGV Rn. 153 ff.
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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II. Anwendbarkeit der Neuregelung: Erfasste Dienstleistungen und Ausnahmen Der materielle Gehalt – und somit auch die Haftungsfragen – der neuen §§ 675c–676c BGB wird erst relevant, wenn deren Anwendungsbereich eröffnet ist: Wann ist eine Tätigkeit also ein „Zahlungsdienst“? Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die Einbettung der Neuregelung in das Recht des Auftrags und der Geschäftsbesorgung32. Diese Systematik findet sich wiederum im Wortlaut des § 675c Abs. 1 BGB wieder, der die Erbringung von Zahlungsdiensten als Unterfall der Geschäftsbesorgung sieht33. Zahlungsdienste sind also Dienstleistungen in der Rechtsnatur eines Dienst- oder Werkvertrags. Die Qualifizierung einer konkreten Dienstleistung als Zahlungsdienst richtet sich aufgrund der Verweisung des § 675c Abs. 3 BGB im Wesentlichen nach dem ebenfalls neu geschaffenen § 1 ZAG34. In § 1 ZAG wird der Begriff „Zahlungsdienst“ in zweierlei Hinsicht ausgestaltet: Zum einen enthält § 1 Abs. 2 ZAG in positiver Hinsicht fünf verschiedene Unterfälle des Zahlungsdienstes und daher alternative Legaldefinitionen. Zum anderen findet sich in § 1 Abs. 10 ZAG ein umfangreicher Negativkatalog. Dieser schafft Bereichsausnahmen für bestimmte Dienstleistungen, die zwar von einer der Legaldefinitionen erfasst werden können, aber aus rechtspolitischen Gründen nicht Gegenstand der Neuregelung sein sollen35. 1. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG: Ein- oder Auszahlungsgeschäft Nach der ersten Legaldefinition aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG werden Dienste erfasst, „mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto oder Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge“.
a) Begrifflichkeiten Kern dieser Formulierung sind die zentralen Begriffe „Zahlungskonto“ und „Barein-/Barauszahlung“.
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Vgl. Überschrift des 12. Titels/Abschnitt 8/Buch 2 des BGB. „Auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat . . .“. 34 Zusätzlich wird durch § 675c Abs. 2 BGB sowohl Ausgabe und Nutzung von sogenanntem elektronischem Geld gleichgestellt mit den Zahlungsdiensten. 35 Vgl. auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675c Rn. 4; Omlor in: Staudinger [2012] § 675c Rn. 7. 33
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B. Vorfragen
aa) Zahlungskonto Das Zahlungskonto wird in § 1 Abs. 3 ZAG legal definiert und „ist ein auf den Namen eines [. . .] Zahlungsdienstnutzers lautendes und der Ausführung von Zahlungsvorgängen dienendes Konto, das die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister innerhalb der Geschäftsbeziehungen buch- und rechnungsmäßig darstellt und für den Zahlungsdienstnutzer dessen jeweilige Forderung gegenüber dem Zahlungsdienstleister bestimmt.“
Der Gesetzgeber grenzt dieses Zahlungskonto von anderen Kontoformen wie z. B. vom Giro-, Einlagen-, Kredit-, Spar- oder Festgeldkonto ab36. Die Begriffsdefinition aus § 1 Abs. 3 ZAG schafft jedoch keinen eigenständigen, neben den angeführten Beispielen stehenden Kontotyp. Vielmehr legt sie die Anforderungen fest, wann ein solches Konto zugleich als Zahlungskonto eingestuft werden kann. Eine solche Haltung des Gesetzgebers ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus den Gesetzesmaterialien. Man sieht jedoch das Zahlungskonto „als Grundbaustein des [. . .] Girokontos“ 37. Das Girokonto würde nämlich mit seinem Katalog an vereinbarten Dienstleistungen über die angesprochenen Zahlungsdienste hinausgehen.38 Das entscheidende Merkmal eines Zahlungskontos muss – schon aufgrund des Zwecks der zugrunde liegenden EG-Richtlinie39 – die Einsatzfähigkeit als Medium im Zahlungsverkehr sein. Diese Zweckbindung des Zahlungskontos rückt den Teil der Definition „der Ausführung von Zahlungsvorgängen dienend“ in den Mittelpunkt. Hierzu muss ein Zahlungskonto rechtlich so ausgestaltet sein, dass der Kunde jederzeit und ohne vorheriges Ereignis – wie Kündigung oder Zeitablauf – über die Forderung aus dem Kontoguthaben40 frei verfügen kann, indem er die Kontoforderung entweder in Bargeld realisiert oder auf andere Beteiligte des Zahlungsverfahrens – beispielsweise auf den Zahlungsempfänger oder dessen Zahlungsdienstleister – überträgt41. Ob der Kunde mit seinem Dienstleister hierauf aufbauend noch weitere Leistungen und Modifikationen vereinbart, ist für diese Untersuchung irrelevant42. 36
Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 35 re. Sp., S. 36 li. Sp. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 35 re. Sp.; Casper in: MüKoBGB [2012] § 675c Rn. 34. 38 Vgl. die Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 35 re. Sp.; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675c Rn. 34; Müller-Christmann in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler 1. Kapitel Rn. 135. 39 Vgl. B.I. 40 Für das Verständnis des Kontos als Forderung auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675f Rn. 50. 41 Vgl. auch Koch/Reinicke – ZAG S. 56. 42 Daraus können sich sowohl Fragestellungen aus dem Aufsichtsrecht als auch aus anderen Zivilrechtsbereichen (z. B. Darlehens- oder Kapitalanlagerecht) ergeben, die auf den Bereich der Zahlungsdienste jedoch nicht ausstrahlen. 37
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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Zusammenfassend muss die Forderung beim Einsatz im Zahlungsverkehr geeignet sein, Bargeld zu ersetzen oder Bargeld hervorzubringen – sei es aufgrund eines jederzeit abrufbaren Guthabens zugunsten des Kunden oder durch das Einräumen eines Kredits seitens der kontoführenden Institution. Reine Festgeld- oder Einlagekonten erfüllen diese Funktion aber gerade nicht. Sollte hierbei aber ein Teil des Kontoguthabens aus der Festgeld-/Einlagevereinbarung herausgelöst werden, kann auch dieser – abgetrennte – Teil als Zahlungskonto angesehen werden. bb) Barein-/Barauszahlung Der Begriff der Barein-/Barauszahlung wird von den Motiven als selbsterklärend vorausgesetzt. Man sollte sich aber auch hier zunächst die dahinter stehende rechtliche Konstruktion bewusst machen: Bei einer Bareinzahlung übereignet der Kunde seinem Dienstleister das betreffende Bargeld43. Anschließend erfolgt jedenfalls eine weitere – zumeist konkludente – rechtsgeschäftliche Erklärung des Dienstleisters, die im Ergebnis zu einer wirtschaftlichen Erhöhung des Kontoguthabens und einem entsprechenden Bargeldauszahlungsanspruch führt.44 Bei der Barauszahlung hingegen übereignet der Dienstleister dem Kunden auf dessen Weisung dienstleistereigenes Bargeld. Durch diese Übereignung verringert sich wirtschaftlich gesehen das Kontoguthaben und folglich der Barauszahlungsanspruch.45 b) Anwendungsfelder des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 ZAG Die Legaldefinition des Ein-/Auszahlungsgeschäfts nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG setzt also in ihrer ersten Variante eine Übereignung von Bargeld zwischen Kunde und Dienstleister voraus. Im Gegenzug verändert sich die Höhe der Forderung aus dem Zahlungskonto gegenläufig zum Bargeldfluss.
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Vgl. Singer in: Derleder § 37 Rn. 14. Ob diese rechtsgeschäftliche Erklärung in einem abstrakten Schuldversprechen nach den allg. Grundsätzen einer Gutschrift (hierfür: Schimansky in: Schimansky/ Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 47, Rn. 52; Mayen in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 47 Rn. 52) oder in der Mitwirkung an einem unregelmäßigen Verwahrungsvertrags gem. §§ 700, 488 BGB besteht (BGHZ 84, 371, 373; BGHZ 133, 10), ist an dieser Stelle nicht entscheidend. 45 Ob durch die Barauszahlung eine Erfüllung des Barauszahlungsanspruch eintritt gem. §§ 700 Abs. 1, 488 Abs. 1 S. 2, 362 BGB (insb. BGHZ 84, 371, 373; BGHZ 133, 10) oder ein Aufwendungsersatzanspruch der Bank gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB entsteht, der zugunsten des Dienstleisters in das Kontokorrent eingestellt wird, ist an dieser Stelle ebenso nicht erheblich. 44
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B. Vorfragen
aa) Allgemeines Wer bei einem solchen Ein-/Auszahlungsgeschäft der Zahlungsdienstleister und wer der Nutzer (und damit Kunde) ist, besagt der Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG nicht ausdrücklich. Jedoch bestätigt der Gesetzestext den natürlichen Gedanken: Laut Legaldefinition des Zahlungskontos nach § 1 Abs. 3 ZAG46 muss derjenige, auf dessen Namen das Zahlungskonto läuft, Nutzer sein. Dieser kann daher jedenfalls nicht Zahlungsdienstleister im Sinne des ZAG sein und somit auch keine Zahlungsdienste erbringen. Dass demgegenüber die kontoführende Partei – d.h. die mit der Organisation des Kontos betraut ist – Zahlungsdienstleister ist, belegen die Gesetzgebungsmaterialien 47. Aufgrund des Wortes „ermöglichen“ in der Definition ist der Anwendungsbereich weit gefasst: Es wird jegliches Handeln des Dienstleisters erfasst, welches diesem Bargeldfluss und der Veränderung der Kontoforderung objektiv dienlich ist. Bei der Einzahlung reicht dies von der notwendigen Mitwirkung an der Übereignung (inklusive der tatsächlichen Entgegennahme des Bargelds) über die Abgabe der rechtsgeschäftlichen Erklärung bis zur tatsächlichen Niederschrift bzw. Verkörperung des Buchungsvorgangs in der Kundenkartei. Bei einer Barabhebung werden Bereitstellung und Übereignung (inklusive Übergabe des Bargeldes) erfasst ebenso wie die dienstleisterinterne Verarbeitung und Speicherung des Vorgangs in den Handelsbüchern. Aufgrund der beschriebenen weiten gesetzlichen Fassung können diese Tätigkeiten manuell oder mittels Geldautomaten ausgeführt werden. Denn die rechtserheblichen Schritte der Barein-/auszahlung werden beim Einsatz eines Geldautomaten zum Teil bereits antizipiert getätigt.48 In diesem Fall sind dann auch sämtliche Tätigkeiten einbezogen, welche die Bereitstellung von Geldautomaten ermöglichen – inklusive deren Programmierung. bb) Spezialfall: Dreipersonenverhältnisse und die Ausnahme nach § 1 Abs. 10 Nr. 14 ZAG Bei all diesen Handlungen ist nicht erforderlich, dass der kontoführende Dienstleister mit dem Dienstleister identisch ist, der die Ein-/Auszahlung vor46 „Ein Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines [. . .] Zahlungsdienstnutzer [. . .] Konto, das die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister [. . .] darstellt und für den Zahlungsdienstnutzer dessen jeweilige Forderung gegenüber dem Zahlungsdienstleister bestimmt.“ 47 Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 33 li. Sp. am Ende. 48 Auch hier ist die genaue rechtliche Qualifikation der Geldausgabe am Automaten umstritten (die vertretenen Auffassungen decken sich jedoch mit den in Fußnoten 44 und 45 nachgewiesenen Meinungen; zum Streitstand vgl. auch Häuser/Haertlein in: MüKo-HGB, Anlage I, E 64), an dieser Stelle jedoch nicht relevant.
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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nimmt. Mit anderen Worten kann Kontoführung und Ein-/Auszahlung verschiedenen Rechtssubjekten zuzurechnen sein. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein dritter – nicht kontoführender – Dienstleister lediglich eine Abhebungsmöglichkeit schafft, bei der er gegenüber dem Kunden in eigenem Namen auftritt49. Aufgrund dieses isolierten Auszahlungsvorgangs entstehen zwischen kontoführendem Dienstleister, dem Kunden und dem automatenbetreibendem Dienstleister jeweils Rechtsverhältnisse, um den anschließenden Fluss von ausgleichendem Bar- oder Giralgeld sicherzustellen. In diesen Dreiecksfällen sind sowohl die Tätigkeiten des (dritten) Automatenbetreibers als auch die anschließende Abwicklung des entstehenden Dreiecksverhältnisses durch den kontoführenden Dienstleister als jeweils eigenständiger Zahlungsdienst einzustufen. Sowohl die auszahlende als auch die kontoführende Partei sind jeweils eigenständige Zahlungsdienstleister, die ihrerseits selbständig gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer auftreten. Eine solche Tätigkeit des auszahlenden Dienstleisters wird nicht von der Bereichsausnahme des § 1 Abs. 10 Nr. 14 ZAG erfasst: Danach sind nicht als Zahlungsdienste zu werten „Dienste von Dienstleistern, die keinen Rahmenvertrag mit Kunden geschlossen haben, bei denen Geld für einen oder mehrere Kartenemittenten an multifunktionalen Bankautomaten abgehoben wird, vorausgesetzt, dass diese Dienstleister keine anderen Zahlungsdienste erbringen.“
Diese Ausnahme greift nämlich nur ein, wenn der Automatenbetreiber lediglich reine Hilfstätigkeiten wie das Aufstellen und Bestücken übernimmt50, sich dem Zahlungsdienstnutzers jedoch nicht in eigenem Namen gegenüberstellt. Nur dann kann von einer Geldauszahlung „für den Kartenemittenten“ 51 gesprochen werden. Ausschließlich der Kartenemittent tritt gegenüber dem Kunden als Geschäftspartner in Erscheinung52. Diese These bestätigt sich, wenn man den Wortlaut des zugrundeliegende Art. 3 o) ZD-RiL in anderen EU-Sprachen betrachtet: das deutsche „für einen oder mehrere Kartenemittenten“ wird im Englischen mit „on behalf of one or more card issuers“ formuliert, die italienische Fassung spricht von „per conto di uno o più emittenti della carta“, die spanische von „en nombre de uno o varios expedidores de tarjetas“, im Französischen wird „pour le compte d’un ou de plusieurs émetteurs de cartes“ verwendet. Diese Formulierungen können entweder mit „im Namen von“/„in Vertretung von“ 53 oder mit 49
Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 33 li. Sp. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 40 li. Sp. 51 Der Kartenemittent ist hier der kontoführende Zahlungsdienstleister. 52 Dies kann beispielsweise durch die entsprechende Gestaltung des äußeren Erscheinungsbilds der Software und/oder des Automaten erreicht werden. 53 Für die Übersetzung aus dem Englischen vgl. Dietl/Moss/Lorenz – Wörterbuch S. 67; für die Übersetzung aus dem Spanischen vgl. LeDocte – Rechtswörterbuch in vier Sprachen S. 470; Becher – Wörterbuch; Garay/Rothe – Rechtswörterbuch S. 302. 50
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B. Vorfragen
„für Rechnung von“54 übersetzt werden. Mit dem deutschen „für“ wollte man also eine Konstellation ähnlich dem Vertretungsrecht beschreiben, bei der der Betreiber in fremden Namen handelt. Dagegen reicht ein reiner Kooperationsvertrag, der nur im Innenverhältnis der Dienstleister untereinander wirkt, für diese Bereichsausnahme nicht aus.55 c) Anwendungsfelder des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 ZAG Die zweite Variante der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG („alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge“) steht konsequenterweise im Schatten der – als Generalklausel wirkenden – ersten Variante. Folgerichtig kann sie hier lediglich als Auffangtatbestand für die Verwaltungstätigkeit des Dienstleisters bezüglich des Dauerschuldverhältnisses „Zahlungskonto“ angesehen werden. Dies wird bei Diensten relevant, die nicht unmittelbar final auf eine Barein-/Barauszahlung gerichtet sind. Die turnusgemäße Verrechnung des Kontokorrents sowie die Mitteilung dieser Abrechnung gegenüber dem Kunden sind hier nur Beispiele.56 2. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG: Zahlungsgeschäfte Der in der Praxis wohl größte Bereich der Zahlungsdienste ist das „Zahlungsgeschäft“ nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG: Aufgrund der Gesetzesformulierung ist stets „die Ausführung von Zahlungsvorgängen“ erforderlich. Ein „Zahlungsvorgang ist jede vom Zahler oder vom Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger“.
Diese Definition ist – trotz fehlender Rückverweisung im ZAG – § 675f Abs. 3 S. 1 BGB zu entnehmen57. Schließlich bildet Art. 4 Nr. 5 ZD-RiL die Grundlage und ist für den nationalen Gesetzgeber in jedem Fall verbindlich, auch wenn er die ZD-RiL mit verschiedenen Gesetzeswerken umsetzt.58 54 Für die Übersetzung aus dem Italienischen vgl. Conte/Boss – Wörterbuch S. 119; für die Übersetzung aus dem Französischen vgl. LeDocte – Rechtswörterbuch in vier Sprachen S. 534; Doucet/Fleck – Rechtswörterbuch S. 152; Ellenberger/Froschauer – Rechtswörterbuch S. 217. 55 Vgl. hierzu Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 40 li. Sp., die eine Abgrenzung zur Fremdnutzung von Geldausgabeautomaten trifft; Werner in: BuB Rn. 6/1441; unklar Findeisen in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 1 ZAG Rn. 390 ff. 56 Mangels unmittelbarem Bezug zu einem konkreten Zahlungsvorgang und den sich daraus ergebenden Haftungsfragen, wird auf diese Variante im Folgenden nicht näher eingegangen. 57 So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 36. 58 Zur Definition im Rahmen des ZAG: vgl. auch Begründung zu § 1 ZAG, BTDrucks. 16/11613 S. 33 re. Sp.
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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a) Erläuterung der Definition des Zahlungsvorgangs Mit dieser Begriffsdefinition möchte der Gesetzgeber den tatsächlichen Fluss sowohl von Bargeld als auch von Buchgeld zwischen dem Zahler und dem Zahlungsempfänger beschreiben59. Tiefgründiger wird allerdings nicht Stellung genommen – insbesondere nicht zur Bedeutung der zusätzlich aufgeworfenen Begriffe „Bereitstellung“, „Abhebung“ und „Übermittlung“. aa) Begriffe der Definition und Konsequenz Bei der „Bereitstellung“ vermehrt derjenige, der den Zahlungsvorgang ausführt, die Geldmenge einer anderen Person an einem konkreten Standort. Im Ergebnis muss dieser anderen Person die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Geldbetrag verschafft werden, wobei die konkreten Einzelheiten der Geltendmachung von der jeweiligen privatrechtlichen Ausgestaltung abhängen.60 Die „Abhebung“ steht für das Gegenteil: Der Ausführende nimmt einen der nach Höhe und dem Belegenheitsort bestimmten Geldbetrag des Anderen an sich – er verschafft sich die tatsächliche Verfügungsgewalt – und mindert somit die Geldmenge des Anderen an diesem Ort. Hieraus ergibt sich, dass „Bereitstellung“ und „Abhebung“ gerade nicht eine Frage der Perspektive auf ein und denselben Vorgang ist. Vielmehr muss danach differenziert werden, wer die aktive und ausführende Partei ist und wie sie konkret handelt. Ein Zahlungsvorgang ist je nachdem als „Bereitstellung“ oder „Abhebung“ einzuordnen, wem ursprünglich, d.h. vor dem Vorgang, die Verfügungsgewalt über den konkreten Geldbetrag zukam und wer den Wechsel bewirkt hat. Die „Übermittlung“ lässt sich letztlich nur über ihr Ergebnis beschreiben: Es wird jeder Vorgang erfasst, mit dem die Belegenheit eines Geldbetrags verändert wird.
59 Vgl. Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 16; Schulte-Nölke/Schulze in: Handkommentar-BGB § 675f Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 36; Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler 2. Kapitel § 675f Rn. 80; Omlor in: Staudinger [2012] § 675f Rn. 31. 60 Einschränkend Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 38, der rein interne Buchungen (Transfers von einem Festgeldkonto auf das Zahlungskonto/Girokonto) nicht als Zahlungsvorgang ansieht. Diese Ansicht ist aber verfehlt: Das geltende Recht sieht keine Differenzierung vor, woher der Zahlungsdienstnutzer die Vermögensmittel nimmt, die er auf sein Zahlungskonto einzahlt. Zudem wird an dieser Stelle vollständig ignoriert, dass dem Festgeldkonto und dem Zahlungskonto strikt voneinander zu trennende Rechtsverhältnisse zugrunde liegen. Im Ergebnis ebenfalls gegen die Auffassung von Casper: Omlor in: Staudinger [2012] § 675f Rn. 31.
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B. Vorfragen
In der Konsequenz ist der Anwendungsbereich des Zahlungsvorgangs sehr weit61 – und somit auch der der Zahlungsdienste als „Ausführung von Zahlungsvorgängen“. Denn jeder Bezahlvorgang des täglichen Lebens mittels Bargeld stellt ein „Bereitstellen“ eines Geldbetrages dar; aus dem Wortlaut des § 675f Abs. 3 BGB ergibt sich nämlich gerade nicht, dass an einem Zahlungsvorgang mehr als zwei Parteien beteiligt sein müssen. Auch lässt sich aus den in § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG genannten Zahlungsverfahren nicht auf eine Begrenzung schließen, da sie durch die verbindende Formulierung „einschließlich der Übermittlung [. . .] durch . . .“ rechtstechnisch als Regelbeispiele ausgestaltet wurden. bb) Beschränkung des Anwendungsbereichs durch Ausnahmen nach § 1 Abs. 10 ZAG Eine solch weite Betrachtungsweise wird aber dem Ziel der EG-Richtlinie nicht gerecht, die insbesondere den europaweiten bargeldlosen Zahlungsverkehr neu ordnen soll62. Auch der deutsche Gesetzgeber möchte mit dem Katalog des § 1 Abs. 2 ZAG „Dienstleistungen eines an einem gegebenen Grundgeschäft nicht beteiligten Dritten [. . .] erfassen, die dem Zahler helfen oder ihn erst imstande setzen sollen, Bar-, elektronisches oder Buchgeld von ihm auf den Zahlungsempfänger zu übertragen63.“
Aus diesem Grund nimmt der Gesetzgeber durch den Ausnahmekatalog des § 1 Abs. 10 ZAG bestimmte Handlungsformen aus dem Anwendungsbereich der Zahlungsdienste heraus. (1) Bargeldgeschäfte Mit der Neuregelung sollen bargeldlose Zahlungen gefördert werden64. Deshalb sind bestimmte Bargeldgeschäfte von der ZD-RiL gerade nicht erfasst: Mit § 1 Abs. 10 Nr. 1 ZAG fällt die unmittelbare Zahlung mit Bargeld vom Zahler an den Empfänger aus den Zahlungsdiensten heraus65. Eine auch in Deutschland immer häufiger vorkommende Erscheinung ist die sogenannte „reverse Bargeldzahlung“: Supermärkte bieten beispielsweise als zusätzliche Serviceleistung an, anlässlich eines unbaren Bezahlvorgangs an der 61
So auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675f Rn. 31. Vgl. B.I. 63 Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 32 re. Sp. 64 Vgl. B.I. 65 Diese Bereichsausnahme wirkt konstitutiv; a. A. Begründung zu § 1 ZAG, BTDrucks. 16/11613 S. 37 re. Sp. 62
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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Kasse nicht nur die Waren abzurechnen, sondern darüber hinaus einen Bargeldbetrag an den Kunden auszugeben. Dieser wird dann auf dem Kassenbon getrennt als „Ware“ ausgewiesen und zusammen mit der Warenkaufsumme im (ursprünglich für die Bezahlung der Produkte) gewählten Zahlungsverfahren beigetrieben. Dem Kunden wird so letztendlich ein zusätzlicher Gang zum Bargeldautomaten erspart. Gemäß § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG ist eine solche Ausgabe von Bargeld allerdings gerade nicht als Zahlungsdienst anzusehen.66 Schließlich soll das reine Bargeldwechselgeschäft, inklusive den Sortengeschäften67, nicht von der Neuregelung betroffen sein, § 1 Abs. 10 Nr. 5 ZAG. Dies gilt natürlich nur, sofern beide Zahlungsströme des Tauschgeschäfts mit Bargeld abgewickelt werden. (2) Zahlungen aufgrund von Wertpapieren Möchte man ausschließlich den bargeldlosen Zahlungsverkehr neu ordnen, wäre es wenig konsequent, lediglich Bargeldgeschäfte vom Anwendungsbereich herauszunehmen. Denn deren entscheidende Wettbewerbsnachteile – die Verkörperung und die daraus entstehenden Verwahrungs- und Transportfragen – bestehen ebenfalls bei papiergebundenen Wertpapieren. Der Gesetzgeber nimmt daher ausgestellte Schecks, Wechsel, Gutscheine, Reiseschecks und Postanweisungen von der Neuregelung aus und wertet Zahlungsvorgänge aufgrund dieser Wertpapiere nicht als Zahlungsdienste, § 1 Abs. 10 Nr. 6 ZAG. cc) Zwischenergebnis zum Zahlungsvorgang Vom Begriff des Zahlungsvorgangs werden also zunächst die Vorgänge des kontoführenden Instituts erfasst, die im Ergebnis entweder eine Belastung eines Zahlungskontos des Zahlers (entspricht der „Abhebung“ im Sinne des § 675f Abs. 3 S. 1 BGB) oder eine entsprechende Gutschrift auf einem Zahlungskonto des Empfängers (entspricht der „Bereitstellung“ im Sinne des § 675f Abs. 3 S. 1 BGB) zur Folge haben. Die „Übermittlung“ ist lediglich die Zusammenfassung dieser jeweils einzelnen und eigenständigen Vorgänge, die eine Begünstigung eines bestimmten Zahlungsdienstleister oder Nutzers über eine oder mehrere Zwischenstationen zum Ergebnis haben – sie ist also ein Oberbegriff ohne eigenständigen Regelungsbereich.68 66
Hierzu auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675c Rn. 4. Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 38 re. Sp. 68 Die „Übermittlung“ des Geldbetrags erfolgt dann über die Abwicklungs- und Clearingsysteme der Zahlungsdienstleister, indem die Zahlungsdienstleister entweder gegenseitige Konten einrichten oder Drittinstitute oder Clearingstellen als Mittler einsetzen. Unabhängig von der konkreten Art der Abwicklung oder des Clearings erfolgt diese grundsätzlich auch durch Gutschriften auf bzw. Belastungen von Konten der be67
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B. Vorfragen
b) Anwendungsfelder des Zahlungsgeschäfts aa) Ausdrückliche Beispiele § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG enthält – als Beispiele formuliert – die drei häufigsten Anwendungsgebiete der Zahlungsgeschäfte: Geldübermittlung durch Lastschrift, durch Überweisung oder durch den Einsatz von Zahlungskarten. Ob der Zahler im Zeitpunkt des jeweiligen Zahlungsvorgangs über ein entsprechendes Kontoguthaben gegenüber seinem Zahlungsdienstleister verfügt oder dieser den Zahlungsbetrag dem Zahler kreditiert, ist aufgrund der Klarstellung in § 1 Abs. 2 Nr. 3 ZAG für die Qualifizierung als Zahlungsdienst nicht relevant. Es ist demnach unerheblich, wer in diesem Rechtsverhältnis in Vorleistung tritt. (1) Lastschrift Die Lastschrift ist in § 1 Abs. 4 ZAG legal definiert als „ein vom Zahlungsempfänger ausgelöster Zahlungsvorgang zur Belastung des Zahlungskontos des Zahlers, dem dieser gegenüber dem Zahlungsempfänger, dessen Zahlungsdienstleister oder seinem eigenen Zahlungsdienstleister zustimmt“.
Im Vergleich zur alten Rechtslage wandelt sich die Bedeutung dieses Begriffs dem Wesen nach nicht. Nach wie vor ist die originäre Initiierung des konkreten Zahlungsvorgangs durch den Zahlungsempfänger das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zu anderen Zahlungsvorgängen. Mit anderen Worten tritt hier der Zahlungsempfänger in eigenem Namen an seinen Zahlungsdienstleister heran und veranlasst diesen zum Vorantreiben des Zahlungsvorgangs69. Zur Beschreibung verwendet deshalb sogar der Gesetzgeber den Ausdruck „pull-transaction“70. Eine wesentliche Neuerung erfährt die Lastschrift durch die Schaffung der SEPA. So entwickelte der EPC das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren und das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren.71 Diese sind aufgrund der ausdrücklichen Gesetzesbegründung als Lastschrift im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG anzusehen72.
teiligten Zahlungsdienstleister (zu den verschiedenen Abwicklungs- und Clearingnetzwerken vgl. Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 46 Rn. 5 ff.; Singer in: Derleder § 37 Rn. 4). 69 Zur Erklärung, wann ein Zahlungsvorgang „vom Zahlungsempfänger ausgelöst“ wurde vgl. C.I.1.d)aa)(4). 70 Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 36 li. Sp. 71 Zur rechtliche Konstruktion der beiden SEPA-Lastschriften vgl. C.I.1.d)aa)(1)(c) und C.II.1.l)cc). 72 Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 36 li. Sp.
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Auch die „herkömmlichen“ Lastschriftverfahren – Einzugsermächtigungs-73 und Abbuchungsauftragsverfahren – fallen weiterhin in diese Unterkategorie der Zahlungsvorgänge. Vertreter aus der Bankwirtschaft sind zwar der Auffassung, diese beiden Verfahren würden durch die Schaffung der SEPA-Lastschriftverfahren verdrängt74. Demgegenüber legt sich der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung auf eine Koexistenz zwischen den traditionellen Verfahren und den neu eingeführten SEPA-Lastschriftverfahren fest75. Dies ergibt sich auch aus einer rechtstheoretischen Erwägung: Die ZD-RiL verbietet Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister nicht die Vereinbarung bestimmter Zahlungsverfahren. Erfüllt ein bestimmtes festgelegtes Verfahren einen Definitionstatbestand des § 1 Abs. 2 ZAG, muss dieses auch als Zahlungsdienst im Gesetzessinne eingestuft werden. Solange die Zahlungsdienstleister ein solches Verfahren anbieten, muss es auch in diesem Themenkreis behandelt werden.76 Davon zu trennen ist die Frage, ob einzelne Verfahren mit dem gesetzlichen Rahmen der §§ 675c ff. BGB in rechtstechnischer Hinsicht kompatibel sind. Eine eventuelle Kollision zwischen vertraglichen und zwingenden gesetzlichen Regelungen wäre dann nach den allgemeinen Regeln aufzulösen, so dass die Vertragspartner gegebenenfalls ihre Vereinbarungen an das Gesetz anpassen müssten. Durch solche Änderung könnte das Zahlungsverfahren nicht mehr unter eine der Definitionen des § 1 Abs. 2 ZAG und damit aus dem Anwendungsbereich der ZD-RiL fallen. Es könnte sich aber auch als impraktikabel erweisen und so aus dem Markt verdrängt werden. Im Ergebnis werden von dem Unterpunkt „Lastschrift“ die beiden herkömmlichen Einzugsermächtigungs- und Abbuchungsauftragsverfahren sowie die neuen SEPA-Verfahren erfasst.77 (2) Überweisung Die Überweisung war nach § 676a I BGB a. F. das Zurverfügungstellen eines Geldbetrags zur Gutschrift auf dem Konto des Begünstigten. Im Gegensatz zur Lastschrift enthält weder das BGB noch das ZAG eine entsprechende Definition. Allerdings geht der Gesetzgeber selbst von einer wesensmäßig gleichen Bedeutung des Begriffs im neuen Regelwerk aus, wenn er die Überweisung als „bisher 73
Zur Zukunft des Einzugsermächtigungsverfahrens ab 2014 vgl. C.II.1.l)aa)(7). Vgl. Beiträge von Fehr FAZ 26.05.2008, Nr. 120, S. 15 und Fehr/Fabritius FAZ 26.05.2008, Nr. 120, S. 15. 75 Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 36 li./re. Sp.; im Ergebnis auch Hadding Hadding FS Hüffer 2010, 273 S. 273 (279). 76 In diesem Sinne auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675c Rn. 7, § 675f Rn. 71; offenbar auch Werner in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 4. Kapitel Rn. 1 ff. sowie Karper in: Fandrich/Karper § 4 Rn. 132 ff.; Omlor in: Staudinger [2012] § 675c Rn. 11. 77 Die jeweiligen Abläufe der einzelnen Verfahren werden unter C.I.1.d)aa)(1) erörtert. 74
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in der Praxis des Zahlungsverkehrs gängiges Verfahren“ einstuft, ansonsten aber zur Überweisung schweigt.78 Daher kann die alte Definition zumindest noch als Rechtsgedanke weiter aufrechterhalten werden: Gegensätzlich zur Lastschrift muss es sich um einen Zahlungsvorgang handeln, den gerade der Zahler originär veranlasst79, während der Zahlungsempfänger völlig untätig bleibt. Die Belastung des Zahlers und die Begünstigung des Empfängers erfolgt, weil nur der Zahler agiert. Vom Gesetzgeber ebenfalls offen gelassen ist die konkrete Art und Form dieser Veranlassung. Die Zahlungsdienstleister füllen diese Lücke und geben in ihren AGB die Benutzung eines eigenen Vordrucks vor, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde80. Eine solche besondere Vereinbarung wird häufig hinsichtlich des Online- und Home-Bankings getroffen81. (3) Zahlungskarten In der heutigen Geschäfts- und Einkaufswelt ist der Einsatz von diversen Karten zum bargeldlosen Bezahlen nicht mehr wegzudenken. Deshalb sind auch die „Zahlungskartengeschäfte“ Teil der Zahlungsdienste. Im Gegensatz zur Überweisung gibt das Gesetz selbst das Ausgangsmaterial für die Gesetzesauslegung: Gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 c) ZAG werden Zahlungskartengeschäfte als „Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments“
definiert. Was sich jedoch hinter den Begriffen „Zahlungskarte“ und „Zahlungsinstrument“ verbirgt, ist dem Gesetz direkt nicht zu entnehmen. Der Begriff des Zahlungsinstruments erscheint zwar in Art. 4 Nr. 23 ZD-RiL. Die dazugehörende Definition wurde aber bei der Umsetzung in deutsches Recht dem Begriff des „Zahlungsauthentifizierungsinstruments“ zugeordnet82, der von dem der „Zahlungskarte“ technisch zu unterscheiden ist83. 78
Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 33 re. Sp. Inhaltlich übereinstimmend Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 63, Sprau in: Palandt § 675f Rn. 29; der Zahler kann die Übermittlung auch mithilfe von Zahlungskarten anstoßen: zur Abgrenzung vgl. B.II.2.b)aa)(3); ähnlich andeutend Omlor in: Staudinger [2012] Vorbemerkung zu §§ 675c–676c Rn. 80. 80 Vgl. 1.3 Abs. 1 AGB-Überw. KSK. 81 Vgl. Nr. 4 und 5 der Bedingungen für das Online-Banking (Sparkasse). 82 Die unterschiedliche Terminologie beginnt bereits, wenn die europäische Formulierung „. . . oder eines ähnlichen Instrument“ bei der Umsetzung in deutsches Recht in „. . . oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments“ verändert wird. Bei der direkten Übertragung von Begriffen und Definitionen aus der Richtlinie ist demnach stets Vorsicht geboten; in diesem Sinne auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 25. 83 Praktisch sind Überschneidungen möglich; siehe hierzu unten B.II.3.a)dd). 79
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Der nächste Anhaltspunkt zur näheren Bestimmung der Zahlungskarte findet sich in den Motiven des deutschen Gesetzgebers: Mittels einer Zahlungskarte werden Zahlungsvorgänge angestoßen84. Die Zahlungskarte ist daher als Mittel, als reines Werkzeug zu verstehen, um den beabsichtigten Zahlungsvorgang zu initiieren. Dies erfordert, dass die Zahlungskarte dem Zahler eine – den Zahlungsvorgang veranlassende – Mitteilung an seinen Zahlungsdienstleister ermöglicht85. Wenn der Gesetzgeber der Zahlungskarte auch „ähnliche“ Instrumente gleichsetzt, bedeutet dies aber letztlich, dass zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Nutzer nur irgendeine Kommunikationsmöglichkeit bestehen muss, die eine solche Mitteilung über einen durchzuführenden Zahlungsvorgang erlaubt. Genau diese besteht ebenfalls bei der Überweisung und der Lastschrift, die daher „lediglich“ Spezialfälle des Zahlungsinstruments darstellen. Schließlich dient die Einreichung eines Überweisungsträgers oder der Lastschriftunterlagen auch nur der Kommunikation zwischen einem der Zahlungsdienstnutzer und einem Zahlungsdienstleister. Die „Zahlungskartengeschäfte“ können daher als eine Art Auffangtatbestand gesehen werden. Ob das „ähnliche Zahlungsinstrument“ aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 c) ZAG – ebenso wie die Zahlungskarte – zwingend ein verkörperter Gegenstand sein muss, ist aus praktischer Sicht unerheblich: Die Ausführung mittels Zahlungskartengeschäften ist als Regelbeispiel für Zahlungsdienste ausgestaltet. Eine Transaktion aufgrund einer Kommunikationsmöglichkeit, die ohne Verkörperung auskommt, kann noch immer unter die allgemeine Eingangsformulierung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG („Ausführung von Zahlungsvorgängen“) subsumiert werden. Wie aber schon bei der Lastschrift und bei der Überweisung lässt das Gesetz die genauen Abläufe in der Kommunikation offen. Die erforderlichen Schritte müssen noch zwischen Zahlungsdienstleister und Nutzer gesondert vereinbart werden. Durch im Einzelnen abweichende Prozeduren haben sich die verschiedenen Arten von Zahlungskarten herausgebildet wie z. B. die Kreditkarten und EC-Karten/girocards. Diese sollen nach dem gesetzgeberischen Willen „Zahlungskartengeschäfte“ sein.86
84
Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 33 re. Sp. In diesem Sinne auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 41, der die Zahlungskarte als Urkunde sieht. Diese ermögliche dem Nutzer als Karteninhaber, seinen Zahlungsdienstleister zur Erbringung einer Geldleistung an einen Dritten zu bewegen. Ähnlich Omlor in: Staudinger [2012] § 675c. Rn. 13. 86 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 33 re. Sp.; vgl. zu den einzelnen Varianten der Zahlungskarten sowie deren Abläufe C.I.1.d)aa)(2). 85
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bb) Zahlungsvorgänge zwischen Zahlungsdienstleistern Sind bei der Ausführung von Zahlungsvorgängen sowohl Zahler als auch Zahlungsempfänger die Kunden desselben Zahlungsdienstleisters, erfolgt zunächst der erste Zahlungsvorgang, indem das Konto des Zahlers belastet wird. Sodann ist in der Gutschrift auf dem Konto des Empfängers der zweite Zahlungsvorgang zu sehen. Handelt es sich jedoch nicht um einen „hausinternen“ Vorgang, sondern sind Zahler und Zahlungsempfänger die Zahlungsdienstnutzer verschiedener Zahlungsdienstleister, muss zwischen diesen beiden Zahlungsdienstleistern noch ein zwischengeschalteter Geldfluss erfolgen. Dieser Geldfluss wird in der Regel im Rahmen eines Abrechnungs-, Clearing- oder Abwicklungssystem – nach neuer Terminologie „Zahlungssystem“ gemäß § 1 Abs. 6 ZAG – erfolgen. Vorgänge innerhalb solcher Systeme sind aber durch § 1 Abs. 10 Nr. 7 ZAG als Bereichsausnahme von den Zahlungsdiensten ausgenommen. Die Abwicklung kann jedoch im Einzelfall auch dadurch erfolgen, dass der eine Dienstleister beim anderen ein Zahlungskonto unterhält, das entsprechend der Richtung des Geldflusses entweder belastet oder begünstigt wird. Bei diesem konkreten (Zwischen-)Zahlungsvorgang werden aber ausschließlich dienstleistereigene Vermögensmassen bewegt. Hierbei handeln diese also nicht mit unmittelbarer Wirkung für und gegen den jeweiligen Nutzer, sondern in eigenem Namen. In diesen Fällen greift § 1 Abs. 10 Nr. 12 ZAG ein, der ebenso eine Bereichsausnahme für Zahlungsvorgänge schafft, „die von Zahlungsdienstleistern untereinander auf eigene Rechnung [. . .] ausgeführt werden“. Somit ist die Ausführung eines solchen Zahlungsvorgangs zur Abwicklung ebenfalls nicht Zahlungsdienst im Sinne der Neuregelung. Dieses Ergebnis ändert sich auch nicht, wenn diesem Zahlungsvorgang eine Tatbestandswirkung im Rechtsverhältnis des Nutzers mit seinem Dienstleister zukommt, d.h. sofern aufgrund eines solchen Vorgangs Pflichten und Ansprüche entstehen87. Ein solcher reiner Rechtsreflex bewirkt nämlich noch keine Beteiligung der Nutzer unmittelbar an diesem zwischengeschalteten Zahlungsvorgang. Selbstverständlich ist ein Rechtssubjekt aber nicht in seiner Rolle als Zahlungsdienstleister gefangen. Es kann in anderen Situationen selbst Schuldner oder Gläubiger in einem Valutaverhältnis sein. Dann tritt es als Zahler oder Zahlungsempfänger auf und ist hinsichtlich des konkret durchzuführenden Zahlungsvorgangs nicht in eine Zahlungskette eingebunden, sondern planmäßiger Startoder Endpunkt einer Geldbewegung.88
87 Zu einer solchen Tatbestandswirkung einer Gutschrift beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers vgl. § 675t Abs. 1 BGB. 88 Zu einer solchen Konstruktion vgl. B.II.4.a)bb).
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3. § 1 Abs. 2 Nr. 4 ZAG: Zahlungsauthentifizierungsgeschäft Mit § 1 Abs. 2 Nr. 4 ZAG werden Begriffe eingeführt, die in der alten Rechtslage – im Gegensatz zur Überweisung und zur Lastschrift – noch keine entsprechende Bedeutung hatten: das „Zahlungsauthentifizierungsinstrument“ und das „Zahlungsauthentifizierungsgeschäft“. a) Das Zahlungsauthentifizierungsinstrument Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument (ZAI) ist gemäß § 1 Abs. 5 ZAG „jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Dienstleister für die Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen“.
Zugunsten eines besseren Überblicks ist diese Definition in zwei Merkmale zu unterteilen: Das vereinbarte Verfahren zur Erteilung von Zahlungsaufträgen auf der einen und die Personalisierung des Verfahrens auf der anderen Seite.89 aa) Vereinbartes Verfahren zum Erteilen eines Zahlungsauftrags Nach der Legaldefinition des ZAG hat ein ZAI genau einen Zweck: das Erteilen eines „Zahlungsauftrags“. Hinter diesem – in § 675f Abs. 3 S. 2 BGB legal definierten – Begriff des Zahlungsauftrags verbirgt sich „jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt“. Der Zahlungsauftrag im Sinne des Gesetzes ist somit ein Kommunikationsakt in der Rechtsgestalt einer Weisung90 zwischen dem Zahler und seinem Dienstleister; d.h. der Zahlungsauftrag ist der erste Schritt des Zahlers, der den späteren Geldtransfer, den Zahlungsvorgang, anstößt. Da es sich beim Zahlungsauftrag technisch um eine Willenserklärung handelt91, steht es den Parteien frei, im Vorfeld bestimmte Form- und Wirksamkeitsvoraussetzungen für einen gültigen Zahlungsauftrag zu vereinbaren. Genau dies geschieht, wenn sich der Zahler und sein Zahlungsdienstleister für die Abgabe eines Zahlungsauftrags auf eine Verwendung eines ZAI verständigen. Ein wirksamer Zahlungsauftrag setzt sodann neben den allgemeinen Voraussetzungen einer Willenserklärung zusätzlich die Einhaltung des bestimmten durchzuführenden Verfahrens gemäß der Vereinbarung voraus. Hierzu kann auch die
89 90 91
So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 26. Vgl. Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB, BR-Drucks. 848/08 S. 165. Ausführlich zum Zahlungsauftrag unter C.I.1.b).
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Verwendung bestimmter gegenständlicher Hilfsmittel wie z. B. Zahlungskarten zählen. Eine solche Verkörperung ist jedoch nicht zwingend notwendig92. Mit dem Einsatz eines ZAI erfolgt diese Kommunikation also auf einer besonderen Art und Weise; das ZAI ist für den Zahler ein spezielles, qualifiziertes Hilfs- und Kommunikationsmittel, um seinem Zahlungsdienstleister einen Zahlungsauftrag zu erteilen. bb) Personalisierung Seinen eigentlichen Charakter bekommt das ZAI aber gerade durch seine personalisierten Sicherheitsmerkmale 93. Diese sind nach Auffassung des Gesetzgebers bestimmte Besitz- oder Wissenskomponenten, die der Zahler bei der Verwendung des ZAI zum Einsatz bringen muss94. Die korrekte Verwendung dieser Sicherheitsmerkmale wird damit Teil des einzuhaltenden Verfahrens und somit Teil des ZAI. Die rechtliche Bedeutung der Personalisierung mittels Sicherheitsmerkmalen lässt sich am besten durch die gesetzlichen Wertungen des BGB hinsichtlich der ZAI erfassen: (1) § 675l BGB Der Zahler muss nach § 675l BGB diese Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff schützen. Sollte dies aufgrund eines Diebstahls oder sonstigen Verlusts bzw. bei Missbrauch nicht gelingen, ist der Zahler zur entsprechenden Anzeige an seinen Dienstleister verpflichtet. (2) § 675m BGB Aber auch der Zahlungsdienstleister ist zu bestimmten Vorkehrungen angehalten: § 675m Abs. 1 Nr. 1 BGB verpflichtet ihn, „sicherzustellen, dass die personalisierten Sicherheitsmerkmale des ZAI nur der zur Nutzung berechtigten Person zugänglich sind.“ Hierzu zählen auch Vorkehrungen gegen sogenannte „Innentäterattacken“, d.h. Angriffe auf die Vertraulichkeit durch Mitarbeiter des Zahlungsdienstleisters sowie andere Sicherheitslücken, die einen Eingriff durch 92 Vgl. Begründung zu § 675v Abs. 1 BGB, BR-Drucks. 848/08 S. 185; Rühl DStR 2009, 2256 (2259; linke Spalte). 93 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 36 re. Sp.; wohl auch Koch/Reinicke – ZAG S. 58; Barleon in: Kontoführung & Zahlungsverkehr Rn. 1810; a. A. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675j Rn. 6 und Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 31, die personalisierte Merkmale nicht als zwingende Voraussetzungen für die Qualifizierung als ZAI ansehen. Siehe auch Fußnoten Nr. 99 und 100. 94 Vgl. Begründung zu § 675w BGB, BR-Drucks. 848/08 S. 187.
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Dritte in die EDV des Zahlungsdienstleisters erlauben95. Weiter muss der Dienstleister eine Verlustanzeige des Zahlers überhaupt ermöglichen und eine Nutzung des ZAI nach einer solchen Anzeige verhindern, § 675m I Nr. 3 und 4 BGB. (3) § 675k BGB Grundsätzlich räumt die gesetzliche Regelung dem Zahlungsdienstleister des Zahlers mit § 675k Abs. 2 BGB die Möglichkeit ein, das ZAI zu sperren, wenn dessen Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Diese Sicherheitsmängel können auf das technische System oder auf das Verhalten des Zahlers bzw. eines Dritten zurückzuführen sein96. Wurde das ZAI gesperrt, kann es keiner mehr als Hilfsmittel zum Auslösen eines Zahlungsvorgangs verwenden. (4) Schlussfolgerungen aus diesen Wertungen Die genannten spezifischen Pflichten und Obliegenheiten der Beteiligten machen deutlich, dass die Sicherheitsmerkmale mit allen verfügbaren Mitteln geheim gehalten werden sollen. Mit anderen Worten: Nur dem Zahler darf die Wahrung des vereinbarten Verfahrens möglich sein97, indem ausschließlich er Kenntnis von den konkret erforderlichen Verfahrensschritten hat bzw. indem nur ihm die tatsächliche Gewalt über diejenigen verkörperten Gegenstände zukommt98, die bei der Auftragsabgabe zwingend eingesetzt werden müssen. Enthält das einzuhaltende Verfahren überhaupt kein solches personalisiertes Sicherheitsmerkmal, kann es auch nicht als ZAI qualifiziert werden; eine schlichte formale Zuordnungsmöglichkeit zu einem bestimmten Zahlungsdienstnutzer reicht hierfür nicht aus99. Die Gegenansicht hierzu100 vermag den Sinn nicht zu erklä95
Vgl. Sprau in: Palandt § 675m Rn. 2. Vgl. Sprau in: Palandt § 675k Rn. 4. 97 Vgl. auch Scheibengruber BKR 2010, 15 (17), der entweder auf eine Geheimhaltung oder auf eine fehlende Möglichkeit zur Reproduktion abstellt. 98 So auch Sprau in: Palandt § 675j Rn. 6. Besteht ein ZAI aus einer Besitz- und aus einer Wissenskomponente, soll nach Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675v Rn. 10 die Besitzkomponente kein persönliches Sicherheitsmerkmal darstellen. Nur mit dieser könne kein Missbrauch getrieben werden. Diese Auffassung ist jedoch nicht haltbar: Zweck eines ZAI ist stets die maximal mögliche Sicherheit. Da ein Täter stets alle Merkmale kumulativ benötigt, kann die Sicherheit auch durch reine Besitzkomponenten gesteigert werden. Zudem hat der Gesetzgeber mit § 675v Abs. 1 S. 1 BGB eine Anspruchsgrundlage für besitzbezogene Sicherheitsmerkmale [vgl. C.II.2.a)bb)(1)(b)] geschaffen, die maßgeblich an Bedeutung verlieren würde. 99 So auch Findeisen in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 1 ZAG Rn. 280; Casper/ Pfeifle WM 2009, 2343 (2344); Scheibengruber BKR 2010, 15 (17); Oechsler WM 2010, 1381 (1381 f.); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 17; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 21; Jungmann in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 6. Kapitel Vor § 675f Rn. 12 sowie § 675j Rn. 9; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 26 a. E. 96
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ren, der sich aus einem solchen Instrument ohne jegliche Sicherheitsmerkmale ergeben könnte – insbesondere könnte eine solch rein formale Zuordnung keinen Mehrwert in der späteren Beweisführung bieten101. Sollte ein solches Ausschließlichkeitsmerkmal einmal nicht mehr gewährleistet sein, kann und muss durch die Beteiligten eingeschritten werden. Sie nehmen das ZAI dann sofort aus dem Rechtsverkehr. Denn von nun an wäre aus der Einhaltung des vereinbarten Verfahrens nicht mehr herauszulesen, dass der Zahlungsauftrag von der in der Vereinbarung als berechtigt ausgewiesene Person abgegeben wurde. Genau dieses Prüfergebnis soll aber durch die verschiedenen gegenseitigen Schutzpflichten und Schutzrechte gewährleistet werden. cc) Zwischenergebnis zum Begriff des ZAI Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten: Die Vereinbarung eines Verfahrens, das zumindest ein personalisiertes Sicherheitsmerkmal enthält, eröffnet dem Dienstleister des Zahlers die Möglichkeit, die Identität der handelnden Person zu überprüfen102. Dadurch entsteht prinzipiell die Möglichkeit, dem Zahler den gesamten Vorgang aufgrund der objektiven Kriterien – die korrekte Verwendung und die Verfügbarkeit der Sicherheitsmerkmale (ohne dass gegenteilige Verlustanzeigen vorlagen) – zuzurechnen. Diese Konstruktion ähnelt sehr stark der Konstruktion der Vertrauens- und Rechtsscheinshaftung103, so dass in Konfliktfällen die Anwendbarkeit dieser allgemeinen Lehren geprüft werden kann.104 dd) Konkrete Anwendungen Der Gesetzgeber sieht gerade die Kartenzahlung unter Verwendung einer PIN oder je nach Fallgestaltung auch mit Unterschrift sowie das Online- und Telebanking unter Nutzung von PIN/TANs oder sonstiger Kennwörter als klassische Fälle des ZAI105. Ob eine Aufschrift auf einer Karte oder einem ähnlichen Instrument als ZAI zu qualifizieren ist, hängt maßgeblich von der Bedeutung der Aufschrift ab: Soll 100 Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675j Rn. 6; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 31; Omlor in: Staudinger [2012] § 675c Rn. 18; Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 55 Rn. 40. 101 Vgl. hierzu die Rechtsscheinswirkungen eines ZAI unter C.II.1.i)bb)und C.II.2.a). 102 So auch Schürrmann in: Bankrechtstag 2009, 11 (37); Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.4“; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 6. 103 Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Vertrauenshaftung vgl. Canaris – Vertrauenshaftung S. 491 ff. 104 Vgl. hierzu die Ausführungen zum Anscheinsbeweis unter C.II.1.i)cc). 105 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 36 re. Sp.; zur Qualifizierung der Unterschrift als ZAI vgl. C.II.1.i)cc)(2)(b)(aa).
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der Einsatz einer solchen Information die beschriebene Zurechnung des Vorgangs zu einer bestimmten Person bewirken und muss diese deshalb sehr sorgfältig aufbewahrt werden? Oder ist sie – ähnlich wie eine Kontonummer auf einer EC-Karte – lediglich eine Information, die unbegrenzt weitergeben werden darf und die deshalb die notwendige Art einer „Identitätsgarantie“ nicht in sich trägt. Entscheidend ist hier schlussendlich der jeweils vereinbarte Parteiwille.106 b) Einzelne Zahlungsdienste Nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 ZAG wird „die Ausgabe von ZAI oder die Annahme und Abrechnung von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen“ als Zahlungsdienst qualifiziert. Auch hier ist zwischen den einzelnen Formen des Zahlungsauthentifizierungsgeschäfts zu unterscheiden: die Ausgabe von ZAI, die Annahme sowie die Abrechnung von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen. aa) Ausgabe von ZAI Bei der Ausgabe eines ZAI geht es schlicht um die reine Zurverfügungstellung, um eine abstrakte Verwendungsmöglichkeit des Zahlers zu schaffen. Die Ausführung eines Zahlungsvorgangs wird hierdurch noch nicht angestoßen; die Ausgabe eines ZAI ist einem Zahlungsvorgang also zeitlich vorgelagert. Solange eine fehlerhafte Ausgabe nicht zu einem Zahlungsvorgang führt, ist sie zumeist unbeachtlich. Isoliert ist diese Handlungsvariante für die hier zu untersuchenden Haftungsfragen nicht relevant. bb) Annahme von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen Bei der Variante der Annahme von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen muss zunächst der Annahmegegenstand geklärt werden: Zwar spricht der Wortlaut von der Annahme von Zahlungsvorgängen. In Verbindung mit der Definition des Zahlungsvorgangs aus § 675f Abs. 3 S. 1 BGB lässt sich diese Einschätzung jedoch nicht halten: Schließlich sind Zahlungsvorgänge durchweg Handlungen oder Verfahren der Zahlungsdienstleister, die „durchgeführt“, aber nicht „angenommen“ werden können. Richtigerweise muss hier der Zahlungsauftrag angenommen werden, der mittels eines ZAI erteilt wurde und den Zahlungsvorgang letztlich auslöste. Zur Verdeutlichung, welche Handlungen von dieser Variante als Zahlungsdienste eingestuft werden, lohnt sich ein Blick auf die Ausgangssituation: Der Zahler – und zugleich Inhaber eines ZAI – möchte ein Grundgeschäft mit dem späteren 106 Zur Anwendung auf die einzelnen in Betracht kommenden Zahlungsverfahren, insbesondere im Kreditkartenbereich vgl. C.II.1.i)cc).
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Zahlungsempfänger schließen. Für die Bezahlung beabsichtigt der Zahler, einen Zahlungsauftrag mittels eines ZAI abzugeben, um so den unbaren Zahlungsvorgang anzustoßen. Versteht man das ZAI als vereinbartes besonderes Kommunikationsmittel, muss aus der Vereinbarung bereits hervorgehen, wer der Empfänger des Zahlungsauftrages im Falle eines Einsatzes sein soll. Dies kann das ZAI-ausgebende Institut selbst sein. Die ZAI-Vereinbarung kann hierzu aber auch eine andere, selbständige Partei bestimmen107. Allein diese Empfängereigenschaft begründet im Einsatzfall die Stellung des Annehmenden. Eine solche Mittelsperson muss allerdings in den späteren Geldfluss mit einbezogen werden, da für sie sonst die Ausnahme des § 1 Abs. 10 Nr. 9 ZAG eingreift und ihre reine Hilfstätigkeiten dann nicht als Zahlungsdienste zu qualifizieren sind.108 cc) Abrechnung von mit ZAI ausgelösten Zahlungsvorgängen Verfolgt man zeitlich die zweite Variante weiter, ergibt sich sodann auch die dritte Variante: die Abrechnung. Aufgrund des empfangenen Zahlungsauftrages soll ein Geldbetrag vom Zahler über verschiedene Stellen an den Zahlungsempfänger übermittelt werden. Hierzu bestehen je nach konkretem ZAI unterschiedliche Abläufe. Eine darin integrierte Partei ist Teil der Abrechnung und erbringt somit Zahlungsdienste, sofern sie nicht unter die Ausnahme nach § 1 Abs. 10 Nr. 7 oder Nr. 12 ZAG fällt, mit anderen Worten sofern sie „Außenkontakt“ entweder mit dem Zahler oder mit dem Zahlungsempfänger hat109. 4. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG: Das digitalisierte Zahlungsgeschäft Mit dem „digitalisierten Zahlungsgeschäft“ wurde ein weiterer Begriff geschaffen. Damit wollte man neuartige Erscheinungen erfassen, die außerhalb der traditionellen Bankgeschäfte stehen. Der Gesetzgeber hat dabei zum einen Zahlungen von Waren oder Dienstleistungen via Telefonrechnungen110, zum anderen die Belastung von Fernmeldeguthaben – insbesondere Guthaben bei Mobilfunkanschlüssen – als Anwendungsfälle im Blick111. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG ist ein digitalisiertes Zahlungsgeschäft „die Ausführung von Zahlungsvorgängen, bei denen die Zustimmung des Zahlers zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs über ein Telekommunikations-, Digital- oder IT107 Dazu muss eine Absprache zwischen dieser zusätzlichen Partei und dem ZAI-ausgebenden Dienstleister bestehen. 108 Zur Erläuterung dieser Ausnahme vgl. B.II.4.b). 109 Zahlungsvorgänge zwischen Zahlungsdienstleistern sind in der Regel keine Zahlungsdienste; zur Erläuterung dieser Ausnahme vgl. B.II.2.b)bb). 110 Hierbei wird der entsprechende Betrag auf der nächsten Rechnung des Telefonanbieters angeführt und gleichzeitig mit den Telekommunikationsleistungen abgerechnet. 111 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 34 re. Sp.
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Gerät übermittelt wird und die Zahlung an den Betreiber des Telekommunikationsoder IT-Systems oder IT-Netzes erfolgt, sofern der Betreiber ausschließlich als zwischengeschaltete Stelle zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen tätig ist“112.
Diese Definition erscheint zunächst sehr komplex. Jedoch wird durch die Satzkonstruktion „. . . die Ausführung von Zahlungsvorgängen, bei denen [. . .] und [. . .], sofern . . .“ lediglich ein qualifizierter Zahlungsvorgang beschrieben. Es können somit die Erkenntnisse aus den Zahlungsgeschäften113 zugrunde gelegt werden. Hieran anknüpfend werden beim digitalisierten Zahlungsgeschäft noch die drei (in den Nebensätzen der Definition befindlichen) zusätzlichen Voraussetzungen aufgestellt: Für die Zustimmung muss der Zahler ein besonderes Gerät einsetzen [a)], die Zahlung muss zunächst an den Netzbetreiber des Gerätes erfolgen [b)] und dieser darf ausschließlich zwischengeschaltete Stelle in der Zahlungskette sein [c)]. a) Zustimmung aa) Charakteristik des digitalisierten Zahlungsgeschäfts Das erste entscheidende Merkmal besteht in der besonderen Form der Zustimmung114, die über ein sogenanntes „Telekommunikations-, Digital- oder IT-Gerät“ übermittelt werden muss. Was genau unter solchen Geräten zu verstehen ist, wird zwar weder im Gesetz, noch in dessen Begründung genauer erläutert. Hierunter sind jedoch technische Hilfsmittel jeglicher Art zu verstehen, mit denen eine Übertragung von Willensäußerungen bei Ortsverschiedenheit ermöglicht wird (z. B. Mobiltelefon, Notebook, etc.). bb) Adressat der Zustimmung Dem Wortlaut der Legaldefinition ist nicht zu entnehmen, wem gegenüber diese Zustimmung erfolgen soll. Weil die Definition eine Zahlung des Zahlers an den Netzbetreiber – „. . . als zwischengeschaltete Stelle . . .“ – vorsieht, können sich mehrstufige Prozesse ergeben: Diese Zahlung an den Netzbetreiber erfolgt regelmäßig durch Übertragung von Buchgeld, was wiederum die Einschaltung eigenständiger Zahlungsdienstleister als Mittler dieser Buchgelder notwendig macht. In diesem Transfer vom Zahler an den Netzbetreiber finden sich jeweils Zahlungsvorgänge und daher Zahlungsdienste gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG. Somit 112 Zahlungsdienstnutzer im Sinne dieser Definition ist der Zahler, mit dem Lieferanten ist der Zahlungsempfänger gemeint. 113 Vgl. B.II.2. 114 Die Zustimmung ist aufgrund § 675j Abs. 1 S. 1 BGB stets notwendiger Bestandteil eines Zahlungsvorgangs, sofern das Verhältnis zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister betroffen ist.
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stellt sich die Frage, auf welchen konkreten Vorgang sich die Zustimmung aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG bezieht: auf den Geldtransfer zwischen dem Zahler und dem Netzbetreiber über einen eigenständigen Zahlungsdienstleister oder auf den Transfer vom Zahler über den Netzbetreiber als Mittler zum „Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen“ (als dem endgültigen Empfänger des Geldbetrags)? Richtigerweise meint die Zustimmung aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG in solchen Konstellationen eine Erklärung an den Netzbetreiber. Nur dann weiß er, dass er den Geldbetrag an den Zahlungsempfänger auskehren darf. Würde der Zahler nur gegenüber einem zwischengeschaltetem Zahlungsdienstleister zustimmen, käme dem Netzbetreiber zwar die Verfügungsgewalt über den Geldbetrag zu. Im Verhältnis zum Zahler würde dieser aber ohne die notwendige Zustimmung keinen Aufwendungsersatzanspruch erhalten115. Anders ausgedrückt könnte der Zahler das wirtschaftlich gewollte Ergebnis – die endgültige Befriedigung des Zahlungsempfängers – verhindern, indem er die Zustimmung gegenüber dem Netzbetreiber verweigert. Die Konsistenz der hier vertretenen Lösung zeigt sich, wenn die Zahlung an den Netzbetreiber mit Bargeld stattfindet. Dann besteht nur ein Zahlungsvorgang, dem der Zahler zustimmen könnte. Warum soll der Adressat der Zustimmung vom Zufall abhängen, auf welchem Weg dieser erste Zahlungsstrom erfolgt? Festgehalten werden kann daher: Die in § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG angesprochene Zustimmung muss über ein Telekommunikationsgerät gegenüber dem Betreiber des Telekommunikationsnetzes abgegeben werden. b) Zahlung an den Netzbetreiber: Integration in den Zahlungsfluss Wie soeben beschrieben, soll der Geldfluss über den Netzbetreiber erfolgen. Dieser ist dabei zwar lediglich Mittler, er soll aber zumindest für eine juristische Sekunde berechtigter Inhaber des Geldbetrags sein. Mithilfe dieses Tatbestandsmerkmals kann von Serviceleistungen abgegrenzt werden, mit denen der Netzbetreiber sich in einen Zahlungsvorgang integriert, indem er lediglich notwendige Daten und Willenserklärungen für einen Zahlungsvorgang übermittelt. Zwar erhält er hier möglicherweise ein Entgelt für diese Dienstleistung. Dieses erhält er aber als endgültiger Empfänger des Betrags und fungiert gerade nicht als zwischengeschaltete Stelle innerhalb der Zahlung. Agiert er als Bote oder Vertreter für den Zahler oder Zahlungsempfänger, wird er rechtlich betrachtet nie als eigenständiges Subjekt in den eigentlichen Geldfluss zwischen Zahler und Zahlungsempfänger integriert. 115
Zu den Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs vgl. C.II.1.
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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c) Netzbetreiber als ausschließlich zwischengeschaltete Stelle aa) Konkrete Rolle des Netzbetreibers Die Definition setzt nicht nur als Mindestvoraussetzung die Integration des Netzbetreibers in den Zahlungsfluss voraus, sondern begrenzt seine Mitwirkungshandlung am gesamten wirtschaftlichen Vorgang durch das Wort „ausschließlich“ auf gerade diese Art der Beteiligung: Er soll nichts weiter als eine Zahlstelle für den Zahler und den Zahlungsempfänger sein und gerade nicht Beteiligter an der Durchführung des zugrundeliegenden und zahlungsauslösenden Valutaverhältnisses116. Leistet er mehr als die reine Weiterleitung des Geldbetrages, steht er wirtschaftlich zumindest teilweise auf der Seite des Zahlungsempfängers. Somit wären die Handlungen des Netzbetreibers nicht als Zahlungsdienst im Gesetzessinne zu verstehen. Dies entspricht auch dem Zweck der ZD-RiL: Der Zahlungsvorgang – d.h. der Weg des Geldes – soll neu geordnet werden. Das zugrundeliegende Rechtsverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger sollen komplett ausgeblendet werden, was schon die Begriffsdefinition des Zahlungsvorgangs in § 675f Abs. 3 S. 1 BGB und Art. 4 Nr. 5 der Richtlinie zeigt117. Wenn ein Zahlungsmittler aber am Grundgeschäft beteiligt ist, lassen sich diese Stufen technisch nicht mehr scharf trennen, so dass nach Ansicht des Gesetzgebers der typische Zahlungsverkehr mithilfe von außenstehenden Dienstleistern nicht mehr vorliegt. bb) Ausnahme nach § 1 Abs. 10 Nr. 11 ZAG Den Hauptanwendungsfall, in dem ein Netzbetreiber in seinem Leistungsspektrum über das einer reinen Zahlstelle hinausgeht, findet sich im Ausnahmekatalog des § 1 Abs. 10 ZAG in der Nr. 11: Der über ein Telekommunikationsgerät initiierte Zahlungsvorgang118 ist trotz eines Geldflusses an und über den Netzbetreiber kein Zahlungsdienst seitens des Netzbetreibers, wenn „. . . Waren oder Dienstleistungen an ein Telekommunikations-, Digital- oder IT-Gerät geliefert werden oder mittels eines solchen genutzt werden sollen, sofern der Betreiber des Telekommunikations-Digital oder IT-Systems oder IT-Netzes nicht ausschließlich als zwischengeschaltete Stelle zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Lieferanten der Waren und Dienstleistungen tätig ist.“
Mit dieser Formulierung haben sowohl der deutsche Gesetzgeber119 als auch der Richtliniengeber120 den inzwischen sehr großen Markt der digitalen Waren 116 117 118 119 120
Vgl. Erwägungsgrund 6 a. E. zu Richtlinie ZD-RiL. Zur grundsätzlichen Trennung der jeweiligen Rechtsverhältnisse vgl. B.III.4. Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp. Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp. Vgl. Erwägungsgrund 6 a. E. zu Richtlinie ZD-RiL.
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B. Vorfragen
und Dienstleitungen im Fokus, die mithilfe von Mobiltelefonen in Anspruch genommen werden können. Das Herunterladen von Klingeltönen, Musik oder sonstigen Softwareprodukten gehört hierbei zu den bekannteren Beispielen. Daneben sind aber auch Weckdienste oder telefonische Beratungsdienstleistungen mögliche Varianten121. Wenn der Netzbetreiber diese Produkte selbst herstellt und anbietet, ist er zweifelsfrei Lieferant der Leistung und nicht bloße Mittelsperson im Zahlungsverkehr. Wenn er aber einem anderen Unternehmen lediglich sein Kommunikationsnetz zur Übertragung eines Produkts auf das Endgerät des Zahlers zur Verfügung stellt, muss genauer hinterfragt werden, welche Leistungen eigentlich diejenigen eines Lieferanten sind: Sie bestehen sicherlich in der Software (bzw. in der Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts) oder in der Dienstleistung selbst. Der Lieferant hat diesbezüglich weitere Nebenpflichten: Er muss dem Zahler diese (Haupt-)Leistung auch verfügbar machen122. Wirtschaftlich gesehen besteht der Wert des Produkts genau in der Kombination dieser Haupt- und Nebenpflicht. Wenn der Lieferant zur Erfüllung dieser Nebenpflicht den Netzbetreiber betraut, sieht auch der Gesetzgeber in diesem vom Netzbetreiber übernommene „Transport“ eine eigene Wertschöpfung des Netzbetreibers123. Dieser stellt sich demnach auf die Seite des Leistenden des der Zahlung zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. Seine Rolle geht auch hier über die einer reinen Zahlstelle hinaus, so dass seine Tätigkeit zur Abrechnung des Entgelts für die Ware oder Dienstleistung keinen Zahlungsdienst im Sinne des Gesetzes darstellt. Der Gesetzgeber differenziert bei der Beteiligung des Netzbetreibers aber noch weiter: Beim Kauf eines Fahrscheines über ein Mobiltelefon wird ein elektronischer Fahrschein ausgestellt. Dieser muss als Datei auf das Mobilendgerät des Zahlers durch das Netz des Betreibers übertragen werden. Hier soll im Handeln des Netzbetreibers jedoch keine zusätzliche Wertschöpfung liegen124. Diese Fallanwendung präzisiert das Merkmal der Ausschließlichkeit bzw. der zusätzlichen Wertschöpfung: Das Ausstellen eines Fahrscheins ist nicht notwendige Voraussetzung, um die Transportdienstleistung zu empfangen. Der Fahrschein erleichtert lediglich die Kontrolle, ob das Beförderungsentgelt bereits erbracht wurde. Überträgt der Netzbetreiber den Fahrschein, wirkt er aber an der 121
Vgl. auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675c Rn. 20. Im traditionellen Warenverkehr steht dies außer Frage: Beim Verkauf von Sachen ist unabhängig vom vereinbarten Leistungs- und Erfolgsort ein Mindestmaß an tatsächlicher Kooperation durch Übergabe, Versendung oder eigenhändigem Transport sicherlich Teil des Pflichtenprogramms des Verkäufers. Auch bei Beratungen, Erinnerungen oder sonstigen Diensten unter Abwesenden (dann zumeist im Schriftverkehr) gehört es zum Pflichtenprogramm des Dienstleisters, die entsprechenden Unterlagen in irgendeiner Form an den Kunden zu überreichen. 123 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp. 124 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp. 122
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Beförderung selbst nicht mit – die Dienstleistung könnte auch ohne ausgestellten Fahrschein erbracht werden. Hier kann die zugrundeliegende Dienstleistung von der des Netzbetreibers so getrennt werden, dass jede für sich sinnvollerweise eigenständig erhalten bleibt.125 Eine eigene Wertschöpfung liegt also nur vor, wenn die Übertragung durch den Netzbetreiber zwingend erforderlich für die Nutzung der Ware oder Dienstleistung ist.126 Dies ist beispielsweise bei der Übertragung von Software oder bei der Vermittlung von telefonischen Beratungen der Fall. Dann agiert der Netzbetreiber nicht ausschließlich als Zahlungsmittler und betreibt demnach keine Zahlungsdienste. Entgegen der Auffassung des Gesetzgebers127 wirkt die Bereichsausnahme nach § 1 Abs. 10 Nr. 11 ZAG nur deklaratorisch: Sie greift nur ein, wenn der Netzbetreiber nicht ausschließlich als Zahlstelle agiert. Diese Ausschließlichkeit ist aber konstitutive Voraussetzung des digitalisierten Zahlungsgeschäfts nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG – aufgrund des spezifischen Bezugs auf Netzbetreiber ist eine Anwendung dieser Bereichsausnahme auf andere Varianten der Zahlungsdienste ausgeschlossen. d) Zusammenfassung zum digitalisierten Zahlungsgeschäft Ausgehend von den in a) bis c) dargelegten Grundsätzen ergibt sich für das digitalisierte Zahlungsgeschäft wieder ein Dreipersonenverhältnis: Zwischen einem Zahler und einem Zahlungsempfänger wird ein gegenseitiges Schuldverhältnis vereinbart, kraft dessen der Zahlungsempfänger vom Zahler die Zahlung eines Geldbetrags verlangen kann. Um diese Zahlung abzuwickeln, sendet der Zahler über sein Telekommunikationsgerät eine Zustimmung zu einem konkret bestimmten Zahlungsvorgang an den Netzbetreiber, der daraufhin den entsprechenden Geldbetrag an den Zahlungsempfänger auskehrt. Hierzu unterhält der Netzbetreiber für den Zahler ein Konto, das als Zahlungskonto im Sinne des § 1 Abs. 3 ZAG qualifiziert werden muss. Denn entweder weist dieses Konto ein Guthaben auf, welches der Netzbetreiber belasten kann. Oder aber der Netzbetreiber kreditiert diesen Betrag, indem er eine Überziehung dieses Kontos zulässt und in regelmäßigen Abständen mit dem Zahler abrechnet.
125 Diese Annahme basieren auf einem schrankenlosen Zugang zu den Verkehrsmitteln. Bei wirksamen Barrieren und Zugangskontrollen ist das Beförderungsunternehmen zunächst verpflichtet, dem Kunden ausreichende Zugangsunterlagen auszuhändigen. Überträgt er diese Aufgabe an einen Netzbetreiber, übernimmt dieser die Wertschöpfung und ist nicht ausschließlich als Zahlungsmittler tätig. 126 So wohl auch Koch/Reinicke – ZAG S. 67. 127 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp.
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B. Vorfragen
Die Wege, auf denen ein Guthaben des Zahlers entstehen kann, wie ein negativer Saldo abgerechnet wird bzw. der Zahlungsempfänger die Beträge ausgekehrt bekommt, sind vielfältig: Dies kann durch Barein-/Barauszahlungen oder auch durch sonstige Zahlungsverfahren (insb. Überweisung, Lastschrift, Kartenzahlung) erfolgen. Dann greifen mehrere Zahlungsdienste ineinander. Jedoch sind diese einzelnen Phasen strikt voneinander zu trennen: Zu den Zahlungsdiensten des Netzbetreibers im Sinne der digitalisierten Zahlungsgeschäfte gehören lediglich die Entgegennahme des Geldbetrags durch Belastung und Abrechnung des Zahlerkontos sowie die Veranlassung der Ausschüttung an den Zahlungsempfänger. Diese Ausschüttung kann durch Mitwirkung an der Barauszahlung oder durch Initiierung eines weiteren Zahlungsvorgangs erfolgen. Der Zahlungsempfänger erhält den Zahlungsbetrag entweder durch eine Überweisung oder durch eine Gutschrift auf ein hauseigenes Zahlungskonto, das auf den Namen des Zahlungsempfängers geführt wird. Hiervon sind dann die Dienstleistungen anderer Anbieter abzugrenzen, die für die Übermittlung der Geldbeträge zwischen den drei Beteiligten – Zahler, Netzbetreiber und Zahlungsempfänger – eingesetzt werden können. Wie groß der Anwendungsbereich des digitalisierten Zahlungsgeschäfts letztlich sein wird, bleibt abzuwarten – gerade wenn die Dienste der Netzbetreiber in Bezug auf Musik- und Softwareübertragung herausfallen. Jedoch wird in der mobilen Welt das Bezahlen per Mobiltelefon eine immer größere Bedeutung erlangen, so dass beispielsweise im öffentlichen Personenverkehr der Fahrscheinkauf schneller und einfacher erfolgen kann128. 5. § 1 Abs. 2 Nr. 6: Finanztransfergeschäft a) Allgemeines Eine Gleichstellung mit den traditionellen Zahlungsverfahren erfahren die seither in § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG geregelten Finanztransfergeschäfte. § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG definiert diese nun als „Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen eines Zahlers oder eines Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zahlers ausschließlich zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an den Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister entgegengenommen wird oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird“.
Der Ablauf des Finanztransfers ähnelt in der Struktur dem der Überweisung129. Kann sowohl der Zahler als auch der Empfänger auf ein unkompliziertes und 128 Die Abrechnung von Fahrscheinen sieht der Gesetzgeber als Hauptanwendungsfall, vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 34 re. Sp. 129 Reimer/Wilhelm BKR 2008, 234234 (234).
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funktionierendes Girosystem zurückgreifen, verdrängt die Überweisung zumeist das Finanztransfergeschäft. Ist ein solches Girosystem aber nicht vorhanden, bieten beispielsweise Supermärkte oder andere Einzelhändler ihren Kunden die Begleichung von Haushaltsrechnungen an130. Auch die Übermittlung von Geldern aus Industrieländern in Entwicklungs- oder Schwellenländern sind verbreitete Anwendungsfelder131. Dagegen sollen bloße Inkasso- oder Nachnahmetätigkeiten nicht als Finanztransfergeschäfte gelten132. b) Konkreter Vorgang Zur Ausführung eines Finanztransfers133 übermittelt der Zahler seinem Dienstleister Bargeld oder mittels eines anderen Zahlverfahrens Buchgeld. Bei dieser Übermittlung individualisiert der Zahler seinem Dienstleister anhand von abgrenzungsfähigen Merkmalen (z. B. Namen, personenbezogene Eigenschaften, etc.) den Empfänger. Übermittelt der Zahler Buchgeld, ist zu unterscheiden zwischen dem hier relevanten Finanztransfer und dem hierzu durchgeführten Zahlungsvorgang, mit dem der Finanztransferdienstleiser den Geldbetrag erhält134. Der Dienstleister des Finanztransfers ist Teil eines technischen und rechtlichen Kommunikationsnetzes, das zwischen weiteren Dienstleistern dieser Art gespannt wurde. Hierdurch besteht für den Finanztransferdienstleister die Möglichkeit, einen am Ort des Empfängers sitzenden Dienstleister zur Auszahlung des jeweiligen Geldbetrags an den – ursprünglich individualisierten – Empfänger zu veranlassen bzw. den Betrag für den Empfänger bereitzustellen. Sowohl die Entgegennahme des Geldbetrags durch den ersten Dienstleister als auch die Bereitstellung oder Auszahlung des zweiten Dienstleisters an den Empfänger ist als eigener Zahlungsdienst zu qualifizieren135. Natürlich bleibt dem ersten Dienstleister die Möglichkeit, keinen anderen eigenständigen Dienstleister mit der Auszahlung zu betrauen, sondern diese selbst durchzuführen. Dann entfällt jedoch nur das Verhältnis zwischen den Dienstleistern, während das jeweils zum Zahler und zum Zahlungsempfänger bestehende Rechtsverhältnis unberührt bleibt.
130 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 35 li. Sp.; vgl. Erwägungsgrund 7 zu Richtlinie ZD-RiL. 131 Reimer/Wilhelm BKR 2008, 234234 (234). 132 Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 35 re. Sp; Omlor in: Staudinger [2012] § 675c Rn. 21. 133 Zum gesamten Vorgang vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 35 li. Sp. 134 Hier bestehen wie beim digitalisierten Zahlungsgeschäft mehrere Stufen von Zahlungsvorgängen; vgl. dazu B.II.4.d). 135 So auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 60.
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B. Vorfragen
Auch hier müssen die Dienstleister ausschließlich in den Zahlungsstrom integriert werden. Erbringen sie daneben noch weitere Sach- oder Dienstleistungen, liegt – ähnlich wie beim digitalisierten Zahlungsgeschäft136 – kein Zahlungsdienst vor. c) Ausnahmen Bei mehreren beteiligten Dienstleistern fallen die Vorgänge untereinander137 in die Bereichsausnahmen nach § 1 Abs. 10 Nr. 7 oder Nr. 12 ZAG. Auch etwaige rein technische Unternehmen sind gemäß § 1 Abs. 10 Nr. 9 ZAG keine Zahlungsdienstleister. Beim Finanztransfer könnte der Dienstleister entgegengenommenes Bargeld letztlich nur als Erfüllungsgehilfe des Zahlers an den Empfänger übermitteln, indem er es als rein gegenständliche Sache dem Empfänger aushändigt. Dieser Boten- bzw. Transportdienst von Bargeld fällt jedoch aus dem Anwendungsbereich der Zahlungsdienste wegen § 1 Abs. 10 Nr. 3 ZAG heraus: „Keine Zahlungsdienste sind der gewerbsmäßige Transport von Banknoten und Münzen einschließlich ihrer Entgegennahme, Bearbeitung und Übergabe.“
Das entscheidende Kriterium ist hier, ob sich die Tätigkeit des Dienstleisters in „der bloßen körperlichen Entgegennahme und Übergabe erschöpft.“ 138 Sobald jedoch das Bargeld durch ein zwischengeschaltetes Konto in Buchgeld umgewandelt wurde, handelt es sich nicht mehr um einen reinen Transport von Bargeld. Diese Ausnahme ist dann nicht einschlägig.139 Nach § 1 Abs. 10 Nr. 15 ZAG ist es auch unerheblich, ob der Bargeldtransport gewerblich oder nicht-gewerblich – zum Beispiel zu karitativen Zwecken – erfolgt. 6. Verhältnis der einzelnen Varianten des § 1 Abs. 2 ZAG zueinander Der Vergleich der einzelnen Varianten der Zahlungsdienste zeigt, dass fast jede einen abgrenzbaren Sach- und Anwendungsbereich hat. Lediglich das Zahlungsgeschäft nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZAG verursacht durch seine sehr weite Formulierung140 Überschneidungen mit den anderen Tatbeständen. Die Größe des Anwendungsbereichs des Zahlungsgeschäfts hängt daher maßgeblich von seinem gesetzlichen Verhältnis zu den anderen Tatbeständen ab.
136 137 138 139 140
B.II.4.c). Wie oben in B.II.2.b)bb). Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 38 li. Sp. Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 38 li. Sp. Vgl. B.II.2.a)aa).
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a) Verhältnis des Zahlungsgeschäfts nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 zu den restlichen Alternativen Der Gesetzgeber spricht von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit der einzelnen Alternativen141. Trotzdem treten einzelne Tatbestände gegenüber anderen zurück – eine Dienstleistung kann nicht mehrere Varianten gleichzeitig erfüllen: Bei der vergleichenden Betrachtung der einzelnen Vorgänge aller Tatbestände fällt auf, dass immer ein Bereitstellen oder Abheben bzw. das Übermitteln eines Geldbetrages vorliegt142. Dies liegt jedoch in der Natur der Sache. Denn ein Bezahlvorgang – und ausschließlich ein solcher soll durch das Gesetz geregelt werden – erfordert immer eine Handlung, die § 675f Abs. 3 BGB als Zahlungsvorgang einstuft. Somit ließe sich jeder Vorgang, der unter die § 1 Abs. 2 Nr. 1, 4–6 ZAG subsumiert werden kann, auch gleichzeitig als Zahlungsdienst gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG einstufen. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG stellt demnach die allgemeinste Formulierung dar. Die erfolgte Differenzierung in sechs Varianten wäre nicht erforderlich, wenn man die reine „Ausführung von Zahlungsvorgängen“ gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG aus systematischen Gründen nicht einschränkend auslegen würde. Schließlich wurden die anderen vier Tatbestände explizit nicht als Regelbeispiele ausgestaltet. Wie aber muss diese systematische Einschränkung vorgenommen werden? Der angesprochenen Differenzierung wird eine Auslegung als Auffangtatbestand also nicht gerecht. Vielmehr stellt jeder der anderen Tatbestände eine Spezialregelung dar und grenzt jeweils ein Themengebiet abschließend ein. Der sich daraus ergebende spezifische Regelungsbereich eines einzelnen Tatbestands geht dann über den Bereich hinaus, den die einzelne Definition tatsächlich als Zahlungsdienst qualifiziert. Mit anderen Worten regelt ein spezieller Tatbestand abschließend alle Sachverhalte, die in sein Themenbereich bzw. Normprogramm fallen. Ist ein solcher Sachverhalt nach dem entsprechenden Tatbestand dann nicht als Zahlungsdienst einzustufen, darf nicht auf § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG zurückgegriffen werden – dieser ist dann nicht anwendbar. Somit muss für die Spezialtatbestände des „digitalisierten Zahlungsgeschäfts“ und des „Finanztransfers“ dessen spezifisches Normprogramm bestimmt werden143.
141
Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 32 re. Sp. Am deutlichsten wird das beim digitalisierten Zahlungsgeschäft, dessen Definition bereits mit „die Ausführung von Zahlungsvorgängen, bei denen . . .“ beginnt. 143 § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 4 beschreiben zwar spezielle Vorgänge. Über die Ausführung eines Zahlungsvorgangs hinaus schreiben sie aber keine weiteren Voraussetzungen fest. Deshalb ergeben sich keine praktischen Auswirkungen aus einer eventuellen Konkurrenz. 142
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B. Vorfragen
b) Normprogramm des § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG ergibt sich der nächste spezielle Regelungsbereich. Dieser erfasst alle Zahlungsvorgänge, bei denen sich der Zahler zu deren Autorisierung eines Telekommunikations-/Digital- oder ITGerät bedient und seinen entsprechenden Netzbetreiber als Zahlungsmittler einsetzt144. Um das Normprogramm zu bestimmen, müssen zunächst die wesentlichen Elemente dieser Alternative bestimmt werden. Sicherlich gehört hierzu der Einsatz technischer Hilfsmittel zur Übermittlung der Autorisierung. Allein dies charakterisiert das digitale Zahlungsgeschäft aber noch nicht hinreichend. Vielmehr ist auch die Rolle des Netzbetreibers entscheidend: Diesem gegenüber muss der Zahler zustimmen und dieser muss – zumindest kurzzeitig – Inhaber des Geldbetrags sein – und zwar in eigenem Namen und nicht lediglich als Bote oder Vertreter eines anderen. Liegen diese Voraussetzungen vor, erfasst § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG abschließend jegliche anschließende Tätigkeit des Netzbetreibers, um den von der Autorisierung erfassten Vorgang tatsächlich abzuwickeln. Zahlungsdienste im Sinne des ZAG liegen aber nur dann vor, wenn die restlichen Tatbestandsmerkmale des digitalisierten Zahlungsgeschäfts erfüllt sind – fehlt es an der ausschließlichen Beteiligung, kann das Vorliegen eines Zahlungsdienstes nicht mit anderen Varianten begründet werden. c) Normprogramm des § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG Mit dem Finanztransfergeschäft gem. § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG sollen die Erscheinungen erfasst werden, die sich aufgrund eines unzureichenden Girosystems herausgebildet haben. Charakteristisch ist hierbei, dass entweder der Zahler und/ oder der Empfänger nicht über ein Girokonto im herkömmlichen Sinne verfügen – und deshalb nicht auf ein vielseitig einsetzbares Zahlungskonto zurückgreifen können. Aus dieser Eigenart ergibt sich das abschließend geregelte Normprogramm: Ein Sachverhalt ist ausschließlich nach diesem Tatbestand zu beurteilen, wenn ein Zahler einem Dritten einen Geldbetrag übergibt, damit dieser Geldbetrag (direkt oder unter Einschaltung weiterer Stellen) einem Zahlungsempfänger ausgekehrt werden soll, sofern entweder der Zahler oder der Zahlungsempfänger keine dauernde Geschäftsverbindung im Sinne einer Kontoführung zu seiner Zahlstelle hat. Auch hier kann das Merkmal der Ausschließlichkeit nicht mit anderen Tatbeständen umgangen werden.
144
Vgl. B.II.4.
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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7. § 675c Abs. 2 BGB: Elektronisches Geld Der deutsche Gesetzgeber hat sich – trotz des umfangreichen Katalogs in § 1 Abs. 2 ZAG – entschieden, die Anwendbarkeit der neuen gesetzlichen Regelungen auf die Ausgabe und Nutzung von „elektronischem Geld“ (E-Geld) in § 675c Abs. 2 BGB festzuschreiben. Schließlich seien diese Vorgänge in der europäischen ZD-RiL nicht explizit aufgeführt; darin finde sich lediglich an einigen Stellen ein Hinweis auf E-Geld (Überschriften der Art. 34 und 53; Art. 53 Abs. 3; Gleichstellung mit Bar-/Buchgeld in Art. 4 Nr. 15).145 a) Vereinbarkeit mit der ZD-RiL Diese Erweiterung stellt keinen Verstoß gegen das Prinzip der Vollharmonisierung dar. Grundsätzlich ist den Mitgliedstaaten durch Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL eine Abweichung von der Richtlinie zwar verwehrt. Jedoch lässt Art. 53 Abs. 3 ZDRiL eine Anwendung bestimmter materiell wirkender Normen der Richtlinie auf E-Geld ausdrücklich zu. Dass der Richtliniengeber darüber hinaus das E-Geld als Teil der Zahlungsdienste sieht, ergibt sich aus dem neunten Erwägungsgrund zur ZD-RiL. Hier kommt deutlich zum Ausdruck, dass es sich auch bei E-Geld um die Ausführung von Zahlungsvorgängen handelt, was nach der Generalklausel der Nr. 3/4 des Anhangs zu Art. 4 Nr. 3 ZD-RiL jedenfalls ein Zahlungsdienst sein kann. Lediglich die aufsichtsrechtlichen Fragen der Zulassung zum E-GeldGeschäft soll der ursprünglichen E-Geld-Richtlinie 2000/46/EG146 überlassen werden.147 b) Begriff und Anwendungsbereich des E-Geldes Aufgrund des Verweises des § 675c Abs. 3 BGB ist für das E-Geld die bereits bestehende Begriffsdefiniton des § 1 Abs. 14 KWG heranzuziehen.148 Danach versteht man unter E-Geld „Werteinheiten in Form einer Forderung gegen die ausgebende Stelle, die auf elektronischen Datenträgern gespeichert sind, gegen Entgegennahme eines Geldbetrags ausgegeben werden und von Dritten als Zahlungsmittel angenommen werden, ohne gesetzliches Zahlungsmittel zu sein“.
145
Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 156. Die Richtlinie 2000/46/EG wird mit Wirkung vom 30. April 2011 aufgehoben und durch die Richtlinie 2009/110/EG ersetzt, Art. 21 2009/110/EG. 147 So auch Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 157. 148 § 1 Abs. 14. KWG geht zurück auf Art. 1 Abs. 3 der E-Geld-Richtlinie 2000/46/ EG, die ersetzt wird (vgl. Fußnote 146). Dadurch wird mit Art. 2 Nr. 2 2009/110/EG eine neue Begriffsdefinition eingeführt, die auf das neue Recht der Zahlungsdienste abgestimmt wurde, jedoch das Wesen des E-Geldes nicht berührt. 146
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B. Vorfragen
Charakteristisches Element des E-Geldes sind die auf elektronischen Datenträgern gespeicherten Werteinheiten. Diese „repräsentieren“ 149 die Forderungen bzw. die Forderungen sind in den ausgegebenen Werteinheiten konstitutiv angelegt. Der mit Werteinheiten aufgeladene Datenträger kann sich entweder im Besitz des Kunden befinden (z. B. die „GeldKarte“); es reicht jedoch auch eine besitzlose Speicherungsmöglichkeit, wenn der Kunde über Kommunikationsgeräte Zugriff auf den Datenträger und damit auf die dort für „ihn hinterlegten“ Werteinheiten hat (sog. „Netzgeld“).150 In beiden Anwendungsfällen erfolgt jedoch durch den Bezahlvorgang im Ergebnis ein Transfer dieser Werteinheiten und somit eine Übertragung der immanenten Forderungen auf den Empfänger151. Hierin liegt also die vom Richtliniengeber angenommene Ausführung eines Zahlungsvorgangs. Ein solcher Zahlungsvorgang ist im deutschen Recht wegen der eigenständigen Regelung gerade nicht unter den § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG zu fassen. Der Ausnahmekatalog des § 1 Abs. 10 ZAG ist aber hier trotzdem anwendbar. Schließlich spaltet die ZD-RiL deren einzelne Anwendungsfelder nicht in verschiedene Teile auf, so dass die Ausnahmen nach Art. 3 ZD-RiL auf jegliche Art der Dienstleistungen anwendbar sind.152 Ob der nationale Gesetzgeber für die Arten der Zahlungsdienste eine andere Rahmenkonstruktion wählt, kann demnach auf die Anwendbarkeit der Ausnahmetatbestände keinen Einfluss haben – wegen des Prinzips der Vollharmonisierung müssen diese vollumfänglich gelten. 8. Weitere Bereichsausnahmen des § 1 Abs. 10 ZAG Neben den bereits beschriebenen Ausnahmen153 enthält der umfangreiche Katalog des § 1 Abs. 10 ZAG noch weitere vom Anwendungsbereich der Zahlungsdienste ausgeschlossene Erscheinungsformen im Bereich des Zahlungsmarktes.
149
Vgl. Borges in: Derleder § 9 Rn. 122. Zu diesen Erscheinungen des E-Geldes vgl. Schäfer in: Boos/Fischer/SchulteMattler A § 1 Rn. 235; Fischer in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 127 Rn. 28; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 54; so auch Erwägungsgrund 8 der Richtlinie 2009/110/EG für die künftige Rechtslage. 151 Vgl. dazu C.I.1.d)aa)(2)(c). 152 Auch die künftige Definition des E-Geldes nach der Richtlinie 2009/110/EG soll nach deren Erwägungsgründen 5 und 6 jedenfalls in zwei Fällen nicht einschlägig sein: Zum einen beim Zahlungsverbund und zum anderen bei der Bezahlung mittels einem Netzbetreiber, der allerdings nicht nur als reiner Zahlungsmittler agiert. Beide Varianten sind auch im Ausnahmekatalog des § 1 Abs. 10 ZAG enthalten. Hierdurch zeigt sich der Wille des Richtliniengebers, die Rechtsgrundlagen des E-Geldes und der Zahlungsdienste anzugleichen und einheitlich zu betrachten. 153 Vgl. B.II.1.b)bb), B.II.2.a)bb), B.II.2.b)bb), B.II.4.c)bb), B.II.5.c). 150
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a) Technische Dienstleister Nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG liegt kein Zahlungsdienst vor, solange der Dienstleister nicht in den Zahlungsfluss integriert wurde. Für die anderen Varianten der Zahlungsdienste bestimmt § 1 Abs. 10 Nr. 9 ZAG, dass technische Dienstleister, „. . . die zwar zur Erbringung der Zahlungsdienste beitragen, jedoch zu keiner Zeit in den Besitz der zu übermittelnden Geldbeträge gelangen . . .“
nicht als Zahlungsdienstleister einzustufen sind. Von dieser Ausnahme werden neben den nicht in den Zahlungsfluss integrierten Netzbetreibern jegliche sonstige „Helfer“ erfasst, die den Zahlungsvorgang durch ihre technischen und wirtschaftlichen Systeme erst ermöglichen, aber außerhalb des Geldflusses stehen (sogenannte technische Infrastrukturdienstleister154). Diese Ausnahme verkörpert damit den Zweck der Neuregelung: Der Weg des Geldflusses soll neu geordnet werden, die rechtlichen Probleme ringsum bleiben unberührt. b) Handelsvertreter Nach § 1 Abs. 10 Nr. 2 ZAG sind Mitwirkungshandlungen von Handelsvertretern und Zentralregulierern im Bereich des Zahlungsflusses nicht als Zahlungsdienste anzusehen. Dies gilt für „Zahlungsvorgänge zwischen Zahler und Zahlungsempfänger über einen Handelsvertreter oder Zentralregulierer, der befugt ist, den Verkauf oder Kauf von Waren oder Dienstleistungen im Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers auszuhandeln oder abzuschließen“.
So kann der Handelsvertreter/Zentralregulierer neben der Vermittlung des Grundgeschäfts die Abwicklung der Bezahlung (des Grundgeschäfts) als zusätzliche Dienstleistung anbieten, ohne den aufsichtsrechtlichen Normen des ZAG unterworfen zu sein. Dazu muss er bei der Aushandlung des Grundgeschäfts tatsächlich mit einem gewissen Mindestmaß beteiligt sein – diese Position darf nicht nur rein formal „auf dem Papier“ stehen155. Diese Ausnahme erfasst also keinen Mittelsmann, der materiell gesehen ausschließlich den Geldtransfer bewirkt. c) Wertpapieranlagen Ergehen Zahlungen im Zusammenhang mit der Bedienung von Wertpapieranlagen (z. B. Ausschüttungen, Dividenden, Erträge, Einlösung oder Veräußerung156), so sollen diese Vorgänge nach § 1 Abs. 10 Nr. 8 ZAG keine Zahlungsdienste sein. 154 155 156
Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 li. Sp. Vgl. Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 37 re. Sp. Vgl. Art. 3 i) der EG-Richtlinie ZD-RiL.
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B. Vorfragen
d) Kundenkarten und Verbundzahlungssysteme Auch keine Zahlungsdienste sind die sogenannten „Verbundzahlungssysteme“ nach § 1 Abs. 10 Nr. 10 ZAG157. Dies sind „Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen nur in den Geschäftsräumen des Ausstellers oder im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller entweder für den Erwerb innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern oder für den Erwerb einer begrenzten Auswahl von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können.“
Diese Ausnahme enthält drei Varianten: aa) Variante 1: Verwendung beim Aussteller selbst In der ersten Variante („Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen nur in den Geschäftsräumen des Ausstellers [. . .] verwendet werden können.“) gibt ein Geschäftsinhaber selbst Instrumente an seine Kunden aus. Mit diesen Instrumenten können zukünftig Waren oder Dienstleistungen in seinem Geschäft erworben und bezahlt werden. (1) „Instrument“ und Ablauf Zunächst sind anhand des Zwecks eines solchen Instruments dessen Eigenschaften zu erörtern: Durch das Instrument soll beim Warenerwerb die Bargeldzahlung ersetzt werden. Diese Funktion kann zum einen erreicht werden, wenn dem Instrument selbst bereits im Einsatzzeitpunkt ein vom Aussteller anerkannter Geldwert zukommt. Ein solcher Ladezustand entsteht durch ein vorhergehendes Rechtsgeschäft, das den Aussteller zu einem solchen Anerkenntnis veranlasst. Beim Einsatz des Instruments wird dessen Wert belastet, so dass der Aussteller in Zukunft lediglich den reduzierten Betrag anerkennt. Hier tritt also der Kunde in Vorleistung. Anwendungsbeispiele hierfür sind unter anderem Gutscheine, Wertkarten/-marken oder auch werthaltige Kundennummern. Zum anderen kann das Instrument aber auch bloße Informationen über den Erwerber enthalten, die seine Individualisierung erlauben. Der Geschäftsinhaber kreditiert den entsprechenden Betrag zunächst, ermittelt darauf folgend anhand der sich aus dem Instrument ergebenden Daten den Erwerber und rechnet zuletzt den Betrag mit diesem ab. Der Geschäftsinhaber übernimmt somit die Rolle des Vorleistenden. Mit anderen Worten hat das Instrument dann eine Zuordnungsfunktion, die sich letztlich in vielen Kundenkarten bzw. Kundennummern großer Handelsketten wiederfindet. 157 Zur Bezeichnung dieser Ausnahme vgl. die Überschrift zur Begründung zu § 1 Abs. 10 Nr. 10 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp.
II. Anwendbarkeit der Neuregelung
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Welche der beiden Varianten auch gewählt wird, der Geschäftsinhaber richtet für den Kunden ein Zahlungskonto nach § 1 Abs. 3 ZAG ein, das er je nach Vorgang entweder belastet oder durch Gutschriften begünstigt. (2) „beruhen“ Dienste, die auf einem solchen Instrument „beruhen“, sind keine Zahlungsdienste. Im Kausalverlauf einer solchen Bezahlungsform kann es verschiedene Tätigkeiten verschiedener Dienstleister geben. Welche davon „beruhen auf dem Instrument“? Bei der Bezahlung mit dem Instrument kommt es zur Belastung des Zahlungskontos durch den Geschäftsinhaber. Diese Vorgänge sind unmittelbar mit dem Einsatz verbunden und daher Teil der Bereichsausnahme. Dasselbe gilt für den Vorgang der Gutschrift, den der Geschäftsinhaber durchführt, wenn der Zahler das Instrument auflädt oder den eingeräumten Kredit bedient – diese Vorgänge sind für das Bezahlen mit dem Instrument zwingend notwendig. Wirkt bei solchen Gutschriften ein Dritter mit, indem er den Geldbetrag vom Kunden an den Geschäftsinhaber übermittelt – sei es durch Ausführung einer Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung – sind wie beim digitalisierten Zahlungsgeschäft die verschiedenen Ebenen158 voneinander zu trennen. Das „Beruhen“ erfasst demzufolge lediglich Handlungen der am Valutaverhältnis beteiligten Parteien dieser Variante. Dass eigenständige Tätigkeiten Dritter nicht von der Ausnahme erfasst werden können, ergibt sich durch eine gestalterische Überlegung: Zahler und Zahlungsempfänger müssten für die Bezahlung des Grundgeschäfts nur ein vom Zahlungsempfänger ausgestelltes Zahlungsinstrument zwischenschalten und könnten dann alle darauf basierenden Dienste Dritter aus dem Anwendungsbereich der Neuregelung nehmen. So könnte diese Neuregelung sehr einfach unterlaufen werden. bb) Variante 2: Verwendung innerhalb eines Dienstleisternetzes Die zweite Variante („Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die [. . .] im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller [. . .] für den Erwerb innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern [. . .] verwendet werden können.“)
unterscheidet sich von der ersten in zwei Punkten: Zum einen sind hier als Anbieter ausschließlich Dienstleister und gerade nicht Warenverkäufer genannt, was allerdings für den Ablauf und die rechtliche Konstruktion des Bezahlverfahrens nicht erheblich ist. 158
Vgl. B.II.4.d).
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B. Vorfragen
Die zweite Abweichung verändert jedoch den Zahlungsstrom: Der Aussteller ist nun ein eigenes, vom Geschäftsinhaber getrenntes Rechtssubjekt und agiert somit als dritte und eigenständige Partei. Aufgrund einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller akzeptiert der Geschäftsinhaber ein bestimmtes Instrument159, das der Kunde zur Bezahlung einsetzt. Durch die Geschäftsvereinbarung wird ein Kommunikationsweg errichtet, auf dem die Information über den konkreten Einsatz an den Aussteller gelangt. Dieser führt dann – als zentrale Anlaufstelle – jeweils ein Zahlungskonto auf den Namen des Kunden und ein Zahlungskonto auf den Namen eines jeden teilnehmenden Dienstleisters. Das Konto des Kunden wird dann mit dem entsprechenden Betrag belastet, der dann dem Zahlungskonto des jeweiligen Dienstleisters gutgeschrieben wird. Letztlich erfüllt der Aussteller die Funktion der kontoführenden Partei. Wie in der ersten Variante160 muss der Begriff „beruhen“ eng ausgelegt werden: Es sind lediglich Handlungen und Dienste des Ausstellers von dieser Bereichsausnahme gedeckt werden. Nicht erfasst werden Dienste von vierten Außenstehenden, die entsprechende Geldbeträge vom Kunden an den Aussteller und vom Aussteller an den Geschäftsinhaber übermitteln, um die vom Aussteller geführten Konten entsprechend aufzuladen oder auszugleichen. cc) Variante 3: Verwendung für bestimmte Produkte Die dritte Variante („Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die [. . .] im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller [. . .] für den Erwerb einer begrenzten Auswahl von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können.“)
ist in der rechtlichen Gestaltung des Bezahlverfahrens identisch mit der zweiten Variante. Der Unterschied besteht lediglich hinsichtlich der Geschäftsvereinbarung des Ausstellers mit den teilnehmenden Produktanbietern: Der Einsatz des Instruments ist nicht für die gesamte Produktpalette eines Anbieters gedacht, sondern lediglich für einzelne konkret bestimmte Dienstleistungen und Waren. dd) Größe des Anbieternetzes Der Kreis der teilnehmenden Anbieter in Variante 2 und 3 darf jedoch nicht beliebig groß sein. Das Gesetz spricht von einem „begrenzten Netz“ bzw. von einer „begrenzten Auswahl“. Ob man dessen maximale Größe an einer absoluten Teilnehmerzahl oder an anderen Merkmalen (wie z. B. addierte Umsatzzahlen, etc.) festzumachen hat, bleibt abzuwarten.
159 160
Zum Begriff vgl. oben B.II.8.d)aa)(1). Vgl. B.II.8.d)aa)(2).
III. Struktur der Neuregelung
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Der Gesetzgeber äußert sich hierzu lediglich hinsichtlich seines Hauptanwendungsbeispiels dieser Bereichsausnahme. Nicht von der Neuregelung sollen die Verbundzahlungssysteme des öffentlichen Personennahverkehr betroffen sein, bei denen neben dem Personentransport weitere Leistungen mit der Verbundkarte bezahlt werden können wie z. B. der Kauf von Waren an Kiosken und Imbissständen in Bahnhöfen oder die Miete eines Parkplatzes. Wenn allerdings Supermärkte, Apotheken oder Anbieter innerhalb der gesamten Kommune bzw. Region in diesen Verbund aufgenommen werden, soll das Netz bereits zu groß sein, so dass diese Ausnahmevorschrift nicht mehr anwendbar ist.161 Für die Praxis wird dies aber keine taugliche Abgrenzungshilfe sein, so dass eine Konkretisierung dieses Tatbestandsmerkmal erst durch die ersten Entscheidungen erfolgen wird. e) Konzerninterne Zahlungen Zahlungen innerhalb eines Konzerns162 oder einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe sind gemäß § 1 Abs. 10 Nr. 13 ZAG keine Zahlungsdienste.
III. Struktur der Neuregelung 1. Grundgerüst der Neuregelung im BGB Der Gesetzgeber hat zur rechtlichen Bewältigung dieser Vielfalt an Zahlungsvarianten ein Regelungswerk aus 28 Paragraphen geschaffen. Hierbei handelt er jedoch nicht die einzelnen Zahlungsdienste nacheinander ab163. Bis auf wenige Ausnahmen nehmen die einzelnen Normen noch nicht einmal spezifisch Bezug auf ein bestimmtes Bezahlverfahren. Vielmehr wurde ein flächendeckender und verfahrensunabhängiger, d.h. variantenübergreifender Ansatz gewählt. Somit findet prinzipiell jeder Teil der Neuregelung auf jede Art von Zahlungsdiensten Anwendung.164 Welches System bringt der Gesetzgeber aber in die Fülle der Neuregelungen, wenn er nicht die einzelnen Zahlungssysteme ausdifferenziert? Die Erbringung von Zahlungsdiensten ist grundsätzlich immer auf einen Zahlungsvorgang gerichtet. Dieser ist folglich auch der Ansatzpunkt für die systematische Gliederung. Die Neuregelung behandelt die unterschiedlichen Themengebiete des Zahlungsvorgangs. 161
Vgl. hierzu Begründung zu § 1 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 39 re. Sp. Zum Konzernbegriff vgl. §§ 271 Abs. 2, 290 ff. HGB. 163 So auch Hadding FS Hüffer 2010, 273 (278). 164 Zu dieser grundsätzlichen systematischen Frage vgl. Grundmann WM 2009, 1109 (1110, 1112); Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 12 Anm. 1 „III.3.5“; Sprau in: Palandt Einf. v. § 675c Rn. 11 f.; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675c Rn. 8, 12; Casper in: MüKo-BGB [2012] vor § 675c Rn. 1; Omlor in: Staudinger [2012] vor § 675c Rn. 33. 162
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B. Vorfragen
• Zunächst legen die §§ 675c, 675e, 675i BGB die für einen Zahlungsdienst anwendbaren Normen sowie deren Abdingbarkeit fest. • Sodann existieren Vorschriften, die zeitlich im Vorfeld eines Zahlungsvorganges eingreifen: § 675f Abs. 1, 2 und 4 BGB erschaffen mit dem Einzelzahlungs- und dem Zahlungsdiensterahmenvertrag neue Vertragstypen165, die ein beiderseitiges, auf die Ausführung von Zahlungsvorgängen ausgerichtetes Leistungs- und Pflichtenprogramm verkörpern166. Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag kann entsprechend den §§ 675g, 675h BGB modifiziert werden. Ebenfalls in diese Themenkategorie fällt § 675d BGB, der dem Zahlungsdienstleister bestimmte Informationspflichten gegenüber seinem Kunden auferlegt, ehe es zu Zahlungsvorgängen kommt. • Der erste Schritt zu einem Zahlungsvorgang wird zumeist ein Zahlungsauftrag sein, definiert in § 675f Abs. 3 S. 2 BGB167. Wann ein solcher wirksam wird, wie der Dienstleister auf ihn reagieren kann und welche Widerrufsmöglichkeiten bestehen, regeln §§ 675n–p BGB. • Im nächsten Komplex steht der Zahlungsvorgang selbst im Blickpunkt. Dieser wird in § 675f Abs. 3 S. 1 BGB legal definiert168. In welcher Höhe und innerhalb welcher Fristen die Zahlungsvorgänge ausgeführt werden müssen bestimmen §§ 675q, 675s, 675t BGB. Ob sich ein belasteter Nutzer im Innenverhältnis zu seinem Dienstleister einen Zahlungsvorgang entgegenhalten lassen muss, bestimmt § 675j BGB; hierbei stellt sich die Frage nach einer ordnungsgemäßen „Autorisierung“ des Zahlungsvorgangs. • Wurde ein Zahlungsvorgang fehlerhaft ausgeführt, bestehen mit den §§ 675u, 675y–676c BGB besondere Rechtsfolgen- und Haftungsnormen, für dessen Tatbestandsmerkmale §§ 675w, 676 BGB Beweisregeln enthalten. • Auch wenn der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß initiiert und durchgeführt wurde, bestehen nach § 675x BGB Möglichkeiten zur Rückgängigmachung. • Der einzige speziell auf eine bestimmte Art der Zahlungsdienst zugeschnittene Themenbereich lässt sich in §§ 675k–m, 675v BGB finden. Hieraus ergeben sich die Pflichten rund um die Verwendung eines ZAI. Welche Schlussfolgerung lässt sich dieser Gliederung entnehmen? Neben der Neutralität der Normen (mit Ausnahme des Bereichs über ZAI) lassen sich die aufgezeigten Themen in eine zeitliche Abfolge einteilen – vom ersten Kontakt des Nutzers zu seinem künftigen Zahlungsdienstleister bis zur Beendigung eines 165
Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675f Rn. 1; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 1. Sprau in: Palandt § 675f Rn. 6 f. 167 Ausführlicher hierzu vgl. C.I.1.b); zusammenfassend Sprau in: Palandt § 675f Rn. 17. 168 Zur Erläuterung dieser Definition vgl. B.II.2.a). 166
III. Struktur der Neuregelung
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Zahlungsvorgangs. Für jede Phase dieser Abfolge bestehen zentrale Begriffe: der Zahlungsdienstevertrag, der Zahlungsauftrag, die Autorisierung und der Zahlungsvorgang selbst. Die Begriffe stehen also für Zwischenergebnisse auf dem Weg zur Vollendung der Zahlung, die mit jeder Variante der Zahlungsdienste bzw. mit jeder einzelnen Untervariante erreicht werden können. Die verschiedenen Möglichkeiten stellen deshalb bloße unterschiedliche Begehungsformen dar, um die jeweiligen Zwischenerfolge herbeizuführen. Im Vergleich zum alten Recht stellt die Neuregelung eine strukturelle Abkehr von der alten Systematik dar. Bis zur Änderung fanden sich in §§ 676a–c BGB a. F. Regelungen zum Überweisungsvertrag, in §§ 676d–e BGB a. F. zum sogenannten Zahlungsvertrag, der Girovertrag erhielt in § 676f–g BGB a. F. seine Grundlage und Zahlungskarten wurden in § 676h BGB a. F. normiert. Zwar diente der Girovertrag als Grund- und Rahmengeschäft für den Überweisungsvertrag und den zwischen den Banken zustande kommenden Zahlungsvertrag. Somit griffen die Normen in gewissem Maße ineinander und bildeten ebenfalls ein Gesamtsystem.169 Insgesamt wurden diese Sonderformen des Geschäftsbesorgungsvertrags aber nicht abschließend geregelt. Es wurden aus Gründen des Verbraucherschutzes lediglich einige wichtige Einzelfragen aufgenommen, so dass zur Vervollständigung stets auf die allgemeineren Grundsätze des Geschäftsbesorgungsvertrags zurückgegriffen werden musste.170 Betrachtet man den gesamten Zahlungsverkehr, muss das alte Recht als fragmentarisch171 bezeichnet werden. Schließlich wurde der große Bereich des Lastschriftverkehrs überhaupt nicht angesprochen172. Genau diese bruchstückhafte Regelungsweise wurde mit der Umsetzung der ZD-RiL aufgeben, die aufgrund ihrer abstrakten Herangehensweise den bargeldlosen Zahlungsverkehr im Ganzen im Blick hat173. 2. Konsequenz der neuen Struktur: Verschiedene Phasen eines Zahlungsvorgangs Will man den Haftungsfragen präzise auf den Grund gehen, muss die Fehlerquelle so genau und konkret wie möglich ermittelt werden. Aus den gewonnenen Erkenntnissen zur Struktur der Neuregelung kann bereits eine grobe Einteilung anhand des zeitlichen Ablaufs eines Zahlungsvorgangs vorgenommen werden.174
169
Casper in: MüKo-BGB [2009] vor §§ 676a–g Rn. 16 ff. Martinek in: Staudinger Einleitung zu § 676a–h Rn. 1. 171 Derleder NJW 2009, 3195 (3195); vgl. auch Werner BKR 2009, 1 (6). 172 Schulze/Schulte-Nölke in: Handkommentar-BGB Vorb. zu §§ 675c–676c Rn. 3; Casper in: MüKo-BGB [2009] vor §§ 676a–g Rn. 33. 173 Vgl. Werner BKR 2009, 1 (6). 174 So auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675c Rn. 12; Karper in: Fandrich/ Karper § 4 Rn. 9; Omlor in: Staudinger [2012] vor § 675c Rn. 33. 170
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B. Vorfragen
Ein solcher Sachverhalt beginnt zunächst mit dem – für die vorliegende Untersuchung nicht ausschlaggebenden – Grundgeschäft175, das einen der Beteiligten zu einer Kontaktaufnahme zu seinem Zahlungsdienstleister veranlasst. Über verschiedene Stationen wird der Zahlungsdienstleister des Zahlers von dem beabsichtigten Geldtransfer informiert. Diese „Mitteilungsphase“ dient also der Initiierung des späteren Zahlungsflusses durch einen Zahlungsdienstnutzer. Vor der tatsächlichen Ausführung des Zahlungsvorgangs sollte der Zahlungsdienstleister des Zahlers noch prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Rückgriff beim Zahler vorliegen. Innerhalb dieser „Prüfphase“ soll sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers vergewissern, dass die wirtschaftlichen Folgen des bevorstehenden Zahlungsvorgangs im Ergebnis auch den Zahler treffen. Nun folgt die „Ausführungsphase“, in der die beteiligten Zahlungsdienstleister die notwendigen Handlungen (Rechtsgeschäfte oder Realakte) vornehmen, um den Geldfluss zu bewerkstelligen und dem Zahlungsempfänger die Verfügungsgewalt über den gegenständlichen Geldbetrag zu verschaffen. An diesen erfolgten Transfer kann sich noch ein weiteres Stadium anschließen. Wünscht der Zahler eine Rückgängigmachung seiner Belastung, beginnt die „Rückabwicklungsphase“, in der bestimmte Pflichten zur Rückbuchung bestehen können. 3. Beteiligte an einem Zahlungsvorgang Das System der Neuregelung ist grundsätzlich auf vier Parteien zugeschnitten: der Zahler, der Zahlungsdienstleister des Zahlers, der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers und der Zahlungsempfänger176. Dass die zwischen diesen Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisse unterschieden und getrennt werden müssen, zeigt eine Reihe von Normen: Nach § 675f Abs. 3 S. 2 BGB erteilt der Zahler seinem Zahlungsdienstleister Zahlungsaufträge177, die nach § 675n Abs. 1 S. 1 BGB mit dem Zugang beim Zahlungsdienstleister des Zahlers wirksam werden. Zudem fordert § 675j Abs. 1 S. 3 BGB, dass Zahler und sein Zahlungsdienstleister die Art und Weise der Autorisierung vereinbaren – diese kann also auch nur in diesem Verhältnis wirken. In § 675s Abs. 1 BGB setzt der Gesetzgeber voraus, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsbetrag an den 175 Möglicherweise wurde im Vorfeld bereits ein Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen den am Grundgeschäft Beteiligten und einem oder mehreren Zahlungsdienstleistern geschlossen. Ein solcher ist aber für die Klärung von Haftungsfragen nur relevant, wenn ein konkreter, den Rahmenvertrag angeblich ausfüllenden Zahlungsvorgangs hinzukommt. 176 Vgl. auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675f Rn. 3; grundsätzlich ebenso Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 31, der allerdings ein Sechs-Parteien-Konstrukt annimmt, weil er noch zwei weitere zwischengeschaltete Stellen sieht. 177 Zum Widerspruch der Formulierung des § 675f Abs. 3 S. 2 BGB und Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL vgl. C.I.2.
III. Struktur der Neuregelung
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Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers transferieren muss. Dieser ist dann gegenüber dem Zahlungsempfänger nach § 675t Abs. 1 BGB zur Gutschrift des Zahlungsbetrags verpflichtet. Eine grundsätzliche Trennung der beiden Zahlungsdienstleister ergibt sich ebenso aus der Weiterleitungspflicht aus § 675s Abs. 2 BGB. Dieses Vierparteiensystem wird in § 675y Abs. 1 und 2 BGB nochmals zusammengefasst: Hier zeigt sich die Anspruchssituation des Zahlers und des Zahlungsempfängers gegenüber dem jeweils eigenen Zahlungsempfänger. Auch die beiden Exkulpationstatbestände zugunsten der jeweiligen Zahlungsdienstleister in § 675y Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 2 BGB belegen das aufgezeigte Verhältnis zwischen beiden Zahlungsdienstleistern. Gewiss kann im Einzelfall der Zahlungsdienstleister des Zahlers mit dem des Zahlungsempfängers zusammenfallen – der sogenannte institutsinterne Vorgang. Ebenso kann der Zahler und der Zahlungsempfänger identisch sein, sollte er lediglich Bargeld von seinem Konto abheben oder Gelder zwischen zwei eigenen Konten verschieben wollen. In solchen Konstellationen ist man möglicherweise geneigt, die beschriebene Konstruktion aus vier Parteien zugunsten einer Gesamtschau aufzugeben. Diese Vorgehensweise findet jedoch keine ausdrückliche Grundlage im Gesetz. Auch in diesen Fällen nimmt jeder Beteiligte seine formale Rolle ein. Auf dieser Basis ist das Gesetz wie bei einem tatsächlichen Vierpersonenverhältnis anzuwenden. Ausnahmen können sich allenfalls ergeben, falls durch die strikte Trennung die Effizienzzwecke der ZD-RiL gefährdet werden178. 4. Trennung der Rechtsverhältnisse Dieses Konstrukt aus mehreren Rechtssubjekten zwingt den Rechtsanwender zur technischen Trennung der jeweiligen Rechtsverhältnisse: Jede Partei ist grundsätzlich nur gegenüber seinem Vertragspartner verantwortlich und muss sich Einwände oder Vereinbarungen aus den übrigen Beziehungen nicht zurechnen lassen. Dies ergibt sich auch bereits aus der Definition des Zahlungsvorgangs nach § 675f Abs. 3 S. 1 BGB, der als „unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger“ definiert wird. Da ein Zahlungsdienst aber stets der Erfüllung einer Geldschuld dient, wird diese technische Trennung in zweierlei Hinsicht überlagert: Einerseits muss das Verhalten der Zahlungsdienstnutzer – insbesondere das des Zahlers – von den Zahlungsdienstleistern auch immer anhand des objektiv erkennbaren Zahlungszwecks ausgelegt werden. So kann im Einzelfall die zwischen Zahler und Zahlungsempfänger bestehende Interessenlage mittelbar auf die anderen, formal zu trennenden Rechtsverhältnisse ausstrahlen. Andererseits kommt einem erfolgten 178 Anwendungsbeispiele dazu: Identität zwischen Zahler und Zahlungsempfänger beim Einzugsermächtigungsverfahren [C.II.1.l)aa)(4)] und Ausführungsfristen bei institutsinternen Zahlungsvorgängen [C.III.1.b)].
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B. Vorfragen
bzw. ausgebliebenen Zahlungsvorgang zwingenderweise Tatbestandswirkung im Valutaverhältnis zu. Die Handlungen der Zahlungsdienstleister gestalten also indirekt ein für sie fremdes Rechtsverhältnis, so dass trotz technischer Trennung wiederum eine gewisse Verzahnung der Beziehungen entstehen kann. Den Zahlungsdienstleistern ist demnach bewusst, dass eigene Fehler beispielsweise die Haftung des Zahlers auslösen können. Dass diese Verflechtungen aber nicht zu unbilligen Ergebnissen führen, können im Regelfall nur objektiv erkennbare oder nachvollziehbare Umstände des jeweils fremden Rechtsverhältnisses relevant werden. Eine solche Einschränkung muss aber im Einzelfall stets mithilfe der üblichen juristischen Methoden – Auslegungs- und Zurechnungsgrundsätze, Mitverschulden, etc. – herausgearbeitet werden.
C. Untersuchung der einzelnen Phasen Ausgangspunkt jeder Phase ist der jeweils dazugehörende angestrebte Zweck bzw. Zwischenerfolg. Es muss danach gefragt werden, wann dieser erreicht wird bzw. welche Schritte die Parteien hierzu unternehmen müssen.
I. Mitteilungsphase Der erste Abschnitt eines konkreten Zahlungsvorgangs handelt von dessen Initiierung. Hierbei erhält regelmäßig der Zahlungsdienstleister des Zahlers vom Zahler eine Mitteilung1 über den bevorstehenden und auszuführenden Zahlungsvorgang. Aber auch der Zahlungsempfänger kann den Zahlungsvorgang durch eine eigene Mitteilung gegenüber seinem Zahlungsdienstleister anstoßen. Für den jeweiligen Zahlungsdienstleister stellt sich also die Frage, wie er auf eine Mitteilung reagieren muss: Ist er zum Handeln verpflichtet oder darf er den Vorfall unbearbeitet lassen? Folglich muss er die Mitteilung auf ihre rechtsgestaltenden Wirkungen untersuchen, um seine etwaigen Handlungspflichten ermitteln zu können.2 Da die Haftung in der Ausführungsphase3 maßgeblich von solchen Handlungspflichten abhängt, wird hier – aus Gründen der besseren Übersicht – zunächst untersucht, wann Ausführungs- und Handlungspflichten entstehen können. Dabei muss zunächst das Gesamtkonzept der Neuregelung daraufhin untersucht werden, welche prinzipiellen Formen und Wege es für die Mitteilungen der Zahlungsdienstnutzer an ihre Zahlungsdienstleister vorsieht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob der deutsche Gesetzgeber die Grundstruktur der ZD-RiL ordnungsgemäß umgesetzt hat. Die einzelnen Kategorien der Gesetzesstruktur haben nämlich im Regelfall Tatbestandswirkung für die Wirksamkeit einzelner Mittei1 Im Folgenden werden die Willenserklärungen sowohl im Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister als auch im Verhältnis zum Zahlungsempfänger zu dessen Zahlungsdienstleister als „Mitteilung“ bezeichnet. 2 Dieser Phase liegen Streitkonstellationen zugrunde, in denen ein Zahlungsdienstnutzer aufgrund einer angeblichen Mitteilung Rechte und Ansprüche zu seinen Gunsten begründen möchte. Deshalb ist die Frage zunächst unbeachtlich, ob der jeweilige Zahlungsdienstleister seinem Zahlungsdienstnutzer gegenüber den Zahlungsvorgang auch ausführen darf. Denn dabei stünde die Frage im Mittelpunkt, welche Rechte der Zahlungsdienstleister aufgrund einer erfolgreichen Ausführung herleiten kann. In diesem Abschnitt soll aber grundsätzlich nur das Anspruchspaket des mitteilenden Zahlungsdienstnutzers thematisiert werden. 3 Vgl. C.III.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
lungen. Erst nach deren Klärung können die konkreten Wirksamkeitsvoraussetzungen sowie die Widerrufsmöglichkeiten einer Mitteilung dargestellt werden. Zuletzt wird noch auf Pflichten der Zahlungsdienstleister eingegangen, sollten sie den Zahlungsvorgang an dieser Stelle bereits abbrechen wollen, weil sie sich nicht zur Ausführung verpflichtet sehen. 1. Gesetzliches Konzept für die Mitteilungen: Beteiligungsformen und Rechtsfiguren Sucht der Rechtsanwender in der Neuregelung die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Mitteilung, findet er ein diffiziles System vor, das zwischen verschiedenen Rechtsfiguren, Kommunikationswegen und Beteiligungsformen unterscheidet. Bei der Klärung dieses gesetzlichen Konzepts fällt zunächst der „Zahlungsauftrag“ nach § 675f Abs. 3 S. 2 BGB ins Auge. Hiernach kann der Zahler seinem Zahlungsdienstleister einen Auftrag „entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger“ erteilen. Der Gesetzgeber belässt es in seinen Formulierungen jedoch nicht bei diesen Mitteilungsvarianten, sondern spricht beispielsweise in § 675x Abs. 1 S. 1 BGB von „vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelösten“ Zahlungsvorgängen. An der Mitteilung können also sowohl der Zahler als auch der Empfänger beteiligt sein – und das nach der ersten Betrachtung des Wortlautes der genannten Gesetzesstellen noch in den unterschiedlichen Rollen als Absender oder lediglich als Mittler. a) Differenzierung zwischen „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ 4 Unabhängig von der konkreten Bedeutung der Rechtsfiguren „Erteilung eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösung eines Zahlungsvorganges“ müssen diese differenziert werden. Dass es nicht nur einen sprachlichen, sondern auch einen technischen Unterschied zwischen ihnen gibt, zeigt eine normübergreifende Betrachtung der Neuregelung. Ein Zahlungsauftrag ist nach § 675f Abs. 3 S. 2 BGB „jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt.“
Ausgangspunkt eines Zahlungsauftrags muss also stets der Zahler, dessen Ziel immer der Zahlungsdienstleister des Zahlers sein5. Der Einschub, der Zahlungs4 Dass in Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL vom „ausgelösten Zahlungsauftrag“ gesprochen wird, ist als Redaktionsversehen zu werten. Ein Zahlungsauftrag ist eine Erklärung, die „erteilt wird“, während der Zahlungsvorgang als Ereignis nur „ausgelöst“ werden kann. 5 So auch der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers in Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; Laitenberger NJW 2010, 192 (193); Schmalenbach in:
I. Mitteilungsphase
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auftrag könne „unmittelbar oder mittelbar über den Empfänger erteilt“ werden, bedeutet zunächst nur, dass der Zahlungsauftrag sein Ziel auch über Zwischenstationen erreichen kann. An den beiden Enden einer solchen Kette ändert das jedoch nichts. Ein Zahlungsauftrag muss also immer auf den Zahler zurückzuführen sein. Diesem Zwischenergebnis müssen Sonderregeln für Lastschriften nach §§ 675p Abs. 2 S. 2, 675s Abs. 2 S. 2 BGB gegenüber gestellt werden. Eine Lastschrift ist nach § 1 Abs. 4 ZAG definiert als „ein vom Zahlungsempfänger ausgelöster Zahlungsvorgang . . .“. Bei Lastschriften liegt der Ursprung der den Zahlungsvorgang auslösenden Handlung also beim Zahlungsempfänger6, was beim Zahlungsauftrag gerade nicht möglich ist7. Demnach kann hier die Auslösehandlung des Zahlungsempfängers kein Zahlungsauftrag sein. Trotzdem halten §§ 675p Abs. 2 S. 2, 675s Abs. 2 S. 2 BGB das Bestehen eines Zahlungsauftrags bei Lastschriften für möglich8. Wenn bei einer Auslösehandlung durch den Zahlungsempfänger auch ein Zahlungsauftrag vorliegen kann, muss es sich um verschiedene Rechtsfiguren handeln. In dieser Konstellation ist eine Trennung also zwingend. Zwar erwähnt das Gesetz auch Fälle, in denen die Auslösung eines Zahlungsvorgangs „über den Zahlungsempfänger“ möglich ist (z. B. § 675p Abs. 2 S. 1 BGB). Hier kann der Zahler prinzipiell am Beginn der Auslösekette stehen, so dass die Auslösehandlung mit der Erteilung eines Zahlungsauftrags zusammenfallen oder in ihm aufgehen kann9. Wenn sich jedoch in zumindest einer Konstellation eine Trennung der Figuren „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ als notwendig erweist, muss gefragt werden, warum man diese gewonnene Präzision in einer anderen Konstellation wieder aufgeben sollte. Insbesondere lässt sich bei solchen umfassenden Neuregelungen noch nicht abschätzen, an welchen Stellen sich technische und dogmatische Feinheiten als hilfreich erweisen. Zudem bestehen Normen10, die tatbestandlich explizit an einen „über oder vom Empfänger“ ausgelösten Zahlungsvorgang anknüpfen, die zum Teil spezielle RechtsBeckOK-BGB § 675f Rn. 28. Anders jedoch Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL, der zwar weiter gefasst, aber entsprechend der deutschen Fassung zu interpretieren ist; so auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675f Rn. 32; zu dieser Konfliktlage vgl. C.I.2. 6 Der mit der Definition identische Wortlaut wird in der Gesetzesbegründung zu Begründung zu § 1 Abs. 4 ZAG BR-Drucks. 827/08 S. 59 verwendet. 7 Erteilt der Zahlungsempfänger seinem eigenen Zahlungsdienstleister einen Auftrag, nennt der Gesetzgeber diese Rechtsfigur „Inkassoauftrag“, vgl. Begründung zu § 675n Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 174; ähnlich Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675n Rn. 5, der beim Begriff „Inkassoauftrag“ hinsichtlich des Erklärungsempfängers auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers abstellt. 8 Hierbei handelt es sich um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung und nicht um einen Redaktionsfehler; vgl. C.I.1.c)aa). 9 So auch Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675f Rn. 25. 10 §§ 675p Abs. 2, 675s Abs. 2, 675y Abs. 2 BGB.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
folgen vorsehen. Daher sind beide Rechtsfiguren – „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ und „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ – im Grundsatz voneinander zu trennen11 und gegeneinander abzugrenzen. b) Der Zahlungsauftrag als Erklärung des Zahlers § 675f Abs. 3 S. 2 BGB definiert den Zahlungsauftrag als jeden „Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt.“
Aus dem Wortlaut dieser Definition ergeben sich zwei Aspekte: Zum einen kann ein Zahlungsauftrag lediglich im Verhältnis zwischen Zahler (als Auftragserteilender) und seinem Zahlungsdienstleister bestehen12; zum anderen soll er die Ausführung eines Zahlungsvorganges vorantreiben. Zur Bestimmung seiner Rechtsnatur müssen aber zusätzlich die übrigen Normen der Neuregelung herangezogen werden. Sie enthalten weitere Informationen über die rechtliche Bedeutung des Zahlungsauftrags, insbesondere über die Rechtsfolgen, die an sein Vorliegen geknüpft werden. aa) Rechtsfolgen eines Zahlungsauftrags § 675n Abs. 1 BGB wiederholt nochmals das durch den Zahlungsauftrag betroffene Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister. Zudem erinnert dessen Formulierung („Ein Zahlungsauftrag wird wirksam, wenn er [. . .] zugeht.“) an den auf Willenserklärungen anwendbaren § 130 Abs. 1 S. 1 BGB und indiziert daher bereits den Charakter einer Willenserklärung. Dasselbe lässt sich aus § 675p Abs. 1 BGB schließen, der letztlich eine umformulierte Variante des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB darstellt. Diese Annahme wird darüber hinaus durch weitere Normen bestärkt: Erhält der Zahlungsdienstleister des Zahlers einen Zahlungsauftrag, ist er gem. § 675o Abs. 1, 2 BGB entweder zur Durchführung oder im Falle einer Ablehnung zu einer Unterrichtung des Zahlers verpflichtet. Dem Zahler stehen also aufgrund eines wirksamen Zahlungsauftrags Handlungsansprüche gegen seinen Zahlungsdienstleister zu. Besteht ein Ausführungsanspruch, wird dieser in zeitlicher Hinsicht durch eine Ausführungsfrist nach § 675s Abs. 1 BGB und sachlich durch
11 Angedeutet in der Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; für eine prinzipielle Trennung auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 13, 17, der häufig eine Verbindung der auslösenden Erklärung mit dem Zahlungsauftrag annimmt, aber nicht in jedem Zahlungsauftrag eine auslösende Erklärung sieht; für eine Trennung auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 28. 12 Siehe C.I.1.a).
I. Mitteilungsphase
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§ 675r Abs. 1 S. 2 BGB13 konkretisiert. Schließlich verschafft § 675y dem Zahler Sekundäransprüche für den Fall, dass ein Zahlungsvorgang fehlerhaft ausgeführt wurde. Der Durchführungspflicht wird dadurch Nachdruck verliehen. bb) Rechtsnatur des Zahlungsauftrags Anhand dieser Rechtsfolgen lässt sich der Zahlungsauftrag unter die Definition der Willenserklärung im Sinne der Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB subsumieren14. Eine Willenserklärung ist danach die Äußerung eines Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist; sie bringt einen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck, das heißt einen Willen, der auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielt.15 Der Zahler erteilt den Zahlungsauftrag gerade, um die Rechtsposition zu erlangen, von seinem Zahlungsdienstleister die Durchführung des konkreten Zahlungsvorganges – oder zumindest eine Unterrichtung über die Ablehnung – verlangen zu können. Und genau diese Rechtsfolge wird durch die genannten Normen angeordnet, so dass ein wirksamer Zahlungsauftrag ein Rechtsverhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister begründet oder ändert.16 Obwohl diese Rechtsfolgen bereits kraft Gesetzes angeordnet und inhaltlich sehr genau konkretisiert werden, handelt es sich beim Zahlungsauftrag nicht um eine sogenannte geschäftsähnliche Handlung. Geschäftsähnliche Handlungen und Willenserklärungen sind jeweils Erklärungen (bzw. Handlungen mit einem Erklärungs- oder Kundgabezweck), an deren Vorliegen die Rechtsordnung bestimmte Rechtsfolgen knüpft17. Der Unterschied zwischen den beiden Rechtsfiguren ist jedoch im eigentlichen Grund für die jeweiligen Rechtsfolgen zu suchen: Bei der Willenserklärung treten die Rechtsfolgen ausschließlich deshalb ein, weil sie dem geäußerten Willen entsprechen; mit anderen Worten erkennt die Rechtsordnung den erklärten Rechtsfolgewillen an, indem sie ihn zur Tatbestandsvoraussetzung macht18. Dagegen führt die geschäftsähnliche Handlung zu ihrer Rechtsfolge völlig unabhängig davon, ob der Erklärende diese wollte oder nicht19. Der Rechts13 Der richtige Zahlungsempfänger ist ausschließlich anhand der im Zahlungsauftrag angegebenen Kundennummer zu ermitteln. 14 Ohne Argumentation, aber im Ergebnis ebenso: Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 2. Kapitel § 675f Rn. 82; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 39; Omlor in: Staudinger [2012] § 675f Rn. 34. 15 BGH NJW 2001, 289 (290). 16 So auch Schürmann in: Bankrechtstag 2009 S. 11 (23); ähnliche Argumentation: Grundmann WM 2009, 1109 (1114); ohne Begründung Sprau in: Palandt § 675f Rn. 17. 17 Medicus – BGB AT Rn. 196 f.; Flume AT Band II, § 9 Nr. 2b, Seite 112; Larenz/ Wolf – BGB AT § 22 Rn. 14. 18 Vgl. Flume AT Band II, § 2 Nr. 2, Seite 24 f. 19 Larenz/Wolf – BGB AT § 22 Rn. 14.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
folgewillen des Erklärenden ist gerade nicht Tatbestandsvoraussetzung, so dass dessen Vorliegen oder Fehlen völlig bedeutungslos für den Eintritt der Rechtsfolge ist. Die Rechtsfolge tritt schon dann ein, wenn zu bestimmten Tatbestandsmerkmalen eine bestimmte Erklärung hinzutritt – und zwar losgelöst von der Frage, ob dem Erklärenden die Rechtsfolge bewusst ist. Bei der konkreten Anwendung dieser Thesen auf den Zahlungsauftrag nach § 675f Abs. 3 S. 2 BGB zeigt schon dessen Definition mit den Worten „. . . zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs . . .“ seine Finalität. Dem Zahler kann kein anderer Zweck unterstellt werden. Die durch das Gesetz angeordneten Rechtsfolgen eines Zahlungsauftrags sind nicht bloße reflexive Nebenfolgen der Erklärung des Zahlers, sondern zentrale und oftmals einzige Motive des Zahlers. Der Zahlungsauftrag ist also eine Willenserklärung nach §§ 116 ff. BGB. cc) Mögliche Erklärungswege des Zahlers Unabhängig von dieser Rechtsnatur eröffnet § 675f Abs. 3 S. 2 BGB dem Zahler zwei Möglichkeiten: Er kann seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger zukommen lassen. Eine Abgrenzung ist aber nicht erforderlich; einzelne Lebenssachverhalte – wenn z. B. der Zahlungsempfänger als Bote oder Vertreter des Zahlers auftritt – müssen nicht einer Variante zugeordnet werden können. Die Neuregelung behandelt nämlich beide Varianten gleich und sieht keine unterschiedlichen Rechtsfolgen vor. Vielmehr kommt es nur darauf an, dass ein Zahlungsauftrag vorliegt20 oder dass dieser den Zahlungsdienstleister des Zahlers erreicht21. Durch die Eröffnung der zusätzlichen Alternative „mittelbar über den Zahlungsempfänger“ soll lediglich sichergestellt werden, dass ein Zahlungsauftrag nicht schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Zahlungsempfänger ein Zwischenglied in der Kommunikationskette zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister ist. c) Das Auslösen eines Zahlungsvorgangs Was dagegen unter dem „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ zu verstehen ist, müssen die Normen zeigen, die auf ein Auslösen des Zahlungsvorgangs durch oder über den Zahlungsempfänger abstellen, aber trotzdem vom Vorliegen eines Zahlungsauftrags ausgehen22. Wenn es Anwendungsfälle für das Auseinanderfallen von „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ und „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ gibt, dann in diesen Konstellationen. 20
§§ 675o Abs. 1, 2; 675p, 675r Abs. 1 S. 2; 675s Abs. 1; 675y Abs. 1, 5 BGB. §§ 675n Abs. 1; 675s Abs. 2; 675y Abs. 2 BGB. 22 §§ 675p Abs. 2 S. 1, 675s Abs. 2 S. 1; 675y Abs. 2 S. 1 BGB; trotz der neutralen Formulierung wohl auch § 675n Abs. 2 S. 1 BGB. 21
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aa) Möglichkeit des Zahlungsauftrags als Redaktionsversehen Ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei der Kombination der Rechtsfiguren um einen Redaktionsfehler handelt. Mit § 675p Abs. 2 BGB23 lässt sich vielmehr eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nachweisen: Der Zweck des gesamten § 675p BGB liegt in der Herbeiführung eines rechtsbeständigen Zwischenstadiums, welches der Zahler nicht mehr durch alleiniges Handeln beseitigen kann. Zugunsten der Rechtssicherheit ist der Zahler ab diesem Zeitpunkt an die Rechtsfolgen des Zahlungsauftrags24 gebunden. Ohne einen Zahlungsauftrag können schon keine den Zahler bindenden Rechtsfolgen eintreten, so dass eine zeitliche Zäsur keinen Sinn ergibt. In Situationen, in denen der Zahlungsvorgang „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurde, sieht der Gesetzgeber aber die Notwendigkeit zu einer Sonderregel und installiert § 675p Abs. 2 BGB. In diesem verschiebt er den Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit zunächst nach vorne, um ihn speziell für Lastschriften wieder nach hinten zu verlagern. Angesichts dieser differenzierten Gestaltung muss davon ausgegangen werden, dass er die Koexistenz der Rechtsfiguren „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ 25 und „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ wollte. Andernfalls hätte er eine abweichende Vorschrift geschaffen, die aus systematischen Gründen niemals zur Anwendung käme. bb) Konkurrenz zwischen „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ durch Zahlungsempfänger: Bereits vom „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ erfasste Handlungen Liegen zugleich ein „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöster Zahlungsvorgang sowie ein erteilter Zahlungsauftrag vor, beschreiben diese Rechtsfiguren innerhalb der einheitlichen Situation unterschiedliche Handlungen im Rechtssinne26. Somit kann zunächst im Ausschlussverfahren bestimmt werden, was die Auslösung gerade nicht sein kann: Werden bestimmte rechtlich relevante Handlungen bereits von der Figur „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ erfasst, scheiden diese für die Interpretation der Auslösehandlung aus. 23 „Wurde der Zahlungsvorgang vom Zahlungsempfänger oder über diesen ausgelöst, so kann der Zahler den Zahlungsauftrag nicht mehr widerrufen, nachdem er den Zahlungsauftrag oder seine Zustimmung zur Ausführung des Zahlungsvorgangs an den Zahlungsempfänger übermittelt hat. Im Fall einer Lastschrift kann der Zahler den Zahlungsauftrag jedoch unbeschadet seiner Rechte gemäß § 675x bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Fälligkeitstag widerrufen.“ 24 Hiermit sind die Rechtsfolgen der im Zahlungsauftrag zwingenderweise enthaltenen Autorisierung gemeint; vgl. hierzu C.II.1.b) und C.II.1.j). 25 Aufgrund der expliziten Sonderregel für Lastschriften in § 675p Abs. 2 S. 2 BGB muss dies auch für Zahlungsvorgang gelten die „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurden. 26 Vgl. C.I.1.a).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Welche Handlungen fallen also bereits in die Kategorie „Erteilen eines Zahlungsauftrags“? Mit dem Zahlungsauftrag soll final auf das Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister rechtsgestaltend eingewirkt werden, um den Zahlungsdienstleister zur Durchführung eines Zahlungsvorgangs zu bewegen. Dass der Zahler den Zahlungsauftrag erteilen muss27, gibt nur Aufschluss darüber, wer die Ursprungshandlung des Erteilens setzen muss. Es sagt aber noch nichts darüber aus, welche einzelnen Schritte vom Begriff des „Erteilens“ erfasst werden. Schließlich durchläuft ein Zahlungsauftrag – wie jede andere Willenserklärung auch – vom Zeitpunkt des inneren Entschluss des Zahlers bis zu dem seiner endgültigen rechtlichen Verbindlichkeit verschiedene Stufen. Entscheidet sich der Zahler für die Rechtsfolgen eines Zahlungsauftrags, muss sich dieser Rechtsfolgewillen aus seinem Verhalten herauslesen lassen. Ist sowohl der subjektive (Vorliegen des Rechtsfolgewillens) als auch der objektive (nach außen hin erkennbare Erklärung dieses Willens) Tatbestand erfüllt, ist nach klassischem Verständnis noch Abgabe und Zugang erforderlich. Erst dann liegt gemäß § 130 BGB eine wirksame Willenserklärung vor. Durch die Abgabe wird ein von der Rechtsordnung anerkanntes28 Zwischenstadium erreicht: Der Erklärende vollendet die Willenserklärung mit der Abgabe29: „Die Abgabe ist der Akt des rechtsgeschäftlichen Handelns. Sie ist das In-GeltungSetzen der Erklärung durch den Erklärenden, ungeachtet dessen, ob die Erklärung sogleich mit der Abgabe wirksam wird.“ 30
Die Abgabe ist deshalb vom Rechtsgeschäftswillen geprägt; bis zur Abgabe müssen alle Voraussetzungen durch den Erklärenden persönlich31 erfüllt werden. Anders verhält sich die Rechtslage beim Zugang. Um diesen sicher zu stellen, kann der Erklärende beliebig Mittelspersonen auswählen, die vielleicht noch nicht einmal wissen, dass sie eine Willenserklärung transportieren. Im Mittelpunkt steht also nicht mehr die inhaltliche Gestaltung der Erklärung, sondern lediglich deren Transport. Die verschiedenen Abschnitte einer Willenserklärung können in zwei Grundkategorien eingeteilt werden: Während der subjektive und objektive Tatbestand sowie die Abgabe32 den Rechtsfolgewillen zwingend voraussetzen, sind die Voraussetzungen des Zugangs von diesem subjektiven Erfordernis gelöst. 27
C.I.1.b). Dies zeigt sich in § 130 Abs. 2 BGB, wonach gewisse tatsächliche Veränderungen beim Erklärenden unbeachtlich bleiben. 29 Singer in: Staudinger § 130 Rn. 37. 30 Flume AT Band II, § 14 Nr. 2, Seite 226. 31 Hierzu zählt auch die normative Zurechnung des Rechtsfolgewillens durch das Vertretungsrecht. 32 Larenz/Wolf – BGB AT § 26 Rn. 2: „Aus der Entäußerungsfunktion der Abgabe ergibt sich als erste Voraussetzung, dass der Erklärende seine Erklärung als endgültig 28
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Durch die Formulierung in § 675f Abs. 3 S. 2 BGB, der Zahlungsauftrag könne auch „über den Zahlungsempfänger“ erteilt werden, greift der Gesetzgeber diese allgemeinen Lehren auf: Der Zahlungsempfänger „erteilt“ nicht selbst, sondern ist lediglich die Transportperson, die den Zugang bewirken soll oder zumindest am Zugang kausal mitwirkt. Vom „Erteilen“ sind demnach die anderen, vom Rechtsfolgewillen getragenen Handlungen – inklusive der Abgabe des Zahlungsauftrags – erfasst33. Diese können demnach nicht „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ sein. cc) Auslöseerfolg Worin liegt der beabsichtigte Erfolg der Auslösehandlung? Welches Zwischenereignis – auf dem Weg zur vollständigen Bewirkung der Zahlung – muss eingetreten sein, damit der Zahlungsvorgang ausgelöst wurde? Sowohl der europäische als auch der nationale Gesetzgeber schweigen zu dieser Frage gänzlich. Mitteilungen der Zahlungsdienstnutzer erlangen erst mit ihrer Abgabe rechtliche Relevanz. Der Zahlungsvorgang kann frühestens in diesem Augenblick ausgelöst sein – ab diesem Moment ist kein weiteres Tun des Erklärenden mehr notwendig. Der späteste denkbare Moment für die Auslösung ist derjenige, in dem der Zahlungsdienstleister des Zahlers selbstbindende – durch eigenes Handeln nicht mehr korrigierbare – Dispositionen zur Durchführung des Zahlungsvorgangs trifft. Dies sind zumeist Gutschriften zugunsten des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers. Ab dann kann nicht mehr von einer Prozesseinleitung gesprochen werden. Die Begriffsbestimmung kann sich darauf auswirken, ob ein Zahlungsvorgang „vom“ oder „über“ den Zahlungsempfänger ausgelöst wurde. Sie kann also darüber entscheiden, ob auf ein Zahlungsverfahren die Sonderregeln für Lastschriften – insbesondere § 675p Abs. 2 S. 2 BGB – anwendbar sind.34 Darum kann man es nicht dabei belassen, dass der Auslösemoment jedenfalls in den beschriebenen Zeitrahmen liegen müsse. Für eine genauere Definition muss der Wille der Zahlungsdienstnutzer respektiert werden: Sie wählen das für ihr Valutaverhältnis passende Zahlungsverfahren35. Sie müssen also vorhersehen können, welche Normen anwendbar sind. Die Definition des Auslöseerfolgs darf also nur Merkmale beinhalten, die für die Zahlungsdienstnutzer objektiv nachzuvollziehen sind – die gewollt nach außen erkennbar gemacht haben muss. Durch das Merkmal der Endgültigkeit unterscheidet sich die Abgabe vom bloßen Entwurf oder der Mitteilung, demnächst eine Erklärung erst abgeben zu wollen.“ 33 Hierzu gehören auch Handlungen des Zahlungsempfängers oder anderen Personen, solange deren Rechtsfolgewillen über das Vertretungsrecht dem Zahler normativ zugeordnet wird. 34 Zur Differenzierung dieser Auslösevarianten vgl. C.I.1.d). 35 Zur Beachtlichkeit dieser Motive auch im Verhältnis zu den Zahlungsdienstleistern vgl. B.III.4.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Verwirklichung darf nicht in der Beliebigkeit der Zahlungsdienstleister bestehen. Darum muss die letzte für die Ausführung des Zahlungsvorgangs erhebliche Handlung eines Zahlungsdienstnutzers gesucht werden, mit der sich die Zahlungsdienstleister der Ausführung nicht mehr entziehen können: Ein Zahlungsvorgang ist ausgelöst, wenn aufgrund einer Mitteilung eines Zahlungsdienstnutzers eine solche Anspruchsposition oder Anspruchskette besteht, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Durchführung des Zahlungsvorgangs nicht mehr einseitig verhindern kann. Dies ist immer spätestens dann der Fall, wenn dem Zahlungsdienstleister des Zahlers ein Zahlungsauftrag zugeht und keine Ablehnungsgründe vorliegen. Hier kann er sich seiner Ausführungspflicht nicht mehr entziehen. Bei Mitwirkung des Zahlungsempfängers kann der Auslösemoment aber bereits früher eintreten: Reicht dieser bei seinem Zahlungsdienstleister eine Mitteilung ein, steht ihm ein Anspruch auf Weiterleitung der Zahlungsunterlagen an den Zahlungsdienstleister des Zahlers zu. Befolgt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers diesen Anspruch, ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers entweder aus dem Interbankenverhältnis oder aufgrund eines in den Zahlungsunterlagen enthaltenen Zahlungsauftrags zur Ausführung des Zahlungsvorgangs verpflichtet. dd) Zwischenergebnis und Zusammenfassung zum „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ Aus der Neuregelung ergeben sich keine weiteren Beschränkungen oder Hinweise zur Bedeutung des Auslösens. „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ erfasst nicht die Abgabe eines Zahlungsauftrags. Auslösehandlung kann daher jede sonstige Erklärung oder Handlung sein, die den Zahlungsvorgang kausal in Gang setzt36. Sorgt der Zahler selbst für den Zugang, gibt er einen Zahlungsauftrag ab und löst gleichzeitig den Zahlungsvorgang aus. Diese Transportaufgabe kann aber auch der Zahlungsempfänger übernehmen. Ausgelöst werden kann der Zahlungsvorgang aber auch, indem der Zahlungsempfänger seinen eigenen Zahlungsdienstleister durch eine Mitteilung zum Tätigwerden veranlasst. d) Varianten des Auslösens Der Gesetzgeber verwendet für das Auslösen eines Zahlungsvorgangs diverse Varianten: er kann entweder „vom Zahlungsempfänger oder über diesen ausgelöst“ werden37. Daneben kann ein Zahlungsvorgang auch „vom Zahler ausgelöst“ werden38. 36
Vgl. Sprau in: Palandt § 675f Rn. 13. §§ 675p Abs. 2 S. 1, 675s Abs. 2 S. 1; 675y Abs. 2 S. 1 BGB; trotz der neutralen Formulierung wohl auch § 675n Abs. 2 S. 1 BGB. 38 § 675y Abs. 1 S. 1 BGB. 37
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aa) Beteiligung des Empfängers Zunächst sind die Varianten „vom Zahlungsempfänger“ und „über den Zahlungsempfänger“ voneinander abzugrenzen. Im Gegensatz zu den beiden Möglichkeiten beim Zahlungsauftrag39 kann es bei der Auslösung nicht offen bleiben, ob eine Verfahrensweise in die eine oder in die andere Kategorie fällt. Obwohl das Gesetz zumeist dieselbe Rechtsfolge für beide Auslösemodalitäten anordnet, kommt es insbesondere bei § 675p Abs. 2 S. 2 BGB zu Abweichungen: Für die Lastschrift, die das Gesetz in § 1 Abs. 4 ZAG als „ein vom Zahlungsempfänger ausgelöster Zahlungsvorgang“ definiert, gilt eine andere Frist zum Widerruf des Zahlungsauftrags als für Zahlungsvorgänge, die über den Zahlungsempfänger ausgelöst wurden und somit nach § 675p Abs. 2 S. 1 BGB behandelt werden. Ähnliche technische Konstruktionen finden sich in § 675s Abs. 2 BGB und § 675x Abs. 1, 2 und 6 BGB. Die Suche nach dem entscheidenden Abgrenzungskriterien beginnt bei der Legaldefinition der Lastschrift in § 1 Abs. 4 ZAG. Anwendungsfälle der Lastschrift sollen die bisher etablierten Einzugsermächtigungs- und Auftragsabbuchungsverfahren sowie die neuen SEPA-Lastschriften sein40. Demgegenüber stellt sich der Gesetzgeber bei Kartenzahlungen auf den Standpunkt, diese werden vom Zahler über den Zahlungsempfänger ausgelöst41. Hier liegt die Versuchung sicherlich nahe, es bei dieser offiziell bestimmten Kategorisierung zu belassen und den dahinter stehenden Differenzierungsgrund offen zu lassen. Jedoch ist es weder ausgeschlossen noch unwahrscheinlich, dass neue Zahlungsprodukte mit Mischeigenschaften entwickelt werden. Die Regulierung des gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehrs mittels abstrakter Normen zeichnet die Grundstruktur der Neuregelung aus; konkrete Zahlungsmethoden hat das Gesetz im Grundsatz nicht im Blick42. Schon aus diesem Grund wäre es verfehlt, hinter bestimmten Gesetzesformulierungen bereits bestehende Zahlungsverfahren zu suchen und diese Gesetzesstellen ohne weitere juristische Reflexion ausschließlich mit den bekannten Abläufen zu etikettieren. An die Einordnung durch den Gesetzgeber kann aber angeknüpft werden: Über einen Vergleich der initiierenden Kommunikationsabläufe bei den Lastschriften auf der einen Seite mit denen der Kartenzahlungen auf der anderen Seite können die entscheidenden Unterschiede zwischen beiden Verfahrenstypen ermittelt werden.
39 Erteilung des Zahlungsauftrags „unmittelbar oder mittelbar über den Empfänger“; vgl. hierzu C.I.1.b) a. E. 40 Vgl. den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers in Begründung zu § 1 Abs. 4 ZAG BR-Drucks. 827/08 S. 59. 41 Einzugsermächtigungsverfahren, Abbuchungsauftragsverfahren, SEPA-Lastschriften; vgl. Begründung zu § 675p Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 177. 42 Vgl. B.III.
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(1) Initiierung bei der Lastschrift Bei den tatsächlichen und rechtlichen Abläufen der einzelnen Zahlungsverfahren ist zu beachten, dass diese im Wesentlichen nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch die am Zahlungsvorgang beteiligten Parteien bestimmt werden. Für die Lastschrift hat der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 4 ZAG die Grundstruktur prinzipiell vorgegeben. In der Gesetzesbegründung erläutert er aber leider nicht die Bedeutung der einzelnen Tatbestandsmerkmale, sondern stellt lediglich bestimmte Lastschriftprodukte der Bankenwirtschaft als Anwendungsfälle dar43. Es ist daher davon auszugehen, dass diese in der Bankwirtschaft praktizierten Zahlungsverfahren von dieser Definition erfasst werden. Somit sind die standardisierten AGB der Zahlungsdienstleister daraufhin zu untersuchen, auf welchem rechtlichen und tatsächlichen Kommunikationsweg der Zahlungsvorgang jeweils eingeleitet wird. Nur so kann ein gemeinsames – die Lastschrift charakterisierendes – Merkmal herausgearbeitet werden. (a) Einzugsermächtigungsverfahren Nach den AGB-Banken beginnt das Verfahren mit einer Ermächtigung des Zahlers an den Zahlungsempfänger, wonach dieser Geldbeträge vom Zahlungskonto des Zahlers per Lastschrift einziehen darf. Sodann legt der Zahlungsempfänger die Lastschrift bei seinem eigenen Zahlungsdienstleister vor.44 Aus der AGB-Formulierung lässt sich auch der Unterschied zwischen der Ermächtigung und der Lastschrift herauslesen: Während der Zahler Urheber der Ermächtigung ist, ist er an der Erstellung der Lastschrift nicht beteiligt. Diese wird erst durch den Zahlungsempfänger angefertigt, bevor er sie seinem Zahlungsdienstleister übergibt45. Anschließend übermittelt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers die Lastschrift zur Ausführung an den Zahlungsdienstleister des Zahlers46. Ist die Lastschrift dort angekommen, beginnt der Zahlungsdienstleister des Zahlers mit der eigentlichen Ausführung des Zahlungsvorgangs47. Das Verhalten des Zahlers wird erst nach Ausführung wieder relevant, da er den Vorgang genehmigen muss48.
43 Vgl. den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers in Begründung zu § 1 Abs. 4 ZAG BR-Drucks. 827/08 S. 59. 44 2.1.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 45 So auch schon während der alten Rechtslage van Gelder in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 56 Rn. 36. 46 2.2 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite); 2.5 der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite). 47 2.3 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite).
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Unabhängig von der rechtlichen Deutung der Einzugsermächtigung49 – sei es als bloße Absprache zwischen den Zahlungsdienstnutzern im Sinne der Genehmigungstheorie, sei es als eine darüber hinausgehende Ermächtigung mit Wirkung für das Deckungsverhältnis – kommt dem Zahlungsempfänger bei der Initiierung eine tragende Rolle zu: Der Zahlungsdienstleister des Zahlers kann sich der Ausführung des Zahlungsvorgangs erst dann nicht mehr entziehen, wenn der Zahlungsempfänger gegenüber seinem eigenen Zahlungsdienstleister eigene Rechte auf Weiterleitung der Zahlungsunterlagen geltend macht. Der Zahlungsempfänger tritt also vor dem Auslöseerfolg50 rechtsgeschäftlich in eigenem Namen auf. (b) Abbuchungsauftragsverfahren Die AGB der Zahlungsdienstleister zeigen den Unterschied des Abbuchungsauftragsverfahrens zum Einzugsermächtigungsverfahren ausdrücklich auf: Der Zahler muss nicht nur den Zahlungsempfänger zum Einzug ermächtigen, sondern auch seinen Zahlungsdienstleister unmittelbar anweisen, Abbuchungsauftragslastschriften auszuführen. Der Zahler tritt also im Vorfeld des Zahlungsvorgangs selbst mit seinem Zahlungsdienstleister in Kontakt und erteilt ihm den sogenannten Abbuchungsauftrag.51 Aber auch hier wird vereinbart, dass der Zahlungsempfänger auf seinen Zahlungsdienstleister zugeht, um diesen zur Übermittlung der Lastschrift an den Zahlungsdienstleister des Zahlers zu veranlassen52. Erst dann entsteht die für den Auslöseerfolg notwendige Anspruchskette, der sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht mehr entziehen kann53. Das Verfahren setzt demnach wiederum ein Auftreten des Zahlungsempfängers in eigenem Namen gegenüber seinem Zahlungsdienstleister voraus, um über diesen Weg den generellen Abbuchungsauftrag zu konkretisieren. Ohne diese Handlungen führt der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang nicht aus. Der Zahlungsempfänger hat demzu-
48 2.1.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite); 2.6 (2) der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite). 49 Auch nach der Neuregelung ist an der Genehmigungstheorie festzuhalten; vgl. C.II.1.l)aa)(1)(m). Zum Streitstand bis zur Neuregelung vgl. Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 19 f.; van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 57 Rn. 3 ff. 50 Hierzu C.I.1.c)cc). 51 2.1.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite). Dieser Abbuchungsauftrag ist trotz seiner inhaltlichen und zeitlichen Offenheit ein Zahlungsauftrag inklusive Autorisierung [vgl. C.II.1.l)bb)]. 52 2.3 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite). 53 Vgl. zum Auslöseerfolg C.I.1.c)cc).
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folge die gesamte Verfahrensherrschaft, da er sowohl den Zeitpunkt als auch die Höhe der Belastungsbuchung54 zunächst selbst bestimmen kann. (c) SEPA-Lastschriftverfahren Mit der Neufassung des Gesetzes haben die Zahlungsdienstleister mit dem „SEPA-Basis-Lastschriftverfahren“ und dem „SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren“ zwei neue Zahlungsverfahren bereitgestellt. Die hierfür einzelnen Schritte zur Initiierung eines Zahlungsvorgangs werden ebenfalls durch spezielle AGB55 vorgegeben. Zur Erfüllung einer Verbindlichkeit erteilt der Zahler dem Zahlungsempfänger in beiden Versionen zunächst ein sogenanntes „SEPA-Lastschriftmandat“56, dessen Wortlaut von den Zahlungsdienstleistern verbindlich vorgegeben wird57: „Ich ermächtige [Name des Zahlungsempfängers], Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen.“
Mit dem Lastschriftmandat erklärt sich der Zahler also hinsichtlich zweier Fragen: Zum einen erteilt er eine herkömmliche Einzugsermächtigung; zum anderen weist er seinen Zahlungsdienstleister an, die Zahlungsvorgänge auszuführen. Dieser zweite Teil ist als Zahlungsauftrag nach § 675f Abs. 3 S. 2 BGB zu qualifizieren, obwohl er sich nicht auf einen konkreten Zahlungsvorgang bezieht und den jeweiligen Zahlungsbetrag offen lässt58. Dadurch ist in dem SEPA-Lastschriftmandat auch eine Autorisierung nach § 675j Abs. 1 BGB enthalten59. An54 Vgl. 2.3 a. E. der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite). 55 Sonderbedingungen-Banken für die SEPA-Basis/Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 56 2.1.1 der Sonderbedingungen-Banken für die SEPA-Basis/Firmen-Lastschrift (Zahlerseite); 4.1 und 5.1 Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite). 57 Vgl. 4.4.1 und 5.4.1 der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite): „Der Kunde muss hierzu den gemäß Anlage [. . .] beigefügten Text [. . .] verwenden.“ 58 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 17) spricht von einem Zahlungsauftrag in Form einer Generalweisung, die der Zahlungsempfänger konkretisieren soll; Jacoby ZIP 2010, 1725 (1733); Hartmann in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 3, Rn. 349. Schulze/Schulte-Nölke in: Handkommentar-BGB § 675j Rn. 4; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 40; Laitenberger NJW 2010, 192 (193; 195); Hartmann in: Bankrechtstag 2009, 62–105 (92), Karper in: Fandrich/Karper § 4 Rn. 152; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 77; Omlor in: Staudinger [2012] vor § 675c Rn. 125; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 22; in der Sache wohl ebenso Lohmann in: BuB Rn. 20/ 104 sowie Rigler in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 11. Kapitel Rn. 212. 59 Vgl. Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 17); Lohmann in: BuB Rn. 20/101; Hartmann in: Ellenberger/ Findeisen/Nobbe Teil 3, Rn. 348; Hadding FS Hüffer 2010, 273 (286 f.); Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675x Rn. 24; Wernel in: Langenbucher/Blie-
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schließend wandelt der Zahlungsempfänger die erhaltenen Erklärungen in einen Datensatz um und übermittelt ihn an seinen Zahlungsdienstleister. Dieser leitet die in dem Datensatz enthaltenden Erklärungen – im Sinne eines Erklärungsboten60 – an den Zahlungsdienstleister des Zahlers weiter, so dass auf diesem Wege der Zugang des Zahlungsauftrages bewirkt wird61. In der Firmenvariante muss der Zahler seinem Zahlungsdienstleister noch zusätzlich das Erteilen des Lastschriftmandats bestätigen. Diese „Mitteilung“ ist Voraussetzung für die Einlösung von SEPA-Firmenlastschriften.62 Zwar wendet sich der Zahler hier mit einer eigenen Erklärung an seinen Zahlungsdienstleister. Jedoch wird der gesamte Prozess – wie beim Abbuchungsauftragsverfahren – erst durch ein eigenes rechtsgeschäftliches Handeln des Zahlungsempfängers eingeleitet. Er reicht den Datensatz in eigenem Namen bei seinem Zahlungsdienstleister ein und veranlasst somit aus eigener Rechtsposition die Weiterleitung an den Zahlungsdienstleister des Zahlers. Erst mit dieser Erklärung wird der Auslöseerfolg erreicht63. (d) Vergleich der verschiedenen Lastschriftverfahren Die einzelnen Verfahren könnten unterschiedlicher nicht ausgestaltet sein. Während im Einzugsermächtigungsverfahren der Zahler zunächst überhaupt nicht mit seinem Zahlungsdienstleister kommuniziert, übergibt er in den SEPAVerfahren dem Zahlungsempfänger einen Zahlungsauftrag, der den Zahlungsdienstleister des Zahlers zeitgleich mit der Lastschrift erreicht. Das Abbuchungsauftragsverfahren ist als Zwischenform einzustufen: Hier gehen Abbuchungsauftrag und Lastschrift unterschiedliche Wege. Die Lastschrift erreicht den Zahlungsdienstleister des Zahlers über den Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister, während der Zahler den Abbuchungsauftrag unmittelbar gegenüber seinem eigenen Zahlungsdienstleister erklärt. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Zahlungsauftrags kann also nicht der kleinste gemeinsame Nenner der Lastschriftverfahren sein. Trotz der Unterschiede besteht jedoch eine Gemeinsamkeit: Bevor es zum Auslöseerfolg kommt, ruft der Zahlungsempfänger eigene Rechte gegenüber sei-
sener/Spindler 4. Kapitel Vorb. Rn. 67; Omlor in: Staudinger [2012] vor § 675c Rn. 125 zum allgemeinen Verhältnis zwischen Zahlungsauftrag und Autorisierung vgl. C.II.1.b). 60 Lohmann in: BuB Rn. 20/102; so auch Werner in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 4. Kapitel § 675n Rn. 2; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 77; Omlor in: Staudinger [2012] § 675z Rn. 32. 61 Vgl. BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 17) m.w. N. 62 Vgl. 2.1.1 und 2.2.2 der Sonderbedingungen-Banken für die SEPA-Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 63 Zum Auslöseerfolg vgl. C.I.1.c)cc).
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nem Zahlungsdienstleister ab, indem er ihn zur Weiterleitung der Zahlungsunterlagen anweist64. Sein rechtsgeschäftliches Handeln ist also kausal für die Auslösung. (2) Initiierung bei Kartenzahlungen Betrachtet man einen Zahlungsvorgang danach, ob er „vom“ Zahlungsempfänger oder „über“ diesen ausgelöst wurde, sieht der Gesetzgeber die Kartenzahlungen als Gegenbegriff zu den Lastschriften65. Die mit „Kartenzahlungen“ gemeinten Zahlungsverfahren benennt der Gesetzgeber allerdings nicht ausdrücklich. Dass damit aber zumindest die Debitkarten/ec-Karten, Kreditkarten und GeldKarten gemeint sind, ergibt sich aus einer Gesamtschau der Gesetzesmaterialien, in denen er immer wieder auf diese Bezahlformen Bezug nimmt66. Eine solche Unterteilung entspricht auch seinen Ausführungen zur „Zahlungskarte“ gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2c ZAG67. Diese gesetzgeberische Vorstellung ist nun der einzige offizielle Anhaltspunkt für die Interpretation des Auslösens „über den Zahlungsempfänger“ – somit müssen auch hier die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Kartenzahlungen erarbeitet werden. (a) Debitkarte/ec-Karte Die Funktionsweise der Debitkarte/ec-Karte geht im Wesentlichen auf privatrechtliche Vereinbarungen zurück, mit denen die Beteiligten die gesetzlichen Vorgaben ausgestaltet und konkretisiert haben. Es bestehen daher auch hier standardisierte Klauselwerke zwischen den Beteiligten68.
64 § 675s Abs. 2 BGB setzt eine solchen Weiterleitungsanspruch voraus. Dieser ergibt sich jeweils aus 2.5 Abs. 1, 3.5 Abs. 1, 4.6 Abs. 5, 5.6 Abs. 5 der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite). 65 Vgl. Begründung zu § 675p Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 177; C.I.1.d)aa). 66 Für die Kreditkarte: Begründung zu Untertitel 3 – Zahlungsdienste, BR-Drucks. 848/08 S. 158; § 675c Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 160; § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; § 675f Abs. 5 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 166; § 675h Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 169; § 675i BGB BR-Drucks. 848/08 S. 169; § 675o Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 176; § 675p Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/ 08 S. 177; § 675s Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 182; § 675v Abs. 1 BGB BRDrucks. 848/08 S. 186; § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187 f.; § 675x BGB BRDrucks. 848/08 S. 188. Für die Debitkarte: Begründung zu § 675f Abs. 5 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 166; § 675i BGB BR-Drucks. 848/08 S. 169. Für das kartenbasierte E-Geld: Begründung zu § 675i Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/ 08 S. 170. Für die GeldKarte: Begründung zu § 675i Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 170. 67 § 1 Abs. 2 Nr. 2c ZAG BR-Drucks. 827/08 S. 55. 68 Zum generellen Vierparteien-System vgl. B.III.3.
I. Mitteilungsphase
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(aa) Anhaltspunkte der AGB zum Ablauf des Auslösens Möchte man die den Zahlungsvorgang einleitenden Kommunikationsakte näher betrachten, so geben diese Vereinbarungen zwischen den Beteiligten jedoch relativ wenig Aufschluss. Die Vereinbarung des Zahlers mit seinem Zahlungsdienstleister ergibt, dass bei der Kartennutzung die Bonität des Zahlers69 und die korrekte Eingabe der persönlichen Geheimzahl („PIN“)70 überprüft wird. Weiter wird der Zahler darauf hingewiesen, dass sich sein Zahlungsdienstleister gegenüber dem Zahlungsempfänger im Falle des Einsatzes der Karte zur Vergütung der Zahlungsbeträge verpflichtet71. In den neuen – auf die Gesetzesänderung abgestimmten – AGB ist darüber hinaus festgelegt, dass der Zahler durch den Einsatz der Karte einen Zahlungsauftrag abgibt72 und den Zahlungsvorgang autorisiert73. Lehnt der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang ab, informiert er den Zahler darüber74. Zieht man ergänzend die Klauselwerke hinzu, die zwischen dem Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister gelten, so fällt zunächst die Zahlungsverpflichtung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers als kartenausgebendes Institut gegenüber dem Zahlungsempfänger auf75. Eine solche Verpflichtung betrifft aber nicht eine Frage der Initiierung des Zahlungsvorgangs, sondern dessen Durchführung. Die Initiierung wird lediglich angesprochen, wenn das Kartenterminal nach einer bestimmten technischen Anleitung bedient werden76 und der Karteninhaber seine PIN höchstpersönlich eingeben muss77. Weitere Präzisierun-
69 Vgl. A.III.1.1 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 70 Vgl. A.II.7, A.II.8; A.III.1.2 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 71 Vgl. A.III.1.3 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 72 Vgl. A.II.9 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 73 Vgl. A.II.7 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 74 Vgl. A.II.8 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 75 Vgl. Nr. 5 der Bedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft (Händlerbedingungen) (Bankenverband und Sparkassen; Zahlungsempfängerseite). 76 Vgl. Nr. 7 der Bedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft (Händlerbedingungen) (Bankenverband und Sparkassen; Zahlungsempfängerseite). 77 Vgl. Nr. 8 der Bedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft (Händlerbedingungen) (Bankenverband und Sparkassen; Zahlungsempfängerseite).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
gen, wer welche Handlungen vornimmt, sind aber auch dieser technischen Anleitung nicht zu entnehmen. Im Ergebnis wird der bisherige Einleitungsprozess durch die heute geltenden AGB nicht angetastet, insbesondere wird die gesetzgeberische Vorstellung über ihn nicht unterlaufen. Für dessen konkrete Deutung kann daher auf die bereits bestehenden Erkenntnisse der Rechtsprechung und Wissenschaft zurückgegriffen werden.78 Wegen dieser Kontinuität kann der Formulierung in den AGB des Bankenverbandes, der Zahlungsvorgang werde bei Debitkarten/ec-Karten „vom Zahlungsempfänger ausgelöst“ 79, keine Bedeutung beigemessen werden. Sie verleitet zwar dazu, Zahlungen mittels Debitkarten grundsätzlich aus dem hier darzustellenden Bereich der „über den Zahlungsempfänger“ ausgelösten Zahlungsvorgänge auszunehmen und als Lastschriftzahlung gem. § 1 Abs. 4 ZAG einzuordnen. Im Gesamtzusammenhang ist diese Bestimmung aber bedeutungslos. Freilich droht ein Zirkelschlusses: Wenn man die angestrebte Differenzierung der Auslösevarianten mit verschiedenen Eigenarten eines Zahlungsverfahren begründen möchte, kann man Äußerungen der Beteiligten zu diesem Zahlungsverfahren nicht mit der Begründung ignorieren, die von ihnen gewählte Auslösevariante sei von vornherein ausgeschlossen. Die eigentliche Begründung für die Bedeutungslosigkeit der Klausel liegt aber im rechtstheoretischen Bereich: Der Gesetzgeber wollte mit der Auslösung „über den Zahlungsempfänger“ die Kartenzahlungen beschreiben80, wie er sie zum Beschlusszeitpunkt kannte – also in ihrer alten Form. Dies ist sicherlich kein Verbot an die Beteiligten zur Änderung eines Zahlungsverfahrens, so dass es künftig einer anderen Kategorie angehört. Der angesprochene Satz (der Zahlungsvorgang werde bei Debitkarten/ec-Karten „vom Zahlungsempfänger ausgelöst“ 81) alleine modifiziert das Zahlungsverfahren aber nicht, weil er nicht auf die einzelnen Kommunikationsakte selbst eingeht, sondern diese lediglich zusammenfassend beschreiben möchte. Er sagt gerade nichts darüber aus, wer mit wem in welcher Form in Kontakt tritt. Wenn aber die Neugestaltung die eigentlichen Kommunikationsakte nicht verändert, dann muss der ausgeführte gesetzgeberische Wille beachtet werden. Im Ergebnis haben dann die Beteiligten das – unangetastete – Zahlungsverfahren schlichtweg falsch bewertet und benannt.
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So im Ergebnis wohl auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 41, 52. Vgl. A.II.9 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); diese Bestimmung ist in den Bedingungen für die SparkassenCard nicht enthalten. 80 Vgl. Fußnote 65. 81 Vgl. A.II.9 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); diese Bestimmung ist in den Bedingungen für die SparkassenCard nicht enthalten. 79
I. Mitteilungsphase
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(bb) Bisherige Erkenntnisse zum Ablauf der Initiierung Die Initiierung eines Zahlungsvorgangs unterscheidet sich je nach konkreter Einsatzmethode der Debitkarte/ec-Karte: Laut den AGB kann damit Bargeld an Geldausgabeautomaten abgehoben oder an automatisierten Kassen bezahlt werden. Die AGB finden allerdings nur Anwendung, wenn bei solchen Bezahlvorgängen die PIN verwendet wird (das sogenannte POS-Verfahren) oder die Karte als sog. GeldKarte verwendet wird82. Nicht erfasst wird dagegen das frühere POZ-Verfahren, das heute als Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) noch immer Anwendung findet. Dieses Verfahren hat mit den Kartenzahlungen, wie sie hier behandelt werden sollen, keine Grundgemeinsamkeit. Hier wird nämlich die Karte nicht zur Kontaktaufnahme eingesetzt; sie ist lediglich Informationsträger der Kontodaten und dient dazu, dem Kassenbetreiber als Zahlungsempfänger eine herkömmliche Einzugsermächtigung auszustellen. Die Verwendung der Debitkarte im Rahmen des ELV ist daher nichts anderes als ein Lastschriftverfahren.83 Die Bezahlung im POS-Verfahren84 läuft in tatsächlicher Hinsicht wie folgt ab: Grundsätzlich muss ein ec-Terminal verwendet werden, das bei seiner Aktivierung den Zahlungsbetrag anzeigt. Die ec-Karte wird in die Leseeinheit des Terminals gesteckt und der Zahler gibt über dessen Tastatur seine PIN ein, um den Betrag zu bestätigen. Das Terminal liest die auf der Karte gespeicherten Daten aus und leitet diese per Telekommunikation an den Zahlungsdienstleister des Zahlers weiter. Dieser überprüft dann, ob die PIN richtig verwendet wurden, ob die Karte nicht gesperrt und ob der dem Zahler zustehende Verfügungsrahmen nicht überschritten wurde. Kommt er zum Ergebnis, den Zahlungsvorgang ausführen zu wollen, übermittelt er eine Bestätigung an das ec-Terminal.85 Wie sind diese einzelnen Schritte nun in rechtlicher Hinsicht einzuordnen? Schon nach der alten Rechtslage wurde der Einsatz der ec-Karte als Weisung
82 Vgl. A.I der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard. 83 Statt vieler vgl. nur Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 15; Gößmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 68 Rn. 12; Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 20 f.; Casper in: MüKoBGB [2012] § 675f Rn. 117. 84 Die Bargeldabhebung am Geldautomaten soll hier nicht im Rahmen der Diskussion „Auslösen eines Zahlungsvorganges“ besprochen werden. Wegen der Personenidentität von Zahler und Zahlungsempfänger ist die Aussagekraft zu gering. Die Bezahlung mittels GeldKarte wird unter C.I.1.d)aa)(2)(c) abgehandelt. 85 Insgesamt zu diesem Ablauf vgl. Häuser/Haertlein in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 81; Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 44; Balzer in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 167; Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 2.
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nach § 665 BGB gesehen, die Zahlung auszuführen86. Nach der Neuregelung stellt dies dann einen Zahlungsauftrag dar87, wie er auch in den Vereinbarungen des Zahlers mit seinem Zahlungsdienstleister vorausgesetzt wird88. Diesen gibt der Zahler durch die PIN-Eingabe ab und sendet ihn per Telekommunikation direkt an seinen Zahlungsdienstleister bzw. an einen in dessen Auftrag handelnden Dienstleister89. Gewiss verwendet er dabei das Terminal des Zahlungsempfängers, er schaltet ihn aber im Gegensatz zu den SEPA-Lastschriften nicht als Bote für den Zahlungsauftrag ein. Genauso wenig ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers in den Kommunikationsvorgang involviert. Der Zahlungsempfänger wird erst wieder mit der positiven Meldung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers eingebunden: Diese stellt zugleich ein Zahlungsversprechen des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger in Höhe des Zahlungsbetrags dar90. Für die Frage des Auslöseweges ist diese Beteiligung jedoch unerheblich: Zum einen ist dem Zahlungsdienstleister des Zahlers der Zahlungsauftrag bereits zugegangen. Zum anderen hat er alleine durch dieses Zahlungsversprechen unumkehrbare Dispositionen getroffen91. Der Zahlungsvorgang ist also bereits ausgelöst92, bevor der Zahlungsempfänger wieder involviert wurde. In der Zusammenfassung stellt der Zahlungsempfänger dem Zahler die Kommunikationsmöglichkeit bereit, greift aber anschließend in den Auslöseprozess nicht mehr ein. (b) Kreditkarte Kreditkarten können in zwei unterschiedlichen Grundkonstruktionen auftreten. Zum einen gibt es Kundenkreditkarten, bei denen ausschließlich das Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger näher gestaltet wird, Dritte jedoch nicht miteinbezogen werden. Zum anderen können Kreditkarten eine Universal86 Baumbach/Hefermehl/Casper Teil 4 Rn. 48; Balzer in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 167. In § 665 BGB ist die Weisungsbefugnis des Auftraggebers und Weisungsgebundenheit des Beauftragten gesetzlich verkörpert, vgl. Hönn in: jurisPK-BGB § 665 Rn. 1. 87 So auch Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.956 f. 88 Vgl. A.II.9 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite). 89 Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 44. 90 Zur rechtlichen Konstruktion dieses Zahlungsversprechen vgl. Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 81: Es kommt eine automatisierte Willenserklärung in Betracht. Der Vertragsschluss kann aber auch über den Karteninhaber konstruiert werden, der entweder als Bote oder Stellvertreter seines Zahlungsdienstleisters angesehen werden kann; ergänzend hierzu Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 7. Kapitel § 675f Rn. 53. 91 Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 48; Häuser/Haertlein in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 85 m.w. N. in deren Fußnote 248. 92 Zum entscheidenden Auslöseerfolg vgl. C.I.1.c)cc).
I. Mitteilungsphase
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funktion zugesprochen werden93, so dass neben den am Grundgeschäft Beteiligten noch weitere Parteien in den Zahlungsprozess miteinbezogen werden94. Während die als Zweipersonensysteme ausgestalteten Kundenkreditkarten gem. § 1 Abs. 10 Nr. 10 ZAG aus dem Anwendungsbereich der Neuregelung herausfallen, sind die Universalkreditkarten im Normalfall den §§ 675c ff. unterworfen95. Einer Kreditkartenzahlung liegt im Grundsatz auch das übliche Vierpersonenverhältnis zugrunde96: Der Zahler erhält von seinem Zahlungsdienstleister die Kreditkarte ausgehändigt. Der Zahlungsempfänger hat sich mit seinem Zahlungsdienstleister rahmenvertraglich zur Akzeptanz dieser Kreditkarte geeinigt. Die beiden Zahlungsdienstleister sind entweder identisch oder untereinander wiederum durch einen Kooperationsvertrag verbunden97. Mit Kreditkarten kann die Bezahlung auf unterschiedliche Weise initiiert werden98. Zunächst besteht die klassische Methode, indem der Zahler dem Zahlungsempfänger die Kreditkarte vorlegt, um die Kartendaten auszulesen99. Anschließend erstellt der Zahlungsempfänger einen Leistungsbeleg (sogenannter „Slip“), den der Zahler unterschreibt. Den unterschriebenen Leistungsbeleg reicht der Zahlungsempfänger bei seinem Zahlungsdienstleister ein. Daneben hat sich das sogenannte „Mailorderverfahren“ etabliert. Insbesondere bei Geschäften im Internet ist es dem Zahler nicht möglich, die Kreditkarte zu übergeben und einen Slip zu unterzeichnen. Stattdessen teilt der Zahler dem Zahlungsempfänger schlicht die Kartendaten mit. Der Zahlungsempfänger erstellt einen Leistungsbeleg, markiert diesen – anstelle der Unterschrift – mit einem speziellen Mailordervermerk und reicht ihn dann ebenfalls bei seinem Zahlungsdienstleister ein.100 Zusätzlich kann die Kreditkarte auch mithilfe einer PIN zur 93 Zur rechtlichen Struktur einer solchen Universalkreditkarte vgl. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 57 ff. 94 Vgl. hierzu Blaurock in: Derleder § 49 Rn. 4; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. G 2. 95 Ausnahmen können bestehen, wenn es sich um eine Kreditkarte für einen sehr begrenzten Kreis von Dienstleistern bzw. Waren handelt, vgl. B.II.8.d). 96 Vgl. B.III.3. 97 Durch eine solche vertragliche Verbindung werden beide Zahlungsdienstleister häufig zum „Kreditkartenunternehmen“ zusammengefasst – das Konstrukt erscheint so fälschlicherweise als Dreipersonenverhältnis. 98 Auch bei den Kreditkarten wurde der Einleitungsprozess nicht durch grundlegend neue AGB verändert (vgl. Martinek in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 67 Rn. 6a), so dass auch hier auf die bisher vorhandenen Erkenntnisse der Literatur und Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann, vgl. C.I.1.d)aa)(2)(a)(aa). 99 Das Auslesen kann mechanisch oder elektronisch erfolgen. Im zweiten Fall wird die Karte zumeist noch auf Echtheit und Sperrung überprüft, vgl. Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 87. 100 Vgl. grundsätzlich zum Mailorderverfahren Blaurock in: Derleder § 49 Rn. 44; Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 134; Baumbach/ Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 87 f.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Bezahlung an automatisierten Kassen verwendet werden101; hinsichtlich der Kommunikationswege ergeben sich dabei aber keine Unterschiede zum Einsatz der Debitkarte/ec-Karte mittels PIN102. (aa) Klassisches Verfahren mit Unterschrift Die beschriebenen tatsächlichen Vorgänge beim klassischen Bezahlverfahren mittels Unterschrift unterscheiden sich wesentlich im Vergleich zur Zahlung mittels einer Debitkarte/ec-Karte. Während dort der Zahlungsempfänger in den eigentlichen Kommunikationsprozess nicht eingreift, ist er im Kreditkartenverfahren verantwortlich für den Transport des unterschriebenen Leistungsbelegs zu seinem Zahlungsdienstleister. Nach der alten Rechtslage wurde der unterschriebene Beleg von der h. M. als Weisung nach §§ 675, 665 BGB des Karteninhabers an das Kreditkartenunternehmen aufgefasst103. So ist es nur konsequent, dass die Zahlungsdienstleister hierin künftig einen Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB sehen104. Demnach muss der – den Zahlungsauftrag verkörpernde – Leistungsbeleg letztlich dem Zahlungsdienstleister des Zahlers zugehen105, wofür der Zahlungsempfänger sorgen soll106. Diese Situation erinnert an die Ausgestaltung der SEPALastschriften107. Trotzdem besteht ein rechtstechnischer Unterschied hinsichtlich der Beteiligung des Zahlungsempfängers an der Auslösung zwischen einer Kreditkartenzahlung und einer SEPA-Lastschriftzahlung. Ebenso wie bei der Debitkarte/ecKarte108 gibt der Zahlungsdienstleister des Zahlers ein Zahlungsversprechen gegenüber dem Zahlungsempfänger ab109. Für das Zustandekommen dieses Versprechens bestehen zwei verschiedene Erklärungsansätze: Die für das Zahlungsversprechen notwendigen Willenserklärungen können bereits im bestehenden Rahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und dem Zahlungsdienstleister des Zahlers enthalten sein. Dadurch werden zwar Höhe und 101 Vgl. Nr. 2 und 4 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite); Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.1002. 102 Zum Verfahren mit der Debitkarte/ec-Karte vgl. C.I.1.d)aa)(2)(a)(bb). 103 BGHZ 91, 221 (juris-Rn. 9); Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 96 m.w. N. 104 Vgl. Nr. 4 und 6 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite); so auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 48; Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.1022; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 107. 105 Vgl. C.I.1.b). 106 Vgl. auch Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.1022, der eine Botenstellung des Zahlungsempfängers bezüglich des Zahlungsauftrags annimmt. 107 C.I.1.d)aa)(1)(c). 108 Vgl. C.I.1.d)aa)(2)(a)(bb). 109 Vgl. Nr. 7 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite).
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Fälligkeitstermin der Zahlungsverpflichtung offen gelassen. Um dieses „rahmenmäßig vereinbarte Versprechen“ 110 zu konkretisieren, kommt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zu. Die Ausübung dieses Gestaltungsrechts überlässt er im Wege einer Bevollmächtigung durch Aushändigung der Kreditkarte dem Zahler111. Wenn der Karteninhaber den Slip unterschreibt, gibt er also nicht nur einen Zahlungsauftrag an seinen Zahlungsdienstleister, sondern zugleich eine Erklärung nach § 315 BGB im Namen seines Zahlungsdienstleisters ab.112 Das Zahlungsversprechen kann allerdings auch jeweils bei jedem einzelnen Einsatz der Kreditkarte erneut zustande kommen. Der Zahler würde – ebenfalls bevollmächtigt durch die Aushändigung der Kreditkarte – dabei im Namen seines Zahlungsdienstleisters eine Willenserklärung abgeben. Auch hier würde die Unterzeichnung des Slips zweierlei rechtliche Erklärungen beinhalten.113 In beiden Varianten ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers ab dem Unterschreiben des Slips nicht mehr in der Lage, die Wirkungen des Zahlungsversprechens gegenüber dem Zahlungsempfänger aus freiem Willen zu verhindern. Auch wenn der Zahlungsauftrag dem Zahlungsdienstleister des Zahlers noch nicht zwingend zugegangen ist, ist der Zahlungsvorgang an dieser Stelle bereits ausgelöst. Mangels Zugang einer Mitteilung der Zahlungsdienstnutzer besteht in diesem Moment zwar noch keine Anspruchskette, die den Zahlungsdienstleister des Zahlers zur Ausführung des Zahlungsvorgangs verpflichtet. Trotzdem ist er durch das Zahlungsversprechen gegenüber dem Zahlungsempfänger unwiderruflich gebunden und hat sogar schon den ersten verbindlichen Schritt zur Ausführung gemacht. Deshalb muss hier erst recht von einem ausgelösten Zahlungsvorgang gesprochen werden.114 Zu diesem Zeitpunkt ist der Zahlungsvorgang also bereits ausgelöst. Da ein solches Stadium untrennbar mit der Abgabe eines Zahlungsauftrags verbunden ist, lässt sich die Auslösung auch auf den Zahlungsauftrag und somit auf den Zahler zurückführen. Kommt man zur Ausgangsfrage zurück, wie der Zahlungsempfänger in diesen Ablauf integriert ist, so wird der Unterschied zu den SEPA-Lastschriftverfahren 110
BGHZ 150, 286 (juris-Rn. 28). So ausdrücklich Koch in: Fischer/Klanten Rn. 10.310. 112 Vgl. zu dieser Rahmenkonstruktion Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.1043 f.; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. G 22; Bitter ZBB 1996, 104 (119); Martinek in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 67 Rn. 66. 113 Zu dieser Einzelkonstruktion Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr § 3 Rn. 71; Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 134; Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.1045; Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 116, die den Karteninhaber nicht als Vertreter, sondern als Boten seines Zahlungsdienstleisters ansehen. 114 Zum Auslöseerfolg vgl. C.I.1.c)cc). 111
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schnell deutlich: Dort wird er vor Auslösung des konkreten Zahlungsvorgangs rechtsgeschäftlich gegenüber seinem eigenen Zahlungsdienstleister aktiv115. Bei der Kreditkartenzahlung wird der Zahlungsvorgang jedoch ausgelöst, ohne dass der Zahlungsempfänger eine Willenserklärung in eigenem Namen abgibt. Mit anderen Worten entscheidet sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers zu einem Zahlungsversprechen gegenüber dem Zahlungsempfänger, ohne dass dieser in rechtsgeschäftlicher Weise mitwirken muss. Bis zu diesem Zeitpunkt beschränkt sich die Beteiligung des Zahlungsempfängers hinsichtlich eines konkreten Zahlungsvorgangs auf das Auslesen der Kreditkartendaten und das Erstellen eines Slips116 – jeweils Realakte. Dieses Ergebnis wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass nach den AGB des Zahlungsdienstleisters des Zahlers der Zahlungsanspruch unter der Bedingung der fristgerechten Einreichung des Slips steht. Denn einerseits ist dieser Vorgang ein reiner Realakt, andererseits ist der Zahlungsvorgang bereits ausgelöst. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei der Kreditkartenzahlung mittels Unterschrift der Zahlungsempfänger zwar tatsächlich miteinbezogen wird, indem er die Kartendaten ausliest, den Leistungsbeleg erstellt und weiterreicht. Der Auslösezeitpunkt ist aber spätestens in der Unterschrift des Zahlers zu sehen. Bis dahin wird der Zahlungsempfänger nicht rechtsgeschäftlich aktiv. (bb) Mailorderverfahren Der Unterschied zwischen Mailorderverfahren und klassischem Verfahren ist rein äußerlicher Natur. Die Erteilung des Zahlungsauftrags ist schon in der Mitteilung der Kartendaten durch den Zahler an den Zahlungsempfänger zu sehen117. Dasselbe muss auch für die Entstehung des Zahlungsversprechens gelten. Letztlich enthält die Angabe der Kartendaten im Mailorderverfahren die gleichen rechtlichen Erklärungen wie die Unterzeichnung in der klassischen Methode118. Diese tatsächliche Modifizierung ändert die rechtlichen Züge nicht; das Ergebnis aus dem klassischen Verfahren kann demnach unverändert auf das Mailorderver115
Vgl. C.I.1.d)aa)(1)(d). Dies ändert sich auch nicht im Falle eines Blanko-Slips, bei dem der Zahlungsbetrag zunächst offen gelassen wird. Denn in solchen Fällen gibt auch der Zahlungsdienstleister des Zahlers das Zahlungsversprechen grundsätzlich unabhängig der konkreten Summe ab. 117 Nach altem Recht war hierin die Weisung nach § 665 BGB enthalten; vgl. Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 96; Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 431 f.; Blaurock in: Derleder § 49 Rn. 19, 44; zur neuen Rechtslage Einsele – Bank- und Kapitalmarktrecht § 6 Rn. 240; undeutlich aber tendenziell ebenso Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 109. 118 Kritisch hierzu Bitter WM 2010, 1773 (1777 linke Spalte), der sich für die parallele Einführung einer Variante ohne Zahlungsversprechen einsetzt. 116
I. Mitteilungsphase
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fahren übertragen werden. Vor dem Auslöseerfolg119 handelt der Zahlungsempfänger nicht in eigenem Namen.120 (c) GeldKarte (aa) Tatsächlicher Ablauf Der Bezahlvorgang mit der GeldKarte121 unterscheidet sich in tatsächlicher Hinsicht wiederum von den obigen Kartenzahlungsmethoden. Insgesamt ähnelt es aber eher dem Kreditkartenverfahren, da die GeldKarte ebenfalls als OfflineZahlung ausgestaltet ist122; es gibt keinen direkten Kontakt zwischen dem Zahler und dessen Zahlungsdienstleister wie bei der ec-Kartenzahlung123. Für den Einsatz der GeldKarte muss der Zahler diese zunächst bei seinem Zahlungsdienstleister „aufladen“ 124. Hierzu wird auf dem Chip der GeldKarte der Verfügungsrahmen gespeichert125. Zugleich schreibt der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Gegenwert auf einem internen Sammelkonto – dem sog. „Börsenverrechnungskonto“ – gut, das er für sämtliche Ladebeträge all seiner GeldKarten-Kunden führt126. Der Ladebetrag wird dem Zahler aber nicht etwa kreditiert; der Zahler muss ihn entweder bar entrichten oder zumindest eine sofortige Belastung seines Zahlungskontos hinnehmen. Alternativ kann er seinem Zahlungsdienstleister den Betrag auch mittels bargeldlosen Zahlungsdiensten zur Verfügung stellen127. In jedem Falle geht der Zahler hier in Vorleistung gegen119
Zum Auslöseerfolg vgl. C.I.1.c)cc). Dies bleibt auch dann so, wenn man die Angabe der Kartendaten nicht direkt als die Abgabe des Zahlungsauftrags, sondern lediglich als Bevollmächtigungen des Zahlungsempfängers hierzu sieht. Zum einen ist durch das Zahlungsversprechen des Zahlungsdienstleisters des Zahlers der Zahlungsvorgang bereits ausgelöst; zum anderen führt die Vollmacht auch nicht zu einem Handeln des Zahlungsempfängers in eigenem Namen. Damit besteht noch immer ein gravierender Unterschied zu den SEPA-Lastschriftverfahren. 121 Allgemein zur technischen Abwicklung einer Zahlung mittels Geldkarte vgl. Borges in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 8. Kapitel; Omlor in: Staudinger [2012] vor § 675c Rn. 215 ff. 122 Balzer in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 184; Gößmann/Weber S. 278; Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 338; Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 51. 123 Vgl. Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 51. 124 Vgl. hierzu Borges in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 8. Kapitel § 675n Rn. 3. 125 Dieser Vorgang soll keine forderungsbegründende Gutschrift darstellen, Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 41. 126 Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 25; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 106. 127 Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 23; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 105. 120
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über seinem Zahlungsdienstleister128, da er aus dem Börsenverrechnungskonto nicht unmittelbar Rechte ableiten kann. Beim Bezahlen129 führt der Zahler die aufgeladene GeldKarte in ein Terminal beim Zahlungsempfänger ein, das ebenfalls eine Chip- und Speichereinheit enthält (die sogenannte Händlerkarte). Dort wird Identität und Verfügungsrahmen der GeldKarte ausgelesen. Anschließend zeigt das Terminaldisplay den Zahlungsbetrag an, den der Zahler über die Tastatur des Terminals bestätigt. Dadurch wird der Ladebetrag auf der GeldKarte entsprechend reduziert und ein Datensatz von der GeldKarte auf die Händlerkarte übertragen und dort abgespeichert. Der Datensatz beinhaltet den Zahlungsbetrag sowie den kartenemittierenden Zahlungsdienstleister des Zahlers130 und ermöglicht dem Zahlungsempfänger die spätere Abrechnung131. (bb) Rechtliche Bewertung Wie ist dieser Ablauf rechtlich einzuordnen? Mit jedem einzelnen Einsatz der GeldKarte weist der Zahler seinen Zahlungsdienstleister an, den bestätigten Geldbetrag aus dem Börsenverrechnungskonto an den Zahlungsempfänger zu entrichten132. Hierin liegt der Zahlungsauftrag133. Der Zahlungsauftrag wird dann vom Zahlungsempfänger im Rahmen der Abrechnung an den Zahlungsdienstleister des Zahlers weitergeleitet134. Hier kommt es aber auch zu einem Zahlungsversprechen135: Die Übertragung des Datensatzes auf die Händlerkarte stellt eine automatisierte Erklärung des Zahlungsdienstleis-
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Vgl. Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.952. Vgl. hierzu Borges in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 8. Kapitel § 675n Rn. 5–7. 130 Vgl. zum technischen Ablauf des Bezahlvorgangs Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.963. 131 Vgl. hierzu Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 69. 132 Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 74; Gößmann/Weber S. 278; Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 46–48 mit ausführlicher Begründung zur Rechtsnatur einer Willenserklärung; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 112 mit weitern Nachweisen in dessen Fußnote 305; a. A. Omlor in: Staudinger [2012] vor § 675c Rn. 226, der bereits im Aufladevorgang eine „generellabstrakte Gesamtweisung“ des Zahlers an seinen Zahlungsdienstleister sieht. 133 Zur Einstufung der Handlung als Zahlungsauftrag vgl. Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.958 f.; Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 48, der eine abstrakte Weisung des Zahlers bei der Kartenausgabe zu Recht ablehnt (so aber Martinek in: Staudinger § 676h Rn. 105). Diese Konstruktion führt aber ebenfalls nicht zu einem Handeln des Zahlungsempfängers in eigenem Namen. 134 Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 51. 135 Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 112. 129
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ters des Zahlers dar136. Damit ist mit dem Einsatz der GeldKarte der Zahlungsvorgang – wie bei der Kreditkarte137 – bereits ausgelöst, ohne dass der Zahlungsempfänger mit einer Willenserklärung in eigenem Namen dazu beigetragen hat. (d) Vergleich der verschiedenen Kartenzahlungsmethoden Auch wenn die Kartenzahlungsmethoden bezüglich ihrer jeweiligen Initiierung nicht identisch ausgestaltet sind, teilen sie trotzdem eine Gemeinsamkeit: Der Auslöseerfolg138 wird ohne ein rechtsgeschäftliches Handeln des Zahlungsempfängers in eigenem Namen erreicht. Beim ec-Kartenverfahren beschränkt sich seine Rolle auf das bloße Zurverfügungstellen eines Terminals. Bei der Kreditkarte und der GeldKarte weist er zwar seinen eigenen Zahlungsdienstleister zur Weiterleitung der Zahlungsunterlagen an. Wegen des zuvor erteilten Zahlungsversprechens ist zu diesem Zeitpunkt aber schon ausgelöst. Die Kartenzahlung – als ein „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöster Zahlungsvorgang – unterscheidet sich von der Lastschrift – als ein „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöster Zahlungsvorgang – im notwendigen Mitwirkungsgrad des Zahlungsempfängers am Auslöseerfolg: Während er bei Kartenzahlungen ausschließlich Hilfe- oder Mittlerleistung erbringt, ist er bei Lastschriften mit Mitteilungen in eigenem Namen gegenüber seinem eigenen Zahlungsdienstleister kausal am Auslöseerfolg beteiligt.139 (3) Plausibilität dieses Ergebnisses Diese Differenzierung ist allerdings nur dann vertretbar, wenn sie den Regelungszwecken derjenigen Normen nicht zuwider läuft, die je nach Auslösevariante verschiedene Rechtsfolgen vorsehen. Diese jeweiligen Rechtsfolgen müssen sich als plausible und interessengerechte Ergebnisse der vorgenommenen Differenzierung erweisen.
136 Gößmann/Weber S. 279; vgl. auch Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 60. Denkbar wäre auch, dass der Zahler dieses Angebot übermittelt, sei es als Bote ( Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 81; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 122), sei es als Vertreter (vgl. Martinek in: Staudinger § 676h Rn. 102; Koch in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 68 Rn. 61). 137 C.I.1.d)aa)(2)(b)(aa). 138 Zum Auslöseerfolg vgl. C.I.1.c)cc). 139 Ähnlich, aber ohne nähere Begründung Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 28.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(a) § 675p Abs. 2 BGB140 (aa) Struktur des § 675p BGB § 675p BGB regelt die Widerrufsfrist für einen abgegebenen Zahlungsauftrag, also ab wann der Zahler endgültig an ihn gebunden ist141. § 675p Abs. 1 beendet die Widerrufsfrist mit dem Zugang des Zahlungsauftrags beim Zahlungsdienstleister des Zahlers. § 675p Abs. 2 S. 1 BGB verlegt diesen Zeitpunkt nach vorne, sofern der Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst wurde. In diesen Fällen ist der Zeitpunkt entscheidet, in der Zahler „den Zahlungsauftrag [. . .] an den Zahlungsempfänger übermittelt hat.“ Von beiden Regelungen macht § 675p Abs. 2 S. 2 BGB wiederum eine Ausnahme für Lastschriften und lässt einen Widerruf auch nach Zugang des Zahlungsauftrags zu. Lastschriften werden nach § 1 Abs. 4 ZAG „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst. Angesichts der sehr offenen Legaldefinition bestehen keine Anwendungsbereiche für Zahlungsvorgänge, die zwar „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst werden, jedoch keine Lastschriften darstellen. Deshalb wird die Tatbestandsvariante „vom Zahlungsempfänger ausgelöst“ aus § 675p Abs. 2 S. 1 BGB vollständig von der Sonderregelung für Lastschriften in § 675p Abs. 2 S. 2 verdrängt. Die frühe Unwiderruflichkeit nach § 675p Abs. 2 S. 1 BGB findet demnach lediglich auf Zahlungsvorgänge Anwendung, die „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurden. (bb) Allgemeine Interessenlage bei Widerrufsfristen Eine frühere Unwiderruflichkeit hilft zunächst dem Zahlungsempfänger: Er kann sich sicher sein, dass der Zahler seinem Zahlungsdienstleister keine Gegenweisungen erteilt. Sein Vertrauen auf den Zug-um-Zug-Mechanismus wird gestärkt. Daneben steht der Schutz des Zahlungsdienstleisters des Zahlers. Mit § 675p Abs. 1 BGB möchte der Gesetzgeber verhindern, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers zur Durchführung des Zahlungsvorgangs Dispositionen trifft, denen mangels Zahlungsauftrag kein entsprechender Aufwendungsersatzanspruch gegenübersteht142. Aufgrund der kurzen Ausführungsfristen aus § 675s Abs. 1
140
Ausführlich zu § 675p BGB unter C.I.3.b)bb). Hiermit sind die Rechtsfolgen der im Zahlungsauftrag zwingenderweise enthaltenen Autorisierung gemeint; [zu diesem Verhältnis vgl. C.II.1.b) und C.II.1.j)] – die Widerrufsfristen für die Autorisierung sind nach § 675j Abs. 2 S. 1 BGB mit denen des Zahlungsauftrags identisch. 142 Genauer ausgedrückt ist hier die im Zahlungsauftrag enthaltene Autorisierung gemeint. Diese verschafft dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den Aufwendungsersatzanspruch und ist nach § 675j Abs. 2 S. 1 BGB ebenfalls in den Grenzen des § 675p 141
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BGB werden solche Dispositionen zeitnah auf das Entstehen der Ausführungspflicht erfolgen. Daher sind Widerrufsmöglichkeiten nach Entstehen der Ausführungspflicht im Regelfall nicht vertretbar. Die Interessen des Zahlers sind zweierlei: Er möchte die Endgültigkeit der Zahlung so lange wie möglich offen halten. Aber er profitiert auch – unabhängig der konkreten Länge der Widerspruchsfrist – von eindeutig anzuwendenden Widerrufsregelungen: Dann kann er den Erfolg eines Widerrufs zuverlässig beurteilen und weiß, ab wann er sich mit welcher Partei um die Rückführung des Zahlungsbetrags streiten muss. Überdenkt er seine Widerrufsentscheidung nochmals, weiß er auch, ob er einen erneuten Zahlungsauftrag einreichen muss oder ob sein Widerruf sowieso leer gelaufen ist. (cc) Interessenlage bei den jeweiligen Auslösevarianten In beiden Auslösevarianten besteht grundsätzlich dieselbe Interessenlage: Der Zahlungsempfänger ist jeweils in die Auslösung integriert und vertraut in beiden Fällen auf die Beständigkeit der Zahlung. Den Zahlungsdienstleister des Zahlers interessiert eigentlich nur, wann seine Ausführungspflicht entsteht. Der konkrete Weg des Zahlungsauftrags ist ihm gleichgültig. Für den Zahler wäre in beiden Konstellationen der Moment transparenter, in dem er den Zahlungsempfänger zum ersten Mal beteiligt. Wann die Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers entsteht, kann der Zahler jeweils nur eingeschränkt vorhersehen und nachvollziehen: Besteht sie direkt mit Zugang des Zahlungsauftrags, kann dieser Zeitpunkt jeweils vom Belieben des Zahlungsempfängers abhängen, wenn dieser den Transport übernimmt.143 Soll die Ausführungspflicht erst mit Ablauf eines bestimmten Termins nach § 675n Abs. 2 BGB entstehen, kann der Zahler in beiden Auslösevarianten diese Terminbestimmung entweder selbst vornehmen oder den Zahlungsempfänger zur Konkretisierung ermächtigen. Warum trotz gleicher Interessenlage der Widerruf bei Lastschriften länger möglich ist, ergibt sich aus einer Gesamtwertung des Gesetzgebers: Der Vertrauensschutz des Zahlungsempfängers ist bei Lastschriften generell abgewertet. Dies zeigt sich durch § 675x Abs. 2 BGB144: Auch wenn alle Fristen abgelaufen sind und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß durchgeführt ist, kann dem Zahler ein widerruflich [zu diesem Verhältnis und den Wirkungen der Autorisierung vgl. C.II.1.b) und C.II.1.j)]. 143 Bei einer Auslösung „über den Zahlungsempfänger“ kann er als Bote oder Vertreter eingesetzt werden, der direkt mit dem Zahlungsdienstleister des Zahlers in Kontakt tritt (zur Möglichkeit der Bevollmächtigung des Zahlungsempfängers und zur Nichtanwendbarkeit von § 181 BGB vgl. Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 17). Wird der Zahlungsvorgang „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst, weist er seinen Zahlungsdienstleister zur Weiterleitung an. 144 Vgl. C.IV.2.b).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
voraussetzungsloses Erstattungsrecht zukommen145. Rechtspolitisch soll mit der Lastschrift ein Zahlungsverfahren geschaffen werden, das die einseitige Begünstigung des Zahlers erlaubt. (dd) Zwischenergebnis Technisch verknüpft der Gesetzgeber diese Wertung direkt mit dem Vorliegen einer Lastschrift. Diese Wertung wurde unabhängig vom Verständnis der Auslösevarianten kodifiziert – es werden gerade nicht die konkreten Situationen beschrieben, in denen er den Zahler für schutzwürdiger erachtet. Daher können die unterschiedlichen Sachverhalte beider Auslösevarianten die verschiedenen Widerrufsfristen auch nicht erklären. Legt man die aufgeführte Differenzierung der Auslösevarianten zugrunde, ergeben sich aber keine Sachverhalte oder Interessenkonflikte, die mit den unterschiedlichen Fristen nicht zu vereinbaren wären. Die aufgeführte Differenzierung führt also zumindest nicht zu einer Inkonsistenz des Gesetzes. (b) § 675s Abs. 2 BGB Schon nach der Gesetzesbegründung ist der Regelungswert des § 675s Abs. 2 BGB sehr begrenzt: § 675s Abs. 2 S. 1 BGB besagt lediglich deklaratorisch, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers einen Zahlungsauftrag entsprechend der Fristenvereinbarung mit dem Zahlungsempfänger weiterleiten muss.146 Mangels eigenständigem konstitutiven Inhalt ist diese Norm nicht zur Begründung oder Widerlegung der These geeignet. § 675s Abs. 2 S. 2 BGB enthält Mindestanforderungen für die Weiterleitung eines Zahlungsauftrags bei Lastschriften147. Angesichts der obigen Differenzierung148 ist dies auch sinnvoll. Bei Lastschriften besteht im Zeitpunkt der Mitteilung des Zahlungsempfängers noch keine Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers149; diese wird ohne die Weiterleitung der Zahlungsunterlagen auch nicht entstehen. Die Zahlungsdienstnutzer haben also ein legitimes Interesse an einer zügigen Überstellung. Demnach führt die fragliche Differenzierung bei § 675s Abs. 2 S. 2 BGB zu einem plausiblen Ergebnis. 145 Trotz der rein relativen Wirkweise der Erstattung wird sie den Zahlungsempfänger mittelbar treffen; vgl. C.IV.6.b). 146 Begründung zu § 675p Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 182. 147 Sprau in: Palandt § 675s Rn. 4; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675s Rn. 4; Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675s Rn. 158. 148 C.I.1.d)aa)(4). 149 Sicherlich besteht diese Pflicht nur gegenüber dem Zahler. Der Zahlungsempfänger profitiert aber mittelbar über § 675t Abs. 1 BGB von einer pflichtgemäßen Ausführung.
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(c) § 675x BGB150 Mit § 675x Abs. 1 BGB schafft der Gesetzgeber eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister. Obgleich der Zahler den Zahlungsvorgang autorisiert hat, kann er die Rückgängigmachung der Belastung seines Zahlungskontos verlangen, sofern der Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst wurde. Der Anspruch setzt aber (unter anderem) voraus, dass die erteilte Autorisierung die konkrete Höhe des Zahlbetrages noch nicht enthält. Nach § 675x Abs. 6 BGB geht dieser Anspruch im Falle von Lastschriften aber unter, wenn der Zahler den Zahlungsvorgang durch eine Genehmigung autorisiert. Eine entsprechende rechtsvernichtende Vorschrift für „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöste Zahlungsvorgänge, ist § 675x BGB aber nicht unmittelbar zu entnehmen. Jedoch bringt eine Genehmigung den Anspruch nach § 675x Abs. 1 BGB unabhängig der Auslösevariante zu Fall151. Mangels unterschiedlicher Rechtsfolgen lassen sich aus § 675x Abs. 1, 6 BGB keine Hinweise auf die Richtigkeit der vorgenommenen Abgrenzung der Auslösevarianten treffen. Problematischer ist hingegen die Sonderregel für Lastschriften nach § 675x Abs. 2 BGB152. Diese Öffnungsklausel erlaubt einen besonderen Erstattungsanspruch ausschließlich bei Lastschriften und verbietet inzident einen solchen bei den restlichen Zahlungsverfahren153. Im Zeitpunkt des Erstattungsbegehrens ist der Zahlungsvorgang aber bereits ausgeführt – der Zahlungsempfänger hat eine Gutschrift erhalten und dem Zahlungsdienstleister steht an sich der Aufwendungsersatzanspruch zu. Dieses Zwischenergebnis besteht vollkommen unabhängig von der Auslösevariante. Warum soll der Zahler ausschließlich bei der Lastschrift Erstattung verlangen können? Dafür ist zunächst die gesetzgeberische Wertung hinsichtlich des beschränkten Vertrauensschutzes des Zahlungsempfängers verantwortlich154. Im Gegensatz zu den unterschiedlichen Widerrufsfristen kann hier aber mithilfe der aufgeführten Differenzierung der Auslösevarianten begründet werden, warum ein Erstattungsanspruch ausschließlich bei Lastschriften sinnvoll erscheint: Bewirkt erst der Zahlungsempfänger mit eigenem rechtsgeschäftlichem Handeln die Auslösung, steigt das Gefahrenpotential des Zahlers. Sicherlich kann der Zahlungsempfänger nicht ausgerechnet wegen seiner besonderen Beteiligung auf den Zahlungsauftrag Einfluss nehmen. Bei Lastschriften verwendet der Zahlungsempfänger aber stets seinen eigenen Zahlungsdienstleister als Medium. Ob dieser immer
150 151 152 153 154
Allgemein zu § 675x BGB vgl. C.IV. Vgl. C.IV.4. C.I.1.d)aa)(4). Vgl. C.IV.6. Vgl. C.I.1.d)aa)(3)(a)(cc).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
alle notwendigen Kontrollen durchführt, ob durch diese Zwischenschaltung den Zahlungsdienstleister des Zahlers tatsächlich die Zahlungsunterlagen erreichen, die ihn erreichen sollen, ist nicht mehr mit derselben Sicherheit gewährleistet. Ist der Zahlungsempfänger nicht zur Konkretisierung eines Zahlungsauftrags ermächtigt, besteht durch diesen Zwischenschritt die Gefahr einer ungewollten Abbuchung. Warum soll der Zahlungsdienstleister des Zahlers den – auf einen Missbrauch des Zahlungsempfängers zurückgehenden – Angaben des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers nicht vertrauen? Der Zahler soll also ein Abwehrinstrument gegen diese Unwägbarkeiten erhalten. Freilich muss der Zahler nicht autorisierte Zahlungsvorgänge entsprechend § 675u BGB nicht dulden. Mit einem voraussetzungslosen Erstattungsrecht kann er aber einen Streit mit seinem Zahlungsdienstleister über das Vorliegen einer Autorisierung und über Rechtsscheinsfragen vollständig vermeiden. In der gesteigerten Gefährdungslage liegt gewiss kein zwingender Grund für die Ungleichbehandlung der Auslösevarianten. Der Gesetzgeber wollte aber den Gedanken des EPC unterstützen, der Zahlungsverfahren mit Korrekturmöglichkeiten anbieten wollten155. Da diese Möglichkeit aber die Ausnahme darstellen sollte156, musste er ein schlüssiges Differenzierungsmerkmal für die Zulässigkeit solcher Erstattungsregelungen finden. Bei der aufgezeigten Differenzierung der Auslösevarianten, besteht zumindest ein nachvollziehbares Merkmal – die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind also nicht willkürlich gesetzt. Erst recht widerspricht die Abgrenzung der Auslösevarianten keiner gesetzlichen Wertung. (d) Gleichbehandlung von Ungleichem Das angestrebte Ergebnis muss aber auch Normen wie §§ 675s Abs. 2 S. 1, 675y Abs. 2 S. 1 BGB gerecht werden, die obgleich der unterschiedlichen Auslösevariante dieselbe rechtliche Behandlung anordnen. Dass dem Zahlungsempfänger auch im Falle einer „Auslösung über den Zahlungsempfänger“ eigene Rechtspositionen zukommen müssen, ergibt sich aus dem Wirkungsgrad des Auslösemoments: Dieser besagt lediglich, wann sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers der konkreten Ausführungsverpflichtung nicht mehr entziehen kann. Die Abwicklung und Realisierung des Zahlungsvorgangs steht aber noch aus. Dazu muss der Zahlungsempfänger häufig noch die Zahlungsunterlagen einreichen. Für deren Transport ist er maßgeblich auf die Mitarbeit seines eigenen Zahlungsdienstleisters angewiesen. Die Gestaltung dieses Rechtsverhältnisses wird also nicht dadurch obsolet, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers bereits – zumindest mittelbar – gebunden ist.
155 156
Vgl. Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189. Vgl. C.IV.6.
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(e) Zwischenergebnis Sehen Normen unterschiedliche Rechtsfolgen für das Auslösen durch oder über den Zahlungsempfänger vor, so führt die aufgeworfene Differenzierung zu einer sachgerechten Abwägung der jeweils widerstreitenden Interessen und so zu einer plausiblen Rechtfertigung der unterschiedlichen Rechtsfolgen. Dasselbe gilt für die Gleichbehandlung beider Varianten. Erst recht verstößt die aufgeworfene Differenzierung nicht gegen gesetzliche Wertungen. (4) Ergebnis zur Unterscheidung Die Abgrenzung zwischen Zahlungsvorgängen, die „über den Zahlungsempfänger“ oder „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurden, erfolgt sehr formal:157 Das Unterscheidungsmerkmal liegt in der Beteiligungsform des Zahlungsempfängers. Ausgelöst ist ein Zahlungsvorgang, wenn aufgrund einer Mitteilung eines Zahlungsdienstnutzers eine solche Anspruchsposition oder Anspruchskette besteht, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Durchführung des Zahlungsvorgangs nicht mehr einseitig verhindern kann. Ein Zahlungsvorgang wird „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst, wenn der Erfolgseintritt von einem rechtsgeschäftlichen Handeln des Zahlungsempfängers in eigenem Namen gegenüber seinem eigenen Zahlungsdienstleister abhängt158. „Über den Zahlungsempfänger“ wird ein Zahlungsvorgang ausgelöst, wenn der Zahlungsempfänger anderweitig kausal an der Herbeiführung des Erfolgs beteiligt ist159. bb) Keine Beteiligung des Zahlungsempfängers § 675y Abs. 1 BGB spricht von Zahlungsvorgängen, die „vom Zahler ausgelöst“ werden. Wegen der Systematik des § 675y BGB könnte darin der Gegenbe157 Nicht hilfreich ist die Verwendung des Begriffspaares „push-Zahlung/pull-Zahlung“. Schon der Gesetzgeber verwendet diese Terminologie recht wahllos, wenn er etwa Kreditkartenzahlungen „als [. . .] vom Empfänger angestoßene ,Pull‘-Zahlung“ bezeichnet (Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165), obwohl dieses Zahlungsverfahren ein Beispiel für „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöste Zahlungsvorgänge sein soll [C.I.1.d)aa)(2)]. Auch in der Literatur werden diese Begriffe uneinheitlich verwendet: Sprau in: Palandt § 675p Rn. 3 bezeichnet lediglich „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöste Zahlungsvorgänge als pull-Zahlungen, während Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675p Rn. 2 diese Eingrenzung nicht vornimmt. 158 So letztlich auch die Haltung der EU: „A transaction initiated by the payee is a transaction which is initiated by the payee without interaction of the payer, such as a direct debit transaction (the utility company decides on when the payment order is sent to its PSP).“; Antwort auf Frage Nr. 102 der offiziellen FAQ der EU (http://ec.europa. eu/internal_market/payments/docs/framework/transposition/faq_en.pdf; Abruf am 27.08. 2012)]. 159 Man könnte auch von einer „Auslösung durch den Zahler mithilfe des Zahlungsempfängers“ sprechen. Zur Schonung des Gesetzestextes wurde diese Formulierung aber vollkommen zu Recht nicht gewählt.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
griff zu Zahlungsvorgängen gesehen werden, die „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst werden. Denn diese Zahlungsvorgänge erhalten in § 675y Abs. 2 BGB eine eigenständige Regelung. Mithin besteht der Verdacht, dass sich diese Auslösevarianten gegenseitig ausschließen160. Inhaltlich reguliert § 675y Abs. 1 BGB das Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister, indem er dem Zahler Erstattungsansprüche einräumt, sofern der Zahlungsvorgang nicht oder fehlerhaft ausgeführt wurde (Satz 1, 2). Demgegenüber beschreibt § 675y Abs. 2 BGB sowohl Ansprüche des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister (Satz 2) auf Erstattung, als auch Ansprüche des Zahlungsempfängers gegen dessen Zahlungsdienstleisters auf erneute Weiterleitung eines Zahlungsauftrags an den Zahlungsdienstleister des Zahlers (Satz 1), sowie auf Erstattung abgezogener Beträge (Satz 3). Diese Ansprüche sollen die Durchsetzung der Pflichten der jeweiligen Zahlungsdienstleister aus § 675s BGB und § 675q BGB ermöglichen. Dabei enthalten sowohl Abs. 1 als auch Abs. 2 des § 675y BGB ein jeweils eigenständiges und abgeschlossenes Haftungssystem. In Fällen der „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelösten Zahlungsvorgängen ist ein Rückgriff auf § 675y Abs. 1 BGB nicht notwendig und umgekehrt. Auch wegen der unterschiedlichen Exkulpationsmöglichkeiten und Haftungsfolgen ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber diese Fallkonstellationen strikt trennen wollte. Das Auslösen durch den Zahler ist demnach von den anderen beiden Auslösevarianten abzugrenzen. Angesichts der absoluten Hilfsfunktion des Zahlungsempfängers bei der Bezahlung mittels Debitkarte/ec-Karte161, kann ein Zahlungsvorgang nur dann „vom Zahler ausgelöst“ sein, wenn der Zahlungsempfänger zum Auslöseerfolg überhaupt keinen Kausalbeitrag geleistet hat – weder rechtsgeschäftlich noch rein tatsächlich. Schließlich genügt es, dass der Zahlungsempfänger Kommunikationsmittel lediglich bereitstellt, damit der Zahlungsvorgang „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wird. Eine trennscharfe Abgrenzung wäre nicht denkbar, würde man eine gewisse Beteiligungsintensität bzw. Beteiligungsschwelle fordern, ehe ein Zahlungsvorgang nicht mehr „vom Zahler ausgelöst“ wäre. Diese Auslösehandlung fällt grundsätzlich mit dem Erteilen eines Zahlungsauftrags zusammen. Schließlich ist es nicht vorstellbar, dass der Zahler gegenüber seinem Zahlungsdienstleister eine Handlung oder Erklärung abgibt, mit der er die Initiierung eines Zahlungsvorgangs anstrebt, dabei aber gleichzeitig nicht in den Genuss der Ansprüche des Zahlungsauftrags162 kommen möchte.
160 So Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 2; Sprau in: Palandt § 675y Rn. 5. 161 C.I.1.d)aa)(2)(a). 162 C.I.1.b).
I. Mitteilungsphase
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e) Zusammenfassung zum gesetzlichen Mitteilungssystem Die Initiierung eines Zahlungsvorgangs kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Grundsätzlich sind die Rechtsfiguren „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ und „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ zu trennen: Das „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ ist die Abgabe einer Weisung durch den Zahler gegenüber seinem Zahlungsdienstleister, während das „Auslösen“ die erfolgsorientierte Herbeiführung einer Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers in jeder anderen Hinsicht darstellt. Zunächst kann sich der Zahler komplett alleine an seinen Zahlungsdienstleister wenden. Dann wird der Zahlungsvorgang vom Zahler ausgelöst. In dieser Auslösehandlung ist dann grundsätzlich das Erteilen eines Zahlungsauftrags enthalten. Darüber hinaus kann der Zahlungsempfänger in die Auslösung integriert werden: Ein Zahlungsvorgang wird „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst, wenn der Zahlungsempfänger an der Auslösung nicht durch rechtsgeschäftliches Handeln in eigenem Namen mitwirkt, aber durch Realakte oder durch Rechtsgeschäfte in fremden Namen kausal am Auslöseerfolg beteiligt ist. Demgegenüber wird ein Zahlungsvorgang „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst, wenn dessen rechtsgeschäftliches Handeln in eigenem Namen kausale Voraussetzung für den Auslösemoment ist. In dieser Situation muss nicht zwingend ein Zahlungsauftrag vorliegen, ausgeschlossen ist ein solcher aber nicht. Nicht unterschieden werden muss, ob ein Zahlungsauftrag „unmittelbar“ oder „mittelbar über den Zahlungsempfänger“ erteilt wurde. Diesen Varianten werden stets dieselben Rechtsfolgen zugeordnet. 2. Vereinbarkeit dieses Ergebnisses mit der ZD-RiL Diese Interpretation des deutschen Rechts muss aber auch der zugrundeliegenden ZD-RiL entsprechen. Weil die meisten innerstaatlichen Regelungen der Richtlinie fast wörtlich entnommen wurden, scheidet eine Kollision grundsätzlich aus. Jedoch weicht gerade die Definition des Zahlungsauftrags aus § 675f Abs. 3 S. 2 BGB von der Richtlinienvorgabe ab: Während nach § 675f Abs. 3 S. 2 BGB der Zahlungsauftrag auf den Zahler zurückgehen muss, bezeichnet Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL auch den Auftrag, den ein Zahlungsempfänger seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs erteilt, ebenfalls als Zahlungsauftrag. Der deutsche Gesetzgeber erkennt die vorgenommene Verengung des Begriffs des Zahlungsauftrags, rechtfertigt seine Formulierung mit dem schlichten Hinweis auf bestimmte Erwägungsgründe und Regelungen der Richtlinie163. Durch 163
Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
diesen Konflikt steht nicht nur die dargestellte Einordnung der Initiierung inklusive ihrer Begrifflichkeiten auf dem Spiel164. Die Begriffsbestimmung ist auch für die Anwendung der Normen notwendig, die einen Zahlungsauftrag voraussetzen165. Deshalb ist die ZD-RiL inklusive ihrer Erwägungsgründe daraufhin zu untersuchen, ob sie die – in Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL festgelegte – weitere Definition auch wollte oder ob der Wortlaut der Definition – entsprechend der deutschen Umsetzung – zu reduzieren ist. a) Grundsätzliches zur Auslegung der ZD-RiL Die ZD-RiL verwendet für die Initiierung eines Zahlungsvorgangs die verschiedensten Formulierungen im Zusammenhang mit der Einleitung eines Zahlungsvorgangs. Einige Stellen sprechen vom „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ 166, woanders wird an das „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ angeknüpft167. An einigen Stellen findet man den „ausgelösten Zahlungsauftrag“ 168; der Zahlungsauftrag kann aber auch „übermittelt“ werden169. Diese Vielfalt lässt nur einen Schluss zu: Lediglich wenn der Zahlungsauftrag von einem der Beteiligten „erteilt“ wird, ist dieser auch wirklich der Urheber des Zahlungsauftrags. Nur bei dieser Formulierung wird der Zahlungsauftrag zwingend in seinem Namen und mit Wirkungen für und gegen ihn abgegeben. Schließlich entspricht das natürliche Verständnis vom „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ am besten dieser rechtlichen Bedeutung. Mit den anderen Wendungen wollte der Richtliniengeber andere materielle Figuren ausdrücken. Weitere Begrifflichkeiten für ein und dieselbe rechtliche Bedeutung einzuführen, würde nämlich allenfalls die Rechtssicherheit senken, aber keinen gestalterischen Mehrwert mit sich bringen. Einen anderen Sinngehalt haben daher insbesondere der „übermittelte Zahlungsauftrag“ sowie der „ausgelöste Zahlungsauftrag“. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Wendungen einen Oberbegriff für mehrere Handlungen darstellen und unter anderem auch das „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ erfassen. Aus ihrem Gebrauch kann aber nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass im konkreten Fall gerade das „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ gemeint ist. Anhand von Richtlinienstellen mit diesen Ausdrücken kön164
Vgl. C.I.1. Beispielsweise §§ 675n Abs. 1, 675p, 675s BGB; a. A. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675f Rn. 37, der die Differenzierung fälschlicherweise für unerheblich hält. 166 Art. 4 Nr. 7, 16, 23 ZD-RiL. 167 Art. 46, 63 Abs. 1, 66 Abs. 2 ZD-RiL. 168 Art. 64 Abs. 2, 65 Abs. 2, 69 Abs. 3, 75 Abs. 1, 75 Abs. 2 ZD-RiL. 169 Art. 35 Abs. 1, 64 Abs. 1 ZD-RiL. 165
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nen demnach keine Aussagen über die Urheberschaft eines Zahlungsauftrags getroffen werden. Dies gilt auch für das „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“. Da bei der Umsetzung in deutsches Recht die Richtlinie fast abgeschrieben wurde, sind auch hier die Argumente heranzuziehen, mit denen die generelle Trennung zwischen „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ begründet wird170. b) Analyse der Erwägungsgründe Erwägungsgrund 25 spricht lediglich den Zahler als Urheber des Zahlungsauftrags an, der von seinem Zahlungsdienstleister bei Erteilen eines Zahlungsauftrags ausreichend informiert werden soll – der Zahlungsempfänger wird überhaupt nicht angesprochen, obgleich auch er ein Informationsinteresse hätte. Erwägungsgrund 37 setzt Situationen voraus, in denen der Zahlungsempfänger einen Zahlungsauftrag an seinen Zahlungsdienstleister „übermittelt“. Damit ist aber gerade nicht das Erteilen, also die Urheberschaft gemeint171. Somit lässt auch dieser Erwägungsgrund ein klares Bekenntnis des Richtliniengebers vermissen, das den Zahlungsempfänger als Urheber eines Zahlungsauftrags notwendig macht. Erwägungsgrund 36 sieht Erstattungsregeln zugunsten eines „Nutzers“ vor, die aber sein Recht zum „Widerruf eines Zahlungsauftrags [nicht] beeinträchtigen“ sollen. Die Erstattung des Zahlungsbetrags ergibt jedoch nur auf der Seite des Zahlers Sinn – mit „Nutzer“ kann hier nur der Zahler gemeint sein. Somit beziehen sich die angesprochenen Widerrufsrechte auch nur auf Zahlungsaufträge des Zahlers. Etwaige Zahlungsaufträge des Zahlungsempfängers bleiben unerwähnt. Im Falle einer Erstattung erhält der Zahler den Betrag wieder zurück. Nach Erwägungsgrund 39 soll – die auf den Zahler zurückgehende – Erstattung172 ein neuer Zahlungsauftrag sein. Bezeichnet man nun den ursprünglichen Zahler als Zahlungsempfänger des Erstattungsvorgangs, könnte man von einem Zahlungsauftrag eines Zahlungsempfängers sprechen. Allerdings wurde die Erstattung mit Art. 62, 63 ZD-RiL gerade nicht als neuer, eigenständiger Zahlungsvorgang ausgestaltet173, an der wie in der Ausgangszahlung vier Parteien beteiligt sind. Der ursprüngliche Zahler – und jetzige Zahlungsempfänger der Erstattung – verlangt nämlich gerade nicht, dass der Geldbetrag dem ursprünglichen Zahlungsempfän170 Vgl. C.I.1.a); § 675p Abs. 2 S. 2 BGB ist die fast wörtliche Übernahme von Art. 66 Abs. 3 Zahlungsdiensterichtlinie. 171 C.I.2.a). 172 Gemeint ist hier wohl das Erstattungsverlangen des Zahlers, nicht die Erstattung selbst. 173 Vgl. Fußnote 1293 unter C.IV.3.b).
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ger belastet werden muss. Ihm geht es lediglich um einen Anspruch im Verhältnis mit seinem Zahlungsdienstleister. Dieser wird zwar versuchen, vom Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag zu erlangen. Ob ihm dies gelingt oder ob er den Betrag aus eigenen Mitteln aufbringen muss, ist dem ursprünglichen Zahler gleichgültig. Der Erstattungsvorgang erfolgt ausschließlich in dem Verhältnis zwischen ursprünglichem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister.174 Mangels Beteiligung der anderen Parteien kann der ursprüngliche Zahler nicht als „Zahlungsempfänger“ bezeichnet werden. Erwägungsgrund 39 setzt also ebenso keine Situation voraus, in der ein Zahlungsempfänger einen Zahlungsauftrag erteilt. Erwägungsgrund 43 setzt zwar Situationen voraus, in denen „Zahlungen [. . .] vom [. . .] Zahlungsempfänger angewiesen werden“. Jedoch fällt hier gerade nicht der Begriff des Zahlungsauftrags, während unmittelbar zuvor Anweisungen des Zahlers ausdrücklich als Zahlungsauftrag bezeichnet werden. Diese Trennung verdeutlicht sich noch weiter: Bei der Lastschrift – eigentlich der klassische Anwendungsfall für die vom Zahlungsempfänger angewiesenen Zahlungen – findet sich der Ausdruck des „Inkassoauftrags“ – „Zahlungsauftrag“ wird offenbar bewusst vermieden. Auch mit Erwägungsgrund 46 beschreibt der Richtliniengeber nur eine Zuordnung des Zahlungsauftrags zum Zahler. Die Wendung „die Ausführung eines vom Nutzer entgegengenommenen Zahlungsauftrags“ ist zwar neutral formuliert. Der dabei angesprochene Zahlungsdienstleister kann jedoch nur der Zahlungsdienstleister des Zahlers sein – folglich kann der Zahlungsauftrag nur der des Zahlers sein. Erwägungsgrund 46 beschreibt nämlich nur das Primär- und Haftungsverhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister. In der Folge wird zwar noch der Anspruch des Zahlungsempfängers auf Gutschrift gegenüber seinem Zahlungsdienstleister erwähnt. Dieser ist aber nicht zwingend mit einem Zahlungsauftrag des Zahlungsempfängers verknüpft – er besteht vielmehr unabhängig der Urheberschaft des Zahlungsauftrags alleine wegen des Eingangs des Zahlungsbetrags beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers. Auch Erwägungsgrund 48 ist sehr einseitig formuliert: Der Richtliniengeber sieht eine gewisse Prüfpflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers vor, die gegebenenfalls in einer Zurückweisung des Zahlungsauftrags und einer Information des Zahlers münden soll. Warum soll der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers keine solchen Pflichten tragen? Warum muss der Zahlungsempfänger nicht informiert werden? Wäre ihm ein Fehler unterlaufen, hätte ebenfalls er ein Aufklärungsinteresse. Er wurde aber im Zusammenhang mit dem Zahlungsauftrag überhaupt nicht erwähnt. Fasst man diese Fundstellen zusammen, erwähnt der Richtliniengeber häufig den Zahler in Verbindung mit einem Zahlungsauftrag. Gewiss ist den Erwägungs174
Zu dieser rein relativen Wirkung des Art. 62 ZD-RiL vgl. C.IV.3.b).
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gründen nicht ausdrücklich zu entnehmen, dass dem Zahlungsempfänger ein Zahlungsauftrag grundsätzlich nicht zugeordnet werden kann. Es werden aber auch keine Situationen beschrieben, in denen der Zahlungsempfänger tatsächlich einen Zahlungsauftrag erteilt – und das obwohl, der Richtliniengeber insbesondere in Erwägungsgrund 43 Anweisungen des Zahlungsempfängers thematisiert. Daraus lässt sich zumindest der Verdacht herleiten, der Richtliniengeber habe die Definition in Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL ungewollt zu weit gestaltet. c) Analyse der Regelungen der ZD-RiL Art. 4 Nr. 7 ZD-RiL definiert den Zahler als eine Person, die unter anderem einen „Zahlungsauftrag [. . .] gestattet“. Dem ersten Anschein nach wird in dieser Variante der Zahlungsauftrag nicht vom Zahlungspflichtigen erteilt175. Der Wortlaut fordert lediglich die Zustimmung zu einem fremden Zahlungsauftrag, ohne dass der Zahlungspflichtige ihn inhaltlich mitgestaltet. Eine solche Gestaltung des Zahlungspflichtigen durch einen eigenen Auftrag wird nur von der zweiten Variante erfasst. Nach der gesamten Definition wäre eine Person, die ihrem Zahlungsdienstleister einen Auftrag erteilen möchte, nur als „Zahler“ zu sehen, wenn es über kein Zahlungskonto bei diesem Zahlungsdienstleister verfügen würde. Ob ein solcher Auftraggeber auch „Zahler“ im Sinne des Gesetzes ist, würde von der bloßen Existenz eines Zahlungskontos abhängen. Dessen Vorliegen wirkt sich lediglich auf organisatorische Fragen der Durchführung des Zahlungsvorgangs176, aber nicht auf den Einleitungsprozess selbst aus: Definiert die ZD-RiL bestimmte Begriffe – hier den des „Zahlers“ – mit Elementen aus der Einleitungsphase, besteht für sie überhaupt kein Anlass, je nach Vorliegen eines Zahlungskontos unterschiedliche Tatbestandsmerkmale – hier Handlungen des Zahlungspflichtigen – zu wählen.177 Trotz ihrer sprachlichen Differenz müssen beide Varianten des Art. 4 Nr. 7 ZD-RiL also dieselben Handlungen des Auftraggebers erfassen. Da die Gestaltung durch einen eigenen Auftrag eine wesentliche Grundsäule des Zahlungsverkehrs ist, muss die Auftragserteilung jedenfalls in das „Gestatten“ hineingelesen werden. „Gestatten“ besteht also aus einem Auftragselement und einem Zustimmungselement. Darüber hinaus kann sich dieses Zustimmungselement überhaupt 175
Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 20. Wie wird der Aufwendungsersatz des Zahlungsdienstleisters gesichert; kann abgebucht werden oder muss der Zahler den Zahlungsbetrag anderweitig zur Verfügung stellen? Wie kann eine eventuelle Erstattung erfolgen? Welche Informationen erhält der Zahlungsempfänger über den Zahlenden? 177 Darüber hinaus wird das Bestehen eines Zahlungskontos nicht die Ausnahme sein. Wenn in diesen Fällen der Zahlende, der seinen Zahlungsdienstleister zur Durchführung eines Zahlungsvorgangs anweist, kein Zahler wäre, gäbe es auch keine Zahlungsaufträge – weite Teile der Zahlungsdiensterichtlinie wären dann auch nicht anwendbar. 176
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nicht auf einen Zahlungsauftrag beziehen: Erteilt der Zahlungspflichtige selbst einen Zahlungsauftrag, muss er ihn nicht nochmals gestatten.178 Im Falle eines Zahlungsauftrags des Zahlungsempfängers, würde dieser Zahlungsauftrag allenfalls das Rechtsverhältnis zwischen Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister konkretisieren – hierzu bedarf es keiner Gestattung des Zahlers. Sein Einverständnis ist nur im Rechtsverhältnis zu seinem eigenen Zahlungsdienstleister notwendig und muss sich auf die Belastungsbuchung beziehen. Beide Erwägungen – Notwendigkeit der Gleichbehandlung und Korrektur des Bezugspunktes – führen dazu, dass bei der Definition „Person, [. . .] die einen Zahlungsauftrag von diesem Zahlungskonto gestattet“ von einem Redaktionsversehen ausgegangen werden muss. Es ist zu unterstellen dass man damit eigentlich die Bedeutung von „Person, [. . .] die einen Zahlungsauftrag erteilt oder die Belastung seines Zahlungskontos gestattet“ ausdrücken wollte. Ausgehend von diesem Verständnis, beschreibt diese Definition keine Situation, in welcher der Zahlungsempfänger einen Zahlungsauftrag erteilt. Sie schließt eine solche Urheberschaft zwar nicht aus, setzt eine solche Möglichkeit aber nicht voraus. Nach Art. 38 ZD-RiL besteht eine Pflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, dem Zahler nach Erhalt eines Zahlungsauftrags bestimmte Informationen zukommen zu lassen. Würde der Zahlungsauftrag aber vom Zahlungsempfänger erteilt, fände sich in der ZD-RiL keine entsprechende Informationspflicht des Zahlungsdienstleisters, obwohl sein Interesse an einer sofortigen Aufklärung nicht geringer als das des Zahlers ist. Nach Art. 39 ZD-RiL kann er die Informationen erst nach Ausführung des Zahlungsvorgangs verlangen. Zudem verbindet Art. 39 ZD-RiL den Anspruch des Zahlungsempfängers überhaupt nicht mit dem Begriff „Zahlungsauftrag“. In beiden Normen179 – wie im zugrundeliegenden Erwägungsgrund 25 – sieht er offensichtlich nur den Zahler als möglichen Urheber des Zahlungsauftrags. Eine ähnliche Erwägung ergibt sich aus Art. 65 Abs. 2 ZD-RiL. Hier wird eine prinzipielle Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers aufgrund eines Zahlungsauftrags installiert. Warum erweitert der Richtliniengeber diese aber nicht auch auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers? Warum soll dem Zahlungsempfänger kein Anspruch aus Ausführung – hier auf Weiterleitung der Zahlungsunterlagen – zustehen, wenn seine Weisung ebenfalls ein Zahlungsauftrag sein kann?180 Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass ein 178 Zum generellen Verhältnis zwischen Zahlungsauftrag und Zustimmung des Zahlers vgl. C.II.1.b). 179 Während die Informationspflichten nach Art. 38, 39 ZD-RiL lediglich Einzelzahlungen betreffen, finden sich entsprechende Regelungen für Zahlungsvorgänge innerhalb von Rahmenverträgen unter Art. 47 und 48. 180 Diese aufgeworfenen Fragen werden nicht durch Art. 69 Abs. 3 ZD-RiL unterlaufen, der genau einen solchen Anspruch thematisiert. Art. 69 ZD-RiL thematisiert lediglich die zeitliche Dimension eines Anspruchs, der aber erst einmal mit anderen
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Zahlungsauftrag Ansprüche nur im Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister entfalten kann und daher nur vom Zahler erteilt werden kann.181 Dieser Verdacht wird durch die Regelungen über den Widerruf von Zahlungsaufträgen abgerundet: Art. 66 Abs. 1, 4 und 5 ZD-RiL sind zwar neutral formuliert. Mit Art. 66 Abs. 2, 3 ZD-RiL bestehen aber besondere Widerrufsmöglichkeiten nur für den Zahler. Dagegen spricht die ZD-RiL niemals ausdrücklich von einem Widerruf durch den Zahlungsempfänger, was die Möglichkeit seiner Urheberschaft erzwingen würde. Den weiteren Regelungen, die sich mit dem Zahlungsauftrag befassen, lassen sich keine Aussagen oder Tendenzen entnehmen, wen der Richtliniengeber als Urheber des Zahlungsauftrags ansieht. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass er teilweise von „ausgelösten Zahlungsaufträgen“ spricht182 und die konkrete Beteiligung am Zahlungsauftrag offen lässt183, an anderen Stellen die Normen aber inhaltlich von der Urheberschaft eines Zahlungsauftrags losgelöst oder diesbezüglich zu offen formuliert sind184. Die Analyse der einzelnen Richtlinienregelungen, die auf den Zahlungsauftrag eingehen, erhärtet den Verdacht aus den Erwägungsgründen: Der Zahlungsempfänger kann keine Zahlungsaufträge erteilen. Es gibt keine Norm, die ausdrückRechtsquellen begründet werden muss. Dies zeigt sich in Art. 69 Abs. 1 ZD-RiL, der die Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers anspricht. Art. 65 Abs. 2 ZD-RiL wäre überflüssig, könnte man den Anspruch selbst unmittelbar Art. 69 Abs. 1 ZD-RiL übernehmen. 181 Keinen Aufschluss über den Urheber eines Zahlungsauftrags gibt jedoch der konkrete Inhalt des Art. 65 Abs. 2 ZD-RiL: Sicherlich wirkt die dort angesprochene Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers wegen der zu trennenden Rechtsverhältnisse nicht gegenüber dem Zahlungsempfänger. Trotzdem ist möglich, dass der Zahlungsauftrag vom Zahlungsempfänger erteilt wurde. Sein Eingang beim Zahlungsdienstleister des Zahlers könnte Tatbestandswirkung für den Ausführungsanspruch haben – hinzukommen müsste nur noch die angesprochene Autorisierung des Zahlers. Ein Zahlungsauftrag des Zahlungsempfängers ist also nicht ausgeschlossen. Zwingend ist eine solche Möglichkeit aber auch nicht – schließlich verwendet Art. 65 ZD-RiL nur die sehr offene Formulierung des „ausgelösten Zahlungsauftrags“ und nicht des „erteilten Zahlungsauftrag“ [zu dieser Unterscheidung vgl. C.I.2.a)]. Ebenso wenig lässt sich Art. 64 Abs. 1 ZD-RiL eine Tendenz entnehmen: Auch wenn er auf den ersten Blick den Anschein erweckt, der Zahlungsauftrag sei auf den Zahler zugeschnitten, darf diese Norm an dieser Stelle nicht überbewertet werden. Er definiert zunächst nur den Zeitpunkt des „Eingangs des Zahlungsauftrags“, der als Tatbestandsmerkmal für weitere Pflichten – beispielsweise nach Art. 38, 47, 69 Abs. 1 ZD-RiL – relevant wird. Insbesondere trifft er keine Aussage, dass ausschließlich der Zahlungsdienstleister des Zahlers Adressat eines Zahlungsauftrags sein kann oder dass der Zahlungsauftrag erst mit diesem Zeitpunkt wirksam wird. 182 Vgl. Art. 64 Abs. 2; 69 Abs. 3; 75 Abs. 1, 2 ZD-RiL. 183 Zum Verhältnis zwischen dem „ausgelösten Zahlungsauftrag“ und dem „erteilten Zahlungsauftrag“ vgl. C.I.2.a). 184 Art. 4 Nr. 23; 35 Abs. 2; 36 Abs. 2, 37, 42 Nr. 2b; 74 Abs. 1 ZD-RiL.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
lich von einer „Erteilung eines Zahlungsauftrags“ durch den Zahlungsempfänger spricht. Entweder ist der Zahler der Erklärende oder die Normen sind neutral formuliert. d) Entstehungsgeschichte der ZD-RiL Die Entstehungsgeschichte der ZD-RiL kann auch erklären, wie es zu zum weiten Wortlaut des Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL gekommen ist. Dieser findet sich nämlich wortwörtlich in Art. 4 Nr. 10 des „Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt“185 unter dem Begriff der „Zahlungsanweisung“ wieder. Anders als die endgültige Richtlinienfassung enthielt der Vorschlag aber Stellen, mit denen die Zahlungsanweisung unmissverständlich entweder dem Zahler oder dem Zahlungsempfänger zugeschrieben werden konnte186. Es ist zu vermuten, dass bei der Umgestaltung der Richtlinie vergessen wurde, die Definition des Zahlungsauftrags entsprechend anzupassen. e) Ergebnis Es kann zwar nicht unmittelbar nachgewiesen werden, dass ein Zahlungsauftrag nur vom Zahler erteilt werden kann. Aufgrund der dargelegten Indizien, ist die deutsche Umsetzung aber die richtige Interpretation der ZD-RiL187 und verstößt daher nicht gegen die ZD-RiL – auch wenn beispielsweise das britische Umsetzungsgesetz ebenfalls die weite Definition enthält.188 3. Wirksamkeit der Mitteilung eines Zahlungsdienstnutzers Die Auflösung des Systems der Neuregelung stellt die Grundlage für die Bewertung einer Mitteilung eines Zahlungsdienstnutzers dar: Je nachdem, wer eine Mitteilung abgibt und auf welchem Weg sie den Zahlungsdienstleister erreicht, bestehen unterschiedliche Wirksamkeitsvoraussetzungen und Widerrufsmöglichkeiten. Zunächst wird auf den Zugang einer Mitteilung – inklusive deren Zeitpunkt – eingegangen. Sodann werden in Frage kommende Wirksamkeitshindernisse – insbesondere der Widerruf einer Mitteilung – dargestellt.
185 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 23. 186 Beispielsweise Art. 54 Nr. 1 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603). 187 So auch Laitenberger NJW 2010, 192 (193), die sich ohne weitere Erklärung auf die Nennung bestimmter Normen beschränkt; a. A. Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 20. 188 Vgl. „The Payment Services Regulations 2009“ (2009, Nr. 209).
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a) Zugang der Mitteilung aa) Zugang des Zahlungsauftrags Die Notwendigkeit des Zugangs für die Wirksamkeit des Zahlungsauftrags ergibt sich bereits aus dem allgemeinen § 130 Abs. 1 S. 1 BGB. Für Zahlungsaufträge wird dieser Gedanke durch § 675n Abs. 1 S. 1 BGB fast wörtlich wiederholt. (1) Verhältnis des § 675n BGB zu Art. 64 ZD-RiL Mit § 675n BGB wollte der Gesetzgeber Art. 64 ZD-RiL umsetzen. Allerdings fehlt Art. 64 ZD-RiL der – in § 675n BGB enthaltene – Ausspruch, wann ein Zahlungsauftrag wirksam wird. Es wird lediglich der Zeitpunkt des „Eingangs“ näher bestimmt, der wiederum als Tatbestandsmerkmal in Art. 66, 69 ZD-RiL verwendet wird. In den jeweiligen Umsetzungsnormen §§ 675p, 675s BGB verwendet der deutsche Gesetzgeber aber konsequent den Begriff des „Zugangs“. Aufgrund der Systematik des Art. 64 Abs. 1 ZD-RiL sind die Begriffe „Eingang“ und „Zugang“ aber nicht identisch189. Der Begriff „Eingang“ legt schon nahe, dass nur das bloße Verfügbarmachen der Erklärung gemeint ist. Daher ist der Zeitpunkt, an dem mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist, hierfür komplett unerheblich. Mit dem „Eingang“ bezweckt die ZD-RiL zweierlei Ziele: Zunächst wird der Zahlungsauftrag nach Art. 66 Abs. 1 ZD-RiL im Grundsatz mit seinem Eingang unwiderruflich. Dadurch soll der Zahlungsdienstleister des Zahlers in seinem Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung geschützt werden. Wenn sich aber mangels einer realistischen Möglichkeit zur Kenntnisnahme noch überhaupt kein Vertrauen herausbilden konnte, ist ein entsprechender Schutz noch nicht erforderlich. Dieser Schutzzweck erfordert also nur, dass der Eingangszeitpunkt mit dem der tatsächlichen Kenntnisnahme zusammenfällt – dies entspräche auch den Interessen des Zahlers, der möglichst lange widerrufen können möchte. Neben der Unwiderruflichkeit hat der „Eingang“ aber noch den Beginn der Ausführungsfristen nach Art. 69 Abs. 1 ZD-RiL zur Folge, die den Zahlungsdienstleister des Zahlers zu einer zügigen Bearbeitung des Zahlungsauftrags verpflichten. Im Ausgangspunkt muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers also 189 So auch Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 38; a. A. Sprau in: Palandt § 675n Rn. 2; Schulze/Schulte-Nölke in: Handkommentar-BGB § 675n Rn. 2, Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675n Rn. 1; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675n Rn. 2; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675n Rn. 2; Mayen in: Schimansky/ Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 15; die genannten Aspekte abwägend, aber ebenso a. A. Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675n Rn. 5–8; ohne Begründung a. A. Omlor in: Staudinger [2012] § 675n Rn. 5 ff.; undeutlich, aber wohl ebenso a. A. Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675n Rn. 3.
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Kenntnis vom Zahlungsauftrag haben, um die Frist wahren zu können. Da die Kenntnisnahme aber in seinem Belieben steht, muss es aus Verkehrsschutzgründen reichen, wenn der Zahler seinem Zahlungsdienstleister eine reelle und faire Chance zur Kenntnisnahme einräumt. Hinsichtlich der Ausführungspflicht hat der Zahler also ein Interesse an einem objektiv vorhersehbaren und nachvollziehbaren Zeitpunkt, durch den sein Zahlungsdienstleister auch nicht unangemessen benachteiligt würde. Dieses Interesse des Zahlers an einem früheren Eingangszeitpunkt verdrängt auch sein – oben angesprochenes – langes Widerrufsinteresse. Die angeführten Interessen müssen sich aber nicht im Begriff „Eingang“ so widerspiegeln: Auch wenn dieser schon mit der reinen Verfügungsgewalt des Zahlungsdienstleisters des Zahlers über den Zahlungsauftrag erfüllt ist, enthält die ZD-RiL mit Art. 66 Abs. 1 S. 2 und 3 ZD-RiL korrigierende Regelungen: Von einer Kenntnisnahme wird nur an Geschäftstagen ausgegangen. Zudem kann der Zahlungsdienstleister Zeitpunkte „nahe am Ende eines Geschäftstages“ bestimmen, ab denen er an diesem Tag keine Kenntnis mehr nehmen muss190. Würde man „Eingang“ bereits mit Wertungsgesichtspunkten verbinden, wären diese zusätzlichen Regelungen zumeist gegenstandslos. Der „Eingang“ nach der ZD-RiL ist daher nicht identisch mit dem deutschen „Zugang“ und liegt bereits vor, wenn dem Zahlungsdienstleister des Zahlers die Verfügungsgewalt über den Zahlungsauftrag vorliegt – unerheblich ist, ob in diesem Zeitpunkt auch mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. Einzig dieser Eingangszeitpunkt ist – entgegen dem Gesetzeswortlaut – für das Ende der Widerrufsfrist nach § 675p Abs. 1 BGB und den Beginn der Ausführungsfrist nach § 675s Abs. 1 BGB relevant. Die zugrundeliegenden Art. 66, 69 ZD-RiL knüpfen nämlich an den Eingangszeitpunkt an. Von diesem darf der nationale Gesetzgeber wegen der Vollharmonisierung nicht abweichen. Weil Art. 64 ZD-RiL aber nicht besagt, wann ein Zahlungsauftrag wirksam wird, fällt die Anordnung dieser Rechtsfolge nicht unter das Vollharmonisierungsgebot. Diesen Zeitpunkt kann der deutsche Gesetzgeber frei bestimmen. Auch wenn er hierzu in § 675n Abs. 1 BGB den Begriff „Zugang“ verwendet, können damit nicht die allgemeinen Grundsätze aus § 130 BGB191 gemeint sein. Denn der nach allgemeinen Regeln ermittelte Zeitpunkt hat weder für die Widerrufsfrist noch für die Ausführungsfrist besondere Bedeutung und wäre dann reiner Selbstzweck. Deshalb ist auch der „Zugang“ nach § 675n Abs. 1 BGB im Sinne des „Eingangs“ nach Art. 64 Abs. 1 ZD-RiL zu verstehen. 190 Interessengerecht ist auch, das Ende der Widerspruchsfrist tageweise zu berechnen. Denn die Ausführungsfrist des Zahlungsdienstleisters wird ebenfalls tageweise abgerechnet. So können Streitigkeiten über den genauen Zeitpunkt der objektiven Möglichkeit zur Kenntnisnahme vermieden werden. 191 Vgl. dazu Einsele in: MüKo-BGB § 130 Rn. 16 ff.
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(2) „Cut-off“-Zeiten nach § 675n Abs. 1 S. 3 BGB § 675n Abs. 1 S. 3 BGB erlaubt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers die Einrichtung von sogenannten „Cut-off“-Zeitpunkten im Tagesverlauf. Danach zugegangene Zahlungsaufträge sind bis zum nächsten Geschäftstag zu ignorieren, um den Zahlungsdienstleistern die Erstellung eines Tagesabschlusses zu ermöglichen192. § 675 Abs. 1 S. 3 BGB verschiebt den Zugangszeitpunkt vollständig auf den nächsten Geschäftstag und stellt damit ein umfassendes Zugangshindernis dar. Die gesetzliche Einschränkung, die Zugangsfiktion193 gelte lediglich „für die Zwecke des § 675s Abs. 1 [BGB]“, findet im zugrundeliegenden Art. 64 Abs. 1 S. 3 ZD-RiL keine Grundlage. Angesichts des Art. 64 Abs. 2 S. 1 ZD-RiL – wo die Richtlinie eine solche Reduktion explizit verwendet – ist von einer bewussten Entscheidung des Richtliniengebers auszugehen194. Mangels Abweichungskompetenz aus Art. 86 ZD-RiL muss der Wortlaut des § 675n Abs. 1 S. 3 BGB entsprechend erweitert werden: Der gesamte Zugang wird also auf den folgenden Geschäftstag verschoben – somit könnte der Zahlungsauftrag auch noch bis zum Beginn des folgenden Geschäftstags nach § 675p Abs. 1 BGB widerrufen werden195. Diese verlängerte Widerrufsmöglichkeit gilt auch, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsauftrag noch am selben Tag positiv zur Kenntnis genommen hat. Zwar bezweckt die Möglichkeit nach § 675n Abs. 1 S. 3 BGB ausschließlich den Schutz des Zahlungsdienstleisters. Verpasst der Zahler den 192
Begründung zu § 675n Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 174 f. Für diesen Begriff Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675n. Rn. 20. 194 Dass sich auch der deutsche Gesetzgeber der Bedeutung seiner Formulierung nicht gänzlich bewusst ist, zeigen widersprüchliche Fundstellen in der Gesetzesbegründung: Einmal soll ein „Cut-Off“-Zeitpunkt nur für die Ausführungsfrist maßgeblich sein [Begründung zu § 675n Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 a. E. S. 175]. An einer anderen Stelle wird sie als Fortentwicklung der Geschäftstageregelung aus § 675n Abs. 1 S. 2 BGB – die eine entsprechende Beschränkung gerade nicht enthält – bezeichnet, die ebenfalls ein vollständiges Zugangshindernis bewirken soll [Begründung zu § 675n Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 174]. 195 A. A. Koch – Zivilrechtlicher Teil der ZD-RiL § 675n („Umsetzung in der Bankpraxis“, S. 88); Schürrmann in: Bankrechtstag 2009, Seite 11 (40 f.); Casper in: MüKoBGB [2012] § 675n Rn. 25; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 15a: Danach soll der Zahlungsauftrag schon mit seinem eigentlichen – von der „Cut-off“-Zeit losgelösten – Zugang wirksam und demnach unwiderruflich werden. Zur zeitlichen Grenze nach § 675p Abs. 1 BGB und zur Einschränkung aus § 675p Abs. 2 BGB vgl. C.I.3.b)bb)(1)(a)(cc). Diese richtlinienkonforme Auslegung kann § 675n Abs. 2 S. 2 BGB aber nicht zugrunde gelegt werden, weil die Zahlungsdiensterichtlinie schon die erstmalige Fiktion des späteren Zugangs nur „für die Zwecke des Artikels 69“ vorsieht. Eine nochmalige Verschiebung nach § 675n Abs. 2 S. 2 BGB kann sich deshalb auch nur auf die Ausführungsfrist beziehen, auch wenn Art. 64 Abs. 2 S. 2 ZD-RiL dies nicht nochmals wiederholt. 193
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„Cut-Off“-Moment, verbindet er seinen Zahlungsauftrag aber konkludent mit einer Terminbestimmung196 nach § 675n Abs. 2 S. 1 BGB. Damit ist ihm nach § 675p Abs. 3 BGB ein Widerruf bis zum Ende des aktuellen Geschäftstags möglich – dieser Zeitpunkt fällt mit dem Beginn des folgenden Geschäftstags zusammen. Warum soll der Zahler auf diese Widerrufsmöglichkeit verzichten, wenn er im Gegenzug keinen Vorteil bei den verbindlichen Ausführungsfristen bekommt? Sollte er im Einzelfall eine schnellstmögliche Ausführung wünschen, würde er dies im Zahlungsauftrag klarstellen. Damit eine solche „Cut-Off“-Bestimmung wirksam ist, muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zeitpunkt „nahe am Ende eines Geschäftstages“ festlegen. Bei einem Verstoß gegen dieses Erfordernis kommt eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht197. Dieser zulässige Rahmen muss für jeden Einzelfall gesondert geprüft werden, da er von den üblichen Geschäftszeiten des jeweiligen Zahlungsdienstleisters abhängt198. Davon ausgehend kommt dem Zahlungsdienstleister ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, wie viel Zeit er für den Tagesabschluss benötigt199. Im Regelfall kann dieser Zeitpunkt aber nur in den Nachmittag fallen200. (3) Beweisführung im Prozess als zentrales Problem Der Zahler kann eine Pflichtverletzung seines Zahlungsdienstleisters also nur geltend machen, wenn ihm der Zugang seines Zahlungsauftrags gelingt. Genau dies ist im Konfliktfall aber streitig. Der Zahlungsdienstleister wird behaupten, der Zahlungsauftrag wäre nie abgegeben worden oder zumindest auf dem Weg zu ihm verloren gegangen. Denn so entstünden ihm keine Handlungspflichten. Oder er wird einen späteren Zugangszeitpunkt behaupten, der nach § 675s BGB für die Bestimmung der Handlungsfristen maßgeblich ist. Ein Streit über das vertragskonforme Handeln des Zahlungsdienstleisters201 kann sich also bereits an dieser Stelle entscheiden. Gelingt einer Partei im Zivilprozess der Nachweis des eigenen Vortrags, ist die Streitentscheidung eindeutig. Ergibt sich nach der Beweisaufnahme aber trotz196 Zwar spricht § 675n Abs. 2 S. 1 BGB von einer Vereinbarung. Im Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahler aber in der Regel zur einseitigen Terminbestimmung ermächtigt; vgl. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675n Rn. 7. 197 Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675n. Rn. 26. 198 Sprau in: Palandt § 675n Rn. 5; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675n Rn. 5; Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675n Rn. 9. 199 Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 12 Anm. 1, „V.8“; Sprau in: Palandt § 675n Rn. 5. 200 Konkrete Uhrzeiten nennt Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675n Rn. 9; für 15.00 Uhr Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675n Rn. 5; differenzierend Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675n Rn. 24. 201 Vgl. C.III.1.
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dem eine „non liquet“-Situation, stellt sich die Frage nach der Beweislast für den Zugang202. Da sich der Zahler auf die für ihn günstigen Rechtsfolgen der §§ 675o, 675s, 675y BGB beruft, trifft ihn nach allgemeinen Grundsätzen203 die Beweislast für deren Tatbestandsmerkmale. Dazu gehört unter anderem das Vorliegen eines wirksamen Zahlungsauftrags; der Zahler muss den Zugang folglich nachweisen.204 (4) Beweiserleichterungen Misslingt dem Zahler die Beweisführung, wird er nach Beweiserleichterungen zu seinen Gunsten suchen. (a) Inhalte der Neuregelung als Ansatzpunkt Zunächst enthalten die Neuregelungen eine Reihe von beweisrelevanten Stellen. § 675w S. 1 BGB bürdet dem Zahlungsdienstleister des Zahlers die Beweislast für die Autorisierung auf. Da an dieser Stelle aber der wirksame Zahlungsauftrag zu beweisen ist, kann sich der Zahler hierzu nicht direkt auf § 675w S. 1 BGB berufen205. Dennoch steht eine analoge Anwendung des § 675w S. 1 BGB auf den Zugang des Zahlungsauftrags im Raum – schließlich inkludiert ein Zahlungsauftrag stets die Autorisierung206. Dazu müsste dem § 675w BGB der Gedanke zugrunde liegen, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers grundsätzlich für das Nachvollziehen der Kommunikation zwischen ihm und dem Zahler verantwortlich ist. Mit § 675w S. 1 BGB möchte der Gesetzgeber aber überhaupt keine grundlegende beweisrechtliche Entscheidung treffen. Vielmehr legt er lediglich die Mindestanforderungen für den Nachweis der Autorisierung fest, die für den Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters des Zahlers nach 202 Zu den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast vgl. hierzu Prütting in: MüKoZPO § 286 Rn. 93–96. 203 Vgl. Baumbach/Lauterbach – ZPO Anh § 286 Rn. 3, 10; Foerste in: Musielak § 286 Rn. 35 f.; Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 111 f. 204 Ausdrücklich zum Zahlungsauftrag: Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675w Rn. 4; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 8; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 2; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.1“. Aufgrund der Gesetzessystematik (§§ 675c Abs. 1, 665 BGB) können hier auch die Erkenntnisse zu § 665 BGB vergleichend herangezogen werden. Für das Vorliegen einer Weisung nach § 665 BGB trägt der Weisende die Beweislast, BGH WM 2004, 2213 (jurisRn. 15); Laumen in: Baumgärtel – Beweislast § 665 Rn. 1; Schulze in: HandkommentarBGB § 665 Rn. 6; Hönn in: jurisPK-BGB § 665 Rn. 13; Seiler in: MüKo-BGB [2009] § 665 Rn. 40. 205 Zudem spricht der zugrundeliegende Art. 59 Abs. 1 ZD-RiL lediglich von den Fällen, in den der Zahler etwas bestreitet. 206 Zur Doppelnatur des Zahlungsauftrags vgl. C.II.1.b).
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§§ 675c, 670 BGB Bedeutung erlangt207. Für dessen Tatbestandsvoraussetzungen – und somit auch für die Autorisierung des Zahlers – trägt der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach den allgemeinen Regeln ohnehin die Beweislast208. § 675w S. 1 BGB ist demnach nicht Ausdruck einer generellen Schutzbedürftigkeit des Zahlers dahingehend, dass ihm jegliche Beweislast für den Zugang eigener Erklärungen abgenommen werden soll. Die Analogie scheidet mithin aus. Die ebenfalls beweisrelevanten §§ 675d Abs. 2, 676 BGB sind thematisch nicht auf den Zugang eines Zahlungsauftrags angelegt – aus ihnen können an dieser Stelle demnach keine Schlüsse gezogen werden. Ebenso wenig hilft dem Zahlers der Anspruch aus § 675d Abs. 1 BGB, Art. 248 § 7 Nr. 5 EGBGB. Denn danach erhält er nur dann eine sofortige Zugangsbestätigung, wenn er kein Zahlungskonto unterhält. Dies dürfte im Falle eines Zahlungsdiensterahmenvertrags nicht der Regelfall sein. Ist ein Zahlungskonto vorhanden, erhält er lediglich nach der Belastung eine Bestätigung über den Belastungszeitpunkt. Nur im Falle eines Einzelzahlungsvertrags hat der Zahler nach § 675d Abs. 1 BGB, Art. 248 § 14 Nr. 5 EGBGB einen uneingeschränkten sofortigen Anspruch auf eine Eingangsbestätigung. Aber bereits der Gesetzgeber sieht diese Einzelzahlungsverträge als Ausnahme im Zahlungsverkehr an209, so dass dem Zahler nur im Einzelfall geholfen wird.210 (b) Allgemeine Grundsätze der Beweislastumkehr Nachdem in den standardisierten AGB der Zahlungsdienstleister keine Anhaltspunkte für eine Beweislastumkehr zu finden sind, verbleibt nur ein Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze der richterrechtlichen Beweislastumkehr. Mit dieser Rechtsfigur ist sehr restriktiv umzugehen. Sie kann nicht schon dann angenommen werden, wenn das Ergebnis der grundsätzlichen Beweislastverteilung dem Rechtsanwender unbillig oder ungerecht erscheint211. Vielmehr muss die reguläre Beweislastverteilung evident falsch, sozial unverträglich und dem Beweisbelasteten daher offensichtlich unzumutbar sein212, so dass darin eine of-
207 Vgl. Begründung zu § 675u BGB BR-Drucks. 848/08 S. 184; so auch Sprau in: Palandt § 675w Rn. 1; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675w Rn. 1; Koch – Zivilrechtlicher Teil der ZD-RiL § 675w Rn. 1; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675w Rn. 1; Omlor in: Staudinger [2012] § 675w Rn. 1; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 4. 208 Vgl. Hönn in: jurisPK-BGB § 670 Rn. 18; Martinek in: Staudinger § 670 Rn. 37; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 8. 209 Begründung zu Art. 248 vor § 3 BR-Drucks. 848/08 S. 226. 210 Zur abschließenden Wirkung des Art. 248 §§ 7, 14 EGBGB vgl. C.I.3.a)aa)(4)(e). Zu den Wirkungen des § 675m Abs. 1 S. 2 BGB vgl. C.I.3.a)aa)(4)(d). 211 Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 123; Foerste in: Musielak § 286 Rn. 37. 212 Vgl. Oberheim S. 392.
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fene oder versteckte Gesetzeslücke zu Tage tritt; die Änderung der Beweislast ist darum dringend notwendig und erforderlich213. Aus den zu diesen Grundsätzen herausgebildeten Fallgruppen214 lässt sich eine Gemeinsamkeit feststellen: Die offensichtliche Fehlerhaftigkeit des Beweislastergebnisses muss auf zwei Gründe zurückgeführt werden können. Zum einen darf dem Beweisbelasteten die Beweisführung nicht nur erschwert, sondern muss ihm faktisch nahezu unmöglich sein. Zum anderen muss der Andere die zu beweisenden Vorgänge relativ einfach beobachten und festhalten können. (c) Anwendung auf den Zugang Beim Zugang von Zahlungsaufträgen hängt es vom Zahlungsverfahren ab, welche Beweismöglichkeiten sich dem Zahler eröffnen. Erfolgt der Zugang des Zahlungsauftrags in verkörperter Form, ist dem Zahler die Hinzuziehung eines Zeugen zuzumuten. Versäumt er dies, kann er nur schwerlich ein dringendes Bedürfnis für die Änderung der Beweislastverteilung behaupten. Demgegenüber hat der Zahler bei unverkörperten Zahlungsaufträgen diese Möglichkeit häufig nicht, insbesondere bei der Erteilung auf elektronischem Weg. Betrachtet man beispielsweise eine Überweisung per Online-Banking oder eine Bezahlung mittels Debitkarte/ec-Karte im POS-Verfahren215, wäre der Zeugenbeweis zwar prinzipiell möglich. Da aber gerade beim Einsatz von Telekommunikationsmitteln nicht selten ein ZAI216 zur Abgabe des Zahlungsauftrags verwendet wird, ist der Zahler häufig zur Geheimhaltung seiner Eingaben verpflichtet. Der Zeugenbeweis ist damit faktisch ausgeschlossen – zumal ein Zeuge auch nur die Abgabe und gerade nicht den Zugang überprüfen könnte. Die anderen durch die ZPO zugelassenen Beweismittel führen hier ebenso nicht zum Ziel. Der Zahler kann den Zugang schlicht nicht beweisen. Auf der Gegenseite wird der Eingang des Zahlungsauftrags in irgendeiner Form registriert, so dass der Zahlungsdienstleister als Empfänger auch die prinzipielle Möglichkeit zur Aufzeichnung besitzt. Die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr wären demnach erfüllt. Dies würde dem Zahlungsdienstleister jedoch eine große Belastung auferlegen. Im Streitfall müsste er einen Negativbeweis führen. Dass der Zahler nicht aktiv wurde, könnte er allenfalls über eigene Aufzeichnungen „belegen“ – und dies auch nur dann, wenn er die absolute Fehlerfreiheit seiner Speicherungssysteme nachweist. Technisch dürfte dies allenfalls mit einem unvertretbar hohen Auf213 Vgl. Laumen in: Prütting – ZPO § 286 Rn. 60; BGH NJW 2001, 78 (79; jurisRn. 21). 214 Zu den Fallgruppen vgl. Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 124 ff.; Laumen in: Prütting – ZPO § 286 Rn. 62 ff.; Oberheim S. 392 ff. 215 Vgl. C.I.1.d)aa)(2)(a)(bb). 216 Beispielsweise beim herkömmlichen Onlinebanking [C.II.1.i)cc)(3)(a)] oder im modernen Mail-Order-Verfahren [C.II.1.i)cc)(2)(c)(bb)].
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wand zu erreichen sein217. Daher ist die Beweislastumkehr hier keine sachgerechte Lösung. (d) Alternativlösung: Zugangsbestätigung Es muss also ein Mittelweg gefunden werden, der einerseits dem Zahler den Beweis überhaupt ermöglicht, seinem Zahlungsdienstleister aber keine unzumutbare Arbeits- und Verwaltungsbelastung auferlegt. Dazu kann der Gedanke des § 675m Abs. 1 S. 2 BGB aufgegriffen werden: Hier sieht der Gesetzgeber das Nachweisproblem des Zahlers und verschafft ihm zumindest einen Anspruch auf eine Art Eingangsbestätigung. Man könnte den Zahler aus seinem beweisrechtlichen Dilemma befreien, würde man ihm auch bei seinen Zahlungsaufträgen einen grundsätzlichen Quittierungsanspruch zubilligen. Ein solcher wäre von den Zahlungsdienstleistern auch relativ einfach umzusetzen – schließlich würde sie lediglich ein Ausstellungs-, aber keine kostspielige Aufbewahrungspflicht treffen. Eine solche Pflicht ist auch keine Neuerung im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Schon nach altem Recht war die Bank nach § 368 BGB analog verpflichtet, dem Kunden „die Einreichung des Überweisungsauftrags unter Angabe des Datums schriftlich zu bestätigen.“ 218 An der damaligen Interessenlage hat sich durch die Neuregelung nichts geändert. Der entstehende Aufwand wäre auch bei Zahlungsaufträgen mittels Telekommunikationsmittel im Rahmen des vertretbaren. Schließlich könnte man dem Zahler eine Möglichkeit zum Ausdruck bereitstellen. Dies ist schon heute beispielsweise bei Überweisungen per OnlineBanking oder bei Zahlungen mittels Debitkarte im POS-System üblich. Demzufolge hat der Zahler einen Anspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister auf Erteilung einer Zugangsbestätigung, aus der sich auch der genaue Zugangszeitpunkt ergibt. Diese muss in einer für den Zahler speicherbaren Form erteilt werden. Die Bestätigung kann er grundsätzlich sofort, d.h. im Zeitpunkt des Zugangs verlangen219. (e) Drohender Verstoß gegen das Harmonisierungsgebot Zur Begründung der Bestätigungspflicht müsste man entweder § 675m Abs. 1 S. 2 BGB analog heranziehen oder allgemeine Rechtsgrundsätze nationaler Art anwenden. In beiden Fällen würde das nationale Recht einen Inhalt bekommen,
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So auch in einer ähnlichen Konstellation BGHZ 101, 49 (juris-Rn. 17). Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 7; Trölitzsch/Jaeger BB 1994, 2152 (2154 f.); Engel in: Kontoführung & Zahlungsverkehr Rn. 1463. 219 „Zugang“ hat hier die Bedeutung des „Eingangs“ nach Art. 64 Abs. 1 ZD-RiL; vgl. C.I.3.a)aa)(1). 218
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der von der ZD-RiL abweicht. Denn mit § 675d Abs. 1 BGB, Art. 248 §§ 7, 14 EGBGB wurden Art. 38, 47 Abs. 1 ZD-RiL fast wortwörtlich umgesetzt220. In diesen hat sich der Richtliniengeber für bestimmte Sachverhalte auf bestimmte Informations- und Bestätigungspflichten festgelegt. Daher fällt dieses Themengebiet unter die in Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL genannten Bereiche, „in denen diese Richtlinie harmonisierende Bestimmungen enthält.“ 221 Darum ist es den nationalen Gesetzgebern verwehrt, andere Bestimmungen zu erlassen. Wenn der nationale Gesetzgeber eine umfassende Bestätigungspflicht nicht einführen dürfte, können Normen oder Rechtsgrundsätze auch nicht in diese Richtung ausgelegt oder analog angewandt werden222. Da eine gesetzliche Norm ausscheidet, verbleibt letztlich nur eine einzige rechtliche Konstruktion, die gegenseitigen Interessen in der oben beschriebenen Weise auszugleichen: Nach Art. 86 Abs. 3 UA 2 ZD-RiL – umgesetzt durch § 675e Abs. 1 BGB – sind den Beteiligten abweichende Vereinbarungen möglich, sofern diese den Zahlungsdienstnutzer nicht benachteiligen. Durch Parteivereinbarung kann demnach eine solche Bestätigungspflicht installiert werden. Ausdrücklich findet sich eine solche privatautonome Regelung in keinem Klauselwerk. Eine solche Pflicht ist aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 grundsätzlich anzunehmen. Denn bei Vorliegen einer Regelungslücke ist entscheidend „was redliche und verständige Parteien bei Kenntnis der planwidrigen Regelungslücke nach Vertragszweck und sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten.“ 223 Somit spielen neben der Komponente des Üblichen auch Billigkeitserwägungen eine Rolle224, wodurch die Erwägungen zur Beweisnot auch hier zu berücksichtigen sind. Somit müssen sich die Zahlungsdienstleister – im Falle des Schweigens ihrer AGB zu einer Zugangsbestätigung – bei Zahlungsdiensterahmenverträgen so behandeln lassen, als hätten sie eine entsprechende Pflicht ausdrücklich vereinbart. Diese Lösung hat gegenüber einer gesetzlichen Konstruktion den Nachteil, dass die Zahlungsdienstleister durch eine gegenteilige Regelung in ihren AGB der ergänzenden Vertragsauslegung den Boden entziehen können. Hier wäre der Richtliniengeber gefordert gewesen, eine solche Rechtspflicht vorzuschreiben – in rechtlicher Hinsicht kann nur er dieses praktische Problem beheben. 220 Begründung zu Art. 248 § 7 BR-Drucks. 848/08 S. 228; Begründung zu Art. 248 § 14 BR-Drucks. 848/08 S. 230; Begründung zu Art. 248 vor § 1 BR-Drucks. 848/08 S. 225. 221 Zur Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation im Sinne der Vollharmonisierung vgl. C.II.2.b)bb). 222 Dies betrifft auch das vor Erlass der Richtlinie gesetzte Recht; Herdegen, Europarecht § 8 Rn. 41. 223 BGH NJW 2006, 54 (55; juris-Rn. 26). 224 Medicus – BGB AT Rn. 343.
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(f) Umsetzung der Bestätigungspflicht In der Praxis ist diese Pflicht so umzusetzen, dass der Zahler jedenfalls eine Bestätigung über den Zugang erhält – und zwar unabhängig davon, ob der Zahlungsdienstleister den Zahlungsvorgang ausführen möchte. Denn ob der Zahlungsauftrag wirklich Ansprüche begründet, ist an dieser Stelle irrelevant. Der Zahlungsdienstleister darf diese Frage nicht mit dem tatsächlichen Ereignis des Zugangs vermengen. Zwar kann er die Zugangsbestätigung mit einer Ausführungsbestätigung oder -verweigerung verbinden. Diese muss dann aber auch den Zeitpunkt des Zugangs beinhalten und für den Zahler speicherbar sein. Auch wenn sich die Beweisschwierigkeiten nicht durch sämtliche Zahlungsverfahren ziehen, wäre es hier nicht richtig, die Bestätigungspflicht nur für einzelne Verfahren anzunehmen. Schließlich sollte mit der Neuregelung ein verfahrensübergreifender Ansatz gewählt werden. (g) Folgen einer Verletzung der Bestätigungspflicht Kommt der Zahlungsdienstleister seiner Bestätigungspflicht aber einfach nicht nach, steht der Zahler wiederum vor demselben Beweisproblem. Hier hilft auch nicht die Rechtsfigur der Beweisvereitelung225. Denn dafür müsste die vereitelnde Handlung nachgewiesen werden. Diese liegt ja in einem Unterlassen trotz Zugangs, den der Zahler gerade nicht beweisen kann. Trotzdem hat der Zahler einen entscheidenden Vorteil gegenüber der ursprünglichen Situation: Er rechnet nun damit, dass der Zugang (noch) nicht erfolgt ist – erst das Ausbleiben einer Bestätigung eröffnet ihm die Erkenntnismöglichkeit, dass sich ein Fehler eingeschlichen haben könnte. Ihm steht es also offen, sich bei seinem Zahlungsdienstleister über den Zugang zu informieren oder einen erneuten Zugangsversuch zu unternehmen, um so zu einer Eingangsbestätigung zu gelangen. Diesen erneuten Zahlungsauftrag sollte er unter der Bedingung tätigen, dass der erste gerade nicht zugegangen ist. Dies vermeidet von vornherein einen Streit über doppelte Zahlungsaufträge226. bb) Zugang einer Mitteilung des Zahlungsempfängers Für den Zugang von Mitteilungen des Zahlungsempfängers sieht das Zahlungsdiensterecht keine Spezialregelung vor. Für den Zugang gelten also § 130 Abs. 1 S. 1 BGB und die allgemeinen Grundsätze227. Demnach sind auch die 225
Zu dieser Rechtsfigur Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 80 ff. Die Verknüpfung mit dieser Bedingung ist zulässig, da für den Zahlungsdienstleister niemals Unsicherheit über den Zugang des ersten Zahlungsauftrags besteht; vgl. Rövekamp in: BeckOK-BGB § 158 Rn. 17. 227 Vgl. dazu Einsele in: MüKo-BGB § 130 Rn. 16 ff. 226
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Sonderregeln des § 675n Abs. 1 S. 2 und 3 BGB weder direkt noch analog anwendbar – deren Ergebnisse wird man aber nicht selten auch mithilfe von § 130 BGB erreichen können. Hinsichtlich der Beweisfragen, gelten die Ausführungen zum Zahlungsauftrag228 entsprechend. b) Sonstige Wirksamkeitsfragen Ist der Zugang der Mitteilung geklärt, kann diese aber trotzdem wegen eines Formmangels oder eines Widerrufs unwirksam sein. Eine Irrtumsanfechtung scheidet aufgrund des Prinzips der Vollharmonisierung und des abschließenden Charakters von § 675p BGB aus229. aa) Formmangel (1) Formbedürftigkeit Eine gesetzliche Formvorschrift lässt sich für die hier zu behandelnden Mitteilungen nicht erkennen. Für das Erteilen eines Zahlungsauftrags nach § 675f Abs. 3 BGB bestehen keine Einschränkungen. Die Mitteilung des Zahlungsempfängers wird von der Neuregelung an keiner Stelle direkt angesprochen; lediglich in § 675s Abs. 2 BGB versteckt sich ein Hinweis, dass letztlich die Vereinbarung zwischen dem Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister maßgebend ist. Somit muss nach Vereinbarungen über die einzuhaltende Form zwischen den jeweils Beteiligten gesucht werden. Zwar muss bei Abweichungen vom Gesetz stets § 675e BGB im Hinterkopf behalten werden, hier ist er aber nicht einschlägig. Er statuiert nur ein Abweichungsverbot von Bestimmungen des gesamten Untertitels, der aber zur notwendigen Form keine Regelungen enthält. Dass sowohl der Richtliniengeber als auch der nationale Gesetzgeber mit ihrem Schweigen zu Formerfordernissen die positive Regelung treffen wollten, die Mitteilungen müssten stets formfrei möglich sein, ist nicht zu unterstellen. Denn der bargeldlose Zahlungsverkehr lebt von seinen verschiedenen Zahlungsverfahren; diese können aber nur mit einer gewissen Standardisierung aufrechterhalten werden.230 Letztlich liegt es also an den Beteiligten, die Formvoraussetzungen selbst zu regeln. Nach den allgemeinen Regeln sind sie dabei frei, neue Formen oder Ver228
C.I.3.a)aa)(4). Zu dieser Ausschlusswirkung vgl. die Ausführungen in der Autorisierungsphase, C.II.1.k). 230 Im Ergebnis auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 17, der Formvereinbarungen bezüglich des Zahlungsauftrags für möglich hält; so auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675f Rn. 35. 229
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fahrensabläufe zu erfinden231. Von dieser Möglichkeit wurde auch Gebrauch gemacht. Bei der Überweisung ist beispielsweise grundsätzlich ein vom Zahlungsdienstleister zugelassener Vordruck zu verwenden232 und zu unterschreiben233. In ähnlicher Weise ist dies bei der Kreditkarte geregelt, bei der (je nach konkreter Einsatzart) ein Beleg mit den Kartendaten vom Zahlungsdienstnutzer unterschrieben werden muss234. Bei den Lastschriftverfahren müssen ebenfalls bestimmte Formbestimmungen eingehalten werden235. (2) Folgen eines Verstoßes Geht eine Mitteilung dem Zahlungsdienstleister nicht in der vereinbarten Form zu, ordnet § 125 S. 2 BGB im Zweifel die Nichtigkeit dieser Willenserklärung an. Hierbei handelt es sich also um eine Auslegungsregel236, so dass der Parteiwille grundsätzlich Vorrang hat vor der gesetzlichen Nichtigkeitsandrohung237. Dies kann insbesondere dann nicht der Fall sein, wenn die Form lediglich zur Beweissicherung und/oder Klarstellung vereinbart wurde238. Davon kann in den vorliegenden Fällen jedoch nicht ausgegangen werden. Dass bestimmte Formen eingehalten werden sollen, dient insbesondere einer höheren Automatisierung der Zahlungsabwicklung. Unter anderem wurde die ZD-RiL und deren Umsetzungsakte vor diesem Hintergrund erlassen239, so dass diese Intention ein entscheidendes Auslegungskriterium darstellt. Eine Automatisierung erfordert aber zwingend eine Anpassung der Mitteilungen auf die Verarbeitungssysteme und somit eine Standardisierung240. Die Formvereinbarungen sind also nicht reiner Selbstzweck, sondern zwingende Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Zahlungsverkehrs hinsichtlich seiner Geschwindigkeit und Effizienz. Alle Beteiligten haben 231
Junker in: jurisPK-BGB § 125 Rn. 67. 1.3 Abs. 1 der Sonderbedingungen-Banken für den Überweisungsverkehr. 233 1.3 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Banken für den Überweisungsverkehr; zwar ist hier lediglich die Autorisierung angesprochen. Diese ist aber im Zahlungsauftrag enthalten [vgl. C.II.1.b)], der durch den Überweisungsträger verkörpert wird. Somit gilt die Unterschriftspflicht ebenfalls für den Zahlungsauftrag. 234 Nr. 4 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite); zum Anwendungsbereich auch auf den Zahlungsauftrag vgl. Fußnote 233. 235 2.2.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite); 2.2.1 der Sonderbedingungen-Banken für die SEPA-Basis/Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 236 Hertel in: Staudinger § 125 Rn. 124. 237 Vgl. Wendtland in: BeckOK-BGB § 125 Rn. 13. 238 Jauernig in: Jauernig § 125 Rn. 11; Dörner in: Handkommentar-BGB § 125 Rn. 18; Junker in: jurisPK-BGB § 125 Rn. 117 f.; Hertel in: Staudinger § 125 Rn. 124. 239 Vgl. B.I. 240 Engel in: Kontoführung & Zahlungsverkehr Rn. 1461, der den Zahlungsdienstleister bei einem Formverstoß zwar nicht zur Ausführung verpflichtet, aber trotzdem berechtigt sieht – Zahlungsauftrag und Autorisierung teilen nach dieser Auffassung nicht dasselbe Schicksal. 232
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daher ein materielles Interesse an der Einhaltung der vereinbarten Form, so dass ein Verstoß die Nichtigkeit zur Folge haben muss. Somit kann der Zahlungsdienstnutzer keine Ansprüche aus einer formwidrigen Mitteilung herleiten. Sollte der Zahlungsdienstnutzer anderer Meinung über die Bedeutung der Formvorschrift sein, steht es ihm frei, seiner Beweislast241 nachzukommen und eine andere Interpretation der Formvereinbarung für seinen konkreten Einzelfall zu belegen. (3) Sonstige Fragen zur Beweislast Für das Vorliegen einer Formvereinbarung trägt der Zahlungsdienstleister die Beweislast. Denn im Streitfalle würde er Rechte des Zahlungsdienstnutzers aus der Mitteilung ablehnen; die Formvereinbarung wäre ihm demnach günstig.242 Ob die Mitteilung einer solchen Formvereinbarung entspricht, hat der Zahlungsdienstnutzer nachzuweisen; schließlich ist er derjenige, der aus dem Rechtsgeschäft Rechtspositionen ableiten möchte243. Dabei stellt sich für den Zahler dasselbe Problem wie beim Nachweis des Zugangs244. Deshalb ist in die Eingangsbestätigung des Zahlungsdienstleisters245 auch die Wahrung der vereinbarten Form aufzunehmen. bb) Widerruf Die rechtlichen Wirkungen einer zugegangenen Mitteilung können aber aufgrund eines Widerrufs des Zahlungsdienstnutzers entfallen. Dabei sind zwei Konstellationen und somit zwei unterschiedliche Widerrufsarten zu unterscheiden: Der Widerruf kann bewirken, dass die ursprüngliche Mitteilung schon gar nicht wirksam wird [sogleich unter (1)]. Er kann aber auch – wie es vor allem aus dem allgemeinen Verbraucherrecht bekannt ist – bereits entstandene Rechtsfolgen der Mitteilung wieder beseitigen [unter (2)]. Diese Figuren sind abzugrenzen von einem Recht auf Rückgängigmachung eines bereits ausgeführten Zahlungsvorgangs bzw. Erstattung eines Zahlungsbetrags, wie es beispielsweise durch § 675x BGB246 thematisiert wird247. 241 OLG Koblenz WM 1994, 1797 (juris-Rn. 9); Junker in: jurisPK-BGB § 125 Rn. 133; Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 125 Rn. 12, 15. 242 Vgl. Junker in: jurisPK-BGB § 125 Rn. 127; Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 125 Rn. 11 f. m.w. N. in dessen Fußnote 43; zur Gegenansicht vgl. Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 125 Rn. 10 m.w. N. in dessen Fußnote 42. 243 Hertel in: Staudinger § 125 Rn. 90; Wendtland in: BeckOK-BGB § 125 Rn. 31; Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 125 Rn. 14; Einsele in: MüKo-BGB § 124 Rn. 35 m.w. N.; a. A. wohl Junker in: jurisPK-BGB § 125 Rn. 67 (ohne Begründung). 244 Siehe C.I.3.a). 245 Vgl. C.I.3.a)aa)(4)(d). 246 Zum Verhältnis zwischen § 675p BGB und § 675x BGB vgl. C.IV.3.a).
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(1) Wirksamkeitshindernder Widerruf (a) Widerruf eines Zahlungsauftrags Für den wirksamkeitshindernden Widerruf besteht mit § 675p Abs. 1, 2 S. 1 BGB eine Spezialregelung zu § 130 Abs. 1 S. 2 BGB248. Der Widerruf selbst ist ebenfalls eine Willenserklärung, so dass für dessen Bewertung grundsätzlich auf die allgemeinen Regeln zurückgegriffen werden kann249. (aa) Form des Widerrufs Der Gesetzgeber knüpft den Widerruf an keine besondere Form. Darum steht es den Beteiligten frei, eine entsprechende Formvereinbarung zu treffen250, wovon in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht wurde. Während nach den AGB einiger Zahlungsdienstleister der Widerruf zum Teil formfrei möglich ist251, zum Teil „möglichst schriftlich erfolgen“ sollte252, fordern andere Zahlungsdienstleister in ihren AGB zwingend einen schriftlichen Widerruf253. Diese dritte Variante wirkt im Gegensatz zur zweiten konstitutiv, so dass ein Verstoß die Nichtigkeitsfolge des § 125 S. 2 BGB nach sich zieht. Freilich dient diese Klausel auch der Beweissicherung; jedoch wird ein Widerruf selten bei dem internen Mitarbeiter eingehen, der für die Durchführung des Zahlungsvorgangs zuständig ist. Eine Weiterleitung wird demnach regelmäßig unerlässlich sein. Verlangt der Zahlungsdienstleister also zur Wahrung seiner innerbetrieblichen Organisation die Schriftform, muss dieses praktische Bedürfnis auch ernst genommen werden. Die Zweifelsregelung des § 125 S. 2 BGB ist hier noch nicht einmal erforderlich. 247 So auch BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 20); vgl. auch Erwägungsgrund 39 zu Richtlinie ZD-RiL. 248 So auch Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675p Rn. 1; die § 675p Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 4 betreffen nicht den rechtshindernden Widerruf und werden daher unter C.I.3.b)bb)(2) behandelt. A. A. Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675p Rn. 4, der den Widerruf als – aus dem allgemeinen Auftragsrecht bekannte – Gegenweisung ansieht, so auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675p Rn. 3. 249 Sprau in: Palandt § 675p Rn. 2; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler 3. Kapitel § 675p Rn. 5. 250 Vgl. die Ausführungen zur Formbedürftigkeit der ursprünglichen Mitteilung in C.I.3.b)aa)(1). 251 Vgl. 1.5 Abs. 1 der Sonderbedingungen-Banken für den Überweisungsverkehr. 252 2.2.2 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite); 2.2.2 der Sonderbedingungen-Banken für die SEPA-Basis/Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 253 1.5 Abs. 1 der Sonderbedingungen-Sparkassen für den Überweisungsverkehr; 2.2.2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite); 2.2.2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite); 2.2.3 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Firmen-Lastschrift (Zahlerseite).
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(bb) Adressat des Widerrufs Grundsätzlich ist der Widerruf an den Zahlungsdienstleister des Zahlers als Erklärungsempfänger des Zahlungsauftrags zu richten254. Jedoch wird in den AGB für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren teilweise geregelt, dass der Widerruf ebenfalls dem Zahlungsempfänger gegenüber erklärt werden muss255. Eine solche formularmäßige Bedingung ist wegen § 309 Nr. 13 BGB256 unwirksam. Ist der Widerruf nur dann wirksam, wenn er sowohl dem Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch dem Zahlungsempfänger zugeht, so liegt darin eine unzulässige Festsetzung eines besonderen Zugangserfordernisses257. Schließlich handelt es sich beim Zahlungsempfänger nicht um einen Vertreter des Zahlungsdienstleisters des Zahlers. Demnach werden Anforderungen gestellt, die über die Erfordernisse des analog anwendbaren § 675n BGB258 hinausgehen und somit den nach dieser Norm eigentlich erfolgten Zugang hinauszögern.259 Im Verkehr mit Verbrauchern – und ein solcher verwendet im Regelfall das SEPA-BasisLastschriftverfahren – ist dieses Erfordernis einer zusätzlichen Erklärung unwirksam. Ob § 309 Nr. 13 BGB im Geschäftsverkehr mit Unternehmern zumindest analog anwendbar ist, wurde durch die Rechtsprechung bislang noch nicht entschieden. In der Literatur wird dies allerdings überwiegend abgelehnt.260 Jedoch muss sich die formularmäßige Klausel des Zahlungsdienstleisters jedenfalls an § 307 Abs. 1 BGB messen lassen. Hier ist man sich einig, dass zusätzliche Zugangserfordernisse zwar prinzipiell zulässig sind; allerdings sind extreme Auswüchse 254 Sprau in: Palandt § 675p Rn. 2; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675p Rn. 5; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675p Rn. 5; Omlor in: Staudinger [2012] § 675p Rn. 3. Durch die kurzen Widerrufsfristen nach § 675p BGB hat sich auch die Streitfrage geklärt, ob der Zahler auch direkt gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers widerrufen kann. Hier wird die Frist regelmäßig abgelaufen sein, solange keine Verlängerung nach § 675p Abs. 4 BGB vereinbart wurde. Zum Streitstand bis zur Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie siehe Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. B 250 in dessen Fußnote 705. 255 2.2.2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite); 2.2.3 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 256 Zur Anwendbarkeit des § 309 Nr. 13 BGB auf den Widerruf als rechtsgeschäftliche Erklärung vgl. Dannmann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 13 Rn. 10; Kieninger in: MüKo-BGB § 309 Nr. 13 Rn. 3. 257 Coester-Waltjen in: Staudinger § 309 Nr. 13 Rn. 6; Dannmann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 13 Rn. 31. 258 Zur analogen Anwendbarkeit vgl. C.I.3.b)bb)(1)(a)(cc)(a). 259 Vgl. hierzu Dannmann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 13 Rn. 31; Becker in: BeckOK-BGB § 309 Nr. 13 Rn. 6; Kieninger in: MüKo-BGB § 309 Nr. 13 Rn. 5. 260 Vgl. Kieninger in: MüKo-BGB § 309 Nr. 13 Rn. 6; Habersack in: Ulmer/Brandner/Hensen § 309 Nr. 13 Rn. 12; Coester-Waltjen in: Staudinger § 309 Nr. 13 Rn. 9; Dannmann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 13 Rn. 70 m.w. N.
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nicht zu tolerieren261. Eine trennscharfe Grenze kann hier zwar nicht gezogen werden. Diese ist aber in der Regel überschritten, wenn die Klausel weder geschäftsüblich ist, noch ein besonderes Bedürfnis betrieblicher oder organisatorischer Art für sie besteht262. Ein Sachinteresse des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, dass auch der Zahlungsempfänger einen Widerruf erhalten soll ist unter rechtlicher Hinsicht nicht zu begründen. Sicherlich hat der Zahlungsempfänger ein Interesse daran, den Widerruf des Zahlungsauftrags zu kennen. Nur so kann er fruchtlose und kostenverursachende Lastschriftversuche vermeiden. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers trägt jedoch aus seinem Rechtsverhältnis mit dem Zahler keine Fürsorgepflicht zugunsten des Zahlungsempfängers. Ein Durchgriff des Zahlungsempfängerinteresses kann daher nicht begründet werden. Somit ist dieses besondere Zugangserfordernis auch gegenüber Unternehmern nach § 307 BGB unwirksam, lässt aber ein eventuelles Schriftformerfordernis im Sinne des sogenannten „blue-pencil-test“ 263 unberührt. (cc) Zeitliche Komponente des Widerrufs Soll der Widerruf die Rechtswirkungen des Zahlungsauftrags verhindern, muss er auch rechtzeitig erklärt werden. (a) Gesetzliche Ausgangslage In zeitlicher Hinsicht stellt § 675p Abs. 1 BGB den Grundsatz auf, dass ein Widerruf nach dem Zugang des Zahlungsauftrags nicht mehr möglich ist. Da der Widerruf selbst eine Willenserklärung ist264, muss der Widerruf also mindestens zeitgleich mit dem Zahlungsauftrag zugehen265. Weil die ZD-RiL und deren Umsetzung in deutsches Recht keine Regelungen über den Zugangszeitpunkt des Widerrufs enthalten, wäre dieser eigentlich nach dem Gesetzeswortlaut des allgemeinen § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zu bestimmen. Lediglich für die einzuhaltende Widerrufsfrist besteht mit § 675p BGB eine Spezialvorschrift zu § 130 Abs. 1 S. 2 BGB. Könnte aber jeder Mitgliedsstaat den Zugangszeitpunkt des Widerrufs nach eigenständigen Merkmalen bestimmen, bestünde an dieser Stelle die Gefahr der unerwünschten Fragmentierung: Der Rechtsanwender käme je nach Aufenthaltsort zu unterschiedlichen Ergebnissen
261 Habersack in: Ulmer/Brandner/Hensen § 309 Nr. 13 Rn. 12; Becker in: BeckOKBGB § 309 Nr. 13 Rn. 12; Kieninger in: MüKo-BGB § 309 Nr. 13 Rn. 6. 262 Vgl. Dannmann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 13 Rn. 72; Lapp/Salamon in: jurisPK-BGB § 309 Rn. 221; Coester-Waltjen in: Staudinger § 309 Nr. 13 Rn. 9. 263 Hierzu Basedow in: MüKo-BGB § 306 Rn. 18. 264 Sprau in: Palandt § 675p Rn. 2; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675p Rn. 4. 265 Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675p Rn. 1.
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hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Widerrufs, was die ZD-RiL aber gerade verhindern möchte266. Der „effet utile“ 267 erfordert in diesem Kontext also, dass den Mitgliedsstaaten auch der Zugang des Widerrufs verbindlich vorgegeben wird. Diese Regelungslücke ist zu schließen durch eine entsprechende Anwendbarkeit des Art. 64 ZDRiL – und somit auch des § 675n BGB – auf die Widerrufserklärung268. Insbesondere ist auch die „Cut-Off“-Regelung aus § 675n Abs. 1 S. 3 BGB entsprechend anzuwenden. Daher wird § 130 Abs. 1 S. 1 BGB auch hinsichtlich des Widerrufs von § 675n BGB verdrängt. Eine Ausnahme von § 675p Abs. 1 BGB macht zunächst § 675p Abs. 2 S. 1 BGB: Wird ein Zahlungsvorgang „über den Zahlungsempfänger“ 269 ausgelöst, wird dem Zahler das Widerrufsrecht schon mit Übermittlung des Zahlungsauftrags an den Zahlungsempfänger abgeschnitten. In diesen Fällen erlaubt § 675p Abs. 4 S. 1 BGB zwar eine Vereinbarung zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister über die Verlängerung des Widerrufsrechts. Die Wirksamkeit der Verlängerung hängt von der Zustimmung des Zahlungsempfängers ab270, die dieser aber auch antizipiert im Rahmenvertrag abgeben kann. (b) Vorverlegung durch Vereinbarung § 675p Abs. 1 BGB basiert auf dem allgemeinen Gedanken, dass der Widerruf mit seinem Zugang sogleich wirksam wird. Dies versuchen die Zahlungsdienstleister dadurch zu verhindern, dass sie in die Sonderbedingungen für beide SEPA-Lastschriftverfahren folgende Klauseln integrieren: „Der Widerruf wird ab dem auf den Eingang des Widerrufs folgenden Geschäftstag gemäß ,Preis- und Leistungsverzeichnis‘ wirksam.“ 271 Gewiss erschwert diese Klausel den Zugang des Widerrufs selbst nicht, sondern verschiebt lediglich dessen Wirksamkeitszeitpunkt. Jedoch verbindet § 675n Abs. 1 S. 1 BGB analog den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Widerrufs mit seinem Zugang. Dieser unmittelbare Konnex lässt die Wirksamkeitsregel zu einem 266
Vgl. B.I. Allgemein zu diesem Grundsatz vgl. Mayer in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – 2011 Art. 19 EUV Rn. 57 f. 268 A. A. wohl Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 12 Anm. 1 „V.8“, aber ohne Begründung. 269 Die Tatbestandsvariante „vom Zahlungsempfänger“ wird hier durch § 675p Abs. 2 S. 2 BGB ausgehöhlt, vgl. C.I.1.d)aa)(3)(a)(aa). Zu § 675p Abs. 2 S. 2 BGB vgl. C.I.3.b)bb)(2)(a). 270 Sprau in: Palandt § 675p Rn. 6; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675p Rn. 7. 271 2.2.2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite); 2.2.3 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Firmen-Lastschrift (Zahlerseite); inhaltsgleich die jeweiligen Bedingungen der Banken. 267
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faktischen und mittelbaren Zugangserfordernis werden, obwohl der rechtstechnische Anknüpfungspunkt ein anderer ist. Eine solche Vorverlegung des Zugangszeitpunktes bedeutet eine Beschneidung des gesetzlichen Widerrufsrechts zulasten des Zahlers272. Denn seine Widerrufsfrist wird im Extremfall um einen ganzen Tag verkürzt. Eine Abweichung von gesetzlichen Vorschriften der §§ 675c ff. BGB zulasten eines Zahlungsdienstnutzers ist nach § 675e Abs. 1 BGB zunächst nicht möglich – diese verkürzende Bestimmung ist nach § 134 BGB nichtig273. Nur wenn der Zahler Unternehmer ist, kommt nach § 675e Abs. 4 BGB eine Fristverkürzung in Betracht. Diese Klausel wird auch nicht aufgrund des § 675n Abs. 1 S. 3 BGB274 legalisiert. Trotz dessen entsprechenden Anwendung auf den Widerruf, ist die Fristverkürzung nicht von dieser Gestaltungsmöglichkeit erfasst. § 675n Abs. 1 S. 3 BGB erlaubt lediglich einen „Cut-off“ „nahe am Ende eines Geschäftstages.“ Diese Wendung überlässt dem Anwender sicherlich einen gewissen Beurteilungsspielraum. Mit der vorliegenden Klausel verschafft sich der Zahlungsdienstleister aber die Zäsur bereits mit Beginn des jeweiligen Kalendertages. Dass dies nicht „nahe am Ende“ des Tages sein kann, versteht sich von selbst.275 Letztlich stellt diese Klausel auch ein nach § 309 Nr. 13 BGB unzulässiges Zugangserfordernis dar und ist unwirksam. Mit anderen Worten besagt die Klausel, der Widerruf müsse einen Tag zuvor zugehen, um rechtzeitige Wirksamkeit zu entfalten. Während der Widerruf nach der gesetzlichen Ausgangslage sofort mit dem Zugang Wirksamkeit erlangt, muss hier noch der Tagesablauf hinzukommen.276 Die Unwirksamkeitsfolge des § 309 Nr. 13 BGB gilt aber ebenfalls nur gegenüber Verbrauchern. Aber auch gegenüber Unternehmern lässt sich die Klausel vor dem Hintergrund von § 307 BGB nicht aufrechterhalten. Ein besonderes begründetes Interesse des Zahlungsdienstleisters an einem derartigen Aufschieben des Zugangs ist nicht zu erkennen.277 Sicherlich soll der Zahlungsdienstleister gerade gegen Ende des Geschäftstages einen Tagesausweis erstellen können. Warum er zu diesem Zweck ein Widerruf einen kompletten Tag hinausgeschoben werden kann, ist jedoch nicht ersichtlich. Hier handelt es sich gerade um solche Auswüchse, die nach geltendem AGB-Recht nicht zu tolerieren sind. 272 Die Verkürzung wirkt deshalb zulasten des Zahlers, weil er auch früher an die im Zahlungsauftrag enthaltene Autorisierung [vgl. C.II.1.b)] gebunden ist. 273 Sprau in: Palandt § 675e Rn. 1. 274 Zur rechtlichen Bedeutung des § 675n Abs. 1 S.3 BGB vgl. C.I.3.a)aa)(2). 275 Vgl. auch Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 12 Anm. 1, „V.8“; Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675n Rn. 9. 276 So auch Coester-Waltjen in: Staudinger § 309 Nr. 13 Rn. 6; Habersack in: Ulmer/ Brandner/Hensen § 309 Nr. 13 Rn. 8; Dannmann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 13 Rn. 31. 277 Zur Anwendbarkeit des § 309 Nr. 13 BGB und § 307 BGB auf diese Fälle vgl. C.I.3.b)bb)(1)(a)(bb).
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Zusammenfassend verstößt eine die Wirksamkeit des Widerrufs aufschiebende Klausel gegenüber Verbrauchern gegen § 675e Abs. 1 BGB und § 309 Nr. 13 BGB, gegenüber Unternehmern lediglich gegen § 307 BGB. (b) Widerruf einer Mitteilung des Zahlungsempfängers Im Gegensatz zur Rechtsbeziehung des Zahlers mit seinem Zahlungsdienstleister sind die Widerrufsmöglichkeiten des Zahlungsempfängers gegenüber dessen Zahlungsdienstleister in der Neuregelung nicht explizit angesprochen. Schließlich behandelt § 675p BGB ausschließlich den Widerruf von Zahlungsaufträgen und ist somit nur auf Willenserklärungen des Zahlers direkt anwendbar278. Somit gilt für die Widerrufsmöglichkeiten des Zahlers das allgemeine Recht. Der Zahlungsempfänger kann seine Mitteilung grundsätzlich formfrei nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB widerrufen und so den Eintritt ihrer Rechtswirkungen verhindern. Auf den Zugang des Widerrufs selbst findet § 130 Abs. 1 S. 1 BGB Anwendung. Auch hier sind Abweichungen von der gesetzlichen Regelung prinzipiell zulässig279, im Regelfall aber ebenfalls am AGB-Recht zu messen280. (c) Beweislast Ist ein wirksamer Widerruf einer Mitteilung streitig, muss diejenige Partei den rechtzeitigen Widerruf nachweisen, die sich auf ihn – und die daraus folgende Unwirksamkeit der ursprünglichen Mitteilung – beruft281. Da ein wirksamer Widerruf den pünktlichen Zugang der Widerrufserklärung voraussetzt, verlagert sich diese Beweislastfrage hierauf. Für den Zugang bleibt es bei der allgemeinen Beweislastverteilung. Demnach trägt derjenige die Beweislast, der aus dem Zugang positive Rechtsfolgen für sich selbst herleiten möchte; dies muss nicht zwingend der Erklärende sein282. Da dieser Abschnitt lediglich Rechtspositionen des Zahlungsdienstnutzers aus seiner Mitteilung behandelt, würde der Zahlungsdienstleister an dieser Stelle einen wirksamen Widerruf behaupten – denn nur so entstehen ihm keine Handlungspflichten. In
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Siehe C.I.1.a) und C.I.2. Ellenberger in: Palandt § 130 Rn. 11, 19. 280 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Widerruf des Zahlungsauftrags in C.I.3.b)bb)(1)(a). 281 Wendtland in: BeckOK-BGB § 130 Rn. 35; Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 130 Rn. 19. 282 Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 130 Rn. 1 m.w. N. in dessen Fußnote 2; a. A. OLG Köln VersR 1978, 920 (921; a. E.); Krüger-Nieland in: BGB – RGRK § 130 Rn. 41; offen gelassen von BGHZ 101, 49 (55; juris-Rn. 16). 279
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einer solchen Streitigkeit trifft ihn also die Beweislast für den Zugang des Widerrufs283 – inklusive seiner Pünktlichkeit284 und Formwahrung285. (2) Rechtsfolgenvernichtender Widerruf Ein Widerruf kann die bereits wirksam gewordene Mitteilung in bestimmten Fällen auch nachträglich beseitigen. (a) Spezialregelung für Lastschriften: § 675p Abs. 2 S. 2 BGB Nach § 675p Abs. 2 S. 2 BGB sind Zahlungsaufträge bei Lastschriften deutlich länger widerrufbar als bei anderen Zahlungsverfahren, nämlich „bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Fälligkeitstag.“ (aa) Tatbestandsmerkmal „Vereinbarter Fälligkeitstag“ (a) Entscheidendes Rechtsverhältnis für die „Fälligkeit“ An dieser Stelle bringt bereits der für die Fristbestimmung gewählte Anknüpfungspunkt des „vereinbarten Fälligkeitstags“ die ersten Schwierigkeiten. Denn der Gesetzgeber präzisiert nicht weiter, zwischen wem dieser Tag vereinbart werden muss bzw. wessen Vereinbarung und welches Rechtsverhältnis hierfür relevant ist. Eine Interpretationsmöglichkeit ist sicherlich die von Sprau vertretene These, aus dem Begriff „Fälligkeit“ sei auf die Vereinbarung aus dem Valutaverhältnis zu schließen286. Jedoch tendiert sowohl die ZD-RiL als auch die innerstaatliche Regelung dazu, das Valutaverhältnis bei der Untersuchung der Zahlungsdienste als irrelevant zu betrachten. Schließlich wird der Zahlungsvorgang in § 675f Abs. 3 S. 1 BGB definiert als ein „unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger“ zu bewertendes Ereignis.287 Daher erscheint die Heranziehung der im Valutaverhältnis vereinbarten Fälligkeit der Geldschuld als unmittelbarer Anknüpfungspunkt fragwürdig. Schließlich bedarf es einer Begründung, warum das Valutaverhältnis eine direkte 283 Unklar hierzu Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. B 240 (a. E.), der diese Beweislast dem Zahlungsdienstnutzer auferlegen möchte. Er zitiert dazu allerdings OLG München WM 1995, 1017 (juris-Rn. 14), das diese Beweislastverteilung deshalb vornimmt, weil der Widerruf in diesem Fall für den Zahlungsdienstnutzer günstig ist. 284 Vgl. Laumen in: Baumgärtel – Beweislast 2007 § 130 Rn. 13 m.w. N. in dessen Fußnote 43. 285 Vgl. C.I.3.b)aa)(3). 286 Sprau in: Palandt § 675p Rn. 4; so auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675p Rn. 4; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675p Rn. 18. 287 Zur grundsätzlichen Trennung der jeweiligen Rechtsverhältnisse vgl. B.III.4.
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Wirkung auf das Rechtsverhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister haben soll. Gegen die These von Sprau spricht zudem eine grundsätzliche Erwägung des § 675p BGB: Mit der Verkürzung der Widerrufsfristen soll eine effektivere Abwicklung der Zahlungsvorgänge ermöglicht werden. Durch diese Regelung können die Zahlungsdienstleister automatisierte Systeme entwickeln und kostspielige manuelle Eingriffe hierin vermeiden. Dies ist Voraussetzungen für die Einhaltung der kurzen Ausführungsfristen des § 675s BGB zu relativ günstigen Konditionen288. Der Widerruf soll also zugehen, bevor der Zahlungsdienstleister des Zahlers Automatismen in Gang setzt und dadurch den Zahlungsvorgang auf den Weg bringt. Dieser Zeitpunkt wird in keiner direkten Weise durch den Fälligkeitstermin im Valutaverhältnis beeinflusst. Auch die AGB der Zahlungsdienstleister gehen nicht von der von Sprau vertretenen These aus: Danach ist für das Ende der Widerrufsfrist der „im Datensatz der Lastschrift angegebene Fälligkeitstag“ maßgeblich289. Unter diesem „Fälligkeitstag“ verstehen die Zahlungsdienstleister gerade nicht die Fälligkeit nach dem Valutaverhältnis, sondern vielmehr den Zeitpunkt, an dem der Zahlungsdienstleister des Zahlers mit der Ausführung des Zahlungsvorgangs beginnen soll. Denn an diesem Tag belastet der Zahlungsdienstleister des Zahlers das Konto des Zahlers290; und erst ab diesem Tag soll die Ausführungsfrist laufen291. Somit dürfen die Zahlungsdienstnutzer aufgrund von § 675s BGB erst mit einer Gutschrift beim Zahlungsempfänger am Tag nach dem „Fälligkeitstag“ rechnen. Freilich ist eine bestimmte Handhabung der Zahlungsdienstleister für die Gesetzesauslegung nicht relevant. Sie zeigt aber sehr anschaulich die Interessen der Zahlungsdienstleister auf: Die Zahlungsdienstleister sind ohne weiteres bereit, einen Widerruf zu beachten, der vor dem Beginn der Ausführung eingeht. Dieses Interesse deckt sich mit dem generellen Zweck des § 675p BGB. Darüber hinaus 288 Vgl. Begründung zu § 675p BGB BR-Drucks. 848/08 S. 177; Erwägungsgrund 38 zu Richtlinie ZD-RiL. 289 2.2.3 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.2.4 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren (Zahlerseite). 290 2.4.1 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.4.1 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren (Zahlerseite). 291 2.4.4 (2) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.4.4 (2) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren (Zahlerseite). Diese Ausführungen gelten prinzipiell auch für die Abbuchungsauftragslastschrift. Hier gibt der Zahlungsempfänger zwar kein Datum an, dieses wird aber ersetzt durch den Tag, an dem die Lastschrift beim Zahlungsdienstleister des Zahlers eingeht; vgl. 2.4.1 (1), 2.4.4 (2), 2.2.3 (1) der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite).
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soll sich der Beginn der Ausführung ausschließlich nach den Rechtsverhältnissen richten, an denen die Zahlungsdienstleister auch selbst beteiligt sind. Und hier versteckt sich auch der entscheidende Knackpunkt. Käme es tatsächlich auf die Fälligkeit im Valutaverhältnis an, könnten Zahler und Zahlungsempfänger die Widerrufsfrist beliebig bestimmen, ohne dass den Zahlungsdienstleistern die Möglichkeit zur Wahrung ihrer Interessen bliebe. Eine solche Lösung könnte die angestrebte Effizienzsteigerung nicht fördern. Mit dem „Fälligkeitstag“ nach § 675p Abs. 2 S. 2 BGB ist also nicht die Fälligkeit nach dem Valutaverhältnis gemeint, sondern der Tag, an dem der Zahlungsdienstleister des Zahlers mit der Durchführung des Zahlungsvorgangs beginnt. Der Gesetzgeber hätte deshalb besser die Formulierung der ZD-RiL wählen sollen, die in ihrem Art. 66 Abs. 3 den „vereinbarten Belastungstag“ als Bezugspunkt wählt292. Der Belastungsvorgang findet letztlich auf dem Zahlungskonto des Zahlers statt und ist demnach vom Valutaverhältnis losgelöst. Die hier vertretene Auffassung293 wird demnach durch die richtlinienkonforme Auslegung untermauert. (b) Rechtliche Konstruktion der Bestimmung des „Fälligkeitstags“ Wonach bestimmt sich aber der konkrete „Fälligkeitstag“ bei den Lastschriftverfahren, denen ein Zahlungsauftrag zugrunde liegt? Grundsätzlich ist auch hier der Zahlungsauftrag relevant, den der Zahler mithilfe von Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister seinem eigenen Zahlungsdienstleister zukommen lässt294. Darin kann der Zahler den Tag bestimmen, an dem sein Zahlungsdienstleister den Zahlungsvorgang ausführen soll. Enthält dieser selbst keine Terminbestimmung295, verbleibt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers als Anhaltspunkt lediglich der vom Zahlungsempfänger angegebene296 Termin. Dieser wird dem Zahlungsdienstleister des Zahlers über 292 Mit § 675p Abs. 2 S. 2 BGB soll Art. 66 Abs. 3 ZD-RiL umgesetzt werden; Begründung zu § 675p BGB BR-Drucks. 848/08 S. 177. 293 So auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675n Rn. 10. 294 Vgl. 2.3 (2) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.3 (2) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren (Zahlerseite). 295 Die Vordrucke für die SEPA-Lastschriften enthalten keine derartige zeitliche Konkretisierung. 296 Vgl. 4.6 (1), 5.6 (1) der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite); 2.3 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-BasisLastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.3 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.3 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); bei der Abbuchungsauftragslastschrift muss der Zahlungsempfänger dafür sorgen, dass diese dem Zahlungsdienstleister des Zahlers zum gewünschten Termin weitergeleitet wird, vgl. Fußnote Nr. 291.
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den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bekannt gemacht297. Bestimmt der Zahlungsempfänger in diesen Fällen den Fälligkeitstag, wird diese Konkretisierung Bestandteil des Zahlungsauftrags und somit auch Teil des Anspruchs- und Pflichtenverhältnisses zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister. In dem in zeitlicher Hinsicht offen erklärten Zahlungsauftrag ist nämlich eine Bevollmächtigung des Zahlungsempfängers zu dieser Konkretisierung zu sehen298. Folglich ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegenüber dem Zahler zur Durchführung des Zahlungsauftrags zu diesem Zeitpunkt verpflichtet. Gewiss ist ein Konnex zwischen diesem „Fälligkeitstag“ und dem Fälligkeitstermin aus dem Valutaverhältnis im Regelfall nicht abzustreiten. Der Zahler wird den Zahlungsauftrag so bestimmen bzw. durch den Zahlungsempfänger bestimmen lassen, dass der Zahlungsempfänger entsprechend der Fälligkeit im Valutaverhältnis den Geldbetrag erhält. In den jeweiligen Rechtsverhältnissen mit den Zahlungsdienstleistern ist dies aber keinesfalls zwingend, so dass diese Termine abstrakt voneinander zu behandeln sind. (bb) Tatbestandsmerkmal „Ende des Geschäftstags“ Wurde der „Fälligkeitstag“ als Bezugspunkt ermittelt, muss der Widerruf des Zahlers bis zum Ablauf des vorhergehenden Geschäftstags bei seinem Zahlungsdienstleister eingehen. Da § 675n Abs. 1 S. 3 BGB entsprechend anwendbar ist299, kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers auch hierfür „Cut-Off“-Zeiten festlegen. Im Zweifel gelten hierbei die für den Zahlungsauftrag bestimmten Zeiten. Besteht keine solche Regelung, ist lediglich der tatsächliche Eingang des Widerrufs relevant. Somit erübrigt sich die aus den allgemeinen Zugangsregeln bekannte Frage, bis zu welchen Zeitpunkten noch mit der Kenntnisnahme des Widerrufs zu rechnen ist. (cc) Abweichende Vereinbarungen Versucht der Zahlungsdienstleister andere Ausschlussfristen für die Widerrufserklärung durch Vereinbarungen zu installieren, ist dies gegenüber Verbrauchern 297 Vgl. 4.6 (5), 5.6 (5) der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite); 2.3 (1) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-BasisLastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.3 (2) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite); 2.3 (2) der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren (Zahlerseite). 298 Ob diese Bevollmächtigung eine Innen- oder Außenvollmacht darstellt, kann an dieser Stelle offen bleiben. Zum selben Ergebnis kommt man, wenn man den Zahlungsauftrag in zeitlicher Hinsicht als aufschiebend bedingt ansieht – das entscheidende Ereignis für den Fristbeginn ist dann der Eingang der Zahlungsunterlagen beim Zahlungsdienstleister des Zahlers. 299 C.I.3.b)bb)(1)(a)(cc)(a).
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gemäß § 675e Abs. 1, 4 BGB unzulässig300 – das AGB-Recht muss hier nicht bemüht werden. Gegenüber Unternehmern muss sich diese Klausel in aller Regel vor dem AGB-Recht messen lassen und ist im Normalfall nach § 307 BGB unwirksam. Schließlich besteht hier kein besonderes Interesse des Zahlungsdienstleisters, warum er vor dem Geschäftstag, der dem Ausführungstag vorhergeht, vom Widerruf erfahren sollte301. Denn es verbleibt ihm noch genug Zeit, auf den Widerspruch zu reagieren – schließlich beginnt die Ausführungsfrist erst am Folgetag, so dass er die Automatismen auch erst dann in Gang setzen muss. (dd) Beweislast Da sich dieser rechtsfolgenvernichtende Widerspruch nur hinsichtlich der technischen Konstruktion seiner Rechtsfolge vom wirksamkeitshindernden Widerspruch unterscheidet, ist die Beweislastverteilung in beiden Fällen identisch zu beurteilen. Deshalb trägt auch hier derjenige die Beweislast, der sich auf einen wirksamen Widerruf beruft – in diesen Fällen also der Zahlungsdienstleister des Zahlers.302 (b) Weitere Möglichkeiten zum Widerruf eines Zahlungsauftrags nach § 675p BGB Mit § 675p Abs. 3 BGB nimmt der Gesetzgeber auf Zahlungsaufträge mit einer Terminbestimmung Rücksicht. Diese Fristverlängerung kommt aber nur bei Zahlungsvorgängen in Betracht, die „vom Zahler“ ausgelöst wurden. Andernfalls geht der Verkehrsschutzgedanke des § 675p Abs. 2 S. 1 BGB vor303 – warum soll der Zahlungsempfänger nur wegen der Terminvereinbarung nicht auf die Beständigkeit vertrauen dürfen? Nach § 675p Abs. 3 BGB kann der Zahler seinen Zahlungsauftrag „bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Tag widerrufen.“ Da dieser „vereinbarte Tag“ dem „vereinbarten Fälligkeitstag“ nach § 675p Abs. 2 S. 2 BGB entspricht, handelt es sich hier um prinzipiell gleiche Regelungen: Der Zahler beauftragt seinen Zahlungsdienstleister mit der Durchführung eines Zahlungsvorgangs zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auf welchem Wege dieser Zeitpunkt be300 Die Verkürzung wirkt deshalb zulasten des Zahlers, weil er auch früher an die im Zahlungsauftrag enthaltene Autorisierung [vgl. C.II.1.b)] gebunden ist. 301 Zur Unwirksamkeit nach § 307 BGB vgl. C.I.3.b)bb)(1)(a)(bb) i.V. m. C.I.3.b) bb)(1)(a)(cc)(b). 302 Vgl. C.I.3.b)bb)(1)(c); siehe auch Masuch in: MüKo-BGB § 355 Rn. 39, der für den Widerruf nach § 355 BGB die allgemeinen Beweisgrundsätze anwendet. 303 Im Ergebnis wie hier Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675p Rn. 8, der bei Terminbestimmungen in Fällen des § 675p Abs. 1 S. 2 BGB das Einverständnis entsprechend § 675p Abs. 4 S. 2 BGB für notwendig hält; unklar Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675n Rn. 13.
I. Mitteilungsphase
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stimmt wird304, kann für die Grundidee des § 675p BGB jedoch dahinstehen. Von diesem technischen Unterschied abgesehen gelten die obigen Ausführungen zu § 675p Abs. 2 S. 2 BGB305. Zudem ermöglicht § 675p Abs. 4 S. 1 BGB eine Vereinbarung zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zur Verlängerung der hier beschriebenen Widerrufsfristen. Dies ist prinzipiell auch rückwirkend möglich306. Wird der Zahlungsvorgang „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst, verknüpft § 675p Abs. 4 S. 2 BGB die Wirksamkeit eines solchen späteren Widerrufs mit der Zustimmung des Zahlungsempfängers. § 675p Abs. 5 BGB ist ausschließlich für das Rechtsverhältnis zwischen den Zahlungsdienstleistern relevant307. (c) Ausschlusswirkung des § 675p BGB § 675c Abs. 1 BGB ordnet das Recht der Zahlungsdienste als spezielle Geschäftsbesorgung ein und ermöglicht so prinzipiell die Anwendung von § 665 BGB. Dadurch entsteht ein Konflikt zwischen dem allgemeinen Weisungsrecht308 des Zahlungsdienstnutzers als Geschäftsherrn und der Sonderregel des § 675p BGB. Während es für den Zahler nach den früheren verschiedenen Rechtslagen möglich war, Gegenweisungen bzw. Kündigungen auszusprechen309, tritt heute an diese Stelle § 675p BGB310. Der Zahler soll durch diese Norm daran gehindert werden, nach Zugang seines Zahlungsauftrags in den Zahlungsvorgang einzugreifen und diesen stoppen zu können. Dieser Zweck würde vereitelt stünde dem Zahler jederzeit ein allgemeines Gegenweisungsrecht zu. Somit ist § 675p BGB diesbezüglich als abweichende Regelung im Sinne des § 675c Abs. 1 BGB zu verstehen311. § 675p BGB stellt bezüglich der nachträglichen Korrekturmöglichkeiten auch eine abschließende Regelung dar. Mit dieser Norm wurde Art. 66 ZD-RiL umgesetzt. Die Vollharmonisierung nach Art. 86 ZD-RiL erlaubt keine anderweitigen Regelungen – mithin sind allgemeine und weitere Normen aus dem allgemeinen Auftragsrecht nicht anwendbar. Die Befugnis zur Gegenweisung bezüglich eines konkreten Zahlungsauftrags endet demnach mit den jeweiligen Terminen des § 675p BGB.312 304
Zur Terminbestimmung bei Lastschriften vgl. C.I.3.b)bb)(2)(a)(aa)(b). Siehe C.I.3.b)bb)(2)(a). 306 Vgl. Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675p Rn. 8. 307 Begründung zu § 675p Abs. 5 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 178. 308 Zur generellen Weisungsunterworfenheit des Beauftragten vgl. Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 665 Rn. 1. 309 Vgl. hierzu Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675p Rn. 2 ff. 310 So auch Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675j Rn. 9. 311 So wohl auch Lohmann in: BuB Rn. 20/106, der Art. 66 Abs. 3, 54 Abs. 3 ZDRiL als Einschränkung der Gegenweisungsbefugnis sieht. 312 Vgl. auch Lohmann in: BuB Rn. 20/106. 305
134
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Geht eine Widerrufserklärung des Zahlers zu spät bei seinem Zahlungsdienstleister ein, ist hierin zugleich ein Angebot des Zahlers zu sehen, eine Vereinbarung nach § 675p Abs. 4 BGB abzuschließen. Somit steht es dem Zahlungsdienstleister des Zahlers frei, das Angebot anzunehmen und den Zahlungsvorgang zu stoppen.313 So kann in jedem Fall die Widerrufsfrist nachträglich faktisch verlängert werden. Bei „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelösten Zahlungsvorgängen muss nach § 675p Abs. 4 S. 2 BGB noch dessen Zustimmung eingeholt werden. Auf den Zugang der Annahmeerklärung kann jedoch nicht nach § 151 BGB verzichtet werden. Schließlich muss der Zahler wissen, ob der Zahlungsvorgang ausgeführt wird. (d) Widerrufsmöglichkeiten des Zahlungsempfängers Bisher wurden lediglich die Gestaltungsmöglichkeiten des Zahlers abgehandelt, während auf die des Zahlungsempfängers noch nicht eingegangen wurde. Signifikanter Unterschied ist auch hier die Unanwendbarkeit des § 675p BGB, da die Mitteilung des Zahlungsempfängers keinen Zahlungsauftrag darstellt314. Eine analoge Anwendung des § 675p BGB scheidet mangels vergleichbarer Interessenlage aus: Zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister bestehen keine zwingenden gesetzlichen Ausführungsfristen, so dass eine Zäsur durch den reinen Zugang nicht notwendig ist. Deshalb kann hier auf das allgemeine Auftragsrechtsrecht abgestellt werden, nachdem der Zahlungsempfänger seine Weisungen315 stets mittels einer Gegenweisung „widerrufen“ kann, bis sein Zahlungsdienstleister mit der Ausführung der Weisung begonnen hat316. Für den Zugang einer solchen Erklärung gilt grundsätzlich § 130 Abs. 1 BGB. Mangels besonderen Regelungen in den §§ 675c ff. BGB sind vertragliche Abweichungen im Rahmen des Rechts über AGB zulässig317. 4. Handlungspflichten aufgrund einer wirksamen Mitteilung Ist die Mitteilung des Zahlungsdienstnutzers wirksam, entstehen dadurch Handlungspflichten seines Zahlungsdienstleisters: Grundsätzlich muss er die Weisung befolgen und den Zahlungsvorgang ausführen. Lehnt er dies jedoch ab, 313 Vgl. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.14“; Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675p Rn. 8. 314 Siehe C.I.1.a) und C.I.2. 315 In § 665 BGB ist die Weisungsbefugnis des Auftraggebers und Weisungsgebundenheit des Beauftragten gesetzlich verkörpert, vgl. Hönn in: jurisPK-BGB § 665 Rn. 1; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 665 Rn. 1. § 665 BGB ist über § 675c Abs. 1 BGB auch für Zahlungsdienste (subsidiär) anwendbar. 316 Vgl. Bitter WM 2010, 1773 (1774); auch Lohmann in: BuB Rn. 20/106 m.w. N. 317 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Widerruf des Zahlungsauftrags in C.I.3. b)bb)(1)(a).
I. Mitteilungsphase
135
kann er zur Unterrichtung seines Zahlungsdienstnutzers verpflichtet sein. Die Befugnis zur Ablehnung richtet sich danach, ob weitere Voraussetzungen – neben einer wirksamen Mitteilung – erfüllt sind. a) Zusätzliche Voraussetzungen Grundsätzlich verpflichtet § 675f Abs. 2 BGB den Zahlungsdienstleister zur Ausführung von Zahlungsvorgängen, sofern ein Zahlungsdiensterahmenvertrag mit dem Zahlungsdienstnutzer besteht. Das Gesetz enthält keine weiteren Erfordernisse. Dass in diesem Rahmenvertrag aber besondere Ausführungsbedingungen vereinbart werden können, ergibt sich für die Zahlerseite aus dem Umkehrschluss des § 675o Abs. 2 BGB318. Für die Zahlungsempfängerseite besteht keine direkte Regelung über die Voraussetzungen einer Handlungspflicht des Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers319. Allerdings setzt § 675s Abs. 2 BGB eine Vereinbarung zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister voraus, was letztlich auf die Privatautonomie zurückzuführen ist. Die Parteien können Ablehnungsgründe320 im Zahlungsdiensterahmenvertrag also frei vereinbaren321; Grenzen setzt nur das AGB-Recht. Von dieser Möglichkeit machen die Zahlungsdienstleister auf Zahlerseite reichlich Gebrauch: Der Zahlungsbetrag muss vom Kontoguthaben oder einer eingeräumten Kreditlinie gedeckt sein322 bzw. muss sich im Rahmen eines Verfügungslimits bewegen323. 318 Die nach § 675o Abs. 2 BGB erforderliche Autorisierung (§ 675j BGB) wird im Rahmen der Autorisierungsphase näher erläutert; vgl. C.II. 319 Ebenso für die direkte Unanwendbarkeit des § 675o Abs. 2 BGB auf dieses Rechtsverhältnis Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675o Rn. 5. Allerdings ist diese Norm analog anwendbar vgl. C.I.4.b)bb)(2). 320 Zu diesem Begriff vgl. Schulze/Schulte-Nölke in: Handkommentar-BGB § 675o Rn. 2. 321 Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 12 Anm. 1 „V.9.2“; unklar insoweit Sprau in: Palandt § 675o Rn. 1, der aufgrund § 675o Abs. 2 BGB eine Beschränkung der Privatautonomie „in diesem Bereich“ annimmt; eine solche Rechtsfolge ist aber weder dem Gesetzestext, noch den Materialien, noch dem Art. 65 Abs. 2 ZD-RiL zu entnehmen – § 675o Abs. 2 BGB ist vielmehr das Ergebnis bereits ausgeübter Privatautonomie. 322 1.6 der Sonderbedingungen-Banken für den Überweisungsverkehr; 2.3.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite) [auch wenn hier kein Zahlungsauftrag vorliegt, kann ein Anspruch auf Einlösung nicht bedingungslos bestehen]; 2.4.1 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite); die jeweiligen Bedingungen der Sparkassen sind inhaltsgleich; 2.4.1 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite); 2.4.1 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 323 Vgl. A.II.2, A.II.8, A.III.1.1 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard; vgl. Nr. 6 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite); Nr. 5 Abs. 2 der Bedingungen für das Online-Banking (Sparkasse).
136
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Bei Überweisungen muss der Zahlungsauftrag zwingend bestimmte Angaben enthalten324. Bei den Lastschriftverfahren muss der Zahlungsempfänger unter anderem die Kontodaten des Zahlers korrekt angegeben haben. Auch müssen die im Abbuchungsauftrags- und in den SEPA-Lastschriftverfahren notwendigen Erklärungen des Zahlers wirksam bestehen bzw. entsprechende Gegenweisungen dürfen nicht vorliegen.325 Bei der girocard, beim Onlinebanking und zum Teil bei der Kreditkarte wird die Ausführung eines Zahlungsvorgangs an die korrekte Eingabe einer PIN geknüpft326; auch darf der Nutzer für das jeweilige Zahlungsverfahren nicht gesperrt sein327. Sind die vorab vereinbarten Ausführungsbedingungen erfüllt, ist der jeweilige Zahlungsdienstleister aufgrund des Zahlungsdiensterahmenvertrags zur Bearbeitung und Durchführung der Mitteilung verpflichtet328. Für den Zahlungsdienstleister des Zahlers gilt dies nach § 675o Abs. 2 BGB, für den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist der Zahlungsdiensterahmenvertrag maßgebend, da § 675o Abs. 2 BGB lediglich im Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister Anwendung findet. b) Nichtvorliegen der Ausführungsbedingungen Ist der Zahlungsdienstleister aber nicht zur Durchführung des Zahlungsvorgangs verpflichtet und möchte dies deshalb auch unterlassen, können ihn aber trotzdem andere Handlungspflichten treffen. aa) Pflichtenstellung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers Liegt ein Ablehnungsgrund vor, ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach § 675o Abs. 1 S. 1 BGB nicht berechtigt, die Ausführung eines Zahlungsauftrags
324
1.6, 1.7, 2.1, 3.1 der Sonderbedingungen-Banken für den Überweisungsverkehr. 2.3.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite) [auch wenn hier kein Zahlungsauftrag vorliegt, kann ein Anspruch auf Einlösung nicht bedingungslos bestehen]; 2.4.1 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite); 2.4.1 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite); 2.4.1 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Firmen-Lastschrift (Zahlerseite). 326 Vgl. A.II.7, A.II.8, der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard; vgl. Nr. 6, 4 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite); Nr. 5 Abs. 2 der Bedingungen für das Online-Banking (Sparkasse). 327 Vgl. A.II.5, A.II.8, der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite); inhaltsgleich die Bedingungen für die SparkassenCard; vgl. Nr. 6 der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite); Nr. 8, 9 der Bedingungen für das Online-Banking (Sparkasse). 328 Die Haftung für einen Fehler bei der Durchführung wird in der Ausführungsphase (vgl. C.III.) behandelt. 325
I. Mitteilungsphase
137
schlicht zu unterlassen. „Lehnt der Zahlungsdienstleister die Ausführung eines Zahlungsauftrags ab, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber [. . .] zu unterrichten.“ 329 (1) Rechtsnatur der Ablehnung und der Unterrichtung Für eine rechtliche Bewertung der Ablehnung nach § 675o Abs. 1 BGB müssen die Rechtsfolgen sowohl einer erfolgten als auch einer unterlassenen Ablehnung bzw. Unterrichtung ergründet werden. Dabei legt der Wortlaut des § 675o Abs. 3 BGB nahe, die Ablehnung habe eine gewisse Gestaltungsfunktion: „Für die Zwecke der §§ 675s, 675y und 675z gilt ein Zahlungsauftrag, dessen Ausführung berechtigterweise abgelehnt wurde, als nicht zugegangen.“ 330 Im Umkehrschluss könnte man annehmen, ein nicht abgelehnter Zahlungsauftrag müsse innerhalb der Frist des § 675s ausgeführt werden, obwohl die vertraglichen Ausführungsbedingungen nicht vorliegen. Mit dieser Interpretation müsste man dem Gesetzgeber aber einen Eingriff in die Privatautonomie unterstellen. Denn eine solche Ausführungspflicht aufgrund eines Schweigens ist nichts anderes als die Fiktion einer Zustimmung des Zahlungsdienstleisters zur Abweichung vom Zahlungsdiensterahmenvertrag331. Schließlich enthalten die AGB der Zahlungsdienstleister keine solche Zustimmung kraft Unterlassens. Eine solche Eingriffsintention kann beim deutschen Gesetzgeber jedoch nicht erkannt werden332. Er betrachtet § 675o Abs. 3 BGB lediglich als Klarstellung der nicht gegebenen Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters333, was bereits gegen eine Gestaltungswirkung der Ablehnung spricht. Dieselbe Deutung wird auch für die allgemeinere Norm des § 663 BGB334 angenommen. Auch danach kommt durch das Schweigen keine Ausführungspflicht zustande, was mit dem Fehlen eines eindeutigen gesetzgeberischen Willens begründet wird.335 Diese Begründung ist auch auf den spezielleren 329 § 675o Abs. 1 S. 1 BGB; zur Unterrichtung bei Ablehnung einer Einzugsermächtigungslastschrift vgl. C.II.1.l)aa)(1)(i). 330 Diese Formulierung wurde fast wörtlich dem Art. 65 Abs. 3 ZD-RiL entnommen. Eine Gestaltungswirkung suggeriert Omlor in: Staudinger [2012] § 675o Rn. 16. 331 So auch Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675o Rn. 6. 332 Hierbei ist im Übrigen auch die Begründung zur Zahlungsdiensterichtlinie unergiebig: In Erwägungsgrund 37 betont der europäische Gesetzgeber zwar den prinzipiellen Vertrauensschutz des Zahlungsdienstnutzers hinsichtlich der Ausführung des Zahlungsvorgangs, relativiert dieses Rechtsgut allerdings sofort durch die Bezugnahme auf potentielle Ablehnungsgründe. 333 Vgl. Begründung zu § 675o Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 177; so auch Sprau in: Palandt § 675o Rn. 5; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675o Rn. 5. 334 Vgl. Sprau in: Palandt § 675o Rn. 4. 335 Seiler in: MüKo-HGB § 663 Rn. 1; Fischer in: BeckOK-BGB § 663 Rn. 1; Martinek in: Staudinger § 663 Rn. 14. Dagegen könne man beispielsweise in § 362 Abs. 1 HGB einen solchen eindeutigen Willen erkennen.
138
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
§ 675o Abs. 1 BGB übertragbar. Wenn der Gesetzgeber die Unterrichtung über die Ablehnung als deklaratorische Handlung ansieht, kann ein sehr offen formulierter § 675o Abs. 3 BGB nicht in das Gegenteil gedeutet werden. Eine unterlassene Ablehnung vermittelt dem Zahler folglich keinen Ausführungsanspruch336. Deshalb kann eine erfolgte Ablehnung auch nicht zum Untergang eines bestehenden Ausführungsanspruchs führen. Denn damit würden die zentrale Pflicht aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag aufgeweicht und die Ausführung des Zahlungsvorgangs in das freie Ermessen des Zahlungsdienstleisters gestellt – die gesetzliche Regelungen wie § 675o Abs. 2 BGB und die entsprechenden Ausführungsvereinbarungen wären sinnentleert. Aus diesem Grund hat der deutsche Gesetzgeber Art. 65 Abs. 3 ZD-RiL korrekt umgesetzt, wenn er in § 675o Abs. 3 BGB lediglich von „berechtigten“ Ablehnungen spricht337. Die von Sprau und Fehrenbacher vertretene These, § 675o Abs. 1 BGB finde auch bei unberechtigten Ablehnungen Anwendung338, ist daher nicht verständlich. Besteht kein Recht zur Ablehnung kann eine – gleichwohl erfolgte – Ablehnung zwar ein Mitverschulden des Zahlers an Folgeschäden aus der Nichtdurchführung begründen. Trotzdem ist der Geldfluss zu bewirken; ob der Zahler über die Rechtsauffassung seines Zahlungsdienstleisters informiert wird, ist unerheblich. Mangels final gewollten Rechtwirkungen der Ablehnung selbst, ist sie keine Willenserklärung. Da § 675o Abs. 1 BGB die Unterrichtung des Zahlers als Sonderform der Bekanntgabe einführt, ist die Ablehnung lediglich eine rein interne Entscheidung. Die Unterrichtung hat demgegenüber Außenwirkung und ist deshalb als geschäftsähnliche Erklärung einzustufen – §§ 104 ff. BGB sind somit entsprechend anwendbar339. (2) Frist und Form zur Unterrichtung über die Ablehnung Die Unterrichtung über die Ablehnung soll nach § 675o Abs. 1 S. 1 BGB „unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der Fristen gemäß § 675s Abs. 1“ erfolgen. Der Zahlungsdienstleister darf entsprechend § 121 Abs. 1 S. 1 BGB die Unterrichtung nicht schuldhaft verzögern340. Grundsätzlich wird aber durch den Verweis auf die Ausführungsfristen eine Höchstgrenze festgeschrieben, so dass
336 Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675o Rn. 6; so auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675o Rn. 11. 337 Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 40. 338 Sprau in: Palandt § 675o Rn. 4; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675o Rn. 2. 339 Vgl. zur Anzeigepflicht nach § 663 BGB Seiler in: MüKo-HGB § 663 Rn. 17; Fischer in: BeckOK-BGB § 663 Rn. 3; Martinek in: Staudinger § 663 Rn. 11. 340 Der Begriff „unverzüglich“ im Sinne des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine richtlinienkonforme Interpretation der Wendung „so rasch wie möglich“ nach Art. 65 Abs. 1 UA 2 ZD-RiL.
I. Mitteilungsphase
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dem Zahlungsdienstleister eine entsprechende maximale Bearbeitungspflicht auferlegt wird.341 Erforderlich ist aber nicht zwingend der Zugang der Ablehnungserklärung innerhalb dieser Frist. Dies würde den Zahlungsdienstleister zum Teil vor unlösbare Schwierigkeiten stellen. Verbleibt ihm lediglich der Postweg zur Unterrichtung, sorgen schon die längeren Postlaufzeiten für die Unmöglichkeit eines fristgerechten Zugangs.342 Der Gesetzgeber möchte das Problem dadurch umgehen, indem er die Frist als zeitliche Handlungsgrenze ansieht: Innerhalb dieser Frist müsse der Zahlungsdienstleister alles in seiner Macht stehende unternehmen, damit der Zahlungsdienstnutzer schnellstmöglich unterrichtet werde343. Es reicht demnach prinzipiell die rechtzeitige Absendung344. Es muss allerdings eine Transportmöglichkeit gewählt werden, die den schnellstmöglichen Zugang erwarten lässt. Zweifelhaft ist dabei die Unterstellung des Gesetzgebers, der Zahlungsdienstleister könne ohne weiteres den Postweg wählen, wenn zwischen ihm und dem Zahler keine Abreden über besondere Kommunikationsmittel bestünden345. Grundsätzlich ist dem zwar insoweit zuzustimmen, als bei anderen Kommunikationsmitteln zunächst stets geprüft werden muss, ob der Zahler seine Empfangsvorrichtung auch für den rechtsgeschäftlichen Verkehr bestimmt hat346. Jedoch ist es dem Zahlungsdienstleister unbenommen, dieses Problem – z. B. durch ein Telefonat mit dem Zahler – zu umgehen.347 Nur wenn der Zahlungsdienstnutzer hierunter nicht erreichbar ist, rechtfertigt dies einen Rückgriff auf die herkömmliche Post und damit einen Zugang der Unterrichtung nach Ablauf der Frist nach § 675s Abs. 1 BGB. Eine weitere Unterrichtungsmöglichkeit ist auch die – vom Gesetzgeber lediglich in seiner Begründung aufgeführte348 – Zurverfügungstellung der Unterrichtung. Diese Erleichterung kann der Zahlungsdienstleister aber nur bei einer et341
So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675o Rn. 12. Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675o Rn. 3. 343 Begründung zu § 675o Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 176; vgl. auch Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675o Rn. 3. 344 Meckel jurisPR-BKR 2009, Heft 12 Anm. 1, „V.9.1“; Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675o Rn. 4; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675o Rn. 12; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675o Rn. 4; a. A. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675o Rn. 4, der den Zugang nach § 130 BGB verlangt. Ebenso a. A. Omlor in: Staudinger [2012] § 675o Rn. 11, der grundsätzlich auch den Erfolgseintritt verlangt, jedoch im Rahmen der Unmöglichkeit nach § 275 BGB Verlängerungen im Einzelfall einräumen möchte. 345 Begründung zu § 675o Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 176; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 34; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675o Rn. 4. 346 Vgl. beispielsweise zur Kommunikation via Email: Einsele in: MüKo-BGB § 130 Rn. 18. 347 So auch Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675o Rn. 1. 348 Begründung zu § 675o Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 176. 342
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
waigen Vereinbarung mit dem Zahler in Anspruch nehmen349 – nur so widmet der Zahler dieses Verfahren als eigene Empfangseinrichtung. Inhaltlich verlangt § 675o Abs. 1 S. 2 BGB nicht nur die reine Unterrichtung über die Ablehnung. Der Zahlungsdienstleister muss dem Zahler zusätzlich die Ablehnungsgründe und Korrekturmöglichkeiten mitteilen350. (3) Schadensersatz aufgrund einer unterlassenen Unterrichtung Auch wenn die Ausführungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, drohen dem Zahlungsdienstleister Haftungsfolgen, wenn er den Zahler nicht pflichtgemäß über die Ablehnung unterrichtet. Grundsätzlich handelt es sich um eine Pflichtverletzung aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag, bei der an die §§ 280 ff. BGB zu denken ist351. (a) Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB Beim Rückgriff auf allgemeine Haftungsinstrumente muss allerdings § 675z S. 1 BGB beachtet werden. Dieser schreibt den abschließenden Charakter der § 675u und § 675y BGB hinsichtlich ihres jeweiligen Anwendungsbereichs fest. Ausgeschlossen sind danach alle anderen Anspruchsgrundlagen, mit denen dieselben Rechtsfolgen wie in §§ 675u, 675y BGB herbeigeführt werden können352. In diesen Fälle sind die §§ 280 ff. BGB jedenfalls nicht anwendbar. Mit § 675u BGB kann der Zahler im Ergebnis eine nicht autorisierte Belastung seines Zahlungskontos rückgängig machen. § 675y Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB verschaffen dem Zahler ebenso Erstattungsansprüche für den Fall einer fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags. Letztlich haben beide Normen einen Ausgleich der Belastung zum Ziel, die aber bei einer Ablehnung gerade nicht erfolgt. Der Weg zu den allgemeinen vertraglichen Haftungsnormen wird demnach nicht durch § 675z S. 1 BGB verstellt.
349 Diese Variante wird von Art. 65 Abs. 1 UA 2 ZD-RiL explizit genannt, so dass jedenfalls eine richtlinienkonforme Auslegung zu einer erweiterten Handhabe des § 675o Abs. 1 BGB zwingt; im Ergebnis auch Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675o Rn. 2; davon wurde zumeist Gebrauch gemacht, beispielsweise in 1.7 der Sonderbedingungen-Banken für den Überweisungsverkehr. 350 Omlor in: Staudinger [2012] § 675o Rn. 12; Langenbucher in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675o Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675o Rn. 9. 351 Vgl. Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675o Rn. 6; grundsätzlich auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675o Rn. 13; Omlor in: Staudinger [2012] § 675o Rn. 17; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675o Rn. 8. 352 Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675z Rn. 2 f.
I. Mitteilungsphase
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Da die ZD-RiL für die unterlassene Unterrichtung überhaupt keine Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation trifft, verstößt die Anwendung allgemeiner Haftungsnormen auch nicht gegen das Vollharmonisierungsgebot353. (b) Tatbestandsmerkmale der §§ 280 ff. BGB Die nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB notwendige Pflichtverletzung aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag liegt in der nicht erfolgten oder zu späten Unterrichtung. Konkret bedeutet dies, dass der Zahlungsdienstleister nicht unverzüglich – spätestens aber innerhalb der Fristen nach § 675s BGB – die Informationshandlung getätigt hat, die den schnellstmöglichen Zugang der Unterrichtung versprochen hätte. Daraus kann dem Zahler ein Schaden entstehen, wenn er mangels eines Hinweises auf die Ausführung des Zahlungsauftrages vertraut. Rechnet er mit der rechtzeitigen Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Valutaverhältnis, drohen ihm selbst negative Rechtsfolgen – wie Schadensersatzansprüche, Vertragsstrafen und Rücktritt bzw. Kündigung – aus diesem Valutaverhältnis. Diese Vermögensminderungen müssen aber auch kausal auf die unterlassene Ablehnungsmitteilung zurückgehen354. Dem Zahler müsste es bei rechtzeitiger Unterrichtung möglich gewesen sein, die negativen Folgen abzuwenden; sei es durch eine anderweitige Zahlung oder durch entsprechende Absprachen im Valutaverhältnis. Stimmt der Zahler den Zahlungsauftrag aber mit dem Fälligkeitsdatum im Valutaverhältnis ab, indem er die Ausführungsfristen nach § 675s BGB genau einberechnet, nehmen die unterschiedlichen Fristen Einfluss auf die Kausalität: Während im Falle der Ausführung der Zahlungsbetrag spätestens am Tag nach dem Zugang beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingehen müsste, hat der Zahler im Falle einer Ablehnung nicht zwingend einen Anspruch auf Zugang der Ablehnungsunterrichtung bis zu diesem Zeitpunkt355. Der Zahler könnte auch bei pflichtgemäßer Mitteilung nicht mehr reagieren. Bei knapper Planung kann die Kausalität der Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden folglich entfallen. Ob neben den Tatbestandsmerkmalen des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB356 noch weitere Voraussetzungen notwendig sind, hängt – wegen der Systematik des § 280 BGB – von der Kategorie des beschriebenen Schadensbildes ab. 353
Zur Vollharmonisierung und der Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation vgl. C.II.2.
b)bb). 354 Zur Beachtlichkeit dieser Schadenspositionen auch gegenüber den Zahlungsdienstleistern trotz genereller Trennung der Rechtsverhältnisse vgl. B.III.4. 355 Vgl. C.I.4.b)aa)(2). 356 Zwar erfordert ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB auch ein Vertretenmüssen des Schuldners. Nach der Gesetzeskonstruktion muss sich dieser aber
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
„Schadensersatz statt der Leistung“ liegt vor, wenn der Schaden durch das endgültige Ausbleiben der Leistung entsteht; wenn er also durch eine Fristsetzung und das Nachholen der Leistung prinzipiell noch verhindert bzw. beseitigt werden könnte357. Dies ist hier aber nicht der Fall, da das falsche Vertrauen des Zahlers durch eine spätere Unterrichtung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann – eine Nachfrist oder Nachholung könnte ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Es liegt daher kein Anspruch auf „Schadensersatz statt der Leistung“ vor. Ob hier ein „Verzögerungsschaden“ nach § 280 Abs. 2 BGB oder ein „einfacher Schaden“ nach § 280 Abs. 1 BGB vorliegt, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn mit Ablauf der Unterrichtungsfrist358 ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB in Verzug. Einer expliziten Mahnung des Zahlers bedarf es hier deshalb nicht, weil § 675o Abs. 1 BGB seinen Zahlungsdienstleister zur unverzüglichen Unterrichtung verpflichtet. Es gibt dabei also keine Unklarheiten, wann es dem Zahler auf die Leistung (also die Unterrichtung) ankommt. Aufgrund dieser eindeutigen gesetzlichen Verpflichtung ist es nicht nötig, dass der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nochmals mittels einer Mahnung die negativen Folgen einer weiteren Verzögerung deutlich macht359. § 675o Abs. 1 BGB verschafft dem Zahlungsdienstleister präzise Kenntnis, ab wann er seiner Verpflichtung nachkommen muss bzw. ab wann der Zahler eine Verzögerung nicht ohne weiteres dulden wird. Ordnet man den beschriebenen Schaden als Verzögerungsschaden nach § 280 Abs. 2 BGB ein, sind dessen Voraussetzungen direkt mit der Pflichtverletzung ebenfalls erfüllt. Somit ergibt sich in den Tatbestandsvoraussetzungen kein Unterschied zum „einfachen Schadensersatz“ nach § 280 Abs. 1 BGB360. (c) Beweislast für die Haftungsvoraussetzungen Grundsätzlich hat der Zahler die Pflichtverletzung, den Schaden sowie den Kausal- und Zurechnungszusammenhang zu beweisen. Da die Pflichtverletzung letztlich in einer unterlassenen rechtzeitigen Handlung des Zahlungsdienstleisters selbst exkulpieren. Dieses Merkmal ist demnach eine Einwendung des Schuldners, deren Voraussetzungen er auch zu beweisen hat; vgl. Grüneberg in: Palandt § 280 Rn. 40. 357 Vgl. hierzu Medicus/Lorenz § 30 Rn. 352; Grüneberg in: Palandt § 280 Rn. 18 m.w. N. 358 Vgl. C.I.4.b)aa)(2). 359 Vgl. Unberath in: BeckOK-BGB § 286 Rn. 1; Looschelders Rn. 581, 585; zum Schutzzweck des § 286 BGB und der Mahnung vgl. auch Canaris ZIP 2003, 321 (322 f.); Grigoleit/Riehm JUS 2004, 745 (747); Katzenstein JURA 2004, 584 (592). 360 Bei Verletzungen der Unterrichtungspflicht nach § 663 BGB geht man überwiegend von einer Liquidierung über § 280 Abs. 1 BGB aus; vgl. Seiler in: MüKo-BGB [2009] § 663 Rn. 21; Mansel in: Jauernig § 663 Rn. 3; Schulze in: HandkommentarBGB § 663 Rn. 3; Hönn in: jurisPK-BGB § 663 Rn. 11. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass bei § 663 BGB nicht zwingend ein Rahmenvertrag besteht, so dass die Erwägungen nicht ohne weiteres übernommen werden können.
I. Mitteilungsphase
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bestand, müsste der Zahler einen fast unmöglichen Negativbeweis durchführen. Hier hilft auch keine sekundäre Darlegungslast des Zahlungsdienstleisters: Selbst wenn dieser substantiiert vorträgt, wann er seiner Handlungspflicht nachgekommen sein soll, kann der Zahler regelmäßig das Gegenteil nicht beweisen. Auch deshalb weicht die Rechtsprechung in solchen Fällen von der allgemeinen Beweislastverteilung ab und stellt in Ausnahmefällen darauf ab, „in wessen Obhuts- und Gefahrenbereich die Schadensursache lag“ 361. Mit diesem Kriterium schließt sich wieder der Kreis zu den allgemeinen Voraussetzungen der Beweislastumkehr362. In den Ablehnungsfällen ist dem Zahlungsdienstleister eine Protokollierung der Vorgänge möglich und zumutbar – auch weil er für die Unterrichtung ein Entgelt vereinbaren kann. Deshalb hat er im Prozess sein pflichtgemäßes Verhalten auch zu beweisen.363 Für die Kausalität kann auf die Beweiserleichterungen aus den allgemeinen Beratungs- und Aufklärungsfällen364 zurückgegriffen werden. Die zugrunde liegenden Erwägungen sind auch auf die Unterrichtungspflicht nach § 675o Abs. 1 BGB anwendbar, weil diese über die reine Kenntnisverschaffung hinaus geht und dem Zahler eine Art Handlungsanleitung zur Korrektur geben soll365. Es besteht daher eine Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Dass ein Schaden eingetreten ist und dieser durch die unterstellte Korrektur vermieden worden wäre, bemisst sich nach der allgemeinen Beweislastverteilung – den Schaden muss der Zahler demnach vollständig belegen. (d) Rechtsfolge des § 280 BGB Der Inhalt des Schadensersatzanspruchs bestimmt sich nach § 249 Abs. 1 BGB. Der dort verankerte Grundsatz der Naturalrestitution fordert grundsätzlich die „Herstellung des gleichen wirtschaftlichen Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde“ 366. Der Zahlungsdienstleister muss den Zahler so stellen, als hätte er ihn rechtzeitig über die Nichtausführung des Zahlungsauftrags informiert und der Zahler hätte aufgrund dieser Mitteilung negative Folgen im Valutaverhältnis abgewendet.367 Der Zahlungsdienstleister muss das beschä361
BGH NJW 2009, 142 (juris-Rn. 15), so auch Grüneberg in: Palandt § 280 Rn. 37. Vgl. hierzu C.I.3.a)aa)(4)(b). 363 Stuft man die Unterrichtungspflicht als Leistungspflicht ein, so kann unterstützend BGH WM 1993, 658 (juris-Rn. 25 f.) herangezogen werden: Aufgrund der Beweislastverteilung im Rahmen des § 362 BGB ist ein Beauftragter auch im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs beweispflichtig dafür, dass er seiner Verpflichtung nach § 666 BGB umfassend nachgekommen ist. 364 Vgl. Grüneberg in: Palandt § 280 Rn. 39. 365 Siehe hierzu Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 101 f. 366 Grüneberg in: Palandt § 249 Rn. 2; vgl. auch BGH NJW 1985, 793 (juris-Rn. 8). 367 Dieser Anspruch wird im Rahmen des § 663 BGB als „Vertrauensschaden“ bezeichnet; vgl. Seiler in: MüKo-BGB [2009] § 663 Rn. 21; Mansel in: Jauernig § 663 362
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
digte Valutaverhältnis wieder korrigieren. Entstehen dem Zahler im Valutaverhältnis weitere Zahlungspflichten, hat der Zahlungsdienstleister den Zahler von diesen freizustellen. Komplizierter wird es sicherlich, wenn der Zahlungsempfänger wegen der Zahlungsverzögerung von Rücktritts- oder Kündigungsrechten Gebrauch macht. Naturalrestitution im eigentlichen Sinne ist hier die Wiederherstellung der vertraglichen Bindung des Zahlungsempfängers gegenüber dem Zahler – prinzipiell muss der Zahlungsdienstleister den Zahlungsempfänger dazu bewegen, einen erneuten Vertrag mit dem Zahler zu den ursprünglichen Konditionen abzuschließen. Bei Handelsverträgen dürfte das Interesse des Zahlers am Bestand des konkreten Vertrags sehr gering sein, sofern seine finanziellen Interessen ersetzt werden. In diesen Fällen kann der Zahlungsdienstleister nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB die Naturalrestitution wegen Unverhältnismäßigkeit ablehnen368 und sich auf eine Geldleistung beschränken. Kündigt der Zahlungsempfänger wegen des Zahlungsverzugs aber Mietverträge von Geschäfts- oder sogar Wohnräumen, kann sich im Einzelfall die Verhältnismäßigkeitsabwägung369 – nicht nur aufgrund des Eingreifens immaterieller Interessen – verschieben, so dass der Zahlungsdienstleister einen erneuten Vertrag aushandeln und damit das verlorene Objekt bzw. ein gleichwertiges und gleichartiges370 Objekt wieder beschaffen muss. Kommt es dabei zu laufenden Mehrkosten, sind diese – bis zur Grenze des § 251 Abs. 2 BGB – vom Zahlungsdienstleister zu tragen.371 Mit dieser Verpflichtung wird die der Neuregelung innewohnende Trennung der Zahlungsverhältnisse vom Valutaverhältnis in einer zulässigen Weise beschränkt372. Schließlich handelt es sich hier um einen Rückgriff auf allgemeine Haftungsnormen; ergeben sich keine Anhaltspunkte gegen ihre Anwendbarkeit373, wird damit automatisch eine gewisse Verwässerung in Kauf genommen. (e) Mitverschulden des Zahlers Grundsätzlich nimmt dieser Schadensersatzanspruch dem Zahler die Nachteile einer nicht rechtzeitigen Leistung im Valutaverhältnis ab. Das Ausbleiben der Leistung liegt aber zunächst am Fehlen der vereinbarten AusführungsvoraussetRn. 3; Schulze in: Handkommentar-BGB § 663 Rn. 3; Hönn in: jurisPK-BGB § 663 Rn. 11. 368 Dabei hat der Zahlungsdienstleister Wahlfreiheit, ob er auf § 251 Abs. 2 BGB zurückgreift; vgl. Schiemann in: Staudinger § 251 Rn. 24. Er trägt jedoch die Beweislast für das Vorliegen der Unverhältnismäßigkeit der Naturalrestitution; Schubert in: BeckOK-BGB § 251 Rn. 32. 369 Hierzu ausführlich Schiemann in: Staudinger § 251 Rn. 16 ff. 370 Zu diesem Begriffspaar vgl. Oetker in: MüKo-BGB § 249 Rn. 315 ff. 371 Der Rechtsordnung sind solche Beschaffungsansprüche nicht fremd. Auch im Kapitalanlagerecht kann ein getäuschter Anleger einen Anspruch auf Wiederbeschaffung von Wertpapieren haben, vgl. Sethe in: Assmann/Schneider §§ 37b, c Rn. 126. 372 Vgl. B.III.4. 373 Vgl. hierzu C.I.4.b)aa)(3)(a).
I. Mitteilungsphase
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zungen – hätte der Zahler diese eingehalten, wäre der Schaden ebenso ausgeblieben. Muss er sich also ein anspruchsminderndes Mitverschulden nach § 254 BGB entgegenhalten lassen? Grundsätzlich sind auch hier die allgemeinen Erwägungen zu den Beratungs- und Aufklärungspflichten vergleichend heranzuziehen. Dort kann sich der Aufklärungspflichtige zumeist nicht mit dem Hinweis entlasten, der Aufzuklärende hätte den Fehler selbst erkennen können374. Im Ergebnis ist dem auch für die Unterrichtungspflicht nach § 675o Abs. 1 BGB zuzustimmen. Der Gesetzgeber hat den Zahlungsdienstleister bewusst zur Information verpflichtet375 – ihn trifft also in jedem Falle eine Überprüfungspflicht. Die Neuregelung enthält selbst keine Sanktionsmöglichkeiten, die den Zahlungsdienstleister zu einer gesetzeskonformen Handhabe bewegen. Würde man dem Zahler im Rahmen seiner Schadensersatzforderung über § 254 BGB eine Überwachungspflicht auferlegen, würde die Unterrichtungspflicht stark entwertet. Auch wenn das Fehlen einer Ausführungsvoraussetzung noch so offensichtlich ist, bedeutet dies keine unangemessene Benachteiligung des Zahlungsdienstleisters: In diesem Fall fällt ihm die Prüfung auch entsprechend leicht; zudem erlaubt § 675o Abs. 1 S. 4 BGB die Vereinbarung eines Entgelts für die Unterrichtung, so dass dem Zahlungsdienstleister keine unzumutbare Kostenlast droht. Die Grenze ist allerdings erreicht, wenn der Zahler seiner vertraglichen Obliegenheit, Kontoauszüge unverzüglich zu überprüfen376, nicht nachkommt. Mittels einer solchen Vereinbarung verschiebt sich die Verantwortlichkeit der Beteiligten im Rahmen des § 254 BGB. Findet der Zahler einen Zahlungsvorgang auf seinem Kontoauszug nicht wieder, obwohl dieser in zeitlicher Hinsicht längst hätte ausgeführt werden müssen, so ist sein Vertrauen in die fehlende Unterrichtung nicht mehr schützenswert. Für einen jetzt eintretenden Schaden ist er überwiegend verantwortlich, so dass nach § 254 BGB die Haftung des Zahlungsdienstleisters komplett entfällt. (4) Zusammenfassung Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist im Falle einer Ablehnung zur unverzüglichen Unterrichtung des Zahlers verpflichtet. Die Unterrichtung ist als geschäftsähnliche Handlung anzusehen. Kommt der Zahlungsdienstleister dieser Pflicht nicht nach, drohen ihm Schadensersatzansprüche aus den allgemeinen Haftungsnormen. Für die Pflichtverletzung und die Kausalität der Unterrichtung 374 Vgl. Schiemann in: Staudinger § 254 Rn. 59; Oetker in: MüKo-BGB § 254 Rn. 58. 375 Anders im Fall des OLG Hamm, WM 1984, 1222: Hier wurde die Benachrichtigungspflicht lediglich dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB entnommen; deshalb kann diese Pflicht im Ergebnis auch wieder durch Billigkeitserwägungen eingeschränkt und ein Mitverschulden angenommen werden. 376 Vgl. Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken; Nr. 20 g) AGB-Sparkassen.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
für die Fehlerkorrektur kommt dem Zahler eine Beweislastumkehr zugute. Ein Mitverschulden am entstandenen Schaden trifft ihn im Regelfall nicht. bb) Pflichtenstellung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers Reicht der Zahlungsempfänger bei seinem Zahlungsdienstleister eine Mitteilung zur Durchführung eines Zahlungsvorgangs ein, können dem Zahlungsempfänger Ansprüche auf Weiterleitung der Zahlungsunterlagen an den Zahlungsdienstleister des Zahlers zustehen377. Möchte sein Zahlungsdienstleister die Zahlungsunterlagen aber nicht an den Zahlungsdienstleister des Zahlers weiterleiten, können sich auch in diesem Verhältnis anderweitige Reaktionspflichten ergeben. (1) Anwendbarkeit von § 675o Abs. 1 BGB Zunächst scheint die Unterrichtungspflicht nach § 675o Abs. 1 BGB auch in diesem Verhältnis anwendbar zu sein. Schließlich ist dessen Wortlaut – im Gegensatz zu §§ 675o Abs. 2, 675s Abs. 1 BGB – nicht auf Handlungspflichten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers beschränkt, sondern neutral formuliert. Problematisch ist hierbei jedoch, dass § 675o Abs. 1 BGB von der Ablehnung der „Ausführung eines Zahlungsauftrags“ spricht. Da der Zahlungsauftrag lediglich Rechtswirkungen ausschließlich zwischen Zahler und dessen Zahlungsdienstleister wirkt, ist nur der Zahlungsdienstleister des Zahlers zur Ausführung des Zahlungsauftrags verpflichtet. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist vom Zahlungsauftrag überhaupt nicht betroffen; er ist nicht verpflichtet, den Zahlungsauftrag auszuführen. Daher kann er diese Handlung auch nicht ablehnen. Allerdings ist der deutsche Gesetzgeber entgegen der technischen Interpretation des Wortlauts der Ansicht, dass die Ablehnung „sowohl im Verhältnis Zahler – Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch im Verhältnis Zahlungsempfänger – Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers erfolgen“ 378 kann. Angesichts dieser Intention muss der Wortlaut als Redaktionsversehen eingestuft werden. Der Gesetzgeber hat den Wortlaut des zugrundeliegenden Art. 65 Abs. 1 UA 1 ZD-RiL weitgehend übernommen, ohne den eingeschränkten Anwendungsbereich der Rechtsfigur des Zahlungsauftrags zu beachten. Diese – am Begriff des Zahlungsauftrags ausgerichtete – enge Betrachtungsweise soll aber nach der ausdrücklichen Klarstellung des deutschen Gesetzgebers nicht die richtige sein. Vielmehr wollte er eine vom Zahlungsauftrag losgelöste Regelung schaffen. Eine Anwendbarkeit auch auf das Verhältnis zwischen Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister entspricht ebenfalls dem Willen des Richtli377
Vgl. Gedanken des § 675s Abs. 2 S. 1 BGB. Begründung zu § 675o Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 176; dieser Auffassung folgend Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675o Rn. 1; Sprau in: Palandt § 675o Rn. 4; ähnlich auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675o Rn. 2. 378
I. Mitteilungsphase
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niengebers. Zwar kann an dieser Stelle nicht direkt auf den zugrundeliegenden Art. 65 Abs. 1 UA 1 ZD-RiL zurückgegriffen werden; denn hier findet sich derselbe Konflikt wie im deutschen Wortlaut. Diesem muss aber auf europäischer Ebene relativ wenig Bedeutung zugesprochen werden – denn anders als der deutsche Gesetzgeber erkannte der Richtliniengeber in seiner Definition des Zahlungsauftrags nicht, dass dieser lediglich auf den Zahler Anwendung finden kann379. Dass sich dieser Irrtum durch die einzelnen Gesetzestexte zieht, ist nur eine logische Konsequenz. Angesichts der Ziele der Richtlinie380 muss aber hier ein weites Verständnis unterstellt werden: Ein schneller und effektiver Zahlungsverkehr setzt grundsätzlich eine solide Kommunikation zwischen den jeweiligen Partnern voraus. Nur wenn man sich gegenseitig auf Fehler hinweist, können diese frühzeitig behoben und die Zahlung trotzdem so schnell wie möglich bewirkt werden. Art. 65 Abs. 1 ZD-RiL und Erwägungsgrund 37 der ZD-RiL sollen eine faktische Blockierung der Zahlung verhindern, indem ein Zahlungsdienstleister trotz Kenntnis eines Fehlers gegenüber seinem Zahlungsdienstnutzer schweigt. Warum der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hierbei eine andere Rolle einnehmen soll als der Zahlungsdienstleister des Zahlers, ist nicht ersichtlich. Die Geschwindigkeit des Zahlungsverkehrs kann nicht nur durch die Passivität des Zahlungsdienstleisters des Zahlers beeinträchtigt werden. Insbesondere die Lastschriftverfahren leben von einer funktionsfähigen Kommunikation zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister. Darüber hinaus haben beide Zahlungsdienstleister kein entgegenstehendes Interesse daran, dass der vom jeweiligen Zahlungsdienstnutzer gewünschte Zahlungsvorgang wegen eines behebbaren Fehlers überhaupt nicht durchgeführt wird. Erstreckt man die Unterrichtungspflicht auch auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers, muss dieser einen entsprechenden Organisationsapparat bereithalten und wird demnach nicht unerheblich beschwert. Diese Belastung kann aber durch eine Entgeltvereinbarung nach Art. 65 Abs. 1 UA 3 ZD-RiL wieder ausgeglichen werden. Es gibt demnach keine juristisch-methodischen Gründe, dem ausdrücklichen Willen des deutschen Gesetzgebers nicht zu entsprechen: § 675o Abs. 1 BGB ist auf das Verhältnis zwischen Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister analog anzuwenden. (2) Pflichten des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers nach analoger Anwendung des § 675o Abs. 1 BGB Lehnt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers die Weiterleitung der durch den Zahlungsempfänger eingereichten Zahlungsunterlagen – und somit die 379 380
Vgl. C.I.2.e). Vgl. B.I.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Ausführung der Mitteilung des Zahlungsempfängers – ab, ist er aufgrund der analogen Anwendung des § 675o Abs. 1 BGB zur unverzüglichen Unterrichtung des Zahlungsempfängers verpflichtet381. Unterlässt er dies, drohen auch ihm Schadensersatzforderungen nach den allgemeinen Haftungsgrundsätzen382. Mögliche Schadenspositionen können beispielsweise durch eine zwischenzeitliche Zahlungsunfähigkeit des Zahlers entstehen. Dem Zahlungsempfänger kommen dabei ebenfalls die oben genannten Fälle der Beweislastumkehr383 zugute.
II. Autorisierungsphase Die Autorisierungsphase läuft ausschließlich innerhalb des Zahlungsdienstleisters des Zahlers ab384 und beschäftigt sich mit einer zentralen Fragestellung: Wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang ausführt, kann er vom Zahler den Ausgleich der getroffenen Aufwendungen – also des Zahlungsbetrags – verlangen? Im Blickpunkt dieses Abschnittes steht also die Rechts- und Anspruchsposition des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, wenn er sich zum Transfer des Zahlungsbetrags entscheidet. Der Gesetzgeber hält für den Zahlungsdienstleister des Zahlers eine Reihe von Ansprüchen zum Ausgleich bereit. Zunächst können ihm Aufwendungsersatzansprüche zustehen [1.]. Ist ein Ausgleich danach nicht möglich, verbleiben ihm noch immer Ansprüche auf Schadensersatz in diesem Rechtsverhältnis [2.]. In Ausnahmekonstellationen kann er auch auf die anderen am Zahlungsvorgang Beteiligten – Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister – zurückgreifen [3.]. 1. Ansprüche auf Aufwendungsersatz – Autorisierung als zentrales Element Weder die Neuregelung noch die standardisierten AGB der Zahlungsdienstleister enthalten anspruchsbegründende Regelungen über den Ersatz von Aufwendungen. Lediglich § 675u BGB thematisiert solche Ansprüche, bestimmt aber deren Voraussetzung nicht positiv. Deshalb kommt hinsichtlich der An-
381
Zur Rechtsnatur, Form und Frist der Unterrichtung vgl. C.I.4.b)aa). Vgl. C.I.4.b)aa)(3). 383 Beweislastumkehr bezüglich der Pflichtverletzung und des hypothetischen Korrekturverhaltens; vgl. C.I.4.b)aa)(3)(c). 384 Im Folgenden wird auf die Rechtsstellung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers nicht eingegangen. Dieser riskiert allenfalls die Belastung mit Gebühren durch andere Zahlungsdienstleister. Der Verlust der Zahlungssumme droht ihm zu diesem Zeitpunkt aber natürlich noch nicht. 382
II. Autorisierungsphase
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spruchsbegründung der Verweis des § 675c Abs. 1 BGB auf § 670 BGB zur Anwendung385. Das nach § 670 BGB notwendige Auftragsverhältnis ist im Zahlungsdienstevertrag nach § 675f BGB zu sehen386. Dieser wird im Fall des Zahlungsdiensterahmenvertrags (§ 675f Abs. 2 BGB) durch den Zahlungsauftrag nach § 675 Abs. 3 S. 2 BGB konkretisiert. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers macht Aufwendungen, indem er den Zahlungsbetrag zunächst aus eigenen Mitteln an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bzw. an zwischengeschaltete Institute transferiert. Dieser Vorgang geschieht zumeist durch eine Gutschrift auf ein Konto, auf das letztlich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zugreifen kann. Hierzu gibt der Zahlungsdienstleister des Zahlers ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB ab387. Seine Aufwendung besteht also in der Eingehung einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Nicht als Aufwendungen gilt in diesem Zusammenhang der Einsatz der eigenen Arbeitsleistung und Arbeitszeit. Diese kann allenfalls über eine gesonderte Entgeltvereinbarung abgerechnet werden.388 Zuletzt verlangt § 670 BGB, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers als Beauftragter die Aufwendungen nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Grundsätzlich müsste der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Umstände des Einzelfalls gegeneinander abwägen und die Erforderlichkeit sorgfältig prüfen389. Im Anwendungsbereich der Zahlungsdienste wird dieses Tatbestandsmerkmal jedoch durch § 675j Abs. 1 S. 1 BGB und § 675u S. 1 BGB näher konkretisiert: Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB kann nur bestehen, wenn der Zahler den Zahlungsvorgang nach § 675j BGB autorisiert hat390. An die Stelle der „Erforderlichkeit“ tritt nun diese Autorisierung. Für den Zahlungsdienstleister des Zahlers ist das Vorliegen einer solchen Autorisierung also das zentrale Prüfungskriterium. 385 Begründung zu § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187; Nobbe in: Ellenberger/ Findeisen/Nobbe § 675u Rn. 2, 27; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 10; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675u Rn. 4; Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (113); Schulte-Nölke/ Schulze in: Handkommentar-BGB § 675u Rn. 2; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 52. 386 Vgl. Sprau in: Palandt § 670 Rn. 1. 387 Vgl. grundsätzlich zur rechtlichen Konstruktion einer Gutschrift Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. I 215. 388 Vgl. Sprau in: Palandt § 670 Rn. 3; Seiler in: MüKo-BGB [2009] § 670 Rn. 7, 19; Fischer in: BeckOK-BGB § 670 Rn. 5, 9. 389 Seiler in: MüKo-BGB [2009] § 670 Rn. 9. 390 BGH NJW 2010, 3510 (juris-Rn. 16); vgl. auch Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.2.1“; Sprau in: Palandt § 675u Rn. 3; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675u Rn. 3 f.; Schulte-Nölke/Schulze in: Handkommentar-BGB § 675u Rn. 2; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675u Rn. 2, 27.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
a) Rechtsnatur der Autorisierungserklärung Die Autorisierungserklärung des Zahlers wird überwiegend als empfangsbedürftige Willenserklärung391, teilweise aber auch als rechtsgeschäftsähnliche Handlung392 angesehen. Die Rechtsfolge der Autorisierung ist nach § 675j Abs. 1 S. 1 BGB die Wirksamkeit des Zahlungsvorgangs gegenüber dem Zahler. Dadurch entsteht – letztlich über §§ 675c Abs. 1, 670, § 675u BGB – der Aufwendungsersatzanspruch. Ob der Wille des Zahlers gerade direkt auf diese zweite Rechtsfolge gerichtet ist oder ob er seine Zustimmung ausschließlich zum Zahlungsvorgang selbst abgeben wollte, so dass der Aufwendungsersatzanspruch rein reflexiv entsteht, kann dahinstehen. Durch diese enge Verknüpfung zwischen der Erklärung und der daraus resultierenden Rechtsfolge müssen – sofern eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung angenommen wird – die Normen über Willenserklärungen analog angewandt werden393. Inhaltlich bezieht sich die Autorisierung zumeist auf einen konkreten „Zahlungsvorgang als tatsächliches Ereignis“ 394, also auf die Belastung des eigenen Kontos. So kann der Zahlungsbetrag einem anderen Konto gutgeschrieben werden. Allerdings ergibt sich aus § 675x Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB, dass die Autorisierung den genauen Betrag nicht zwingend enthalten muss395. b) Verhältnis zwischen Autorisierung und Zahlungsauftrag Sowohl der europäische Richtliniengeber als auch der nationale Gesetzgeber haben die Rechtsfiguren „Autorisierung“ und „Zahlungsauftrag“ generell voneinander getrennt. Dies ergibt sich schon aus der jeweiligen Regelungssystematik, zeigt sich aber auch in den unterschiedlichen Rechtsfolgen396: Während der Zahlungsauftrag letztlich dem Zahler eine Anspruchsposition gegenüber seinem Zahlungsdienstleister verschafft, benötigt der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Autorisierung für seinen Aufwendungsersatzanspruch. Deutlich wird diese Diffe391 Vgl. Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675j Rn. 2; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 3; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 6; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 5; wohl auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675j Rn. 3. 392 Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675j Rn. 2; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 6. 393 Speziell zur Autorisierung Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675j Rn. 2; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 6; offen gelassen von Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675j Rn. 2; allgemein zur analogen Anwendbarkeit der Normen über Willenserklärungen auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen: Medicus – BGB AT Rn. 198; Larenz/Wolf – BGB AT § 22 Rn. 17. 394 Sprau in: Palandt § 675j Rn. 3. 395 Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 8; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 4; zur rechtstechnischen Konstruktion einer solchen betragsoffenen Autorisierung Fußnote 58 unter C.I.1.d)aa)(1)(c). 396 Vgl. C.I.4 und C.II.1.a).
II. Autorisierungsphase
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renzierung auch in § 675j Abs. 2 S. 1 BGB397, der eine grundsätzliche Abgrenzung dieser Erklärungen voraussetzt398. Dieses technische Verhältnis wird auch nicht durch eine gewisse Überschneidung der Erklärungen beeinträchtigt. Es wäre ein typischer Anwendungsfall einer „protestatio facto contraria non valet“ 399, würde der Zahler zwar einen Zahlungsauftrag erteilen, gleichzeitig aber nicht mit der entsprechenden Belastung einverstanden sein. Mit dem Zahlungsauftrag muss eine Billigung des jeweiligen Zahlungsvorgangs einhergehen. Somit gibt der Zahler zwingend mit jedem Zahlungsauftrag zeitgleich eine Autorisierungserklärung nach § 675j Abs. 1 BGB ab400. Deshalb ist jeder auf einen Zahlungsauftrag zurückzuführende Zahlungsvorgang auch ein autorisierter, der einen Aufwendungsersatzanspruch zur Folge hat. Kommt es zu Störungen beim Zahlungsauftrag oder der Autorisierung, so sollen beide Rechtsfiguren im Zweifel dasselbe rechtliche Schicksal teilen401. Führt man das Verhältnis zwischen Zahlungsauftrag und Autorisierung konsequent fort, muss eine Autorisierung in Form der Einwilligung – d.h. Erteilung vor der Ausführung des Zahlungsvorgangs402 – sogleich als Zahlungsauftrag gesehen werden403. Auch ist im Widerruf der Autorisierung zugleich der Widerruf des Zahlungsauftrags und umgekehrt enthalten. Wird der Zahlungsvorgang nach § 675j Abs. 1 S. 2 BGB lediglich nachträglich autorisiert, besteht überhaupt kein Zahlungsauftrag404. In diesen Fällen ist die Trennung der Rechtsfiguren unverzichtbar. c) Adressat der Autorisierungserklärung Weder § 675j BGB noch die ZD-RiL geben einen ausdrücklichen Hinweis, wem gegenüber die Autorisierung zu erklären ist. Entsteht der Aufwendungser397 „Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p).“ 398 So auch Sprau in: Palandt § 675f Rn. 17. 399 Vgl. hierzu Busche in: MüKo-BGB § 133 Rn. 53; Kramer in: MüKo-BGB vor § 116 Rn. 40 in dessen Fußnote 7; Beispiele aus der Rechtsprechung: BGH NJW 2000, 3429; BGH NJW 1956, 1475. 400 Vgl. auch Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; im Ergebnis auch Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 8; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 15 und § 675j Rn. 4; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.5“; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 28; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 43; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 4; Omlor in: Staudinger [2012] § 675j Rn. 3. 401 Vgl. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.5“. 402 Vgl. auch Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 171. 403 Dieser ist gegebenenfalls noch vom Zahlungsempfänger bezüglich Zahlungsbetrag und Ausführungsdatum zu konkretisieren. 404 Ähnlich auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675j Rn. 3.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
satzanspruch auch bei einer Zustimmung gegenüber dem Zahlungsempfänger405, oder ist alleine der Zahlungsdienstleister des Zahlers richtiger Adressat406? Weil die verschiedenen Rechtsverhältnisse zu trennen sind, kann der Aufwendungsersatzanspruch nicht von den übrigen Rechtsverhältnissen abhängen. Insbesondere ist irrelevant, ob der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den empfangenden Betrag zurückerstatten muss bzw. gegenüber dem Zahlungsempfänger den Betrag wieder belasten darf. Außer dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister sind hinsichtlich des Aufwendungsersatzanspruchs keine weiteren Personen beteiligt. Allein der Zahlungsdienstleister des Zahlers benötigt bei der Durchführung des Zahlungsvorgangs die Gewissheit über das Bestehen aller Anspruchsvoraussetzungen. Deshalb muss die Autorisierung auch gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlers erklärt werden. Dieser kann den Zahlungsempfänger aber zu seinem Empfangsvertreter bestellen. d) Berechtigung zur Autorisierung aa) Allgemeines Nach § 675j Abs. 1 S. 1 BGB ist zunächst nur der Zahler zur Autorisierung berechtigt. Hierbei kann er sich aber grundsätzlich auch vertreten lassen407; im Falle fehlender Geschäftsfähigkeit ist dies sogar unumgänglich. Der Zahler kann auch den Zahlungsempfänger als Vertreter bestellen. Insbesondere kann er den Zahlungsempfänger dazu bevollmächtigen, eine abstrakt gehaltene Autorisierung des Zahlers hinsichtlich des Zahlungsbetrags und des Zahlungsdatums näher zu bestimmen, wie es bei verschiedenen Lastschriftverfahren der Fall ist408. In diesen Fällen besteht die konkrete Autorisierung also aus zwei verschiedenen Erklärungen. bb) Insolvenzrecht als Beschränkung der Berechtigung Die Berechtigung des Zahlers zur Autorisierung kann aber durch insolvenzrechtliche Vorschriften409 eingeschränkt sein. Die Autorisierungsbefugnis des Zahlers geht aber noch nicht durch die bloße Zahlungsunfähigkeit bzw. durch die
405
So ordnet es § 182 Abs. 1 BGB als generelle Norm über Zustimmungen an. So ohne nähere Begründung Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 34; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 11. 407 Sprau in: Palandt § 675j Rn. 4. 408 Vgl. BGH NJW 2010, 3510 (juris-Rn. 17); Hadding FS Hüffer 2010, 273 (287); vgl. Fußnote 58 unter C.I.1.d)aa)(1)(c). 409 Ausführlich zur Anwendung des Insolvenzrechts auf den Zahlungsverkehr in den verschiedensten Stadien der Insolvenz Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis „Dritter Teil“, S. 431 ff.; ebenso zusammenfassend Kalomiris in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 9. Kapitel. 406
II. Autorisierungsphase
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Beantragung eines Insolvenzverfahrens unter. In dieser Phase kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang ausführen, ohne dass er – sofern das Zahlungskonto gedeckt ist – um seinen Aufwendungsersatz bangen muss. Dem Ersatzanspruch kann auch nicht mit insolvenzrechtlichen Mitteln begegnet werden.410 Wurden dem Zahler aber bereits Verfügungsbeschränkungen auferlegt bzw. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, verliert er auch seine Berechtigung zur Autorisierung411. Führt der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang wegen Unkenntnis des eröffneten Insolvenzverfahrens durch, soll der Aufwendungsersatzanspruch aber aufgrund des § 82 S. 1 InsO trotzdem entstehen412. Erfolgte die Autorisierung vor der Beschränkung des Zahlers, ist der Zahlungsvorgang aber noch nicht ausgeführt, ist § 116 S. 3 InsO anzuwenden – schließlich ist im Zahlungsauftrag stets eine Autorisierung enthalten413. In diesen Fällen entsteht demnach ebenso ein Aufwendungsersatzanspruch414. cc) Fälschungsrisiko Wurde die Autorisierung gefälscht415, geht dies grundsätzlich zulasten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers als Beauftragtem: er trägt also das Fälschungsrisiko der Autorisierung416. Eine lediglich gefälschte, also eine in Wirklichkeit nicht vom Berechtigten erteilte Autorisierung ist mit einer komplett fehlenden Autorisierung gleichzusetzen417 – schließlich kommt der Zahler mit dieser Erklärung im Regelfall nicht in Berührung418. Dasselbe gilt, wenn dem
410 Vgl. zur Ausführung zu Überweisungen Obermüller/Kuder in: Gottwald § 99 Rn. 3–5. 411 Ausführung zu Überweisungen Obermüller/Kuder in: Gottwald § 99 Rn. 6,8. Damit wird die vorherrschende Auffassung zur alten Rechtslage weitergeführt; vgl. hierzu BGH NJW-RR 2009, 981 (982, juris-Rn. 18); Ott/Vuia in: MüKo-InsO § 81 Rn. 12a, 12b m.w. N. 412 Obermüller/Kuder in: Gottwald § 99 Rn. 9. 413 Vgl. C.II.1.b). 414 Vgl. Obermüller/Kuder in: Gottwald § 99 Rn. 7, 12. 415 Zur Beweislast vgl. C.II.1.i). 416 Die Nachweise zu den folgenden Ausführungen beziehen sich zwar allesamt auf die alte Rechtslage. Da die heutige Autorisierung lediglich eine Sonderform der Berechtigung nach § 670 BGB darstellt und die Zahlungsdiensterichtlinie diese Fragen nicht thematisiert, hat sich bezüglich einer Fälschung die grundsätzliche Rechtslage nicht geändert [vgl. Scheibengruber/Breidenstein WM 2009, 1393 (1399; linke Spalte); Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675w Rn. 4; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 93; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 12]. Zur heutigen Rechtslage Nobbe – Sonderbeilage Überweisungsverkehr 2012 S. 5. 417 BGH WM 2012, 983 (juris-Rn. 17); BGH WM 1990, 1280 (juris-Rn. 9); OLG Düsseldorf WM 2013, 506. 418 BGH NJW-RR 1992, 1264 (juris-Rn. 13).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Erklärenden die notwendige Vertretungsmacht zur Autorisierung fehlt419. Bei einer gefälschten Autorisierung entsteht daher kein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675c Abs. 1, 670 BGB.420 Dieser Grundsatz steht aber unter dem Vorbehalt, dass kein Rechtsscheinstatbestand besteht, auf den der Zahlungsdienstleister berechtigterweise vertraut hat421. Dieser Rechtsschein müsste aber auch vom Zahler gesetzt worden sein. Eine pauschalisierte, verschuldensunabhängige Zurechnung des Rechtsscheins ist nach gefestigter Rechtsprechung nicht anzunehmen. Nur weil die Fälschung möglicherweise ihren Ursprung in der objektiven Sphäre des Zahlers hat, darf dies keinen Nachteil des Zahlers bewirken.422 Dieses Ergebnis – eine vom Verschulden des Zahlers losgelöste Risikoübertragung – kann nach der umstrittenen Auffassung der Rechtsprechung auch nicht durch eine formularmäßige Vereinbarung erreicht werden423. Nicht ausgeschlossen ist aber ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters, sofern der Zahler eine vereinbarte Sorgfaltspflicht verletzt und dadurch die Fälschung erst ermöglicht424. e) Autorisierungsarten Der Gesetzgeber unterscheidet mit § 675j Abs. 1 S. 2 BGB zwischen zwei verschiedenen Autorisierungsarten: Einwilligung und Genehmigung425. Damit ver419 Vgl. BGH NJW 2001, 1855 (juris-Rn. 17–20); Langenbucher in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 12; Nobbe – Sonderbeilage Überweisungsverkehr 2012 S. 4. 420 Vgl. für Überweisungsaufträge OLG Koblenz (2 U 116/09) VuR 2010, 156 (jurisRn. 30); BGH WM 1994, 2073 (juris-Rn. 14; BGH NJW 94, 2358 (juris-Rn. 23); sowohl für Scheck- als auch für Überweisungsaufträge BGH NJW 2001, 2968 Rn. 20; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 27, 29. 421 Vgl. hierzu BGH NJW-RR 1992, 1264 (juris-Rn. 14 ff.): Hier hat der Zahler einen Überweisungsauftrag blanko unterzeichnet. Der BGH wendet hier § 172 Abs. 2 BGB analog zur Begründung eines Rechtsscheinstatbestands an; prinzipiell auch anerkannt von Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 9; ebenso Oechsler in: Derleder § 43 Rn. 4; Canaris in: Staub Bankvertragsrecht Rn. 710; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 21. Umfassend zum Rechtsscheinsgedanken im Rahmen der Ausführungen zum Beweisrecht vgl. C.II.1.i). 422 Zu Überweisungsaufträgen vgl. BGH NJW 2001, 2968 (juris-Rn. 20); zu Scheckeinlösungen vgl. BGH NJW 1997, 1700 (juris-Rn. 16 f.); für Überweisungen vgl. Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 29; für Scheckzahlungen Nobbe in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 60 Rn. 102; a. A. Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 108 für die Scheckeinlösung; ausführlich hierzu Canaris in: Staub Bankvertragsrecht Rn. 710. 423 BGH NJW 1997, 1700 (juris-Rn. 25 ff.); vgl. auch Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 108 m.w. N. zu den widerstreitenden Auffassungen. 424 Vgl. hierzu C.II.2.; ein besonderes Augenmerk verdient deshalb auch § 675v BGB.
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wendet er ganz bewusst die Begrifflichkeiten aus §§ 183 S.1, 184 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Einwilligung wird also vor der Ausführung des Zahlungsvorgangs erklärt, während die Genehmigung erst danach ausgesprochen wird.426 Die Zulässigkeit einer Genehmigung setzt aber eine entsprechende Vereinbarung – auch durch die Verwendung von AGB427 – zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister voraus. Ohne eine solche Übereinkunft, ist eine tatsächlich erteilte Genehmigung des Zahlers nicht wirksam428. Sie begründet keinen Aufwendungsersatzanspruch. Kontrovers werden aber die Anforderungen an eine Genehmigungsabrede diskutiert: Nach Sprau muss diese ausdrücklich erfolgen429. Dafür ergeben sich aber keine Anhaltspunkte weder im Text der Richtlinie noch in dem der deutschen Umsetzung. Lediglich die Gesetzesbegründung verweist auf die Sichtweise des Richtliniengebers, die Parteien würden die Genehmigungsmöglichkeit ausdrücklich regeln430. Dies reicht aber nicht, um einen gesetzlichen Formzwang zu begründen – es gilt auch hier der Grundsatz der Formfreiheit.431 f) Zugang als Wirksamkeitsvoraussetzung Anders als für den Zahlungsauftrag besteht für die Autorisierungserklärung keine Spezialregelung hinsichtlich ihres Zugangs. Wie beim Widerruf des Zahlungsauftrags432 ist hier eine europaweit gleiche Handhabe zwingend erforderlich. Liegt die Autorisierung in der Erteilung eines Zahlungsauftrags, besteht kein Grund, den Zugang beider Erklärungen unterschiedlich zu beurteilen – § 675n 425 Im Falle der Genehmigung wird der Anspruch nicht auf § 670 BGB, sondern auf §§ 684 S. 2, 683 S. 1 BGB gestützt; vgl. Sprau in: Palandt § 675f Rn. 39; Hadding/ Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 20 m.w. N. in deren Fußnote 43. 426 Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 171. 427 Laitenberger NJW 2010, 192 (193 a. E.). 428 Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.2“; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 4; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 9. 429 Sprau in: Palandt § 675j Rn. 10. Die These von Sprau muss wegen des unmittelbaren Bezugs zur Einzugsermächtigungslastschrift wohl anders gedeutet werden: Da hier die Genehmigung in der Regel nicht durch positives Handeln, sondern gar mittels Stillschweigen erteilt wird, müssen besondere Anforderungen für die Rechtswirkungen des Schweigens erfüllt sein. Sprau sieht wohl hier die Pflicht, dass rechtlichen Folgen eines Unterlasses im Vorfeld ausdrücklich vereinbart werden müssen. Ob er dieses Erfordernis generell auch auf aktive Genehmigungen übertragen möchte, erscheint zumindest zweifelhaft. 430 Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 171. 431 So auch Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.2“; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 15; zur Formfreiheit vgl. Einsele in: MüKo-BGB § 125 Rn. 1. 432 Vgl. C.I.3.b)bb)(1)(a)(cc)(a).
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BGB ist daher auch auf den Zugang der Autorisierung entsprechend anzuwenden. Dieser Idee entspricht auch die Regelung des § 675j Abs. 2 S. 1 BGB, wonach die Widerrufsfristen identisch sind. Wird die Autorisierung als Genehmigung – und damit ohne Zahlungsauftrag – erteilt, darf der Moment ihrer Verbindlichkeit nicht vom Recht jedes einzelnen Mitgliedsstaates abhängen. Somit ist das Zugangs- und Widerrufssystem des Zahlungsauftrags – §§ 675n, 675p BGB – entsprechend auf die Genehmigung anzuwenden433. g) Formerfordernisse Die Einhaltung einer bestimmten Form sieht der Gesetzgeber für die Autorisierung nicht vor. Deshalb ist der Zahler in der Wahl der Erklärungsform zunächst frei – die Autorisierung kann konkludent oder auch stillschweigend erfolgen.434 Jedoch lässt § 675j Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich eine Vereinbarung über die zu wahrende Form zu, was im Rahmen von § 309 Nr. 13 BGB auch mittels AGB möglich ist435. Wird die vereinbarte Form – sofern sie nicht konkludent abbedungen wird436 – nicht eingehalten, ist die Autorisierung im Zweifel unwirksam437. h) Einsatz eines ZAI als besondere Autorisierungsform Nach § 675j Abs. 1 S. 4 BGB können Zahler und sein Zahlungsdienstleister vereinbaren, „dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments erteilt werden kann.“ Eine solche Vereinbarung ist als Formabrede im Sinne des § 125 S. 2 BGB zu verstehen. Eine wirksame Autorisierung kann – im Falle einer solchen Abrede – also nur durch die korrekte Verwendung des ZAI erfolgen438. Angesichts der Legaldefinition des ZAI in § 1 Abs. 5 ZAG ist diese positive Normierung – entgegen der Auffassung des Gesetzgebers439 – durchaus sinnvoll. Schließlich soll ein ZAI nach § 1 Abs. 5 ZAG zur Erteilung von Zahlungsaufträgen dienen. Sicherlich wird dadurch der Zahlungsvorgang gleichzeitig autori433
Zum Widerruf der Autorisierung ausführlich unter C.II.1.j). Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 171; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 5; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675j Rn. 2; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 10; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.3“; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675j Rn. 3; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 15. 435 Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 172. 436 Vgl. hierzu Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675j Rn. 4. 437 Vgl. C.I.3.b)aa)(2). 438 Vgl. C.II.1.g). 439 Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 172. 434
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siert440. Aufgrund von § 675j Abs. 1 Nr. 4 BGB ist aber auch die Genehmigung durch den Einsatz eines ZAI möglich, ohne dass hierbei ein Zahlungsauftrag erteilt wird441. Das vom ZAG gesteckte Anwendungsfeld eines ZAI wird also durch § 675j Abs. 1 S. 4 BGB erweitert. i) Beweisrechtliche Fragen Da sich die Frage des Aufwendungsersatzes zumeist am Bestehen oder Fehlen der Autorisierung entscheidet, wird im Konfliktfall dieser Punkt umstritten sein. Für den Prozessausgang ist deshalb – neben der materiell-rechtlichen Rechtslage – erheblich, wer für welche Umstände hinsichtlich der Autorisierungserklärung die Beweislast trägt. Mit § 675w BGB besteht zwar eine spezielle Norm zur Beweislast bezüglich der Autorisierung. Diese ist allerdings nur bei der Verwendung eines ZAI anwendbar442. Zunächst ist § 675w S. 1 BGB diesbezüglich sicherlich neutral formuliert, setzt aber für einen erfolgreichen Nachweis eine „Authentifizierung“ voraus, für die gemäß § 675w S. 2 BGB die Nutzung eines ZAI notwendig ist. Auch § 675w S. 3 BGB bezieht sich nach seinem Wortlaut lediglich auf die Autorisierung mittels ZAI.443 Sofern also kein ZAI eingesetzt wurde, bleibt es also bei den allgemeinen Beweislastregeln444. aa) Autorisierung ohne ZAI Der Zahlungsdienstleister des Zahlers möchte einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675c Abs. 1, 670 BGB geltend machen. Im allgemeinen Auftragsrecht trägt er dabei unter anderem die Beweislast für die „Erforderlichkeit“ der Aufwendungen445. Da im Anwendungsbereich der Zahlungsdienste die „Erforderlichkeit“ durch die „Autorisierung“ ersetzt wird446, kann für das Vorliegen
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Vgl. C.II.1.b). A. A. Sprau in: Palandt § 675j Rn. 7, der ein ZAI nur annimmt, sofern damit Zahlungsaufträge erteilt werden. Diese Ansicht widerspricht aber der Öffnung des Gesetzgebers in § 675j Abs. 1 S. 4 BGB. Sie ist auch nicht aus systematischen Gründen geboten: Ein ZAI ist nicht spezifisch auf Zahlungsaufträge abgestimmt. Vielmehr soll damit die Identität des Erklärenden überprüft werden [vgl. B.II.3.a)cc)]. Der Inhalt der Erklärung ist hier allerdings zweitrangig. 442 Unklar hierzu Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (116). 443 Im Ergebnis auch Sprau in: Palandt § 675w Rn. 4. 444 Sprau in: Palandt § 675w Rn. 5; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 7 f.; zur Beweisführung bei Verwendung eines ZAI siehe C.II.1.i)bb). 445 Martinek in: Staudinger § 670 Rn. 37; Fischer in: BeckOK-BGB § 670 Rn. 28; Hönn in: jurisPK-BGB § 670 Rn. 18. 446 Vgl. C.II.1. 441
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der Autorisierung grundsätzlich nichts anderes gelten. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers trägt demnach die Beweislast für eine wirksame Autorisierungserklärung447. Weil eine wirksame Autorisierung die entsprechende Berechtigung hierzu voraussetzt448, muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers im Streitfall auch nachweisen, dass eine vorliegende Erklärung tatsächlich vom Zahler – oder im Fall der Stellvertretung von einer hierzu berechtigten Person – abgegeben wurde449. Grundsätzlich können hierfür beispielsweise Mitarbeiter des Zahlungsdienstleisters als Zeugen benannt werden. Bei handschriftlichen Autorisierungen ist eine Schriftvergleichung nach §§ 441 f. ZPO möglich. Auch können Schriftgutachten in Auftrag gegeben werden, um den wahren Ursprung der Erklärung ermitteln zu können.450 Gelingt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers der Nachweis nicht, so darf das Gericht die Identität zwischen Zahler und Erklärendem nicht unterstellen, sondern muss von einer Fälschung ausgehen451. Im Grundsatz kann hier auch nicht auf einen Anscheinsbeweis zurückgegriffen werden: Es existiert weder ein positiver Erfahrungssatz, dass lediglich der Zahler einen Zahlungsvorgang autorisiert452, noch dass es Dritten realistisch betrachtet unmöglich ist, die Autorisierung zu fälschen – Alternativsachverhalte zur Autorisierung durch den Zahler scheiden nicht grundsätzlich aus. Schließlich wurde die Autorisierung – im Gegensatz zur Verwendung eines ZAI – nicht personalisiert oder sonst gesichert.453 Ebenfalls ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers als Anspruchssteller beweispflichtig für Abgabe und Zugang der Autorisierung454. Wurde eine Autorisierung durch eine Genehmigung nicht nach § 675j Abs. 1 S. 2 BGB vereinbart, muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers auch die Rechtzeitigkeit der Einwilligung belegen. Im Falle einer Genehmigung ist er beweispflichtig für das Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung zur Zulässigkeit der Genehmigung.
447 So auch Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.1“; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 8; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 1. 448 C.II.1.d). 449 Vgl. auch Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 31. 450 Vgl. Huber in: Musielak § 440 Rn. 2; Schreiber in: MüKo-ZPO § 440 Rn. 2; zu Beweisvereitelung durch Unterschriftenvielfalt vgl. Nobbe – Sonderbeilage Überweisungsverkehr 2012 S. 6. 451 Zu den Folgen einer Fälschung vgl. C.II.1.d). 452 Vgl. C.II.1.i)cc)(1)(b). 453 Die Systemsicherheit ist die Basis des Anscheinsbeweis bei der Nutzung von ZAI; vgl. C.II.1.i)cc)(1)(c). 454 Dies ergibt sich aus den allgemeinen Beweislastgrundsätzen; vgl. dazu Baumbach/Lauterbach – ZPO Anh § 286 Rn. 3, 10; Foerste in: Musielak § 286 Rn. 35 f.; Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 111 f.
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Streiten sich die Parteien über die Einhaltung der Autorisierungsform, muss der Zahler zunächst das Bestehen einer entsprechenden Vereinbarung nachweisen, sein Zahlungsdienstleister anschließend die Wahrung dieser Form455. bb) Beweisrecht bei Verwendung eines ZAI: Einfluss des § 675w BGB Verwendet der Zahlungsdienstnutzer für die Autorisierung ein ZAI verändert sich die grundlegende Beweislastverteilung456 aus zweierlei Gründen: Zum einen ist nun mit § 675w BGB eine besondere Beweisregelung anwendbar, zum anderen ist stets der eigentliche Zweck eines ZAI – nämlich die Identitätsprüfung des Verwenders457 – zu beachten. (1) § 675w S. 1 BGB – Mindestvoraussetzungen der Beweisführung Mit § 675w S. 1 BGB trifft der Gesetzgeber eine Grundsatzentscheidung, indem er dem Zahlungsdienstleister die Beweislast für eine erfolgte Autorisierung auferlegt. Das ändert zwar zunächst einmal nichts gegenüber der allgemeinen Beweislastverteilung458. Jedoch legt § 675w S. 1 BGB zugleich bestimmte Mindestvoraussetzungen459 fest, die bei der Beweisführung einzuhalten sind460. Diese Voraussetzungen werden teilweise als absolut zwingend angesehen, so dass eine Beweisführung auf eine andere Art und Weise mittels alternativer Beweismittel ausgeschlossen sein soll461. Diese Auffassung erfährt aber Wider455 Vgl. entsprechend die Ausführungen zum Zahlungsauftrag unter C.I.3.b)aa)(3). Hier ergeben sich praktische Auswirkungen der Trennung von Zahlungsauftrag und Autorisierung. Je nachdem, wer welches Klagebegehren verfolgt, müssen die Anforderungen einer – in tatsächlicher Hinsicht – einzigen Erklärung von einer anderen Partei nachgewiesen werden. Dies ist aber lediglich eine konsequente Fortführung der rechtlichen Doppelnatur dieser Erklärung. 456 Vgl. C.II.1.i). 457 Vgl. B.II.3.a)cc). 458 So auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675w Rn. 4; Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 5. Kapitel § 675w Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 2; Omlor in: Staudinger [2012] § 675w Rn. 3. 459 Begründung zu § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187; Sprau in: Palandt § 675w Rn. 1 f.; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675w Rn. 1; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 2, 13; Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 5. Kapitel § 675w Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 4; Omlor in: Staudinger [2012] § 675w Rn. 1. 460 Der Zahlungsdienstleister hat demnach nachzuweisen, „dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.“ 461 Am deutlichsten Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 16; Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 5. Kapitel § 675w Rn. 7; Omlor in: Staudinger [2012] § 675w Rn. 3; ebenso wohl auch Sprau in: Palandt § 675w Rn. 2; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675w Rn. 1.
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spruch: Die erfolgte Autorisierung könne auch weiterhin mit anderen Beweismitteln wie z. B. Zeugenaussagen nachgewiesen werden462. Sicherlich kann die Regelungskompetenz der EU für das Prozess- und Beweisrecht kritisch diskutiert werden. Diese Fragestellung geht allerdings am jeweiligen Wortlaut von Art. 59 Abs. 1 ZD-RiL und § 675w S. 1 BGB vorbei. Daraus ergibt sich lediglich, dass der Zahlungsdienstleister bei einem Streit um eine erfolgte Autorisierung zumindest das Bestehen anderer Ereignisse463 nachweisen muss. Diese sollen dann eine Schlussfolgerung auf die erteilte Autorisierung ermöglichen. Das Bestehen dieser Ereignisse muss zwingend die Grundlage der Beweisführung für die Autorisierung sein. Mit welchen Mitteln der Zahlungsdienstleister das Bestehen dieser Ereignisse aber beweist, lässt die ZD-RiL offen. Zweckmäßig ist hierfür sicherlich das Vorlegen der entsprechenden Dokumentationen und Protokolle464; zwingend ist dies aber nicht. Ebenfalls denkbar ist die Vernehmung eines Zeugen, der die zu beweisenden Vorgänge persönlich mitverfolgt bzw. überprüft hat. Im Ergebnis schränkt der Gesetzgeber nicht die zulässigen Beweismittel ein, sondern nur die – zu beweisenden – Tatsachenvorträge des Zahlungsdienstleisters, mit denen im Streitfall auf eine Autorisierung geschlossen werden kann465. Zwar ist dieser Mindestvortrag nicht tauglich, in unmittelbarer Weise die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Autorisierungserklärung sowie deren Abgabe und Zugang zu begründen. Hier bestätigt sich aber die einem ZAI zugrundeliegende Tendenz, dass bestimmte objektive Fakten den Schluss auf ein Handeln des Zahlers ermöglichen sollen466. Dass die Normen dem Zahlungsdienstleister nicht lediglich zusätzliche Beweisoptionen verschaffen, macht der Wortlaut des Art. 59 Abs. 1 ZD-RiL deutlich. Danach „muss“ der Zahlungsdienstleister die Ereignisse nachweisen. Für den Richtliniengeber wäre es ein Leichtes gewesen, das Bestehen der genannten Ereignisse als reine Alternative zum Nachweis auszugestalten. (2) § 675w S. 2 BGB Aus systematischer Sicht ergänzt § 675w S. 2 BGB den vorherigen Satz, indem er die Authentifizierung definiert: „Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat.“
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Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.2.2“. Vgl. Fußnote 460. 464 Zur Vorlage beim Online-Banking vgl. Borges in: Derleder § 9 Rn. 101 ff. 465 Nicht ausgeschlossen ist natürlich, diese Mindestvoraussetzungen mit einem weiteren, nicht genannten Vortrag zu verbinden. 466 Vgl. B.II.3.a)cc). 463
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Die Authentifizierung ist also ein Verfahren auf der Seite des Zahlungsdienstleisters, mit dem er das Vorliegen der vereinbarten personalisierten Sicherheitsmerkmale beim Autorisierungsakt überprüft467. Ergibt dieses Prüfverfahren, dass alle Sicherheitsmerkmale – Echtheit bei Besitzmerkmalen, korrekte Eingabe bei Wissensmerkmalen – vorliegen, spricht man von einer „erfolgten Authentifizierung“ 468. (3) § 675w S. 3 BGB – Fragen des Anscheinsbeweises Innerhalb des § 675w BGB löst die mehrdeutige Formulierung des Satzes 3469 die größten Kontroversen in der Wissenschaft und Rechtsprechung aus. Konkret streitet man sich um die Bedeutung der Textstelle „. . . reicht [. . .] alleine nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen . . .“. (a) Interpretation des deutschen Gesetzgebers Der deutsche Gesetzgeber positioniert sich bei der Interpretation klar mit seiner Aussage, „allein die Aufzeichnung des Einsatzes eines ZAI einschließlich der Authentifizierung“ soll nicht pauschal und automatisch „ohne Ansehung des Einzelfalles“ den Aufwendungsersatzanspruch im Sinne des § 675u BGB begründen können470. Dadurch statuiert er die Grundthese, dass aus den in § 675w S. 3 BGB genannten Voraussetzungen im Regelfall auf eine Autorisierung geschlossen werden kann, dies aber keine zwingende und endgültige Schlussfolgerung sein soll471. Rechtstechnisch möchte er dieses Ergebnis mit der Rechtsfigur des Anscheinsbeweises erreichen, dessen Voraussetzungen von den streitentscheidenden Gerichten überprüft werden müssten. Insgesamt sieht er durch die Neuregelung keinen Anlass für die Gerichte, von ihrer bisherigen Entscheidungspraxis abzuweichen.472 467 Vgl. Begründung zu § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675w Rn. 2; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 18 f. 468 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 22; Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 5. Kapitel § 675w Rn. 9. 469 „Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler den Zahlungsvorgang autorisiert [. . .] hat.“ 470 Vgl. Begründung zu § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187. 471 So auch Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 55 Rn. 74; Sprau in: Palandt § 675w Rn. 3 f. 472 Vgl. Begründung zu § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187 f. Überblick über die bisherige Praxis des Anscheinsbeweises bei Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 30 ff.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Dieser Wille des nationalen Gesetzgebers ist zunächst erst einmal als rechtspolitische Entscheidung zu respektieren. Er wird deshalb von Teilen der Rechtsprechung und Literatur als wesentliches Argument für das Beibehalten der bisherigen Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis verwendet473. (b) Überprüfung der nationalen Interpretation anhand der ZD-RiL Eine solche Intention des nationalen Gesetzgebers kann aber nur aufrechterhalten werden, wenn die Anwendung des Anscheinsbeweises richtlinienkonform ist. (aa) Wortlaut des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL Der Wortlaut des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL ist mit „. . . reicht [. . .] für sich gesehen nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen . . .“ sehr offen formuliert und lässt deshalb neben der Anwendung des Anscheinsbeweises474 weitere Auslegungsvarianten zu: Den Gerichten könnte damit erlaubt sein, im Einzelfall eine zu beweisende Tatsache anzunehmen, sofern das ZAI ordnungsgemäß verwendet wurde475. Die Formulierung kann aber auch zur Ermittlung weiterer Indizien zwingen, die erst zusammen mit den Tatbestandsmerkmalen des § 675w S. 3 BGB zum Anscheinsbeweis führen476. Theoretisch lässt diese Stelle auch eine vollständige Beweislastumkehr zu. Denn mit „nicht notwendigerweise“ ist lediglich eine unwiderlegbare Vermutung oder Fiktion ausgeschlossen – und das auch nur, wenn der Zahlungsdienstleister die Beweisführung in der beschriebenen Form angetreten ist. Dem Nutzer muss in einem solchen Fall jedenfalls eine Möglichkeit zukommen, seinen Standpunkt in die rechtliche Beurteilung miteinfließen zu lassen477 und so den Schluss auf die möglicherweise erfolgte Autorisierung zu verhindern. Darüber hinaus lässt der Wortlaut alleine keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu478. Insbesondere lässt sich daraus nicht zwingend auf ein Regel-Ausnahmeverhältnis schließen, wie es für den Anscheinsbeweis typisch ist479 – ausgeschlossen ist dies aber auch nicht. 473
AG Frankfurt WM 2011, 496 (497, rechte Spalte); AG Hamburg WM 2011, 498 (500, rechte Spalte); LG Berlin WM 2010, 2353 (juris-Rn. 30 f.); Willershausen jurisBKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.3“; Werner WuB I D 5 b. – 1.11, 127 (130); im Ergebnis auch Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 5. Kapitel § 675w Rn. 13; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 11–13; Günther WM 2013, 496 (497). 474 Vgl. Lohmann/Koch WM 2008, 57 (63); Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.3“; LG Berlin WM 2010, 2353 (juris-Rn. 32). 475 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1126 f.). 476 Scheibengruber BKR 2010, 15 (21). 477 Vgl. Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 56. 478 Halfmeier ZEuP 2009, 613 (621). 479 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1126 f.); Scheibengruber BKR 2010, 15 (21).
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(bb) Erwägungsgrund 33 Zu der konkreten Bedeutung des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL findet man lediglich in Erwägungsgrund 33 zur ZD-RiL einen Hinweis: „Ob und in welchem Maße fahrlässig gehandelt480 wurde, sollte nach einzelstaatlichem Recht beurteilt werden.“ Daraus wird teilweise geschlossen, dass nationale Beweislastgrundsätze von der ZD-RiL unberührt bleiben sollen481. Da der Regelungsbereich des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL aber über die Verschuldensfrage hinaus reicht, ist die Aussagekraft des speziell auf das Verschulden zugeschnittenen Erwägungsgrundes auf den allgemeineren Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL sehr gering. Alleine deswegen auf die Zulässigkeit des Anscheinsbeweises zu schließen – der sich logischerweise auch auf die anderen Themengebiete erstrecken würde –, erscheint zweifelhaft. (cc) Entwicklung des Wortlauts Gewiss kann an dieser Stelle auch die geschichtliche Entwicklung der Formulierung des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL herangezogen werden: Im Kommissionsvorschlag482 – dort noch unter Art. 48 Nr. 3 zu finden – hieß es noch: „Um [. . .] nachzuweisen, dass der Zahlungsdienstnutzer die Zahlung autorisiert [. . .] hat, reicht die vom Zahlungsdienstleister aufgezeichnete Nutzung eines Zahlungsverifikationsinstruments allein nicht aus.“ In der geltenden Fassung wurde das Wort „notwendigerweise“ hinzugefügt483. Dies verkörpert sicherlich den Willen des Richtliniengebers, dass bereits die „aufgezeichnete Nutzung“ ein ausreichender Beweis sein kann. Wann dies aber der Fall ist, lässt sich der Formulierung aber nicht entnehmen. Zudem kann man sich bei dieser Auslegungsmethode nicht auf die Einfügung eines einzigen Wortes beschränken. Mit der Endversion der ZDRiL wurde fast der gesamte Art. 48 des Kommissionsvorschlags484 überarbeitet. Insbesondere gab dieser in Art. 48 Nr. 2 dem Zahlungsdienstnutzer noch auf, plausible Tatsachen vorzutragen, welche die Nichtautorisierung zumindest vermuten lassen. Von dieser Formulierung, die einen Schritt Richtung Anscheinsbeweis darstellt, hat sich der Richtliniengeber aber wieder gelöst. Ob er damit
480 Da § 675w S. 3 BGB ebenso Verschuldensfragen thematisiert, kann diese Stelle prinzipiell auch auf die Autorisierung übertragen werden. 481 LG Berlin WM 2010, 2353 (juris-Rn. 32); Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.3“; Grundmann WM 2009, 1157 (1163). 482 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 44. 483 Grundmann WM 2009, 1157 (1163) und Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2347) sehen dadurch einen Nachweis dafür, dass die bisherige Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis auch weiterhin bestehen bleiben kann und nicht richtlinienwidrig ist. 484 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 44.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
dieser Rechtsfigur ein Ende setzen oder diesen Rechtsgedanken mit dem Wort „notwendigerweise“ weiterführen wollte, lässt sich der Entwicklungsgeschichte der Richtlinie nicht zweifelsfrei entnehmen. Das gewünschte eindeutige Ergebnis bleibt also auch hier aus. (dd) Rolle des Nutzervertrauens im Gesamtkonzept der ZD-RiL Freilich wirkt sich ein Anscheinsbeweis zulasten des Zahlungsdienstnutzers aus, so dass er die Verwendung eines ZAI scheuen könnte. Die ZD-RiL soll aber gerade durch Stärkung des Nutzervertrauens den Zahlungsverkehrsmarkt fördern485, was mit einem Anscheinsbeweis ins Gegenteil verkehrt werden könnte. Schließlich könnten sich die Haftungshürden unter ein verträgliches Maß absenken, wenn der Zahlungsdienstnutzer keine realistischen Möglichkeiten zur Erschütterung des Anscheinsbeweises hat486. Der „effet utile“ der Richtlinie könnte dann womöglich nicht mehr erreicht werden487. Dies hängt jedoch davon ab, an welche Voraussetzungen man die Anwendung des Anscheinsbeweises knüpft. In der Rechtspraxis vor Erlass der Neuregelung wurde dieser nicht schematisch schon dann herangezogen, wenn ein persönliches Sicherheitsmerkmal für eine Zahlung eingesetzt wurde. Beispielsweise basiert der Anscheinsbeweis beim Einsatz einer Debitkarte und PIN auf einer nahezu perfekten Grundsicherheit des Zahlungsverfahrens488. Ob diese auch beim Online-Banking in ausreichendem Maße besteht, wird derzeit noch uneinheitlich beantwortet489, eine Klärung durch den BGH ist noch nicht erfolgt. Ein solches Sicherheitsniveau ist im Bereich des Zahlungsverkehrs aber zwingend notwendig, um auf den Anscheinsbeweis zurückgreifen zu können490. Das Bestehen der notwendigen Systemsicherheit muss von demjenigen bewiesen werden, der sich auf den Anscheinsbeweis beruft491, hier also vom Zahlungsdienstleister des Zahlers. Es kann daher nicht von einem Automatismus gesprochen werden, den der Zahlungsdienstnutzer nicht oder nur kaum abwehren kann. Vielmehr muss der Zahlungsdienstleister zunächst das Überschreiten einer Sicherheitsschwelle nach485
Vgl. B.I. Vgl. Frank/Massari WM 2009, 1117 (1127). 487 So Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 56; AG Berlin-Mitte NJWRR 2010, 407 (juris-Rn. 29, 32). 488 BGHZ 160, 308 Rn. 27 ff. 489 Dafür Bunte – AGB-Banken SB Online Rn. 126; dagegen AG Krefeld BKR 2012, 480; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 49 ff.; vgl. auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 20; Omlor in: Staudinger [2012] § 675w Rn. 10; vgl. auch Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 5. Kapitel § 675w Rn. 13 f. 490 Vgl. BGHZ 170, 18 (juris-Rn. 31); Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2347; rechte Spalte). 491 Vgl. BGH NJW 2006, 300 (301, juris-Rn. 11 f.); Foerste in: Musielak § 286 Rn. 23. 486
II. Autorisierungsphase
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weisen492. Der Anscheinsbeweis lässt demnach die Berücksichtigung des Nutzervertrauens zu, indem man die Schwellenhöhe entsprechend streng handhaben kann. Dass deren Höhe eine reine Wertungsfrage ist und demnach nicht pauschal angegeben oder vorhergesagt werden kann, kann dabei in Kauf genommen werden. Eine prinzipielle Abkehr vom Anscheinsbeweis ist deshalb aus Gründen des Zahlungsdienstnutzerschutzes nicht geboten. (ee) Konsequenzen bei Verzicht auf Anscheinsbeweis Schon beim Zugang von Zahlungsaufträgen wurden die allgemeinen Grundsätze der Beweisverteilung korrigiert, indem die realistischen Beweismöglichkeiten des Beweisbelasteten miteinbezogen wurden493. Deshalb muss man auch an dieser Stelle folgende Frage stellen: Wie kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers aus eigener Kraft nachweisen, dass gerade der Zahler die Autorisierung erklärt hat? Erfolgt diese innerhalb der Geschäftsräume des Zahlungsdienstleisters, hätte er mittels Videoaufzeichnungen sicherlich eine Chance. Das nicht unerhebliche Restrisiko, den Zahler auf den Bildern nicht identifizieren zu können, verbleibt jedoch auch hier. Schließlich kann der Zahler die Beweisführung durch eine geschickte Bekleidung erschweren. Für Autorisierungen via Online-Banking oder an elektronischen Geschäftskassen entfällt diese Möglichkeit eigentlich ersatzlos.494 Videoaufzeichnungen in diesem Ausmaß sind aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht realisierbar. Die notwendige Beweisführung ist nahezu unmöglich – Betrugsmöglichkeiten sind Tür und Tor geöffnet.495 Fraglich sind dabei allerdings zwei Aspekte: Würde es überhaupt zu massenhaften Betrugsversuchen kommen? Und wären die Zahlungsdienstleister einer solchen Situation wirklich schutzlos ausgeliefert? Während die erste Frage aufgrund ihres Prognosecharakters nicht zuverlässig beantwortet werden kann496, sind die Schutzmöglichkeiten dem geltenden Recht zu entnehmen. Zwar kann der Zahlungsdienstleister Strafanzeige erstatten497, aber auch hier stehen die Ver492 So wohl Recktenwald AnwBl 2009, 265 (265, 266); Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.3“. 493 Vgl. C.I.3.a)aa)(4). 494 Zu diesen (theoretischen) Beweismöglichkeiten vgl. Lohmann/Koch WM 2008, 57 (63). 495 Bunte – AGB-Banken SB Online Rn. 126; Lohmann/Koch WM 2008, 57 (63 f.); Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.2.3“. 496 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1124; rechte Spalte) führen eine Studie aus den USA ein, wonach der Umfang der betrugsbasierten Verluste „trotz weitergehender Haftungsfreistellungen [. . .] überschaubar geblieben sind.“ Dass sich das Betrugspotential aber prinzipiell erhöht, räumen sie aber auch ein. Demgegenüber gehen Lohmann/Koch WM 2008, 57 (64) von einem Anstieg der Betrugskriminalität aus. 497 Frank/Massari WM 2009, 1117 (1124; rechte Spalte).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
folgungsbehörden vor fast denselben Beweisschwierigkeiten. Auch hilft es dem Zahlungsdienstleister oftmals nicht weiter, wenn er den Zahlungsdiensterahmenvertrag mit dem mutmaßlichen Betrüger kündigt bzw. kein neues Vertragsverhältnis mit ihm eingeht498. Schließlich ist der Schadensfall bereits eingetreten. Sicherlich kann der Zahlungsdienstleister in den meisten Betrugsfällen nach Art. 61 Abs. 1 ZD-RiL zumindest einen Sockelbetrag von 150 A beanspruchen. Da dieser aber nicht für jede einzelne Transaktion anfällt499, reicht ein solcher Schutz bei größeren Schadenssummen nicht aus500. Da bereits vorhandene Schutzmechanismen nicht greifen, würden die Zahlungsdienstleister wahrscheinlich versuchen, die Systemsicherheit zu verbessern. Ob hierdurch die Kosten für den Zahlungsverkehr steigen501 oder im Ergebnis sinken502 werden, kann ebenfalls nicht mit Gewissheit vorhergesagt werden. Sicher wäre nur eines: Man nützt das Sparpotential des Zahlungsdienstnutzers nicht vollständig aus, der durch oftmals kostengünstige und „einfache Vorsichtsmaßnahmen einem Missbrauch vorbeugen kann.“ 503 Deshalb ist auch der einzelne Zahlungsdienstnutzer dazu gehalten – im Sinne des von der ZD-RiL beabsichtigten kostengünstigen und effizienten Zahlungsverkehrsmarktes504 – an der Sicherheit des Systems in gewissem Maße mitzuwirken. Der Verweis auf die Verstärkung der Sicherheit allein durch die Zahlungsdienstleister stellt keine optimale Ausschöpfung der vorhandenen Ressourcen und des Sparpotentials im Sinne der ZD-RiL dar und kann daher vom Richtliniengeber nicht als alleinige Lösung gewollt sein. Schließlich soll die Effizienz der Transaktionen bestmöglich gesteigert werden505. Geht man von der regulären Beweislast aus, besteht ein Betrugspotential, ohne dass man den Zahlungsdienstleistern zumutbare und wirksame Beweis- und Präventionsmaßnahmen an die Hand gibt – schließlich haben sie ihre Beweisnot auch nicht selbst herbeigeführt.506
498 Für diese Lösungsmöglichkeit Frank/Massari WM 2009, 1117 (1124; rechte Spalte). 499 Vgl. C.II.2.a)bb)(2). 500 A. A. Scheibengruber BKR 2010, 15 (21); Halfmeier ZEuP 2009, 613 (621 f.). Beide Autoren verweisen auf die Rechtslage in Frankreich, die seit über zehn Jahren eine ähnliche Zahlungsverpflichtung kennt und ohne Anscheinsbeweis auskommt; eine Betrugswelle könne aber nicht festgestellt werden. 501 So Lohmann/Koch WM 2008, 57 (63 f.); Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.3“, die durch eine Kostensteigerung eine Perpetuierung des Richtlinienzwecks zu einem kostengünstigen Zahlungsverkehrsmarkt [siehe B.I.] sehen. 502 So Frank/Massari WM 2009, 1117 (1125; linke Spalte) und Scheibengruber BKR 2010, 15 (21), da die Zahlungsdienstleister die „cheapest cost avoider“ sein sollen. 503 Dies räumen Frank/Massari WM 2009, 1117 (1125; linke Spalte) ein. 504 Vgl. B.I. 505 Vgl. B.I. 506 Vgl. Jungmann JJZ 2007, 329 (343).
II. Autorisierungsphase
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(ff) Beweislastverteilung anhand der Gefahrenund Verantwortungsbereiche Hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers entsprechend seinen Pflichten aus Art. 57 Abs. 1 a) und b), Abs. 2 ZD-RiL das ZAI ordnungsgemäß an den Zahler übermittelt, verliert er den Einfluss auf dessen Verwahrung. Seine Aufsichtsmöglichkeiten beschränken sich auf Autorisierungsvorgänge, die an unmittelbar durch ihn betriebenen Einrichtungen durchgeführt werden. Im Gegensatz dazu kann der Zahler die entscheidenden Kausalverläufe effektiver beobachten und nachvollziehen. Eine Beweisführung über die Handlungen des Zahlers ist seinem Zahlungsdienstleister nur schwer oder überhaupt nicht möglich. Deshalb darf ein – von der Rechtsprechung noch immer vertretener507 – Grundsatz nicht außer Betracht gelassen werden: Die Beweislastverteilung muss sich auch immer an den Gefahren- und Verantwortungsbereichen der Parteien orientieren508. Erste Anknüpfungspunkte zur Bestimmung der Gefahren- und Verantwortungsbereiche sind die Wertungen der ZD-RiL, die in den einzelnen Pflichten hinsichtlich der ZAI nach Art. 55–57 ZD-RiL zum Ausdruck kommen. Mit Art. 55 Abs. 1 und 2 ZD-RiL gibt der Richtliniengeber den Parteien die Möglichkeit zur gemeinsamen Risikobegrenzung, in Art. 56 Abs. 1 a) setzt er voraus, dass zwischen den Beteiligten regelmäßig Nutzungsbedingungen vereinbart werden. Darüber hinaus sind auch beide Parteien jeweils für sich verpflichtet, „die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen“ 509 bzw. die Sicherheitsmerkmale unbefugten Dritten nicht zugänglich zu machen510. Hieraus folgt zumindest eine parallele Verantwortung sowohl des Zahlers als auch seines Zahlungsdienstleisters. Diese sehr offen formulierten Pflichten511 werden aber noch weiter konkretisiert. Der Zahler ist gemäß Art. 56 Abs. 1 b) zur sofortigen Anzeige an seinen Zahlungsdienstleister verpflichtet, wenn er die Sicherheit des ZAI in Gefahr sieht. Hierbei muss sein Zahlungsdienstleister insofern mitwirken, als ihm durch Art. 57 Abs. 1 c) eine Pflicht zur jederzeitigen Entgegennahme der Anzeige auferlegt wird. Diese Pflicht wird durch die drohende Haftungsverschiebung des Art. 61 Abs. 5 unterstrichen. Kommt es zu ei507
BGH NJW 2009, 142 (juris-Rn. 15). Allgemein: Grüneberg in: Palandt § 280 Rn. 37; Unberath in: BeckOK-BGB § 280 Rn. 82. Zum neuen Zahlungsdiensterecht: Sprau in: Palandt § 675v Rn. 7; Lohmann/Koch WM 2008, 57 (63 f.); Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.3“; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.2.3“; zu den konkreten Gefahren und Verantwortungsbereichen beim Onlinebanking Spindler FS Nobbe 2009, 215 (222 f.); ebenfalls für den Sphärengedanken Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675w Rn. 3; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 10. 509 Art. 56 Abs. 2 ZD-RiL. 510 Vgl. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 ZD-RiL. 511 Ob diese und die folgenden Pflichten einklagbare Rechtspflichten oder lediglich Obliegenheiten sind, kann hinsichtlich der Verteilung des Risikos und der Verantwortung offen bleiben. 508
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ner solchen Anzeige des Zahlungsdienstnutzers, ist sein Zahlungsdienstleister zur Verhinderung jeglicher künftiger Nutzung verpflichtet (Art. 57 Abs. 1 d) ZDRiL). Zwar werden hier keine konkreteren Vorgaben gemacht, auf welche Weise der Zahlungsdienstleister diese Pflicht erfüllen muss – sie ist vielmehr erfolgsbezogen formuliert. Dem Zahlungsdienstleister wird es aber realistisch betrachtet nicht möglich sein, die notwendige Kontrolle über Sicherheitsmerkmale wieder zu erlangen. Er kann wirtschaftlich betrachtet lediglich an der Kommunikationsschnittstelle eingreifen, die für die Nutzung des ZAI erforderlich ist. Daher verdichtet sich diese Verhinderungspflicht zu einer Pflicht, das ZAI zentral zu sperren und es dadurch aus dem Zahlungsverkehr zu nehmen. Nach Art. 57 Abs. 2 ZD-RiL trägt der Zahlungsdienstleister auch das Versendungsrisiko – letztlich stellt dies eine Sorgfaltspflicht dar. Dazu gehört thematisch auch das Verbot aus Art. 57 Abs. 1 b) ZD-RiL, ohne Aufforderung des Zahlers ein ZAI zu versenden – der Zahler soll sich auf den Empfang der sensiblen Sicherheitsmerkmale einstellen können. Diese konkreten Pflichten zeigen folgende Verteilung der Verantwortung auf: Sowohl der Zahler als auch sein Zahlungsdienstleister sind an denjenigen Stellen zur Sorgfalt und zum Schutz hinsichtlich des ZAI verpflichtet, an denen er jeweils selbst in Kontakt mit dem ZAI kommt bzw. realistische Einflussmöglichkeiten hat. Es ist nicht ersichtlich, warum der Richtliniengeber die offenen Schutzpflichten in einer anderen Form ausgestalten wollte. Vielmehr ist das Wertesystem der konkretisierten Pflichten auf die allgemein formulierten zu übertragen. Die normative Risikoverteilung ergibt deshalb, dass im Grundsatz jeder die Verantwortung für die Vorgänge trägt, die sich innerhalb seines Tätigkeitsbereichs abspielen.512 Dieses Ergebnis wird auch von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise getragen. Der Zahlungsdienstnutzer sucht die bargeldlose Zahlung zur Steigerung seiner Transaktionseffizienz – letztlich erzielt er Einsparungen513. Er geht diesen Weg aber lediglich dann, wenn damit keine unkontrollierte Preisgabe seiner – hinterlegten oder kreditierten – Vermögensmasse verbunden ist. Ausschließlich er soll Zugriff darauf haben; andere sollen am besten überhaupt keine Zugangsmöglichkeit bekommen. Der Zahlungsdienstleister möchte den sich daraus ergebenden Markt bedienen und mittels Gebühren an den eingesparten Geldern partizipieren. Er bietet Transaktionsdienstleistungen aber grundsätzlich nur an, solange er nicht risikoreich in Vorleistung treten muss. Er möchte in solchen Situationen deshalb die Gewissheit, von seinem Vertragspartner Ausgleich verlangen zu können. Beide Interessen werden mit dem Einsatz eines ZAI verwirklicht. 512 Bei der Verwendung von Geldausgabeautomaten ist der Zahler zunächst verpflichtet, die Eingabe der PIN mit der Hand oder seinem Körper abzudecken. Sein Zahlungsdienstleister muss aber das Gerät mit einem Sichtschutz versehen, der ein Ausspähen verhindern kann; vgl. Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 50. 513 Vgl. Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.996.
II. Autorisierungsphase
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Nur dieses ermöglicht die gewünschte „Win-win-Situation“. Niemand willigt in die Verwendung eines ZAI aus reinem Altruismus oder aufgrund einer überlegenen Verhandlungsposition des Anderen ein. Eine Partei möchte daher ein Risiko nicht übernehmen, das in der Handlungssphäre des Anderen liegt, und das sie nicht selbst beeinflussen kann514. Sie möchte vielmehr ihr eigenes Ziel – Ausschluss von Dritten (Zahlungsdienstnutzer) oder Entgelt- und Ausgleichsanspruch (Zahlungsdienstleister) – immer dann erreichen, wenn sie ihren Beitrag zur Systemsicherheit vollständig geleistet hat. Dieses Ziel soll unabhängig von einer Störung in der fremden Sphäre erreicht werden können. Im Ergebnis lässt sowohl das von der ZD-RiL aufgestellte Pflichtenprogramm hinsichtlich eines ZAI als auch die wirtschaftliche/interessengelenkte Betrachtungsweise eine sehr formale Risikoverteilung zu: Hat eine Partei direkten Einfluss auf die Sicherheit eines ZAI, muss sie diese Möglichkeit auch nutzen515. Kommt sie dieser Verpflichtung nach, sollen ihr im Falle einer Störung keine Nachteile erwachsen – die Störung muss dann ja in der Sphäre des Anderen begründet sein, der die Störung hätte verhindern müssen. Um ihr jeweiliges Ziel zu erreichten muss, die Partei nachweisen, ihre Pflichten innerhalb ihrer Einflusssphäre zu jedem Zeitpunkt erfüllt zu haben. (gg) Prinzip der Vollharmonisierung Mit der Anwendung des Anscheinsbeweises greift der deutsche Gesetzgeber aber zumindest mittelbar das Prinzip der Vollharmonisierung aus Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL an. Schließlich bewirkt der Anscheinsbeweis an dieser Stelle, dass das Gericht aufgrund bestimmter Umstände von der erfolgten Autorisierung überzeugt ist – obwohl diese selbst nicht positiv nachgewiesen wurde und daher im konkreten Fall vielleicht überhaupt nicht vorliegt. Dies ist zunächst angesichts der Regelung in Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL problematisch, wonach bei nicht erfolgter Autorisierung der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsbetrag unverzüglich erstatten muss516. Wenn Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL den nationalen Gesetzgebern nun verbietet, „in den Bereichen, in denen diese Richtlinie harmonisierte Bestimmungen enthält,“ andere „als die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen bei[zu]behalten oder ein[zu]führen“,
muss sich der Anscheinsbeweis auch vor dieser Norm rechtfertigen. Es darf – über die gesamte Rechtsordnung hinweg – schlichtweg keine Regelung oder 514
Im Ergebnis auch Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (100). Auch als „Gefahrbeherrschungsgedanke“ bezeichnet, vgl. Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (111). 516 Sofern das Zahlungskonto des Zahlers noch nicht belastet wurde, hat der Zahlungsdienstleister dieses konsequenterweise auch zu unterlassen. 515
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Rechtsfigur geben, die dem Zahlungsdienstleister des Zahlers einen Zahlungsanspruch welcher Natur auch immer zubilligt, solange eine Autorisierung nicht vorliegt oder die ZD-RiL einen solchen Anspruch nicht erlaubt. Sollte der Anscheinsbeweis den abschließenden Charakter der ZD-RiL berühren und so den Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL unterlaufen, wäre der nationale Rechtsanwender zur Aufgabe dieser Rechtsfigur gezwungen. Die Voraussetzungen einer wirksamen Autorisierung werden selbst in Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL nicht geregelt. Prozessual-beweisrechtlich erfahren lediglich die grundsätzliche Verteilung der Beweislast (Art. 59 Abs. 1; 4 Nr. 19, 4 Nr. 23 ZDRiL) und die Beweiswürdigung (Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL) im Zusammenhang mit ZAI einen rechtlichen Rahmen. Der Anscheinsbeweis kehrt die Beweislast aber gerade nicht um. Zudem zielt nach den bisherigen Erkenntnissen die Beweiswürdigungsregel des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL gerade auf den Anscheinsbeweis ab517. Demnach stellt der Anscheinsbeweis gerade keine Rechtsfigur dar, die von diesen Teilen der ZD-RiL nicht auch toleriert wird. Dieses Ergebnis erhält man weitgehend auch, betrachtet man den Anscheinsbeweis als Regel materiell-rechtlicher Natur. Dann muss gefragt werden, ob bestimmte Umstände bereits den materiell-rechtlichen Tatbestand einer Autorisierung erfüllen können.518 In materiell-rechtlicher Hinsicht behandelt die ZD-RiL lediglich den notwendigen Erklärungsinhalt nach Art. 54 Abs. 1519, die Widerrufsfrist nach Art. 54 Abs. 3, die generelle Formfreiheit gemäß Art. 54 Abs. 2, 4 sowie bestimmte Pflichten und Rechte der Beteiligten im Umgang mit ZAI (Art. 55–57). In Bezug auf andere Fragestellungen, wie es überhaupt zu einer wirksamen Autorisierung kommen kann, ist der einzelne Mitgliedsstaat in seiner Ausgestaltung aber grundsätzlich frei. Zu diesen – von der Richtlinie nicht beantworteten – Gegenständen gehört auch die Frage nach der rechtlich relevanten Auslegung eines bestimmten Verhaltens bzw. nach der Begründung von allgemein gültigen Rechtsscheinstatbeständen. Belegt ein Mitgliedsstaat ein bestimmtes Verhalten mit der notwendigen Erklärungswirkung, wird dadurch der Themenbereich der ZD-RiL noch nicht berührt – die Sperrwirkung der Vollharmonisierung setzt noch nicht ein. Bei einem materiell-rechtlichem Verständnis des Anscheinsbeweises ergeben sich aber Einschränkungen aus Art. 61 ZD-RiL. Hierdurch wird die Haftung des Zahlers beim Einsatz eines ZAI im Falle eines unautorisierten Zahlungsvorgangs näher beschrieben. Zwar bleiben die notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen einer Autorisierung weiter offen, jedoch lässt diese Bestimmung Umkehrschlüsse zu. 517
Vgl. C.II.1.i)bb)(3)(b)(dd)–C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff). Nachweise zu dieser dogmatischen Interpretation des Anscheinsbeweises bei Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 54. 519 Dieser erschöpft sich in der schlichten Zustimmung zum Zahlungsvorgang. 518
II. Autorisierungsphase
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Die Haftungstatbestände des Art. 61 Abs. 1 und Abs. 2 ZD-RiL sollen Ersatzansprüche schaffen, sofern eine wirksame Autorisierung gerade nicht festgestellt werden kann. Um einen Zirkelschluss zu vermeiden, kann die reine Verwirklichung eines dieser Haftungstatbestände520 – d.h. ohne das Hinzutreten weiterer Merkmale – keine Autorisierung darstellen bzw. nicht im Wege des Rechtsscheins als Autorisierung zugerechnet werden. Liegt der festgestellte Sachverhalt genauso vor, wie Art. 61 ZD-RiL ihn beschreibt, sind die Wertungen des Gesetzgebers klar: Der Sachverhalt darf nur mit den vorgegebenen Rechtsfolgen – also keine Autorisierung – belegt werden. Damit ist aber die Beurteilung abweichender Fälle noch nicht geklärt: Können andere Tatbestände – sei es, dass zu den in Art. 61 ZD-RiL genannten zusätzliche Merkmale hinzutreten, oder dass andere Merkmale isoliert herangezogen werden – die Annahme einer Autorisierung rechtfertigen? Verwirklicht der bewiesene Sachverhalt keines der Merkmale aus Art. 61 ZDRiL521, können grundsätzlich die nationalen Regeln über die Bewertung des Sachverhalts angewandt werden. Was wäre denn die Konsequenz einer gegenteiligen Auffassung? Man müsste sich fragen, in welchen Fällen man überhaupt eine Autorisierungserklärung annehmen dürfte. Da die ZD-RiL hierzu mit Art. 59 nur den Inhalt und die Form positiv regelt522, muss sich die Einstufung eines Handelns des Zahlers als Autorisierung nach dem allgemeinen Recht der jeweiligen Mitgliedsstaaten richten. Bei einer solchen Prüfung wird aber immer aus bestimmten Umständen auf den Autorisierungswillen geschlossen. In Deutschland wird beispielsweise die Autorisierung in die allgemeine Rechtsfigur der Willenserklärung eingeordnet523. Somit müssen zwangsläufig Regelungen außerhalb des Zahlungsdiensterechts bestehen, mit deren Hilfe ein bestimmtes Verhalten des Zahlers als Willenserklärung qualifiziert werden kann. Nach den allgemeinen Lehren gibt es hierzu allerdings die verschiedensten Möglichkeiten, eine Willenserklärung zu schaffen: vom ausdrücklichen Sprechen über das schlüssige Handeln bis zum Schweigen. Verkürzt gilt im deutschen Recht die 520 Bei den Verschuldenshaftungen nach Art. 61 Abs. 1 Var. 2 und Abs. 2 ZD-RiL gilt die Sperrwirkung auch, wenn der notwendige Verschuldensgrad noch nicht erreicht wurde; z. B. wenn eine Pflicht nach Art. 56 ZD-RiL (Art. 61 Abs. 2 S. 1 Var. 2 ZDRiL) lediglich leicht fahrlässig verletzt wurde. Ansonsten würde man die dadurch statuierte Privilegierung unterlaufen. 521 Ein Beispiel kann eine unternehmensinterne Weitergabe bzw. Preisgabe von personalisierten Sicherheitsmerkmalen darstellen. Weil nach Art. 86 Abs. 3 ZD-RiL die absolute Schutzpflicht nach Art. 56 ZD-RiL gelockert werden kann, muss ein solcher Vorgang nicht zwingend ein Verlieren im Sinne des Art. 61 Abs. 1 Var. 1 ZD-RiL oder eine Pflichtverletzung im Sinne des Art. 61 Abs. 1 Var. 2 oder Abs. 2 ZD-RiL darstellen. Trotzdem kann diese bewusste Weitergabe einen Anschein begründen; vgl. Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (102 f.) und C.II.1.i)cc)(3)(c)(aa). 522 Hinzu kommt eine entsprechende Anwendung des Art. 64 ZD-RiL; vgl. C.II.1.f). 523 Vgl. C.II.1.a).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Grundregel: „Alles ist Willenserklärung, was als Willenserklärung erscheinen muss.“ 524 Somit schaffen Willenserklärungen letztlich Rechtsfolgen, nicht weil man sie will, sondern weil sie dem Erklärenden normativ zugerechnet werden525 bzw. weil ein entsprechender Rechtsfolgewillen einem Rechtssubjekt normativ unterstellt wird. Die Mitgliedsstaaten müssen also selbst Zurechnungskriterien bestimmen. Würde man aus Art. 61 ZD-RiL den Umkehrschluss ziehen, jeder nicht angesprochene Sachverhalt könne von vornherein keine Zurechnung bewirken, wären auch die einzelstaatlichen – dringend notwendigen – Zurechnungen nicht möglich. Andere Kriterien stünden aber nicht zur Verfügung. Wenn man die nationalen Zurechnungsregeln anwenden muss, gibt es keinen Anhaltspunkt für eine Unterscheidung zwischen naheliegenden bzw. eindeutigen Zurechnungsvorgängen und solchen, die nicht so eindeutig ausfallen und insoweit mehr Begründungsaufwand erfordern. Vielmehr müssen die nationalen Zurechnungsregeln in ihrer Gesamtheit anwendbar sein – also auch Anscheins- und Rechtsscheinslehren.526 Anders fällt die Beurteilung aus, wenn in einem Rechtsscheinstatbestand527 ein Haftungstatbestand des Art. 61 ZD-RiL vollständig enthalten ist. Aufgrund des Prinzips der Vollharmonisierung ist es den Mitgliedsstaaten schon dann verboten, die in Art. 61 Abs. 1 und 2 ZD-RiL aufgeführten Sachverhalte rechtlich abweichend zu bewerten, indem er diese Tatbestände mit weiteren Merkmalen versieht. Art. 61 ZD-RiL muss an dieser Stelle als eine abschließende Regelung qualifizierter Art verstanden werden: Es sind nicht nur andere Tatbestände mit gleicher Rechtsfolge ausgeschlossen; auch die abweichende Regelung eines jeden Sachverhalts, der jedenfalls von Art. 61 ZD-RiL erfasst wird, soll verhindert werden. Schließlich wäre es dem Richtliniengeber nahezu unmöglich, die unzähligen Fallkonstellationen genau aufzuzählen und in abstrakte Formulierungen zu gießen, ohne dass in der Wirklichkeit Fälle mit Besonderheiten über diesen Wortlaut hinaus vorkommen könnten. Vielmehr kommt es ihm auf zentrale Vorkommnisse an, bei deren Vorliegen eine bestimmte Rechtsfolge in jedem 524
Schermaier in: HKK §§ 116–124 Rn. 14. Kramer in: MüKo-BGB Vormerkung zu § 116 Rn. 18a. 526 Dass die Zurechnungskriterien der einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich ausfallen werden, ist unvermeidbar. Damit ist eine gewisse Fragmentierung des Binnenmarktes für den Zahlungsverkehr verbunden. Dieser lässt sich aber nicht vermeiden, solange keine europaweit einheitliche Rechtsgeschäftslehre vorliegt. 527 Ein Beispiel hierzu wäre ein Duldungsrechtsschein: Im Lauf der Zeit kann es nicht nur zu einer einzigen Pflichtverletzung hinsichtlich der Aufbewahrung der personalisierten Sicherheitsmerkmale kommen. Können solche in gehäufter Weise festgestellt werden, kommt zur Pflichtverletzung selbst – die bereits isoliert von Art. 61 Abs. 1 oder Abs. 2 ZD-RiL erfasst werden kann – eine gewisse rechtsscheinauslösende Kontinuität hinzu. 525
II. Autorisierungsphase
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Falle eintreten soll. Ansonsten wäre es für die nationalen Gesetzgeber mittels gestalterischer Kreativität auch ein Leichtes, die Wertungen der ZD-RiL zu umgehen.528 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Anscheinsbeweis aus prozessualer Sicht nicht von der ZD-RiL verhindert werden soll bzw. dass er keine abweichende Regelung im Sinne des Prinzips der Vollharmonisierung darstellt. Ebenso ist im Grundsatz zu entscheiden, sieht man im Anscheinsbeweis einen – materiell wirkenden – richterrechtlichen Sondertatbestand, der letztlich an die Stelle der geschriebenen Tatbestandsmerkmale tritt. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus dem Umkehrschluss zu Art. 61 ZD-RiL. Stehen dessen Haftungsvoraussetzungen fest, darf nicht mehr von einer Autorisierung ausgegangen werden – diese Annahme ist im Sinne der Vollharmonisierung gesperrt. (hh) Zusammenfassung und Ergebnis zu § 675w S. 3 BGB Während die ersten Punkte529 keine klare Aussage über die Position der ZDRiL zum Anscheinsbeweis zulassen, lässt sich diese aber trotzdem angesichts der drohenden Betrugsfälle und der normativen sowie wirtschaftlichen Risikoverteilung treffen. Danach könnte man prinzipiell auch eine unwiderlegliche Vermutung zugunsten desjenigen begründen, der die Erfüllung der Aufgaben innerhalb seiner Sphäre nachweist. Diese Variante wird aber durch den Wortlaut des Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL ausgeschlossen, sofern die Pflichtenerfüllung in der beschriebenen Weise nachgewiesen werden soll530. Somit kommt die Rechtsfigur des Anscheinsbeweises als wesensgleiches Minus zur Anwendung: Aus dem (bewiesenen) eigenen ordnungsgemäßen Verhalten wird auf ein bestimmtes Verhalten – hier Autorisierung, zumindest grobe Fahrlässigkeit oder betrügerisches Verhalten – der anderen Partei geschlossen. Welche Störungen in wessen Sphäre fallen, hängt von den Ausgestaltungen der einzelnen Zahlungsverfahren ab531. 528 Eher undifferenziert und einsilbig zu dieser Sperrwirkung: Sowohl Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 54 als auch Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 1 sehen keinen Raum für eine Rechtsscheinshaftung bzw. Anscheinsvollmacht. Ausführlicher gegen die Anwendung der Rechtsscheinhaftung Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 55 Rn. 68, 117 der allerdings nicht auf die Vollharmonisierung eingeht, sondern fehlerhaft von einem vollständigen Vertretungsverbot bei ZAI ausgeht – bei einer juristischen Person werden aber nicht nur deren Organe das ZAI verwenden. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 4 hält § 675v BGB für unanwendbar, wenn der Zahlungsvorgang mittels einer Anscheinsvollmacht autorisiert wurde. Auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675w Rn. 22, § 675v Rn. 9 schließt eine Anscheinsvollmacht nicht von vornherein aus. 529 C.II.1.i)bb)(3)(b)(aa) bis C.II.1.i)bb)(3)(b)(dd). 530 Vgl. C.II.1.i)bb)(3)(b)(aa). 531 Vgl. C.II.1.i)cc).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Der Anscheinsbeweis wird also gerade nicht durch Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL bzw. durch § 675w BGB begründet532. Er ergibt sich vielmehr aus dem Wesen des ZAI und der jeweiligen Pflichtenverteilung hierzu533. Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL bzw. § 675w S. 3 BGB schreiben lediglich fest, dass bestimmte Beweismittel gerade keine unwiderlegliche Vermutung begründen können; der Zahler muss also eine Reaktionsmöglichkeit auf diese Beweismittel erhalten. Wann und in welchen Zahlungsverfahren die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises vorliegen und welche Fakten der Zahlungsdienstleister hierzu als Anknüpfungspunkt der Beweisvermutung darlegen und beweisen muss, ist ebenfalls eine Frage des Einzelfalls. Die Auffassung des deutschen Gesetzgebers534, die bisherige Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis könne auch in Zukunft weitergeführt werden, ist deshalb grundsätzlich richtig535. (4) Zusammenfassung des § 675w BGB Die beweisrechtliche Regelung des § 675w BGB kann thematisch in zwei Teile aufgegliedert werden: Durch § 675w S. 1 BGB werden Ereignisse beschrieben, deren Vorliegen der Zahlungsdienstleister bei einer streitigen Autorisierung mindestens nachweisen muss. Der Richter kann nur zur Überzeugung einer erfolgten Autorisierung kommen, wenn er mindestens vom Vorliegen der genannten Ereignisse überzeugt ist. § 675w S. 2 BGB beschreibt nur die nachzuweisende Authentifizierung näher. § 675w S. 3 BGB schränkt lediglich den – weiterhin fortzuführenden – Anscheinsbeweis dahingehend ein, dass bei Vorlage der genannten Aufzeichnung noch nicht zwingend von eine erfolgten Autorisierung ausgegangen werden darf. Vielmehr muss eine Einzelfallprüfung erfolgen, mit welcher der Zahler die Werthaltigkeit der Aufzeichnungen erschüttern kann. Diese Einzelfallprüfung kann aber trotzdem ergeben, dass diese Aufzeichnungen ausreichen – sofern die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis vorliegen und dieser vom Zahler nicht erschüttert wurde. Diese Voraussetzungen ergeben sich aber aus § 675w S. 1 BGB in Verbindung mit den allgemeinen Regeln536 und nicht aus § 675w S. 3 BGB. 532 So grundsätzlich auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675w Rn. 11; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675w Rn. 15. 533 Der Anscheinsbeweis ist also nicht nur eine von mehreren Auslegungsvarianten der Zahlungsdiensterichtlinie. Sie schreibt ihn vielmehr den nationalen Gesetzgebern in seiner Grundstruktur zwingend vor – die Deutung des deutschen Gesetzgebers ist demnach korrekt; im Ergebnis auch so Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675w Rn. 4; Koch – Zivilrechtlicher Teil der ZD-RiL § 675w; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 675w Rn. 27. 534 Vgl. C.II.1.i)bb)(3)(a). 535 So auch Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 55 Rn. 80; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675w Rn. 14 ff.
II. Autorisierungsphase
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cc) Anwendung der Beweisgrundsätze auf bestehenden Zahlungsverfahren Die bereits verbreiteten Zahlungsverfahren müssen – anhand der gewonnenen Erkenntnisse – daraufhin untersucht werden, ob ein ZAI verwendet wurde und welche Konsequenzen sich daraus für die Beweisführung ergeben. (1) Debitkarte/ec-Karte Wird die Debitkarte/ec-Karte zusammen mit der PIN verwendet, stellt diese Kombination ein ZAI dar537. Folglich muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers zum Nachweis der Autorisierung zunächst die Mindestvoraussetzungen des § 675w S. 1 BGB belegen. Insbesondere hat er die durch ihn erfolgte Authentifizierung nachzuweisen, mit der er das Vorliegen bzw. die ordnungsgemäße Verwendung der personalisierten Sicherheitsmerkmale überprüft hat.538 (a) Zur Verfügung stehende Beweismöglichkeiten In der Regel legt er bei diesem Zahlungsverfahren Aufzeichnungen und Protokolle der jeweils durch ihn eingesetzten Geräte vor539. Daraus soll sich dann unter anderem die Authentifizierung entnehmen lassen. Weitere Beweismittel, dass gerade der Zahler das ZAI eingesetzt und dadurch die Autorisierungserklärung abgegeben hat, kann sein Zahlungsdienstleister zumeist nicht vorweisen. Anknüpfend an die von der ZD-RiL vorausgesetzte Risikoverteilung bei der Verwendung eines ZAI540 bleibt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers deshalb folgende Möglichkeit: Er muss zunächst einen Fehler innerhalb seiner Verantwortungssphäre ausschließen. Vom Inverkehrbringen des ZAI bis zur Verwendung muss er nahezu garantieren können, dass er seinen Einflusspflichten mit der notwendigen Sorgfalt nachgekommen ist. Auf die Debitkarte und PIN angewandt bedeutet dies konkret, dass er bei deren jeweiliger Herstellung und Versen536 Zu den allgemeinen Voraussetzungen des Anscheinsbeweises, in welche die Wertungen der ZAI-bezogenen Pflichten einfließen, vgl. C.II.1.i)cc)(1)(b). Möchte der Zahlungsdienstleister die in § 675w S. 3 Nr. 2–4 genannten Ereignisse nachweisen, bedarf es der Voraussetzungen des § 675w S. 1 BGB nicht. Deshalb genügen dann die allgemeinen Regeln über den Anscheinsbeweis. 537 Vgl. B.II.3.a)dd). 538 Zur beispielhaften Pflichtenstellung in Bezug auf ec-Karten, die an Geldausgabeautomaten eingesetzt wurden vgl. Günther WM 2013, 496 sowie Kollrus MDR 2012, 377. 539 Vgl. zur Protokollierung bei Geldausgabeautomaten Maihold in: Schimansky/ Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 10. Diese Grundsätze können auch auf das POS-Verfahren sinngemäß übertragen werden, da die räumliche Distanz durch eine Kommunikationsverbindung überbrückt wird. 540 C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
dung Angriffe eigener Mitarbeiter ausschließen kann, dass der Zahler Karte und PIN zuverlässig erhält541, dass die eingesetzten Geräte die Authentifizierung zuverlässig durchführen und dass die Aufzeichnungen über die technischen Vorgänge fehlerfrei erstellt werden. Zudem muss das technische System zu jeder Zeit ausschließen, dass bei einem vorhergehenden Einsatz die Karte kopiert oder die PIN in irgendeiner Form ausgelesen und somit Dritten bekannt werden konnte. Der Zahlungsdienstleister muss sich hierbei auch auf die aktuellen Entwicklungen einstellen und gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen die Sicherheit wieder herstellen542. Insgesamt muss er seinerseits also für ein sehr hohes Maß an Verfahrenssicherheit sorgen543. (b) Anscheinsbeweis und seine generellen Voraussetzungen In einem zweiten Schritt ist zu klären, welche rechtlichen Folgen der Zahlungsdienstleister aus seinen Anstrengungen für sich geltend machen kann: Lässt die Kombination aus den Voraussetzungen nach § 675w S. 1 BGB und der nachgewiesenen Systemsicherheit den Schluss zu, der Zahler habe die Autorisierungserklärung abgegeben? Schon vor der Umsetzung der ZD-RiL wurde in Rechtsprechung und Literatur teilweise angenommen, dass in diesen Fällen der Beweis des ersten Anscheins für die Autorisierung durch den Zahler selbst spricht544. Grundvoraussetzung für den Anscheinsbeweis ist „ein Satz der Lebenserfahrung [. . .], der eine solche Qualität hat und der so tragfähig ist, dass der Richter im notwendigen Maße die Überzeugung vom Vorliegen der behaupteten Tatsache [. . .] gewinnt.“ 545 541 Hiermit ist das Verständnis des Erhaltens gemeint, das auch dem allgemeinen Zugangsgedanken des § 130 Abs. 1 BGB zugrunde liegt. 542 Vgl. Jungmann JJZ 2007, 329 (354); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 34. 543 Vgl. C.II.1.i)cc)(1)(c). 544 OLG Stuttgart NJW-RR 2002, 1274 Rn. 17; LG Bonn NJW-RR 1995, 815 m.w. N.; so wohl auch Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 312; offen gelassen LG Frankfurt WM 1999, 1930 (1932); dagegen OLG Zweibrücken NJW-RR 1991, 241 (242), Metz in: Derleder § 48 Rn. 14. Zu den widerstreitenden Auffassungen vgl. auch Gößmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 54 Rn. 13–14c mit zahlreichen Verweisen auf untergerichtliche Rechtsprechung; weitere Verweise bei Jungmann JJZ 2007, 329 (331). 545 Jungmann JJZ 2007, 329 (343), der sich unter anderem auf Prütting in: MüKoZPO § 286 Rn. 56 beruft. Nach der Standardformulierung der höchstrichterlichen Rechtsprechung [zuletzt BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 22); ähnlich zuletzt BGH WM 2012, 164 (juris-Rn. 16)] ist der Anscheinsbeweis „bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist.“
II. Autorisierungsphase
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Es bedarf zwar keines zwingenden Erfahrungssatzes, der überhaupt keine Ausnahmen zulässt. Der Handlungsverlauf in der Lebensrealität muss sich aber mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit mit dem Erfahrungssatz decken.546 Der Erfahrungssatz muss also eine sehr hohe Richtigkeitsgewähr aufweisen547 und dadurch „die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung [. . .] begründen.“ 548
Betrachtet man ausschließlich die vom Zahlungsdienstleister des Zahlers vorgelegten Aufzeichnungen und Protokolle, ist kein derartiger Erfahrungssatz dahingehend zu erkennen. Eine fast sichere Kausalitätsregel im positiven Sinne, dass die bankinternen Dokumente entstehen, weil der Zahler selbst die Autorisierung erklärt hat, besteht nicht. Vielmehr können die Protokolle genauso gut auch das Ergebnis anderer Ursachen sein. Beschränkt sich der Vortrag auf die Protokolle, kann dem Beweisbelasteten kein Anscheinsbeweis zur Hand gegeben werden – die hierzu notwendige Schlussfolgerung auf den behaupteten Kausalverlauf kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden.549 (c) Systemsicherheit als Basis eines Erfahrungssatzes Aber gerade deshalb bedarf es der Gewährleistung der angesprochenen Systemsicherheit durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers: Dadurch können grundsätzlich andere potentielle Möglichkeiten als in Frage kommende Kausalverläufe eliminiert werden, so dass alleinig die behauptete Ursache – Autorisierungserklärung des Zahlers – als Erklärung für die Aufzeichnungen in Betracht kommt550. Stellt der Zahlungsdienstleister des Zahlers ein äußerst sicheres System zur Verfügung551, verfügt lediglich der Zahler selbst über die personalisier546
Vgl. BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 22); Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 58. Mit anderen Worten Jungmann JJZ 2007, 329 (344 f.). 548 BGH NJW 1998, 79 (81; juris-Rn. 12); vgl. auch BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 29); Jungmann JJZ 2007, 329 (344). 549 Vgl. BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 23, 31); Jungmann JJZ 2007, 329 (345). 550 Vgl. Jungmann JJZ 2007, 329 (340, 346); BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 28); Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (107); Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 114 ff.; ähnlich auch Herresthal in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 7. Kapitel § 675w Rn. 15–16. 551 Zu den verschiedenen technischen Sicherungsmöglichkeiten bei der Verwendung von Debitkarten vgl. Jungmann JJZ 2007, 329 (333–339) und Nobbe in: Ellenberger/ Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 30 ff. Das ausreichende Sicherheitsniveau ist durch ein Gutachten zu beweisen, vgl. BGH WM 2011, 924 (juris-Rn. 11); BGH WM 2012, 164 (juris-Rn. 37). Ein ausreichendes Sicherheitsniveau setzt zusätzlich eine Prüfung des Zahlungsdienstleisters voraus, dass im konkreten Zahlungsvorgang auch die Originalkarte und keine Dublette verwendet wurde – hierfür ist der Zahlungsdienstleister beweisbelastet [BGH WM 2012, 164 (juris-Rn. 16)]; kritisch hieru Günther WM 2013, 496 (498 f.). 547
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ten Sicherheitsmerkmale 552. Dadurch ergibt sich der notwendige Erfahrungssatz, der die Überzeugung des Gerichts herbeiführen kann553: Nur der Zahler kann die vorgelegten Aufzeichnungen verursacht haben.554 Ein sehr hohes Sicherheitsniveau lässt ein bloßes Indiz zu einer so starken Vermutung heranwachsen – der Zahler ist nun in der Pflicht ist, diese Vermutung zu erschüttern.555 Andersherum schrumpft eine solche Vermutung zu einem bloßen Indiz, wenn der angebotene Sicherheitsstandard entscheidend sinkt556. Ob ein System sicher genug ist, muss sicherlich auch anhand der Anzahl der Missbrauchsfälle beurteilt werden. Steigt die Missbrauchsquote an, kann dies ein Indiz für die generelle Unsicherheit des technischen Systems sein, so dass nicht mehr von einem Erfahrungssatz gesprochen werden kann.557 Der Zahlungsdienstleister muss folglich die Sicherheit ständig überprüfen und seine Systeme bei aufkommenden Missbrauchsfällen verbessern558. (d) Erschütterung des Anscheinsbeweises Zur Erschütterung der Vermutung muss der Zahler Tatsachen darlegen, „die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen.“559
Er muss also erklären, wie die Aufzeichnungen auf andere Art und Weise als durch seine eigene Autorisierung zustande gekommen sein könnten.560 Dass die Protokolle fehlerhaft bzw. auch ohne die korrekte Verwendung der personalisier552 Hierin liegt der entscheidende Faktor, wenn für die Autorisierung ein ZAI verwendet wurde. Andernfalls kann jeder relativ leicht die Autorisierungserklärung fälschen, vgl. C.II.1.i). 553 Das Gericht muss bei der Beurteilung der Systemsicherheit sicherlich auf den Rat und die Kenntnisse von Sachverständigen zurückgreifen. Es spricht allerdings nichts dagegen, sich den fremden Erfahrungssatz zu Eigen zu machen; vgl. BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 30); Jungmann JJZ 2007, 329 (340, 349). 554 A. A. Halfmeier ZEuP 2009, 613 (622), der den Anscheinsbeweis tragende Erfahrungssätze bei solchen komplizierten, und undurchsichtigen technischen Systemen grundsätzlich für ausgeschlossen hält. 555 Vgl. zu diesem Grundprinzip des Anscheinsbeweis im Zahlungsverkehr BGHZ 170, 18 (juris-Rn. 31); BGH WM 2011, 924 (juris-Rn. 11); BGH WM 2012, 164 (jurisRn. 37); Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (107, 109). 556 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 35. 557 Vgl. zu dieser Problematik AG Berlin-Mitte NJW-RR 2010, 407 (juris-Rn. 26); Scheibengruber BKR 2010, 15 (21); AG Frankfurt WM 2011, 496 (497, rechte Spalte); LG Berlin WM 2010, 2353 (juris-Rn. 28); Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6 „C.1“. 558 Jungmann JJZ 2007, 329 (354); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 34. 559 BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 23); vgl. auch Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler 7. Kapitel § 675w Rn. 15 f. 560 Im Ergebnis auch OLG Düsseldorf WM 2013, 506.
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ten Sicherheitsmerkmale erstellt wurden, ist durch die Systemsicherheit ausgeschlossen. Dasselbe gilt für die Möglichkeit, dem Zahler sei die PIN und/oder Karte bei einem früheren Einsatz abhanden gekommen, weil ein Dritter die vom Zahlungsdienstleister angebotenen und vom Zahler benutzten Einrichtungen (Geldausgabeautomaten, Terminals) manipuliert habe561. Es verbleibt demnach ausschließlich die Alternativmöglichkeit, dass dem Zahler die PIN und Karte innerhalb seiner Sphäre abhanden gekommen ist. Trägt er vor, diese einem Dritten bewusst und gewollt zugänglich gemacht zu haben, stellt dies einen atypischen Sachverhalt dar. Durch ein solches Handeln hat der Dritte uneingeschränkten Zugriff auf die Verwendung des ZAI – dass nicht der Zahler, sondern der Dritte die Autorisierungserklärung abgegeben hat, ist nun durchaus wahrscheinlich. Der Anscheinsbeweis wird durch einen entsprechend substantiierten Vortrag erschüttert. Aufgrund der Sperrwirkung des § 675v Abs. 2 BGB562 muss sich der Zahler eine solche mögliche Erklärung des Dritten auch nicht aufgrund einer eventuell vorliegenden Rechtsscheinsvollmacht563 als eigene Erklärung zurechnen lassen: Mit der bewussten Weitergabe von Karte und PIN verstößt der Zahler zumindest in (grob) fahrlässiger Weise gegen seine Pflichten aus § 675l S. 1 BGB. Damit wird aber bereits die Haftung nach § 675v Abs. 2 BGB ausgelöst, so dass nicht auf die Rechtsfigur des Rechtsscheins zurückgegriffen werden kann564. Ebenfalls zur Erschütterung kann der Einwand führen, ein Dritter habe bei einer früheren PIN-Eingabe zugesehen, ohne dass dieser die eingesetzte Technik manipuliert hat. Die PIN auf diese Weise zu erfahren, ist angesichts der Eingabepraxis durchaus wahrscheinlich. Insbesondere beim Einsatz der Debitkarte an automatisierten Kassen wird von wartenden Personen oder vom Kassenpersonal die notwendige Diskretion nicht immer gewahrt. Allerdings kann dadurch nur erklärt werden, wie ein Dritter die PIN erlangen konnte. Diese kann aber nur zusammen mit der Karte für eine Autorisierungserklärung verwendet werden. Der Zahler muss also darlegen, wie der Dritte den Besitz der Karte erlangt haben könnte. Diese konkrete Möglichkeit ist gegeben, wenn der Zahler die Karte „in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN“ 565 verloren hat bzw. ihm diese entwendet wurde. Auf den zeitlichen Zusammenhang kann verzichtet werden, wenn der mutmaßliche Täter aus dem persönlichen Umfeld des 561 Im Rahmen der Systemsicherheit muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers seine Einrichtungen auch unabhängig von konkreten Missbrauchsfällen ständig überprüfen und überwachen. 562 Vergleiche zum Verhältnis von Rechtsscheinsfiguren und § 675v BGB und der sich daraus ergebenden Sperrwirkung vgl. C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg). 563 Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (102 f.) sehen deren Voraussetzungen als gegeben, gehen auf die Sperrwirkung des Art. 61 ZD-RiL jedoch nicht ein. 564 Vgl. C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg) und C.II.2.a)aa)(2). 565 Vgl. BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 31).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Zahlers stammt und daher jederzeit die Verbindung zwischen Karte und PIN herstellen kann.566 Ein atypischer Kausalverlauf lässt sich zunächst auch mit einem Verlust oder gar Diebstahl der Karte begründen. Dann aber benötigt der Zahler noch eine Erklärung, warum ein Dritter die PIN kennen konnte. Denn dass diese durch reines Probieren zufälligerweise getroffen wurde, ist unwahrscheinlich567. Deshalb muss der Zahler vortragen, die PIN in einer Form gespeichert bzw. verkörpert zu haben, dass der Dritte ebenfalls eine Zugriffsmöglichkeit darauf hatte. Dieser Vortrag ist demnach geeignet, den Anscheinsbeweis für die Autorisierung durch den Zahler zu erschüttern – sicherlich ist dieser Vortrag aber im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs nach § 675v BGB zu berücksichtigen568. (e) Beweislast für die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises und für die Erschütterung Bisher wurde erörtert, auf welchem Wege die Beweisführung bezüglich der Autorisierungserklärung vereinfacht werden kann: mittels des Anscheinsbeweises. Damit ist aber noch nicht gesagt, wer dessen Voraussetzungen im Streitfalle nachweisen muss. Grundsätzlich muss derjenige, der den Anscheinsbeweis in Anspruch nimmt, die Tatsachen nachweisen, die den Erfahrungssatz begründen. Anschließend ist der andere beweispflichtig für die Tatsachen, welche den atypischen Sachverhalt als zumindest möglich erscheinen lassen.569 Die besondere Problematik an dieser Stelle ist der Ausschlusscharakter dieses Anscheinsbeweises: Die zugrundeliegende Tatsache (Vorliegen eines Protokolls) lässt keinen positiven Schluss auf die zu beweisende Tatsache (Autorisierung durch den Zahler) zu. Vielmehr ergibt sich diese Folgerung nur deshalb, weil man alternative Ursachen ausscheidet. Die Voraussetzung des Anscheinsbeweises ist hier ja gerade, dass anderweitige, Sachverhalte nicht als Erklärung in Betracht kommen. Mit den bloßen Behauptungen, der Zahler müsse nachweisen, dass ein atypischer Geschehensablauf möglich sei570, oder aber der Zahlungsdienstleister müsse den Ausschluss aller in Betracht kommenden Alternativen nachweisen571, lässt sich 566 Zu der Möglichkeit des Ausspähens und seinen Folgen für die Beweisführung vgl. BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 31); Jungmann JJZ 2007, 329 (348). 567 Besteht die PIN aus vier Ziffern und wird die Karte – aufgrund von § 675k Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB – nach drei misslungenen Versuchen eingezogen, liegt die Trefferwahrscheinlichkeit bei ungefähr 0,03 %; so auch Herresthal in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 7. Kapitel § 675w Rn. 14. 568 C.II.2.a). 569 Vgl. Foerste in: Musielak § 286 Rn. 23; Grüneberg in: Palandt Vorb. v. § 249 Rn. 130; Pohlmann, Zivilprozessrecht Rn. 380; BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 23). 570 BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 35); Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (108, 111); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 41 m.w. N. 571 Halfmeier ZEuP 2009, 613 (622).
II. Autorisierungsphase
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eine Differenzierung zwischen Voraussetzung und Einwendung nicht vornehmen. Mangels anderer Abgrenzungsmerkmale muss sich die Beweisverteilung auch hier an der aufgeführten Trennung von Verantwortungsbereichen572 orientieren: Jeder trägt für diejenigen Alternativen die Beweislast, die in seinem Herrschaftsbereich liegen. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers muss also Missbrauchsmöglichkeiten ausschließen, die sich aus dem Einsatz der technischen Geräte und Systeme – inklusive ihrer Lage im Raum – ergeben573. Dagegen trägt der Zahler beispielsweise die Beweislast für das Vorliegen einer konkreten Möglichkeit atypischer Varianten innerhalb seiner Sphäre574. Er muss also Umstände vortragen und nachweisen, die es als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein Dritter in seine Sphäre eingedrungen und somit an Karte und PIN gelangen konnte575. Kann er eine solche Sicherheitslücke nachweisen, wird der erste Anschein auf die eigenhändige Autorisierung erschüttert.576 Der Anscheinsbeweis stellt also eine optimale Rechtsfigur dar, um die auch wirtschaftlich gewollte Risikoverteilung zu verwirklichen. Jede Partei ist nur dann unter beweisrechtlichem Zugzwang, wenn sie die Störung auch vermeiden hätte können. Darin liegt auch kein indirekter Verstoß gegen das Verbot der verschuldensunabhängigen Zurechnung eines Vertrauenstatbestands vor577. Schließlich kann sich der Zahler jederzeit durch den Nachweis des eigenen korrekten Verhaltens entlasten und so einen – im Anscheinsbeweis eventuell enthaltenen – Verschuldensvorwurf entkräften. Diese rein sphärenbezogene Beweislastverteilung stellt auch keine grundlegende Neuerung im deutschen Recht dar. In § 371a Abs. 1 S. 2 ZPO werden bei der Nutzung elektronischer Signaturen – also letztlich technischer Einrichtungen – bestimmte Beweisvermutungen zugunsten eines Erklärungsempfängers getroffen. Diese müssen vom Erklärenden erschüttert werden, da dieser den Geschehensablauf überhaupt nur beeinflussen kann.578
572
C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff). A. A. BGHZ 160, 308 (juris-Rn. 35 f.). Zum Umfang der Beweispflicht der Zahlungsdienstleister Jungmann JJZ 2007, 329 (349 ff.): Dieser billigt den Zahlungsdienstleister ein Geheimhaltungsinteresse bezüglich den genauen Funktionen des Sicherheitssystems zu, so dass der Beweis erbracht wird, wenn qualifizierte Sachverständige keine Sicherheitslücken finden. 574 A. A. OLG Düsseldorf WM 2013, 506. 575 Beispielsweise könnte sein Briefkasten aufgebrochen und die Post mit den Zugangsdaten gestohlen worden sein. 576 Abzugrenzen ist diese Frage von der Problematik, ob der Zahler mit diesem Vortrag die Umstände zugibt, die eine vertragliche Pflichtverletzung begründen und somit Schadensersatzansprüche nach § 675v auslösen können [vgl. C.II.2.a)]. 577 Zu diesem Verbot vgl. C.II.1.d)cc). 578 Zur Parallele zu bzw. zur analogen Anwendbarkeit von § 371a ZPO vgl. Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (114). 573
182
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(2) Kreditkarte Hinter der Formulierung „Zahlung mittels einer Kreditkarte“ verbergen sich unterschiedliche Zahlungsverfahren. Die Anwendung des Anscheinsbeweises hängt maßgeblich davon ab, ob in der verwendeten Variante ein ZAI zum Einsatz kommt579. Die beweisrechtliche Problematik kann daher nicht einheitlich für die gesamte Erscheinung „Kreditkartenzahlung“ gelöst werden. (a) Kreditkartenzahlung mit PIN Wird die Kreditkarte unter Verwendung einer PIN an einem Geldausgabeautomaten oder an automatisierten Kassen verwendet, so können die Ausführungen zur Debitkarte580 auf dieses Zahlungsverfahren übertragen werden. Zwar sind die technischen Ausgangspunkte für beide Systeme nicht zwingend identisch. Dies spielt aber letztlich keine Rolle: Der Zahlungsdienstleister muss im Kreditkartensystem ein sehr hohes Sicherheitslevel schaffen und darf innerhalb seiner Verantwortungssphäre keine Sicherheitslücken entstehen lassen.581 (b) Klassisches Unterschriftsverfahren Bei der klassischen Methode legt der Zahler die Kreditkarte vor, um die Kartendaten auszulesen582. Der mithilfe der Daten erstellte Leistungsbeleg (sogenannter „Slip“) wird vom Zahler unterschrieben. In der Unterschrift ist der Zahlungsauftrag583 und daher auch die Autorisierungserklärung zu sehen584. (aa) Kreditkarte und Unterschrift als ZAI Der Gesetzgeber sieht in der Kombination aus Besitzkomponente (bezüglich der Kreditkarte) und Fähigkeitenkomponente (hinsichtlich der Reproduzierung der Unterschrift) die Merkmale eines ZAI als erfüllt585. Dabei ist sicherlich anzu579
Vgl. C.II.1.i). C.II.1.i)cc)(1). 581 Zur alten Rechtslage kam der Anscheinsbeweis regelmäßig in dieser Form zur Anwendung; vgl. u. a. BGH WM 2011, 924 (juris-Rn. 10 ff.); OLG Frankfurt WM 2009, 1602 (juris-Rn. 27 ff.); Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 436 in dessen Fußnote 1217. 582 Das Auslesen kann mechanisch oder elektronisch erfolgen. Im zweiten Fall wird die Karte zumeist noch auf Echtheit und Sperrung überprüft, vgl. Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 87. 583 Vgl. C.I.1.d)aa)(2)(b)(aa). 584 Vgl. C.II.1.b). 585 Begründung zu § 1 Abs. 5 ZAG, BT-Drucks. 16/11613 S. 36 re. Sp.; so auch Scheibengruber BKR 2010, 15 (17), der allerdings explizit eine fehlende Möglichkeit zur Reproduktion fordert; Scheibengruber NJOZ 2010, 1366 (1366 f.); Casper/Pfeifle 580
II. Autorisierungsphase
183
erkennen, dass die eigene Unterschrift einen gewissen Identifizierungscharakter hat und sicherlich nicht von jedem Dritten nachgemacht werden kann586. Die Unterschrift wird von den Beteiligten selbst aber nicht als personalisiertes Sicherheitsmerkmal gesehen587. Allerdings wird eine Pflicht des Zahlers vereinbart, ein Abhandenkommen der Kreditkarte vorzubeugen bzw. ein Abhandenkommen dem Zahlungsdienstleister zu melden588. Letztlich muss für die Beantwortung dieser Frage darauf abgestellt werden, ob das gesamte System vom Grundprinzip gewährleisten kann, dass lediglich der Zahler die Sicherheitsmerkmale einhalten kann589. Dies ist nach zutreffender Ansicht beim klassischen Kreditkartenverfahren nicht der Fall: Die Besitzkomponente der Kreditkarte kann nicht als personalisiertes Sicherheitsmerkmal qualifiziert werden. In der Praxis übergibt der Zahler dem Zahlungsempfänger typischerweise und bestimmungsgemäß die Kreditkarte, um den Leistungsbeleg erstellen zu lassen590. Naturgemäß kann er in dieser Phase die Besitzverhältnisse nicht mehr kontrollieren. Realistisch betrachtet haben auch Dritte zum Teil uneingeschränkten Zugriff auf die Karte – genau dies widerspricht der angesprochenen Intention eines personalisierten Sicherheitsmerkmals. Die Besitzkomponente scheidet demnach als Anknüpfungspunkt für ein ZAI aus. Dasselbe gilt für die Unterschrift. Diese ist zwar nicht einfach zu fälschen, allerdings hinterlässt der Zahler im Alltag sehr häufig seine Unterschrift – nicht zuletzt auf dem Leistungsbeleg und der Kreditkarte selbst Es besteht für ihn keine Möglichkeit, das Einüben der Unterschrift durch Dritte zu verhindern591. WM 2009, 2343 (2347); Köndgen JuS 2011, 481 (486); Koch/Reinicke – ZAG S. 58; Findeisen in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 1 ZAG Rn. 281; Frey in: Ellenberger/ Findeisen/Nobbe § 675l Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 28–31; Omlor in: Staudinger [2012] § 675c Rn. 17 und § 675j Rn. 7; Schwintowski in: jurisPKBGB § 675f Rn. 12; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675j Rn. 7; Einsele – Bank- und Kapitalmarktrecht § 6 Rn. 233; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 31, der allerdings ZAI auch gänzlich ohne personalisierte Sicherheitsmerkmale für möglich hält; unpräzise Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.1054; offen gelassen von Sprau in: Palandt § 675j Rn. 6 f.; in sich widersprüchlich Martinek in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 67, der in seiner Rn. 42 § 675v BGB prinzipiell anwenden möchte, in seiner Rn. 44 eine Haftung für die unterlassene Verlustanzeige aber mit § 280 BGB und nicht mit § 675y Abs. 2 BGB begründen möchte. 586 So wohl auch Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (115). 587 Nr. 2 Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite) nennt lediglich die PIN als Sicherheitsmerkmal. 588 Nr. 9 b), d) der Bedingungen für die MasterCard/Visa Card (Sparkassen; Zahlerseite). 589 Vgl. B.II.3.a)cc). 590 Vgl. BGHZ 91, 221 (juris-Rn. 11, 14); Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 134. 591 Vgl. auch Martinek in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 67 Rn. 41.
184
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Die Unterschrift mag zwar ein Indiz für die Echtheit darstellen – eine sehr sichere Zuordnung, wie sie ein ZAI verlangt592, ist damit aber gerade nicht verbunden593. Deshalb kann an der Einordnung des Gesetzgebers nicht festgehalten werden. (bb) Beweislast und Beweiserleichterungen Bestreitet der Zahler, die Autorisierungserklärung selbst abgegeben zu haben, gerät sein – diesbezüglich beweisbelasteter – Zahlungsdienstleister in Beweisschwierigkeiten. Der Anscheinsbeweis, wie er bei der Debitkarte konstruiert wurde594, lässt sich hier nicht mit der Eliminierung alternativer Kausalverläufe begründen. Dafür bestehen zu viele Unsicherheitsfaktoren, als dass die reine Vorlage des Leistungsbelegs die richterliche Überzeugung vom behaupteten Sachverhalt herbeiführen könnte.595 Mit anderen Worten kann der Zahlungsdienstleister von vornerein kein Sicherheitssystem schaffen, dessen Niveau den für den Anscheinsbeweis notwendigen Erfahrungssatz tragen könnte. Kann der Zahlungsdienstleister zumindest nachweisen, dass der Zahler die Kreditkarte bewusst und gewollt einem komplett Außenstehenden ausgehändigt hat, wird dem Zahler das Handeln des Außenstehenden über eine analoge Anwendung von § 170 BGB als eigenes Handeln zugerechnet596. Die einzigen Beweismöglichkeiten, die dem Zahlungsdienstleister des Zahlers im Regelfall zur Verfügung stehen, sind der unterschriebene Leistungsbeleg und der Zahlungsempfänger, der die Unterzeichnung durch den Zahler vielleicht noch bezeugen kann. Sind diese Beweismittel aber nicht geeignet, um das Gericht entsprechend zu überzeugen, kann dem Zahlungsdienstleister des Zahlers lediglich eine prozessrechtliche Figur angeboten werden: die sekundäre Darlegungslast des 592 Vgl. B.II.3.a)cc); vgl. auch Sprau in: Palandt § 675j Rn. 7; a. A. Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 31 und Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675j Rn. 6, die das Vorliegen eines ZAI nicht an das Bestehen personalisierter Sicherheitsmerkmale knüpfen. 593 So im Ergebnis auch Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (115), der damit seine Kommentierung in: Palandt § 675j Rn. 6 f. konkretisiert; vgl. auch Grundmann WM 2009, 1157 (1163). 594 C.II.1.i)cc)(1). 595 Zu diesem Ergebnis kommen auch Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2347). Sie sehen bei dieser Kreditkartenvariante zwar die Voraussetzungen eines ZAI für gegeben. Die Unterschrift erreiche aber nicht das für den Anscheinsbeweis notwendige Sicherheitsniveau; ebenso zur alten Rechtslage Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 102. Unter Geltung der alten Rechtslage wurde der Anscheinsbeweis teilweise für anwendbar gehalten; jedoch soll er offenbar relativ einfach zu erschüttern sein; vgl. Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 144. 596 Vgl. hierzu Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 436. Da mangels Vorliegen eines ZAI § 675v BGB nicht anwendbar ist [C.II.2.a)aa)] ist diese Rechtsscheinskonstruktion auch nicht aufgrund dessen Wertungen gesperrt [vgl. zu dieser Sperrwirkung C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg)].
II. Autorisierungsphase
185
Zahlers. Da der Zahler häufig die Umstände besser kennt, die zum Missbrauch der Kreditkarte führen konnten, sein Zahlungsdienstleister diese im Prozess regelmäßig überhaupt nicht beleuchten kann, trägt der Zahler eine besondere Substantiierungslast.597 Er muss Möglichkeiten aufzeigen, die das Verwenden der Kreditkarte durch einen Dritten erklären können. Mit einem reinen Bestreiten der Autorisierung genügt er seiner Substantiierungspflicht nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht; vielmehr würde er mit der Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO sanktioniert werden598. In dem notwendigen Tatsachenvortrag liegt nun der beweisrechtliche Ansatzpunkt für den Zahlungsdienstleister. Kann er nachweisen, dass keine der Erklärungen des Zahlers zu einem Missbrauch führen konnten, ist § 138 Abs. 3 ZPO ebenso anwendbar. Realistisch betrachtet wird der Zahlungsdienstleister mit dieser Methode aber nur selten erfolgreich sein, da er zum entsprechenden Nachweis oftmals ebenso wenig in der Lage sein wird. Die Autorisierung wird er also im Regelfall nicht beweisen können, wenn die zur Verfügung stehenden Beweismittel – Unterschriftenabgleich und/oder Zeugenaussage des Zahlungsempfängers – die richterliche Überzeugung nicht herbeiführen. Dieses Risiko wird beim Zahlungsdienstleister allerdings dadurch aufgewogen, dass er kein aufwändiges und teures Sicherheitssystem vorhalten muss. Schon vor Erlass der Neuregelung wurde versucht, die Beweisnot des Zahlungsdienstleisters zu begrenzen. Dabei wurde teilweise aber lediglich davon gesprochen, dass in bestimmten Fällen eine Haftung des Zahlers in Betracht kommt. Hierfür wurden Verantwortungsbereiche zwischen den Beteiligten abgegrenzt und vertragliche Pflichten zur Risikozuordnung herangezogen. Zwar ergibt sich daraus das rein wirtschaftliche Ergebnis, dass der Zahler für die umstrittene Summe einstehen muss. Eine Einordnung in juristische Kategorien – inklusive der juristischen Grundlagen dieses Ergebnisses – ist damit aber noch nicht erfolgt.599 In anderen Quellen lässt sich allerdings eine konkrete Differenzierung finden: Während der Aufwendungsersatzanspruch abgelehnt wird, verlagert man das Problem auf vertragliche Schadensersatzansprüche und sucht so entsprechende Verletzungen vertraglicher Pflichten600. Dieser Weg ist auch künftig unter Geltung der Neuregelung zu gehen. Denn mit dem Grundsatz aus § 675u BGB, Aufwendungsersatz könne nur bei autori597 Vgl. hierzu Prütting in: MüKo-ZPO § 286 Rn. 136; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rn. 15. 598 Wagner in: MüKo-ZPO § 138 Rn. 21. 599 Vgl. BGHZ 91, 221 (Rn. 10, 12); Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 134; Hadding in: MüKo-HGB Anhang I Rn. G 44 f.; Martinek/ Oechsler in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 67 Rn. 41a–44. 600 Vgl. Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 436–438; Blaurock in: Derleder § 49 Rn. 20 (a. E.), 26; Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 103.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
sierten Zahlungsvorgängen entstehen, hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich des Aufwendungsersatzes eindeutig zulasten des Zahlungsdienstleisters entschieden. Kann er die Autorisierung nicht nachweisen, soll dieses Ergebnis auch nicht durch anderweitige rechtliche Konstruktionen umgangen werden. Schließlich gehört § 675u BGB nach § 675e BGB zu den zwingenden Normen der Neuregelung. (c) Kreditkarteneinsatz im Distanzgeschäft – „Mailorder-Verfahren“ 601 (aa) Herkömmliches Mailorderverfahren Im Gegensatz zum klassischen Kreditkartenverfahren wird beim herkömmlichen Mailorder-Verfahren weder die Karte vorgelegt, noch unterschreibt der Zahler eigenhändig einen Beleg. Als Anknüpfungspunkt für das Vorliegen eines ZAI können hier nur die auf der Kreditkarte aufgedruckten Daten – Kartennummer, Verfallsdatum, ggf. weitere Angaben – dienen. Ein gewisses Sicherheitselement bietet die Kombination aus den verschiedenen Aufdrucken: Ein Dritter kann sich nicht willkürlich eine Kreditkartennummer ausdenken. Die aufgedruckten Daten sind aber zumindest den Dritten bekannt, bei denen die Kreditkarte im Vorfeld bestimmungsgemäß zur Zahlung eingesetzt wurde. Ab der ersten Verwendung der Kreditkarte hat der Zahler die Kontrolle darüber verloren. Sie sind daher von vornherein nicht dazu bestimmt, ausschließlich dem Zahler zugänglich zu sein602. Vom Sicherheitsniveau sind die Daten eher mit der Kontonummer des Nutzers vergleichbar. Daher kann hier auch nicht von einem lediglich mindereffizienten Sicherheitssystem gesprochen werden, das aber trotzdem personalisierte Sicherheitsmerkmale enthalte603. Handelt es sich bei der Unterschrift schon nicht um ein personalisiertes Sicherheitsmerkmal, muss dies hier erst recht ausgeschlossen sein. Somit wird in dieser Variante ebenfalls kein ZAI verwendet604. Die angesprochenen Sicherheitsmängel lassen auch hier keinen Anscheinsbeweis hinsichtlich der Autorisierung durch den Zahler zu605. Deshalb steht der Zahlungsdienstleister beweisrechtlich hier prinzipiell gleich wie beim klassischen 601
Zu diesem Begriff vgl. C.I.1.d)aa)(2)(b)(bb). So auch Bitter WM 2010, 1773 (1776); im Ergebnis auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 31; Jungmann in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 6. Kapitel § 675j Rn. 10. 603 So aber Oechsler WM 2010, 1381 (1382), der hier ein ZAI für gegeben hält. 604 Im Ergebnis auch so: Begründung zu § 675v Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 186; Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2344); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 31; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 6 f.; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675l Rn. 2, § 675v Rn. 3; a. A. Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 31 und Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675j Rn. 6, die das Vorliegen eines ZAI nicht an das Bestehen personalisierter Sicherheitsmerkmale knüpfen [vgl. auch B.II.3.a) bb)(4)]. 605 So auch schon nach alter Rechtslage Baumbach/Hefermehl/Casper 4. Teil Rn. 107; Hönn in: jurisPK-BGB § 670 Rn. 19. 602
II. Autorisierungsphase
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Verfahren606. Da er aber noch nicht einmal einen unterschriebenen Beleg vorliegen hat und die Zeugenaussage des Zahlungsempfängers aufgrund des Distanzgeschäfts eigentlich keine Aussagekraft besitzt, ist die Beweislage für den Zahlungsdienstleister des Zahlers hier sogar noch erheblich schlechter. Bezogen auf den Aufwendungsersatzanspruch ist dieses Mailorderverfahren in rechtlicher Hinsicht ein absolutes Risikogeschäft. (bb) Modernes Mailorderverfahren Die Situation verändert sich grundlegend, werden bei der Verwendung der Kreditkarten nicht nur deren Daten angegeben, sondern auch ein geheim bleibendes Passwort607. Insbesondere bei Internetgeschäften kann ein solcher Schritt in den Bezahlvorgang implementiert werden608. Das Passwort stellt dann ein persönliches Sicherheitsmerkmal dar – in der Kombination zwischen Kreditkarten- und Passwortverwendung ist ein ZAI zu sehen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Mailorderverfahren und zum Unterschriftsverfahren kann hier bei einem entsprechenden Sicherheitsniveau der Anscheinsbeweis in Erwägung gezogen werden609. Schließlich ist diese Vorgehensweise qualitativ mit der Bezahlung mittels Debitkarte und PIN610 vergleichbar: Das Passworterfordernis enthält einen ersten Anhaltspunkt dafür, dass der Zahler selbst die Transaktion autorisiert hat und Alternativsachverhalte eigentlich ausgeschlossen werden können. Der Unterschied liegt aber sicherlich in der konkreten Eingabeform des Geheimcodes: Während zur PIN-Eingabe ein vom Zahlungsdienstleister bereitgestelltes Gerät verwendet wird, gibt der Zahler das Passwort am eigenen Computer ein. Es verschieben sich nicht nur die Verantwortungssphären. Auch bestehen nun anderen Zugriffsoptionen von Dritten auf den Kommunikationsprozess. Deshalb sind hier die Maßstäbe aus den Zahlungen mittels Online-Banking – inklusive der modernen Missbrauchsmöglichkeiten durch „Phishing, Pharming und Malware“ – heranzuziehen611. (d) Manuelle Barauszahlung in Verbindung mit dem Personalausweis Der Zahler kann sich bei Zahlungsdienstleistern auch Bargeld gegen Vorlage der Kreditkarte und seines Personalausweises auszahlen lassen612. Gewiss besteht 606
C.II.1.i)cc)(2)(b)(bb). So auch Jungmann in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 6. Kapitel § 675j Rn. 10; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 31. 608 Ein solches Verfahren wird u. a. von zwei großen Kreditkartenunternehmen unter den Bezeichnungen „MasterCard SecureCode“ bzw. „Verified by Visa“ angeboten. 609 Vgl. Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2349 a. E.). 610 Siehe hierzu C.II.1.i)cc)(1). 611 Vgl. C.II.1.i)cc)(3). 612 Blaurock in: Derleder § 49 Rn. 8. 607
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
auch hier eine zusätzliche Identifizierungsmöglichkeit durch den Lichtbildausweis. Legt der Zahlungsdienstleister im Prozess ein Protokoll vor, in dem notiert wurde, dass er einen Vergleich sowohl der Unterschrift als auch des Lichtbildes vorgenommen hat, kommt ein Anscheinsbeweis hinsichtlich der Identität des Zahlers nicht in Betracht. Es besteht kein positiver Erfahrungssatz, dass lediglich die auf dem Ausweis dargestellte Person im Besitz des Ausweises ist – zu oft kommt es zum versehentlichen Verlust oder gar Diebstahl des Dokuments. Zudem handelt es sich bei der Auszahlung um einen alltäglichen Routinevorgang. Es kann nicht angenommen werden, dass der Zahlungsdienstleister eine so sorgfältige und vorsorgliche Identifizierung anhand des Lichtbildausweises vornimmt, dass andere Personen als der Zahler ausgeschlossen werden können. Dies ist schon wegen der oftmals fehlenden Aktualität des Lichtbilds unmöglich. Als Beweismittel verbleiben dem Zahlungsdienstleister auch hier lediglich die Zeugenvernehmung und ein Sachverständigengutachten bezüglich der Unterschrift. (3) Online-Banking (a) Vorliegen eines ZAI Beim Online-Banking gibt der Zahler die Autorisierungserklärung weder in direkter Anwesenheit seines Zahlungsdienstleisters noch des Zahlungsempfängers ab. Die an einem Computer erstellte bzw. ausgefüllte Autorisierung wird stattdessen auf elektronischem Weg an den Zahlungsdienstleister des Zahlers übermittelt613. Klassischerweise muss der Zahler für diesen Vorgang zwei verschiedene Codes – PIN und TAN614 – verwenden. Ohne die korrekte Eingabe dieser Codes wird die Autorisierung nicht angenommen615. PIN und TAN werden von den Beteiligten als „personalisierte Sicherheitsmerkmale“ bezeichnet616. Zwar kommt es bei dieser Einstufung nicht auf diese subjektive Einschätzung an. Allerdings werden bezüglich den Sicherheitsmerkmalen derartige Schutzpflichten vereinbart617, wie man sie auch in ähnlicher Form bei der PIN der Debitkarte vorfindet und die sich auch teilweise mit den Regelungen decken, die sich direkt aus den gesetzlichen Regelungen zu ZAI ergeben618. Deshalb ist die Qualifizierung der Beteiligten richtig, so dass beim Online-Banking ein ZAI vorliegt.619 613 Vgl. Fischer in: BeckOK-BGB § 675 Rn. 52; vgl. auch Gößmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 55 Rn. 22. 614 Nr. 3 und 4.1 der Sonderbedingungen für das Online-Banking (Volksbank, Zahlerseite). 615 Nr. 5 Abs. 1 und 3 der Sonderbedingungen für das Online-Banking (Volksbank, Zahlerseite). 616 Nr. 2.1 der Sonderbedingungen für das Online-Banking (Volksbank, Zahlerseite). 617 Insbesondere in den Nr. 7.2, 8.1 und 9 der Sonderbedingungen für das OnlineBanking (Volksbank, Zahlerseite).
II. Autorisierungsphase
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(b) Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Beweislastverteilung auf das Online-Banking Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt nach den verallgemeinerbaren Erwägungen620 zur Debitkarte einen so hohen Sicherheitsstandard voraus, dass andere Personen als der Zahler als Autor der Autorisierungserklärung ausscheiden. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers muss hierfür das Bestehen eines solchen Niveaus vortragen, der Zahler kann atypische Sachverhalte – also Umstände, die eine konkrete Sicherheitslücke begründen – vorbringen und somit den Anscheinsbeweis erschüttern. Nach den – ebenfalls verallgemeinerbaren – Grundsätzen zur Beweislastverteilung innerhalb des Anscheinsbeweises621 ist jeder für den Nachweis der sicherheitsrelevanten Umstände innerhalb seiner Sphäre verantwortlich622. In der Sache handelt es sich dabei aber keineswegs um neue Erwägungen. Schon unter Geltung der alten Rechtslage wurde vertreten, dass aus der korrekten Verwendung von PIN und TAN auf den Zahler geschlossen werden kann. Für die rechtliche Konstruktion griff man entweder auf einen materiell wirkenden Rechtsschein623 oder auf den prozessual wirkenden Anscheinsbeweis624 zurück. Schon damals stand die notwendige Systemsicherheit – als das entscheidende Kriterium für die Anwendbarkeit der jeweiligen Rechtsfigur – im Zentrum der Diskussion. 618 Vgl. hierzu die Verpflichtung zur Sperranzeige nach Nr. 8.1 der Sonderbedingungen für das Online-Banking (Volksbank, Zahlerseite) oder die Möglichkeit zur Sperrung seitens des ZD nach Nr. 9 der Sonderbedingungen für das Online-Banking (Volksbank, Zahlerseite). 619 Zu den allgemeinen Merkmalen eines ZAI vgl. B.II.3.a)cc). 620 C.II.1.i)cc)(1)(b)–C.II.1.i)cc)(1)(d). 621 Vgl. C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff) und C.II.1.i)cc)(1)(e). 622 Einzelne Beispiele für sicherheitsrelevante Pflichten bei Willershausen juris-BKR 2012, Heft 8 Anm. 2 und bei Borges NJW 2012, 2385. 623 Für die Rechtsscheinslösung: Spindler FS Nobbe 2009, 215 (217 ff.); Horn in: Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Bankgeschäfte Rn. V 9; Gößmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 55 Rn. 26. Hierzu werden auch die traditionellen Tatbestände der Rechtsscheinsvollmacht kontrovers diskutiert [siehe hierzu auch Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (102, 104); KG Berlin WM 2011, 493 (494; juris-Rn. 35 f.)]. Gegen einen Rechtsschein Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676a Rn. 19; Borges in: Derleder § 9 Rn. 141 m.w. N. 624 Für einen Anscheinsbeweis Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (110); Gelder FS Nobbe 2009, 55 (67); Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. B 89; Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 39. Teilweise wird auch versucht den Anscheinsbeweis mit einer analogen Anwendung von § 371a Abs. 1 ZPO zu begründen [Borges in: Derleder § 9 Rn. 108; Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (114)]. Gegen den Anscheinsbeweis Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676a Rn. 19; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 49 m.w. N. auf instanzgerichtliche Rechtsprechung; Schulte am Hülse/Klabunde MMR 2010, 84 (87); AG Krefeld BKR 2012, 480. Weitere Nachweise zum Streitstand bei Borges in: Derleder § 9 Rn. 157. Teilweise werden beide Rechtsfiguren überhaupt nicht getrennt, vgl. Schöttler jurisPR-ITR 2010, Heft 17 Anm. 5 „C“.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Wegen desselben Grundprinzips wie bei der Debitkarte ist man geneigt, die beweisrechtlichen Fragen des Online-Bankings denen der Debitkarte anzugleichen. Denn auch hier führt der Zahlungsdienstleister des Zahlers – mangels anderer Beweismittel625 – zum Nachweis die Protokolle und Aufzeichnungen über die mutmaßlich erfolgte Autorisierung ein626. Auch sollen die personalisierten Sicherheitsmerkmale gewährleisten, dass die Autorisierungserklärung lediglich vom Zahler abgegeben werden kann. Vergleicht man das Verfahren bei der Debitkarte mit dem des Online-Bankings, fallen aber zwei wesentliche Unterschiede ins Auge: Zunächst kennt das Online-Banking nicht nur eine einzige Wissenskomponente als personalisiertes Sicherheitsmerkmal – vielmehr muss jede Autorisierung mit einer regelmäßig eigens für diese Erklärung vorgesehenen TAN bestätigt werden627. Prinzipiell wird das Sicherheitsniveau durch diese Kumulation eigentlich erhöht. Jedoch verwendet der Zahler beim Online-Banking zumeist den eigenen Computer, um die Autorisierungserklärung abzugeben, während er bei der Debitkarte auf Einrichtungen und Geräte zugreifen kann, die sein Zahlungsdienstleister zur Verfügung stellt. Der zahlereigene Computer wird jedoch regelmäßig nicht mit der Professionalität eingerichtet und betreut, wie es der Zahlungsdienstleister bei seinen Einrichtungen zur Debitkarte pflegt. Dies eröffnet beim Online-Banking ein größeres Gefahrenpotential, das insgesamt die Systemsicherheit senkt628. Der verwendete Computer steht zunächst – im Gegensatz zu den Gerätschaften bei der Debitkarte – in der Sphäre des Zahlers, ohne dass sein Zahlungsdienstleister Eingriffsmöglichkeiten hat. Deshalb verschieben sich auch die Voraussetzungen, die der Zahlungsdienstleister des Zahlers für das Bestehen der notwendigen Systemsicherheit nachweisen muss. Als tatsächlicher Inhaber ist der Zahler für die Sicherheit des Computers verantwortlich; prinzipiell kann und muss er Drittangriffe auf den Rechner verhindern. Die dazu notwendigen Vorgänge fallen deshalb grundsätzlich nicht in das Tätigkeitsprofil seines Zahlungsdienstleisters, wenn dieser die Voraussetzungen für die erforderliche Sicherheit belegen möchte. Den ausreichenden Schutz des Computers erreicht der Zahler zunächst durch das Vorhalten von Abwehrsoftware629. Auf deren Wirkweise darf sich aber der 625 Im Ausnahmefall kann eine Beweisführung mittels der Angaben in der Autorisierung erfolgen, sofern lediglich der Zahler überhaupt Kenntnis beispielsweise des Verwendungszwecks haben konnte, vgl. Borges in: Derleder § 9 Rn. 106. 626 Vgl. Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (110). 627 Vgl. Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 39; Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (99); zu den verschiedenen TAN-Verfahren vgl. auch C.II.1.i)cc)(3)(c)(dd). 628 Vgl. Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 51. 629 Beispielsweise Antivirenprogramme, Firewalls, Softwareupdates; so auch Gelder FS Nobbe 2009, 55 (61 f., 66); Oechsler WM 2010, 1381 (1385) m.w. N. in seinen Fußnoten 31, 32. Welche konkreten Sicherheitsmaßnahmen von einem Nutzer erwartet wer-
II. Autorisierungsphase
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Zahler nicht vollständig verlassen. Er muss sein gesamtes Verhalten in Bezug auf das Internet mit einem gewissen Misstrauen belegen630. Dazu gehört, dass er eine prinzipielle Kenntnis der internetspezifischen Gefahren aufweist631. Die Anforderungen an den Zahler dürfen hier allerdings nicht überspannt werden. Er ist oftmals nicht in der Lage, die technischen Feinheiten der EDV-Systeme zu durchschauen und die Gefahren immer richtig einzuschätzen.632 Deshalb ist auch sein Zahlungsdienstleister zum Handeln aufgefordert, um an der Sicherheit des Nutzercomputers mitzuwirken. Zu allererst müssen Sie Aufklärungsarbeit leisten, um beim Zahler überhaupt ein Gefahrenbewusstsein zu schaffen und ihm eine Handlungsanleitung zur Abwehr zu geben633. Dazu muss sich der Zahlungsdienstleister laufend und aktiv über die neuesten Missbrauchsvarianten informieren und sogleich seine Systeme entsprechend verbessern634, um so resistente Hard- und/oder Software bereitzustellen635. Letztlich muss er sein Sicherheitssystem soweit wie möglich ausreizen und dem Zahler alle modernen Standards anbieten636, bevor beim Zahler das Informationsleck gesucht werden kann. Im Ergebnis stellt der Computer des Zahlers also keine Gefahrenquelle dar, für die ausschließlich der Zahler verantwortlich ist. Vielmehr trägt sein Zahlungsdienstleister ebenfalls Schutzpflichten, deren Erfüllung wiederum notwendig ist, um ein ausreichend hohes Sicherheitslevel zu begründen. Gelingt ihm der Nachweis der Erfüllung der Schutzpflichten, kann er sich auf den Anscheinsbeweis berufen637. (c) Erschütterung des Anscheinsbeweises – verschiedene Manipulationstechniken Nun liegt es am Zahler, Tatsachen vorzubringen und nachzuweisen, die auf einen atypischen Sachverhalt schließen lassen. Er muss also eine Lücke im Siden, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Aufgrund der stetig betriebenen Aufklärung durch die Zahlungsdienstleister und die Medien steigen allerdings die Erwartungen an den Zahlungsdienstnutzer mit fortschreitender Zeit (vgl. Frank/Massari WM 2009, 1117 (1123; rechte Spalte). Verallgemeinerbare Aussagen sind demnach nicht möglich. Hinweise zu den Sorgfaltspflichten des Zahlers bei Hossenfelder CR 2009, 790 (791 ff.). 630 Gelder FS Nobbe 2009, 55 (62). 631 KG Berlin WM 2011, 493 (495; juris-Rn. 48). 632 Vgl. Spindler FS Nobbe 2009, 215 (223, 228–230); AG Wiesloch WM 2008, 1648 (juris-Rn. 45). 633 Vgl. Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (111); KG Berlin WM 2011, 493 (496; juris-Rn. 79); Spindler FS Nobbe 2009, 215 (223, 226 f.). 634 Spindler FS Nobbe 2009, 215 (224, 226). 635 Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (111). 636 Vgl. Gelder FS Nobbe 2009, 55 (63); KG Berlin WM 2011, 493 (496; jurisRn. 72). 637 Zum Streitstand über das Sicherheitsniveau beim Online-Banking vgl. Fußnote 489.
192
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
cherheitssystem darlegen, die trotz der Anstrengungen seines Zahlungsdienstleisters besteht. Insbesondere stellt sein Computer eine Gefahrenquelle für die personalisierten Sicherheitsmerkmale dar. In der Praxis haben sich unterschiedlichste Manipulationstechniken herausgebildet638, mit denen der Zahler den Anscheinsbeweis erschüttern kann. (aa) Phishing In der einfachsten Variante versucht der Dritte via Email, den Zahler durch Täuschungen zur direkten Preisgabe der Sicherheitsmerkmale zu bringen (sog. „Phishing“). Trägt der Zahler einen solchen Sachverhalt vor, besteht zwar die konkrete Möglichkeit, dass nicht er persönlich das ZAI verwendet und damit die Autorisierungserklärung abgegeben hat. Jedoch hat er die Sicherheitsmerkmale bewusst und gewollt weitergeben, obwohl er zur absoluten Geheimhaltung verpflichtet war und der Zahlungsdienstleister ihn darüber aufgeklärt hatte639. Gibt er die Sicherheitsmerkmale aber trotzdem weiter, schafft er prinzipiell einen Rechtsscheinstatbestand dahingehend, dass ihm das darauf folgende Handeln des Dritten zugerechnet werden soll640. Aber auch hier ist der Rückgriff auf die Rechtsscheinslösung – ebenso wie bei der Weitergabe von Debitkarte und PIN 641 – aufgrund der Sperrwirkung des § 675v BGB642 ausgeschlossen. (bb) Pharming Strukturell anders ist das sogenannte „Pharming“ angelegt: Möchte der Zahler auf die Webseite seines Zahlungsdienstleisters gelangen, wird er verdeckt auf eine – zumeist täuschend echt aussehende – Homepage des Dritten umgeleitet. Dort gibt er dann – im Glauben eine Autorisierungserklärung abzugeben – die Sicherheitsmerkmale ein, die der Dritte nur noch entgegennehmen muss. Die
638 Einen ausführlichen Überblick über die Fachterminologie und die dahinterstehenden Sachverhalte findet sich bei Gelder FS Nobbe 2009, 55 (58–61); Borges in: Derleder § 9 Rn. 136 ff.; Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676a Rn. 18; Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 55 Rn. 29 ff.; Barleon in: Kontoführung & Zahlungsverkehr Rn. 1780 ff. 639 Gelder FS Nobbe 2009, 55 (67). 640 Ausführlich hierzu Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe 2009, 93 (102 f.), der offenbar § 172 BGB analog anwendet; Gößmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 55 Rn. 26; OLG Schleswig CR 2011, 52 (juris-Rn. 4), das auf die Grundsätze der Anscheinsvollmacht zurückgreift; KG Berlin WM 2011, 493 (494; juris-Rn. 35); a. A. Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676a Rn. 19; Spindler FS Nobbe 2009, 215 (221) mit zahlreichen Nachweisen zum Streitstand; Borges NJW 2005, 3313 (3114); Borges in: Derleder § 9 Rn. 141 m.w. N. 641 Vgl. hierzu C.II.1.i)cc)(1)(d). 642 Zur Sperrwirkung vgl. C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg).
II. Autorisierungsphase
193
Umleitung wird hier durch eine Softwaremanipulation eines Zwischenservers oder sogar des Computers des Zahlers ermöglicht.643 Objektiv liegt eine Situation ähnlich des Phishings vor, da der Zahler die Sicherheitsmerkmale täuschungsbedingt eintippt. Der Unterschied besteht aber im subjektiven Bereich des Handels: Der Zahler möchte hier die Sicherheitsmerkmale eigentlich bestimmungsgemäß verwenden. Er handelt deshalb gerade nicht in der Absicht, diese einem Dritten – unabhängig und losgelöst von einer Autorisierung – zu übergeben. Dies lässt sich beim Phishing zwar auch in einer gewissen Weise vertreten. Jedoch ist das Pharming für den Zahler deutlich schwieriger zu durchschauen. Selbst mit großer Sorgfalt wird er nur selten die Manipulation erkennen können644. Deshalb fehlt es hier an einer schuldhaften Setzung eines Rechtsscheins645, so dass keine Zurechnungskette zum Zahler gezogen werden kann. Kann der Zahler also die konkrete Möglichkeit einer solchen PharmingAttacke nachweisen, gelingt ihm die Erschütterung des Anscheinsbeweises – die Autorisierung durch den Zahler ist nicht nachgewiesen. (cc) Malware Der unbefugte Zugriff auf den Rechner des Zahlers mit sogenannter „Malware“ kann auch als eigene Manipulationsmöglichkeit eingestuft werden. Wurde der Computer des Zahlers erst einmal mit solchen Schadprogrammen infiziert, kann ein Dritter unbemerkt auf diesen zugreifen. Beispielsweise kann er Eingaben des Zahlers protokollieren und sich zusenden lassen oder sich in den Kommunikationsweg zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister stellen. Auch in diesen Fällen wird der Zahler kaum eine Möglichkeit haben, die Manipulation aufzuspüren. Freilich kann ihm zugemutet werden, seinen Computer mittels Abwehrprogrammen zu schützen. Wegen der Schnelllebigkeit der Online-Kriminalität kann sich der Zahler mit solchen Sicherheitsvorkehrungen aber nicht hundertprozentig absichern – trotz größtmöglicher Anstrengungen bleiben dennoch Sicherheitslücken durch die zahlreichen Zugriffsmöglichkeiten Dritter646. Deshalb kann auch in diesen Fällen regelmäßig nicht von einer schuldhaften Setzung eines Rechtsscheins gesprochen werden. Trägt der Zahler also die konkrete Möglichkeit eines solchen Angriffs vor, kann er damit den Anscheinsbeweis erschüttern.
643
Zu diesem Begriff vgl. auch BGH WM 2012, 983 (juris-Rn. 26). Spindler/Anton in: Spindler/Schuster BGB § 164 Rn. 10. 645 Vgl. KG Berlin WM 2011, 493 (494; juris-Rn. 36); zum Verschulden als Voraussetzung einer Rechtsscheinsvollmacht siehe auch Schiemann in: Staudinger/Eckpfeiler C 217. 646 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675w Rn. 51; Gelder FS Nobbe 2009, 55 (62). 644
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(dd) Nachweis der Erschütterung Der Nachweis der konkreten Möglichkeit, dass ein Dritter mittels Pharming und/oder Malware an die personalisierten Sicherheitsmerkmale gelangt ist, wird dem Zahler relativ schwer fallen. Man könnte vom Zahler hierzu den Positivbeweis fordern, dass sich zum Zeitpunkt möglicher Angriffe entsprechende Schadprogramme auf seinem Rechner befanden. Wenn der Zahler allerdings keine Möglichkeiten hat, eine solche Software abzuwehren, wird er regelmäßig auch nicht in der Lage sein, deren Existenz nachzuweisen.647 Insbesondere wenn beim Pharming nicht der Computer des Zahlers, sondern ein Zwischenserver angegriffen wurde, ist die Beweisführung nahezu unmöglich. Lässt man für die Erschütterung also den Nachweis der reinen konkreten Möglichkeit eines Befalls ausreichen648, verlagert sich die Frage aber nur. Welche Tatsachen reichen für die notwendige Konkretisierung aus? Wenn schon die reine Nutzung der Internetverbindung Gefahren verursacht, die der Zahler selbst mit bester Vorsorge nicht kontrollieren kann649, besteht auch immer eine Angriffsmöglichkeit. Darüber hinaus ist der Zahler zur weiteren Substantiierung zumeist nicht in der Lage. Er kann und muss daher auch keine weiteren Tatsachen vortragen, um den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Trägt der Zahler also gerade nicht vor, Opfer einer PhishingAttacke geworden zu sein, läuft letztlich der Anscheinsbeweis leer650. Dieses Ergebnis ist auch aus systematischen Gründen geboten: § 675w S. 3 BGB erlaubt eine beweisrechtliche Regelung nur insoweit, als dass „ohne Ansehung des Einzelfalles“ kein Aufwendungsersatzanspruch zugesprochen werden darf 651. Sicherlich beschränkt sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers in seinem Vortrag nicht auf die reine Vorlage seiner Aufzeichnungen, sondern geht mit seinen Darlegungen über die Systemsicherheit darüber hinaus. Hier geht er aber in der Regel nicht auf den Einzelfall ein, sondern beschreibt die Maßnahmen, die
647
Vgl. Borges in: Derleder § 9 Rn. 160. Borges in: Derleder § 9 Rn. 160. 649 Vgl. C.II.1.i)cc)(3)(c)(cc). 650 Dieses Ergebnis kann man – aus der Perspektive des Zahlungsdienstleisters – auch so beschreiben, dass hier eine Sicherheitslücke außerhalb des Verantwortungs- und Beeinflussungsbereichs des Zahlers besteht. Damit überhaupt erst einmal ein Anscheinsbeweis begründet werden kann, den es zu erschüttern gilt, müsste der Zahlungsdienstleister die Schließung dieser Lücke nachweisen. Dies wird ihm nicht gelingen, so dass die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises nicht vorliegen. Diese dogmatische Doppeldeutigkeit des Problems liegt aber an der Besonderheit dieses Anscheinsbeweises: Voraussetzungen und Erschütterungen setzen prinzipiell an der Frage an, ob realistische Sicherheitsbedenken bestehen. Im Ergebnis ebenso Maihold in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 55 Rn. 81 ff., der große Bedenken gegen einen Anscheinsbeweis im Bereich des Online-Bankings – insbesondere wegen der geringen Übersicht des Zahlers über die internetspezifischen Gefahren – aufzeigt; ähnlich wie Maihold auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675w Rn. 21. 651 Vgl. Begründung zu § 675w BGB BR-Drucks. 848/08 S. 187. 648
II. Autorisierungsphase
195
er gegenüber jedem Kunden trifft. Der Vortrag des einzelnen Zahlers ist dadurch noch nicht berücksichtigt. Würde man ihn auf einen Vortrag und Nachweis zur Erschütterung verweisen, den er von vornherein nicht zu erbringen vermag, wird aus dem Anscheinsbeweis rein faktisch eine generell wirkendende Fiktion. Diese Fiktion würde jeden anderen Zahler ebenso treffen, unabhängig wie sich die konkreten Einzelfälle voneinander unterscheiden. Genau das soll aber von § 675w S. 3 BGB verhindert werden – der Zahler soll immer eine realistische Möglichkeit bekommen, die Indizien auszuräumen652. Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich beim Einsatz moderner TAN-Verfahren653. Die TANs werden im Vorfeld gerade nicht so bekanntgegeben, dass man sich für die Autorisierung eine TAN frei aus einer Liste wählen kann. Vielmehr wird für jede einzelne Autorisierung eine eigene, transaktionsbezogene TAN bestimmt bzw. erstellt, die zumeist auch nur einen kurzen zeitlichen Geltungsrahmen aufweist. Zwar kann mit dieser Methode nicht verhindert werden, dass ein Dritter im entscheidenden Moment die TAN abfängt, den eigentlich beabsichtigten Zahlungsauftrag inklusive Autorisierung verhindert und anschließend die Sicherheitsmerkmale selbst zu seinen Gunsten verwendet. Allerdings verengen sich die Möglichkeiten für einen Dritten: Er muss die Erstellung bzw. Zuordnung der TAN abwarten und dann in der beschriebenen Weise vorgehen. Dieser Vorgang ist zwar ebenso jederzeit möglich und vom Zahler ebenso wenig nachzuweisen wie in der Ausgangskonstellation. Jedoch darf sein Tatsachenvortrag die notwendige Manipulationsmethode nicht ausschließen. Trägt der Zahler beispielsweise vor, seinen oder andere Computer (wegen eines Urlaubs oder einer Geschäftsreise) über eine längere Dauer nicht betrieben zu haben, kann in dieser Zeit auch keine TAN genauer bestimmt werden. Der Zahler kann dann nicht lediglich darauf verweisen, dass er vor seiner Abwesenheit ausgespäht wurde und die Ergebnisse lediglich während dieser Dauer ausgenutzt wurden. Er muss vielmehr eine konkrete Möglichkeit vortragen und nachweisen, wie es zur Bestimmung der notwendigen TAN kommen konnte. Setzt die TAN-Bestimmung beispielsweise den Besitz bestimmter Komponenten (Mobiltelefon, Code-Karte und Lesegerät zur Erstellung) voraus, muss er darlegen, wie der Dritte zumindest zeitweilig Zugriff auf diese Gegenstände haben konnte. Mit solchen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen kann also dem Einwand des Zahlers, er könnte ausgespäht worden sein, zwar nicht prinzipiell begegnet werden. Allerdings muss das Ausspähen und die anschließende Nutzung der gewonnenen Daten in ganz besonderen Konstellationen erfolgen, die je nach vorliegendem Sachverhalt überhaupt nicht vorgelegen haben können. Der Zahler wird demnach zu Konkretisierungen
652
C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg). Vgl. hierzu Borges in: Derleder § 9 Rn. 157; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 675w Rn. 53; Spindler FS Nobbe 2009, 215 (225); Gelder FS Nobbe 2009, 55 (63). 653
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
gezwungen und kann sich nicht mit einem pauschalisierten Vorbringen begnügen. Kommt der Zahler dieser Pflicht nicht nach, würde man durch eine Einzelfallwürdigung zum Ergebnis kommen, dass kein konkreter Anlass besteht, an der Sicherheit des Systems zu zweifeln. Der Anscheinsbeweis ist dann gerade nicht erschüttert – die Intention des § 675w S. 3 BGB wird gewahrt. dd) Zusammenfassung des Beweisrechts Im Ausgangspunkt ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers bei einem Streit über die Autorisierung beweisbelastet. Eine Modifizierung dieser Beweislastverteilung ist aber denkbar, wenn die Autorisierung mithilfe eines ZAI erklärt wurde. Kommt ein ZAI zum Einsatz besteht mit § 675w BGB zwar eine Beweisregel, wonach aber im Wesentlichen nur Mindestanforderungen an den zu bringenden Nachweis und ein Verbot einer Beweisfiktion festgeschrieben werden. Jedoch ist auch unter Geltung der Neuregelung ein Anscheinsbeweis zulässig und sogar geboten, so dass im Einzelfall von einer korrekten Handhabung des ZAI auf die eigenhändige Autorisierung des Zahlers geschlossen werden kann. Da sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers als Beweisbelasteter auf den Anscheinsbeweis beruft, muss er dessen Voraussetzungen belegen: Ein sehr hohes Maß an Systemsicherheit, dass innerhalb seiner Sphäre kein Informationsleck bestehen darf. Nur bei einem solchen Ausschluss kann der Richter den Umkehrschluss ziehen und von der Autorisierung durch den Zahler selbst überzeugt werden. Der Zahler kann aber durch einen konkret in Frage kommenden Alternativsachverhalt die sich durch den Anscheinsbeweis ergebende Vermutung erschüttern. Dieses Vorgehen wird zunächst bei den Debitkarten/ec-Karten relevant, sofern sie mit der PIN verwendet werden. Dagegen wird weder im klassischen Kreditkartenverfahren, noch im ursprünglichen Mailorderverfahren ein ZAI verwendet – der Anscheinsbeweis ist von vornherein ausgeschlossen. Diffiziler ist die Bewertung einer Autorisierung mittels Online-Banking: Wegen der geringeren Professionalität des Zahlers beim Einsatz und Überwachung seines eigenen Computers lassen sich die Verantwortungsbereiche nicht mehr klar trennen. Hier muss aber letztendlich für jeden Einzelfall überprüft werden, ob der Zahler den Anscheinsbeweis überhaupt erschüttern könnte. Ist dies nicht der Fall, verbietet § 675w S. 3 BGB diese Beweisfigur. j) Widerruf der Autorisierung Der Zahler kann den Aufwendungsersatzanspruch durch einen rechtzeitigen Widerruf vermeiden.
II. Autorisierungsphase
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aa) Allgemeines zum Widerruf Auch hier kann die genaue Rechtsnatur des Widerrufs offen bleiben654. Sieht man in der Autorisierungserklärung eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, zielt auch deren Widerruf nicht final auf rechtliche, sondern auf tatsächliche Folgen. Für diesen Fall sind die Normen über Willenserklärungen aber ebenso analog anzuwenden.655 Der Widerruf bedarf grundsätzlich keiner Form656. Da die Neuregelung sowie die ZD-RiL die Formbedürftigkeit des Widerrufs überhaupt nicht thematisieren657, wird die Formbedürftigkeit auch nicht von den Sperrregelungen der Art. 86 Abs. 1, Abs. 3 ZD-RiL und § 675e BGB erfasst. Deshalb ist es den Parteien unbenommen, Vereinbarungen über die einzuhaltende Form zu treffen.658 Diese müssen sich im Falle von Formularverträgen lediglich an den §§ 305 ff. BGB messen lassen – es gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für den Widerruf von Zahlungsaufträgen659. bb) Widerrufsfrist Hinsichtlich der Widerrufsfrist hält die Neuregelung mit § 675j Abs. 2 BGB eine Spezialregelung bereit. Danach wird die Widerrufsfrist für die Autorisierung an die Widerrufsfrist für Zahlungsaufträge nach § 675p BGB gekoppelt. Dies ist angesichts der Gleichzeitigkeit der beiden Erklärungen660 auch eine sinnvolle Lösung. Somit hängt auch hier die Widerrufsmöglichkeit von den Besonderheiten des jeweiligen Zahlungsverfahrens661 bzw. von den jeweiligen Auftragsumständen ab. Die Erkenntnisse über die Widerrufsfrist bei Zahlungsaufträgen – sei es für den rechtshindernden662 oder den rechtsvernichtenden663 Widerruf – sind an dieser Stelle heranzuziehen.
654 Für die Qualifizierung als Willenserklärung Sprau in: jurisPK-BGB § 675j Rn. 2; Omlor in: Staudinger [2012] § 675j Rn. 11. 655 Zur Rechtsnatur der Autorisierungserklärung und der Anwendbarkeit der Normen über Willenserklärungen vgl. C.II.1.a). 656 So auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675j Rn. 11; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 27. 657 § 675j Abs. 1 S. 4 BGB ist sicherlich eine Ausnahme – dieser enthält aber keine zwingenden Regeln über die einzuhaltende Form. 658 Im Ergebnis auch Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 22; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.10.5“; Sprau in: Palandt § 675j Rn. 8; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn. 27. 659 Vgl. die Ausführungen zum Widerruf eines Zahlungsauftrags unter C.I.3.b)bb). 660 Vgl. C.II.1.b). 661 Begründung zu § 675j Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 172. 662 Vgl. C.I.3.b)bb)(1). 663 Vgl. C.I.3.b)bb)(2).
198
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Wird der Zahlungsvorgang genehmigt, liegt aber kein Zahlungsauftrag vor. Aus Gründen der Defragmentierung des europäischen Zahlungsverkehrsmarktes664 darf die Widerrufsfrist möglichst nicht vom einzelstaatlichen Recht abhängen. Daher ist auch hier §§ 675p Abs. 1, 675n Abs. 1 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden: Die Genehmigung ist nach Zugang – im Sinne des Art. 64 Abs. 1 ZDRiL – sogleich unwiderruflich665. cc) Widerrufsfrist bei Daueraufträgen – § 675j Abs. 2 S. 2 BGB Wegen des Bezugs auf § 675p BGB stellt die „Fristverlängerung“ des § 675j Abs. 2 S. 2 BGB666 auch keine strukturelle Besonderheit dar: Damit wollte der Gesetzgeber der Situation von Daueraufträgen gerecht werden667, in denen lediglich zu Beginn der wiederkehrenden Zahlungen ein Zahlungsauftrag inklusive Autorisierung vorliegt. In diesen Fällen wäre die rechtshindernde Widerrufsmöglichkeit nach § 675p Abs. 1 BGB bereits verstrichen, obwohl die in der Zukunft liegenden Zahlungsvorgänge noch nicht ausgeführt und möglicherweise noch nicht einmal vom Zahlungsdienstleister des Zahlers bearbeitet wurden. In der Erteilung des Dauerauftrags sind aber Terminvereinbarungen für die künftigen Zahlungsvorgänge nach § 675n Abs. 3 BGB zu sehen. Die Termine können auch davon abhängig gemacht werden, wann der Zahlungsempfänger dem Zahlungsdienstleister des Zahlers die Zahlungsunterlagen verschafft. Schließlich muss ein Dauerauftrag in seine Einzelaufträge unterteilt werden, so dass er aus vielen einzelnen Zahlungsaufträgen besteht668. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob der Zahler die Ausführungstermine einzeln auflistet – bzw. mehrere Überweisungsformulare gleichzeitig einwirft – oder eine turnus-
664
Vgl. C.I.3.b)bb)(1)(a)(cc)(a). So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 33. An dieser Stelle vermischt Sprau in: Palandt § 675j Rn. 8 die Frage nach dem Widerruf der Autorisierung mit der nach dem Erstattungsanspruch nach § 675x BGB: Mit einem Hinweis auf § 675x Abs. 3, 6 BGB sollen unmittelbar gegenüber dem Zahlungsdienstleister erklärte Genehmigungen unwiderruflich sein. 666 „Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.“ 667 Begründung zu § 675j Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 172. 668 Vgl. zu Daueraufträgen nach der alten Rechtslage Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676a Rn. 55 mit Hinweisen zur früher vertretenen Gegenauffassung; Krepold/EscherWeingart in: BuB Rn. 6/249; Schmalenbach in: BeckOK-BGB 18. Auflage 2010 § 676a Rn. 6; Gößmann/Look WM – Sonderbeilage Nr. 1 2000, 3 (25); Findeisen in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 1 ZAG Rn. 150, der dem Dauerauftrag antizipierte Erklärungen entnimmt; a. A. wohl Sprau in: Palandt § 675j Rn. 8, der den Dauer-Zahlungsauftrag nach Zugang für unwiderruflich und damit § 675p Abs. 3 BGB für unanwendbar hält; ebenso gegen einzelne Zahlungsaufträge Zahrte BKR 2012, 12 (15), der aber nicht auf die Folgedifferenzen zur Alternative der einzeln abgegebenen Zahlungsaufträge eingeht. 665
II. Autorisierungsphase
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mäßige und folglich abstrahierte Terminbestimmung trifft. Somit besteht die einmal erteilte Autorisierung auch aus verschiedenen vorweggenommenen Einzelautorisierungen. Zahlungsaufträge mit Terminvereinbarungen können nach § 675p Abs. 3 BGB bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Termin widerrufen werden – und somit auch die Autorisierung. Die Fristverlängerung des § 675j Abs. 2 S. 2 BGB ließe sich daher im Prinzip auch damit begründen. Allerdings enthält § 675j Abs. 2 S. 2 BGB nicht explizit die Einschränkung, dass der Widerruf einen Geschäftstag vor dem Ausführungstermin eingehen muss. Der Wortlaut legt vielmehr nahe, dass der Widerruf der Autorisierung lediglich vor dem Zahlungsvorgang zugehen muss, so dass „der Widerruf für alle ihm zeitlich nachfolgenden Zahlungen“ gilt669. Diese Lösung würde aber zu nicht beabsichtigten Ergebnissen führen: Während mit Ablauf des Geschäftstages vor dem vereinbarten Termin der Zahlungsauftrag unwiderruflich würde, könnte der Zahler die Autorisierung jedenfalls bis zum Bearbeitungsbeginn noch beseitigen. Zwar ist nach der deutschen Umsetzung der Zahlungsdienstleister des Zahlers gemäß § 675o Abs. 2 BGB nur bei autorisierten Zahlungsaufträgen zur Ausführung verpflichtet, so dass hier kein sich widersprechendes Verhältnis von Ausführungs- und Aufwendungsersatzansprüchen droht. Jedoch könnte der Zahler durch den Widerruf der Autorisierung die Ausführung seines Zahlungsauftrags in faktischer Hinsicht über den Zeitraum des § 675p Abs. 3 BGB verhindern und diese Norm unterlaufen. Die Vorverlegung der Frist bei § 675p Abs. 3 BGB wurde allerdings bewusst festgeschrieben. Eine Abweichung davon muss deshalb ebenfalls eine eindeutige Grundlage – zumindest in der Gesetzesbegründung – haben. Dort geht der Gesetzgeber aber von einer falschen rechtstechnischen Interpretation des Dauerauftrags aus, indem er diesen als „einzige Zustimmung“ bezeichnet670. Er verkennt den erwähnten Teilungs- und Einzelcharakter der Erklärung. Damit ist es ihm nicht möglich zu sehen, dass Zahlungsvorgänge aufgrund eines Dauerauftrags nicht anders verlaufen als aufgrund einzeln erteilter Zahlungsaufträge. Die sich ergebende Kollisionen zwischen § 675j Abs. 2 S. 2 BGB und § 675p Abs. 3 BGB bleibt ihm deshalb ebenso verborgen. Dieser Hintergrund nimmt der Stellungnahme des Gesetzgebers671 entscheidend die Aussagekraft. Deshalb kann nicht gefolgert werden, der Gesetzgeber habe mit § 675j Abs. 2 S. 2 BGB bewusst von der Grundregel des § 675p Abs. 3 BGB abweichen wollen. Diese Grundregel muss vielmehr auch hier gelten: Auch bei Daueraufträgen hat der Widerruf der Autorisierung einen Geschäftstag vor dem vereinbarten Termin zu erfolgen. 669 Begründung zu § 675j Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 172; so wohl auch Sprau in: Palandt § 675j Rn. 8. 670 Begründung zu § 675j Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 172. 671 Vgl. Fußnote 669.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
dd) Beweislast für den wirksamen Widerruf Grundsätzlich trägt derjenige die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang seiner Widerrufserklärung, der aus dem Widerruf positive Rechtsfolgen herleiten möchte672. Der Zahler möchte mit dem Widerruf die Entstehung des Aufwendungsersatzanspruchs verhindern und ist dementsprechend beweisbelastet673. Grundsätzlich leidet er hier aber unter denselben Beweisproblemen wie beim Zugang eines Zahlungsauftrags – vor allem, wenn der Zahlungsdienstleister für den Widerruf ebenfalls die Nutzung eines ZAI vorsieht. Da für die Beweislastverteilung der genaue Inhalt einer für den Zahler positiven Erklärung – ist es ein Zahlungsauftrag oder der Widerruf der Autorisierung – keine Rolle spielen kann, sind die Beweislastregeln aus dem Zugang des Zahlungsauftrags674 auf diesen Widerruf zu übertragen: Eine ergänzende Auslegung des Zahlungsdiensterahmenvertrags ergibt eine vertragliche Vereinbarung dahingehend, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zugang des Widerrufs sofort bestätigen muss. Nur auf diese Weise hat der Zahler in einem späteren Konflikt eine faire Chance, seine Rechtsposition angemessen zu verteidigen. k) Anfechtung der Autorisierung nach allgemeinen Regeln Bemerkt der Zahler nach Zugang der Autorisierung einen Irrtum seinerseits, oder macht er geltend, zur Abgabe der Autorisierung mittels einer widerrechtlichen Drohung gezwungen worden zu sein, wird er nach §§ 119 ff. BGB anfechten wollen. Einer Anwendbarkeit dieser Normen steht jedoch das Prinzip der Vollharmonisierung nach Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL entgegen. Zwar enthält die Richtlinie mit Art. 54 Abs. 3, 66 ZD-RiL lediglich Regelungen über den Widerruf der Autorisierung; direkte Aussagen über die Anfechtungstatbestände sind ihr nicht zu entnehmen. Diese scheinen also nicht in Bereiche einzugreifen, die von der Richtlinie geregelt werden. Begreift man die Anwendbarkeit einer Richtlinie – und damit auch den der Sperrwirkung – aber als Sachverhalts-Rechtsfolgen-Relation 675, zeigt sich ein gegenteiliges Bild: Die Richtlinie erfasst mit Art. 54 Abs. 3, 66 ZD-RiL den Sachverhalt, dass eine Autorisierung beim Zahlungsdienstleister des Zahlers ein-
672
Vgl. die Ausführungen zum Widerruf eines Zahlungsauftrags: C.I.3.b)bb)(1)(c). Vgl. OLG München WM 1995, 1017 (juris-Rn. 14); gleiches galt unter § 676a Abs. 4 BGB a. F., der statt eines Widerrufs eine Kündigung des Überweisungsvertrags verlangte; Schimansky in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 49 Rn. 24. 674 C.I.3.a)aa)(4). 675 Zu dieser Relation und ihren Wirkungen ausführlich in C.II.2.b)bb). 673
II. Autorisierungsphase
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gegangen ist bzw. diese dem Zahlungsempfänger übermittelt wurde. In diesen Fällen soll die Autorisierung nur noch nach Art. 66 ZD-RiL mittels eines Widerrufs rückgängig gemacht werden können. Wegen der Vollharmonisierung trägt diese Regelung grundsätzlich die Vermutung einer abschließenden rechtlichen Behandlung der erfassten Sachverhalte in sich – dabei spielt die Einordnung der kollidierenden Regelung in eine bestimmte Rechtsfigur durch den Mitgliedsstaat – Widerruf, Kündigung, Anfechtung, etc. – keine Rolle.676 An dieser Stelle bestehen sogar Anhaltspunkte für die Bekräftigung der Vermutung: Die Widerrufsfristen dienen der Beschleunigung des Zahlungsverkehrs677. Die Grundlage einer solchen Effizienzsteigerung liegt aber nach Auffassung des europäischen Richtliniengebers in einem europaweit harmonisierten Rechtsrahmen678. Die Zäsurwirkung des Art. 66 ZD-RiL ist also ein wesentlicher Baustein der ZD-RiL, den die Mitgliedsstaaten nicht durch allgemeine Rechtsfiguren untergraben dürfen – selbst wenn diese zusätzliche Voraussetzungen aufweisen679. Dies gilt im deutschen Recht auch für die Anfechtungsvorschriften: Dadurch würde man dem Zahler im Ergebnis ermöglichen, sich von einer bereits erteilten Autorisierung zu lösen. Man würde seinen Zahlungsdienstleister dazu zwingen, manuell in die Automatismen einzugreifen. Gewiss macht es wertungsmäßig einen Unterschied, ob jemand einerseits eine Erklärung lediglich bereut, oder ob ihm andererseits entgegen des Prinzips der Privatautonomie eine Erklärung aufgezwungen wird. Diese Unterscheidung lässt sich aber im Art. 66 ZD-RiL gerade nicht erkennen. Vielmehr wäre der Gedanke vermessen, der Richtliniengeber habe sich mit Art. 66 ZD-RiL ausschließlich an der deutschen Rechtsfigur des grundlos möglichen Widerrufs nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB orientieren wollen. Vielmehr ist von einem erfolgsorientiertem Handeln auszugehen: Nach den Zeitpunkten des Art. 66 ZD-RiL soll die Beseitigung der Autorisierung auf jegliche Weise unterbunden werden. Die Anwendung allgemeiner Anfechtungsvorschriften würde auch die beabsichtigte Vereinheitlichung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrsmarktes behindern: Erhält ein Zahlungsdienstleister zuerst eine Autorisierung und anschließend eine Anfechtung, müsste er stets die einzelnen Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands des jeweiligen Mitgliedsstaates ermitteln. Die entstehende Rechtsunsicherheit ist der Vollharmonisierung sicherlich nicht zuträglich.
676 Vgl. Riehm in: Gsell – Vollharmonisierung 2009, 83 (94); Riehm JZ 2006, 1035 (1039 f.); Gsell/Schellhase JZ 2009, 20 (23 in deren Fußnote 43). 677 Erwägungsgrund 38 zu Richtlinie ZD-RiL. 678 Erwägungsgrund 1 zu Richtlinie ZD-RiL; vgl. auch B.I zu den Zielen der Zahlungsdiensterichtlinie. 679 Zum Ausschluss allgemeiner Normen vgl. Riehm in: Gsell – Vollharmonisierung 2009, 83 (94 f.); Riehm JZ 2006, 1035 (1039, rechte Spalte).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Zusammenfassend bedeutet dies die – europarechtlich bedingte – Unanwendbarkeit der Regeln über die Anfechtung von Willenserklärungen nach §§ 119– 123 BGB680. l) Autorisierung bei Lastschriftverfahren Die beschriebenen Grundsätze für die Autorisierung gelten auch für einen Zahlungsvorgang innerhalb eines Lastschriftverfahrens. Allerdings haben sich in der Praxis verschiedene Lastschriftverfahren herausgebildet681, so dass die Autorisierungsfrage für jede einzelne Verfahrensart gesondert beurteilt werden muss. aa) Einzugsermächtigungsverfahren Im Einzugsermächtigungsverfahren erschöpft sich das Handeln des Zahlers zunächst in der Erteilung der Einzugsermächtigung gegenüber dem Zahlungsempfänger. Dieser reicht bei seinem Zahlungsdienstleister eine Lastschrift ein, welche dieser dem Zahlungsdienstleister des Zahlers weiterleitet. Der Autorisierungsstatus hängt also maßgeblich von den Rechtswirkungen der Einzugsermächtigung ab. (1) Bewertung des Einzugsermächtigungsverfahrens nach der Neuregelung (a) Genehmigungstheorie als Ausgangspunkt Zur rechtlichen Bewertung der einzelnen Schritte – Ermächtigung, Einreichung und Weiterleitung der Lastschrift – ist zunächst die Auffassung des Gesetzgebers zum Einzugsermächtigungsverfahren zu beachten: Bezüglich der Rechtsnatur der Einzugsermächtigung verweist er682 auf die – unter anderem von der Rechtsprechung vertretene683 – sogenannte Genehmigungstheorie. Danach 680 Ebenfalls für eine europarechtliche Sperrwirkung Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675p Rn. 4; vgl. auch Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 20, der allerdings nicht mit dem Prinzip der Vollharmonisierung argumentiert. Eine Anfechtung soll aufgrund der Ersatzpflicht nach § 122 BGB wirtschaftlich uninteressant sein. Dieser Ansatz ist jedoch unvollständig. Würde man eine Vernichtung der Autorisierung mittels Anfechtung zulassen, würde Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL einen Rückgriff auf § 122 BGB sperren; vgl. hierzu C.II.2.b). Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675p Rn. 3 möchte eine Anfechtung nach § 119 BGB ausschließen, aber eine Anfechtung nach § 123 BGB zulassen. Gegen eine Sperrwirkung Omlor in: Staudinger [2012] § 675u Rn. 5 sowie § 675f Rn. 38. 681 Bisher wurde zwar keines der Lastschriftverfahren mit der Verwendung eines ZAI verknüpft. Eine diesbezügliche Weiterentwicklung der Verfahren ist jedoch nicht ausgeschlossen. 682 Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 171; Begründung zu § 675x BGB BRDrucks. 848/08 S. 188.
II. Autorisierungsphase
203
beinhaltet die Einzugsermächtigung keinerlei Vollmachten, Berechtigungen oder Leistungsbestimmungsrechte zugunsten des Zahlungsempfängers684. Dem Zahlungsempfänger wird also nicht die Rechtsmacht eingeräumt, durch eine eigene Erklärung in das Rechtsverhältnis zwischen Zahler und dessen Zahlungsdienstleister einzugreifen. Belastet der Zahlungsdienstleister des Zahlers trotzdem das Konto des Zahlers, so handelt er hier zunächst ohne die Autorisierung des Zahlers und somit auf eigene Rechnung, bis der Zahler den Vorgang genehmigt685. Der BGH lehnte eine besondere Berechtigung des Zahlungsempfängers maßgeblich aus teleologische Erwägungen ab: „Von der Interessenlage her besteht für ihn [Zahler] kein Anlass, dem Gläubiger [Zahlungsempfänger] über die Verfahrensvereinfachung hinaus mehr Rechte einzuräumen, als diesem zustehen würden, wenn der Zahlungsverkehr auf dem konventionellen Weg durch Banküberweisung oder Scheckzahlung abgewickelt würde.“ 686
Würde der Zahler dem Zahlungsempfänger die Rechtsmacht einräumen, eine dem Zahler gegenüber wirksame Kontobelastung zu bewirken, verlöre der Zahler zugleich jegliche Leistungsverweigerungs-, Zurückbehaltungs- oder auch Aufrechnungsrechte aus dem Valutaverhältnis. Bei der Überweisung hätte der Zahler diese Fäden noch in der Hand, solange er nicht selbst mittels des Überweisungsträgers in Kontakt mit seinem Zahlungsdienstleister getreten ist.687 Aufgrund der Neuordnung des Zahlungsverkehrs wird die – für die Praxis eigentlich abgeschlossene – Debatte um die Rechtsnatur der Einzugsermächtigung aber wieder eröffnet688. (b) Keine Klarstellung durch den Gesetzgeber und die Beteiligten Der Gesetzgeber äußert sich im Gesetzestext selbst nicht – er beschränkt sich auf Hinweise in der Gesetzesbegründung zur bisher vertretenen Genehmigungs683 BGH NJW 2006, 1965 (juris-Rn. 12); weitere Nachweise bei Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr § 2 Rn. 39 in deren Fußnoten 52 und 53. 684 Vgl. nur Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 19 f.; grundlegend dazu Hadding FS Bärmann 1975, 375 (384 ff.). 685 Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 57 Rn. 8, 12 f. 686 BGH NJW 1989, 1672 (1673; juris-Rn. 16) m.w. N. zur höchstrichterlichen Auffassung. 687 Vgl. BGH NJW 1979, 1652 (1653; juris-Rn. 14 f.); Hadding/Häuser in: MüKoHGB Anhang I Rn. C 22. 688 Diese gefestigte Auffassung des BGH hat sich mittlerweile auch in der Literatur weitgehend durchgesetzt. In der Folge soll nicht die alte Debatte dargelegt, sondern untersucht werden, ob die Argumentation des BGH angesichts der Neuregelung noch haltbar ist; zum Streitstand bis zur Neuregelung vgl. Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 19 f.; Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 57 Rn. 3 ff.
204
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
theorie689. Um die Rechtsprechung in ihrer Auffassung zu stützen, hätte er aber auch eine Zweifelsregelung oder ähnliche Auslegungsinstrumente integrieren können. Insbesondere wird aus § 675j Abs. 1 BGB eine Unentschlossenheit des Gesetzgebers in dieser Frage herausgelesen, weil er dem Zahler sowohl die vorherige als auch die nachträgliche Zustimmung zu einem Zahlungsvorgang erlaubt690. Auch geht aus den Vereinbarungen und Rechtsakten der am Zahlungsvorgang Beteiligten nicht ausdrücklich hervor, dass eine Einzugsermächtigung das Rechtsverhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister prinzipiell nicht tangiert691. Würden die Zahlungsdienstleister bestimmte Texte für die Einzugsermächtigungen vorschreiben, die explizit einen Hinweis auf eine fehlende Rechtsmacht enthalten, wäre die Frage endgültig geklärt. Der Erkenntniswert dieser Überlegungen ist jedoch gering: Die Vertreter der Genehmigungstheorie werden aus ihnen keinen neuen eigenständigen Argumentationsstrang ableiten können. Für deren Gegner wäre es aber mindestens ebenso vermessen, Signale zu einer Abkehr von der bisherigen h. M. herauszulesen. Was machen nämlich sowohl der Gesetzgeber als auch die Beteiligten? Der Gesetzgeber lässt durch § 675j Abs. 1 S. 2 BGB beide Interpretationen zu und die Beteiligten bekennen ebenso wenig eindeutig Farbe. Eine solche Neutralität ist daher nicht geeignet, um an der bisher vorherrschenden Auffassung in irgendeine Richtung zu rütteln. (c) § 675x Abs. 2 BGB als Argument gegen die Genehmigungstheorie Um eine Abkehr von der Genehmigungstheorie zu begründen, wird § 675x Abs. 2 BGB herangezogen. Danach können der Zahler und sein Zahlungsdienstleister im Falle von bereits durchgeführten und autorisierten Lastschriften ein voraussetzungsloses Erstattungsrecht vereinbaren692. Diese Öffnungsklausel soll ihnen ein Instrument an die Hand geben, um die vom BGH angesprochene Interessenlage des Zahlers aus dem Grundgeschäft zu berücksichtigen, selbst wenn dem Empfänger die fragliche Rechtsmacht bereits eingeräumt wurde.693 Der Schutz des Zahlers durch die Konstruktion der Genehmigungstheorie wäre demnach nicht notwendig. 689
Vgl. Fußnote 682. Vgl. Einsele AcP 2009, 719 (720, 742), wonach der Gesetzgeber die Fragen des Einzugsermächtigungsverfahrens „nicht abschließend geklärt“ hat. 691 Gegner der Genehmigungstheorie werden sich von der Notwendigkeit der nachträglichen Genehmigung [2.2.1 und 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite)] überzeugen lassen, die an sich nur bei einer fehlenden Zustimmung im Vorfeld des Zahlungsvorgangs Sinn ergibt. Schließlich seien diese Regelungen nur unter dem Eindruck der alten Rechtsprechung geschaffen worden; man wollte damit aber nicht die bisherige Rechtsprechung manifestieren; vgl. dazu Einsele AcP 2009, 719 (743 f.). 692 Zu diesem Erstattungsrecht vgl. C.IV.2.b). 693 So wohl Einsele AcP 2009, 719 (742). 690
II. Autorisierungsphase
205
Angesichts der Wirkweise des § 675x Abs. 2 BGB ist auch hier die Aussagekraft der Argumentation mehr als fraglich. Diese Öffnungsklausel hat keine konstitutive Funktion694. Vielmehr ist sie Ausdruck der allgemeinen Privatautonomie. Die ist im neuen Zahlungsdiensterecht zwar durch § 675e BGB eingeschränkt; nach § 675e Abs. 1 BGB können jedoch Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer stets zugunsten des Zahlungsdienstnutzers vom Gesetz abweichen. In diese Richtung besteht die Privatautonomie demnach vollumfänglich. Da ein zusätzlicher Erstattungsanspruch für den Zahler einen rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteil darstellt, bedarf es für diese Fälle keiner solchen besonderen Erlaubnis des Gesetzgebers. § 675x Abs. 2 BGB ist hier lediglich von deklaratorischer Bedeutung695. Kommt man zurück zur anfänglichen Argumentationslinie, soll die der Neuregelung innewohnende Privatautonomie ein Grund zur Rechtssprechungsänderung sein. Dies ist jedoch nur denkbar, wenn die Autonomie im Vergleich zur alten Rechtslage eine Neuerung darstellt. Das Lastschriftverfahren ging vor der Gesetzesänderung ausschließlich auf drei Rechtsquellen zurück: das zwischen den Banken geltende Lastschriftabkommen, die von AGB geprägten Vereinbarungen zwischen der Bank und ihrem Kunde sowie hilfsweise die dispositiven696 auftragsrechtlichen Normen des BGB697. Die freie Gestaltung der Rechtsbeziehungen war schon damals möglich; die Privatautonomie wurde allenfalls durch das AGB-Recht zulasten der Banken als Verwender eingeschränkt. Folglich war es den Beteiligten keinesfalls versagt, Erstattungsansprüche des Kunden für jede Phase eines Zahlungsvorgangs mit beliebigen Voraussetzungen zu vereinbaren. Diese Freiheit musste die Rechtsprechung also schon vor der Neuregelung berücksichtigen und ist trotzdem zur Genehmigungstheorie gekommen. Nur weil sich fortan dieses Prinzip mit dem – deklaratorisch wirkenden – § 675x Abs. 2 BGB ausdrücklich im Gesetz wiederfindet, wird sich die von der Rechtsprechung getroffene Interessensabwägung nicht ändern. (d) Der Ermächtigungsvorgang als Interpretationshilfe Die fragliche Rechtsmacht soll mit der Erläuterung der Einzugsermächtigungslastschrift in den AGB begründet werden698: „Mit dem Einzugsermächtigungslastschriftverfahren kann der Kunde über die Bank an einen Zahlungsempfänger Zahlungen in Euro bewirken. Hierzu ermächtigt der 694
Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189. Vgl. aber 0 zu den Einschränkungen auf die Privatautonomie außerhalb des Anwendungsbereichs von § 675x Abs. 2 BGB. 696 Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse § 11 Rn. 4. 697 Vgl. Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 7 f; Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 115 f. 698 Einsele AcP 2009, 719 (744). 695
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Kunde den Zahlungsempfänger Geldbeträge vom Konto des Kunden per Lastschriften einzuziehen (Einzugsermächtigung). Der Zahlungsempfänger löst den jeweiligen Zahlungsvorgang aus, indem er über seinen Zahlungsdienstleister der Bank die Lastschriften vorlegt.“ 699
Was aber unter der Formulierung „ . . . ermächtigt der Kunde den Zahlungsempfänger . . .“ konkret zu verstehen ist, geht aus diesen AGB selbst nicht hervor. Betrachtet man jedoch den Ermächtigungswortlaut, den die Banken vorschlagen700, erkennt man keine relevanten Unterschiede zu den empfohlenen Formulierungen vor der Reform701. Nur weil es sich um eine Neuregelung handelt, wird man dem nahezu identischen Wortlaut – im Vergleich zur alten Rechtslage – keine weitergehenden Befugnisse des Zahlungsempfängers entnehmen können. Im Gegenteil, im genannten heutigen Ermächtigungsvorschlag ist keine Beschränkung auf den Verpflichtungsgrund enthalten, so dass er sogar weiter gefasst ist. Wenn die h. M. einer erteilten Einzugsermächtigung zuvor – zum Schutz des Zahlers – keine Bedeutung für das Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister beigemessen hat, dann wird sie das erst recht nicht bei einer für den Zahler noch ungünstigeren Formulierung tun. (e) Schnelle Rechtssicherheit als wichtiges Regelungsziel Darüber hinaus wird die Intention der ZD-RiL ins Feld geführt, um die Genehmigungstheorie abzulösen. Danach sollen Zahlungsvorgänge so abgewickelt werden, dass hinsichtlich der Verpflichtungen der Zahlungsdienstnutzer möglichst schnell Rechtssicherheit einkehrt. Dieser Zweck wird vereitelt, wenn dem Zahler gegenüber seinem Zahlungsdienstleister weiterhin eine Widerspruchsfrist bis zu 4 1/2 Monaten zugebilligt wird. So können die abgegebenen Erklärungen auch hinsichtlich dieser Zielrichtung ausgelegt werden. Sieht man in ihnen nämlich das Einräumen der fraglichen Rechtsmacht, lässt sich eine Zustimmung des Zahlers nach § 675j Abs. 1 BGB konstruieren. Folglich ist § 675x BGB anwendbar und die Widerspruchsmöglichkeiten der AGB702 sind nicht Anwendungsfälle des allgemeinen Erstattungsanspruchs nach § 675u BGB, sondern Fälle nach § 675x 699 2.1.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 700 2.3 der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite): „Einzugsermächtigung: Ich ermächtige (Name des Zahlungsempfängers) widerruflich, die von mir zu entrichtenden Zahlungen bei Fälligkeit durch Lastschrift von meinem Konto (Kontodaten) einzuziehen.“ 701 „Hiermit ermächtige ich/wir Sie widerruflich, die von mir/uns zu entrichtenden Zahlungen wegen (Verpflichtungsgrund, evtl. Betragsbegrenzung) bei Fälligkeit zu Lasten meines/unseres Girokontos Nr. . . . bei (Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts) durch Lastschrift einzuziehen.“; vgl. Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 57 Rn. 3. 702 2.1.1 sowie 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite).
II. Autorisierungsphase
207
Abs. 2 BGB. Auf diese Ansprüche ist grundsätzlich auch die achtwöchige Frist aus § 675x Abs. 4 BGB anzuwenden, wogegen die vereinbarten langen Fristen verstoßen. Diese müssen dann geltungserhaltend auf die Achtwochenfrist reduziert werden, was insgesamt für schnellere Rechtssicherheit sorgt.703 Diese – rechtspolitisch motivierte – Konstruktion setzt aber zwingend eine vorhergehende Zustimmung des Zahlers voraus, da dies Anwendungsvoraussetzung für § 675x BGB ist704. Die sich daraus ergebende schnellere Rechtssicherheit kann mit der Genehmigungstheorie nicht erreicht werden. Auf den ersten Blick scheint eine neue Argumentationsreihe für die Gegner der Genehmigungstheorie gefunden zu sein. Zunächst muss aber deren Ausgangspunkt – die angebliche Intention der ZD-RiL – hinterfragt werden. Freilich ist die Verkürzung der Zahlungsdauer eines der wichtigen Anliegen des europäischen und des deutschen Normgebers, insbesondere für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr705. Die hier angeführten Erwägungsgründe 40706 und 43707 zur ZD-RiL stellen diesbezüglich aber nicht das zeitliche Interesse des Zahlungsempfängers in den Vordergrund, möglichst schnell frei und endgültig über sein Kontoguthaben verfügen zu können. Erwägungsgrund 40 verschafft dem Zahlungsbetrag selbst einen gewissen Schutz. So soll der Zahler die Sicherheit gewinnen, dass seine Verbindlichkeit aus dem Valutaverhältnis auch vollständig erfüllt wird; auch soll der Zahlungsempfänger eine entsprechende Kontrollmöglichkeit bekommen. Zeitliche Aspekte des Zahlungsvorgangs werden überhaupt nicht thematisiert. Ebenso wenig hilft Erwägungsgrund 43, der maximale Ausführungsfristen vorsieht. Adressaten dieser Überlegung sind die Zahlungsdienstleister, die untereinander ein schnell funktionierendes Kommunikationsnetz errichten müssen. Dadurch soll sowohl für den Zahler als auch für den Zahlungsempfänger die Sicherheit steigen, dass der Zahlungsvorgang auch alsbald ausgeführt und nicht erst zu den Akten gelegt wird. Ob auch der Schutz des Zahlungsempfängers dahingehend bezweckt wird, dass der Zahler einen Zahlungsvorgang zeitnah autorisiert und damit beständig werden lässt, geht weder aus dem Erwägungsgrund noch aus den umgesetzten Normen708 hervor. Diese räumen den Zahlungsdienstnutzern lediglich Ansprüche gegenüber ihren jeweiligen Zahlungsdienstleistern ein; Ansprüche gegenüber dem anderen Zahlungsdienstnutzer oder dem fremden Zahlungsdienstleister sind ihnen fremd. Somit ist die Schnelligkeit des Zahlungsverkehrs sicherlich ein zentrales Rechtsgut der Neuregelung. Dieses ist allerdings nur be703
Zu dieser Argumentation vgl. Einsele AcP 2009, 719 (744). Vgl. C.IV.2.a)aa) und C.IV.4.: Eine Autorisierung durch Genehmigung führt stets zum Nichtbestehen eines solchen Anspruchs. Liegt auch keine Einwilligung vor, ist der Zahlungsbetrag nach § 675u BGB zurückzuerstatten. 705 Vgl. B.I. 706 Normativ umgesetzt mit Art. 67 ZD-RiL, § 675q BGB. 707 Normativ umgesetzt mit Art. 69 f. ZD-RiL, § 675s BGB. 708 Vgl. Fußnote 707. 704
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
schränkt ausgestaltet und demnach auch nicht auf alle Rechtsbeziehungen in gleicher Weise anwendbar. Aus dem bloßen Motiv der Beschleunigung und Effizienzsteigerung des Zahlungsverkehrs kann also nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Einzugsermächtigungslastschrift mit § 675x Abs. 2, 4 BGB neu regeln wollte und die bisherige Interpretation unter keinen Umständen mehr duldet – dazu sind konkretere Anhaltspunkte notwendig. (f) Wertungswidersprüche im Zusammenhang mit § 675x BGB § 675x BGB dient einem weiteren Begründungsversuch, der die Unvereinbarkeit der Genehmigungstheorie mit der Neuregelung aufzeigen soll709. Nach § 675x Abs. 1 BGB sind autorisierte Zahlungsvorgänge möglich, auch wenn sie „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurden. Der Gesetzgeber erkennt also an, dass Lastschriften auf Basis der Ermächtigungs- oder Vollmachtstheorie durchgeführt werden können710. Dieser Schluss ist sicherlich richtig, aber für die Lösung des aufgeworfenen Problems wenig hilfreich. Schließlich lässt sich der Norm gerade nicht entnehmen, dass solche Zahlungsvorgänge stets im Vorfeld autorisiert werden müssen. Auch stellt die Möglichkeit der Vorabautorisierung keine Änderung der Rechtslage dar: Die am Zahlungsverfahren Beteiligten waren aufgrund der Vertragsfreiheit711 auch vor der Umsetzung der ZD-RiL nicht daran gehindert, das Einzugsermächtigungsverfahren rechtlich anders zu konstruieren. Der Kern der Argumentation beschäftigt sich jedoch mit den einzelnen Absätzen des § 675x BGB. Folgt man der Genehmigungstheorie, ist der Anspruch aus § 675x Abs. 1 BGB im Regelfall durch § 675x Abs. 6 BGB ausgeschlossen712. Jedoch wird bereits die Einwendung des Gesetzgebers, der komplette § 675x BGB wäre auf die Einzugsermächtigungslastschrift nicht anwendbar713, bezweifelt; man hält die übrigen Absätze der Norm (2–5) für anwendbar714. Ist § 675x Abs. 4 BGB auch auf die Einzugsermächtigungslastschrift anwendbar, soll sich unmittelbar daraus ein Erstattungsanspruch zugunsten des Zahlers ergeben, selbst wenn er den Zahlungsvorgang bereits genehmigt hat715. Die achtwöchige Frist läuft aber schon mit der Belastungsbuchung716 und beginnt damit unabhängig von einer Autorisierung. Bei einer Vorabautorisierung stünden dem Zahler also
709 710 711 712 713 714 715 716
Burghardt/Wegmann NZI 2009, 752 (758). Burghardt/Wegmann NZI 2009, 752 (755). Vgl. C.II.1.l)aa)(1)(c). Vgl. C.IV.4. Begründung zu § 675x BGB BR-Drucks. 848/08 S. 188. Burghardt/Wegmann NZI 2009, 752 (757). Burghardt/Wegmann NZI 2009, 752 (758). C.IV.4.
II. Autorisierungsphase
209
mindestens acht Wochen zur Verfügung, in denen er seine Autorisierungshandlung – zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht717 – überdenken kann. Bei Anwendung der Genehmigungstheorie verkürzt sich diese Frist: Die Genehmigung erfolgt erst nach der Belastungsbuchung. So verbleibt dem Zahler hier weniger Zeit zwischen der Genehmigung und dem Fristablauf, als wenn man eine Vorabautorisierung annehmen würde. Dies soll der Intention widersprechen, den Zahler bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen besonders zu schützen.718 Diese Auffassung ist allerdings nicht haltbar. Zunächst widersprechen sich ihre Autoren selbst, wenn sie folgendes Resultat ihrer Argumentation festhalten: „Im Ergebnis wäre nach der Genehmigungstheorie der von Anfang an autorisierende Zahler schlechter gestellt als der lediglich nachträglich konkludent autorisierende.“ 719
Warum soll der vorweg Autorisierende schlechter stehen, obwohl er stets die volle Frist aus § 675x Abs. 4 BGB ausschöpfen kann? Unterstellt man hier aber ein Redaktionsversehen, krankt der Ansatz trotzdem bereits im Ursprung: Die Autoren sehen in § 675x Abs. 4 BGB selbst eine eigenständige Anspruchsgrundlage, die schon dann eingreift, sobald ein Zahlungsvorgang vom oder über den Empfänger ausgelöst und nach § 675j Abs. 1 BGB autorisiert wurde.720 Der Wortlaut „Ein Anspruch des Zahlers auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn . . .“ legt aber nahe, dass die eigentliche Anspruchsgrundlage anderen Regelungen zu entnehmen ist. Dies bestätigen auch die Gesetzgebungsmaterialien, die beispielsweise zu § 675x Abs. 1 und 2 BGB explizit erwähnen, dass ein Erstattungsanspruch geschaffen wird721 bzw. geschaffen werden kann722. Dagegen wird in § 675x Abs. 4 BGB lediglich „eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Erstattungsbegehrens“ 723 gesehen. Die letzten Zweifel werden durch die ZD-RiL beseitigt: Der dem § 675x Abs. 4 BGB zugrundeliegende Art. 63 Abs. 1 ZD-RiL bezieht sich ausdrücklich auf Art. 62 ZD-RiL, der Anspruchsgrundlagen enthält bzw. ermöglicht. Da § 675x Abs. 4 BGB keine selbständige Anspruchsgrundlage ist, gibt es unter Anwendung der Genehmigungstheorie keinen zusätzlichen Erstattungsanspruch des Zahlers, nachdem er den Zahlungsvorgang genehmigt hat. Nach den derzeitigen Bedingungen für das Einzugsermächtigungsverfahren räumen die Zahlungsdienstleister – im Gegensatz zum SEPA-Basis-Lastschriftver717
Im technischen Sinne kann er die Autorisierung nicht revidieren; vgl. C.IV.3.a). Zu dieser Argumentationslinie vgl. Burghardt/Wegmann NZI 2009, 752 (758). 719 Burghardt/Wegmann NZI 2009, 752 (758). 720 Hierbei kann die Frage zunächst offen gelassen werden, ob eine tatsächlich bestehende Autorisierung zum Zeitpunkt der Belastungsbuchung Anwendungsvoraussetzung ist oder ob eine Genehmigung wegen ihrer Rückwirkung nach § 184 Abs. 1 BGB ausreicht. 721 Begründung zu § 675x Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 188. 722 Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189. 723 Begründung zu § 675x Abs. 4 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190. 718
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
fahren724 – auch kein zusätzliches Erstattungsrecht gem. § 675x Abs. 2 BGB ein. Die angedeutete Fristenkollision kann also überhaupt nicht auftreten. (g) Unzulässige Schaffung von „halb-autorisierter“ Zahlung durch die Genehmigungstheorie Ein weiteres systematisches Argument soll in der Grundstruktur der Erstattungsansprüche gefunden werden. Bei unautorisierten Zahlungsvorgängen kann der Zahler die Rückgängigmachung nach § 675u BGB verlangen – und zwar nach § 676b Abs. 2 BGB innerhalb von 13 Monaten nach der Belastung. Ist der Zahlungsvorgang autorisiert, kann grundsätzlich keine Erstattung verlangt werden. Die ZD-RiL und somit auch das BGB kennen nach einer Ansicht daher nur autorisierte und nicht autorisierte Zahlungen. Zwischenformen oder halbautorisierte Zahlungen durch ein Widerrufsrecht für unautorisierte Vorgänge – wie bei der Einzugsermächtigungslastschrift725 – dürfe es demnach nicht geben.726 Diese Auffassung bleibt aber den Nachweis dieser strikten Zweigleisigkeit des Gesetzes schuldig. Dies wird ihr auch nicht gelingen. Wenn das Gesetz mit § 675x Abs. 1 und 2 BGB dem Zahler auch bei bestimmten autorisierten Ansprüchen grundsätzlich ein achtwöchiges Erstattungsrecht ermöglicht, dann werden Zwischenformen vom Gesetz grundsätzlich anerkannt. Dieser Begründungsansatz läuft daher ins Leere. (h) Verstoß der Genehmigungsfiktion gegen §§ 676b Abs. 2, 675e Abs. 1 BGB Die nach der Genehmigungstheorie erforderliche Genehmigung des Zahlers wird im Regelfall fingiert727. Darin könnte eine Verkürzung der Widerspruchsfrist nach § 676b Abs. 2 BGB liegen, was gemäß § 675e Abs. 1, 4 BGB bei Verbraucherverträgen nicht zulässig wäre. Schließlich sind sowohl die Handlung als auch der wirtschaftliche Effekt auf den ersten Blick identisch: durch ein rein tatsächliches Unterlassen bzw. Schweigen des Zahlungsdienstnutzers gehen dessen Einwendungen hinsichtlich des bisher unautorisierten Zahlungsvorgangs unter – nach den Bedingungen zum Einzugsermächtigungsverfahren jedoch deutlich früher als nach der gesetzlichen Frist des § 676b Abs. 2 BGB. Der Gesetzgeber sieht selbst, dass
724 2.5 der Sonderbedingungen-Banken für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren (Zahlerseite). 725 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 726 Zu dieser Argumentation vgl. Einsele AcP 2009, 719 (744 f.). 727 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite).
II. Autorisierungsphase
211
„in der Sache [. . .] Buchungen, soweit der Zahlungsdienstnutzer sie nicht bereits im Rahmen des vierteljährlichen Rechnungsabschlusses genehmigt hat, mit Ablauf der Ausschlussfrist [des § 676b Abs. 2 BGB] als genehmigt behandelt [werden]“ 728
Er geht jedoch nicht weiter auf diese Problematik ein. Dies lässt – in Kombination mit seiner Billigung der Genehmigungstheorie729 – folgenden Schluss zu: Wegen dieser Vorschrift verändert er nicht den Blick auf die dogmatischen Grundlagen der Einzugsermächtigungslastschrift. Diese These kann auch argumentativ bestätigt werden. Die kollidierenden Regelungen weisen nämlich einen voneinander verschiedenen dogmatischen Ansatzpunkt auf. Nach den allgemeinen Regeln des BGB können die Rechtswirkungen des Schweigens auf unterschiedliche technische Figuren zurückgeführt werden. Einerseits knüpfen einige Normen bzw. Tatbestände (z. B. §§ 108 Abs. 2 S. 2, 177 Abs. 2 S. 2; 455 S. 2 BGB) ihre Rechtsfolgen ausschließlich an den Umstand, dass geschwiegen wurde. Ob ein korrespondierender privatautonomer Wille des Schweigenden zur Herbeiführung der Rechtsfolge vorliegt, spielt dabei keinerlei Rolle730. Diese Rechtsfigur wird als „normiertes Schweigen“ bezeichnet731. Andererseits kann aber das Schweigen selbst ein Mittel sein, um seinen Willen nach außen hin zu erklären. Ein Außenstehender soll dann aus dem reinen Unterlassen einer positiven Handlung auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen schließen können. Im normalen Alltag kann beim Schweigen eine solche Intention grundsätzlich nicht unterstellt werden. Wenn die Beteiligten dagegen vereinbaren, dass künftig das Schweigen als Erklärungszeichen gelten soll (sogenanntes „beredtes Schweigen“), begründet dies eine Ausnahme. Hier erfüllt das Schweigen den Tatbestand der Willenserklärung, da es an die vorangegangene Vereinbarung anknüpft und damit inter partes als Informationsträger und Kommunikationsmittel wirkt. Solange eine solche Absprache über das Erklärungszeichen besteht, möchte der Schweigende die Rechtsfolgen gerade durch seine Passivität auslösen – der Schweigende setzt dieses besondere Mittel in der Regel zielgerichtet ein. Somit ist grundsätzlich – wie bei jeder anderen Willenserklärung auch – dessen Rechtsfolgewillen im Moment des Schweigens das zentrale Wirksamkeitskriterium.732 Die problematisierten Regelungen lassen sich anhand dieser Grundsätze voneinander abgrenzen. 728
Begründung zu § 676b Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 195. Vgl. Fußnote 682. 730 Beispielsweise zu § 108 BGB Knothe in: Staudinger § 108 Rn. 18. 731 Allgemein zu dieser Figur vgl. Ellenberger in: Palandt Einf. vor § 116 Rn. 8; Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 77 ff.; Busche in: Staudinger/Eckpfeiler f. 29–39; Krüger-Nieland in: BGB – RGRK vor § 116 Rn. 21; Flume AT Band II § 5 Nr. 2 c), d), Seite 66 f. 732 Zum „beredten Schweigen“ vgl. Ellenberger in: Palandt Einf. vor § 116 Rn. 7; Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 69 ff.; Busche in: Staudinger/Eckpfeiler f. 28; Krüger-Nieland in: BGB – RGRK vor § 116 Rn. 27; Flume AT Band II § 5 Nr. 2 a)–d), Seite 64 ff.; Canaris FS Wilburg 1975, 77 (77 f.). Gegen die Deutung des Schweigens 729
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Die Sonderbedingungen zur Einzugsermächtigungslastschrift enthalten in 2.4 (a. E.) ausdrücklich die Passage „Das Unterlassen [. . .] gilt als Genehmigung der Belastung.“ Sicherlich könnte der Begriff „gilt“ als Hinweis auf eine reine Fiktion unabhängig eines Rechtsfolgewillens gesehen werden. Die gegenseitige Interessenslage ergibt aber, dass der Zahlungsdienstleister im Schweigen eine rechtsgeschäftliche Erklärung sehen kann. Denn die Grundvoraussetzung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung – das Bestehen eines Erklärungsbewusstseins – wird durch den vereinbarten Ablauf geschaffen. Zunächst findet diese Genehmigungsfiktion ausschließlich auf Lastschriftvorgänge Anwendung, für die der Zahler eine Einzugsermächtigung ausgestellt hat733. Er weiß also von einer Belastung in naher Zukunft; die Information darüber im quartalsschließenden Rechnungsabschluss kommt nicht überraschend. Zusätzlich wird er in diesem Rechnungsabschluss nochmals über die Genehmigungsfiktion belehrt. Die Rechtsfolgen des Schweigens müssen ihm spätestens danach klar sein. Darauf aufbauend lässt die erteilte Einzugsermächtigung den Regelschluss zu, dass der Zahler eine Verbindlichkeit gegenüber dem Zahlungsempfänger erfüllen möchte, so dass es dem Zahler gerade auf die Endgültigkeit der Zahlung ankommt. Im Ausnahmefall weiß er auch, wie er diese abschließende Wirkung verhindern kann. Schweigt er trotzdem, ist dies lediglich ein geheimer Vorbehalt entsprechend § 116 BGB. Das Schweigen auf einen Rechnungsabschluss734 ist demnach als Willenserklärung zu qualifizieren. Eine solche Rechtsauffassung kann bei der Präklusionsvorschrift des § 676b Abs. 2 BGB nicht vertreten werden. Hier fehlt es schon an den Umständen, die im Falle des Schweigens auf ein Erklärungsbewusstsein des Zahlers schließen lassen. Gewiss wird hier eingewandt werden, dass diese Präklusion ebenfalls Teil der Vereinbarung zwischen Zahler und dessen Zahlungsdienstleister ist735 und daher auch hier ein beredtes Schweigen nahe liegt. Die gewählte technische Konstruktion macht aber deutlich, dass es ihr überhaupt nicht auf den Willen des Zahlers ankommt. Der erste Unterschied besteht schon darin, dass alle fehlerhaften und nicht autorisierten Zahlungen erfasst werden – eine Einschränkung auf diejenigen, an denen der Zahler kausal beteiligt war und die er daher künftig erals Erklärungszeichen und somit als Willenserklärung Hanau AcP 1965, 220 (241 f., 256) mit der Begründung einer erheblich gesteigerten Auslegungsunschärfe gegenüber positiv vorliegenden Erklärungen. Diesen Einwand kontert Canaris mit dem Hinweis, dass eine solche Steigerung keinen „qualitativen Unterschied gegenüber anderen Formen der Willenserklärung“ ausmacht „und mithin kein Grund für eine generelle Sonderbehandlung des Schweigens“ sei, Canaris FS Wilburg 1975, 77 (78). 733 Vgl. 2.4 UA 2 a. A. der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 734 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 735 Vgl. 2.5.5 Abs. 2 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite).
II. Autorisierungsphase
213
wartet, ist gerade nicht gewollt. Zugleich kommt der Belehrung seitens des Zahlungsdienstleisters auf eine solche Belastung eine ganz andere Qualität zu. Während vorhin nochmals ein expliziter Hinweis auf die Rechtsfolge ergehen musste, reicht hier bereits die schlichte Unterrichtung über die Rahmendaten der Belastung736, um den Fristenlauf in Gang zu setzen. Freilich lässt sich der Norm zumindest eine Obliegenheit des Zahlers entnehmen, regelmäßig die Buchungen zu kontrollieren und gegebenenfalls Widerspruch zu erheben. Angesichts der Fülle an Vorgängen, die von der Präklusion erfasst werden können, ist aber nicht zwingend von einer eingehenden Kontrolle eines jeden einzelnen Postens durch den Zahler auszugehen. Mithin ist – auch aus objektiver Sicht – der Schluss nicht zulässig, der Zahler habe bei Fristablauf den betreffenden Vorgang vor Augen und will diesen durch eine Genehmigung rechtsbeständig werden lassen. Insgesamt kann daher sein Schweigen nicht als willens- und zielgerichtete Handlung und damit nicht als Willenserklärung verstanden werden. Die Grundvoraussetzung des beredten Schweigens wäre demnach nicht gegeben. In der Zusammenfassung lässt sich also festhalten, das die Genehmigungsfiktion bei der Einzugsermächtigungslastschrift durch ihren Bezug auf den Rechtsfolgewillen des Zahlers eine andere rechtliche Qualität aufweist als die vom Willen des Zahlers losgelöste Präklusion nach § 676b Abs. 2 BGB. Demnach verstößt die für die Genehmigungsfiktion vereinbarte kurze Frist nicht gegen §§ 675e Abs. 1, 676b Abs. 2 BGB, wenn man dem Zahlungsvorgang die Genehmigungstheorie zugrunde legt. Insoweit muss sie nicht aufgegeben werden.737 Mit dieser Argumentationslinie kann auch der Einwand überwunden werden, die vereinbarte Genehmigungsfiktion führe – im Vergleich zu § 676b Abs. 2 BGB – zu einer dem Zahler gegenüber ungünstigeren Beweislastverteilung738. (i) Verpflichtung zur Belastung Die griffigste Argumentationslinie gegen die Weiterführung der Genehmigungstheorie wird der Neufassung der AGB zum Einzugsermächtigungsverfahren entnommen. Hiernach verpflichte sich der Zahlungsdienstleister gegenüber dem Zahler – im Gegensatz zu den alten AGB – zur Einlösung eingehender Einzugsermächtigungslastschriften. Eine solche Verpflichtung könne aber nicht bestehen, wenn keine korrespondierende Berechtigung gegenüber dem Zahler bestünde. Mit anderen Worten zwängen die neuen AGB zu einer anderen Auslegung des gesamten Vorgangs. Im Erteilen einer Einzugsermächtigung soll bereits entweder eine Weisung des Zahlers an seinen Zahlungsdienstleister oder zumin736
Siehe Artikel 248 §§ 7, 10 und 14 EGBGB. Ähnlich Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676b Rn. 11. 738 Sprau in: Palandt § 676b Rn. 4; ob die Verteilung tatsächlich ungünstiger ist, kann dabei offen bleiben. 737
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
dest das Einräumen einer entsprechenden Rechtsmacht gegenüber dem Zahlungsempfänger zu sehen sein. Das Erfordernis der Genehmigung der Belastungen sollen die Zahlungsdienstleister nur unter dem Eindruck der bisherigen Rechtsauffassung in ihre AGB739 geschrieben haben.740 Die Grundannahme hierfür – das Vorliegen einer Ausführungspflicht – liegt sicherlich vor. Der einschlägige Teil der AGB741 hätte vielleicht eindeutiger formuliert werden können; so verbleibt die Auslegungsmöglichkeit, dass damit lediglich die tatsächlichen Vorgänge beschrieben werden sollen. Im Gesamtkontext ergibt sich aber, dass sich der Zahlungsdienstleister eine Pflicht zur Ausführung auferlegen möchte. Schließlich werden anschließend Fälle aufgezählt, in denen keine Einlösung erfolgen wird und eine Ausführung des Zahlungsvorgangs auch nicht erfolgen muss. Macht der Zahlungsdienstleister von diesen Tatbeständen Gebrauch, muss er den Zahler hiervon unterrichten742. Diese Regelungen setzen eine grundsätzliche Ausführungspflicht voraus. Diese Klauseln schwächen eine Ausgangsüberlegung der Verteidiger der Genehmigungstheorie, nach welcher der Zahlungsdienstleister des Zahlers ausschließlich gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zur Ausführung verpflichtet ist743. Wenn sich die Zahlungsdienstleister nun auch gegenüber den Zahlern verpflichtet fühlen, muss die Interpretation der Einzugsermächtigung erneut durchdacht werden. Aber auch hier wird sich die Rechtsprechung nur umstimmen lassen, wenn aufgrund dieser Verpflichtung die bestehenden Rechtsbeziehungen im Vergleich zur alten Rechtslage grundlegend modifiziert wurden. Die Vertreter der Genehmigungstheorie sahen allerdings schon nach der alten Rechtslage eine ungeschriebene Rechtspflicht der Schuldnerbank gegenüber dem Schuldner. Im Falle der Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift musste sie den Schuldner hiervon unterrichten744. Diese Rechtsauffassung ist sicherlich angreifbar, weil der BGH sie lediglich mit allgemeinen Treueerwägungen begründet745. Dies 739 2.2.1 und 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 740 So Einsele AcP 2009, 719 (743 f.), die 2.3.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite) als Verpflichtung auslegt. 741 „Eingehende Einzugsermächtigungslastschriften des Zahlungsempfängers werden mit dem vom Zahlungsempfänger angegebenen Lastschriftbetrag dem Konto des Kunden belastet.“; 2.3.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 742 2.3.3 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 743 Vgl. statt vieler Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 57 Rn. 11 f., § 58 Rn. 53; Strube in: Derleder § 45 Rn. 29. 744 BGH NJW 1989, 1671 juris-Rn. 14; Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 147; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675x Rn. 15; Hadding FS Bärmann 1975, 375 (390).
II. Autorisierungsphase
215
ist hier jedoch nicht entscheidend. Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass schon seither die Schuldnerbank auch gegenüber dem Schuldner entweder die Lastschrift ausführen oder ihn über die Ablehnung unterrichten musste. Zwar hatte der Schuldner damals keinen konkretisierten Ausführungsanspruch wie der Zahler nach geltendem Recht. Trotzdem konnte der Schuldner verlangen, dass sich seine Bank nicht komplett passiv verhält. Allein durch das Eintreffen einer Einzugsermächtigungslastschrift bei der Schuldnerbank konkretisierte sich das Rahmenrechtsverhältnis der Schuldnerbank mit dem Schuldner zu einem Handlungsanspruch. Zudem hat sich das Prüfungsprogramm des Zahlungsdienstleisters des Zahlers nicht wesentlich verändert. Nach neuem746 wie nach altem Recht747 interessiert er sich nicht dafür, ob der Zahler tatsächlich eine Einzugsermächtigung erteilt hat oder ob der Zahlungsempfänger die Zahlungskette beispielsweise in betrügerischer Absicht in Gang gesetzt hat. Vor der Einlösung der Lastschrift prüft der Zahlungsdienstleister des Zahlers lediglich formale Fragen; die materielle Berechtigung des Zahlungsempfängers aus dem Valutaverhältnis bleibt komplett außen vor. Die Situationen, in denen eine Lastschrift eingelöst wird, bleiben also weitgehend gleich. Wird die bisher bestehende Rechtsbeziehung zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister nun ausdrücklich durch Vereinbarung geregelt, können die alten Ergebnisse zwar nicht immer ohne weitere Prüfung übernommen werden. Eine grundlegende Abkehr von der alten Rechtslage liegt aber durch diese schlichte Modifizierung der AGB nicht vor – bestehende Ansprüche bekommen durch die Vereinbarungen lediglich ein anderes Gesicht. Die Rechtsprechung wird deshalb nicht von der Genehmigungstheorie abkommen. (j) Fortbestehen der ursprünglichen Argumentation Zur Begründung der Genehmigungstheorie setzte der BGH ursprünglich an der Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger an748: Eine Abwä745 BGH NJW 1989, 1671 juris-Rn. 15; ob diese Unterrichtungspflicht weiter aufrechterhalten werden kann, ist angesichts des Prinzips der Vollharmonisierung zumindest kritisch zu sehen [vgl. OLG Dresden WM 2011, 1843 (juris-Rn. 20 ff.), das allerdings eine Analogie zu § 675o Abs. 1 S. 1 BGB erwägt]. Allerdings hat der europäische Gesetzgeber bei einem fehlenden Zahlungsauftrag überhaupt keine SachverhaltsRechtsfolge-Relation aufgestellt [vgl. hierzu C.II.2.b)bb)]. Kollisionsrechtliche Erwägungen sprechen demnach nicht gegen die Fortführung der Rechtsprechung. 746 Vgl. die Ablehnungsgründe in 2.3.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 747 Vgl. van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 56 Rn. 44; § 57 Rn. 47. 748 Zur Zulässigkeit dieser Überlegung trotz Trennung der jeweiligen Rechtsverhältnisse vgl. B.III.4.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
gung der gegenseitigen Belange konnte nicht zu dem Ergebnis führen, dass der Zahler bereits im Zeitpunkt der Einzugsermächtigung abschließend über sein Kontoguthaben disponieren wollte.749 Diese Schlussfolgerung hat auch nach der Rechtsänderung Bestand. Die für die Auslegung der Einzugsermächtigung maßgebliche Interessenlage ist nämlich nicht spezifisch dem Zahlungsverkehrsrecht, sondern dem auf das Valutaverhältnis anwendbaren Schuldrecht entnommen, auf das die ZD-RiL keinen Einfluss nimmt. Somit kann die die Genehmigungstheorie tragende Argumentation zunächst weiter verwendet werden. (k) Zusätzliche Argumente durch die Neuregelung Die Genehmigungstheorie wird durch die Neuregelung und deren Umsetzung der Zahlungsdienstleister zusätzlich untermauert. Über die angesprochene fehlende Klarstellung750 wird sich auch der BGH nicht hinweg setzen können. Allerdings enthalten sowohl das Gesetz als auch die neuen AGB wertvolle Indizien, die in der Gesamtschau auf den Fortbestand der bisherigen Rechtsauffassung hinweisen. Durch die Möglichkeit des Zahlers aus § 675j Abs. 1 BGB, einen Zahlungsvorgang im Ergebnis auch durch Genehmigung751 zu autorisieren und damit entsprechend § 675u BGB die Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch zu schaffen, reagiert der Gesetzgeber genau auf das Bedürfnis nach solchen – für den Zahler verhältnismäßig sicheren – Zahlungsverfahren. Auch wurde kein Formzwang für die Genehmigung festgeschrieben. Während im Richtlinienvorschlag der Kommission752 in Art. 41 Abs. 2 noch eine „ausdrückliche Autorisierung“ gefordert wurde, hat man dieses Merkmal im weiteren Vorgehen fallen gelassen. Dieser Schritt war eine bewusste Entscheidung, um den rechtlichen Rahmen für die bewährte Genehmigungsfiktion zu erhalten753. Die Zahlungsdienstleister setzen diese Normen um, indem sie in ihren AGB zur Einzugsermächtigungslastschrift die nachträgliche Zustimmung als Standard vorsehen754. Insbesondere vereinbart der Zahlungsempfänger mit seinem Zahlungsdienstleister, dass die Gutschrift auf seinem Zahlungskonto nur unter dem Vorbehalt erfolgt, dass der Zahler keinen Widerspruch bei seinem Zahlungsdienstleister 749
C.II.1.l)aa)(1)(a). C.II.1.l)aa)(1)(b). 751 Die Genehmigung ist nach § 184 Abs. 1 BGB eine nachträglich erteilte Zustimmung [vgl. C.II.1.e)]; kritisch zur Anknüpfung an die allgemeinen §§ 183 f. BGB Hadding FS Hüffer 2010, 273 (278), da der Zahlungsvorgang kein Rechtsgeschäft sei. 752 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 43. 753 Vgl. Änderungsanträge Nr. 29, 57 des Europäischen Parlaments, A6-0298/2006. 754 2.1.1 und 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). 750
II. Autorisierungsphase
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gegen diesen Vorgang erhebt755. Die Praxis für Belastungsbuchungen wird demnach nicht grundlegend verändert756, sondern vielmehr an die Rechtsfigur der Genehmigungstheorie angepasst. Der BGH kann die Intention der Beteiligten also nicht grundlegend missverstanden haben. (l) Neuere Rechtsprechung zur Genehmigungstheorie „[. . .] zur Erhaltung der Akzeptanz des besonders kostengünstigen Einzugsermächtigungsverfahrens [wird] zu überlegen sein, ob für das Valutaverhältnis an der Genehmigungstheorie auch in Zukunft noch festgehalten werden kann. Für eine Aufgabe dieser Theorie können alsdann gewichtige Gründe sprechen: [. . .].“ 757
Dieser Satz des 11. Zivilsenats am BGH dürfte den Gegnern der Genehmigungstheorie neue Hoffnungen auf eine Rechtsprechungsänderung geben. Ihm sollte aber in diesem Rahmen nicht zu viel Bedeutung zugemessen werden. Schließlich zielt der Senat hier lediglich auf eine veränderte Betrachtung der Rechtsbeziehung zwischen Schuldner (heute „Zahler“) und Gläubiger (heute „Zahlungsempfänger“) ab; das Deckungsverhältnis des Schuldners zu seiner Bank soll unangetastet bleiben758. Unabhängig dieser These bestätigt der 11. Senat zwei Jahre später die im Deckungsverhältnis bestehende zwingende Abhängigkeit des Aufwendungsersatzanspruchs von der Genehmigung des Schuldners759. Eine Aufweichung dieses Genehmigungserfordernisses mithilfe der folgenden Konstruktion lehnt er ab: Erlischt durch die Einlösung der Lastschrift tatsächlich eine Verbindlichkeit des Schuldners, sei das in seinem Interesse. So bestehe ein Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683, 670 BGB760. Der 11. Senat möchte den Aufwendungsersatzanspruch aber nicht von der Ausgestaltung des Valutaverhältnisses abhängig machen761. In der Neufassung des Zahlungsdiensterechts sieht er zwar die Möglichkeit für die Beteiligten vor, von der Genehmigungstheorie abzurücken: Sie können bestimmen, dass der Zahler bereits mit der Einzugsermächtigung dem Zahlungsvor755 2.1 und 2.6 (2) der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite). 756 So auch Begründung zu § 675j Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 171. 757 BGH NJW 2008, 3348 (3350, Rn. 20). 758 BGH NJW 2008, 3348 (3350, juris-Rn. 21, 24); Lindner jurisPR-BGHZivilR 2008, Heft 22, Anm. 1 „B“. Der Hintergrund einer solchen Überlegung ist dem Insolvenzrecht zu entnehmen, das dem Zeitpunkt der Erfüllung einer Verbindlichkeit besondere Bedeutung zumisst vgl. Lindner jurisPR-BGHZivilR 2008, Heft 22, Anm. 1 „C“. 759 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 13). 760 Nobbe WM 2009, 1537 (1545 f.). 761 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 14).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
gang zustimmt bzw. dem Zahlungsempfänger die entsprechende erforderliche Rechtsmacht einräumt.762 Nach der derzeitigen Fassung der AGB der Zahlungsdienstleister, wird auf die Einzugsermächtigungslastschrift aber weiterhin die Genehmigungstheorie anwendbar sein, „die auch unter Geltung des neuen Rechts Bestand haben kann.“ 763 Am selben Tag äußerte sich der 9. Zivilsenat des BGH ebenfalls zum Einzugsermächtigungsverfahren: Unter Geltung des alten Rechts hält er an der Genehmigungstheorie fest764. Inwieweit diese allerdings durch die Umsetzung der ZD-RiL hinfällig geworden ist, lässt er mangels Entscheidungserheblichkeit offen765. Trotzdem deutet die aktuelle Rechtsprechung eindeutig auf eine Fortführung der Genehmigungstheorie hin766. (m) Zwischenergebnis zur Genehmigungstheorie Die bestehende Argumentation des BGH wird weder durch die Neuregelung, noch durch die privatrechtliche Umsetzung untergraben. Die Genehmigungstheorie ist daher weiter aufrecht zu erhalten767. (2) Anwendung der Genehmigungstheorie und Regelfall der Autorisierung Nach der Genehmigungstheorie wirkt die Einzugsermächtigung gerade nicht im Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister. Sie stellt daher weder 762 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 15, 37 ff.), wonach eine solche Vereinbarung auch durch das Verwenden von AGB zulässig wäre. 763 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 36) mit weiteren Literaturnachweisen; es wird hauptsächlich mit dem Wortlaut der 2.1.1 und 2.4 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite) argumentiert, die eine nachträgliche Autorisierung vorsehen. 764 BGH NZI 2010, 731 (732, Rn. 12; 9. Zivilsenat am 20.7.2010): es werden lediglich die Befugnisse des Insolvenzverwalters auf Schuldnerseite durch zwangsvollstreckungs- und insolvenzrechtliche Erwägungen eingeschränkt (Rn. 12–23). Der 9. Senat legt die Genehmigungstheorie auch der Entscheidung BGH WM 2010, 2023 (2024, Rn. 11 f.; 2025, Rn. 19; 30.09.2010) zugrunde. 765 BGH NZI 2010, 731 (732, Rn. 9). 766 So auch BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 13). 767 Im Ergebnis ebenso Sprau in: Palandt § 675f Rn. 39; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675f Rn. 11; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe Teil 2, § 675x Rn. 42. Schnauder jurisPR-BKR 2011, Heft 9 Anm. 4 „C (a. E.)“ und Meckel jurisPRBKR 2010, Heft 12 Anm. 1 „C.II“ glauben dagegen, dass der BGH lediglich an der Genehmigungstheorie festhält, um keinen jahrzehntelangen dogmatischen Irrtum zugeben zu müssen. Die Europäische Kommission möchte eine herkömmliche Einzugsermächtigung sogleich als Einwilligung in die Kontobelastung sehen [vgl. dazu Schürrmann in: Bankrechtstag 2009, 11 (36). Hierbei handelt es sich allerdings um eine Frage der Ermittlung des Parteiwillens. Hierzu enthält die Zahlungsdiensterichtlinie aber keinerlei Auslegungsmaßstäbe, so dass dieser Auffassung kein Vorzug zu der nationalen Interpretation zukommt.
II. Autorisierungsphase
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einen Zahlungsauftrag noch eine isolierte Autorisierung des Zahlungsvorgangs dar. Die Autorisierung des Zahlungsvorgangs erfolgt hier in der Regel durch eine Genehmigung nach § 675j Abs. 1 S. 2 BGB.768 Die Eigenart des Einzugsermächtigungsverfahrens ergibt sich aus dessen Sonderbedingungen. Diese gehen – entsprechend der bisherigen Praxis – von einer Autorisierungsmöglichkeit durch bloßes Schweigen bzw. Unterlassen aus769: Sofern der Zahler dem Zahlungsempfänger tatsächlich eine Einzugsermächtigung ausgestellt hat770, muss der Zahler gegenüber seinem Zahlungsdienstleister innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses771 aktiv widersprechen. Nur eine solche rechtzeitige Intervention des Zahlers verhindert den Eintritt der Autorisierung. (3) Neuere Rechtsprechung zur vorzeitigen konkludenten Genehmigung Den Sonderbedingungen ist jedoch keine Exklusivität der Genehmigung kraft Schweigens zu entnehmen772. Vielmehr ist die Autorisierung auch während der Schwebephase durch eine anderweitige Erklärung möglich – sowohl in ausdrücklicher als auch in konkludenter Form773. Kommt es also nach der Belastung zu kontobezogenen Handlungen des Zahlers – beispielsweise der unstreitigen Autorisierung anderer Zahlungsvorgänge – sind diese Handlungen auf ihren konkludenten Erklärungswert bezüglich des streitigen Zahlungsvorgangs zu untersuchen. Das Abwarten des Fristablaufs kann sich gegebenenfalls erübrigen. 768 Begründung zu § 675f Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 165; BGH BKR 2010, 428 (Rn. 10); Walz in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675f Rn. 5; Sprau in: Palandt § 675f Rn. 39; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675f Rn. 11; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 47; Bunte – AGB-Banken SB Lastschrift Rn. 2, 10–12, 58; Laitenberger NJW 2010, 192 (193); Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675j Rn. 23. 769 2.4 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite): „Hat der Kunde eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Zahlungsempfänger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht schon genehmigt, so hat er Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (z. B. Online-Banking), auf diesem Wege zu erheben. [. . .] Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung.“ 770 Dieses Erfordernis ergibt sich nun unmittelbar aus dem Wortlaut des 2.4 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite). Das Heranziehen allgemeiner Grundsätze des Rechtsscheins (wie noch unter Geltung der alten AGB) ist demnach nicht mehr notwendig; vgl. zu diesen allgemeinen Grundsätzen Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 12 Rn. 27. 771 Zu den Voraussetzungen eines Rechnungsabschlusses vgl. BGH NJW 2012, 306. 772 Tendenziell aber wohl so OLG Hamburg ZIP 2010, 1305 (juris-Rn. 17); dieses Urteil wurde allerdings vom BGH 2011, 2041 (juris-Rn. 15) aufgehoben. 773 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 43) m.w. N.; BGH WM 2011, 454 (juris-Rn. 14– 18); BGH WM 2012, 160 (juris-Rn. 8).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Wann ein bestimmtes Verhalten des Zahlers eine konkludente Genehmigung eines Zahlungsvorgangs darstellen kann, begann der BGH ab seinen Doppelurteilen vom 20. Juli 2010774 näher zu untersuchen. In einer darauf folgenden Rechtsprechungsserie präzisierten sowohl Instanzgerichte als auch der 11. Zivilsenat des BGH die aufgestellten Thesen zu allgemein anwendbaren Grundsätzen775. Zwar mahnt der 9. Zivilsenat noch zur Zurückhaltung bei der vorschnellen Annahme von konkludenten Genehmigungen – schließlich gäbe es auch unberechtigte Lastschriften776. Die konkrete Handhabung dieser restriktiven Vorgabe lässt er aber offen. Der 11. Zivilsenat formuliert seine Grundhaltung deutlich großzügiger: Im Einzugsermächtigungsverfahren „sind an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten keine zu hohen Anforderungen zu stellen.“777
Diese Aussage erscheint angesichts der Tatsache gewagt, dass eine Genehmigung dem Zahler einen direkten Nachteil im Verhältnis zu seinem Zahlungsdienstleister bringt. Er stützt diese Auffassung aber einerseits auf die besondere Eigenart des Einzugsermächtigungsverfahrens, das sowieso ohne ausdrückliche Erklärungen auskomme. Andererseits sei auch der Zahlungsdienstleister des Zahlers auf die Genehmigungserklärung angewiesen, was für den Zahler auch erkennbar sei.778 Darüber hinaus ist der Zahler sowieso verpflichtet, Einwendungen gegen ungewollte Buchungen unverzüglich geltend zu machen779. Deshalb könne er „nicht erwarten, dass vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist aus seinem Verhalten keine Rechtsfolgen abgeleitet werden.“ 780
Allerdings steht für die Rechtsprechung nun fest, dass in zwei Verhaltensweisen des Zahlers noch keine konkludente Genehmigungserklärung zu sehen ist, selbst wenn sie kumuliert auftreten: Das Schweigen auf die Zusendung von Kontoauszügen781 und die reine Weiternutzung des Zahlungskontos durch ver774
BGH WM 2010, 1546 (11. Zivilsenat) und BGH WM 2010, 1543 (9. Zivilsenat). Diese Rechtsprechung wird insgesamt von Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 94. 776 BGH WM 2010, 1543 (juris-Rn. 11); dem folgend OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 41). 777 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 48 a. E.); BGH WM 2011, 743 (juris-Rn. 13); BGH WM 2011, 1267 (juris-Rn. 11); kritisch hierzu Burghardt WM 2013, 62 (65), der bei keiner der beteiligten vier Parteien ein Interresse erkennen kann, überhaupt konkludente Genehmigungen anzunehmen. 778 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 48); BGH WM 2011, 743 (juris-Rn. 13); BGH WM 2011, 1267 (juris-Rn. 11). Ob der 9. Zivilsenat diese Auffassung mittragen wird, bleibt abzuwarten. 779 Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken; Nr. 20 g) AGB-Sparkassen. 780 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 43). 781 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 43); BGH WM 2010, 2307 (juris-Rn. 19); OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 29). 775
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schiedene Kontodispositionen seitens des Zahlers782 sind keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsfolgenwillens. Insbesondere kann nachfolgenden Kontoverfügungen kein zusätzlicher Erklärungswert über das girovertragliche Weisungsrecht hinaus beigemessen werden783. Fügen sich diese beiden Vorkommnisse aber mit anderen Anhaltspunkten zu einem Gesamtbild zusammen784, „kann auf Seiten [des Zahlungsdienstleisters] die berechtigte Erwartung entstehen, [die] Belastungsbuchung solle Bestand haben“ 785. Die Tatsachenfeststellungen müssen jedoch für jeden Einzelfall eigenständig bewertet werden786. Die folgenden Fallvarianten führen deshalb auch nicht schematisch zu einem bestimmten Ergebnis, sondern müssen anhand der jeweiligen Besonderheiten des Falles erneut gewürdigt werden. (a) Erhöhung des Verfügungsrahmens ohne Widerspruch Konkludenten Erklärungswert sollen Handlungen des Zahlers haben, die auf sein Einverständnis mit seinem derzeitigen Kontostand schließen lassen – hierin kann nämlich das Einverständnis mit den vergangenen streitigen Lastschriftbuchungen gesehen werden. Kommt es zu Absprachen zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister über seinen künftigen Verfügungsrahmen, der die Grundlage für die weiteren möglichen Kontodispositionen bildet, erkennt der Zahler in der Regel den derzeitigen Kontostand an. Ist zwischen den streitigen Lastschriftbuchungen und den Gesprächen eine angemessene Frist zur Prüfung der Berechtigung der Buchungen verstrichen, dürfe der Zahlungsdienstleister die Kenntnis des Zahlers bezüglich der vorangegangenen streitigen Lastschriftbuchungen unterstellen – inklusive der Kenntnis über deren Vorläufigkeit. Möchte der Zahler aber seine Dispositionsmöglichkeiten bzw. seine Liquidität erweitern, müsse er überhaupt keine mühseligen Absprachen mit seinem Zahlungsdienstleister treffen. Er könne die Liquiditätssteigerung einfacher mithilfe eines schlichten Widerspruchs gegen die alten streitgegenständlichen Belastungsbuchungen erreichen. Der in diesen Abstimmungen ausgebliebene Widerspruch seitens des Zahlers lasse zulässiger-
782 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 47); BGH WM 2010, 2307 (juris-Rn. 19); OLG Koblenz NZI 2011, 21 (juris-Rn. 40); BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 17); OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 29); BGH WM 2011, 1471 (juris-Rn. 11). Ob die Weiternutzung des Zahlungskontos ausreicht, war bisher umstritten; zum Streitstand vgl. BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 46). 783 BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 17). 784 Vgl. BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 22). 785 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 48). 786 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 47); Beispiel für eine solche Einzelfallprüfung in OLG Koblenz NZI 2011, 21 (juris-Rn. 41).
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weise den Eindruck der Beständigkeit vergangener Abbuchungen und somit den einer Genehmigung entstehen.787 Die gleiche Erklärungswirkung werden Überweisungen oder Einzahlungen des Zahlers auf sein Zahlungskonto beigemessen, mit denen er künftige Dispositionen oder Abbuchungen sichern möchte. Auch hier liege – wie bei Vereinbarungen mit dem Zahlungsdienstleister – eine Erhöhung des Verfügungsrahmens vor, die der Zahler auch einfacher durch einen Widerspruch gegenüber alten Lastschriftbuchungen erreichen könne. Ist zwischen den alten, streitigen Lastschriftbuchungen und den Einzahlungen eine angemessene Prüffrist verstrichen, dürfe sein Zahlungsdienstleister auf die Bestandskraft – und damit auf die Genehmigung – dieser vergangenen streitigen Lastschriften schließen.788 Dabei ist nicht notwendig, dass ein höhenmäßiger Zusammenhang zwischen dem Einzahlungsbetrag und dem umstrittenen Lastschriftbetrag besteht789 (b) Sicherung der streitigen Lastschrift durch Einzahlungen Während in der vorigen Konstellation der BGH aus Einzahlungen auf die Genehmigung vergangener Lastschriften schloss, eröffnete er daneben auch eine ähnliche, aber davon zu trennende Fallgruppe: Der Zahler sieht die Einlösung einer konkreten bevorstehenden Lastschrift wegen des ausgeschöpften Verfügungsrahmens gefährdet. Darum trifft er zeitnah und zielgerichtet eine sichernde Einzahlung oder Überweisung. Daraufhin wird die streitgegenständliche Lastschrift eingelöst und der Zahlungsbetrag abgebucht. Nach Ablauf einer angemessen Frist zur nachträglichen Prüfung der streitigen Lastschriftbuchung dürfe sein Zahlungsdienstleister darauf schließen, der Zahler wolle die zugrundeliegende Forderung im Valutaverhältnis erfüllen und deshalb im Verhältnis zu seinem Zahlungsdienstleister keine weiteren Einwände gegen die streitige Lastschriftbuchung erheben. Folglich entstehe zulässigerweise der Eindruck einer Genehmigung.790 Dieser Schluss sei aber nur bei einem erkennbaren inneren Zusammenhang der Einzahlung mit der streitigen Lastschrift gerechtfertigt. Entscheidend werde hier neben der zeitlichen Nähe beider Ereignisse auch eine gewisse Ähnlichkeit in der Höhe beider Beträge sein. Der Konnex könne aber auch durch Abstimmungen zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister hergestellt werden.791 787
Vgl. hierzu BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 47). Vgl. hierzu BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 20, 22); BGH WM 2011, 454 (jurisRn. 21); BGH WM 2011, 688 (juris-Rn. 25); BGH WM 2011, 1553 (juris-Rn. 15). 789 Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI ZR 39/11 (juris-Rn. 31). 790 BGH WM 2010, 2307 (juris-Rn. 22 f.); BGH WM 2011, 688 (juris-Rn. 24); BGH WM 2011, 1553 (juris-Rn. 14); Anwendungsfall für diese Konstellation bei OLG München WM 2011, 1268 (juris-Rn. 42–49). 791 Vgl. hierzu OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 31). 788
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(c) Sonstige Konstellationen aus instanzgerichtlicher Rechtsprechung Ferner schließt das OLG Koblenz auch aufgrund des besonderen Zwecks einer Lastschriftabbuchung – Prämienzahlung für eine KFZ-Haftpflichtversicherung – auf eine Genehmigung. Schließlich würde im Falle eines Widerspruchs gegen die Lastschrift der Versicherungsschutz entfallen792. Hier müsse dem Zahler aber ebenfalls eine angemessene Prüfungsfrist zugebilligt werden, ehe sein Zahlungsdienstleister von einer vorzeitigen konkludenten Genehmigung ausgehen könne. Nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist gelte dies auch dann, wenn die zugrundeliegende Zahlungsverpflichtung nur bestehe, weil der Zahler diese Verpflichtung selbst angemeldet habe; dies sei insbesondere bei Steuerzahlungen und Beiträgen zur Sozialversicherung der Fall793. Das OLG Stuttgart sah in der Fortsetzung einer Franchisebeziehung zwischen dem Zahler (als Franchisenehmer) und dem Zahlungsempfänger (als Franchisegeber) eine konkludente Genehmigung bereits erfolgter Lastschriftbuchungen zur Abgeltung der Franchisegebühren. Die Fortsetzung der Franchisebeziehung ist dem Zahlungsdienstleister des Zahlers dadurch bekannt gewesen, dass weiterhin entsprechende Zahlungen durchgeführt wurden.794 (d) Regelmäßig wiederkehrende Lastschriften795 In all diesen Fällen kann – neben dem Weiternutzen des Zahlungskontos – ein weiteres aktives Handeln des Zahlers als vertrauensbildendes Element festgestellt werden. Daneben hat der BGH aber eine Rechtsfigur entwickelt die auch ohne einen solchen zusätzlichen Vertrauenstatbestand auskommt. Insgesamt stellt er fünf Voraussetzungen auf, damit der Erklärungswert einer Genehmigung erreicht sei796: Erstens müsse „es sich für [den Zahlungsdienstleister] erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen“ handeln797. Von einer Regelmäßigkeit soll hier aber nur gesprochen werden 792
OLG Koblenz NZI 2011, 21 (juris-Rn. 44). Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI 39/11 (juris-Rn. 47); OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 55); tendenziell hierzu auch BGH WM 2011, 743 (jurisRn. 14). 794 OLG Stuttgart WM 2013, 1118. 795 Zur Anwendbarkeit dieser Norm im Insolvenzverfahren vgl. C.II.1.l)aa)(6). 796 BGH (11. Zivilsenat) WM 2010, 1546 (juris-Rn. 48); BGH (9. Zivilsenat) WM 2010, 2023 (juris-Rn. 13); BGH WM 2010, 2307 (juris-Rn. 21); BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 16); BGH WM 2011, 454 (juris-Rn. 20); BGH WM 2011, 1267 (jurisRn. 11). 797 Die Existenz wiederkehrender Lastschriftabbuchen reicht alleine jedenfalls noch nicht für die Annahme einer konkludenten Genehmigung von Buchungen aus dieser 793
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
können, wenn die Abbuchungen in gleichen Zeitabständen aufgrund eines identischen Schuldgrundes erfolgen. Ist zwar der Zahlungsempfänger jeweils identisch, werden aber lediglich verschiedene Leistungen in einer laufenden Geschäftsbeziehung zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgerechnet, könne keine vorzeitige konkludente Genehmigung nach diesen Grundsätzen angenommen werden.798 Zweitens müssen die früheren – hier nicht streitgegenständlichen – Lastschriften bereits autorisiert sein, was auch durch den zwischenzeitlichen Ablauf der sechswöchigen Widerspruchsfrist geschehen könne799. Drittens müsse der Zahler den streitigen Lastschrifteinzug kennen. Viertens dürfe die – hier streitige – Lastschrift die bereits autorisierten früheren Lastschriften betragsmäßig nicht wesentlich überschreiten800. Fünftens dürfe der Zahler nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen gegen den fraglichen Zahlungsvorgang erhoben haben. Für die Annahme einer konkludenten Genehmigung nach diesen Grundsätzen sei unerheblich, ob der Zahler sein Zahlungskonto als Verbraucher oder im unternehmerischen Geschäftsverkehr verwende; dem Verbraucher müsse man lediglich eine längere Prüfungsfrist einräumen801. (e) Zentrale Kriterien aller Fallgruppen Das gemeinsame Ziel aller Fallgruppen ist die Begründung einer konkludenten Genehmigung, also einer empfangsbedürftigen Willenserklärung802. Konkludent Serie aus; vgl. BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 16); ähnlich auch OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 64). 798 Zu dieser Anforderung vgl. OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 50, 53, 73). 799 Vgl. BGH WM 2010, 2307 (juris-Rn. 21); Konsequenterweise muss die Art und Weise der damaligen Autorisierungen unerheblich sein; diese kann auch ausdrücklich und förmlich erklärt worden sein. Schließlich ist eine Willenserklärung durch Schweigen einer Willenserklärung durch positives Tun gleichwertig. Eine Differenzierung verbietet sich schon angesichts der hohen Hürden, die an eine Willenserklärung kraft Schweigens zu knüpfen sind (vgl. hierzu Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 69 ff.). 800 Vgl. hierzu BGH WM 2012, 160 (juris-Rn. 11): Eine Schwankungsbreite von 590 A bis 1000 A begründet noch keine wesentliche Abweichung. 801 BGH WM 2011, 1267 (juris-Rn. 12); in dieser Entscheidung setzt das Gericht bei einem Verbraucher zwar konkrete Anhaltspunkte voraus, „dass der Kontoinhaber die Überprüfung vorgenommen hat. Erst dann und nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist kann sie davon ausgehen, dass er keine Einwendungen gegen die aus dem Kontoauszug ersichtlichen Buchungen erhebt.“ Allerdings wird der Zahler eine erfolgte Überprüfung nicht positiv äußern. Vielmehr muss auch hier der Ablauf einer – gegenüber Unternehmer länger laufenden – Frist ausreichen. Davon geht das Gericht zugleich auch aus, wenn es in seinem konkreten Fall den konkreten Zeitablauf genügen lässt. Fortführung dieser Rechtsprechung durch Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI 39/ 11 (juris-Rn. 28). 802 So auch ausdrücklich OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 48).
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ist die Genehmigung deshalb, weil der Zahler durch sein Verhalten gegenüber seinem Zahlungsdienstleister mittelbar einen bestimmten Rechtsfolge- bzw. Geschäftswillen zum Ausdruck bringt803 – hier das Einverständnis mit der Belastungsbuchung und deren Beständigkeit. Einverstanden kann der Zahler aber nur mit Ereignissen sein, die er kennt. Deshalb hat der BGH dieses Merkmal in jeder Fallgruppe teils ausdrücklich804, teils inzident805 aufgeführt. Weiter wird in jedem BGH-Urteil der „Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist“ gefordert. Den Bezugspunkt der Prüffrist erwähnt er zwar nicht ausdrücklich, lehnt aber in einem Fall eine Genehmigung ab „mangels ausreichender Gelegenheit für den [Zahler] zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Lastschriftbetrags“ 806. Demnach soll damit der Zeitraum benannt werden, der dem Zahler zugestanden wird, um die materielle Berechtigung des Zahlungsempfängers aus dem Valutaverhältnis zu klären807. Der Zahlungsdienstleister darf nämlich nur auf die Beständigkeit einer Zahlung vertrauen, wenn ihm Anhaltspunkte für einen Schuldgrund im Valutaverhältnis vorliegen808. Diese Erwägung muss deshalb zwingender Bestandteil jeder Autorisierung sein, die nicht ausdrücklich erfolgt. Setzt der BGH für eine konkludente Genehmigung stets Kenntnis voraus, muss diese konsequenterweise auch entscheidend für den Beginn der Prüfungsfrist sein809. (f) Stellungnahme zu dieser Rechtsprechungsserie Der BGH810 untersuchte verschiedene Verhaltensweisen des Zahlers auf den dadurch konkludent mitgeteilten Geschäftswillen. Wollte der Zahler einen solchen Geschäftswillen überhaupt nicht vermitteln, war sein Zahlungsdienstleister davon aber überzeugt811, entscheidet nach allgemeinen Auslegungskriterien letzt803 Vgl. Larenz/Wolf – BGB AT § 24 Rn. 17; Bork – BGB AT Rn. 571 ff.; Ellenberger in: Palandt Einf. § 116 Rn. 6; Wendtland in: BeckOK-BGB § 133 Rn. 8. 804 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 48); BGH WM 2010, 2307 (juris-Rn. 23); BGH WM 2011, 63 (juris-Rn. 20). 805 Vgl. hierzu BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 47), wo er von Abstimmungen „unter Berücksichtigung des Kontostandes“ spricht. 806 BGH WM 2011, 1553 (juris-Rn. 14). 807 So auch OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 48). 808 Zur Beachtlichkeit des Valutaverhältnisses vgl. B.III.4. 809 A. A. OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 51), das die zumutbare Möglichkeit zur Überprüfung ausreichen lässt. 810 Während die Urteile ab Mitte des Jahres 2010 noch neuen substantiellen Gehalt aufweisen, beschränkt sich der BGH ab Juli 2011 zumeist darauf, die gewonnenen Erkenntnisse zu wiederholen; vgl. dazu BGH NZI 2011, 679; WM 2011, 2041; WM 2011, 2259; WM 2011, 2316; WM 2011, 2358 (juris-Rn. 12). 811 Dies soll auch gelten, wenn der Zahlungsdienstleister subjektiv nicht von einer Genehmigung ausgegangen ist [vgl. BGH WM 2011, 743 (juris-Rn. 14); BGH WM 2011, 1553 (juris-Rn. 18); Meckel jurisPR-BKR 2011, Heft 3 Anm. 2 „D“]. Versteht der
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lich der objektive Empfängerhorizont über den Erklärungswert des Verhaltens812 – auch wenn einzig Schweigen bzw. Passivität als konkludente Erklärungshandlung in Betracht kommen813. (aa) Anknüpfungspunkt für eine Willenserklärung Grundsätzlich muss für jede Konstellation die konkrete Handlung bzw. Verhaltensweise benannt werden, die den Geschäftswillen in sich tragen könnte. Bei der ersten Fallvariante814 – Erhöhung des Verfügungsrahmens durch Verhandlungen oder Einzahlungen – knüpft der BGH mit aktiven Erhöhungsmaßnahme an ein positives Tun gegenüber dem Zahlungsdienstleister an: Ist zwischen erfolgter Abbuchung und diesem Handeln eine angemessene Prüfungsfrist verstrichen, kann der Schluss auf den Geschäftswillen gerechtfertigt sein. Ähnlich ist die zweite Variante815 zu bewerten: Hier sichert der Zahler die streitige Lastschrift durch eine entsprechende Einzahlung und widerspricht der Kontobelastung entgegen den AGB nicht unverzüglich816. In den anderen Situationen – sowohl in den Sonderfällen der Instanzgerichte817 als auch bei den regelmäßig wiederkehrenden Lastschriftbuchungen818 – kommen die Gerichte auch ohne eine positive Handlung gegenüber dem ZahlungsZahlungsdienstleister bei einseitigen Willenserklärungen allerdings genau, was der Zahler wirklich wollte, verdient er nach den allgemeinen Lehren keinerlei Vertrauensschutz [vgl. Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 29–31; Wendtland in: BeckOK-BGB § 133 Rn. 27; Busche in: MüKo-BGB § 133 Rn. 14]. Eine Genehmigung darf dann auch nicht unterstellt werden. Es ist aber nicht von einer grundlegenden Abweichung der Rechtsprechung von diesen allgemeinen Grundsätzen auszugehen. Zum einen wurden die Aussagen wieder relativiert [BGH WM 2011, 1553 (juris-Rn. 19)]. Zum anderen handelte es sich um Fälle, in denen der Zahlungsdienstleister des Zahlers auf den Zahlungsempfänger mithilfe der Nichtleistungskondiktion zugreifen wollte und somit von einer unterbliebenen Autorisierung profitiert hätte [vgl. C.II.3.b)]. Hier wollten die Richter offenbar einem Tatsachenvortrag vorbeugen, gegen den sich der jeweils beklagte Zahlungsempfänger nicht hätte wehren können. Dazu unterstellten sie wohl den real vorhandenen Willen des Zahlers zur Genehmigung – so entstand wieder die subjektive Differenz, die einen Rückgriff auf den objektiven Empfängerhorizont ermöglicht. 812 Vgl. Ellenberger in: Palandt § 133 Rn. 9; Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 19; BGH WM 2011, 743 (juris-Rn. 14). 813 Wendtland in: BeckOK-BGB § 133 Rn. 29; Busche in: MüKo-BGB § 133 Rn. 58; Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 74. Schweigen und Passivität ist hier nämlich nur eine Sonderform des konkludenten Verhaltens, BGH NJW-RR 1994, 1163 (1165; jurisRn. 38); BGHZ 152, 70 (juris-Rn. 14); Canaris in: Staub Anhang nach § 362 Rn. 3, 5; Kramer in: MüKo-BGB vor § 116 Rn. 24, Schramm in: MüKo-BGB § 182 Rn. 11; Singer in: Staudinger vor § 116 Rn. 60 und Larenz/Wolf – BGB AT § 24 Rn. 20. 814 C.II.1.l)aa)(3)(a) mit Nachweisen zu den Urteilen. 815 C.II.1.l)aa)(3)(b) mit Nachweisen zu den Urteilen. 816 Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken; Nr. 20 g) AGB-Sparkassen. 817 C.II.1.l)aa)(3)(c) mit Nachweisen zu den Urteilen. 818 C.II.1.l)aa)(3)(d) mit Nachweisen zu den Urteilen.
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dienstleister zu einer Genehmigung. Ihnen reicht der unwidersprochene Ablauf einer Prüfungsfrist aus, um eine Willenserklärung anzunehmen. Hier dient also jeweils das Schweigen des Zahlers als Anknüpfungspunkt. (bb) Bewertung dieser Anknüpfungspunkte (a) Abstrakte Grundvoraussetzung für die Annahme einer Genehmigungserklärung Damit der jeweilige Anknüpfungspunkt als Willenserklärung qualifiziert werden kann, muss dieser von dreierlei subjektiven Merkmalen getragen sein. Zunächst ist ein real vorhandener und natürlicher Wille zu der konkreten Verhaltensweise notwendig819. In den Fällen des positiven Handelns stellt diese Anforderung kein Problem dar. Beim Schweigen wird dem Zahler als Erklärendem im Regelfall kein positiver Wille zum Schweigen oder ein zielgerichtetes Handlungsbewusstsein unterstellt werden können. Auf dieser Prüfungsstufe ist aber nicht notwendig, dass der Erklärende den rechtsgeschäftlichen Sinn und Kontext seines Verhaltens erfasst; er muss hier lediglich einen allgemeinen Willen zur Passivität haben820. Dieser ist immer dann zu bejahen, wenn der Erklärende im Zeitpunkt des Fristablaufs gerade nicht Willen zum Widerspruch hat, der sich in einer entsprechend positiven Handlung manifestiert. Bleibt die positive Widerspruchshandlung aus, ist der Wille zur Passivität zu unterstellen. Neben dem Handlungswillen muss das Erklärungsbewusstsein – also der Wille, überhaupt rechtsgeschäftlich tätig zu sein – festgestellt werden können. Hier kommt es aber gerade nicht auf den real vorhandenen Willen an. Der Erklärende muss lediglich erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst wird.821 Da die vorzeitige konkludente Genehmigung nicht durch die bestehenden Vereinbarungen ausgeschlossen ist822, gibt es im Zahlungsverkehr keinen generellen Ausschluss des „potentiellen Erklärungsbewusstseins“ 823. Deshalb muss der erklärende Zahler sein objektiv erkennbares Verhalten gegen sich gelten lassen. Das Bestehen einer rechtsgeschäftlichen Erklärung wird also durch Auslegung anhand des objektiven Empfängerhorizonts bestimmt.824 819
Larenz/Wolf – BGB AT § 24 Rn. 3. Vgl. Canaris in: Staub Anhang nach § 362 Rn. 5; a. A. Flume AT Band II, § 5 Nr. 2e, Seite 67/68. 821 BGHZ 91, 324 (Leitsatz und juris-Rn. 22); dies gilt auch für konkludentes Verhalten, BGH NJW 1990 (454, juris-Rn. 17 f.). 822 C.II.1.l)aa)(3). 823 Bork – BGB AT Rn. 596. 824 Bork – BGB AT Rn. 596; Larenz/Wolf – BGB AT § 24 Rn. 8, § 28 Rn. 11, 13, 15 ff. Dasselbe gilt für die dritte subjektive Voraussetzung: den Geschäftswillen. Dieser präzisiert das Erklärungsbewusstsein hinsichtlich der konkret beabsichtigten Rechtsfol820
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(b) Einfluss von Motiven aus dem Valutaverhältnis auf den Empfängerhorizont Die Begründungen der Gerichte fallen meist relativ knapp aus – möglicherweise, weil eine solche Auslegung stets eine Einzelfallprüfung erforderlich macht und keine schematische Anwendung zulässt825. Warum die Gerichte aufgrund des vorliegenden Sachverhalts zur Überzeugung gekommen sind, wie ein objektiver Zahlungsdienstleister das Verhalten ausgelegt hätte, lässt sich letztlich auch nicht weiter begründen. Hinterfragt werden muss aber, ob alle Aspekte der Einzugsermächtigungslastschrift ausgewertet wurden, die auch aus der Sicht des objektiven Zahlungsdienstleisters Rückschlüsse auf den Willen des Zahlers zulassen und deshalb für die Auslegung zwingend heranzuziehen sind. Der BGH behandelt das Motiv für die Genehmigung nur sehr oberflächlich: Der Zahler will im Valutaverhältnis zum Zahlungsempfänger eine Verbindlichkeit erfüllen. Zwar berücksichtigt der BGH diese Absicht, indem er dem Zahler stets eine Prüfungsmöglichkeit zubilligt. Er verlangt aber vom Zahler mit Ablauf der Frist offenbar eine abschließende Beurteilung der materiellen Berechtigung des Zahlungsempfängers – entweder er widerspricht ausdrücklich oder ihm wird ein Genehmigungswille unterstellt. Dass der Zahler aber im entscheidenden Zeitpunkt weder positiv noch negativ weiß, ob der Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag endgültig erhalten soll, wird in keinem der Urteile in Erwägung gezogen.826 Wenn dem Zahler die Mangelfreiheit der Gegenleistung des Zahlungsempfängers noch nicht bekannt ist827, hat der Zahler zunächst eigentlich kein Interesse an einer endgültigen Entscheidung. Sind diese Erwägungen aus dem Valutaverhältnis aber im Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister überhaupt zu berücksichtigen? Formal gesehen tangiert ihn dieses fremde Rechtsverhältnis nicht. Auch in materieller Hinsicht wird er im Regelfall keinen Einblick in die jeweilige vertragliche Situation haben828. Im Ergebnis hat er kein Interesse daran, dass seine Ansprüche gegenüber dem Zahler vom fremden Valutaverhältnis abhängen. Das Deckungsverhältgen und wird im Konfliktfall ebenfalls nach dem objektiven Empfängerhorizont beurteilt (Larenz/Wolf – BGB AT § 24 Rn. 9 f., § 28 Rn. 12, 13, 15 ff.). Da hier mit der Genehmigung des Zahlungsvorgangs aber nur eine konkrete Rechtsfolge im Raum steht, ist eine Differenzierung zwischen Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille im Folgenden nicht notwendig. 825 C.II.1.l)aa)(3) a. E. 826 So auch Meckel jurisPR-BKR 2011, Heft 3 Anm. 2 „C“, der Einlösung einer Lastschrift und (die wohl endgültige) Belastung des Zahlungskontos als untrennbare Erscheinungen ansieht. 827 Beispielsweise bei länger andauernden Bauleistungen des Zahlungsempfängers, für die ein Vorschuss gewährt werden soll; ebenso beim Kauf von Waren, deren Mangelfreiheit sich erst während eines mittelfristigen Gebrauchs zeigen kann. 828 BGH NJW 1979, 2145 (juris-Rn. 10); BGH NJW 1985, 2326 (juris-Rn. 11); Hadding FS Bärmann 1975, 375 (386).
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nis kann aber schon wegen der Grundannahmen der Genehmigungstheorie829 nicht vollkommen losgelöst vom Valutaverhältnis beurteilt werden: Das Ausstellen einer Einzugsermächtigung stellt auch deshalb noch keine Autorisierung dar, weil der Zahler in diesem Moment offenkundig noch nicht auf etwaige Leistungsverweigerungs-, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte im Verhältnis zum Zahlungsempfänger verzichten möchte. Vielmehr möchte er – wie bei einer Überweisung – den konkreten Betrag sowie den Zeitpunkt der Transaktion selbst bestimmen können, wenn er von einer Berechtigung des Zahlungsempfängers ausgeht. Von eine konkludenten Genehmigung kann daher nur ausgegangen werden, wenn auf diesen Bestimmungswillen des Zahlers geschlossen werden kann. Grundsätzlich spielt daher die Rechtslage im Valutaverhältnis eine gewisse Rolle bei der Erörterung der Genehmigung – die unerwünschte Vermengung kann der Zahlungsdienstleister nicht vermeiden. Damit ist aber noch keine Aussage über die berücksichtigungsfähige Tiefe des Valutaverhältnisses getroffen. Muss der Zahlungsdienstleister grundsätzlich in Erwägung ziehen, dass beim Zahler der Zustand der Ungewissheit über seine etwaigen Gegenrechte noch andauert? Im Normalfall des konkludenten Handelns ist eine solche Ungewissheit des Zahlers weder für den Zahlungsdienstleister noch für andere erkennbar. Daher ist sie bei der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht zu berücksichtigen830, es sei denn der Zahler weist explizit darauf hin. Im Gegenteil darf der Zahlungsdienstleister dem Zahler im Zweifel eine redliche Handlungs- und Denkweise unterstellen, so dass sich sein Handeln in die gegenseitige Interessenlage und Zweckbestimmung des Einzugsermächtigungsverfahrens einfügt831. Dessen primärer Sinn ist in erster Linie die Vereinfachung des massenhaften Zahlungsverkehrs832. Eine Absicht des Zahlers, das Lastschriftverfahren als Sicherungs- oder Druckmittel für das Valutaverhältnis zu verwenden, wird grundsätzlich nicht mehr vom Zahlungszweck abgedeckt. Bei Leistungsstörungen im Valutaverhältnis ist es für den Zahler sicherlich nützlich, dem Zahlungsempfänger jederzeit mit dem Widerruf der Lastschrift drohen zu können. Auch wird er im Einzelfall oftmals gerade deshalb diese Zahlungsart gewählt haben. Dadurch wälzt er aber sein eigenes Risiko aus dem Valutaverhältnis und der Insolvenz des Zahlungsempfängers auf die Zahlungsdienstleister ab und bringt diese dadurch in eine dem Bürgen ähnliche Position. Dies überspannt den Rahmen der Einzugsermächtigungslastschrift833; der Zahler würde mit einer solchen Absicht das Lastschriftverfahren interessenwidrig zweckentfremden. Schließlich ist ein funktionsfähiges Zahlungsverfahren auch in seinem 829
Vgl. hierzu C.II.1.l)aa)(1)(a). Vgl. Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 6. 831 Zu dieser Auslegungsmethode vgl. Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 43, 45. 832 BGH NJW 1979, 1652 (juris-Rn. 19). 833 Vgl. auch BGH WM 2009, 1073 (juris-Rn. 11); BGH NJW 1979, 1652 (jurisRn. 19). 830
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Interesse. Steigen die Schadensfälle der Zahlungsdienstleister an, verteuert sich das Einzugsermächtigungsverfahren oder es wird gänzlich abgeschafft. Ist sein Handeln auslegungsbedürftig und liegen keine gegenteiligen Anhaltspunkte vor, darf sich ein Zahlungsdienstleister darauf verlassen, dass sich der Zahler innerhalb des Verfahrensrahmens bewegt und eine solche Sicherungsabsicht gerade nicht hat834. Diesen Schein kann der Zahler aber mit einem gleichzeitigen Hinweis auf seine Unsicherheit zerstören. Im Ergebnis ist dem BGH daher zuzustimmen, wenn er – mangels weiterer Anhaltspunkte – einen für den objektiven Empfänger erkennbaren Willen des Zahlers zur Unentschlossenheit über die Genehmigung nicht in Betracht zieht. (x) Konkrete Fallgestaltungen des BGH Bleibt der Sicherungsgedanke des Zahlers für den objektiven Empfängerhorizont unberücksichtigt, sind die Ergebnisse des BGH für die Fälle des aktiven Tuns gegenüber dem Zahlungsdienstleister835 nachvollziehbar. Im Falle der Erhöhung des Verfügungsrahmens ist der Argumentation nichts hinzuzufügen. Bei der Überweisung zur Sicherung der streitigen Lastschrift bedarf der Zahler nicht mehr des Schutzes wie bei anderen Lastschriftbuchungen: Er kennt Zeitpunkt und Zahlungsbetrag der Abbuchung, er geht von der Berechtigung im Valutaverhältnis aus und ermöglicht erst durch einen eigenen Impuls den Zahlungsvorgang. Hätte er die Grundforderung mit einer Überweisung begleichen wollen836, hätte er dies genau in diesem Moment getan und somit den Zahlungsvorgang unumkehrbar angestoßen837. Die auf die Belastungsbuchung eingeräumte Prüfungsfrist soll dem Zahler den Abgleich der tatsächlichen Abbuchung mit der intendierten Zahlung ermöglichen, die er im Zeitpunkt der Sicherungsüberweisung im Blick hatte. Weil er aber die materielle Berechtigung im Wesent834 Diese Frage darf nicht vermengt werden mit derjenigen nach der Reichweite der Widerspruchsbefugnis. Gegenüber seinem eigenen Zahlungsdienstleister ist der Zahler vollkommen frei und kann auch wider besserem Wissen berechtigen Lastschriften wirksam widersprechen [BGH NJW 1979, 2145 (juris-Rn. 10); BGH NJW 1985, 2326 (juris-Rn. 11)]. In bestimmten Situationen – wie z. B. bei der sog. „Lastschriftenreiterei“ – kann sich der Zahler aber gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig machen [BGH WM 2009, 1073 (jurisRn. 9 ff.); Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 56 Rn. 41 m.w. N.]. Die Sittenwidrigkeit gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hat jedoch keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Widerspruchs im Deckungsverhältnis [BGH WM 1985, 905 (juris-Rn. 12), BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 53)]. 835 C.II.1.l)aa)(3)(a) und C.II.1.l)aa)(3)(b) jeweils mit Nachweisen zu den Urteilen. 836 Vgl. zu dieser Testfrage BGH NJW 1979, 1652 (juris-Rn. 14 f.); Hadding FS Bärmann 1975, 375 (388 f.); Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 92. 837 Vgl. zu den Widerrufsmöglichkeiten C.I.3.b)bb).
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lichen schon überprüft hat, ist eine drastische Verkürzung – gegenüber der regulären Widerspruchsfrist – nur interessengerecht. Dass in beiden Fällen der verfolgte Hauptzweck der anzuknüpfenden Handlung nicht die Genehmigung war, ist für konkludente Willenserklärungen zum einen typisch838 und zum anderen unschädlich, solange aus der Sicht des objektiven Empfängers die Genehmigung zumindest als Nebenzweck gewollt war. Knüpfen die Gerichte den Geschäftswillen ausschließlich an ein Schweigen bzw. an den Ablauf einer eigens aufgestellten Widerspruchsfrist, ist das prinzipiell vertretbar. Die Regelung in den jeweiligen Sonderbedingungen für die Einzugsermächtigungslastschrift839 geben nämlich keinen Anlass, ein Schweigen als konkludente Genehmigungshandlung von vornherein auszuschließen, auch wenn die reguläre Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist: Danach gilt ein Zahlungsvorgang als genehmigt, wenn ihm nicht „rechtzeitig“ widersprochen wurde. Mit „rechtzeitig“ kann hier nur der zuvor bestimmte Zeitrahmen gemeint sein: „spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses“. Der Begriff „spätestens“ bewirkt ausschließlich eine Maximalfrist, nach deren Ablauf der Zahler keinesfalls mehr behaupten kann, er habe keinen Geschäftswillen kundgegeben. Wegen der Wörter „rechtzeitig“ und „spätestens“ kann sich kein Vertrauen des Zahlers herausbilden, dass er in jedem Falle diese lange Frist verstreichen lassen darf. Vielmehr ist diese Zeitspanne im Kontext mit den allgemeinen AGB zu sehen, die ihm einen unverzüglichen Widerspruch vorschreiben840. Dass aus seinem Verhalten auch vor Ablauf der regulären Frist Rechtsfolgen abgeleitet werden können841, gilt also auch für das reine Schweigen als potentielle Genehmigungshandlung842. In der konkreten Erforschung des Geschäftswillens ist die Argumentation des BGH ebenfalls nicht von der Hand zu weisen: Nach den allgemeinen AGB der Zahlungsdienstleister ist der Zahler zur unverzüglichen Reklamation ungewollter Abbuchungen verpflichtet843, was eine unverzügliche Prüfungsobliegenheit in sich trägt844. Unterlässt er aber einen Widerspruch, besteht zunächst der Anschein des Einverständnisses mit dem Zahlungsvorgang – weil ja eine etwaige Sicherungsabsicht unberücksichtigt bleibt845. 838
Vgl. Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 26. Konkret: 2.4 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite); so auch die Sonderbedingungen der Volksbanken. 840 Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken; Nr. 20 g) AGB-Sparkassen. 841 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 43). 842 Kritisch hierzu Freitag NZI 2011, 290, der allerdings verkennt, dass Obliegenheitsverletzungen in Kombination mit weiteren Voraussetzungen aus objektiver Sicht durchaus einen Erklärungswert aufweisen können. 843 Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken; Nr. 20 g) AGB-Sparkassen. 844 Ausdrücklich aber nur in Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken. 845 C.II.1.l)aa)(3)(f)(bb)(b). 839
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Ab wann hat sich dieser Anschein aber insoweit verdichtet, dass der verständige Zahlungsdienstleister von einer Genehmigung im Sinne einer Willenserklärung ausgehen kann? Erst dann, wenn für ihn der Eindruck entsteht, der Zahler habe die Belastungsbuchung zur Kenntnis genommen, auf ihre Berechtigung im Valutaverhältnis geprüft und gerade wegen des positiven Prüfergebnisses keinen Widerspruch erhoben. Im Fall des OLG Koblenz bezüglich Prämien für die Haftpflichtversicherung können die genannten Voraussetzungen aber nicht mit der besonderen Eigenart der Zahlungen846 begründet werden: Vereinbart der Zahler (Versicherungsnehmer) mit dem Zahlungsempfänger (Versicherer) die Bezahlung der Prämien mittels des Einzugsermächtigungsverfahrens, hat der Zahler im Valutaverhältnis „das seinerseits Erforderliche getan, wenn die Prämie bei Fälligkeit von seinem Konto abgebucht werden kann.“ 847 Für den Bestand des Versicherungsschutzes ist demnach nicht erforderlich, dass der Zahler den Zahlungsvorgang möglichst schnell genehmigt. Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass der Zahler solche Zahlungsvorgänge schneller überprüft als andere. Genauso wenig stellt der vom OLG München abgehandelte Zahlungsvorgang eine Besonderheit dar: Der Zahler müsse Zahlungsvorgänge, die auf einer eigener Anmeldung beruhen wie z. B. Steuerzahlungen oder Beiträge zur Sozialversicherung, besonders schnell überprüfen848. Dies gilt aber letztlich auch für jeden anderen Zahlungsvorgang: Mit der Eingehung des Valutaverhältnisses inklusive der Erteilung der Einzugsermächtigung ist dem Zahler im Grunde bewusst, dass demnächst eine Abbuchung erfolgen wird – auch hier erfolgt die Belastung aufgrund einer eigenen Anmeldung. Warum das OLG München dem Zahler in diesen Fällen nur eine kurze Prüfungsfrist einräumt, ist nicht ersichtlich. Der Zahlungsdienstleister ist nicht schutzwürdiger, weil der Zahlungsempfänger eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnimmt. Lediglich die – generalisierend wirkende – BGH-Rechtsprechung der regelmäßig wiederkehrenden Abbuchungen849 verdient grundsätzliche Zustimmung. Gibt es eine zeitlich und betragsmäßig gleichförmige Belastungsserie, bei der frühere Lastschriften bereits gebilligt wurden, wird der Zahler eine erneute und sich einfügende Belastung relativ einfach und schnell überprüfen können850. Im Gegensatz zu punktuellen Abbuchungen muss er nicht jedes Mal erneut den Zahlungs-
846
So aber OLG Koblenz NZI 2011, 21 (juris-Rn. 44). BGHZ 69, 361 (juris-Rn. 18); Meixner/Steinbeck § 6 Rn. 18. 848 OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 55); bestätigt durch Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI 39/11 (juris-Rn. 47). 849 C.II.1.l)aa)(3)(d). 850 In diese Kategorie können natürlich auch die Zahlungsvorgänge des OLG Koblenz und OLG München fallen. 847
II. Autorisierungsphase
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empfänger individualisieren und den materiellen Grund des Zahlungsvorgangs ermitteln, sondern kann an seine einmal erfolgte Prüfung anknüpfen. Die damalige erste Prüfung wird dem außenstehenden Zahlungsdienstleister durch die früheren Autorisierungen erkennbar und ist daher im Rahmen der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizonts zu berücksichtigen. Beim subjektiven Erfordernis greift der BGH aber zu weit, wenn er Kenntnis des Zahlers vom streitigen Zahlungsvorgang voraussetzt851. Stellt man auf den objektiven Empfängerhorizont ab, spielt dieses subjektive Merkmal keine Rolle, sofern der Zahler einen entsprechenden Anschein über seine Kenntnis veranlasst – es genügt also, wenn sein Zahlungsdienstleister von der Kenntnis ausgehen darf. Dies ist schon dann der Fall, wenn dem Zahler eine zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme geschaffen wird und dieser den Zahlungsverkehr unverzüglich überprüfen muss852. Würde man tatsächlich positive Kenntnis verlangen, würden dem Zahlungsdienstleister auch erhebliche Beweisprobleme entstehen; der Zahler könnte zudem durch schlichte Ignoranz die herausgearbeitete Rechtsfigur sehr einfach unterlaufen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, stellt sich nur noch die Frage, wie lange der Zahler für die Überprüfung benötigt bzw. ab wann der Zahlungsdienstleister von einer erfolgten Überprüfung ausgehen darf. Fristbeginn ist hier immer der Zeitpunkt, ab dem eine zumutbare Überprüfungsmöglichkeit besteht. Dies wird in der Regel der Zugang des Rechnungsabschlusses sein. Aufgrund einer besonderen Vereinbarung – die auch konkludent erfolgen kann – kann dieses Ereignis auch schon durch eine Information im Online-Banking eintreten853. Ob dem Zahler zur Prüfung drei Bankarbeitstage ausreichen854, kann eigentlich nicht abstrakt-generell bestimmt werden855. Entscheidend werden Einzelfallkomponenten wie Kapazität des Zahlers aufgrund seiner Größe, durchschnittliche Masse der Zahlungsvorgänge auf seinem Konto und prozentualer Anteil der laufend wiederkehrenden Zahlungen sowie regelmäßig anfallende Belastungsspitzen aufgrund von Abbuchungen, die z. B. nur vierteljährlich oder jährlich erfolgen. Die Maximalfrist wird wohl 14 Tage betragen856. Letztlich gilt es abzuwarten, welche konkretisierenden Richtwerte der BGH sowohl für den Unternehmer als auch für den Verbraucher aufstellen wird – jede Voraussage ist pure Spekulation.
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So auch Freitag NZI 2011, 290 (290 f.). So auch OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 51). 853 Ähnlich OLG München WM 2011, 1268 (juris-Rn. 45), das von einer laufenden Kenntnisnahme bei der Verwendung des Online-Bankings im geschäftlichen Verkehr ausgeht. 854 Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI 39/11 (juris-Rn. 44); OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 50); für eine längere Frist Freitag NZI 2011, 290 (290 f.). 855 Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI 39/11 (juris-Rn. 43). 856 Urteil des BGH vom 03.04.2012, Az. XI 39/11 (juris-Rn. 48). 852
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(4) Tatsächliche Identität zwischen Zahler und Zahlungsempfänger Möchte ein Zahlungsdienstnutzer einen Geldbetrag zwischen zwei eigenen Zahlungskonten verschieben, kann er hierzu prinzipiell auch auf das Einzugsermächtigungsverfahren zurückgreifen857. Bei einem solchen Zahlungsvorgang erscheint es unbillig, würde man ihn – wie gewöhnlich – als noch nicht autorisiert betrachten. Schließlich laufen hier die maßgeblichen Gründe für die Genehmigungstheorie ins Leere858: Der Zahlungsdienstnutzer benötigt überhaupt keine Zeit, um die materielle Berechtigung des Zahlungsvorgangs im Valutaverhältnis zu überprüfen859 und hätte deshalb in diesem Moment ebenso gut vom Überweisungsverfahren Gebrauch machen können.860 Allerdings sollte man auch hier die dogmatische Konstruktion eines Zahlungsvorgangs und das sich daraus ergebende Vierpersonenverhältnis861 nicht außer Betracht lassen: Der Zahlungsvorgang ist nur dann autorisiert, wenn dem zahlenden Zahlungsdienstleister eine wirksame Autorisierungserklärung vorliegt. Reicht der Zahlungsdienstnutzer die Lastschrift beim empfangenden Zahlungsdienstleister ein, nimmt er aber nicht nur die Rolle des Zahlungsempfängers, sondern auch die des Zahlers ein. In dieser Rolle zeigt er sich denknotwendigerweise einverstanden mit dem Zahlungsvorgang. Ein Sich-Berufen auf die formale Trennung der Rollen ist als widersprüchliches und damit unbeachtliches Verhalten zu bewerten862. Der Zahlungsdienstnutzer gibt demnach zeitgleich eine konkludente Autorisierungserklärung ab863, die der empfangende Zahlungsdienstleister dem zahlenden Zahlungsdienstleister mit den notwendigen Lastschriftinformationen weiterleitet. Zu deren Wirksamkeit muss die Autorisierungserklärung dem zahlenden Zahlungsdienstleister noch in einer Weise zugehen, dass dieser unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts die Handlung auch als eine solche erkennt864. Eindeutig liegt der Fall, wenn der empfangende Zahlungsdienstleister dem zahlenden Zahlungsdienstleister den Namen des Zahlungsdienstnutzers mitteilt. Dann kann der zahlende Zahlungsdienstleister die Identität zwischen Zahler
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BGH WM 2011, 1471 (juris-Rn. 17). Vgl. C.II.1.l)aa)(1)(a) und C.II.1.l)aa)(3)(e). 859 So auch OLG Hamburg ZIP 2011, 1406 (juris-Rn. 5). 860 Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 84 sieht bei einem Widerspruch eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB. 861 Vgl. B.III.3. 862 Vgl. Huber in: Staudinger/Eckpfeiler D 68; Kramer in: MüKo-BGB vor § 116 Rn. 40 in dessen Fußnote 7. 863 So auch OLG Hamburg ZIP 2011, 1406 (juris-Rn. 7). 864 Da hier ein subjektiver Rechtsfolgenwille des Zahlungsdienstnutzers vorliegt, kommt es auf das tatsächliche Empfangsverständnis des zahlenden Zahlungsdienstleisters gerade nicht an; vgl. OLG Hamburg ZIP 2011, 1406 (juris-Rn. 7). 858
II. Autorisierungsphase
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und Zahlungsempfänger und somit die konkludente Autorisierungserklärung erkennen865. Schwieriger stellt sich die Situation aber unter Geltung des neuen § 675r Abs. 1 BGB dar, wonach der Zahlungsvorgang alleine anhand einer Kundenkennung erfolgen darf 866. Die Zahlungsdienstleister verzichten deshalb inzwischen auch auf die Angabe der Namen beider Zahlungsdienstnutzer867. Erhält der zahlende Zahlungsdienstleister lediglich diese – vom empfangenden Zahlungsdienstleister vergebene – Kundenkennung, besteht für ihn keine objektive Möglichkeit zur Identifizierung des Zahlungsempfängers868. Er kennt die Personenidentität nicht und kann sie auch nicht erkennen. Somit kann er hinter der Weisung des empfangenden Zahlungsdienstleisters auch keine Autorisierungserklärung sehen. Durch die alleinige Weitergabe der Kundenkennung ist diese verloren- und gerade nicht zugegangen. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der empfangende Zahlungsdienstleister nicht nur Bote ist, sondern zum Empfangsvertreter des zahlenden Zahlungsdienstleister ermächtigt wurde. Im Grundsatz handelt es sich also um einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang. Ob man hier § 151 BGB analog anwenden kann, damit der Zugang der Autorisierungserklärung entbehrlich ist,869 kann offen bleiben. Schlussendlich hält der zahlende Zahlungsdienstleister in jedem Falle einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer in seinen Händen: Nimmt man einen autorisierten Zahlungsvorgang an, steht dem zahlenden Zahlungsdienstleister der Aufwendungsersatz nach § 670 BGB zu870. Im anderen Fall kann er aber auf den Kondiktionsanspruch zurückgreifen, den er gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer in seiner Rolle als Zahlungsempfänger hat871. Dieser Anspruch wurzelt zwar nicht im Giroverhältnis und ist daher nicht kontokorrentfähig872. Der zahlende Zahlungsdienstleister kann seinen Kondiktionsanspruch aber zumindest gegen den Anspruch des Zahlungsdienstnutzers aufrechnen, der sich aus der periodenmäßigen Feststellung des Kontokorrents ergibt873. So ergeben sich zwar rechtstechni865
So auch BGH WM 2011, 1471 (juris-Rn. 16). Vgl. allgemein zu § 675r BGB C.III.1.a). 867 2.2 der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite). 868 Dies ist natürlich anders bei einem institutseigenen Zahlungsvorgang zu beurteilen: Hier verfügt der zahlende Zahlungsdienstleister selbst über die notwendigen Informationen über die Identität des Zahlungsempfängers. 869 Zu dieser generellen Wirkung des § 151 BGB bei der Wirksamkeit von Vertragsannahmeerklärungen vgl. Eckert in: BeckOK-BGB § 151 Rn. 3. 870 C.II.1. 871 Vgl. dazu C.II.3.b). Der Zahler kann sich aufgrund seiner Kenntnis vom rechtlichen Mangel nicht auf eine eventuelle Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen; generell zum Ausschluss dieser Einwendung Wendehorst in: BeckOK-BGB § 818 Rn. 83. 872 Vgl. Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. A 207. 873 Zu diesem Anspruch vgl. Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 47 Rn. 91 ff. 866
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
sche Unterschiede zwischen den Lösungen, das wirtschaftliche Ergebnis ist aber nahezu identisch. (5) Beweislast Die Beweislast für die Voraussetzungen der konkludenten Genehmigung bemisst sich nach den allgemeinen Ausführungen zur Beweislast874: der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist beweispflichtig875. Ebenso ist zu entscheiden, möchte der Zahler dem Vortrag seines Zahlungsdienstleisters mit dem Einwand begegnen, er habe zuvor bereits widersprochen876. Dies ist mit der Rechtsnatur des Widerspruchs zu begründen: Der Widerspruch selbst ist keine Willenserklärung, der Zahler möchte überhaupt keine Rechtsfolgen damit herbeiführen. Das einzige Ziel des Widerspruchs ist die Berichtigung seines Kontostandes – eine Änderung der Rechtslage ist damit aber nicht verbunden, so dass der Widerspruch rein deklaratorisch wirkt.877 Seine unmittelbare Wirkung erschöpft sich daher im rein tatsächlichen Bereich878. Ab sofort darf der Zahlungsdienstleister des Zahlers aus einem konkludenten Handeln – inklusive des Schweigens – nicht mehr auf das Erklärungsbewusstsein und den Geschäftswillen für die Genehmigung schließen. Es handelt sich deshalb um eine Negativvoraussetzung zur Begründung der Genehmigung mithilfe der Auslegung – der erfolgte Widerspruch ist gerade keine Einwendung.879 Damit der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Negativbeweis führen kann, trägt der Zahler die se874
C.II.1.i). So auch OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 27, 56); zur Beweislast, wenn er gegen den Zahlungsempfänger im Wege einer Nichtleistungskondiktion vorgehen möchte und daher von einer unterbliebenen Autorisierung profitiert vgl. C.II.3.b). 876 Hat der Zahler dem Zahlungsempfänger eine Einzugsermächtigung erteilt, hat er nach Nr. 2.4 der Sonderbedingungen zur Einzugsermächtigungslastschrift im Regelfall schriftlich zu widersprechen. Kommt diese Formvereinbarung mangels Einzugsermächtigung nicht zur Anwendung, kann der Widerspruch auch konkludent erfolgen; undifferenziert OLG München WM 2011, 566 (juris-Rn. 23), da das Gericht noch von den alten AGB ausging, die keinen Formzwang kannten. 877 Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 57, 62; Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 47, die den Widerspruch als reinen „Hinweis“ bezeichnen. 878 Eine mittelbare Wirkung des Widerspruchs ist jedoch der Untergang der Genehmigungsmöglichkeit. Der Widerspruch ist aus Verkehrsschutzgründen unwiderruflich, so dass eine spätere konkludente Genehmigung in jedem Fall ausscheidet; vgl. BGH NJW 1989, 1672 (1673; juris-Rn. 17); Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 62. 879 Diese Auffassung wird gestützt durch den Wortlaut der Nr. 2.4 der Sonderbedingungen zur Einzugsermächtigungslastschrift: „Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung.“ Hätte man dem Zahler die Beweislast für den Widerspruch auferlegen wollen, hätte man eine Formulierung wie: „Mit Ablauf dieser Frist gilt die Belastung als genehmigt, es sei denn der Zahler hat rechtzeitig widersprochen.“ 875
II. Autorisierungsphase
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kundäre Darlegungslast. Er hat deshalb substantiiert darzulegen, wann er auf welchem Weg widersprochen hat. (6) Einzugsermächtigungsverfahren in der Insolvenz des Zahlers Der Zahler kann während der relativ langen Schwebephase der noch ausstehenden Genehmigung aber auch insolvent werden. Aufgrund der sich daraus eventuell ergebenden Verfügungsbeschränkungen880, kann der Zahler die Genehmigung nicht mehr selbst bzw. nicht mehr ohne Zustimmung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters erklären. Dieser muss sich aber auch den Ablauf der ursprünglich vereinbarten Widerspruchsfrist – die durch das Insolvenzverfahren nicht neu beginnt – gegen sich gelten lassen. Der Fristablauf bedeutet dann die rückwirkende Genehmigung bzw. Zustimmung, mit welcher der Zahlungsvorgang insolvenzfest wird.881 Diese Rechtsfolge kann der (vorläufige) Insolvenzverwalter nur durch einen fristgerechten Widerspruch gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlers vermeiden882. Allerdings ist nach der neueren BGH-Rechtsprechung der (vorläufige) Insolvenzverwalter in der Ausübung dieser Widerspruchsbefugnis einer Einschränkung unterworfen: Stammt der Belastungsbetrag aus dem pfändungsfreien Schonvermögen des Zahlers, fehlt dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter auch die Rechtsmacht zum wirksamen Widerspruch883 – ein Zuwiderhandeln kann im Einzelfall eine Haftung des Insolvenzverwalters nach § 826 BGB gegenüber den anderen Beteiligten nach sich ziehen884. Kein Widerspruchshindernis stellt die materielle Berechtigung der Zahlung im Valutaverhältnis dar885. Selbst bei einem pauschalen Widerspruch drohen dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter in diesen Fällen – im Gegensatz zum Zahler886 – keine Schadenersatzansprüche nach § 826 BGB887. 880
Vgl. C.II.1.d)bb). Vgl. zu diesen Insolvenzrechtlichen Folgen BGH WM 2010, 2023 (juris-Rn. 19); Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis Rn. 3.675–3.679; Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 59 Rn. 2. Davon zu trennen ist die Frage, ob der Insolvenzverwalter die Zahlung gegenüber dem Zahlungsempfänger später insolvenzrechtlich anfechten kann (vgl. dazu Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis Rn. 3.680). 882 Vgl. dazu BGH WM 2011, 2041 (juris-Rn. 9); BGH WM 2011, 2259 (jurisRn. 13); BGH WM 2011, 2316 (juris-Rn. 9); BGH WM 2011, 2358 (juris-Rn. 12); Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis Rn. 3.683 ff.). 883 BGH WM 2010, 1543 (Leitsatz 1); zum Ausübungsrecht bezüglich des Erstattungsanspruchs gemäß § 675x Abs. 2 BGB vgl. C.IV.7. 884 BGH WM 2010, 1543 (juris-Rn. 27). 885 Zur grundsätzlichen Trennung der Rechtsverhältnisse vgl. B.III.4. 886 Zu der Haftung des Zahlers vgl. Fußnote 834. 887 Vgl. BGH WM 2010, 1543 (juris-Rn. 8; 9. Senat). In Abkehr seiner alten Rechtsprechung [BGHZ 177, 69 (juris-Rn. 19)] teilt nun auch der 11. Senat diese Auffassung 881
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Kommt es zu insolvenzrechtlichen Einschränkungen der Verfügungsmacht des Zahlers, müssen die Grundsätze über die vorzeitige konkludente Genehmigung888 – anders noch als bei der Genehmigungsfiktion nach Fristablauf – neu bewertet werden. In jedem Falle braucht es hierzu einen Vertrauenstatbestand, der auch auf das positive Einverständnis des (vorläufigen) Insolvenzverwalters hindeutet. Die maßgeblichen Handlungen – beispielsweise transaktionssichernde Überweisungen – müssen also (auch) von ihm durchgeführt bzw. mit derselben Zielrichtung gebilligt werden. Wird der (vorläufige) Insolvenzverwalter während einer Prüffrist eingesetzt, deren Ablauf ohne weiteres aktives Handeln zur konkludenten Genehmigung führt889, ist diese Frist zumindest zu verlängern. Schließlich muss ihm auch eine reelle Möglichkeit zugestanden werden, über einen Widerspruch in jedem konkreten Fall zu entscheiden. Richtigerweise ist diese Fallgruppe aber überhaupt nicht anwendbar, da sie maßgeblich auf dem höchstpersönlichen Wissens- und Erfahrungsschatz des Zahlers basiert. Der (vorläufige) Insolvenzverwalter hat naturgemäß nicht den schnellen Blick auf die Berechtigung von Buchungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen. (7) Ausblick: Einzugsermächtigungsverfahren in der Zukunft Obwohl sich das Einzugsermächtigungsverfahren in Deutschland durchgesetzt und sich über viele Jahre bewährt hat, soll es künftig dem SEPA-Basis-Lastschriftverfahren890 angeglichen werden891. Hierfür änderte die Bankenwirtschaft mit Wirkung zum 09.07.2012 ihre AGB für das Einzugsermächtigungsverfahren. Zudem erhalten bereits erteilte Einzugsermächtigungen ab 2014 aufgrund einer EU-Verordnung einen anderen Erklärungswert. (a) Änderung der AGB Die deutsche Bankenwirtschaft versucht durch eine Änderung ihrer AGB, das Einzugsermächtigungsverfahren abzuändern. Danach werden künftig erteilte Einzugsermächtigungen nicht mehr als bloße Erklärung gegenüber dem Zahlungsempfänger interpretiert. Vielmehr stellt eine Einzugsermächtigung nach den neuen AGB einen Zahlungsauftrag inklusive Autorisierung dar892 und wird in Zukunft als SEPA-Lastschriftmandant gewer[vgl. WM 2010, 1546 (juris-Rn. 13)]; vgl. auch Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis Rn. 3.696 ff. mit Bedenken gegen diese Lösung. 888 Vgl. dazu C.II.1.l)aa)(3). 889 Vgl. C.II.1.l)aa)(3)(d). 890 Vgl. zur Autorisierung bei den SEPA-Lastschriften C.II.1.l)cc). 891 Vgl. hierzu auch den Überblick bei Omlor NJW 2012, 2150 (2155). 892 2.2.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift 2012 (Zahlerseite).
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tet893. Anstelle der bisherigen Möglichkeit des Zahlers, die Autorisierung des Zahlungsvorgangs durch einen Widerspruch zu verweigern, tritt ein achtwöchiges Erstattungsrecht894, das gemäß § 675x Abs. 2 BGB vereinbart wird895. Ein solcher Erstattungsanspruch kann zwar grundsätzlich durch eine vorzeitige Genehmigungserklärung erlöschen896. Teilweise enthalten die AGB jedoch die Klausel, dass dies nur eine ausdrückliche Genehmigungserklärung bewirken könne. Die AGB-Änderung betrifft aber auch bereits erteilte Einzugsermächtigungen: Denn die Neuinterpretation gilt „auch für vom Kunden vor dem Inkrafttreten dieser Bedingungen erteilte Einzugsermächtigungen“ 897. Somit stimmt der Zahler mit seiner Zustimmung zu den neuen AGB auch einer Umdeutung bereits erteilter Einzugsermächtigungen zu. Diese Modifizierung steht auch im Einklang mit dem AGB-Recht nach §§ 305 ff. BGB: Zum einen stellt die Bankwirtschaft durch eine Änderung der AGB gegenüber dem Zahlungsempfänger sicher, dass dieser den Zahler vor Durchführung eines nunmehr autorisierten Zahlungsvorgangs rechtzeitig informiert. Nur dann kann er eine Einzugsermächtigung als SEPA-Lastschriftmandat verwenden898. Zum anderen sind die Veränderungen für den Zahler kaum spürbar, da ihm nach § 675x Abs. 2 BGB ein bedingungsloses Erstattungsrecht eingeräumt wird. Auch seither musste er aufgrund der drohenden Genehmigungsfiktion aktiv gegen die Belastungsbuchung vorgehen. Es ändert sich lediglich die Frist für seinen Widerspruch. Konnte diese seither bis zu 4 1/2 Monate betragen, ist diese nun stets auf acht Wochen limitiert. Acht Wochen sind aber trotzdem noch ein sehr langer Zeitraum, so dass sich daraus keine unangemessene Benachteiligung des Zahlers nach § 307 BGB ergibt899. Zudem wäre auch im alten Einzugsermächtigungsverfahren aufgrund der Rechtsprechung zur vorzeitigen konkludenten Genehmigung900 ein Widerspruch nach Ablauf von acht Wochen ohnehin häufig unwirksam.
893 2.2.2 der Sonderbedingungen-Banken für die SEPA-Basis-Lastschrift 2012 (Zahlerseite). 894 2.5 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift 2012 (Zahlerseite). 895 Vgl. zu § 675x Abs. 2 BGB: C.IV.2.b). 896 Vgl. zum Ausschluss des Anspruchs durch vorzeitige Genehmigung C.IV.4. 897 2.2.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift 2012 (Zahlerseite). 898 4.4.2 (3) der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug 2012 (Zahlungsempfängerseite). Festzuhalten bleibt, dass die Umdeutung auf Zahlerseite vollkommen unabhängig von dieser Informationsobliegenheit installiert wurde. 899 So auch Omlor NJW 2012, 2150 (2155). 900 Vgl. C.II.1.l)aa)(3).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(b) Genehmigungsfiktion durch Europarecht Mit der EU-Verordnung Nr. 260/2012 vom 14. März 2012 wird die von der Bankenwirtschaft vorgenommene Änderung verfestigt. Nach Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung gilt eine vor dem 01.02.2014 erteilte Einzugsermächtigung „als Zustimmung des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister, [. . .].“ Zwar wird diese Fiktion zur Disposition der nationalen Gesetzgeber und der Beteiligten gesetzt. Aufgrund der geschilderten AGB-Änderungen ist eine Abweichung aber höchst unwahrscheinlich. (c) Fazit zum Einzugsermächtigungsverfahren Das ursprüngliche Einzugsermächtigungsverfahren ist demnach mit Wirkung für die Zukunft abgeschafft. Trotzdem behalten die aufgeführten Streitfragen in der Übergangsphase ihre Bedeutung für die Rechtspraxis. bb) Abbuchungsauftragsverfahren Beim Abbuchungsauftragsverfahren sprechen die Sonderbedingungen eine klare Sprache: Mit dem Abbuchungsauftrag weist der Zahler seinen Zahlungsdienstleister unmittelbar an, die Zahlungsvorgänge zugunsten eines darin konkret benannten Zahlungsempfängers durchzuführen901. Der Abbuchungsauftrag ist demnach als generelle Weisung – also unabhängig vom konkreten Belastungszeitpunkt und Zahlungsbetrag – zu verstehen902. Es handelt sich daher um einen Zahlungsauftrag903, der nach den allgemeinen Grundsätzen904 eine Autorisierungserklärung in sich trägt905. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH 906 wirkt der Abbuchungsauftrag aber nur dann autorisierend, wenn der Zahlungsempfänger bei der Auslösung auch das 901 Vgl. 2.1.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite). 902 Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675f Rn. 10; Werner in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 4. Kapitel Rn. 60; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 74; Omlor in: Staudinger [2012] Vor § 675c Rn. 119. 903 Ebenso Sprau in: Palandt § 675f Rn. 38; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675f Rn. 10; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 18; Werner in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 4. Kapitel Rn. 60; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 74; Omlor in: Staudinger [2012] Vor § 675c Rn. 119. 904 Vgl. C.II.1.b). 905 So ausdrücklich 2.2.1 der Sonderbedingungen-Banken für die Abbuchungsauftragslastschrift (Zahlerseite); dem folgend Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 18. 906 BGH WM 2011, 2130 (juris-Rn. 17) unter Abänderung der früheren Rechtsprechung [BGHZ 72, 343 (345 f.)]; weitere Nachweise aus der Literatur zu diesem umstrittenen Problem bei BGH WM 2011, 2130 (juris-Rn. 14).
II. Autorisierungsphase
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Abbuchungsauftragsverfahren und nicht das Einzugsermächtigungsverfahren wählt. Schließlich könne der Zahler gute Gründe dafür haben, „sich im Verhältnis zu ein und demselben [Zahlungsempfänger] zum Teil des Abbuchungsauftragsverfahrens und zum Teil des Einzugsermächtigungsverfahrens zu bedienen.“
Deshalb müsse sein generalisierender Abbuchungsauftrag auch entsprechend restriktiv ausgelegt werden. Die Wirksamkeit der Autorisierung wird dabei nicht durch die fehlende Bezifferung des Zahlungsbetrags907 beeinträchtigt, wie es bereits § 675x Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB voraussetzt. Technisch lässt sich diese Hürde mit einer Ermächtigung des Zahlers an den Zahlungsempfänger zur Konkretisierung des erteilen Zahlungsauftrags erklären. Damit ergeben sich hinsichtlich der Autorisierung keine Besonderheiten; insbesondere ist für künftige Abbuchungen die verlängerte Widerrufsmöglichkeit nach §§ 675j Abs. 2 S. 1, 675p Abs. 2 S. 2 BGB908 zu beachten. cc) SEPA-Lastschriften Bei den SEPA-Lastschriften – sowohl in der Basis- als auch in der Firmenversion – ist die Autorisierung in der Erteilung des sogenannten „SEPA-Lastschriftmandats“ zu sehen909. Wie im Abbuchungsauftragsverfahren ergeben sich keinerlei Besonderheiten; insbesondere besteht auch hier die verlängerte Widerrufsfrist nach §§ 675j Abs. 2 S. 1, 675p Abs. 2 S. 2 BGB910. 2. Anderweitige Anspruchsgrundlagen gegenüber dem Zahler Gelingt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers der Nachweis einer Autorisierung nicht, ist ein Ausgleich im Wege des Aufwendungsersatzes nach § 675u BGB ausgeschlossen. Der dem Zahlungsdienstleister vorliegende Sachverhalt kann aber auch einen Schadensersatzanspruch vertraglicher Art begründen. Dann könnte er im Ergebnis trotzdem den Ausgleich der eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. a) Verwendung eines ZAI: § 675v BGB aa) Allgemeines Mit § 675v BGB besteht eine spezielle Haftungsnorm, wenn der Zahlungsvorgang auf den Gebrauch eines ZAI zurückzuführen ist. Grundsätzlich bestehen 907 908 909 910
Im Ergebnis auch Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675j Rn. 18. Vgl. hierzu C.I.3.b)bb)(2)(a). Vgl. hierzu C.I.1.d)aa)(1)(c). Vgl. hierzu C.I.3.b)bb)(2)(a).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
drei voneinander zu trennende Haftungstatbestände: § 675v Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB. Während der Anspruch nach den Tatbeständen aus § 675v Abs. 1 BGB auf 150 A begrenzt ist, besteht in § 675v Abs. 2 BGB keinerlei Limitierung. Mit § 675v Abs. 3 BGB hält der Gesetzgeber komplette Haftungsausschlüsse bereit. (1) Anwendungsbereich und Sperrwirkung der Norm Schon aufgrund der Verpflichtung zur Vollharmonisierung aus Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL dürfen keine parallelen Haftungsregelungen für den Anwendungsbereich des § 675v BGB bestehen. Diese Norm hat demnach abschließenden Charakter – der Rückgriff auf das allgemeine Ersatzrecht nach §§ 280 ff. BGB ist demnach ausgeschlossen911. Der Anwendungsbereich des § 675v BGB ist aber in zweierlei Hinsicht beschränkt: Sachlich setzen § 675v Abs. 1 und 2 BGB stets den Einsatz eines ZAI als Schadensursache voraus. Dies muss auch für die Haftung für betrügerisches Handeln nach § 675v Abs. 2 Var. 1 BGB gelten912, wenngleich der Wortlaut dies nicht zwingend erfordert. In diesem Spezialfall wird nämlich gerade kein Bezug zu einem ZAI, zu personalisierten Sicherheitsmerkmalen oder zu spezifisch auf ein ZAI abgestimmte Pflichten hergestellt. Jedoch ergibt sich dieses Erfordernis bereits aus den amtlichen Überschriften sowohl des zugrundeliegenden Art. 61 ZD-RiL und des § 675v BGB, die explizit auf die Nutzung eines ZAI abstellen. Diese Annahme wird auch von einer zweiten systematischen Erwägung gestärkt: Die Haftungsbeschränkungen aus § 675v Abs. 3 S. 1 und 2 BGB beziehen sich auf alle Haftungstatbestände des § 675v BGB und setzen bestehende Pflichten aus § 675l BGB und § 675m BGB und somit die Verwendung eines ZAI voraus. Diese Beschränkungen sollen aber nach § 675v Abs. 3 S. 3 BGB gerade nicht für die Fälle des betrügerischen Handelns gelten. Der Gesetzgeber sieht also auch hier eine Verbindung zwischen dem betrügerischen Handeln und der Verwendung eines ZAI. Sicherlich ist der Schluss, er habe damit auch die Haftung für betrügerisches Handeln nach § 675v Abs. 2 Var. 1 BGB an die Existenz eines ZAI knüpfen wollen, nicht absolut zwingend. Die systematischen Erwägungen sind aber ausreichend aussagekräftige Indizien hierfür. Im Ergebnis muss also
911 Begründung zu § 675v BGB BR-Drucks. 848/08 S. 185; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 1; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 1; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 7; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675v Rn. 2; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 14; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675v Rn. 5; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 24; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 5. 912 So wohl auch Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 99 und Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 14; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 24.
II. Autorisierungsphase
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stets ein ZAI vorliegen. Somit ist § 675v BGB auf Zahlungsverfahren, die ohne ein ZAI auskommen913, nicht anwendbar. Auch im zeitlichen Anwendungsbereich erfährt § 675v BGB Einschränkungen. § 675v BGB ist im Ergebnis eine Norm der Risikozuordnung und muss sich demnach in den Rahmen der Neuregelung einfügen. Nach § 675m Abs. 2 BGB trägt der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Gefahr der Versendung des ZAI. Wird das ZAI also vor Zugang des ZAI beim Zahler genutzt, wird die Risikoverteilung des § 675v BGB überlagert – eine Haftung des Zahlers kann in dieser Phase noch nicht entstehen914. Das zeitliche Ende der Haftung wird durch § 675v Abs. 3 BGB festgelegt: Erfolgt eine Verlustanzeige entsprechend § 675l S. 2 BGB oder stellt sein Zahlungsdienstleister – abweichend von § 675m Abs. 1 Nr. 3 – keine Anzeigemöglichkeit zur Verfügung, kann in der folgenden Phase kein Anspruch nach § 675v BGB entstehen915. Diese zeitlichen Grenzen ändern aber – im Gegensatz zum sachlichen Anwendungsbereich – nichts an der Sperrwirkung des § 675v BGB für das allgemeine Haftungsrecht. Denn mit § 675v soll die gesamte Haftung für den Themenbereich „ZAI“ reguliert werden. Daher fallen lediglich diejenigen Zahlungsvorgänge heraus, die überhaupt nicht auf einem ZAI basieren. Mit § 675v Abs. 3 BGB und § 675m Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber aber keine Beschränkung des Regelungsbereichs festgesetzt, sondern lediglich Haftungsausnahmen. Er hat sich entschieden, wann trotz Vorliegen der Haftungstatbestände kein Ersatzanspruch entstehen kann. Diese Wertung darf nicht durch das Heranziehen anderweitiger Haftungstatbestände unterlaufen werden. (2) Fehlende Autorisierung als zentrale Voraussetzung Ein Schadensersatzanspruch nach § 675v BGB setzt in jedem Falle eine fehlende Autorisierung voraus. In Missbrauchsfällen ist es aber grundsätzlich möglich, mittels eines Rechtsscheinstatbestands eine Zurechnung einer fremden Autorisierungserklärung zu konstruieren, so dass im Ergebnis doch ein Aufwendungsersatzanspruch entsteht. Aufgrund des abschließenden Charakters des § 675v BGB916 ist die Autorisierung aber immer dann ausgeschlossen, wenn ansonsten die speziellen Tatbestandsmerkmale des § 675v Abs. 1 und Abs. 2 BGB 913 Wie z. B. das klassische Kreditkartenverfahren mit Kartenvorlage und Unterschrift [vgl. C.II.1.i)cc)(2)(b)(aa)] oder das Mailorderverfahren [C.II.1.i)cc)(2)(c)(aa)]. 914 Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 3; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 1; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 27, der auch keine Pflicht des Zahlers sieht, sich nach dem Verbleib eines erwarteten ZAI zu erkundigen; ebenso auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 4. 915 So auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 5. 916 Vgl. C.II.2.a)aa)(1).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
umgangen würden. Sobald ein Haftungstatbestand des § 675v BGB einschlägig ist, richtet sich die anschließende Rechtsfolge ausschließlich nach dieser Norm – liegen diese vor kann die Autorisierung auch nicht rechtstechnisch konstruiert werden.917 bb) § 675v Abs. 1 S. 1 BGB (1) Tatbestand (a) Verzicht auf ein subjektives Merkmal Der Tatbestand nach § 675v Abs. 1 S. 1 BGB setzt lediglich ein Verlieren, einen Diebstahl oder ein sonstiges Abhandenkommen des ZAI voraus, wodurch der nicht autorisierte Zahlungsvorgang überhaupt nur möglich gemacht wurde. Subjekte Erfordernisse bestehen dagegen nicht – vielmehr trifft den Zahler die Haftung unabhängig von einem eigenen Verschulden. Es kommt also nicht darauf an, ob er den Verlust des ZAI überhaupt hätte verhindern können. Unter rechtspolitischer Betrachtungsweise soll der Zahler hierdurch zur Einhaltung der größtmöglichen Sorgfalt im Umgang mit dem ZAI bewegt werden.918 Faktisch wird dadurch eine Obliegenheit des Zahlers geschaffen, sich regelmäßig über den Verbleib des ZAI zu vergewissern919. (b) Abhandenkommen: Verkörperung des ZAI als Haftungsvoraussetzung Das Verlieren, der Diebstahl oder das sonstige Abhandenkommen schränken aber die in Betracht kommenden ZAI ein: Es muss sich um ein ZAI handeln, das zumindest eine Besitzkomponente enthält. Ob man davon sprechen kann, dass nur eine solche Komponente im tatsächlichen bzw. herkömmlichen Sinne dem Verlust oder Diebstahl zugänglich ist920, ist sehr fragwürdig. Hier hilft auch die 917 Vgl. schon zur Wirkung des Art. 61 ZD-RiL, der durch § 675v BGB umgesetzt wurde C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg). Danach sind materiell-rechtlich wirkende nationale Rechtsfiguren zur Unterwanderung der besonderen Merkmale des § 675v BGB nicht zulässig. Ebenso Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 5. 918 Erwägungsgrund 32 zu Richtlinie ZD-RiL; Begründung zu § 675v Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 185; BGH WM 2012, 164 (juris-Rn. 16); Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 1; Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2346); Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 10; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 6; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675v Rn. 4. Ob man diesen Tatbestand auch als „Gefährdungshaftung“ (so Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 3) oder als Haftung für unwiderleglich vermutetes Verschulden [so Oechsler WM 2010, 1381 (1383)] bezeichnen möchte, ist eine Frage rein akademischer Natur ohne praktische Auswirkungen. Frank/Massari WM 2009, 1117 (1127 f.) halten diesen Ansatz für rechtspolitisch verfehlt. 919 Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.2.1“. 920 Scheibengruber BKR 2010, 15 (17); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 18.
II. Autorisierungsphase
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Angleichung des Gesetzgebers an § 935 BGB nicht weiter, indem er – abweichend vom Wortlaut des Art. 61 ZD-RiL – den Begriff des Abhandenkommens einführt921. Schließlich ergibt sich aus dem Wortlaut der ZD-RiL gerade keine solche Einschränkung. Diese reduzierte Ansicht hat aber einen systematischen Hintergrund: Mit dieser Schadensersatznorm möchte man den Zahler stets dazu bewegen, die personalisierten Sicherheitsmerkmale bestmöglich zu behüten. Gelingt ihm das nicht, haftet er ohne Rücksicht auf ein Verschulden. Diese sehr harte Haftung kann er nur durch eine Verlustmeldung nach § 675l S. 2 BGB vermeiden (§ 675v Abs. 3 S. 1 BGB). Damit diese Enthaftungsmöglichkeit einen angemessenen Ausgleich für die verschuldensunabhängige Haftung darstellten kann, muss der Zahler auch eine reale Chance zur Anzeige haben. Die Anzeige ist ihm aber nur möglich, wenn er den Verlust überhaupt erkennen kann. Während das im Falle körperlicher Komponenten noch relativ einfach ist – hier kann der Zahler seinen Besitz einfach nachprüfen –, kann er das Ausspähen von Codes nicht ohne weiteres bemerken. Hier wäre die abstrakte Möglichkeit zur Enthaftung nicht besonders gehaltvoll. Die scharfe Verantwortlichkeit des § 675v Abs. 1 S. 1 BGB darf also nur beim Verlust verkörperter Sicherheitsmerkmale eintreten.922 Wegen der einfachen Erkennbarkeit des Verlustes gilt die verschuldensunabhängige Haftung auch für Sicherheitsmerkmale, die – wie Codes – eigentlich unverkörpert sind, aber durch Aufzeichnungen oder Abspeicherungen verkörpert wurden923. Schließlich kann der Zahler auch in diesen Fällen den Verlust der Verkörperung durch eine reine Besitzkontrolle überprüfen. Zusammenfassend greift § 675v Abs. 1 S. 1 BGB lediglich beim unfreiwilligen Verlust des unmittelbaren Besitzes an einer körperlichen oder nachträglich verkörperten Komponente des ZAI ein; für dieses Erfordernis kann auf die Grundsätze aus § 935 BGB verwiesen werden924. Es müssen aber nicht alle Sicher921
So aber Scheibengruber BKR 2010, 15 (17); Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3. Ähnlich Scheibengruber BKR 2010, 15 (17); im Ergebnis auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 4; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 8; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 8. 923 In diesen Konstellationen sehen Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3, Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 58 und Scheibengruber BKR 2010, 15 (18) lediglich den Tatbestand des § 675v Abs. 1 S. 2 BGB für anwendbar. Auch gegen die hier vertretene Ansicht Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 8; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 6; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 8. 924 Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3 (der die nachträgliche Verkörperung allerdings nicht ausreichen lässt); Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 21–23; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 4; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 12; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 19; a. A. sind einige Zahlungsdienstleister bei der Abfassung ihrer AGB gewesen, wonach diese Haftung auch für den reinen Verlust der PIN/TAN beim Online-Banking eingreifen soll [vgl. hierzu Scheibengruber BKR 2010, 15 (18)]. 922
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
heitsmerkmale eines ZAI körperlicher Natur sein; lediglich eines von mehreren Merkmalen muss diese Anforderung erfüllen – und dieses muss dann auch abhandenkommen.925 (c) Kausalität und Schaden Anschließend bedarf es nach dem Wortlaut des § 675v Abs. 1 S. 1 BGB einer doppelten Kausalität: Zunächst muss der nicht autorisierte Zahlungsvorgang auf der Nutzung des abhandengekommenen ZAI beruhen (erste Kausalität). Darüber hinaus muss der gesamte Vorgang beim Zahlungsdienstleister des Zahlers einen Schaden verursacht haben (zweite Kausalität). Dieser wird zumeist in der Durchführung des Zahlungsvorgangs – also in der „Weitergabe“ von Buchgeld durch ein abstraktes Schuldversprechen bzw. in der Auszahlung von Bargeld – liegen, ohne dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers einen entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Zahler erhält. Jedoch können hierunter auch jegliche andere Vermögenseinbußen fallen, die dem Zahlungsdienstleister des Zahlers durch das Stoppen oder Rückgängigmachen eines Zahlungsvorgangs entstehen. (d) Beweislastverteilung Nach den allgemeinen Regeln trägt der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen: Das Abhandenkommen, den ersten Kausalzusammenhang zwischen dem Abhandenkommen und dem nicht autorisiertem Zahlungsvorgang sowie den daraus entstandenen Schaden (zweite Kausalität). Der Nachweis des Schadenseintritts sowie dessen Zusammenhang mit dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang (zweite Kausalität) werden dem Zahlungsdienstleister verhältnismäßig einfach fallen. Bei den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen wird er aber vor fast unüberwindbare Hindernisse gestellt: Das Abhandenkommen spielt sich im Regelfall ausschließlich in der Sphäre des Zahlers ab. Beim Einsatz des ZAI ist er ebenfalls nur selten in einer Form anwesend, dass er die erste Kausalität belegen kann926. Bezüglich der Tatsache des Abhandenkommens des ZAI profitiert er jedoch vom Anscheinsbeweis hinsichtlich der eigenhändigen Autorisierung, der auf die 925
Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 21. Kommt es beispielsweise zum Einsatz einer Debitkarte an einem Geldausgabeautomaten in den Räumlichkeiten des Zahlungsdienstleisters, nehmen dessen Angestellten einen solchen Vorgang normalerweise nicht individualisierend war. Sie können allenfalls bezeugen, dass an einem bestimmten Tag bestimmte Personen in den Räumlichkeiten waren, nicht aber, was diese mit wessen ZAI getan haben. 926
II. Autorisierungsphase
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ausreichende Systemsicherheit zurückgeht927: Kann der Zahlungsdienstleister das entsprechende Protokoll vorlegen und das notwendige Sicherheitsniveau nachweisen, kommt das Gericht durch diesen Vortrag vorerst zur Überzeugung von der Autorisierung durch den Zahler höchstpersönlich. Diese Überzeugung konnte der Zahler durch einen in Betracht kommenden Alternativsachverhalt erschüttern928. Genau dieser Vortrag kann eine Beweiserhebung entbehrlich machen, wenn der Zahler das Abhandenkommen hier eingesteht929. Nun muss der Zahlungsdienstleister belegen, dass dieses Abhandenkommen einen Zahlungsvorgang verursacht hat. Dies setzt notwendigerweise – als weiteren Zwischenschritt – den Nachweis voraus, dass das ZAI überhaupt eingesetzt wurde. Sofern der Zahlungsdienstleister des Zahlers belegen kann, dass sein Aufzeichnungssystem nahezu lückenlos funktioniert, sind an dieser Stelle zumindest die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises dahingehend erfüllt, dass der Zahlungsdienstleister mit seiner Protokollierung auch die tatsächliche konkrete Nutzung des ZAI beweisen kann930. Weist der Zahlungsdienstleister des Zahlers darüber hinaus ein sehr hohes Niveau in seinem übrigen Sicherheitssystem nach, kann er ebenfalls auf den Anscheinsbeweis zurückgreifen931, um die Kausalität zwischen dem Abhandenkommen und dem konkreten Einsatz des ZAI zu beweisen. Ursprünglich basierte dieser Anscheinsbeweis auf der Überlegung, dass aufgrund der personalisierten Sicherheitsmerkmale lediglich der Zahler als Verwender in Betracht kommt. Nun existiert durch das Abhandenkommen ein Sicherheitsleck, das zunächst die einzig weitere Erklärung für die korrekte Verwendung des ZAI darstellt. Dem Zahler bleibt aber eine Erschütterung dieses Anscheins unbenommen, indem er einen zusätzlichen Kausalverlauf darlegt und beweist, der zwar – weil er z. B. die Besitzkomponente des ZAI anderweitig willentlich weggegeben hat – kein anderweitiges Abhandenkommen darstellt, aber aus dem sich eine weitere Gefährdung 927
Vgl. hierzu C.II.1.i)cc)(1). Ansonsten wäre wegen des autorisierten Zahlungsvorgangs § 675v BGB nicht anwendbar. 929 Trägt der Zahler Tatsachen vor (und beweist diese), die es als konkret möglich erscheinen lassen, dass der Schädiger mit dem Willen des Zahlers an das ZAI gelangt ist, kann nicht von einem Abhandenkommen ausgegangen werden. Das bewusste Zurverfügungstellen wird aber als vorsätzliche Pflichtverletzung von § 675v Abs. 2 BGB sanktioniert [vgl. C.II.2.a)dd)]. 930 Dem Zahler obliegt dann die Erschütterung: er kann beispielsweise darlegen, warum zu diesem Zeitpunkt das ZAI überhaupt nicht genutzt worden sein kann. 931 Oechsler WM 2010, 1381 (1383) nimmt an dieser Stelle – anlehnend an die Verschuldensfrage in diesem Tatbestand – sogar auch eine unwiderlegliche Vermutung dieser Kausalitäten an; so auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 14. Während sich aber der Verzicht auf ein Verschulden direkt aus dem Wortlaut ergibt, weist dieser eindeutig auf die Notwendigkeit eines solchen Kausalverlaufs hin. Dieser kann deshalb nicht ohne weiteres aufgrund der restlichen Tatbestandsverwirklichung angenommen werden. 928
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
für die Sicherheit des ZAI ergibt. Nur dann besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass der Einsatz des ZAI nicht kausal durch das Abhandenkommen verursacht wurde932. (2) Rechtsfolge § 675v Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet den Zahler zum Ersatz des entstandenen Schadens. Mangels Sonderregeln in der Neuregelung für den Begriff des „Schadens“ 933 findet das allgemeine Schadensrecht nach §§ 249 ff. BGB Anwendung – insbesondere muss sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers ein Mitverschulden nach § 254 BGB anspruchsmindernd entgegenhalten lassen934. In der Höhe setzt § 675v Abs. 1 S. 1 BGB dem allgemeinen Schadensrecht aber Grenzen: Der – unter Berücksichtigung des § 254 BGB ermittelte935 – Schadensersatzanspruch ist auf 150 A limitiert. Während der Wortlaut des § 675v Abs. 1 S. 1 BGB noch eindeutig dahin zeigt, dass dieser Maximalbetrag für alle zu ersetzenden Schäden aus einem Fall des Abhandenkommens gilt, deutet Art. 61 Abs. 1 Var. 1 ZD-RiL aufgrund der Verwendung des Singulars „Zahlungsvorgangs“ in die entgegengesetzte Richtung: Danach wären für jeden unautorisierten Zahlungsvorgang maximal 150 A zu bezahlen.936 Allerdings muss Art. 61 Abs. 1 Var. 1 ZD-RiL auch im Lichte des 32. Erwägungsgrunds zur ZDRiL interpretiert werden: Der Zahler soll für den Fall eines reinen Verlustes auch schon in die Verantwortung genommen werden, solange er keine Verlustanzeige 932 Dieser Vortrag kann aber zu einer Haftung aus den verschuldensabhängigen Tatbeständen der § 675v Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB führen [vgl. dazu C.II.2.a)cc) und C.II.2.a)dd)]. Kann sowohl für das Abhandenkommen als auch für den Alternativsachverhalt der jeweils erforderliche Verschuldensgrad festgestellt werden, kann im Wege der Wahlfeststellung eine Haftung nach diesen Normen begründet werden. Zur Zulässigkeit der Wahlfeststellung im Zivilrecht vgl. BGH NJW 1978, 421 (422 a. E.); BGH NJW 1980, 2245 (2246); Jauernig in: Jauernig § 932 Rn. 10; Belling in: Staudinger § 836 Rn. 32 a. E. 933 Im Gegensatz zum Begriff „Erstattung“ ist der Schadensbegriff normgeprägt und kann nicht aus der Natur der Sache bestimmt werden – hierzu bedarf es zwingenderweise eines konkretisierenden Regelungssystems des Gesetzgebers. Da ein solches System nicht in der Zahlungsdiensterichtlinie angelegt ist, sind die Mitgliedsstaaten bei der Schaffung frei – insbesondere kann auf das bestehende Schadensrecht zurückgegriffen werden. 934 Sprau in: Palandt § 675v Rn. 4; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 101; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 19 f.; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 29 f.; grundsätzlich auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 21, 36 ff. 935 Bei einem Mitverschulden des Zahlungsdienstleisters des Zahlers darf also nicht erst die Höchstgrenze von 150 A eingezogen werden, ehe man von diesem Maximalbetrag den Mitverschuldensanteil abzieht. 936 Zu den jeweiligen Formulierungen vgl. auch Oechsler WM 2010, 1381 (1383); Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2347), der zusätzlich die englische Fassung der Zahlungsdiensterichtlinie bemüht.
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bei seinem Zahlungsdienstleister getätigt hat. Ausdrücklich möchte der Richtliniengeber hier aber nur eine begrenzte Haftung. Würde der Zahler für jeden Zahlungsvorgang erneut mit 150 A haften, könnte die ZD-RiL dieses Ziel gerade nicht erreichen937. Obwohl nur ein Verlustfall vorliegt, droht eine unbegrenzte Anzahl von Zahlungsvorgängen. Darüber hinaus würde die Haftungssumme lediglich von dem Zufall abhängen, ob der Dritte nur einen Zahlungsvorgang mit einem größeren Zahlungsbetrag veranlasst oder den Geldbetrag auf mehrere Zahlungsvorgänge verteilt – es käme zu willkürlichen Haftungsunterschieden938. Darum kann maximal 150 A pro Verlustfall verlangt werden939. cc) § 675v Abs. 1 S. 2 BGB (1) Tatbestand (a) Personalisierte Sicherheitsmerkmale Mit § 675v Abs. 1 S. 2 BGB wird ein zusätzlicher Haftungstatbestand eingeführt, der nicht – wie § 675v Abs. 1 S. 1 BGB – am Erfolg des Abhandenkommens anknüpft, sondern eine unsichere Aufbewahrung der personalisierten Sicherheitsmerkmale durch den Zahler voraussetzt. Durch diesen unterschiedlichen Ansatzpunkt löst man sich vom körperlichen Erfordernis eines personalisierten Sicherheitsmerkmals, so dass diese Haftungsvariante nun auf alle Sicherheitsmerkmale anwendbar ist940. § 675v Abs. 1 S. 2 BGB wird demnach insbesondere für Passwörter bzw. Codes und biometrische Daten wie Fingerabdrücke941 relevant. 937 So im Wesentlichen auch Oechsler WM 2010, 1381 (1383). Oechsler beruft sich allerdings maßgebend auf die Rechtsprechung des BGH, dass mittels AGB eine verschuldensunabhängige Haftung nur in Verbindung mit einer maximalen Haftung vereinbart werden kann [BGHZ 114, 238 (242 ff.; juris-Rn. 27)]. Diese Rechtsprechung legt aber lediglich den Begriff der „unangemessenen Benachteiligung“ aus. Damit ist aber keine Aussage verbunden, dass dem Gesetzgeber – schon gar nicht dem europäischen – der gänzliche Verzicht auf eine Höchstgrenze verwehrt sei. 938 So auch Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2347). 939 Im Ergebnis auch Sprau in: Palandt § 675v Rn. 4; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 100; Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 61; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 21; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 12; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 17; a. A. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675v Rn. 11, der sich maßgeblich auf den Wortlaut von Art. 61 Abs. 1 Var. 1 ZD-RiL beruft. 940 Begründung zu § 675v Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 185; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 3; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675v Rn. 5; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 16; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 13. 941 Vgl. Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 18, der auch noch die persönliche Unterschrift nennt. Diese wird hier aber gerade nicht als ZAI qualifiziert [vgl. C.II.1.i)cc)(2)(b)(aa)] und fällt daher von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 675v BGB.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Da verkörperte ZAI bereits von § 675v Abs. 1 S. 1 BGB erfasst werden, könnte man diese von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 675v Abs. 1 S. 2 BGB nehmen942. Ist der Tatbestand des § 675v Abs. 1 S. 2 BGB erfüllt, wird regelmäßig auch der des § 675v Abs. 1 S. 1 BGB verwirklicht sein. So wird es nicht auf diese Abgrenzungsfrage ankommen. (b) Schuldhafte Pflichtverletzung Der Zahler muss das Sicherheitsmerkmal unsicher aufbewahrt haben. Welches Verhalten bereits als unsicher einzustufen ist, hängt von den individuellen Pflichten des Zahlers nach § 675l BGB ab – ihm muss also eine Pflichtverletzung unterlaufen sein943. Eine Pflichtverletzung ist aber noch nicht im reinen Einsatz des ZAI bei einem dubiosen Geschäftspartner – beispielsweise im Rotlichtmilieu – zu sehen. Erst bei Anhaltspunkten für eine konkrete Missbrauchsgefahr, darf der Zahler das ZAI nicht einsetzen944. Nach überwiegender Ansicht muss diese Pflichtverletzung schuldhaft geschehen sein.945 Schließlich greifen hier die Gründe, die im Rahmen des § 675v Abs. 1 S. 1 BGB den Verzicht auf ein Verschulden rechtfertigen. Unter Berücksichtigung der Interessenlage, dass Dritte auch völlig unbemerkt an nicht verkörperte Sicherheitsmerkmale gelangen können – beim Online-Banking zum Teil, ohne dass der Zahler dies registrieren und verhindern könnte946 –, kann dem Gesetzgeber eine verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlage nicht unterstellt werden. Schließlich ist das Verschuldensprinzip einer der zentralsten Grundsätze des Haftungsrechts, von dem sich der Gesetzgeber nicht ohne weiteres trennt – schon gar nicht ohne einen ausdrücklichen Anhaltspunkt im Gesetzestext oder in den Materialien.947 942 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 30, der hier zwingend das Vorliegen eines nicht verkörperten ZAI voraussetzt. Eine solche Ausschlusswirkung ist § 675v Abs. 1 BGB aber nicht zu entnehmen. Vielmehr müssen die Tatbestände parallel zur Anwendung kommen. 943 Begründung zu § 675v Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 186; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 38. 944 Vgl. BGH WM 2012, 164 (juris-Rn. 31 ff.). 945 Begründung zu § 675v Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 186; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 2 f.; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 15; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 19; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 10; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 5; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 4, 38 mit ausführlicher Aufzählung von Beispielen, wann eine fahrlässige Pflichtverletzung vorliegt (Rn. 40–58); Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675v Rn. 10; Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 65; a. A. Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 53, der wegen Art. 3 Abs. 1 GG einen Zwang zur Gleichbehandlung mit § 675v Abs. 1 S. 1 BGB sieht und daher das Erfordernis einer schuldhaften Pflichtwidrigkeit nicht akzeptiert. 946 Vgl. C.II.1.i)cc)(3)(c)(cc).
II. Autorisierungsphase
251
Von § 675v Abs. 1 S. 2 BGB werden aber ausschließlich Pflichten hinsichtlich der Aufbewahrung erfasst. Der eindeutige Wortlaut – sowie die explizite Erwähnung der Anzeigepflicht aus § 675l BGB in § 675v Abs. 2 – sprechen gegen die Sanktionierung einer unterlassenen Verlustanzeige nach § 675l S. 2 BGB. (c) Kausalität und Schaden Weiter ist eine missbräuchliche Verwendung des ZAI notwendig, die zu einem Schaden geführt haben muss. Ein Missbrauch liegt immer dann vor, wenn das ZAI ohne den Willen des Zahlers verwendet wurde948. Der Schaden kann in denselben Positionen bestehen wie bei § 675v Abs. 1 S. 1 BGB949 Während sich die Kausalität zwischen Missbrauch und Schaden (zweite Kausalität) direkt dem Gesetzeswortlaut entnehmen lässt, enthält dieser keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen unsicherer Aufbewahrung und dem Missbrauch (erste Kausalität). Fasst man die Verantwortlichkeit nach § 675v Abs. 1 S. 2 BGB als verschuldensabhängige Haftung auf, muss man konsequenterweise einen Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden einfordern. Andernfalls kann ein Schadensersatzanspruch lediglich durch den Zufall entstehen, dass dem Zahler irgendwann einmal eine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden kann – dies ist nicht die Idee der Verschuldenshaftung. (d) Beweislastverteilung Auch hier trägt der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen – schuldhafte Pflichtverletzung, Missbrauch, Schaden und doppelte Kausalität. Für den Nachweis der schuldhaften Pflichtverletzung kommt ihm aber der ursprüngliche Anscheinsbeweis für die Autorisierung in gleicher Weise zugute wie beim Abhandenkommen in § 675v Abs. 1 S. 1 BGB950: Der Vortrag des Zahlers zur Erschütterung dieses Anscheinsbeweis für das Vorliegen der höchstpersönlichen Autorisierung kann die notwendige Tatsachenbasis liefern. Besteht aber für eine von mehreren konkret in Betracht kommenden Pflichtverletzungen gerade kein Verschulden, kann nicht im Wege der Wahlfeststellung eine verschuldete Pflichtverletzung angenommen werden951. 947
Vgl. zu dieser Begründung Scheibengruber BKR 2010, 15 (16). Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 37; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 5. 949 Vgl. hierzu C.II.2.a)bb)(1)(c). 950 Vgl. hierzu C.II.2.a)bb)(1)(d). 951 Bei der Wahlfeststellung ist immer diejenige Variante zu wählen, die den Zahler am wenigsten belastet; vgl. hierzu BGH NJW 1978, 421 (422 f.). 948
252
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Durch die grundsätzliche Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises verliert auch die Streitfrage an Bedeutung, ob bezüglich des Verschuldens eine Beweislastumkehr durch die analoge Anwendung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB begründet werden kann952. Dann müsste man aber nicht nur dem deutschen Gesetzgeber, sondern auch dem Richtliniengeber unterstellen, dass er sich keine Regelungsgedanken über die Beweislastverteilung an dieser Stelle gemacht hat – zumal er sich zu Beweisfragen hinsichtlich Pflichtverletzungen in § 675w S. 3 BGB bzw. Art. 59 Abs. 2 ZD-RiL geäußert hat. Aber davon abgesehen fehlt es an der vergleichbaren Interessenlage: Durch die Annahme des Anscheinsbeweises für die Autorisierung wird der Zahler zum Geständnis bestimmter Tatsachen gezwungen. Es besteht also nicht die – dem § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zugrundeliegende – generelle Schwierigkeit, die internen Vorgänge des Haftungsgegners nicht näher beleuchten zu können. Führt diese indirekte Beweishilfe im Einzelfall nicht weiter, kann dem Zahlungsdienstleister auch nicht mit dieser Analogie geholfen werden. Für den Nachweis der Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung und dem anschließenden Missbrauch kann der entsprechende Anscheinsbeweis aus § 675v Abs. 1 S.1 BGB953 herangezogen werden. Dass der Missbrauch einen Zahlungsvorgang und dadurch ein Schaden verursachte, wird auch hier vergleichsweise einfach zu beweisen sein. (2) Rechtsfolge Laut Gesetzeswortlaut soll dieselbe Rechtsfolge wie für § 675v Abs. 1 S. 1 BGB gelten:954 Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 249 ff. BGB, der auf maximal 150 A pro eigenständiger Sorgfaltspflichtverletzung begrenzt ist. dd) § 675v Abs. 2 BGB Der Zahlungsdienstleister des Zahlers kann unbegrenzten Schadensersatz – also über die Höchstgrenze des § 675v Abs. 1 BGB hinaus – nur unter den Voraussetzungen des § 675v Abs. 2 BGB verlangen955. Ob es sich dabei um eine eigenständige Anspruchsgrundlage956 oder lediglich um eine betragsmäßige Er952
So möglicherweise Sprau in: Palandt § 675v Rn. 3. C.II.2.a)bb)(1)(d). 954 Vgl. hierfür C.II.2.a)bb)(2). 955 Diese Haftungseinschränkung kann gegenüber Unternehmern nach § 675e Abs. 4 BGB abbedungen werden, was beispielsweise durch A.II.13.1 Abs. 3 der Bedingungen für die girocard (Bankenverband; Zahlerseite) sowie A.II.12.1 Abs. 3 der Bedingungen für die SparkassenCard geschieht, was keinen Verstoß gegen § 307 BGB darstellen soll [ Einsele ZIP 2011, 1741 (1750)]. 956 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 59; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 18. 953
II. Autorisierungsphase
253
weiterung der Haftung nach § 675v Abs. 1 BGB handelt957, ist hier lediglich eine rein theoretische Frage958. Sind die Tatbestandsmerkmale des § 675v Abs. 2 BGB erfüllt, trifft dies auch für die des § 675v Abs. 1 BGB zu – die widerstreitenden Auffassungen kommen demnach stets zu denselben Ergebnissen. (1) Tatbestand (a) Qualifizierte Pflichtverletzung Wie fließend der Übergang von der begrenzten Haftung nach § 675v Abs. 1 BGB zu der unbeschränkten nach § 675v Abs. 2 BGB ist, zeigt die erste Tatbestandsvariante: die zumindest grob fahrlässige Verletzung einer – gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten – Handlungs-, Unterlassungs- oder Schutzpflicht hinsichtlich des ZAI. Dieser qualifizierte Verschuldensgrad lässt die Haftungshöchstgrenze entfallen. Zunächst muss allerdings eine Verletzung einer Schutzpflicht nach § 675l BGB beziehungsweise einer extra vereinbarten Bedingung für die Ausgabe und Nutzung des ZAI positiv festgestellt werden959. Eine besondere Vereinbarung muss aber stets die von der ZD-RiL getroffene Abgrenzung der Verantwortungsbereiche960 respektieren: Dem Zahler darf niemals das Risiko von Fehlern übertragen werden, die sich innerhalb der Sphäre des Zahlungsdienstleisters befinden. Ihm kann beispielsweise nicht zugemutet werden, die Umgebung um Geldausgabeautomaten oder automatisierte Kassen zunächst auf eine unbefugte Videoüberwachung durch Dritte zu überprüfen961. Eine formularmäßig vereinbarte Bedingung muss sich zusätzlich noch vor dem AGB-Recht nach §§ 307 ff. BGB messen lassen962: Insbesondere Debitkarten sind ZAI des alltäglichen Gebrauchs, die an sich ständig mitgeführt und zumeist nicht durch technische Einrichtungen gesichert werden. Wird der Zahler zu Sicherungsmaßnahmen verpflichtet, mit denen die Alltagstauglichkeit eines solchen ZAI nahezu komplett vereitelt wird, kann dies eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB darstellen963.
957
Sprau in: Palandt § 675v Rn. 5. Aufgrund der Fassungen in anderen EU-Sprachen ist das Erweiterungsmodell wahrscheinlicher; vgl. Fußnote 1005. 959 Eine Reihe von Beispielen von Schutzpflichten speziell für Debitkarten und zugehöriger PIN findet sich bei Häuser/Haertlein in: MüKo-HGB Anhang I Rn. E 32 f. und bei Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 27 ff. sowei bei Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 24 ff. 960 C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff). 961 Vgl. Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 50. 962 Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675v Rn. 8. 963 So kann das reine Notieren einer PIN oder eines Passworts für sich gesehen noch nicht als Fall der groben Fahrlässigkeit vereinbart werden; vgl. Scheibengruber NJOZ 958
254
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Wann eine Pflichtverletzung als grob fahrlässig bezeichnet werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Die ZD-RiL macht hierzu keine Vorgaben, sondern überlässt diese Einstufung komplett den Mitgliedsstaaten964. Der deutsche Gesetzgeber begnügt sich mit dem Standardsatz zur groben Fahrlässigkeit: „Grobe Fahrlässigkeit liegt nur vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn also ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und somit dasjenige unbeachtet geblieben ist, was sich im gegebenen Fall jedem aufgedrängt hätte.“ 965
Die Konkretisierung dieses Satzes überlässt er der Rechtsprechung, wobei an die bisherige Praxis angeknüpft werden soll966. Die klassischen Fälle der groben Fahrlässigkeit sind beispielsweise die gemeinsame Aufbewahrung von Debitkarte und PIN967. Insgesamt darf man zwar nicht jede Pflichtverletzung sofort als grob fahrlässig bewerten968. Dem Zahler muss aber stets die Gefahr bewusst sein, dass jeder Dritte mithilfe des ZAI innerhalb kurzer Zeit über große Teile seines Kontoguthabens verfügen kann. Deshalb ist dem Zahler auch ein sehr waches Auge zuzumuten969. Die sich daraus ergebende große Verantwortung rechtfertigt, dass auch das Eingehen kleinerer Risiken relativ schnell als grob fahrlässig angesehen werden kann. Durch die Haftungsgrenze bei grober Fahrlässigkeit entfällt die Abgrenzung zum vorsätzlichen Handeln – wozu auch der Eventualvorsatz gehört970.
2010, 1366 (1369); anders bei gemeinsamer Aufbewahrung der Notiz mit der Debitkarte, BGHZ 145, 337 (341 f.; juris-Rn. 22). 964 Erwägungsgrund 33 zu Richtlinie ZD-RiL. 965 Begründung zu § 675v Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 186. 966 Begründung zu § 675v Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 186. 967 Vgl. BGHZ 145, 337 (341 f.; juris-Rn. 22). Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung bei Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 4; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 5; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 9–11; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 84–96. 968 Begründung zu § 675v Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 186. 969 Zu den Sorgfaltsanforderungen beim Online-Banking im Umgang mit TAN-Nummern vgl. LG Berlin NJW-RR 2012, 570 (Leitsatz; grobe Fahrlässigkeit bejaht), AG Krefeld BKR 2012, 480 (grobe Fahrlässigkeit bejaht) und LG Landshut jurisPR-ITR 2/ 2012 Anm. 6 (grobe Fahrlässigkeit verneint). Das vorgenannte Urteil des LG Landshut wurde vom OLG München jedoch aufgehoben, das grobe Fahrlässigkeit bejahte (BKR 2012, 475). 970 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 97. Dieser nimmt aber an, der Vorsatz müsse sich auf den Schadenseintritt beziehen. Dies ist aber aufgrund des Wortlauts des Art. 61 Abs. 2 ZD-RiL, der lediglich eine vorsätzliche Pflichtverletzung verlangt, und den Grundzügen der allgemeinen Lehren des Haftungsrechts nicht haltbar. Danach muss sich das Verschulden lediglich auf die Vertragsverletzung, nicht aber auf den Schaden beziehen; vgl. Grüneberg in: Palandt § 276 Rn. 10; Unberath in: BeckOKBGB § 276 Rn. 11; Grundmann in: MüKo-BGB § 276 Rn. 153 mit differenzierenden Nachweisen.
II. Autorisierungsphase
255
(b) Unterfall der Pflichtverletzung: Verstoß gegen die Anzeigepflicht Kann dem Zahler zwar keine Pflichtverletzung bezüglich des unmittelbaren Schutzes und der Aufbewahrung der personalisierten Sicherheitsmerkmale nachgewiesen werden, kann sich ein hier relevanter Verstoß auch aus § 675l S. 2 BGB ergeben: Sobald er Kenntnis vom Abhandenkommen971 oder einer unautorisierten Verwendung des ZAI hat, muss er dies dem Zahlungsdienstleister unverzüglich anzeigen. Weil ein Dritter das ZAI im Normalfall sofort einsetzen kann, ist der Zahler in der Wahl der Kommunikationsmittel nicht frei. Er muss sich modernen Einrichtungen – Mobiltelefon, Fax, E-Mail, etc. – bedienen, die dem Zahlungsdienstleister eine schnelle Kenntnisnahme ermöglichen. Eine Sperrung des ZAI darf z. B. nicht durch den Transport eines gewöhnlichen Briefs verzögert werden.972 Der Wortlaut des § 675l S. 2 BGB lässt das reine Kennenmüssen noch nicht ausreichen973. Genauso wenig verlangt § 675l S. 2 BGB eine Anzeige, solange der Zahler einen bloßen Verdacht für ein solches Ereignis hegt974. Dieser Verdacht kann sich beispielsweise durch das nicht sofortige Auffinden einer Besitzkomponente des ZAI975 oder durch das Entdecken von Schadsoftware auf dem heimischen Computer ergeben. Die restriktive Auslegung beruht aber letztlich wiederum auf dem Harmonisierungsgedanken: Der Richtliniengeber hat sich in Art. 61 Abs. 2, 56 Abs. 1 b) 971 Diese Variante ist zwar in § 675l S. 2 BGB nicht explizit aufgezählt – hierbei handelt es sich aber um ein Redaktionsversehen. § 675v Abs. 1 S. 1 BGB wurde nachträglich geändert, § 675l S. 2 BGB jedoch nicht entsprechend angepasst; vgl. Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 63; Sprau in: Palandt § 675l Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 27; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 26. 972 Vgl. hierzu Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 68. 973 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 71; Frey in: Ellenberger/ Findeisen/Nobbe § 675l Rn. 20; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675l Rn. 14; Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 94, der es in § 54 Rn. 89 aber trotzdem für zulässig hält, eine solche Pflicht per AGB zu vereinbaren – gegenüber Verbrauchern stellt dies jedoch ein Verstoß gegen § 675e BGB dar. 974 A. A. AG Hamburg WM 2013, 1355; ebenso für eine Haftung schon im Verdachtsfalle Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675l Rn. 28; wohl auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675l Rn. 18; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675l Rn. 20 und Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 72: Beide Autoren wollen eine Verpflichtung sehen, einem Verdacht nachzugehen. Unterlässt der Zahler entsprechende Nachforschungen, löst dies nach Frey einen Schadensersatzanspruch nach §§ 675v Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB aus; letztlich sieht er hierin also eine besondere Pflicht nach § 675l BGB. Nobbe stellt in solchen Konstellationen die fahrlässige Unkenntnis der positiven Kenntnis gleich. 975 Besitzgebundene Komponenten sind erst abhandengekommen, wenn der Zahler keine allgemeine tatsächliche Verfügungsgewalt mehr beanspruchen kann; vgl. Sprau in: Palandt § 675l Rn. 5; Frey in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675l Rn. 17. Bestehen vernünftige Gründe für ein Wiederauffinden, kann dem Zahler keine positive Kenntnis vom Abhandenkommen unterstellt werden.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ZD-RiL dafür entschieden, den Zahler erst ab seiner Kenntnis zum Handeln zu verpflichten. Mit anderen Worten ist die Anzeigepflicht eine spezielle Schutzpflicht, die damit nicht von Art. 56 Abs. 1 a) und Abs. 2 ZD-RiL erfasst sein kann. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Richtlinie diese konkrete Verpflichtung nicht abschließend regeln wollte – die besondere Erwähnung der Anzeigepflicht wäre sonst neben den anderen Schutzpflichten überflüssig. Jegliche erweiternde Gesetzesinterpretation ist demnach nicht mit der ZD-RiL vereinbar – und aufgrund Art. 86 Abs. 3, 51 Abs. 1 ZD-RiL976 kann sich ein Verbraucher auch nicht zu einer solchen Verdachtsanzeige in der Form verpflichten, dass bei einem Verstoß ein Schadensersatzanspruch nach § 675v Abs. 2 BGB entsteht. An dieser Stelle darf auch eine Aussage des deutschen Gesetzgebers nicht überbewertet werden: Er erkennt selbst seine unvollständige Regelungskompetenz, sämtliche Pflichten hinsichtlich der vielen verschiedenen Zahlungsverfahren gesetzlich erfassen zu können. Deshalb erlaubt er es den Zahlungsdienstleistern, mittels „vertraglichen Vereinbarungen [. . .] die jeweiligen Besonderheiten des zu verwendenden ZAI gebührend [zu] berücksichtigen.“ 977
Zum einen spricht er selbst davon, dass diese Freiheit nur für den nicht bereits durch Gesetz geregelten Teil gilt978, zum anderen handelt es sich bei der Anzeigepflicht gerade nicht mehr um eine Besonderheit einzelner ZAI. Vielmehr lässt sich diese abstrakte Pflicht auf jeden Anwendungsfall herunterbrechen; eine spezielle vertragliche Regelung ist deshalb überhaupt nicht notwendig. Gewiss entsteht durch diese Gesetzesanwendung eine Haftungslücke: Im Falle des Verdachts kann er sich weitere Mühen zur Aufklärung sparen. Er kann letztlich einen Missbrauchsfall abwarten, ehe er zum Einschreiten verpflichtet ist. Das Judiz sträubt sich erheblich. Angesichts der eindeutigen Wertungen der ZD-RiL handelt es sich hier aber lediglich um einen – für die Rechtsanwendung unbeachtlichen – rechtspolitischen Moment. Der Richtliniengeber hätte die Regelung auch anders gestalten können. So hat der Rechtsanwender diese Entscheidung aber zu akzeptieren und darf sie nicht durch geschickte gestalterische und methodische Mittel unterlaufen.979
976
In Deutschland wurden diese Normen mit § 675e Abs. 1 und Abs. 4 BGB umge-
setzt. 977 Begründung zu § 675l BGB BR-Drucks. 848/08 S. 173. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.19.3“ sieht darin die Bestätigung, dass die Vereinbarung einer solchen Pflicht zur Verdachtsanzeige zulässig sein soll. Dabei sei der Zahler noch ausreichend geschützt, da seinem Zahlungsdienstleister schließlich die Beweislast für ein grob fahrlässiges Versäumnis obliegt; im Ergebnis ebenso Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 65. 978 Vgl. Begründung zu § 675l BGB BR-Drucks. 848/08 S. 173. 979 Im Ergebnis so auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675l Rn. 6.
II. Autorisierungsphase
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(c) Betrügerische Absicht Der – aus rechtspolitischer Sicht – klarste Grund für eine unbeschränkte Schadensersatzpflicht ist sicherlich das Ermöglichen eines unautorisierten Zahlungsvorgangs in betrügerischer Absicht. Wegen des europarechtlichen Hintergrunds kann zur Erläuterung dieser Voraussetzung nicht einfach auf die Grundsätze des § 263 StGB verwiesen werden. Unter dem beabsichtigten betrügerischen Handeln muss aber jedenfalls ein Vorgang verstanden werden, in dem das Opfer getäuscht und deshalb zu einer Vermögensverschiebung zu seinen Lasten bewegt wurde. Im Rahmen des § 675v Abs. 2 BGB muss sich die Täuschung prinzipiell auf den Umgang mit dem ZAI beziehen – also auf dessen Aufbewahrung, dessen Einsatz und dem Verhalten nach dessen Verwendung. Schließlich hat er aufgrund der Ausgabe und des Innehaltens eines ZAI besondere Schutz- und Unterlassungspflichten. Betrügerische Absicht kann hier also nur meinen, dass er ganz bewusst diesen Pflichten nicht nachkommt, dies aber gegenüber seinem Zahlungsdienstleister dennoch behauptet. Macht der Zahlungsdienstleister Aufwendungsersatz im Hinblick auf die fragliche Autorisierung geltend, will der betrügerisch handelnde Zahler nicht mehr wissen, wie es zu der Verwendung des ZAI kommen konnte980. So kann er seinen Zahlungsdienstleister grundsätzlich in Beweisnot bringen und sich hierdurch möglicherweise die Zahlung des Aufwendungsersatzes sparen. Auf der anderen Seite hat der Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag bereits unwiederbringlich erhalten. An dieser Stelle muss aber vorab überprüft werden, ob trotz einer solchen kriminellen Intention überhaupt ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang vorliegt: Gelangt das Gericht zur Überzeugung, der Zahler habe das ZAI selbst verwendet, leugnet diesen Vorgang nun aber, kommt es nicht um die Annahme einer Autorisierung durch den Zahler herum. Dass er im Verwendungszeitpunkt innerlich nicht zur Entrichtung des Aufwendungsersatzes bereit war, ist lediglich als innerer Vorbehalt zu werten. Dieses Verständnis ergibt sich aus § 116 S. 1 BGB. Diese Form des Verkehrsschutzes ist aber von solch zentraler Bedeutung für einen funktionierenden Rechtsverkehr981, dass dieses Prinzip auch der ZD-RiL zugrunde liegen muss. Die betrügerische Absicht kann demnach letztlich nur in den Fällen relevant werden, in denen der Zahler einem Dritten das ZAI bewusst zugänglich macht982. 980 Genau genommen liegt die Täuschung erst in diesem Verhalten. Er möchte einen Irrtum dahingehend erregen, dass mangels Autorisierung gerade kein Aufwendungsersatzanspruch besteht und er auch nicht in pflichtwidriger Weise zu dem Einsatz des ZAI beigetragen hat. 981 Vgl. hierzu Kramer in: MüKo-BGB § 116 Rn. 1 f.; für eine internationale Geltung dieses Grundsatzes spricht auch Art. 8 Abs. 2 CISG, der ebenfalls auf das Verständnis eines objektivierten Betrachters abstellt. 982 Grundsätzlich könnte hier zwar aufgrund der allgemeinen Rechtsscheinslehren dem Zahler die Verwendung des ZAI durch den Dritten – und somit die Autorisierungs-
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Im Ergebnis muss der Zahler zielgerichtet eine Pflicht hinsichtlich des ZAI verletzt und dadurch einem Dritten Zugang zu den personalisierten Sicherheitsmerkmalen verschafft haben, was er anschließend leugnen möchte. Dadurch muss er schon in diesem Zeitpunkt eine sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebung und Vermögensminderung zu Lasten eines Zahlungsdienstleisters und zu Gunsten von ihm oder eines beliebigen Dritten angestrebt haben.983 Gewiss ist die Sinnhaftigkeit des eigenständigen Betrugstatbestands zu hinterfragen, wenn der Richtliniengeber sogleich auch die – stets mitverwirklichte – vorsätzliche Pflichtverletzung mit derselben Rechtsfolge verknüpft. In der Tat bestehen hinsichtlich der Anspruchsbegründung keine Unterschiede zwischen den Haftungsvarianten. Im Falle der betrügerischen Absicht versagt § 675v Abs. 3 S. 3 BGB dem Zahler aber die Haftungsprivilegien des § 675v Abs. 3 S. 1 und 2 BGB. Somit kann auf eine entsprechende Differenzierung nicht verzichtet werden. (d) Kausalität und Schaden Der Wortlaut des § 675v Abs. 2 BGB verlangt wiederum eine doppelte Kausalität: Zunächst muss der betrügerisch handelnde Zahler einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang ermöglicht bzw. seine Pflichtverletzung muss diesen herbeigeführt haben. Zudem muss sich aus diesem Zahlungsvorgang ein Schaden984 ergeben. (e) Beweislastverteilung Prinzipiell unterscheidet sich Beweislastverteilung an dieser Stelle nicht von der des § 675v Abs. 1 S. 2 BGB985: Grundsätzlich schließt das Gericht von der korrekten Verwendung des ZAI auf die Autorisierung durch den Zahler selbst. Diese Überzeugung konnte der Zahler aber Erschüttern, indem er konkret mögliche Alternativsachverhalte vorgetragen und nachgewiesen hat. Diese Tatsachen können nun eine grob fahrlässige Pflichtverletzung bzw. eine betrügerische Aberklärung – als eigene zugerechnet werden. Diese sind an dieser Stelle gerade wegen dem Zwang zur Vollharmonisierung aus Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL nicht anwendbar; vgl. dazu C.II.1.i)bb)(3)(b)(gg) und C.II.2.a)aa)(2). Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 8 und Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 675v Rn. 97, halten aber auch bei einem eigenhändigen Einsatz des ZAI den § 675v Abs. 2 BGB für anwendbar. Wo dann allerdings eine rechtssichere Grenze bei der Autorisierung gezogen werden soll, bleibt unklar. 983 Im Ergebnis weitgehend auch in diese Richtung Sprau in: Palandt § 675v Rn. 5; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675v Rn. 21; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 5, der die vorsätzliche Pflichtverletzung gerade nicht mit Handeln in betrügerischer Absicht gleich setzt. 984 Zu den möglichen Schadenspositionen vgl. C.II.2.a)bb)(1)(c). 985 Vgl. dazu C.II.2.a)cc)(1)(d).
II. Autorisierungsphase
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sicht begründen. Denkbar ist aber auch, dass das Gericht zwar eine Pflichtverletzung, nicht aber die Einstufung als grob fahrlässig annimmt – so bleibt lediglich die Haftung nach § 675v Abs. 1 BGB. An dieser Stelle lohnt nochmals der Blick auf die generelle Verteilung der Beweislast aufgrund der Gefahren- und Verantwortungsbereiche986: Der ursprüngliche Anscheinsbeweis setzt voraus, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers nachgewiesen hat, dass sein Sicherheitssystem ein sehr hohes Schutzniveau aufweist. All die Einrichtungen und Abläufe, auf die er realistisch gesehen Einfluss nehmen kann, müssen eine erhebliche Fehler- und Manipulationsresistenz aufweisen. Nun steht der Zahler unter Zugzwang: Möchte der Zahler den Schluss auf seine eigenhändige Autorisierung vermeiden, muss er Möglichkeiten darlegen und beweisen, wie es innerhalb seiner Sphäre zu Sicherheitslücken kommen konnte. Diese alternativen Kausalverläufe können von unterschiedlicher Qualität sein: Sie können auf eine komplett fehlende Pflichtverletzung hindeuten. Sie können sich aber auch lediglich auf die verschiedenen Verschuldensgrade der § 675v Abs. 1 und 2 BGB beziehen. (2) Rechtsfolge Aufgrund von § 675v Abs. 2 BGB ist „der Zahler [. . .] seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet.“ Letztlich handelt es sich um die gewöhnliche Rechtsfolge, wie sie beispielsweise auch von § 280 Abs. 1 BGB angeordnet wird. Die genaue Höhe und Form des Schadensersatzes bestimmt sich nach §§ 249 ff. BGB. Insbesondere kann sich ein Mitverschulden des Zahlungsdienstleisters des Zahlers nach § 254 BGB haftungsmindernd auswirken987. Ein Verschuldensgrad des Zahlungsdienstleisters – der aufgrund seiner besonderen Wertigkeit nicht fast vollständig hinter ein grob fahrlässiges Verhalten des Zahlers zurücktritt988 – ist aber fast nur dann gegeben, wenn der Missbrauch sich auch ihm hätte aufdrängen müssen, er das ZAI aber nicht entsprechend § 675k Abs. 2 BGB auch ohne eine Anzeige des Zahlers gesperrt hat. Indizien hierfür können ungewöhnliche Zahlungsbeträge, dubiose Zahlungsempfänger und merkwürdige Verwendungszwecke sein. 986 C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff) und C.II.1.i)cc)(1)(e). Ebenfalls sollte nochmals die Wirkrichtung von § 675w S. 3 BGB verdeutlicht werden: Diese Norm begründet keinen Anscheinsbeweis, sondern schränkt lediglich die Überzeugungsbildung des Richters dahingehend ein, dass er aus dem Vorliegen bestimmter Tatsachen zwingend und unwiderleglich auf eine Pflichtverletzung, auf grob fährlässiges oder vorsätzliches Handeln oder auf eine betrügerische Absicht schließen darf. Die allgemeinen Regeln zur Begründung eines Anscheinsbeweises werden dadurch aber nicht berührt [vgl. C.II.1.i)bb)(4)]. 987 Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 12; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 107 ff. mit Beispielen für das Online-Banking und einen Geldausgabeautomaten; vgl. auch Fußnote 934. 988 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 115.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ee) § 675v Abs. 3 BGB: Haftungsausschluss Sofern dem Zahler keine betrügerische Absicht nachgewiesen wird, kann der Zahler mit den beiden Einwendungen aus § 675v Abs. 3 S. 1 und 2 BGB eine Haftung nach § 675v Abs. 1 und 2 BGB abwenden. (1) § 675v Abs. 3 S. 1 BGB Erstattet der Zahler eine Anzeige über den Verlust oder Missbrauch des ZAI nach § 675l S. 2 BGB, kann sein Zahlungsdienstleister wegen § 675v Abs. 3 S. 1 BGB die danach entstandenen Schäden nicht nach § 675v Abs. 1 und 2 BGB ersetzt verlangen. Da ab diesem Zeitpunkt der Zahlungsdienstleister des Zahlers positive Kenntnis der Sicherheitslücke hat, kann er relativ einfach die weitere Nutzung des ZAI durch eine Sperre unterbinden. Seine Reaktionsmöglichkeiten hängen auch nicht davon ab, wodurch die Lücke entstanden ist. Wertungsmäßig unterbricht § 675v Abs. 3 S. 1 BGB die Kausalität zwischen einer ursprünglichen Pflichtverletzung des Zahlers und der Schadensentstehung wegen des Unterlassens des Zahlungsdienstleisters989. Die Anzeige hat deshalb eine solche Zäsurwirkung, dass sie den Zahler selbst bei einer vorsätzlichen Pflichtverletzung von seiner Haftung befreit990. Der entscheidende Zeitpunkt bemisst sich ausschließlich nach dem Zugang der Anzeige. Vollkommen irrelevant ist daher, wie lange der Zahlungsdienstleister bis zur Sperrung991 benötigt und ob das betroffene ZAI zwischenzeitlich missbräuchlich eingesetzt wurde992. Ebenfalls unerheblich ist die Art und Weise der Anzeige: Zwar kann das Verwenden des herkömmlichen – verhältnismäßig langsamen – Postverkehrs oder das Entsenden eines Boten eine Pflichtverletzung darstellen993. Dies ist aber keine Erklärung dafür, dass der Zahlungsdienstleister eine solche Mitteilung gänzlich unberücksichtigt lassen darf. Der Zahler trägt lediglich das Risiko im Zeitraum zwischen Abgabe und Zugang der Anzeige. Einen solchen Sachverhalt kann man rechtstechnisch auch als Zurechnungsfrage im Sinne des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs einstufen: Kommt es nach dem Eingang eines Briefs mangels Sperre zu einem Missbrauchsfall, hätte auch eine pflichtgemäße Meldung – beispielsweise durch ein sofortiges Telefonat – diesen konkreten Schaden nicht verhindern können.
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So auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675v Rn. 21. Im Ergebnis auch so Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 5; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675v Rn. 13; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 117. 991 Zu dieser ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach § 675m Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB verpflichtet; vgl. auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 40. 992 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 118. 993 C.II.2.a)dd)(1)(b). 990
II. Autorisierungsphase
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(2) § 675v Abs. 3 S. 2 BGB Nach § 675m Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers Empfangseinrichtungen schaffen, damit der Zahler die Verlustanzeige nach § 675l S. 2 BGB mit geeigneten Mitteln vornehmen kann. Kommt der Zahlungsdienstleister des Zahlers dieser Verpflichtung nicht nach, suspendiert § 675v Abs. 3 S. 2 BGB während der Dauer des Versäumnisses den Schadensersatzanspruch aus § 675v Abs. 1 und 2 BGB. Dass es sich hier lediglich um eine zeitliche Zurückstellung und nicht um einen endgültigen Ausschluss der Schadensersatzansprüche handelt ergibt sich aus dem Zweck der Norm: Der Zahler soll trotz einem pflichtgetreuem Verhalten – zumindest ab diesem Zeitpunkt – nicht mehr das künftige Missbrauchsrisiko tragen. Der Gesetzgeber trennt an dieser Stelle klar die Verantwortungsbereiche. Auch hier unterbricht der Zahlungsdienstleister mit seinem Verstoß den Kausalzusammenhang zwischen der haftungsbegründenden Pflichtverletzung und dem Schaden. Kommt der Zahlungsdienstleister des Zahlers seiner Einrichtungspflicht aber auf einmal nach – weil beispielsweise ein Systemausfall behoben wurde –, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr für eine Haftungsprivilegierung des Zahlers. Die Rechtsprechung wird in diesem Rahmen aber noch eine Frage klären müssen: Der Wortlaut des § 675v Abs. 3 S. 2 BGB erfordert keinen Kausalitätszusammenhang zwischen dem Fehlen einer solchen Empfangseinrichtung und dem entstandenen Schaden. Danach kann sich der Zahler auch auf § 675v Abs. 3 S. 2 BGB berufen, selbst wenn er die Erstattung der Anzeige noch nicht einmal probiert hat. In der Literatur sieht man teilweise keinen methodischen Grund, die Norm abweichend zu interpretieren und verzichtet daher auf einen Pflichtwidrigkeitszusammenhang994. Die Formulierung wird im Ergebnis als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers betrachtet. Nach dieser Auffassung würde der Zahler aber von einem reinen Zufall profitieren, weil sich an seinem Verstoß gegen die Anzeigepflicht nichts ändert. Da es sich schon bei § 675v Abs. 3 S. 1 BGB systematisch um eine Kausalitätserwägung handelt995, ist diese Grundidee auch auf § 675v Abs. 3 S. 2 BGB anzuwenden. Die Pflichtverletzung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers kann nur haftungsbefreiend wirken, wenn bei ordnungsgemäßem Verhalten die missbräuchliche Nutzung bzw. der Schaden hätte verhindert werden können. Nun lässt sich hier zwar dasselbe zugunsten des Zahlers einwenden: Ein Anzeigever994 Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675v Rn. 5; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 6; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 120; a. A. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.19.4“; Maihold in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 54 Rn. 100; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675v Rn. 21; Omlor in: Staudinger [2012] § 675v Rn. 31; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 41; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675v Rn. 21. 995 C.II.2.a)ee)(1).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
such des Zahlers wäre von vornherein untauglich zur Schadensverhinderung gewesen, so dass seine Pflichtverletzung ebenfalls unbeachtlich sein muss. Zwingende Schlüsse lassen sich deshalb auch aus der Systematik weder in die eine, noch in die andere Richtung ableiten. Die Lösung ergibt sich aber wiederum aus der Verantwortungszuweisung bei der Verwendung von ZAI996: Danach kann sich jede Partei von der Haftung befreien, solange sie all ihre Pflichten erfüllt. An dieser Stelle erfüllen beide Parteien ihre jeweiligen Vorgaben nicht. Da sich beide Verstöße aber auf die Anzeige beziehen, heben sich diese gegenseitig auf – keiner möchte von dieser Schutzmöglichkeit Gebrauch machen. Für den Rechtsanwender stellt sich also dieselbe Situation, als gäbe es diese Rechtsfigur überhaupt nicht. Der Fall muss also auf seine Überreste untersucht werden: Besteht neben dem Verstoß gegen die Anzeigepflicht keine weitere haftungsauslösende Pflichtverletzung des Zahlers, trifft ihn keine Ersatzpflicht. Vielmehr muss der Schaden als Verwirklichung eines Risikos gesehen werden, das der massenhaften Nutzung von ZAI immanent ist und deshalb vom anbietenden Zahlungsdienstleister getragen werden muss. Ging der nicht erfolgten Anzeige aber ein weiterer Haftungsgrund voraus, bleibt wertungstechnisch lediglich der Zahler hinter seinen Pflichten zurück. Somit kann es nicht zu einer Lösung kommen, nach der ein ordnungsgemäß handelnder Zahlungsdienstleister für die Pflichtverletzung des Zahlers einstehen muss. Betreibt der Zahler keinen Versuch zur Anzeige, führt § 675v Abs. 3 S. 2 BGB im Ergebnis nicht zu einem Haftungsausschluss997. Allerdings kann der Zahlungsdienstleister in diesen Fällen die haftungsbegründende Pflichtverletzung niemals in der fehlenden Anzeige suchen. (3) Auswirkungen des § 675v Abs. 3 BGB auf die Beweislastverteilung § 675v Abs. 3 BGB enthält keine vollkommen neue und überraschende Regelungen. Vielmehr zieht der Gesetzgeber dieselben Folgerungen aus der Anzeigepflicht, die man auch mit den allgemeinen Lehren über die Schadensverursachung hätte erreichen können. In beweisrechtlicher Hinsicht wäre es deshalb unrichtig, § 675v Abs. 3 BGB als Einwendung zu bezeichnen, deren Voraussetzungen grundsätzlich der Zahler als Haftungsgegner zu beweisen hätten. Aufgrund der systematischen Vermischung der einzelnen Absätze sollte es auch hier bei der üblichen Beweislastverteilung bleiben: Jeder muss beweisen, dass er seinen das ZAI betreffenden Schutzpflichten nachgekommen ist. Der Zahlungs996
C.II.1.i)bb)(3)(b)(ff). Deshalb verstößt eine AGB, die eine solche Kausalität ausdrücklich vorsieht, weder gegen § 675v Abs. 3 BGB noch gegen §§ 307 ff. BGB. 997
II. Autorisierungsphase
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dienstleister des Zahlers muss also den ständigen Betrieb einer Empfangsstelle nachweisen, der Zahler den Zugang der Sperranzeige998. Nach § 675m Abs. 1 S. 2 BGB kann der Zahler zur Sicherung der Beweisführung von seinem Zahlungsdienstleister eine Eingangsbestätigung verlangen. Bis er eine solche in den Händen hält, verbleibt ihm eigentlich fast ausschließlich der Zeugenbeweis, indem er beispielsweise einen Dritten das Telefongespräch mithören lässt.999 b) Sonstige Zahlungsverfahren – Anwendbarkeit der allgemeinen Anspruchsgrundlagen Wurde bei der Autorisierungshandlung überhaupt kein ZAI verwendet, ist weder § 675v BGB1000 noch eine andere spezielle Norm der §§ 675c–676c BGB anwendbar. Zum Schadensausgleich muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers auf die allgemeine vertragliche Haftung nach §§ 280 ff. BGB zurückgreifen. Deren Anwendbarkeit bedarf aber wegen der Vollharmonisierung nach Art 86 ZDRiL einer besonderen Prüfung. Den Ausgangspunkt bildet an dieser Stelle § 675u S. 1 BGB, wonach bei einer fehlenden Autorisierung kein Anspruch auf Aufwendungserstattung entstehen kann. Dass dadurch jede andere Norm gesperrt ist, die ebenfalls ausdrücklich Aufwendungserstattung gewährt, ist unstreitig. Eine Aussage über die Anwendbarkeit von Schadensersatznormen ist aber allein mit der Existenz des § 675u S. 1 BGB nicht zu begründen. Hierzu bedarf es vielmehr der Beleuchtung seines europarechtlichen Hintergrunds. aa) Wirkungen des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL In einem ersten Schritt ist also zu klären, ob nach der ZD-RiL ein solcher Anspruch überhaupt vorgesehen ist. Mit § 675u BGB soll Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL umgesetzt werden1001. Dieser enthält aber keinen solchen ausdrücklichen Anspruchsausschluss, sondern lediglich die – gegenteilige – Pflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers zur Erstattung des belasteten Zahlungsbetrags1002. Kann der Zahler von seinem Zahlungsdienstleister die Erstattung verlangen, setzt dies denknotwendigerweise das Fehlen 998 Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn. 126; Sprau in: Palandt § 675v Rn. 7; ähnlich Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675v Rn. 43. 999 A. A. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675w Rn. 10, der sich auf die sonst fehlende Effektivität der Bestätigungspflicht aus § 675m Abs. 1 S. 2 BGB beruft. 1000 Vgl. C.II.2.a)aa)(1). 1001 Vgl. Begründung zu § 675u BGB BR-Drucks. 848/08 S. 184. 1002 Der Verweis auf Art. 58 ZD-RiL bewirkt ausschließlich eine zeitliche Grenze für diesen Anspruch des Zahlers, trifft aber selbst keine Aussagen über das grundsätzliche Bestehen von Forderungen.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
eines entsprechenden gegenteiligen Anspruchs zugunsten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers voraus: Im Falle nicht autorisierter Zahlungsvorgänge hat er grundsätzlich kein Recht, den belasteten Zahlungsbetrag zu behalten und somit auch keinen Anspruch auf Erstattung des Zahlungsbetrags im Vorfeld der Belastung1003. Diese – stillschweigende – Regel wird durch den Wortlaut des Art. 61 Abs. 1 ZD-RiL1004 bestätigt: Ausnahmsweise gesteht man dem Zahlungsdienstleister des Zahlers einen Anspruch im Falle nicht autorisierter Zahlungsvorgänge zu1005. Wenn der Richtliniengeber mit Art. 60 Abs. 2 ZD-RiL einen weiteren Anspruch des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister duldet, aber keine gegenteiligen Ansprüche zugunsten des Zahlungsdienstleisters anspricht, wird diese Deutung entsprechend abgerundet; die ZD-RiL sieht eine solche Forderung nicht vor. In welchem Umfang gilt aber diese Aussage des europäischen Richtliniengebers? Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 675u S. 1 BGB lediglich den Aufwendungsersatz ausgeschlossen. Er geht aber auch davon aus, dass „Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers, die auf dieselben Rechtsfolgen wie der Anspruch aus § 675u BGB-E gerichtet sind, wie etwa aus ungerechtfertigter Bereicherung“
daneben nicht bestehen können1006. Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL zwingt tatsächlich zu einer solch umfassenden Folgerung: Solange keine Autorisierung vorliegt, zwingt er den Zahlungsdienstleister des Zahlers zur Erstattung. Diese Pflicht besteht also rein erfolgsorientiert, d.h. ohne dass nach der Art und Weise des Zustandekommens des Zahlungsvorgangs bzw. der Belastung oder nach den Rechtsfolgen einer solchen Erstattungspflicht differenziert wird1007. Weil ein Anspruch zugunsten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gerade wegen des Umkehrschlusses zu Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL ausscheidet, darf dabei ebenfalls nicht nach den Gründen für den Zahlungsvorgang oder den Rechtsfolgen des „fehlenden“ Anspruchs gefragt werden. Dem Zahlungsdienstleister des Zahlers steht jedenfalls kein Anspruch auf Ausgleich zu.
1003 Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich hier lediglich um eine einstweilige Sicherungsregelung handeln soll, die beispielsweise bis zu einer gerichtlichen Klärung gelten soll. Deshalb muss diese Aussage als dauerhafte Beurteilung der Rechtslage verstanden werden. 1004 „Abweichend von Artikel 60 trägt der Zahler [. . .] den Schaden . . .“. 1005 Dasselbe gilt für Art. 61 Abs. 2 ZD-RiL. Dessen Wortlaut ist zwar nicht auf dieses Regel-Ausnahmeverhältnis ausgerichtet. Aus der englischen, französischen, spanischen und italienischen Fassung ergibt sich aber, dass lediglich die Haftungshöchstgrenze aus Art. 61 Abs. 1 ZD-RiL entfallen soll. Systematisch gesehen handelt es sich deshalb um eine Modifizierung des Anspruchs aus Art. 61 Abs. 1 ZD-RiL und nicht um eine vollkommen neue und unabhängige Anspruchsgrundlage. 1006 Begründung zu § 675u BGB BR-Drucks. 848/08 S. 184. 1007 So auch Bartels WM 2010, 1828 (1833); Belling/Belling JZ 2010, 708 (709 f.).
II. Autorisierungsphase
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bb) Einfluss des Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL sieht also keinen Anspruch des Zahlungsdienstleisters des Zahlers vor. Damit ist aber noch keine Aussage über Möglichkeiten des nationalen Gesetzgebers getroffen, andere, allgemeinere Anspruchsgrundlagen zu schaffen oder aufrecht zu erhalten, die den fraglichen Ausgleich zum Ziel haben. Deshalb ist in einem zweiten Schritt der verbleibende Ausgestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung der ZD-RiL zu untersuchen. Mit Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL erlaubt die ZD-RiL den Mitgliedstaaten „. . . in den Bereichen, in denen diese Richtlinie harmonisierte Bestimmungen enthält, keine anderen als die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen bei[zu]behalten oder ein[zu]führen.“
Hier kommt es also darauf an, wie weit der Anwendungsbereich des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL bemessen wurde. Art. 288 Abs. 3 AEUV beschreibt die Richtlinie ganz allgemein als eine verbindliche Vorgabe bezüglich eines zu erreichenden Ziels – besser ausgedrückt mit einem zu erreichenden Ergebnis1008. Würde man das zu erreichende Ergebnis abstrakt mit den Motiven der Richtlinie – also Verbesserung des Binnenmarkts für den Zahlungsverkehr1009 – beschreiben, hätte der nationale Gesetzgeber mangels ausreichender Substantiierung noch keine umsetzungsfähige Vorgabe erhalten. Deshalb muss der Begriff „Ziel“ aus Art. 288 Abs. 3 AEUV an die einzelnen Normen der Richtlinie im Sinne einer Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation anknüpfen: Bestimmte, konkretisierte Sachverhalte sollen eine ganz bestimmte Rechtsfolge erfahren. Sammelt man alle Sachverhalte zusammen, für die nach der Richtlinie eine solche Rechtsfolge vorgesehen ist, erhält man den Anwendungsbereich der Richtlinie.1010 Ausdrücklich wird in der ZD-RiL zwar lediglich der Sachverhalt des „nicht autorisierten Zahlungsvorgangs“ mit der Rechtsfolge „Erstattungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers“ verknüpft. Stillschweigend setzt dies aber die Rechtsfolge „Nichtbestehen eines Anspruchs zugunsten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers“ voraus1011, so dass diese Rechtsfolge in ebenso positiver Form festgelegt wurde. Wegen der Vollharmonisierung besteht zunächst die Vermutung, dass alle Rechtsfolgen für die Sachverhalte abschließend angeordnet wurden – und zwar unabhängig von der Einordnung der Rechtsfolge in ein bestimmtes Rechtsgebiet oder in eine Rechtsfigur des einzelnen Mitgliedsstaats1012. Diese Vermutung 1008
Ruffert in: Calliess/Ruffert – EUV/AEUV 2011 Art. 288 AEUV Rn. 23. Vgl. B.I. 1010 Zu dieser Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation vgl. Riehm in: Gsell – Vollharmonisierung 2009, 83 (88) m.w. N.; ausführlicher Riehm JZ 2006, 1035 (1037 ff.). 1011 C.II.2.b)aa). 1012 Vgl. Riehm in: Gsell – Vollharmonisierung 2009, 83 (94); Riehm JZ 2006, 1035 (1039 f.); Gsell/Schellhase JZ 2009, 20 (23 in deren Fußnote 43). 1009
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
muss wegen des der ZD-RiL übergeordneten Zwecks1013 ebenfalls gelten: Die derzeitige Rechtszersplitterung im Bereich des Zahlungsverkehrs soll aufgehoben werden, um einen funktionierenden Binnenmarkt für diesen Sektor voranzutreiben. Die Funktionsfähigkeit eines grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs leidet aber erheblich, solange die Mitgliedsstaaten keine einheitlichen Rahmenbedingungen schaffen. Jede Norm eines Mitgliedsstaats, die einen in der Richtlinie geregelten Sachverhalt anders beurteilt, kann die Binnenmarktbestrebung konterkarieren. Folglich sind insbesondere allgemeine und bereits bestehende nationale Normen unanwendbar1014. Dies muss auch dann gelten, wenn solche Vorschriften strengere Voraussetzungen für den Eintritt der anderweitigen Rechtsfolge vorsehen1015. Für die Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge könnte sich ein Zahler sonst nicht auf den Inhalt der Richtlinie verlassen, sondern müsste sich entweder mit der Rechtsunsicherheit abfinden oder Recherchen zur Aufklärung des jeweiligen nationalen Rechts betreiben. Beides fördert die Akzeptanz grenzüberschreitender Zahlungsvorgänge nicht. Einer Erstreckung dieser allgemeinen Regel auf die ZD-RiL steht auch nicht Erwägungsgrund 31 entgegen. Nach diesem sollen andere Ansprüche zwischen Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern unberührt bleiben. Die Aussagekraft dieser Formulierung ist aber wegen ihrer Unbestimmtheit sehr gering. Er geht gerade nicht speziell auf das Verhältnis des Zahlers mit seinem Zahlungsdienstleister ein, worauf sich die abschließende Wirkung des Art. 60 Abs. 1 ZDRiL beschränkt1016. Ebenfalls bleibt unklar, ob Erwägungsgrund 31 von Zahlungsansprüchen oder von Schutzpflichten spricht. Darüber hinaus stehen dem Erwägungsgrund 31 andere systematische Erwägungen entgegen, mit denen die bisherige Vermutung zur vollständig abschließenden Regelung gestützt wird: Zunächst enthält Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL selbst explizite Öffnungsklauseln für bestimmte Themenfelder; warum sollen den Mitgliedsstaaten außerhalb dieser Gestaltungsinseln ungeschriebene Umsetzungsspielräume und Abweichungsmöglichkeiten zukommen? Auch wurde den Parteien mit Art. 51 Abs. 1 ZD-RiL die Möglichkeit gegeben, die Ausnahmeregelung des Art. 61 ZD-RiL vertraglich abzuändern1017. Offenbar wollte man 1013 Vgl. zu den Zwecken der Zahlungsdiensterichtlinie Erwägungsgründe 1 und 2 zu Richtlinie ZD-RiL sowie B.I. 1014 Vgl. Riehm in: Gsell – Vollharmonisierung 2009, 83 (94 f.); Riehm JZ 2006, 1035 (1039, rechte Spalte). 1015 Riehm JZ 2006, 1035 (1039, linke Spalte). 1016 Vgl. Riehm JZ 2006, 1035 (1040, linke Spalte). 1017 Zwar heißt es in Art. 51 Abs. 1 ZD-RiL lediglich, dass diese Norm „ganz oder teilweise nicht angewandt“ werden kann. Dies muss allerdings auch die Erweiterung der Ausnahmetatbestände umfassen, indem diese durch zusätzliche Haftungstatbestände ergänzt werden. Schließlich besteht diese Möglichkeit nur bei unternehmerischen Zahlern, die weniger schutzbedürftig sind (vgl. hierzu auch Erwägungsgrund 20 zu Richtlinie ZD-RiL). Es wäre daher nicht sinngerecht, den Beteiligten hier lediglich die Nicht-
II. Autorisierungsphase
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gerade nicht, dass das Grundprinzip des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL direkt durch staatliche Gesetze angetastet wird – eine abweichende Ausgestaltung soll in den Händen der Parteien liegen. Eine Vereinbarung zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister birgt nämlich bezüglich eines gemeinsamen Binnenmarktes deutlich weniger Risiken: Ein Beteiligter muss gerade nicht eine fremde und von außen herangetragene Rechtslage untersuchen, sondern kann seine Pflichten und Rechte direkt seinem eigenen Vertrag entnehmen. Er begibt sich also nicht in die Rechtsunsicherheit, die bei einer gesetzlichen Regelung bestehen würde. Zuletzt kann sich diese Auffassung auf eine historisch-vergleichende Erwägung stützen: In der ebenfalls vollharmonisierenden Produkthaftungsrichtlinie1018 hat sich der Richtliniengeber ausdrücklich dafür entschieden, dass anderweitige nationale Haftungsvorschriften weiterhin zulässig sein sollen1019. Eine solche Öffnungsklausel fehlt allerdings in der ZD-RiL – ein weiteres Indiz für eine bewusste Entscheidung gegen weitere Haftungsvorschriften innerhalb des nationalen Rechts. cc) Zusammenfassung des europarechtlichen Hintergrunds Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass wegen Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL dem Zahlungsdienstleister des Zahlers kein Erstattungsanspruch zustehen kann, solange der Zahlungsvorgang nicht autorisiert wurde und eine Ausnahme des Art. 61 ZD-RiL nicht eingreift. Das Prinzip der Vollharmonisierung verbietet den Erlass zusätzlicher nationaler Regelungen, die im Falle der Nichtautorisierung die Rechtsfolge „Zahlung bzw. Erstattung des Zahlungsbetrags“ zulasten des Zahlers anordnen – selbst wenn dieser Anspruch zugunsten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird. dd) Auswirkungen auf das deutsche Recht Im deutschen Recht ist deshalb nicht nur das Bereicherungsrecht1020, sondern auch jeglicher anderer Schadensersatzanspruch1021 – sei es aus §§ 280 ff. BGB anwendung einer Vorschrift wie Art. 61 ZD-RiL zu ermöglichen, die das hohe Schutzniveau des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL auflockert. Im Ergebnis wäre dann der Unternehmer besser geschützt als der Verbraucher. So auch Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675e Rn. 7 und Pfeifer in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675e Rn. 22, die von „abweichenden Vereinbarungen“ sprechen; Sprau in: Palandt § 675e Rn. 3 („abweichende Regelungen“). 1018 Richtlinie 85/374/EWG; für den Charakter der Vollharmonisierung Urteil des EuGH vom 10.01.2006 Az.: C-402/03 („Skov und Bilka“). 1019 Art. 13 85/374/EWG. 1020 So im Ergebnis auch LG Hannover ZIP 2011, 1406 (juris-Rn. 22–25); Bartels WM 2010, 1828 (1833); Belling/Belling JZ 2010, 708 (710); Winkelhaus BKR 2010, 441 (445); Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675u Rn. 4 f.); Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675u Rn. 17, 23; Casper in: MüKo-BGB [2012]
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
oder aus §§ 823 ff. BGB – unanwendbar, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers vom Zahler einen Ausgleich für den aufgewendeten Zahlungsbetrag erhalten möchte1022. Dies gilt auch für eine etwaige Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB im Falle einer Verletzung der Unterrichtungspflicht aus § 676b Abs. 1 BGB1023. Freilich muss nach dem Sinn des § 676b Abs. 1 BGB gefragt werden, wenn er eine Haftung nicht zu begründen vermag. Die Antwort ergibt sich aber aus dem zugrundeliegenden Art. 58 ZD-RiL1024: Diese Norm ordnet selbst keine Haftung an, sondern bestimmt lediglich die zeitliche Grenze für eine Korrektur im Falle nicht autorisierter Zahlungsvorgänge – also auch für die Erstattung nach Art. 60 Abs. 1 ZD§ 675u Rn. 22; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675y Rn. 49; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675u Rn. 4. A. A. Schnauder jurisPR-BKR 2011, Heft 11 Anm. 4 „C“ m.w. N. zu den widerstreitenden Auffassungen; ebenso für die Beibehaltung des bisherigen bereicherungsrechtlichen Systems: Omlor in: Staudinger [2012] § 675z Rn. 6; Reymann JuS 2012, 781 (786); Kiehnle JURA 2012, 895 (900); Darstellung beider Auffassungen auch bei Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 50 Rn. 25 f. mit jeweiligen Nachweisen. Zum selben wirtschaftlichen Ergebnis kommt Rademacher NJW 2011, 2169 (2171): Er akzeptiert zwar keine Sperrwirkung, sieht aber im Rahmen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ohne eine Autorisierung auch keine dem Zahler zurechenbare Leistung an den Zahlungsempfänger. Deshalb tritt im Grundverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger auch keine Erfüllung ein, so dass der Zahler durch den Zahlungsvorgang gerade nicht die Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt. Mangels Bereicherung des Zahlers besteht folglich auch kein Kondiktionsanspruch. Gänzlich anderer Ansicht bezüglich der Sperrwirkung für Kondiktionsansprüche sind Grundmann WM 2009, 1109 (1116 f.) und Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675u Rn. 20: Ist dem Zahlungsempfänger die fehlende Autorisierung bekannt, gehen sie wie Rademacher vor. Andernfalls müsse der Zahlungsvorgang dem Zahler zugerechnet werden, so dass die gegen ihn bestehende Forderung des Zahlungsempfängers erlösche. Es soll also eine Bereicherung des Zahlers vorliegen, die sein Zahlungsdienstleister ihm gegenüber geltend machen kann. Eine solche Zurechnung der Leistung kraft Rechtsscheins wird allerdings auch von Winkelhaus BKR 2010, 441 (448) gerade wegen der Vollharmonisierung bestritten. Bemerkenswert ist, dass Nobbe nur eine Randnummer zuvor von einer Unerheblichkeit der Kenntnis des Zahlungsempfängers spricht und dass daher auch bei Unkenntnis § 675u eingreife – dass er in Rn. 20 aber trotzdem einen Zugriff gegenüber dem Zahler gewährt, erscheint widersprüchlich. 1021 A. A. Oechsler WM 2010, 1381 (1382), jedoch ohne argumentative Auseinandersetzung; ebenso ohne Begründung Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (119), der allerdings erwägt, die Haftungsbeschränkungen des § 675v BGB entsprechend anzuwenden; Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675u Rn. 6. Grundsätzlich für die Anwendung anderer Schadensersatzansprüche Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675u Rn. 4; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675u Rn. 4. 1022 Vgl. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.17“; Sprau in: Palandt § 675u Rn. 3, der sich dann allerdings in Widerspruch zu seiner Aussage auf dem Bankrechtstag [Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (119)] setzt; ähnlich Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675u Rn. 7, 12 der am Verbot der Risikoabwälzung in jeglicher Form ansetzt. 1023 So nämlich Nobbe in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675u Rn. 6. 1024 Begründung zu § 676b BGB BR-Drucks. 848/08 S. 195.
II. Autorisierungsphase
269
RiL. Die Forderung des Zahlers geht schlicht unter, kommt er seiner Unterrichtungsobliegenheit nicht nach. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers erleidet keinen zu regulierenden Schaden. Für § 675u S. 1 BGB selbst hat dies aber keine Folgen. Denn freilich steht der Ausschluss des Aufwendungsersatzes im Einklang mit der ZD-RiL; die Norm ist lediglich unvollständig. 3. Ansprüche gegen andere am Zahlungsvorgang Beteiligte Zur Erstattung des Zahlungsbetrags kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers – wegen der Sperrwirkung des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL bzw. § 675u S. 2 BGB – nicht auf den Zahler zugreifen1025. Deshalb verbleibt ihm nur noch die Möglichkeit, den Weg des Zahlungsbetrags weiterzuverfolgen. So wird er sich an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bzw. direkt an den Zahlungsempfänger wenden. Im Gegensatz zu Ansprüchen gegen den Zahler sind solche Ansprüche gegen andere Beteiligte nicht wegen des europarechtlichen Hintergrunds ausgeschlossen: Es bestehen überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass Art. 60 Abs. 1 ZDRiL eine Regelungswirkung für die Rechtsverhältnisse zum Zahlungsempfänger oder zu dessen Zahlungsdienstleister entfalten soll. Es handelt sich vielmehr um eine reine Schutznorm zugunsten des Zahlers. Würde man die Schutzwirkungen auch auf den Zahlungsempfänger oder dessen Zahlungsdienstleister erstrecken, käme man zu schlechthin unbilligen Ergebnissen: Hält einer von beiden den Zahlungsbetrag noch in seinen Händen, müsste der Zahlungsdienstleister des Zahlers seinen Verlust akzeptieren und die Begünstigung eines Anderen anerkennen. Die Neuregelung hätte also einen Strafcharakter, mit dem das „eigenmächtige“ Handeln des Zahlungsdienstleisters des Zahlers sanktioniert wird. Der Gehalt des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL würde dann aber erheblich ergänzt werden. Hätte der Richtliniengeber dies gewollt, hätte er auf diese Sanktion hingewiesen. Folglich dürfen die Mitgliedsstaaten Anspruchsgrundlagen anwenden, die gegenüber dem Zahlungsempfänger oder dessen Zahlungsdienstleister geltend gemacht werden können.1026 a) Ansprüche gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers aa) Vertragliche Ansprüche Auf vertraglicher Ebene stehen dem Zahlungsdienstleister des Zahlers gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers lediglich im Rahmen von Lastschriften Rückvergütungsansprüche zu. 1025
C.II.2.b)dd). So im Ergebnis auch Winkelhaus BKR 2010, 441 (447); Grundmann WM 2009, 1109 (1117). 1026
270
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Kommt es wegen einer Abbuchungsauftragslastschrift zu einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang, bestehen keine vertraglichen Ansprüche auf Rückerstattung gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers1027. Anders aber im Rahmen einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren: Hier kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers Erstattung verlangen, solange der Zahler innerhalb von sechs Wochen nach der Belastung widerspricht1028. Nur bei einer gravierenden Treuepflichtverletzung gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers geht dieser Anspruch unter1029. Nach Ablauf dieser sechswöchigen Frist bleibt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers lediglich der Schadensersatzanspruch nach Abschnitt I Nr. 5 LSA.1030 Hierzu muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers allerdings nachweisen, dass im Valutaverhältnis entweder keine Einzugsermächtigung erteilt wurde, oder die zugrundeliegende Forderung nicht besteht1031. Die beiden Zahlungsdienstleister können einen Streit über das für sie schwer zu durchschauende Valutaverhältnis aber auch trotz Ablauf der sechswöchigen Frist umgehen1032: Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers akzeptiert den Widerspruch, zahlt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsbetrag zurück und macht die Vorbehaltsgutschrift gegenüber dem Zahlungsempfänger rückgängig1033. bb) Kondiktionsansprüche Mangels vertraglicher Ansprüche bleibt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen den des Zahlungsempfängers lediglich der letzte Notanker der §§ 812 ff.
1027 Vgl. BGH BGHZ 74, 352 (juris-Rn. 9); Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 86. 1028 Abschnitt III Nr. 1, 2 Lastschriftabkommen (LSA). Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Belastung des Zahlerkontos an, Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 60. 1029 Vgl. zu diesen Ausnahmen Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 61. 1030 Der Schaden des Zahlungsdienstleisters des Zahlers besteht auch, sofern der Zahlungsdienstleister des Zahlers mittels einer Direktkondiktion gegen den Zahlungsempfänger [zu diesem Anspruch vgl. C.II.3.b)] vorgehen kann. Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister haften dann als Gesamtschuldner [BGH NJW 2006, 1965 (1967, juris-Rn. 23); Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 155; a. A. Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 221]. 1031 Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 155; van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 58 Rn. 141. 1032 Vgl. zu dieser Konstruktion van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 58 Rn. 17, 141; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675x Rn. 50. 1033 Diese unbefristete Möglichkeit hat sich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers in 2.6 (2) der Sonderbedingungen-Banken für den Lastschrifteinzug (Zahlungsempfängerseite) vorbehalten.
II. Autorisierungsphase
271
BGB. Hierbei hat sich die Wissenschaft aber bereits eindeutig positioniert: Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist in dem gesamten Zahlungsvorgang lediglich Leistungsmittler und in dieser Rolle kein Beteiligter im Sinne kondiktionsrechtlichen Rückabwicklung. Das Mehrpersonenverhältnis ist auf ein Dreieck zwischen Zahler, dessen Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsempfänger zu beschränken.1034 Dieses Ergebnis ist wegen der zunächst fehlenden Bereicherung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers1035 auch richtig: Im Moment der Gutschrift zugunsten dessen Zahlungsdienstleister entsteht ein entsprechender Anspruch des Zahlungsempfängers auf Gutschrift des Zahlungsbetrags gegenüber seinem Zahlungsdienstleister (§ 675t Abs. 1 S. 1 BGB). Dieser Anspruch des Zahlungsempfängers entsteht zwangsläufig und ist von allen Beteiligten in der Form auch so gewollt. Wegen dieser Kausalitäts- und Zurechnungsbeziehung wirkt sich dieser Anspruch auf Gutschrift im Rahmen der § 818 Abs. 1 und 3 vermögensmindernd aus1036. Darüber hinaus wird zumindest bei der Abwicklung von Lastschriften im Regelfall keiner der Tatbestände des § 812 BGB erfüllt sein, da mit der Weisung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers an den Zahlungsdienstleister des Zahlers1037 ein Rechtsgrund für die Gutschrift vorlag1038. Diese Situation ist nur dann anders zu bewerten, wenn der Zahlungsbetrag mangels Fortbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister nicht mehr weitergeleitet werden kann: In solchen Fällen besteht zum einen noch die Bereicherung, zum anderen geht die zwischen den Zahlungsdienstleistern bestehende Weisung als Rechtsgrund unter; der Weg zur Nichtleistungskondiktion ist damit offen.1039
1034
BGH NJW 2007, 914 (juris-Rn. 10); für den Lastschriftverkehr BGH NJW 1977, 2210 (III.1); Nobbe in: RWS-Forum 2004 S. 24 f.; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 50 Rn. 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; Wendehorst in: BeckOK-BGB § 812 Rn. 166. 1035 Bereicherungsgegenstand ist insbesondere nicht ein etwaiger Anspruch des Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gegen den Zahlungsempfänger aufgrund von etwaigen Rückbelastungsklauseln. Diese halten regelmäßig der AGB-Inhaltskontrolle nicht stand und sind demnach gemäß § 307 BGB unwirksam; vgl. hierzu Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675f Rn. 110. 1036 Vgl. zur Berücksichtigung solcher vermögensmindernden Ereignisse im Rahmen des Bereicherungsrechts Wendehorst in: BeckOK-BGB § 818 Rn. 34–41 und 66–68. 1037 Zu dieser Weisung im Einzugsermächtigungsverfahren vgl. BGH NJW 2006, 1965 (juris-Rn. 12); für die Abbuchungsauftragslastschrift kann aber nichts anderes gelten, da auch hier eine bindende Weisung vorliegt, Hadding/Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. C 83. 1038 Vgl. BGH NJW 1977, 2210 (III.2); Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 217, die jeweils eine Leistung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers aufgrund der Weisung voraussetzen. 1039 Vgl. hierzu OLG Nürnberg NJW-RR 2002, 1478 (juris-Rn. 18–24).
272
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Weil nach Art. 3 m) ZD-RiL bzw. § 1 Abs. 10 Nr. 7, 12 ZAG ein Zahlungsvorgang zwischen den Zahlungsdienstleistern nicht als Zahlungsdienst eingestuft werden soll1040, ist auch davon auszugehen, dass die Neuregelung nicht in das Rechtsverhältnis der Zahlungsdienstleister untereinander eingreifen möchte. Demnach bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Abkehr von diesen bereicherungsrechtlichen Erwägungen: Der Zahlungsdienstleister des Zahlers kann im Grundsatz weiterhin nicht auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zugreifen. b) Ansprüche gegen den Zahlungsempfänger In der Grundkonstellation mit vier Beteiligten besteht zwischen Zahlungsdienstleister des Zahlers und Zahlungsempfänger keinerlei vertragliche Beziehung. Unerlaubte oder sittenwidrige Handlungen des Zahlungsempfängers im Sinne der §§ 823 ff. BGB liegen regelmäßig nicht vor. So bleibt auch in diesem Verhältnis letztlich nur das Bereicherungsrecht nach §§ 812 ff. BGB. Nach der alten Rechtslage kam eine Direktkondiktion des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger1041 in Betracht, wenn diese nicht durch eine Leistungsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger gesperrt wurde1042. Dies war in der Regel nur dann der Fall, wenn die Zahlung dem Zahler objektiv nicht zurechenbar war oder der Zahlungsempfänger von einer fehlenden Anweisung des Zahlers wusste.1043 Letztlich musste also jeder Zahlungsvorgang auf seinen Ursprung und auf subjektive Merkmale der Beteiligten untersucht werden – je nach Konstellation konnte sich die Anspruchssituation verschieben. Wegen des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL bzw. § 675u BGB kann eine solch differenzierte Betrachtung nicht mehr aufrechterhalten werden. Dieser versperrt nämlich dem Zahlungsdienstleister des Zahlers die Inanspruchnahme des Zahlers vollkommen unabhängig davon, warum keine Autorisierung vorlag1044. Eine Einzelfallbetrachtung – z. B. anhand eines objektivierten Empfängerhorizonts – ist hier schlichtweg unzulässig. Die Neuregelung trägt also die Wertung in sich, dass der Zahler an keinem Zahlungsvorgang beteiligt ist, den er nicht auch autorisiert hat1045. Somit kann ihm dieser auch niemals im Sinne des Bereicherungsrechts 1040
B.II.2.b)bb). Zum Auskunftsanspruch des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hinsichtlich der notwendigen Individualisierung des Zahlungsempfängers vgl. C.III.1.a)bb). 1042 Zu dieser Sperrwirkung vgl. Sprau in: Palandt § 812 Rn. 7, 54. 1043 Zur alten Rechtslage vgl. Schimansky in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 3. Auflage 2007 § 50 Rn. 3 ff.; Bartels WM 2010, 1828 (1828 f., 1832); Winkelhaus BKR 2010, 441 (442 f.) m.w. N. 1044 C.II.2.b)aa). 1045 Vgl. Belling/Belling JZ 2010, 708 (709 f.). 1041
II. Autorisierungsphase
273
als Leistung zugerechnet werden.1046 Von dieser Wertung profitiert der Zahlungsdienstleister des Zahlers, der nun direkt gegenüber dem Zahlungsempfänger mittels der Nichtleistungskondiktion vorgehen kann1047. Dass damit die Grundwertungen des deutschen Kondiktionsrechts1048 aufgeweicht werden, muss wegen der europarechtlichen Vorgaben akzeptiert werden.1049 Die Beweislast für das Nichtbestehen der Autorisierung trägt der Zahlungsdienstleister des Zahlers1050, obwohl in diesem Rechtsverhältnis eigentlich der Zahlungsempfänger von deren Vorliegen profitieren würde1051. Um diesen Negativbeweis führen zu können, greift die Rechtsprechung auf die sekundäre Darlegungslast zurück: Der Zahlungsempfänger muss Umstände darlegen, die für eine Autorisierung sprechen könnten – diese sind dann vom Zahlungsdienstleister des Zahlers zu widerlegen.1052 Die Bereicherung des Zahlungsempfängers entfällt auch nicht wegen eines etwaigen – aber noch nicht vollzogenen – Rechts seines eigenen Zahlungsdienstleisters, die ihm gegenüber abgegebene Gutschrift wieder zu stornieren. Zu diesem Zeitpunkt kann sowohl ein vertraglicher Anspruch gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers1053, als auch ein Bereicherungsanspruch gegenüber dem Zahlungsempfänger parallel bestehen1054. Darüber hinaus bleibt der Kondiktionsanspruch auch im Falle eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gegenüber dem Zahlungsdienst1046 LG Hannover ZIP 2011, 1406 (juris-Rn. 27); Bartels WM 2010, 1828 (1831 a. E., 1833); Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 50 Rn. 9); Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675u Rn. 24; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675u Rn. 15 ff. 1047 LG Hannover ZIP 2011, 1406 (Leitsatz 2); Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675u Rn. 7; Bartels WM 2010, 1828 (1833); Belling/Belling JZ 2010, 708 (711); Darstellung dieser und der gegenteiligen Auffassung bei Mayen in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 50 Rn. 25 f. 1048 1. Jedem Beteiligten bleiben seine Einwendungen erhalten. 2. Keiner wird mit Einwendungen eines Dritten konfrontiert. 3. Jeder trägt nur das Insolvenzrisiko seines Vertragspartners [vgl. Bartels WM 2010, 1828 (1831)]. 1049 A. A. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675y Rn. 49, der einen Verstoß gegen das Vollharmonisierungsprinzip sieht, weil der Zahler von seinem Zahlungsdienstleister nach § 675y Abs. 3 S. 2 BGB verlangen könne, den Zahlungsbetrag wieder zu erlangen. Angesichts seiner systematischen Darstellung dieser Problematik im Rahmen von § 675y BGB verwechselt Graf von Westphalen aber offenbar die Konstellationen. 1050 BGH WM 2011, 1553 (juris-Rn. 13, 18); BGH WM 2011, 688 (juris-Rn. 14–16). 1051 Nachweise zur Gegenansicht bei BGH WM 2011, 688 (juris-Rn. 17 f.). 1052 BGH WM 2011, 688 (juris-Rn. 19 f.): An die notwendige Substantiierung dieser Vorträge können aber nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, da der Zahlungsempfänger zumeist keine Einblicke in die Vorgänge des Deckungsverhältnisses hat. 1053 C.II.3.a)aa). 1054 BGH NJW 2006, 1965 (1967; juris-Rn. 21 f.); a. A. Grundmann in: Ebenroth/ Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 142.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
leister des Zahlungsempfängers erhalten. In beiden Fällen haften Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister als Gesamtschuldner1055. 4. Ergebnis zur Autorisierungsphase In der Theorie kann die diesem Abschnitt zugrundeliegende Ausgangsfrage1056 im Sinne des Zahlungsdienstleisters des Zahlers beantwortet werden: Im Zweifelsfall kann er den Zahlungsvorgang ausführen – ihm steht dann jedenfalls ein entsprechenden Ersatzanspruch gegenüber zumindest einem Beteiligten zu. Ist der Zahlungsvorgang autorisiert, ergibt sich ein Aufwendungsanspruch gegenüber dem Zahler. Ist er nicht autorisiert, kann er den vollständigen Zahlungsbetrag entweder nach § 675v Abs. 2 BGB vom Zahler, nach vertraglichen Anspruchsgrundlagen vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers oder nach Kondiktionsrecht vom Zahlungsempfänger wieder herausverlangen. In der Praxis sollte der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang aber trotzdem nur ausführen, wenn er von der Autorisierung überzeugt ist und diese auch nachweisen kann. Dass er im Zusammenhang mit der Verwendung von ZAI Anstrengungen zur Stärkung der Systemsicherheit auf jeglicher Ebene unternehmen sollte, ist für einen effektiven Anscheinsbeweis zwingend notwendig. Denn der sich daraus ergebende Aufwendungs- oder der unbegrenzte Schadensersatzanspruch gegenüber dem Zahler birgt deutlich weniger Risiken als die Haftung eines anderen Beteiligten: Grundsätzlich ist er – im Falle eines Guthabens des Zahlers – sehr einfach durch eine Belastungsbuchung zu realisieren und einstweilig zu sichern; nun wäre der Zahler am Zug, um seinen Erstattungsanspruch nach § 675u S. 2 BGB einzuklagen. Daraus ergibt sich auch ein überschaubareres Ausfallrisiko verglichen mit einem unbekannten Haftungsgegner. Dazu stellt die Rechtsordnung den Zahlungsdienstleister des Zahlers – abgesehen von der Autorisierung – vor keine großen Beweisprobleme zur Geltendmachung. Ebenfalls bestehen keine besonderen anspruchsausschließenden Einwendungen; im Bereicherungsrecht droht beispielsweise immer die Gefahr der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB. Trotz aller Mühen im Verhältnis zum Zahler kann es aber zu Situationen kommen, in denen der Zahlungsdienstleister des Zahlers auf Ansprüche gegenüber dem Zahlungsempfänger oder dessen Zahlungsdienstleister angewiesen ist. Dann hat er aber zumindest berechtigte Aussichten, den Zahlungsbetrag wieder zu erlangen. Ein kompletter Haftungsausfall setzt bei einem sorgfältigen Zahlungsdienstleister die Verkettung einiger unglücklicher Umstände voraus – dieses Rest1055
Vgl. Fußnote 1030. „Wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang ausführt, kann er vom Zahler den Ausgleich der getroffenen Aufwendungen – also des Zahlungsbetrags – verlangen?“ 1056
III. Ausführungsphase
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risiko verbleibt also. Ob er dieses Risiko durch eine vorsichtigere Handlungsweise minimieren möchte oder es durch eine gewisse Masse an erfolgreichen Zahlungsvorgängen kompensiert und bewusst in Kauf nimmt, ist letztlich seine ureigene unternehmerische Entscheidung.
III. Ausführungsphase Die Ausführungsphase knüpft an die Entscheidung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers an, seiner Verpflichtung aus dem Zahlungsauftrag nachzukommen und den Zahlungsvorgang auszuführen. Die Neuregelung enthält hierzu einige Rahmenbestimmungen, die von den beteiligten Zahlungsdienstleistern bei der Durchführung des Zahlungsvorgangs beachten werden müssen. Für die Regulierung von Leistungsstörungen existieren ebenso Sonderregelungen. 1. Inhalt des Erfüllungsanspruchs des Zahlers a) Ziel des Zahlungsbetrags: Relevanz der Kundenkennung Zunächst ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers verpflichtet, den Zahlungsbetrag auch dem richtigen – d.h. dem im Zahlungsauftrag benannten – Zahlungsempfänger zukommen zu lassen. Mit § 675r BGB schafft der Gesetzgeber diesbezüglich eine Neuerung gegenüber der alten Rechtslage1057, indem er die sogenannte „Kundenkennung“ 1058 der Zahlungsdienstnutzer in den Vordergrund rückt. aa) Relevanz der Kundenkennung für die Erfüllung des Zahlungsauftrags Der Zahlungsempfänger ist aufgrund von § 675 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mehr durch seinen Namen, sondern mittels dieser Kundenkennung zu individualisieren. Demzufolge hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers seine Ausführungspflicht ordnungsgemäß erfüllt, wenn er den „Zahlungsauftrag in Übereinstimmung mit dieser Kundenkennung ausgeführt [hat].“ 1059
Stimmt der Inhaber der angegebenen Kundenkennung also nicht mit dem im Zahlungsauftrag namentlich genannten Zahlungsempfänger überein, darf sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers an der Kundenkennung orientieren. Dann wird er zum einen von seiner Leistungspflicht frei, zum anderen erhält er aufgrund der 1057 Ausführlich zur alten Rechtslage Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675r Rn. 2–4 und Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675r Rn. 1 f. 1058 Die Zahlungsdiensterichtlinie verwendet in ihrem Art. 4 Nr. 21 den Begriff „Kundenidentifikator“. 1059 § 675 Abs. 1 S. 2 BGB.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ordnungsgemäßen Auftragserfüllung einen Aufwendungsersatzanspruch für diesen Zahlungsvorgang – konsequenterweise muss sich § 675r Abs. 1 BGB auch auf die im Zahlungsauftrag enthaltene Autorisierung erstrecken. Selbst wenn der Fehler für den Zahlungsdienstleister des Zahlers aufgrund der gesamten Angaben erkennbar gewesen wäre, darf er sich auf die Richtigkeit der Kundenkennung verlassen – insbesondere treffen ihn keine Pflichten zum sicherstellenden Abgleich der Daten1060 oder zur Erforschung eines etwaigen anderweitigen Zahlerwillens1061. Damit wird das bisher geltende Prinzip der „formalen Auftragsstrenge“ fortgeführt und gerade nicht aufgegeben1062; lediglich der Anknüpfungspunkt wurde verändert. Letztlich trägt also der Zahler das Risiko eines Fehlers bei der Angabe der Kundenkennung. bb) Erstattungsanspruch des Zahlers Wurde der Zahlungsbetrag wegen einer fehlerhaft angegebenen Kundenkennung einem „falschen“ Zahlungsempfänger gutgeschrieben, findet sich der Zahler in einer sehr unvorteilhaften rechtlichen Situation wieder. Sein Zahlungsdienstleister hat ordnungsgemäß gehandelt und darf wegen des Aufwendungsersatzanspruchs das Zahlungskonto belasten. Dieser Vermögensabfluss wird aber gerade nicht durch das Erlöschen einer Verbindlichkeit im Valutaverhältnis aufgewogen. Letztlich kann der Zahler den Zahlungsbetrag nur vom tatsächlich begünstigten Zahlungsempfänger kondizieren1063: Aus objektiver Sicht ist die angegebene Kundenkennung vom Zahler gewollt, so dass die Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB zur Anwendung kommt1064. (1) Problem des Zahlers: Unkenntnis des Haftungsgegners Der Zahler kennt aber im Regelfall die Identität dieses Zahlungsempfängers nicht1065 – ihm stehen lediglich dessen Kontodaten zur Verfügung. Zur Identifi1060 Vgl. Art. 74 Abs. 3 ZD-RiL; Begründung zu § 675s Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 180; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 3; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 47; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.3.1“. 1061 Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.5“. 1062 So auch Casper FS Nobbe 2009, 3 (19); Sprau spricht in: Palandt – 2011 § 675r Rn. 3 noch von einem Bruch mit einer Tradition. 1063 Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.3.1“; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 4; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675r Rn. 4; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675r Rn. 6; Omlor in: Staudinger [2012] § 675r Rn. 15; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675r Rn. 39; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675r Rn. 5. 1064 Vgl. Häuser in: MüKo-HGB Anhang I Rn. B 568. 1065 Dieses Durchsetzungsproblem erkennt Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675y Rn. 50 zwar, hält dies aber offenbar für persönliches Pech des Zahlers. Im Er-
III. Ausführungsphase
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zierung des Bereicherungsschuldners ist er auf die Mithilfe der beteiligten Zahlungsdienstleister angewiesen, so dass sich die Frage nach einem Auskunftsanspruch des Zahlers stellt. Ein solcher ist in der Neuregelung allerdings nicht ausdrücklich vorgesehen. Vom eigenen Zahlungsdienstleister kann der Zahler nach dem Wortlaut des § 675y Abs. 3 S. 2 BGB lediglich verlangen, „dass dieser sich im Rahmen seiner Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen.“ (2) Außerordentlicher Auskunftsanspruch des Zahlers Grundsätzlich sieht die Rechtsprechung aber Auskunftsansprüche über die gesetzlich angeordneten Fälle hinaus, „wenn eine besondere rechtliche Beziehung zwischen dem Auskunftfordernden und dem Inanspruchgenommenen besteht und wenn es das Wesen des Rechtsverhältnisses mit sich bringt, daß der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im ungewissen, der Inanspruchgenommene aber in der Lage ist, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen.“ 1066
Diese Konstruktion findet in den Gedanken von Treu und Glauben nach § 242 BGB ihre Grundlage1067. (a) Übertragung des Auskunftsanspruchs auf den Zahlungsverkehr Der dazu angedachte Grundfall ist sicherlich, dass an dieser Stelle der möglicherweise Auskunftsverpflichtete sogleich Schuldner des zugrundeliegenden Anspruchs ist. Eine entsprechende Übertragung auf die hier vorliegende Situation ist aber geboten. Schließlich ist es der Eigenart des bargeldlosen Zahlungsverkehrs – das Verschieben des Zahlungsbetrags und Zwischenschaltung weiterer Rechtssubjekte – geschuldet, dass die jeweiligen Anspruchsgegner auseinanderfallen. Ebenso wird das Wesen des Zahlungsverkehrs an dieser Stelle erheblich von § 675r BGB geprägt: Die Zuordnung von Kundenkennungen bewirkt eine Art Codierung und damit eine gewisse Anonymisierung des Zahlungsverkehrs. Der zur Decodierung notwendige Schlüssel liegt aber alleine in der Hand der Zahlungsdienstleister. Der dem Zahler fehlende Durchblick auf die hinter den Kundenkennungen stehenden Personen ist demnach eine zwingende Folge des § 675r BGB und deshalb untrennbar mit dem Zahlungsverkehr an sich verknüpft. Dagegen ist für die Zahlungsdienstleister die Entschlüsselung ohne größeren Aufwand durch einen Blick in ihre Datenbanken möglich. gebnis ebenso ohne konkrete Lösung dieses Problems Langenbucher in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675r Rn. 5. 1066 BGH NJW 1980, 2463 (juris-Rn. 15) m.w. N. 1067 BGH NJW 2003, 582 (juris-Rn. 28); Krüger in: MüKo-BGB § 260 Rn. 12; Looschelders/Olzen in: Staudinger § 242 Rn. 601.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
(b) Datenschutz als Gegenargument Für den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bilden datenschutzrechtliche Bedenken das einzige Auskunftshindernis. Mit der erstrebten Auskunft wird nicht nur die Verbindung zwischen Kundenkennung und einer bestimmten Person offengelegt, sondern auch die Tatsache, dass diese Person Kunde bei einem bestimmten Zahlungsdienstleister ist. Dies stünde im Widerspruch zum vereinbarten Bankgeheimnis1068. Ob durch diesen Einwand die Erteilung der Auskunft unzumutbar wird1069, ist schlussendlich eine Wertungsfrage. Letztlich ist dies auch anhand der – hinter dem Datenschutz stehenden – Gefährdung des Zahlungsempfängers zu bemessen. Welche konkreten Rückschlüsse aus einer Zahlungsdienstebeziehung zu einem bestimmten Zahlungsdienstleister gezogen werden können, ist äußerst zweifelhaft. Sie kann aufgrund einer bestimmten Exklusivität des Zahlungsdienstleisters ein Indiz für den Beruf oder die soziale Stellung sein. Auch der Name eines Zahlungsdienstleisters – insbesondere bei Volksbanken und Sparkassen – kann Aufschlüsse über die geographische Herkunft des Kunden geben. Gesicherte Informationen lassen sich aber hieraus nicht ableiten. In vielen Fällen besteht aber noch nicht einmal eine solche Indizwirkung: Durch ein verstärktes Aufkommen des Online-Bankings und der Direktbanken1070 verstärkt sich die Anonymität in diesem Geschäftssektor – von Zahlungsdienstleistern mit einem typisierten Kundenfeld kann regelmäßig nicht gesprochen werden. Die sich daraus ergebende Belastung des Zahlungsempfängers hält sich deshalb ebenso gering wie bei der Preisgabe der Kombination zwischen Namen und Kontodaten: Insbesondere weil die ZD-RiL sich eine Steigerung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zum Ziel gesetzt hat1071, wird ein Zahlungsdienstnutzer diese Kombination selbst nicht geheim halten. Tagtäglich wird er Zahlungsvorgänge initiieren und dabei diese Daten bewusst unkontrollierbar in die Öffentlichkeit streuen. Deshalb stellen diese datenschutzrechtlichen Erwägungen keine relevante Erschwernis für den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers im Sinne der Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch dar. (c) Sonderbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers Zuletzt müsste eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Zahler und dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bestehen. Eine vertragliche Basis zwischen diesen Parteien scheidet aber in der Regel aus1072, ist aber auch nicht erforderlich1073. Mit dieser Voraussetzung soll lediglich verhindert werden, 1068 1069 1070 1071 1072
Nr. 2.1 AGB-Banken. Diese Bedenken sieht auch Schürmann in: Bankrechtstag 2009, 11 (42). Vgl. zu dieser Entwicklung Bunte – AGB-Banken SB Online Rn. 1 ff. B.I. Sprau in: Palandt § 675r Rn. 4.
III. Ausführungsphase
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dass ein vollständig Unbeteiligter in einen Rechtsstreit hineingezogen wird. Allein die Kenntnis bestimmter Informationen begründet noch keine Auskunftsverpflichtung1074. Der Zahlungsdienstleister befindet sich aber gerade nicht in der Situation eines Außenstehenden. Sein Geschäftsmodell basiert gerade darauf, dass er – im materiellen Sinne – Fremdgelder verwaltet und zuordnet. Dass er dabei Handlungen vornimmt, die den – ihm nicht bekannten – Zahler zumindest mittelbar betreffen, ist für ihn vorhersehbar. Bei Begründung der Geschäftsbeziehung zum Zahlungsdienstleister des Zahlers kann er diesen Aspekt nicht außer Betracht lassen: Innerhalb dieser Rechtsbeziehung kennt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers jedenfalls folgende Punkte: Aufgrund des § 675r BGB besteht die realistische Gefahr eines „fehlerhaften“ Zahlungsauftrags. In einem solchen Fall ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegenüber dem Zahler nach § 675y Abs. 3 S. 2 BGB verpflichtet, sich um die Wiedererlangung des Zahlungsbetrags zu bemühen. Soll diese Pflicht nicht eine leere Phrase bleiben, ist dabei der Zahlungsdienstleister des Zahlers auf die Mithilfe des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers angewiesen. Beim nächsten Zahlungsvorgang können sich die Rollen aber bereits umkehren, so dass nun der damalige Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bei seinem Zahlungsdienstnutzer – jetzt der Zahler – Kundenzufriedenheit erreichen möchte. Deshalb sind beide Zahlungsdienstleister an einer wirksamen Kooperation in diesen Fällen interessiert. So ist von einer stillschweigenden Vereinbarung zum Schutz des jeweiligen Zahlers im Rechtsverhältnis zwischen den Zahlungsdienstleistern auszugehen1075. Dieses drittschützende Rechtsverhältnis1076 bildet folglich die Grundlage für den Auskunftsanspruch. Gewiss lässt sich einwenden, ein Zahlungsdienstleister möchte sich im Regelfall ausschließlich mit dem anderen Zahlungsdienstleister, nicht aber mit dessen Zahlungsdienstnutzern auseinandersetzen1077. Dann müsste der Zahler gegen seinen eigenen Zahlungsdienstleister
1073
Vgl. BGH NJW 2003, 582 (juris-Rn. 28). BGH NJW 1980, 2463 (juris-Rn. 15). 1075 So im Grundsatz auch Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.3.1“; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 4, die eine Auskunftspflicht zwischen den Zahlungsdienstleistern aus § 241 Abs. 2 BGB herleiten; im Ergebnis auch Nobbe WM 2011, 961 (963; rechte Spalte); ähnlich Denkweise bei Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 81 sowie bei Omlor in: Staudinger [2012] § 675r Rn. 15 und Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675r Rn. 40 ff. 1076 Die Lehren zum „Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte“ können hier vergleichend herangezogen werden (siehe hierzu Gottwald in: MüKo-BGB § 328 Rn. 106 ff.). Diese Konstruktion wurde früher bereits diskutiert, um dem Zahler einen direkten Anspruch gegen fremde Zahlungsdienstleister zu verschaffen, vgl. Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr § 1 Rn. 100 ff. 1077 So wohl auch Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.3.1“; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 4 sowie Nobbe WM 2011, 961 (963; rechte Spalte) die einen direk1074
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nach § 675y Abs. 3 S. 2 BGB vorgehen1078, damit dieser die Auskunft vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers einholt. Dies führt aber allenfalls zu einem höheren Bürokratieaufwand, aber nicht zu einer Arbeitserleichterung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers. Er muss in jedem Falle die Informationen recherchieren und eine Mitteilungshandlung absetzen. Da dem Zahler gegenüber dem begünstigten Zahlungsempfänger die Entreicherungseinrede nach § 818 Abs. 3 BGB droht, liegt ein vernünftiger Grund für eine einfache und schnelle Handhabe vor. Diese wird sich nachhaltig auf die Kundenzufriedenheit auswirken, wovon beim nächsten Zahlungsvorgang der damalige Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers profitieren kann. Dies begründet letztlich sein Interesse, an einer direkten Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Zahler. Im Regelfall sind also die Voraussetzungen eines außerordentlichen Auskunftsanspruchs des Zahlers gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gegeben. cc) Grenzen des § 675r Abs. 1 BGB (1) § 675r Abs. 3 BGB Mit § 675r Abs. 3 BGB1079 macht der deutsche Gesetzgeber von einer Abweichungsermächtigung Gebrauch, die zwar nicht in Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL angelegt ist, gleichwohl vom Richtliniengeber in seinem Erwägungsgrund 48 toleriert wird. Danach bekommt der Zahlungsdienstleister eine Sorgfaltsverpflichtung auferlegt: Bei erkennbaren Fehlern muss er den Zahlungsvorgang abbrechen1080. Fraglich ist hier aber zunächst, welche Fehler von dieser Ausnahmevorschrift erfasst werden. Erwägungsgrund 48 der ZD-RiL erlaubt den Mitgliedstaaten, dass sie den Zahlungsdienstleister des Zahlers zur Prüfung der sogenannten „Kohärenz“ 1081 verpflichten können. Versteht man „Kohärenz“ als vollständige ten Anspruch des Zahlers gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verneinen. 1078 Dieser Anspruch wird teilweise auch auf eine analoge Anwendung von § 675y Abs. 5 BGB gestützt, vgl. Sprau in: Palandt § 675r Rn. 4; Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675r Rn. 6. Weil die Mithilfe an der Wiedererlangung aber ein wesensgleiches Minus zur eigenen Wiedererlangung darstellt, ist § 675y Abs. 3 S. 2 BGB vorzuziehen. 1079 § 675r Abs. 3: „Ist eine vom Zahler angegebene Kundenkennung für den Zahlungsdienstleister des Zahlers erkennbar keinem Zahlungsempfänger oder keinem Zahlungskonto zuzuordnen, ist dieser verpflichtet, den Zahler unverzüglich hierüber zu unterrichten und ihm gegebenenfalls den Zahlungsbetrag wieder herauszugeben.“ 1080 Sprau in: Palandt § 675r Rn. 5. 1081 Zu diesem europarechtlichen Begriff Schorkopf in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – 2011 Art. 7 AEUV Rn. 11: „Kohärenz ist als Rechtsbegriff eine Schöpfung des EURechts. Nach seinem lateinischen Wortstamm ist Kohärenz auf den Zusammenhang von Dingen ausgerichtet. Der Begriff meint im Rechtssinn das konzeptionelle und inhalt-
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Richtigkeit der Kundenkennung, dann hat der deutsche Gesetzgeber diese Ermächtigung nicht ganz ausgereizt1082. Ein für § 675r Abs. 3 BGB relevanter Fehler liegt nicht schon dann vor, wenn die Kundenkennung nicht dem gewünschten Zahlungsempfänger oder Zahlungskonto entspricht. § 675 Abs. 3 BGB greift erst ein, wenn die Kundenkennung überhaupt keinem Zahlungsempfänger oder Zahlungskonto zugeordnet werden kann. § 675r Abs. 3 BGB setzt demnach einen qualifizierten Fehler in der Form voraus, dass irgendeine Zuordnung objektiv unmöglich ist – beispielsweise weil die angegebene Bankleitzahl überhaupt nicht vergeben wurde1083. Weil ein solcher Fehler lediglich „erkennbar“, nicht aber positiv erkannt sein muss, handelt es sich hier um einen Fahrlässigkeitstatbestand. Dies wird auch von Erwägungsgrund 48 gestützt, der die Beachtung der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ in den Mittelpunkt setzt. Deshalb muss sich die Erkennbarkeit auch innerhalb der Möglichkeiten halten, die der Erwägungsgrund 48 selbst bereits vorgibt: Erkennbar sind nur solche Fehler, die mithilfe von technischen Prüfmechanismen aufgedeckt werden können, die ohne ein manuelles Eingreifen auskommen1084. Mit § 675r Abs. 3 BGB wollte der Gesetzgeber dem Zahler ein Stück Schutz zurückgeben, der ihm durch § 675r Abs. 1 BGB genommen wurde. Diesen Zweck kann die bestehende Regelung aber überhaupt nicht erreichen: Mit dem Erfordernis des qualifizierten Fehlers modifiziert der Gesetzgeber gerade nicht die Rechtslage, die ohne den § 675r Abs. 3 BGB bestehen würde. Kann die Kundenkennung überhaupt nicht zugeordnet werden, ist dem Zahlungsdienstleister des Zahlers die Erfüllung der Ausführungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich – sie besteht demnach schon gar nicht. Weil auch die Autorisierung auf liche Aufeinanderbezogensein von Rechtssätzen und Realakten. Die Einzelteile sollen in einem sinnbildenden Zusammenhang stehen, ohne dass sich das Kohärenzgebot zu einer Rechtspflicht zu absoluter Widerspruchsfreiheit und Folgerichtigkeit verdichten würde.“ 1082 Die Ausgestaltung des deutschen Gesetzgebers bewegt sich damit selbst bei einem strengeren Verständnis der Kohärenz jedenfalls in dem Rahmen, der auf der einen Seite von Art. 74 ZD-RiL, auf der anderen Seite von Erwägungsgrund 48 abgesteckt wird. § 675r Abs. 3 BGB verstößt demnach nicht gegen das Prinzip der Vollharmonisierung. 1083 Sprau in: Palandt § 675r Rn. 5; Nobbe WM 2011, 961 (964; linke Spalte); Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675r Rn. 13; kein Anwendungsfall davon ist die undeutliche Schreibweise bei der Kundenkennung. Hier ist es dem Zahler überhaupt nicht gelungen, seinen Rechtsfolgewillen eindeutig nach außen zu tragen. Der Zahlungsauftrag ist damit mehrdeutig und demnach nichtig; vgl. zur Mehrdeutigkeit von Willenserklärungen Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 65; Schiemann in: Staudinger/Eckpfeiler C 59; Singer in: Staudinger § 133 Rn. 10, 23. 1084 So auch Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675r Rn. 8; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675r Rn. 8; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 5; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 48; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675r Rn. 14; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675r Rn. 22.
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einen unmöglichen Zahlungsvorgang ausgerichtet ist, kann diese ebenfalls keine Rechtswirkungen entfalten. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers hat den Zahlungsvorgang deshalb mangels Zahlungsauftrag und Autorisierung zu unterlassen. Die Rechtsfolgen des § 675r Abs. 3 BGB – Unterrichtung des Zahlers und Herausgabe des Zahlungsbetrags – decken sich mit denen der §§ 675o Abs. 1, 675u BGB. (2) Kenntnis des Zahlungsdienstleisters des Zahlers Hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers bereits vor Beginn der Ausführung positive Kenntnis vom Auseinanderfallen der Angaben im Zahlungsauftrag und geht er deshalb von einem Fehler des Zahlers aus, ist § 675r Abs. 1 BGB nicht anwendbar. Diese Einschränkung des § 675r Abs. 1 BGB ergibt sich aus seiner dogmatischen Wirkweise. § 675r Abs. 1 BGB erlaubt dem Zahlungsdienstleister des Zahlers, sich bei der Ermittlung des richtigen Zahlungsempfängers auf die Kundenkennung zu beschränken. Darüber hinausgehende Angaben muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers – im Gegensatz zur herkömmlichen Auslegung einer Willenserklärung1085 – überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Hinsichtlich des Zahlungsempfängers wird dem Zahler also der konkrete Geschäftswille unterstellt, der sich aus der von ihm angegebenen Kundenkennung ergibt1086. Somit handelt es sich letztlich um eine gesetzliche Auslegungsregel, wie ein objektivierter Zahlungsdienstleister des Zahlers den Inhalt des Zahlungsauftrags vernünftigerweise verstehen bzw. auf welche Informationen er sich beschränken darf. Die allgemeinen Grundsätze der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont sind aber nur anwendbar, wenn der Empfänger den wahren subjektiven Willen des Erklärenden nicht erkannt hat. Erkennt der Zahlungsdienstleister des Zahlers die fehlende Übereinstimmung zwischen namentlicher Angabe des Zahlungsempfängers und der angegebenen Kundenkennung, hat er noch zwar kein sicheres Wissen über den eigentlichen Willen des Zahlers; schließlich kann dem Zahler der Fehler ja sowohl beim Namen als auch bei der Kundenkennung unterlaufen sein. Auch wenn es sich nicht um einen Anwendungsfall der Rechtsfigur „falsa demonstratio non nocet“ 1087 handelt, verschließt die Kenntnis vom Fehler aber ebenso den Rückgriff auf den – von § 675r BGB geprägten – objektiven Empfängerhorizont: Egal welche Angaben des Zahlungsauftrags hierfür entschei1085
Singer in: Staudinger § 133 Rn. 48. Ähnlich Bitter WM 2010, 1725 (1728). 1087 Dazu müsste der Zahlungsdienstleister des Zahlers als Erklärungsempfänger in positiver Hinsicht verstanden haben, was der erklärende Zahler wollte – dies ist hier aber gerade nicht möglich; vgl. zu dieser Rechtsfigur Singer in: Staudinger § 133 Rn. 13. 1086
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dend wären, beim Zahlungsdienstleister des Zahlers verblieben immer – nicht nur rein theoretische – Restzweifel über die Richtigkeit dieser Auslegung. Er kann nicht die notwendige Gewissheit erlangen, der Fehler des Zahlers liege gerade in der Namensangabe und nur die Kundenkennung sei relevant1088. Befindet sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers in einer solchen subjektiven Situation, ist der Zahlungsauftrag inklusive der Autorisierung wegen der Mehrdeutigkeit zu unbestimmt und deshalb unwirksam1089. Es besteht demnach weder eine Ausführungspflicht, noch eine den Aufwendungsersatz auslösende Ausführungsberechtigung.1090 Diese konsequente Anwendung der nationalen Auslegungsregeln verstößt auch nicht gegen das Prinzip der Vollharmonisierung. Der dem § 675r BGB zugrundeliegende Art. 74 ZD-RiL1091 stellt zwar die Kundenkennung in den Mittelpunkt der Ausführung. So könnte man meinen, der Zahlungsdienstleister des Zahlers müsste und dürfte stets schematisch und stur nach dieser Angabe vorgehen. Weiß er aber von einem Fehler kann diese Ansicht angesichts des Regelungszwecks des Art. 74 ZD-RiL nicht aufrechterhalten werden: Die Durchführung alleine aufgrund der Kundenkennung soll den Zahlungsdienstleistern einen höheren Automatisierungsgrad ermöglichen, um die Abwicklung insgesamt zu beschleunigen. Zeitraubende und kostspielige Eingriffe manueller Art – wie der Abgleich verschiedener Angaben miteinander – sollen den Zahlungsdienstleistern nicht zugemutet werden.1092 Hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers aber vor Ausführungsbeginn eines Zahlungsvorgangs positive Kenntnis des Fehlers1093, greift 1088 Ähnliche Argumentation von Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 58, der allerdings unterstellt, der Zahlungsdienstleister wisse auch, welche der Angaben den Fehler enthält. 1089 Vgl. Larenz/Wolf – BGB AT § 28 Rn. 65; Schiemann in: Staudinger/Eckpfeiler C 59; Singer in: Staudinger § 133 Rn. 10, 23. 1090 Im Ergebnis ebenso Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.5“; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 6; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675r Rn. 13 unter Hinweis auf Schutzpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675r Rn. 3 unter Hinweis auf Schutzpflichten aus einer analogen Anwendung von § 675r Abs. 3 BGB; Schwintowski in: jurisPK-BGB § 675r Rn. 3; tendenziell auch Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 47; Omlor in: Staudinger [2012] § 675r Rn. 14. Sprau in: Palandt § 675r Rn. 3 a. E. und Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 46 gehen sogar noch weiter: Auch wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers keine Kenntnis des Fehlers hat, sehen sie keine Ausführungspflicht. Konsequenterweise führt dies zu einem Auseinanderfallen von Zahlungsauftrag und Autorisierung, die aufgrund von § 675r Abs. 1 BGB vorliegen muss; ähnlich auch Casper FS Nobbe 2009, 3 (18), der den Zahlungsdienstleister des Zahlers als berechtigt ansieht, sich durch Ermittlungen die notwendige Kenntnis zu verschaffen. 1091 Konkret wurden Art. 74 Abs. 1, Abs. 2 UA 1 und Abs. 3 umgesetzt. 1092 Vgl. Begründung zu § 675r Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 180; Nobbe WM 2011, 961. 1093 Hierbei muss beachtet werden, dass insbesondere beim Online-Banking der Ausführungsbeginn auch vollautomatisch erfolgen kann. Weil der Zahlungsdienstleister in
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dieser Schutzzweck nicht ein. Denn die – eigentlich nicht notwendigen – Recherchen sind sowieso bereits abgeschlossen und der gegebenenfalls automatisierte Zahlungsvorgang ist noch nicht angestoßen. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers muss noch nicht intervenieren oder einen bereits getätigten Vorgang wieder rückgängig machen. In solchen Situationen zwingt Art. 74 ZD-RiL demnach nicht zum strikten Vorzug der Kundenkennung und lässt den nationalen Rechtsordnungen weiteren Ausgestaltungsspielraum1094. dd) Begriff der Kundenkennung nach § 675r Abs. 2 BGB Unabhängig der obigen Problemstellungen streitet sich die Wissenschaft bisher um die Anforderungen, die an die Kundenkennung zu stellen sind. Sie wird in § 675r Abs. 2 BGB definiert als „eine Abfolge aus Buchstaben, Zahlen oder Symbolen, die dem Zahlungsdienstnutzer vom Zahlungsdienstleister mitgeteilt wird und die der Zahlungsdienstnutzer angeben muss, damit der andere am Zahlungsvorgang beteiligte Zahlungsdienstnutzer oder dessen Zahlungskonto zweifelsfrei ermittelt werden kann.“
Zahler und Zahlungsempfänger sollen mit dieser Abfolge bezeichnet werden können. Dem Wortlaut zufolge beinhaltet diese Definition nur ein Erfordernis, das bei der Erstellung und Zuteilung einer solchen Kundenkennung beachtet werden muss: die zweifelsfreie Zuordnung zum Zahlungsdienstnutzer. Ansonsten obliegt es – bis zum 1. Februar 20141095 – alleine dem Zahlungsdienstleister, die Art, Struktur und Inhalt dieser Abfolge zu bestimmen1096. Für den Zeitraum bis 2014 wird allerdings bezweifelt, dass eine beliebig zugeteilte Kundenkennung diese eindeutige Zuordnung bewirken kann. Schließlich könne man einen Fehler des Zahlers beim Übertragen der – wohl aus Zahlen bestehenden – Kundenkennung nie ausschließen. Deshalb müssen die Zahlungsdiesem Moment aber noch keine positive Kenntnis hat, ist diese Einschränkung des § 675r Abs. 1 BGB nicht anzuwenden. 1094 Dass die Wertungen aus Art. 74 ZD-RiL nicht unverrückbar, sondern stets einer Abwägung unterworfen sind, sieht der Richtliniengeber bereits selbst: In seinem Erwägungsgrund 48 eröffnet er den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit zur Installation von Sorgfalts- und Prüfpflichten – die Bedeutung der Kundenkennung darf also prinzipiell relativiert werden. 1095 Während die Zahlungsdiensterichtlinie keinerlei Vorgaben enthält, wird ab 01.02.2014 die IBAN als Identifikator des Zahlungskontos allgemeinverbindlich vorgeschrieben; vgl. Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1, 2 einer EU-Verordnung (beschlossen vom Europäischen Parlament am 14.02.2012; die Verordnung ist abrufbar unter http:// www.europarl.europa.eu/RegData/seance_pleniere/textes_adoptes/provisoire/2012/0214/0037/P7_TA-PROV%282012%290037_DE.pdf; Abruf am 27.08.2012). 1096 Begründung zu § 675r Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 180; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 2.
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dienstleister ein Prüfelement integrieren, mit dem ein schlichtes Vertippen direkt aufgeklärt werden könne1097. Die Historik der ZD-RiL soll diese Auffassung untermauern1098: Zum einen wird in Art. 66 Nr. 1 des Kommissionsvorschlags1099 auf die IBAN1100 Bezug genommen, die gegenüber der namentlichen Bezeichnung des Zahlungsempfängers vorrangig sein soll. Weiter wollte das Europäische Parlament den Beteiligten eine Vereinbarungsoption hinsichtlich einer solchen Prüfziffer einräumen1101. Dies spricht sicherlich für ein Problembewusstsein des Richtliniengebers, zwingende Aussagen sind dem aber nicht zu entnehmen. Schließlich ging die Kommission zunächst auch davon aus, dass die Ausführung alleine anhand der Kundenkennung nicht ausschließlich bei der IBAN rechtmäßig sein soll. Art. 66 Nr. 1 S. 1 des Kommissionsvorschlags1102 gilt vielmehr für alle Arten von Kundenkennungen. Und wenn das Europäische Parlament Vereinbarungen zu Prüfziffern zulassen möchte, dann will es gerade noch keine gesetzliche Pflicht hierzu schaffen. Die aufgeführte Argumentation lässt sich nämlich auch umdrehen: Trotz des Problembewusstseins hat man darauf verzichtet, die Pflicht ausdrücklich einzuführen. Ebenso wenig überzeugt der Einwand, ohne Prüfziffern wäre § 675r Abs. 3 BGB bedeutungslos, weil die Zahlungsdienstleister sich ihrer Pflichten ansonsten einseitig entledigen können1103. Sicherlich lassen sich mithilfe von Prüfziffern 1097 Vgl. Ausführlich hierzu Hadding FS Schneider 2011, 443 (449), der ohne eine Prüfziffer keine zweifelsfreie Zuordnung für möglich hält; zudem müsse eine Zuordnung nicht nur für den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers, sondern auch für den Zahlungsdienstleister des Zahlers möglich sein; ebenso Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675r Rn. 5; Sprau in: Palandt § 675r Rn. 2; Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675r Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675r Rn. 13, ebenso wohl auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675r Rn. 9. Frank/Massari WM 2009, 1117 (1120; rechte Spalte) und Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675r Rn. 11 halten eine Pflicht zur Prüfziffer aus rechtspolitischer Sicht für wünschenswert; ebenso Rauhut ZBB 2009, 32 (44), der aber in der derzeitigen Ausgestaltung wohl keine Einschränkungen sieht. Unentschlossen Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 75. 1098 So Bitter WM 2010, 1725 (1729). 1099 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 51. 1100 Die IBAN ist prüfziffergesichert, vgl. Nobbe WM 2011, 961 (964; linke Spalte); Sprau in: Palandt § 675r Rn. 2; Bitter WM 2010, 1725 (1729; rechte Spalte). 1101 Änderungsantrag Nr. 260 in A6-0298/2006 (endgültig). 1102 Vorschlag der Kommission zur Richtlinie ZD-RiL vom 01.12.2005 (COM 2005, 603), S. 51. 1103 Bitter WM 2010, 1725 (1729); der Autor verkennt jedoch den Unterschied zwischen Erwägungsgrund 48 der Zahlungsdiensterichtlinie und der deutschen Umsetzung in § 675r Abs. 3 BGB [vgl. hierzu C.III.1.a)cc)(1)]. Selbst wenn man seine Argumentation auf den Gedanken des 48. Erwägungsgrundes überträgt, lässt sich dadurch noch keine Pflicht kraft Gesetzes herleiten. Schließlich ist die „Umsetzung des 48. Erwägungsgrundes“ für die Mitgliedsstaaten nicht zwingend.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
die dort angesprochenen Konstellationen – objektive Unmöglichkeit der Zuordnung1104 – hervorrufen. Prüfziffern würden sich auch automatisiert überprüfen lassen, so dass ihre Einführung eine entsprechende Sorgfaltspflicht nach § 675r Abs. 3 BGB zur Folge hat. Entnimmt man aber der reinen Existenz dieser Norm die Pflicht zur Verwendung von Prüfziffern, bleiben weitere Fragen offen: Welche konkrete Ausgestaltung und welcher Sicherheitsstandard wird verlangt1105? Wie wird sichergestellt, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Prüfung vornehmen kann, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers die Kundenkennung erzeugt? Das konkrete „Wie“ der Pflicht ist anhand der bisherigen Gesetze nicht bestimmbar – zudem ist den Mitgliedsstaaten wegen der Fragmentierungsgefahr verboten, bestimmte Kundenkennungen vorzuschreiben1106. Im Ergebnis bestehen daher keine zwingenden Anhaltspunkte für die verpflichtende Einführung von Prüfziffern1107. Der Nutzerschutz wird deshalb auch nicht unzumutbar eingeschränkt: Zum einen fußt die gesamte Problematik auf einem Fehler des Zahlers – er hat dessen Vermeidung durch ein gewisses Maß an Sorgfalt selbst in der Hand. Darüber hinaus sind auch die Zahlungsdienstleister an einem kundenfreundlichen Zahlungsverfahren interessiert; erscheint den Zahlungsdienstnutzern ein Verfahren zu unsicher, fragen sie es auch nicht mehr nach. Deshalb bestehen berechtigte Erwartungen dahingehend, dass sich die Zahlungsdienstleister untereinander auf die Verwendung von Prüfziffern einigen1108. b) Weitere Vorgaben: Ausführungsfrist und Abzugsverbot Mit § 675s Abs. 1 BGB schafft der Gesetzgeber verbindliche Ausführungsfristen, von denen nach § 675e Abs. 1, 4 BGB noch nicht einmal zu Lasten eines Unternehmers abgewichen werden darf. Letztlich stellt diese Regelung das Herzstück des Gesamtkonzepts zur Effizienzsteigerung im Zahlungsverkehr dar. Normen wie §§ 675p, 675r BGB erhalten durch die Maximalfristen des § 675s BGB ihre Existenzberechtigung. 1104
C.III.1.a)cc)(1). Allein in Deutschland gibt es ca. 120 verschiedene Varianten der Prüfziffern, Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.3.2.1“; Nobbe WM 2011, 961 (964; linke Spalte). Hadding FS Schneider 2011, 443 (450) schlägt vor, den Namen des Zahlungsempfängers in die Prüfziffer zu integrieren. 1106 Erwägungsgrund 48 zu Richtlinie ZD-RiL. 1107 So im Ergebnis auch Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.2“; wohl auch Nobbe WM 2011, 961 (964; linke Spalte); Scheibengruber/Breidenstein WM 2009, 1393 (1398; rechte Spalte). 1108 Vgl. Schürmann in: Bankrechtstag 2009, 11 (44); Nobbe WM 2011, 961 (964; linke Spalte); auf nationaler Ebene wurde damit bereits begonnen, vgl. hierzu http:// www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Kerngeschaeftsfelder/Unbarer_Zahlungs verkehr/pruefzifferberechnungsmethoden.pdf?__blob=publicationFile (Abruf am 27.08. 2012). 1105
III. Ausführungsphase
287
Geht dem Zahlungsdienstleister des Zahlers ein Zahlungsauftrag zu1109, muss er – sofern die Ausführungsbedingungen vorliegen1110 – den Eingang des Zahlungsbetrags beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers bis zum Ende des folgenden Geschäftstages1111 sicher stellen. Ausnahmen machen § 675s Abs. 1 S. 2 BGB für Zahlungsvorgänge, die nicht in Euro erfolgen, und § 675s Abs. 1 S. 3 BGB, wenn der Zahlungsvorgang in Papier ausgelöst wurde. Dann sind Vereinbarungen zur Fristverlängerung auf vier bzw. zwei Geschäftstage möglich. Diese Fristen auch auf das Einzugsermächtigungsverfahren anzuwenden1112, ist nicht nur wegen des entgegenstehenden Wortlauts verfehlt. Angesichts dessen dogmatischer Konstruktion1113 fehlt es an einer entsprechenden Rechtsposition des Zahlers, solange sich die Zahlungsdienstleister nicht selbst in zeitlicher Hinsicht binden1114. Hat der Zahler ein Interesse an einer zügigen Ausführung, hindert ihn niemand an der Erteilung eines autorisierenden Zahlungsauftrags. Ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers zugleich derjenige des Zahlungsempfängers, ist die Anwendung des § 675s Abs. 1 BGB fraglich. Schließlich entfällt der Transfer zwischen zwei Zahlungsdienstleistern. Deshalb wird sich der Zahler direkt auf § 675t Abs. 1 S. 1 BGB berufen wollen1115, damit der Zahlungsempfänger so schnell als möglich den Zahlungsbetrag erhält. Danach ist der „Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers [. . .] verpflichtet, dem Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem er auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist.“
Für eine Aufgabe des prinzipiellen Vierpersonenverhältnisses1116 besteht an dieser Stelle aber kein Bedürfnis, so dass dem Zahler selbst kein eigener Anspruch aus § 675t Abs. 1 S.1 BGB auf eine Fremdgutschrift zusteht. Der Zahler ist im Regelfall auf die Einhaltung des § 675t Abs. 1 S. 1 BGB nicht angewiesen: Aus dem Valutaverhältnis ist er nicht dazu verpflichtet, den rechtzeitigen Zah1109 Dabei ist allerdings die „Cut-Off-Regelung“ und die sich daraus ergebende Fiktion der Zugangsverzögerung nach § 675n Abs. 1 S. 3 BGB zu beachten; vgl. C.I.3. a)aa)(2). 1110 Vgl. C.I.4.a). 1111 Der Begriff des Geschäftstags ergibt sich aus § 675n Abs. 1 S. 4 BGB. Da in § 675s Abs. 1 BGB die Anspruchssituation des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister beschrieben wird, sind hier auch die Geschäftstage des Zahlungsdienstleisters des Zahlers maßgeblich; im Ergebnis auch Sprau in: Palandt § 675s Rn. 3. 1112 So Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675s Rn. 3; a. A. Sprau in: Palandt § 675s Rn. 2. 1113 Vgl. C.II.1.l)aa)(1)(a). 1114 Die Sonderbedingungen-Banken für die Einzugsermächtigungslastschrift (Zahlerseite) enthalten aber keinerlei zeitliche Vorgaben. 1115 Wohl Begründung zu § 675s BGB BR-Drucks. 848/08 S. 181; wohl auch Sprau in: Palandt § 675s Rn. 2 und Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675s Rn. 2. 1116 Zum Vierpersonenverhältnis vgl. B.III.3.
288
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
lungseingang beim Zahlungsempfänger zu sichern; er muss lediglich seinen Zahlungsauftrag rechtzeitig einreichen, um eine Verzugshaftung zu vermeiden1117. Schreibt der gemeinsame Zahlungsdienstleister dem Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag nicht gut, muss sich dieser mit dem Zahlungsdienstleister auseinandersetzen. Deshalb bleibt es auch in solchen Konstellationen dabei, dass lediglich der Zahlungsempfänger die sofortige Gutschrift verlangen kann, der Zahler aber gegenüber seinem Zahlungsdienstleister keine Handlungsansprüche hat – § 675s Abs. 1 BGB ist als automatisch erfüllt zu betrachten1118. Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist nach § 675q Abs. 1 und 2 BGB stets der ungekürzte Zahlungsbetrag. Aus Gründen der Klarheit für die Zahlungsdienstnutzer darf grundsätzlich kein beteiligter Zahlungsdienstleister seine Gebühren für die Ausführung des Zahlungsvorgangs direkt vom Zahlungsbetrag abziehen bzw. aufschlagen1119. Vielmehr müssen die Zahlungsdienstleister ihre Entgelte gesondert ausweisen1120, so dass für den Zahlungsdienstnutzer die Höhe des Zahlungsbetrags jederzeit erkennbar bleibt1121. 2. Anspruchsposition des Zahlungsempfängers: § 675t BGB1122 Hat der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Zahlungsbetrag erhalten, muss er diesen nach § 675t Abs. 1 S. 1 BGB unverzüglich an den Zahlungsempfänger weiterleiten. Diese Norm ist auch bei institutsinternen Zahlungsvorgängen anwendbar. Dann gilt der Zeitpunkt der positiven Entscheidung über die Ausführung des Zahlungsvorgangs als Eingangszeitpunkt des Zahlungsbetrags. a) Ermittlung des korrekten Zahlungsempfängers Weil § 675t Abs. 1 BGB allerdings keine weiteren Vorgaben zur Bestimmung des Zahlungsempfängers macht, kommt auch hier die Diskussion um die Wirkweise des § 675r Abs. 1 BGB auf. Relevant wird dies in den Fällen, in denen der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers die fehlende Übereinstimmung zwischen angegebenem Namen und angegebener Kundenkennung positiv kennt und deshalb jegliche Gutschrift verweigert.
1117 Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 31–33; Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr § 1 Rn. 130 m.w. N. zu den widerstreitenden Ansichten. 1118 Ähnlich auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675s Rn. 7. 1119 Vgl. Sprau in: Palandt § 675q Rn. 1. 1120 Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675q Rn. 3. 1121 Vgl. auch Erwägungsgrund 40 zu Richtlinie ZD-RiL. 1122 Zum Anspruch aus § 675s Abs. 2 BGB vgl. C.I.4.a) und Fußnote 64 unter C.I. 1.d)aa)(1)(d).
III. Ausführungsphase
289
Auf § 675r Abs. 1 BGB kann sich wegen seines eindeutigen Wortlauts auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers berufen. Zwar ist die Formulierung des § 675r Abs. 1 S. 1 BGB eine Schöpfung des deutschen Gesetzgebers, die so in Art. 74 ZD-RiL keine Grundlage findet. Der Zweck des Art. 74 ZD-RiL erfordert jedoch genau diese Auslegung: Will der Richtliniengeber eine Beschleunigung durch einen höheren Automatisierungsgrad schaffen, entfaltet Art. 74 ZD-RiL seine bestmöglichste Wirkung, solange sich auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers darauf berufen kann. Ansonsten wäre dieser zu zeitaufwändigen und kostspieligen Eingriffen verpflichtet, die durch die ZD-RiL gerade vermieden werden sollen1123. Ist dem Zahler nun bei der Angabe der Kundenkennung ein Fehler unterlaufen, soll – nach umstrittener Ansicht – der sich aus dieser Angabe ergebende Zahlungsempfänger aber keinen Anspruch auf eine Gutschrift nach § 675t Abs. 1 S. 1 BGB erhalten. Auch hier wird zunächst mit dem Wortlaut des § 675r Abs. 1 S. 1 BGB argumentiert, der den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers lediglich „berechtigt“ aber nicht „verpflichtet“. Ebenfalls zwinge der Zweck des § 675r Abs. 1 BGB nicht zur Privilegierung eines materiell Nichtberechtigten.1124 Das Problem ist aber nicht mit reinen Billigkeitserwägungen zu lösen. Vielmehr muss hinterfragt werden, warum der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers handelt: Worin liegt eigentlich das verpflichtungsauslösende Ereignis? Teilweise wird vertreten, der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers würde durch den „ihm erteilten Zahlungsauftrag verpflichtet“, den Zahlungsbetrag an den Zahlungsempfänger weiterzuleiten1125. Diese Ansicht kann aber aufgrund der relativen Wirkweise eines Zahlungsauftrags zwischen dem Zahler und
1123 Vgl. Erwägungsgrund 48 zu Richtlinie ZD-RiL; ebenso Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.4.1“; einschränkend Hadding FS Schneider 2011, 443 (452 f.), der den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zur Durchführung eines Kundenkennung-Namens-Abgleich verpflichtet sieht. 1124 Vgl. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 1 Anm. 1 „V.12.4.2“; so wohl auch Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675r Rn. 11, der die namentliche Angabe des Zahlungsempfängers in den Vordergrund rücken möchte; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675r Rn. 33; Omlor in: Staudinger [2012] § 675r Rn. 13; Sprau in: Bankrechtstag 2009, 107 (124); Hadding FS Schneider 2011, 443 (454); Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 79; a. A. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675t Rn. 5; Schulte-Nölke/Schulze in: Handkommentar-BGB § 675r Rn. 3. 1125 Burghardt in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675t Rn. 163; ähnlich wohl auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675t Rn. 5, der ebenfalls einen direkten Durchgriff des Zahlungsauftrags annimmt: „Für Zwecke des § 675t ist Zahlungsempfänger der im jeweiligen Zahlungsauftrag so bezeichnete Empfänger.“ Dieser Autor setzt sich damit aber in Widerspruch zu seiner Kommentierung in: BeckOK-BGB § 675f Rn. 22, wo er die dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers übermittelten Angaben für relevant hält.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
seinem Zahlungsdienstleister1126 nicht aufrechterhalten werden. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist in dieser Rolle niemals gegenüber dem Zahler zu irgendwelchen Handlungen verpflichtet. Die rechtliche Konstruktion eines Zahlungsvorgangs besteht nämlich gerade nicht in einer Art „Netzvertrag“, bei dem alle Beteiligten vertraglich miteinander verbunden sind1127. Vielmehr stehen die Beteiligten – vom Zahler über die Zahlungsdienstleister bis zum Zahlungsempfänger – in einer Weisungskette hintereinander. Jedes Kettenglied steht jeweils mit der vorhergehenden und der nachgehenden Partei in eigenständigen Geschäftsbesorgungsverhältnissen. Es agiert stets in eigenem Namen und handelt gerade nicht als Bote oder Vertreter eines anderen Beteiligten.1128 Aufgrund dieser dogmatischen Gestaltung befindet sich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers in einer Doppelrolle: Einerseits handelt er als Beauftragter des vorhergehenden Zahlungsdienstleisters und muss dessen – mit der Übermittlung des Zahlungsbetrags verknüpften – Weisungen befolgen. Andererseits ist er aber gegenüber dem Zahlungsempfänger zur Gutschrift eingehender Zahlungsbeträge verpflichtet.1129 Diese zweite Pflicht ist inhaltlich aber zwingend mit der ersteren verknüpft: Der Zahlungsempfänger kann nur dann eine Gutschrift verlangen, wenn die Weisung des vorhergehenden Zahlungsdienstleisters ihn auch begünstigen soll – die Weisung hat also Tatbestandswirkung gegenüber dem Zahlungsempfänger. Daher ist ausschließlich die zahlungsdienstleisterinterne Weisung für die Bestimmung des zu begünstigenden Zahlungsempfängers relevant. Deren Inhalt ist durch Auslegung zu ermitteln1130. Bemerkt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nun eine Diskrepanz zwischen dem namentlich genannten Zahlungsempfänger und der angegebenen Kundenkennung, steht er vor der Frage, welche konkrete Weisung der Zahlungsdienstleister des Zahlers ihm erteilen wollte. Die Erwägungen aus dem Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister, die zur Unwirksamkeit aufgrund von Mehrdeutigkeit führten1131, können hier aber nicht übernommen werden. In dieser Weisungskette bestehen die aufeinanderfolgenden Weisungen abstrakt voneinander – ein Mangel aus der ersten Weisung schlägt nicht auf die folgenden Weisungen durch. Die Weisung an den
1126
Vgl. zur relativen Wirkweise vgl. C.I.1.a), C.I.1.b). Vgl. hierzu Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr § 1 Rn. 91. 1128 Vgl. zusammenfassend Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.272 f. m.w. N.; siehe auch B.III.3. und B.III.4. 1129 Zu dieser Doppelrolle Werner in: Kümpel/Wittig Rn. 7.272 f. und Rn. 7. 288 f. 1130 So im Ergebnis grundsätzlich auch Sprau in: Palandt § 675t Rn. 5 [der allerdings seine Aussage aus seinem Beitrag in: Bankrechtstag 2009, 107 (124) (vgl. Fußnote Nr. 1124) nicht mehr wiederholt]; Rauhut ZBB 2009, 32 (35; linke Spalte und 36; linke Spalte). 1131 C.III.1.a)cc)(2). 1127
III. Ausführungsphase
291
Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers wäre also nur dann mehrdeutig, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers von einem Fehler des Zahlungsdienstleisters des Zahlers weiß. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers darf aber davon ausgehen, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Fehler des Zahlers überhaupt nicht erkannte. Ansonsten hätte dieser den Zahlungsvorgang pflichtgemäß abgebrochen1132 und dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gerade keine Weisung erteilt. Führt der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvorgang aber in Unkenntnis des Fehlers aus, darf ein objektiver Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers wegen § 675r Abs. 1 BGB die Kundenkennung als entscheidend betrachten. Schließlich muss hier dem Zahlungsdienstleister des Zahlers unterstellt werden, dass er von dieser haftungsbefreienden Berechtigung Gebrauch macht. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers stellt die Weisung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers eine bewusste und deshalb fehlerfreie Weisung dar, die nach der Kundenkennung auszulegen ist. Wegen der Konstruktion der Weisungskette spielt der Fehler des Zahlers keine Rolle für die Beurteilung der neuen Weisung im Verhältnis der Zahlungsdienstleister untereinander. Damit hat der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nach dem Prinzip der formalen Auftragsstrenge den Zahlungsvorgang eigentlich anhand der angegebenen Kundenkennung auszuführen. Ist ihm die fehlende Übereinstimmung zwischen angegebenen Name und Kundenkennung allerdings bewusst, muss dieses Ergebnis nochmals hinterfragt werden1133. Das Recht der Zahlungsdienste beurteilt sich zwar unabhängig vom ursächlichen Grundverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Eine vollständige Loslösung ist aber trotzdem nicht möglich: Der – für alle Beteiligten erkennbare – Zweck eines Zahlungsdienstes ist die Erfüllung einer Geldschuld. Dieses Motiv muss auch stets beachtet werden, wenn fremde Handlungen zu interpretieren sind.1134 Hier erkennt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zumindest die Gefahr, dass der übergeordnete Zahlungszweck nicht erreicht werden könnte; er sieht die Möglichkeit, dass der Zahler sich den Zahlungsbetrag erst wieder beschaffen müsste1135, um anschließend einen erneuten, korrekten Zahlungsvorgang zu initiieren. Diese Umwege sind der Effizienz der Zahlungsdienste eher abträglich. Weil die Zahlungsdienstleister untereinander in einem Kooperationsverhältnis stehen, könnte man diese Argumentation zur Begründung einer Pflicht zur Nachfrage und Recherche nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB verwenden. Der Gewinn an Effizienz an dieser Stelle führt aber zu einem entsprechenden Verlust an einer anderen Stelle: Die Grundlage des gesamten Zahlungsvorgangs ist arbeitsteiliges Zusammenwir1132 1133 1134 1135
C.III.1.a)cc)(2). Ähnlich hierzu im Ansatz Omlor in: Staudinger [2012] § 675r Rn. 13. Vgl. B.III.4. Vgl. C.III.1.a)bb).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ken. Jeder Beteiligte ist dazu angehalten, innerhalb seiner Sphäre besonders zeitsparend zu arbeiten. Dazu gehört notwendigerweise auch, dass er sich auf die Richtigkeit der Vorarbeit verlassen muss und diese gerade nicht von Grund auf erneut überprüfen muss. Bevor er ressourcenraubende Recherchen in einem vollkommen fremden Rechtsverhältnis anstellt, muss er davon ausgehen, dass Zahler und dessen Zahlungsdienstleister die Richtigkeit ihrer Arbeit sicherstellen. Schließlich kann der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers auch nicht einschätzen, ob der Zahler und sein Zahlungsdienstleister den Fehler bereits aufgeklärt haben, der Zahler aber an der Kundenkennung festhalten möchte. Deshalb muss der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Zahlungsbetrag entsprechend der Weisung dem Inhaber der angegebenen Kundenkennung gutschreiben – dieser erhält demnach auch einen Anspruch auf die Gutschrift. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers kann auch nicht auf das Stornorecht nach Nr. 8 AGB-Banken zurückgreifen, da die Gutschrift wegen der zugrundeliegenden Weisung gerade nicht fehlerhaft war1136. b) Modalitäten des Anspruchs des Zahlungsempfängers In zeitlicher Hinsicht bestimmt § 675t Abs. 1 S. 1 BGB, dass die Gutschrift „unverzüglich“ erfolgen muss. Zwar definiert die ZD-RiL diesen Begriff selbst nicht. Angesichts der englischen und französischen Formulierungen des zugrundeliegenden Art. 73 Abs. 1 UA 2 ZD-RiL („immediately“ und „immédiatement“) bestehen keine Bedenken dagegen, auf die Legaldefinition aus § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zurückzugreifen1137 – hier besteht Begriffsidentität. Nach § 675q Abs. 2 BGB ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zur ungekürzten Gutschrift verpflichtet, solange keine abweichende Vereinbarung besteht. 3. Leistungsstörungen: Ausbleiben des jeweils geschuldeten Erfolgs Das Zahlungsdiensterecht beschreibt aber nicht nur das jeweilige Pflichtenprogramm, sondern regelt – zumindest teilweise – die haftungsrechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer Pflichtverletzung ergeben können. Im Mittelpunkt stehen hier Ansprüche aus § 675y BGB, die aufgrund von § 675z BGB durch das allgemeine vertragliche Haftungsrecht und einen zwischen den Zahlungsdienstleistern wirkenden Regressanspruch (§ 675a BGB) ergänzt werden.
1136 1137
Rn. 2.
Zum Begriff der „Fehlerhaftigkeit“ vgl. Bunte – AGB-Banken Rn. 187 ff. So auch Sprau in: Palandt § 675t Rn. 3; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675t
III. Ausführungsphase
293
a) § 675y BGB Mit § 675y BGB1138 wurde eine spezielle Regelung installiert, die sich teilweise mit dem deutschen allgemeinen Leistungsstörungsrecht nur schwerlich hätte begründen lassen. Denn der Zahler kann trotz eines wirksamen Zahlungsauftrags inklusive Autorisierung in bestimmten Fällen die Erstattung des Zahlungsbetrags von seinem Zahlungsdienstleister verlangen. Damit gibt man dem Zahler eine Art Rücktrittsrecht bzw. ein verlängertes Widerrufsrecht für diesen Zahlungsvorgang in die Hand, mit dem er die Rechtsfolgen von Zahlungsauftrag und Autorisierung wieder aufheben kann1139: Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist danach nicht mehr zur Ausführung verpflichtet, kann aber auch keinen Aufwendungsersatz geltend machen1140. Im Gegensatz zum allgemeinen Rücktrittsrecht aus § 323 BGB sowie dem alten § 676b Abs. 3 BGB ist dieses Erstattungsbegehren aber nicht an das Verstreichen einer Nachfrist gebunden; der Zahler kann sofort wegen einer der genannten Leistungsstörungen Erstattung verlangen1141. § 675y BGB erschöpft sich aber nicht in diesen Erstattungsansprüchen des Zahlers, sondern weist eine diffizile Struktur auf. § 675y Abs. 1 BGB ist lediglich auf die Zahlungsvorgänge anwendbar, die „vom Zahler ausgelöst“ wurden. Im Falle einer Auslösung „vom oder über den Zahlungsempfänger“ muss auf § 675y Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, der sowohl Ansprüche für den Zahlungsempfänger als auch für den Zahler schafft.1142 § 675y Abs. 3 S. 1 BGB wiederholt1143 letztlich nur die Wertungen des § 675r BGB, indem er eine Ausführung entsprechend der angegebenen Kundenkennung nicht als Pflichtverletzung betrachtet. Unterläuft dem Zahler hierbei ein Fehler, hat er aber zumindest nach § 675y Abs. 3 S. 2 BGB einen Anspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister, dass dieser sich um die Rückerlangung bemüht – die Werthaltigkeit einer solchen Forderung ist dabei aber immer eine Frage des Einzelfalls. § 675y Abs. 4 BGB 1138 Nach § 675e Abs. 4 BGB kann § 675y BGB gegenüber Unternehmern vollständig abbedungen werden, was beispielsweise durch 2.3.4. der Sonderbedingungen-Sparkassen für den Überweisungsverkehr geschieht. Dieser vollständige Ausschluss soll aber nur dann wirksam sein, wenn dem unternehmerischen Zahlungsdienstnutzer ein anderweitiger Ausgleichsanspruch zugestanden wird; vgl. Einsele ZIP 2011, 1741 (1744 ff.). 1139 Vgl. Begründung zu § 675y Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 191; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 6; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675y Rn. 6; Kiehnle JURA 2012, 895 (897). Insofern ist diese Norm gegenüber § 676b Abs. 3 a. F. BGB keine strukturelle Neuerung. 1140 Sprau in: Palandt § 675y Rn. 5; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „18.2.1“; Frank/Massari WM 2009, 1117 (1121; rechte Spalte). 1141 Vgl. Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675y Rn. 2. 1142 Zu der Unterscheidung der Varianten des Auslösens vgl. C.I.1.d). 1143 Vgl. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „18.2.3“ und Sprau in: Palandt § 675y Rn. 8, die dessen Wirkung als rein deklaratorisch bezeichnen.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
setzt wiederum direkt am Erstattungsanspruch eines Zahlungsdienstnutzers an: Nicht nur der Zahlungsbetrag, sondern auch berechnete Entgelte und entfallene Zinsen können vom Zahlungsdienstnutzer wieder herausverlangt werden. Zuletzt statuiert § 675y Abs. 5 BGB einen Anspruch des Zahlungsdienstnutzers auf Recherche und Information bezüglich eines Zahlungsvorgangs – ob dieser in der Praxis wahrgenommen oder direkt auf den Erstattungsanspruch zurückgegriffen wird, bleibt abzuwarten. aa) § 675y Abs. 1 BGB: Vom Zahler ausgelöste Zahlungsvorgänge (1) Voraussetzungen der Haftung nach § 675y Abs. 1 BGB Grundvoraussetzung für die Ansprüche nach § 675y Abs. 1 BGB ist, dass der Zahlungsvorgang „vom Zahler ausgelöst“ wurde. Deshalb ist es auch nur konsequent, wenn § 675y Abs. 1 S. 1 BGB einen wirksamen Zahlungsauftrag voraussetzt1144. Anknüpfend daran ist das zentrale Erfordernis nach dem Wortlaut der deutschen Umsetzung die „nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung des Zahlungsauftrags“. Einer trennscharfen Differenzierung zwischen „nicht erfolgt“ und „fehlerhaft“ – wie sie unter anderem der Gesetzgeber offenbar selbst beabsichtigt1145 – bedarf es aber aus zweierlei Gründen nicht: Zum einen wird für beide Varianten dieselbe Rechtsfolge angeordnet, zum anderen verwendet der zugrundeliegende Art. 75 Abs. 1 UA 1 ZD-RiL lediglich die Formulierung der Haftung „für die ordnungsgemäße Ausführung.“ Entscheidend ist also, ob der Zahlungsdienstleister des Zahlers den zeitlichen und inhaltlichen Rahmen der §§ 675r, 675s und § 675q gewahrt hat; bei jeglicher negativer Abweichung greift grundsätzlich § 675y Abs. 1 S. 1 BGB ein. „Nicht ordnungsgemäß“ ausgeführt wurde der Zahlungsvorgang deshalb dann, wenn er entweder vollständig ausblieb, der Zahlungsbetrag – unter Berücksichtigung der §§ 675r Abs. 1, 675y Abs. 3 S. 1 BGB – an den falschen Adressaten geleitet1146 oder entgegen § 675q BGB nicht vollständig weitergereicht wurde1147. 1144 Diese Auslösevariante ist mit der Erteilung eines Zahlungsauftrags verknüpft [C.I.1.d)bb)]; im Ergebnis auch Sprau in: Palandt § 675y Rn. 2; Omlor in: Staudinger [2012] § 675y Rn. 3; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 6. 1145 Vgl. Begründung zu § 675y BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190. 1146 Diese Fallvariante bedeutet angesichts der §§ 675s Abs. 1, 675y Abs. 1 S. 4 BGB, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Zahlungsbetrag zwar zur Verfügung gestellt hat, diesen aber mit einem Zahlungsempfänger adressiert hat, der nicht im Zahlungsauftrag angegeben wurde. 1147 So auch Begründung zu § 675y BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190; Sprau in: Palandt § 675y Rn. 3; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 2; Fehrenbacher in:
III. Ausführungsphase
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Erhält der Zahlungsempfänger den fraglichen Zahlungsbetrag, wurde dabei aber die Frist des § 675s Abs. 1 BGB überschritten, soll dies jedoch kein Fall einer „fehlerhaften Ausführung“ im Sinne des § 675y Abs. 1 S. 1 BGB sein. Schließlich sei ein Erstattungsanspruch des Zahlers nicht gerechtfertigt, wenn das eigentliche Ziel – Zahlungseingang beim Zahlungsempfänger – letzten Endes doch erreicht wurde.1148. Diese einschränkende Interpretation des Tatbestandsmerkmals „fehlerhafte Ausführung“ findet jedoch keinerlei Stütze im Gesetzestext. Vielmehr geht der Gesetzgeber mit Art. 75 Abs. 1 UA 1 HS. 1 ZD-RiL und § 675y Abs. 1 S. 4 BGB davon aus, dass ein verspäteter Zahlungseingang haftungsbegründend ist – ansonsten wäre die Entlastung durch den Nachweis der Fristwahrung überflüssig1149. Diese Auffassung unterstreicht der Richtliniengeber in seinem Erwägungsgrund 47, wenn er die Einhaltung der Fristen als Unterfall der ordnungsgemäßen Ausführung bezeichnet1150. Die angesprochene Entlastungsmöglichkeit des § 675y Abs. 1 S. 4 BGB kann als negative Haftungsvoraussetzung angesehen werden: Die Haftung besteht nur dann, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht nachweisen kann, „dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig und ungekürzt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist.“
Damit wiederholt der Gesetzgeber aber lediglich die Wertung aus § 675s Abs. 1 BGB, der den Zahlungsdienstleister des Zahlers lediglich verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Zahlungsbetrag zur Verfügung zu stellen. Diese Normen verkörpern den Gedanken des Richtliniengebers, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Weg des Zahlungsbetrags bis zum Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers selbst bestimmen kann und daher für Fehler aller Parteien innerhalb der Zahlungskette verantwortlich sein muss. Lediglich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist ihm zwingend vorgegeben, so dass an dieser Stelle seine Verantwortlichkeit enden
Prütting – BGB § 675y Rn. 2; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 1, 4. 1148 Vgl. Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675y Rn. 2. Der Gesetzgeber sieht diese Problematik ebenfalls, gibt aber kein Hinweis, dass sie bei der Auslegung des Tatbestandes berücksichtigt werden müsse; vgl. Begründung zu § 675y Abs. 1 BGB BRDrucks. 848/08 S. 191; zu dieser Problematik auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 10 ff. 1149 Vgl. auch Sprau in: Palandt § 675y Rn. 3; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 5; Frank/Massari WM 2009, 1117 (1121; linke Spalte); Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675y Rn. 8; Omlor in: Staudinger [2012] § 675y Rn. 4. Damit ist aber lediglich die Frage des Tatbestands geklärt. Ob in diesen Fällen die Rechtsfolge des Erstattungsrecht angebracht ist, ist an dieser Stelle der Untersuchung noch nicht zu beantworten; vgl. dazu C.III.3.a)aa)(2)(c). 1150 So auch Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 45.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
soll. Ab diesem Moment muss sich der Zahlungsempfänger mit seinem Zahlungsdienstleister auseinandersetzen.1151 Über die Beweislast hinaus enthält § 675y Abs. 1 S. 4 letztlich keinen eigenständigen Regelungsgehalt: Denn wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers den geforderten Nachweis erbringt, ist der Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Ausführung sowieso nicht erfüllt. Keine Haftungsvoraussetzung ist ein Verschulden des Zahlungsdienstleisters des Zahlers oder der Zwischenglieder innerhalb der Zahlungskette hinsichtlich der Pflichtverletzung1152. Dagegen soll aber ein Mitverschulden des Zahlers an der nicht ordnungsgemäßen Ausführung nach § 254 BGB haftungsmindernd berücksichtigt werden können1153. Hierzu werden aber leider keine Beispielsfälle erwähnt. Insgesamt ist diese Lösung aber aus dreierlei Gründen nicht vertretbar1154: Erstens handelt es sich bei der Erstattung nicht um einen Schadensersatzanspruch; vielmehr ist er auf die Abkehr vom konkreten Zahlungsvorgang ausgerichtet1155. Zweitens enthält die ZD-RiL keinerlei Grundlage für diese Haftungseinschränkung – angesichts des Vollharmonisierungsgrundsatzes aus Art. 86 Abs. 1 ZDRiL muss die Anwendbarkeit allgemeiner innerstaatlicher Rechtsfiguren stets explizit begründet werden, möchte man von einer durch die ZD-RiL angeordneten Rechtsfolge1156 abweichen. Dies ist hier aber nicht ersichtlich. Drittens stellt sich die Frage, worin ein Mitverschulden des Zahlers bestehen soll. Hat er beispielsweise den Überweisungsträger unleserlich ausgefüllt und benötigte sein Zahlungsdienstleister mehr Zeit zur Entzifferung, dann stellt sich nicht die Frage des Mitverschuldens, sondern der ausreichenden Bestimmtheit des Zahlungsauftrags. Kann ein objektiver Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag lesen, dann muss er ihn pflichtgemäß ausführen; kann er ihn nicht lesen, liegt schon kein wirksamer Zahlungsauftrag und damit auch keine Pflichtverletzung vor. Zur Entlastung kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers einzig den generellen Haftungsausschluss nach § 676c BGB1157 einwenden.
1151
Erwägungsgründe 46 und 47 zu Richtlinie ZD-RiL. Statt vieler Begründung zu § 675y BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190 und Sprau in: Palandt § 675y Rn. 1. 1153 Sprau in: Palandt § 675y Rn. 5; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 4; nicht ausschließend Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 59. 1154 Im Ergebnis auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 20. 1155 Vgl. zur Wirkung eines Erstattungsbegehrens C.III.3.a)aa)(2)(c)(bb)(b). 1156 Da sich die Bedeutung von „Erstattung“ direkt aus dem Wortlaut der Richtlinie erschließt und keiner Konkretisierung bedarf, ordnet die Zahlungsdiensterichtlinie hier – im Gegensatz zu Schadensersatznormen [vgl. Fußnote 933 unter C.II.2.a)bb)(2)] – auch unmittelbar und zwingend eine Rechtsfolge an. 1157 Vgl. hierzu C.V.2. 1152
III. Ausführungsphase
297
(2) Rechtsfolgen des § 675y Abs. 1 BGB § 675y Abs. 1 BGB ordnet je nach konkreter Art der fehlerhaften Ausführung unterschiedliche Rechtsfolgen an. (a) Vollständiges Ausbleiben Bleibt der Eingang des Zahlungsbetrags beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers vollständig aus (d.h. der Zahlungsauftrag blieb schlicht unbearbeitet oder der Zahlungsbetrag wurde mit einem falschen Zahlungsempfänger adressiert1158), muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers dem Zahler den Zahlungsbetrag nach § 675y Abs. 1 S. 1, 2 BGB vollständig erstatten und eine eventuell erfolgte Kontobelastung rückgängig machen. Dies beinhaltet nach § 675y Abs. 4 BGB die Erstattung aller Entgelte oder Zinsen, die dem Zahler wegen des fehlerhaften Zahlungsvorgangs in Rechnung gestellt wurden. In diesem § 675y Abs. 4 BGB zeigt sich somit der gesetzgeberische Wille, den Zahlungsvorgang vollständig rückgängig zu machen – dies ist Grundlage für die obige Annahme, dass Zahlungsauftrag und Autorisierung mit der Geltendmachung des Erstattungsanspruch hinfällig werden1159. (b) Gekürzter Eingang Anders hingegen wird die Kürzung des Zahlungsbetrags entgegen § 675q Abs. 1 BGB1160 behandelt: Nach § 675y Abs. 1 S. 3 BGB kann der Zahler hier nicht die Rückführung des Zahlungsbetrags verlangen. Der Anspruch des Zahlers richtet sich auf Übermittlung des entstandenen Fehlbetrags an den Zahlungsempfänger1161. Auch wenn der Gesetzgeber hier den Zahlungsempfänger als Übermittlungsziel vorsieht, müssen die obigen Wertungen berücksichtigt werden: Beeinflussen kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers lediglich, dass der ausstehende Betrag dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zur Verfügung steht. Deshalb erlischt die Nacherfüllungspflicht aus § 675y Abs. 1 S. 3 BGB 1158
Vgl. Fußnote 1146. Vgl. C.III.3.a). 1160 Es spielt dabei keine Rolle, welcher Teil innerhalb der Zahlungskette die Kürzung vorgenommen hat. Denn der Zahlungsdienstleister des Zahlers haftet hier auch für das Fehlverhalten zwischengeschalteter Institute; vgl. Erwägungsgründe 46 und 47 zu Richtlinie ZD-RiL sowie Begründung zu § 675y Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 191. 1161 Dabei sind aber stets die Rechtsverhältnisse voneinander zu trennen. § 675y Abs. 1 S. 3 BGB ist ein Anspruch des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister (vgl. Sprau in: Palandt § 675y Rn. 5). Zwar wirkt dieser zugunsten des Zahlungsempfängers. Dieser erwirbt aber trotzdem keinen eigenen Anspruch gegenüber dem ihm fremden Zahlungsdienstleister (a. A. Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 13, der dem Zahlungsempfänger als aktiv legitimiert sieht). 1159
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
nicht erst, wenn der Zahlungsempfänger den Betrag erhält, sondern wenn dieser dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers übermittelt wurde. Schließlich gibt die ZD-RiL keinen Hinweis, warum der Zahlungsdienstleister des Zahlers im Ausgangspunkt nicht für das Handeln des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers einstehen muss1162, später aber – ohne dass ein Verschulden hinzukommt – eine Haftung für dessen Fehlverhalten auferlegt bekommen soll. (c) Verspäteter Eingang (aa) Problemstellung Während die Rechtsfolgen des § 675y Abs. 1 BGB für die vorangegangenen Konstellationen noch klar zu bestimmen sind, sieht der Gesetzgeber im Falle eines verspäteten Zahlungseingangs eine Abweichung vom – eigentlich eindeutigen – Wortlauts des Gesetzestextes für angebracht: Dem Zahler soll gerade kein Erstattungsanspruch zustehen. Seine Erwägung, der Zahlungsempfänger habe den Zahlungsbetrag schließlich doch noch erhalten, und der Zahlungsvorgang könne nicht mehr rückabgewickelt werden1163, ist auch nicht von der Hand zu weisen. In der Literatur sieht man diese Haltung als zu kurz gegriffen an1164 und differenziert nochmals danach, ob trotz der verspäteten Übermittlung des Zahlungsbetrags die Verbindlichkeit des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger erfüllt worden sei. Im Falle eines Erstattungsbegehrens stünde dem Zahlungsdienstleister des Zahlers dann gegenüber dem Zahler ein Kondiktionsanspruch1165 wegen der Befreiung von der Verbindlichkeit zu. Demnach müsste der Zahler seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsbetrag sogleich wieder zurückerstatten – die Ausübung des Erstattungsrechts wäre nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich.1166 Kommt der verspäteten Zahlung dagegen keine Erfüllungswirkung zu, 1162
Vgl. 75 Abs. 1 UA 1 HS. 1 ZD-RiL und § 675y Abs. 1 S. 4 BGB. Begründung zu § 675y Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 191. 1164 Vgl. hierzu auch Kiehnle JURA 2012, 895 (898). 1165 Dabei geht Sprau in: Palandt – 2011 § 675y Rn. 3 von einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB aus, während Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 9 eine Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB für einschlägig hält – Begründungen für die jeweiligen Auffassungen sucht der Leser jedoch vergeblich. 1166 Zu dieser Konstruktion vgl. Sprau in: Palandt – 2011 § 675y Rn. 3; Reymann JuS 2012, 781 (784); Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „18.3.1“; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 6; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 59; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 9; in der Übersicht auch Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 45; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675y Rn. 15–17; Langenbucher in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675y Rn. 11; ähnlich auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675y Rn. 4, der in bestimmten Fällen die Einrede des Rechtsmissbrauchs für einschlägig hält. 1163
III. Ausführungsphase
299
gäbe es auch keinen Kondiktionsanspruch – der Zahler könne Erstattung verlangen, müsse im Gegenzug aber seine Kondiktionsansprüche gegenüber dem Zahlungsempfänger an den Zahler abtreten1167. Auf den ersten Blick klingt diese Folgenbetrachtung1168 schlüssig und interessengerecht. Bei genauerem Hinsehen werden allerdings diverse Ungereimtheiten deutlich. Hierzu lohnt sich eine Untersuchung der rechtlichen Situation aller Beteiligten, würde man im Falle eines verspäteten Zahlungseingangs einen Erstattungsanspruch des Zahlers zulassen. Aus Gründen der besseren Übersicht werden dabei ebenfalls die Sachverhalte getrennt behandelt, je nachdem ob der verspätete Eingang Erfüllung bewirken kann1169. (bb) Erstattung im Falle der Erfüllungskompetenz der verspäteten Zahlung Besteht im tatsächlichen Übermittlungszeitpunkt eine entsprechende Forderung des Zahlungsempfängers gegenüber dem Zahler, ist die verspätete Zahlung zu deren Erfüllung tauglich1170. Was passiert aber mit diesem Zahlungsvorgang, gesteht man dem Zahler tatsächlich das Erstattungsrecht zu und macht dieser davon auch Gebrauch? (a) Verhältnis zwischen Zahler und dessen Zahlungsdienstleister Erstattet der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsbetrag, findet der Zahler wieder den Kontostand vor, über den er vor dem Zahlungsvorgang verfügen konnte – für ihn hat sich also nichts verändert. Jedoch erleidet sein Zahlungsdienstleister eine Vermögenseinbuße, da er den Zahlungsbetrag inzwischen weitergeleitet hat. Aufgrund von § 675y Abs. 1 BGB und dem zugrunde liegenden Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers aber niemals Ausgleich dieses Verlusts vom Zahler verlangen: Wie schon bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen1171 setzt Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL inzident voraus, dass dem Zahlungsdienstleister des Zahlers keine Ansprüche – welcher Art auch immer – auf Ausgleich des Zahlungsbetrags zustehen. Diese Sperrwirkung muss 1167 Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 9, der § 255 BGB analog anwendet, um die Abtretungsverpflichtung zu erklären; ähnlich Sprau in: Palandt § 675y Rn. 3. 1168 Es werden keine Einwände hervorgebracht, die eine Erstattung von Grund auf ausschließen. Lediglich die sich aus einer Erstattung ergebende Rechtslage wird als Gegenargument verwendet. 1169 Für diese grundsätzliche Trennung auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 14 ff. 1170 Ob tatsächlich Erfüllung eintritt, hängt aber davon ab, ob man dem Zahler das Erstattungsrecht einräumt; vgl. Fußnote 1179. 1171 Zur Sperrwirkung des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL – auch aufgrund des europarechtlichen Hintergrunds der Vollharmonisierung – vgl. C.II.2.b).
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
aufgrund des Prinzips der Vollharmonisierung für alle Anspruchsgrundlagen gelten, deren Tatbestand im Falle des Erstattungsverlangens wegen der Verspätung eingreift. Es bestehen nämlich keine Anhaltspunkte, die Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation anders zu bewerten als im Rahmen der nicht autorisierten Zahlungsvorgänge. Verlangt der Zahler Erstattung, darf sein Zahlungsdienstleister niemals auf ihn zurückgreifen, um sich schadlos zu halten.1172 (b) Verhältnis des Zahlungsdienstleisters des Zahlers zu den anderen Beteiligten Dem Zahlungsdienstleister des Zahlers bleibt also nur die Möglichkeit, sich an die anderen Beteiligten zu wenden. Da das Erstattungsrecht nur zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister und gerade nicht entlang der gesamten Zahlungskette wirkt, kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsbetrag nicht ohne weiteres vom Zahlungsempfänger oder dessen Zahlungsdienstleister herausverlangen. Vielmehr sind dazu andere Anspruchsgrundlagen erforderlich. Gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers wird er im Regelfall keine vertraglichen Rückvergütungsansprüche haben. Mangels Bereicherung des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers greift im Grundsatz ein bereicherungsrechtlicher Anspruch ebenso wenig ein1173. Zum Zahlungsempfänger unterhält der Zahlungsdienstleister des Zahlers keinerlei Vertragsbeziehungen. Dem Zahlungsempfänger kann im Normalfall auch kein schädigendes Verhalten angelastet werden, das ihn nach den §§ 823 ff. BGB zum Ausgleich verpflichten würde. Deshalb kommt lediglich die Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB in Betracht. Dieser Anspruch setzt aber voraus, dass die Zahlung nicht als sperrende Leistung1174 des Zahlers zu werten ist. Solange der Zahler noch keine Erstattung verlangt, muss aber von einer Leistung1175 seinerseits ausgegangen werden. Denn er wollte leisten, was allen anderen Beteiligten auch bewusst war. Gibt man ihm nun aber das Erstattungsrecht an die Hand – inklusive der Wirkungen im Verhältnis zu seinem Zahlungsdienstleister hinsichtlich des Aufwendungsersatzes1176 und der Entgeltansprüche1177 –, bekommt er die Möglichkeit, sich von dem Zahlungsvorgang zu 1172 Diese Sperrwirkung übersehen aber diejenigen, die einen Rückgriff auf das Kondiktionsrecht zulassen. Im Rahmen des Art. 60 Abs. 1 ZD-RiL und § 675u BGB wird sie von denselben Autoren jedoch anerkannt; vgl. Fußnote 1022 unter C.II.2.b)dd). 1173 Vgl. zu den Gründen des Scheiterns eines Kondiktionsanspruchs C.II.3.a)bb). 1174 Vgl. zur Sperrwirkung Sprau in: Palandt § 812 Rn. 7, 54. 1175 Zum Leistungsbegriff innerhalb des § 812 BGB vgl. Sprau in: Palandt § 812 Rn. 14 ff. 1176 Vgl. C.III.3.a)aa)(2)(c)(bb)(a). 1177 Vgl. Art. 75 Abs. 3 ZD-RiL und § 675y Abs. 4 BGB.
III. Ausführungsphase
301
distanzieren. Ihm wird die Befugnis verliehen, sich so zu stellen, als habe er den Zahlungsvorgang niemals beauftragt bzw. autorisiert – wertungsmäßig steht dieser Zustand dem des fehlenden Zahlungsauftrags und der fehlenden Autorisierung gleich. Deshalb muss auch hier die erforderliche Zurechnung der Leistung1178 aus normativen Gründen verneint werden1179. Wie im Falle der fehlenden Autorisierung kann sich der Zahlungsdienstleister des Zahlers prinzipiell im Wege der Nichtleistungskondiktion an den Zahlungsempfänger halten, um sein Defizit wieder auszugleichen1180. (x) Konsistenz dieser Lösung Die vorgenannten Rechtsfolgen eines Erstattungsrechts müssen sich aber vor dem Gesamtkonzept der ZD-RiL messen lassen. Nur wenn sie sich in deren Re1178 Vgl. zur Notwendigkeit dieses Zurechnungszusammenhangs BGH WM 2010, 473 (juris-Rn. 13 a. E.). 1179 Hierin liegt auch der Grund, warum es im Falle eines Erstattungsbegehrens gerade nicht zu einer Erfüllung der Verbindlichkeit im Valutaverhältnis kommt: Im Falle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs handelt es sich im Normalfall um eine Erfüllung durch den Zahler selbst; der Zahlungsdienstleister des Zahlers wird aufgrund des Zahlungsauftrags lediglich als dessen Hilfsperson und nicht eigenständig im Sinne des § 267 BGB tätig [vgl. dazu BGH NJW 2001, 1885 (juris-Rn. 17); Krüger in: MüKoBGB § 267 Rn. 9; Unberath in: BeckOK-BGB § 267 Rn. 5; a. M. wohl Bittner in: Staudinger § 267 Rn. 23 a. A., die bei einer Überweisung die kontoführende Bank als Dritte bezeichnet]. Weist der Zahler seinen Zahlungsdienstleister mittels des Zahlungsauftrags zur Erfüllung der Verbindlichkeit an, gibt der Zahler zugleich eine Tilgungsbestimmung [diese Bestimmung ist eine Willenserklärung, vgl. BGH NJW 1989, 1792 (jurisRn. 16)] ab, die sein Zahlungsdienstleister an den Zahlungsempfänger übermitteln muss [vgl. m.w. N. BGH BKR 2008, 514 juris-Rn. 28]. Erfüllt der Zahler seine Geldschuld mittels den Zahlungsdienstleistern als Hilfspersonen, reicht die reale Leistungsbewirkung gerade nicht aus – vielmehr wirkt diese Tilgungsbestimmung konstitutiv (vgl. Dennhardt in: BeckOK-BGB § 362 Rn. 21). Das Erstattungsverlangen des Zahlers nimmt dem zuvor erteilten Zahlungsauftrag jedoch die rechtlichen Wirkungen, so dass in diesem Fall nicht von einer wirksamen Anweisung ausgegangen werden kann. Dadurch geht aber zugleich die Tilgungsbestimmung unter, so dass sich der Zahlungsvorgang nicht mehr als Leistung des Zahlers darstellt und daher nicht mehr als Erfüllung im Valutaverhältnis gewertet werden kann [vgl. dazu vgl. BGH BKR 2008, 514 (jurisRn. 31); BGH NJW 2001, 1885 (juris-Rn. 17; BGH); BGH NJW 1990, 3194 (jurisRn. 16 f.) m.w. N. aus der Literatur]. Mit dem Erstattungsbegehren kann der Zahler die Erfüllung also wieder rückgängig machen, was eigentlich mit dem Prinzip der Erfüllung nach § 362 BGB nicht vereinbar ist [BGH BKR 2008, 514 juris-Rn. 26]. Dieses Grundprinzip vertritt der BGH allerdings gerade nicht, tritt zur realen Leistungsbewirkung eine Tilgungsbestimmung hinzu: Diese kann beispielsweise auch wegen eines Irrtums nach §§ 119 ff. BGB angefochten werden, so dass § 142 BGB letztlich die Tilgungswirkung rückwirkend aufhebt [vgl. BGH NJW 1989, 1792 (juris-Rn. 21); Olzen in: Staudinger § 366 Rn. 34; Wenzel in: MüKo-BGB § 366 Rn. 9; Dennhardt in: BeckOK-BGB § 366 Rn. 6]. Die hier vertretene Konstruktion der Beseitigung der bereits eingetretenen Erfüllungswirkung ist also nicht per se ausgeschlossen. Somit kann die europarechtliche Vorgabe aus Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL auch ohne grundlegenden Eingriff in das deutsche Recht integriert werden. 1180 So ohne Begründung auch Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675y Rn. 6 a. E.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
gelungskonzept integrieren lassen, kann der Wortlaut der Richtlinie und des nationalen Umsetzungsgesetzes auch auf verspätete Zahlungen angewandt werden. Gesteht man dem Zahler in dieser Situation tatsächlich den Erstattungsanspruch nach Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL und § 675y Abs. 1 BGB zu, schafft man eine Situation, die mit einer Grundwertung der ZD-RiL nicht zu vereinbaren ist: Art. 66 ZD-RiL legt klare Zeitpunkte fest, nach denen der Zahler sich von einem Zahlungsvorgang nicht mehr lösen kann. Damit wird nicht nur eine erhöhte Automatisierung durch das Entfallen von manuellen Eingriffen angestrebt. Auch die Rechtsbeständigkeit eines Zahlungsvorgangs und die daraus entstehende Rechtssicherheit für die beteiligten Zahlungsdienstleister und den Zahlungsempfänger sollen gestärkt werden. Mit dem Erstattungsrecht bekäme der Zahler ein verlängertes Widerrufsrecht, das an keine weiteren Voraussetzungen als an die Verspätung geknüpft wäre. Ist die Zahlung aber noch immer zur Erfüllung tauglich, ist der Gedanke des deutschen Gesetzgebers1181 sicherlich richtig: Hinsichtlich des Primäranspruchs des Zahlungsempfängers steht der Zahler genauso, wie wenn der Zahlungsvorgang rechtzeitig bewirkt worden wäre. Lässt man Sekundäransprüche des Zahlungsempfängers aufgrund der Verspätung sowie Zinsansprüche der Zahlungsdienstnutzer außer Betracht, stand dem Zahler gegenüber seinem Zahlungsdienstleister niemals eine Rechtsposition zu, die über den nun eingetretenen Erfolg hinausgeht. Der Zahler würde vom puren Zufall der Verspätung profitieren, obwohl diese ihn überhaupt nicht tangiert; dem Zahler käme ein rein formaler, aber folgenloser Fehler zugute. De facto stünde dem Zahler ein Reuerecht zu, um gegebenenfalls Einwendungen aus dem Valutaverhältnis durchzusetzen oder seine Liquidität anderweitig einzusetzen. Eine solche Option des Zahlers wollte die ZD-RiL mit ihrem Art. 66 aber gerade vermeiden. Dieser definiert zugunsten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers klare Zeitpunkte, ab wann er sich auf die Beständigkeit eines Zahlungsvorgangs verlassen kann. Aus diesem systematischen Grund kann das Erstattungsrecht in solchen Fällen von vornherein überhaupt nicht gewährt werden – die kondiktionsrechtlichen Fragestellungen sind hier unerheblich. (cc) Erstattung bei fehlender Erfüllungskompetenz der verspäteten Zahlung Existiert im Zeitpunkt der Übermittlung des Zahlungsbetrags keine entsprechende Forderung des Zahlungsempfängers gegenüber dem Zahler, stellt sich die Problematik der Erfüllung von vornherein nicht. Da schlussendlich der Zahlungsempfänger auch kein Recht hat, den Zahlungsbetrag zu behalten, bestehen offenbar auch keine Gründe für die Versagung des Erstattungsrechts. Schließlich muss der Zahlungsbetrag sowieso zurück zum Zahler transferiert werden. Die Lösung 1181
Vgl. C.III.3.a)aa)(2)(c)(aa).
III. Ausführungsphase
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ist aber keinesfalls derart eindimensional. Vielmehr muss hinterfragt werden, ob die Verspätung kausal für das Nichtbestehen einer zu erfüllenden Verbindlichkeit ist, d.h. warum konkret im Valutaverhältnis keine Forderung (mehr) vorliegt.1182 (a) Fehlende Kausalität zwischen Fristversäumung und Nichterfüllung Hat niemals eine zu erfüllende Verbindlichkeit bestanden1183 oder ist diese vollkommen unabhängig von der Verspätung erloschen1184, gibt es keinen Anlass zu einer veränderten Ansicht gegenüber den soeben behandelten Erfüllungsfällen1185. Denn auch ohne eine positive Wirkung der Zahlung im Valutaverhältnis würde das Erstattungsrecht wie ein verlängertes, an weitere Voraussetzungen nicht gebundenes Widerrufsrecht wirken: Wäre der Zahlungsvorgang fristgerecht ausgeführt worden, hätte sich der Zahler zur Rückabwicklung direkt an den Zahlungsempfänger wenden müssen. Warum soll der Zahler den Zahlungsbetrag bei einer Verzögerung nun entlang der Zahlungskette geltend machen können, obwohl sich seine rechtliche Situation dadurch überhaupt nicht verändert? Auch hier greifen die systematischen Einwände1186 ein, die ein solches Reuerecht gerade verhindern wollen. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses zeigt sich an einem Beispiel: Hat der Zahler versehentlich eine falsche Kundenkennung angeben und führen die Zahlungsdienstleister den Zahlungsvorgang gemäß § 675r Abs. 1 BGB anhand dieser Kundenkennung aus, würde die reine Fristversäumung dem Zahler eine Möglichkeit zur Fehlerkorrektur auf Kosten seines Zahlungsdienstleisters bieten. (b) Bestehende Kausalität zwischen Fristversäumung und Nichterfüllung Dagegen muss dem Zahler das Erstattungsrecht zugebilligt werden, wenn die fristgerechte Ausführung erfüllende Wirkung gehabt hätte, aber gerade die Verspätung zum Wegfall der Forderung geführt hat1187. Denn in dieser Situation 1182
Diese Differenzierung trifft Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 15 gerade
nicht. 1183 Beispielsweise weil der Zahler sich bei der Kundenkennung verschrieben hat oder weil das zugrundeliegende Schuldverhältnis von Anfang an unwirksam gewesen ist. 1184 Beispielsweise aufgrund eines Rücktritts wegen eines Sachmangels, Untergang der Zahlungsverpflichtung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB, wegen einer erfolgreichen Irrtumsanfechtung oder auch aufgrund einer anderweitigen, selbst bei rechtzeitiger Ausführung des Zahlungsvorgang zuvorgekommenen Erfüllung. 1185 Vgl. C.III.3.a)aa)(2)(c)(bb). 1186 Vgl. dazu C.III.3.a)aa)(2)(c)(bb)(c). 1187 Anwendungsfälle hierzu sind Fixgeschäfte bezogen auf die Bezahlung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, oder der Wegfall der Verbindlichkeit wegen eines zwischenzeitlichen Rücktritts des Zahlungsempfängers nach § 323 BGB gerade wegen der Versäumung einer Zahlungsfrist aus dem Valutaverhältnis.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
kann nicht mehr von einer unzulässigen Verlängerung des Widerrufsrechts gesprochen werden. Wäre der Zahlungsbetrag rechtzeitig eingegangen, hätte der Zahler seine Verbindlichkeit erfüllt und diese zum Erlöschen gebracht. Diese Situation verändert sich aber maßgeblich durch die nicht fristgerechte Übermittlung des Zahlungsbetrags: Die Zahlung bewirkt lediglich das Entstehen eines Kondiktionsanspruchs des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger, den der Zahler wiederum aktiv geltend machen muss. Während in beiden vorhergehenden Konstellationen die hypothetische Rechtslage im Valutaverhältnis (ohne Verspätung) mit der tatsächlich vorliegenden (mit Verspätung) identisch war, muss der Zahler hier auf eine veränderte, nicht erwartete Situation reagieren. Dies reicht alleine aber noch nicht aus. Entscheidend ist der Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen der Ursache und der Veränderung der Rechtslage: Die Ursache liegt – nach dem rechtspolitischen Willen des Art. 69 Abs. 1 ZD-RiL – im alleinigen Verantwortungsbereich des Zahlungsdienstleisters des Zahlers. Mit der Erstattung reagiert der Zahler also gerade nicht auf einen Umstand des Valutaverhältnisses, den er im Vorfeld hätte erkennen können; er möchte auch nicht einen eigenen Fehler korrigieren. Vielmehr möchte er die Folgen der Pflichtverletzung seines Zahlungsdienstleisters berichtigen. Der kann sich gerade wegen seiner Verantwortlichkeit auch nicht auf die Beständigkeit von Zahlungsauftrag und Autorisierung nach Art. 66 ZD-RiL berufen. Der Zahler bereut also nicht die Zahlung an sich, sondern lediglich die Beauftragung seines Zahlungsdienstleisters mit der Zahlung. Die oben genannten einschränkenden Erwägungen sind hier also gerade nicht anwendbar, so dass dem Zahler ein Erstattungsrecht gegenüber seinem Zahlungsdienstleister zusteht.1188 Einzig „Leidtragender“ mag an dieser Stelle der Zahlungsempfänger sein, der nun einem Kondiktionsanspruch des für ihn fremden Zahlungsdienstleisters des Zahlers ausgesetzt ist1189. Da er aber auch gegenüber dem Zahler den Zahlungsbetrag zurückerstatten müsste, muss sein Schutz gegenüber der Wertung des Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL – die Rückabwicklung ist Sache des Zahlungsdienstleisters des Zahlers – zurückstehen. (dd) Zusammenfassung zur Verzögerung und Auswirkungen auf andere Normen Grundsätzlich ist der Einwand des Gesetzgebers und der bisherigen Wissenschaft berechtigt, wenn diese eine Erstattung im Falle eines verspäteten Zahlungseingangs nicht zulassen, solange das eigentliche Ziel des Zahlers doch erreicht wurde. Die gewählten dogmatischen Ansatzpunkte sind aber in zweierlei 1188 An diesem Ergebnis ändert auch 2.3.2 Abs. 3 der Überweisungsbedingungen zumindest gegenüber Verbrauchern nichts, der das Erstattungsrecht bei Verspätungen generell ausschließen möchte. Nach § 675e Abs. 1, 4 kann von § 675y BGB nur gegenüber Unternehmern und nur innerhalb des AGB-Rechts abgewichen werden. 1189 Vgl. C.III.3.a)aa)(2)(c)(bb)(b).
III. Ausführungsphase
305
Hinsicht verfehlt: Erstens hängt die einschränkende Auslegung des Art. 75 Abs. 1 ZD-RiL und des § 675y Abs. 1 BGB nicht damit zusammen, ob im Valutaverhältnis erfüllt wurde1190. Es spielt lediglich eine Rolle, ob die Verspätung die Rechtslage im Valutaverhältnis kausal verändert hat, d.h. ob ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang begründet werden kann. Zweitens sind die Gründe für die Versagung des Erstattungsrechts nicht in einer Bereicherung des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister, sondern in systematischen Erwägungen innerhalb der ZD-RiL zu suchen – hier wird insbesondere die Wirkung des Erstattungsrechts auf das restliche Anspruchssystems des BGB und auf den Leistungsbegriff des Kondiktionsrechts verkannt. Trotz der Einschränkungen der Rechtsfolgen des § 675y Abs. 1 BGB ist zu beachten, dass auch ein verspäteter Zahlungseingang keine „ordnungsgemäße Ausführung“ darstellt. Auf andere Normen mit diesem Tatbestandsmerkmal1191 haben diese restriktiven Aussagen keinerlei Auswirkungen1192. bb) § 675y Abs. 2 BGB: Vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöste Zahlungsvorgänge Mit § 675y Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber die Besonderheiten berücksichtigen, die ein Zahlungsvorgang mit sich bringt, der entweder „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurde. Aufgrund dieser Beteiligung des Zahlungsempfängers und seines Zahlungsdienstleisters, ist der Grund einer Störung nicht ausschließlich im Verhältnis zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu suchen. Auch Versäumnisse des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers können hierfür verantwortlich sein. Deshalb enthalten § 675y Abs. 2 S. 1 und 3 BGB Ansprüche des Zahlungsempfängers, während § 675y Abs. 2 S. 2 BGB dem Zahler einen Erstattungsanspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister einräumt. (1) Verhältnis des Zahlungsempfängers zu seinem Zahlungsdienstleister (a) Haftung nach § 675y Abs. 2 S. 1 BGB Im Falle einer Störung des Zahlungsvorgangs kann der Zahlungsempfänger nach § 675y Abs. 2 S. 1 BGB von seinem Zahlungsdienstleister verlangen, dass dieser den Zahlungsbetrag nochmals beim Zahlungsdienstleister des Zahlers anfordert. Nach dem Wortlaut dieser Norm ist hierfür eine „nicht erfolgte oder feh1190 Die bisherigen Autoren würden die zweite Fallkonstellation der fehlenden Kausalität [vgl. C.III.3.a)aa)(2)(c)(cc)(a)] wohl anders lösen. 1191 Beispielsweise § 676 BGB. 1192 Vgl. Sprau in: Palandt § 675y Rn. 3; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 675y Rn. 6.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
lerhafte Ausführung des Zahlungsvorgangs“ notwendig. Auch die Rechtsfolge richtet sich auf die gegebenenfalls erneute Übermittlung eines Zahlungsauftrags an den Zahlungsdienstleister des Zahlers. Daraus wird teilweise geschlossen, dieser Anspruch des Zahlungsempfängers bestünde nicht bei Zahlungsverfahren, die ohne einen Zahlungsauftrag auskommen, beispielsweise dem Einzugsermächtigungsverfahren1193. Mangels eigenständigem konstitutivem Regelungscharakter dieser Norm kann diese Frage aber dahinstehen. Letztlich wird mit diesem „Sekundäranspruch“ lediglich die vertragliche Primärpflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers wiederholt, die im Falle eines Einzugs einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahrens ebenfalls bestehen kann. Zusätzlich zur ursprünglichen Weiterleitungspflicht setzt diese Norm keine weiteren Rechtsfolgen. Auch die Formulierung „gegebenenfalls erneut“ in § 675y Abs. 2 S. 1 BGB ist missverständlich. Kann der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nämlich die ordnungsgemäße Übermittlung nachweisen, ist seine Haftung ausgeschlossen1194. „Erneut“ kann hier also nur so verstanden werden, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers einen neuen Übermittlungsversuch starten muss, weil der erste mangels Weiterleitungserfolg misslungen war. Die Voraussetzung „nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung“ tritt darum auch in den Hintergrund: Kam der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers seiner Übermittlungspflicht nicht nach, kann es überhaupt nicht zu einem erfolgreichen Zahlungsvorgang gekommen sein. In jedem anderen Fall ist er – unbeschadet des § 675y Abs. 2 S. 3 BGB1195 – nicht mehr für die korrekte Ausführung verantwortlich. Eine konkrete Erläuterung, welche Fälle davon erfasst werden erübrigt sich dadurch. (b) Haftung nach § 675y Abs. 2 S. 3 BGB Mit dem Nachweis der ordnungsgemäßen Übermittlung der Zahlungsdaten an den Zahlungsdienstleister des Zahlers kann sich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers aber nicht vollständig von jeglicher Haftung befreien. Geht bei ihm lediglich ein gekürzter Zahlungsbetrag ein, kann der Zahlungsempfänger von ihm nach § 675y Abs. 2 S. 3 BGB trotzdem die vollständige Gutschrift verlangen – sein Zahlungsdienstleister muss den gekürzten Betrag also aufstocken. 1193 So Sprau in: Palandt § 675y Rn. 1, 7; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 675y Rn. 10; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 26. 1194 Dies ergibt sich bereits aus einer Zusammenschau von Art. 75 Abs. 2 UA 1 und UA 2. Danach haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers prinzipiell für die ordnungsgemäße Übermittlung der Zahlungsdaten. UA 3 setzt aber voraus, dass diese Haftung auch nicht bestehen kann – dabei ist die ursprüngliche Pflichterfüllung der einzig denkbare Grund für einen Haftungsausschluss; im Ergebnis auch so Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 12. 1195 Siehe dazu C.III.3.a)bb)(1)(b).
III. Ausführungsphase
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Wurde der Zahlungsvorgang „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst, ist nämlich nicht der Zahlungsdienstleister des Zahlers für die konkrete Gestaltung der Zahlungskette verantwortlich. Der Zahlungsstrom verläuft hier rückwärts entlang der Weisungskette, die vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers in Gang gesetzt wurde. Er wählt somit die Zwischeninstitute aus. Erreicht der Zahlungsbetrag den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers letztendlich gekürzt, besteht deshalb auch ein berechtigtes Interesse an einer Veränderung der Rechtslage aus § 675y Abs. 1 S. 3 BGB1196, wonach der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Fehlbetrag erneut übermitteln muss. Der Gesetzgeber hat sich deshalb dafür entschieden, dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers die Verantwortung für Abzüge seitens aller Zwischeninstitute sowie seitens des Zahlungsdienstleisters des Zahlers aufzuerlegen1197, auch wenn er sich diesen nicht auswählen konnte. Diese Pflicht entfällt auch nicht, wenn sich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers entsprechend § 675y Abs. 2 S. 2 BGB entlastet1198. Dieser Schluss könnte sich allenfalls aus dem unmittelbaren systematischen Zusammenhang der Sätze 2 und 3 des § 675y Abs. 2 BGB ergeben, der aber lediglich durch den deutschen Gesetzgeber hergestellt wurde. In der ZD-RiL ist die Pflicht zum Aufstocken aber nicht in Art. 75 Abs. 2, sondern in Art. 67 Abs. 3 S. 2 geregelt. Der Richtliniengeber installiert diese Aufstockungspflicht deshalb losgelöst von der Haftung bei fehlerhafter Übermittlung aus Art. 75 Abs. 2 ZD-RiL. Dieses Ergebnis zeigt sich im deutschen Gesetzestext auch dadurch, dass im Fall einer Entlastung nach § 675y Abs. 2 S. 2 BGB gerade nicht auf die Erstattungspflicht des Zahlungsdienstleisters des Zahlers aus § 675y Abs. 1 S. 3 BGB verwiesen wird – wer für einen Fehlbetrag aufkommen müsste, bliebe deshalb ungeklärt. (2) Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister Kann sich der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hinsichtlich der ordnungsgemäßen Übermittlung der Zahlungsdaten entlasten, verlagert sich die 1196 § 675y Abs. 1 S. 3 BGB ist in diesen Konstellationen überhaupt nicht anwendbar, da § 675y Abs. 1 und Abs. 2 BGB streng danach aufgeteilt sind, auf welchem Weg der Zahlungsvorgang ausgelöst wurde; für diese Aufteilung auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 3; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675y Rn. 1; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 2, der sich aber in Rn. 13 dazu in Widerspruch setzt, indem er einen gleichzeitig bestehenden Anspruch aus § 675y Abs. 1 S. 3 BGB akzeptiert; für eine parallele Anwendung ebenfalls Sprau in: Palandt § 675y Rn. 7. 1197 Begründung zu § 675y Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 192; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 15; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675y Rn. 9; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 13; Sprau in: Palandt § 675y Rn. 7; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675y Rn. 31; Omlor in: Staudinger [2012] § 675y Rn. 17. 1198 So aber Sprau in: Palandt § 675y Rn. 7.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Verantwortlichkeit für Störungen im Zahlungsvorgang auf den Zahlungsdienstleister des Zahlers. Deshalb verweist § 675y Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB auf das Erstattungsrecht des Zahlers nach § 675y Abs. 1 S. 1, 2 BGB. Der Sachverhalt wird so beurteilt, als ob der Zahlungsvorgang von vornherein „vom Zahler ausgelöst“ worden wäre. Diese Haftung muss – zumindest in analoger Anwendung – auch dann eingreifen, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers die Weiterleitung der Zahlungsdaten zunächst nicht ordnungsgemäß bewirkt, seine Pflicht dann aber entweder von selbst oder auf Nachdruck des Zahlungsempfängers doch noch erfüllt. Schließlich hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Unterlagen – wenn auch verspätet – erhalten. Ab diesem Moment ist er zur Ausführung des Zahlungsvorgangs in der Lage – warum soll er nun also besser stehen, nur weil der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gegenüber dem Zahlungsempfänger zunächst eine Pflicht verletzt hat?1199 In dieser Konstellation muss auch nicht näher auf das eingangs erwähnte Tatbestandsmerkmal „nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung des Zahlungsvorgangs“ eingegangen werden. Ob ein Zahlungsvorgang ordnungsgemäß durchgeführt wurde, muss stets gesondert innerhalb des jeweiligen Rechtsverhältnisses beurteilt werden. Im Falle der verzögerten Übermittlung durch den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers geht der Zahlungsauftrag auch später zu, so dass sich die hintere Grenze der Ausführungsfristen nach § 675s Abs. 1 BGB entsprechend verschiebt. Auch wenn der Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag vielleicht früher erwartet, hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers seine Pflichten gegebenenfalls ordnungsgemäß erfüllt. Dann kann auch kein Erstattungsrecht des Zahlers entstehen – sonst würde dieser von der Verletzung einer Pflicht aus einem fremden Schuldverhältnis profitieren.1200 Diese Trennung der Rechtsverhältnisse ist auch der Grund, warum der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Verantwortung für die Störung durch eine entsprechende Anwendung des § 675y Abs. 1 S. 4 BGB1201 wieder zurück auf den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers übertragen kann.
1199 Hierfür spricht auch der Ansatzpunkt der Haftung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers in Art. 75 Abs. 2 UA 3 ZD-RiL: Danach verschiebt sich die Verantwortung in dem Moment, in dem der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gerade nicht haftet. Da sich seine Haftung aber letztlich nur auf den bereits bestehenden Primäranspruch bezieht und er diesen auch durch eine verspätete Leistung erfüllt hat, endet in diesem Zeitpunkt auch seine Haftung. 1200 Andeutungsweise ebenso Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 16, der eine Haftung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers nur sieht, wenn ihm der Zahlungsauftrag rechtzeitig zugegangen ist. 1201 Zum begrenzten Regelungsgehalt des § 675y Abs. 1 S. 4 BGB vgl. C.III.3. a)aa)(1).
III. Ausführungsphase
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b) § 675z BGB: Weitere Anspruchsgrundlagen § 675z BGB greift Art. 76 ZD-RiL auf und regelt im Wesentlichen das Verhältnis zwischen § 675y BGB und den sonstigen allgemeinen Anspruchsgrundlagen des nationalen Rechts. Diese Öffnungsklausel ermöglicht sowohl den Mitgliedsstaaten als auch den Vertragspartnern, über Art. 75 ZD-RiL bzw. § 675y BGB hinausgehende1202 finanzielle Entschädigungen zu statuieren. An den Sachverhalt des „nicht ordnungsgemäß ausgeführten Zahlungsvorgangs“ können also weitere Rechtsfolgen geknüpft werden – das Prinzip der Vollharmonisierung wird also aufgeweicht. In Art. 76 ZD-RiL wird lediglich die Art der denkbaren Rechtsfolgen vorgegeben: Wegen des Bezugs auf finanzielle Entschädigungen sind ausschließlich Ansprüche auf Geldersatz und gerade nicht auf Naturalrestitution möglich. Bis auf eine Ausnahme1203 schafft § 675z BGB diese weiteren Anspruchsgrundlagen aber nicht selbst1204. § 675z BGB erklärt bereits bestehende Haftungsnormen für anwendbar und modifiziert diese zum Teil in ihrer konkreten Handhabe. § 675z S. 5 BGB kommt sogar überhaupt keine konstitutive Regelungswirkung zu: Er wiederholt letztlich nur, dass eine Ausführung anhand der Kundenkennung keine Haftung auslösen kann.1205 aa) Anwendbarkeit anderweitiger Anspruchsgrundlagen Mit § 675z S. 1 und 2 BGB bestimmt der deutsche Gesetzgeber lediglich das Anwendungsfeld anderweitiger Anspruchsgrundlagen: § 675y BGB ist bezüglich der dort geregelten Ansprüche abschließend. Dadurch macht er sich das – der Vollharmonisierung zugrundeliegende – Regelungskonzept der SachverhaltsRechtsfolge-Relation1206 zu eigen: Im Falle nicht ordnungsgemäß ausgeführter Zahlungsvorgänge kann Erstattung bzw. Ergänzung des Zahlungsbetrags lediglich unter den Voraussetzungen und mit den Beschränkungen des § 675y BGB verlangt werden. Diese Rechtsfolgen können gerade nicht mithilfe anderer Anspruchsgrundlagen begründet werden – unabhängig davon, ob solch anderweitige Normen strengere oder mildere Voraussetzungen aufweisen.1207 1202 „[. . .] über die Bestimmungen dieses Abschnitts hinausgehende finanzielle Entschädigung“ setzt inzident voraus, dass es sich um Ansprüche eines Zahlungsdienstnutzers gegen seinen Zahlungsdienstleister handeln muss. Denn in diesem Abschnitt fehlt es an entgegengesetzten Ansprüchen, die als Anknüpfungspunkt für eine „über die Bestimmungen [. . .] hinausgehende finanzielle Entschädigung“ in Betracht kommen. 1203 § 675z S. 4 BGB; vgl. dazu C.III.3.b)dd). 1204 So auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675z Rn. 7. 1205 Vgl. dazu Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675z Rn. 11; Sprau in: Palandt § 675z Rn. 7; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675z Rn. 8; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675z Rn. 11. 1206 Zu dieser Relation und ihren Wirkungen ausführlich in C.II.2.b)bb). 1207 Vgl. Begründung zu § 675z BR-Drucks. 848/08 S. 194; Mayen in: Schimansky/ Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 66; Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675z Rn. 2; Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675z Rn. 2; Sprau in: Palandt
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Geht es dem Zahlungsdienstnutzer aber gerade nicht um den Zahlungsbetrag (zuzüglich etwaiger Zinsen oder Entgelte), sondern um die Regulierung anderweitiger Schäden, setzt § 675z S. 2 HS 1 BGB die Anwendbarkeit weiterer Anspruchsgrundlagen im Grundsatz voraus. Dabei kommen Schadenspositionen aus dem Valutaverhältnis in Frage, die auf eine verzögerte oder gar unterlassene Ausführung eines Zahlungsauftrags zurückzuführen sind.1208 Ob in solchen Fällen der Schaden mithilfe von § 280 I BGB, §§ 280 I, II, 286 BGB oder §§ 280 III, 281 BGB zu liquidieren ist, kann in der Praxis dahinstehen. Denn aufgrund der kalendermäßig bestimmten Ausführungsfristen wäre nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine Mahnung entbehrlich, nach § 281 Abs. 2 BGB besteht gerade wegen den zugrundeliegenden Wertungen1209 das besondere Interesse an einem Verzicht auf die Nachfrist. Der Zahler kann demnach in jedem Fall den Schadensersatzanspruch sofort im Anschluss an die Verzögerung geltend machen. Ebenfalls komplett vom Anwendungsbereich des § 675y BGB ausgenommen sind Ansprüche des Zahlungsempfängers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister wegen Verletzung der Pflichten aus § 675t Abs. 1 S. 1 BGB1210. Auch hier kann der Zahlungsempfänger mithilfe der §§ 280 ff. BGB1211 sofort nach der Verzögerung seinen Schaden liquidieren1212 und dabei auf die Privilegierungen des § 675z BGB zurückgreifen1213. § 675z Rn. 2; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675z Rn. 2; Casper in: MüKoBGB [2012] § 675z Rn. 5 f.; Omlor in: Staudinger [2012] § 675z Rn. 5; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675z Rn. 3. 1208 Begründung zu § 675z BR-Drucks. 848/08 S. 194; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675z Rn. 3; Omlor in: Staudinger [2012] § 675z Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675z Rn. 6; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675z Rn. 3 und Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675z Rn. 3 sehen auch grundsätzlich Anwendungsfälle für §§ 823 ff., 812 ff. BGB, beschreiben aber leider die angedachten Fallkonstellationen nicht. Zur Beachtlichkeit dieser Schadenspositionen auch gegenüber den Zahlungsdienstleistern trotz genereller Trennung der Rechtsverhältnisse vgl. B.III.4. Grundsätzlich auch Nobbe – Sonderbeilage Überweisungsverkehr 2012 S. 6. 1209 Darin liegt ein klassischer Anwendungsfall des europarechtlichen Grundsatzes des „effet utile“. Denn nur durch eine sofortige Haftung haben die Zahlungsdienstleister einen Anreiz zur Einhaltung der Ausführungsfristen, die eine zentrale Charaktereigenschaft der Zahlungsdiensterichtlinie darstellen. Allgemein zu diesem Grundsatz vgl. Mayer in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – 2011 Art. 19 EUV Rn. 57 f. 1210 So auch Sprau in: Palandt § 675y Rn. 4; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 14. Schließlich ordnet der dem § 675y BGB zugrundeliegende Art. 75 Abs. 1 UA 3, Abs. 2 UA 2 S. 2 ZD-RiL lediglich die Rechtsfolge der unverzüglichen Gutschrift an. Eine darüber hinausgehende Haftung wäre demnach von der Öffnungsklausel des Art. 76 ZD-RiL gedeckt. 1211 Wie bei den Ansprüchen des Zahlers kann auch hier auf eine konkrete Differenzierung zwischen den einzelnen Haftungstatbeständen der §§ 280 ff. BGB verzichtet werden. 1212 Grundsätzlich ebenso Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675y Rn. 13, 16; Sprau in: Palandt § 675t Rn. 1.
III. Ausführungsphase
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bb) Zurechnung von Fremdverschulden Bemisst sich die Haftung für einen nicht ordnungsgemäß ausgeführten Vorgang nach einer verschuldensabhängigen Anspruchsgrundlage, geht der deutsche Gesetzgeber mit § 675z S. 3 BGB den Weg der ZD-RiL1214 weiter: Das Verschulden eines zwischengeschalteten Instituts wird dem haftenden Zahlungsdienstleister als eigenes zugerechnet, solange der Zahlungsdienstnutzer seinem Zahlungsdienstleister keine Vorgaben bei der Auswahl des Zwischeninstituts gemacht hat1215. Dadurch werden anderweitige und allgemeine Zurechnungsnormen – beispielsweise § 278 BGB – verdrängt und unanwendbar1216. cc) Haftungsbegrenzungen Ist ein Zahlungsdienstleister gegenüber seinem Zahlungsdienstnutzer dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, besteht nach § 675z S. 2 BGB die Möglichkeit zur Begrenzung der Maximalhaftungssumme auf 12.500 A1217, wovon die Zahlungsdienstleister auch rege Gebrauch gemacht haben1218. Der Gesetzgeber übernimmt damit die bisher bestehende Regelung aus § 676c Abs. 1 S. 5 BGB a. F. Nach Sinn und Zweck besteht diese Gestaltungsoption nicht nur im Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister, sondern auch zwischen dem Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister1219. Dadurch kann auch eine Haftung für die Verletzung einer Pflicht aus § 675t Abs. 1 BGB begrenzt werden. Der Wortlaut fordert zwar eine nicht ordnungsgemäße Ausführung eines Zahlungsauftrags, der das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister nicht beeinflusst. Hier versuchte der nationale Gesetzgeber 1213 Zur Anwendbarkeit des § 675z auf das Verhältnis des Zahlungsempfängers zu dessen Zahlungsdienstleister vgl. C.III.3.b)cc). 1214 Vgl. dazu Erwägungsgründe 46 und 47 zu Richtlinie ZD-RiL. 1215 Da § 675z BGB gemäß § 675e Abs. 4 BGB gegenüber Unternehmern abbedungen werden kann, ist eine Haftungsausschluss für das Handeln zwischengeschalteter Stellen möglich. Dies muss aber unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht werden; die Formulierung aus 2.6.4 der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite) ist zu unbestimmt und ist deshalb nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Zahlungsdienstleister auszulegen [vgl. Einsele ZIP 2011, 1741 (1748)]. 1216 So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675z Rn. 14. 1217 Zur wirksamen Einbeziehung, insbesondere durch AGB vgl. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675z Rn. 5. 1218 Beispielsweise 2.3.3 Abs. 2 und 2.3.4 der Sonderbedingungen-Sparkassen für den Überweisungsverkehr. Die Haftungsbegrenzung gegenüber Unternehmern für Folgeschäden bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen (2.3.4 der SonderbedingungenSparkassen für den Überweisungsverkehr) ist jedoch mit § 675z BGB nicht vereinbar; vgl. ausführlich hierzu Einsele ZIP 2011, 1741 (1743). 1219 So auch Grundmann WM 2009, 1109 (1116); a. A. Sprau in: Palandt § 675t Rn. 1; unklar Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675z Rn. 4.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
aber den Risiken des Massenverkehrs gerecht zu werden. Diese bestehen nicht ausschließlich auf der Seite des Zahlungsdienstleisters des Zahlers. Außerdem ist § 675z BGB – bis auf die Erwähnung des Zahlungsauftrags – vollständig neutral formuliert; auch hat jeder einzelne Satz in beiden Rechtsverhältnissen einen sinnvollen Anwendungsbereich. Damit setzt er sich von § 675y Abs. 1, 2 BGB ab, in denen die jeweilige Beziehung explizit benannt wird. Diese Haftungsbegrenzung untergräbt auch nicht in unzulässiger Weise die europarechtlich zwingend vorgegebenen Ausführungspflichten. Zwar sorgt eine Höchstsumme rein formal für eine mittelbare Entwertung der Primärforderungen. Dadurch wird der Mindeststandard aber noch nicht unterschritten, den die ZD-RiL selbst als zwingend ansieht. Ist der Zahlungsdienstnutzer kein Verbraucher, gilt beispielsweise die Haftung nach Art. 75 ZD-RiL nicht bedingungslos1220. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Richtliniengeber im Unternehmensverkehr die Ausführungspflichten mit strengen Sekundäransprüchen bekräftigen wollte. Im Kontakt mit Verbrauchern mag dies möglicherweise anders sein. Jedoch ist mit 12.500 A die Höchstgrenze so hoch, dass die meisten Schadensfälle im Privatverkehr abgedeckt sein werden. Darüber hinaus sieht der deutsche Gesetzgeber in § 675z S. 2 HS. 2 BGB selbst noch Fälle vor, in denen der Zahlungsdienstleister trotz Vereinbarung unbegrenzt haftet – insbesondere kann sich der Zahler in speziellen Fällen zuvor eine Übernahmegarantie nach § 675z 2 HS. 2 Var. 4 BGB versprechen lassen1221. Dadurch besteht für den Zahlungsdienstleister noch eine ausreichende Motivationslage, um seine interne Organisation auf die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten auszurichten. dd) Eigenständiger Anspruch nach § 675z S. 4 BGB Während die bisherigen Regelungen des § 675z BGB stets an eine andere Haftungsnorm anknüpfen, möchte der Gesetzgeber mit § 675z S. 4 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage zugunsten des geschädigten Zahlungsdienstnutzers statuieren1222: Scheitert nach § 675z S. 3 HS. 2 eine Zurechnung des Verschuldens einer zwischengeschalteten Stelle, weil diese vom Zahlungsdienstnutzer vorgegeben wurde, 1220
Art. 51 Abs. 1 ZD-RiL. Hierzu soll aber die reine Entgegennahme einer Weisung in Kenntnis ihrer Dringlichkeit noch nicht ausreichen [Sprau in: Palandt § 675z Rn. 4; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675z Rn. 5 und Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675z Rn. 4]. Vielmehr werden besondere Umstände benötigt, aus denen mittels Auslegung auf die Abgabe eines selbständigen Garantieversprechens geschlossen werden darf [vgl. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675z Rn. 8]. 1222 Begründung zu § 675z BR-Drucks. 848/08 S. 194; Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675z Rn. 9; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675z Rn. 10; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675z Rn. 7; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675z Rn. 17; Omlor in: Staudinger [2012] § 675z Rn. 14. 1221
III. Ausführungsphase
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„haftet die [. . .] vorgegebene Stelle anstelle des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsdienstnutzers.“
Gewiss kann von einer eigenständigen Haftung gesprochen werden, solange man dem Zahlungsdienstnutzer einen neuen Haftungsgegner zur Verfügung stellt. Auf diese Haftungsüberleitung beschränkt sich diese Norm aber auch schon. Durch die Formulierung „anstelle des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsdienstnutzers“ setzt der Gesetzgeber eine ansonsten verwirklichte Anspruchsgrundlage gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsdienstnutzers voraus, bei der es lediglich an dessen Verschulden fehlt.1223 Damit bindet der Gesetzgeber den Anspruch gegen die zwischengeschaltete Stelle wiederum an andere Anspruchsgrundlagen mit besonderen Tatbeständen. Diese Haftungsüberleitung bewirkt also im Ergebnis, dass der Zahlungsdienstnutzer jegliche verschuldensabhängigen Ansprüche – selbst vertragliche – gegen diese zwischengeschaltete Stelle richten kann. Dabei kommt es gerade nicht darauf an, ob zwischen ihnen bisher ein Schuldverhältnis bestanden hat. Vielmehr entsteht durch den Schadensfall ein gesetzliches Schuldverhältnis1224 – hierin liegt die Eigenständigkeit des Anspruchs. Im Extremfall wird dadurch eine „Durchbrechung des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse“ 1225 angeordnet. c) Beweisführung Die praktische Durchsetzung der genannten Ansprüche aus Leistungsstörungen hängt maßgeblich davon ab, ob das Gericht von der nicht ordnungsgemäßen Ausführung überzeugt ist. Aus der Eigenart des Zahlungsvorgangs folgt eine Hürde für den Zahlungsdienstnutzer, müsste er im Streitfall das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals nachweisen: Er initiiert zwar den Vorgang durch seine Weisung, an deren Erfüllung ist er aber selbst nicht mehr beteiligt. Hierzu bewegt sich der Zahlungsdienstleister ja in einem anderen, dem Zahlungsdienstnutzer fremden Rechtsverhältnis. Aus eigener Kraft hat er demnach keine Beobachtungs- und Kontrollmöglichkeiten. Der Richtliniengeber war sich diesem strukturell beding1223 Im Ergebnis wohl auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675z Rn. 14; diese Bindung bestand auch schon unter Geltung der „Vorgängernorm“ § 676b Abs. 3 S. 7 BGB a.F, an der sich der Gesetzgeber orientierte [Begründung zu § 675z BR-Drucks. 848/08 S. 194]. Auch hier mussten alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 676b Abs. 3 S. 1 BGB a. F. gegeben sein [Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676b Rn. 21]; es bestand gerade keine bedingungslose Haftung. 1224 Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675z Rn. 7; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675z Rn. 18; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675z Rn. 9; aufgrund der Unerheblichkeit lässt Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675z Rn. 7 die Rechtsnatur offen; zur Rechtsnatur unter Geltung der „Vorgängernorm“ § 676b Abs. 3 S. 7 BGB a. F. vgl. Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676b Rn. 20. 1225 Casper in: MüKo-BGB [2009] § 676b Rn. 19 zur „Vorgängernorm“ § 676b Abs. 3 S. 7 BGB a. F.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ten Nachteil offenbar bewusst, so dass er mit Art. 59 Abs. 1 ZD-RiL auch eine Beweisregelung für diese Tatbestandsvoraussetzung1226 integrierte – dieser Teil wurde mit § 676 BGB ins deutsche Recht umgesetzt. Im Streit um die ordnungsgemäße Ausführung „muss der Zahlungsdienstleister nachweisen, dass der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.“
Aufgrund seines Wortlauts ist § 676 BGB deshalb nicht nur in den Fällen des § 675y BGB, sondern auch im Rahmen von §§ 675z, 280 ff. BGB anwendbar1227. Der Wortlaut begrenzt den Anwendungsbereich aber insoweit, als er gerade nicht auf Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstleistern bzw. zwischen den einzelnen Zahlungsstellen anwendbar ist. Schließlich sind die Tätigkeiten der zwischengeschalteten Stellen und der Dienstleister untereinander nach § 1 Abs. 10 Nr. 7, 12 ZAG keine Zahlungsdienste1228; es gibt also keinen „Zahlungsdienstleister“ oder „Zahlungsdienstnutzer“ im Sinne der Neuregelung.1229 Die Wirkweise des § 676 BGB erschließt sich dem Normanwender erst in einer Zusammenschau mit anderen Normen: Macht der Zahlungsdienstnutzer einen Anspruch nach § 675y Abs. 1 oder Abs. 2 BGB geltend, bestimmt sich die Beweislastverteilung nach den dortigen Wertungen: Der Zahlungsdienstleister muss seinerseits die Ordnungsmäßigkeit seines Verhaltens nachweisen.1230 Zu diesem Nachweis enthält § 676 BGB – wie schon aus § 675w S. 1 BGB bekannt1231 – konkretisierende Mindestvoraussetzungen. Der Zahlungsdienstleister muss also mindestens die genannten Ereignisse nachweisen, um beim Gericht die – nach § 675y Abs. 1, Abs. 2 BGB – notwendige Überzeugung herbeiführen zu können.1232 Allerdings ist § 676 BGB kein zwingender Schluss auf die Ordnungs1226 Art. 59 Abs. 1 ZD-RiL enthält auch eine Beweisregel für die Autorisierung; vgl. dazu C.II.1.i)bb)(1). 1227 Vgl. auch Sprau in: Palandt § 676 Rn. 1; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 676 Rn. 2; Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.3“; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 51. 1228 Vgl. B.II.2.b)bb). 1229 A. A. Sprau in: Palandt § 676a Rn. 2; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe § 676a Rn. 9, die eine solche Konstellation trotzdem für möglich halten. Sprau und Ellenberger gehen jedoch auf § 1 Abs. 10 ZAG nicht ein. 1230 Vgl. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676 Rn. 2, § 675y Rn. 11; a. A. offenbar Sprau in: Palandt § 675y Rn. 5, 7 (jeweils a. E.), Omlor in: Staudinger [2012] § 676 Rn. 3, Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676 Rn. 6 und Ellenberger in: Ellenberger/ Findeisen/Nobbe § 675y Rn. 14: diese Autoren sehen die Beweislast für die nicht ordnungsgemäße Ausführung beim Zahlungsdienstnutzer. Diese Auslegung verkennt allerdings § 675y Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 2 BGB. Ihr steht zudem die Intention des Richtliniengebers entgegen (vgl. Erwägungsgrund 46 zu Richtlinie ZD-RiL). 1231 Vgl. C.II.1.i)bb)(1). 1232 Vgl. Begründung zu § 676 BR-Drucks. 848/08 S. 194; Sprau in: Palandt § 676 Rn. 2; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676 Rn. 2.
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mäßigkeit zu entnehmen – im Einzelfall muss der Zahlungsdienstleister seine Pflichterfüllung mit zusätzlichen Mitteln beweisen1233. Kann der Zahlungsdienstleister die geforderten Ereignisse nicht nachweisen, muss das Gericht zwingend von einer Pflichtwidrigkeit ausgehen1234. Dieses Manko kann er auch nicht durch anderweitige Beweismittel kompensieren1235. So sollen die Zahlungsdienstleister zu einer sorgfältigen Dokumentation ihrer Tätigkeiten bewegt werden1236. Anders liegt der Fall bei Ansprüchen nach §§ 675z, 280 ff. BGB. Hier kann der Zahlungsdienstnutzer gerade nicht auf eine bereits bestehende Beweislastumkehr hinsichtlich der Pflichtverletzung zurückgreifen. Allerdings ist auch hier sein Zahlungsdienstleister zum Nachweis der Ereignisse nach § 676 BGB verpflichtet. Gelingt ihm dies, ist der Zahlungsdienstnutzer gefordert, die Pflichtwidrigkeit vollständig nachzuweisen1237. Scheitert der Zahlungsdienstleister allerdings an den Hürden des § 676 BGB, geht das Gericht direkt von der Pflichtverletzung aus und entlässt im Ergebnis den Zahlungsdienstnutzer aus seiner Beweislast1238. Insoweit hat § 676 BGB mittelbar die Wirkung einer Beweislastumkehr1239, auch wenn die eigentliche Beweislast unangetastet bleibt1240. d) § 676a BGB: Regressmöglichkeiten aa) Normzweck und Wirkrichtung Die beiden Haftungsnormen §§ 675y, 675z BGB gehen auf ein gemeinsames Prinzip zurück: Der betroffene Zahlungsdienstnutzer wendet sich zur Regulierung ausschließlich an seinen eigenen Zahlungsdienstleister, der seinerseits für das Fehlverhalten einer anderen Stellen einstehen muss. Um aber eine solche Stelle für ihr Fehlverhalten verantwortlich machen zu können, sieht der Richtliniengeber in Art. 77 ZD-RiL Regressansprüche vor1241, die der deutsche Gesetzgeber durch § 676a BGB umgesetzt hat. 1233
Vgl. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.3“. So auch Sprau in: Palandt § 676 Rn. 2; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676 Rn. 2; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676 Rn. 3; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 51; Omlor in: Staudinger [2012] § 676 Rn. 3; a. A. Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676 Rn. 5. 1235 A. A. Meckel jurisPR-BKR 2010, Heft 2 Anm. 1 „V.20.3“. 1236 Vgl. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676 Rn. 2, der durch § 676 BGB eine Dokumentationsobliegenheit begründet sieht; ähnlich Omlor in: Staudinger [2012] § 676 Rn. 4. 1237 Ob es tatsächlich zu dieser Konstellation kommen wird, muss die Praxis zeigen. Denn häufig wird der Zahlungsdienstnutzer auch versuchen, die Beweisführung des Zahlungsdienstleisters mit einem Gegenbeweis zu entkräften. 1238 Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 676 Rn. 1. 1239 Sprau in: Palandt § 675y Rn. 5. 1240 Sprau in: Palandt § 676 Rn. 2. 1241 So soll die Rechtssicherheit und das Vertrauen zwischen den einzelnen Zahlstellen gesteigert werden; vgl. Erwägungsgrund 47 zu Richtlinie ZD-RiL. 1234
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Dabei übernimmt er jedoch nicht nur die verbindliche Vorgabe aus Art. 77 Abs. 1 ZD-RiL, um den Rückgriff bei einer Haftung aus Art. 75 ZD-RiL bzw. § 675y BGB zu ermöglichen. Indem er in § 676a BGB ebenfalls auf § 675z BGB Bezug nimmt, macht er in zulässiger Weise von der Option des Art. 77 Abs. 2 ZD-RiL Gebrauch, auch im Verhältnis der Zahlungsdienstleister untereinander „weitere finanzielle Entschädigungen“ zu gewähren1242. Art. 77 Abs. 2 ZD-RiL räumt den nationalen Gesetzgebern nämlich einen Gestaltungsspielraum ein, um die von Art. 76 ZD-RiL thematisierte haftungsrechtliche Verantwortung der Zahlungsdienstleister entsprechend den wirklichen Ursachen adressieren zu können. Das Bedürfnis dieser Weitergabe der Verantwortung besteht aber gegenüber jedem Glied innerhalb der Zahlungskette. Wegen der systematischen Verknüpfung mit Art. 76 ZD-RiL ist Art. 77 Abs. 2 ZD-RiL – über seinen Wortlaut hinaus – auch als uneingeschränkte Öffnungsklausel zu verstehen: Sie erlaubt den Regress auch dann, wenn zwischen den am Regressverhältnis Beteiligten gerade kein direktes Vertragsverhältnis besteht1243. Ähnlich wie bei § 675z S. 4 BGB schafft der Gesetzgeber mit § 676a BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage zugunsten des – ursprünglich gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer – haftenden Zahlungsdienstleisters. Dieser Anspruch setzt kein bestehendes Schuldverhältnis zwischen den am Regress beteiligten Parteien voraus1244. Bestehen im Einzelfall anderweitige Parallelansprüche – beispielsweise aufgrund einer direkten Vertragsbeziehung oder wegen einer unerlaubten Handlung –, werden diese durch § 676a BGB nicht eingeschränkt und können demnach parallel geltend gemacht werden. Schließlich macht Art. 77 Abs. 2 ZD-RiL hierzu überhaupt keine Einschränkungen; auch die nationalen Gesetzgebungsmaterialien enthalten keinerlei Anhaltspunkte für eine abschließende Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation des § 676a BGB.
1242
So auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 1. Zumindest inzident auch die Begründung zu § 676a BR-Drucks. 848/08 S. 195; Omlor in: Staudinger § 676a Rn. 1; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 676a Rn. 6; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 6; Sprau in: Palandt § 676a Rn. 1; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 2; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676a Rn. 2; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 4; Einsele ZIP 2011, 1741 (1746). A. A. Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 62, der von einer auf vertragliche Schuldverhältnisse begrenzten Öffnung ausgeht und daher § 676a BGB entsprechend einschränkend auslegt: Art. 77 Abs. 2 ZD-RiL erlaube lediglich „weitere finanzielle Entschädigungen [. . .] aus dem auf [die Vereinbarungen zwischen den Zahlungsdienstleistern und/oder zwischengeschalteten Stellen] anwendbaren Recht“. Deshalb sei für eine nationale Regressregelung stets ein vertragliches Verhältnis zwischen den am Regressverhältnis beteiligten Stellen notwendig. 1244 Begründung zu § 676a BR-Drucks. 848/08 S. 195; Sprau in: Palandt § 676a Rn. 1 spricht von einem „originären“ Anspruch, lässt dessen dogmatische Einordnung aber dahinstehen; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 2, der diesen Anspruch als „gesetzlich“ bezeichnet; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676a Rn. 2; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 4. 1243
III. Ausführungsphase
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Aufgrund seiner neutralen Formulierung hängt dieser Anspruch auch nicht davon ab, ob der ursprüngliche Schaden beim Zahler oder beim Zahlungsempfänger eingetreten ist – die Zahlungsdienstleister beider Zahlungsdienstnutzer können ihren Haftungsschaden nach § 676a BGB weiterreichen.1245 bb) Voraussetzungen des Regresses nach § 676a BGB Zunächst bedarf es einer Haftung des Regressfordernden nach § 675y oder § 675z. Somit ist stets eine nicht ordnungsgemäße Ausführung von Weisungen des Zahlungsdienstnutzers notwendig. Diese Störung muss ihre eigentliche Ursache bei der in Anspruch genommenen Stelle gehabt haben. Die Reichweite des Verantwortungsbereichs dieser Stelle muss für jeden Einzelfall getrennt überprüft werden, da er unter anderem auch von vertraglichen Vereinbarungen oder gesetzlichen Zurechnungen nach § 278 BGB abhängt. Liegt ausnahmsweise die Ursache der Störung im Verantwortungsbereich mehrerer Stellen, haften diese dem regressfordernden Zahlungsdienstleister als Gesamtschuldner1246. Darüber hinaus bedarf es eines Schadens, der durch die „Erfüllung der Ansprüche eines Zahlungsdienstnutzers gemäß den §§ 675y und 675z [BGB] entsteht“. Der Zahlungsdienstleister muss also eine unfreiwillige Vermögenseinbuße erlitten haben, die kausal und zurechenbar auf die Befriedigung des Zahlungsdienstnutzers zurückzuführen ist. Eine Differenzierung zwischen „Haftungsschaden“ und „Eigenschaden“ 1247 ist aufgrund des Zwecks des Regresskonstrukts nicht angebracht. Die sich aus den §§ 675y, 675z BGB ergebende Einstandspflicht des Zahlungsdienstleisters für das Fehlverhalten anderer Stellen besteht ausschließlich zum Schutz des Zahlers. Zum einen soll dieser seinen Haftungsgegner zweifelsfrei erkennen können. Zum anderen wird ihm nicht zugemutet, sich mit den ihm unbekannten Rechtsverhältnissen hinter seinem Zahlungsdienstleister auseinander setzen zu müssen. Der Regress dient dagegen nur der wirtschaftlichen Zuordnung dieser Haftung, soll die Haftung aber nicht auf bestimmte Schadensposten begrenzen: § 676a BGB soll die zwischengeschaltete Stelle so stellen, als hätte sie sich direkt mit dem Zahlungsdienstnutzer auseinandersetzen müssen. Hätte sie in diesem Falle Kos1245 Vgl. auch Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676a Rn. 3; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 7. 1246 Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 6; Mayen in: Schimansky/ Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 145; Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 676a Rn. 7; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 8; Omlor in: Staudinger § 676a Rn. 12; anders Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 3, der eine Haftung nach dem jeweiligen Verursachungsbeitrag anerkennt. 1247 So Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 676a Rn. 3, der die Eigenart der jeweiligen Schadenspositionen jedoch nicht näher erläutert; ebenso für eine Differenzierung zwischen Haftungs- und Eigenschaden Langenbucher in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler 3. Kapitel § 676a Rn. 8; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 11.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
ten durch Transaktionen, Aufklärung oder Rechtsverteidigung erlitten, muss sie diese Positionen auch im Regressfall ersetzen. Insofern kann von einer „vollen Kompensation des erlittenen Schadens“ 1248 gesprochen werden. Der Gesetzgeber stellt besonders heraus, dass der Anspruch nach § 676a BGB gerade nicht von einem Verschulden abhängt1249. Technisch gesehen ist diese Aussage sicherlich korrekt und beispielsweise für die Fälle des § 675y BGB auch in dieser Allgemeinheit zulässig. Setzt die Anspruchsgrundlage der Grundhaftung gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer jedoch ein Verschulden voraus, wirkt dieses Erfordernis hinein in die Weitergabe der Haftung nach § 676a BGB: Hat die zwischengeschaltete Stelle die Störung nicht zu vertreten, muss die Grundhaftung auf dem Verschulden einer anderen Stelle basieren. Dann wird die Ursache aber nur selten im Verantwortungsbereich der in Regress genommenen Stelle liegen. In solchen Fällen ist die Bezeichnung des § 676a BGB als „Garantiehaftung“ zu oberflächlich. Die Beweislast für diese Haftungsvoraussetzung bemisst sich nach allgemeinen Regeln: Der Regressfordernde ist vollständig beweispflichtig1250. § 676 BGB ist in diesem Verhältnis nicht anwendbar1251. cc) Rechtsfolge des § 676a BGB § 676a BGB ordnet dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch an, der sich aber aufgrund der Beschränkung des Art. 77 ZD-RiL stets auf Geldersatz richten muss – folglich sind hier §§ 249 ff. BGB richtlinienkonform anzuwenden. Weil die Regressregelung die wirtschaftliche Zuordnung der Haftung an die Fehlerquelle bezweckt1252, muss sich ein Verursachungsbeitrag des nach § 675y BGB oder § 675z BGB haftenden Zahlungsdienstleisters entsprechend in der Regresssumme widerspiegeln. Darum ist in solchen Fällen § 254 BGB – zumindest analog1253 – anzuwenden und die Haftungssumme entsprechend zu kürzen. 1248
Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 6. Begründung zu § 676a BR-Drucks. 848/08 S. 195; so u. a. auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 2; pauschal ebenso Omlor in: Staudinger § 676a Rn. 9; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 9. 1250 Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 7; Sprau in: Palandt § 676a Rn. 2. 1251 Vgl. C.III.3.c); a. A. auch Sprau in: Palandt § 676a Rn. 2; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676a Rn. 9, die eine solche Konstellation trotzdem für möglich halten. Diese Autoren gehen jedoch auf § 1 Abs. 10 ZAG nicht ein. 1252 Vgl. C.III.3.d)bb). 1253 So Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 145; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 4; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 11; Omlor in: Staudinger § 676a Rn. 12; Langenbucher in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 676a Rn. 7; Graf von Westphalen in: Erman-BGB 1249
III. Ausführungsphase
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Dieses Mitverschulden kann beispielsweise durch Verletzung einer Obliegenheit zur Schadensminderung bestehen, sei es dass eine unnötige Rechtsverteidigung stattgefunden hat, sei es dass für den haftenden Zahlungsdienstleister eine Störung absehbar war, er aber keine anderweitigen Sicherungsmaßnahmen getroffen hat.1254 dd) Einwendungen Wegen des fehlenden Verhältnisses zwischen einem Zahlungsdienstnutzer und einem Zahlungsdienstleister1255 findet die Ausschlussfrist des § 676b Abs. 2 BGB auf den Anspruch aus § 676a BGB keine Anwendung1256. Die regresspflichtige Stelle kann lediglich den auf den kompletten Abschnitt bezogenen gesetzlichen Haftungsausschluss aus § 676c BGB1257 geltend machen. Diese Konstellation – d.h. ohne Beteiligung eines Zahlungsdienstnutzers – eröffnet den an der Abwicklung des Zahlungsvorgangs beteiligten Parteien allerdings die Möglichkeit zur vertraglichen Änderung oder Abbedingung des § 676a BGB: Der nationale Gesetzgeber ist zwar nach Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL verpflichtet, die ZD-RiL nahezu vollständig zu übernehmen. Der Richtliniengeber begrenzt die Privatautonomie durch Art. 86 Abs. 3 ZD-RiL aber lediglich für das Verhältnis zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister, das hier gerade nicht besteht. Im Umkehrschluss folgt daraus ein Gestaltungsspielraum für die Mitgliedsstaaten: Ob die Ansprüche nach Art. 77 ZD-RiL zwingend sind oder zur Disposition der Parteien stehen, ergibt sich aus dem nationalen Recht. Mit § 675e BGB hat der deutsche Gesetzgeber die Privatautonomie lediglich für das Verhältnis zu einem Zahlungsdienstnutzer eingeschränkt1258. Dagegen können die Zahlungsstellen untereinander im Rahmen der allgemeinen Regeln von den gesetzlichen Vorgaben abweichen.1259 § 676a Rn. 6, der diese Norm über eine Konstruktion über §§ 830, 840, 426 BGB zur Anwendung bringt. 1254 Zum Mitverschulden bei „undeutlichen Weisungen“ vgl. C.III.3.a)aa)(1). 1255 Vgl. C.III.3.c). 1256 So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 14; a. A. Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676a Rn. 7, der einen Anwendungsbereich für § 676b BGB sieht, diesen aber nicht benennt und auf die Einschränkung aus § 1 Abs. 10 Nr. 7, 12 ZAG überhaupt nicht eingeht; ohne Begründung auch für eine Präklusion nach § 676b Abs. 2 BGB Omlor in: Staudinger § 676a Rn. 13. 1257 Vgl. C.V.2. 1258 A. A. Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676a Rn. 7; Mayen in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 49 Rn. 149; diese Autoren sehen auch hier Konstellationen, in denen § 675e BGB unmittelbar anwendbar ist. 1259 So im Ergebnis auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676a Rn. 5; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 676a Rn. 4; Sprau in: Palandt § 676a Rn. 1; Schinkels in: Gebauer/Wiedmann Kapitel 16 Rn. 62, die schon von vornherein den Anwendungsbereich der Zahlungsdiensterichtlinie als limitiert ansehen; ähnlich auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676a Rn. 6, der § 675e Abs. 1 BGB entsprechend restriktiv anwenden möchte.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
IV. Rückabwicklungsphase: § 675x BGB Wurde ein autorisierter Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt, sollte man meinen, der Zahlungsvorgang sei vollständig abgeschlossen. Fordert der Zahler aufgrund von Streitigkeiten im Valutaverhältnis den Geldbetrag zurück, muss er sich grundsätzlich mit dem Zahlungsempfänger auseinandersetzen. Schließlich hat sein Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag weisungskonform ausgeführt und erhält dafür den Aufwendungsersatzanspruch1260. Möglicherweise kommt der Zahlungsempfänger den Forderungen des Zahlers nach und weist seinen Zahlungsdienstleister an, den Geldbetrag wieder an den Zahler zurückzuführen. Dabei handelt es sich allerdings um einen vollständig neuen Zahlungsvorgang, bei dem die Beteiligten lediglich die Rollen tauschen: Der ursprüngliche Zahlungsempfänger tritt jetzt als Zahler auf und erteilt seinem Zahlungsdienstleister einen Zahlungsauftrag – es beginnt also wieder die Mitteilungsphase. Der Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts endet jedoch nicht komplett mit der ordnungsgemäßen Durchführung. Vielmehr gesteht man dem ursprünglichen Zahler mit Art. 62, 63 ZD-RiL und § 675x BGB ein Erstattungsrecht auch für bestimmte autorisierte Zahlungsvorgänge zu. So kann er sich aus eigenem Recht den Zahlungsbetrag wieder beschaffen. 1. Struktur des § 675x BGB Mit seinen sechs Absätzen weist § 675x BGB auf den ersten Blick eine wenig übersichtliche Struktur auf. § 675x Abs. 1 BGB stellt selbst bereits eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zugunsten des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister dar, deren Anwendungsbereich durch § 675x Abs. 6 eingeschränkt wird. Dagegen stellt § 675x Abs. 2 BGB lediglich eine Ermächtigung für diese beiden Parteien dar, eine zusätzliche vertragliche Anspruchsgrundlage zu schaffen. Macht der Zahler diese Ansprüche geltend, bestimmt § 675x Abs. 5 BGB das weitere einzuhaltende Verfahren seitens seines Zahlungsdienstleisters; seine Handlungspflichten aus den genannten Ansprüchen werden also präzisiert. Mit § 675x Abs. 4 BGB setzt der Gesetzgeber den Ansprüchen eine gesetzliche Frist von acht Wochen. Zudem enthält § 675x Abs. 3 BGB eine Öffnungsklausel, um für besondere Situationen einen – eigentlich gegebenen – Anspruch auszuschließen.
1260
Begründung zu § 675x BGB BR-Drucks. 848/08 S. 188.
IV. Rückabwicklungsphase: § 675x BGB
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2. Einzelne Anspruchsgrundlagen a) Voraussetzungen des § 675x Abs. 1 BGB Mit § 675x Abs. 1 BGB möchte der Gesetzgeber den Zahler schützen, wenn dieser im Moment der Autorisierung den konkret geschuldeten Betrag noch nicht kennt, dieses Hindernis aber mithilfe einer Blanko-Autorisierung überwindet: Der Zahlungsempfänger wird demnach zur Ergänzung der Autorisierung ermächtigt und gibt dann eigenständig den Zahlungsbetrag an1261. Missbraucht der Zahlungsempfänger diese Befugnis, soll der Zahler den Zahlungsbetrag wieder zurückführen können. Grundvoraussetzung für diese Gefährdungslage1262 ist also, dass der Zahlungsvorgang „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurde, so dass § 675x Abs. 1 BGB nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich aufweist. aa) Autorisierter Zahlungsvorgang Zunächst setzt § 675x Abs. 1 BGB eine Belastung des Zahlerkontos aufgrund eines autorisierten Zahlungsvorgangs voraus, wobei der Zahler bei der Autorisierung den genauen Zahlungsbetrag noch nicht angibt (§ 675x Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB). Der deutsche Gesetzgeber1263, der BGH sowie weite Teile der bisherigen Wissenschaft1264 gehen davon aus, dass nur Zahlungsvorgänge erfasst werden, die mittels einer Einwilligung im Sinne des § 675j Abs. 1 BGB – also vorab – autorisiert wurden. Dies kommt mittelbar durch den Wortlaut des Art. 62 Abs. 1 UA 1 a) ZD-RiL zum Ausdruck und ist angesichts des Schutzzwecks auch richtig: Durch eine Genehmigung1265 nimmt der Zahler notwendigerweise zu bereits
1261 Der Gesetzgeber hat dabei Vorkassezahlungen bei Hotelbuchungen und Autovermietungen im Sinn; vgl. Begründung zu § 675x Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 188. 1262 Ebenso auf diese Gefährdungslage abstellend Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 1. 1263 Begründung zu § 675x Abs. 6 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190. 1264 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 36) m.w. N. aus der Wissenschaft; Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675x Rn. 3, 5; Omlor in: Staudinger § 675x Rn. 1; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 3. 1265 Die Genehmigung kann hier auch in einem konkludenten Handeln liegen [vgl. auch Nobbe WM 2011, 961 (965; linke Spalte)], so dass die Auslegungskriterien aus der Einzugsermächtigungslastschrift [vgl. C.II.1.l)aa)(3)] hier ebenfalls anzuwenden sind. Zwar kann der Zahler die Autorisierung nicht mehr verhindern, so dass er kein Widerspruchsrecht mehr hat. Durch eine „überholende“ Genehmigung verliert er jedoch seinen Erstattungsanspruch nach § 675x Abs. 1 BGB; bei der Einzugsermächtigungslastschrift geht der Erstattungsanspruch aus § 675u BGB unter. Mithin sind die Interessenslagen identisch, was sich in einem Gleichlauf bei der Auslegung des Verhaltens widerspiegelt [gegen die vergleichende Anwendung der Grundsätze zur konkludenten Genehmigung Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 112].
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
durchgeführten Zahlungsvorgängen Stellung, die deshalb in ihrer Höhe bereits feststehen1266. „Bei der Autorisierung“ wurde demnach der genaue Betrag gerade nicht offen gelassen. Darum ist der Zahler in diesen Konstellationen nicht mehr schutzbedürftig – mit seiner Genehmigung verzichtet er im Ergebnis auf seinen Erstattungsanspruch. Der Anspruchsausschluss nach § 675x Abs. 6 BGB ist demnach nichts anderes als eine klarstellende Gesetzesanwendung1267. Leider wirkt er irreführend, wenn er einerseits lediglich auf Lastschriften Anwendung findet und andererseits eine unmittelbare Genehmigung erfordert. Der Wortlaut des § 675x Abs. 1 BGB – sowie dessen Schutzzweck – setzt zwar voraus, dass die Autorisierung nicht unmittelbar erfolgt ist. Er trifft aber keine Einschränkungen auf bestimmte Zahlungsverfahren und lässt die Übermittlungswege der Autorisierung ebenfalls offen. Zusammenfassend ist der Anspruch nach § 675x Abs. 1 BGB immer ausgeschlossen, wenn der Zahler seine zuvor erteilte Einwilligung mittels einer Genehmigung bekräftigt. bb) Überhöhter Zahlungsbetrag Leider verliert dieser Erstattungsanspruch deutlich an Schärfe, da der Gesetzgeber mit § 675x Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB ein Wertungskriterium als Anspruchsvoraussetzung bestimmt: Der Zahlungsbetrag muss den Betrag übersteigen, „den der Zahler [. . .] hätte erwarten können“. Mit dem bisherigen Ausgabeverhalten und den Bedingungen des Zahlungsdiensterahmenvertrags werden zwar Hilfskriterien angegeben. Jedoch stellt schon der Gesetzestext auf die „jeweiligen Umstände des Einzelfalls“ ab. Aus Verkehrsschutzgründen können aber nur solche Faktoren in die Wertung einfließen, die auch für den Zahlungsdienstleister des Zahlers zumindest erkennbar gewesen sind1268. Schließlich muss auch er die Endgültigkeit der Zahlung feststellen kön1266 Dabei spielt es keine Rolle, ob der Zahler den Zahlungsvorgang überhaupt nicht autorisiert hat und sich mit der Genehmigung zum aller ersten Mal gegenüber seinem Zahlungsdienstleister äußert, oder ob er eine konkretisierungsbedürftige Autorisierung erklärt hat, die er anschließend mit einer konkreten Genehmigung bekräftigt. In diesem zweiten Fall tritt die Genehmigung an die Stelle der ursprünglichen Einwilligung. 1267 Vgl. nur Begründung zu § 675x Abs. 6 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190; BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 36). Eine wortgleiche AGB-Klausel ist daher ebenso wirksam; a. A. Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 112. 1268 So wohl auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 11, der den objektiven Empfängerhorizont für maßgeblich hält; unklar Omlor in: Staudinger § 675x Rn. 6, der zwar einen normativen Erwartungshorizont für maßgeblich sieht, aber trotzdem auf den Zahler abstellt; a. A. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675x Rn. 6 und Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 5, die ausschließlich auf den Erwartungshorizont des Zahlers abstellen und die Kenntnis seines Zahlungsdienstleisters unberücksichtigt lassen.
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nen. Darunter fällt sicherlich auch ein vereinbartes Zahlungslimit als objektives Kriterium1269: Dieses legt zwar nicht die obere Grenze des Erwartbaren fest, solange das tatsächliche Zahlungsverhalten seither deutlich darunter zurückbleibt1270. Übersteigt der konkrete Zahlungsbetrag allerdings das Limit, muss der Zahler auch nicht mit dieser Summe rechnen. In anderen Konstellationen kann natürlich über den entscheidenden Grenzwert nur spekuliert werden, den der Zahler noch akzeptieren muss.1271 Voraussagen entbehren aber jeglicher Grundlage in den Materialien sowohl zur Richtlinie als auch zur Umsetzung in nationales Recht. Selbst die EU spricht von Einzelfallentscheidungen1272. Dem Rechtsanwender verbleibt demnach lediglich das Abwarten einer höchstrichterlichen Konkretisierung. cc) Darlegung der Sachumstände Nach § 675x Abs. 1 S. 2 BGB ist der Zahler „auf Verlangen seines Zahlungsdienstleisters verpflichtet, die Sachumstände darzulegen, aus denen er sein Erstattungsverlangen herleitet.“
Ob es sich hierbei um eine Anspruchsvoraussetzung handelt oder lediglich das Verfahren zur Erstattung geregelt werden soll, kann dahinstehen. Eine solche ausdrückliche Vortragspflicht erfüllt nur dann ihren Sinn, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers im Falle eines Begründungsverlangens die Erstattung bis zur Erfüllung zurückstellen kann. Solange der Zahler dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, kann er die Erstattung nicht erfolgreich einklagen.1273 Besondere Fristen oder Präklusionen sind für diese Darlegungslast – abgesehen von der Ausschlussfrist nach § 675x Abs. 4 BGB1274 – nicht vorgesehen1275. Der Zahler kann die Begründung also jederzeit nachreichen und so für die Durchsetzbarkeit des Anspruchs sorgen. 1269
Beispiel für ein Tageshöchstlimit bei BGH WM 2012, 164 (juris-Rn. 27). Vgl. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 5 f. 1271 So Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 6, der den Durchschnittsbetrag des bisherigen Ausgabeverhaltens errechnet und 25 % Aufschlag zumutet. Errechnet er den Durchschnitt aller Zahlungen, macht er aber den Grenzbetrag beispielsweise davon abhängig, ob der Zahler viele kleine Geschäfte oder wenige große Geschäfte tätigt. Ohne dass sich am gesamten Ausgabeverhalten prinzipiell etwas ändert, erlangt man unterschiedliche Beträge. 1272 „This will depend on the specific circumstances and has to be examined on a case-by-case basis.“ [Antworten auf Fragen Nr. 113 und 211 der offiziellen FAQ der EU (http://ec.europa.eu/internal_market/payments/docs/framework/transposition/faq_ en.pdf; Abruf am 27.08.2012)]. 1273 Gegen eine Anspruchsvoraussetzung: Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 110; wohl auch Sprau in: Palandt § 675x Rn. 7. Diese Autoren sehen aber ebenfalls ein Ablehnungsrecht, solange die Darlegungspflicht nicht erfüllt wurde. 1274 C.IV.4. 1275 Vgl. Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675x Rn. 7. 1270
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
dd) Erstattungsbegehren Da § 675x Abs. 1 BGB dem Zahler unmittelbar einen Anspruch auf Erstattung vermittelt, bedarf es als Tatbestandsvoraussetzung keiner weiteren Erklärung des Erstattungsbegehrens seitens des Zahlers im Sinne einer Gestaltungserklärung.1276 Eine solche Erklärung hat im Rahmen des § 675x BGB lediglich Tatbestandswirkung für andere Rechtsfolgen bzw. wird für den Fristenlauf des § 675x Abs. 4 BGB relevant. b) Voraussetzungen des Anspruchs aus § 675x Abs. 2 BGB Handelt es sich bei dem Zahlungsvorgang um eine Lastschrift im Sinne des § 1 Abs. 4 ZAG1277, erlaubt § 675x Abs. 2 BGB eine Modifikation des § 675x Abs. 1 BGB: Der Zahler und sein Zahlungsdienstleister können einen Erstattungsanspruch vereinbaren, der nicht an die Voraussetzungen des § 675x Abs. 1 BGB geknüpft ist. Nach dem Wortlaut des § 675x Abs. 2 BGB erfordert ein solcher zusätzlicher Erstattungsanspruch eine positiv feststellbare Vereinbarung1278 – der Anspruch entspringt also nicht unmittelbar dem Gesetz. Den Parteien kann auch nicht unterstellt werden, sie würden bei jedem Lastschriftverfahren einen solchen Anspruch stillschweigend mitvereinbaren. Eine ausdrückliche Vereinbarung zum Ausschluss eines solchen Anspruchs ist demnach nicht erforderlich1279. § 675x Abs. 2 BGB trifft selbst aber keine Aussagen, welche konkreten Anspruchsvoraussetzungen vereinbart werden können. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich allerdings aus Art. 63 Abs. 2 UA 2 ZD-RiL bzw. aus § 675x Abs. 5 S. 3 BGB: Danach hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers kein Recht eine Erstattung abzulehnen, solange das Begehren des Zahlers innerhalb der Frist nach § 675x Abs. 4 BGB eingegangen ist. Konsequenterweise bedeutet dies, dass ein vereinbarter Erstattungsanspruch lediglich von der freien Willensentscheidung des Zahlers und nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig sein
1276
A. A. Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 22. Bitter WM 2010, 1773 (1780) möchte aufgrund einer ähnlichen Interessenlage den § 675x Abs. 2 BGB auf das Mailorderverfahren für Kreditkarten [zu diesem Verfahren vgl. C.I.1.d)aa)(2)(b)(bb)] anwenden, obwohl dies in seiner derzeitigen Ausgestaltung keine Zahlungsvorgänge ermöglicht, die „vom Zahlungsempfänger ausgelöst“ werden und deshalb kein Lastschriftverfahren nach § 1 Abs. 4 ZAG darstellt. Wegen der Abstufung in § 675x Abs. 2 BGB gegenüber § 675x Abs. 1 BGB ist aber von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen, so dass es an einer Regelungslücke fehlt. Die vorgeschlagene Erweiterung ist demnach nicht möglich. 1278 Eine solche ist im SEPA-Basis-Lastschriftverfahren integriert; vgl. 2.5 (1) der Sonderbedingungen-Sparkassen für die SEPA-Basis-Lastschrift (Zahlerseite). Beim SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren fehlt eine solche Vereinbarung. 1279 A. A. Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 13. 1277
IV. Rückabwicklungsphase: § 675x BGB
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darf 1280. Deshalb bedarf es auch keiner besonderen Darlegung des Zahlers entsprechend § 675x Abs. 1 S. 2 BGB1281. 3. Rechtsfolge der Erstattungsansprüche a) Rechtsnatur der Rechtsfolge Laut Gesetzestext beider Absätze richtet sich der Anspruch des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister auf „Erstattung des belasteten Zahlungsbetrags“. Ausgehend von dieser Formulierung besteht kein Anlass, diese Norm als Verlängerung des Widerspruchsrechts aus § 675p BGB1282 bzw. spezielles Widerspruchsrecht1283 anzusehen. Auch spricht die Systematik der ZD-RiL klar gegen eine solche Interpretation: Die Widerrufsmöglichkeiten für Zahlungsaufträge regelt sie mit Art. 66 ZD-RiL. Auf diese Norm bezieht er sich auch in Art. 54 Abs. 3 ZD-RiL für die Autorisierung – ein Hinweis auf Art. 62, 63 ZD-RiL sucht man vergebens. Innerhalb Art. 66 ZD-RiL findet man auch explizit eine Regelung der Zahlungsvorgänge, die „von dem Zahlungsempfänger oder über diesen ausgelöst“ wurden. Zudem müsste man dem Richtliniengeber ein sehr hohes Maß an systematischem Unvermögen unterstellen, wenn er zunächst eine Norm mit „Unwiderruflichkeit eines Zahlungsauftrags“ überschreibt, dann aber an anderen Stellen weitere Widerrufsmöglichkeiten schafft – dieses Mal jedoch ohne ausdrückliche Kennzeichnung. Folglich werden mit Art. 62, 63 ZD-RiL einerseits und Art. 66 ZD-RiL andererseits unterschiedliche Rechtsfiguren beschrieben. Deshalb handelt es sich bei § 675x Abs. 1, 2 BGB um Ansprüche, die der Zahler seinem Zahlungsdienstleister entgegenhalten kann und die deshalb die allgemein bestehende Anspruchssituation überlagern. In technischer Hinsicht lassen sie aber sowohl Zahlungsauftrag und Autorisierung vollständig unberührt.1284
1280 Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189; vgl. auch BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 39); Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675x Rn. 12, die diesen Anspruch als „voraussetzungsloses Gegenrecht“ bezeichnen; ebenso Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 27. 1281 Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189; Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 115. 1282 Lohmann in: BuB Rn. 20/107; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349 (354; rechte Spalte). 1283 Grundmann in: Ebenroth/Boujong Band 2 Bank- und Börsenrecht Rn. II 149b. 1284 So auch BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 20); Sprau in: Palandt § 675x Rn. 2; Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 100, 108, 115; Omlor in: Staudinger § 675x Rn. 4.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
b) Rechtsfolgen des Erstattungsbegehrens und Inhalt des Erstattungsanspruchs Inhaltlich unterscheidet sich der Anspruch aus § 675x Abs. 1, 2 BGB zunächst nicht grundlegend vom Erstattungsanspruch aus § 675u S. 2 BGB: Der Zahlungsdienstleister muss einerseits den belasteten Geldbetrag wieder gutschreiben1285 und kann andererseits diesen Geldbetrag nicht aufgrund von anderweitigen Anspruchsgrundlagen verlangen1286. Ebenso wie bei §§ 675u, 675y BGB distanziert sich der Zahler mithilfe des Erstattungsanspruchs von diesem Zahlungsvorgang, so dass er auch nicht mehr „Leistender“ im Sinne des Erfüllungsbzw. Kondiktionsrechts ist1287. Wegen Art. 62 Abs. 1 UA 3 ZD-RiL kann auch in den Fällen des § 675x Abs. 1 BGB der vollständige Zahlungsbetrag herausverlangt werden und nicht nur der überraschende Mehrbetrag1288. Bei der Erstattung des Zahlungsbetrags handelt es sich um einen Vorgang, der sich ausschließlich zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister abspielt. Der Wirkbereich beider Anspruchsgrundlagen beschränkt sich demnach auf dieses Verhältnis – § 675x Abs. 1, Abs. 2 BGB modifizieren weder das Verhältnis zwischen den Zahlungsdienstleistern1289, noch das Verhältnis des Zahlungsempfängers zu seinem Zahlungsdienstleister1290, noch das Valutaverhält-
1285 Dass die Gutschrift nicht ex tunc, valutarisch erfolgen soll [so aber Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675x Rn. 8; Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 114; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 21], sondern lediglich ex nunc [so der deutsche Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 675x BGB BR-Drucks. 848/08 S. 188, Sprau in: Palandt § 675x Rn. 5; Nobbe WM 2011, 961 (965; linke Spalte); Omlor in: Staudinger [2012] § 675x Rn. 21; Omlor NJW 2012, 2150 (2153)], ergibt sich aus den Formulierungen der zugrundeliegenden Artikel der Zahlungsdiensterichtlinie: Sowohl Art. 60 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 UA 1, Abs. 2 UA 3 ZD-RiL ordnen an, dass der Zahlungsdienstleister „das belastete Zahlungskonto wieder auf den Stand bringt, auf dem es sich ohne [die Belastung] befunden hätte.“ In Art. 62 Abs. 1 ZD-RiL fehlt dieser Zusatz. Art. 62 Abs. 1 UA spricht lediglich vom „Betrag des ausgeführten Zahlungsvorgangs“; zusätzliche Berechnungskosten werden nicht genannt und können demnach auch nicht berücksichtigt werden. Deshalb muss auch die deutsche Umsetzung entsprechend der Intention des deutschen Gesetzgebers ausgelegt werden. 1286 Zum Anwendungsausschluss im Rahmen von § 675u BGB vgl. C.II.2.b). 1287 Zu § 675u BGB vgl. C.II.3.b); für § 675y BGB vgl. C.III.3.a)aa)(2)(c)(bb)(b). 1288 So auch der deutsche Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 675x Abs. 1 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 188. 1289 So auch Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 24. 1290 Unklar Hartmann in: Bankrechtstag 2009, 61 (100); Schmalenbach in: BeckOKBGB § 675x Rn. 13; Sprau in: Palandt § 675e Rn. 1 und § 675x Rn. 8; Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189: Alle Autoren sprechen von einer nachteiligen Wirkung für den Zahlungsempfänger, dessen Zustimmung – anders als beim Widerruf nach § 675p Abs. 2, Abs. 4 S. 2 BGB – für eine Vereinbarung nach § 675x Abs. 2 BGB nicht erforderlich ist. Es wird jedoch nicht klargestellt, ob es sich dabei um eine unmittelbare oder lediglich mittelbare Wirkung handeln soll.
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nis.1291 Zwar behalten sich die Zahlungsdienstleister innerhalb der Zahlungskette selbst Rückbelastungsrechte vor bzw. erteilen nur eine bedingte Gutschrift1292, so dass dem Erstattungsbegehren des Zahlers Tatbestandswirkung in den anderen Rechtsverhältnissen zukommt. Jedoch handelt es sich dabei um eine lediglich mittelbare Rechtsfolge des § 675x BGB. Die Erstattungsansprüche des Zahlers bestehen vollständig unabhängig von einer solchen Regressmöglichkeit beziehungsweise ihrer Durchsetzbarkeit und sind demnach abstrakt zu behandeln; ob ein Zahlungsdienstleister den Geldbetrag wieder erhält, ist dem Zahler gleichgültig und alleine die Angelegenheit dieses Zahlungsdienstleisters.1293 4. Ausschlussgründe Während § 675x Abs. 3 BGB eine Öffnungsklausel für eine Parteivereinbarung1294 enthält, die insbesondere bei der deutschen Abbuchungsauftragslast1291 Vgl. Ellenberger in: Schimansky/Bunte/Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 101; Casper in: MüKo-BGB [2012] § 675x Rn. 21; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675x Rn. 3; Sprau in: Palandt § 675x Rn. 1; explizit nur für § 675x Abs. 1 BGB Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 3. 1292 Vgl. auch Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 14; Ellenberger in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Band 1 – 4. Auflage 2011 § 58 Rn. 116; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349 (351; rechte Spalte); Bitter WM 2010, 1725 (1731; rechte Spalte); für diese Grundkonstruktion vgl. auch die Antwort auf Frage Nr. 182 der offiziellen FAQ der EU (http:// ec.europa.eu/internal_market/payments/docs/framework/transposition/faq_en.pdf; Abruf am 27.08.2012). 1293 Deshalb ist auch die Auffassung von Bitter WM 2010, 1725 (1731 f.) fehlsam, bei der Erstattung nach § 675x Abs. 2 BGB würde es sich um einen vollständig neuen Zahlungsvorgang handeln, dem ein antizipierter Zahlungsauftrag des damaligen Zahlungsempfängers zugrunde liegt. Bitter geht wohl davon aus, dass der Anspruch aus § 675x Abs. 2 BGB lediglich der Ursprung der Weisungskette und Auslöser der entgegengesetzten Zahlungskette – vom ursprünglichen Zahlungsempfänger zum ursprünglichen Zahler hin – darstellt. Dann wäre der ursprüngliche Zahlungsempfänger im Moment der zwischenzeitlichen Gutschrift auf seinem Konto aber in der Lage, diese zweite – auf die Erstattung gerichtete – Zahlungskette zu vereiteln: Dieser zweite Zahlungsvorgang wäre selbst eine Lastschrift nach § 1 Abs. 4 ZAG. Dann könnte der damalige Zahlungsempfänger und jetzige Zahler seinen Zahlungsauftrag inklusive Autorisierung nach § 675p Abs. 2 S. 2 BGB jederzeit widerrufen. Ist der ursprüngliche Zahlungsempfänger Verbraucher, wäre nach § 675e BGB ein Verzicht auf dieses Widerrufsrecht auch unwirksam. Käme es dann zum Widerruf der antizipierten Autorisierung, würde sein Zahlungsdienstleister den Zahlungsbetrag auch nicht rückführen. Der Zahlungsdienstleister des damaligen Zahlers müsste dann keine Gutschrift nach § 675t BGB tätigen, so dass der Erstattungsanspruch ins Leere liefe. Diese konsequente Gesetzesanwendung stünde aber im Widerspruch zu § 675x BGB, der den Anspruch des damaligen Zahlers unabhängig vom Verhalten des damaligen Zahlungsempfängers festschreibt. Der Hinweis aus Erwägungsgrund 39 zu Richtlinie ZD-RiL („Eine solche Erstattung sollte als neuer Zahlungsauftrag gelten.“) muss als Redaktionsfehler angesichts der fehlerhaften Definition des Zahlungsauftrags in Art. 4 Nr. 16 ZD-RiL [vgl. C.I.2.e)] gewertet werden. Dass § 675x BGB ausschließlich das Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister thematisiert, ist die einzig konsistente und zielführende Lösung.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
schrift relevant wird1295, kommt der Ausschlussfrist nach § 675x Abs. 4 BGB1296 in der Rechtspraxis eine weitaus höhere Bedeutung zu: Nach dem Wortlaut des Art. 63 Abs. 1 ZD-RiL und des § 675x Abs. 4 BGB ist diese Frist sowohl in den Fällen des § 675x Abs. 1 BGB als auch in denen des § 675x Abs. 2 BGB anwendbar1297. Der Zahler muss seinen Erstattungsanspruch also „innerhalb von acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Belastung des betreffenden Zahlungsbetrags gegenüber seinem Zahlungsdienstleister geltend machen.“
Nach dem Wortlaut ist der Fristbeginn ausdrücklich an die reine Belastung geknüpft. Vollkommen unerheblich ist dabei die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Zahlers von diesem Vorgang1298. Angesichts eines der primären Richtlinienzwecke – schnelle Klarheit über die Endgültigkeit einer Zahlung1299 – ist eine solche Gestaltung auch nur konsequent. Ansonsten würde aufgrund von Nachweisproblemen die Rechtsunsicherheit steigen. In der rechtspolitischen Bewertung dieser formalen Lösung ist auch die Informationspflicht des Zahlungsdienstleisters nach Art. 248 § 7 EGBGB zu berücksichtigen; vom Zahler darf eine Kontrolle der Informationen und gegebenenfalls eine Reklamation innerhalb von acht Wochen durchaus erwartet werden. Der dritte Ausschlussgrund findet in der ZD-RiL überhaupt keine Erwähnung, in der deutschen Umsetzung lediglich teilweise in § 675x Abs. 6 BGB: Genehmigt der Zahler den Zahlungsvorgang nach der Belastung, gehen seine Erstattungsansprüche unwiederbringlich unter. Dies gilt unabhängig von der konkreten Anspruchsgrundlage und des gewählten Zahlungsverfahrens. Für den Anspruch aus § 675x Abs. 1 BGB besagt dies bereits dessen Wortlaut1300. Bei § 675x Abs. 2 BGB ergibt sich dies aus allgemeinen Gründen: Die Genehmigung ist in 1294 „Der Zahler kann mit seinem Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass er keinen Anspruch auf Erstattung hat, wenn er seine Zustimmung zur Durchführung des Zahlungsvorgangs unmittelbar seinem Zahlungsdienstleister erteilt hat und er, sofern vereinbart, über den anstehenden Zahlungsvorgang mindestens vier Wochen vor dem Fälligkeitstermin vom Zahlungsdienstleister oder vom Zahlungsempfänger unterrichtet wurde.“ Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 15 sieht darin einen kodifizierten Ausdruck des Verbots des widersprüchlichen Verhaltens. 1295 Begründung zu § 675x Abs. 3 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189. 1296 Zur Einordnung der Frist vgl. Begründung zu § 675x Abs. 4 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190; Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 675x Rn. 11; Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 18; Omlor in: Staudinger § 675x Rn. 17; Casper in: MüKoBGB [2012] § 675x Rn. 22. Diese Frist hat das Gericht deshalb auch von Amts wegen zu berücksichtigen, vgl. Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675x Rn. 7. 1297 So auch Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675x Rn. 7. 1298 So auch Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 675x Rn. 18; Casper in: MüKoBGB [2012] § 675x Rn. 22. 1299 Vgl. B.I. 1300 Vgl. C.IV.2.a)aa); so auch Omlor in: Staudinger [2012] § 675x Rn. 18.
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diesem Fall als Verzicht auf den Erstattungsanspruch zu werten, zumindest muss sich der Zahler den Einwand des widersprüchlichen Verhaltens aus § 242 BGB entgegenhalten lassen1301. Die ZD-RiL enthält selbst keine Anhaltspunkte, warum der Zahler auf den Anspruch nicht verzichten kann – bei dieser Rechtsfortbildung handelt es sich daher nicht um „andere [. . .] Bestimmungen“ nach Art. 86 Abs. 1 ZD-RiL. Da der deutsche Gesetzgeber mit § 675x Abs. 6 BGB lediglich deklaratorisch handeln wollte1302, kann dieser Vorschrift auch keine abschließende Regelungswirkung zuerkannt werden. 5. Beweislast Nach den allgemeinen Regeln trägt der Zahler die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Voraussetzungen: Im Fall des § 675x Abs. 1 BGB hat er zunächst den Zahlungsvorgang nachzuweisen, der „vom oder über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst wurde und den er hinsichtlich des Zahlungsbetrags nicht konkret autorisiert hat. Außerdem muss er die überraschende Überreizung nach § 675x Abs. 1 S. 1 Nr. 2 nicht nur gemäß der Substantiierungspflicht aus § 675x Abs. 1 S. 2 BGB1303 vortragen, sondern im Streitfall auch belegen. Für den Fall des § 675x Abs. 2 BGB erfasst die Beweislast das Bestehen einer anspruchsbegründenden Vereinbarung sowie das Vorliegen eines Lastschriftverfahrens nach § 1 Abs. 4 ZAG. § 675x Abs. 4 BGB stellt lediglich eine Einwendungen, aber keine Anspruchsvoraussetzung dar. Dies ergibt sich aus Art. 63 Abs. 1 ZD-RiL, nachdem der Zahler „die Erstattung [. . .] innerhalb von acht Wochen [. . .] verlangen kann“. Der europäische Gesetzgeber geht also davon aus, dass innerhalb dieser Frist keine weiteren Voraussetzungen zur Anspruchsentstehung hinzutreten müssen, wie beispielsweise der rechtzeitige Zugang des Erstattungsbegehrens. Vielmehr soll der Anspruch acht Wochen lang bestehen. Deshalb muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Ablauf dieser Ausschlussfrist beweisen1304 – diesen Negativbeweis kann er selbstverständlich nur mithilfe der sekundären Darlegungslast des Zahlers führen.
1301 Zu diesem Stufenverhältnis und zur Rechtsfigur des widersprüchlichen Verhaltens vgl. Sutschet in: BeckOK-BGB § 242 Rn. 107 ff. 1302 Begründung zu § 675x Abs. 6 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 190. 1303 Aus systematischen Gründen ist diese Norm – genauso wie der zugrundeliegende Art. 62 Abs. 1 UA 2 ZD-RiL – keine Beweislastregel. Schließlich äußert sich der Richtliniengeber in Art. 59 Abs. 1 und 75 Abs. 1 ZD-RiL eindeutig, wenn er solche prozessuale Normen installieren möchte. Art. 62 ZD-RiL kann allenfalls eine verbindliche Regelung über die prozessuale Darlegungslast entnommen werden. 1304 Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675x Rn. 67; Casper in: MüKoBGB [2012] § 675x Rn. 22; a. A. Fehrenbacher in: Prütting – BGB § 675x Rn. 7.
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
6. Einfluss des § 675x BGB auf die Privatautonomie a) Verhältnis zwischen § 675x Abs. 2 BGB und § 675e BGB Grundsätzlich können Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister nur in den Grenzen des § 675e BGB von diesen Erstattungsansprüchen abweichen: Gegenüber Unternehmern kann § 675x BGB – im Rahmen des AGB-Rechts1305 – vollständig abbedungen werden; gegenüber Verbrauchern erlaubt § 675e Abs. 1 BGB lediglich eine Änderung zu dessen Gunsten. § 675x Abs. 2 und Abs. 3 BGB enthalten ebenfalls Öffnungsklauseln: im Falle des § 675x Abs. 2 BGB zum Vorteil des Zahlers, im Falle des § 675x Abs. 3 BGB zu dessen Nachteil. Weil § 675x Abs. 3 BGB unabhängig vom Unternehmer-/Verbraucherstatus gilt, hat er neben § 675e BGB einen eigenständigen Regelungsgehalt. Im Gegensatz dazu wäre die dem Zahler günstige Vereinbarung eines voraussetzungslosen Erstattungsanspruchs bereits wegen § 675e Abs. 1 BGB zulässig – man hätte auch auf § 675x Abs. 2 BGB verzichten können. b) Nachteil des Zahlungsempfängers als Regelungsgrund Warum hat der Gesetzgeber mit § 675x Abs. 2 BGB aber eine zusätzliche spezielle Gestaltungsregel geschaffen? Der deutsche Gesetzgeber beantwortet diese Frage mit der nachteiligen Wirkung des Erstattungsanspruchs für den Zahlungsempfänger, dem der Zahlungsbetrag wieder entzogen werde1306. Letztlich sieht er die Notwendigkeit einer Ermächtigungsgrundlage, damit der Zahler und dessen Zahlungsdienstleister in den Rechtskreis des Zahlungsempfängers eingreifen können. Diese Erwägung ist aber wegen des begrenzten unmittelbaren Anwendungsbereichs1307 des § 675x BGB nicht haltbar: Im Ergebnis kann der Nachteil zwar nicht geleugnet werden. Diesen erleidet der Zahlungsempfänger jedoch nicht, weil der Zahler von einem Erstattungsanspruch Gebrauch macht. Vielmehr hat er beim Eingehen der Geschäftsbeziehung mit seinem Zahlungsdienstleister einem Rückgriff zugestimmt oder schon gar keine vorbehaltslose Gutschrift erhalten. Hierin liegt die besondere Legitimation für den Entzug seiner Rechtsposition – einer besonderen Anordnung darüber hinaus bedarf es überhaupt nicht.
1305 Mit § 675e Abs. 4 BGB wurde Art. 51 Abs. 1 ZD-RiL umgesetzt. Art. 51 Abs. 1 ZD-RiL ist aber die Wirkung einer qualifizierten Erlaubnisnorm nicht zu entnehmen. Damit wird lediglich die Privatautonomie wieder hergestellt; deren Gebrauch unterliegt aber nach wie vor einer Inhaltskontrolle nach nationalen Generalklauseln, wie z. B. §§ 138, 242, 307 BGB [vgl. Einsele ZIP 2011, 1741 (1742)]. 1306 Vgl. Begründung zu § 675x Abs. 2 BGB BR-Drucks. 848/08 S. 189. 1307 Vgl. C.IV.3.b).
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c) Rechtspolitische Folgen einer reinen Anwendung von § 675e Abs. 1 BGB Möchte man dem Richtliniengeber keine überflüssige Regelungstechnik unterstellen, verbleibt nur eine schlüssige Erklärung für die Existenz von Art. 62 Abs. 1 UA 4 ZD-RiL bzw. § 675x Abs. 2 BGB: Er wollte verhindern, dass die Zahlungsdienstleister den Zahlern stets und in jedem Zahlungsverfahren voraussetzungslose Erstattungsansprüche zubilligen bzw. dass die Zahlungsdienstleister sich beliebig Voraussetzungen ausdenken können. Die Zahlungsdienstleister könnten im Kampf um Kundschaft – insbesondere aufgrund des von der ZD-RiL beabsichtigten stärkeren Konkurrenzdrucks1308 – geneigt sein, sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Zwar wirkt ein solcher Anspruch nicht direkt gegen den Zahlungsempfänger; wirtschaftlich würde ihm die Erstattung aber mittels Stornorechten oktroyiert werden. Eine solche Gestaltung würde die mit der ZD-RiL bezweckten Ziele1309 aber erheblich konterkarieren. Die sehr strengen Widerrufsfristen aus Art. 66 ZD-RiL bzw. § 675p BGB wären faktisch bedeutungslos; das Vertrauen in den Zahlungsverkehr sowie Beständigkeit und Effizienz von Zahlungsvorgängen würden stark herabgesetzt werden. Darüber hinaus wäre der angestrebte einheitliche Binnenmarkt gefährdet, könnten sich die einzelnen Zahlungsdienstleister jeweils beliebig Erstattungsvoraussetzungen ausdenken. Dies würde wieder zur unerwünschten Fragmentierung des Zahlungsmarktes und folglich zur Inkompatibilität zwischen den Zahlungsdienstleistern, Regionen und Mitgliedsstaaten führen. Wenn es Erstattungsrechte gibt, müssen diese europaweit einheitlich sein – in Art. 62 Abs. 1 UA 4 ZD-RiL hat sich die ZD-RiL für eine voraussetzungslose Erstattung entschieden. Dieser Interpretation steht auch nicht der Erwägungsgrund 36 zur ZD-RiL entgegen, wonach die Zahlungsdienstleister „ihren Kunden günstigere Bedingungen bieten [. . .] und beispielsweise alle streitigen Zahlungsvorgänge zurückerstatten“ können. Angesichts der Regelungen der ZD-RiL zur Begrenzung des Widerrufs kann dies aber keinen umfassenden Freifahrtschein darstellen. Zwar handelt es sich bei Erstattung und Widerruf um voneinander abzugrenzende Rechtsfiguren, so dass deren Anwendung prinzipiell unabhängig voneinander möglich ist1310. Diese abstrakte Behandlung gilt nach Art. 66 Abs. 3 ZD-RiL aber nur für Lastschriften, für die nach Art. 62 Abs. 1 UA 4 ZD-RiL ohnehin ein freier Erstattungsanspruch erlaubt ist. Für andere Zahlungsverfahren muss es prinzipiell bei der Zäsurwirkung der Widerspruchsfristen bleiben. Ansonsten wäre das explizite 1308
Vgl. B.I. Vgl. B.I. 1310 Erwägungsgrund 39 zu Richtlinie ZD-RiL: „Diese Unwiderrufbarkeit sollte nicht das Recht oder die Pflicht eines Zahlungdienstleisters nach dem Recht einiger Mitgliedstaaten [. . .] berühren, im Falle einer Streitigkeit zwischen dem Zahler und dem Zahlungsempfänger dem Zahler den Betrag [. . .] zu erstatten.“ 1309
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C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Zustimmungserfordernis des Art. 66 Abs. 5 S. 2 ZD-RiL bzw. § 675p Abs. 4 S.2 BGB überflüssig, könnte sich der Zahler den Geldbetrag mittels der Rechtsfigur der Erstattung jederzeit wieder beschaffen. Gewiss droht dem Zahlungsempfänger bei den Erstattungsansprüchen nur ein Nachteil, wenn er gegenüber seinem Zahlungsdienstleister der Rückerstattung vertraglich zustimmt bzw. sein Zahlungsdienstleister nur zu einer Vorbehaltsgutschrift verpflichtet ist. Von einer echten privatautonomen Zustimmung zu dieser Rechtslage kann aber nur gesprochen werden, wenn ihm auch alternative Zahlungsverfahren ohne Erstattungsmöglichkeit zur Verfügung stehen und er die erstattungsfähigen Zahlungsverfahren – inklusive der Voraussetzungen – von den endgültigen Zahlungsverfahren zuverlässig abgrenzen kann. Betreiben die Zahlungsdienstleister aber einen Konkurrenzkampf um Zahler mithilfe von zusätzlichen Erstattungsansprüchen, dann droht ein dem Zahlungsempfänger freundliches Angebot vom Markt zu verschwinden – die Zustimmung des Zahlungsempfängers könnte so im Ergebnis erzwungen werden und wäre aus privatautonomer Sichtweise wertlos. Dasselbe gilt für die Fragmentierung: Mangels Durchblick wird der Zahlungsempfänger pauschal zustimmen. Eine umfassende Privatautonomie im Bereich der Erstattung unterläuft die Widerspruchsfristen und gefährdet das angestrebte Ziel des gemeinsamen Binnenmarktes – sie kann daher nicht gewollt sein. d) § 675x Abs. 2 BGB als Vorbeugung gegen diese Folgen Um diese Entwicklungen zu vermeiden, wurde mit Art. 62 Abs. 1 UA 4 ZDRiL bzw. mit § 675x Abs. 2 BGB eine Gegenmaßnahme ergriffen. Damit werden die Abweichungsmöglichkeiten hinsichtlich einer nachträglichen Erstattung abschließend geregelt, so dass Art. 51 Abs. 1, 86 Abs. 3 UA 2 ZD-RiL bzw. § 675e Abs. 1 und 4 BGB als allgemeine Kollisionsnormen hierauf nicht anwendbar sind – das Prinzip der einseitigen Begünstigungsmöglichkeit wird an dieser Stelle aufgegeben. Inhaltlich legt sich die ZD-RiL auf ein bedingungsloses Erstattungsrecht fest. Die hierbei generell fehlende Ablehnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters des Zahlers1311 kann nur bedeuten, dass ein solcher Anspruch nur voraussetzungslos vereinbart werden darf 1312 – so sind beispielsweise Formen im Zwischenbereich zu § 675x Abs. 1 BGB nicht möglich. Damit werden zwar die Erstattungsansprüche an sich nicht eingedämmt. Aber nur so ist eine einheitliche und effektive Koordination der Rückabwicklung im Verhältnis zwischen den Zahlungsdienstleistern möglich. 1311
Art. 63 Abs. 2 UA 2 ZD-RiL bzw. § 675x Abs. 5 S. 2 BGB. Die einzige Ausnahme hierzu bildet die Öffnungsklausel aus Art. 62 Abs. 3 ZDRiL bzw. § 675x Abs. 3 BGB. 1312
IV. Rückabwicklungsphase: § 675x BGB
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Zudem darf der bedingungslose Erstattungsanspruch ausschließlich bei Lastschriften vereinbart werden. In anderen Zahlungsverfahren kann der konkrete Zahlungsvorgang entweder nach § 675x Abs. 1 BGB oder überhaupt nicht storniert werden1313. Die Rückzahlung müsste mittels eines vollständig neuen Zahlungsvorgangs erfolgen, bei dem Zahler und Zahlungsempfänger jeweils die umgekehrten Rollen einnehmen1314. e) Zusammenfassung Aufgrund von § 675x Abs. 2 BGB wird die Gestaltungsfreiheit der Beteiligten insoweit eingeschränkt, dass sie den Zahler nicht wahllos begünstigen dürfen. Ein Erstattungsanspruch neben § 675x Abs. 1 BGB darf nur voraussetzungslos und auch nur für Lastschriften nach § 1 Abs. 4 ZAG vereinbart werden. Dadurch soll die Rechtsbeständigkeit und die Verlässlichkeit des Zahlungsverkehrs gestärkt werden. 7. Insolvenzrechtliche Bedeutung des § 675x BGB Die Einzugsermächtigungslastschrift hat aus der Sicht des Zahlungsempfängers eine große Schwäche: „Auf Grundlage der Genehmigungstheorie ist die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschriftbuchung nicht insolvenzfest.“ 1315
Autorisiert der Zahler die Lastschriftbuchung dagegen vorab, steht ihm jedoch gemäß § 675x Abs. 2 BGB ein achtwöchiges Erstattungsrecht eingeräumt, verändert sich diese insolvenzrechtliche Beurteilung: „Die Zahlung ist auch dann insolvenzfest, wenn vor Ablauf der Acht-Wochen-Frist des § 675x Abs. 4 BGB das Insolvenzverfahren [. . .] eröffnet wird bzw. [. . .] Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden.“1316
Der Grund hierfür soll zunächst in der auflösend bedingten Erfüllungswirkung einer solchen autorisierten Zahlung liegen: Auch wenn der Zahler den Zahlungsvorgang grundsätzlich mithilfe des Erstattungsanspruchs stornieren könne, erhalte 1313 Wird in der Rechtspraxis ein voraussetzungsloses Erstattungsrecht vereinbart, wird der Zahlungsvorgang in der Regel nicht „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst. Vielmehr wird das Zahlungsverfahren sowieso als Lastschrift ausgestaltet sein, so dass es zu dieser Kollision nicht kommen wird [vgl. C.I.1.d)aa)(3)(c)]. Die klassische Überweisung wird vom Zahler ausgelöst und fällt demnach nicht unter § 675x Abs. 1 BGB. Mangels Beteiligung des Zahlungsempfängers kann diese auch nicht als Lastschrift konstruiert werden. Ein Erstattungsanspruch ist hier in jedem Falle ausgeschlossen. 1314 Vgl. C.IV. 1315 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 11). Der Insolvenzverwalter kann beim Einzugsermächtigungsverfahren weitgehend pauschal und ohne Rücksicht auf die Berechtigung der Zahlung im Valutaverhältnis widersprechen und so den Zahlungsbetrag wieder zur Masse ziehen; vgl. C.II.1.l)aa)(6). 1316 BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 27).
334
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
der Zahlungsempfänger zwischenzeitlich die uneingeschränkte Verfügungsmacht über den Zahlungsbetrag1317. Kraft der Autorisierung sei die Zahlung dem Zahler auch als eigene Leistung zuzurechnen1318. Dieser (Schwebe-)Zustand ist nach Ansicht des BGH mit dem einer Hinterlegung nach §§ 372 ff. BGB vergleichbar, so dass § 377 Abs. 1 BGB analog zur Anwendung kommt: Der Erstattungsanspruch unterliegt nicht der Pfändung und fällt gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 InsO nicht in die Insolvenzmasse – folglich fehlt dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter die Rechtsmacht zur Ausübung des Erstattungsrechts.1319 Wegen dieser Ausgrenzung des Erstattungsanspruchs aus der Insolvenzmasse greift das Verfügungsverbot aus §§ 80 f. InsO für dessen Geltendmachung gerade nicht ein – der insolvente Zahler kann selbst Erstattung verlangen. Im Fall der Hinterlegung wird das Rücknahmerecht nach § 377 Abs. 2 BGB zwar suspendiert; zu diesem Absatz zieht der BGH ohne nähere Begründung jedoch keine Analogie. Er verbleibt mit dem Hinweis, das Erstattungsbegehren des Zahlers „führt [. . .] zu einem Neuerwerb der Insolvenzmasse.“ 1320 Der Zahlungsempfänger wird also lediglich vor einem arbeitswütigen Insolvenzverwalter geschützt, nicht aber vor der Willkür des Zahlers.1321
V. Allgemeine Haftungseinschränkungen Unabhängig von der Einteilung in verschiedene Phasen bestehen mit §§ 676b, 675c BGB allgemeine Haftungseinschränkungen, die losgelöst von der systematischen Zuordnung einer Haftungsauslösung angewendet werden können. 1. § 676b BGB Für den Fall eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs installiert der Gesetzgeber mit § 676b Abs. 2 BGB1322 eine Ausschlussfrist zulasten des Zahlers: Er muss seine Ansprüche und Einwendungen 1317
BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 23). BGH WM 2010, 1546 (juris-Rn. 26). 1319 Vgl. zur Analogie und den Auswirkungen BGH WM 2011, 1546 (jurisRn. 30 f.). Damit wird dem Insolvenzverwalter aber lediglich die Möglichkeit genommen, den konkreten Zahlungsvorgang rückgängig zu machen. Die Zahlung als Leistungserfolg ist aber weiterhin nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar [vgl. BGH WM 2011, 1546 (juris-Rn. 18, 34). 1320 BGH WM 2011, 1546 (juris-Rn. 31). 1321 Mit diesem obiter dictum wollte der BGH offensichtlich Rechtssicherheit im Vorfeld schaffen. Im vorliegenden Fall lag nämlich ein herkömmliches Einzugsermächtigungsverfahren vor, auf das § 675x BGB überhaupt nicht anwendbar ist [vgl. C.IV.2.a)aa)]. Er stellte den Zahlungsdienstleistern jedoch eine Neustrukturierung des Einzugsermächtigungsverfahrens frei, so dass der Zahler wie beim SEPA-Lastschriftverfahren den Zahlungsvorgang vorab autorisiert [BGH WM 2011, 1546 (juris-Rn. 35 ff.)]. 1322 Europarechtliche Grundlage ist Art. 58 ZD-RiL. 1318
V. Allgemeine Haftungseinschränkungen
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spätestens 13 Monate nach dem Tag einer ungerechtfertigten Belastung geltend machen. Diese Ausschlussfrist erstreckt sich nach dem Wortlaut zunächst nur auf „Ansprüche und Einwendungen [. . .] nach diesem Unterkapitel“, also auf alle Rechtspositionen des Zahlers aus § 675u BGB bis § 676c BGB. Wegen des Prinzips der Vollharmonisierung besteht nach Art. 58 ZD-RiL eine zwingende Relation zwischen dem Sachverhalt „Zeitablauf“ und der Rechtsfolge „Erlöschen von Korrekturansprüchen“1323 – warum der Zahler Korrektur verlangt, ist unerheblich. Daher gilt diese Haftungsbeschränkung auch für Ansprüche des Zahlers außerhalb dieses Unterkapitels, mit denen er dieselben Rechtsfolgen herbeiführen kann.1324 Hinzu kommt nach § 675b Abs. 3 BGB die entsprechende Anwendung dieser Ausschlussfrist auf Ansprüche, die nicht auf die Erstattung des Zahlungsbetrags, sondern beispielsweise auf Folgeschäden gerichtet sind1325. 2. § 676c BGB Eine Haftung nach § 675j BGB–§ 676b BGB kann aber auch nach § 676c BGB vollständig entfallen. Auf diese Norm können sich sowohl die Zahlungsdienstnutzer als auch die Zahlungsdienstleister berufen, die an dem Zahlungsvorgang beteiligt sind1326. Zwar spricht § 676c BGB lediglich von „Ansprüchen“. Demgegenüber verwendet der zugrundeliegende Art. 78 ZD-RiL den weiteren Begriff der „Haftung“. Damit wird jede Art der Verantwortlichkeit beschrieben, die im Regelfall Grundvoraussetzung für einen Anspruch ist. Darunter kann aber auch die Versäumung der Frist nach § 676b Abs. 2 BGB fallen, auf die sich der Zahlungsdienstleister dann nicht berufen könnte. Die Haftung entfällt insbesondere bei einem „ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis [. . .], auf das [die eigentlich haftende Partei] keinen Einfluss hat, und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können.“
Durch diese Formulierung ist der Haftungsausschluss darauf begrenzt, dass dem eigentlich Haftenden kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann – vielmehr muss die negative Rechtsfolge verschuldensunabhängig eintreten1327. Zwar wurde bewusst nicht der Begriff der „höheren Gewalt“ verwendet; jedoch soll § 676c Nr. 1 BGB bei Vorliegen von „höherer Gewalt“ stets erfüllt sein1328. 1323
Zur Sachverhalts-Rechtsfolge-Relation vgl. C.II.2.b)bb). So auch Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676b Rn. 7; Sprau in: Palandt § 676b Rn. 5. 1325 Zu diesen Ansprüchen vgl. hierzu C.III.3.b). 1326 Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676c Rn. 2. 1327 Graf von Westphalen in: Erman-BGB § 676c Rn. 3. 1328 Schmalenbach in: BeckOK-BGB § 676c Rn. 4. 1324
336
C. Untersuchung der einzelnen Phasen
Was im Zahlungsverkehr „ungewöhnlich und unvorhersehbar“ ist, muss die Rechtsprechung im Lauf der Zeit klären – die Hinweise in den AGB der Zahlungsdienstleister1329 sind lediglich von deklaratorischer Natur. Schließlich dürfen nach § 675e BGB keine abweichenden Regelungen getroffen werden.1330
1329 Z. B. Nr. 3 Abs. 2 AGB-Banken: Verkehrsstörung, Bombendrohung, Banküberfall, Kriegs- und Naturereignisse. 1330 Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 676c Rn. 3; Sprau in: Palandt § 676c Rn. 2.
D. Schluss I. Zusammenfassung der wichtigsten Thesen 1. Ziel der Neuregelung Die ZD-RiL richtet sich gegen die Zersplitterung des Zahlungsverkehrs in der EU und soll einen einheitlichen, zuverlässigen und effizienten Zahlungsmarkt fördern.1 2. Grundstruktur der Neuregelung Die ZD-RiL basiert auf einer horizontalen Regelungsstruktur. Sie handelt also nicht einzelne Zahlungsverfahren nacheinander ab. Vielmehr verwendet sie Begriffe (z. B. den Zahlungsauftrag, die Autorisierung, den Zahlungsvorgang und das ZAI), die verfahrensneutral ausgestaltet wurden. So lässt sich nach der Neuregelung jeder Zahlungsvorgang aus jedem Zahlungsverfahren in dieselben zeitlichen Phasen mit denselben Voraussetzungen, Rechtspflichten und Ansprüchen unterteilen: Mitteilungs-/Einleitungsphase, Autorisierungsphase, Ausführungsphase und Rückabwicklungsphase.2 An einem solchen Zahlungsvorgang sind grundsätzlich vier Parteien beteiligt: Zahler, Zahlungsempfänger, Zahlungsdienstleister des Zahlers und Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers.3 3. „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ Die Rechtsfiguren „Erteilen eines Zahlungsauftrags“ und „Auslösen eines Zahlungsvorgangs“ sind voneinander zu trennen. Der Zahlungsauftrag verkörpert eine Weisung und kann – entgegen des Richtlinienwortlauts – nur vom Zahler erteilt werden. Auslösehandlung kann dagegen jede sonstige Erklärung oder Handlung des Zahlers oder Zahlungsempfängers sein, die den Zahlungsvorgang kausal in Gang setzt.4 Daneben muss insbesondere noch abgegrenzt werden, ob ein Zahlungsvorgang „vom Zahler“, „vom Zahlungsempfänger“ oder „über den Zahlungsempfänger“ 1 2 3 4
B.I. B.III., B.III.2. B.III.3. C.I.1.c)dd).
338
D. Schluss
ausgelöst wird: Ein Zahlungsvorgang wird „über den Zahlungsempfänger“ ausgelöst, wenn der Zahlungsempfänger an der Auslösung nicht durch rechtsgeschäftliches Handeln in eigenem Namen mitwirkt, aber durch Realakte oder durch Rechtsgeschäfte in fremden Namen kausal am Auslöseerfolg beteiligt ist. Demgegenüber wird ein Zahlungsvorgang „vom Zahlungsempfänger“ ausgelöst, wenn dessen rechtsgeschäftliches Handeln in eigenem Namen kausale Voraussetzung für den Auslösemoment ist.5 „Vom Zahler“ wird ein Zahlungsvorgang ausgelöst, wenn der Zahlungsempfänger überhaupt nicht kausal mitwirkt6. 4. Beweiserleichterung für Zugang Die Zahlungsdienstnutzer tragen jeweils die Beweislast für den Zugang ihrer Mitteilungen an ihre Zahlungsdienstleister, um ihnen gegenüber Handlungsansprüche geltend machen zu können. Um sie dabei vor keine unzumutbaren Schwierigkeiten zu stellen, besteht die Vermutung einer konkludent mitvereinbarten Pflicht des Zahlungsdienstleisters zur sofortigen Erteilung einer Eingangsbestätigung.7 5. Ausschlusswirkung der Widerrufsregelung Der Zahlungsauftrag und die Autorisierung können nur in den Grenzen des § 675p BGB widerrufen werden. Die Widerrufsfristen differieren je nach Art der Auslösung.8 Andere nationale Rechtsinstitute zur Beseitigung sowohl des Zahlungsauftrags als auch der Autorisierung sind nicht anwendbar9. 6. Unterrichtungspflicht bei Ablehnung Liegt eine wirksame Mitteilung eines Zahlungsdienstnutzers vor, sind aber die Ausführungsbedingungen nicht erfüllt, muss der jeweilige Zahlungsdienstleister seinen Zahlungsdienstnutzer von der Ablehnung unterrichten – andernfalls drohen Schadensersatzansprüche.10 7. Anscheinsbeweis für die Autorisierung Der Zahlungsdienstleister des Zahlers muss grundsätzlich das Vorliegen einer wirksamen Autorisierung nachweisen, um einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen zu können.11 5
C.I.1.e). C.I.1.d)bb). 7 C.I.3.a)aa)(4). 8 C.I.3.b)bb) und C.II.1.j). 9 C.I.3.b)bb)(2)(c) und C.II.1.k). 10 C.I.4.b). 11 C.II.1.i)aa) und C.II.1.i)bb)(1). 6
I. Zusammenfassung der wichtigsten Thesen
339
Bei der Verwendung eines ZAI kommt – wegen der das ZAI konstituierenden personalisierten Sicherheitsmerkmale – ein Anscheinsbeweis zugunsten des Zahlungsdienstleisters in Betracht. Die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises ergeben sich aber nicht aus der Neuregelung – sie steht dieser Beweiserleichterung aber auch nicht entgegen. Die allgemeinen Lehren des Anscheinsbeweises angewandt auf die Autorisierung bedeutet zunächst, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers ein leistungsfähiges Sicherheitssystem für das eingesetzte ZAI nachweisen muss, damit im Umkehrschluss von einer Autorisierung des Zahlers selbst ausgegangen werden muss. Der Zahler kann diese Vermutung durch konkret in Frage kommende Alternativsachverhalte aus seiner Verantwortungssphäre erschüttern – für diese Umstände trägt er allerdings die Beweislast. Zudem können diese Umstände zu einer Haftung nach § 675v BGB führen.12 8. Schadensersatz bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen Bei einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang können dem Zahlungsdienstleister des Zahlers gegenüber dem Zahler Schadensersatzansprüche nach § 675v BGB zustehen, sofern ein ZAI eingesetzt wurde. Auch hier kann ein Anscheinsbeweis zur Anwendung kommen.13 Sind die Voraussetzungen des § 675v BGB nicht erfüllt oder wurde schon gar kein ZAI zur Autorisierung eingesetzt, kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers vom Zahler den Ersatz des Zahlungsbetrags bei fehlender Autorisierung in keinem Falle verlangen – alle nationalen Ausgleichsinstrumente werden durch Art. 60 ZD-RiL verdrängt.14 Vielmehr muss er sich an die anderen Parteien – zumeist wohl an den Zahlungsempfänger – wenden15. 9. Einzugsermächtigungsverfahren Für das Einzugsermächtigungsverfahren ist die Genehmigungstheorie weiter aufrecht zu erhalten16. Allerdings muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Zahler den Zahlungsvorgang bereits vor Ablauf der Widerspruchsfrist konkludent autorisiert hat17.
12 13 14 15 16 17
C.II.1.i)bb)(3). C.II.2.a). C.II.2.b). C.II.3. C.II.1.l)aa)(1). C.II.1.l)aa)(3).
340
D. Schluss
10. Kundenkennung nach § 675r BGB § 675r Abs. 1 BGB ist eine Regelung über die Auslegung eines Zahlungsauftrags und kommt daher bei Kenntnis des Zahlungsdienstleisters des Zahlers von einem Fehler im Zahlungsauftrag nicht zur Anwendung18. Der Zahler hat gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers einen Auskunftsanspruch über die Identität des Inhabers der tatsächlich angegebenen Kundenkennung19. Der Inhaber der im Zahlungsauftrag tatsächlich angegebenen Kundenkennung hat im Regelfall einen Anspruch auf Gutschrift nach § 675t BGB20. 11. Erstattung bei verspäteter Ausführung Der Zahler kann auch bei einer verspäteten Ausführung Erstattung nach § 675y Abs. 1 BGB verlangen, sofern der verspätete Eingang des Zahlungsbetrags die Rechtslage im Valutaverhältnis kausal verändert hat, d.h. wenn ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen der Verspätung und der veränderten Situation im Valutaverhältnis begründet werden kann.21 12. § 675x Der Erstattungsanspruch des Zahlers nach § 675x BGB hat keine direkten Auswirkungen auf die übrigen Rechtsverhältnisse – in diesen kommt ihm allenfalls Tatbestandwirkung zu22. Mit § 675x BGB beschränkt der Gesetzgeber die Privatautonomie der Beteiligten derart, dass weitergehende Rückerstattungsansprüche vertraglich nicht vereinbart werden dürfen23.
II. Bewertung der Neuregelung Auch wenn die Neuregelung insgesamt einige – höchstrichterlich noch zu klärende – Probleme und offene Fragen mit sich bringt, ist der horizontale und erfolgsorientierte Ansatz der ZD-RiL sehr zu begrüßen. Die Rechtsordnung entfernt sich von der bisherigen – durch die Bankenwirtschaft festgelegten – Unterteilung in bestimmte Zahlungsverfahren und abstrahiert auf diese Weise jeden Zahlungsvorgang mithilfe bestimmter Rechtsbegriffe und Ansprüche. Die Kom18 19 20 21 22 23
C.III.1.a)aa) und C.III.1.a)cc)(2). C.III.1.a)bb)(2). C.III.2.a). C.III.3.a)aa)(2)(c). C.IV.3.b). C.IV.6.
II. Bewertung der Neuregelung
341
munikation zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister wird beispielsweise vollständig mit dem Begriff des Zahlungsauftrags bzw. der Autorisierung abgedeckt – unabhängig von den eingesetzten Zahlungsinstrumenten oder dem konkreten Kommunikationsweg. Durch diese Abstraktion erhält der Rechtsanwender – ob in beratender oder forensischer Tätigkeit – auch für fortentwickelte oder gar neue Zahlungsverfahren eine nahezu vollständige Rechtsgrundlage, auf die er seine Vorhersagen über den Ausgang von hypothetischen oder konkret vorliegenden Sachverhalten stützen kann. Unter Geltung der alten, sehr fragmentarischen Gesetzeslage hätte er erst prüfen müssen, ob das veränderte Verfahren einer gesetzlichen (z. B. Überweisung) oder einer richterrechtlichen Regelung (z. B. Lastschriftverfahren) unterfällt, und ob die jeweiligen Grundsätze für die Neuerscheinung überhaupt interessengerechte Lösungen ermöglichen. Durch die ZD-RiL muss sich aber schon der Entwickler eines Zahlungsverfahrens in den gesetzlich klar strukturierten Rahmen einfügen. Dadurch erhält der Rechtsanwender bei Innovationen eine bessere Ordnung, weil er den eigentlich ungewohnten Sachverhalt in ihm bekannte rechtliche Kategorien einordnen kann. Erspart bleibt ihm eine Auseinandersetzung mit den freien Begriffsschöpfungen oder Verfahrensbeschreibungen der privaten Bankenwirtschaft. Freilich differenziert auch die ZD-RiL an wenigen Stellen zwischen einzelnen Zahlungsverfahren24. Diese sind aber nunmehr nicht nur bloße, unverbindliche Beschreibungen von realen Erscheinungen, sondern voneinander abgrenzbare, gesetzlich näher bestimmbare Rechtsinstitute. Beispielsweise ähneln sich das elektronische Lastschriftverfahren25 und das klassische Kreditkartenverfahrens stark in ihren tatsächlichen Abläufen: Jeweils werden Kartendaten ausgelesen, der Zahler unterschreibt einen Beleg, den der Zahlungsempfänger einreicht. Jedoch kann wegen § 1 Abs. 4 ZAG das Kreditkartenverfahren aufgrund seines frühen Auslösemoments nicht als „Lastschrift“ im Gesetzessinne gewertet werden. Wann die Sonderregeln für einzelne Verfahrensarten eingreifen, ist wegen der gesetzlichen Fixierung deutlich transparenter. Der horizontale Ansatz ist demnach ein effektiver Beitrag zur Steigerung der Rechtssicherheit und letztlich der Akzeptanz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Markt. Dies gilt erst recht für die EU-Mitgliedsstaaten, in denen sich ein funktionierendes Zahlungssystem erst noch etablieren muss26. Dieser erste Impuls – Vereinheitlichung aller Zahlungsverfahren – wird durch die weitgehende Vollharmonisierung nochmals erhöht: Der Rechtsanwender soll die Rechtslage für alle Zahlungsverfahren nicht nur innerhalb seines Landes, son24 25 26
Beispielsweise in §§ 675p, 675x, 675y BGB. Zu diesem Verfahren vgl. C.I.1.d)aa)(2)(a)(bb). Vgl. Fußnote 4 unter B.I.1.
342
D. Schluss
dern europaweit einschätzen können – dies führt wiederum zu einem höheren Nutzervertrauen. Allerdings bringt die Vollharmonisierung dogmatische Problemfelder mit sich, solange – wie hier mit dem Recht der Zahlungsdienste – lediglich ein thematischer Ausschnitt aus dem Schuld- und Vertragsrecht vereinheitlicht wird. Bei der Rechtsfindung stellt sich zwangsläufig die Frage, welche besonderen Normen und Rechtsinstitute aus den übrigen Teilen des nationalen Rechts noch anwendbar sind, und welche durch die Richtlinie verdrängt werden. Gerade an den Schnittstellen zum allgemeinen Zivilrecht zeigt sich die technische Schwäche der Vollharmonisierung: Was ist für einen wirksamen Zahlungsauftrag erforderlich? Sind bestimmte Umstände bereits Wirksamkeitsvoraussetzungen, die ja von der ZD-RiL überhaupt nicht angesprochen wurden? Oder geben diese dem Zahler grundsätzlich nur ein Gestaltungsrecht zur Korrektur, das in der ZD-RiL durch die Widerrufsmöglichkeiten im Grundsatz angesprochen wurde? Darf das Ergebnis davon abhängen, wie der Mitgliedsstaat seine – von ihm rechtspolitisch grundsätzlich gewollte – Rechtsfigur technisch gestaltet? All diese Fragen muss letztlich der EuGH klären, dem das letzte Wort über die Auslegung der ZD-RiL zukommt. Die Rechtspraxis wird dadurch erheblich umständlicher, da nationale Prozesse sich durch Vorlagen nach Art. 267 AEUV verzögern können. In der Anfangszeit ist die Verlässlichkeit der Rechtsordnung in einem gewissen Maße gehemmt. Neben den angefragten Sachentscheidungen selbst bleibt deshalb auch abzuwarten, wie sich der EuGH organisatorisch auf die Mehrbelastung einstellt, um keine unverhältnismäßige Bearbeitungsdauer zu provozieren27.
27
Kritisch hierzu Grundmann WM 2009, 1109 (1112).
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– Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Erstes Buch, Allgemeiner Teil, §§ 90– 124; 130–133 (Allgemeiner Teil 3), Band 1.5, Berlin 2011 (zitiert: Bearbeiter in: Staudinger) – Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 657–704 (Geschäftsbesorgung), Band 2.24, Berlin 2006 (zitiert: Bearbeiter in: Staudinger) Trölitzsch, Thomas/Jaeger, Carsten: Belege im bargeldlosen Zahlungsverkehr – Grenzen der Rationalisierung im Privatkundengeschäft der Kreditinstitute, in: BetriebsBerater 1994, 2152–2156 (zitiert: Trölitzsch/Jaeger BB 1994, 2152) Ulmer, Peter/Brandner, Hans/Hensen, Horst-Diether (Hrsg.): AGB-Recht – Kommentar zu den §§ 305–310 und zum UKlaG, 11. Auflage, Köln 2011 (zitiert: Bearbeiter in: Ulmer/Brandner/Hensen) Werner, Patrick/Rösler, Stefan: Erhebliche Neuerungen im zivilen Bankrecht: Umsetzung von Verbraucherkredit- und Zahlungsdiensterichtlinie – Überblick über den Umsetzungsbedarf in der Bankpraxis anhand der vorliegenden Gesetzentwürfe, in: Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht 2009, 1–10 (zitiert: Werner BKR 2009, 1) Werner, Stefan: Anscheinsbeweis im Lichte der Zahlungsdiensterichtlinie – Anmerkung zu LG Berlin WM 2010, 2353, in: Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankenrecht I D 5 b. – 1.11, 127–130 (zitiert: Werner WuB I D 5 b. – 1.11, 127) Westermann, Harm/Grunewald, Barbara/Maier-Reimer, Georg (Hrsg.): Erman – Bürgerliches Gesetzbuch, Band I, 13. Auflage, Köln 2011 (zitiert: Bearbeiter in: ErmanBGB) Willershausen, Claudia: Anmerkung zu AG Berlin-Mitte (25.11.2009 – 21 C 442/08): Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises auf Zahlungskartentransaktionen auch nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, in: juris PraxisReport Bank- und Kapitalmarktrecht 2010, Heft 4 Anm. 6 – (zitiert: Willershausen juris-BKR 2010, Heft 4 Anm. 6) – Anmerkung zum Urteil des BGH vom 24.04.2012 (XI ZR 96/11), in: juris PraxisReport Bank- und Kapitalmarktrecht 2012, Heft 8 Anm. 2 – (zitiert: Willershausen juris-BKR 2012, Heft 8 Anm. 2) Winkelhaus, Jan-Dirk: Der Bereicherungsausgleich im Lichte des neuen Zahlungsdiensterechts, in: Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht 2010, 441–449 (zitiert: Winkelhaus BKR 2010, 441) Wolf, Manfred/Lindacher, Walter/Pfeiffer, Thomas (Hrsg.): AGB-Recht, 5. Auflage, München 2009 (zitiert: Bearbeiter in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer) Zahrte, Kai: Die Natur des Dauerauftrags vor dem Hintergrund des neuen Zahlungsdiensterechts, in: Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht 2012, 12–15 (zitiert: Zahrte BKR 2012, 12)
Sachverzeichnis Anscheinsbeweis siehe ZAI Aufwendungsersatz 148 – Ansprüche gegen Dritte 269 – Direktkondiktion 272 Auskunftsanspruch des Zahlers 277 Autorisierung 148 – Anfechtung 200 – Authentifizierung 157, 160 – Beweisrecht 157 – Debitkarte/ec-Karte 175 – Einfluss des Insolvenzrechts 152 – Einwilligung 154 – Fälschungsrisiko 153 – Genehmigung 154 – Kreditkarte 182 – Lastschriftverfahren 202 – Online-Banking 188 – Rechtsnatur 150 – Verhältnis zum Zahlungsauftrag 150 – Widerruf 196 – Widerrufsfrist 197 Autorisierungsberechtigung 152 Barein-/Barauszahlung 27 Cut-Off-Zeitpunkt 111 Einzugsermächtigung 79 – Autorisierung 202, 218 – Genehmigungstheorie 202 – Insolvenz des Zahlers 237, 333 – konkludente Genehmigung 219 – Neuere Rechtsprechung 217 – Rechtsnatur 202 Elektronisches Geld 55 – GeldKarte 56 – Netzgeld 56
Elektronisches Lastschriftverfahren 85 EPC 22, 34 Girokonto 26 Kartenzahlungen 82 – Debitkarte/ec-Karte 82 – GeldKarte 91 – Kreditkarte 86 Kontoguthaben 26 Kundenkennung 275 – Definition 284 Lastschrift 34, 69 – Abbuchungsauftragsverfahren 35, 79 – Einzugsermächtigungsverfahren 35, 78 – Insolvenz des Zahlers 333 – SEPA-Basis-Lastschriftverfahren 34 – SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren 34 – SEPA-Lastschriftverfahren 80 Mailorderverfahren 87, 90 Mitteilungsphase 67 – Gesetzliches Konzept 68 POS-Verfahren 85 reverse Bargeldzahlung 32 Schadensersatz – allgemeine Anspruchsgrundlagen 263 – Allgemeine Haftungseinschränkungen 334 – Ausschlussfrist 334 – grobe Fahrlässigkeit 254 – Haftungsausschluss 260 – höhere Gewalt 335 – nach § 675v BGB 241
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Sachverzeichnis
SEPA 22, 34 SEPA-Lastschriftmandat 80 – Autorisierung 241 Slip 87 Überweisung 35 Vollharmonisierung 22, 116, 133, 169, 200, 242, 265 Wertpapiere 33, 57 ZAG 25 Zahlungsauftrag 70 – Ablehnung 137 – Ablehnungsgründe 135 – Beweiserleichterungen 113 – Dauerauftrag 198 – Definition 68 – Erteilung 68 – Formbedürftigkeit 119 – Handlungspflichten 134 – Rechtsfolgen 70 – Rechtsfolgenvernichtender Widerruf 128 – Rechtsnatur 71 – Verhältnis zur Autorisierung 150 – Wirksamkeitshindernder Widerruf 122 – Zugangsbestätigung 116 – Zugang/Eingang 109 Zahlungsauthentifizierungsgeschäft 39 Zahlungsdienst 25 – digitalisierte Zahlungsgeschäft 44 – Ein- oder Auszahlungsgeschäft 25 – Finanztransfergeschäft 50 – Handelsvertreter 57 – Konzerninterne Zahlungen 61 – Kundenkarten und Verbundzahlungssysteme 58 – Legaldefinitionen 25 – Negativkatalog 25
– Technische Dienstleister 57 – Verhältnis der Alternativen 52 – Zahlungsgeschäft 30 Zahlungsinstrument 36 Zahlungskarten 36 – EC-Karten/girocards 37 – Kreditkarten 37 Zahlungskonto 26 Zahlungsvorgang 30 – Abzugsverbot 286 – Ausführungsfrist 286 – ausgelöst über den Zahlungsempfänger 99 – ausgelöst vom Zahler 99 – ausgelöst vom Zahlungsempfänger 99 – Auslösung 68, 72, 76 – Beweisrecht 313 – Haftungsbegrenzung 311 – Leistungsstörung und allgemeine Anspruchsgrundlagen 309 – Leistungsstörungen 292 – Regressmöglichkeiten 315 – Rückabwicklung 320 – Zurechnung von Fremdverschulden 311 – zwischen Zahlungsdienstleistern 38 ZAI 36, 39 – Abhandenkommen 244 – Anscheinsbeweis 161 – Anscheinsbeweiserschütterung 178, 191 – besondere Autorisierungsform 156 – Beweisrecht 159, 246, 251, 258, 262 – Malware 193 – personalisierten Sicherheitsmerkmale 40 – Pharming 192 – Phishing 192 – TAN-Verfahren 195 – Verlustanzeige 260 ZD-RiL, Intention 21