Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr: Eine insolvenzrechtsdogmatische Abhandlung zum Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften in der Insolvenz des Girokontoinhabers 9783161521287, 9783161520723

Das Insolvenzanfechtungsrecht gilt als die 'Königsdisziplin des Insolvenzrechts'. Dieses Instrumentarium der v

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Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1: Einführung und Grundlagen
§1. Einführung
I. Die widerstreitenden Interessen im Insolvenzanfechtungsrecht
II. Themenstellung
III. Überblick über den Forschungsstand
IV. Gang der Untersuchung, induktive Methode
§2. Bankvertragsrecht und bargeldloser Zahlungsverkehr
I. Die Zahlungsdiensterichtlinie: europäische Kodifikation des Zahlungsverkehrs
II. Die einzelnen Verträge
1. Girovertrag
2. Kontokorrentvertrag
a) Kontokorrentabrede
b) Verrechnungsvertrag
c) Saldoanerkenntnis
3. Kontokorrentkreditvertrag
III. Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden
1. Stellung eines Insolvenzantrags
2. Anordnung von Sicherungsmaßnahmen
3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
a) Girovertrag
b) Kontokorrentvertrag
c) Kontokorrentkreditvertrag
IV. Zusammenfassung
§3. Systematisierung des Insolvenzanfechtungsrechts
I. Anfechtung innerhalb und außerhalb der Insolvenz
1. Terminologisches
2. Das Aliud-Verhältnis von Insolvenz- und Einzelanfechtung
3. Dogmatische Folgen einer partiellen wertungsmäßigen Deckungsgleichheit
II. Die Rechtsfolgennormen des Insolvenzanfechtungsrechts
1. Die Anspruchsgrundlage des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO
a) Terminologiekritik
b) Dogmatische Einordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs
aa) Schuldrechtliche versus haftungsrechtliche Theorie
bb) Rückabwicklungsinstrument sui generis und hybrider Charakter
2. Anfechtungsschuldner
a) Die Lücke in § 143 InsO
b) Rechtsnachfolger (§ 145 InsO)
3. Schwierigkeiten bei der Rückgewähr
4. Die zeitliche Begrenzung des Insolvenzanfechtungsrechts (§ 146 InsO)
III. Die Tatbestandsnormen des Insolvenzanfechtungsrechts
1. Der Allgemeine Teil der Insolvenzanfechtung
a) Die Grundnorm des § 129 InsO
aa) Die inhaltliche und personelle Weite des § 129 InsO
(1) Inhaltliche Weite: Rechtshandlung als rechtsfolgenorientierter Begriff
(2) Personelle Weite: die Protagonisten des Insolvenzanfechtungsrechts
bb) Begriffliche Unschärfen des § 129 InsO
cc) Die Gläubigerbenachteiligung
(1) Das Porträt der h. M
(2) Präzisierung und Neuakzentuierung
dd) Kausalität zwischen Rechtshandlung und Gläubigerbenachteiligung
b) Erweiterung durch § 147 InsO
c) Das Bargeschäft (§ 142 InsO)
aa) Rechtsgrund
bb) Überblick über Voraussetzungen und Probleme
d) Hilfsnormen
aa) Die Definitionsnorm des § 138 InsO
bb) Fristberechnung (§ 139 InsO)
cc) Zeitpunktbestimmung (§ 140 InsO)
dd) Vollstreckbarer Titel (§ 141 InsO)
2. Der Besondere Teil der Insolvenzanfechtung
a) Allgemeine Insolvenzanfechtungstatbestände
aa) Vorsätzliche Benachteiligung (§ 133 InsO)
bb) Unentgeltliche Leistung (§ 134 InsO)
cc) Gesellschafterdarlehen (§ 135 InsO)
dd) Stille Gesellschaft (§ 136 InsO)
b) Besondere Insolvenzanfechtungstatbestände
aa) Die Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO)
(1) Das Normenverhältnis von § 130 InsO und § 131 InsO
(2) Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen
bb) Der Sonderfall des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO
cc) Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (§ 132 InsO)
c) Anfechtungssystematische Verzahnungen?
IV. Zusammenfassung
Teil 2: Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften
§ 4. Die Überweisung
I. Die bankvertraglichen Grundlagen der Überweisung
1. Paradigmenwechsel von der Weisung zum Vertrag und wieder retour
2. Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden auf den Zahlungsauftrag
a) Zahlungsausgänge
aa) Insolvenzeröffnungsverfahren
(1) Bereits erteilte Zahlungsaufträge
(2) Neue Zahlungsaufträge
(a) Ablehnung von Zahlungsaufträgen
(b) Wirksamkeit von neuen Zahlungsaufträgen
(aa) Meinungsstand
(bb) Stellungnahme und eigener Ansatz
bb) Eröffnetes Insolvenzverfahren
(1) Bereits erteilte Zahlungsaufträge
(2) Erteilung neuer Zahlungsaufträge
cc) Zusammenfassung der methodologischen „Neujustierung“
b) Zahlungseingänge
aa) Insolvenzeröffnungsverfahren
bb) Eröffnetes Insolvenzverfahren
3. Zwischenbilanz und weitere Vorgehensweise
II. Zahlungsausgänge
1. Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Überweisungsempfänger
a) Systematisierung der Fallgruppen
b) Zahlungen aus einem aufgenommenen Darlehen
aa) Dogmatisches Untersuchungsprogramm
bb) Forderungsbegleichung aus einem aufgenommenen Darlehen
(1) Rechtliche Trennung von Darlehensvertrag und Schuldentilgung
(2) Die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit
(3) Besonderheit bei Rücknahme der Forderungsanmeldung?
(4) Stellungnahme und eigener Ansatz: teleologische Reduktion des § 129 InsO
(a) Fehlende dogmatische Fundierung
(b) Rechtsunsicherheit
(c) Der Einfluss des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung: teleologische Reduktion des § 129 InsO
(d) Wertungsgleichklang zur Argumentationslinie des BGH bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit
(e) Unabhängigkeit von der Deckungsqualität
(f) Unabhängigkeit von einer Rücknahme der Forderungsanmeldung
c) Schuldentilgung aus einem debitorisch geführten Konto im Rahmen des Dispositionskredits
aa) Allgemeine Rechtsgeschäftslehre
bb) Pfändbare Forderung?
(1) Teleologische Reduktion des § 829 ZPO
(a) Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Kapitalnutzung
(b) Privatautonomie
(2) Ausschluss nach § 851 ZPO: generelle Zweckbindung?
(3) Zusammenschau: keine pfändungsfreie Zone des „Unterwasserkontos“
cc) „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“ und wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch
(a) Die Theorie von der Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät
(b) Das Alternativmodell von Bitter: kein Fortsetzungszusammenhang zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht
(c) Kritische Stellungnahme und eigener Ansatz: normative Korrektur des § 129 InsO und Theorie von der Doppelfunktionalität
(aa) Schwächen einer Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät
(bb) Teleologische Reduktion des § 129 InsO
(cc) Doppelfunktionalität
(dd) Gleichklang zum Bereicherungsrecht
(ee) Normativer Gläubigerbenachteiligungsbegriff: Parallele zum Schadensersatzrecht
dd) Ergebnis
d) Zahlungen aus einer „geduldeten Überziehung“
aa) Allgemeine Rechtsgeschäftslehre
bb) Pfändbare Forderung? – die gespaltene Lösung
cc) Gegenpositionen
dd) Eigene Stellungnahme: Plädoyer für eine Einheitslösung, Theorie von der Doppelfunktionalität
(1) „Anspruch auf Kredit“ versus „Chance auf Kredit“
(2) Die Konstruktion der juristischen Sekunde
(3) Wirtschaftliche Betrachtungsweise
(4) Fiktion in Parallelität zu § 28e Abs. 1 S. 2 SGB IV?
(5) Unterwasserkonto und Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz
(6) Einheitslösung – kein Drei-Schichten-Modell
ee) Folgeprobleme der gespaltenen Lösung
(1) Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters
(2) Konkludente Erweiterung des Dispositionskredits
ff) Ein Seitenblick: Parallelproblem bei § 64 S. 1 GmbHG?
e) Zweckbindung der Mittelverwendung
aa) Die Normenkette § 399 BGB, § 851 ZPO, §§ 35 f. InsO, § 129 InsO
bb) Die Judikaturlinie des BGH: Risse in der Dogmatik
cc) Kritische Stellungnahme und Lösung nach dem hier vertretenen Ansatz
dd) Weitere Abgrenzungsprobleme nach der gespaltenen Lösung
2. Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber der Bank
a) Der Grundfall der Anweisung
aa) Uneinheitliche Judikaturlinie
bb) Schrifttum und eigene Stellungnahme
(1) Parallele zum Bereicherungsrecht
(a) § 143 Abs. 1 S. 2 InsO
(b) Subsidiaritätsdogma im Bereicherungsrecht
(c) Insolvenzrisiko
(d) Vergleich mit § 816 Abs. 2 BGB
(2) Rechtsfolgenorientierte Lösung: Zuflussprinzip
(a) Grammatische Auslegung des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO
(b) Systematische Auslegung
(c) Teleologische Auslegung
(3) Tatbestandsimmanente Lösung
b) Der Überweisungsfall
aa) § 129 InsO
bb) Anfechtungsgrund nach §§ 130, 131 InsO
cc) Anfechtungsgrund nach § 132 InsO
dd) Anfechtungsgrund nach § 133 InsO
(1) Rechtshandlung des Schuldners
(2) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners
(3) Kenntnis der Bank vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz
(4) Begrenzungsversuche in Rechtsprechung und Schrifttum: die teleologische Reduktion des § 133 Abs. 1 InsO
(a) Gefahr einer Doppelzahlung
(b) Unlauterkeit
(c) Sozial inadäquates Verhalten
(d) Erweiterung des Vertrauensschutzes
(e) Stellungnahme
(aa) Historische Auslegung
(bb) Teleologische Auslegung
(cc) Funktionaler Ansatz: teleologische Reduktion bei „neutralen Handlungen“
ee) Bargeschäft
c) Insolvenzanfechtungsrecht im Mehrpersonenverhältnis: eine Zusammenschau
3. Zusammenfassung
III. Zahlungseingänge
1. Die Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auf Kontokorrentverrechnungen
a) Dogmatisches Profil des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
b) Ein Zwischenschritt: Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auf Aufrechnungen vor Insolvenzeröffnung
aa) Grammatische Auslegung
bb) Historische Auslegung
cc) Systematische Auslegung
dd) Teleologische Auslegung
c) Meinungsspektrum
d) Das „Anspruchsgrundlagenrätsel“
2. Anfechtbare Rechtshandlung und Nebeneinander von Aufrechnungsverbot und Anfechtungsanspruch nach § 143 Abs. 1 InsO
a) Anfechtungsgegenstand
b) Maßgeblicher Zeitpunkt
c) Anspruchskonkurrenz zu § 143 Abs. 1 InsO?
3. Gläubigerbenachteiligung i. S. des § 129 InsO
a) Allgemeines
b) Grundsatz
c) Ausnahmen
4. Kausalität
5. Anfechtungsgrund
a) Deckungsanfechtung (§§ 130 f. InsO)
aa) Anspruchsorientierte Abgrenzung
bb) Teleologische Reduktion bei fehlender „besonderer Verdächtigkeit“
cc) Teleologische Reduktion bei „vertragsgemäßem Verhalten“
dd) Teleologische Reduktion bei „Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft“
ee) Schuldtypische Deutung
ff) Die gespaltene Lösung des BGH
(1) Grundsatz: Anspruchsorientierte Abgrenzung
(2) Ausnahme bei vertragsgemäßem Verhalten
(3) Folgeproblem: Anfechtbarkeit der Kreditkündigung
(a) Meinungsstand
(b) Stellungnahme
gg) Kritische Beleuchtung der Judikaturlinie
(1) Methodische Bedenken gegen die Mutationsthese des BGH
(2) Die Formel „vertragsgemäß ist gleich kongruent“
(3) Anfechtungsrechtliche Verdächtigkeit
hh) Stellungnahme und eigener Ansatz
(1) Grammatische Auslegung
(2) Historische Auslegung
(3) Systematische Auslegung
(4) Teleologische Auslegung
ii) Ergebnis und Folgerungen
b) Vorsätzliche Benachteiligung (§ 133 InsO)
6. Bargeschäft nach § 142 InsO
a) Meinungsspektrum
aa) Judikatur des IX. Zivilsenats
bb) Abweichende Konzeptionen im Schrifttum
(1) Enge Auslegung des § 142 InsO
(2) Maßgeblichkeit des höchsten Schuldenstands
(3) Ausschöpfung des Kreditrahmens
b) Methodische Grundlegung
aa) Ratio legis des § 142 InsO
bb) Analogiefähigkeit des § 142 InsO
c) Auslegung des § 142 InsO
aa) Leistungsaustausch aufgrund einer Parteivereinbarung
bb) Gleichwertigkeit
cc) Unmittelbarkeit
dd) Reichweite der Bereichsausnahmen
d) Anwendung auf Kontokorrentverrechnungen
aa) Subsumtion
(1) Leistungsaustausch aufgrund einer Parteivereinbarung
(2) Gleichwertigkeit
(3) Unmittelbarkeit
bb) Gesamtstimmigkeit des eigenen Ansatzes
7. Ordinary Course of Business-Doktrin: ein rechtsvergleichender Impuls für das deutsche Insolvenzanfechtungsrecht?
a) Die Bedeutung im amerikanischen Konkursrecht
b) Übertragung auf das deutsche Recht
c) Stellungnahme
8. Sicherungsrechte der Bank
a) AGB-Pfandrecht der Banken
aa) Voraussetzungen und zivilrechtliche Wirksamkeit
(1) Bestellung des Pfandrechts
(2) AGB-rechtliche Wirksamkeit
(3) Kollision mit Kontokorrentabrede?
bb) Anfechtbarkeit des AGB-Pfandrechts
(1) Auslegung der Nr. 14 AGB-Banken
(2) Deckungsqualität
(a) Meinungsstand
(b) Stellungnahme und eigener Ansatz
(3) Zusammenfassung
b) Globalzession
aa) Zivilrechtliche Wirksamkeit
bb) Anfechtbarkeit der Globalzession
(1) Entstehen des sicherungszedierten Anspruchs in der Krise
(a) Maßgeblicher Zeitpunkt
(b) Gläubigerbenachteiligung und Sicherheiten- Kette
(c) Deckungsqualität
(aa) Dogmatische Grundlegung
(bb) Entwicklung des Meinungsstands
(cc) Stellungnahme
(d) Bargeschäft (§ 142 InsO)
(e) Resümee
(2) „Werthaltigmachen“ der sicherungszedierten Forderung
(a) Das Problem der Wertauffüllung
(b) Ermöglichende Rechtshandlung
(c) Deckungsqualität
(d) Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Drittschuldner
(3) Zusammenfassung und Folgen
c) Sicherheitentausch
aa) Der Grundfall des verlängerten Eigentumsvorbehalts
(1) Generalia
(2) Judikatur
(3) Stellungnahme und Entwicklung allgemeiner Kriterien für einen Sicherheitentausch
(a) Terminologisches
(b) Zeitliches Kriterium: keine Sicherheitenlücke
(c) Inhaltliches Kriterium
(d) Personelles Kriterium: Personenidentität der Sicherungsgläubiger
bb) Verpfändete Gutschrift als Surrogatsicherheit für eine globalzedierte Forderung
(1) Der Fall
(2) Stellungnahme
cc) Besonderheiten bei Sicherheitenpoolverträgen
(1) „Der Poolfall“
(2) Propria eines Sicherheitenpoolvertrags
(3) Kein Sicherheitentausch
(4) Kautelarjuristische Folgerungen
(a) Gesamtgläubigerschaft
(b) Verpfändungslösung
(c) Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen
(d) Sicherheiten-GbR
(e) Zahlstellenklausel
(f) Aufschiebend bedingte Interbankenzession
(g) Pfandrecht der Poolführerin am Gutschriftenanspruch
9. Verjährungsrechtliche Probleme bei Kontokorrentverrechnungen
a) § 146 Abs. 1 InsO analog
aa) Meinungsspektrum
(1) Allgemeines Verjährungsrecht
(2) Insolvenzrechtliche Lösung: § 146 Abs. 1 InsO (analog)
(3) Kumulationslösung
bb) Stellungnahme
(1) Keine Novation
(2) Keine analoge Anwendung des § 146 Abs. 1 InsO
b) § 146 Abs. 2 InsO analog
c) Zusammenfassung: „halbseitige“ Analogie
10. Aufrechnungsverbot bei Erlass von Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3 InsO
11. Zahlungseingänge nach Verfahrenseröffnung
a) § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO
b) § 95 InsO
12. Zusammenfassung
a) Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
b) Anfechtbare Rechtshandlung und Nebeneinander von Aufrechnungsverbot und Anfechtungsanspruch nach § 143 Abs. 1 InsO
c) Gläubigerbenachteiligung i. S. des § 129 InsO
d) Kausalität
e) Anfechtungsgrund
f) Bargeschäft nach § 142 InsO
g) Ordinary Course of Business-Doktrin
h) Sicherungsrechte der Bank
aa) AGB-Pfandrecht
bb) Globalzession
cc) Sicherheitentausch
i) Verjährungsrecht
§ 5. Die Lastschrift
I. Bankrechtliche Grundlagen
1. Gesetzliche Regelungen und Zweispurigkeit des Lastschriftenrechts
2. Die „Akteure“: Zahler, Zahlungsempfänger, Inkassostelle, Zahlstelle
3. Überblick über das Abbuchungsauftrags- und Einzugsermächtigungsverfahren
a) Das Abbuchungsauftragsverfahren
b) Das Einzugsermächtigungsverfahren
aa) Ablauf
bb) Dogmatische Einordnung „der Einzugsermächtigung“
(1) Ermächtigungstheorie
(2) Genehmigungstheorie
(a) Das dogmatische Profil des Widerspruchs
(b) Die Genehmigungsfiktion
(c) Konkludente Genehmigung
(d) Korrektur auf Sekundärebene
(aa) Schadensersatzanspruch des Zahlungsempfängers
(bb) Schadensersatzanspruch der Inkassostelle
(cc) Schadensersatzanspruch gegen die Zahlstelle
(e) Zeitpunkt der Erfüllung im Valutaverhältnis
(aa) Erfüllung mit Genehmigung
(bb) Erfüllung mit Einlösung der Belastungsbuchung
(f) Das Problem der fehlenden Fristenkongruenz
(aa) Ansprüche der Zahlstelle gegen die erste Inkassostelle
(bb) Ansprüche der Zahlstelle gegenüber dem Gläubiger
(3) Zwecktheorie
(4) Stellungnahme
(a) Deckungsverhältnis
(b) Valutaverhältnis
(aa) Plädoyer für die Genehmigungstheorie
(bb) Modifikationen
(c) Fazit und kautelarjuristische Folgerungen
c) Abgrenzungsprobleme
4. Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV)
II. Die Insolvenz des Lastschriftschuldners
1. Der Widerspruch durch den Insolvenzverwalter
a) Die Judikatur des IX. Zivilsenats
b) Die Kritik des Schrifttums und des XI. Zivilsenats
c) Die gemeinsame Linie des IX. und XI. Zivilsenats
d) Eigene Stellungnahme: kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht
aa) Korrektivverlagerung
bb) Unterscheidung Sittenwidrigkeit – Pflichtverletzung
cc) Gleichlauf versus Gläubigergleichbehandlung
dd) Das Zeitpunktproblem
ee) Umgehung der Wertungen des Insolvenzanfechtungsrechts
ff) Modifizierte Genehmigungstheorie und Fazit
2. Die in AGB vereinbarte Genehmigungsfiktion
a) Die gespaltene Lösung
b) Einheitslösung
c) Ergebnis
3. Zusammenfassung
III. Insolvenzanfechtung im Lastschriftenrecht
1. Genehmigung
a) Gleichlauf zur Überweisung
b) Spezifische Lastschriftprobleme
aa) Anfechtbare Rechtshandlung
bb) Zeitpunkt der Rechtshandlung (§ 140 InsO)
cc) Zeitpunktbestimmung beim Bargeschäft (§ 142 InsO)
dd) Rechtshandlung des Schuldners (§ 133 Abs. 1 InsO)
ee) Ausschluss der Insolvenzanfechtung nach § 242 BGB wegen Genehmigung durch einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter
2. Widerspruch
IV. Handlungsalternativen des Insolvenzverwalters
V. Die SEPA-Lastschrift
1. Single European Payments Area
2. Folgeprobleme wie bei der Genehmigungstheorie?
a) Die Auswirkungen des Refund auf das Valutaverhältnis
b) Der Widerspruch durch den Insolvenzverwalter
VI. Zusammenschau der Ergebnisse
Teil 3: Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts
§ 6. Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts
I. Gläubigergleichbehandlung
1. Propria
2. Begründungsmodelle
a) Communio incidens
b) Zustimmungsfiktion bzw. Korrektur über § 242 BGB
c) Die Theorie von der Ausgleichshaftung
d) Allgemeine Gerechtigkeits- und Billigkeitsaspekte
e) Verfahrensrechtliches Verteilungsprinzip
f) Stellungnahme und Plädoyer für ein Solidaritätsmodell
3. Bedeutung im Insolvenzanfechtungsrecht
a) Tatbestands- und Rechtsfolgenseite
b) Feinsteuerungen der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzanfechtungsrecht
aa) Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung
bb) § 28e Abs. 1 S. 2 SGB IV als Lehrstück gesetzgeberischer Unzulänglichkeit?
II. Privatautonomie
1. Die Begrenzung der Privatautonomie
a) Die Ex-post Dimension der Privatautonomie
b) Insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle von Verträgen?
c) Disponibilität des Insolvenzanfechtungsrechts?
d) Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs
2. Die Beachtung der Privatautonomie
a) Erhöhte Anforderungen an die Anfechtbarkeit bei kongruenten Deckungen
b) Vertragliche Verknüpfung beim Bargeschäft, § 142 InsO
3. Zusammenfassung
III. Vertrauensschutz
1. Vertrauensschutz auf der Tatbestandsseite
a) Restriktion der Grundnorm durch § 242 BGB analog
b) Vertrauensschutz bei der Zeitpunktbestimmung
c) Limitierungen bei den Anfechtungstatbeständen durch subjektive Tatbestände
aa) § 130 InsO
(1) Maßstab
(2) Bezugspunkt
(3) Zeitpunkt
(4) Zeitraum
bb) § 133 InsO
2. Vertrauensschutz auf der Rechtsfolgenebene
a) Bereicherungsrechtliches Grundniveau bei unentgeltlichen Leistungen
b) Anfechtungsrechtlicher Gutglaubensschutz für Rechtsnachfolger
c) Korrektur über Treu und Glaube (§ 242 BGB analog)
IV. Zusammenfassung
§7. Methodologische Direktiven für die Auslegung und Rechtsfortbildung des Insolvenzanfechtungsrechts
I. Weite massefreundliche Auslegung oder enge privatautonomiefreundliche Auslegung?
II. Autonome Auslegung
III. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise: „das Entscheidende“?
IV. Ökonomische Analyse des Rechts (Economic Analysis of Law)
1. De lege lata: keine eigenständige Auslegungsmethode
2. De lege ferenda und die präventive Wirkung des Anfechtungsrechts
V. Zusammenfassung
§8. Zusammenschau der Ergebnisse
I. Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts
1. Gläubigergleichbehandlung
2. Privatautonomie
3. Vertrauensschutz
II. Auslegung und Rechtsfortbildung im Insolvenzanfechtungsrecht
III. Insolvenzanfechtung bei Überweisungen
1. Zahlungsausgänge
a) Dogmatischer Doppelwechsel und methodologische Neujustierung
b) Neuansätze zur Dogmatik des § 129 InsO
aa) Die teleologische Reduktion des § 129 InsO: Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung
bb) Die normative Korrektur des Gläubigerbenachteiligungsbegriffs: das doppelfunktionale Handeln der Bank
c) Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis: Plädoyer für eine tatbestandsimmanente Lösung
2. Zahlungseingänge: Insolvenzanfechtung bei Kontokorrentverrechnungen
a) Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
b) Anfechtbare Rechtshandlung
c) Gläubigerbenachteiligung i. S. des § 129 InsO
d) Kausalität
e) Anfechtungsgrund
f) Bargeschäft nach § 142 InsO
g) Keine Ordinary Course of Business-Doktrin im deutschen Recht
h) Sicherungsrechte der Bank
aa) AGB-Pfandrecht und insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz
bb) Globalzession
cc) Sicherheitentausch
i) „Halbseitige“ Analogie im Verjährungsrecht
IV. Insolvenzanfechtung bei Lastschriften
1. Die modifizierte Genehmigungstheorie bei Einzugsermächtigungslastschriften
2. Kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht
3. Der insolvenzanfechtungsrechtliche Fortsetzungszusammenhang
4. Der Gleichklang zu den SEPA-Lastschriften: die Einheitslösung im Lastschriftenrecht
Literaturverzeichnis
Sachregister
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JUS PRIVAT UM Beiträge zum Privatrecht Band 169

Markus Würdinger

Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr Eine insolvenzrechtsdogmatische Abhandlung zum Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften in der Insolvenz des Girokontoinhabers

Mohr Siebeck

Markus Würdinger, geboren 1977; Studium der Rechtswissenschaften in Regensburg als Stipendiat des Freistaates Bayern; 2004 Promotion; 2003–2005 Referendar am OLG München; 2006–2012 Akademischer Rat an der Universität Regensburg; seit 2007 Dozent der DeutschenAnwaltAkademie; 2010 Habilitation; Lehrstuhlvertretungen/Lehraufträge in Regensburg, Konstanz und Augsburg; seit 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Privatrecht sowie Zivilprozessrecht an der Universität des Saarlandes.

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort. e-ISBN 978-3-16-152128-7 ISBN  978-3-16-152072-3 ISSN  0940-9610 (Jus Privatum) Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbib­lio­graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2012  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Garamond Antiqua gesetzt, auf alterungs­beständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Otters­ weier gebunden.

MEINER  FAMILIE

Vorwort Die Insolvenzanfechtung dient der Massemehrung. Besondere praktische Bedeutung entfaltet dieses Instrument im Schnittbereich zum Bankrecht. Die folgende induktiv aufgebaute Abhandlung systematisiert die Fallgruppen, die sich bei Überweisungs- und Lastschriftgeschäften in der Insolvenz des Girokontoinhabers ergeben. Die Bank agiert dabei sowohl als Kreditgeberin als auch als Zahlungsmittlerin. Auf der Grundlage dieser Doppelfunktionalität werden eigene Lösungsansätze entwickelt und universelle Lehren zum Insolvenzanfechtungsrecht formuliert. Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Sommersemester 2010 als Habilitationsschrift angenommen. Späteres Schrifttum habe ich im Rahmen des Möglichen bis Anfang April 2012 berücksichtigt. Der erste Dank gebührt meiner Familie, vor allem meiner Verlobten Stefanie Loher. Ich danke ferner ganz herzlich meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Gottwald für die Freiräume bei der Bearbeitung und die lehrreiche Assistentenzeit an seinem Lehrstuhl. Mein Doktorvater Herr Prof. Dr. Herbert Roth stand mir stets mit Rat und Tat zur Seite und hat die Arbeit ebenso wie Herr Prof. Dr. Robert Uerpmann-Wittzack wohlwollend begleitet. Herr Prof. Dr. Wolfgang Servatius hat das Zweitgutachten dankenswerter Weise zügig erstellt und wertvolle Hinweise aus der gesellschaftsrechtlichen Optik gegeben. Der VG WORT danke ich für ihren großzügigen Druckkostenzuschuss. Saarbrücken, im April 2012

Markus Würdinger

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

Teil 1 Einführung und Grundlagen §  1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

I. Die widerstreitenden Interessen im Insolvenzanfechtungsrecht II. Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überblick über den Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gang der Untersuchung, induktive Methode . . . . . . . . . .

2 7 10 11

§  2. Bankvertragsrecht und bargeldloser Zahlungsverkehr . . . . . . . .

13

I. Die Zahlungsdiensterichtlinie: europäische Kodifikation des Zahlungsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die einzelnen Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Girovertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontokorrentvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kontokorrentabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verrechnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Saldoanerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontokorrentkreditvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden . . . . . . . . . 1. Stellung eines Insolvenzantrags . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anordnung von Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . 3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . a) Girovertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kontokorrentvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kontokorrentkreditvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§  3. Systematisierung des Insolvenzanfechtungsrechts . . . . . . . . . .

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I. Anfechtung innerhalb und außerhalb der Insolvenz . . . . . . 1. Terminologisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Aliud-Verhältnis von Insolvenz- und Einzelanfechtung 3. Dogmatische Folgen einer partiellen wertungsmäßigen Deckungsgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsfolgennormen des Insolvenzanfechtungsrechts . . . 1. Die Anspruchsgrundlage des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO . . . . . a) Terminologiekritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dogmatische Einordnung des Insolvenzanfechtungs anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schuldrechtliche versus haftungsrechtliche Theorie bb) Rückabwicklungsinstrument sui generis und hybrider Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtungsschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Lücke in §  143 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsnachfolger (§  145 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schwierigkeiten bei der Rückgewähr . . . . . . . . . . . . . 4. Die zeitliche Begrenzung des Insolvenzanfechtungsrechts (§  146 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Tatbestandsnormen des Insolvenzanfechtungsrechts . . . . 1. Der Allgemeine Teil der Insolvenzanfechtung . . . . . . . . a) Die Grundnorm des §  129 InsO . . . . . . . . . . . . . . aa) Die inhaltliche und personelle Weite des §  129 InsO (1) Inhaltliche Weite: Rechtshandlung als rechtsfolgenorientierter Begriff . . . . . . . . . (2) Personelle Weite: die Protagonisten des Insolvenzanfechtungsrechts . . . . . . . . . . . bb) Begriffliche Unschärfen des §  129 InsO . . . . . . . cc) Die Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . (1) Das Porträt der h. M. . . . . . . . . . . . . . . . (2) Präzisierung und Neuakzentuierung . . . . . . dd) Kausalität zwischen Rechtshandlung und Gläubiger benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erweiterung durch §  147 InsO . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Bargeschäft (§  142 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überblick über Voraussetzungen und Probleme . . d) Hilfsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Definitionsnorm des §  138 InsO . . . . . . . . . bb) Fristberechnung (§  139 InsO) . . . . . . . . . . . . .

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cc) Zeitpunktbestimmung (§  140 InsO) . . . . . . . . . dd) Vollstreckbarer Titel (§  141 InsO) . . . . . . . . . . . 2. Der Besondere Teil der Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . a) Allgemeine Insolvenzanfechtungstatbestände . . . . . . aa) Vorsätzliche Benachteiligung (§  133 InsO) . . . . . . bb) Unentgeltliche Leistung (§  134 InsO) . . . . . . . . . cc) Gesellschafterdarlehen (§  135 InsO) . . . . . . . . . dd) Stille Gesellschaft (§  136 InsO) . . . . . . . . . . . . b) Besondere Insolvenzanfechtungstatbestände . . . . . . . aa) Die Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) . . . . (1) Das Normenverhältnis von §  130 InsO und §  131 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen . . . . . . . . . . . . bb) Der Sonderfall des §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO . . . . . . cc) Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (§  132 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anfechtungssystematische Verzahnungen? . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI 56 56 56 57 57 59 60 61 61 62 62 63 65 65 67 68

Teil 2 Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften §  4. Die Überweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Die bankvertraglichen Grundlagen der Überweisung . . . . . 1. Paradigmenwechsel von der Weisung zum Vertrag und wieder retour . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden auf den Zahlungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zahlungsausgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Insolvenzeröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . (1) Bereits erteilte Zahlungsaufträge . . . . . . . . . (2) Neue Zahlungsaufträge . . . . . . . . . . . . . . (a) Ablehnung von Zahlungsaufträgen . . . . . (b) Wirksamkeit von neuen Zahlungsaufträgen (aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . (bb) Stellungnahme und eigener Ansatz . . bb) Eröffnetes Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . (1) Bereits erteilte Zahlungsaufträge . . . . . . . . . (2) Erteilung neuer Zahlungsaufträge . . . . . . . .

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XII

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cc) Zusammenfassung der methodologischen „Neujustierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zahlungseingänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Insolvenzeröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . bb) Eröffnetes Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenbilanz und weitere Vorgehensweise . . . . . . . . . II. Zahlungsausgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Überweisungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Systematisierung der Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . b) Zahlungen aus einem aufgenommenen Darlehen . . . . . aa) Dogmatisches Untersuchungsprogramm . . . . . . bb) Forderungsbegleichung aus einem aufgenommenen Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtliche Trennung von Darlehensvertrag und Schuldentilgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit . (3) Besonderheit bei Rücknahme der Forderungs anmeldung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Stellungnahme und eigener Ansatz: teleologische Reduktion des §  129 InsO . . . . . (a) Fehlende dogmatische Fundierung . . . . . (b) Rechtsunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . (c) Der Einfluss des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung: teleologische Reduktion des §  129 InsO . . . . . . . . . . (d) Wertungsgleichklang zur Argumentations linie des BGH bei Anzeige der Masseunzu länglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Unabhängigkeit von der Deckungsqualität . (f) Unabhängigkeit von einer Rücknahme der Forderungsanmeldung . . . . . . . . . . . . c) Schuldentilgung aus einem debitorisch geführten Konto im Rahmen des Dispositionskredits . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . . . . bb) Pfändbare Forderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Teleologische Reduktion des §  829 ZPO . . . . (a) Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Kapitalnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausschluss nach §  851 ZPO: generelle Zweckbindung? . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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(3) Zusammenschau: keine pfändungsfreie Zone des „Unterwasserkontos“ . . . . . . . . . . . . . cc) „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“ und wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch . . . . . . (a) Die Theorie von der Einzelzwangsvoll streckungsakzessorietät . . . . . . . . . . . (b) Das Alternativmodell von Bitter: kein Fortsetzungszusammenhang zum Einzel zwangsvollstreckungsrecht . . . . . . . . . (c) Kritische Stellungnahme und eigener Ansatz: normative Korrektur des §  129 InsO und Theorie von der Doppelfunktionalität (aa) Schwächen einer Einzelzwangs vollstreckungsakzessorietät . . . . . . . (bb) Teleologische Reduktion des §  129 InsO . . . . . . . . . . . . . (cc) Doppelfunktionalität . . . . . . . . . (dd) Gleichklang zum Bereicherungsrecht (ee) Normativer Gläubigerbenachteiligungs begriff: Parallele zum Schadensersatz recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zahlungen aus einer „geduldeten Überziehung“ . . . . . aa) Allgemeine Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . . . . bb) Pfändbare Forderung? – die gespaltene Lösung . . . cc) Gegenpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Eigene Stellungnahme: Plädoyer für eine Einheits lösung, Theorie von der Doppelfunktionalität . . . (1) „Anspruch auf Kredit“ versus „Chance auf Kredit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Konstruktion der juristischen Sekunde . . . (3) Wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . (4) Fiktion in Parallelität zu §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Unterwasserkonto und Gläubigergleichbehand lungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Einheitslösung – kein Drei-Schichten-Modell . ee) Folgeprobleme der gespaltenen Lösung . . . . . . . (1) Darlegungs- und Beweislast des Insolvenz verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konkludente Erweiterung des Dispositions kredits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII 106 107 107

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XIV

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ff) Ein Seitenblick: Parallelproblem bei §  64 S.  1 GmbHG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zweckbindung der Mittelverwendung . . . . . . . . . . . aa) Die Normenkette §  399 BGB, §  851 ZPO, §§  35 f. InsO, §  129 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Judikaturlinie des BGH: Risse in der Dogmatik cc) Kritische Stellungnahme und Lösung nach dem hier vertretenen Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere Abgrenzungsprobleme nach der gespaltenen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber der Bank . . . . . a) Der Grundfall der Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Uneinheitliche Judikaturlinie . . . . . . . . . . . . . bb) Schrifttum und eigene Stellungnahme . . . . . . . . (1) Parallele zum Bereicherungsrecht . . . . . . . . (a) §  143 Abs.  1 S.  2 InsO . . . . . . . . . . . . . (b) Subsidiaritätsdogma im Bereicherungsrecht (c) Insolvenzrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Vergleich mit §  816 Abs.  2 BGB . . . . . . . (2) Rechtsfolgenorientierte Lösung: Zuflussprinzip (a) Grammatische Auslegung des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . (c) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . (3) Tatbestandsimmanente Lösung . . . . . . . . . b) Der Überweisungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) §  129 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anfechtungsgrund nach §§  130, 131 InsO . . . . . . cc) Anfechtungsgrund nach §  132 InsO . . . . . . . . . dd) Anfechtungsgrund nach §  133 InsO . . . . . . . . . (1) Rechtshandlung des Schuldners . . . . . . . . . (2) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kenntnis der Bank vom Gläubigerbenach teiligungsvorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Begrenzungsversuche in Rechtsprechung und Schrifttum: die teleologische Reduktion des §  133 Abs.  1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gefahr einer Doppelzahlung . . . . . . . . (b) Unlauterkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Sozial inadäquates Verhalten . . . . . . . . . (d) Erweiterung des Vertrauensschutzes . . . .

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(e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Historische Auslegung . . . . . . . . . (bb) Teleologische Auslegung . . . . . . . . (cc) Funktionaler Ansatz: teleologische Reduktion bei „neutralen Hand lungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Bargeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Insolvenzanfechtungsrecht im Mehrpersonenverhältnis: eine Zusammenschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zahlungseingänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Kontokorrentverrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dogmatisches Profil des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO . . . . . . b) Ein Zwischenschritt: Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Aufrechnungen vor Insolvenzeröffnung . aa) Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das „Anspruchsgrundlagenrätsel“ . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtbare Rechtshandlung und Nebeneinander von Aufrechnungsverbot und Anfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anfechtungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruchskonkurrenz zu §  143 Abs.  1 InsO? . . . . . . . 3. Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deckungsanfechtung (§§  130 f. InsO) . . . . . . . . . . . aa) Anspruchsorientierte Abgrenzung . . . . . . . . . . bb) Teleologische Reduktion bei fehlender „besonderer Verdächtigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Teleologische Reduktion bei „vertragsgemäßem Verhalten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Teleologische Reduktion bei „Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft“ . . . . . . . . . . . .

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157 159 160 160 163 165 166 169 169 170 170 171 172 173

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ee) Schuldtypische Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Die gespaltene Lösung des BGH . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz: Anspruchsorientierte Abgrenzung (2) Ausnahme bei vertragsgemäßem Verhalten . . . (3) Folgeproblem: Anfechtbarkeit der Kredit kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Kritische Beleuchtung der Judikaturlinie . . . . . . (1) Methodische Bedenken gegen die Mutationsthese des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Formel „vertragsgemäß ist gleich kongruent“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anfechtungsrechtliche Verdächtigkeit . . . . . . hh) Stellungnahme und eigener Ansatz . . . . . . . . . . (1) Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . (2) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . (3) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . (4) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . ii) Ergebnis und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorsätzliche Benachteiligung (§  133 InsO) . . . . . . . . 6. Bargeschäft nach §  142 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Judikatur des IX. Zivilsenats . . . . . . . . . . . . . bb) Abweichende Konzeptionen im Schrifttum . . . . . (1) Enge Auslegung des §  142 InsO . . . . . . . . . (2) Maßgeblichkeit des höchsten Schuldenstands . (3) Ausschöpfung des Kreditrahmens . . . . . . . . b) Methodische Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ratio legis des §  142 InsO . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analogiefähigkeit des §  142 InsO . . . . . . . . . . . c) Auslegung des §  142 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leistungsaustausch aufgrund einer Parteiverein barung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Reichweite der Bereichsausnahmen . . . . . . . . . . d) Anwendung auf Kontokorrentverrechnungen . . . . . . aa) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Leistungsaustausch aufgrund einer Partei vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189 189 190 190 192 192 193 193 194 195 195 196 196 196 197 198 200 200 201 201 202 203 203 204 204 206 206 207 208 208 209 209 210 211 211 211

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(2) Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesamtstimmigkeit des eigenen Ansatzes . . . . . . 7. Ordinary Course of Business-Doktrin: ein rechtsver gleichender Impuls für das deutsche Insolvenzanfechtungs recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Bedeutung im amerikanischen Konkursrecht . . . . b) Übertragung auf das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Sicherungsrechte der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) AGB-Pfandrecht der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen und zivilrechtliche Wirksamkeit . (1) Bestellung des Pfandrechts . . . . . . . . . . . . (2) AGB-rechtliche Wirksamkeit . . . . . . . . . . . (3) Kollision mit Kontokorrentabrede? . . . . . . . bb) Anfechtbarkeit des AGB-Pfandrechts . . . . . . . . (1) Auslegung der Nr.  14 AGB-Banken . . . . . . . (2) Deckungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme und eigener Ansatz . . . . . (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Globalzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zivilrechtliche Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . bb) Anfechtbarkeit der Globalzession . . . . . . . . . . (1) Entstehen des sicherungszedierten Anspruchs in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . (b) Gläubigerbenachteiligung und Sicherheiten Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Deckungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Dogmatische Grundlegung . . . . . . (bb) Entwicklung des Meinungsstands . . (cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . (d) Bargeschäft (§  142 InsO) . . . . . . . . . . . (e) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Werthaltigmachen“ der sicherungszedierten Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Problem der Wertauffüllung . . . . . . (b) Ermöglichende Rechtshandlung . . . . . . . (c) Deckungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . (d) Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Drittschuldner . . . . . . . . . . . . . .

XVII 213 213 214

215 215 217 217 218 219 220 220 222 222 223 223 224 224 225 227 228 228 229 230 230 231 233 233 235 239 242 245 246 246 247 249 250

XVIII

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(3) Zusammenfassung und Folgen . . . . . . . . . . c) Sicherheitentausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Grundfall des verlängerten Eigentums vorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Generalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Stellungnahme und Entwicklung allgemeiner Kriterien für einen Sicherheitentausch . . . . . . (a) Terminologisches . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zeitliches Kriterium: keine Sicherheiten lücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Inhaltliches Kriterium . . . . . . . . . . . . (d) Personelles Kriterium: Personenidentität der Sicherungsgläubiger . . . . . . . . . . . bb) Verpfändete Gutschrift als Surrogatsicherheit für eine globalzedierte Forderung . . . . . . . . . . . . . (1) Der Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Besonderheiten bei Sicherheitenpoolverträgen . . . (1) „Der Poolfall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Propria eines Sicherheitenpoolvertrags . . . . . (3) Kein Sicherheitentausch . . . . . . . . . . . . . . (4) Kautelarjuristische Folgerungen . . . . . . . . . (a) Gesamtgläubigerschaft . . . . . . . . . . . . (b) Verpfändungslösung . . . . . . . . . . . . . (c) Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen . . (d) Sicherheiten-GbR . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zahlstellenklausel . . . . . . . . . . . . . . . (f) Aufschiebend bedingte Interbankenzession (g) Pfandrecht der Poolführerin am Gut schriftenanspruch . . . . . . . . . . . . . . . 9. Verjährungsrechtliche Probleme bei Kontokorrentver rechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) §  146 Abs.  1 InsO analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines Verjährungsrecht . . . . . . . . . . (2) Insolvenzrechtliche Lösung: §  146 Abs.  1 InsO (analog) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kumulationslösung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Novation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

250 252 252 252 253 254 254 254 255 255 255 255 257 257 257 258 259 261 261 262 262 262 263 264 264 265 265 266 266 266 268 268 268

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(2) Keine analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) §  146 Abs.  2 InsO analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung: „halbseitige“ Analogie . . . . . . . . 10. Aufrechnungsverbot bei Erlass von Maßnahmen nach §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2, 3 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Zahlungseingänge nach Verfahrenseröffnung . . . . . . . . a) §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) §  95 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO . . . . . . . . b) Anfechtbare Rechtshandlung und Nebeneinander von Aufrechnungsverbot und Anfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO . . . . . . . d) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Bargeschäft nach §  142 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . g) Ordinary Course of Business-Doktrin . . . . . . . . . . h) Sicherungsrechte der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) AGB-Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Globalzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sicherheitentausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Verjährungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX 269 273 276 277 278 278 278 280 280

280 281 281 282 283 286 286 286 286 288 289

§  5. Die Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 I. Bankrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Regelungen und Zweispurigkeit des Last schriftenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Akteure“: Zahler, Zahlungsempfänger, Inkassostelle, Zahlstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überblick über das Abbuchungsauftrags- und Einzugs ermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Abbuchungsauftragsverfahren . . . . . . . . . . . . b) Das Einzugsermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . aa) Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Dogmatische Einordnung „der Einzugs ermächtigung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ermächtigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . (2) Genehmigungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das dogmatische Profil des Widerspruchs .

292 292 293 294 294 296 297 298 300 300 300

XX

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(b) Die Genehmigungsfiktion . . . . . . . . . . (c) Konkludente Genehmigung . . . . . . . . . (d) Korrektur auf Sekundärebene . . . . . . . . (aa) Schadensersatzanspruch des Zahlungs empfängers . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Schadensersatzanspruch der Inkassostelle . . . . . . . . . . . . . . (cc) Schadensersatzanspruch gegen die Zahlstelle . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zeitpunkt der Erfüllung im Valutaverhältnis (aa) Erfüllung mit Genehmigung . . . . . (bb) Erfüllung mit Einlösung der Belastungs buchung . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Das Problem der fehlenden Fristen kongruenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Ansprüche der Zahlstelle gegen die erste Inkassostelle . . . . . . . . . . . (bb) Ansprüche der Zahlstelle gegenüber dem Gläubiger . . . . . . . . . . . . . (3) Zwecktheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Deckungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . (b) Valutaverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Plädoyer für die Genehmigungs theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Modifikationen . . . . . . . . . . . . . (c) Fazit und kautelarjuristische Folgerungen . c) Abgrenzungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) . . . . . . . . . . II. Die Insolvenz des Lastschriftschuldners . . . . . . . . . . . . . 1. Der Widerspruch durch den Insolvenzverwalter . . . . . . . a) Die Judikatur des IX. Zivilsenats . . . . . . . . . . . . . . b) Die Kritik des Schrifttums und des XI. Zivilsenats . . . c) Die gemeinsame Linie des IX. und XI. Zivilsenats . . . . d) Eigene Stellungnahme: kein Lastschriftensonderinsol venzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Korrektivverlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterscheidung Sittenwidrigkeit – Pflichtverletzung cc) Gleichlauf versus Gläubigergleichbehandlung . . . . dd) Das Zeitpunktproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Umgehung der Wertungen des Insolvenz anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

302 304 307 307 308 309 309 310 311 314 314 315 318 319 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 330 331 332 332 333 334 334 335

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ff) Modifizierte Genehmigungstheorie und Fazit . . . 2. Die in AGB vereinbarte Genehmigungsfiktion . . . . . . . . a) Die gespaltene Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einheitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insolvenzanfechtung im Lastschriftenrecht . . . . . . . . . . . 1. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichlauf zur Überweisung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spezifische Lastschriftprobleme . . . . . . . . . . . . . . aa) Anfechtbare Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitpunkt der Rechtshandlung (§  140 InsO) . . . . . cc) Zeitpunktbestimmung beim Bargeschäft (§  142 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtshandlung des Schuldners (§  133 Abs.  1 InsO) ee) Ausschluss der Insolvenzanfechtung nach §  242 BGB wegen Genehmigung durch einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Handlungsalternativen des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . V. Die SEPA-Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Single European Payments Area . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Folgeprobleme wie bei der Genehmigungstheorie? . . . . . a) Die Auswirkungen des Refund auf das Valutaverhältnis b) Der Widerspruch durch den Insolvenzverwalter . . . . . VI. Zusammenschau der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335 335 336 337 338 339 339 340 340 341 341 342 344 346

347 348 349 351 351 352 352 353 354

Teil 3 Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts §  6. Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 358

I. Gläubigergleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Propria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Communio incidens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustimmungsfiktion bzw. Korrektur über §  242 BGB . . c) Die Theorie von der Ausgleichshaftung . . . . . . . . . . d) Allgemeine Gerechtigkeits- und Billigkeitsaspekte . . . e) Verfahrensrechtliches Verteilungsprinzip . . . . . . . . . f) Stellungnahme und Plädoyer für ein Solidaritätsmodell .

359 359 362 363 364 365 366 366 367

XXII

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3. Bedeutung im Insolvenzanfechtungsrecht . . . . . . . . . . a) Tatbestands- und Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . b) Feinsteuerungen der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzanfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV als Lehrstück gesetz geberischer Unzulänglichkeit? . . . . . . . . . . . . II. Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Begrenzung der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . a) Die Ex-post Dimension der Privatautonomie . . . . . . . b) Insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle von Verträgen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Disponibilität des Insolvenzanfechtungsrechts? . . . . . d) Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . 2. Die Beachtung der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . a) Erhöhte Anforderungen an die Anfechtbarkeit bei kongruenten Deckungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragliche Verknüpfung beim Bargeschäft, §  142 InsO 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertrauensschutz auf der Tatbestandsseite . . . . . . . . . . a) Restriktion der Grundnorm durch §  242 BGB analog . . b) Vertrauensschutz bei der Zeitpunktbestimmung . . . . . c) Limitierungen bei den Anfechtungstatbeständen durch subjektive Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) §  130 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) §  133 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertrauensschutz auf der Rechtsfolgenebene . . . . . . . . . a) Bereicherungsrechtliches Grundniveau bei unentgeltlichen Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtungsrechtlicher Gutglaubensschutz für Rechtsnachfolger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Korrektur über Treu und Glaube (§  242 BGB analog) . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

368 368 370

371 372 374 375 376 378 378 380 381 381 381 382 383 383 383 386 386 386 387 388 389 390 391 392 392 392 393 393

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§  7. Methodologische Direktiven für die Auslegung und Rechtsfort bildung des Insolvenzanfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 396 I. Weite massefreundliche Auslegung oder enge privatautonomie freundliche Auslegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Autonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise: „das Entscheidende“? . IV. Ökonomische Analyse des Rechts (Economic Analysis of Law) 1. De lege lata: keine eigenständige Auslegungsmethode . . . . 2. De lege ferenda und die präventive Wirkung des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396 397 398 400 400 402 403

§  8. Zusammenschau der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 I. Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts . . . . . . . . . . . 1. Gläubigergleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auslegung und Rechtsfortbildung im Insolvenzanfechtungs recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insolvenzanfechtung bei Überweisungen . . . . . . . . . . . . 1. Zahlungsausgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dogmatischer Doppelwechsel und methodologische Neujustierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neuansätze zur Dogmatik des §  129 InsO . . . . . . . . aa) Die teleologische Reduktion des §  129 InsO: Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung . . . . bb) Die normative Korrektur des Gläubigerbenach teiligungsbegriffs: das doppelfunktionale Handeln der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis: Plädoyer für eine tatbestandsimmanente Lösung . . . . . 2. Zahlungseingänge: Insolvenzanfechtung bei Konto korrentverrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO . . . . . . . . b) Anfechtbare Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO . . . . . . . d) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Bargeschäft nach §  142 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . g) Keine Ordinary Course of Business-Doktrin im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

405 406 407 407 408 409 409 409 410 410

411 412 413 413 413 414 414 415 416 418

XXIV

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h) Sicherungsrechte der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) AGB-Pfandrecht und insolvenzanfechtungs rechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . bb) Globalzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sicherheitentausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) „Halbseitige“ Analogie im Verjährungsrecht . . . . . . . IV. Insolvenzanfechtung bei Lastschriften . . . . . . . . . . . . . . 1. Die modifizierte Genehmigungstheorie bei Einzugs ermächtigungslastschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht . . . . . . . . . . . 3. Der insolvenzanfechtungsrechtliche Fortsetzungs zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Gleichklang zu den SEPA-Lastschriften: die Einheitslösung im Lastschriftenrecht . . . . . . . . . . . . .

418 418 419 420 421 422 422 423 423 424

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465

Abkürzungsverzeichnis a. A. AAV ABGB

anderer Ansicht Abbuchungsauftragsverfahren (österreichisches) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch vom 1.  6 . 1811 ABl. Amtsblatt Abs. Absatz abw. abweichend AcP Archiv für die civilistische Praxis a. E. am Ende AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union a. F. alte Fassung ÄndG Änderungsgesetz AG Ausführungsgesetz; oder: Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); oder: Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AktG Aktiengesetz a. M. am Main AnfG Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz) vom 5.  10. 1994 Anm. Anmerkung AO Abgabenordnung ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz Art. Artikel AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage BAFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAG Bundesarbeitsgericht BAnz Bundesanzeiger BauFordSiG Bauforderungssicherungsgesetz BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLGZ Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen BB Betriebs-Berater BBankG Gesetz über die Deutsche Bundesbank BC Bankruptcy Code Bd. Band Begr. Begründung Bek. Bekanntmachung

XXVI Beschl. BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BJM BKR BNotO BörsG BRAK-Mitt BR-Drucks. BT-Drucks. BuB BVerfG BVerfGE BVerwG bzw. CA ca. CC CISG CR DB DepotG ders. dies. DGVZ DJ DJT DJZ DNotZ DRiZ DStR DStZ DVO DZWIR EEV EG EGInsO Einf. Einl. EStG EU EuZW EWiR

Abkürzungsverzeichnis

Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesministerium der Justiz Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesnotarordnung Börsengesetz Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrats-Drucksache Deutscher Bundestag, Drucksache Bankrecht und Bankpraxis Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht beziehungsweise Companies Act circa code civil Convention on Contracts for the International Sale of Goods (UNKaufrecht) Computer und Recht Der Betrieb Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren derselbe dieselbe Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsche Richterzeitung Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (bis 12/1998 DZWiR, Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht) Einzugsermächtigungsverfahren Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Einführung Einleitung Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

Abkürzungsverzeichnis

EZB f.; ff. FamRZ Fn. FK FS GesO GmbHG GmbHR GroßKomm Gruchot GS GWR HambKomm Hdb. HGB HK h. M. h. L. hrsg. HS. IA IBR i.  d.  F. i. E. InsO InsVV InVo i. S. i. V. m. JA JBl JURA JuS JW JZ Kap. KO Komm KTS KWG LG lit. LK LMK LSA

XXVII

Europäische Zentralbank folgende(r) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fußnote Frankfurter Kommentar Festschrift Gesamtvollstreckungsordnung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Großkommentar Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot Gedächtnisschrift Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Hamburger Kommentar Handbuch Handelsgesetzbuch Heidelberger Kommentar herrschende Meinung herrschende Lehre herausgegeben Halbsatz Insolvency Act Immobilien- und Baurecht in der Fassung im Ergebnis Insolvenzordnung Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung Insolvenz und Vollstreckung im Sinne in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Blätter (Österreich) Jurische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kapitel Konkursordnung Kommentar Konkurs, Treuhand, Sanierung, Zeitschrift für Insolvenzrecht (bis 1989: Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen) Gesetz über das Kreditwesen Landgericht litera Leipziger Kommentar Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring Abkommen über den Lastschriftverkehr (Lastschriftabkommen)

XXVIII LuftfzRG LZ m. E. MoMiG MünchKomm MünzG m. w. N. m. W. v. NJOZ NJW NJW-RR Nr. NStZ NZBau NZG NZI öKO OLG p.  a. Para. RabelsZ Rdnr. RegE RG RGRK RGZ S. SchiffsG SchKG SGB SJZ s. o. sog. SolvV Sp. StGB s. u. u. a. Urt. v. Verw vgl. VglO Vor. VuR wbl

Abkürzungsverzeichnis

Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Kommentar Münzgesetz mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (österreichische) Konkursordnung Oberlandesgericht per annum Paragraph Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von Rabel Randnummer Regierungsentwurf Reichsgericht Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Satz (in Gesetzesangaben); Seite (in Quellenangaben) Schiffsgesetz Schuldbetreibung und Konkurs (Schweiz) Sozialgesetzbuch Schweizerische Juristen-Zeitung siehe oben sogenannte(r) Solvabilitätsverordnung Spalte Strafgesetzbuch siehe unten unter anderem Urteil versus Die Verwaltung vergleiche Vergleichsordnung Vorbemerkung Verbraucher und Recht Wirtschaftsrechtliche Blätter (Österreich)

Abkürzungsverzeichnis

wistra WuB WM ZAG z. B. ZBB ZD-RL ZEuP ZfA ZfIR ZHR ZIK ZInsO ZIP zit. ZMR ZRP ZSt ZVI ZZP ZZPInt ZZZ

XXIX

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wertpapier Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zahlungsdiensterichtlinie Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Insolvenzrecht und Kreditschutz (Österreich) Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift zum Stiftungswesen Zeitschrift für Verbraucherinsolvenzrecht Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für Zivilprozess International – Jahrbuch des Internationalen Zivilprozessrechts Schweizerische Zeitschrift für Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht

Teil 1

Einführung und Grundlagen

§  1.  Einführung I.  Die widerstreitenden Interessen im Insolvenzanfechtungsrecht Das Insolvenzanfechtungsrecht gilt als die „Königsdisziplin des Insolvenzrechts“. Dieses Instrumentarium der vorgreiflichen Haftungsverwirklichung dient der Massemehrung: Durch die Insolvenzanfechtung sollen ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, durch die das Schuldnervermögen verkürzt wurde, rückgängig gemacht werden. Es gehört zum „Standardrepertoire“ eines jeden Insolvenzverwalters, Insolvenzanfechtungsansprüche geltend zu machen. Nach der Grundsatznorm des §  129 Abs.  1 InsO sind Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, unter den weiteren Voraussetzungen der §§  130–146 InsO anfechtbar.  Gemäß §  143 Abs.  1 S.  1 InsO entsteht bei vorliegendem Anfechtungsgrund (§§  130 ff. InsO) mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Anspruch auf Rückgewähr des veräußerten, weggegebenen oder aufgegebenen Vermögensgegenstandes zur Insolvenzmasse. Insolvenzanfechtungsrecht ist somit Restitutionsrecht und dient der Generierung der Insolvenzmasse. In nahezu allen Rechtsordnungen der Welt ist der Grundgedanke der actio pauliana (Gläubigeranfechtungsklage) als Vorläuferin des modernen Anfech-

  Ganter, in FS Klaus Hubert Görg, S.  169 (183).   Häsemeyer, Rdnr.  21.02.    BGH NJW 1978, 1921 (1922); Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  2; Zeuner, Rdnr.  1; Prütting, KTS 2005, 253. König formuliert plastisch, dass es darum gehe, die Befriedigungsquote „aufzufetten“: König, Rdnr.  1/5.    Bork, ZIP 2008, 1041; ders., ZIP 2006, 589; ders., ZIP 2005, 1120. Der Insolvenzverwalter ist an der Massemehrung auch aus eigenen finanziellen Gründen interessiert (siehe §§  1 Abs.  1 S.  1, 2 InsVV). Dazu Nobbe, WM 2009, 1537 (1547).    Ausnahmsweise können auch masseverkürzende Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung anfechtbar sein. Siehe zu §  147 InsO: §  3 III.1.b).    Angefochten wird genau genommen die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht wird. BGH ZIP 2001, 885 (886); BGH ZIP 1999, 406.  

§ 1.  Einführung



tungsrechts existent.  Die Insolvenzanfechtungsklagen haben ihren Ursprung in der actio pauliana, einem zivilrechtlichen Schutzmechanismus, der die Gläubiger vor Vermögensverfügungen ihrer Schuldner, die in Benachteiligungsabsicht vorgenommen wurden, schützen soll. Der Eckstein des Anfechtungsrechts ist die Absichtsanfechtung.10 Die Vorstellungen darüber, wie das „Anfechtungsgebäude“ im Einzelnen auszusehen hat, differieren zwischen den einzelnen Staaten.11 In Deutschland brachte die Insolvenzrechtsreform12 eine „Sanierung“ des Insolvenzanfechtungsrechts. Ein erklärtes Hauptziel bestand darin, die Insolvenzmasse anzureichern, um die Verfahrenseröffnung zu erleichtern und höhere Befriedigungsquoten zu bewirken.13 Dazu wurde das Insolvenzanfechtungsrecht (§§  129–147 InsO) verschärft. Die Bedeutung des Insolvenzanfechtungsrechts sollte zunehmen.14 Schließlich war die Konkursanfechtung in der Vergangenheit kein taugliches Mittel zur Beseitigung von    Zu den Wurzeln im römischen Recht: Gottwald/Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., Einl. Rdnr.  1; MünchKomm-InsO/Stürner, Einl. Rdnr.  26. Im schweizerischen Recht ist etwa von der „paulianischen Anfechtung“ die Rede. Siehe Zobl, SJZ 2000, 25; Lorandi, ZZZ 2006, 155 m.w.Nachw.    Siehe Dig. 42.8.0. Quae in fraudem creditorum facta sunt ut restituantur. In Dig. 42.8.1 heißt es: „Quae fraudationis causa gesta erunt cum eo, qui fraudem non ignoraverit, de his curatori bonorum vel ei, cui de ea re actionem dare oportebit, intra annum, quo experiundi potestas fuerit, actionem dabo. Idque etiam adversus ipsum, qui fraudem fecit, servabo“. Der Terminus „actio pauliana“ ist international bekannt; er geht auf den spätklassischen römischen Juristen Iulius Paulus zurück. Dieser ermöglichte dem leer ausgegangenen Vollstreckungsgläubiger ein Klagerecht gegen den Empfänger einer Sache, die der Schuldner in Benachteiligungsabsicht weggegeben hatte. Siehe zur actio pauliana die Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.  10. 2008 in der Rechtssache C-339/07, Deko Marty Belgium, ZIP 2008, 2082 (2083 ff.); ferner Paulus, in: FS G.Fischer, S.  445 (448); Kummer, in: FS Kreft, S.  393. Zur Insolvenz im klassischen römischen Recht außerhalb des Konkursverfahrens: Kroppenberg, passim.    Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.  10. 2008 in der Rechtssache C339/07, Deko Marty Belgium, ZIP 2008, 2082. Colomer spricht davon, dass es trotz der Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten „einen genetischen Code“ gibt. 10   Das in §  31 Nr.  1 KO verwendete Tatbestandsmerkmal „Absicht“ wurde durch den Terminus „Vorsatz“ in §  133 Abs.  1 InsO ersetzt; auch dolus eventualis reicht aus. 11   Siehe nur den rechtsvergleichenden Überblick bei Paulus, in: Lutter, S.  434, der die Unterschiede zwischen den einzelnen Anfechtungsrechten manifestiert. Zum englischen Recht ausführlich Thole, S.  224 ff.; Steffek, KTS 2007, 451 (476 ff.), der von erheblichen dogmatischen Unterschieden auf der funktionalen Vergleichsebene spricht. 12   Das 1994 verkündete Gesetz trat am 1.  1. 1999 in Kraft. Während die Konkursordnung als „Perle der Reichsjustizgesetze“ ( Jaeger, DJZ 1930, 33 (34)) galt, ist bei der Insolvenzordnung häufig von einer „Dauerbaustelle“ die Rede. Dazu Kirchhof, ZInsO 2008, 395 m.w.Nachw.; Uhlenbruck, NZI 1998, 1 („kein brillantes Reformwerk“). Zu „Lobeshymnen“ auf die Konkursordnung etwa bei Wolff, Einl., S.  X V: „in meisterhafter Sprache“ abgefasst; Jaeger, Konkursrecht, S.  6: „das trefflichste der Reichsjustizgesetze“. 13   BT-Drucks. 12/2443, S.  85: „Die Verschärfung des Anfechtungsrechts .  .  . bewirkt eine beträchtliche Anreicherung der Insolvenzmassen und damit eine Erleichterung der Verfahrenseröffnung.“ 14   Paulus spricht von einer „exorbitanten Ausdehnung“: Paulus, ZInsO 1999, 242 (243).



Teil 1:  Einführung und Grundlagen

Verkürzungen der Konkursmasse.15 So mussten z. B. im Jahre 1983 76% aller Konkursanträge abgewiesen werden, weil das Vermögen des Schuldners nicht ausreichte, um die Verfahrenskosten zu decken.16 Von einem Funktionsverlust des Insolvenzrechts17 war die Rede. Kilger sprach von einem „Konkurs des Konkurses“.18 Die Insolvenzordnung sollte zu einem Paradigmenwechsel führen und das Insolvenzanfechtungsrecht zu einem „scharfen Schwert“ in der Hand des Verwalters werden lassen. Der Gesetzgeber hat eine feine Differenzierung und Abwägung der involvierten Interessen vorgenommen. Das Spannungsfeld, das dem Insolvenzanfechtungsrecht seit jeher innewohnt, bringen die Väter der Konkursordnung wie folgt zum Ausdruck: „Wenn aber auf der einen Seite es geboten ist, zum Schutz der Gläubiger betrüglichen und willkürlichen Handlungen ihres Schuldners rechtliche Wirkung zu versagen, so steht dem auf der anderen Seite die Nothwendigkeit gegenüber, die Rechtssicherheit des Verkehrs und den allgemeinen Kredit zu schützen .  .  .“19

Und weiter heißt es: „Es ist eine schwierige Aufgabe, diese Gegensätze zu versöhnen. 20 So klar die Ziele, so zweifelhaft sind die Wege, sie zu erreichen.“21

Diese Aufgabe, vor der der deutsche Gesetzgeber stand und immer noch steht 22 , ist nicht ein Binnenproblem des nationalen Rechts. Das Anfechtungsrecht hat eine internationale Tragweite. Die UN-Kommission für Internationales Handelsrecht (UNCITRAL) skizziert das soeben beschriebene Spannungsverhältnis im „Legislative Guide on Insolvency Law“ aus dem Jahr 2004 treffend wie folgt:

15   Henckel, ZIP 1982, 391; Smid, BB 1992, 501 (502). Siehe auch das statistische Material aus dem Jahr 1975: durchschnittlich führte jeder Verwalter 1,5 Anfechtungsprozesse; in ca. jedem fünften Konkursverfahren kam es zu einem Anfechtungsprozess: Gessner/Rhode/ Strate/Ziegert, S.  38; S.  184 f. 16   Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  3. Zur Statistik von 1900 bis 1983: ebenda, S.  457. 17   Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  3. 18   Kilger, KTS 1975, 142; ders., ZRP 1976, 190; siehe auch Jaeger/Henckel, InsO, Einl. Rdnr.  25; Gottwald/Gottwald, Insolvenzrechts-Hdb., Einl. Rdnr.  23; Uhlenbruck, NJW 1975, 897 (901); Berges, BB 1976, 387; Hanisch, ZZP 90 (1977), 1; D.Busch, S.  1 ff.; GassertSchumacher, S.  1 ff. („death of insolvency law“). 19   Hahn, Band  4, S.  109. 20   Ähnlich Jaeger, Konkursrecht, S.  95: „Die Ausgleichung dieser Gegensätze stößt auf ernste Schwierigkeiten.“ 21   Hahn, Band  4, S.  109. 22   Siehe nur die Diskussionen um den Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung sowie den neuen §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV. Dazu genauer in §  6 I.3.

§ 1.  Einführung



„.  .  . the design of avoidance provisions requires a balance to be reached between competing social benefits such as, on the one hand, the need for strong powers to maximize the value of the estate for the benefit of all creditors and, on the other, the possible undermining of contractual predictability and certainty. .  .  . To minimize the potentially negative effects of avoidance powers on contractual predictability and certainty, it is desirable that as far as possible the categories of transactions to be avoidable .  .  . and the exercise of avoidance powers be subject to clear criteria that will enable business and commercial risks to be ascertained.“23

Ähnliche Vorschläge unterbreitete bereits der Internationale Währungsfonds im Jahre 1999: „The design of the avoidance provision requires the resolution of a number of technical issues that will, in turn, reflect important policy choices. On the one hand, the stronger such avoidance rules, the greater the increase in the value of the estate for the advantage of the common creditors. In addition, strong avoidance rules may, in some cases, assist the debtor in its out-of-court negotiations since it creates a disincentive for a single cre­ ditor to take legal action to obtain an advantage, thereby facilitating collective creditor action. On the other hand, it should be borne in mind that very broad avoidance powers may undermine the predictability of contractual relations.“24

Der deutsche Gesetzgeber hat bewusst nicht für eine pauschale Lösung25 wie etwa eine allgemeine Rückschlagsperre26 votiert. Zwar würde eine solche legislative Grundentscheidung ein höheres Maß an Rechtssicherheit mit sich bringen und in der Rechtsanwendung besser bestehen. Jedoch würde der Einzelfallgerechtigkeit nicht hinreichend Rechnung getragen. Der Gesetzgeber musste im Spagat von Rechtssicherheit und Gerechtigkeit einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen von Insolvenzgläubigern, Anfechtungsgegnern und Insolvenzschuldner schaffen. Jede Norm ist im Grunde ein Kompromiss zwischen konfligierenden Interessen. 27 Das Insolvenzanfechtungsrecht befindet sich in besonderem Maße in einem solchen Spannungsfeld widerstreitender Interessen 28 : Die Insolvenzgläubiger möchten eine große Insolvenzmasse (§  35 InsO) vorfinden; die Befriedigungsquote soll so hoch und der Forderungsausfall so nied  United Nations, Legislative Guide on Insolvency Law, S.  137.   Orderly and Effective Insolvency Procedures, Key Issues, 1999, S.  34; abgedruckt in B.Wessels, S.  59; dazu Paulus, in: FS G.Fischer, S.  445 (450); ders., Insolvenzrecht, §  2 Rdnr.  175. 25   Hahn, Band  4, S.  113 zu den alternativen Systemen. 26   Dazu Grothe, KTS 2001, 205; Gundlach/Frenzel/Schmidt, NZI 2005, 664; Pfefferle, ZIP 1984, 147 (148); ders., S.  1 ff.; §  88 InsO ist eine Ausnahmevorschrift und ergänzt das Recht der Insolvenzanfechtung. Zur insolvenzrechtlichen Unwirksamkeit in diesem Zusammenhang: Kreft, in: FS G.Fischer, S.  297 (303 ff.). Anders als in §  88 InsO gilt im polnischen Recht etwa für die Rückschlagsperre keine zeitliche Begrenzung: Dazu Hermreck, S.  141 ff. 27   Gaugler, Bd.  I S.  8 („für den Gesetzgeber besonders schwierig“). 28   Kirchhof, ZInsO 2004, 465; speziell zur Interessenlage bei Kontokorrentverrechnungen: Steinhoff, ZIP 2000, 1141. 23 24



Teil 1:  Einführung und Grundlagen

rig wie möglich sein. Erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird dieses Gläubigerbefriedigungsinteresse virulent und findet seine Berücksichtigung. Die Insolvenzordnung definiert den Umfang dieses Interesses an Massemehrung in einer rückwirkenden Schau (ex post Perspektive des Insolvenzanfechtungsrechts). Die Anfechtungsgegner möchten hingegen den erlangten Vermögensvorteil behalten.29 Das Insolvenzanfechtungsrecht erweist sich als ein Eingriff in Art.  14 Abs.  1 GG30 , als eine Einschränkung der Privatautonomie.31 Ein zivilrechtlich wirksames Rechtsgeschäft soll rückabgewickelt werden. Das Interesse der Anfechtungsgegner zielt auf Bestandsschutz und Insolvenzfestigkeit ab. Die Reichweite des Vertrauensschutzes gilt es zu bestimmen.32 Diese Interessenabwägung obliegt im Rahmen der teleologischen Auslegung auch dem Gesetzesanwender und Interpreten. So rekurriert der IX. Zivilsenat auch de lege lata auf eine sachgerechte Abwägung zwischen den jeweiligen Interessen. Im grundlegenden Urteil zur Globalzession vom 29.  11. 2007 benennt der BGH als maßgebliche Faktoren für die Auslegung des §  131 InsO das Sicherungsinteresse des einzelnen Gläubigers, die berechtigten Belange des Schuldners und den Schutz der Gläubigergesamtheit.33 Die Interessenkollision ist in der Tat bei der Auslegung insolvenzanfechtungsrechtlicher Vorschriften zu berücksichtigen. Dabei sind zwei Leitlinien zu beachten: zum einen dürfen die gesetzgeberischen Wertungen innerhalb dieses Abwägungsprozesses nicht konterkariert werden und zu einer Gesetzeskorrektur im Allgemeinen führen.34 Zum anderen darf es keine Gesamtabwägung geben, die eine Ergebniskorrektur im Einzelfall mit sich bringt, ohne dies dogmatisch „erden“ zu können.35 Dies würde eine Rechtsunsicherheit schaffen, die der Gesetzgeber gerade durch das Tatbestandsprinzip der §§  130 ff. InsO vermeiden wollte. Der Gesetzgeber hat bewusst keine generalklauselartigen Anfechtungstatbestände normiert.36   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  15.   Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bei Reischl, Rdnr.  39, der die anfechtungsrechtlichen Fristen als mehr oder weniger willkürlich in Frage stellt. M. E. wird der Inhalt des Eigentums in zulässiger Weise i. S. des Art.  14 Abs.  1 S.  2 GG bestimmt. Zu §  3 AnfG: BVerfG NJW 1991, 2695. 31   Paulus spricht von einer massiven bzw. markanten Grenze der Privatautonomie: Paulus, in: FS Uhlenbruck, S.  41; ders, in: FS G.Fischer, S.  446 (450); ders., Insolvenzrecht, §  2 Rdnr.  177. 32   Nach Paulus kann es nicht angehen, die Interessen des Verkehrs auf dem Altar der Insolvenzgläubiger zu opfern. Paulus, ZInsO 1999, 242 (246). 33   BGHZ 174, 297 (304) = NJW 2008, 430 (432). 34   Zum Auslegungsstreit zwischen Henckel und Paulus: Henckel, in: FS Walter Gerhardt, S.  361 einerseits und Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445 andererseits. 35   So unterliegt etwa auch die Rückzahlung von rechtswidrigen EU-Beihilfen (in der Regel nach §§  812 ff. BGB) den §§  129 ff. InsO. Es gilt kein supranational begründeter Sonderstatus. Zu dieser Beihilfeproblematik: EuGH ZIP 2003, 955; Cranshaw, DZWIR 2008, 96. 36   §  133 Abs.  1 InsO wird zuweilen aber als kleine Generalklausel bezeichnet: Jacoby, KTS 2009, 3 (20). 29

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§ 1.  Einführung



II.  Themenstellung Eine dogmatische Durchdringung der gemeinhin als schwierige Materie verrufenen 37 Insolvenzanfechtung ist im rechtswissenschaftlichen Schrifttum nur ansatzweise erfolgt. Eine Befassung mit den übergeordneten dogmatischen Grundfragen des Insolvenzanfechtungsrechts steht noch aus. Die vorliegende Arbeit will dazu vordringen. Dies soll aber nicht nur in abstracto geschehen, ohne den Bezug zu konkretem Fallmaterial herzustellen.38 Die Abhandlung muss beispielgestützt sein. Dabei kann aber nicht die Fülle der Kasuistik, die in sämtliche materiell-rechtliche Bereiche hineinführt und einen kasuistischen Facettenreichtum der besonderen Art mit sich bringt 39, in toto Gegenstand dieser Arbeit sein. Vielmehr wird der materiell-rechtliche Schauplatz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs behandelt. Dieser dient als Fenster, um Einblick in die Dogmatik des Insolvenzanfechtungsrechts an einem wichtigen Beispiel zu erhalten. Die Schnittfläche von Insolvenzanfechtungsrecht und Bankvertragsrecht ist deswegen so reizvoll, weil die Thematik einerseits schwierige dogmatische Fragestellungen aufwirft und andererseits praktisch bedeutsam ist. Die Banken sind seit jeher Protagonisten von Insolvenzen. In den Motiven zur Konkursordnung von 1877 heißt es trefflich: „Wo es keinen Kredit giebt, da ist überhaupt ein Konkurs kaum denkbar.“40 Und Leopold Levy führt aus: „Die Quelle der Konkurse ist der Kredit.“41 Der Auswirkungen eines verschärften Insolvenzanfechtungsrechts auf die Kreditvergabe und damit der Präventivfunktion des Insolvenzanfechtungsrechts42 war sich der Gesetzgeber wohl bewusst. Die Kommission für Insolvenzrecht wies ausdrücklich darauf hin, dass die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen dürfe.43 Die Bank ist aber nicht nur Kreditgeberin. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr fungiert sie auch als Zahlungsmittlerin. Bei Zahlungen aus dem debitorischen   Paulus, ZInsO 2006, 295; Schäfer, Rdnr.  2.   Die Schrift will nicht der Komplexität der einzelnen Konstellationen ausweichen. Bork, ZIP 2008, 1041, spricht von „apokryphen Sonderfällen“ sowie von einer hochkomplexen Ausdifferenzierung. 39   Siehe etwa zum Gesellschaftsrecht Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, S.  153 ff.; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, 15 ff.; van Bömmel, Insolvenzanfechtung von upstream guarantees im GmbHKonzern, S.  70 ff.; zum Unternehmenskauf Hallermann, Die Risiken einer Insolvenzanfechtung für den Käufer eines Unternehmens, S.  37 ff.; zum Stiftungsrecht Jakob, Schutz der Stiftung, S.  302 ff.; ders., ZSt 2005, 99. 40   Hahn, Band  4, S.  292; zum Kredit als Quelle aller Insolvenzen: Uhlenbruck, in: FS Vieregge, S.  883 (885); Servatius, S.  200 ff. 41   Levy, Konkursrecht, 2.  Aufl., 1926. Zum Kredit als „Schmierstoff der Wirtschaft“: Brinkmann, S.  1. 42   Dazu Koss, S.  157 f.; Bork, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  593 (597 f.). 43   Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S.  400. 37

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Teil 1:  Einführung und Grundlagen

Konto nimmt sie beide Funktionen in einer Einheit wahr. Diese Analyse ist m. E. der Schlüssel zur Lösung vieler Fallgruppen. Er öffnet das Tor zu einem Neuansatz, der im Hauptteil entfaltet und mit dem Terminus der Doppelfunktionalität 44 umschrieben werden soll. Das Bankvertragsrecht befasst sich mit dem Verhältnis der Banken untereinander und zu ihren Kunden. Zu letzterer Sparte zählt der bargeldlose Zahlungsverkehr, dessen Spezifikum darin liegt, dass nicht Bargeld, sondern Buchgeld (Giralgeld) 45 von einem Konto auf das andere übertragen wird. Ein Zahlungsmittler, ein Intermediär, tritt zwischen Gläubiger und Schuldner. Aus einem Zweipersonenverhältnis wird ein Mehrpersonenverhältnis. In aller Regel kommt es zu einem sog. „magischen Viereck“46 , weil sowohl beim Zahlenden als auch beim Zahlungsempfänger Banken als Intermediäre agieren. Damit wird die Kernproblematik virulent: Insolvenzanfechtungsrecht im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist das praktisch bedeutendste Beispiel für Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis.47 Mehrpersonenverhältnisse bergen seit jeher dogmatische Schwierigkeiten in sich. So führt Canaris aus, dass der Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis zu den umstrittensten und schwierigsten Problemfeldern des Schuld-, ja des Privatrechts gehört. 48 Diese treffende Analyse lässt sich bruchlos auf das Insolvenzanfechtungsrecht im bargeldlosen Zahlungsverkehr übertragen. Wie weit die Parallelen zum Bereicherungsrecht reichen, ist eine dogmatische Kernfrage, die es zu behandeln gilt. Die Zahlungsvorgänge lassen sich in vom Zahler initiierte Zahlungen („PushZahlungen“) und vom Empfänger angestoßene „Pull-Zahlungen“ einteilen (Zweispurigkeit der Zahlungsvorgänge).49 Die Abhandlung konzentriert sich auf die jeweiligen Prototypen der Zahlungsdienste50 , die Überweisungs- und Lastschriftgeschäfte51 in der Insolvenz des Girokontoinhabers. Der Korrelatfall der Insolvenz des Kreditinstituts52 bleibt ausgeklammert.

  Vor allem unter §  4 II.1.c)cc)(c).   Zur Frage, ob Buchgeld Geld im Rechtssinne ist: Meyer-Cording, S.  123 ff. 46   Schön, AcP 198 (1998), 401 (406 f.). Worin allerdings die „Magik“ dieses Vierecks bestehen soll, bleibt unklar. Es ist vielmehr ein „Parallelogramm“ mit vier Seiten. Dazu im Lastschriftenverkehr: Würdinger, JuS 2007, 418. 47   Der IX. Zivilsenat konstatiert in einer Entscheidung aus dem Jahre 2007: „Für Insolvenzanfechtungen im Mehrpersonenverhältnis gelten die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend.“ BGH WM 2007, 2246. 48   Larenz/Canaris, SchuldR II/2, §  70. 49   BT-Drucks. 16/11643, S.  99; Langenbucher, Risikozuordnung, S.  435 m.w.Nachw. 50   Legaldefinition in §  1 Abs.  2 ZAG. 51   Zu diesen Termini §  1 Abs.  2 Nr.  2 a) und b) ZAG. 52   Dazu ausführlich Pannen, passim. Zu Bankeninsolvenzen im europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere zur Richtlinie 2001/24/EG des Parlaments und des Rats vom 4.  4. 2001 über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten: P.Gottwald, in: FS Georgiades, S.  823 ff. Zum Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht Binder, passim. 44 45

§ 1.  Einführung



In den §§  129 ff. InsO existieren für die besondere Situation des bargeldlosen Zahlungsverkehrs keine Spezialregeln. Dem historischen Gesetzgeber der Konkursordnung standen keine Fälle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs vor Augen. Auch die Insolvenzordnung hat diese Lücke nicht geschlossen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Umsetzung der Finalitätsrichtlinie Ausnahmeregeln im Interbankenverkehr gebracht hat.53 Die Teleologie der Insolvenzanfechtung wird daher auf einen besonderen Prüfstand gestellt. Eine dogmatische Erfassung dieser komplexen Problematik ist bisher noch nicht gelungen, ja vielfach nicht einmal versucht worden. Diese Lücke will die vorliegende Arbeit schließen. Die Schrift richtet den Blick auf das geltende Recht. Sie versteht sich als eine insolvenzrechtsdogmatische Abhandlung, die sich am Bau des „hoch komplexen und fein ziselierten Dogmatikgebäude(s)“54 beteiligen möchte. Ein rechtsvergleichender Ansatz i. S. einer funktionalen Analyse55 wird nicht vorgelegt. Dieses Instrument entfaltet seine Fruchtbarkeit vor allem dann, wenn es um einen Ansatz de lege ferenda geht. Ein solcher wird aber gerade nicht angestrebt. Zahlreiche punktuelle Bemerkungen zum Konkursanfechtungsrecht in anderen Rechtsordnungen sollen aber dennoch immer wieder aufleuchten und den Facettenreichtum möglicher Regelungen manifestieren. Ebenso ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die in Judikatur und Literatur häufig als Argumentationsstütze dient, kritisch aufzuarbeiten. Die rechtshistorische Entwicklung des Insolvenzanfechtungsrechts vom römischen Recht 56 bis zur Gegenwart wird nicht mehr nachgezeichnet. Walter Gerhardt hat diese in seiner Habilitationsschrift ausführlich dargestellt.57 Rechtshistorische Ausführungen 58 finden sich in dieser Arbeit vor allem dann, wenn sie im Rahmen der historischen Auslegung von Bedeutung sind und damit über einen bloßen Informationswert hinausreichen.

53   Zur Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.  5. 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und abrechnungssystemen: ABl.  EG Nr. L 166/45 vom 11.  6 . 1998; dazu Obermüller, in: FS Uhlenbruck, S.  365 ff.; Hasselbach, ZIP 1997, 1491; Keller, WM 2000, 1269. 54   Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445 (446). 55   Dazu P.Gottwald, in: FS Peter Schlosser, S.  227, 231 m.w.Nachw.; zur Rechtsvergleichung als Mittel der Rechtsreform: S.  241 ff. 56   Siehe Hahn, Band  4, S.  110: „Die Grundlage aller geltenden Rechte bildet das römische Recht.“ 57   Gerhardt, S.  45–106 m.w.Nachw.; siehe auch Gaugler, Bd.  I S.  15. Zum Einfluss des epochalen Werkes von Francisco Salgado de Samoza (Labyrinthus creditorum concurrentium ad litem per debitorem communem inter illos causatam: W.Forster, S.  295 ff. („das erste umfassende Werk zum Konkursverfahren“, S.  367); dazu auch Jaeger, Konkursrecht, S.  2. 58   Uhlenbruck, DZWIR 2007, 1: „Die Geschichte des Konkurses ist eine Endlosgeschichte.“

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Teil 1:  Einführung und Grundlagen

III.  Überblick über den Forschungsstand Die dogmatische Einordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs (§  143 Abs.  1 InsO) ist seit jeher umstritten und war folglich Gegenstand mehrerer Abhandlungen. Eine umfassende Würdigung hat diese Thematik bereits in der Habilitationsschrift von Walter Gerhardt59 aus dem Jahre 1969 erfahren. Diese Rechtsfolgenproblematik soll daher im Folgenden kein Schwerpunkt sein. Fabian Klinck hat jüngst die besondere Insolvenzanfechtung monografisch aufgearbeitet. 60 Christoph Thole hat das Insolvenzanfechtungsrecht als einen wesentlichen Baustein im Rahmen des Gläubigerschutzes durch das Insolvenzrecht gewürdigt. 61 Im bankrechtlichen Schrifttum hat Katja Langenbucher62 die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr in ihrer Habilitationsschrift aus dem Jahre 2001 untersucht, dabei aber das Risiko der Insolvenzanfechtung ausge­ blendet. Diese Lücke will die vorliegende Arbeit schließen. 63 Mit anderen Worten: Es geht darum, das Insolvenzanfechtungsrisiko im bargeldlosen Zahlungsverkehr auszuleuchten. Aus der Optik des Insolvenzanfechtungsrechts wurden Themen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Monographien bislang eher punktuell bearbeitet. 64 Reinhard Bork65 hat die Thematik des Zahlungsverkehrs in der Insolvenz insgesamt in einer Schrift aus dem Jahr 2002 überblickt. Das von Bork herausgegebene Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts66 enthält

  Gerhardt, Die systematische Einordnung der Gläubigeranfechtung, 1969.   Klinck, Die Grundlagen der besonderen Insolvenzanfechtung – Gläubiger- und Vertrauensschutz im Übergang vom Prioritäts- zum Gleichbehandlungsgrundsatz, 2011. Die Arbeit konnte leider im Folgenden nicht mehr berücksichtigt werden. 61   Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, 2010. 62   Langenbucher, Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2001. 63   Zu den Prinzipien und dogmatischen Grundstrukturen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs: Möschel, AcP 186 (1986), 187; Schön, AcP 198 (1998), 401. 64   Speziell zur Kontokorrentverrechnung: Wischemeyer, Die Insolvenzanfechtung der Rückführung debitorischer Konten durch Einstellung von Gutschriften in der Krise, 2002; Göb, Girokontokorrentkredite in der Kundeninsolvenz unter besonderer Berücksichtigung der Wirksamkeit von Kontokorrentverrechnungen, 2004; Tinnefeld, Die Auf- und Verrechnungsmöglichkeit von Kreditinstituten zwischen Krise und Insolvenzverfahren bei debitorischer Kontoführung, 2006. Zur Lastschrift: Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren, 2006; Hiebert, Der Lastschriftenwiderspruch im Insolvenzverfahren, 2010; Reutershan, Die Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren, 2011. Umfassender Peschke, Die Insolvenz des Girokontoinhabers, 2005, der allerdings nur das Deckungsverhältnis (zwischen Bank und Kunde) erläutert. Im Exkurs zum Valutaverhältnis (S.  263 ff.) wird die Problematik bei debitorischen Konten (Dispositionskredite und geduldete Überziehungen) ausgespart. 65   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, 2002. 66   Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006; siehe auch die Kommentierung derselben Autoren in: Kübler/Prütting/Bork; instruktiv auch Bork, ZIP 2008, 1041 („Grundtendenzen des Insolvenzanfechtungsrechts“). 59

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§ 1.  Einführung

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eine Kompilation über die Kernprobleme des Insolvenzanfechtungsrechts, mitunter auch des Zahlungsverkehrs. 67

IV.  Gang der Untersuchung, induktive Methode Die Arbeit folgt der induktiven Methode, die gerade bei kasuistischen Rechtsgebieten vorzugswürdig ist. 68 Ausgehend vom Besonderen ist das Allgemeine zu entwickeln. 69 Im Hauptteil werden die Überweisung als Prototyp der „Push-Zahlungen“ (§  4) und die Lastschrift als Musterfall der „Pull-Zahlungen“ (§  5) unter dem Blickwinkel des Insolvenzanfechtungsrechts behandelt.70 Die untereinander vernetzten Einzelanalysen sollen Einsichten in die komplexen Wertungszusammenhänge des Insolvenzanfechtungsrechts geben.71 Teil  3 soll die dogmatischen Kernfragen des Insolvenzanfechtungsrechts, die sich aus der Anschauung des konkreten Fallmaterials herauskristallisiert haben, übergeordnet in den Blick nehmen.72 Damit möchte die Arbeit universelle Lehren zum Insolvenzanfechtungsrecht formulieren. Es geht um die Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts (Gläubigergleichbehandlung, Privatautonomie und Vertrauensschutz, §  6) sowie mögliche methodologische Direktiven für die Auslegung und Rechtsfortbildung des Insolvenzanfechtungsrechts (weite mas67   Siehe zudem den Fallgruppenkommentar von Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2012. 68   Canaris (S.  4 f.) spricht bei seiner Untersuchung über die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht gar von einer „Notwendigkeit induktiven Vorgehens“. 69   So hat z. B. Levin Goldschmidt den BGB-Verfassern geraten, „nicht von dem Allgemeinen zum Besonderen herabzusteigen, vielmehr ausgehend von dem Besonderen das Allgemeine aus diesem allmälig auszuschneiden.“ Goldschmidt, Vermischte Schriften I, Über Plan und Methode für die Aufstellung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S.  525. 70   Dabei ist dem sog. Längsschnittsystem der Vorrang zu geben. Das Fallmaterial lässt sich nach zweierlei Prinzipien ordnen: zum einen kommt eine Aufarbeitung anhand der übergeordneten dogmatischen Grundfragen bzw. der einzelnen Tatbestände der §§  129 ff. InsO in Betracht (Querschnittbetrachtung). Zum anderen ist eine Ordnung nach den wichtigsten materiell-rechtlichen Themenbereichen möglich (Längsschnittbetrachtung). Viele Konstellationen werfen dogmatische Fragestellungen auf, die nicht nur an einer Norm der §§  129 ff. InsO festgemacht werden können. Bei einer Querschnittbetrachtung lässt sich die Thematik nicht aus einem Guss darstellen. So zu Recht Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  2. 71   Zwei Gefahren gilt es dabei zu bannen: zum einen ist auf eine systematische Stimmigkeit innerhalb der eigenen Ansätze zu achten; zum anderen darf der Hauptteil keine Materialsammlung um ihrer selbst willen sein und zu einer ausufernden Rundumschau mit Handbuchqualität mutieren. Dennoch darf diese Verdichtungsmaxime und Selbstbeschränkung nicht dadurch erkauft werden, dass auf nötige Details und eine akribische Auseinandersetzung mit allen relevanten Gesichtspunkten verzichtet wird. 72   Gerade darin liegt der Unterschied zur richterlichen Erkenntnis, bei der der konkrete Rechtsstreit mit seinen Besonderheiten, weniger das Rechtssystem im Vordergrund steht. So Kreft, in: FS Gero Fischer, S.  297.

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Teil 1:  Einführung und Grundlagen

sefreundliche oder enge Auslegung, autonome Auslegung, wirtschaftliche Betrachtungsweise, ökonomische Analyse des Rechts, §  7). Bevor aber die Thematik in Teil  2 in concreto und in Teil  3 in abstracto behandelt wird, ist ein systematischer Überblick über den bargeldlosen Zahlungsverkehr (§  2) sowie über das Insolvenzanfechtungsrecht (§  3) zu erarbeiten. Damit wird more mathematico ein Allgemeiner Teil vor die Klammer gezogen. Die Grundlagen beider Materien, die im Hauptteil in ihrer Schnittfläche zu beleuchten sind, gilt es vorab zu überblicken. Die Arbeit ist durchgehend mit Zusammenfassungen ausgestattet, die sich in ihrer Abfolge ergänzen und als eine Art Kurzfassung lesen lassen. Am Ende steht eine Zusammenschau der wichtigsten Ergebnisse (§  8). Damit ergibt sich zusammenfassend folgender Aufbau: Zunächst wird ein Allgemeiner Teil vor die Klammer gezogen. Sodann geht die Arbeit nach dieser Grundlegung den Weg vom Besonderen zum Allgemeinen und folgt so der induktiven Methode.

§  2.  Bankvertragsrecht und bargeldloser Zahlungsverkehr Bargeld ist das gesetzliche Zahlungsmittel zur Begleichung einer Geldschuld. Funktional gesehen tritt bei einem Transfer von Buchgeld die bargeldlose Zahlung an die Stelle der Barzahlung als Übereignung gesetzlicher Zahlungsmittel. Der bargeldlose Zahlungsverkehr „boomt“: Der Gesamtumfang des bargeldlosen Zahlungsverkehrs betrug im Jahre 2009 einschließlich grenzüberschreitender Zahlungen rund 67 Billionen Euro; die Zahl der Transaktionen lag bei knapp 17 Milliarden. Im Folgenden sind die Grundlagen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu überblicken. Zunächst soll auf die einzelnen Verträge eingegangen werden. Sodann sind die Auswirkungen der Insolvenz auf diese Verträge zu untersuchen.

I.  Die Zahlungsdiensterichtlinie: europäische Kodifikation des Zahlungsverkehrs Der europäische Zahlungsverkehr hat mit der Zahlungsdiensterichtlinie (ZDRL)  eine neue rechtliche Grundlage, einen modernen und kohärenten Rahmen für Zahlungsdienste erhalten. Es geht um die Verwirklichung der Binnenmarktkonzeption auf supranationaler Ebene (Art.  26 Abs.  2 AEUV)  , genauer    Nach Art.  128 Abs.  1 S.  3 AEUV (ex Art.  106 Abs.  1 S.  3 EG) sind die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten „die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten“. §  14 Abs.  1 S.  2 BBankG präzisiert, dass die auf Euro lautenden Banknoten „das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel“ darstellen. Münzen sind lediglich beschränktes gesetzliches Zahlungsmittel (siehe §  3 Abs.  1 MünzG).    Claussen, §  4 Rdnr.  10.    Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  46 Rdnr.  3 m.w.Nachw. Von diesen Transaktionen entfielen rund 35% auf Überweisungen, ca. 50% auf das Lastschriftverfahren und etwa 0,3% auf den Scheckverkehr.    Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.  11. 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinie 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG: ABl.  L 319, S.  1.    Erwägungsgrund 4 der ZD-RL.    Ex Art.  14 Abs.  2 EG.

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Teil 1:  Einführung und Grundlagen

um die Gewährleistung eines gleichberechtigten Marktzugangs und um eine Erhöhung des Wettbewerbs im Zahlungsdienstleistungsbereich. Die Zahlungsdiensterichtlinie stößt eine europäische Kodifikation des Zahlungsverkehrs an und ist damit ein Pilotprojekt für die zunehmende Europäisierung des Zivilrechts.  Diese Richtlinie wurde zum 31.  10. 2009 in deutsches Recht umgesetzt. Das Zahlungsdiensterecht ist seitdem im Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht (§§  675a ff. BGB) verankert; die aufsichtsrechtlichen Vorschriften sind außerhalb des BGB im Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, ZAG) geregelt. Das Gesetz gliedert die Zahlungsinstrumente horizontal nach den jeweiligen Ablaufschritten.10 Es handelt sich im Kern um eine Vollharmonisierung11 mit Geltungskraft auch für den innerstaatlichen Rechtsverkehr. Die Letztentscheidungskompetenz bei Auslegungsfragen liegt beim EuGH als authentischen Interpreten der Richtlinie. Damit verlagert sich ein weiterer Teil des deutschen Zivilrechts auf die europäische Bühne.

II.  Die einzelnen Verträge Vier Rechtsgeschäfte sind zu trennen (Trennungsprinzip), wobei bereits an dieser Stelle eine Zweiteilung vorgetragen werden soll, die die Doppelfunktionalität des involvierten Kreditinstituts12 zum Ausdruck bringt. Diese Sichtweise soll den Weg für einen neuen Ansatz im Hauptteil dieser Arbeit bahnen und als leitmotivischer Gesichtspunkt immer wieder aufleuchten. Die Bank handelt einerseits als Zahlungsmittlerin (Intermediärin) im bargeldlosen Zahlungsverkehr und andererseits bei debitorischer Kontoführung als Kreditgeberin. Die einzelnen Rechtsverhältnisse sind: –  der Girovertrag – ein Zahlungsdiensterahmenvertrag (§  675 f Abs.  2 BGB), durch den der Kunde ein Girokonto erhält.

   Grundmann, WM 2009, 1109 (1110); Bitter, WM 2010, 1725; Köndgen, JuS 2011, 481 (484): „Quantensprung“, „Meilenstein im zahlungsverkehrsrechtlichen Konsumentenschutz“.    Dazu statt vieler Zimmermann, EuZW 2009, 319.    Art.  1 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. BGBl.  2009 I 49, 2355. 10   Grundmann, WM 2009, 1109 (1110), der in systematischer Hinsicht von einem kompletten Neubeginn spricht (WM 2009, 1164). 11   Siehe Art.  86 ZD-RL. 12   §§  675c ff. BGB sprechen allgemeiner vom Zahlungsdienstleister einerseits und vom Zahlungsdienstnutzer andererseits. Im Folgenden soll dennoch vom Kreditinstitut bzw. von der Bank sowie vom Bankkunden die Rede sein. Zu den sechs Kategorien von Zahlungsdienstleistern: Art.  1 Abs.  1 ZD-RL.

§ 2.  Bankvertragsrecht und bargeldloser Zahlungsverkehr

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–  der Kontokorrentvertrag, der die Abrede enthält, dass die einzelnen Gutund Lastschriften – mit dem Ziel der Verrechnung und Saldofeststellung – in einer einheitlichen Rechnung zusammengefasst werden (§  355 HGB). –  der Kontokorrentkreditvertrag (§  488 BGB), der dem Kunden eine debitorische13 Kontoführung ermöglicht. –  die einzelnen Geschäfte zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (Überweisung, Lastschrift).14 Beim Girovertrag, dem Kontokorrentvertrag und den Einzelgeschäften (Überweisung, Lastschrift) handelt die Bank als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Bei einer debitorischen Kontoführung nimmt die Bank zudem eine Kreditgeberfunktion ein. Die Einzelgeschäfte (Überweisung, Lastschrift) sind im Hauptteil zu behandeln und auch dort nach dem Ausklammerungsprinzip in ihren Grundzügen vorab darzustellen. Die Propria zum Girovertrag, Kontokorrentvertrag und Kontokorrentkreditvertrag gehören jedoch zum Allgemeinen Teil und sind daher unter dem Blickwinkel der Themenstellung in einem Kurzporträt vor die Klammer zu ziehen.15

1.  Girovertrag Das Girokonto16 des Bankkunden ist – wie Wagner ausführt – der „Knotenpunkt seiner Zahlungsströme“17 oder – wie Häuser es formuliert – die „Drehscheibe des Zahlungsverkehrs“18 . Ohne Girokonto, keine Teilhabe am modernen Wirtschaftsleben, so könnte man schlaglichtartig formulieren. Ohne Girokonto ist es schwierig geworden, Arbeit und Wohnung zu finden.19 Ob und 13   Bei einer kreditorischen Kontoführung ist zu beachten, dass der Kunde der Bank das Guthaben als unregelmäßige Verwahrung (depositum irregulare) i. S. des §  700 BGB überlässt: BGHZ 84, 371 (373) = NJW 1982, 2193 (2194). Der Auszahlungsanspruch des Kunden ergibt sich daher aus §§  488 Abs.  1 S.  2, 695 S.  1, 700 Abs.  1 S.  1 BGB. Bei der regelmäßigen Verwahrung nach §  688 BGB wird der Verwahrer im Unterschied zum depositum irregulare nicht Eigentümer der hinterlegten Sache. Das maßgebende Unterscheidungskriterium zum Darlehen liegt nach zutreffender Auffassung in der Liquidität, der jederzeitigen Verfügbarkeit im Falle der unregelmäßigen Verwahrung. Dazu Staudinger/Reuter, §  700 Rdnr.  3. 14   Lastschrifteinzug und Ausstellung von Schecks bedürfen zusätzlicher gesonderter Vereinbarungen. Nobbe, KTS 2007, 397. 15   Die bankvertraglichen Grundlagen der Einzelgeschäfte (Überweisung, Lastschrift) werden in Teil  2 jeweils dort vorweg dargestellt. 16   Es handelt sich um einen Fall eines Zahlungskontos, das in §  1 Abs.  3 ZAG legaldefiniert ist. So ausdrücklich BT-Drucks. 16/11643, S.  102: „Girokonten fallen unter den Begriff des Zahlungskontos.“ 17   Wagner, ZIP 1985, 849 (856). Diesen Terminus greift der IX. Zivilsenat in BGHZ 147, 193 = WM 2001, 898 auf. 18   Häuser, WM 1990, 129. Siehe auch BGHZ 147, 193 = WM 2001, 898 sowie Kemper, S.  23: „das finanzwirtschaftliche Herz“. 19   Arbeitgeber und Vermieter wickeln im Regelfall ihren Zahlungsverkehr bargeldlos ab.

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Teil 1:  Einführung und Grundlagen

inwieweit diese Charakterisierung des Girokontos Einfluss auf Rechtsfragen wie z. B. die Pfändung von Auszahlungsansprüchen aus einem Dispositionskredit oder einer geduldeten Überziehung haben kann, ist incidenter im Rahmen des §  129 InsO zu erörtern. Der Girovertrag, der auch als Zahlungsverkehrsvertrag bezeichnet wird, 20 war vor dem 1.  11. 2009 in §  676 f BGB ausdrücklich gesetzlich geregelt.21 Nach neuem Recht handelt es sich um den wichtigsten Unterfall eines sog. Zahlungsdiensterahmenvertrags22 (§  675 f Abs.  2 BGB) 23 , der wiederum eine Sonderform 24 des Zahlungsdienstevertrags, eines neuen Vertragstypus im BGB darstellt. Das dogmatische Profil dieses Vertrags lässt sich wie folgt skizzieren: Es ist ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag25 mit Dienstvertragscharakter, ein gegenseitiger Vertrag, ein Dauerschuldverhältnis, das die Grundlage des Girogeschäfts bildet. 26 Das Girokonto ist condicio sine qua non für die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Die Bank richtet dem Kunden nach dem Girovertrag ein Girokonto (Zahlungsverkehrskonto) zur Verwahrung von Geldern und zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs ein. 27 Die Kontoführung ist Kreditinstituten vorbehalten (§  1 Abs.  1 Nr.  9 KWG28). Kontrovers wird die Frage diskutiert, ob für Banken ein Kontrahierungszwang dergestalt besteht, dass jeder einen Anspruch auf die Errichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis hat (Problematik des „Girokontos für jedermann“). 29 Die Hauptleistungspflichten des Kontoinhabers sind die Leistung des vereinbarten Entgelts sowie ggf. der Ersatz von Aufwendungen. Das Ablaufschema von Gutschriften ist zweistufig ausgestaltet: Zunächst entsteht ein Anspruch des Kunden auf Gutschrift, sodann ein Anspruch aus der M. E. ist die Situation eines Menschen ohne Girokonto durchaus mit der Lebenssituation des Friedrich Wilhelm Voigt aus Zuckmayers Drama „Der Hauptmann von Köpenick“ vergleichbar. Ausführlich zur Problematik der Kontolosigkeit: Niekiel, S.  25 ff. 20   Staudinger/Martinek, §  676 f Rdnr.  1. 21   Zu den einzelnen Kontoarten: Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  15 ff. 22   Siehe auch die Definition in Art.  4 Nr.  12 ZD-RL. 23   BT-Drucks. 16/11643, S.  102: „Bestehende Girokontoverträge oder ähnliche Rahmenvereinbarungen, die die Ausführung von Zahlungsvorgängen zum Gegenstand haben, werden nach Inkrafttreten dieses Gesetzes als Zahlungsdiensterahmenverträge im Sinne des §  675 f Abs.  2 BGB-E einzuordnen sein.“ 24   Die zweite Variante ist der Einzelzahlungsvertrag (§  675 f Abs.  1 BGB). 25   BGHZ 131, 60 (63) = NJW 1996, 190. 26   Der Terminus „Girogeschäft“, der in §  1 Abs.  1 Nr.  9 KWG seinen gesetzlichen Niederschlag findet, ist ein bankbetriebstechnischer Sammelbegriff. Schwintowski, §  7 Rdnrn.  6 ff. 27   Staudinger/Martinek, §  676 f Rdnr.  1. 28   §  1 Abs.  1 Nr.  9 KWG spricht von der „Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs“. 29   Dazu OLG Bremen ZIP 2006, 798; LG Berlin ZIP 2009, 119; Niekiel, S.  172 ff. (neue Fallgruppe des §  826 BGB); Bachmann, ZBB 2006, 257; Koch, WM 2006, 2242 m.w.Nachw.; Linnert, ZRP 2009, 37 (38): „wichtiger Beitrag zur Stärkung der Teilhabegerechtigkeit unserer Gesellschaft“; Busche, S.  631 ff. Ein solches Konto wird auch Mindest- oder Basiskonto genannt. Dazu Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnrn.  3 ff.

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Gutschrift.30 Für ersteren hielt §  675 f S.  1 BGB a. F. unmittelbar eine Anspruchsgrundlage parat, die §§  675, 667 Alt.  2 BGB verdrängte.31 Dort hieß es ausdrücklich, dass durch den Girovertrag das Kreditinstitut verpflichtet ist, eingehende Zahlungen auf dem Konto gutzuschreiben. §  675 f Abs.  2 BGB n. F. formuliert die Pflicht des Zahlungsdienstleisters abstrakter: Dieser hat die Zahlungsvorgänge auszuführen. Nach §  675 f Abs.  3 S.  1 BGB fällt unter Zahlungsvorgang auch jede Bereitstellung eines Geldbetrags, so dass sich der Anspruch auf Gutschrift aus §  675 f Abs.  2 BGB gewinnen lässt. Dieser Gutschriftanspruch des Kunden entsteht mit Eingang der Deckung bei der Empfängerbank.32 Der Anspruch aus der Gutschrift meint hingegen den Auszahlungsanspruch des Kunden, über den gebuchten Betrag verfügen zu können. Dieser Anspruch war bis zum 31.  10. 2009 gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt.33 Die h. M.34 rekurrierte auf einen Anspruch aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis i. S. der §§  780, 781 BGB.35 Der Anspruch aus der Gutschrift ist nunmehr in §  675t Abs.  1 BGB normiert 36: Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist danach verpflichtet, dem Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem er auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist. Der Zahlungsempfänger ist in der Regel nur dann bereit, eine Gutschrift anstelle von Bargeld entgegenzunehmen, wenn ihm keine Einwände aus den zugrunde liegenden kausalen Beziehungen mehr entgegengesetzt werden können 37 und somit eine „Bargeldäquivalenz“ besteht. Wird eine Überweisung durch elektronische Datenübertragung ausgeführt, so entsteht der Anspruch aus der Gutschrift erst in dem Zeitpunkt, in dem die Empfängerbank durch einen Organisationsakt mit Rechtsbindungswillen die Gutschriftdaten zur vorbehalt-

  Ausführlich Meder, in: Derleder/Knops/Bamberger, §  44.   MünchKomm-BGB/Casper, §  676 f Rdnr.  8. 32   Zur Differenzierung zwischen institutsinternen und außerbetrieblichen Überweisungen: Meder, in: Derleder/Knops/Bamberger, §  44 Rdnrn.  6 ff. 33   So auch nach neuem Recht: Grundmann, WM 2009, 1109 (1113): Die Zahlungsdiensterichtlinie lasse die rechtskonstruktive Einordnung im nationalen Recht unberührt. 34   BGH NJW 1991, 2140 (2141); Staudinger/Martinek, §  676 f Rdnrn.  7 ff. m.w.Nachw. 35   Mit §§  780 f. BGB sind nur Formvorschriften, jedoch keine Anspruchsgrundlagen geregelt. Sedes materiae ist vielmehr §  311 Abs.  1 BGB, der den gesetzlichen Standort der Privatautonomie im Schuldrecht bestimmt. Die Einordnung als abstraktes Schuldversprechen oder -anerkenntnis folgt aus einer interessengerechten Auslegung. Die Konstruktion des Abschlusstatbestands ist im Einzelnen umstritten. Dazu Meder, in: Derleder/Knops/Bamberger, §  44 Rdnrn.  30 ff. m.w.Nachw. 36   Siehe auch BT-Drucks. 16/11643 S.  112: „.  .  . entspricht materiell dem aus der bisherigen Terminologie bekannten Anspruch aus der Gutschrift“. 37   Meyer-Cording, S.  48. 30 31

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losen Bekanntmachung an den Überweisungsempfänger zur Verfügung stellt (sog. „autorisierte Abrufpräsenz“38 oder „Freischaltung“39).40 Das Girokonto wird üblicherweise41 nach den AGB-rechtlichen Vereinbarungen als Kontokorrentkonto42 , d. h. als Konto in laufender Rechnung i. S. des §  355 HGB geführt.43

2.  Kontokorrentvertrag Der Kontokorrentvertrag ist in §§  355 ff. HGB nur partiell geregelt.44 Eine Konkretisierung findet sich beim Bankkontokorrent in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Nr.  7 f. AGB-Banken. Nach Canaris gehört die Lehre vom Kontokorrent in dogmatischer Hinsicht zu den weitaus schwierigsten Problemfeldern des Handelsrechts. 45 Das Kontokorrent dient der Vereinfachung des Zahlungsverkehrs.46 Ihm kommt eine Bündelungsfunktion zu. An die Stelle der Abrechnung der einzelnen Geschäftsvorfälle tritt eine Kontokorrentbindung der Einzelansprüche und eine Verrechnung am Ende einer Rechnungsperiode (Gesamtabrechnung47).48 Das Bankkontokorrent weicht in einem entscheidenden Punkt vom Modell des §  355 HGB ab. Der Kunde kann regelmäßig über den jeweiligen Tagessaldo verfügen. Nach der Legaldefinition des §  355 Abs.  1 HGB liegt ein Kontokorrent vor, wenn jemand mit einem Kaufmann derart in Geschäftsverbindung steht, dass die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden. Drei Verfügungsverträge las  Möschel, AcP 186 (1986), 187 (204).   Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  54a. 40   BGH NJW 2000, 804; OLG Nürnberg NJW-RR 1997, 45. 41   Dies ist nicht zwingend. Konten bei der Bundesbank werden etwa als reine Girokonten geführt. MünchKomm-BGB/Casper, §  676 f Rdnr.  7. 42   Conto corrente (ital.) bedeutet laufende Rechnung. Mayen, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, §  47 Rdnr.  38. 43   BGHZ 84, 325 = NJW 1982, 2192; BGHZ 150, 122 = WM 2002, 953. 44   Es sind nur einzelne Rechtswirkungen geregelt wie die Verzinslichkeit des Saldoguthabens (§  355 Abs.  1 HGB), das Fortbestehen der Sicherheiten (§  356 HGB) und die Pfändung des Saldos (§  357 HGB). 45   Canaris, Handelsrecht, §  27 Rdnr.  3, der weiter ausführt, dass das der Lehre vom Kontokorrent geradezu das Odium einer gewissen „mystischen Ingredienz“ eingetragen hat. Siehe auch Canaris, in: FS Hämmerle, S.  55; Hefermehl, in: FS Heinrich Lehmann, S.  547; zu den Theorien der Verrechnung und zur Feststellung des Saldos im Kontokorrent Spindler, S.  15 ff. m.w.Nachw. 46   Koller, in: Koller/Roth/Morck, §  355 Rdnr.  1. 47   Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  40. 48   Zu den weiteren Funktionen (Sicherungs- und Kreditierungsfunktion): MünchKommHGB/Langenbucher, §  355 Rdnrn.  4 ff. 38 39

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sen sich demnach unterscheiden: die Kontokorrentabrede, durch die die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen in Rechnung gestellt werden, der Verrechnungsvertrag und das Saldoanerkenntnis.49 Als vierter Vertrag kommt der Geschäftsvertrag hinzu, der die obligatorische Grundlage der genannten drei Verträge bildet50 ; beim Bankkontokorrentvertrag ist dies der Girovertrag. a)  Kontokorrentabrede Durch die Kontokorrentabrede werden die einzelnen Gut- und Lastschriften – mit dem Ziel der Verrechnung und Saldofeststellung – in einer einheitlichen Rechnung zusammengefasst. Die kontokorrentpflichtigen Einzelforderungen können grundsätzlich nicht mehr selbständig geltend gemacht werden. 51 Vielmehr sind die Einzelforderungen im Kontokorrent gebunden und damit gleichsam „gelähmt“. Diese Bindungswirkung lässt sich als Verfügungssperre begreifen, die eine gesetzlich zugelassene Durchbrechung des rechtsgeschäftlichen Verfügungsverbots nach §  137 BGB darstellt. Die Kontokorrentbindung tritt für sämtliche nach der zu Grunde liegenden Abrede erfassten Ansprüche und Leistungen ohne Rücksicht auf die Buchung ein.52 Der rein technische Vorgang der Buchung wäre weder erforderlich noch für sich allein geeignet, kontokorrentrechtliche Wirkungen zu erzeugen.53 b)  Verrechnungsvertrag In §  355 Abs.  1 HGB spricht das Gesetz von einer Verrechnung. Es handelt sich dabei um einen Verfügungsvertrag, der mit dem Aufrechnungsvertrag aufs engste verwandt ist.54 Die Terminologie wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich verwendet. 55 So ist von einer im Voraus vereinbarten (antizipierten) vertraglichen Aufrechnung die Rede.56 Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen einer Verrechnung einerseits und einer Aufrechnung anderer  Siehe zu den im Kontokorrent enthaltenen Verträgen auch MünchKomm-HGB/Langenbucher, §  355 Rdnrn.  7 ff. m.w.Nachw. Die Terminologie ist uneinheitlich: Schwintowski, §  7 Rdnrn.  52 spricht etwa von einer Kontokorrentabrede mit drei rechtlich selbständigen Merkmalen: Bindungswirkung, antizipierte Verrechnungsabrede und Saldofeststellung. 50   Koller etwa geht von insgesamt drei Verträgen aus: der verpflichtenden Abrede, der verfügenden Abrede der Verrechnung und Lähmung der Einzelforderungen und der verfügenden Abrede der Anerkennung des Verrechnungssaldos. Koller, in: Koller/Roth/Morck, §  355 Rdnr.  2. 51   BGH NJW 1970, 560. 52   BGH NJW 2002, 1722 (1723). 53   BGH WM 1959, 81 (83 f.); BGH NJW 2002, 1722 (1723). Die Tagessalden sind bloße Nachricht. So C.Becker, Insolvenzrecht, Rdnr.  604. 54   Canaris, Handelsrecht, §  25 III 1 a) Rdnr.  15. 55   Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S.  14. 56   Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S.  14 m.w.Nachw. Nach Berger bilden die Verrechnung beim Kontokorrent und die Skontration als Grundlage des Inter-Banken-Zahlungsverkehrs den Nukleus der modernen Dogmatik des Aufrechnungsvertrages: Berger, S.  7. 49

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seits wird dabei nicht gezogen. Auch der I. Zivilsenat verwendet im Zusammenhang mit dem Kontokorrent die Termini Verrechnung und Aufrechnung synonym.57 Ungenau ist die Aussage des IX. Zivilsenats, dass in der Kontokorrentabrede zugleich eine antizipierte Aufrechnungserklärung enthalten sei.58 Vielmehr handelt es sich bei dieser Abrede um eine Verrechnung durch Vertrag.59 Zustimmung verdient die Auffassung, wonach sich der Verrechungsvertrag von einem Aufrechnungsvertrag nur dadurch unterscheidet, dass außer Forderungen auch „Leistungen“ – also vor allem Einzahlungen in das Kontokorrent – verrechnet werden. 60 Demnach ist es terminologisch nicht korrekt, von einem Aufrechnungsvertrag zu sprechen, vielmehr muss auf den Begriff des „Verrechnungsvertrages“ abgehoben werden. Nur so wird dem Wortlaut des §  355 Abs.  1 HGB („Verrechnung“) sowie dem Umstand Rechnung getragen, dass auch Leistungen in das Kontokorrent eingestellt werden können. 61 §  355 Abs.  1 HGB geht davon aus, dass die Verrechnung in regelmäßigen Zeitabschnitten geschieht (sog. Periodenkontokorrent). §  355 Abs.  2 HGB statuiert in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung einen jährlichen Rechnungsabschluss. Eine abweichende Bestimmung findet sich allerdings in Nr.  7 Abs.  1 AGB-Banken. Dort wird eine vierteljährliche Verrechnung festgeschrieben. Bis zur Entscheidung des BGH vom 28.  6. 1968 62 bestand Streit, ob beim Bankenkontokorrent von einem Periodenkontokorrent oder einem sog. Staffelkontokorrent auszugehen ist. Nach der Lehre vom sog. Staffelkontokorrent sollen die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nicht erst am Tage des periodischen Rechnungsabschlusses, sondern bereits während der Rechnungsperiode getilgt werden, sobald sie sich verrechnungsfähig gegenübertreten und in die laufende Rechnung eingestellt werden. 63 Der BGH geht zu Recht von einem Periodenkontokorrent aus. Der Tagessaldo kann nicht als Abschlusssaldo angesehen werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass dieser in der Regel noch keine Abrechnung über Spesen (Provision, Porto usw.) und Zinsen enthält. Vielmehr ist der Tagessaldo, wenn nichts anderes vereinbart ist, ein reiner Postensaldo, der zur Erleichterung des Überblicks und der Zinsberechnung ermittelt wird und dessen Bedeutung sich darauf beschränkt, Auszahlungen zu verhüten, die nicht   BGH NJW 1985, 1706 (1708).   BGH NJW 1985, 1218 (1219). 59   Berger spricht von einer „Aufrechnung durch Vertrag“. Zur Unterscheidung zwischen einem „Vertrag über Aufrechnung“ (z. B. Konzernverrechnungsklausel, dazu Gottwald/ Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  45 Rdnr.  32 m.w.Nachw.) und einer „Aufrechnung durch Vertrag“ (z. B. Kontokorrent und Skontration): Berger, Der Aufrechnungsvertrag, S.  141 ff. 60   Canaris, Handelsrecht, §  25 III 1 a) Rdnr.  15. 61   Zur Zusammensetzung der Saldoforderung, insbesondere zur Lehre von der „verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung“ und der vorzugswürdigen analogen Anwendung der §§  366, 396 BGB: Canaris, Handelsrecht, §  25 III 2 Rdnr.  20 ff. 62   BGHZ 50, 277 (279) = WM 1968, 967. 63   Weispfenning, JW 1938, 3091; Völp, NJW 1955, 818. 57

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durch ein Guthaben gedeckt sind. Die Buchung in Staffelform dient in diesem Falle lediglich dem Zweck, eine Übersicht buchungstechnischen Charakters zu schaffen, die dem Kreditinstitut die Kontrolle über die vom Kunden getroffenen Dispositionen und dem Kunden die Übersicht über den Stand seines Kontos erleichtert. 64 c)  Saldoanerkenntnis Während die Belastungsbuchung rein deklaratorische Bedeutung hat65 , stellt die Gutschrift regelmäßig ein kontokorrentgebundenes Schuldanerkenntnis oder Schuldversprechen der Bank gegenüber dem Kunden dar. 66 Solange die Verrechnung nicht stattgefunden hat, stehen die aus Ein- und Ausgängen herrührenden einzelnen Posten einander im Kontokorrent gleichwertig gegenüber. 67 Eine Tilgung tritt gemäß §  355 Abs.  1 HGB erst mit dem durchweg periodischen Rechnungsabschluss ein, der die beiderseitigen Forderungen und Leistungen durch Verrechnung ausgleicht. Der rechnerische Überschuss für die eine oder andere Partei bildet eine kausale Saldoforderung, die ihrerseits wieder als Grundlage in eine neue Kontokorrentperiode eingestellt werden kann. Diese kausale Saldoforderung wird durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis i. S. des §  781 BGB unterlegt. Ihr Verhältnis ist umstritten. 68 Der BGH votiert für eine Novation: Mit der Anerkennung des Saldos gehen die in die laufende Rechnung aufgenommenen beiderseitigen Ansprüche und Leistungen unter. An die Stelle der bisherigen Einzelforderungen tritt der Anspruch aus dem Saldoanerkenntnis, der eine neue Forderung darstellt, die auf einem selbstständigen Verpflichtungsgrund beruht und vom früheren Schuldgrund losgelöst ist. 69 Die h. M. im Schrifttum lehnt hingegen die Novationstheorie ab und geht davon aus, dass das abstrakte Schuldanerkenntnis nach §  364 Abs.  2 BGB in Anspruchskonkurrenz neben die kausale Saldoforderung tritt.70   BGH NJW 1968, 2100 (2101).   BGHZ 107, 192 (197) = NJW 1989, 2120; Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  51. 66   BGHZ 103, 143 (146) = NJW 1988, 1320 m.w.Nachw.; BGH NJW 2002, 1722 (1723). 67   Vgl. Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  40. 68   Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  93 weist darauf hin, dass die Meinungsunterschiede nicht von großer praktischer Bedeutung seien, da die Rechtsprechung den Novationsgedanken nicht als Dogma sehe, sondern ausschließlich als Hilfsmittel zur begrifflichen Erklärung von Eigentümlichkeiten des Kontokorrents; sie nehme den Grundgedanken des §  356 HGB (Fortbestehen von Sicherheiten) zum Anlass, den Untergang der Einzelposten überall dort zu ignorieren, wo er den Verkehrsanschauungen und -bedürfnissen widersprechen und zu wirtschaftlich unsinnigen Folgen führen würde. 69   BGHZ 80, 172 (176) = NJW 1981, 1611; BGH NJW 1985, 3007 (3009); BGHZ 144, 349 (355) = NJW 2000, 2667. 70   Statt aller: Canaris, Handelsrecht, §  25 IV Rdnr.  29 ff. („Richtig ist vielmehr die Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnisses, das .  .  . neben die „kausale“ .  .  . Saldoforderung tritt.“); K.Schmidt, Handelsrecht, §  21 V 1b m.w.Nachw. 64 65

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3.  Kontokorrentkreditvertrag Das Girokonto kann auf Guthabenbasis geführt werden; das Konto ist dann stets im Haben (kreditorisches Konto). Kombinativ kann die Bank eine Kreditausreichung anbieten, so dass das Konto ins Soll (Debet) absinken kann (debitorisches Konto). Es handelt sich dabei um einen Darlehensvertrag nach §  488 BGB (arg. ex §§  504, 505 BGB).71 Der Kontokorrentkredit wird in der Regel nach der sog. Ein-Konto-Methode72 , d. h. ohne Errichtung eines besonderen Darlehenskontos gewährt. Zu unterscheiden sind zwei „Schichten“: der Dispositionskredit („offene Kreditlinie“, „eingeräumte Überziehungsmöglichkeit“73) einerseits und die sog. „geduldete Überziehung“ andererseits.74 Ersterer meint den vertraglich gewährten, von der Bank mitgeteilten Dispositionskredit im Kontokorrent (§  504 BGB). Dem Darlehensnehmer wird vorab ein pauschaler Kreditrahmen zugebilligt, von dem er nach Belieben Gebrauch machen kann.75 Soweit das Kreditlimit vom Kunden noch nicht in Anspruch genommen wurde, spricht man auch von einer „offenen Kreditlinie“.76 Es handelt sich um einen revolvierenden Kredit, also einen Kredit der stets zurückgefahren und solange bis zum Limit in Anspruch genommen werden kann, bis die Bank den Kredit wirksam kündigt. Mit dem in §  505 BGB angesprochenen Überziehungskredit im engeren Sinne ist die außerhalb der Kreditlinie vom Kunden veranlasste, von der Bank geduldete Inanspruchnahme von Kapital gemeint (sog. „geduldete Überziehung“).77 Die beiden Konstellationen unterscheiden sich hinsichtlich des Zeitpunkts des Zustandekommens des Kreditvertrags: Bei der offenen Kreditlinie nimmt der Bankkunde das Angebot des Kreditinstituts konkludent an, indem er Verfügungen trifft, die sein Konto ins Soll bringen.78 Mit dem Abruf kommt damit der Darlehensvertrag zustande, während es sich bei der geduldeten Überziehung gerade umgekehrt verhält: Mit dem Mittelabruf macht der Bankkunde das

71   Ausdrücklich in diesem Sinne äußerte sich auch der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes: BT-Drucks. 14/6040, S.  253; siehe ferner Freitag, ZIP 2004, 2368 m. w.Nachw.; Siehe auch BT-Drucks. 16/11643, S.  88: „Die Überziehungsmöglichkeit ist ein atypischer Darlehensvertrag.“ 72   Lwowski/Weber, ZIP 1980, 609. 73   So der Terminus im neuen Verbraucherdarlehensrecht: §  504 BGB. 74   Dazu BGHZ 93, 315 = NJW 1985, 1218. 75   Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, §  493 Rdnr.  33. 76   Synonym dazu kann auch von einer freien Kreditlinie gesprochen werden: Ringstmeier, in: FS Greiner, S.  285. 77   Synonym ist auch von einer „ungenehmigten“ Kontoüberziehung die Rede. So z. B. BGHZ 170, 276 = NJW 2007, 1357. M. E. ist diese Begrifflichkeit ebenso unscharf, weil auch hier – wie bei einem Dispositionskredit – ein Darlehensvertrag zustande kommt. 78   Staudinger/Kessal-Wulf, §  493 Rdnr.  33.

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Angebot, das konkludent durch die Ausführung der Überweisung angenommen wird.79

III.  Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden Die Auswirkungen der Insolvenz auf den Giro-, Kontokorrent- und Kreditvertrag sind im Folgenden zu eruieren. Die Erörterung der insolvenzrechtlichen Folgen für die Einzelgeschäfte des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (Überweisung, Lastschrift) gehört wiederum zum Besonderen Teil dieser Arbeit und wird auch dort nach den jeweiligen bankvertraglichen Grundlagen überblickt. Zwischen folgenden drei Phasen ist zu unterscheiden: die Stellung eines Insolvenzantrags, die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

1.  Stellung eines Insolvenzantrags Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auf die bestehenden Verträge keine Auswirkungen. 80 In §§  13 ff. InsO existieren keine Sondervorschriften; §§  103 ff. InsO, insbesondere §§  115 f. InsO finden weder direkte noch analoge Anwendung. Der Schuldner kann auch ohne Einschränkungen neue Verträge, etwa einen neuen Girovertrag, abschließen; seine Verpflichtungsbefugnis wird durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt. 81 Ebenso verhält es sich mit der Verfügungsbefugnis des Schuldners. Hinsichtlich des Kreditgeschäfts in der Krise ist zwischen laufenden Kreditverträgen und der Aufnahme neuer Kredite zu unterscheiden. 82 Die Bank kann möglicherweise nach §  490 BGB bzw. Nr.  19 AGB-Banken bestehende Kreditverträge kündigen83 , ist dazu aber nicht verpflichtet; sie darf grundsätzlich ab79   Siehe auch BT-Drucks. 16/11643, S.  88. Danach ist das „juristisch relevante Kriterium für die Abgrenzung“ der Umstand, ob ein Darlehensvertrag bereits mit Mittelabruf zustande kommt oder nicht. 80   Nobbe, KTS 2007, 397 (398); LG Stuttgart WM 1996, 154 (155). 81   Bork, Zahlungsverkehr, Rdnr.  33. 82   Ausführlich Gottwald/Obermüller, Insolvenzrechts-Hdb., §  97 (Kreditgeschäft bei Insolvenz). 83   Der Darlehensgeber kann nach §  490 Abs.  1 Alt.  1 BGB vor der Valutierung „im Zweifel stets“, nach der Valutierung „nur in der Regel“ (§  490 Abs.  1 Alt.  2 BGB) fristlos kündigen. Nach einer Darlehensvalutierung muss die Bank auch die berechtigten Interessen des Darlehensnehmers berücksichtigen. Als Beispiel heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass eine Kündigung dann ausscheiden soll, wenn sich die Vermögenssituation des Schuldners erst durch die Rückforderung des Darlehensbetrags in einer Summe so sehr verschlechtert, dass er insolvent wird, während ihm bei Belassung des Darlehens jedenfalls eine ratenweise Rückführung möglich wäre. BT-Drucks 14/6040, S.  254.

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wartend „stillhalten“ und muss selbst keinen Insolvenzantrag stellen (keine Insolvenzantragspflicht für Banken).

2.  Anordnung von Sicherungsmaßnahmen Im Insolvenzeröffnungsverfahren hat das Insolvenzgericht nach §  21 Abs.  1 S.  1 InsO alle Maßnahmen zu treffen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Das Gericht kann insbesondere einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder einen Zustimmungsvorbehalt anordnen (§  22 Abs.  2 S.  1 Nr.  1, 2 InsO). Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so spricht man von einem starken vorläufigen Insolvenzverwalter (§  22 Abs.  1 InsO), ohne allgemeinem Verfügungsverbot von einem schwachen vorläufigen Verwalter (§  22 Abs.  2 InsO) und bei §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 Alt.  2 InsO von einem vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt.84 Wie aus dem Wortlaut „insbesondere“ hervorgeht, ist der Maßnahmenkatalog des §  21 Abs.  2 S.  1 InsO nicht abschließend (kein numerus clausus Prinzip). Das zum Insolvenzantrag Gesagte muss ebenso für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren gelten. Auch hier bestehen für schuldrechtliche Verträge keine leges speciales. Die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots wirkt sich auf den Girovertrag85 und den Kontokorrentkreditvertrag86 nicht aus. Umstritten sind die Rechtsfolgen eines allgemeinen Verfügungsverbots für den Kontokorrentvertrag. Die Kontokorrentabrede stellt nämlich – wie gesehen – einen antizipierten Verfügungsvertrag dar. Ordnet das Insolvenzgericht ein allgemeines Verfügungsverbot i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO an, so sind nach §§  24, 81 f. InsO Verfügungen des Schuldners über seine Vermögenswerte gegenüber jedermann unwirksam (absolute Unwirksamkeit). Für Vorausverfügungen gilt im eröffneten Verfahren nach h. M. nicht §  81 Abs.  1 InsO87, sondern §  91 InsO, weswegen die Kontokorrentabrede mit Verfahrenseröffnung unwirksam wird. §  24 InsO verweist indes nur auf §§  81, 82 InsO, nicht aber auf 84   Ein sog. halbstarker Insolvenzverwalter handelt mit Wirkung für den Schuldner, ohne dass gleichzeitig ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen wurde. Dies ist nach dem BGH unzulässig. Das Insolvenzgericht dürfe, wenn es kein allgemeines Verfügungsverbot erlässt, Verfügungs- und Verpflichtungsermächtigungen nicht pauschal in das Ermessen des dann „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters stellen. Siehe BGHZ 151, 353 = NJW 2002, 3326 (3329); ausführlich Kier, in: FS Günter Greiner, S.  117 (119 ff.). 85   BGH NZI 2006, 175 (176). 86   Zur Kündigung siehe Fußnote 83. 87   A. A. etwa MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, §  81 Rdnr.  9; Eckardt, ZIP 1997, 957 (964); Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, §  81 Rdnr.  12.

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§  91 InsO. 88 Damit dringt die methodologische Gretchenfrage vor, die – im Stenogrammstil verdichtet – lautet: Analogie oder Umkehrschluss?89 Ist §  91 InsO bei der Verweisung des §  24 InsO als Folge einer planwidrigen Unvollständigkeit nicht aufgenommen worden oder ist eine bewusste Nichtverweisung anzunehmen, so dass e contrario §  91 InsO gerade im Stadium vor Verfahrenseröffnung nicht gelten soll?90 Votiert man für einen Analogieschluss, so muss die Bank am Tag der Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots einen außerordentlichen Saldoabschluss vornehmen (§  355 Abs.  3 HGB analog). Zu kurz gegriffen ist es jedenfalls zu argumentieren, dass im Interesse einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger91 nichts anderes als im eröffneten Verfahren gelten könne.92 Wer eine Analogie bejaht, trägt die Argumentationslast.93 Gerade der graduelle Unterschied zwischen dem Insolvenzeröffnungsverfahren und dem eröffneten Verfahren rechtfertigt es, keinen Gleichklang anzuordnen. Dafür hat sich der Gesetzgeber entschieden, der in §  24 Abs.  1 InsO bewusst nicht auf §  91 InsO verwiesen hat.94 Gerhardt verdient daher Zustimmung, wenn er festhält, dass der Schutz der zukünftigen Masse auch im Hinblick auf die Masseschmälerung durch Aufrechnungen von Verfahrensgläubigern nicht lückenlos ist und die Aufrechnung bzw. der Erwerb einer Aufrechnungslage im Eröffnungsverfahren „nur“ unter den Anfechtungsvoraussetzungen (§§  96 Abs.  1 Nr.  3, 130 ff. InsO) unwirksam ist; dies sei als gesetzgeberische Absicht anzusehen und nicht als eine der Schließung durch Analogie zugängliche Lücke.95 Die Kontokorrentabrede bleibt daher trotz Erlasses eines allgemeinen Verfügungsverbots wirksam.

88   Zur alten Rechtslage: BGHZ 135, 140 (147) = NJW 1997, 1857; Canaris, ZIP 1986, 1225 (1226); Gerhardt, ZZP 109 (1996), 415 (419); ders., ZIP 1982, 1 (8). 89   Dazu allgemein Engisch, S.  251; Würdinger/Bergmeister, JURA 2007, 15. 90   Gegen eine Analogie: BGHZ 135, 140 (147) = NJW 1997, 1857 (zur Konkursordnung im Zusammenhang mit einer Kontopfändung); Fortführung: BGH NZI 2009, 888; Henckel, in: FS G.Lüke, S.  237 (243); Gerhardt, Kölner Schrift, S.  193 (197); Obermüller, Rdnr.  2.20; Bork, Zahlungsverkehr, Rdnr.  40 m.w.Nachw.; Peschke, S.  150; Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1146); Furche, WM 2007, 1305 (1306 ff.). Für eine Anwendung des (heutigen) §  91 InsO etwa Canaris, ZIP 1986, 1225 (1226); Dampf, KTS 1998, 145 (153); Häsemeyer, Rdnr.  19.29 (allerdings ohne Einordnung unter §  91 InsO); Nobbe, KTS 2007, 397 (398); Gottwald, in: FS G. Fischer, S.  183 (184). 91   In die umgekehrte Stoßrichtung argumentierend BGHZ 135, 140 (147) = NJW 1997, 1857 (1858). 92   So aber z.B Nobbe, KTS 2007, 397 (398); ohne Begründung und Normzitat etwa Häsemeyer, Rdnr.  19.29. 93   Würdinger, AcP 206 (2006), 946 (954). 94   Ähnlich Bork, Zahlungsverkehr, Rdnr.  40, der ausführt, welche Wirkungen ein Verfügungsverbot für bereits eingeleitete, aber noch nicht vollendete Verfügungen habe, müsse der Gesetzgeber entscheiden. 95   Gerhardt, in: Kölner Schrift, S.  193 (198) m.w.Nachw.

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3.  Eröffnung des Insolvenzverfahrens Die Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind im dritten Teil der InsO (§§  80–147 InsO) geregelt. Deren ersten beiden Abschnitte behandeln zum einen die allgemeinen Wirkungen (§§  80–102 InsO) und zum anderen die Auswirkungen auf die Erfüllung der Rechtsgeschäfte (§§  103–128 InsO). a)  Girovertrag Der Girovertrag ist – wie gesehen – ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter. Nach §  116 S.  1 InsO gilt daher §  115 InsO entsprechend. Der Girovertrag erlischt mit Verfahrenseröffnung ex nunc (§§  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO).96 Eine Ausnahme besteht nach §  116 S.  3 InsO für Zahlungsaufträge und damit Überweisungen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass es bei Giroverträgen beim Erlöschensgrundsatz verbleiben soll. §  103 InsO wird durch §§  115, 116 S.  1 InsO als lex specialis verdrängt; der Insolvenzverwalter hat also kein Wahlrecht auf Erfüllung des Girovertrags.97 Das Girokonto verliert seine Eigenschaft als Zahlungsverkehrskonto. Die kontoführende Bank ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, nachträglich eingehende Beträge auf dem Konto zu buchen.98 Sie ist aber befugt, auf den Namen des früheren Kunden unter Angabe der bisherigen Kontonummer eingehende Zahlungen weiterhin für ihn entgegenzunehmen. Sie muss diese jedoch auf dem bisherigen Konto, das intern weitergeführt wird, analog §  675 Abs.  2 BGB (§  676 f S.  1 BGB a. F.) verbuchen bzw. nach §  667 BGB herausgeben.99 Ausnahmen vom Erlöschensgrundsatz der §§  115 Abs.  1, 116 S.  1 InsO bestehen nach §  115 Abs.  2 InsO (Notgeschäftsführung) einerseits und §  115 Abs.  3 InsO (Unkenntnis des Geschäftsführers von der Insolvenzeröffnung) andererseits. Diese haben jedoch für die Praxis der Giroverträge eine nur geringe Bedeutung.100 Will der Insolvenzverwalter die Geschäftsverbindung fortsetzen, muss er mit der Bank einen neuen Girovertrag abschließen. Das Angebot auf Abschluss 96   BGH NZI 2008, 551 (552); BGH WM 2006, 28; zur Konkursordnung bereits BGHZ 70, 86 (93) = NJW 1978, 538; BGHZ 74, 253 (254) = NJW 1979, 1658. Nach Marotzke entfällt lediglich die im Rahmen des Vertrags übertragene Geschäftsführungsbefugnis. Marotzke, in: FS Henckel, S.  579 (585). Diese Ansicht ist de lege lata abzulehnen. Der Wortlaut des §  116 InsO ist eindeutig, insbesondere die Legalüberschrift „Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen“. Dazu ausführlich Tinnefeld, S.  113 ff. 97   BGH NZI 2008, 551 (552); BGHZ 168, 276 (280 f.) = NZI 2006, 637; RGZ 71, 76 (77 f.) zu §§  17, 23 KO; MünchKomm-InsO/Huber, §  103 Rdnrn.  104 f.; MünchKomm-InsO/Ott/ Vuia, §  116 Rdnr.  37. 98   BGH NZI 2008, 551 (552); BGHZ 170, 121 (125) = NJW 2007, 914 (915); a. A. OLG Rostock ZIP 2006, 1812 (1813). 99   BGHZ 170, 121 = NJW 2007, 914; a. A. von Sethe, BKR 2008, 16 (19 ff.); Einsele, LMK 2007, 216709. 100   Tinnefeld, S.  119 ff.

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eines Girovertrags kann auch konkludent erfolgen. Davon ist auszugehen, wenn der Insolvenzverwalter das Girokonto trotz der Erlöschensfolge weiter benutzt. Dieses Angebot nimmt die Bank durch die Fortführung an.101 Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach §  151 BGB entbehrlich.102 b)  Kontokorrentvertrag Die Kontokorrentabrede erlischt nach §  91 Abs.  1 InsO, so dass es zu einem außerordentlichen Rechnungsabschluss kommt (§  355 Abs.  3 HGB analog). Die Forderung auf den kausalen Schlusssaldo103 entsteht eine „logische Sekunde“ nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; schließlich ist die Bildung des Schlusssaldos eine Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.104 Anderes gilt bei Gemeinschaftskonten, an denen der Insolvenzschuldner beteiligt ist. Schließlich gehört nicht das Konto selbst, sondern nur der Innenanteil des Schuldners daran zur Insolvenzmasse.105 Der Girovertrag und das Kontokorrentverhältnis werden vom eröffneten Insolvenzverfahren nicht berührt. Sollten die nach Insolvenzeröffnung eingegangenen Beträge beiden Kontoinhabern gemeinschaftlich zugestanden haben, so hat die Auseinandersetzung darüber nach §  84 InsO außerhalb des Insolvenzverfahrens zu erfolgen; der Insolvenzverwalter muss also den Anteil, der dem Insolvenzschuldner zusteht, von dem anderen Kontoinhaber fordern.106 c)  Kontokorrentkreditvertrag Mit dem Erlöschen des Girovertrags enden nach h. M. auch damit verbundene Verträge (§  139 BGB analog). Dazu zählt dann auch der Kontokorrentkreditvertrag, der bei Eröffnung des Girovertrags mit der Kontokorrentabrede verbunden wurde.107 Dies bedeutet, dass der Rückzahlungsanspruch nach §  488   BGH NJW 1991, 1286 (1287); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  495; Bork, Zahlungsverkehr, Rdnr.  59. 102   Nach einer Auffassung sind Geschäftsvertrag und Girovertrag rechtlich zu unterscheiden. Das Erlöschen des Girovertrags führt dann aber auch zur Unwirksamkeit des Geschäftsvertrags; dies ergibt sich aus dem engen funktionalen Zusammenhang dieser Vereinbarungen (§  139 BGB analog). Dazu Peschke, S.  39 ff.; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, §  116 Rdnr.  39 m.w.Nachw. 103   Zur Problematik der Vorausabtretung der Schlusssaldoforderung: Canaris, Handelsrecht, §  25 VI Rdnr.  53 m.w.Nachw. 104   So Canaris, Handelsrecht, §  25 VI Rdnr.  52. 105   Bork, Zahlungsverkehr, Rdnr.  63. 106   BGHZ 95, 185 (187) = NJW 1985, 2698 zu §  16 KO a. F. 107   Will der Insolvenzverwalter neue Kredite aufnehmen, benötigt er die Zustimmung des Gläubigerausschusses bzw. wenn ein Gläubigerausschuss nicht bestellt ist, die Zustimmung der Gläubigerversammlung (§  160 InsO: „besonders bedeutsame Rechtshandlungen“); es handelt sich dann um Masseforderungen (§  55 Abs.  1 Nr.  2 InsO). Dazu Gottwald/Obermüller, Insolvenzrechts-Hdb., §  97 Rdnr.  37. 101

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Abs.  1 S.  2 BGB sofort fällig wird, ohne dass es einer Kündigung nach §  490 BGB bzw. Nr.  19 Abs.  3 AGB-Banken bedarf.108 Gegen diese „Mitlauf- oder Mitreißtheorie“109 spricht, dass sich diese Rechtsfolge aus §§  103 ff. InsO nicht ergibt. Auch der Kontokorrentkredit ist ein Darlehensvertrag i. S. des §  488 BGB. Die Bank ist über die Kündigungsrechte hinreichend geschützt. Jedoch ist der Kontokorrentkredit an das Girokonto gekoppelt. Es handelt sich um einen zusammengesetzten Vertrag.110 Mit Erlöschen des Girovertrags ist der Kontokorrentkreditvertrag in seiner vereinbarten Form nicht mehr nutzbar. Gerade wegen seines revolvierenden Charakters bedarf es eines Girokontos. Aufgrund dieses Nexus ist eine Einheitsbetrachtung angezeigt. Die Parteien hätten bei Nichtigkeit des Girovertrags auch nicht isoliert einen Kontokorrentkreditvertrag vereinbart, so dass der Rechtsgedanke des §  139 BGB für das automatische Erlöschen des Kontokorrentkreditvertrags streitet. Es besteht eine untrennbare Einheit zwischen dem Kontokorrentkreditvertrag und dem Girovertrag. §§  115 Abs.  1, 116 S.  1 InsO sind daher so zu verstehen, dass auch die untrennbaren Verträge von der Nichtigkeitsfolge erfasst sind.

IV.  Zusammenfassung Bei einem Transfer von Buchgeld tritt die bargeldlose Zahlung an die Stelle der Barzahlung als Übereignung gesetzlicher Zahlungsmittel. Vier Rechtsgeschäfte sind zu trennen (Trennungsprinzip): der Girovertrag, der Kontokorrentvertrag, der Kontokorrentkreditvertrag und die Einzelgeschäfte (Überweisung, Lastschrift). Die Bank handelt bei einer debitorischen Kontoführung als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr sowie als Kreditgeberin (Doppelfunktionalität). Der Girovertrag ist ein Fall eines Zahlungsdiensterahmenvertrags i. S. des §  675 f Abs.  2 BGB. Durch diesen Vertrag erhält der Kunde ein Girokonto, das die condicio sine qua non jedes bargeldlosen Zahlungsverkehrs bildet. Das Ab­ laufschema von Gutschriften ist zweistufig ausgestaltet: Zunächst entsteht ein Anspruch des Kunden auf Gutschrift, sodann ein Anspruch aus der Gutschrift. Der Kontokorrentvertrag ist in §§  355 ff. HGB nur partiell geregelt. Diesem kommt eine Vereinfachungs- und Bündelungsfunktion zu. Er enthält die Abrede, dass die einzelnen Gut- und Lastschriften – mit dem Ziel der Verrechnung 108   Obermüller, Rdnr.  5.462; ders., ZInsO 2002, 96 (102); Nobbe, KTS 2007, 397 (399); Tinnefeld, S.  133. 109   Zu dieser Terminologie in einem ganz anderen Kontext (im Hypothekenrecht): Baur/ Stürner, Sachenrecht, §  38 Rdnr.  28. 110   Schwintowski, §  7 Rdnr.  77.

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und Saldofeststellung – in einer einheitlichen Rechnung zusammengefasst werden (§  355 HGB). Neben der obligatorischen Grundlage sind drei Verfügungsverträge zu unterscheiden: die Kontokorrentabrede, durch die die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen in Rechnung gestellt werden, der Verrechnungsvertrag und das Saldoanerkenntnis. Beim Bankkontokorrent handelt es sich um ein Periodenkontokorrent; der Kunde kann in Abweichung zu §  355 HGB regelmäßig über den jeweiligen Tagessaldo verfügen. Der Kontokorrentkreditvertrag (§  488 BGB) ermöglicht dem Kunden eine debitorische Kontoführung. Bei diesem revolvierenden Kredit gibt es zwei Varianten, den Dispositionskredit („offene Kreditlinie“) und die sog. „geduldete Überziehung“. Die beiden Konstellationen unterscheiden sich hinsichtlich des Zeitpunkts des Zustandekommens des Kreditvertrags: Bei der offenen Kreditlinie nimmt der Bankkunde das Angebot des Kreditinstituts konkludent an, indem er Verfügungen trifft, die sein Konto ins Debet bringen. Bei der geduldeten Überziehung verhält es sich umgekehrt: Mit dem Mittelabruf macht der Bankkunde das Angebot, das die Bank konkludent durch die Ausführung der Überweisung annehmen kann. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§  13 ff. InsO) hat auf die genannten Bankverträge keine Auswirkungen. Dasselbe gilt bei Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren (§§  21 ff. InsO). Insbesondere bleibt nach umstrittener Auffassung auch die Kontokorrentabrede bei Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots wirksam. Zwischen dem Insol­ venzeröffnungsverfahren und dem eröffneten Verfahren besteht ein gradueller Unterschied. §  91 InsO, auf den §  24 Abs.  1 InsO gerade nicht verweist, findet keine analoge Anwendung. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt der Girovertrag grundsätzlich ex nunc (§§  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO). Will der Insolvenzverwalter die Geschäftsverbindung fortsetzen, muss er mit der Bank einen neuen Girovertrag abschließen; dies kann auch konkludent geschehen. Die Kontokorrentabrede wird mit Verfahrenseröffnung nach §  91 Abs.  1 InsO unwirksam; es kommt zu einem außerordentlichen Rechnungsabschluss (§  355 Abs.  3 HGB analog). Mit dem Erlöschen des Girovertrags endet auch der Kontokorrentkreditvertrag. Für diese „Mitreißtheorie“ spricht der Rechtsgedanke des §  139 BGB: Mit Erlöschen des Girovertrags ist der Kontokorrentkreditvertrag in seiner vereinbarten Form nicht mehr nutzbar. Die Parteien hätten bei Nichtigkeit des Girovertrags auch nicht isoliert einen Kontokorrentkreditvertrag vereinbart (untrennbare Einheit).

§  3.  Systematisierung des Insolvenzanfechtungsrechts Im Folgenden gilt es das Insolvenzanfechtungsrecht zu systematisieren. Dies soll mit besonderem Blick auf die Thematik des Hauptteils geschehen. Die Darstellung beginnt mit dem Makrobereich: Zunächst ist zwischen der Anfechtung innerhalb und außerhalb der Insolvenz zu unterscheiden. Im Binnenbereich der §§  129–147 InsO ist zwischen den Tatbestands- (§§  129–142, 147 InsO) und den Rechtsfolgennormen (§§  143–146 InsO) zu differenzieren. Die Tatbestandsnormen zerfallen in einen Allgemeinen (§§  129, 138–141, 147 InsO) und einen Besonderen Teil (§§  130–137 InsO). Mit Letzterem sind die Anfechtungstatbestände gemeint, die in besondere (§§  130–132 InsO) und allgemeine (§§  133–137 InsO) aufzuspalten sind.

I.  Anfechtung innerhalb und außerhalb der Insolvenz Anders als etwa in England  oder in der Schweiz ist im deutschen Recht das Anfechtungsrecht innerhalb und außerhalb der Insolvenz in zwei verschiedenen Gesetzen geregelt: Die Anfechtung nach einem eröffneten Insolvenzverfahren richtet sich nach §§  129–143 InsO. Es handelt sich – wie bereits die systematische Stellung im Dritten Abschnitt des Dritten Teils der InsO erkennen lässt – um eine Wirkung „der Eröffnung des Insolvenzverfahrens“. Der Gesetzgeber spricht von der „Insolvenzanfechtung“. Ist kein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden, so ist das „Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens“ (Anfechtungsgesetz – AnfG) maßgebend. Während es bei der Einzelanfechtung ausschließlich um das Individualinteresse des jeweiligen Vollstre  Genauer gesagt: Maßgebend ist, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder nicht.   Section 423 IA (transactions defrauding creditors) ist die einzige Anfechtungsnorm des Insolvency Act, die Gläubigern auch ohne Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Verfügung steht. Dazu Steffek, KTS 2007, 451 (479 ff.); Thole, S.  228 ff. m.w.Nachw.    Das Schweizer Recht enthält in den Art.  285 SchKG ff. Anfechtungsvorschriften innerhalb und außerhalb des Konkurses. Zobl, SJZ 2000, 25; Lorandi, ZZZ 2006, 155 m.w.Nachw.; Martini, DZWIR 2009, 56 (58).    Ähnlich z. B. im französischen Recht. Dort ist zwischen der Insolvenzanfechtung und der action paulienne (Art.  1167 CC) zu trennen.  

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ckungsgläubigers geht, dient die Insolvenzanfechtung dem Kollektivinteresse aller Insolvenzgläubiger.

1.  Terminologisches Die Insolvenzanfechtung will die benachteiligten Insolvenzgläubiger schützen, weshalb sich gerade im älteren Schrifttum die Bezeichnung „Gläubigeranfechtung“ herauskristallisiert hat. Als Gegenbegriff dazu hat sich der Terminus „Einzelanfechtung“ oder „Einzelgläubigeranfechtung“ für Anfechtungen nach dem AnfG etabliert. Nach überwiegender Auffassung ist Gläubigeranfechtung der Oberbegriff für die Anfechtung innerhalb der Insolvenz (Insolvenzanfechtung) und außerhalb der Insolvenz (Einzelanfechtung). Für die Regelungen der §§  129 ff. InsO gibt es m. E. nur einen passenden Terminus, nämlich den der „Insolvenzanfechtung“ – mag man ihn auch für nicht treffend halten , weil die Insolvenz ja nicht angefochten wird. So umschreibt nämlich die Insolvenzordnung diese Vorschriften im Dritten Abschnitt des Dritten Teils. Im österreichischen Recht ist die Terminologie des Gesetzes präziser, dafür aber weniger griffig: Die Legalüberschrift zu §§  27 ff. öster. KO lautet dort nicht Konkursanfechtung, sondern „Anfechtung der vor Konkurseröffnung vorgenommenen Rechtshandlungen.“10 In der Sprache des Gesetzes geht es bei den Tatbeständen des AnfG um „die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens“. Hierfür ist es sachgerecht, einen nicht im Gesetz stehenden Terminus zu verwenden – gleichsam als Abbreviatur dieser „Langformel“. M. E. ist der Begriff „Einzelanfechtung“ vorzugswürdig; ein einzelner Gläubiger macht einen Anspruch geltend – ein Umstand der innerhalb eines Insolvenzverfahrens als „Gesamtverfahren“ grundsätzlich11 nicht möglich ist.

2.  Das Aliud-Verhältnis von Insolvenz- und Einzelanfechtung Insolvenz- und Einzelanfechtung stehen zueinander in einem Aliud-Verhältnis, setzt doch die Insolvenzanfechtung ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus,   Jaeger, Konkursrecht, S.  96.   BGH WM 2008, 2267.    Gerhardt, S.  1; Grigoleit, S.  153; Thole, ZZP 121 (2008), 67, 74 ff.    De lege lata sollte man auf ein Synonym wie etwa „insolvenzrechtliche Anfechtung“ (Reischl, §  9) verzichten.    Ebenso wenig wie der Insolvenzverwalter die Insolvenz des Schuldners nicht verwaltet und die Insolvenzgläubiger nicht die Gläubiger der Insolvenz sind. Dazu Henckel, in: FS Großfeld, S.  352 ff. 10   Die österreichische Konkursordnung spricht auch korrekterweise nicht vom Konkursverwalter, sondern vom Masseverwalter (§  8 0 öster. KO). 11   Eine Ausnahme besteht nach §  313 Abs.  2 S.  1 InsO.  

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während die Einzelanfechtung außerhalb eines Verfahrens zum Zuge kommen soll. Konkurrenzen ergeben sich, wenn ein Insolvenzgläubiger einen Anfechtungsanspruch erhoben hat und nunmehr ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.12 Nach §  16 Abs.  1 S.  1 AnfG ist der Insolvenzverwalter berechtigt, diese Ansprüche zu verfolgen. Umgekehrt kann nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ein einzelner Gläubiger Anfechtungsansprüche nach dem AnfG geltend machen (§  18 Abs.  1 AnfG). Die dogmatische Begründung dieses Wechsels von der Einzelanfechtung zur Insolvenzanfechtung und umgekehrt bereitet Schwierigkeiten. Die h. M. folgt einer Erlöschenstheorie13: Mit Verfahrenseröffnung erlöschen danach Ansprüche nach §  11 AnfG; es entstehen gleichzeitig die Ansprüche aus §  143 InsO. Nach einer Gegenauffassung passe das Vorbild der „Rechtsnachfolge besonderer Art“ besser. Es komme zu einer cessio legis. Der zur Verwirklichung des Anfechtungsrechts erforderliche Anspruch (§  143 InsO, §  11 AnfG) ändere sich ebenso wie die anwendbaren Tatbestandsregeln. Substantiell bestehe kein Unterschied.14 M. E. ist ein Vergleich zur Dogmatik des §  103 InsO hilfreich. Auch dort hat der BGH lange Zeit15 eine Erlöschenstheorie vertreten, die er zugunsten einer Suspendierung der Ansprüche zu Recht aufgab.16 Ebenso sollte auch hier eine Suspendierung der Einzelanfechtungsansprüche angenommen werden. So lässt sich ein materiell-rechtlicher Gleichklang zu der verfahrensrechtlichen Norm des §  17 Abs.  1 AnfG herstellen. Danach wird das Verfahren über den Anfechtungsanspruch, das im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch rechtshängig ist, unterbrochen. Auch §  18 AnfG fügt sich in diese Sicht bruchlos ein: Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens können die einzelnen Gläubiger die Anfechtungsansprüche, die der Insolvenzverwalter nicht geltend machen konnte, nach dem AnfG verfolgen.17 12   Zur Eigenständigkeit der Insolvenzanfechtungsklage gegenüber der allgemeinen Gläubigeranfechtungsklage im internationalen und rechtsvergleichenden Kontext: Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.  10. 2008 in der Rechtssache C-339/07, Deko Marty Belgium, ZIP 2008, 2082 (2084) mit Rekurs auf das französische und spanische Recht. 13   RGZ 30, 67 (71); BGHZ 109, 240 (249) = NJW 1990, 716. 14   Thole, ZZP 121 (2008), 67 (88), der darauf abhebt, dass der Anfechtungsanspruch der InsO nicht erst mit Verfahrenseröffnung entstehe, sondern mit der Erfüllung der Anfechtungsvoraussetzungen nach dem AnfG. 15   Kreft, in: FS G.Fischer, S.  297: „besonders eindrucksvolles Beispiel eines Paradigmenwechsels“. 16   Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zu einem Erlöschen der beiderseitigen Erfüllungsansprüche. Vielmehr verlieren die Primäransprüche bis zu einem Erfüllungsverlangen des Verwalters ihre Durchsetzbarkeit: BGHZ 150, 353 (359) = WM 2002, 1199; BGHZ 155, 87 (90) = WM 2003, 1384; anders noch z. B. BGHZ 103, 250 = WM 1988, 427. Marotzke hat diese Ansicht, die im Jahre 2002 eine Kehrtwende in der höchstrichterlichen Rechtsprechung brachte, als Qualitätssprungtheorie tituliert: Marotzke, ZZP 115 (2002), 507 ff. 17   Praktische Bedeutung kommt diesem dogmatischen Streit nicht zu.

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3.  Dogmatische Folgen einer partiellen wertungsmäßigen Deckungsgleichheit Eine äußere Verzahnung zwischen der Einzel- und der Insolvenzanfechtung ergibt sich bereits daraus, dass das Anfechtungsgesetz auf Vorschriften der §§  129 ff. InsO rekurriert: §§  3 Abs.  2 S.  1, 15 Abs.  2 Nr.  2 AnfG verweisen auf die Legaldefinition der nahe stehenden Person in §  138 InsO; §  16 Abs.  2 InsO nimmt auf §  130 InsO Bezug; §  17 Abs.  2 AnfG hebt auf §§  143, 144 und 146 InsO ab. Die Anfechtungsgründe des AnfG finden sich auch in der InsO (§§  133 ff. InsO). Sachlich gibt es keinen Grund, diese Anfechtungsgründe zu modifizieren.18 Die Besonderheiten eines eröffneten Insolvenzverfahrens erfordern auf der Rechtsfolgenseite eine andere Ausgestaltung19 und auf der Tatbestandsseite weitere Anfechtungsgründe, die der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung Rechnung tragen. Der BGH spricht sehr pauschal von einer „unterschiedlichen Zwecksetzung“. 20 Bei der Insolvenzanfechtung geht es in der Tat um Masseanreicherung.21 Darüber hinaus soll die Insolvenzanfechtung bereits für eine gewisse Zeit vor Insolvenzeröffnung die Gleichbehandlung der Gläubiger durchsetzen. 22 Nach §  143 Abs.  1 S.  1 InsO ist daher das, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde, „zur Insolvenzmasse“ zurückzugewähren. Bei der Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz sollen zwar auch Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden. 23 Der zentrale Unterschied liegt aber darin, dass der Gedanke der Gläubigergleichbehandlung keine Rolle spielt, weder auf Tatbestands- noch auf Rechtsfolgenseite. Die Perspektive ist keine kollektive, sondern eine individuelle: einem bestimmten Gläubiger wird der Vollstreckungszugriff wieder ermöglicht, der durch die angefochtene Rechtshandlung vereitelt wurde (§  2 AnfG); es wird ihm somit der Vorsprung vor anderen Gläubigern, den er einmal hatte, wieder verschafft.24 Der Anfechtungsgegner hat sich im Verhältnis zum anfechtenden Gläubiger so behandeln zu lassen, als gehöre der weggegebene Gegenstand noch dem Schuldner; er hat nach §  11 Abs.  1 S.  1 AnfG 18   Siehe auch BT-Drucks. 12/3803, S.  55: „In beiden Gesetzen wird das Anfechtungsrecht auf einheitlicher Grundlage geregelt.“ 19   Dennoch werden Rechtsnatur und Wirkung einheitlich gedeutet. Dazu Koss, S.  23 m. w.Nachw., der sich gegen diese „unbestrittene Strukturgleichheit“ wendet. Ein Unterschied besteht auf Rechtsfolgenseite auch bei der zeitlichen Begrenzung: im Insolvenzanfechtungsrecht ist eine Verjährungsfrist geregelt (§  146 InsO), während es im AnfG nur tatbestandliche Ausschlussfristen gibt. 20   BGH NZI 2009, 67 (69) m.Anm.  Huber. 21   BT-Drucks. 12/2443 S.  82, 85; Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  2; MünchKommInsO/Kirchhof, Vor §§  129 bis 147 Rdnr.  3 22   BT-Drucks. 12/2443, S.  156; vgl. zur KO BGHZ 58, 240 (242 f). 23   BGHZ 128, 184 (191) = NJW 1995, 659. 24   BGH NZI 2009, 67 (69) m.Anm.  Huber; Huber, AnfG, Einf. Rdnr.  9.

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das, was aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggeben oder aufgegeben wurde, dem Gläubiger zur Verfügung zu stellen. Anders gesagt: Er hat die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand zu dulden (Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung).25 Wertungsmäßig besteht aber trotz dieser unterschiedlichen Zielsetzung, die sich aus den besonderen Insolvenzanfechtungsgründen ergibt, dennoch eine partielle Deckungsgleichheit. 26 Gehen die Regelungen der §§  129 ff. InsO weiter als diejenigen des AnfG, so stellt sich die Frage, ob dies auf die Besonderheit des Insolvenzverfahrens zurückzuführen ist, diese Normen also gerade nicht außerhalb eines Insolvenzverfahrens zur Anwendung kommen sollen – wie das unstreitig bei §§  130–132 InsO der Fall ist – oder aber eine analoge Anwendung Raum greifen soll. Damit ist die Tür zu einer methodologischen Gretchenfrage aufgestoßen, die in Kurzfrageform lautet: Analogie oder Umkehrschluss? Umstritten ist dies bei der Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO. Soll diese Norm auch im Recht der Einzelanfechtung analog zum Zuge kommen?27 Dies hätte eine Auswirkung auf die Anfechtung nach §  3 Abs.  1 AnfG (vorsätzliche Benachteiligung), die bei einer analogen Anwendung des §  142 InsO auch bei einem Bargeschäft nicht ausgeschlossen wäre. Eine fehlende planwidrige Regelungslücke lässt sich nicht mit dem Argument verneinen, dass die Bargeschäftsausnahme bereits aus §  1 AnfG zu entnehmen ist – ebenso wie auch bei der Konkursanfechtung diese aus §  29 KO gewonnen wurde. Die Bereichsausnahme des §  142 InsO ließe sich in §  1 AnfG deckungsgleich nur durch eine teleologische Reduktion hineinspiegeln, zumal §  142 InsO nicht für §  133 Abs.  1 InsO gilt. Dies ist der Sache nach eine analoge Anwendung des §  142 InsO und sollte 25   Huber, AnfG, Einf. Rdnr.  20, §  11 Rdnr.  16 f.; Paulus, in: Kübler/Prütting/Bork, Bd.  I V, Anh I, §  11 Rdnr.  3 mit dem Hinweis, dass die Duldungspflicht eigentlich gegenüber dem Vollstreckungsorgan bzw. dem Staat bestehe. 26   Einen Unterschied konstatiert der BGH bei der Auslegung des Terminus „Rechtshandlung“ in §  1 AnfG einerseits und §  129 InsO andererseits. Da die Einzelanfechtung lediglich die Wiedererschließung der Zugriffslage für einen einzelnen Gläubiger, nicht aber das Zusammenhalten einer Insolvenzmasse bezweckt, könne bei §  1 AnfG die Rechtshandlung nicht für sich betrachtet werden, sondern nur im Rahmen des Gesamtvorgangs, der die Weggabe des Gegenstands aus dem Schuldnervermögen und damit die Vereitelung einer Zugriffsmöglichkeit betreffe. Gegenstand der Anfechtung sei also der gesamte, diesen Rechtserfolg auslösende Vorgang (BGH NZI 2009, 67 (69) mit Rekurs auf Huber, AnfG, §  1 Rdnr.  12 f.; Zeuner, Rdnr.  377). Verkauft der Schuldner Vermögensgegenstände an einen Gläubiger mit der Abrede, der Kaufpreis solle von dem Gläubiger durch Verrechnung mit seiner Forderung beglichen werden, könne die Verrechnungsabrede einzelanfechtungsrechtlich nicht vom Gesamtvorgang isoliert werden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn andere Gläubiger zu keinem Zeitpunkt mit Aussicht auf Erfolg in die Kaufpreisforderung vollstrecken konnten. BGH NZI 2009, 67 (69) m.Anm.  Huber. Dieser Nichttrennungsgedanke muss m. E. bei der Insolvenzanfechtung genauso zum Zuge kommen; die Tatsache, dass eine §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO vergleichbare Regelung bei der Einzelanfechtung fehlt, ändert daran nichts. 27   Ausführlich Bräuer, S.  104 ff.

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auch in dieser Weise offen gelegt werden. Die Lösung muss m. E. deckungsgleich ausfallen; die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist kein sachlicher Gesichtspunkt, der eine gespaltene Lösung, d. h. eine unterschiedliche Reichweitenbestimmung der Bargeschäftsausnahme in den §§  129 ff. InsO einerseits und dem AnfG andererseits rechtfertigt. 28 Ein und derselbe Leistungsaustausch ist nicht deshalb anders zu gewichten, weil ein Insolvenzverfahren eröffnet wird; eine Planungssicherheit für Gläubiger lässt sich nur erreichen, wenn die Wertung des §  142 InsO insolvenzunabhängig Raum greift.

II.  Die Rechtsfolgennormen des Insolvenzanfechtungsrechts Im Binnenbereich des Insolvenzanfechtungsrechts ist zunächst zwischen Tatbestands- und Rechtsfolgennormen zu unterscheiden. §§  143–146 InsO beschäftigen sich mit den Rechtsfolgen, die übrigen Normen mit den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung. Die zentrale Anspruchsgrundlage ist §  143 Abs.  1 S.  1 InsO.

1.  Die Anspruchsgrundlage des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO §  143 Abs.  1 S.  1 InsO statuiert bereits nach seinem Wortlaut einen Rückgewähranspruch.29 §  143 Abs.  1 S.  2 InsO führt in einer Rechtsfolgenverweisung in das Bereicherungsrecht hinein. Der Anfechtungsschuldner haftet wie ein Bereicherungsschuldner, der den Mangel des rechtlichen Grundes kennt (§§  819 Abs.  1, 818 Abs.  4, 292 Abs.  1, 989 f. BGB). Umstritten ist, wann der Anspruch auf Rückgewähr entsteht: bereits aufschiebend bedingt mit der Verwirklichung des Anfechtungstatbestands30 oder erst mit der Insolvenzeröffnung31. a)  Terminologiekritik Terminologisch unscharf ist die weit verbreitete Rede von der „Insolvenzanfechtung gegenüber“ einer Person. Auch der Gesetzgeber beteiligt sich daran, wenn er in §  145 InsO die Marginalrubrik „Anfechtung gegen Rechtsnachfolger“ wählt. Diese Ausdrucksweise wäre passend, wenn die Insolvenzanfechtung ebenso wie die Anfechtung von Willenserklärungen (§§  119 ff. BGB) als   So auch OLG Köln ZInsO 2004, 452 (453).   Umfassend zur Anfechtungsklage allerdings überwiegend zur Rechtslage nach der KO: Eckardt, S.  35 ff. 30   Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnr.  103; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  186 m.w.Nachw. 31   BGHZ 130, 38 = NJW 1995, 2783; BGH ZIP 2004, 1653 (1654); HK-InsO/Kreft, §  129 Rdnr.  82; Uhlenbruck/Hirte, §  143 Rdnr.  1. 28 29

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Gestaltungsrecht konzipiert wäre, also eine Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner erfordern würde. In der Tat ging der Gesetzgeber der Konkursordnung davon aus, dass das Anfechtungsrecht ein Gestaltungsrecht sei; darauf deuten die Formulierung „den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam“ in §  29 KO sowie die Ausschlussfrist des §  41 Abs.  1 KO32 hin.33 Davon hat sich die Insolvenzordnung eindeutig distanziert: Der genannte Passus in §  29 KO wurde gestrichen; §  143 Abs.  1 InsO ist als Anspruch ausgestaltet; §  146 InsO spricht expressis verbis von einem „Anfechtungsanspruch“, der – dogmatisch stringent – der Verjährung unterliegt.34 Vorzugswürdig ist es daher35 , von einem „Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber“ einer Person zu sprechen. b)  Dogmatische Einordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs Die dogmatische Einordnung des Insolvenzanfechtungsanspruchs ist seit jeher36 umstritten und war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Abhandlungen.37 Es handelt sich um den größten Theorienstreit des deutschen Insolvenzrechts, der ganze Bibliotheken füllen ließ.38 Eckardt spricht von einer „dogmatischen Konstruktion“ der Anfechtungsrechtsfolgen.39 Die Ursache für diese Theorienbildung der besonderen Art ist die geringe legislative Dichte, so dass der „Konstruktionsspielraum“ weit ist. Die Insolvenzordnung brachte eine Renaissance dieser Fragestellung.40 Zwar hat die Insolvenzordnung diesen Theorienstreit nicht beendet41, aber doch neu entflammt. Jedenfalls den Dinglichkeitstheorien42 wurde durch die Strei  Das Vorbild hierfür war §  124 BGB.   BT-Drucks. 12/2443, S.  168. 34   Zum Paradigmenwechsel von der Ausschlussfrist zur Verjährung: BT-Drucks. 12/2443, S.  168. 35   De lege lata ist freilich die Formulierung des Gesetzes – trotz der vorgetragenen Terminologiekritik – hinzunehmen. 36   Streit bestand bereits vor Einführung der Konkursordnung: Petersen, ZZP 10 (1887), 17. 37   Grundlegend Gerhardt, Die systematische Einordnung der Gläubigeranfechtung. Ausführlich auch Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnrn.  3 ff.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, Vor §§  129 bis 147 Rdnrn. 11 ff.; jüngst Sieber, S.  11: „immer noch höchst umstritten“. 38   Siehe etwa zum Streitstand am Anfang des 20. Jahrhunderts: Oertmann, ZZP 33 (1904), 1; Lenhard, ZZP 38 (1909), 165. 39   Eckardt, S.  36. 40   Siehe nur Allgayer, Rechtsfolgen und Wirkungen der Gläubigeranfechtung, 2000; Koss, Zur Wirkung der Insolvenzanfechtung nach der Insolvenzrechtsreform, 2001; Sieber, Die Rechtsnatur der Gläubigeranfechtung innerhalb und außerhalb des Insolvenzverfahrens, 2008; Fridgen, Die Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung, 2009, S.  14 ff. 41   BT-Drucks. 12/2443, S.  157: „Eine weitergehende Stellungnahme zum Streit um die dogmatische Einordnung der Anfechtung ergibt sich aus dem Entwurf nicht.“ 42   Zur Dinglichkeitslehre grundlegend Hellwig, ZZP 26, 474 ff.; Marotzke, KTS 1987, 1 ff. („relative Unwirksamkeit“) vertritt eine „haftungsrechtlich-dingliche“ Theorie; ausführlich und kritisch Gerhardt, S.  2 ff. 32 33

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chung des Passus „den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam“ (§  29 KO) der dogmatische Boden endgültig entzogen und – wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht – bewusst eine Absage erteilt.43 Einigkeit besteht nunmehr, dass die Insolvenzanfechtung keine Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsfolge hat44 , wie das z. B. im französischen Recht der Fall ist (Art.  107 Abs.  1 L 85–98: nullité).45 Auch wenn man den Terminus der „haftungsrechtlichen Unwirksamkeit“ ins Feld führt, ist damit keine Nichtigkeitsebene – wie sie etwa §§  134, 138, 142 Abs.  1 BGB erreichen – gemeint.46 aa)  Schuldrechtliche versus haftungsrechtliche Theorie Nach der schuldrechtlichen Theorie ist der Insolvenzanfechtungsanspruch des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO als rein obligatorisch wirkender Anspruch einzustufen.47 Nach dieser Auffassung besteht ein gradueller Unterschied etwa zum Herausgabeanspruch des Eigentümers oder des Besitzers. Als schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch (obligatio ex lege) ist der Anspruch aus §  143 Abs.  1 S.  1 InsO folglich in der Insolvenz des Anfechtungsschuldners nicht als Aussonderungsrecht (§  47 InsO), sondern lediglich als Insolvenzforderung zu qualifizieren; gegenüber pfändenden Einzelgläubigern des Anfechtungsschuldners besteht kein Interventionsrecht des Insolvenzverwalters nach §  771 ZPO.48 Gotthard Paulus49 und Walter Gerhardt50 gelten als Begründer der sog. haftungsrechtlichen Theorie, die im Schrifttum auf breite Zustimmung gestoßen   BT-Drucks. 12/2443, S.  157.   So bereits die h. M. zur Konkursordnung: RGZ 52, 333; BGHZ 22, 128 (134) = NJW 1957, 137 (138); BGH NJW 1962, 1200 (1201 f.) spricht von einer „fast einhellig vertretenen, die Dinglichkeitslehre ablehnenden herrschenden Meinung“. 45   Die Wirkung ist dinglich, ex tunc und erga omnes. Umstritten ist, ob eine absolute oder relative Nichtigkeit anzunehmen ist. Zur Nichtigkeit im tschechischen Recht etwa Braun, ZInsO 2008, 355 (357). 46   Dies ist von praktischer Bedeutung. So muss der Insolvenzverwalter bei der Anfechtung eines Prozessvergleichs einen neuen Rechtsstreit einleiten. Der Prozessvergleich ist gerade nicht unwirksam. Dazu M.Huber, ZinsO 2008, 929 (932). 47   BGHZ 22, 128 (134) = NJW 1957, 137 (138); BGH NJW 1962, 1200 (1201 f.); BGHZ 59, 353 (356) = NJW 1973, 100 (101); BGHZ 128, 194 = NJW 1995, 659; BGHZ 106, 127 = NJW 1989, 985; BGHZ 72, 39 (41) = NJW 1978, 1921; HK-InsO/Kreft, §  129 Rdnr.  69; Gottwald/ Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnrn.  1 ff.; FK-InsO/Dauernheim, §  129 Rdnr.  9; Koss, S.  24 ff.; Zeuner, Rdnr.  5; Mesch, S.  102 f.; Rutkowsky, S.  144; Haas/Müller, ZIP 2003, 49 (51 f.). So auch die h. M. im Schrifttum in der Schweiz: BGE 106 III 44; Zobl, SJZ 2000, 25 (29); Lorandi, ZZZ 2006, 155 (156) m.w.Nachw. 48   So die frühere Rechtsprechung: RGZ 30, 394; RGZ 91, 369; BGHZ 71, 296 (302) = NJW 1978, 1525; BGH NJW 1990, 990 (992): „.  .  . §  37 KO ist als schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch kein die Veräußerung hinderndes Recht.“ Zu diesen Folgerungen für die Drittwiderspruchsklage und die Insolvenz des Anfechtungsgegners HK-InsO/Kreft, §  129 Rdnrn.  72 ff. m.w.Nachw. 49   G.Paulus, AcP 155 (1956), 277; ders., in: FS Hans Carl Nipperdey, Bd.  I; S.  9 09 (931). 50   Gerhardt, Die systematische Einordnung der Gläubigeranfechtung, S.  177 ff.; ders., ZIP 2004, 1675. 43

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ist.51 Kernpunkt dieser Theorien ist die haftungsrechtliche Funktion des Anfechtungsrechts. Als anfechtbar erlangter Wert komme nicht der erworbene Vermögensgegenstand mit all seinen Rechtsfunktionen in Frage. Dem Anfechtungsberechtigten gebühre im Ergebnis der anfechtbar veräußerte Gegenstand nicht als solcher mit allen Funktionen des subjektiven Rechts, insbesondere der Verfügungs- und Nutzungsfunktion, sondern nur seiner Haftungsfunktion nach.52 Paulus klassifiziert diese Erscheinung als „haftungsrechtliche Unwirksamkeit“.53 Nicht die rechtliche Zuordnung des weggegebenen Vermögensgegenstandes, sondern nur sein Ausscheiden aus der Haftung werde rückgängig gemacht. Das gesetzliche Vorbild eines Auseinanderfallens zwischen Eigentum und Haftung wird vor allem in §  1121 Abs.  1 BGB gesehen. Danach haftet das Grundstückszubehör trotz wirksamer Übereignung fort. Ähnlich wird die Insolvenzanfechtung gedeutet: Trotz Veräußerung besteht ein materielles Befriedigungsrecht des Gläubigers an dem nunmehr im Vermögen des Anfechtungsgegners befindlichen Gegenstands (Prinzip der Forthaftung).54 Teilweise wird der Insolvenzanfechtungsanspruch bereicherungsrechtlich eingeordnet.55 Nach Gerhardt ist der Anfechtungsanspruch ein Sonderfall der Eingriffskondiktion.56 Jede Verringerung des Schuldnervermögens könne die Aussicht der Gläubiger beeinträchtigen, Befriedigung ihrer Ansprüche zu finden. Es handele sich um einen Eingriff in die Haftungszuordnung.57 Der BGH hat mit seinem Urteil vom 23.  10. 2003 den Streit zwischen der schuldrechtlichen und der haftungsrechtlichen Theorie nicht entschieden. 58 Er folgt im Kern der schuldrechtlichen Theorie59, behält sich aber Wertungskor­ rekturen im Einzelfall vor60 und ist nach Gerhardt61 „auf dem Weg zur haf51   Ausführlich Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnrn.  10 ff.; Uhlenbruck/Hirte, §  143 Rdnr.  3A; Wacke, ZZP 83 (1970), 418 (422); Henckel, JuS 1985, 836 (842); K.Schmidt, JZ 1987, 889; Biehl, KTS 1999, 313 (317 ff.); van Bömmel, S.  6 4 ff.; Thole, S.  526 ff. 52   G.Paulus, AcP 155 (1956), 277 (300); Gerhardt, S.  178 f. 53   G.Paulus, AcP 155 (1956), 277; dazu Gerhardt, S.  12, der ausführt, dass der Begriff der „haftungsrechtlichen Unwirksamkeit“ die zentrale These der Lehre von Paulus sei. 54   Eckardt, S.  41; Gerhardt, S.  178 f. 55   von Caemmerer, in: FS Rabel, S.  333 (367 ff.); Gerhardt, S.  201. 56   Gerhardt, S.  201; dagegen etwa Wacke, ZZP 83 (1970), 418 (425); Fridgen, S.  19 f. 57   Als tragende Kriterien, die einen derartigen Bereicherungsausgleich geboten erscheinen lassen, sind nach Gerhardt die Bösgläubigkeit des Erwerbers und der unentgeltliche Erwerb. Gerhardt, S.  214 ff. 58   BGHZ 156, 350 = NZI 2004, 78 (80). Dieses Urteil lässt die Frage aufkommen, ob dieser Streit überhaupt von praktischer Bedeutung ist oder ob ein Rekurs auf Wertungen des Gesetzes im Einzelfall ausreicht. Diese Fragestellung lässt sich in einen übergeordneten Kontext stellen, der die Bedeutung von Theorien in Rechtswissenschaft und Rechtspraxis in den Blick nimmt. Zur Funktion juristischer Theorien: Canaris, JZ 1993, 377. 59   BGHZ 128, 194 = NJW 1995, 659; BGHZ 106, 127 = NJW 1989, 985; BGHZ 72, 39 (41) = NJW 1978, 1921. 60   Ebenso etwa Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnr.  7. 61   Gerhardt, ZIP 2004, 1675. Siehe auch Eckardt, in: FS Gerhardt, S.  145 ff.

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tungsrechtlichen Anfechtungstheorie“. 62 Die praktische Bedeutung des Theorienstreits relativiert sich aufgrund der vielfach deckungsgleichen Ergebnisse. 63 Insbesondere kommt der BGH bei der Doppelinsolvenz, also in Fällen, in denen über das Vermögen des Insolvenzanfechtungsschuldners ebenfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde64 , zu Recht zum selben Ergebnis wie die Vertreter der haftungsrechtlichen Theorie: Der Anspruch aus §  143 Abs.  1 S.  1 InsO hat Aussonderungscharakter (§  47 InsO);65 gegenüber pfändenden Einzelgläubigern des Anfechtungsschuldners hat der Insolvenzverwalter ein Interventionsrecht nach §  771 ZPO. 66 Der Vorrang des Insolvenzanfechtungsanspruchs ergibt sich aus dem Zweck des Insolvenzanfechtungsrechts. Wie bereits in den Motiven zur Konkursordnung ausgeführt, besteht dieser darin, den vom Schuldner aufgegebenen Gegenstand als noch zur Konkursmasse gehörig zu betrachten und zu ihr zurückzuführen. 67 bb)  Rückabwicklungsinstrument sui generis und hybrider Charakter Dieser Abhandlung liegt die Auffassung zugrunde, dass §  143 InsO ein Rückabwicklungsinstitut sui generis installiert68 , das neben dem Bereicherungsrecht, in das §  143 Abs.  1 S.  2 InsO in einer Rechtsfolgenverweisung hineinführt und neben dem Rücktrittsrecht anzusiedeln ist – ebenso wie etwa §  31 GmbHG ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch eigener Art ist, der sich nicht in die bekannten Bahnen der zivilrechtlichen Ansprüche einfügen lässt. 69 Dem Insolvenzanfech62   In einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 geht der BGH indes auf diese wertungsorientierte Sichtweise nicht mehr ein und untermauert argumentativ die „schuldrechtliche Theorie“: BGH NZI 2007, 42; die kritische Analyse von Sieber, S.  122 f. („unauflöslicher Widerspruch“) ist m. E. zu streng. Der BGH geht von einer schuldrechtlichen Theorie aus und behält sich eine normative Korrektur im Einzelfall vor. 63   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnr.  5: „Für die Praxis sind diese dogmatischen Konstruktionsfragen aber weitgehend ohne große Bedeutung.“ Ebenso zum österreichischen Recht König, 2/9; dort wird der Anfechtungsgegner zudem als unredlicher Besitzer qualifiziert, wodurch zahlreiche Rechtsfolgen über die anzuwendenden ABGB-Normen vorgegeben seien. Nach Gerhardt, S.  17 sei der Theorienstreit zur Rechtsnatur der Anfechtungsregelung nicht bloß akademischer Natur, sondern von erheblicher praktischer Bedeutung. 64   Der BGH spricht von der Insolvenz des Anfechtungsgegners. BGHZ 156, 350 = NZI 2004, 78. 65   BGHZ 156, 350 = NZI 2004, 78. Anders die h. M. in der Schweiz: Zobl, SJZ 2000, 25 (29); Lorandi, ZZZ 2006, 155 (156) m.w.Nachw.: Insolvenzforderung dritter Klasse. 66   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  143 Rdnr.  20a. 67   Mot. KO 111, 146 ff. Oftmals wird auch der Rechtsgedanke des §  145 InsO fruchtbar gemacht. Dazu HK-InsO/Kreft, §  129 Rdnr.  75; ders., ZInsO 1999, 365 (372). 68   Treffend etwa MünchKomm-InsO/Kirchhof, Vor §§  129 bis 147 Rdnrn.  37: „gesetzlich zu eigenartig und vielschichtig“; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  35 Rdnrn.  18 ff.; Allgayer, Rdnr.  734; zum österreichischen Recht ausführlich König, Rdnr.  2/2 ff. mit Hinweis auf das Austriacum des §  39 Abs.  1 öKO, wonach sich die Rechtsfolge auch auf das bezieht, was „dem Vermögen des Gemeinschuldners entgangen ist“ und es sich daher nicht um einen Rückgewähranspruch im wörtlichen Sinne handelt. 69   Grigoleit, S.  95 spricht von einem „spezifisch gesellschaftsrechtlichen Anspruch“.

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tungsrecht kommt ein Sonderrechtscharakter zu: es ist ein Rückabwicklungsinstrument des Insolvenzverwalters; es setzt ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus und dient im Interesse der Insolvenzgläubiger der Massemehrung. Es begründet eine weitere Säule der zivilrechtlichen Rückabwicklungsmechanismen.70 §  143 Abs.  1 S.  1 InsO statuiert meo voto einen schuldrechtlichen Anspruch mit haftungsrechtlicher Dimension, der in einem Näheverhältnis zum Bereicherungsrecht steht.71 Diese Terminologie soll zum einen deutlich machen, dass die Haftungstheorie zur schuldrechtlichen Theorie in keinem aliud, sondern einem maior-minus-Verhältnis stehen sollte. Zum anderen soll ausgedrückt sein, dass §  143 Abs.  1 S.  1 InsO zwar keine bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlage ist72 , die auf einer dogmatischen Stufe mit den zehn Anspruchsnormen der §§  812 ff. BGB steht.73 Dennoch ist eine Nähe zum Bereicherungsrecht zu konstatieren, die wegen der Rechtsfolgenverweisung des §  143 Abs.  1 S.  2 InsO nunmehr gesetzlich grundgelegt ist.74 Mit dieser Einordnung des Anspruchs aus §  143 Abs.  1 S.  1 InsO („Anspruch sui generis“, „Sonderrechtscharakter“) klingt bereits ein hybrider Charakter des Insolvenzanfechtungsrechts an.75 Dies wird im Folgenden noch erhärtet: Auch wenn das Insolvenzanfechtungsrecht in seinem inneren Kern Restitutionsrecht ist, so ist der allgemeine Grundtatbestand des §  129 InsO mit dem Schadensersatzrecht vergleichbar: eine Rechtshandlung muss kausal für eine Gläubigerbenachteiligung sein.76 Im Hauptteil dieser Arbeit ist dieser hybride Charakter des Insolvenzanfechtungsrechts genauer zu analysieren. Es speist sich aus Elementen des Schadensersatz- und Bereicherungsrechts und ist doch ein eigenständiges dogmatisches Gebilde. Die Parallelen zum Schadensersatzrecht sind etwa bei der Konturierung der Gläubigerbenachteiligung und der Kausalität in §  129 InsO auszuloten. Das Näheverhältnis zum Bereicherungsrecht ist bei der Bestimmung des Anfechtungsschuldners im Mehrpersonenverhältnis des bargeldlosen Zahlungsverkehrs herauszuarbeiten. 70   Es lässt sich von einer restitutionsrechtlichen Drei-Säulentheorie sprechen. Dabei ist freilich zu bedenken, dass es noch andere Rückabwicklungsinstitute gibt. Fest, S.  1. 71   Zur „Verwandtschaft“ zum Bereicherungsrecht: Gerhardt, Die systematische Einordnung der Gläubigeranfechtung, 1969, S.  273 ff. Zu weitgehend jedenfalls z. B. Th.Wolff, §  29 KO, S.  125: „Dies Recht hat den Charakter des Anspruchs aus der Bereicherung nach §  812 BGB“. 72   Fridgen, S.  19 f. 73   Zu Unterschieden zwischen dem Insolvenzanfechtungs- und dem Bereicherungsrecht: BGH NZI 2009, 313. 74   In prozessualer Hinsicht hat der Gesetzgeber keinen besonderen Anfechtungsgerichtsstand in der ZPO installiert. Es bleibt damit bei den allgemeinen Regeln der §§  12 ff. ZPO. Der Insolvenzverwalter hat grundsätzlich am Wohnsitz des Anfechtungsgegners zu klagen. Zustimmend etwa Gerhardt, in: FS Brandner, S.  605 (614). 75   Mischwesen (Hybride, Cybrids und Chimäre) werden nicht nur in der biologischen und medizinischen Forschung erzeugt; auch die Rechtsdogmatik kennt solche Mischwesen. 76   Fridgen, S.  141; zum hybriden Charakter des §  31 GmbHG: Grigoleit, S.  94 ff.

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2.  Anfechtungsschuldner a)  Die Lücke in §  143 InsO Der Gesetzgeber formuliert im personal entkleideten Passivstil: „Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden.“ Damit bleibt der Anspruchsschuldner unbestimmt. In §  133 Abs.  1 S.  1 InsO ist etwa vom „anderen Teil“ die Rede – was ebenso wenig weiterhilft wie die Erwähnung „des Anfechtungsgegners“ in §§  144, 145 InsO. Dabei hätte der Gesetzgeber in Parallele zu §  812 Abs.  1 S.  1 BGB formulieren können: „Wer durch eine anfechtbare Handlung .  .  . etwas erlangt, .  .  .“. Oder ist aus dieser Passivkonstruktion des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO gleichsam im Umkehrschluss zu folgern, dass eine Anfechtung auch in Betracht kommen kann, wenn der Anfechtungsschuldner nichts erlangt hat? Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist Anfechtungsrecht im Mehrpersonenverhältnis. Es ist im Hauptteil dieser Arbeit zu klären, ob im bargeldlosen Zahlungsverkehr in der Insolvenz des Girokontoinhabers ein Anfechtungsanspruch sowohl gegenüber dem Zahlungsempfänger als auch gegenüber der Zahlstelle in Betracht kommt. Bei diesem Konkurrenzproblem ist aufzuarbeiten, ob und inwieweit man auf die Wertungen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung im Mehrpersonenverhältnis zurückgreifen kann. b)  Rechtsnachfolger (§  145 InsO) §  145 InsO erweitert die Insolvenzanfechtung in personeller Hinsicht auf Gesamtrechtsnachfolger (§  145 Abs.  1 InsO)77 und bestimmte78 Sonderrechtsnachfolger (§  145 Abs.  2 InsO) des originären Anfechtungsschuldners. Der Nachfolger muss den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst erlangt haben. Keine Anwendung findet §  145 InsO, wenn dem Ersterwerber die Rückgewähr in natura vor Eintritt der „Rechtsnachfolge“ unmöglich geworden ist.79 §  145 InsO ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Der Sinn und Zweck der Norm besteht darin, dem Anfechtenden unter bestimmten Voraussetzungen einen erleichterten Zugriff auf den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst zu ermöglichen. Für eine von Anfang an bestehende Schuld einer Geldsumme ist der Insolvenzanfechtungsgläubiger hinreichend durch die allgemeinen Vorschriften über Rechtsnachfolgen geschützt. 80   Der Begriff ist weit zu verstehen. Es genügt, dass ein anderer Rechtsträger auf gesetzlich geregelter Grundlage in alle Verbindlichkeiten des Vorgängers eintritt: MünchKomm-InsO/ Kirchhof, §  145 Rdnr.  3. 78   Die Begrenzungen tragen dem Vertrauensschutz der „sonstigen Rechtsnachfolger“ Rechnung. 79   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  145 Rdnr.  3. 80   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  145 Rdnrn. 3, 16. 77

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3.  Schwierigkeiten bei der Rückgewähr Wie eine Rückgewähr i. S. des §  143 InsO im Einzelfall auszusehen hat, ist oft nicht einfach zu beantworten. Diese Schwierigkeit zeigt sich etwa bei „anfechtbaren“ Vertragsklauseln. Im Ausgangspunkt konzediert die h. M. zutreffend, dass die Anfechtung einzelner Bestimmungen eines Vertrags ausgeschlossen ist. 81 Die Anfechtung des Vertrags als Ganzes könne aber die Wirkung einer Teilanfechtung haben, wenn die anfechtbare Handlung das Schuldnervermögen nur in begrenztem Umfang geschmälert hat und das Rechtsgeschäft insoweit teilbar ist. 82 Eine Teilbarkeit wird aber auch bei einem allgemein ausgewogenen Vertrag angenommen, der lediglich und gezielt für den Fall der Insolvenz den späteren Schuldner bzw. dessen Gläubiger benachteiligt. 83 In diesem Fall entfalle für die Rückabwicklung alleine die benachteiligende Klausel. Eine Benachteiligung kommt in einem solchen Fall etwa in Betracht, wenn dem späteren Insolvenzschuldner gezielt für den Fall der Insolvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, welche über die gesetzlichen Folgen hinausgehen84 und nicht zur Erreichung des Vertragszwecks geboten sind85 . Die Masse ist nach der Rechtsprechung so zu stellen, wie wenn der Vertrag ohne diese Vereinbarung abgeschlossen worden wäre oder anders gesagt: Für die Rückabwicklung entfällt allein die benachteiligende Klausel. 86 Dieser Eingriff in die Privatautonomie lässt sich mit der Teleologie des Insolvenzanfechtungsrechts zwar durchaus vereinbaren. Diese „haftungsrechtliche Unwirksamkeit“ einzelner Klauseln über den Anwendungsbereich des §  119 InsO hinaus ist aber insofern bedenklich, da eine Teilung selten möglich erscheint (Nichttrennungsgedanke). Eine „insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle“ einzelner Klauseln ist m. E. abzulehnen. §  144 InsO dient der Vermeidung ungerechtfertigter Massebereicherungen. Nach §  144 Abs.  1 InsO lebt die Forderung des Anfechtungsgegners wieder auf, wenn dieser die anfechtbare Leistung zurückgewährt. Die Forderung wird als nicht erloschen angesehen. 87 Mit der Forderung leben rückwirkend ipso iure auch deren Sicherheiten wieder auf, sofern sie unanfechtbar begründet wurden. 88   Zu einem Kündigungsrecht ohne Entschädigungspflicht: BGHZ 124, 76 = NJW 1994, 449. Zu einer Vereinbarung eines Heimfallanspruchs in einem Erbbaurechtsvertrag: BGH NZI 2007, 462. Zur Anfechtbarkeit von Lösungsklauseln: Wilmowsky, ZIP 2007, 553 m.w.Nachw. 82   RGZ 114, 206 (210); BGHZ 124, 76 (84) = NJW 1994, 449; BGH ZIP 2007, 1120 (1123); BGH NZI 2008, 428 (429); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  143 Rdnr.  18. 83   BGH NZI 2008, 428 (429). 84   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  143 Rdnr.  18. 85   BGHZ 124, 76 (81) = NJW 1994, 449. 86   BGH NZI 2008, 428 (429). 87   Jaeger/Henckel, InsO, §  144 Rdnr.  2. 88   Dazu BT-Drucks. 12/2443, S.  168. Differenzierend Bork, in: FS Gerhart Kreft, S.  229 ff.: 81

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4.  Die zeitliche Begrenzung des Insolvenzanfechtungsrechts (§  146 InsO) §  146 InsO markiert die zweite Zeitschranke des Insolvenzanfechtungsrechts. Die erste ist in den Anfechtungstatbeständen selbst in Form von Ausschlussfristen enthalten und bereits bei der Entstehung des Insolvenzanfechtungsanspruchs relevant (Entstehungsfristen). 89 Bei der zeitlichen Grenze des §  146 InsO geht es dagegen um eine Ausübungsfrist in Gestalt einer Verjährungsfrist.90 §  146 Abs.  1 InsO regelt „den Angriff“ des Insolvenzverwalters, §  146 Abs.  2 InsO die „Verteidigung“. §  146 Abs.  1 InsO verweist auf die regelmäßige Verjährung des BGB (§§  195, 199 BGB) 91 und verzahnt insoweit das Insolvenzanfechtungsrecht mit dem allgemeinen Zivilrecht. Hinsichtlich einer Hemmung oder eines Neubeginns der Verjährung gelten §§  203 ff. BGB.92 Inwieweit §  146 Abs.  1 InsO sowie §  146 Abs.  2 InsO bei Kontokorrentverrechnungen im Rahmen des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO analog anzuwenden sind, ist im Hauptteil zu thematisieren.

III.  Die Tatbestandsnormen des Insolvenzanfechtungsrechts Das Insolvenzanfechtungsrecht der §§  129 ff. InsO gilt unabhängig davon, ob es zu einer Liquidation oder Sanierung kommt (einheitliches Anfechtungsrecht).93 Anders war das noch nach der Vergleichsordnung (VerglO), die keine Anfechtungsregeln enthielt. In erster Linie ging es darum, eine Verzögerung des Verfahrens durch Anfechtungsprozesse zu vermeiden.94 Eine Binnendifferenzierung muss in zwei Richtungen verlaufen: Zum einen lassen sich die §§  129 ff. InsO in einen allgemeinen und einen besonderen Teil aufgliedern. Zum anderen zerfallen die Anfechtungstatbestände (§§  130–137 InsO) in besondere und allgemeine Tatbestände. Cum grano salis 95 ist eine Zwei­ Nur akzessorische Sicherheiten leben wieder auf; bei nicht akzessorischen Sicherheiten bestehe lediglich ein Bereicherungsanspruch auf Neubegründung einer Sicherheit. 89   Siehe genauer unter §  3 III.1.d)bb). 90   Jaeger/Henckel, InsO, §  146 Rdnr.  7. 91   Gesetz vom 9.  2. 2004, BGBl.  I 3210 (mit Wirkung ab 15.  12. 2004); Vorläufer dieser Regelung war die Ausschlussfrist des §  41 Abs.  1 KO. Dazu Koss, S.  75 ff. 92   Zum Analogieproblem hinsichtlich der Hemmungs- und Unterbrechungsvorschriften des Verjährungsrechts aufgrund des Ausschlussfristcharakters nach der KO: Eckardt, S.  158 ff. 93   HK-InsO/Kreft, §  129 Rdnr.  1: Anfechtungsrecht als „Institut des einheitlichen Insolvenzverfahrens“. Zur Insolvenzanfechtung im Dienste der Sanierungsfunktion: Koss, S.  146 ff. 94   Zur Thematik des einheitlichen Anfechtungsrechts: Henckel, Insolvenzanfechtung, S.  813 (814) mit Rekurs auf die Reichstags-Drucks. 2340/1924/26 v. 11.  6 . 1926, S.  26 zu §  28. 95   Zur Sonderrolle des §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO sogleich.

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teilung in §§  130–132 InsO einerseits und §§  133–137 InsO andererseits vorzunehmen (Zweispurigkeit der Insolvenzanfechtungstatbestände).

1.  Der Allgemeine Teil der Insolvenzanfechtung Zum „Allgemeinen Teil“96 zählt zunächst die Grundnorm des §  129 InsO. Der Anwendungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts wird durch §  147 InsO erweitert. §  142 InsO statuiert eine Ausnahme zu §  129 InsO. §§  138–141 InsO sind Hilfsnormen (Ergänzungsnormen). a)  Die Grundnorm des §  129 InsO §  129 InsO ist mit der Legalüberschrift „Grundsatz“ umschrieben. Die Vorschrift markiert den Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung97 und enthält als Grundnorm gleichsam die „Eintrittskarte in das Insolvenzanfechtungsrecht“. Danach kann der Insolvenzverwalter98 Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§  130–146 InsO anfechten. Insolvenzgläubiger sind die nicht nachrangigen (§  38 InsO) sowie die nachrangigen Gläubiger (§  39 InsO) und die Absonderungsberechtigten, denen der Schuldner persönlich haftet (§  52 InsO).99 Das Insolvenzanfechtungsrecht nimmt eine ex post Betrachtung vor. Es ist unerheblich, ob die benachteiligten Personen bereits zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung Gläubiger waren oder erst danach Gläubiger des späteren Insolvenzschuldners geworden sind.100 Maßgebend ist für diese personelle Einordnung – wie der Legaldefinition des §  38 InsO zu entnehmen ist – „die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens“. §  129 InsO ist weit gefasst. Bei den Anfechtungsgründen hat sich der Gesetzgeber hingegen für das Tatbestandsprinzip entschieden. aa)  Die inhaltliche und personelle Weite des §  129 InsO (1)  Inhaltliche Weite: Rechtshandlung als rechtsfolgenorientierter Begriff Der Terminus „Rechtshandlung“ ist eine Eigenschöpfung des Konkursrechts, die eine besondere Prägung aufweist. Es handelt sich nämlich um einen „rechtsfolgenorientierten Begriff“, der mit §  143 InsO abzugleichen ist und einen wei-

  Zu dieser Begrifflichkeit Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  89.   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 98   Ausnahmen davon gelten im Bereich der Eigenverwaltung (§  280 InsO) und beim vereinfachten Insolvenzverfahren (§  313 Abs.  2 S.  1 InsO). 99   Zur umstrittenen Problematik, ob auch eine Benachteiligung von Massegläubigern ausreicht: BGH NZI 2001, 585 (587). 100   BGH WM 1964, 1166. 96 97

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ten Anwendungsbereich markiert.101 Darunter ist jedes Handeln und – wie §  129 Abs.  2 InsO klarstellt – auch ein Unterlassen, also jedes Verhalten zu verstehen, das eine rechtliche Wirkung entfaltet. Dass eine rechtliche Wirkung für eine Rechtshandlung charakteristisch ist, ergibt sich aus §  140 Abs.  1 InsO, der bei der Zeitpunktbestimmung auf diese Rechtsfolgenprägung abhebt. Ohne eine rechtliche Wirkung gibt es freilich auch keine Gläubigerbenachteiligung. Daraus könnte man schließen, dass die Voraussetzung der Rechtshandlung inhaltsleer und somit überflüssig ist. Von einer Rechtshandlung ist indes nur bei einer Willensbetätigung, einem „verantwortungsgesteuerten Handeln“ zu sprechen.102 Diese Begrenzung wird durch den Begriff der Rechtshandlung ausgedrückt. M. E. hätte es der Eigenkreation der Rechtshandlung nicht bedurft. Der Terminus Handlung hätte ausgereicht. Nach §  129 Abs.  2 InsO steht eine Unterlassung einer Rechtshandlung gleich.103 Der passende Oberbegriff lautet „Verhalten“. In inhaltlicher Hinsicht statuieren einzelne Anfechtungstatbestände Einschränkungen (qualifizierte Rechtshandlungen). So heißt es in §  132 InsO „Rechtsgeschäft“, in §  133 Abs.  2 InsO „entgeltlicher Vertrag“ und in §  134 InsO „unentgeltliche Leistung“. Aufgrund der inhaltlichen Weite des §  129 InsO erklärt es sich, dass das Insolvenzanfechtungsrecht in alle materiell-rechtliche und sogar prozessuale Bereiche hineinreicht und daher einen kasuistischen Reichtum der besonderen Art hervorbringt.104 Huber mahnt gleichwohl, dass in der Praxis nicht immer mit der gebotenen Intensität und Systematik nach anfechtbaren Rechtshandlungen geforscht werde.105 Jedes Verhalten mit rechtlicher Wirkung, insbesondere Willenserklärungen, rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte sowie Prozesshandlungen fallen darunter und fordern die Argumentationskreativität des Insolvenzverwalters heraus.106 (2)  Personelle Weite: die Protagonisten des Insolvenzanfechtungsrechts Hervorzuheben ist bei diesem allgemeinen Grundtatbestand nicht nur eine inhaltliche, sondern auch eine personelle Weite. Die Protagonisten des Insol101   BT-Drucks. 12/2443, S.  157 zu §  144: „Der Begriff Rechtshandlung ist – wie im geltenden Recht – weit auszulegen.“ 102   BGHZ 162, 143 = NJW 2005, 1121. Von einer Rechtshandlung des Schuldners i. S. des §  133 InsO ist daher nicht auszugehen, wenn der Schuldner nur noch die Wahl hat, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung zu dulden. Es fehlt jede Möglichkeit eines selbstbestimmten Handelns. A. A. Kreft, KTS 2004, 205 (216 ff.); Rendels, ZIP 2004, 1289. 103   So auch die h. M. zur Konkursordnung: RGZ 6, 367 (369); Jaeger/Henckel, KO, §  29 Rdnr.  5 ff. (12): „§  129 II bringt also nichts Neues.“ 104   Neben der Beantwortung vieler „Standardfragen“, die in fast jedem Insolvenzverfahren von Bedeutung sind, muss die Rechtsprechung immer wieder auch „apokryphe Sonderfälle“ lösen: So Bork, ZIP 2008, 1041. 105   M.Huber, ZinsO 2008, 929. 106   Plastisch und freilich in einem untechnischen Sinne gemeint ist der Titel eines Beitrags von M.Huber, ZinsO 2008, 929: Keine „Unschuldsvermutung“ im Anfechtungsrecht.

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venzanfechtungsrechts sind „der Urheber“ der Rechtshandlung, der Anfechtungsgegner und der Anfechtungsberechtigte.107 –  Die Rechtshandlung ist an keine bestimmte Person gebunden.108 Urheber der Rechtshandlung kann sowohl der Schuldner, ein vorläufiger Insolvenzverwalter109 als auch ein Dritter sein. Einzelne Anfechtungstatbestände sehen dann personelle Einschränkungen vor: §§  132, 133, 134 InsO setzen eine Rechtshandlung des Schuldners voraus. Es handelt sich in diesen Fällen um qualifizierte Rechtshandlungen in personeller Hinsicht. –  Der potentielle Anfechtungsgegner bleibt im Gesetz unerwähnt. Bei Mehrpersonenverhältnissen stellt sich daher die Frage, wer der richtige Anfechtungsschuldner ist und ob und inwieweit ein Konkurrenzverhältnis besteht.110 Bei der Deckungsanfechtung der §§  130 f. InsO muss einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht worden sein, so dass nur dieser als Anfechtungsgegner in Betracht kommt. §  145 InsO regelt die Anfechtung gegenüber Rechtsnachfolgern (bei einer Gesamtrechtsnachfolge nach §  145 Abs.  1 InsO, im Übrigen nach §  145 Abs.  2 InsO). M. E. ist der Terminus „Anfechtungsgegner“ (siehe §  144 InsO) nicht gut gewählt.111 Er impliziert die trügerische Vorstellung, dass die Anfechtung zu erklären ist, ähnlich wie das bei der Anfechtung von Willenserklärungen der Fall ist. Dort heißt es in §  143 Abs.  1 BGB: Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem „Anfechtungsgegner“. Besser wäre es, vom Anfechtungsschuldner zu sprechen ebenso wie im Bereicherungsrecht vom Kondiktionsschuldner die Rede ist. Besondere Vorschriften existieren für nahestehende Personen, die in §  138 InsO legal definiert sind.112 Dies sind zum einen Beweislastregeln in §  130 Abs.  3 InsO, §  131 Abs.  2 S.  2 InsO, §  132 Abs.  3 i. V. m. §  131 Abs.  2 S.  2 InsO, §  137 Abs.  2 S.  2 i. V. m. §  130 Abs.  3 InsO. Zum anderen enthält §  133 Abs.  2 InsO eine Sondervorschrift zum Anfechtungstatbestand der vorsätzlichen Benachteiligung; die nahestehende Person ist dort Tatbestandsvoraussetzung.113 –  „Anfechtungsberechtigt“ ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter.114 Auf ihn geht mit der Verfahrenseröffnung die Verwaltungs- und Verfügungsbefug  Dazu Ehricke, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  2 Rdnr.  1 ff.   Anders ist das nach §  1 Abs.  1 AnfG; dort ist von „Rechtshandlungen des Schuldners“ die Rede. 109   Zum Ausschluss der Anfechtung nach §  242 BGB aufgrund eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestands: BGHZ 161, 315 (320) = NZI 2005, 218; Ampferl, Rdnrn.  966 ff. 110   Dazu MünchKomm/Kirchhof, InsO, Vor §§  129 bis 147 Rdnr.  94 sowie §  129 Rdnr.  49 ff. 111   Trotz der Kritik ist dieser Terminus de lege lata gleichwohl hinzunehmen, weil er im Gesetz steht. 112   Genauer unten III.2.c). 113   Außerhalb des Insolvenzanfechtungsrechts verweist auch §  162 Abs.  1 Nr.  1 InsO auf §  138 InsO. 114   Cosack, S.  231: „Monopol des Konkursverwalters“. 107

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nis nach §  80 Abs.  1 InsO über. Er ist Partei kraft Amtes.115 Logisch stringent hebt daher §  129 InsO an, dass der Insolvenzverwalter anfechtungsberechtigt ist. Mit Beendigung des Insolvenzverfahrens erlischt auch das Anfechtungsrecht. Es besteht eine untrennbare Einheit von eröffnetem Verfahren, Amt des Insolvenzverwalters und Insolvenzanfechtungsberechtigung.116 Nicht anfechtungsberechtigt ist der vorläufige Insolvenzverwalter.117 Wie aus §  129 Abs.  1 InsO hervorgeht, schlägt die Geburtsstunde des Insolvenzanfechtungsrechts erst mit der Verfahrenseröffnung. In der Eigenverwaltung des Schuldners (§§  270 ff. InsO) übt der Sachwalter als „Quasi-Insolvenzverwalter“118 das Anfechtungsrecht aus (§  280 InsO).119 Im Verbraucherinsolvenzverfahren ist jeder Insolvenzgläubiger zur Anfechtung von Rechtshandlungen berechtigt (§  313 Abs.  2 S.  1 InsO), sofern die Gläubigerversammlung nicht den Treuhänder oder einen Gläubiger mit der Anfechtung betraut (§  313 Abs.  2 S.  3 InsO).120 Von der „Anfechtungsberechtigung“ ist die Frage zu trennen, wer Gläubiger des Rückgewähranspruchs ist.121 Vorzugswürdig ist die Auffassung, wonach der Insolvenzschuldner Inhaber des Anspruchs nach §  143 Abs.  1 InsO ist.122 Nur so lässt sich die Wertung des §  313 Abs.  2 S.  1 InsO bruchlos einfügen. Dort ist die Anfechtungsbefugnis gerade nicht dem Treuhänder, der im Übrigen an die Stelle des Insolvenzverwalters tritt, zuerkannt. Unter dem Blickwinkel des Haftungsrechts der §§  60 ff. InsO kann das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters zu einer Anfechtungspflicht mutieren. bb)  Begriffliche Unschärfen des §  129 InsO Der Wortlaut des §  129 InsO ist in doppelter Hinsicht missverständlich. Dort heißt es, dass der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen anfechten kann. Wie sich aus der Rechtsfolgenbestimmung des §  143 Abs.  1 InsO ergibt, werden die Wirkungen der Rechtshandlung rückgängig gemacht. Die Rechtshandlung als 115   Das Amt des Insolvenzverwalters ist ein privates: RGZ 29, 29; BGHZ 32, 114 (118) = NJW 1960, 1006; Rosenberg/Schwab/Gottwald, §  40 Rdnr.  13; umfassend zum privaten Amt: Jacoby, S.  155 ff. 116   Wie der BGH konstatiert, ist das Insolvenzanfechtungsrecht untrennbar mit dem Amt des Insolvenzverwalters verbunden. So etwa BGHZ 86, 190 (196) = NJW 1983, 887 (888). 117   BGHZ 86, 190 (196) = NJW 1983, 887 (888) zum Sequester. 118   FK-InsO/Foltis, §  280 Rdnr.  1. 119   Die §§  129 ff. InsO gelten auch bei der Eigenverwaltung (§  270 Abs.  1 S.  2 InsO). Zum Ganzen Hofmann, S.  131 f. m.w.Nachw. 120   Dies gilt auch, wenn nur ein Gläubiger beteiligt ist. BGH NZI 2007, 732. Zur Anfechtung im Verbraucherinsolvenzverfahren: Homann, DZWIR 2007, 94 m.w.Nachw. 121   MünchKomm/Kirchhof, §  129 Rdnr.  191: „Praktische Auswirkungen hat der Streit jedoch kaum.“ 122   MünchKomm/Kirchhof, §  129 Rdnr.  191; Bork, ZIP 2006, 589 (590); Jacoby, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  12 Rdnr.  2; a. A. wohl BGHZ 86, 190 (196) = NJW 1983, 887; BGHZ 83, 102 (105) = NJW 1982, 1765.

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solche bleibt unangetastet. Anders als z. B. bei §  142 Abs.  1 BGB tritt gerade keine Nichtigkeitsfolge ein. Die Rechtshandlung ist weder absolut noch relativ unwirksam. Anders als noch nach §  29 KO enthält §  129 InsO nicht mehr den Passus „als den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam“. Diese Aussage war der Nährboden für die sog. „Dinglichkeitstheorien“123 . Die Vertreter dieser Meinung nahmen mit Rekurs auf den Gesetzeswortlaut eine relative oder gar absolute Unwirksamkeit der angefochtenen Rechtshandlung an. Mit der ersatzlosen Streichung dieses Satzteiles hat der Gesetzgeber den Dinglichkeitstheorien indes zu Recht eine Absage erteilt. Die zweite Unschärfe ergibt sich daraus, dass nach dem Wortlaut des §  129 Abs.  1 InsO der Insolvenzverwalter „anficht“. Dies lässt auf eine erforderliche Gestaltungserklärung des Verwalters schließen. Dem ist aber nicht so. Der Insolvenzverwalter muss keine Erklärung abgeben, wie das beispielsweise bei der Anfechtung von Willenserklärungen der Fall ist (siehe §  143 Abs.  1 BGB). Der Anspruch nach §  143 Abs.  1 InsO entsteht mit Verfahrenseröffnung ipso iure. Die Insolvenzanfechtung ist nicht als Gestaltungsrecht konzipiert.124 Statt einer Erklärung bedarf es alleine der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.125 Die Insolvenzanfechtung ist somit strukturell grundverschieden zur Anfechtung von Willenserklärungen nach §§  119 ff. BGB. Die Gemeinsamkeit reduziert sich auf die identische Begrifflichkeit der „Anfechtung“. cc)  Die Gläubigerbenachteiligung So wie bei jedem Schadensersatzanspruch der Gläubiger geschädigt126 oder bei jedem Bereicherungsanspruch der Kondiktionsgläubiger grundsätzlich bereichert sein muss (siehe §  818 Abs.  3 BGB), so erfordert jede Insolvenzanfechtung nach §  129 InsO gleichsam als Prägemerkmal eine Gläubigerbenachteiligung. Der Gesetzgeber hat dieses allen Anfechtungskonstellationen gemeinsame Tatbestandsmerkmal more mathematico vor die Klammer gezogen und nicht, wie z. B. bei den Schadensersatzansprüchen der §§  823 ff. BGB geschehen, in den einzelnen Tatbeständen implementiert.

  Dazu kritisch Gerhardt, S.  2 ff.   Eckardt, S.  376. 125   Erst mit der Verfahrenseröffnung greifen die §§  129 ff. InsO. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist daher nicht zur Anfechtung berechtigt: BGHZ 130, 38 (40) = NJW 1995, 2783 (2784) m.w.Nachw. 126   Zu einer schadensersatzrechtlichen Sicht des Insolvenzanfechtungsrechts: Fridgen, S.  140 ff., der von einer identischen Struktur zwischen §  133 Abs.  1 InsO und einem Schadensersatzanspruch spricht. De lege lata sollte Einigkeit bestehen, dass es sich um keinen deliktischen Anspruch handelt und daher auch §  32 ZPO als Gerichtsstand nicht einschlägig ist. Dazu Rosenberg/Schwab/Gottwald, §  36 Rdnr.  27. 123 124

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(1)  Das Porträt der h. M. Erst mit der Insolvenzordnung wurde die Voraussetzung der Gläubigerbenachteiligung, die von jeher in Rechtsprechung127 und Literatur unumstritten war128 , kodifiziert. Die Insolvenzgläubiger werden benachteiligt, wenn ihre Befriedigung beeinträchtigt wird. Eine solche Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Befriedigung verkürzt (vermindert), vereitelt, erschwert129 oder verzögert130 wird.131 Das kann zum einen durch eine Erhöhung der Passiva132 und zum anderen durch eine Verminderung der Aktiva des Insolvenzschuldners133 geschehen.134 Würde die Beseitigung des durch die Rechtshandlung eingetretenen Erfolges die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger in keiner Weise verbessern, so wäre das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung nicht erfüllt.135 Eine Benachteiligung einzelner Gläubiger genügt dabei nicht.136 Im einfachsten Fall spielt sich der Benachteiligungsvorgang so ab, dass mit einer Vermögensminderung auf Seiten des Insolvenzschuldners eine Vermögensmehrung auf Seiten des Anfechtungsschuldners einhergeht.137 Auf eine Bereicherung des Anfechtungsschuldners kommt es indes nicht an. Das folgt bereits aus einem Umkehrschluss zu §  143 Abs.  2 InsO, wonach der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese nur zurückzugewähren hat, soweit er durch sie bereichert ist. §  129 InsO setzt keine unmittelbare Benachteiligung voraus.138 Dies ergibt sich aus einem argumentum e contrario zu den Anfechtungstatbeständen (§§  132 Abs.  1, 133 Abs.  2 InsO), die expressis verbis eine solche Einschränkung vor­ sehen. Es reicht somit bereits eine mittelbare Beeinträchtigung. Diese ist gegeben, wenn zwar die Rechtshandlung selbst noch keinen Nachteil für die Gläubiger bedeutet, wenn sie aber die Grundlage für eine weitere, die Gläubiger schädigende Handlung schafft.139

  RGZ 60, 107 (109); RGZ 94, 305 (307); BGH WM 1979, 776; BGH NJW 1983, 1120 (1121). 128   So ausdrücklich BT-Drucks. 12/2443, S.  157. Zur älteren Literatur: z. B. Jaeger, Konkursrecht, S.  98 („ergibt sich ohne weiteres aus dem Anfechtungszweck“). 129   BGH NJW 1996, 3147 (3148). 130   BGH WM 1964, 505. 131   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 132   BGH NJW 1992, 624 (626 f.). 133   BGH NJW-RR 2001, 1490. 134   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  51. 135   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 136   BGH ZIP 1989, 785 (786). 137   Jaeger, Konkursrecht, S.  100. 138   Ebenso ist es etwa nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das ausdrücklich zwischen unmittelbarer und mittelbarer Benachteiligung unterscheidet. Siehe dazu die Legaldefinitionen in §  3 Abs.  1 AGG und §  3 Abs.  2 AGG. 139   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 127

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§  129 InsO normiert ausschließlich ein objektives und kein subjektives Kriterium für die Gläubigerbenachteiligung. Anders als nach §  133 InsO kommt es auf einen Vorsatz hinsichtlich einer Gläubigerbenachteiligung nicht an. (2)  Präzisierung und Neuakzentuierung Zur Frage, wann eine Gläubigerbenachteiligung im Einzelfall anzunehmen ist, hat sich eine bunte Kasuistik angesammelt140 , die die Komplexität der denkbaren Lebenssachverhalte abbildet. Der BGH hebt zuweilen darauf ab, dass die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise zu berücksichtigen ist.141 Was man darunter genau zu verstehen hat, bleibt freilich unklar und konturenlos. Im Hauptteil dieser Arbeit werden die einzelnen Fallgruppen aus dem Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in einer systematischen Zusammenschau betrachtet. Es wird deutlich, dass gerade diese Wertungsfrage nicht selten das punctum saliens bei der Gläubigerbenachteiligung ist. Bei Zahlungsausgängen aus einem debitorischen Konto wird incidenter auf die Pfändbarkeit von Zahlungsansprüchen aufgrund eines Dispositionskredits sowie einer sog. geduldeten Überziehung abzustellen sein. Wegen §  36 InsO ist §  129 InsO ein Einfallstor für Fragestellungen des Einzelzwangsvollstreckungsrechts. Bei Kontokorrentverrechnungen, die zu einem Abbau des Dispositionskredits führen, muss im Rahmen des §  129 InsO auf die Insolvenzbeständigkeit von bestehenden Kreditsicherheiten wie z. B. des Pfandrechts nach Nr.  14 AGB-Banken oder einer Globalzession eingegangen werden. §  129 InsO erweist sich somit bei diesen Fallgestaltungen als eine Einbruchstelle in das Kreditsicherungsrecht. Die genannten Verbindungslinien zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht und Kreditsicherungsrecht sollen im besonderen Blickfeld dieser Arbeit liegen. Anhand der genannten Fälle lässt sich zeigen, dass das Porträt der communis opinio zur Gläubigerbenachteiligung einer Präzisierung und Neuakzentuierung bedarf. Die Arbeit möchte einen dogmatischen Neuansatz vorlegen, der sich vor allem von folgenden beiden Fragestellungen leiten lässt: –  Zum einen muss die Teleologie des §  129 InsO stärker ausgeleuchtet werden: Ist das Insolvenzanfechtungsrecht vom Ausgangspunkt des allgemeinen Grundtatbestands des §  129 InsO ein reines Massemehrungsinstrument? In welchem Zusammenhang steht es mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, der in den §§  130, 131 InsO anerkanntermaßen eine Vorwirkung erfährt? –  Zum anderen wird eine Parallele zum Schadensersatzrecht hilfreich sein. Lässt sich die Zweistufigkeit von Differenzhypothese und normativer Korrektur – wie aus dem Schadensersatzrecht bekannt – auf die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO übertragen?   Siehe nur Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnrn.  53 ff.   BGH NJW 1983, 1120 (1122); BGH WM 1955, 407.

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Normative Korrektur einerseits und wirtschaftliche Betrachtungsweise andererseits – das sind dogmatische Kategorien der teleologischen Auslegung, die die Rechtssicherheit aufbrechen und Raum schaffen für Einzelfallgerechtigkeit. Ob und inwieweit diese bei §  129 InsO ähnlich wie im Schadensersatzrecht zum Zuge kommen, ist zu klären. dd)  Kausalität zwischen Rechtshandlung und Gläubigerbenachteiligung Die Rechtshandlung muss für die Gläubigerbenachteiligung ursächlich sein. Einerseits wird diese Kausalität weit verstanden. Die Rechtsprechung fordert im Kern, dass „die Rechtshandlung im natürlichen Sinn eine Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt“.142 Im Unterschied zum Schadensersatzrecht wird als Korrektiv nicht auf die Adäquanztheorie abgestellt.143 Vielmehr wird die „adäquate“ Begrenzung in den einzelnen Anfechtungstatbeständen selbst gesehen. Ob dieser h. M. zu folgen ist, wird bei der Anfechtung von Kontokorrentverrechnungen virulent. Dort kommt eine Fülle von potentiellen Rechtshandlungen als Anfechtungsgegenstand in Frage; ob und inwieweit es aber an der Kausalität fehlt, ist dogmatisch neu zu „erden“. Andererseits berücksichtigt die h. M. aber grundsätzlich keine gedachten (hypothetischen) Geschehensabläufe.144 Ebenso wie bei der Gläubigerbenachteiligung sind m. E. auch bei der Kausalitätsfrage die Erkenntnisse aus dem Schadensersatzrecht fruchtbar zu machen, auch wenn dieses aufgrund eigener Wertungen keine deckungsgleichen Ergebnisse hervorbringen muss. Dort wird die „hypothetische Kausalität“ zu Recht nicht bei der Kausalität, sondern bei der Schadenszurechnung angesiedelt. Denn die Tatsache, dass der durch das haftungsbegründende Ereignis real bewirkte Schaden später durch einen anderen Umstand (die Reserveursache) ebenfalls herbeigeführt worden wäre, kann an der Kausalität der realen Ursache nichts ändern. Ob die Reserveursache beachtlich ist und zu einer Entlastung des Schädigers führt, ist eine davon zu trennende Wertungsfrage.145 Ebenso muss es auch bei der Kausalität des §  129 InsO sein: Es ist eine Frage wertender Beurteilung, inwieweit der hypothetische Kausalverlauf geeignet ist, eine an sich gegebene Haftung des Anfechtungsschuldners zu beeinflussen. b)  Erweiterung durch §  147 InsO Insbesondere §§  80, 81, 90, 91 InsO sehen Regelungen vor, die eine Verkürzung der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhindern sollen. Das Insolvenzanfechtungsrecht soll demgegenüber eine Rückführung eines   BGHZ 143, 246 = NZI 2000, 116.   BGHZ 104, 355 = NJW 1988, 3265. 144   BGHZ 104, 355 = NJW 1988, 3265 (3266); Heinze, DZWIR 2007, 407. 145   Staudinger/Schiemann, §  249 Rdnr.  93 („Zurechnungsfrage)“ m.w.Nachw. 142 143

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Vermögensabflusses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirken. Soweit jedoch die §§  80 ff. InsO einen Rechtserwerb nicht hindern (§§  81 Abs.  1 S.  2, 91 Abs.  2 InsO) werden auch solche Rechtshandlungen, die nach Eröffnung des Verfahrens vorgenommen wurden, von der Anfechtung erfasst (§  147 InsO).146 c)  Das Bargeschäft (§  142 InsO) Die systematische Stellung des §  142 InsO verwundert auf den ersten Blick, handelt es sich doch um eine Ausnahme zur Grundnorm des §  129 InsO. Diese Vorschrift enthält jedoch eine Bereichsausnahme für Fälle der Vorsatzanfechtung (§  133 Abs.  1 InsO), so dass jedenfalls ein Standort nach den Anfechtungstatbeständen sinnvoll erscheint. Mit der Insolvenzrechtsreform wurden die höchstrichterlich entwickelten Grundsätze des Bargeschäfts normiert.147 Nach §  142 InsO ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, grundsätzlich der Insolvenzanfechtung entzogen. aa)  Rechtsgrund Unter dem Gesichtspunkt der Massemehrungsfunktion des Insolvenzanfechtungsrechts stellt §  142 InsO keinen großen Bruch dar, da die Gegenleistung die Insolvenzmasse dergestalt auffüllen muss, dass in summa ein masseneutraler Vorgang vorliegt. Es ändert sich zwar die konkrete Zusammensetzung des Schuldnervermögens; die Wertkontinuität aber bleibt erhalten.148 Anders gewendet: Die Leistung ist unter Einbezug der Gegenleistung nicht gläubigerbenachteiligend. §  142 InsO formuliert für diese In toto-Sicht jedoch enge Grenzen. Daraus lässt sich schließen, dass eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung im Übrigen grundsätzlich ausscheiden muss.149 In der Gesetzesbegründung zum heutigen §  142 InsO wird als der „entscheidende Grund für die Ausnahmevorschrift“150 ein folgenorientierter Gesichtspunkt genannt. Ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, würde praktisch vom Geschäftsverkehr151 ausgeschlossen, wenn selbst die von ihm abgeschlos  Häsemeyer, Rdnr.  21.03.   RGZ 100, 62 (64); RGZ 136, 152 (158 f.); BGHZ 70, 177 (184 f.) = NJW 1978, 758 (759); Kilger/K.Schmidt, KO/VglO/GesO, §  30 Anm.  8; Raschke, S.  16 ff.; Bräuer, S.  12 ff. m.w.Nachw.; Riggert, in: FS Braun, S.  139 (147 ff.); BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). 148   Riggert, in: FS Braun, S.  139 (141). 149   Damit verlagert sich aus methodischer Sicht die zentrale Frage dahin, ob und inwieweit §  142 InsO analog zur Anwendung kommt. Die Analogiebasis dieser Norm oder anders gesagt die Reichweite sog. „bargeschäftsähnlicher Handlungen“ gilt es klar zu konturieren. Restriktiv Kayser, in: FS G.Fischer, S.  267 (268). 150   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). 151   Auch von den verkehrsüblichen Umsatzgeschäften, wie der BGH betont: BGH WM 1984, 1430; BGHZ 123, 320 (323) = NJW 1993, 3267. 146 147

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senen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen.152 Andernfalls würde auch jegliche Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens im Keim erstickt. Selbst bei masseneutralen Rechtsgeschäften müsste jeder Gläubiger mit einer Rückabwicklung nach §  143 Abs.  1 InsO rechnen. Die Insolvenzfestigkeit von Bargeschäften stärkt die Privatautonomie.153 §  142 InsO liegt damit zum einen eine wirtschaftliche Betrachtung zugrunde: Es besteht wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten der Insolvenzgläubiger. Zum anderen kommt eine Folgenorientierung zum Tragen: Der Schuldner würde andernfalls vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen. Diese ratio legis steht unter einem besonderen Prüfstand, wenn es um die Anwendbarkeit des §  142 InsO auf Kontokorrentverrechnungen geht. bb)  Überblick über Voraussetzungen und Probleme Ein Bargeschäft (§  142 InsO) setzt zunächst einen Leistungsaustausch aufgrund einer Parteivereinbarung voraus. Die Begriffe Leistung und Gegenleistung sind weit zu verstehen.154 Leistung ist jede Rechtshandlung, die – wie bereits aus §  129 InsO folgt – gläubigerbenachteiligend sein muss.155 Der Formulierung „für die“ ist zu entnehmen, dass Leistung und Gegenleistung durch eine Parteivereinbarung miteinander verknüpft sein müssen.156 Wie konkret diese Parteivereinbarung sein muss, wird im Hauptteil genauer zu untersuchen sein. Bei Kontokorrentverrechnungen ist umstritten, ob die Kontokorrentabrede aus­ reicht. Die Gegenleistung muss gleichwertig sein. Bei einer Gesamtbetrachtung von Leistung und Gegenleistung darf keine Gläubigerbenachteiligung bestehen. Die Beurteilung richtet sich nach rein objektiven Maßstäben.157 Mit dem einschränkenden Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit ist eine zeitliche Dimension angesprochen: Der Leistungsaustausch muss in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt sein.158 Nicht zwingend ist ein Austausch 152   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). So auch Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S.  410. 153   Riggert, in: FS Braun, S.  139 (140). 154   Der Terminus „Bargeschäft“ ist weiter zu verstehen als im Rahmen des Offenkundigkeitsprinzips bei §  164 Abs.  1 BGB. 155   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE): „Die Benachteiligung der Gläubiger, die in der Leistung des Schuldners liegt, bleibt außer Betracht .  .  .“. Die Prüfung des §  129 InsO hinsichtlich der Leistung des Schuldners ist also vorrangig. 156   BGHZ 157, 350 (360) = NJW 2004, 1444 = NZI 2004, 206; so auch ausdrücklich BTDrucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE); Bräuer, S.  49: „wechselseitige Verwobenheit“. 157   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). 158   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). Überkommen sind daher die Stimmen im Schrifttum, die nach alter Rechtslage auf die nunmehr gesetzlich normierte Einschränkung der Unmittelbarkeit verzichten wollten: Canaris, in: FS KO, S.  82 ff.; K.Schmidt, WM 1983, 490 (494).

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Zug-um-Zug. Vielmehr ist eine gewisse, freilich nicht zu lange Zeitspanne zwischen den beiderseitigen Leistungen unschädlich, soweit diese nach den Umständen des Einzelfalls noch verkehrsüblich ist.159 Umstritten ist, ob ebenso wie bei der ausdrücklich normierten Bereichsausnahme des §  133 Abs.  1 InsO auch bei inkongruenten Deckungen (§  131 InsO) ein Bargeschäft ausscheidet. Insbesondere die Rechtsprechung160 verneint dies „in der Regel“. In methodischer Hinsicht ist fraglich, ob dies aus dem Wortlaut des §  142 InsO folgt161 oder eine teleologische Reduktion des §  142 InsO162 angezeigt ist. Diese Streitfrage ist im Hauptteil der Arbeit zu klären. d)  Hilfsnormen Zum „Allgemeinen Teil“ des Insolvenzanfechtungsrechts zählen auch die Definitions- und Hilfsnormen, die nach den Anfechtungstatbeständen (§§  130- 137 InsO), aber vor dem Bargeschäft (§  142 InsO) geregelt sind. aa)  Die Definitionsnorm des §  138 InsO §  138 InsO enthält eine Legaldefinition für „nahestehende Personen“. Es handelt sich um „Personen, die zur Zeit der anfechtbaren Rechtshandlung aus persönlichen, gesellschaftsrechtlichen oder ähnlichen Gründen eine besondere Informationsmöglichkeit über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners hatten“, eben um „Insider“.163 Das Gesetz folgt dem Enumerationsprinzip und differenziert bei dieser Auflistung zwischen natürlichen Personen einerseits (§  138 Abs.  1 InsO) und juristischen Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (§  138 Abs.  2 InsO) andererseits. Zahlreiche Normen innerhalb des Insolvenzanfechtungsrechts164 verweisen auf diese Definitionsnorm. Dabei geht es immer um eine Erleichterung der Insolvenzanfechtung gegenüber solchen Personen. Diese Verschärfungen des Insolvenzanfechtungsrechts beruhen auf der Annahme, dass nahestehende Personen in der Regel die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners kennen, daher seine Absichten leichter durchschauen und wegen ihrer wirtschaftlichen   BGHZ 167, 190 (199 f.) = NJW 2006, 2701 (2703 f.).   BGH NJW 1999, 645 (646); BGHZ 123, 320 (322 ff.) = NJW 1993, 3267 (3269). 161   BGHZ 123, 320 (328 f.) = NJW 1993, 3267 (3268 f.); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  142 Rdnr.  7; HK-InsO/Kreft, §  142 Rdnrn.  8 f.; Uhlenbruck/Hirte, §  142 Rdnr.  4; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, §  142 Rdnr.  10; HambKomm-Rogge, InsO, §  142 Rdnr.  4; Kayser, ZIP 2007, 49 f., ders., in: FS G.Fischer, S.  267 (272); Raschke, S.  103 f.; Bräuer, S.  54 ff., 120 (148 f.). 162   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  78 mit Rekurs auf die h. M. („teleologische Extension“); HK-InsO/Kreft, InsO, §  142 Rdnr.  9. 163   BT-Drucks. 12/2443, S.  161 f.; dazu zur KO Killinger, S.  19 ff. 164   Außerhalb der §§  129–147 InsO enthält §  162 Abs.  1 Nr.  1 InsO eine Sonderregelung, nach der die Veräußerung des Unternehmens oder eines Betriebs durch den Insolvenzverwalter an nahe stehende Personen i. S. des §  138 InsO unter bestimmten Voraussetzungen nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung zulässig ist. 159

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und persönlichen Verbundenheit eher bereit sind, zum Schaden seiner Gläubiger mit ihm Verträge abzuschließen.165 Dabei enthalten die §§  129–147 InsO zum einen Beweislastregeln zuungunsten nahestehender Personen; hinsichtlich der Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit, Eröffnungsantrag und Gläubigerbenachteiligung kehrt sich die Beweislast um (§§  130 Abs.  3, 131 Abs.  2 S.  2, 132 Abs.  3, 137 Abs.  2 S.  2 i. V. m. 130 Abs.  3 InsO). Zum anderen existiert mit §  133 Abs.  2 InsO ein eigener Insolvenzanfechtungstatbestand, der in §  3 Abs.  2 AnfG – mit Rekurs auf §  138 InsO – im Anfechtungsrecht außerhalb des Insolvenzverfahrens seine Entsprechung findet. bb)  Fristberechnung (§  139 InsO) Die Insolvenzanfechtungstatbestände (§§  130 ff. InsO)166 knüpfen bei ihren Fristen an den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an. Anders als bei §§  187 ff. BGB167 ist die Fristberechnung rückwärts gerichtet (rückläufige Frist168); es geht stets um die Abwicklung vergangener Sachverhalte169 (ex-post Dimension des Insolvenzanfechtungsrechts). Drei Zeitpunkte sind bei der Fristberechnung zu fixieren: der Ausgangspunkt der Fristberechnung (dies a quo), der dadurch zu ermittelnde Fristbeginn und der Zeitpunkt der Rechtshandlung (dies ad quem).170 §  139 InsO ist eine Hilfsnorm zur Bestimmung dieser Entstehungsfristen171: Nach §  139 Abs.  1 InsO beginnen die genannten Fristen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist – bei Fehlen eines solchen Tages mit dem Anfang des folgenden Tages.172 §  139 Abs.  2 InsO regelt den Berechnungsbeginn bei mehreren Eröffnungsanträgen. Die Norm stellt auf ein Prioritätsprinzip ab: Maßgebend ist der erste zulässige und begründete Antrag. Nach §  139 Abs.  2 S.  2 InsO wird ein rechtskräftig abgewiesener Antrag nur berücksichtigt und damit eine Anfechtbarkeit vorverlagert, wenn der Antrag mangels Masse abgewiesen worden ist. 165   BGHZ 96, 352 (358) = NJW 1986, 1047 (1049) zu den „nahen Angehörigen“ nach alter Rechtslage. 166   Ebenso ist dies bei §  88 InsO. Dazu Gerhardt, in: FS Günter Greiner, S.  31 (37 f.). 167   Zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften nach altem Recht: Jaeger/Henckel, KO §  30 Rdnr.  186; §  31 Rdnr.  39. Bei der Fristberechnung nach §  139 Abs.  1 InsO ist unerheblich, ob der errechnete Fristbeginn auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fällt. §  193 BGB sowie §  222 Abs.  2 ZPO gelten gerade nicht. MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  139 Rdnr.  7. 168   Rüedi, S.  4 m.w.Nachw. aus dem schweizerischen Schrifttum. 169   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  139 Rdnr.  1. 170   Rüedi, S.  4 m.w.Nachw. 171   Im Gegensatz dazu steht die sog. Ausübungsfrist in §  146 InsO. Siehe dazu §  3 II.4. 172   Ist z. B. der Antrag am 31.  10. 2009 bei Gericht eingegangen, so beginnt die Dreimonatsfrist der §§  130–132 InsO am 31.  7. 2009 um 0.00 Uhr. Die Monatsfrist beginnt dagegen am 1.  10. 2009 um 0.00 Uhr.

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cc)  Zeitpunktbestimmung (§  140 InsO) §  140 InsO ergänzt den Begriff der Rechtshandlung i. S. des §  129 InsO.173 Die Norm dient der Rechtsklarheit.174 Entscheidend soll der Zeitpunkt sein, in dem durch die Rechtshandlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste.175 Nach der Fiktion des §  140 Abs.  1 InsO ist dies grundsätzlich der Eintritt der rechtlichen Wirkungen. Ausnahmen i. S. einer Vorverlagerung des Zeitpunkts bestimmen §  140 Abs.  2 InsO bei einem mehraktigen Rechtserwerb176 , wenn eine Eintragung in das Grundbuch oder in ein vergleichbares Register erforderlich ist sowie §  140 Abs.  3 InsO für den Fall bedingter oder befristeter Rechtshandlungen. dd)  Vollstreckbarer Titel (§  141 InsO) §  141 InsO ist eine deklaratorische Vorschrift. Die Norm stellt die Weite des Begriffs der anfechtbaren Rechtshandlung (§  129 InsO) im Zusammenhang mit vollstreckbaren Schuldtiteln klar. Die Insolvenzanfechtung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Rechtshandlung durch einen Vollstreckungstitel gedeckt ist (§  141 Alt.  1 InsO) oder mit Hilfe der staatlichen Vollstreckungsorgane vorgenommen worden ist (§  141 Alt.  2 InsO).177

2.  Der Besondere Teil der Insolvenzanfechtung Der Gesetzgeber hat sich bei den in §§  130–137 InsO geregelten Anfechtungsgründen für das Tatbestandsprinzip entschieden. Dabei handelt es sich bei den Anfechtungstatbeständen freilich nicht um Anspruchsgrundlagen. Dies bringt der IX. Zivilsenat missverständlich zum Ausdruck, wenn er etwa formuliert, dass ein Anspruch aus §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO nicht bestehe.178 Die Anfechtungstatbestände lassen sich mit Hilfe von typologischen, zeitlichen und subjektiven Voraussetzungen179 konturieren. Eine typologische Trennlinie, die das Gesetz nicht ausdrücklich zieht, ist die Einteilung in das besondere und allgemeine Anfechtungsrecht. Diese Kategorisierung ergibt sich aus einem Vergleich mit den Anfechtungstatbeständen des Anfechtungsge  MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  140 Rdnr.  3.   Eckert, S.  128; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  140 Rdnr.  1. 175   BT-Drucks. 12/2443, S.  166. Kritisch Eckert, S.  42. 176   Ausführlich Gerhardt, in: FS Günter Greiner, S.  31. 177   In §  141 Alt.  2 InsO drückt sich zudem die Verdrängung des Prioritätsgrundsatzes (§  804 Abs.  3 ZPO) durch den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung in der wirtschaftlichen Krise des Schuldners aus. MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  141 Rdnr.  1. 178   Unzutreffend sind daher die Formulierungen in BGHZ 174, 314 = NJW 2008, 1067: „Ein Anspruch aus §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO (sic!) besteht allerdings nicht .  .  .“ sowie bei Rdnr.  15: „In Betracht kommt jedoch ein Anspruch aus §  133 Abs.  1 InsO.“ 179   Häsemeyer, 21.06. 173 174

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setzes. Für die Anfechtungstatbestände der §§  130–132 InsO existieren außerhalb der Insolvenz keine Parallelvorschriften. Deshalb zählt man sie zu Recht zum besonderen Anfechtungsrecht, während die insolvenzunabhängigen Anfechtungsgründe (§§  133 ff. InsO einerseits und §§  3 ff. AnfG anderseits) demgegenüber das allgemeine Insolvenzanfechtungsrecht bilden. Dabei handelt es sich nicht bloß um eine formale Unterscheidung. Diese Aufteilung speist sich aus den unterschiedlichen Zielrichtungen und Strukturen der Normen.180 Nur bei den Tatbeständen der §§  130, 131 InsO erfährt die Gläubigergleichbehandlung eine Vorwirkung.181 Der sachliche Grund liegt darin begründet, dass zwischen materieller und formeller Insolvenz nicht selten eine Zeitspanne liegt, in der einzelne Gläubiger bevorzugt befriedigt werden. Bei §§  130, 131 InsO geht es um die Sicherung oder Befriedigung einzelner Insolvenzgläubiger im Verhältnis zu konkurrierenden Gläubigern, während bei den Normen des allgemeinen Anfechtungsrechts der Anfechtungsgegner kein Insolvenzgläubiger sein muss. Thole bezeichnet die Deckungsanfechtung daher als „Gläubigerkonkurrenzanfechtung“ oder „Gläubigerpräferenzanfechtung“.182 Die Insolvenzanfechtungstatbestände weisen also eine „Zweispurigkeit“183 auf, die mit der Einteilung in besondere und allgemeine Insolvenzanfechtung zum Ausdruck kommt.184 Die historischen Wurzeln der zweiten Säule liegen in der actio pauliana, während der Gedanke der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung sich erst im 14. Jahrhundert, insbesondere in den italienischen Statuarrechten entwickelte.185 a)  Allgemeine Insolvenzanfechtungstatbestände aa)  Vorsätzliche Benachteiligung (§  133 InsO) §  133 InsO enthält als Pendant zu §  3 AnfG den Tatbestand der vorsätzlichen Benachteiligung.186 Diese Norm mit der längsten Anfechtungsfrist (10 Jahre, §  133 Abs.  1 InsO) ist zu einem „scharfen Schwert“ des Insolvenzverwalters ge-

180   Zu einer „Dreiklassenteilung“, die die allgemeinen Anfechtungstatbestände gesondert in zwei Gruppen aufteilt (Absichtsanfechtung, unentgeltliche Verfügungen): Levy, S.  44 f. 181   Umstritten ist dies bei §  132 InsO: dazu unter b)cc); Thole, S.  421 ff. 182   Thole, S.  348 ff.; ders., ZZP 121 (2008), 67 (74). Gegen diese Terminologie spricht aber, dass Gegenstand der Anfechtung die Deckung ist (daher auch der Terminus Deckungsanfechtung), nicht aber eine Gläubigerkonkurrenz oder Gläubigerpräferenz. 183   Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 (603): „zwei Gruppen“. 184   Zu denkbaren anfechtungssystematischen Verzahnungen unter cc). 185   Kummer, in: FS Kreft, S.  393 (395) m.w.Nachw. 186   §  31 KO a. F. wurde unzutreffend als „Absichtsanfechtung“ bezeichnet. Dazu Jaeger/ Henckel, KO, §  31 Rdnrn.  1, 9. Entgegen dem Wortlaut des §  31 KO a. F. reichte auch dort jede Vorsatzform aus. Zum Vergleich zwischen §  3 AnfG und §  133 InsO: Kirchhof, in: FS Ganter, S.  237.

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worden.187 Im Schrifttum ist gar von einer „Renaissance des §  133 InsO“188 , von einer „Wunderwaffe“ oder „einer steile(n) Karriere hin fast schon zur Generalklausel“189 die Rede. Der Schuldner muss – wie es in den Motiven zur KO heißt – den Gläubigern einen Gegenstand ihrer Befriedigung haben entziehen oder schmälern wollen.190 Anders gewendet: §  133 InsO bezweckt die Gleichheit der Befriedigungschancen aller Gläubiger. Andere Gläubiger des Schuldners müssen die gleichen und fortbestehenden Chancen haben, auf das Vermögen zuzugreifen, wie der befriedigte Gläubiger.191 Voraussetzung des §  133 Abs.  1 InsO ist neben der objektiven Gläubigerbenachteiligung (§  129 InsO) ein doppeltes subjektives Erfordernis, wobei das zweite subjektive Tatbestandsmerkmal auf dem Ersten aufbaut: Zum einen muss der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§  140 InsO) den Vorsatz haben, seine Gläubiger zu benachteiligen und zum anderen muss „der andere Teil“ davon Kenntnis haben. Ebenso wie auch sonst im Zivilrecht genügt für den Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung dolus eventualis.192 Dies gilt auch für kongruente Deckungen, bei denen nach früherer Rechtsprechung ein einengendes ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal eingefordert wurde.193 Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des IX. Zivilsenats müssen Schuldner und Gläubiger nicht unlauter (kollusiv) zusammenwirken.194 Gescheitert ist die geplante Gesetzesänderung, wonach eine Rechtshandlung nach §  130 InsO nur dann gemäß §  133 Abs.  1 InsO angefochten werden kann, wenn ein unlauteres Verhalten des Schuldners vorliegt.195 Das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung wurde am 14.  12. 2006 nur in seinem ersten Teil beschlossen.196   §  133 Abs.  1 InsO enthält aber dennoch strengere Voraussetzungen als etwa §  10 Abs.  1 Nr.  4 GesO a. F.: Zum einen statuiert §  133 Abs.  1 InsO ein doppeltes subjektives Erfordernis (beim anderen Teil und beim Schuldner). Zum anderen reicht es bei §  10 Abs.  1 Nr.  4 GesO aus, dass der andere Teil die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag den Umständen nach kennen musste. 188   Bork, ZIP 2004, 1684; ders., ZIP 2008, 1041 (1045); kritisch zur Rechtsprechung des IX. Zivilsenats: Foerste, NZI 2006, 6. 189   Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445, 456. Marotzke plädiert de lege ferenda für eine weitere Aufwertung des §  133 InsO: §§  88, 130–132 InsO seien ersatzlos zu streichen; §  133 InsO sollte zu einer anfechtungsrechtlichen Grundsatznorm avancieren. Marotzke, ZInsO 2006, 7 (10 f.); Jacoby, KTS 2009, 3 (24): „(kleine) Generalklausel des Anfechtungsrechts“. 190   Hahn, Bd.  4, S.  138. 191   Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 (602). 192   Zu §  826 BGB etwa: Staudinger/Oechsler, §  826 Rdnr.  75; MünchKomm/BGB-Wagner, §  826 Rdnr.  23. 193   BGHZ 121, 179 (185) = NJW 1993, 663. 194   BGH WM 2003, 1923 (1925); BGH WM 2004, 1587 (1588); BGH WM 2006, 190 (192). Für eine teleologische Reduktion des §  133 Abs.  1 InsO bei kongruenten Deckungen streitet indes die lange 10-Jahresfrist. 195   Huber, ZIP 2007, 501 m.w.Nachw.: „Wie höchstrichterliche Rechtsprechung durch berichtigende Worte des Gesetzgebers Makulatur werden soll(te)“. 196   BGBl.  I 368. 187

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Für beide subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen bestehen Vermutungsregeln. Hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners entwickelte der BGH eine ungeschriebene Vermutung: Der Benachteiligungsvorsatz ist zu vermuten, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies gilt auch für kongruente Deckungen.197 Zahlungsunfähigkeit ist i. S. der Legaldefinition des §  17 InsO zu verstehen.198 Nach §  17 Abs.  2 S.  2 InsO ist im Fall der Zahlungseinstellung in der Regel die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners anzunehmen. Diese Kenntnis des Schuldners besteht dann nicht, wenn er überzeugt ist, in absehbarer Zeit alle ernsthaft eingeforderten Forderungen befriedigen zu können. Für die Kenntnis des „anderen Teils“ formuliert §  133 Abs.  1 S.  2 InsO eine Vermutungsregel für den Fall, dass der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die Unterscheidung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen spielt im Rahmen des §  133 Abs.  1 InsO insofern eine Rolle, als die Rechtsprechung in einer inkongruenten Deckung regelmäßig ein starkes Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für eine Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz sieht.199 Die Judikatur des IX. Zivilsenats zu §  133 InsO lässt sich gerade bei „hinausgezögerten Insolvenzen“ in dem Sinne verstehen, dass der BGH mit §  133 InsO ein „Disziplinierungsinstrument“ zum Einsatz bringen will, so dass Insolvenzanträge rechtzeitig gestellt werden und nicht durch kurzfristige Zahlungen der Todeskampf der Schuldnerin verlängert wird. Ob und inwieweit Begrenzungen des weiten Anwendungsbereichs des §  133 Abs.  1 InsO angesichts der langen Anfechtungsfrist von 10 Jahren angebracht sind, ist im Hauptteil zu eruieren. Es geht um die Reichweite einer teleologischen Reduktion des §  133 Abs.  1 InsO. bb)  Unentgeltliche Leistung (§  134 InsO) §  134 InsO, dessen Pendant außerhalb eines Insolvenzverfahrens §  4 AnfG ist, überträgt die Wertung, dass ein unentgeltlicher Erwerb weniger schutzwürdig ist 200 , in das Anfechtungsrecht. Üblicherweise wird dieser Anfechtungstatbestand als „Schenkungsanfechtung“ bezeichnet. Dieser Begriff ist für §  134   BGHZ 155, 75 (83 f.) = WM 2003, 1690; BGHZ 162, 143 (153) = WM 2005, 564; BGHZ 167, 190 (195) = WM 2006, 1159; BGH WM 1998, 248 (251). 198   Ausführlich zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit: G. Fischer, in: FS Ganter, S.  153 m.w.Nachw. 199   BGHZ 137, 267 (283) = ZIP 1998, 257; BGH ZIP 1999, 406 (407); BGH NZI 2002, 486. 200   Siehe nur §§  528, 816 Abs.  1 S.  2, 988 BGB. Ausführlich Heim, S.  35 ff. m.w.Nachw. 197

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InsO, dessen Legalüberschrift „unentgeltliche Leistung“ lautet, m. E. zu eng und unpräzise und sollte aus dem Vokabular des Insolvenzanfechtungsrechts gestrichen werden. 201 Der Gesetzgeber hat schließlich den Terminus der „Schenkungsanfechtung“ bewusst vermieden. 202 Nach h. M. findet kein Gleichklang zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff statt. 203 Der Terminus der Leistung i. S. des §  134 InsO ist weit zu verstehen. Darunter fallen alle Rechtshandlungen, die dazu führen, dass ein vermögensrechtlich relevanter Gegenstand aus dem haftenden Vermögen des Schuldners in irgendeiner Weise zu Gunsten einer dritten Person entfernt wird. 204 cc)  Gesellschafterdarlehen (§  135 InsO) Das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) 205 vollzog im Eigenkapitalersatzrecht einen Paradigmenwechsel 206: Das Eigenkapitalersatzrecht, das mit §§  32a, 32b GmbHG a. F. einerseits und den vom BGH praeter legem entwickelten sog. Rechtsprechungsregeln andererseits zwei Säulen hatte und zu den schwierigsten Regeln des GmbH-Rechts zählte207, wurde abgeschafft. Gesellschafterdarlehen und vergleichbare Leistungen werden nun rein insolvenzrechtlich behandelt (insolvenzrechtliche Lösung). 208 §  39 Abs.  1 Nr.  5 InsO ordnet an, dass Gesellschafterdarlehen und Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen, generell nachrangig zu befriedigen sind. Das Insolvenzanfechtungsrecht dockt mit §  135 InsO an diese Regelung an und ist aufgrund der Ausweitung des §  39 Abs.  1 Nr.  5 InsO auf alle Gesellschafterdarlehen konsequenterweise nicht mehr mit der Legalüberschrift „kapitalersetzende Darlehen“, sondern mit „Gesellschafterdarlehen“ umschrieben. Die Norm statuiert einen Anfechtungsgrund für Rückzahlungen der Gesellschaft auf Forderungen dieser Art. Nach §  135 Abs.  1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung (§  39 Abs.  1 Nr.  5 InsO) eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat. 209   Würdinger, WuB VI A. §  134 InsO 2.06.   BT-Drucks. 12/2443, S.  160 f. 203   Anders jedoch Bartels, WuB VI A. §  134 InsO 3.05. 204   Prütting, KTS 2005, 253 (259). 205   Gesetz vom 23.  10. 2008, m.W.v. 1.  11. 2008; BGBl I 2008, 2026. Zum Insolvenzrecht im MoMiG: Grigoleit/Rieder, Rdnrn.  227 ff.; Römermann, NZI 2008, 641 m.w.Nachw.; Klinck/ Gärtner, NZI 2008, 457. 206   Gehrlein, BB 2008, 846. 207   Gehrlein, BB 2008, 846; Haas, Geschäftsführerhaftung, S.  48; Schaumann, S.  17 ff. jeweils m.w.Nachw. 208   Siehe z. B. Hirte, ZInsO 2008, 689; ders., WM 2008, 1429; Spliedt, ZIP 2009, 149; Thole, S.  382 ff. 209   Außerhalb eines Insolvenzverfahrens – insbesondere bei Masselosigkeit – sind die Vorschriften der §§  6 , 6 a AnfG zu beachten, die ebenfalls an §  39 Abs.  1 Nr.  5 InsO anknüpfen. 201

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dd)  Stille Gesellschaft (§  136 InsO) Auch bei §  136 InsO hat sich der Gesetzgeber für eine „insolvenzrechtliche Lösung“ entschieden: Die Vorschrift absorbiert den früheren §  237 HGB. Sie setzt eine stille Gesellschaft (§  230 HGB) voraus. Über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts muss ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sein. Erfasst werden Rechtshandlungen, durch die einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt wird (Rückzahlung der Einlage) oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen wird (Erlass des Verlustanteils). Die anzufechtende Rechtshandlung muss auf einer besonderen Vereinbarung zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter beruhen. Rechtshandlungen, auf die der stille Gesellschafter einen gesetzlichen oder im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Anspruch hat, fallen daher nicht unter §  136 InsO.210 Für die Fristberechnung kommt es auf den Zeitpunkt der Vereinbarung an: Die zugrunde liegende Vereinbarung muss im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach getroffen worden sein.211 b)  Besondere Insolvenzanfechtungstatbestände §§  130–132 InsO enthalten drei Anfechtungstatbestände212 , die keine Entsprechung im AnfG haben und daher zum besonderen Insolvenzanfechtungsrecht zählen. §§  130, 131 InsO sind im Insolvenzverfahren die weitaus wichtigsten Anfechtungsgründe. 213 Es geht um die Insolvenzanfechtung von kongruenten und inkongruenten Deckungen (sog. Deckungsanfechtung). Der Terminus der Deckung taucht in den Marginalrubriken der §§  130, 131 InsO auf und meint als Oberbegriff eine Sicherung oder Befriedigung (arg. ex §§  130 Abs.  1, 131 Abs.  1 InsO). Die inkongruente Deckung ist in §  131 Abs.  1 InsO legaldefiniert: Es ist eine Sicherung oder Befriedigung, die der Insolvenzgläubiger nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat. Im Umkehrschluss zu §  131 Abs.  1 InsO ist von einer kongruenten Deckung auszugehen, wenn der Insolvenzgläubiger in der Phase der wirtschaftlichen Krise eine Deckung erhält, auf die er einen Anspruch i. S. des §  194 BGB hat. §  137 InsO enthält Modifikationen für kongruente Deckungen (§  130 InsO), wenn der Insolvenzschuldner auf einen Wechsel oder einen Scheck gezahlt hat. 214 Thole, S.  394 ff. sieht §  135 Abs.  1 InsO als Teil der Gläubigerkonkurrenzanfechtung und als Instrument zum Ausgleich von strukturellen Informationsasymmetrien an. 210   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  50 Rdnr.  57. 211   Die Vorschrift gilt nach §  136 Abs.  1 S.  2 InsO auch dann, wenn im Zusammenhang mit der Vereinbarung die stille Gesellschaft aufgelöst worden ist. 212   Früher waren alle drei Anfechtungstatbestände in einer Norm geregelt: §  30 KO a. F. Ausführlich Klinck, passim. 213   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  7. 214   Der Wechsel- oder Scheckgläubiger, der die Zahlung des schon insolventen Schuldners

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Die Termini kongruente und inkongruente Deckung waren zwar in der Konkursordnung nicht ausdrücklich verankert, aber doch im Sprachgebrauch von Rechtsprechung und Schrifttum präsent. 215 Jaeger verwendete den Begriff der Kongruenz als erster in seiner Kommentierung des Anfechtungsgesetzes von 1905. 216 Das Reichsgericht griff diese Terminologie erstmalig in einer Entscheidung aus dem Jahr 1906 auf.217 aa)  Die Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) (1)  Das Normenverhältnis von §  130 InsO und §  131 InsO Nach der Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO setzt eine inkongruente Deckung voraus, dass einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht wurde, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Jede andere Deckung ist dementsprechend kongruent. Henckel hält eine Definition der kongruenten Deckung für überflüssig.218 Liegen die Voraussetzungen des §  130 InsO vor, so komme es nicht mehr darauf an, ob die Deckung kongruent oder inkongruent sei. Dafür spricht, dass aus dem Wortlaut des §  130 InsO eine erforderliche Kongruenz der Deckung nicht hervorgeht, wenn man von der gesetzlichen Überschrift einmal absieht. §  130 InsO ist weit formuliert und umfasst auch die Fälle, für die §  131 InsO Erleichterungen vorsieht. Damit könne immer dann auf §  130 InsO zurückgegriffen werden, wenn Zweifel an der Inkongruenz einer Deckung bestehen.219 Demnach stünden die Normen in einem Inklusivitätsverhältnis. Gegen eine solche Sichtweise streitet allerdings die Legalüberschrift des §  130 InsO, mit der der Gesetzgeber verdeutlicht hat, dass nicht alle Deckungen, sondern nur die kongruenten unter diese Norm fallen sollen. Somit ist von einem Exklusivitätsverhältnis von §  130 InsO einerseits und §  131 InsO andererseits auszugehen. §  131 InsO ist lex specialis zu §  130 InsO. §  130 InsO ist demnach gleichsam eine „Restgröße“ für alle Deckungen, die nicht unter die Spezialvorschrift des §  131 InsO fallen. Einer positiven Definition für kongruente Deckungen bedarf es daher in der Tat nicht.

nicht annimmt, würde seine Regressansprüche verlieren. Deshalb soll gegen ihn kein Anfechtungsanspruch bestehen, wenn der Schuldner ihm gezahlt hat, was zu dieser Zeit zu zahlen war. Statt seiner ist Anfechtungsgegner der letzte Regressschuldner oder derjenige, für dessen Rechnung dieser den Wechsel oder Scheck begeben hatte. Henckel, in: Kölner Schrift, Rdnr.  63. 215   Inkongruent galt als Synonym für „nicht gebührend“, „abweichend“. Siehe Jaeger/ Lent, KO, 8.Aufl., §  30 Rdnr.  44. 216   Jaeger, Die Gläubigeranfechtung außerhalb des Konkurses, §  3 Anm.  9. 217   RG Gruchot 50, 1145; siehe dazu Henckel, in: FS Gerhardt, S.  361 (372). 218   Henckel, in: Kölner Schrift, S.  813 (821) Rdnr.  21. 219   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  130 Rdnr.  5: „Auffangtatbestand“; Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  13.

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Henckel führt zur Legalüberschrift des §  130 InsO an, dass diese nicht ganz korrekt sei. 220 Diese Einschätzung mag man de lege ferenda teilen. De lege lata ist sie jedenfalls unzutreffend. Ein derartiges Normenverhältnis stellt eine Eigenwertung in den Vordergrund, die dem Gesetz nicht zu entnehmen ist. Die gesetzliche Überschrift des §  130 InsO kann nicht als ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers angesehen werden, das im Wege einer teleologischen Extension zu korrigieren wäre. In praxi spielt dieses Normenverhältnis221 eine untergeordnete Rolle, weil das Gericht offen lassen kann, ob es sich um eine kongruente oder inkongruente Deckung handelt, wenn jedenfalls die Voraussetzungen des §  130 InsO eingreifen.222 (2)  Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen Der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen kommt nicht selten eine besondere Bedeutung zu.223 Bork spricht von einer „kriegsentscheidenden“ Bedeutung. 224 Gerhardt bezeichnet die Vorgehensweise des Insolvenzverwalters nach §  131 InsO als „schärfste Waffe“.225 In der Tat handelt es sich bei den Deckungsarten um einen „Qualitätssprung“ von erheblicher praktischer Relevanz: Inkongruente Deckungen sind unter den erleichterten Voraussetzungen des §  131 Abs.  1 InsO anfechtbar. Dies liegt darin begründet, dass solche Deckungen eine besondere Verdächtigkeit auszeichnet. 226 Wieso erhält ein Insolvenzgläubiger in der Krise eine Deckung, auf die er keinen Anspruch hat? Der Gesetzgeber vermutet 227 unwiderleglich, dass dies mit der wirtschaftlichen Krise zu tun hat 228 und erleichtert daher die Anfechtbarkeit solcher Sicherungen und Befriedigungen, indem er §  131 Abs.  1 Nr.  1   Henckel, in: Kölner Schrift S.  813 (821) Rdnr.  21.   Von der Normstruktur vergleichbar ist m. E. das Verhältnis von Raub (§  249 StGB) einerseits und Erpressung (§  253 StGB) andererseits. Auch dort existiert der Streit, ob ein Inklusivitäts- oder ein Exklusivitätsverhältnis anzunehmen ist. Siehe etwa Schönke/Schröder/ Eser/Bosch, StGB, §  253 Rdnr.  31 m.w.Nachw. 222   Ähnlich liegt es z. B. beim Verhältnis zwischen §  48 VwVfG und §  49 VwVfG im Verwaltungsrecht. Zum Widerruf bei rechtwidrigen Verwaltungsakten Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, §  49 Rdnr.  6 . 223   Heublein, ZIP 2000, 161 (166): „Weichenstellung“; Thole, S.  359 ff. mit einem Abgleich zum englischen und amerikanischen Recht. 224   Bork, in: FS Ishikawa, S.  40. 225   Gerhardt, in: FS G.Fischer, 149 (153). 226   BT-Drucks. 12/2443, S.  158. 227   Bereits §  23 Nr.  2 KO 1877 (= §  30 Nr.  2 KO der späteren Gesetzesfassung) ging von einer solchen Vermutung aus, dass der Gläubiger, der kurz vor oder nach Ausbruch der Zahlungsunfähigkeit eine Sicherstellung erlange, auf welche er keinen Anspruch zu erheben hatte, die Lage des Schuldners, die Zahlungseinstellung oder die Einbringung des Konkursantrages gekannt oder gewusst habe, dass der Schuldner ihn „vor Thores Schluß“ habe begünstigen wollen. Siehe Hahn, Bd.  4, S.  125 f. 228   BT-Drucks. 12/2443, S.  159. 220 221

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und Nr.  2 InsO von subjektiven Voraussetzungen entkleidet. Während die Darlegung und der Beweis der objektiven Anfechtungsvoraussetzungen wie z. B. die Zahlungsunfähigkeit (§  17 InsO) eine lösbare Aufgabe darstellt, bereiten dem Insolvenzverwalter die Darlegung und der Beweis der subjektiven Tatbestandsmerkmale wie die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit in §  130 InsO häufig Schwierigkeiten.229 Einigkeit besteht im Ausgangspunkt der Abgrenzungsproblematik. Nach dem Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO zeichnet sich die inkongruente Deckung dadurch aus, dass der Insolvenzgläubiger die Sicherung oder Befriedigung nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. In methodischer Hinsicht ist der Frage nachzugehen, ob es bei dieser anspruchsorientierten Abgrenzung verbleiben soll oder ob aus teleologischen Gründen eine Korrektur anzusetzen ist. Extensionen hat die Rechtsprechung etwa bei geringfügigen Abweichungen zwischen der geschuldeten und der erhaltenen Deckung bejaht. Bei geringfügigen Abweichungen setzt der BGH eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. 230 Es sei grundsätzlich denkbar, dass auch solche Leistungen, welche der Gläubiger nicht in der Art oder nicht zu der Zeit beanspruchen kann, als kongruent zu behandeln, wenn die Abweichung von der geschuldeten Leistung so geringfügig ist, dass das Erbrachte sich, auch unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, als unverdächtig darstellt.231 Eine weite Auslegung des Passus „nicht in der Art“ in §  131 Abs.  1 InsO präferiert die Rechtsprechung bei Zwangsdeckungen und qualifiziert diese somit als inkongruente Deckungen. 232 Eine dogmatische Durchdringung von Kontokorrentverrechnungen im Hauptteil dieser Arbeit erfordert es, die Teleologie der §§  130 f. InsO aufzudecken. Zum einen ist umstritten, ob es sich bei der Rückführung debitorischer Konten um eine kongruente, da vertragsmäßige und unverdächtige Deckung handelt. Ist §  131 Abs.  1 InsO insoweit teleologisch zu reduzieren? Zum anderen ist bei der Inzidentprüfung der Insolvenzbeständigkeit von Kreditsicherheiten (AGB-Pfandrecht und Globalzession) der Frage nachzugehen, ob ein   Heublein, ZIP 2000, 161 (167); Lwowski, in: FS Uhlenbruck, S.  299 (303).   Ebenso entscheidet der III. Zivilsenat im Maklerrecht. Nach §  652 Abs.  1 S.  1 BGB reicht es für eine Courtageberechtigung des Maklers nicht aus, dass irgendein Hauptvertrag zustande kommt. Es muss der beabsichtigte Vertrag zustande kommen. Führt die Tätigkeit des Maklers zum Abschluss eines Vertrags mit anderem Inhalt, so entsteht grundsätzlich kein Provisionsanspruch. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt lediglich dann in Betracht, wenn der Kunde mit dem tatsächlich abgeschlossenen Vertrag wirtschaftlich denselben Erfolg erzielt, d. h. wenn eine wirtschaftliche Identität (Kongruenz, Gleichwertigkeit) zwischen dem beabsichtigten und dem tatsächlich zustande gekommenen Hauptvertrag besteht. Dazu MünchKomm-BGB/H. Roth, §  652 Rdnrn.  145 ff. 231   BGH NZI 2005, 497 f.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  11; HK-InsO/Kreft, §  130 Rdnr.  11. 232   BGHZ 136, 309 (311 ff.) = NJW 1997, 3445; BGHZ 155, 75 (80) = NJW 2003, 3347; BGHZ 157, 350 (353) = NZI 2004, 206; BGH NZI 2002, 378 (379); Buchner, S.  21 ff. 229

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insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz und damit eine Individualisierung oder Konkretisierung der Sicherheit einzufordern ist, um von einer kongruenten Deckung ausgehen zu können. Ist §  131 Abs.  1 InsO insoweit teleologisch zu extensieren? bb)  Der Sonderfall des §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO bricht aus der vorgetragenen Systematik (§§  130–132 InsO einerseits, §§  133–137 InsO andererseits) aus. Diese Norm verzichtet als Sonderfall des §  133 InsO233 auf die objektive Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit, verlangt dafür aber subjektive Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung.234 Die Regelung beruht auf dem Gedanken, dass angesichts der zeitlichen Nähe zum Insolvenzantrag der Verdacht materieller Insolvenz besteht, diese aber nicht bewiesen werden kann. 235 Die Vorschrift geht auf die Beweiserleichterungen zurück, die die Rechtsprechung für §  31 Nr.  1 KO bei inkongruenten Leistungen entwickelt hat. Der enge Bezug zur Vorsatzanfechtung wird in den Materialien betont, wenn es dort heißt, dass im Anschluss an diese Judikatur bei Rechtshandlungen des Schuldners unwiderleglich vermutet werde, dass er die anderen Gläubiger benachteiligen wollte und dass dem Anfechtungsschuldner dieser Wille bewusst war. 236 §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist daher als dritter Satz von §  133 Abs.  1 InsO zu verstehen (typisierter Sonderfall der Vorsatzanfechtung).237 Es kommen die Wertungen der allgemeinen Insolvenzanfechtung zum Zuge. cc)  Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (§  132 InsO) §  132 InsO behandelt – wie der Marginalrubrik zu entnehmen ist – „unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen“. Die Norm ist „baugleich“ zu §  130 InsO formuliert, was den maßgeblichen Anfechtungszeitraum der wirtschaftlichen Krise sowie den Maßstab und den Bezugspunkt der Bösgläubigkeit des Anfechtungsgegners anbelangt. 238 Die Vorschriften der Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) sind leges speciales.239   BT-Drucks. 12/2443, S.  159.   BT-Drucks. 12/2443, S.  159. 235   Schoppmeyer, NZI 2005, 185 (187). In vergleichbarer Weise ordnete §  30 Nr.  2 KO a. F. eine zehntägige Verdachtsfrist an. 236   BT-Drucks. 12/2443, S.  159; ebenso Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S.  408. 237   BT-Drucks. 12/2443, S.  159; Guski, S.  145 m.w.Nachw. 238   §  132 Abs.  3 InsO verweist zudem auf §  130 Abs.  2, 3 InsO. 239   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  132 Rdnr.  5. Nach h. M. geht es auch bei §  132 InsO um die Verwirklichung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes. Siehe etwa MünchKommInsO/Kirchhof, §  132 Rdnr.  1. Allerdings muss bei §  132 InsO der Anfechtungsschuldner nicht zwingend ein Insolvenzgläubiger sein. Zur umstrittenen Einordnung siehe Thole, S.  421 ff. 233

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§  132 Abs.  1 InsO240 weist gegenüber dem allgemeinen Grundtatbestand des §  129 InsO zwei Einschränkungen auf: Zum einen verlangt die Norm eine qualifizierte Rechtshandlung, ein Rechtsgeschäft des Schuldners; zum anderen reicht eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht aus: die Insolvenzgläubiger müssen unmittelbar benachteiligt sein.241 Den späteren Insolvenzgläubigern muss der Nachteil bereits durch die Vornahme des Rechtsgeschäfts entstanden sein, etwa durch einen Kaufvertrag, mit dem der Schuldner eine Sache unter Wert verkauft hat. Mit solchen Notverkäufen versucht der Schuldner kurzfristig fehlende Liquidität zu gewinnen („Verschleuderungsgeschäfte“). 242 §  132 Abs.  2 InsO erfasst in einem Auffangtatbestand243 Rechtshandlungen des Schuldners, die weder unter die Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) noch unter §  132 Abs.  1 InsO fallen. Umstritten ist, ob auch bei §  132 Abs.  2 InsO eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung einzufordern ist. Dafür streitet die Legalüberschrift. 244 Dagegen lassen sich der Wortlaut sowie die Funktion der Norm als Auffangtatbestand ins Feld führen.245 Richtigerweise unterstellt §  132 Abs.  2 InsO die unmittelbare Benachteiligung.246 Nur bei diesem Verständnis lassen sich Marginalrubrik einerseits und fehlende Stütze im Wortlaut andererseits widerspruchsfrei auflösen. Nach §  132 Abs.  2 Var. 1 InsO ist die Rechtshandlung, durch die der Schuldner „ein Recht verliert“, anfechtbar – so z. B. wenn der Schuldner einen Protest nach dem Wechselrecht unterlässt und deshalb Rechte, die den Protest voraussetzen, verliert. 247 Nach §  132 Abs.  2 Var. 2 InsO ist eine Insolvenzanfechtung möglich, wenn der Schuldner „ein Recht nicht mehr geltend machen kann“. Dies ist etwa der Fall, wenn es der Schuldner unterlässt, Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe (z. B. einen Einspruch gegen ein Versäumnisurteil nach §  338 ZPO) einzulegen und deshalb einen aussichtsreichen Passivprozess verliert. 248 240   Damit wurde die Anfechtbarkeit unmittelbar benachteiligender Rechtsgeschäfte in §  30 Nr.  1 Fall 1 KO und §  10 Abs.  1 Nr.  4 GesO ersetzt und erweitert. 241   Dies ist ausschließlich mit Bezug auf das Wertverhältnis zwischen den konkret ausgetauschten Leistungen zu beurteilen: BGH KTS 2003, 583 zur unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung durch Abhängigmachen einer zur Betriebsfortführung notwendigen Leistung von der Zahlung von Altforderungen. 242   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  132 Rdnr.  1. 243   BT-Drucks. 12/2443, S.  159: Absatz 2 will vor allem „Regelungslücken schließen“. 244   Anders die Gegenmeinung, die von einer „irreführenden Gesetzesüberschrift“ spricht. Siehe nur Henckel, in: Kölner Schrift S.  813 (833) Rdnr.  45; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  132 Rdnr.  27; HK-InsO/Kreft, §  132 Rdnr.  9; Zeuner, Rdnr.  162; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  47 Rdnr.  74. 245   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  47 Rdnr.  74. 246   So auch die Regierungsbegründung: BT-Drucks. 12/2443, S.  159. 247   BT-Drucks. 12/2443, S.  160. Als weiteres Beispiel wird der Fall genannt, in dem der Schuldner die Unterbrechung der Ersitzung (§  941 BGB) unterlässt und dadurch sein Eigentum verliert. 248   BT-Drucks. 12/2443, S.  160. Ein weiteres Beispiel: Der Schuldner unterlässt es, Maßnahmen zu ergreifen, die zur Hemmung der Verjährung führen.

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Die 3. Variante des §  132 Abs.  2 InsO benennt Rechtshandlungen des Schuldners, durch die „ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar“ wird. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner eine rechtzeitige Anfechtung nach §§  119 ff. BGB unterlässt. 249 Die 2. Alternative ist etwa einschlägig, wenn es der Schuldner unterlässt, in einem Passivprozess die Einrede der Verjährung zu erheben. c)  Anfechtungssystematische Verzahnungen? Gerade §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO zeigt, dass die Zweispurigkeit nicht geradlinig verläuft. Dies ist historisch begründbar. In den Motiven zur KO heißt es für die Konkursanfechtung allgemein, dass der dolus der Rechtsgrund für die Anfechtung bleibt. 250 Der Unredlichkeitsgedanke war bestimmend für das ganze Konkursanfechtungsrecht. Die Vorsatzanfechtung ist – wie bereits erwähnt – der Eckstein des Anfechtungsrechts. Guski 251 betont daher anfechtungssystematische Verzahnungen zwischen den beiden Spuren. Neben der Zuordnung zum Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz als Ausprägung des Konkursprinzips trete auch der Dolus-Gedanke hervor. 252 Dieser Auffassung ist trotz der historischen Wurzeln, die für diese Sicht streiten, nicht zu folgen. Nur §§  130, 131 InsO absorbieren die Wertung der Gläubigergleichbehandlung in den jeweiligen Tatbeständen. Nur dort geht es um das Verhältnis der Insolvenzgläubiger untereinander. Davon ist die Ebene zu trennen, dass alle Insolvenzanfechtungstatbestände in ihrer Rechtsfolge (§  143 InsO) der Gläubigergleichbehandlung dienen, weil Rückführungen zur Insolvenzmasse die Insolvenzquote des einzelnen Insolvenzgläubigers erhöhen. §  130 InsO trägt dem Gedanken des Vertrauensschutzes Rechnung.253 Dabei geht es nicht in erster Linie um die „Unredlichkeit“ des begünstigten Insolvenzgläubigers, auch wenn in der historischen Entwicklung der Norm die Unredlichkeit eine wesentliche Rolle gespielt hat. 254 Grundsätzlich sollte eine Insolvenzanfechtung ab dem Zeitpunkt der materiellen Insolvenz möglich sein. Allerdings würden bei einer solchen Regelung die Interessen der Anfechtungsgegner nicht hinreichend berücksichtigt. Deshalb formuliert §  130 Abs.  1 InsO ein begrenzendes Tatbestandsmerkmal, das dem Vertrauensschutz und damit den Interessen der Anfechtungsgegner Rechnung trägt. Anfechtungssystematische Verzahnungen, die für die Auslegung fruchtbar zu machen wären, sind   BT-Drucks. 12/2443, S.  160.   Hahn, Band  4, S.  133 f. 251   Guski, S.  144 ff. 252   In eine ähnliche Richtung gehend Stamm, S.  185: Nur „das Wissen oder Wissenmüssen um den Eintritt der Insolvenz scheint es zu rechtfertigen, .  .  . vorzeitig eine Verlustgemeinschaft zu statuieren.“ 253   Ausführlich in Teil  3 III. 254   Siehe Mot. S.  109; Gerhardt, S.  215 ff.; ders., in: FS 100 Jahre KO, S.  111 (130 f.). 249

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darin aber nicht zu erblicken. Insbesondere ist die Deckungsanfechtung kein Unterfall der Vorsatzanfechtung. 255

IV.  Zusammenfassung Die Systematisierung des Insolvenzanfechtungsrechts hat mit dem Makrobereich zu beginnen: Zunächst ist zwischen der Anfechtung innerhalb und außerhalb der Insolvenz zu unterscheiden. Die Anfechtung nach einem eröffneten Insolvenzverfahren richtet sich nach §§  129–143 InsO (sog. „Insolvenzanfechtung“). Ist kein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden, so ist das „Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens“ (Anfechtungsgesetz – AnfG) maßgebend (sog. „Einzelanfechtung“). Insolvenz- und Einzelanfechtung stehen zueinander in einem Aliud-Verhältnis. Nach h. M. erlöschen mit Verfahrenseröffnung Ansprüche nach §  11 AnfG (Erlöschenstheorie); es entstehen gleichzeitig die Ansprüche aus §  143 InsO. Vorzugswürdig ist es, von einer Suspendierung der Ansprüche nach §  11 AnfG während des Insolvenzverfahrens auszugehen (Suspendierungstheorie). Der zentrale Unterschied zwischen der Insolvenz- und der Einzelanfechtung liegt darin, dass im AnfG der Gedanke der Gläubigergleichbehandlung keine Rolle spielt. Die Perspektive ist keine kollektive, sondern eine individuelle. Dennoch besteht eine partielle wertungsmäßige Deckungsgleichheit, die bei der Frage virulent wird, ob Vorschriften der §§  129 ff. InsO im Rahmen des AnfG analoge Anwendung finden. Dies ist etwa beim Bargeschäft (§  142 InsO) zu bejahen. Im Binnenbereich der §§  129–147 InsO ist zwischen Tatbestands- und Rechtsfolgennormen zu differenzieren. Zu Letzteren zählen §§  143–146 InsO, die mit §  143 Abs.  1 S.  1 InsO die zentrale Anspruchsgrundlage des Insolvenzanfechtungsrechts beinhalten. Terminologisch unscharf ist die weit verbreitete Rede von der „Insolvenzanfechtung gegenüber“ einer Person. Vorzugswürdig ist es, von einem „Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber“ einer Person zu sprechen. Die Insolvenzanfechtung ist kein Gestaltungsrecht. §  143 InsO installiert vielmehr als weitere Säule der zivilrechtlichen Rückabwicklungsmechanismen ein Rückabwicklungsinstitut sui generis, das neben dem Bereicherungsrecht, in das §  143 Abs.  1 S.  2 InsO in einer Rechtsfolgenverweisung hineinführt, und neben dem Rücktrittsrecht anzusiedeln ist. §  143 Abs.  1 S.  1 InsO statuiert einen schuldrechtlichen Anspruch mit haftungsrechtlicher Dimension, der in einem Näheverhältnis zum Bereicherungsrecht steht. Das Insolvenzanfechtungsrecht weist einen hybriden Charakter auf. Es speist sich aus Elementen des Schadensersatz- und Bereicherungsrechts und ist doch ein eigenständiges dogmatisches   Dazu Schoppmeyer, ZIP 2009, 600.

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Gebilde. §  143 InsO enthält eine Passivkonstruktion, die den Anfechtungsschuldner offen lässt und damit eine „Lücke“ im Gesetz hinterlässt, deren Ausfüllung gerade bei Mehrpersonenverhältnissen besondere Schwierigkeiten bereitet. Die Tatbestandsnormen lassen sich in einen Allgemeinen (§§  129, 138–141, 147 InsO) und einen Besonderen Teil (§§  130–137 InsO) gliedern. Mit Letzterem sind die Anfechtungstatbestände gemeint, die wiederum in besondere (§§  130–132 InsO) und allgemeine (§§  133–137 InsO) aufgespaltet werden können. Zum „Allgemeinen Teil“ zählt die Grundnorm des §  129 InsO. Diese markiert den Anwendungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts, der durch §  147 InsO erweitert wird. §  129 InsO ist sowohl in inhaltlicher als auch in personeller Hinsicht weit formuliert. Der Terminus „Rechtshandlung“ ist ein „rechtsfolgenorientierter Begriff“, der mit §  143 InsO abzugleichen ist. Prägend ist die rechtliche Wirkung. Die Protagonisten des Insolvenzanfechtungsrechts sind „der Urheber“ der Rechtshandlung, der Anfechtungsschuldner und der Anfechtungsberechtigte: Die Rechtshandlung ist an keine bestimmte Person gebunden. Der potentielle Anfechtungsschuldner bleibt im Gesetz unerwähnt. „Anfechtungsberechtigt“ ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter. §  129 InsO weist begriffliche Unschärfen auf. Entgegen dem Wortlaut wird die Rechtshandlung nicht „angefochten“. Zum einen werden lediglich die Wirkungen der Rechtshandlung rückgängig gemacht. Zum anderen handelt es sich um kein Gestaltungsrecht; der Anspruch aus §  143 Abs.  1 InsO entsteht ipso iure. Die Gläubigerbenachteiligung ist das Prägemerkmal jeder Insolvenzanfechtung. Eine mittelbare Benachteiligung reicht aus (arg. e contrario §§  132 Abs.  1, 133 Abs.  2 InsO). M. E. ist ähnlich wie im Schadensersatzrecht in einem ersten Schritt eine Differenzhypothese anzusetzen und in einem zweiten Schritt gegebenenfalls eine normative Korrektur vorzunehmen. Das Bargeschäft (§  142 InsO) ist als Ausnahme zu §  129 InsO konzipiert. Dieser Norm liegt zum einen eine wirtschaftliche Betrachtung zugrunde: es besteht wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Insolvenzschuldners. Zum anderen kommt eine Folgenorientierung zum Tragen: Der Schuldner würde andernfalls vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen. §§  138–141 InsO enthalten Hilfsnormen (Ergänzungsnormen), wie etwa die Legaldefinition der nahe stehenden Person in §  138 InsO. Zum Besonderen Teil der Insolvenzanfechtung gehören die Anfechtungsgründe der §§  130–137 InsO. Der Gesetzgeber hat sich dabei für das Tatbestandsprinzip entschieden. Eine typologische Trennlinie, die das Gesetz nicht ausdrücklich zieht, ist die Einteilung in das besondere und allgemeine Anfechtungsrecht. Diese Kategorisierung ergibt sich aus einem Vergleich mit den Anfechtungstatbeständen des Anfechtungsgesetzes. Für die Anfechtungstatbe-

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stände der §§  130–132 InsO existieren außerhalb der Insolvenz keine Parallelvorschriften (besonderes Anfechtungsrecht). Die insolvenzunabhängigen Anfechtungsgründe (§§  133 ff. InsO einerseits und §§  3 ff. AnfG anderseits) bilden demgegenüber das allgemeine Insolvenzanfechtungsrecht (Zweispurigkeit der Anfechtungstatbestände). Nur bei den Tatbeständen der §§  130–131 InsO erfährt die Gläubigergleichbehandlung eine Vorwirkung; Anfechtungsschuldner kann nur ein Insolvenzgläubiger sein. Davon ist die Ebene zu trennen, dass alle Insolvenzanfechtungstatbestände in ihrer Rechtsfolge (§  143 InsO) der Gläubigergleichbehandlung dienen, weil Rückführungen zur Insolvenzmasse die Insolvenzquote des einzelnen Insolvenzgläubigers erhöhen. §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO bricht aus dieser Systematik aus; es handelt sich um einen Sonderfall des §  133 Abs.  1 InsO. Anfechtungsrechtliche Verzahnungen zwischen den beiden Säulen des Besonderen Teils des Anfechtungsrechts bestehen im Übrigen nicht. Der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen (§§  130, 131 InsO) kommt in praxi nicht selten eine besondere Bedeutung zu („Qualitätssprung“ bei den Deckungsarten). §  131 Abs.  1 Nr.  1 und 2 InsO ist von subjektiven Voraussetzungen entkleidet und damit die „schärfste Waffe“ des Insolvenzverwalters. Die erleichterte Anfechtbarkeit liegt darin begründet, dass solche Deckungen eine besondere Verdächtigkeit auszeichnet. Ob es bei der anspruchsorientierten Abgrenzung – wie sie der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO vorgibt – verbleiben soll oder für eine teleologische Reduktion zu votieren ist, gehört zu den dogmatischen Kernfragen des Insolvenzanfechtungsrechts.

Teil 2

Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften Der erste Teil sollte einen Überblick über den bargeldlosen Zahlungsverkehr sowie das Insolvenzanfechtungsrecht geben. Der Hauptteil richtet nun den Blick auf die Schnittfläche der beiden Themenbereiche und behandelt die gestellten Ausgangsfragen en détail. Dabei sind die bankvertraglichen Grundlagen der einzelnen Ausführungsgeschäfte jeweils vorab in einem Allgemeinen Teil darzustellen. Bei bargeldlosen Zahlungen gibt es zwei Grundtypen: „Push-“ und „PullZahlungen“ („Zweispurigkeit“ des bargeldlosen Zahlungsverkehrs). Bei ersteren geht die Initiative vom Zahlenden aus (vom Zahler angestoßene Zahlungen). Dieser entscheidet, wann er die Bank als Intermediär einschaltet, um den Zahlungsvorgang einzuleiten. Der Zahlende „schiebt“ gleichsam mittels seiner Bank das Buchgeld zum Zahlungsempfänger. Darunter fällt die Überweisung als wichtigstes Instrument des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Mit ihr ist daher zu beginnen. In §  5 geht es um die Lastschrift. Diese gehört als „rückläufige Überweisung“ zu den vom Empfänger ausgelösten Zahlungen (Pull-Zahlungen). Deren Proprium besteht darin, dass der Zahlungsempfänger das Buchgeld gleichsam vom Konto des Zahlenden „zieht“ (umgekehrte Einziehungskette).

  BT-Drucks. 16/11643, S.  99; Langenbucher, Risikozuordnung, S.  435 m.w.Nachw. Zu den Termini: „credit transfer“ (Überweisung) einerseits und „debit transfer“ (z. B. Lastschrift, Scheck, Wechsel) andererseits: Genner, S.  2.    Staudinger/Martinek, §  676a Rdnr.  6 . Früher zählte auch noch der Scheck zu den Haupt­ instrumenten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs: Meyer-Cording, S.  1.    Siehe etwa BGHZ 69, 82 = NJW 1977, 1916; BGHZ 69, 186 = NJW 1977, 2210.    Zur Legaldefinition der Lastschrift siehe §  1 Abs.  4 ZAG. 

§  4.  Die Überweisung I.  Die bankvertraglichen Grundlagen der Überweisung 1.  Paradigmenwechsel von der Weisung zum Vertrag und wieder retour Die Überweisung zählt neben der Lastschrift zu den Hauptinstrumenten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Mit dem Überweisungsgesetz vom 21.  7. 1999 wurde der Überweisungsvertrag neben dem Zahlungs- und dem Girovertrag als ein eigenständiger Vertragstyp in den §§  676a-676c BGB verankert. Dieser Kodifikation lag die Richtlinie 97/5/EG über grenzüberschreitende Überweisungen vom 27.  1. 1997 (sog. Überweisungsrichtlinie)  zugrunde. Der deutsche Gesetzgeber ging über diese europarechtlichen Vorgaben hinaus10 und vollzog einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der dogmatischen Konzeption der Überweisung, indem er einen Vertragscharakter regelte.11 Dies wurde im Schrifttum teilweise heftig kritisiert12 , war aber eine eindeutige gesetzliche Richtungsentscheidung, die im Wege der Auslegung nicht korrigiert werden konnte.13   Zur Geschichte der Banküberweisung: Meyer-Cording, S.  6 ff. m.w.Nachw.   Gesetz vom 9.  7. 1999, BGBl.  I, 1642; der Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/745 ist zum Teil auch in ZIP 1999, 680 und ZBB 1999, 106 abgedruckt. Das Überweisungsgesetz trat am 14.  8. 1999 in Kraft. Ausführlich dazu Einsele, JZ 2000, 9.    Überzogen ist die Kritik Flumes, der das Überweisungsgesetz als ein Beispiel für ein „monstrum horribile“ nennt und davon spricht, dass der deutsche Gesetzgeber unfähig „zu einer dem BGB adäquaten Gesetzgebung“ sei: Flume, ZIP 2000, 1427 (1430).    EG-Richtlinie 97/5/EG über grenzüberschreitende Überweisungen vom 27.  1. 1997, ABl.  Nr. L 43/25. Dazu Häuser, WM 1999, 1037; zur Entstehungsgeschichte: B.Schmitt, Grenzüberschreitende Überweisungen, S.  59 ff.    Die Umsetzungsfrist endete am 14.  8. 1999 (siehe Art.  11 I der EG-RL 97/5/EG). 10   Die Regelungen gelten nicht nur für EU-, sondern auch für Inlandsüberweisungen („große Lösung“). Häuser, WM 1999, 1037 (1039). Zu einem Gegenentwurf Ehmann/Hadding, WM 1999, Sonderbeilage Nr.  3, 3 (19 ff.). 11   Auch dem UNCITRAL Modellgesetz über den internationalen Überweisungsverkehr sowie Art.  4A des Uniform Commercial Code (UCC) der Vereinigten Staaten von Amerika liegt ein Vertragsmodell zugrunde. Dazu Genner, 72 ff.; ders., ZEuP 1995, 60; Wulff, S.  99 ff. 12   Ehmann/Hadding, WM 1999, Sonderbeilage Nr.  3, 3 (10 f.); Erman/Ehmann, Vor §  662 Rdnr.  1 („missglücktes Regelungssystem“). Jakobs, JZ 2000, 641 (643). 13   Jakobs, JZ 2000, 641 (643) wertete etwa mit einem unhaltbaren Kunstgriff den Überweisungsvertrag als eine gesetzgeberische falsa demonstratio und hielt so an der alten Dogmatik fest. Das Weisungsmodell konnte m. E. trotz des Systembruchs nicht durch eine „undogma 

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Mit der Umsetzung der Zahlungsdienstrichtlinie kehrte der Gesetzgeber wieder zum alten Weisungsmodell zurück. Man kann somit von einem Wechsel vom Weisungsmodell zur Vertragskonzeption und wieder retour sprechen.14 Bereits vor der Kodifikation des Überweisungsrechts wurde die Überweisungspflicht des Kreditinstituts in Rechtsprechung15 und h.L.16 als ein Überweisungsauftrag des Kontoinhabers in Gestalt einer einseitigen, rechtsgestaltenden Weisung i. S. des §  665 BGB im Rahmen des Girovertragsverhältnisses angesehen. Die Überweisung ist im BGB ausdrücklich nicht mehr geregelt; das Gesetz folgt einem horizontalen Aufbau und möchte so die Unterschiede zwischen den einzelnen Zahlungsinstrumenten so weit wie möglich abbauen. Die Überweisung ist ein Unterfall der Zahlungsdienste i. S. der §§  675c ff. BGB. Nach §  1 Abs.  2 Nr.  2 b) ZAG gehört zu den Zahlungsdiensten auch die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (sog. Überweisungsgeschäft). Eine Verzahnung zwischen dem BGB und dem ZAG stellt §  675c Abs.  3 BGB her, wonach die Begriffsbestimmungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes auch innerhalb des BGB anzuwenden sind. Das Gesetz spricht ferner von einem Zahlungsauftrag.17 Nach §  675 f Abs.  3 S.  2 BGB ist dies jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs erteilt.18 Es handelt sich dabei um eine Weisung des Zahlers an den Zahlungsdienstleister.19

2.  Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden auf den Zahlungsauftrag In Parallele zu den nachfolgenden insolvenzanfechtungsrechtlichen Erörterungen sind im Folgenden die Zahlungsausgänge und -eingänge gesondert zu erörtern. Zu unterscheiden ist zwischen der Erteilung eines Zahlungsauftrags, einer Überweisung einerseits und der Ausführung durch die Bank andererseits. Ausgangspunkt müssen §  116 S.  3 InsO20 sowie §  675o BGB sein. Daraus sind tische Hintertür“ aufrechterhalten bleiben. Martinek spricht zu Recht von einem gescheiterten „Rettungsversuch“: Staudinger/Martinek, §  676a Rdnr.  2; zutreffende Kritik auch bei Bork, ZBB 2001, 271 (272). 14   Obermüller, Rdnr.  3.2; ders., ZInsO 2010, 8: „eine wechselvolle Geschichte“. 15   Grundlegend: RGZ 54, 329; BGHZ 10, 319 (322) ; BGH WM 1991, 797 (798). 16   Staudinger/Martinek, §  676a Rdnr.  2 m.w.Nachw.; Bydlinski, WM 1999, 1046; SchmidtRäntsch, ZIP 1999, 676 (678); Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnrn.  96 ff. m.w.Nachw. 17   Köndgen, JuS 2011, 481 (485): „terminologisch wenig glücklich gewählt“. 18   Siehe auch Art.  4 Nr.  16 ZD-RL. 19   Siehe dazu auch Erwägungsgrund 25 der ZD-RL sowie Art.  4 Nr.  7, 64, 65, 66 Abs.  5, 69 Abs.  3 ZD-RL sowie BT-Drucks. 16/11643, S.  102. 20   §  116 S.  3 InsO wurde an die neue Terminologie und Dogmatik angepasst. Siehe Art.  8 Abs.  7 Nr.  2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrecht-

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die nicht ausdrücklich geregelten anderen Fallvarianten zu entwickeln. Diese Normen sollen den Ausgangspunkt und „dogmatischen Anker“ für eine „methodologische Neujustierung“ bilden. Bereits erteilte Zahlungsaufträge erlöschen – anders als sonstige Geschäftsbesorgungsverträge bzw. Aufträge – mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Überweisenden nicht. Sie bestehen nach §  116 S.  3 InsO mit Wirkung für die Masse fort.21 Das Kreditinstitut bleibt grundsätzlich verpflichtet, die Überweisungen auszuführen. Dem Gesetzgeber ging es mit dieser Regelung darum, Rechtssicherheit für das überweisende Kreditinstitut zu schaffen und die Abwicklung bereits erteilter Überweisungsaufträge zu erleichtern. Laufende Überweisungen sollten insolvenzfest sein.22 Vor der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie war die Überweisung als Vertrag konzipiert. Mit §  116 S.  3 InsO korrelierte das Sonderkündigungsrecht nach §  676a Abs.  3 S.  1 Var. 2 BGB a. F. Die Bank konnte die fortbestehenden Überweisungsverträge kündigen, „wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Überweisenden eröffnet worden“ war. Daraus ergab sich, dass die Bank bei der Ausführung solcher Überweisungen nicht der Restriktion des §  82 InsO unterliegen konnte. §  82 InsO war m. E. insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Ablehnung von Zahlungsaufträgen ist nunmehr in §  675o BGB geregelt. §  675o Abs.  2 BGB regelt das „ob“ einer Ablehnung und §  675o Abs.  1 BGB das „wie“. 23 Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist nach §  675o Abs.  2 BGB nicht berechtigt, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen, wenn die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften (z. B. Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung) 24 verstößt. Die Ablehnungsgründe beschränken sich somit auf die vereinbarten Fälle. Der Zahler soll sich in diesem Fall grundsätzlich darauf verlassen können, dass ein von ihm erteilter Zahlungsauftrag ausgeführt wird.25 Ein Ablehnungsrecht im Insolvenzfalle sieht das Gesetz – anders als in Form eines Sonderkündigungsrechts nach §  676a Abs.  3 S.  1 Var. 2 BGB a. F. – nicht vor. Es muss ausdrücklich vereinbart sein. Auch nach neuem Recht ist §  82 InsO bei der Ausführung eines derartigen Zahlungsauftrags teleologisch zu reduzieren.

lichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. BGBl.  2009 I 49, 2355 (2387). 21   Häsemeyer stellt auf §  55 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  2 InsO ab; die Qualifikation als Masseverbindlichkeit ergibt sich m. E. unmittelbar aus §  116 S.  3 InsO. 22   BT-Drucks. 14/745, S.  19 („für ein funktionierendes Zahlungssystem von wesentlicher Bedeutung“). 23   Eine umgekehrte Regelungsreihenfolge wäre m. E. sinnvoller. 24   BT-Drucks. 16/11643 S.  108. 25   BT-Drucks. 16/11643 S.  108.

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Die gesetzliche Wertungen in §  116 S.  3 InsO sowie §  675o BGB gilt es bei den Fällen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bruchlos fortzudenken. a)  Zahlungsausgänge Bei den Auswirkungen einer Insolvenz auf Zahlungsaufträge ist zwischen den einzelnen Phasen (Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, Eröffnung des Verfahrens) zu differenzieren. Ebenso wie für den Girovertrag, den Kontokorrentvertrag und den Kontokorrentkreditvertrag ist der Insolvenzantrag als solcher ohne Auswirkungen. 26 Die zentrale Frage lautet: Wann kann der Schuldner noch wirksam einen Zahlungsauftrag erteilen und wann muss die Bank einen solchen Auftrag ausführen? aa)  Insolvenzeröffnungsverfahren Zu unterscheiden ist zwischen bereits erteilten (alten) und neuen Zahlungsaufträgen. Die entscheidende Zäsur für die Qualifikation als Alt- oder Neuüberweisung bildet dabei die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO. (1)  Bereits erteilte Zahlungsaufträge Altüberweisungsaufträge in dem genannten Sinne bleiben auch im Insolvenzeröffnungsverfahren wirksam 27, unabhängig davon, ob das Insolvenzgericht irgendwelche Sicherungsmaßnahmen danach anordnet. Dies ergibt sich aus einem argumentum a fortiori zu §  116 S.  3 InsO. Nach dieser Ausnahmevorschrift erlöschen Zahlungsaufträge mit Verfahrenseröffnung nicht nach §§  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO. Erst recht muss diese Rechtsfolge für das weniger stark reglementierte Eröffnungsverfahren gelten. 28 Andernfalls würde ein erloschener Überweisungsauftrag mit Verfahrenseröffnung wieder aufleben. Dafür gibt es keine gesetzliche Stütze und keinen sachlich einleuchtenden Grund. Nach alter Rechtslage bestand eine Kündigungsmöglichkeit des Überweisungsvertrags nach §  676a Abs.  3 und 4 BGB. 29 Solange die Ausführungsfrist noch nicht begonnen hatte, konnte die Bank grundlos kündigen, danach nur noch, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Überweisenden eröffnet oder ein zur Durchführung der Überweisung erforderlicher Kredit ge  §  2 III.1.   Nach §  675n Abs.  1 S.  1 BGB wird ein Zahlungsauftrag wirksam, wenn er dem Zahlungsdienstleister des Zahlers zugeht. 28   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  147; Obermüller, ZInsO 1999, 690 (693); ders., ZInsO 2010, 8 (9); Nobbe, KTS 2007, 397 (401). 29   Das Kündigungsrecht des Überweisenden nach §  676a Abs.  4 S.  1 BGB a. F. bestand nur für den starken, nicht aber den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter. Nur beim starken Verwalter geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf diesen über (§  22 Abs.  1 S.  1 InsO). 26 27

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kündigt worden ist (§  676a Abs.  3 BGB). Daraus folgte im Umkehrschluss, dass der Antrag auf Verfahrenseröffnung sowie die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen wie ein allgemeines Verfügungsverbot der überweisenden Bank kein Sonderkündigungsrecht gewährten.30 An die Stelle der Kündigung tritt nach neuem Recht die Ablehnung von Zahlungsaufträgen nach §  675o BGB. Diese richtet sich nach den im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen sowie den sonstigen Rechtsvorschriften, gegen die die Ausführung verstößt31 (§  675o Abs.  2 BGB). Hat das Gericht ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet (§  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO), so ist fraglich, ob die Bank die Überweisung ausführen muss.32 Bejaht man die Anwendung der §§  24 Abs.  1, 82 InsO, so tritt eine Leistungsbefreiung für die Bank nur ein, wenn sie keine Kenntnis von der Anordnung des Verfügungsverbots hatte. Indes ist m. E. §  82 InsO nicht anwendbar. Dies ergibt sich aus der Wertung von §  116 S.  3 InsO einerseits und §  675o andererseits. Wie bereits festgehalten, bleibt der Zahlungsauftrag einerseits wirksam (arg. a fortiori zu §  116 S.  3 InsO), d. h. die Bank ist verpflichtet die Überweisung auszuführen. Andererseits hat die Bank aufgrund der Anordnung des Verfügungsverbots kein Ablehnungsrecht. Sie muss also grundsätzlich die Überweisung ausführen.33 Zu ihren Lasten kann dann §  82 InsO nicht ausschlagen. §  82 InsO kommt – wie bereits erwähnt – mit Insolvenzeröffnung nicht zum Zuge, wenn die Zahlungsaufträge zuvor bereits erteilt wurden. Dies muss im Insolvenzeröffnungsverfahren erst recht gelten. Es wäre ein Widerspruch, wenn im Insolvenzeröffnungsverfahren strengere Verfügungsbeschränkungen gelten würden als nach Verfahrenseröffnung. §  82 InsO ist also auch im Rahmen der Verweisung des §  24 Abs.  1 InsO insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Bank erwirbt mit Ausführung eines Zahlungsauftrags im Insolvenzeröffnungsverfahren eine Insolvenzforderung und keine Masseverbindlichkeit

30   Formallogisch gleichwertig wäre freilich eine analoge Anwendung des §  676a Abs.  3 S.  1 Var. 2 BGB a. F. Der graduelle Unterschied zum Eröffnungsverfahren spricht gegen einen Analogieschluss; es fehlt an der Vergleichbarkeit. Wenn die Ausführungsfrist anlief, kam eine Kündigung seitens der Bank daher nur in Betracht, wenn die Überweisung die Kreditlinie in Anspruch nahm und die Bank diesen Dispositionskredit gekündigt hatte (§  676a Abs.  3 S.  1 Var. 2 BGB a. F.). Damit hing die Kündigungsmöglichkeit davon ab, ob die Kontoführung nach der Überweisung kreditorisch oder debitorisch war. 31   Ausführlich zu §  6 4 GmbHG und §  92 Abs.  2 AktG in diesem Zusammenhang: Obermüller, ZInsO 2010, 8 (10). 32   Nobbe, KTS 2007, 400 (401). 33   Ob und inwieweit eine Kontokorrentverrechnung mit Zahlungseingängen möglich ist, hängt davon ab, ob §  91 InsO bereits mit Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots Raum greift. Fehlender Abgleich bei Nobbe, KTS 2007, 397 (398; 401), der der Sache nach für eine analoge Anwendung des §  91 InsO votiert. Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine analoge Anwendung des §  91 InsO zu verneinen. Dazu §  3 II.

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wie das bei einer Ausführung nach Eröffnung des Verfahrens der Fall ist. §  116 S.  3 InsO findet weder direkte noch analoge Anwendung.34 (2)  Neue Zahlungsaufträge Bei der Erteilung neuer Zahlungsaufträge sind vor allem zwei Problemkreise zu erörtern. Zum einen ist es fraglich, ob und inwieweit die Bank verpflichtet ist, solche Überweisungen auszuführen. Zum anderen ist zu untersuchen, ob bei einer Anordnung von Verfügungsbeschränkungen i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO der Schuldner überhaupt noch wirksam Überweisungsaufträge erteilen kann. (a)  Ablehnung von Zahlungsaufträgen Nach der alten Vertragsdogmatik war umstritten, ob die Bank zum Abschluss von Überweisungsverträgen verpflichtet war. Dagegen sprach §  676a Abs.  3 S.  1 Var. 1 BGB a. F. Wenn die Bank bis zum Beginn der Ausführungsfrist grundlos kündigen konnte, dann war ein Kontrahierungszwang aufgrund des Girovertrags wenig sinnvoll. Eine Korrektur dieses Wortlauts mit dem Hinweis auf einen Kontrahierungszwang war ein Zirkelschluss. Im Übrigen durfte die Vertragskonstruktion nicht durch die Hintertür eines (auch in der Begrifflichkeit verfehlten) Kontrahierungszwangs partiell rückverschoben werden. Die Gegenauffassung musste Ausnahmen vom Kontrahierungszwang statuieren. Nobbe bejahte ein Ablehnungsrecht, wenn die Bank den Insolvenzantrag oder die Zahlungsunfähigkeit des Kunden kannte.35 Bei einer debitorischen Kontoführung folge dies daraus, dass die Bank mit der Ausführung der Überweisung einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Kunden habe, die Schulden sich damit erhöhten, jedoch diese Forderung in der Insolvenz bei Fehlen ausreichender Sicherheit nur eine einfache Insolvenzforderung sei. Bei einem kreditorischen Konto gelte nichts anderes, weil sich die Bank nicht der Gefahr aussetzen müsse, dass der Verrechnung ihres Aufwendungsersatzanspruchs im Kontokorrent §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO i. V. m. §§  129 ff. InsO entgegenstehe. Ob die Voraussetzungen dieses Aufrechnungsverbots gegeben seien, sei dabei nicht entscheidend.36 Nach neuer Rechtslage sind solche Ablehnungsgründe nach §  675o Abs.  2 BGB nur maßgebend, wenn diese wirksam vereinbart worden sind.37 Die Debatte um den (eingeschränkten) Kontrahierungszwang ist damit hinfällig.

  Obermüller, Rdnr.  3.11.   Nobbe, KTS 2007, 397 (400). 36   Letzteres verneint Nobbe im Blick auf die Bargeschäftsausnahme im weiteren Verlauf seiner Erörterungen in KTS 2007, 397 (401). 37   Obermüller, ZInsO 2010, 8 (10). 34 35

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(b)  Wirksamkeit von neuen Zahlungsaufträgen Umstritten ist ferner, ob der Schuldner neue Überweisungsaufträge mit Wirkung für die Masse erteilen kann, wenn das Insolvenzgericht ein allgemeines Verfügungsverbot oder einen Zustimmungsvorbehalt angeordnet hat (§  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO). Bei einem Verstoß gegen diese Verfügungsbeschränkungen gelten nach §  24 Abs.  1 InsO die §§  81, 82 InsO entsprechend. Sind davon auch Zahlungsaufträge erfasst? (aa)  Meinungsstand.  Nach alter Rechtslage konnte gegen eine Unwirksamkeit eingewandt werden, dass der Überweisungsvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag ist; dieser wirkt nicht unmittelbar auf ein Recht ein, indem dieses übertragen, mit einem Recht belastet, aufgehoben oder sonst in seinem Bestand verändert wird.38 Dieser entgeltliche Geschäftsbesorgungsvertrag begründete lediglich Pflichten der Vertragsparteien. Es handelte sich um keine Verfügung im engeren Sinne. Der Schuldner konnte jedoch weiterhin auch nach Entzug der Verfügungsbefugnis wirksam Verpflichtungen eingehen.39 Anders verhielt es sich nur, wenn das Insolvenzgericht einen vorläufigen starken Insolvenzverwalter bestellte. Nach §  22 Abs.  1 InsO geht auf diesen die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über. Der Schuldner verliert die Möglichkeit, sich mit Wirkung für die Masse zu verpflichten. Daraus würde sich bei einem allgemeinen Verfügungsverbot folgende Differenzierung ergeben40 : bei einer isolierten Anordnung verbleibt das Recht, Überweisungsverträge abzuschließen, beim Schuldner. Wird zusätzlich ein vorläufiger Verwalter (sog. starker Verwalter) bestellt, ist ein vom Schuldner abgeschlossener Überweisungsvertrag ohne Massebezug. Nach einer Auffassung im Schrifttum ist die Bank trotz Verfügungsverbots verpflichtet, die Überweisung auszuführen.41 Grundsätzlich gehöre auch die Einziehung von Forderungen durch den Schuldner zu den rechtsgeschäftlichen Verfügungen, die durch das allgemeine Verfügungsverbot untersagt seien. Da die Bank mit der Ausführung eines Überweisungsvertrags eine Leistung an den Kontoinhaber erbringe, stelle dies eine Art Einziehung der Guthabenforderung dar, die grundsätzlich durch das allgemeine Verfügungsverbot untersagt sei. Für Überweisungen enthalte das Gesetz jedoch mittlerweile eine Sonderregelung in §  676a Abs.  3 BGB a. F. Dort sei ein Sonderkündigungsrecht der Bank für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, nicht aber für den Fall der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots geregelt. Das Ergebnis ist frappierend: Der Schuldner könnte demnach trotz eines allgemeinen Verfügungsverbots und trotz möglicher Kenntnis der Bank   BGHZ 1, 294 (304) = NJW 1951, 645; BGHZ 101, 24, 26 = NJW 1987, 3177.   BGHZ 165, 283 = NJW 2006, 1134; Bork, ZBB 2001, 271 (272); Nobbe, KTS 2007, 397 (400). 40   Dazu Bork, ZBB 2001, 271 (272): „diese Differenzierung ist sicher unrichtig.“ 41   Obermüller, ZInsO 1999, 690 (693). 38 39

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von diesem Verfügungsverbot noch wirksam über sein Konto verfügen.42 Diese Auffassung verdiente keine Zustimmung. Rechtsprechung43 sowie ein Teil des Schrifttums44 gingen beim Überweisungsvertrag hingegen von einer Verfügung oder jedenfalls von einem „Verfügungscharakter“ aus. Die Ausführung eines Überweisungsvertrags komme der Einziehung einer Forderung gleich; eine solche sei auch vom Verlust der Verfügungsbefugnis betroffen. Der entscheidende Unterschied liegt freilich darin, dass durch den Überweisungsvertrag die Guthabenforderung nicht erlischt. Methodologisch gesehen geht es um die Frage, ob bei §  82 InsO ein weiter Verfügungsbegriff zugrunde zulegen ist. Dagegen steht ein systematisches Argument. Nach §  22 Abs.  1 InsO ist es möglich, ein allgemeines Verfügungsverbot zu erlassen und gleichzeitig einen vorläufigen Verwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht, zu bestellen (sog. starker vorläufiger Verwalter). Die Verwaltungsmacht beinhaltet auch die Befugnis zur Eingehung neuer Verpflichtungen mit Wirkung für die Masse (§  55 Abs.  2 InsO).45 Geht der Schuldner dennoch ein Verpflichtungsgeschäft ein, so haftet hierfür nur sein insolvenzfreies Vermögen. (bb)  Stellungnahme und eigener Ansatz.  Zu kurz greift gewiss die Argumentation, wonach mit der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots nach §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO, das zur absoluten Unwirksamkeit von Verfügungen führt, der Schuldner seine Befugnis verliert, über sein Girokonto zu verfügen und damit das Recht, neue Überweisungsverträge abzuschließen.46 Ebenso geht der alleinige Rekurs auf den Charakter des Überweisungsvertrags als schuldrechtlichen Vertrag nach der alten Rechtslage fehl.47 M. E. muss zum einen eine in sich stimmige Betrachtung der insolvenzrechtlichen Behandlung von Überweisungsvertrag und Ausführung erfolgen. Ausgangspunkt muss die gesetzliche Wertung des §  82 InsO sein, der für die Aus  Scharfe Kritik bei Bork, ZBB 2001, 271 (272): „evident unrichtig“.   BGH NZI 2006, 175 (176), allerdings noch zum alten Überweisungsrecht. Der Paradigmenwechsel vom Weisungs- zum Vertragsmodell hat m. E. im Ergebnis keine Auswirkungen auf diese Rechtsfrage (anders BGH NZI 2009, 307 (308)); LG Offenburg ZInsO 2004, 559: „Verfügung“. 44   Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  50 Rdnr.  35 mit Rekurs auf die Vorauflage. 45   MünchKomm-InsO/Haarmeyer, §  22 Rdnr.  6 4; Delhaes, NZI 1998, 102 (103). 46   Nobbe, KTS 2007, 397 (400). 47   So aber BGH NZI 2009, 307 (308) in einem Fall, in dem ein vorläufiger Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt wurde: Der Überweisungsvertrag sei kein Verfügungs-, sondern ein Verpflichtungsgeschäft. Folgerichtig kommt der Senat dann zur Wirksamkeit des vom Schuldner ohne Zustimmung des vorläufigen Verwalters vorgenommenen Überweisungsvertrags. Führe die Bank aber in Kenntnis des Zustimmungsvorbehalts den Überweisungsvertrag aus, so könne sie den Überweisungsbetrag nicht in das Kontokorrent einstellen. Dagegen stehen aber die Wertungen aus §  116 S.  3 InsO einerseits und §  676a Abs.  3 InsO a. F. andererseits. 42 43

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führung des Überweisungsvertrags gilt. Zum anderen ist der Überweisungsvertrag als Mittel des bargeldlosen Zahlungsverkehrs funktional auszuleuchten und eine Bargeldanalogie anzusetzen. Votiert man für die Wirksamkeit eines Neuüberweisungsvertrags, so wäre die Bank zur Ausführung verpflichtet. Sie würde nach §  82 InsO von der Leistung allerdings nur befreit, wenn sie zur Zeit der Leistung die Verfügungsbeschränkung nicht kannte. §  82 InsO ist anwendbar; eine teleologische Reduktion findet – wie herausgearbeitet – nur für „Altüberweisungsverträge“ statt. Gewiss wird die Bank bei Kenntnis der Verfügungsbeschränkung in der Regel keinen Überweisungsvertrag mit dem Schuldner mehr abschließen. Dennoch muss eine konsistente Lösung auch für diese Fälle – mögen sie auch in praxi seltener vorkommen48 – gefunden werden. Aus dieser Wechselwirkung zu §  82 InsO ist zu schließen, dass eine wirksame Verpflichtung der Bank die Überweisung auszuführen, nicht angenommen werden kann. Damit ist aber offen, ob der Überweisungsvertrag dennoch wirksam ist, aber nur das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners betrifft oder aber von einer Verfügung i. S. der §§  24 Abs.  1, 81 Abs.  1 S.  1 InsO auszugehen ist, mit der Folge, dass der Überweisungsvertrag (absolut) unwirksam ist. Für diese Entscheidung ist eine funktionale Betrachtung der Überweisung fruchtbar zu machen. Die Überweisung tritt an die Stelle der Barzahlung. Im Ergebnis kommt es auch hier zu einer Verfügung. Der Überweisungsempfänger erhält einen Anspruch auf und dann aus der Gutschrift gegenüber seinem Kreditinstitut. Der Überweisungsvertrag ist gleichsam der „Startschuss“ für diese Verfügung im bargeldlosen Zahlungsverkehr. M. E. führt dieser Gedanke der Bargeldanalogie dazu, auch den Überweisungsvertrag als Verfügung i. S. der §§  81 ff. InsO zu verstehen, auf die §  24 Abs.  1 InsO bei der Anordnung von Verfügungsbeschränkungen i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO verweist. Dabei ist methodisch gesehen fraglich, ob bei §  81 Abs.  1 S.  1 InsO von einem weiten Verfügungsbegriff oder von einer analogen Anwendung auszugehen ist. Zuweilen ist auch von einem „Verfügungscharakter“ die Rede, womit eine methodische Festlegung ausbleibt. Die „Charakterterminologie“ ist ein verschleierter Analogieschluss. Für diesen streitet zum einen der Zusammenhang zu §  82 InsO, der für die Ausführung von Neuüberweisungsverträgen anwendbar ist und zum anderen die funktionale Betrachtung der Überweisung, die mit dem Begriff der Bargeldanalogie umschrieben wurde. Der Paradigmenwechsel zurück zum Weisungsmodell spricht erst recht für die hier vertretene Lösung nach altem Recht. Die Überweisung ist kein Vertrag 48   Dazu BGH NZI 2006, 175; kritisch Schäfer, ZInsO 2008, 16: §  82 InsO schütze nur den guten Glauben an den Fortbestand der ursprünglich bestehenden und durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallenden Verfügungsbefugnis des Schuldners. Schäfer votiert damit für eine teleologische Reduktion des §  82 InsO.

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mehr; von einem Verfügungscharakter ist in dem vorgenannten Sinne damit erst recht auszugehen. bb)  Eröffnetes Insolvenzverfahren Ebenso wie bei den Erörterungen zum Insolvenzeröffnungsverfahren soll wiederum zwischen bereits erteilten (alten) und neuen Zahlungsaufträgen differenziert werden. Die Zäsur für Alt- und Neuüberweisungsverträge wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens markiert. (1)  Bereits erteilte Zahlungsaufträge Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt – wie gesehen – der Girovertrag des Schuldners (§§  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO). Aus §  116 S.  3 InsO ergibt sich, dass dies für abgeschlossene Zahlungsaufträge gerade nicht gilt.49 Das Kre­ ditinstitut bleibt grundsätzlich verpflichtet, die Überweisungen auszuführen.50 Zahlungsaufträge bestehen mit Wirkung für die Masse fort. Dem überweisenden Kreditinstitut stand nach der alten Vertragsdogmatik gleichsam als Korrektiv ein Kündigungsrecht nach §  676a Abs.  3 S.  1 BGB a. F. zu.51 Nach neuem Recht besteht ein Ablehnungsrecht nach §  675o BGB grundsätzlich nach entsprechender Vereinbarung. Führt die Bank die Überweisung aus, so ist ihr Aufwendungsersatzanspruch nach §§  675 Abs.  1, 670 BGB eine Masseforderung (siehe §  116 S.  3 a. E. InsO). Die Bank kann mit dieser Forderung gegen eine etwaige Guthabenforderung aufrechnen. Wie bereits aus dem Wortlaut des §  96 InsO folgt, gelten die dort geregelten Aufrechnungsverbote nur für Insolvenzgläubiger, nicht aber für Massegläubiger.52 Befindet sich das Konto im Soll, so wird die Bank vernünftigerweise – wenn möglich – den Zahlungsauftrag ablehnen. (2)  Erteilung neuer Zahlungsaufträge Mit Verfahrenseröffnung geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, nach §  80 Abs.  1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Die Überweisungen, die der Insolvenzverwalter tätigt, begründen Masseverbindlichkeiten nach §  55 Abs.  1 Nr.  1 InsO. Da nach §§  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO jedoch der Girovertrag mit Verfahrenser49   Nach altem Recht war umstritten, ob die Überweisung als bloße Weisung im Rahmen des Girovertrags dessen Schicksal analog §  168 S.  1 BGB teile und mit Verfahrenseröffnung erlösche (Erlöschenstheorie) oder ob von einem Fortbestehen auszugehen ist (Bestandstheorie). Zu diesem obsolet gewordenen Streit: Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  501; ders., WM 1980, 354 (357); Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  161 m.w.Nachw. 50   Unzutreffend Hess, §§  115, 116 Rdnr.  67, der noch von der Erlöschenstheorie des alten Rechts ausgeht. 51   Ein Kündigungsrecht ergibt sich zudem in der Regel aus Nr.  19 Abs.  3 AGB-Banken („wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse“). 52   Nobbe, KTS 2007, 397 (403); Obermüller, ZInsO 1999, 690 (695) m.w.Nachw.

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öffnung erlischt, sollte der Insolvenzverwalter vor der Veranlassung neuer Überweisungen einen neuen Girovertrag im eigenen Namen mit dem Kre­ ditinstitut abschließen.53 Benutzt der Insolvenzverwalter das Konto weiter, so liegt darin regelmäßig ein konkludenter Neuabschluss eines Girovertrags.54 Der Schuldner verliert zwar die Verpflichtungsbefugnis nicht generell, wohl aber mit Wirkung für die Insolvenzmasse. Er kann daher keine Überweisungsaufträge zu Lasten der Masse mehr tätigen. Wie bereits ausgeführt, ist im Blick auf eine Bargeldanalogie die Überweisung als Verfügung i. S. der §§  81 ff. InsO zu verstehen. Ein erst nach Insolvenzeröffnung erteilter Zahlungsauftrag ist somit unwirksam.55 §  116 S.  3 InsO gilt – wie gesehen – nur für bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung vorgenommene Überweisungen. In den Gesetzesmaterialien 56 heißt es, dass es für ein funktionierendes Zahlungssystem von wesentlicher Bedeutung sei, die Insolvenzfestigkeit laufender Überweisungen anzuerkennen.57 cc)  Zusammenfassung der methodologischen „Neujustierung“ Nach §  116 S.  3 InsO bestehen bereits erteilte Zahlungsaufträge mit Wirkung für die Masse auch dann fort, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Bank ist verpflichtet, die Überweisungen auszuführen; sie kann nur im Rahmen des §  675o BGB die Ausführung eines Zahlungsauftrags ablehnen. Die Bank ist in diesen Fällen von ihrer Leistung befreit. §  82 InsO ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Diese beiden „Eckpfeiler“ – §  116 S.  3 InsO einerseits und die teleologische Reduktion des §  82 InsO andererseits – sind auf das Insolvenzeröffnungsverfahren zu übertragen. Es gelten diese Wertungen dort erst recht (argumentum a fortiori). Bereits bestehende Zahlungsaufträge bleiben auch nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO wirksam. Die Bank ist zur Ausführung verpflichtet. §  82 InsO, der über §  24 Abs.  1 InsO   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  185.   BGH NJW 1991, 1286; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  495; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  59. Zu §  82 InsO bei Überweisungen ohne Kenntnis der Bank von der Verfahrenseröffnung: Obermüller, ZInsO 2010, 8 (17). 55   So auch der BGH NZI 2009, 307 (308), der allerdings an anderer Stelle des Urteils betont, dass der Überweisungsvertrag kein Verfügungs-, sondern ein Verpflichtungsgeschäft bildet; offen bleibt damit, wie der BGH dennoch zu einer Unwirksamkeit von neu abgeschlossenen Überweisungsverträgen kommt. Siehe ferner MünchKomm/InsO-Ott/Vuia, §  81 Rdnrn.  12b, 21. 56   BT-Drucks 14/745 S.  29. 57   Wer in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung handelt, wird durch die Anwendung des §  116 i. V. m. §  115 InsO ausreichend geschützt. Nimmt die Bank das Überweisungsangebot in unverschuldeter Unkenntnis der Verfahrenseröffnung an und führt die Überweisung aus, so erwirbt sie nach §  115 Abs.  3 S.  2 InsO nur eine Insolvenzforderung. Führt die Bank trotz Kenntnis der Insolvenzeröffnung die Überweisung aus, so erwirbt sie keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Masse. Die Bank hat lediglich einen Bereicherungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger. BGH NZI 2009, 307 (308) m.w.Nachw. 53

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entsprechende Anwendung findet, ist ebenso wie beim eröffneten Verfahren teleologisch zu reduzieren. Überweisungsaufträge bleiben also auch nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam und sind vorbehaltlich eines Ablehnungsrechts von der Bank auszuführen, die damit von ihrer Leistung befreit wird. Zahlungsaufträge, die nach der Anordnung von Verfügungsbeschränkungen oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt werden, sind nach §  81 Abs.  1 S.  1 InsO grundsätzlich unwirksam. Dies ergibt sich auch aus einer Bargeldanalogie. Eine Ausführung solcher Verträge führt grundsätzlich zu keiner Leistungsbefreiung (§  82 InsO). Die teleologische Reduktion des §  82 InsO bei bereits getätigten Überweisungen vor Anordnung von Verfügungsbeschränkungen bzw. vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, die Anwendung des §  81 InsO auf danach erteilte Zahlungsaufträge gestützt auf eine Bargeldanalogie, sowie ein argumentum a fortiori im Verhältnis Verfahrenseröffnung und Eröffnungsverfahren, stellen eine „methodologische Neujustierung“ dieser komplexen Materie dar. b)  Zahlungseingänge aa)  Insolvenzeröffnungsverfahren Der Girovertrag besteht auch nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nach Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots fort. Die Bank ist nach §  675 f Abs.  2 BGB (§  676 f BGB a. F.) verpflichtet, Überweisungen entgegenzunehmen und dem Kunden gutzuschreiben. bb)  Eröffnetes Insolvenzverfahren Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt der Girovertrag nach §  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO. Das Girokonto verliert damit seine Eigenschaft als Zahlungsverkehrskonto.58 Umstritten ist, ob die Bank des Begünstigten nach Erlöschen des Girovertrages nicht mehr als dessen Zahlstelle fungieren kann.59 Der BGH geht davon aus, dass die Bank als Nachwirkung noch befugt ist, im Interesse ihres früheren Kunden eingehende Zahlungen weiterhin für ihn entgegenzunehmen. Die Bank müsse diese dann aber auf dem bisherigen Konto analog §  675 f Abs.  2 BGB (§  676 f S.  1 BGB a. F.) verbuchen bzw. nach §  667 BGB herausgeben. 60

  BGHZ 170, 121 = NJW 2007, 914.   Verneinend: OLG Nürnberg ZIP 2002, 1762 f.; OLG Rostock ZIP 2006, 1812 (1813); bejahend: BGHZ 170, 121 = NJW 2007, 914. 60   BGHZ 170, 121 = NJW 2007, 914; BGH WM 2006, 28 (30); BGH WM 1995, 745. 58 59

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3.  Zwischenbilanz und weitere Vorgehensweise In diesem Abschnitt ging es um die bankvertraglichen Grundlagen zur Überweisung sowie um die insolvenzrechtlichen Folgen mit Ausnahme der insolvenzanfechtungsrechtlichen Fragestellungen. Im Überweisungsrecht kam es zu einem dogmatischen Doppelwechsel: vom Weisungsmodell zur Vertragskonzeption und wieder retour. Zu den Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden auf Überweisungen wurde eine „methodologische Neujustierung“ vorgetragen. Nach §  116 S.  3 InsO bestehen bereits erteilte Zahlungsaufträge mit Wirkung für die Masse auch dann fort, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Bank ist verpflichtet, die Überweisungen auszuführen, kann aber nach Maßgabe des §  675o BGB eventuell die Ausführung ablehnen. Daraus ist zu folgern, dass die Bank bei Ausführung solcher Überweisungen von ihrer Leistung befreit sein muss (teleologische Reduktion des §  82 InsO). Diese Wertungen gelten für das Insolvenzeröffnungsverfahren erst recht. Bereits getätigte Überweisungsaufträge bleiben auch nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO wirksam. Die Bank ist zur Ausführung verpflichtet. §  82 InsO, der über §  24 Abs.  1 InsO entsprechende Anwendung findet, ist ebenso wie beim eröffneten Verfahren teleologisch zu reduzieren. Überweisungsaufträge, die nach der Anordnung von Verfügungsbeschränkungen oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen werden, sind nach §  81 Abs.  1 S.  1 InsO grundsätzlich unwirksam. 61 Dies folgt aus einer Bargeldanalogie. Eine Ausführung solcher Verträge führt grundsätzlich zu keiner Leistungsbefreiung (§  82 InsO). Im Stenogrammstil vorgetragen lauten damit die drei „Grundpfeiler“ der „methodologischen Neujustierung“: erstens ist §  82 InsO bei bereits erteilten Zahlungsaufträgen vor Anordnung von Verfügungsbeschränkungen bzw. vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens teleologisch zu reduzieren; zweitens ist §  81 InsO auf danach vorgenommene Überweisungen gestützt auf eine Bargeldanalogie anzuwenden; drittens gilt im Verhältnis Verfahrenseröffnung und Eröffnungsverfahren ein argumentum a fortiori. Im Folgenden soll die Anfechtbarkeit der Zahlungseingänge und -ausgänge des Insolvenzschuldners in den Blick genommen werden. Dabei steht das im Soll (Debet) befindliche Girokonto (debitorische Konto) im Zentrum. Im Schrifttum wird überwiegend zwischen der Insolvenz des Überweisenden einerseits und der Insolvenz des Überweisungsempfängers andererseits unterschieden. 62 M. E. ist es übersichtlicher, von einem Insolvenzschuldner auszuge-

61   Nach altem Recht war umstritten, ob diesen schuldrechtlichen Verträgen „Verfügungscharakter“ zukam. 62   Z. B. Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  122 ff.; ders., ZBB 2001, 271.

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hen, dessen Zahlungseingänge und -ausgänge zu beleuchten und dabei zwischen den einzelnen möglichen Anfechtungsgegnern zu differenzieren. 63 Bei den Eingängen, die durch eine Kontokorrentverrechnung zu einer Rückführung des debitorischen Kontos und damit zu einem Abschmelzen des von der Bank an den Insolvenzschuldner ausgereichten Kontokorrentkredits führt, kommt als Anfechtungsgegner die Bank des Insolvenzschuldners in Frage. Bei den Zahlungsausgängen sind zwei Anfechtungsgegner anzuvisieren: zum einen der Zahlungsempfänger und zum anderen die Bank, die die Überweisung ausgeführt hat. Insolvenzanfechtungsrecht im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist das praktisch bedeutendste Beispiel für Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis.

II.  Zahlungsausgänge 1.  Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Überweisungsempfänger In der Phase der materiellen Insolvenz versucht der Insolvenzschuldner zuweilen über Betriebsmittelkredite einzelne Gläubiger zu befriedigen64 , um einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abwenden zu können. 65 Bei einer solchen Zahlung, die mit Mitteln aus einem aufgenommenen Darlehen bewirkt wurde, ist fraglich, ob diese die Insolvenzgläubiger i. S. des §  129 InsO benachteiligt. Welcher Anfechtungstatbestand im Einzelnen einschlägig ist, hängt von den Besonderheiten der jeweiligen Zahlung ab. Im Folgenden ist daher der Fokus lediglich auf §  129 InsO zu richten. a)  Systematisierung der Fallgruppen Der Gang der Untersuchung erfolgt in vier Etappen. Das Fallmaterial wird dabei systematisch so geordnet, dass die Problematik der Gläubigerbenachteiligung bei Zahlungsausgängen stufenweise abgearbeitet und der eigene Beitrag zur Dogmatik des Insolvenzanfechtungsrechts Schritt für Schritt entwickelt werden kann. 66

63   So auch Peschke, S.  173 ff. einerseits und S.  259 ff. andererseits. Peschke behandelt allerdings nicht die Problemfelder der Zahlungsausgänge aus einem debitorischen Konto. 64   OLG Hamburg ZIP 2005, 1837 (1840). 65   Zu außergerichtlichen Unternehmenssanierungen sowie zu den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten eine Zahlungsunfähigkeit sowie (im Unterschied dazu) eine Überschuldung abzuwenden: Obermüller, Rdnrn.  1.1260 ff. 66   Die meisten Darstellungen zu diesem Themenkreis sind knapp gehalten und ohne Gesamtschau.

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–  Zunächst soll folgender Grundfall beleuchtet werden: Eine Bank reicht ihrem Kunden einen einmaligen Zahlungskredit aus, den dieser zur Tilgung einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten einsetzt. Scheitert ein Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Dritten an der fehlenden Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO? –  Sodann ist in einer zweiten Stufe die Konstellation zu betrachten, dass diese Schuldentilgung aus einem debitorischen Konto erfolgt, wobei die Zahlungen vom Dispositionskredit gedeckt sind. –  In einem dritten Schritt geht es um Zahlungen außerhalb dieses Rahmens, aus der sog. geduldeten Überziehung. –  Zuletzt ist die Besonderheit aufzugreifen, dass der Anspruch auf Darlehensauszahlung zweckgebunden ist, die Bank also an die Ausreichung des Kredits eine Verwendungsauflage knüpft. Die Untersuchung muss einem doppelten Anspruch genügen: Zum einen sind die Verbindungslinien zum materiellen Recht und zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht herauszuarbeiten (Vernetzung nach außen). Zum anderen gilt es, einen stimmigen Gesamtansatz vorzulegen, der keine Brüche innerhalb der Falllösungen hervorruft (Vernetzung nach innen). b)  Zahlungen aus einem aufgenommenen Darlehen aa)  Dogmatisches Untersuchungsprogramm Im Kern soll es um die Forderungsbegleichung aus einem debitorischen, d. h. im Soll befindlichen Konto gehen. Dabei ist – wie im Allgemeinen Teil dieser Arbeit bereits ausgeführt67 – der Überziehungskredit im weiteren Sinne (Dispositionskredit, eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. des §  504 BGB 68) von demjenigen im engeren Verständnis (geduldete Überziehung i. S. des §  505 BGB) zu unterscheiden. 69 Umstritten ist, ob dieser strukturelle Unterschied, der sich aus der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ergibt, eine Andersbehandlung bei der Frage rechtfertigt, ob Zahlungen aus einem debitorischen Konto gläubigerbenachteiligend sind. Folgende Fragenkreise sind dabei zu trennen: –  Zum einen gilt es zu eruieren, ob der Auszahlungsanspruch pfändbar ist. Eine Unpfändbarkeit hat nämlich zur Folge, dass dieser Anspruch nach §  36 InsO nicht zur Insolvenzmasse gehört, vom Insolvenzbeschlag somit nicht umfasst ist und damit eine Zahlung aus diesen Mitteln keine Gläubigerbenachteili-

  §  2 II.3.   Zu diesen Termini des Verbraucherdarlehensrechts siehe Art.  1 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. BGBl.  2009 I 49. 69   Die Vorgängerregelungen waren §  493 Abs.  1 BGB und §  493 Abs.  2 BGB. 67

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gung auslösen kann.70 Es geht also zunächst um eine Problematik des Einzelzwangsvollstreckungsrechts, die über §  36 InsO und §  129 InsO in das Insolvenzanfechtungsrecht zu spiegeln ist.71 –  Zum anderen ist bei Bejahung einer Pfändbarkeit weiter zu untersuchen, ob eine Gläubigerbenachteiligung nicht deswegen ausscheidet, weil ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch72 vorliegt. Schließlich wurde mit der Zahlung zwar ein Gläubiger befriedigt, so dass sich die Aktiva verringert haben. Andererseits wurde aber zuvor eine betragsmäßig gleiche, neue Schuld bei einem anderen Gläubiger, nämlich der Bank, begründet. Ist dies nicht ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch? –  Zu erörtern ist ferner, ob die Akzessorietät zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht normativ zu korrigieren ist. Anders gewendet: Ist die Gläubigerbenachteiligung ähnlich wie der Schaden im Schadensersatzrecht normativ zu bestimmen?73 Die Behandlung der Thematik erfordert damit über die punktuelle Lösung der einzelnen Fallgruppen hinaus eine Erörterung übergeordneter dogmatischer Fragestellungen des Insolvenzanfechtungsrechts. Der besondere Reiz dieser Fallgruppen liegt in der Mischung von allgemeiner Rechtsgeschäftslehre, Einzelzwangsvollstreckungsrecht und Insolvenzrecht. In dieser Reihenfolge ist die Thematik bei der Zahlung aus debitorischen Konten abzuarbeiten, die über die Falllösung hinaus die Reichweite und die Teleologie des §  129 InsO auszuleuchten hilft. bb)  Forderungsbegleichung aus einem aufgenommenen Darlehen Bevor es um die Problematik der Zahlungen aus debitorischen Konten gehen soll, ist folgender Grundfall zu betrachten: Der Kunde nimmt bei einer Bank ein Darlehen auf und befriedigt sodann einen Gläubiger aus diesen Mitteln. Aufgrund des Darlehensvertrags besteht nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB ein Auszahlungsanspruch des Insolvenzschuldners. Das Aktivvermögen des Insolvenzschuldners wird dadurch vergrößert. In dogmatischer Hinsicht lautet die Kernfrage, ob die anschließende Schuldentilgung, die das Aktivvermögen des Insolvenzschuldners verringert, davon rechtlich zu trennen ist oder ob beide Vorgänge als wirtschaftliche Einheit zu begreifen sind, mit der Folge, dass das Aktivvermögen des Insolvenzschuldners letztlich nicht beeinträchtigt wurde (Einheits- oder Trennungstheorie). Schließlich ist die Bankschuld größer geworden, eine fällige Forderung gegenüber einem anderen Gläubiger aber in glei-

70   BGHZ 170, 276 = NJW 2007, 1357 („zur Gläubigerbefriedigung von vornherein ungeeignet“). 71   Bitter formuliert in WM 2004, 1109 plastisch, dass unter dem insolvenzrechtlichen Gerüst das vollstreckungsrechtliche Mauerwerk hervortritt. 72   Zur Kritik an dieser allgemein üblichen Terminologie später. 73   Bejahend Marotzke, ZInsO 2007, 897.

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cher Höhe weggefallen.74 Votiert man für eine solche Gesamtbetrachtung, so ist eine Gläubigerbenachteiligung zu verneinen. (1)  Rechtliche Trennung von Darlehensvertrag und Schuldentilgung Der BGH betont die rechtliche Trennung zwischen der Darlehensaufnahme einerseits und der Auszahlung andererseits.75 Folgerichtig bejaht er eine Gläubigerbenachteiligung, wenn der Schuldner mit darlehensweise in Anspruch genommenen Mitteln die Forderung eines späteren, nicht anders gesicherten, gleichartigen Insolvenzgläubigers erfüllt und das Schuldnervermögen nach der Verfahrenseröffnung nicht ausreicht, um alle Forderungen zu befriedigen.76 Der IX. Zivilsenat führt in einem Urteil aus dem Jahre 2002 aus, dass die Zahlung das Aktivvermögen des Insolvenzschuldners verringert hat und auf diese Weise der Zugriff der Gläubiger beeinträchtigt wurde.77 Denn wenn das haftende Vermögen eines Schuldners nicht mehr ausreiche, um alle seine Gläubiger voll zu befriedigen, habe jede Tilgung zum Nennwert einer Gesamtvollstreckungsforderung 78 zwangsläufig zur Folge, dass die für die anderen Gläubiger verbleibende Befriedigungsquote noch geringer werde. Damit würden sie rechtlich und wirtschaftlich schlechter gestellt. Wie sich der Insolvenzschuldner die zur Tilgung verwendeten Mittel verschafft habe, sei grundsätzlich unerheblich, soweit sie nicht Aus- oder Absonderungsberechtigten zustehen.79 Der Anspruch auf Auszahlung des Darlehensbetrages sei pfändbar und unterliege dem Insolvenzbeschlag. 80 Ob das Darlehen nach interner Vereinbarung einem bestimmten Zweck dienen soll, sei anfechtungsrechtlich grundsätzlich unerheblich. 81 Dafür, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um alle Insolvenzgläubiger voll zu befriedigen, spreche eine tatsächliche Vermutung. 82 Sodann befasst sich der BGH mit Einwänden, die zu einer Verneinung der Gläubigerbenachteiligung führen könnten. Der Senat wendet sich der Frage zu, 74   So bereits die Argumentation der Revision in einem Fall, den der BGH im Jahr 1990 entschieden hat. BGH NJW 1990, 2687. 75   BGH NZI 2002, 255 („zwei rechtlich getrennte Vorgänge“). Zu diesem Judikat: Kulzer/ Müller ZInsO 2002, 313. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1990 hat der IX. Zivilsenat ausgeführt, dass eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger bereits darin liege, dass die als Kredit der Gemeinschuldnerin zur Verfügung stehenden Mittel für eine inkongruente Befriedigung verbraucht und nicht in anderer Weise zum Nutzen ihres Geschäftsbetriebs verwendet worden sind: BGH NJW 1990, 2687. Zur Kritik an diesem Judikat sogleich. 76   Anders die Vorinstanzen OLG Dresden ZInsO 1999, 239 und LG Dresden, Urteil vom 25.  02. 1999 – 8 O 4406/97 – unveröffentlicht. 77   BGH NZI 2002, 255. 78   Die Entscheidung erging zur alten GesO, ist aber für die Frage der Gläubigerbenachteiligung nach §  129 I InsO ebenso nutzbar zu machen. 79   BGH NZI 2002, 255. 80   BGH NZI 2002, 255; BGH NJW 2001, 1937. 81   BGH NZI 2002, 255; BGH NZI 2001, 539. 82   BGH NZI 2002, 255; BGH ZIP 1997, 853 (854 f.) m.w.Nachw. Für das Gegenteil muss der Beklagte Substantiiertes vortragen.

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ob eine wirtschaftliche Einheit zwischen der Darlehensaufnahme und der Auszahlung anzunehmen ist. Grundsätzlich sei jede Rechtshandlung selbstständig auf ihre Ursächlichkeit für die konkret angefochtene gläubigerbenachteiligende Folge zu überprüfen. Denn jede selbstständig anfechtbare Rechtshandlung begründe ein eigenes, selbstständiges Rückgewährschuldverhältnis. 83 Anfechtungsrechtlich selbstständig zu erfassen seien auch mehrere Rechtshandlungen, die gleichzeitig vorgenommen werden84 oder sich wirtschaftlich ergänzen85 . Wirtschaftliche Erwägungen rechtfertigen es allenfalls unter besonderen, als zusätzliche Klammer wirkenden rechtlichen Voraussetzungen – insbesondere im Falle der mittelbaren Zuwendung86 – mehrere Rechtshandlungen zu einer Einheit zu verbinden. Dafür genüge es nicht allein, dass der Schuldner einen Kredit nur aufgenommen hat, um eine bestimmte Schuld zu tilgen. Denn eine solche interne Verwendungsabsicht binde die Insolvenzmasse noch weniger als eine zweiseitige Zweckvereinbarung, die schon nicht ausreicht, solange sie nicht aus Gründen treuhänderischer Bindung zur Unpfändbarkeit des Darlehensanspruchs führe. 87 Der IX. Zivilsenat betont, dass kein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch vorliege. Zwar trete aus Rechtsgründen eine Gläubigerbenachteiligung nicht ein, wenn der Insolvenzgläubiger unmittelbar nur durch einen anderen, nicht besser gesicherten, gleichartigen Gläubiger ersetzt werde. 88 Dies ist aber nach Auffassung des Senats in casu nicht der Fall, da die Bank nicht die Forderung des Anfechtungsgegners erworben habe. Vielmehr sei diese Forderung mit finanziellen Mitteln getilgt worden, die dem Schuldner selbst gebührten und über die dieser – von der Pfändung abgesehen – frei verfügen konnte. (2)  Die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit Zu einem anderen Ergebnis gelangt man freilich, wenn man zwischen der Darlehensaufnahme und der Auszahlung einen einheitlichen Vorgang, eine wirtschaftliche Einheit annimmt. Der Kerngedanke dieser wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung besteht darin, dass es in toto nur zu einem Gläubigerwechsel kommt, der die Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit nicht beeinträchtigt hat (wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch). Eine solche Sicht lag einer Entscheidung des VII. Senats des Reichsgerichts aus dem Jahre 1901 zugrunde. 89 In diesem Judikat ging es um die Frage, inwiefern eine Zahlung anfechtbar ist, die der Gläubiger unmittelbar von einem Drit83   BGH NZI 2002, 255 (256) mit Rekurs auf BGH NJW 1987, 1812 (1813); Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnr.  2. 84   Vgl. dazu RG LZ 1908, 608 (609). 85   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  55. 86   Dazu Kayser, in: FS Ganter, S.  221 m.w.Nachw. 87   Ausführlich dazu unter e): „Zweckbindung der Mittelverwendung“. 88   BGH NZI 2002, 255; RGZ 48, 148 (150 f.); OLG Hamm, ZIP 1988, 588 (589). 89   RGZ 48, 148.

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ten im Auftrage des Gemeinschuldners erhalten hat.90 Das RG konstatierte, dass die Aktivmasse ebenso wie die Passivmasse des Schuldners im Ganzen nach wie vor die gleiche geblieben ist und verneint daher eine Gläubigerbenachteiligung.91 Denn Hand in Hand mit der Entstehung der Forderung des Angewiesenen gehe die Tilgung der gleichgroßen Forderung des befriedigten Gläubigers. Das Ergebnis sei in Wahrheit kein anderes, als wenn der befriedigte Gläubiger die Forderung an den Angewiesenen abgetreten hätte. Einen solchen wirtschaftlich neutralen Gläubigerwechsel verneinte das RG dann in einer Entscheidung aus dem Jahre 1912. Dort wurde dem Dritten, der im Auftrag des Schuldners einen Konkursgläubiger befriedigt hatte, wegen seines Ersatzanspruchs vom Schuldner eine Sicherheit bestellt.92 Der Senat hob darauf ab, dass die neue Forderung eine schwerere Belastung der Masse nach sich ziehe. Die übrigen Konkursgläubiger würden insofern benachteiligt, als der neue Gläubiger sich nicht wie der alte mit der Konkursdividende zu begnügen brauchte, sondern ihre Befriedigung aus den abgetretenen Forderungen vorweg betreiben konnte.93 (3)  Besonderheit bei Rücknahme der Forderungsanmeldung? Eine besondere Sachverhaltskonstellation lag einer Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahre 2004 zugrunde94: Die Bank reichte einen Kredit an den Insolvenzschuldner aus, womit die Forderung des beklagten Insolvenzgläubigers beglichen wurde.95 Die Bank meldete zunächst eine um die Überweisung an den Beklagten erhöhte Forderung zur Insolvenztabelle an. Während des laufenden Anfechtungsprozesses reduzierte die Bank diese Anmeldung wieder entsprechend. Das OLG Köln stellte fest, dass eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung im Raum stehe. Mittelbar seien die Insolvenzgläubiger benachteiligt, wenn deren Möglichkeit, sich aus dem Vermögen der Schuldnerin zu befriedigen, durch den Hinzutritt weiterer Umstände beeinträchtigt wurde.96 Erst durch einen außerhalb dieses Geschäfts liegenden Umstand – nämlich die Anmeldung der Forderung zur Tabelle – werde die Haftungsmasse verkürzt und die Quote der übrigen Gläubiger hinsichtlich der ihnen zukommenden Beträge geschmälert.   Zu dieser Anweisungskonstellation: Bitter, WuB VI A. §  129 InsO 3.05.   RGZ 48, 148. Das RG führt an anderer Stelle plastisch aus, dass zur Befriedigung der Gläubiger nach der angefochtenen Handlung nicht ein Pfennig weniger zur Verfügung stand als vor derselben. 92   RGZ 81, 144. 93   RGZ 81, 144 (146). Dazu MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108. 94   OLG Köln ZIP 2004, 2152 = WuB VI A §  129 InsO 3.05 Bitter; Homann, EWiR 2005, 315. 95   Zur Besonderheit der Zahlung aus einem debitorischen Konto und der Problematik der geduldeten Überziehung sogleich. 96   BGH NJW 2000, 1259 (1261). 90 91

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Diese mittelbare Gläubigerbenachteiligung sei im Verlauf des ersten Rechtszugs durch die Rücknahme der Forderungsanmeldung wirksam beseitigt worden. Die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger gestalteten sich bei wirtschaftlicher Betrachtung nunmehr auch ohne die angefochtene Handlung nicht günstiger. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung sei nach gefestigter Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, auf die in der letzten Tatsacheninstanz das Urteil im Anfechtungsprozess ergeht.97 Fehle es zu diesem Zeitpunkt an einer entsprechenden Benachteiligung der Gläubiger, etwa infolge Beseitigung des nachteiligen Erfolges, sei der Anfechtung die Grundlage entzogen.98 Für die Berücksichtigung des Gläubigerrechts im Insolvenzverfahren gelte die Dispositionsmaxime. Der Insolvenzgläubiger werde nicht von Amts wegen beteiligt, sondern nur dann, wenn er sein Recht geltend macht, indem er die Forderung nach §  174 Abs.  1 S.  1 InsO beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anmeldet. (4)  Stellungnahme und eigener Ansatz: teleologische Reduktion des §  129 InsO Die Problematik dieses Grundfalls lässt sich auf eine Kernfrage zuführen, die die Dogmatik auch in anderen Rechtsgebieten gleichsam wie ein roter Faden durchzieht. Wann verbleibt es bei der rechtlichen Trennung zweier Ereignisse und wann gebietet es die Rechtsordnung eine Einheit anzunehmen? Zur Klarstellung ist zunächst zu bemerken, dass nicht nur ein Gläubigerwechsel stattfindet99, sondern dass es auch zu einem Austausch der Forderungen kommt.100 Für den BGH scheint dieser „Forderungswechsel“ ein maßgebender Gesichtspunkt zu sein. M. E. verdient die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit keine Zustimmung. Aber auch die Argumentationslinie des BGH ist kritikwürdig. (a)  Fehlende dogmatische Fundierung Keinesfalls reicht es aus, die Frage ergebnisorientiert zu entscheiden und Aussagen genügen zu lassen, wie z. B. dass eine solche Sicht nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu erfolgen habe, die Trennung ein bloßer Formalismus wäre und es andernfalls zu unbilligen Ergebnissen käme. Wer eine wertende Korrektur vornimmt, trägt die Argumentationslast; dieser wird man durch die Formulierung von Leerformeln nicht gerecht. Zudem muss eine Ge97   RGZ 150, 42 (45); BGH WM 1963, 269; BGH NJW 1996, 3341 (3342); BGH NZI 2001, 424 (425); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnrn.  125, 177; Uhlenbruck/Hirte, InsO, §  129 Rdnr.  128. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnrn.  51 f. Bei der unmittelbaren Benachteiligung muss die Gläubigerbenachteiligung hingegen schon im Zeitpunkt der angefochtenen Handlung selbst bestehen. 98   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnrn.  177 ff. 99   Dazu RGZ 48, 148 (150 f.). 100   BGH NZI 2002, 255 (256); Ringstmeier, in: FS Greiner, S.  292.

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samtbetrachtungslehre mit dem Wortlaut des §  129 InsO abgeglichen und dogmatisch fundiert werden. Diesen methodologischen Anforderungen genügt die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit nicht. Nur unter Rekurs auf eine teleologische Reduktion des §  129 InsO bzw. eine analoge Anwendung des §  142 InsO könnte diese Auffassung in methodischer Hinsicht überhaupt Gehör finden. M. E. kann eine solche Einordnung indes nicht überzeugen. Dies lässt sich bereits aus einer Betrachtung des §  142 InsO gewinnen, der ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung von Leistung und Gegenleistung zulässt und trotz einer Gläubigerbenachteiligung der angefochtenen Rechtshandlung einen Ausschluss der Anfechtbarkeit statuiert. Gegen eine weitere Einschränkung des §  129 InsO spricht ein Umkehrschluss zu §  142 InsO. Eine teleologische Reduktion des §  129 InsO läuft Gefahr, die Wertung des §  142 InsO101 zu konterkarieren und muss jedenfalls mit §  142 InsO abgeglichen werden. M. E. muss die Analogiebasis des §  142 InsO herausgearbeitet werden. Verfehlt wäre es freilich, §  142 InsO aufgrund seines Charakters als Ausnahmevorschrift als nicht analogiefähig anzusehen. Canaris hat treffend formuliert, dass kaum eine verfehlte Regel soviel Unheil gestiftet hat wie die Behauptung, Ausnahmevorschriften seien ihrem Wesen nach einer Analogie nicht zugänglich.102 Der berühmte Satz „singularia non sunt extendenda“103 ist daher auch bedenklich.104 Die Analogiebasis des §  142 InsO, die an anderer Stelle ausführlich herausgearbeitet werden soll105 , reicht aber nicht so weit, dass eine wirtschaftliche Einheit der hier gegebenen Rechtshandlungen anzunehmen ist. Andernfalls würden die zusätzlichen engen Voraussetzungen des §  142 InsO ad absurdum geführt. (b)  Rechtsunsicherheit Die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit führt auch zu großer Rechtsunsicherheit. Ihre Reichweite müsste klarer konturiert werden. Eine zu weite Fassung verdeutlicht deren Absurdität. Eine Argumentation, dass sich beim Schuldner per Saldo keine Vermögensveränderung in den letzten Monaten vor der Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben habe106 und daher insgesamt eine Gläubigerbenachteiligung unter Zusammenfassung aller Transaktionen ausscheide, steht auf tönernen Füßen: Gegen eine solche „Saldotheorie“ oder „In-Toto-Betrachtung“ streitet zum einen der Wort-

  Ausführlich zur ratio legis des §  142 InsO: §  4 III.6.b)aa).   Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S.  181 103   Zu Ursprung und Geschichte dieser Regel: Kramer, Juristische Methodenlehre, S.  205. 104   Engisch, S.  258; Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 956 ff. m.w.Nachw.; ders., JuS 2008, 949. 105   §  4 III.6.b)bb). 106   Ringstmeier, in: FS Greiner, S.  292. 101

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laut des §  129 InsO, wonach jede gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Anfechtung unterliegt. Zum anderen würde §  142 InsO ausgehöhlt. Zudem müssten auch Ausnahmen gemacht werden. Schließlich bestünde die Gefahr, dass Gläubiger Druck ausüben (z. B. in Form einer Drohung, einen Insolvenzantrag zu stellen), wenn sie nicht aus Fremdmitteln befriedigt würden.107 Eine Privilegierung solcher Gläubiger ist jedoch keinesfalls einzusehen. Aus alledem wird deutlich, dass eine Anfechtungsresistenz von Forderungsbegleichungen aus aufgenommenen Darlehen de lege lata nicht besteht und auch de lege ferenda nicht wünschenswert ist. (c)  Der Einfluss des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung: teleologische Reduktion des §  129 InsO Die Konstellation, die dem Urteil des BGH vom 7.  2. 2002108 zugrunde liegt, muss noch genauer beleuchtet werden. Der IX. Zivilsenat weicht der Besonderheit des Falls aus. Ein Teilbetrag des Kredits wurde dem von einer Pfändung betroffenen Kontokorrentkonto gutgeschrieben, das dadurch ins Haben kam. Die Bank überwies daraufhin den in der Pfändungsverfügung genannten Betrag an die Beklagte. Diese „besondere Note“ des Falls hätte besser aufgearbeitet werden müssen. Der BGH hätte sich der Frage widmen müssen, ob ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch stattgefunden hat. Allein darauf zu verweisen, dass nicht nur ein Gläubiger- sondern auch ein Forderungswechsel stattgefunden hat, überzeugt nicht, setzt der Senat doch bei §  129 InsO ansonsten eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, die sich darauf bezieht, ob eine Schmälerung der Insolvenzmasse stattgefunden hat. Ob es neben dem Gläubigerwechsel auch zu einem Forderungswechsel gekommen ist, müsste dabei unerheblich sein, solange die Forderungen wirtschaftlich gleichwertig sind. An diesem Beispiel werden die Konturenlosigkeit und die ergebnisorientierte Fixierung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise deutlich.109 Der entscheidende Gesichtspunkt, der gegen eine wirtschaftliche Einheit spricht, liegt m. E. im Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, der im besonderen Insolvenzanfechtungsrecht eine Vorwirkung erfährt. Der Insolvenzschuldner hätte nämlich auch einen anderen Gläubiger befriedigen können. Würde man eine wirtschaftliche Einheit bejahen, so würde es einen Unterschied machen, ob der Insolvenzschuldner einen Gläubiger aus eigenen Mitteln oder 107   Zur Problematik von Druckzahlungen, bei denen strittig ist, ob von einer inkongruenten Deckung auszugehen ist: bejahend BGHZ 136, 309 (311); BGHZ 157, 242 (248); BGH WM 2002, 1193 (1194); BGH WM 2003, 1278 (1279); kritisch Jacoby, KTS 2005, 371; siehe ferner Huber, NZI 2007, 163; ders., in: GS Manfred Wolf, S.  443; Janca, ZInsO 2003, 209; Rechtmann/Tetzlaff, ZInsO 2005, 196; Thole, DZWIR 2006, 191; Fritsche, DZWIR 2007, 168. 108   BGH NZI 2002, 255. 109   Ausführlich zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Insolvenzanfechtungsrecht: §  7 III.

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aus Fremdmitteln bedient. Der Insolvenzschuldner hätte somit ein Steuerungsinstrument für anfechtungsresistente Rechtshandlungen in der Hand. Dies könnte zu einem Kampf zwischen den Gläubigern führen. Jeder Gläubiger würde darauf drängen, aus Fremdmitteln befriedigt zu werden. In der letzten Konsequenz würde es zu einer ungerechtfertigten Relativierung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung kommen. Diese Einschätzung muss aber genauer hinterfragt werden. Geht es bei §  129 InsO um eine Gläubigergleichbehandlung? Nach dem Wortlaut des §  129 InsO sind Rechtshandlungen, die die Gläubiger benachteiligen, anfechtbar. Gemeint sind die Gläubiger in ihrer Gesamtheit. Die Insolvenzanfechtung setzt eine Masseschmälerung durch eine Rechtshandlung voraus. Die Insolvenzanfechtung dient somit gleichsam als Gegenmittel der Massemehrung. Unzutreffend ist daher die generelle Aussage von Häsemeyer, dass die Anfechtung nicht nur dem Interesse der Gläubigergesamtheit, sondern auch dem Interesse einzelner Gläubiger, insbesondere gegen gleichbehandlungswidrige Vermögensverschiebungen diene.110 Zustimmung verdient Schoppmeyer mit der Ausführung, dass die Gläubigergleichbehandlung keine sämtliche Anfechtungsvorschriften tragende Wertung ist. Die Gegenauffassung verwechsle tendenziell Ursache und Wirkung. Richtig sei, dass die allgemeinen Anfechtungsvorschriften auch eine Gläubigergleichbehandlung bewirken. Gleichwohl könnten sie nicht in ihrer Gesamtheit als Ausdruck des Grundsatzes der par condicio creditorum verstanden werden.111 Bei einem wirtschaftlich neutralen Gläubigertausch wäre m. E. nach dem Wortlaut des §  129 InsO eine Gläubigerbenachteiligung zu verneinen, wenn sich dieser Austausch uno actu vollzieht. Dies hätte zur Folge, dass auch in der wirtschaftlichen Krise, wo das Prioritätsprinzip zugunsten einer Gläubigergleichbehandlung verdrängt wird, eine Anfechtbarkeit ausscheidet. Die Grundnorm des §  129 InsO, die weit formuliert ist und auch weit ausgelegt wird112 , ist in diesem Fall zu eng. Auch wenn keine Masseminderung eintritt, aber ein einzelner Insolvenzgläubiger eine Befriedigung erhält, muss m. E. eine Anfechtung nach §§  130 f. InsO möglich sein. Dies gebietet die praktische Wirksamkeit der Gläubigergleichbehandlung in der wirtschaftlichen Krise. Durch die Deckungsanfechtung soll verhindert werden, dass sich einzelne Gläubiger bei materieller Insolvenz noch eine Befriedigung oder Sicherung verschaffen und dadurch das Prinzip der par condicio creditorum verletzen.113 Eine Besserstellung einzelner Insolvenzgläubiger soll vermieden werden, soweit sie nicht nach den gesamten 110   So Häsemeyer Rdnr.  21.19. Die Benachteiligung einzelner Gläubiger reicht nach zutreffender Ansicht nicht aus: Uhlenbruck/Hirte, §  129 Rdnr.  108 m.w.Nachw. 111   Schoppmeyer, NZI 2005, 185 (189). 112   So etwa zur weiten Auslegung der Rechtshandlung: Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  10. 113   Uhlenbruck/Hirte, §  130 Rdnr.  1.

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Umständen als gerechtfertigt empfunden wird.114 Eine Rechtfertigung, weshalb ein Gläubiger, der mit Fremdmitteln befriedigt wird, besser stehen soll wie einer, der aus eigenen Mitteln des Schuldners bedient wird, ist jedoch nicht ersichtlich. Ein wesentliches Anliegen der InsO besteht darin, eine höhere Verteilungsgerechtigkeit für die Gläubiger zu erreichen.115 Eine Andersbehandlung ist mit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz schwer vereinbar. Die Argumentation eines wirtschaftlich neutralen Gläubigertausches ist formal zwar richtig, geht aber in teleologischer Hinsicht fehl. §  129 InsO ist daher in der genannten Weise teleologisch zu reduzieren. Damit werden Ziel und Zweck der Insolvenzanfechtung weiter gefasst als dies herkömmlicherweise geschieht. Henckel etwa attestiert der Auffassung, die das Argument des wirtschaftlich neutralen Gläubigertausches nicht gelten lassen will, dass sie Ziel und Zweck der Anfechtung verkenne.116 Sie hebe darauf ab, was der Empfänger bekommen habe. Die Anfechtung greife aber nur, wenn das haftende Vermögen des Verfahrensschuldners verkürzt werde.117 Sieht man in dem Institut der Insolvenzanfechtung ein reines Masseschutzinstrument, so ist der Einwand Henckels zutreffend.118 Stellt man allerdings als weiteres Ziel der §§  130 f. InsO die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung heraus, so muss dies bereits bei der Auslegung des §  129 InsO durchschlagen. Dies führt zu einer gespaltenen Auslegung des §  129 InsO. Nur bei den allgemeinen Anfechtungstatbeständen hat die Insolvenzanfechtung eine reine Masseschutzfunktion.119 (d)  Wertungsgleichklang zur Argumentationslinie des BGH bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit Der BGH verfolgt den gerade aufgezeigten Gedankengang übrigens an einer anderen Stelle. Nach Auffassung des IX. Zivilsenats bleibt eine Insolvenzanfechtung auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§  208 InsO) möglich.120 Als ein Schlüsselargument heißt es in der Urteilsbegründung:

  MünchKomm-InsO/Kirchhof, Vor §§  129 Rdnr.  2.   Uhlenbruck/Pape, §  1 Rdnr.  12. 116   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  59. 117   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  59. 118   An anderer Stelle konstatiert Henckel (in: Kölner Schrift, S.  813 (814)), dass die besondere Insolvenzanfechtung einzelnen Gläubigern die Vorzugsstellung nehmen soll, die sie in kritischer Zeit erlangt haben. M. E. muss sich genau dieser Gedanke im vorliegenden Fall durchsetzen und bei §  129 InsO eingespeist werden. 119   Dass auch in diesen Fällen §  129 InsO ausscheiden kann, weil ein normativer Begriff der Gläubigerbenachteiligung gelten soll, ist eine andere, später zu behandelnde Frage. 120   BGH NZI 2001, 585; BGH ZIP 2003, 2036; NZI 2008, 297 (298); Braun/de Bra, §  129 Rdnr.  27; Gundlach/Frenzel/Schmidt, NZI 2004, 184; a. A. Häsemeyer, Rdnr.  21.25 m.w.Nachw. 114

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„Zudem widerspräche es dem Grundsatz der insolvenzrechtlichen Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger und damit dem Anfechtungszweck, einzelne anfechtbar begünstigte Insolvenzgläubiger nur deshalb besser zu stellen, weil das Schuldnervermögen sogar bis zur Bedeutungslosigkeit vermindert worden ist.“121

Damit ist der hier vertretene Ansatz vom BGH in verschlüsselter Form schon einmal angeklungen. Zumindest vollzieht der IX. Zivilsenat mit diesem Argument einen Perspektivenwechsel: Er rekurriert darauf, dass eine Besserstellung einzelner Insolvenzgläubiger nicht gerechtfertigt ist und stützt dies auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz.122 Bei den hier untersuchten Konstellationen greift die Rechtsprechung diese Überlegung nicht in synchroner Weise auf. Ein Abgleich der Judikate steht noch aus123 und sollte der hier entwickelten Auffassung zum Durchbruch verhelfen. (e)  Unabhängigkeit von der Deckungsqualität Unzutreffend ist es, bereits im Rahmen des §  129 InsO danach zu unterscheiden, ob die Schuldentilgung eine kongruente oder inkongruente Deckung darstellt. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1990 hat der IX. Zivilsenat ausgeführt, dass eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger bereits darin liege, dass die als Kredit der Gemeinschuldnerin zur Verfügung stehenden Mittel für eine inkongruente Befriedigung verbraucht und nicht in anderer Weise zum Nutzen ihres Geschäftsbetriebs verwendet worden sind.124 Diese Formulierung ist jedenfalls missverständlich, da die Frage der Kongruenz oder Inkongruenz keinen Einfluss auf die vorgelagerte Prüfung einer Gläubigerbenachteiligung haben kann. Maßgebend ist zunächst, ob die Befriedigung des Anfechtungsgegners der Gläubigergemeinschaft, die bereits in der wirtschaftlichen Krise des Schuldners zu schützen ist, haftendes Kapital entzog.125 Gegen einen Rekurs auf die Art der Deckung spricht sowohl der Wortlaut als auch die systematische Stellung des §  129 InsO.126   BGH NZI 2001, 585 (587).   Damit setzt die Gläubigergleichbehandlung nicht zwingend eine Befriedigung der Insolvenzgläubiger voraus. Dazu D.Busch, S.  21; S.  176, die ausführt, dass der Insolvenzverwalter unabhängig von Massearmut und Masseunzulänglichkeit berechtigt und verpflichtet ist, dieses Recht zur Konstitution der Insolvenzmasse auszuüben. 123   Damit soll nicht gesagt sein, dass der hier entwickelte Ansatz zwingend die Rechtsprechungslinie zur Insolvenzanfechtung bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit stützen muss. Nach Häsemeyer sei kein Rechtsgrund auszumachen, aus dem ein Insolvenzgläubiger zwecks Verfahrensfinanzierung herausgeben müsste, was er vom Insolvenzschuldner als geschuldete Leistung erhalten habe. Häsemeyer, Rdnr.  21.25. 124   BGH NJW 1990, 2687. 125   Siehe dazu: BGH NZI 2002, 255 (256). Der IX. Zivilsenat distanziert sich von einer Unterscheidung danach, ob die Tilgung kongruent oder inkongruent war. 126   Der BGH hebt zwar in seiner neueren Rechtsprechung nicht mehr auf die Art der Deckung im Rahmen des §  129 InsO ab. Gleichwohl spielt nach der höchstrichterlichen Judikatur diese Unterscheidung beim Bargeschäft nach §  142 InsO eine Rolle. BGHZ 123, 320 (328) = NJW 1993, 3267 (3269). Ausführlich dazu §  4 III.6. 121

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(f)  Unabhängigkeit von einer Rücknahme der Forderungsanmeldung Der Auffassung, wonach eine Gläubigerbenachteiligung zu verneinen ist127, wenn die Bank ihre Forderungsanmeldung in Höhe der Überweisung an den befriedigten Gläubiger zurückgenommen hat, kann nicht gefolgt werden. Zum einen ist bereits die Feststellung unzutreffend, dass durch die Anmeldung zur Tabelle die Haftungsmasse verkürzt und die Quote der übrigen Gläubiger geschmälert wird. Zu einer Verringerung der Quote kommt es erst, wenn die Bank mit ihrer Forderung an der Verteilung der Masse teilnimmt.128 Maßgebend hierfür ist nicht alleine die Anmeldung der Forderung129, sondern die Feststellung zur Insolvenztabelle (§  189 Abs.  3 InsO). Zum anderen sind in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Darlehensaufnahme einerseits und die Auszahlung an den befriedigten Gläubiger andererseits rechtlich zu trennen, so dass mit der Auszahlung eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist. Zwar ist richtig, dass eine Anfechtung nicht mehr in Betracht kommt, wenn die Gläubigerbenachteiligung nachträglich wieder beseitigt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der anfechtbar weggegebene Gegenstand oder nach dessen Weiterveräußerung der entsprechende Wert in das Vermögen des Insolvenzschuldners zurückgebracht wurde.130 Ein solcher Sachverhalt liegt aber gerade nicht vor. Ein nachträglicher Wegfall wäre nur dann denkbar, wenn die Quote der Insolvenzgläubiger durch die zurückgenommene Forderungsanmeldung mindestens genauso hoch wäre wie in dem gedachten Fall, bei dem die Zahlung an den Dritten nicht erfolgt wäre.131 Die Rücknahme der Forderungsanmeldung ist jedenfalls unbeachtlich, solange die Anmeldung jederzeit wiederholt werden kann.132 c)  Schuldentilgung aus einem debitorisch geführten Konto im Rahmen des Dispositionskredits Komplexer wird die Thematik, wenn die Zahlung unmittelbar aus einem debitorisch geführten Konto erfolgt. Auch in dieser Situation kommt es zu einer Darlehensaufnahme des Insolvenzschuldners, die der Befriedigung eines Gläubigers vorausgeht, so dass sich auf den ersten Blick kein Unterschied zur gerade entwickelten Falllösung aufdrängt. Doch während beim Grundfall der Auszahlungsanspruch nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB unstreitig nach §§  829 ff. ZPO pfänd  OLG Köln ZIP 2004, 2152.   Ebenso Homann, EWiR 2005, 315 (316). 129   Die Anmeldung führt lediglich zur Hemmung der Verjährung nach §  204 Abs.  1 Nr.  10 BGB. 130   RGZ 37, 97. 131   Zudem ändert die Rücknahme der Forderungsanmeldung nichts an der Gläubigerstellung; eine Anmeldung ist jederzeit wieder möglich; es liegt gerade kein Forderungsverzicht vor. 132   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  125. 127

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bar ist und damit zur Insolvenzmasse nach §§  35 f. InsO zählt, ist dies bei Zahlungen aus einem debitorischen Konto problematisch. Bei Zahlungen aus einem debitorischen Konto handelt die Bank doppelfunktional. Zum einen ist die Bank Kreditgeber. Sie schließt mit ihrem Kunden einen Darlehensvertrag i. S. des §  488 BGB und erfüllt mit der Auszahlung an den Empfänger den Anspruch des Bankkunden aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB. Zum anderen agiert die Bank als Zahlungsmittler, als Intermediär im bargeldlosen Zahlungsverkehr und erfüllt so den Anspruch des Überweisenden aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag (§  675 f Abs.  2 BGB) in Verbindung mit dem Zahlungsauftrag. Besonders diffizil wird es, wenn die Bank die beiden Funktionen gleichzeitig oder doch zumindest in einer wirtschaftlichen Einheit ausübt. Dieses Problem soll im Folgenden mit dem Terminus der Doppelfunktionalität der Bank umschrieben werden.133 Bei Zahlungen aus einem debitorischen Konto ist zwischen dem Dispositionskredit („offene Kreditlinie“) einerseits und der sog. „geduldeten Überziehung“ andererseits zu differenzieren.134 §  504 BGB enthält zu diesen Überziehungskrediten verbraucherschützende Vorschriften, mit denen die Richtlinie 87/102/EWG umgesetzt wurde.135 Neue Impulse für Verbraucherkreditverträge gehen von der Richtlinie 2008/48/EG136 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge aus.137 Die entsprechenden Termini der Richtlinie für die beiden genannten Überziehungskredite lauten „Überziehungsmöglichkeit“138 einerseits und „Überschreitung“139 andererseits. Nach Art.  3 lit.  d der Richtlinie 2008/48/EG meint „Überziehungsmöglichkeit“ einen ausdrücklichen Kreditvertrag, bei dem der Kreditgeber dem Verbraucher Beträge zur Verfügung stellt, die das aktuelle Guthaben auf dem laufenden Konto des Verbrauchers überschreiten. „Überschreitung“ ist hingegen eine stillschweigend akzeptierte Überziehung, bei der der Kreditgeber dem Verbraucher Beträge zur Verfügung stellt, die das aktuelle Guthaben auf dem laufenden Konto des Verbrauchers oder die vereinbarte

133   Es besteht kein Zwiespalt zwischen den Funktionen im eigentlichen Sinne; deshalb ist bewusst nicht von einer Janusköpfigkeit die Rede. 134   Zu dieser Unterscheidung: BGHZ 93, 315 = NJW 1985, 1218; BGHZ 147, 193 = WM 2001, 898. 135   Zur Verbraucherkreditrichtlinie Godefroid, Rdnrn.  11 ff. 136   ABl.  L 133/66. 137   Diese Richtlinie führte zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit. Dazu Godefroid, Rdnrn.  61 ff. Die Richtlinie wurde umgesetzt durch Art.  1 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. BGBl.  2009 I 49, 2355. 138   So auch §  504 BGB. 139   Siehe auch §  505 BGB: „geduldete Überziehung“.

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Überziehungsmöglichkeit überschreiten (Art.  3 lit.  e der Richtlinie 2008/48/ EG). Votiert man für eine Unpfändbarkeit, so wäre das Vermögen, das aus dem debitorischen Konto des Insolvenzschuldners abfließt, nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst (§§  35 f. InsO). Eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO würde dann rein rechnerisch ausscheiden. Ob dieser Ansatz der „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“ einer normativen Korrektur bedarf,140 muss gesondert erörtert werden. Das Fallmaterial eignet sich somit, eine weitere grundlegende dogmatische Fragestellung zur Gläubigerbenachteiligung zu beleuchten. Ob der Anspruch des Kunden gegen die Bank aus einem vereinbarten Dispositionskredit pfändbar ist141, gehört zu den viel diskutierten Streitfragen des Vollstreckungsrechts. Bevor auf diese Problematik eingegangen wird, muss ein Blick auf die allgemeine Rechtsgeschäftslehre geworfen werden. Wann kommt bei einem Dispositionskredit der Darlehensvertrag zustande? Hat der Kunde gegenüber der Bank einen Anspruch auf Auszahlung eines Darlehens nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB? aa)  Allgemeine Rechtsgeschäftslehre Beim Dispositionskredit (eingeräumte Überziehungsmöglichkeit, §  504 BGB)142 wird dem Darlehensnehmer vorab ein pauschaler Kreditrahmen (ein Kreditlimit) zugebilligt, von dem er nach Belieben Gebrauch machen kann.143 Anders als bei einem auf einmalige Auszahlung gerichteten Zahlungskredit handelt es sich dabei um einen revolvierenden Kredit: der Bankkunde kann den Kredit je neu auch nach zeitweiser Rückführung des negativen Saldos bis zum vereinbarten Limit ausnutzen. Ruft der Kunde die Mittel ab, so ist die Bank zur Kreditvergabe verpflichtet. Die Bank kann sich von dieser Verpflichtung grundsätzlich nur durch eine Kündigung befreien.144 Soweit das Kreditlimit vom Kunden noch nicht in Anspruch genommen wurde, spricht man auch von einer „offenen Kreditlinie“.145 In zeitlicher Hinsicht sind drei Ereignisse zu unterscheiden: das 140   Dafür Marotzke, ZInsO 2007, 897; Bitter, in: FS Karsten Schmidt, S.  123: bei unpfändbaren Gegenständen handele es sich um „potentielle Insolvenzmasse“. 141   Oft ist von der Pfändbarkeit des Dispositionskredits (z. B. Olzen, ZZP 97 (1984), 1 (2 ff.) oder von einer Pfändung in die offene Kreditlinie (z. B. Fritzsche, DStR 2002, 265) die Rede. Gemeint ist mit diesen Termini aber immer, dass der künftige Auszahlungsanspruch gepfändet wird. 142   Zum Verbraucherkreditrecht bei eingeräumter Überziehungsmöglichkeit Bülow in: Bülow/Artz, §  504 BGB Rdnrn.  17 ff. 143   Vgl. dazu Staudinger/Kessal-Wulf, §  493 Rdnr.  33. 144   Lwowski/Weber ZIP 1980, 609; Peckert ZIP 1986, 1232 (1233); Grund, S.  38 ff. 145   Keine Zustimmung verdient es, als „offene Kreditlinie“ nur denjenigen Dispositionskredit zu bezeichnen, der durch eine einseitige Mitteilung der Bank eingeräumt wird. Anders aber Terpitz, WuB VI E. §  829 ZPO 5.86.

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Darlehensangebot der Bank, der Abruf der Mittel durch den Kunden und die Auszahlungshandlung der Bank. Mit der Einräumung des Dispositionskredits macht die Bank dem Kunden ein Angebot i. S. des §  145 BGB auf Abschluss eines Darlehensvertrages nach §  488 BGB. Der Bankkunde nimmt dieses Angebot des Kreditinstituts konkludent an, indem er Verfügungen trifft, die sein Konto ins Soll bringen.146 Mit diesem „Abruf“ der Mittel kommt der Darlehensvertrag zustande.147 Der Kunde hat ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Auszahlung nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB. Bei diesem Abruf handelt es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht, durch dessen Ausübung der Krediteröffnungsvertrag konkretisiert und inhaltlich ausgestaltet wird.148 Mit der Auszahlung erfüllt die Bank die Kundenforderung, so dass der Anspruch aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB nach §  362 Abs.  1 BGB erlischt. Umstritten ist, ob ein Auszahlungsanspruch überhaupt entsteht oder nicht automatisch uno actu mit der Auszahlung erlischt. Diese Thematik ist systematisch der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre zuzuordnen, auch wenn sich das Ergebnis erst im Rahmen der Pfändbarkeit auswirkt. Das OLG Schleswig verneinte einen Auszahlungsanspruch des Kreditnehmers mit der Begründung, dass die Entstehung mit der Inanspruchnahme des Kredits zusammenfalle.149 Auch Honsell verfolgt diese Argumentationslinie und unterstellt der Rechtsprechung, dass sie unausgesprochen die „Denkhilfe“ einer logischen Sekunde ansetze, die er als „fossiles Requisit aus der Mottenkiste der Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz“ ablehne.150 Diese Argumentation geht aus tatsächlichen Gründen fehl, muss aber später bei der geduldeten Überziehung dezidiert aufgegriffen werden.151 Dort wird die Konstruktion der juristischen Sekunde in der Tat von Bedeutung sein. Bei der offenen Kreditlinie nimmt der Kunde das Kreditangebot z. B. dadurch konkludent an, dass der ausgefüllte Überweisungsträger der Bank zugeht. Erst dann kommt es zu einer Auszahlungshandlung der Bank.152 Die erwähnte Trias „Darlehensangebot der Bank, Abruf der Mittel durch den Kunden und Auszahlungshandlung der Bank“ ist also zeitlich zu trennen. Der Kunde hat mit dem Mittelabruf einen Anspruch gegenüber der Bank nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB, der erst danach – wenn auch in zeitlicher Nähe – durch Erfüllung erlischt.

  Staudinger/Kessal-Wulf, §  493 Rdnr.  33.   Das Abrufrecht steht dem Recht auf Vertragsschluss gleich: Stein/Jonas/Brehm, §  851 Rdnr.  37. 148   BGH NJW 2004, 1444 (1445). 149   OLG Schleswig NJW 1992, 579 (580). 150   Honsell, JZ 2001, 1143 (1144). 151   Siehe unter §  4 II.1.d)aa) 152   Gaul, KTS 1989, 3 (16 f.). 146 147

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bb)  Pfändbare Forderung? Die Frage nach der Pfändbarkeit ist Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts zaghaft aufgekommen153 und wurde im Laufe der Zeit immer heftiger diskutiert. Die h. M. unterscheidet zu Recht danach, ob die Pfändung vor oder nach dem Abruf der Mittel durch den Kunden erfolgte.154 Bei den hier betrachteten Konstellationen kommt es gerade zu einer Zahlung aus einem debitorischen Konto und damit zu einem Abruf der Mittel, so dass für den Fortgang der Überlegungen nur der zweite Fall zu beleuchten ist. Zu Recht wird von der Rechtsprechung und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum eine Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs bei einem Mittelabruf bejaht.155 Die Komplexität dieser Streitfrage wird vor allem durch eine Argumentationskreativität hervorgerufen, mit der das Schrifttum eine Ergebniskorrektur einfordert. Beim Auszahlungsanspruch handelt es sich um eine zukünftige Geldforderung, die unter den Anwendungsbereich des §  829 ZPO fällt. Keine Zustimmung verdient Honsell, der darauf abhebt, dass nur gegenwärtige Forderungen pfändbar seien, da künftige Forderungen noch nicht zum Vermögen i. S. des §  803 Abs.  1 ZPO gehörten.156 Diese Beschränkung geht aus dem Wortlaut des §  829 ZPO nicht hervor. Im Übrigen würde der Gleichklang zur Abtretung von 153   Diesel, JW 1933, 2503 f. einerseits; Koch, JW 1933, 2757 f. andererseits. Eine grundsätzlichere Diskussion erst bei Erman, GS R.Schmidt, S.  261 ff. 154   Olzen, ZZP 97 (1984), 1 (10); Gaul KTS 1989, 3 (16 ff.). Grunsky führt aus, dass der Schuldner nach §  888 ZPO durch Verhängung von Zwangsmitteln zur Aufnahme eines Kredits gezwungen werden könne: Grunsky, ZZP 95 (1982), 264. Zu Recht verneint der IX. Zivilsenat mit Urteil vom 22.  1. 2004 eine derartige Kreditaufnahmepflicht und vertritt mit der h. M. im Schrifttum eine vermittelnde Ansicht, die danach unterscheidet, ob ein Mittelabruf erfolgte: BGH NJW 2004, 1444 (1445). Zur Differenzierung von Pfändung und Verwertung grundlegend: Wagner, JZ 1985, 718; ders., ZIP 1985, 849 (853 ff.); ders., WM 1998, 1657. Zum Ganzen Bitter, WM 2004, 1109; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  54 Rdnr.  13; Baur/ Stürner/Bruns, Rdnr.  40.14 jeweils m.w.Nachw. Der Abruf stellt eine persönliche Entscheidung des Schuldners als Kunde des Kreditinstituts dar. Dazu bereits RGZ 51, 115 (120). Diese Befugnis kann der Gläubiger nicht durch eine Pfändung des Abrufrechts auf sich übertragen und den Schuldner so zur Begründung einer neuen Verbindlichkeit zwingen. Dem Gläubiger steht damit kein wirtschaftlich verwertbares Recht zur Verfügung, wenn der Schuldner zwischen der Zustellung der Pfändung an den Drittschuldner und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Abruf unterlässt. Andernfalls käme es zu einem „Umschuldungszwang“ für den Schuldner, dessen Verbindlichkeiten sich um die anfallenden Kreditzinsen in summa erhöhen würden. Dies ist mit der Privatautonomie nicht vereinbar und auch nicht mit der erforderlichen Effizienz der Zwangsvollstreckung zu begründen. Gegen eine Pfändbarkeit des Anspruchs auf Krediteinräumung spricht auch die Wertung des §  851 ZPO. Der numerus clausus der Vollstreckungsarten würde ferner durchbrochen. Dazu Olzen, ZZP 97 (1984), 1 (14). 155   BGHZ 147, 193 = NJW 2001, 1937. Dazu Honsell, JZ 2001, 1143; Bitter, WM 2001, 889; Schuschke, ZIP 2001, 1084; Vendolsky, ZIP 2005, 786; Fritzsche, DStR 2002, 265; BrandiDohrn, BB 2001, 1115; Fischer, DZWIR 2002, 143; Klose, MDR 2002, 186. 156   Honsell, JZ 2001, 1143 mit Rekurs auf die Rechtslage in der Schweiz, wo die Pfändbarkeit auf das gegenwärtige Vermögen beschränkt ist. Diese rechtsvergleichende Notiz ist m. E. de lege lata nicht verwertbar.

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Forderungen, den §  851 ZPO ausspricht, nicht beachtet und die Effizienz der Zwangsvollstreckung unnötig beeinträchtigt. Zukünftige Forderungen sind pfändbar, wenn schon eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner besteht, aus der die spätere Forderung nach ihrem Inhalt und der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann.157 Mit dem Zahlungsdiensterahmenvertrag i. S. des §  675 f Abs.  2 BGB (vulgo: Girovertrag)158 wird ein Girokonto für den Kunden eingerichtet, das dieser im Rahmen eines Dispositionskredits auch debitorisch führen kann. Der Bankkunde hat damit einen gegenwärtigen Anspruch auf Einräumung des Kredits. Der Auszahlungsanspruch selbst ist bereits hinreichend konturiert und konkretisiert, er setzt nur noch den Mittelabruf seitens des Kunden voraus. Die Palette an Einwänden gegen eine Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs ist groß. Diesen Auffassungen ist gemeinsam, dass sie allesamt keine hinreichende dogmatische Fundierung aufweisen. Die Argumentationslinien werden häufig nicht mit dem Gesetz abgeglichen. Die Ebenen einer Betrachtung de lege lata einerseits und de lege ferenda andererseits werden nicht selten vermengt. Als „dogmatische Anker“ kommen zum einen eine teleologische Reduktion des §  829 ZPO und zum anderen eine Einordnung unter das Pfändungsverbot nach §  851 ZPO in Betracht. Die Ansätze des Schrifttums sollen im Folgenden in dieser methodologischen Ordnung überblickt werden. Beide Ansatzpunkte können jedoch eine Unpfändbarkeit nicht begründen. (1)  Teleologische Reduktion des §  8 29 ZPO (a)  Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Kapitalnutzung Gegen eine Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs spricht nach einer Mindermeinung, dass die Auszahlung des Kredits eine Rückzahlungsverpflichtung mit sich bringe und es sich daher wirtschaftlich nur um eine Kapitalnutzung handele.159 Die Kreditgewährung verbessere nicht das rechnerische Guthaben des Darlehensnehmers, sondern allenfalls dessen Liquidität. Aus dem „Geschäftszweck der Darlehensgewährung als Kapitalüberlassung auf Zeit“ ergebe sich eine Unpfändbarkeit. Eine solche wirtschaftliche Gesamtbetrachtung, die das Vermögen aus Krediten der Zwangsvollstreckung entziehen würde, lässt sich aus dem Wortlaut des §  829 ZPO nicht entnehmen. Methodisch müsste diese Konstruktion aus einer teleologischen Reduktion des §  829 Abs.  1 ZPO gefolgert werden. Jedoch streitet die ratio legis dieser Norm nicht für diese Restriktion. Grundsätzlich unterliegt das gesamte Vermögen des Schuldners der Zwangsvollstreckung. 157   RG JW 1904, 365; RGZ 134, 225 (227); 135, 139 (141); BGHZ 53, 29 (32); BGHZ 135, 140 (142); Stein/Jonas/Brehm, §  829 Rdnr.  6 m.w.Nachw. 158   Dazu §  2 II.1. 159   Häuser, ZIP 1983, 891 (899 f.); LG Münster WM 1984, 1312.

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Auch die Darlehensforderung ist mit ihrem Nominalwert zu erfassen, unabhängig von einer etwaigen Gegenleistungsverpflichtung.160 (b)  Privatautonomie Ferner muss der Frage nachgegangen werden, ob sich der Gedanke der Privatautonomie fruchtbar machen lässt und gegen eine Pfändbarkeit streitet. Die Argumentationslinie lautet: Dem Kunden würde bei einer möglichen Pfändung eine ungewollte Schuldnerstellung gegenüber der Bank aufgedrängt.161 Ein solcher Kredit sei wegen der „zweckfremden“ Verwendung des Geldes vom Vollstreckungsschuldner mit dieser Auswirkung nicht gewollt. Der Schuldner ginge eine neue Verbindlichkeit ein. Als Folge der Pfändbarkeit würde er aber trotz Kreditabrufs gar keinen Kredit ausgezahlt erhalten. Das sei von der Privatautonomie nicht gedeckt. Der Kontoinhaber, der Mittel aus einer offenen Kreditlinie abruft, tue dies nämlich nicht, um dadurch einem anderen Gläubiger die Möglichkeit des Zugriffs auf dieses Geld zu verschaffen. Ebenso wie die an die Bank gerichtete Weisung nicht vom konkreten Inhalt der Weisung (Auszahlung bzw. Überweisung an einen bestimmten Empfänger) gelöst werden könne, lasse sich auch der Wunsch des Kunden zur Kreditinanspruchnahme ohne Eingriff in dessen Privatautonomie nicht vom konkreten Auszahlungs- bzw. Überweisungswunsch trennen.162 Aus diesem Nichttrennbarkeitsgedanken folgert Bitter dann, dass die Auszahlungsbestimmung in die Höchstpersönlichkeit des Abrufs einzubeziehen sei, weil es dem Schuldner dann umgekehrt unbenommen bleibe, den Kredit auch mit einer Auszahlungsbestimmung an den Pfändungsgläubiger in Anspruch zu nehmen.163 In der Tat ist es die ureigenste Entscheidung des Schuldners und Ausfluss der Privatautonomie, ob er eine Verbindlichkeit eingehen möchte oder nicht.164 Der Abschluss des Kreditvertrags steht auch bei einer Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs in der privatautonomen Entscheidung des Kreditnehmers. Dieser ist nicht verpflichtet, den Vertrag abzuschließen. Sein Wille, selbst in den 160   So zutreffend Gaul, KTS 1989, 3 (12); Lwowski/Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Heller, S.  67. 161   Zum „Alternativmodell“ von Bitter: Lwowski/Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner, S.  57, 70; dies. WuB VI E. §  829 ZPO 2.96 S.  1331; Bitter, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, §  33 Rdnr.  66 ff.; ders., WM 2001, 881 ff., ders., WM 2004, 1109 ff.; ders., in: FS G. Fischer, S.  15 (33 ff.). 162   Bitter WM 2001, 889 (894 f.); ders. WM 2004, 1109 (1115); ders., in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, §  33 Rdnr.  91 ff.; ders., in: FS G. Fischer, S.  15 (34). 163   Bitter weist darauf hin, dass die Banken nach der Rechtsprechung des BGH auch für ihre Geldautomaten eine neue Funktion und Anzeige einführen müssten, wenn der Schuldner nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit seiner Bankkarte einen Betrag abheben möchte. Ironisch schlägt Bitter für eine solche Mitteilung vor: „Wir danken für Ihren Auftrag. Das angeforderte Geld wird an Ihren Pfändungsgläubiger abgeführt.“ So Bitter, WM 2001, 889 (895). 164   LG Hannover WM 1986, 254.

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Genuss der Geldleistung zu kommen, ist jedoch nicht schutzwürdig.165 Der Auszahlungsanspruch gehört zu seinem Vermögen und unterliegt folgerichtig der Zwangsvollstreckung. Daher ist die Analyse Fritzsches zutreffend, wonach der Kunde mit der Verfügung die gewünschte Kreditinanspruchnahme erhalte, diese „lediglich gegen seinen Willen in eine andere Richtung gelenkt“ werde, nämlich zum Pfändungsgläubiger.166 Zudem hängt der Rekurs auf die Privatautonomie dogmatisch gesehen „in der Luft“. Dieser Gedanke kann nur im Rahmen des §  851 ZPO fruchtbar gemacht werden. Dort ist der legislative Standort für diese Fragestellungen. Eine teleologische Reduktion des §  829 ZPO würde das speziellere Vollstreckungsverbot des §  851 ZPO aushöhlen und verdient daher bereits aus diesem Grund keine Zustimmung. Auch überzeugt ein „Rechtsfolgenargument“, das in diesem Kontext immer wieder in Anschlag gebracht wird, nicht. Es geht um die Gefahr der Doppelzahlung oder Doppelbelastung seitens der Bank.167 Die Bank müsse nach Zahlung an den Kunden bei einer Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs ein zweites Mal an den Pfandgläubiger leisten. Die Bank hätte das Darlehen nicht an den Kunden ausreichen dürfen. Ein Mittelabfluss aus dem debitorischen Konto sei dem Pfandgläubiger gegenüber nach §§  135, 136 BGB (relativ) unwirksam. Dabei handelt es sich um einen Zirkelschluss.168 Mit dem Hinweis auf die Rechtsfolge der drohenden Doppelzahlung kann nicht auf eine Unpfändbarkeit geschlossen werden. Die Frage der Unpfändbarkeit ist eine vorgelagerte Fragestellung. Ist eine solche zu verneinen und beachtet der Drittschuldner den ihm zugestellten Pfändungsbeschluss nicht, so ist eine mögliche Doppelzahlung sein Risiko, das er bei Beachtung des Pfändungsbeschlusses selbst vermeiden kann. (2)  Ausschluss nach §  851 ZPO: generelle Zweckbindung? Damit dringt die Frage vor, ob bei einem Dispositionskredit eine generelle Zweckbindung besteht.169 In der Tat könnte das Vollstreckungsverbot des §  851 ZPO eingreifen, wenn bei einem Dispositionskredit von einer solchen Zweck  Wagner, WM 1998, 1657 (1662).   Fritzsche, DStR 2002, 265 (268). 167   Bitter, WM 2001, 889 (892). 168   Abel (S.  208) spricht von einem Scheinproblem. Wagner (WM 1998, 1657 (1662)) verweist auf die geringe praktische Bedeutung der Doppelzahlungsfälle. M. E. reichen diese Kritikpunkte nicht aus. Es ist der dogmatische Fehler auszuleuchten. 169   Der BGH folgt zu Recht der Argumentation aus dem älteren Schrifttum nicht, wonach der Pfändbarkeit von Kreditansprüchen §§  851 Abs.  1 ZPO, 399 BGB entgegenstünden, weil das Kreditverhältnis ein Vertrauensverhältnis und der daraus entspringende Anspruch höchstpersönlicher Natur sei. Anders Koch, JW 1933, 2757 f. mit Rekurs auf RGZ 66, 361; Lwowski/Weber, ZIP 1980, 609 (611). Dagegen BGHZ 147, 193 (197) = NJW 2001, 1937 (1938); Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  33 Rdnr.  75. 165

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bindung auszugehen wäre. Gemäß §  851 Abs.  1 ZPO ist eine Forderung nicht pfändbar, soweit sie nicht übertragbar ist. Mit diesem Vollstreckungsverbot wird ein konsistenter Gleichklang zur Abtretbarkeit nach materiellem Recht geschaffen.170 §  851 Abs.  2 BGB statuiert zwar eine Ausnahme von diesem Gleichlaufprinzip jedenfalls für den Fall eines wirksam vereinbarten Abtretungsausschlusses nach §  399 Alt.  2 BGB. Damit soll ein missbräuchlicher Entzug von Schuldnervermögen zulasten der Gläubiger verhindert werden.171 Bei einer vereinbarten Zweckbindung, mit der die Zahlung an den ursprünglichen Gläubiger zum Leistungszweck gemacht wird, ist aber die Forderung trotz des weitergehenden Wortlauts des §  851 Abs.  2 ZPO jedenfalls dann unpfändbar, wenn die Bindung treuhänderischen Charakter hat.172 §  851 Abs.  2 ZPO ist insoweit teleologisch zu reduzieren.173 Die generelle Zweckbindung bei einem Dispositionskredit wird damit begründet, dass die Bank ihrem Kunden den Kredit nicht schlechthin zur Verfügung stelle, sondern nur unter der Voraussetzung, dass er seine wirtschaftliche Position durch Nutzung des Kapitals stärke und damit zugleich die Chancen der Bank erhöhe, das Geld zurückzuerhalten.174 Zwischen der Bank und dem Kunden existiere ein besonderes Vertrauensverhältnis. Der Dispositionskredit stehe ausschließlich dem Schuldner zur Verfügung.175 Im Schrifttum ist auch von einer „personenbezogenen Zweckbindung“ des Auszahlungsanspruchs die Rede.176 Diese Konstruktion ist ein ergebnisorientierter Kunstgriff. Ausdrücklich wird eine solche Zweckbindung in der Regel nicht vereinbart. Der Dispositionskredit ist im Gesetz mit Ausnahme der verbraucherschützenden Vorschrift des §  504 BGB nicht geregelt, so dass sich aus den gesetzlichen Wertungen eine solche Zweckbindung nicht ergibt. In methodologischer Hinsicht müsste daher eine konkludente Vereinbarung oder eine ergänzende Vertragsauslegung in Ansatz gebracht werden. Dagegen spricht aber, dass die Bank dem Kontoinhaber das Kapital zur freien Verfügung überlässt und daher von einem derartigen Regelungsplan der Parteien nicht gesprochen werden kann. Jedenfalls besteht

  Es ist auch von einem Gleichlaufgrundsatz die Rede. Diese Wechselwirkung wird in umgekehrter Reihenfolge durch §  400 BGB als das Gegenstück zu §  851 ZPO verwirklicht und durch §  394 BGB auch in das Aufrechnungsrecht inkorporiert. Dazu Abel, S.  36 ff. m. w.Nachw. 171   Dazu bereits RG JW 1901, 653; BGHZ 95, 99 (102) = NJW 1985, 2827. 172   BGHZ 94, 316 (322); BGH WM 2000, 264 (265). 173   Dazu ausführlicher unter e). 174   Erman, in: GS R.Schmidt, 1966, S.  261 (267 f.); Schönle (§  12 II 4) hält eine Pfändung mit dem „wirtschaftlichen Zweck der Kredithingabe für unvereinbar.“ 175   Lwowski/Weber, ZIP 1980, 609 (611); Nassall, NJW 1986, 168 f. 176   Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  54 Rdnr.  13 m.w.Nachw., jetzt aber zu Recht mit einer Differenzierung vor und nach Mittelabruf. 170

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keine generelle treuhänderische Bindung, so dass §  851 ZPO nicht einschlägig ist.177 (3)  Zusammenschau: keine pfändungsfreie Zone des „Unterwasserkontos“ Die Untersuchung hat ergeben, dass bei der „Pfändbarkeit des Dispositionskredits“ – gemeint ist die Pfändung des künftigen Auszahlungsanspruchs nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB – zwei Ebenen zu trennen sind: die allgemeine Rechtsgeschäftslehre und die darauf aufbauende einzelzwangsvollstreckungsrechtliche Betrachtung. Beide Analysen sind notwendige Vorarbeiten für die insolvenzanfechtungsrechtliche Thematik. In zeitlicher Hinsicht sind drei Ereignisse zu unterscheiden: das Darlehensangebot der Bank, der Abruf der Mittel durch den Kunden und die Auszahlungshandlung der Bank. Mittelabruf und Auszahlung fallen nicht zeitlich zusammen. Der künftige Auszahlungsanspruch aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB ist pfändbar; Voraussetzung ist ein Mittelabruf. Dogmatisch lässt sich eine Unpfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs nicht begründen – weder aus einer teleologischen Reduktion des §  829 ZPO noch aus §  851 ZPO. Dem Dispositionskredit kommt damit keine zwangsvollstreckungsrechtliche Sonderrolle zu. Andernfalls könnte der Schuldner einen Teil seines Vermögens der Vollstreckung entziehen und wie Grunsky plakativ formuliert in eine „pfändungsfreie Zone des Unterwasserkontos“ abtauchen.178 Dass die Pfändung zu einer faktischen Kontosperre führt179, ist eine Konsequenz, die das dogmatisch richtige Ergebnis der Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs nicht ins Wanken bringen kann. Andernfalls würden Schuldner in den debitorischen Kontobereich abdriften und sämtliche Vollstreckungsmöglichkeiten der Gläubiger ins Leere laufen lassen. Sozialen Gesichtspunkten180 , die gegen eine Pfändbarkeit immer wieder ins Feld geführt werden, kommt nur de lege ferenda Bedeutung zu. Im Übrigen kann die Bank – auch unabhängig von der Frage der Pfändbarkeit – wegen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden nach Nr.  19 Abs.  3 AGB-Banken bzw. §  490 Abs.  1 BGB kündigen.181

  Dazu ausführlich unten die vierte Fallgruppe unter d).   Grunsky, JZ 1985, 490. 179   Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  33 Rdnr.  89 („Die Blockadewirkung ist umfassend“). Noch schärfer ist die Formulierung, dass ein gesetzlich in der ZPO nicht vorgesehenes Zwangsmittel eingeführt wird. Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  33 Rdnr.  88 m.w.Nachw. 180   Zum Pfändungsschutzkonto des §  850k ZPO siehe etwa Bitter, ZIP 2011, 149 m.w.Nachw. 181   Im Unterschied zu §  490 Abs.  1 BGB reicht für das vertragliche Kündigungsrecht nach Nr.  19 Abs.  3 AGB-Banken die Gefährdung jedweder Ansprüche der Bank aus. Es heißt dort, dass die Rückzahlung des Darlehens „oder die Erfüllung einer sonstigen Verbindlichkeit gegenüber der Bank“ gefährdet ist. Dazu v.Wilmowsky, WM 2008, 1189 (1191). 177 178

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Als Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass der Auszahlungsanspruch nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB bei einem Dispositionskredit pfändbar ist. Der Erfolg der Pfändung ist davon abhängig, ob der Kunde die Mittel abruft. cc)  „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“ und wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch Bei der Frage, ob ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch182 anzunehmen ist, gilt es einen zentralen Unterschied zur ersten Fallgruppe zu betonen: Bei einer Zahlung an einen Dritten aus einem debitorischen Konto kommt es uno actu dazu, dass die Forderung des Dritten nach §  362 Abs.  1 BGB erlischt und die Forderung der Bank gegenüber dem Schuldner aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB entsteht. Vordergründig betrachtet liegt ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch vor. Denn wie Henckel ausführt, entsteht mit der Ausführung der Überweisung auf Kredit der Deckungsanspruch der Bank gegen den Insolvenzschuldner. Soweit dieser mit dem erloschenen Anspruch des Empfängers gleichwertig ist, verändere sich die Vermögenslage des Verfahrensschuldners nicht zu Lasten der Insolvenzgläubiger. An die Stelle des durch die Überweisung erfüllten Anspruchs des Empfängers sei der Anspruch der Bank auf Deckung getreten. Die Lage entspreche der beim Wechsel der Person des Gläubigers, also dem Fall, dass der Empfänger dem Angewiesenen – der Bank – seine Forderung abgetreten hätte.183 Die Frage dringt damit vor: Weshalb sollte eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO bestehen? (a)  Die Theorie von der Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät Umstritten ist, ob von einer „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“ auszugehen ist.184 Ein solches Konzept, das auch der IX. Zivilsenats lange Zeit verfolgte,185 richtet die Frage der Gläubigerbenachteiligung danach aus, ob der Darlehensanspruch des Schuldners gegenüber der Bank pfändbar ist. Der Automatismus lautet dann: bei einer Unpfändbarkeit ist auch eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO zu verneinen. Eine zusätzliche Stütze für diese Argumentation bietet §  143 Abs.  1 S.  1 InsO. Zurückzugewähren ist nach dieser Anspruchsgrundlage nur, was „aus dem Vermögen des Schuldners“ stammt. Kommt man zu dem Ergebnis, dass die

182   Der Terminus wird trotz der geäußerten Kritik weiter verwendet; er ist zu einem diskussionsprägenden Schlüsselbegriff dieser Thematik geworden. 183   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  59. 184   Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607: „Parallele zur Einzelzwangsvollstreckung“; dezidiert dagegen Bitter, in: FS Karsten Schmidt, S.  123. 185   Dazu zutreffend MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108b, wonach der BGH das Ergebnis schematisch auf die anfechtungsrechtliche Gläubigerbenachteiligung übertrage. Die Kehrtwende brachte in der Judikatur BGHZ 182, 317 = NJW 2009, 3362 (bei geduldeten Überziehungen).

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Darlehensmittel aus dem Vermögen der Bank abfließen, dann scheitert ein Rückgewähranspruch auch am Wortlaut des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO. Die Linie der Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät lautet also in eine Kurzformel gefasst: Ohne Pfändbarkeit keine Gläubigerbenachteiligung.186 Verfehlt ist es jedenfalls, von der Pfändbarkeit auf die Gläubigerbenachteiligung zu schließen. Warum ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch in diesen Konstellationen nicht bestehen soll, bedarf einer anderen Begründung. Im Jahr 1990 verneinte der BGH eine Gläubigerbenachteiligung noch wie folgt: Eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger könne darin liegen, dass die als Kredit der Gemeinschuldnerin zur Verfügung stehenden Mittel für eine inkongruente Befriedigung verbraucht und nicht in anderer Weise zum Nutzen ihres Geschäftsbetriebs verwendet worden sind.187 (b)  Das Alternativmodell von Bitter: kein Fortsetzungszusammenhang zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht Bitter lehnt zu Recht einen generellen Gleichklang zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht ab.188 Er differenziert nach dem Grund für die Unpfändbarkeit und bejaht eine Anfechtbarkeit trotz einer Unpfändbarkeit des Kontokorrentkredits, von der er in seinem „Alternativmodell“ ausgeht.189 Diese Unpfändbarkeit folge zum einen aus der Weisungsbindung der Bank und zum anderen aus der privatautonomen Entscheidung des Kontoinhabers über die Kreditinanspruchnahme.190 Die Bank würde bei einer Pfändbarkeit des Kontokorrentkredits durch die Ausführung von Weisungen des Kunden gegen den Geschäftsbesorgungsvertrag verstoßen, weil der vom Kunden mit der Weisung verfolgte Zweck nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gar nicht mehr

186   Siehe zu einer Ausnahme der Rechtsprechung bei der Anfechtung der Übertragung des Rechts auf ein Patent oder Geschmacksmuster, das zum Schutz der Entschließungsfreiheit des Erfinders oder Gestalters vor der Anmeldung unpfändbar ist: BGH NJW-RR 1998, 1057 (1060). 187   BGH NJW 1990, 2687 (2688). Kritisch dazu Wischemeyer, S.  79 ff. 188   Allgemein zur Insolvenzanfechtung bei der Weggabe unpfändbarer Gegenstände: Bitter, in: FS Karsten Schmidt, S.  123 (133 ff.). In der Tat besteht ein zentraler Unterschied zwischen der Zwangsvollstreckung und der Insolvenzanfechtung, der gegen eine Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät streitet: Während im ersten Fall zwangsweise auf Gegenstände des Schuldners zugegriffen wird, gibt der Schuldner bei letzterem Fall freiwillig zugunsten eines Gläubigers den Gegenstand weg. Bitter verneint zu Recht die Frage: „Soll die einseitige Gläubigerbevorzugung tatsächlich hingenommen werden, weil es auf den ersten Blick an einer Gläubigerbenachteiligung fehlt?“ Eine Gläubigerbenachteiligung bestehe auch bei der Weggabe potentiellen Vermögens. Für die Anfechtbarkeit der Weggabe unpfändbarer Gegenstände sei die Schutzrichtung des Pfändungsverbots unerheblich. 189   Bitter, in: FS G. Fischer, S.  15 (33 ff.): „Anfechtbarkeit trotz Unpfändbarkeit“; ders., in: FS Karsten Schmidt, S.  123. 190   Bitter WM 2001, 889, 893 ff.; ders., WM 2004, 1109 (1113 ff.); ders., in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, §  33 Rdnr.  91 ff.; ders., in: FS G. Fischer, S.  15 (33 ff.).

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erreicht werden könnte und dies für die Bank erkennbar sei.191 Dem Kontoinhaber würde zudem ein nicht gewollter Kredit und damit eine von der Privatautonomie nicht gedeckte Schuldnerstellung aufgedrängt.192 Bei der Rückforderung von Beträgen, die im ausdrücklichen Auftrag des Schuldners an einen Gläubiger aus Kreditmitteln stammen, sind nach Bitter weder die Weisungsbindung noch die Privatautonomie betroffen. Die Bank habe den Kundenauftrag weisungsgemäß ausgeführt. Der Kunde habe die Entscheidung zur Zahlung an den jeweiligen Gläubiger privatautonom getroffen. Die aus diesen Gründen – und nicht aus sozialen Gesichtspunkten der Unpfändbarkeit bestimmter lebensnotwendiger Gegenstände193 – folgende Unpfändbarkeit des Dispositionskredits setze sich folglich nicht in einer fehlenden Anfechtbarkeit fort. Die Gläubigerbenachteiligung sei zu bejahen.194 (c)  Kritische Stellungnahme und eigener Ansatz: normative Korrektur des §  129 InsO und Theorie von der Doppelfunktionalität (aa)  Schwächen einer Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät.  Der Ansatz, der mit dem Terminus der Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät schlagwortartig zusammengefasst wurde, blendet die Tatsache aus, dass in wirtschaftlicher Hinsicht ein Gläubigertausch stattgefunden hat und die Insolvenzmasse dadurch nicht geschmälert wurde. Der Kreditgeber tritt schließlich unmittelbar an die Stelle des begünstigten Insolvenzgläubigers. Der Fall ist damit prima facie mit der Abtretung der Forderung vergleichbar195 , bei der ebenso die Passivmasse nicht erhöht wird und eine Gläubigerbenachteiligung ausscheidet. Der BGH hebt im Rahmen des §  129 InsO ansonsten auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ab. Konsequenterweise ist dieser Ansatz auch hier zu verfolgen. In eine andere Richtung geht jedoch die erwähnte Entscheidung aus dem Jahre 1990. Dort formulierte der BGH vorsichtig, dass eine Benachteiligung der   Bitter, in: FS G. Fischer, S.  15 (34); R. Fischer, DZWIR 2002, 143 (144 ff.).   Dazu z. B. Bitter, WM 2001, 889 (892); OLG Jena OLG-NL 1999, 212 (214); LG Münster WM 1996, 1847. 193   Dazu auch MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108b, der kritisiert, dass der BGH sich nicht damit auseinandersetzt, dass der Ausschluss der Pfändbarkeit eines Überziehungskredits nicht – wie normale Pfändungsverbote (§§  811, 850 ff. ZPO) – die wirtschaftliche Erwerbs- und Existenzgrundlage des Schuldners, sondern seine Entscheidungsfreiheit schützen soll; demgegenüber knüpfe die Gläubigerbenachteiligung i. S. v. §  129 Abs.  1 InsO erst an die Folgen des früheren privatautonomen Kreditabrufs des Schuldners an und regele diese im Hinblick auf das Gebot der Gläubigergleichbehandlung. 194   In seinem Beitrag in der FS Gero Fischer subsumiert Bitter unter sein „Alternativmodell“, das aber mangels gesetzlicher Fundierung auf tönernen Füßen steht. Siehe Bitter, in: FS Gero Fischer, S.  15. Den Bruch kittet er in einem späteren Artikel selbst. Dazu Bitter, in: FS Karsten Schmidt, S.  123. Sein Modell basiert nunmehr auf einer normativen Korrektur der Gläubigerbenachteiligung; unter dieser „dogmatischen Flagge“ ist der verneinte Fortsetzungszusammenhang zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht in der Tat richtigerweise zu verorten. Genauer zum normativen Begriff der Gläubigerbenachteiligung unter (c)(ee). 195   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  59. 191

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übrigen Gläubiger darin liegen könnte, dass die als Kredit der Insolvenzschuldnerin zur Verfügung stehenden Mittel für eine Befriedigung196 verbraucht und nicht in anderer Weise zum Nutzen ihres Geschäftsbetriebs verwendet worden sind.197 Diese Argumentationslinie verschwindet in der späteren Judikatur des BGH. Eine dezidierte Auseinandersetzung wäre indes angebracht. (bb)  Teleologische Reduktion des §  129 InsO.  Nach der hier vertretenen Auffassung ist §  129 InsO für die Tatbestände der Deckungsanfechtung dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass dort bereits beim allgemeinen Grundtatbestand der Gedanke der Gläubigergleichbehandlung maßgebend ist. Selbst wenn die Rechtshandlung nicht zu einer Masseschmälerung geführt hat, jedoch ein Gläubiger dem Prioritätsprinzip entsprechend befriedigt wurde, ist diese Zahlung unter den Voraussetzungen der §§  130 f. InsO nach §  143 Abs.  1 InsO zurückzugewähren. Ein Unterschied zur ersten Fallgruppe besteht nicht. Die Besonderheit, dass es sich um einen Dispositionskredit handelt, ist für die Frage der Gläubigerbenachteiligung nach §  129 InsO ohne Relevanz. Es gilt uneingeschränkt das zum „normalen Zahlungskredit“ Gesagte. Auch Häsemeyer bemüht den Gedanken der Gläubigergleichbehandlung, um die Auffassung vom wirtschaftlich neutralen Gläubigertausch zu verwerfen.198 Zutreffend arbeitet er den Unterschied zur Abtretung einer Insolvenzforderung heraus. Die Abtretung vollziehe sich zwischen Zedenten und Zessionar. Die Darlehensgläubigerin stehe hingegen in keiner Rechtsbeziehung zum Überweisungsempfänger. Die Forderung behalte ihre Identität und bisherige Bedeutung für die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger ebenso wie für die Verpflichtung des Schuldners. Gleichbehandlungsrelevante Schuldnerautonomie sei nicht im Spiel. Der Kerngedanke ist dann, dass der die insolvenzrechtliche Haftungsordnung beherrschende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung im nachfolgenden Insolvenzverfahren auch zugunsten und zulasten der Darlehensgeberin gelte. Die Folgen einer Rechtshandlung müssten nicht sämtliche Insolvenzgläubiger gleichmäßig treffen, um die Anfechtbarkeit zu begründen. Von der herrschenden Auffassung werde die entscheidende Frage falsch gestellt. Sie laute nicht, ob die Anfechtung auszuschließen sei, weil die getilgte Forderung erloschen sei, sondern ob die Forderungstilgung anfechtbar sei, weil andernfalls die Darlehensgeberin im Verhältnis zum Überweisungsempfänger benachteiligt werde. Hieran sei nicht zu zweifeln. Gegen eine solche Sichtweise steht zunächst der Wortlaut des §  129 InsO: Rechtshandlungen, die die Insolvenzgläubiger benachteiligen, unterliegen der Anfechtung. Eine Benachteiligung eines einzelnen Insolvenzgläubigers reicht 196   Der BGH spricht von einer inkongruenten Deckung. Die Kongruenzfrage ist indes an dieser Stelle ohne Belang. 197   BGH NJW 1990, 2687 (2688). 198   Häsemeyer, KTS 2007, 423 (426 ff.).

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demnach nicht aus. §  129 InsO ist als Instrument der Massemehrung formuliert. Häsemeyer müsste seinen Ansatz – dogmatisch korrekt – aus einer teleologischen Reduktion ableiten. Eine Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung lässt sich jedoch nur für die Tatbestände der §§  130 f. InsO aus der ratio legis dieser Normen gewinnen. Die hier vorgetragene gespaltene Lösung im Rahmen des §  129 InsO erscheint geboten. Hat der spätere Insolvenzschuldner sein Konto zwecks Schenkung (§  134 InsO) oder Vorbereitung der Fluchthilfe (§  133 InsO) überzogen, so ergibt sich – wie Häsemeyer herausarbeitet – die Gläubigerbenachteiligung daraus, dass die Schuldenmasse um die Darlehensforderung vergrößert, die Aktivmasse allerdings gleich bleibe. Das ist allerdings ein anderer Gesichtspunkt, der nichts mit der Berücksichtigung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen des §  129 InsO zu tun habe. (cc)  Doppelfunktionalität.  Im Falle der Zahlung aus einem debitorischen Konto führt aber auch noch ein anderer, hier neu zu entwickelnder Ansatz zu diesem Ergebnis. Dieser Aspekt trifft die „Schlagader“ des Problems, das in Rechtsprechung und Schrifttum ausgeblendet bleibt. Das Kreditinstitut agiert doppelfunktional, einerseits als Kreditgeber und andererseits als Zahlungsmittler im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Mit der Auszahlung des Kredits an den Dritten erfüllt es einen Kreditvertrag (§  488 BGB) und führt die Überweisung aus. Es kann von einer Doppelfunktionalität gesprochen werden.199 Soll nur deswegen, weil die Bank beide Funktionen – aus Praktikabilitätsgründen – einheitlich ausübt, die Gläubigerbenachteiligung entfallen? Die Doppelfunktionalität kann nicht dazu führen, den Fall so zu behandeln als käme der ausgereichte Kredit nicht aus dem Vermögen des Schuldners. Aus Sicht des Leistungsempfängers wäre dies „ein Geschenk des Himmels“, das sachlich nicht gerechtfertigt ist. 200 Nach der Auffassung des BGH erfolgt die Zahlung letztlich aus dem Vermögen der Bank. Wäre dieser Ansatz richtig, so müsste eine Anfechtbarkeit mit Rekurs auf §  143 Abs.  1 S.  1 InsO verneint werden. Die Anspruchsgrundlage des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO setzt voraus, dass „aus dem Vermögen des Schuldners“ ein Vermögensabfluss stattgefunden haben muss. Diese Vermögensbetrachtung verdient indes keine Zustimmung. Der Fall ist genauso zu behandeln, wie wenn die Bank den Kredit an den Kunden ausgereicht und dieser anschließend die Überweisung getätigt hätte. Funktional tritt die bargeldlose Zahlung an die Stelle der Barzahlung, die nach Art.  128 Abs.  1   Zur Sonderposition von Kreditinstituten siehe auch van Bömmel, S.  70 ff.   Ähnlich Koziol zum österreichischen Recht: „Die Sanktion der Anfechtung hinge beim Empfänger von Umständen ab, die er regelmäßig überhaupt nicht kennen kann. Geht es etwa um die Zahlung mittels einer Banküberweisung, so wird es dem Empfänger nicht erkennbar sein, ob das Konto des Überweisenden im Debet war und die angewiesene Bank bloß eine Überziehung duldete.“ Koziol, JBl 1985, 586 (595 f.). 199

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S.  3 AEUV (ex Art.  106 Abs.  1 S.  3 EG), §  14 Abs.  1 S.  2 BBankG, §  3 Abs.  1 MünzG das gesetzliche Zahlungsmittel zur Begleichung von Geldschulden ist. M. E. ist eine Bargeldanalogie in Anschlag zu bringen. Der Fall ist nicht anders zu lösen, wie wenn der Kunde anstelle des hier vorliegenden bargeldlosen Zahlungsverkehrs sich für eine Barzahlung mit den ausgereichten Kreditmitteln entscheiden würde. 201 Zutreffend ist daher die Analyse von Häsemeyer 202 , dass es sich nach schuldrechtlichen Grundsätzen um zwei Leistungen handele, einerseits des Darlehensgebers an den Schuldner, andererseits des Schuldners an den begünstigten Insolvenzgläubiger (doppelte Leistungsbeziehung). 203 Dies könne aber nicht zur Anerkennung einer Masseminderung führen. In der Tat verbleibt es bei rein tatsächlicher Betrachtung bei einem wirtschaftlich neutralen Gläubigertausch. Zu einem anderen Ergebnis kann man nur durch eine wertende Betrachtungsweise vorstoßen. Diese ist im Folgenden zu entwickeln. (dd)  Gleichklang zum Bereicherungsrecht.  Die gerade angestellte Vermögensbetrachtung (Vermögen des Schuldners, nicht der Bank) steht auch mit der bereicherungsrechtlichen Wertung in Einklang. 204 Der Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis gehört zu den umstrittensten und schwierigsten Problemfeldern des Schuld-, ja des Privatrechts. 205 Der BGH hebt als Grundmodell der Dreipersonenverhältnisse auf die Anweisungsfälle ab.206 In Fällen der Leistung kraft Anweisung vollzieht sich nach ständiger Rechtsprechung der Bereicherungsausgleich, etwa aufgrund eines Überweisungsauftrags, grundsätzlich innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen (Deckungsverhältnis) und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Valutaverhältnis).207 Bildlich gesprochen kommt es bei dieser Doppelkondiktion zu einer Rückabwicklung über das Dreieck, jeweils nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.1 BGB (condictio indebiti). Unter einer Leistung versteht man eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. 208 Dabei kommt es in erster Linie darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH eine objektive Be201   Mit Rekurs auf den Grundsatz der freien Strukturwahl gegen eine Bargeldanalogie – allerdings nicht ausdrücklich bezogen auf das Insolvenzanfechtungsrisiko: Langenbucher, Die Risikozuordnung, S.  445 m.w.Nachw. 202   Häsemeyer, KTS 2007, 423 (425). 203   Bitter, in: FS Karsten Schmidt, S.  123 (127). 204   Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (611): „Man misst der Direktzahlung auch hier keine rechtliche Bedeutung zu.“ 205   So Larenz/Canaris, SchuldR II/2, §  70. 206   BGH NJW 2006, 1965; Würdinger, JuS 2007, 418; Schnauder, WM 2011, 1685. 207   BGHZ 147, 269 (273) = NJW 2001, 2880; BGH NJW 2005, 3213 m.w.Nachw. 208   BGH NJW 2005,1356; BGH NJW 2004, 1169.

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trachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Maßgebend ist, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte. 209 Der so verstandene Leistungsbegriff der Rechtsprechung erweist sich bei Mehrpersonenverhältnissen aber oftmals als wenig hilfreich. Es ist präziser von der „Zurechnung als Leistung“ zu sprechen, denn dies bringt zum Ausdruck, worauf es im Eigentlichen ankommt, nämlich auf eine Wertung. Diese erfordert eine Analyse der Interessenlage. Insbesondere sind folgende Wertungskriterien ausschlaggebend 210 : Den Parteien des fehlerhaften Kausalverhältnisses sollen möglichst ihre Einwendungen und Einreden gegen ihren jeweiligen Vertragspartner erhalten bleiben. Umgekehrt sollen die Parteien vor Einwendungen und Einreden aus dem Verhältnis ihres Vertragspartners zu einem Dritten (exceptiones ex iure tertii) bewahrt werden. Jede Partei soll nur das Insolvenzrisiko hinsichtlich ihres Vertragspartners in dem fehlerhaften Kausalverhältnis tragen (sachrichtige Verteilung des Insolvenzrisikos).211 Eine Nichtleistungskondiktion des Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB muss damit ausscheiden. Andernfalls würde man die gerade vorgetragenen Wertungskriterien konterkarieren. Anders gesagt: Es besteht keine Möglichkeit einer Direktkondiktion. Dies wird mit dem sog. Vorrang der Leistungskondiktion oder – wenn man es vice versa formulieren will – mit der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion begründet. Dieses Subsidiaritätsdogma212 besagt zunächst, dass Leistungs- und Nichtleistungskondiktion in einem Aliud-Verhältnis stehen. Dies folgt unstreitig aus dem Wortlaut des §  812 Abs.  1S.  1 Alt.  2 („in sonstiger Weise“). Darüber hinaus wird aber auch noch eine weitergehende Folgerung gezogen: Eine Nichtleistungskondiktion kann nur eingreifen, wenn „der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemanden geleistet worden ist.“213 Wer also durch die Leistung eines anderen eine Sache erlangt, soll von einem Dritten im Wege der Nichtleistungskondiktion nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Auf die Anweisungskonstellation übertragen bedeutet dies: Da der Anweisungsempfänger die Sache durch eine Leistung des Anweisenden erlangt hat, kann ein Dritter, wie der Angewiesene, mit einem Anspruch aus §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB keinen Erfolg haben.214   BGHZ 105, 365 (369) = NJW 1989, 900; BGH NJW 1999, 1393; NJW 2005, 60.   Dazu Larenz/Canaris, SchuldR II/2, §  70 II 2a, der zudem noch auf einen vierten Gesichtspunkt abhebt, nämlich das Bemühen um die Aufrechterhaltung der richtigen Rollenverteilung im Prozess. 211   Kritisch dazu Häsemeyer, KTS 1982, 9 ff. 212   Dazu Wieling, S.  96 ff. Im Schrifttum wird das Subsidiaritätsdogma zu Recht kritisiert: Larenz/Canaris, SchuldR II/2, §  70 III 2. 213   St.Rspr.: BGHZ 40, 272 (278) = NJW 1964, 399; BGH NJW 1999, 1393 (1394); NJW 2005, 60. 214   Der Angewiesene hat nur ausnahmsweise einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch 209 210

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Dieses in einem Kurzporträt vorgetragene grundsätzliche Rückabwicklungsmodell entlang der Vertragslinien muss auch gelten, wenn die Zahlung aus einem debitorischen Konto erfolgt. Die Leistungsbeziehungen verlaufen unabhängig davon, ob die Kontoführung kreditorisch oder debitorisch ist. Die Bank stellt ihrem Kunden die Kreditmittel zur Verfügung. Gleichzeitig agiert sie als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Insolvenzanfechtungsrechtlich muss diese Wertung ebenso zur Geltung kommen. Ein Vermögenszufluss von der Bank an den Dritten mag im tatsächlichen Sinne215 bestehen, normativ ist dies eine Zahlung des Schuldners an seinen Gläubiger. Daran vermag auch die debitorische Kontoführung nichts zu ändern. (ee)  Normativer Gläubigerbenachteiligungsbegriff: Parallele zum Schadensersatzrecht.  Dogmatisch ist die Theorie von der Doppelfunktionalität als wertende Ergänzung ebenso zu begründen wie die Wertungskorrekturen im Schadensersatzrecht. 216 Die Gläubigerbenachteiligung ist in den §§  129 ff. InsO ebenso wenig legaldefiniert wie der Schaden in den §§  249 ff. BGB. 217 Vom Ausgangspunkt muss in beiden Rechtsgebieten – im Schadensersatzrecht ebenso wie im Insolvenzanfechtungsrecht – die Differenzhypothese 218 gelten. Die Bestimmung des Vermögensschadens mittels eines Vermögensvergleichs beruht maßgebend auf der „Lehre vom Interesse“ von Friedrich Mommsen. Interesse ist nach Mommsen die Differenz zwischen dem Betrage des Vermögens einer gegenüber dem Anweisungsempfänger (sog. Direktkondiktion), wenn eine wirksame Anweisung fehlt, wie z. B. bei Mehrfach- und Zuvielüberweisungen und bei einer Fälschung bzw. Verfälschung der Anweisung: Larenz/Canaris, SchuldR II/2, §  70 IV 2a-c. Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung beim sog. Password-fishing (Phishing): Löhnig/Würdinger, WM 2007, 961, zustimmend OLG Karlsruhe ZIP 2008, 1373. 215   Die normative Korrektur von tatsächlichen Ereignissen zieht sich wie ein roter Faden durch die Rechtsordnung. So wird z. B. bei einer Kettenveräußerung (Streckengeschäft) der Übergabebegriff des §  929 S.  1 BGB normativ korrigiert, indem die Veräußerungsvorgänge so konstruiert werden, als sei an jedes Glied in der Kette übereignet worden: BGH NJW 1986, 1166. Siehe auch Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (611): „Den praktischen Vereinfachungen werden rechtliche Konsequenzen abgesprochen, weil nur dieses Verständnis dem Parteiwillen Rechnung trägt.“ 216   Fridgen möchte de lege ferenda den Insolvenzanfechtungsanspruch als Schadensersatz ausgestalten. §  143 Abs.  1 S.  1 InsO sollte lauten: „Der Anfechtungsgegner hat den durch die anfechtbare Rechtshandlung entstandenen Schaden zu ersetzen.“ Siehe Fridgen, S.  157. 217   §  249 BGB erwähnt nicht einmal den Begriff des Schadens. Der Gesetzgeber verzichtete bewusst auf eine Schadensdefinition, die alle denkbaren Fälle erfassen könnte. Mugdan, Bd.  2, S.  10. 218   Gelegentlich ist auch die Rede von der „Differenztheorie“ (etwa BGHZ 174, 290 = NJW 2008, 911; Würthwein, S.  392 ff.) oder „Differenzmethode“ (etwa BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50). Der Terminus „Differenzhypothese“ ist vorzugswürdig. Zum einen kommt zum Ausdruck, dass eine hypothetische Betrachtung anzusetzen ist (Wortlaut §  249 BGB: „bestehen würde“). Zum anderen ist der Begriff „Differenztheorie“ als Gegenbegriff zur „Austausch“- oder „Surrogationstheorie“ reserviert. Dazu etwa Sutschet, JURA 2006, 586. Die „Differenzmethode“ ist im Unterhaltsrecht ein gängiger Terminus: BGHZ 171, 206 = NJW 2007, 1961.

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Person, wie derselbe in einem gegebenen Zeitpunkte ist, und dem Betrage, welchen dieses Vermögen ohne die Dazwischenkunft eines beschädigenden Ereignisses in dem zur Frage stehenden Zeitpunkte haben würde. 219 Zu vergleichen ist die infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretene Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte. Seit einer Schrift von H. A. Fischer aus dem Jahre 1903 ist vom „natürlichen Schaden“ die Rede. 220 In Ergänzung und gleichsam im Sinne einer Ergebniskorrektur ist eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes vorzunehmen (normativer Schaden). Den Begriff des normativen Schadens hat der BGH erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahre 1968 aufgegriffen; er gehört seitdem zur dogmatischen Grundausstattung des Schadensrechts und prägt die höchstrichterliche Rechtsprechung. 221 Eine vergleichbare Zweischrittprüfung (Differenzhypothese einerseits und etwaige normative Korrektur andererseits) ist meo voto auch bei der Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO angezeigt. Die reale Haftungsabwicklung aufgrund der Rechtshandlung ist mit der hypothetischen (höchst wahrscheinlichen) Haftungsabwicklung zu vergleichen, die ohne diese Rechtshandlung eingetreten wäre.222 Diese „Rechenoperation“ muss als Parameter andere gesetzliche Wertungen absorbieren. Dabei kann die Wertung aus dem Binnenbereich der InsO kommen (endogene Wertung) 223 oder außerhalb der InsO (exogene Wertung). Die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung für die Insolvenzanfechtungstatbestände der Deckungsanfechtung zählt zu der ersten Kategorie; die hier entwickelte Lehre von der Doppelfunktionalität sowie die Bargeldanalogie sind letzterer Gruppe zuzuordnen. Gegen den normativen Gläubigerbenachteiligungsbegriff gelten freilich dieselben Bedenken, die auch dem normativen Schadensbegriff anhaften. In der Tat ist der Schadensbegriff – und in Analogie dazu auch der Gläubigerbenachteiligungsbegriff – stets normativ festgelegt 224 , da es um die Anwendung von 219   Mommsen, S.  3. Der Schadensbegriff ist indes nicht mit dem Interesse deckungsgleich. Dazu Honsell, S.  4 ff.; Staudinger/Schiemann, Vor §§  249 Rdnr.  36. 220   H. A.Fischer, Der Schaden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, passim. Zu den Gegenpositionen zum natürlichen Schadensbegriff: Staudinger/Schiemann, Vor §§  249 Rdnrn.  37 ff. m.w.Nachw. 221   BGHZ 50, 304 (306) = NJW 1968, 1823: „in Abkehr von der reinen Differenzhypothese“; BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50; BGHZ 161, 361 (367) = NJW-RR 2005, 611: „Die Differenzhypothese muss .  .  . stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden.“ Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rdnr.  861 sprechen von einem „juristischen Kunstgriff“. 222   Häsemeyer, 21.19. 223   Die unter der dogmatischen Flagge der teleologischen Reduktion geführte Argumentationslinie von der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung für die besonderen Insolvenzanfechtungstatbestände lässt sich auch hier verorten. 224   P.Gottwald, Schadenszurechnung und Schadensschätzung, S.  46.

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Gesetzesnormen geht, so dass der Terminus zu einer Leerformel zu verkümmern droht. 225 Dennoch ist es m. E. angebracht, das Erfordernis der Wertung durch einen eigenen terminus technicus auszudrücken und damit das Plädoyer für eine Zweistufentheorie auch begrifflich umzusetzen.226 Keinesfalls darf damit aber ein ergebnisorientierter Kunstgriff etikettiert werden, der auf eine fundierte Begründung der Wertungskorrektur verzichtet. Ein schlüssiges Gesamtkonzept, das alle Wertungen aller denkbaren Einzelfälle in eine subsumierbare Formel konzise zusammenfasst, ist weder im Schadensrecht noch im Insolvenzanfechtungsrecht zu leisten. Dies liegt in der Vielgestaltigkeit und Komplexität der Lebenswirklichkeit begründet, die eine Fallgruppenbildung unvermeidbar macht. Daraus lässt sich kein durchschlagender Einwand gegen den normativen Begriff ableiten. Die Wertungsabhängigkeit des Insolvenzanfechtungsrechts, speziell der Gläubigerbenachteiligung, sollte außer Frage stehen. Es bedarf der Elastizität eines „normativen“ Begriffs. Für die hier betrachtete Fallgruppe bilden die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung für §§  130 f. InsO sowie die entwickelte Theorie von der Doppelfunktionalität subsumierbare Wertungskorrekturen, die die Rechtssicherheit nicht beliebig aufweichen und im Wertungsgleichklang mit anderen Rechtsmaterien stehen. dd)  Ergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass die Kreditaufnahme durch Inanspruchnahme eines Dispositionskredits nicht anders zu behandeln ist als der Grundfall des auf einmalige Auszahlung gerichteten Zahlungskredits. Ebenso wie bei der Grundkonstellation der Kreditaufnahme außerhalb eines Girokontos ist auch bei einer Zahlung aus einem debitorischen Konto im Rahmen des Dispositionskredits eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO zu bejahen. Dies folgt zunächst aus einer teleologischen Reduktion des §  129 InsO für die Anfechtungstatbestände der §§  130 f. InsO. Die Gläubigerbenachteiligung ist einer normativen Korrektur zugänglich. Die Parallele zum freilich nicht in seinen Wertungen deckungsgleichen Schadensersatzrecht konnte herausgestellt werden. Anhand dieser Fallgruppe wurde die Theorie von der Doppelfunktionalität entwickelt und auf eine Bargeld­ analogie rekurriert. Die Bank handelt einheitlich als Kreditgeberin und Zahlungsmittlerin. Der Fall muss genauso behandelt werden, wie wenn der Kunde

  Zur Gefahr, dass der normative Schadensbegriff fast beliebig angeführt oder abgelehnt wird: Münch-Komm/Oetker, §  249 Rdnr.  23 m.w.Nachw.; Keuk, S.  42: „ein Schlagwort, welches in keiner Weise weiterführt und das als beliebig ausfüllbare Leerformel .  .  . die Gefahr begründet, für die Rechtfertigung unkontrollierter Entscheidungen in Anspruch genommen zu werden.“ 226   Der Kampf gegen eine Normativierung des Schadensbegriffs wird häufig nicht wirklich glaubwürdig geführt. Dazu Keuk, S.  13. 225

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anstelle des hier vorliegenden bargeldlosen Zahlungsverkehrs sich für eine Barzahlung mit den ausgereichten Kreditmitteln entscheiden würde. Ob eine Gläubigerbenachteiligung genauso anzunehmen ist, wenn die Zahlung aus dem debitorischen Konto außerhalb des Rahmens des Dispositionskredits erfolgt, ist Gegenstand der folgenden Betrachtung. d)  Zahlungen aus einer „geduldeten Überziehung“ Noch kontroverser wird die Fallgruppe diskutiert, bei der die Zahlung nicht aus einer eingeräumten Kreditlinie, sondern aus einem debitorischen Konto des Insolvenzschuldners außerhalb der vereinbarten Kreditlinie erfolgt (sog. „geduldete Überziehung“). In praxi ist es banküblich, Kontoüberziehungen im Umfang von etwa 10% zu dulden. 227 Dieser Überziehungskredit ist gesetzlich nur rudimentär geregelt.228 In §  505 BGB findet sich lediglich eine verbraucherschützende Vorschrift.229 Umstritten ist, ob ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Gleichlauf zum Dispositionskredit geboten ist oder ob der materiell rechtliche Unterschied dieser beiden Kreditschichten zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Gläubigerbenachteiligung führt. Ausgangspunkt der insolvenzanfechtungsrechtlichen Erörterung, die wegen §  36 InsO in das Einzelzwangsvollstreckungsrecht hineinführt, muss wiederum die allgemeine Rechtsgeschäftslehre sein. Kommt bei einer „geduldeten Überziehung“ ein Darlehensvertrag zustande? Ist es richtig, davon zu sprechen, dass der Bankkunde bei dieser Konstellation keinen Anspruch auf Auszahlung der Darlehenssumme hat? aa)  Allgemeine Rechtsgeschäftslehre Bei der geduldeten Überziehung weist die Trias „Darlehensangebot der Bank, Abruf der Mittel durch den Kunden und Auszahlungshandlung der Bank“ eine andere zeitliche Reihenfolge auf. Anders als beim Dispositionskredit macht der Kunde der Bank ein Angebot auf Darlehensgewährung. Diese Willenserklärung gibt er konkludent ab, indem er Verfügungen trifft, die nicht mehr vom eingeräumten Dispositionskredit gedeckt sind. Die Bank nimmt dieses Angebot an, spätestens konkludent durch die Ausführungshandlung selbst, wobei der Zugang der Annahme nach §  151 BGB entbehrlich ist. Die Überziehung wird entweder aufgrund einer intern festgelegten (zusätzlichen) Kreditlinie oder aufgrund einer im Einzelfall getroffenen Entscheidung des zuständigen

  MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108b m.w.Nachw.   Siehe bereits §  2 II.3. 229   Dazu Bülow in: Bülow/Artz, §  505 BGB Rdnrn.  3 ff. Es geht um die Umsetzung von europäischem Recht; dazu Godefroid, Rdnrn.  316 ff. 227

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Sachbearbeiters der Bank gestattet.230 Dabei ist aber zu betonen, dass auch bei der geduldeten Überziehung ein Darlehensvertrag zustande kommt (keine „vertraglose“ Überziehung) 231 und folglich der Kunde einen Auszahlungsanspruch gegenüber der Bank nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB hat.232 Freilich bestehen zwei wesentliche Unterschiede zum Dispositionskredit: Zum einen hat der Kunde keinen Anspruch auf Kredit dergestalt, dass mit einem Abruf der Mittel ein Darlehensvertrag zustande kommt. Es besteht lediglich eine „Chance“, dass die Bank einen Kredit ausreicht. Diese Tatsache darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass spätestens mit der Auszahlungshandlung der Bank ein Anspruch auf Auszahlung nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB entsteht. Zum anderen kann die Annahme des Angebots des Kunden auf Abschluss eines Darlehensvertrags seitens der Bank mit der Auszahlung zusammenfallen, so dass das Entstehen eines Anspruchs aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB einerseits und dessen Erlöschen gemäß §  362 Abs.  1 BGB andererseits uno actu zusammenfallen (Handdarlehen). Dieser Fall ist aber nicht anders zu beurteilen wie z. B. der Handkauf, der bewusst nicht in das BGB aufgenommen wurde. 233 Bei diesem Bar- oder Realkauf fallen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft zusammen. 234 Es gilt mangels anderweitiger Sonderregeln dennoch das Trennungs- und Ab­ straktionsprinzip.235 Geht man von der Konstellation eines Handdarlehens aus, so besteht keine vorherige Verpflichtung der Bank auf Auszahlung des Kredits. Damit dringt die Frage vor, ob nicht eine juristische oder logische Sekunde zuvor von einem entstandenen Auszahlungsanspruch auszugehen ist. M. E. ist diese Konstruktion erforderlich, um dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip, das im Falle eines Handdarlehens keine Durchbrechung erfährt, Rechnung zu tragen. Das zeitliche Zusammenfallen von causa und Erfüllung bedeutet nicht, dass kein Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Andernfalls ergäben sich zwei Konsequenzen, die dem erkennbaren und beachtlichen Parteiinteresse der Bank widersprächen: Zum einen bestünde mangels causa236 ein Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Darlehens nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  1 BGB. Zum anderen könnte die Bank für den überzogenen Betrag auch keine Überzie  Vgl. OLG Hamm NJW-RR 2002, 1477; OLG Saarbrücken WM 2006, 2212 (2213).   Staudinger/Kessal-Wulf, §  493 Rdnr.  33 m.w.Nachw.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108b. 232   Grunsky, JZ 1985, 487 (491); Gaul, KTS 1989, 3 (7); Stein/Jonas/Brehm, §  851 Rdnr.  37 m.w.Nachw. 233   Siehe Prot. II 54 ff. 234   So die h. M. Staudinger/Beckmann, Vorbem 88 zu §§  433 BGB m.w.Nachw. Westermann führt aus, dass die Trennung von obligatorischem und dinglichem Geschäft beim Handkauf besonders lebensfremd erscheint. MünchKomm-BGB/Westermann, Vor §  433 Rdnr.  8. Jede andere Lösung stellt m. E. aber einen dogmatischen Bruch dar, den nur der Gesetzgeber, nicht jedoch der Rechtsanwender vollziehen darf. 235   Siehe dazu Füller, S.  114 f., der ausführt, dass eine Trennung auch konstruierbar ist, wenn zwei Vorgänge äußerlich uno actu zusammenfallen. 236   Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (608). 230 231

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hungszinsen verlangen, die im Regelfall auch deutlich höher sind als die regulären Kreditzinsen. 237 Der BGH hebt darauf ab, dass die bloße Duldung einer Kontoüberziehung dem Bankkunden keinen Anspruch auf einen Kredit gibt, sondern nur eine Chance einräumt, dass die Bank die Überziehung duldet.238 Diese Aussage ist in der Tat richtig und markiert zutreffend den Unterschied zum Dispositionskredit. Maßgebend ist jedoch die Gemeinsamkeit zwischen beiden Krediten, dass in beiden Fällen ein Auszahlungsanspruch nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB entsteht, der als künftige Forderung der Pfändung unterliegt. Die Argumentationslinie der Rechtsprechung, die prima facie einleuchtend erscheint, weist einen entscheidenden Denkfehler auf. Maßgebend ist für die Pfändung nicht der Anspruch auf Kredit, sondern der zukünftige Auszahlungsanspruch. Die Überlegung, dass kein Anspruch auf Kredit besteht, ist nur bei der Frage fruchtbar zu machen, ob es für eine Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs an der hinreichenden Konkretisierung des zukünftigen Anspruchs fehlt. Das zeitliche Zusammenfallen von Entstehen und Erlöschen des Auszahlungsanspruchs muss genauso behandelt werden, wie wenn der Anspruch aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB zunächst entstanden und erst danach durch Erfüllung erloschen wäre. De iure darf es keinen Unterschied machen, ob die Ereignisse „Zustandekommen des Darlehensvertrags und Auszahlung des Kredits“ zusammenfallen oder in zeitlichem Abstand erfolgen.239 bb)  Pfändbare Forderung? – die gespaltene Lösung Aus dem Fehlen eines Anspruchs auf Kredit folgern manche, dass keine pfändbare Forderung besteht. 240 Dieser Gedanke wird dann „einzelzwangsvollstreckungsakzessorisch“241 auf das Insolvenzanfechtungsrecht übertragen. Die zusätzliche Liquidität, die der Schuldner durch eine geduldete Kontoüberziehung erhalte, sei kein den Insolvenzgläubigern haftendes Vermögen, solange der fragliche Betrag nicht an ihn ausbezahlt oder auf ein im pfändbaren Bereich geführtes Konto übertragen werde. Eine Zahlung aus einem debitorisch geführten Konto, die aufgrund einer Überziehung der offenen Kreditlinie erfolgte, wirke daher in der Regel nicht gläubigerbenachteiligend. 242 Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung bestehe allerdings, wenn der Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Kredits für die Insolvenzmasse ungünstiger ist als der Anspruch des   Mock, ZInsO 2007, 561 (562).   BGH NJW 2001, 1937; BGH NJW 1985, 1218 (1219). 239   Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (610): „zwei voneinander zu trennende Rechtsbeziehungen“. 240   BGHZ 170, 276 = NJW 2007, 1357; zustimmend etwa C.Becker, Insolvenzrecht, Rdnr.  601, der diesen Gedankengang „als leicht nachvollziehbar“ ansieht; FK-InsO/Dauernheim, §  129 Rdnr.  39. 241   Marotzke, ZInsO 2007, 897 (900). 242   BGHZ 170, 276 = NJW 2007, 1357; zur Kehrtwende in der Rechtsprechung sogleich. 237

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befriedigten Gläubigers, insbesondere weil die Bank für ihren Darlehensrückzahlungsanspruch über (bessere) Sicherheiten verfügt. 243 cc)  Gegenpositionen Die h. M. im Schrifttum 244 votiert dagegen für eine Gleichstellung von geduldeter Überziehung der Kreditlinie und Dispositionskredit. Gerade auf solche Weise noch begünstigte Gläubiger allgemein anfechtungsfrei zu stellen, verstoße nach Kirchhof gegen eines der Hauptziele der InsO, nämlich das Ziel, durch frühe Verfahrenseröffnung mehr Haftungsmasse zusammenzuhalten.245 Bitter analysiert treffend, dass die Gegenposition in einem natürlichen Dilemma zwischen dem Abtauchen des Schuldners durch Führung eines „Unterwasserkontos“ und der Kontenblockade als „moderner Daumenschraube“246 zur Durchsetzung der Gläubigerforderung versucht, einen salomonischen Mittelweg zu finden, indem sie zwar den Dispositionskredit für pfändbar, den Überziehungskredit hingegen für unpfändbar erklärt. Zu Recht spricht Bitter allerdings davon, dass die hier als gespaltene Lösung bezeichnete Auffassung kein salomonischer Mittelweg, sondern ein unbefriedigender Kompromiss ist. 247 Diese steht nämlich dogmatisch auf tönernen Füßen. Der IX. Zivilsenat hat sich zunächst im Einklang mit seiner Lösung im Einzelzwangsvollstreckungsrecht für eine Andersbehandlung von Dispositionskredit und geduldeter Überziehung entschieden und eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO bei Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung verneint. 248 Im Juli 2009 gab der BGH diese gespaltene Lösung schließlich auf; er bejaht nun eine Gläubigerbenachteiligung ohne Rücksicht darauf, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht. 249 Die Begründung für   BGHZ 170, 276 = BGH NJW 2007, 1357.   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108b; Grunsky, JZ 1985, 490 (491); Wagner, ZIP 1985, 849 (853); Peckert, ZIP 1986, 1232 (1234); Gaul, KTS 1989, 3 (7); Jungmann, ZInsO 1999, 64 (71 f.); Henkel, ZInsO 2005, 468 (469); Scholl, DZWIR 2005, 353; Spliedt, NZI 2007, 228; Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (609 ff.); Zeller, S.  288 ff. 245   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  108b. 246   Dazu bereits Bitter, WM 2001, 889 (894). 247   Bitter, in: FS G. Fischer, S.  15 (22); ders., in: FS Karsten Schmidt, S.  123 mit Rekurs auf einen normativen Begriff der Gläubigerbenachteiligung. 248   BGH NZI 2008, 180; BGHZ 170, 276 = NJW 2007, 1357. Dazu Spliedt, NZI 2007, 228; Zeuner, DZWIR 2007, 250; Mock, ZInsO 2007, 561; Marotzke, ZInsO 2007, 897; Galster, ZInsO 2007, 908; de Bra, LMK 2007, 221655. Anders zahlreiche Obergerichte, so etwa OLG Stuttgart ZIP 2005, 1837; OLG Hamburg ZIP 2006, 44: „Das wirtschaftliche Ergebnis der beiden Vorgänge ist identisch.“ OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286; OLG München ZBB 2006, 392: „Die geduldete Überziehung verschafft dem Schuldner über einen Kreditvertrag ebenfalls Liquidität.“. 249   BGHZ 182, 317 = NJW 2009, 3362; dazu Kreft, in: FS Ganter, S.  247; Ganter, in FS Klaus Hubert Görg, S.  169 (170 ff.); Jacoby/Mikolajczak, ZIP 2010, 301; Thole, NZI 2009, 243

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die Kehrtwende ist ergebnisorientiert: Der andere Teil habe regelmäßig keine Kenntnis vom Stand des Kontos (Guthaben, Dispositionskredit oder geduldeter Überziehungskredit). Eine andere Sicht würde zu einer Verkümmerung der Anfechtung führen. Diese liefe dem allgemeinen Ziel des Gesetzgebers zuwider, die Masse mit der Insolvenzordnung auch durch wirksamere Anfechtungsmöglichkeiten für den Insolvenzverwalter zu stärken. 250 Der Begriff der Gläubigerbenachteiligung dürfe nicht zu sehr verengt und nicht allein auf seine praktischen Hauptfallgestaltungen beschränkt werden, sondern müsse auch in seinen Randbereichen dem Zweck des Anfechtungsrechts Rechnung tragen. 251 dd)  Eigene Stellungnahme: Plädoyer für eine Einheitslösung, Theorie von der Doppelfunktionalität (1)  „Anspruch auf Kredit“ versus „Chance auf Kredit“ Der Unterschied zwischen Dispositionskredit und geduldeter Überziehung wird zwar zutreffend herausgearbeitet, wenn man ausführt, dass der Kunde nur beim Dispositionskredit einen Anspruch auf Kredit habe, beim Überziehungskredit im engeren Sinne hingegen nur eine Chance auf einen Kredit bestehe. Die Gegenüberstellung „Anspruch auf Kredit“ einerseits und „Chance auf Kredit“ andererseits führt aber in der Sache nicht weiter. 252 Der Ansatzpunkt ist verfehlt. Maßgebend ist nicht der Anspruch auf Kredit, ansonsten müsste man auch bei nicht erfolgtem Mittelabruf bei einem Dispositionskredit eine Pfändbarkeit bejahen. Vielmehr geht es um einen künftigen Auszahlungsanspruch, der freilich nur entsteht, wenn die Bank das Kreditangebot des Kunden annimmt. Das Zustandekommen des Darlehensvertrages führt zu einem Auszahlungsanspruch nach §  488 Abs.  1 S.  1 BGB, der pfändbar ist. Die beiden Kreditformen unterscheiden sich in diesem Punkt gerade nicht. In beiden Fällen kommt ein Darlehensvertrag zustande. (2)  Die Konstruktion der juristischen Sekunde Wie herausgearbeitet, besteht der Unterschied in der zeitlichen Reihenfolge von „Darlehensangebot der Bank, Abruf der Mittel durch den Kunden und Auszahlungshandlung der Bank“. Das Entstehen der causa und die Erfüllung können zeitlich zusammenfallen. Der Anspruch aus §  488 Abs.  1 S.  1 BGB entsteht und erlischt dann uno actu. Der Meinungsstreit dreht sich daher um die Frage, 800; Henning, NJW 2010, 1055; Achsnick/Opp, NZI 2010, 633; Obermüller, ZInsO 2009, 2047. 250   BGHZ 182, 317 (321) = NJW 2009, 3362 (3363) mit Rekurs auf BT-Drucks. 12/2443 S.  85 rechte Spalte a. E., S.  156 rechte Spalte oben. 251   BGHZ 182, 317 (322) = NJW 2009, 3362 (3363). 252   Treffend E.Wagner, der ausführt, dass aus der Verneinung des Anspruchs auf Kreditgewährung nicht die Annahme ableitbar sei, es gebe auch keinen pfändbaren Anspruch aus Kreditgewährung. E.Wagner, WM 1998, 1657. Dazu auch Vendolsky, ZIP 2005, 786 (788).

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ob die Konstruktion „der juristischen Sekunde“253 Zustimmung verdient. 254 Diese Denkfigur ist umstritten. Der Kerngedanke lautet auf unseren Fall übertragen: Jedenfalls für eine juristische Sekunde fließt der Darlehensbetrag in das Vermögen des Insolvenzschuldners und unterliegt der Pfändung. Der Begriff der „juristischen“ oder „logischen Sekunde“ ist eine bildhafte Umschreibung für eine Wertung, eine normative Korrektur. 255 Mag der schillernde Terminus auch entbehrlich sein, so trifft der dahinter stehende Gedanke zu 256: Die tatsächliche Gleichzeitigkeit von Entstehen und Erlöschen des Auszahlungsanspruchs aus dem Darlehensvertrag darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Anspruch rechtlich bestand. Der Fall setzt sich wertungsmäßig von der Konstellation ab, bei der ein Anspruch aus dem Darlehensvertrag niemals entstanden ist. In den rechtlichen Kategorien der Rechtsgeschäftslehre kann der Fall nur in einem Zweischrittdenken von Entstehen und Erlöschen des Anspruchs gedacht werden. Gegen diese Argumentationslinie wird eingewandt, dass es sich bei der juristischen Sekunde um ein „juristisches Konstrukt“257 und eine ergebnisorientierte Sicht handele, um die Wirkungen der Unpfändbarkeit zu umgehen und möglichst viel in die Insolvenzmasse zurückzuziehen.258 Honsell bezeichnet die logische Sekunde gar als ein „fossiles Requisit aus der Mottenkiste der Begriffsund Konstruktionsjurisprudenz“.259 An dieser Kritik ist richtig, dass derjenige, der eine normative Korrektur vorträgt, die Argumentationslast trägt. Der Gefahr von ergebnisorientierten Kunstgriffen – diese besteht auch beim Schlagwort der „juristischen Sekunde“ – ist entgegenzutreten. Diese Konstruktion verleiht aber dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip die praktische Wirksamkeit, die auch beim Handdarlehen keine Durchbrechung erfahren darf. (3)  Wirtschaftliche Betrachtungsweise Mit einer „einzelzwangsvollstreckungsakzessorischen“ Betrachtung geht man nur die erste Etappe des Weges. Ungeklärt bleibt die Frage, warum nicht von einem wirtschaftlich neutralen Gläubigertausch auszugehen und deshalb eine Gläubigerbenachteiligung zu verneinen ist. Weshalb in casu eine wirtschaftliche   Dazu allgemein Wieacker, S.  77 mit Rekurs auf die römischen Quellen; Marotzke, AcP 191 (1991), 177 m.w. Nachw. 254   Bejahend: Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (608). 255   Auch bei der Fristberechnung weicht der Gesetzgeber etwa von der „tatsächlichen Zeit“ ab, so etwa in §  187 BGB, wo die römisch-rechtliche Methode der Zivilkomputation maßgebend ist. 256   Wieacker (S.  94) spricht daher zu Recht von einem nur scheinbaren Juristentrick. 257   Wieacker (S.  101) meint gar, dass „eine rationalistische Rechtskritik“ die Denkfigur der juristischen Sekunde verlachen muss, zeigt aber zugleich deren dogmatische Notwendigkeit auf. 258   Felke, WM 2002, 1632 (1634); Zeuner, DZWIR 2007, 250 (251). 259   Honsell, JZ 2001, 1143 (1144). 253

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Gesamtbetrachtung nicht zielführend sein soll, bleibt offen. 260 Dies ist dogmatisch äußerst gefährlich, weil sich die wirtschaftliche Betrachtungsweise so als eine beliebig einsetzbare Wunderwaffe zur Ergebniskorrektur entpuppt, die zu großer Rechtsunsicherheit führt. Für die hier favorisierte Einheitslösung spricht wiederum der entwickelte funktionale Ansatz. Eine Andersbehandlung von Dispositionskredit und geduldeter Überziehung aus rein formalistischen Gründen 261 ist schwer nachvollziehbar. Der konstruktive Unterschied rechtfertigt keine abweichende Bewertung der Gläubigerbenachteiligung. (4)  Fiktion in Parallelität zu §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV? Der BGH hat die Zahlung aus einer geduldeten Überziehung bis zu seiner Rechtsprechungsänderung262 wie einen Mittelabfluss aus dem Vermögen der Bank behandelt. Mit dem Vermögensbegriff steht und fällt der Anwendungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts. Dabei lässt sich das Insolvenzanfechtungsrecht innerhalb der Insolvenzordnung verändern (endogene Veränderungen). Auch exogene Modifikationen sind möglich, wie die in praxi folgenschwere Einführung des §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV etwa zeigt.263 §  28e Abs.  1 SGB IV wurde dahingehend um einen Satz 2 ergänzt, dass die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht gilt (fiktive Zuordnung dieser Sozialversicherungsbeiträge zum Vermögen des Arbeitnehmers). Diese Regelung wurde im Schrifttum stark kritisiert:264 Von einem Drama 265 oder einem „Rohrkrepierer“266 war die Rede. Danach gilt die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Die intendierte Konsequenz dieser Fiktion bestand darin, dass der Insolvenzverwalter derartige Beträge in der Insolvenz des Arbeitgebers von den Sozialversicherungsträgern nicht im Wege der Insolvenzanfechtung zurückholen kann. Übertragen auf den Fall der geduldeten Überzie260   Das war ein großer Bruch in der Rechtsprechung, der mit der neuen Lösung aus dem Jahr 2009 gekittet wurde, ohne jedoch eine dogmatisch überzeugende Gesamtlösung vorzulegen. 261   „Dieses begriffsjuristisch begründete Urteil hat dazu geführt, dass gerade diejenigen Gläubiger anfechtungsfrei bleiben, die den Schuldner kurz vor dessen Insolvenz am stärksten bedrängen und ihn dazu bewegen, ihre Forderungen noch aus dem überzogenen Kredit zu tilgen.“ So Kirchhof, WuB VI A. §  129 InsO 3.08 in einer Anmerkung zu BGH NJW-RR 2008, 919. 262   BGHZ 182, 317 = NJW 2009, 3362. 263   Dazu kritisch unter §  6 I.3.b)bb); siehe aber mittlerweile BGH NJW 2010, 870. 264   Bork, ZIP 2008, 1041 (1042 ff.); Marotzke, ZInsO, 2006, 7; Vallender, NZI 2005, 599 m.w.Nachw.; Stürner, NZI 2005, 597; Leithaus, NZI 2005, 436. 265   Bork, ZIP 2008, 1041 (1042), der auch von einer finanzpolitischen Einmischung spricht. 266   Büchler, EWiR 2008, 113 (114).

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hung, bedeutet dies: Nach der gespaltenen Lösung267 werden die Fälle der geduldeten Überziehung genauso behandelt wie wenn folgende gesetzliche Fiktion existieren würde: „Die Zahlung aus einer geduldeten Überziehung gilt als aus dem Vermögen der Bank erbracht.“ Für eine derartige in der Sprache des §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV gesprochene Regelung gibt es de lege ferenda keinen vernünftigen Grund. Für eine solche ist – wie gesehen – auch de lege lata nicht zu votieren. (5)  Unterwasserkonto und Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz Die Rechtsprechung des BGH bis zum Jahre 2009 hatte zur Konsequenz, dass der Insolvenzschuldner mit einem „Unterwasserkonto“ den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz partiell aushöhlen konnte. Er hat es in der Hand, wem er insolvenzfeste Befriedigungen vor Verfahrenseröffnung zukommen lässt. Anders gesagt: Der BGH öffnete das Tor für mögliche Manipulationen oder gab zumindest unnötigen Raum für Zufälligkeiten. Die gespaltene Lösung des IX. Zivilsenats führte eine „Zweiklassengesellschaft“ von Gläubigern ein, für die weder eine gesetzliche Stütze noch ein sachlicher Differenzierungsgrund streiten. Die Kehrtwende des BGH aus dem Jahre 2009268 ist daher zu begrüßen. (6)  Einheitslösung – kein Drei-Schichten-Modell Überweist etwa der Insolvenzschuldner aus einem kreditorischen Konto mit einem Haben von 5.000 A einem Gläubiger 15.000 A, obwohl sein Dispositionskredit nur bei 5.000 A liegt, so ist diese Zahlung nach der gespaltenen Lösung in „drei Schichten mit jeweils 5.000 A“ aufzuteilen (kreditorisches Konto, Dispositionskredit, geduldete Überziehung). Für die letzten beiden „Schichten“ gab es lange Zeit eine komplexe Rechtsprechung, die eine Aufspaltung bei der Gläubigerbenachteiligung mit sich brachte. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Lösung einheitlich und einfach: Eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO besteht in toto - ohne Differenzierung. Andernfalls würde der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz unnötig relativiert, die manipulative Kraft eines „Unterwasserkontos“ befördert und manchem Zahlungsempfänger ein insolvenzanfechtungsrechtliches „Geschenk des Himmels“ zuteil, das sich sachlich nicht rechtfertigen lässt. Dazu wurde die Dogmatik des §  129 InsO in zwei Punkten weiterentwickelt. Zum einen wurde eine teleologische Reduktion des §  129 InsO für die Anfechtungsgründe der §§  130 f. InsO bejaht und so für eine praktische Wirksamkeit der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung votiert. Zum anderen wurde ein normativer Gläubigergleichbehandlungsbegriff – parallel zum Schadensrecht – eingeführt, der in casu durch die Lehre von der Doppelfunktionalität und eine Bargeldanalogie aufgeladen wurde.   So noch BGHZ 170, 276 = NJW 2007, 1357.   BGHZ 182, 317 = NJW 2009, 3362.

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ee)  Folgeprobleme der gespaltenen Lösung Nach der gespaltenen Lösung ist – wie gesehen – danach zu unterscheiden, ob ein Dispositionskredit oder ein „geduldeter“ Überziehungskredit vorliegt. Diese Differenzierung ist auch im Ergebnis befremdend und wirft Folgefragen auf, die deutlich machen, wie unpraktikabel dieser Lösungsansatz ist. Die Möglichkeit des Schuldners in ein „Unterwasserkonto“ abzutauchen, könnte in praxi dazu führen, dass Bank und Kunde ihr Vertragsverhältnis auf geduldete Überziehungen umstellen. Einem kautelarjuristischen Gläubigerschutz gegen Insolvenzanfechtungen leistet man, wie Häsemeyer bemerkt, damit Vorschub.269 Diese Umgehungs- oder Manipulationsgefahr ist freilich mit dem „Lästigkeitswert“ eines im Vergleich zum Dispositionskredit höheren Zinses für den Schuldner behaftet. Damit ist aber allein der Bank, nicht hingegen dem pfändenden Gläubiger geholfen, der aufgrund der höheren Zinszahlungspflicht des Schuldners noch weniger Aussicht auf Befriedigung hat.270 Daneben treten beim gespaltenen Ansatz Folgeprobleme auf. Zum einen wirkt die Differenzierung bei der Darlegungs- und Beweislast seitens des Insolvenzverwalters hinsichtlich der Gläubigerbenachteiligung fort. Zum anderen ergibt sich ein rechtsgeschäftliches Folgeproblem, nämlich ob und ggf. ab wann bei einer mehrfachen Duldung der Überschreitung von einer konkludenten Erweiterung des Dispositionskredits auszugehen ist. Leitlinien für eine Abgrenzung zwischen einem Dispositionskredit einerseits und einer geduldeten Überziehung andererseits sind gesetzlich nicht verankert. 271 (1)  Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters Der Insolvenzverwalter muss als Kläger die Gläubigerbenachteiligung darlegen. Verneint man – wie der BGH nach seiner alten Judikaturlinie – bei einer geduldeten Überziehung eine Gläubigerbenachteiligung, so ist fraglich, ob zur Schlüssigkeit der Klage bei Zahlungen über ein Bankkonto der Vortrag gehört, dass sich das Konto nach der Verbuchung der jeweils angefochtenen Zahlung noch im Haben oder innerhalb einer eingeräumten Kreditlinie befand. Der BGH verneint eine tatsächliche Vermutung. Die Bank könne aus unterschiedlichen Gründen eine Kontoüberziehung dulden. Es gebe keine empirische Erfahrung, dass ein späterer Insolvenzschuldner Zahlungen nur aus Mitteln leisten würde, die der Pfändung unterliegen. Jedenfalls wenn die Beklagte eine Gläubigerbenachteiligung bestritten und Auskünfte darüber verlangt hat, ob die Zahlung aus einem Guthaben oder im Rahmen einer genehmigten Kreditlinie erbracht worden war, müsse der Kläger hierzu vortragen. Anders als der   Häsemeyer, KTS 2007, 423 (424).   So zutreffend zur alten Rechtsprechung Bitter, in: FS G. Fischer, S.  23, der davon spricht, dass der IX. Zivilsenat einen „zahnlosen Tiger“ produziert habe. 271   OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1477 („Abgrenzung .  .  . ist äußerst schwierig und rechtlich problematisch.“). 269

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Beklagten seien dem Kläger alle hierfür wesentlichen Umstände bekannt. Ihm obliege es daher jedenfalls im Rahmen der sekundären Behauptungslast, nähere Angaben zu machen.272 Fehlt der Nachweis, hat der Insolvenzverwalter im Falle des sofortigen Anerkenntnisses des Anfechtungsgegners nach §  93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 273 Für die Schlüssigkeit reicht es nach dem BGH allerdings aus, wenn der Kläger eine Kontoaufstellung vorlegt, aus der sich ergibt, dass der Kontostand die eingeräumte Kreditlinie nie überschritten hat. Nicht müsse der Kläger zu jeder einzelnen Gutschrift auch noch darlegen, dass diese nicht nur vorläufiger Natur war. 274 Dies würde in der Tat die Anforderungen überspannen. (2)  Konkludente Erweiterung des Dispositionskredits Bei einer wiederholten Überziehung des Kreditlimits kommt eine konkludente Erweiterung der Kreditlinie in Betracht. 275 Welche genauen Kriterien für einen solchen „Qualitätssprung“276 von der geduldeten Überziehung zum Dispositionskredit gelten sollen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Diese Abgrenzungsproblematik birgt somit eine große Rechtsunsicherheit in sich. 277 Dogmatisch könnte m. E. eine Parallele zur betrieblichen Übung im Arbeitsrecht erwogen werden. Eine betriebliche Übung liegt nach der Rechtsprechung des BAG vor, „wenn der Arbeitgeber bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll.“278 Übertragen auf unseren Fall: Die Bank gewährt regelmäßig einen Kredit, der das Limit des Dispositionskredits übersteigt. Daraus könnte der Kunde darauf schließen, dass er auch in Zukunft einen Anspruch auf einen solchen Kredit hat, ihm also ein Abrufrecht zusteht. Die dogmatische Gretchenfrage lautet dann wie etwa im Arbeitsrecht bei der betrieblichen Übung: Vertrags- oder Vertrauenstheorie?279 Kommt in der Leistungsgewährung ein Rechtsbindungswille der Bank zum Ausdruck, so dass eine Erweiterung der Kreditlinie vertraglich konkludent vereinbart wurde?280 Oder darf der Kunde darauf vertrauen 281, dass er auch 272   BGH NZI 2007, 283 mit Rekurs auf BGHZ 100, 190 (196); Zöller/Greger, ZPO, Vor §  284 Rdnr.  34. 273   BGH NZI 2007, 283; LG Hamburg, ZIP 2004, 2197 sowie Geiger, ZInsO 2004, 1188 einerseits und zutreffend Vendolsky, ZIP 2005, 786 andererseits. 274   BGH ZIP 2008, 747. 275   Vgl. dazu bereits BGH WM 1999, 1577 (1578) m.w.Nachw. 276   Zu diesem Terminus im Rahmen des §  103 InsO: Marotzke, ZZP 115 (2002), 507. Kritisch Grau, S.  36 ff. m.w.Nachw. 277   Dazu Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  33 Rdnr.  85: „für die Banken in jedem Fall eine Gratwanderung“. 278   BAGE 49, 151 (159). 279   Dazu statt vieler: Canaris, Vertrauenshaftung, S.  257 f., 381 ff. 280   So das BAG zur betrieblichen Übung: BAGE 47, 130 (133); 49, 290 (295). 281   Lwowski, in: FS Uhlenbruck, S.  299 (314), der auf die internen Richtlinien der Banken

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in Zukunft sein Konto – wie mehrmals praktiziert – in dieser Höhe überziehen darf? Schließlich erweckt jemand, wenn er sich mehrfach in derselben Weise verhält, unter Umständen beim anderen Teil nach Ablauf einer gewissen Zeit die Erwartung, er werde dies auch weiterhin tun. 282 Gegen eine Vertragstheorie spricht, dass sich die Bank gerade nicht verpflichten will. 283 Die konkludente Erweiterung ist eine unzulässige Fiktion. 284 Für die Bank hat nämlich die geduldete Überziehung einen entscheidenden Vorteil: die höheren Zinsen sowie die jederzeitige neue Entscheidungsmöglichkeit, ob ein solcher Kredit auch tatsächlich ausgereicht wird. Es bedarf gerade keines Kündigungsgrundes. Eine Erweiterung der Kreditlinie entspricht daher zwar dem Interesse des Kunden, nicht jedoch der Bank, die andernfalls bei mehrmaliger Duldung einer Überziehung in eine Art „Vertragsfalle“ geraten würde. Dies wäre eine Relativierung der Privatautonomie aus „Verbraucherschutzgründen“, die zwar de lege ferenda erwägenswert ist, de lege lata aber keine gesetzliche Grundlage hat. Aufgrund der genannten und für beide Parteien erkennbaren Unterschiede zwischen den beiden Kreditformen besteht auch kein schutzwürdiges Vertrauen seitens des Kunden, auch in Zukunft einen solchen Kredit abrufen zu können. Damit ist der Fall nicht anders einzuordnen als andere Verträge, die regelmäßig immer wieder geschlossen werden. Jedenfalls ist eine Erweiterung der Kreditlinie abzulehnen, wenn die mehrfachen Duldungen der Überziehung jeweils im Zusammenhang mit der Einreichung von Schecks oder sonstigen Gutschriften auf dem Konto stehen. 285 Die Bank erhöht damit nicht abstrakt-generell das Kreditlimit, sondern duldet konkret-individuell die jeweilige Überziehung. Daran ändert auch die Häufigkeit dieser Praxis über Monate oder Jahre nichts. Der BGH hat bei seiner alten Rechtsprechungslinie die genauen Kriterien für einen „Qualitätssprung“ vom Dispositionskredit zur geduldeten Überziehung durch wiederholtes Dulden einer Überziehung offen lassen können. Der Unschärfebereich ist groß. Wie noch zu zeigen sein wird, ist auch bei einer zweckgebundenen Duldung einer Überziehung ein „Graubereich“ aufzudecken. 286

abstellt, wonach die Laufzeit der Überziehung begrenzt ist (z. B. 60 Tage). Danach sei entweder der Kredit i. S. einer Kreditvereinbarung zu ordnen oder die Bank bemühe sich um eine sofortige Rückführung des überzogenen Betrages. 282   Canaris, Vertrauenshaftung, S.  382. 283   Nach K. P.Berger beruht die Passivität der Bank meist auf der tatsächlichen Erwartung der späteren Rückführung des Kontodebets und besteht daher grundsätzlich keine rechtliche Bindungswirkung im Hinblick auf eine rechtsgeschäftliche Einigung auf Einräumung eines Dispositionskredits für die Zukunft. MünchKomm-BGB/K. P.Berger, Vor. §  488 Rdnr.  53. 284   Canaris, Vertrauenshaftung, S.  257; S.  382. 285   OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1477 (1478). 286   BGH NZI 2008, 297; dazu unten bei der Fallgruppe der Zweckbindung der Mittelverwendung.

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ff)  Ein Seitenblick: Parallelproblem bei §  6 4 S.  1 GmbHG? Eine ähnliche Fragestellung ergibt sich bei §  64 GmbHG287, §  130a Abs.  2 HGB288 bzw. §  92 Abs.  2 AktG. Colorandi causa soll kurz auf die Parallelproblematik der dort geregelten Zahlungsverbote289 eingegangen werden. §  64 GmbHG flankiert die insolvenzrechtlichen Bestimmungen. 290 Will der Geschäftsführer einer GmbH eine eigene Erstattungspflicht vermeiden, so muss er das im Zeitpunkt der Insolvenzreife vorhandene Gesellschaftsvermögen zusammenhalten.291 Der Sinn dieser Vorschriften besteht darin, die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.292 Der II. Zivilsenat stellt auf das Argument des Gläubigertauschs ab und verneint daher einen Zahlungsanspruch. 293 In der Sprache der bisherigen Analysen gesprochen: Der II. Zivilsenat vertritt keine gespaltene Lösung, wonach zwischen dem Dispositionskredit einerseits und der geduldeten Überziehung andererseits zu unterscheiden sei, sondern votiert für eine Einheitslösung. Diese verläuft allerdings in die umgekehrte Richtung wie die hier offerierte Lösung zu §  129 InsO. An die Stelle der mit Kreditmitteln erfüllten Forderungen der Gesellschaftsgläubiger trete eine entsprechend höhere Gesellschaftsverbindlichkeit gegenüber der Bank. Dies gehe alleine zum Nachteil der Bank und mache den pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer ihr gegenüber ggf. aus §  823 Abs.  2 BGB i. V. m. §  15a Abs.  1 InsO haftbar.294 Soweit durch die Erhöhung des Debet eine entsprechend höhere Zinsschuld der Gesellschaft gegenüber der Bank entstehe, stelle dies keine „Zahlung“ i. S. der §§  130a Abs.  2 HGB, 64 Abs.  2 GmbHG dar. 295 Ansonsten würden durch die Zahlung mit Kreditmitteln weder die Mas287   §  6 4 Abs.  2 GmbHG a. F. Absatz 1 wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.  10. 2008 aufgehoben; die Antragspflichten bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit sind nunmehr in §  15a InsO geregelt. Utsch/Utsch, ZInsO 2009, 2271. 288   Zur Deckungsgleichheit der Ersatzansprüche BGH NZI 2007, 418. 289   Es handelt sich nach h. M. um einen „Ersatzanspruch eigener Art“: BGH NJW 1974, 1088 (1089); BGHZ 146, 264 (278) = NJW 2001, 1280 (1283); zum Ganzen eingehend K. Schmidt, ZHR 168 (2004), 637 (638, 651 ff.) m.w.Nachw.; Haas, NZG 2004, 737: §  6 4 GmbHG ist „zu komplex, um ihn in ein „schadensersatzrechtliches Korsett“ zu pressen“. 290   Ausführlich zur breiten Palette der Kontokorrentfälle im Zusammenhang mit §  6 4 GmbHG: Werres, ZInsO 2008, 1001. 291   Goette, DStR 2003, 887 (893). 292   BGH NZI 2010, 313; BGH NZI 2007, 418; BGHZ 143, 184 (186); BGHZ 146, 264 (275). 293   BGH NZI 2007, 418; BGHZ 143, 184 (187 f.) = NJW 2000, 668. Zu den Parallelen zum Insolvenzanfechtungsrecht Röhricht, ZIP 2005, 505 (510). 294   Zum Schutzgesetzcharakter des §  6 4 Abs.  1 GmbHG etwa BGHZ 171, 46 = NJW-RR 2007, 759. 295   BGHZ 143, 184 (187 f.) = NJW 2000, 668.

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se vermindert noch die Gesellschaftsverbindlichkeiten erhöht, so dass dadurch auch keine Quotenverringerung der Gläubiger eintrete. Die Argumentation des Gesellschaftsrechtssenats ist nur auf den ersten Blick stimmig. Sie klammert bei der Subsumtion einen zentralen Aspekt völlig aus, der im Rahmen der allgemeinen teleologischen Betrachtung zu §  64 GmbHG noch ausgeführt wurde. Dort hieß es, dass das Zahlungsverbot auch den Sinn und Zweck verfolge, eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern. Auch wenn eine Masseneutralität des Zahlungsvorgangs zu konstatieren ist, so bleibt dieser Aspekt der Gläubigerbevorzugung ausgeblendet. Definiert man den Sinn und Zweck des §  64 GmbHG in der Weise wie der II. Zivilsenat 296 das getan hat, dann klafft eine Lücke zwischen Definition und Subsumtion, die er in futuro ausfüllen sollte. Dennoch verdient die Rechtsprechung des II. Zivilsenats Zustimmung. Die Frage der Rückzahlungspflicht des befriedigten Gläubigers aufgrund einer Insolvenzanfechtung muss nicht parallel zur Frage der Erstattungspflicht des Geschäftsführers aus §  64 GmbHG bzw. §  130a Abs.  2 HGB verlaufen.297 Maßgebend ist die Bestimmung des Sinn und Zwecks der Vorschriften. Nur wenn man der Geschäftsführerhaftung eine reine Masseschutzfunktion zuerkennt, also die Funktion, Masseverkürzungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens zu verhindern, die Erstattung einzelner Zahlungen also als einen Ausgleich für die während der Insolvenzverschleppungsphase eingetretene Masseschmälerung begreift 298 , trifft die These vom wirtschaftlich neutralen Gläubigertausch in das „Argumentationsherz“. Anders wäre es, wenn es bei §  64 GmbHG auch um eine gleichmäßige Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger299 und die Verhinderung der Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers ginge. M. E. ist dies zu verneinen. Anspruchsgegner ist bei §  64 GmbHG der Geschäftsführer, der in der Regel selbst durch die Zahlung nicht „bevorzugt“ wurde. Anders ist es bei den Anfechtungstatbeständen der Deckungsanfechtung: Dort ist Anfechtungsschuldner ein Insolvenzgläubiger, der in der wirtschaftlichen Krise vorrangig befriedigt wurde. Dieser soll sich nach der hier vertretenen Auffassung nicht auf eine fehlende Gläubigerbenachteiligung berufen können, nur weil der Mittelabfluss seitens des Insolvenzschuldners aus einem debitorischen Konto stammte. Auch macht es sich der IX. Zivilsenat zu leicht, wenn er keine Divergenz zwischen diesem Judikat des II. Senats zu seiner Rechtsprechung erkennen   BGH NZI 2007, 418 (419); BGHZ 146, 264 (275) = NZI 2001, 196; BGHZ 143, 184 (186) = NZI 2000, 120. 297   Bitter, in: FS G. Fischer, S.  15 (32). 298   K.Schmidt GmbHR 2000, 1225 (1226 f.); ders. KTS 2001, 373 (388 f.); ders. ZIP 2005, 2177 (2183); Bitter, in: FS G. Fischer, S.  15 (32); ders., WM 2001, 666 (667 ff.). 299   Goette spricht von einem „der Gleichbehandlung der Gläubiger am Vorabend der Insolvenzeröffnung verpflichteten Gesetzeszweck“: Goette, DStR 2003, 887 (893). 296

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mag.300 §  64 GmbHG erfasse nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift nur Leistungen des Geschäftsführers, die sich unmittelbar masseschmälernd ausgewirkt haben.301 Demgegenüber sei das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerbenachteiligung in §  129 InsO im Hinblick auf den das gesamte Anfechtungsrecht beherrschenden Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz in einem umfassenderen Sinne zu verstehen und daher auch bei Rechtshandlungen gegeben, die lediglich mittelbar eine Gläubigerbenachteiligung bewirken.302 M. E. ist bei §  64 GmbHG ebenso wie bei §  129 InsO teleologisch auszuleuchten, ob über die Masseschutzfunktion hinaus, eine Gläubigerbevorzugung verhindert werden soll. Dies ist nur bei §  129 InsO zu bejahen, so dass eine Divergenz der Lösungen aufgrund einer unterschiedlichen teleologischen Ausrichtung der Normen Zustimmung verdient. e)  Zweckbindung der Mittelverwendung Eine Besonderheit besteht dann, wenn der Anspruch auf Darlehensauszahlung zweckgebunden ist und damit dem Bankkunden eine „Verwendungsauflage“ obliegt. In einem vom BGH im Jahr 2001 entschiedenen Fall reichte eine Bank einen Kredit aus – verbunden mit der Vereinbarung, dass dieser Kredit „ausschließlich der Rückführung des Schuldsaldos auf dem bei der Bank für die Beklagte unter der Firma G. Gerüstbau geführten Konto dienen sollte.“303 Die Vorinstanz verneinte eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO. Aufgrund dieser Bindung seien die Darlehensmittel nicht als Vermögen der Schuldnerin anzusehen.304 aa)  Die Normenkette §  399 BGB, §  851 ZPO, §§  35 f. InsO, §  129 InsO Im Grundsatz ist unstreitig, dass folgende Normenkette in den Blick zu nehmen ist: §  399 BGB, §  851 ZPO, §§  35 f. InsO, §  129 InsO. –  Eine zweckgebundene Forderung ist nicht abtretbar (§  399 BGB).305 Ob dabei §  399 Var. 1 BGB oder Var. 2 einschlägig ist, wird nicht einheitlich beurteilt. –  Eine nicht abtretbare Forderung unterliegt grundsätzlich nicht der Pfändung (§  851 Abs.  1 ZPO). §  851 ZPO statuiert einen Gleichklang zwischen materiellem Recht und Einzelzwangsvollstreckungsrecht. Die Ausnahme des §  851 Abs.  2 ZPO greift bei einer Zweckbindung nicht ein. Die genauen Voraussetzungen sind umstritten, insbesondere ob eine treuhänderische Zweckbindung erforderlich ist.   BGH WM 2008, 842; Fischer, NZI 2009, 588 (594).   BGHZ 146, 264 (278 f.) = NJW 2001, 1280; Goette, ZInsO 2001, 529 (535). 302   BGH NZI 2008, 89 (92). 303   BGH NZI 2001, 539. 304   OLG Brandenburg, Urt. v. 28.  10. 1999 – 8 U 104/98 – unveröff. 305   Anders ist dies im Anwendungsbereich des §  354a HGB. 300 301

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–  Eine nicht pfändbare Forderung gehört nicht zur Insolvenzmasse (§  36 Abs.  1 S.  1 InsO). §  36 InsO verkörpert einen Gleichklang zwischen Einzelzwangsvollstreckungsrecht und Insolvenzrecht. –  Rechtshandlungen, die solche Forderungen betreffen, sind – vorbehaltlich einer normativen Korrektur306 – nicht gläubigerbenachteiligend i. S. des §  129 InsO. Die grundsätzliche Linie aus dieser Paragrafenkette lautet somit: Eine nicht abtretbare Forderung unterliegt in der Regel nicht der Pfändung und fällt damit nicht in den Insolvenzbeschlag. Eine Auszahlung an einen Insolvenzgläubiger oder einen Dritten benachteiligt die Gläubiger nicht. bb)  Die Judikaturlinie des BGH: Risse in der Dogmatik Der IX. Zivilsenat bejahte in casu allerdings eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO. Vereinbarte Zweckbindungen könnten gemäß §  851 Abs.  1 ZPO die Unpfändbarkeit der sie betreffenden Forderungen bewirken. Erneut 307 ließ der BGH offen, ob diese Rechtsfolge ganz allgemein oder nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eintrete, dass der Zweckbindung ein treuhänderischer Charakter zukommt. Durch die Leistung der Schuldnerin sei die Masse selbst dann verkürzt worden, wenn der Anspruch aus dem Darlehen infolge der Zweckbindung zunächst unpfändbar war.308 Der IX. Zivilsenat verlässt damit die Argumentationslinie einer „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“.309 Er zieht vielmehr eine Parallele zu den Schuldbefreiungsansprüchen: Diese gehörten zur Insolvenzmasse, obwohl sie nur an den Drittgläubiger abgetreten werden können (§  399 Alt.  1 BGB) und deshalb gemäß §  851 Abs.  1 ZPO unpfändbar sind. Bei Eröffnung des Insol  Dazu II.1.c)cc)(c).   Siehe bereits BGH NJW 2000, 1270; BGH NJW 1998, 746. Stets für eine Unpfändbarkeit bei vereinbarten Zweckbindungen: BGHZ 94, 316 (322) = NJW 1985, 2263, (2264); Zöller/Stöber, §  851 Rdnr.  3; Gaul, KTS 1989, 3 (12 f.). Der Verwendungszweck gehört demnach zum Inhalt der zu erbringenden Leistung. Eine zweckwidrige Verwendung verändere den Leistungsinhalt i. S. des §  399 Alt.  1 BGB; aus der Unübertragbarkeit folgt die Unpfändbarkeit, §  851 Abs.  1 ZPO. Nach anderer Ansicht (BGH WM 1978, 613; Stein/Jonas/Brehm, §  851 Rdnr.  20) bewirken vereinbarte Zweckbindungen allein noch nicht die Unpfändbarkeit der Forderung. Der Verwendungszweck könne nicht zum Inhalt der zu erbringenden Leistung gerechnet werden. Leistungszweckvereinbarungen fielen unter §  851 Abs.  2 ZPO i. V. m. §  399 Alt.  2 BGB. Unpfändbar seien zweckgebundene Forderungen nur dann, wenn die Zweckbindung treuhänderischen Charakter habe. 308   Ob Leistungszeckvereinbarungen unter die Alternative 1 oder 2 des §  399 BGB fallen, ist umstritten (dazu bereits Koch, JW 1933, 2757). Bei diesem Abgrenzungsproblem handelt es sich nicht um ein dogmatisches Problem ohne Auswirkungen. Nur im Falle eines vereinbarten Abtretungsausschlusses i. S. des §  399 Var. 2 BGB kann bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft der Ausschluss des §  354a HGB greifen. M. E. fällt eine Leistungszweckvereinbarung unter §  399 Var. 2 BGB. Es handelt sich um einen Ausschluss der Abtretbarkeit. Gegebenfalls wird die Vereinbarung konkludent geschlossen. 309   In diesem Sinne auch BGH NZI 2011, 400. 306 307

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venzverfahrens über das Vermögen des Befreiungsgläubigers wandle sich der Befreiungsanspruch in einen in die Masse fallenden Zahlungsanspruch in Höhe der zu tilgenden Schuld um.310 Die aus der Unabtretbarkeit folgende Unpfändbarkeit des Befreiungsanspruchs diene nicht dem Schutz des Gemeinschuldners. Der Anspruch habe auch nicht zum Ziel, dem Drittgläubiger eine konkursfeste haftungsrechtliche Zuweisung zu verschaffen.311 Deshalb müsse der Vermögenswert dieses Anspruchs im Falle der Insolvenz desjenigen, dem der Befreiungsanspruch zusteht, der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehen. Ein infolge der Wirkung des §  851 ZPO nicht allgemein, sondern nur im Rahmen seiner Zweckbestimmung pfändbarer Anspruch bleibe daher nur dann massefrei, wenn die Unpfändbarkeit gerade dem Schutz des Gemeinschuldners diene.312 Mit dieser Parallele verlagert der BGH dann die Subsumtion auf eine andere Fragestellung, nämlich ob die Unpfändbarkeit dem Schutz des Insolvenzschuldners diente.313 Das Ergebnis des Senats lautet: Die vereinbarte Zweckbindung diente allein den Interessen der Bank und der Beklagten an der Tilgung des auf dem Konto der G. Gerüstbau angewachsenen Kredits. Sie sollte lediglich die Erfüllung einer bestimmten Verbindlichkeit der Beklagten bei dem Kreditinstitut bewirken, ihr aber nicht darüber hinaus eine insolvenzfeste Sicherung verschaffen. Wäre die an die Beklagte erbrachte Leistung nicht dem zur Konkursmasse gehörenden Vermögen der Schuldnerin zuzurechnen, hätte die Beklagte allein aufgrund der Zweckbindung des Darlehensvertrages eine in der Gesamtvollstreckung nicht mehr angreifbare Rechtsposition erlangt. Der Schuldner wäre dann regelmäßig in der Lage, eigene Vermögenswerte einem Einzelgläubiger unanfechtbar zu übertragen, indem er lediglich eine Zwischenperson einschaltet und für die von dieser zu erbringende Leistung als Zweckbindung die Befriedigung des von ihm ausgewählten Gläubigers vereinbart. Damit könnte die Durchsetzung von Rückgewähransprüchen, wie sie durch die Anfechtungsvorschriften gesichert werden soll, weitgehend unterlaufen, die Gläubigergesamtheit also nicht mehr angemessen vor der Gefahr einer Ausplünderung der Masse geschützt werden.314 cc)  Kritische Stellungnahme und Lösung nach dem hier vertretenen Ansatz Die eben vorgetragene Analyse der Entscheidungsgründe legt bereits die dogmatische Schwäche offen: Der IX. Zivilsenat überlagert die Stringenz der aufgezeigten Normenkette mit einer Interessenbewertung, die er mit einer Parallele   BGHZ 57, 78 (81) = WM 1971, 1335; BGH NJW 1994, 49.   BGH NJW 1994, 49. 312   BGH NZI 2001, 539 (540) mit Rekurs auf Jaeger/Henckel, KO, §  1 Rdnr.  77. 313   Bestätigt: BGHZ 170, 276 (282) = NJW 2007, 1357 (1359). 314   BGH NZI 2001, 539 (540), der weiter ausführt, dass gerade die im Streitfall gewählte rechtliche Gestaltung dies besonders deutlich macht. 310 311

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zu seiner Rechtsprechung zu Schuldbefreiungsansprüchen in ein eigenes System bringt. Dieses steht dogmatisch gesehen auf tönernen Füßen.315 Der Weg des BGH ist bedenklich. Er lautet stenogrammhaft umschrieben: „weg vom Gesetz, hin zur eigenen Rechtsprechung“. Mit diesem Kunstgriff entzieht sich der BGH der Frage, was unter einer treuhänderischen Bindung zu verstehen ist und wie sie dogmatisch einzuordnen ist. Eine derartige Loslösung vom Gesetz durchbricht den durch §  36 InsO ausgedrückten Gleichlauf ohne dogmatische Fundierung und schafft ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Der methodische Fehler in der Argumentation liegt bereits darin, dass nur ein Abgleich mit der bisherigen Rechtsprechung zu den Schuldbefreiungsansprüchen, jedoch keine Gesetzesauslegung und Subsumtion erfolgt. Diese Judikatur löst sich auch von der eigenen bis dato gültigen Rechtsprechungslinie bei Zahlungen aus einem debitorischen Konto, bei welcher der IX. Zivilsenat auf eine „Einzelzwangsvollstreckungsakzessorietät“ rekurrierte. Die dargestellte Normenkette kann m. E. nicht durch eine normative Gesamtkorrektur im Ergebnis ihrer Aussagen verändert werden. Vielmehr müssen die Wertungen im Binnenbereich der einzelnen Normen verankert werden. Nach der hier vertretenen teleologischen Reduktion des §  129 InsO für die §§  130 f. InsO einerseits und der normativen Korrektur der Gläubigerbenachteiligung aufgrund einer Bargeldanalogie sowie der Theorie von der Doppelfunktionalität andererseits, ist die Fallgruppe der Zweckbindung der Mittelverwendung logisch-konsistent zu lösen, ohne dass sich Wertungswidersprüche auftun, wie das nach der Judikatur des BGH der Fall ist. Geht man von einer Zweckbindung aus, so kann der Gedanke der Gläubigergleichbehandlung grundsätzlich zu keiner Ausweitung des §  129 InsO führen. Der Schuldner hätte gerade keinen anderen Gläubiger befriedigen können 316 , da die Fremdmittel nur zu diesem einen Zweck ausgereicht werden.317 Eine ander  Nach Bitter ergebe sich im Fall des zweckgebundenen Kredits die Verweigerung des Zugriffs durch den Pfändungsgläubiger aus den Besonderheiten der Vertragsbeziehung. Die Kreditmittel stünden nicht zur beliebigen Verteilung an irgendwelche Gläubiger bereit. Vielmehr solle mit diesen ein bestimmter Zweck verfolgt werden. Werde der Kredit aber zu diesem Zweck ausgezahlt, dann bewirke dies keinen Ausschluss der Anfechtbarkeit gegenüber dem konkret begünstigten Gläubiger. Ebenso verhalte es sich, wenn man die Unpfändbarkeit des Kontokorrentkredits aus der Weisungsbindung der Bank und der Privatautonomie des Kontoinhabers herleite. Die Kreditmittel stünden dann nicht dem beliebigen Zugriff irgendwelcher Gläubiger offen. Werden sie aber – auf Weisung des Kontoinhabers – an einen bestimmten Gläubiger ausgezahlt, so sei dieser gleichwohl der Anfechtung ausgesetzt. Bitter, in: FS G. Fischer, S.  15 (35). 316   Ähnlich im österreichischen Recht zur „Anweisung auf Kredit“: OGH 3 Ob 530/94, JBl 1995, 58; OGH 7 Ob 317/98p, ZIK 1999, 97; OGH 6 Ob 235/99y, ZIK 2000, 208; Koziol, JBl 1985, 586 (595); König, Rdnr.  5/8 m.w.Nachw.: „jedenfalls dann ein anfechtungsneutraler Gläubigerwechsel .  .  ., wenn die Mittel nicht dazu bestimmt waren, ins Eigentum des Schuldners überzugehen und damit nicht allen Gläubigern zur Verfügung gestanden sind.“ 317   Ringstmeier/Homann, ZInsO 2009, 607 (612) führen zu Recht aus, dass der Schuldner 315

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weitige Verwendung wäre vertragswidrig.318 Eine Gläubigerbenachteiligung scheidet aus, weil ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch stattgefunden hat. Für eine wertende Korrektur ist kein Raum. Einer Bargeldanalogie ist der Boden entzogen, weil dem Schuldner die Fremdmittel gerade nicht zur freien Verfügung ausgereicht werden. Eine Gleichstellung zu dem Fall, dass der Kredit zunächst dem Schuldner zur Verfügung gestellt wird und es erst dann zur Überweisung kommt, scheidet aus. Die Besonderheit des Falls erklärt sich nicht daraus, dass die Bank in einer wirtschaftlichen Einheit sowohl als Kreditgeberin als auch als Zahlstelle fungiert.319 Damit fehlt es bei einer Zweckbindung grundsätzlich an einer Gläubigerbenachteiligung. Der hier vertretene normative Gläubigerbenachteiligungsbegriff ermöglicht es jedoch, gerade bei missbräuchlichen Gestaltungen 320 eine Gläubigerbenachteiligung zu bejahen. dd)  Weitere Abgrenzungsprobleme nach der gespaltenen Lösung Der als „Qualitätssprung“ bezeichnete mögliche Wechsel vom Dispositionskredit zur geduldeten Überziehung bringt – wie gesehen – große Rechtsunsicherheit mit sich. Nach dem hier vorgelegten Ansatz taucht dieses Problem nicht auf. Der BGH klammerte den ansonsten oft bemühten Aspekt der „Folgenberücksichtigung“ gänzlich aus. Die Rechtsunsicherheitsspirale drehte sich in der Folgezeit noch weiter. Dies illustriert ein vom BGH im Jahr 2008 entschiedener Fall 321: Die verklagte Berufsgenossenschaft pfändete die Ansprüche des Insolvenzschuldners aus einer Kontobeziehung mit einer Sparkasse. Der eingeräumte Dispositionskredit von über 5.000 A war bereits weit überzogen (25.000 A). Die Sparkasse zahlte auf die Pfändungen nicht; vielmehr veranlasste sie den Schuldner, die den Pfändungen zugrunde liegenden Forderungen an die Beklagte durch Überweisung von dem überzogenen Konto zu begleichen und führte die Überweisungen aus. Beide Vorinstanzen gingen von einer geduldeten Überziehung aus – die Kreditlinie war ja überzogen – und verneinten einen Insolvenzanfechtungsanspruch des klagenden Insolvenzverwalters mangels Gläubigerbenachteiligung (§  129 InsO). Vermeintlich auf dem Boden der höchstrichterlichen Rechtsprechung stehend, gingen sie von einem bloßen Austausch von Insolvenzgläubigern aus.322 Der IX. Zivilsenat „drehte“ die Falllösung in eine andere Richtung: Er verneinkeinen Zugriff auf die Darlehensvaluta bekommt, sondern diese vom Darlehensgeber direkt an den Gläubiger ausgezahlt wird. 318   Obermüller, Rdnr.  5.273. 319   Bei Umschuldungen ist eine Forderungsabtretung zu empfehlen, um jedenfalls keine Gläubigerbenachteiligung auszulösen. Dazu Spliedt, NZI 2001, 524; Obermüller, Rdnr.  5.275. 320   BGH NZI 2011, 400 (401); Ganter, NZI 2011, 475. 321   BGH NZI 2008, 297 = DZWIR 2008, 256 mit Anm.  Zeuner. 322   Freilich ist mit dieser Formulierung kein Gläubigerwechsel im eigentlichen, sondern im wirtschaftlichen Sinne gemeint.

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te einen Überziehungskredit. Erledigt die Bank eine Kontopfändung in der Weise, dass sie dem Kunden auf dem bereits überzogenen Konto Kredit gewährt, mit dessen Hilfe der Kunde den pfändenden Gläubiger befriedigen soll, werde dadurch die Kreditlinie in der Regel nicht erweitert. Der neue Kredit sei zweckgebunden und werde typischerweise nur in der Höhe ausgereicht, die zur Erledigung der Pfändung erforderlich ist. Vereinbart die Bank mit dem Schuldner, ihn das Konto überziehen zu lassen, damit er einen bestimmten Gläubiger befriedigen kann, verschaffe sie dem Kunden einen Anspruch auf Kreditgewährung, noch bevor das Darlehen gewährt wird. Dieser Anspruch sei grundsätzlich für die Gläubiger pfändbar. Er falle nach Insolvenzeröffnung in die Masse (vgl. §  36 Abs.  1 InsO); die Kontoüberziehung benachteilige die Insolvenzgläubiger.323 Welch merkwürdige Ergebnisse diese Rechtsprechung bis zu ihrem Wendepunkt im Jahre 2009324 hervorrief, zeigt eine Gesamtbetrachtung der damaligen Judikatur: Wenn die Bank Mittel im Rahmen einer geduldeten Überziehung ausreicht, lag nach der alten Rechtsprechung des IX. Zivilsenats keine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO vor – unabhängig davon, wer befriedigt wird. Wenn die Bank hingegen die Mittelverwendung von der Befriedigung eines bestimmten Gläubigers abhängig macht, soll in der ansonsten gleichen Konstellation eine Insolvenzanfechtung nicht an einer fehlenden Gläubigerbenachteiligung scheitern. Nota bene: Der Insolvenzschuldner hat im ersten Fall die Mittel zur freien Verfügung, hätte also jeden anderen Gläubiger auch befriedigen können; im zweiten Fall ist es gerade anders: Er hätte mit diesen Mitteln keinen anderen Gläubiger bedienen können. Dies vermag nicht zu überzeugen. Die Kehrtwende des IX. Zivilsenats aus dem Jahre 2009 ist daher im Ergebnis begrüßenswert.

2.  Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber der Bank Es besteht Einigkeit, dass ein Anfechtungsanspruch gegenüber der Bank grundsätzlich ausscheiden muss. Henckel spricht im Zusammenhang mit den Anweisungskonstellationen von einem „unstreitigen Ergebnis“.325 Nach Lüke ist dies die „einzig sachgerechte Lösung“.326 Die Begründung sowie die Reichweitenbestimmung der Ausnahmen bereiten indes Schwierigkeiten. In dogmatischer Hinsicht ist der Frage nachzugehen, ob und inwieweit die bereicherungsrechtlichen Grundsätze im Mehrpersonenverhältnis zu übertragen sind. Wie bereits ausgeführt, ist der insolvenzanfechtungsrechtliche Anspruch nach §  143 Abs.  1   BGH NZI 2008, 297.   BGHZ 182, 317 = NJW 2009, 3362. 325   Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  151. 326   Lüke, ZIP 2001, 1 (8). 323 324

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S.  1 InsO neben dem Rücktritts- und Bereicherungsrecht als eine weitere Säule der zivilrechtlichen Rückabwicklungsmechanismen zu begreifen, als schuldrechtlicher Anspruch mit haftungsrechtlicher Dimension, der in einem Näheverhältnis zum Bereicherungsrecht steht.327 An dieser Stelle wird es nun vordringlich zu fragen: Wie nahe steht das Insolvenzanfechtungsrecht dem Bereicherungsrecht? Gelten die bereicherungsrechtlichen Grundsätze zu den Mehrpersonenverhältnissen entsprechend? a)  Der Grundfall der Anweisung Das geläufige Denkmodell 328 und gleichsam die Grundlage für den bargeldlosen Zahlungsverkehr ist die Anweisung, der Musterfall der mittelbaren Zuwendung. „Anweisung“ ist nicht im engen Sinne der §§  783 ff. BGB329 sowie §§  363 ff. HGB zu verstehen, sondern im weiten Sinne, so wie der Terminus auch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung im Mehrpersonenverhältnis verwendet wird. Ein Anfechtungsanspruch gegenüber dem Angewiesenen ist nicht von vornherein ausgeschlossen.330 aa)  Uneinheitliche Judikaturlinie Als Ausgangspunkt ist eine Entscheidung des IX. Zivilsenats aus dem Jahr 2007331 zu beleuchten: Der Insolvenzschuldner hatte gegenüber einem Drittschuldner eine Forderung. Auf „Anweisung“ des Insolvenzschuldners zahlte der Drittschuldner (Zahlender) an eine Zwischenperson (einen Dritten, den Zahlungsempfänger), um so seine Verbindlichkeit zu erfüllen. Die Zahlung erfolgte innerhalb der wirtschaftlichen Krise. Sie hatte eine doppelte Wirkung332: Zum einen erlosch die Schuld des Drittschuldners gegenüber dem Insolvenzschuldner; zum anderen beglich der Insolvenzschuldner so seine Schuld gegenüber dem Dritten. Der Insolvenzverwalter verlangte vom Drittschuldner Rückzahlung.

In Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Konkursordnung333 verneint der BGH eine Insolvenzanfechtung nach §§  130 f. InsO.334 Mittelbare Zuwendungen seien im Allgemeinen so zu behandeln, als habe der befriedigte

  Dazu §  3 II.1.b).   Heile, S.  1; Flume, Studien zur Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S.  166 spricht vom Schulfall der Bereicherungsproblematik in Mehrpersonenverhältnissen. 329   Wieling, S.  9 0. 330   Heile, S.  69. 331   BGHZ 174, 31 = NZI 2008, 167. 332   Lüke, ZIP 2001, 1 (7). 333   BGHZ 142, 284 = NZI 1999, 448; dazu Lüke, ZIP 2001, 1. 334   Unzutreffenderweise spricht der IX. Zivilsenat von einem „Anspruch aus §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO“: BGH WM 2008, 223. Die Anfechtungstatbestände der §§  130 ff. InsO sind freilich keine Anspruchsgrundlagen. 327

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Gläubiger unmittelbar vom Schuldner erworben.335 Schließlich handelte es sich für den Dritten erkennbar um eine Leistung des Schuldners.336 In früheren Judikaten setzte der BGH im Kern auf ein teleologisches Argument: Der Rückgewähranspruch richte sich grundsätzlich gegen den, der infolge der anfechtbaren Handlung den Gegenstand aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erhalten hat.337 Es entspreche dem Sinn des heutigen §  143 InsO, dass Anfechtungsgegner nur diejenigen sind, die auf diese Weise im Ergebnis der Gläubigergesamtheit gegenüber bevorzugt wurden. Zudem rekurriert der BGH bei der Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners auf ein „Zuflussprinzip“, das sich aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise speist: Grundsätzlich könne nur von demjenigen Rückgewähr verlangt werden, dem der Vorteil zugeflossen ist, welcher bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Masseschmälerung ausmacht. Der IX. Zivilsenat konstatiert zudem: „Für Insolvenzanfechtungen im Mehrpersonenverhältnis gelten die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend.“338 Eine exakte Begründung für diesen Gleichklang zum Bereicherungsrecht bleibt der Senat allerdings schuldig. In der Entscheidung vom 29.  11. 2007 hebt der IX. Zivilsenat indes auf eine „tatbestandsimmanente Lösung“ ab: Bei §  131 InsO müsse der Anfechtungsgegner ein Insolvenzgläubiger sein. Damit bringt der BGH zum Ausdruck, dass die Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) eine personelle Bindung des Anfechtungsgegners erfordert. In Betracht komme als Insolvenzanfechtungstatbestand339 aber gleichwohl §  133 InsO. Für die allgemeinen Anfechtungstatbestände (§§  133 ff. InsO) gilt nämlich diese personelle Einschränkung nicht. Die gegen den Angewiesenen und den Zuwendungsempfänger gerichteten Insolvenzanfechtungsansprüche stehen gleichstufig nebeneinander. Angewiesener und Zuwendungsempfänger haften daher gesamtschuldnerisch i. S. des §  426 Abs.  1 BGB. Dass der Angewiesene im Falle einer Insolvenz des Zuwendungsempfängers Gefahr läuft, zweimal zahlen zu müssen, ist nach dem BGH nicht unbillig.340 Wer mit dem Schuldner zusammenwirke, um die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen, sei nicht schutzwürdig.

  Siehe bereits BGH WM 1998, 968 (975); BGHZ 142, 284 (288) = NZI 1999, 448 (449).   Eigentlich erwirbt der Anweisungsempfänger aus dem Vermögen der Mittelsperson. Das Erlangte muss aber nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen. Der Anweisungsempfänger ist tauglicher Anfechtungsgegner. Dazu Heile, S.  76 ff. Zur Qualifizierung der mittelbaren Zuwendungen als „Ränken besonders schlauer Schuldner“: RGZ 43, 83 (85). 337   BGHZ 142, 284 (288) = NZI 1999, 448 (449); Jaeger/Henckel, KO, §  37 Rdnr.  82. 338   BGH NJW 2008, 63 (68) mit Rekurs auf BGHZ 142, 284 (287) = NZI 1999, 448. 339   Der BGH spricht wieder missverständlich vom „Anspruch aus §  133 Abs.  1 InsO“: BGH WM 2008, 223. 340   Dazu genauer unter b)dd)(4) (a). 335

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Diese Rechtsprechungsanalyse zeigt, dass eine einheitliche, geordnete Argumentation nicht besteht. Es sind vor allem „drei Linien“ genauer zu untersuchen: die Parallele zum Bereicherungsrecht, eine rechtsfolgenorientierte Lösung, die mit dem Schlagwort des Zuflussprinzips umschrieben werden kann und eine tatbestandsimmanente Lösung. Während die ersten beiden Argumentationsstränge ein Aliud-Verhältnis der Anfechtungsgegner postulieren, erkennt letztere Position eine mögliche gesamtschuldnerische Haftung an (echte Anspruchskonkurrenz) und votiert für einen Ausschluss eines Anfechtungsgegners nur dann, wenn der Tatbestand der §§  129 ff. InsO nicht einschlägig ist. bb)  Schrifttum und eigene Stellungnahme Im Kern geht es bei diesem Konkurrenzproblem um eine Wertung. Ist der Fall genauso zu behandeln, wie wenn sich die Parteien nicht für einen „abgekürzten Leistungsweg“ entschieden hätten 341, sondern die Leistungen entlang der Vertragslinien erfolgt wären? Dann wäre unstreitig nur der Dritte möglicher Anfechtungsgegner. Wäre es aus der Sicht des Insolvenzverwalters nicht ein „Geschenk des Himmels“, wenn er in casu zwei Anfechtungsgegner hätte, den Dritten und den Drittschuldner? Gibt es hierfür eine innere Rechtfertigung? (1)  Parallele zum Bereicherungsrecht Zunächst drängt sich eine Parallelwertung zum Bereicherungsrecht auf.342 Die dogmatische Begründung, warum die bereicherungsrechtlichen Wertungen auch im Insolvenzanfechtungsrecht gelten sollen, konnte bisher allerdings – wie Brinkmann konstatiert – nicht überzeugend erbracht werden.343 (a)  §  143 Abs.  1 S.  2 InsO Für einen bereicherungsrechtlichen Gleichklang könnte sprechen, dass §  143 Abs.  1 S.  2 InsO in einer Rechtsfolgenverweisung in dieses Rechtsgebiet hineinführt. Der Gesetzgeber hat bei den Rechtsfolgen eine entsprechende Anwendung des §  819 Abs.  1 BGB statuiert. Damit fand das bestehende Näheverhältnis des Insolvenzanfechtungsrechts zum Bereicherungsrecht einen legislativen Niederschlag. M. E. lässt sich daraus aber kein Schluss für eine hier denkbare Parallelwertung ziehen. Aus einer partiellen Parallelschaltung der Rechtsfolgen ergibt sich nicht zwingend ein Gleichlauf für eine Konkurrenzproblematik auf der Tatbestandsseite.

  Auf diese „Fiktion“ stellt bereits das Reichsgericht ab: RGZ 48, 148 (149).   Lüke, ZIP 2001, 1 (7 f.). 343   Brinkmann, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  17 Rdnr.  61. 341

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(b)  Subsidiaritätsdogma im Bereicherungsrecht Zunächst sticht als Unterschied hervor, dass es im Insolvenzanfechtungsrecht keine vergleichbare Maxime gibt, wie den Vorrang der Leistungs- gegenüber der Nichtleistungskondiktion.344 Daher läuft man auch nicht so leicht Gefahr, in eine „begriffsjuristische Falle“ zu geraten, aus der man sich von Fall zu Fall durch normative Korrekturen herauswinden muss. Im Insolvenzanfechtungsrecht existiert kein dem Leistungsbegriff vergleichbarer zentraler Terminus, der gleichsam wie ein erratischer Block in der Landschaft der Abgrenzungsproblematik liegt. Ausgeblendet bleibt im Schrifttum ferner, dass sich Insolvenzanfechtungsund Bereicherungsrecht in einem weiteren wesentlichen Punkt unterscheiden. Bei den Dreiecksfällen des Bereicherungsrechts ist die Leitfrage: „Wer kann von wem etwas zurückfordern?“345 Es geht um hochkomplexe Wertungsfragen 346 , insbesondere darum, wie das Insolvenzrisiko zwischen den Beteiligten zu verteilen ist. Die strenge begriffsjuristische Orientierung am Leistungsbegriff hat sich dabei als untauglicher Versuch erwiesen, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Mehrpersonenverhältnis zu lösen. Die Wertungsabhängigkeit der Fragestellung birgt Rechtsunsicherheit in sich. Diese ist aber keine Schwäche der Dogmatik. Sie spiegelt vielmehr die Stärke der anzustrebenden Einzelfallgerechtigkeit wider. Im Insolvenzanfechtungsrecht ist aber die entgegen gesetzte Frage virulent: „Wer muss zur Masse leisten?“ Dabei steht der Dritte als möglicher Anfechtungsgegner fest. Problematisch ist, ob der Drittschuldner neben dem Dritten nach §  143 Abs.  1 S.  1 InsO haften kann. (c)  Insolvenzrisiko Letztlich geht es darum, wer das Risiko der Insolvenz des Dritten im Falle einer Doppelinsolvenz trägt. Bei einer gesamtschuldnerischen Haftung von Drittem und Drittschuldner (§  426 BGB) 347 läuft der Drittschuldner Gefahr, doppelt leisten zu müssen. Ebenso wie im Bereicherungsrecht erscheint es sachgerecht, das Insolvenzrisiko entlang den Vertragslinien zu situieren.348 Schließlich hat sich der Insolvenzschuldner und nicht der Drittschuldner die Person des Leistungsempfängers ausgesucht. Der Leistende kann sich regelmäßig kein Bild von der Liquidität des Leistungsempfängers machen.349 Insofern besteht in der Tat 344   Brinkmann, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  17 Rdnr.  61; zum Subsidiaritätsgrundsatz: BGHZ 56, 228 (240) = NJW 1971, 1750; Reuter/Martinek, §  10 II 1 b), S.  399 ff. 345   Wieling, S.  89: „Die Frage, wer hier von wem kondizieren kann, war und ist umstritten. Die Zahl der hierzu geäußerten verschiedenen Ansichten ist Legion, .  .  .“ 346   Reuter/Martinek, §  10 I 3, S.  399. 347   In Ausnahme zum Kopfteilregress ist im Innenverhältnis der Haftungsanteil des Leistungsempfängers grundsätzlich bei 100% anzusiedeln. Dazu unten b)dd)(3). 348   Zu den Prinzipien im Überblick: Wieling, S.  92. 349   Lüke, ZIP 2001, 1 (7).

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eine Parallele zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung in Mehrpersonenverhältnissen. Dennoch ist zu betonen, dass ein „bereicherungsrechtlicher Gleichklang“ nicht in der Weise besteht, wie dies bei einer verkürzten Argumentationslinie, die die Unterschiede verdeckt, vorgegeben wird. Die Fragestellung ist – wie herausgearbeitet – eine andere. (d)  Vergleich mit §  816 Abs.  2 BGB Henckel rekurriert auf einen Vergleich zu §  816 Abs.  2 BGB. Der Empfänger einer mittelbaren Leistung sei so zu behandeln wie jemand, der eine Leistung erhalte, die ihm nicht gebühre.350 Die Parallele zum Zessionsfall, bei dem der Drittschuldner an den Zedenten (Altgläubiger) leistet, lautet dann: So wie der Zedent, der zwangsläufig die Abtretung kenne, in deren Unkenntnis der Schuldner an ihn gezahlt hat, die erlangte Leistung dem Berechtigten herausgeben müsse (§§  816 Abs.  2, 407 Abs.  1 BGB), so habe der Empfänger einer unmittelbaren oder mittelbaren Leistung des späteren Insolvenzschuldners diese als Haftungsobjekt für die Konkursgläubiger, also die Masse, zurückzugewähren, weil ihm die gläubigerbenachteiligende Wirkung seiner Forderung ebenso wenig zustand, wie dem Zedenten die Leistung des Schuldners auf die abgetretene Forderung. Im Fall des §  816 Abs.  2 BGB sei das Vermögen des Berechtigten unmittelbar betroffen, weil die Leistung des Schuldners an den Nichtberechtigten dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. Bei der mittelbaren Zuwendung einer Schuld sei das Vermögen des Anweisenden unmittelbar betroffen, weil er seine Forderung gegen den Angewiesenen verliere.351 Die Argumentation Henckels hat nur einen eingeschränkten Tauglichkeitswert: Damit lässt sich allenfalls ein zusätzliches „Nebenargument“ beimischen, mit dem zu erklären ist, weshalb der Leistungsempfänger als Anfechtungsgegner in Frage kommt. Das ist aber nicht der Kernpunkt des Streits. Fraglich ist, ob neben dem Dritten auch noch der Drittschuldner ein möglicher Anfechtungsgegner sein kann. Die bereicherungsrechtliche Lösung des angesprochenen Zessionsfalls kann nicht die insolvenzanfechtungsrechtliche Problematik des Anweisungsfalls bestimmen. Damit würde man die eigenen Wertungen des Insolvenzanfechtungsrechts umgehen. Vielmehr ist vorrangig zu klären, ob das Gesetz in §  143 InsO selbst eine Lösung parat hält und ob verneinendenfalls aus den Anfechtungstatbeständen die maßgebenden Wertungen zu entnehmen sind. (2)  Rechtsfolgenorientierte Lösung: Zuflussprinzip Ein gängiges Argumentationsmuster lautet, dass eine Rückgewähr grundsätzlich nur von demjenigen verlangt werden könne, dem der Vorteil zugeflossen   Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  151.   Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  151.

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ist.352 Diese hier als „Zuflussprinzip“ etikettierte Auffassung setzt bei der Rechtsfolge an. Anspruchsgegner soll damit nur der „Empfänger der Leistung“ sein können. Methodisch bedenklich ist, dass das Zuflussprinzip apodiktisch in den Argumentationsraum gebracht wird, ohne dieses durch eine Gesetzesauslegung abzusichern. (a)  Grammatische Auslegung des §  143 Abs.  1 S.  1 InsO §  143 Abs.  1 S.  1 InsO enthält eine solche Einschränkung nicht. Der Gesetzgeber formuliert im personal entkleideten Passivstil offen: „Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden.“ Wer Anfechtungsgegner sein kann, bleibt unerwähnt.353 (b)  Systematische Auslegung Der Gesetzgeber hat damit gerade nicht eine Parallelformulierung zu §  812 Abs.  1 S.  1 BGB aufgegriffen, die da lauten könnte: „Wer durch eine anfechtbare Handlung .  .  . etwas erlangt, .  .  .“. In §  143 Abs.  2 InsO heißt es, dass „der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung“ diese nur zurückzugewähren hat, soweit er durch sie bereichert ist. Aus dieser systematischen Betrachtung zu §  812 Abs.  1 S.  1 BGB einerseits und §  143 Abs.  2 InsO andererseits lassen sich jeweils entgegengesetzte Argumentationslinien verfolgen. Aus dem Vergleich mit dem Bereicherungsrecht ließe sich schließen: Der Anfechtungsgegner muss nicht zwingend etwas erlangt haben, weil §  143 Abs.  1 S.  1 InsO gerade nicht dieses bereicherungsrechtliche Tatbestandsmerkmal aufgreift, sondern vielmehr durch eine Passivkonstruktion bewusst eine weite Formulierung gewählt hat. Mit Rekurs auf §  143 Abs.  2 InsO ließe sich die entgegengesetzte Position stützen: Dort spricht das Gesetz gerade vom „Empfänger einer unentgeltlichen Leistung“. Damit könnte ausgesagt sein, dass Anfechtungsgegner stets der Empfänger der Leistung ist, im besonderen Fall der Unentgeltlichkeit aber die Sondervorschrift des §  143 Abs.  2 InsO zu berücksichtigen ist. In §  144 InsO sind zudem die Ansprüche des Anfechtungsgegners geregelt. Auch dort ist vom „Empfänger der anfechtbaren Leistung“ die Rede (§  144 Abs.  2 S.  2 InsO). Beide Argumentationslinien erscheinen vertretbar. Jedoch ist §  143 Abs.  2 InsO mit seinem ganzen Inhalt in die systematische Zusammenschau aufzunehmen. Danach hat ein Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Daraus lässt sich im Umkehrschluss folgern, dass eine

352   RGZ 117, 86; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  49a; Uhlenbruck/Hirte, §  129 Rdnr.  87. 353   Unzutreffend Obermüller, der allgemein ausführt: „Anfechtungsgegner können nur Insolvenzgläubiger sein.“ Obermüller, Rdnr.  1.404. Das trifft nur für die Tatbestände der Deckungsanfechtung zu.

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Bereicherung auf Seiten des Anfechtungsschuldners kein allgemeines Qualifikationsmerkmal ist.354 (c)  Teleologische Auslegung Würde man §  143 Abs.  1 S.  1 InsO als einen bereicherungsrechtlichen Anspruch einordnen, so müsste man den Empfänger der Leistung als Anfechtungsgegner festlegen. Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich bei §  143 Abs.  1 S.  1 InsO um einen schuldrechtlichen Anspruch mit haftungsrechtlicher Dimension, der in einem Näheverhältnis zu den §§  812 ff. BGB, nicht aber sub­ stantiell auf einer Stufe mit den Kondiktionsansprüchen steht. Sinn und Zweck des Anspruchs ist zuvörderst die Masseanreicherung. Eine Fixierung des Anfechtungsgegners ist in §  143 InsO bewusst unterblieben. Dies spricht dafür, diese Weite nicht unnötig auf der Rechtsfolgenseite einzuengen. Eine Einschränkung des Adressatenkreises ergibt sich nicht generell aus §§  143 ff. InsO, sondern partiell aus den einzelnen Anfechtungstatbeständen. So lässt sich aus §§  130, 131 InsO schließen, dass der Anfechtungsgegner ein Insolvenzgläubiger sein muss. Aus dieser Auslegung des §  143 InsO ergibt sich, dass der prima facie so einleuchtenden Aussage, dass nur von demjenigen Rückgewähr verlangt werden könne, dem der Vorteil zugeflossen ist, nicht zu folgen ist. Dieses „nur“ ist §  143 InsO, der bewusst weit gefasst ist, nicht zu entnehmen. Vielmehr kommt „auch“ ein anderer (Dritter) als Anfechtungsgegner in Frage, sofern die Teleologie des einzelnen Anfechtungstatbestands keine Einschränkung erfordert. Die rechtsfolgenorientierte Lösung des Konkurrenzproblems mittels eines Zuflussprinzips ist also abzulehnen. (3)  Tatbestandsimmanente Lösung Die als tatbestandsimmanente Lösung umschriebene Linie sieht kein AliudVerhältnis zwischen möglichen Anfechtungsgegnern, das bereits vorab auf einer Konkurrenzebene zu klären wäre.355 Vielmehr entscheidet alleine die Subsumtion unter die §§  129 ff. InsO, ob ein Anspruch nach §  143 Abs.  1 InsO besteht oder nicht. Mehrere Anfechtungsgegner haften als Gesamtschuldner nach §  426 BGB. Diese tatbestandsimmanente Lösung verdient den Vorzug. Wie gesehen lässt sich aus einer bereicherungsrechtlichen Parallele oder einer rechtsfolgenorientierten Lösung mittels eines Zuflussprinzips keine generelle Konkurrenzlösung finden. Auch der IX. Zivilsenat scheint im Kern dieser Lösung zu folgen, auch wenn er sich bisher aus der Argumentationspalette sämtlicher Ansätze bediente und   Dazu (zum österreichischen Recht) auch König, 15/12.   Oftmals wird dieser Lösungsweg eingeschlagen, ohne die anderen Modelle zu erwägen: etwa Heile, S.  70 ff. 354 355

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ergebnisorientiert entschied.356 Der BGH betreibt bei dieser Rechtsfrage einen Eklektizismus. In futuro sollte die Rechtsprechung die bereicherungsrechtliche Parallele ebenso wie die Zuflussargumentation aus ihrem „Argumentationspool“ herausnehmen und die Linie der Anspruchskonkurrenz weiter verfolgen. Ein entscheidender Filter ist bei Zahlungen auf fremde Schuld bereits §  129 InsO. Die Rechtshandlung muss die Gläubiger in ihrer Gesamtheit benachteiligen. Bei einer derartigen Zahlung ist die Gläubigerbenachteiligung vor dem Hintergrund problematisch, dass es wirtschaftlich gesehen zu einem „bloßen Gläubigerwechsel“ kommt. An die Stelle der Forderungen des Zahlungsempfängers gegenüber dem Insolvenzschuldner treten entsprechende Forderungen des Angewiesenen gegenüber dem Insolvenzschuldner (z. B. aus §  670 BGB). Der Vorgang ist demnach masseneutral.357 Dies ist jedoch anders, wenn der Angewiesene mit der Zahlung eigene Verbindlichkeiten gegenüber dem Insolvenzschuldner tilgte.358 Anders gewendet: Es ist maßgebend, ob der Angewiesene an den Zahlungsempfänger mit Tilgungswirkung im Verhältnis zum Insolvenzschuldner leistete oder nicht.359 b)  Der Überweisungsfall Die Erkenntnisse aus dem Anweisungsfall sind auf die Überweisung zu übertragen. Nach der vorzugswürdigen tatbestandsimmanenten Lösung scheidet ein Anfechtungsanspruch gegenüber der Bank bei einer Überweisung nur aus, wenn die Voraussetzungen der §§  129 ff. InsO nicht vorliegen. Auf eine Nähe zum Bereicherungsrecht ist ebenso wenig abzustellen, wie auf das Zuflussprinzip. aa)  §  129 InsO Zunächst ist die Rechtshandlung zu fixieren. Der BGH hebt in einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 zu einer Anweisungskonstellation auf die Verrechnungsabrede zwischen dem leistenden Schuldner und dem Leistungsempfänger ab.360 Bork weist zu Recht darauf hin, dass die Entscheidung in diesem Punkt 356   Kritikwürdig ist in der Entscheidung aus dem Jahr 2007 (BGH WM 2008, 223) ferner, dass der BGH nicht mit dem allgemeinen Grundtatbestand des §  129 InsO beginnt. Die Rechtshandlung sollte m. E. von Anfang an genau benannt werden. Andernfalls hängen die Ausführungen zu den Anfechtungsgründen „in der Luft“. 357   Der BGH wörtlich: „Zahlungen Dritter betreffen das Vermögen des Schuldners zunächst nicht.“ BGH NJW 2008, 1067. 358   BGH NJW 2008, 1067. 359   In diesem Sinne ist etwa auch das Urteil des OLG München (IBR 2006, 397) zu verstehen, in dem der Senat darauf abstellt, ob der Insolvenzschuldner durch die Direktzahlung eine eigene Zahlungsforderung gegen seinen Auftraggeber eingebüßt hat. 360   BGH NZI 2008, 167 (169) mit Rekurs auf BGHZ 142, 284 (287) = NZI 1999, 448. Dort

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unsorgfältig formuliert ist.361 Es sei vielmehr auf die „Anweisung“ als Rechtshandlung abzustellen.362 Teilweise wird eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO verneint.363 Henckel führt zur Überweisung364 aus, dass die Ausführung des Überweisungsauftrags zwar den Saldo zugunsten der Bank erhöhe und die Ausführung der Anweisung dem Angewiesenen einen Aufwendungsersatzanspruch gebe. Jedoch erlösche dafür die Forderung des Empfängers, die mit der Ausführung der Überweisung oder der Anweisungsleistung getilgt worden ist.365 Henckel rekurriert somit auf das Argument des wirtschaftlich neutralen Gläubigertausches, das bereits ausführlich behandelt wurde. Dies ist m. E. nur vertretbar, wenn es beim Anfechtungsanspruch gegenüber dem Überweisungsempfänger ebenso ins Feld geführt wird.366 Ein Wechsel der Positionen stellt einen logischen Bruch und eine Inkonsistenz in der Argumentation dar. Die Frage der Gläubigerbenachteiligung muss genauso wie beim Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Überweisungsempfänger entschieden werden. Die Prüfung des §  129 InsO kann in beiden Fällen, wenn es um ein und dieselbe Rechtshandlung geht, nicht anders ausfallen. §  129 InsO statuiert nur die generelle Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung, ohne ein Spezifikum für einen bestimmten Anfechtungsgegner zu normieren. Die Gläubigerbenachteiligung ist unabhängig vom Anfechtungsgegner. Es gilt dazu das oben Gesagte: Ob die Befriedigung aus Eigen- oder Fremdmitteln erfolgt, ist unerheblich. Eine Differenzierung zwischen Dispositionskredit und geduldeter Überziehung ist nach der hier vertretenen Einheitstheorie nicht angebracht.367 bb)  Anfechtungsgrund nach §§  130, 131 InsO Eine Anfechtbarkeit nach §§  130 f. InsO scheitert daran, dass die Bank keine Sicherung oder Befriedigung als Insolvenzgläubigerin erhält. Die Argumentation des BGH im Ausgangsfall der Anweisung368 , dass §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO ausscheide369, weil die Beklagte nicht Insolvenzgläubigerin ist, darf nicht misswurde indes die Verrechnungsabrede zwischen dem Anweisenden (Schuldner) und dem Angewiesenen getroffen, worauf Bork hinweist: Bork ZIP 2008, 1041 (1048). 361   Bork ZIP 2008, 1041 (1048). 362   Der BGH erwähnte in der besagten Entscheidung in einem obiter dictum die „Bankenkonstellation“, obwohl Anfechtungsschuldner nicht eine Bank, sondern der Hausdetektiv eines Media-Marktes war. Prononciert Bork ZIP 2008, 1041 (1048). 363   RGZ 48, 148 (151); RGZ, 81, 144; Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  162. 364   Nach dem alten Weisungsmodell, das nach einer zwischenzeitlichen Vertragskonzeption wieder Gesetz geworden ist. 365   Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  162. 366   So konsequent Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  59. 367   §  4 II.1.c) und d). 368   BGH WM 2008, 223. 369   Der BGH spricht unzutreffend von einem „Anspruch aus §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO“. Anspruchsgrundlage ist alleine §  143 Abs.  1 S.  1 InsO.

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verstanden werden. Die Insolvenzgläubigereigenschaft muss sich auf die konkret anvisierte Deckung beziehen. Richtig ist freilich, dass §§  130, 131 InsO nicht zum Zuge kommen können, wenn der Anfechtungsschuldner generell kein Insolvenzgläubiger ist. Insolvenzgläubigereigenschaft „bei Gelegenheit“ reicht aber nicht aus; Bezugspunkt ist die Deckung. Die Bank ist bei einer debitorischen Kontoführung Insolvenzgläubigerin hinsichtlich des ausgereichten Kredits; sie erhält aber bei einer Überweisung keine Deckung als Insolvenzgläubigerin, so dass §§  130, 131 InsO als Anfechtungsgründe nicht in Betracht kommen. Dieses Wortlautargument wird durch eine historische Auslegung gestützt. Wie aus den Motiven hervorgeht, wollte der Gesetzgeber – „unbeschadet der vollen Anfechtbarkeit betrüglicher Kollusionen“ – von einer Anfechtung der Leistungen des Drittschuldners an den Gemeinschuldner absehen.370 cc)  Anfechtungsgrund nach §  132 InsO Umstritten ist, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  132 Abs.  1 InsO anzunehmen ist. Nach Bork kann eine Leistung an den künftigen Verfahrensschuldner keine für den Gläubiger unmittelbar nachteilige Rechtshandlung sein.371 Dagegen führt Peschke aus, dass diese Argumentation nur für die Barzahlung richtig sei.372 Nur dort trete der Leistungsgegenstand an die Stelle des bloß schuldrechtlichen Anspruchs auf den Gegenstand. Alle anderen Zahlungsausgänge wirkten jedoch deshalb unmittelbar gläubigerbenachteiligend, weil bei diesen an die Stelle des Auszahlungsanspruchs nicht das ausgezahlte Geld, sondern nur die Befeiung von einer Valutaschuld gegenüber dem Zahlungsempfänger trete.373 Auch der Unmittelbarkeitsbegriff des §  132 Abs.  1 InsO ist m. E. normativ zu bestimmen. Die hier entwickelten Wertungen von der Doppelfunktionalität der Bank sowie der Bargeldanalogie 374 sind auch an dieser Stelle hinreichend zu   Hahn, Bd.  4, S.  130 f.; ausführlich Heile, S.  70 ff.   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnrn.  129, 386. Nach Henckel scheidet eine Anfechtung nach §  132 InsO aus, weil der Minderung des Guthabens oder dem Anwachsen des Debetsaldos durch die Buchung der Bank die gleichwertige Leistung der Bank entspricht, die sie durch den Vollzug der Überweisung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang erbringt. Jaeger/Henckel, InsO, §  132 Rdnr.  22. 372   Peschke, S.  260. 373   Peschke, S.  261. 374   In diese Richtung auch Peschke, S.  262: „anfechtungsrechtliche Gleichstellung aller Zahlungsausgänge mit der Barauszahlung“. Peschke sieht allerdings die Lösung nicht wie hier in einer normativen Bestimmung des Unmittelbarkeitsbegriffs, sondern will der aus der Verwendung des Betrags im Valutaverhältnis resultierenden Gläubigerbenachteiligung nur im Verhältnis zum Valutagläubiger Beachtung schenken. Die Gläubigerbenachteiligung sei nur in dem bereicherungsrechtlichen Verhältnis zu berücksichtigen, aus dem sie herrühre. Die aus dem Valutaverhältnis resultierende Gläubigerbenachteiligung bleibe im Deckungsverhältnis unberücksichtigt. M. E. kann dieser generelle Ausschluss der Bank als Anfechtungsgegner nicht aus einer fehlenden Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 Abs.  1 InsO gewonnen werden. Es handelt sich vielmehr um ein Konkurrenzproblem, das durch eine entsprechende 370 371

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beachten. Der Fall ist genauso zu lösen, wie wenn die beiden Funktionen der Bank hintereinander geschaltet worden wären und der Kunde somit anstelle des hier vorliegenden bargeldlosen Zahlungsverkehrs sich für eine Barzahlung mit den ausgereichten Kreditmitteln entschieden hätte. §  132 Abs.  1 InsO scheidet somit als Anfechtungstatbestand aus. dd)  Anfechtungsgrund nach §  133 InsO Die Bank ist als „anderer Teil“ i. S. des §  133 Abs.  1 InsO möglicher Anfechtungsschuldner. Nach dem Wortlaut des §  133 InsO ist eine Insolvenzanfechtung also nicht ausgeschlossen. (1)  Rechtshandlung des Schuldners Eine Besonderheit des §  133 Abs.  1 InsO liegt in der Weite des objektiven Tat­ bestands.375 Der Schuldner muss die Rechtshandlung, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligt (§  129 Abs.  1 InsO), in den letzten zehn Jahren 376 vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen haben. Rechtshandlungen Dritter fallen nicht unter die Vorsatzanfechtung. Diese personelle Qualifizierung der Rechtshandlung ist vor allem bei Druckzahlungen und Zahlungen in der Zwangsvollstreckung problematisch.377 Der BGH hat in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2005 Zwangsdeckungen, bei denen ein selbstbestimmtes Schuldnerhandeln zu verneinen ist, dem Anwendungsbereich des §  133 Abs.  1 InsO entzogen.378 Dies ist der Fall, wenn der Schuldner nur noch die Wahl hat, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung zu dulden. In casu ist eine Rechtshandlung des Schuldners gegeben: es ist dessen Weisung an die Bank.379 Damit ist die „niedrige Hürde“ des objektiven Tatbestands überwunden und der Doppeltatbestand auf subjektiver Seite in den Blick zu nehmen: der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners einerseits und die Kenntnis des anderen Teils von diesem Vorsatz andererseits. (2)  Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners Der Schuldner muss bei der Vornahme der Rechtshandlung den Vorsatz haben, seine Gläubiger zu benachteiligen. In den Vorläuferregelungen war noch von Auslegung des §  143 Abs.  1 InsO in der von Peschke vorgetragenen Weise gelöst werden kann. Nach der hier vertretenen tatbestandsimmanenten Lösung ist diese Auffassung jedoch abzulehnen, mit der Folge, dass bei §  133 InsO die Bank durchaus als Anfechtungsgegner in Betracht kommen kann. 375   Jacoby, KTS 2009, 3 (4). 376   Die Frist betrug nach §  41 Abs.  1 S.  3 KO früher sogar 30 Jahre. 377   Ausführlich M.Huber, in: GS Manfred Wolf, S.  443 m.w.Nachw. 378   BGHZ 162, 143 = NJW 2005, 1121. 379   Nach altem Überweisungsrecht war dies die Willenserklärung zum Abschluss des Überweisungsvertrags.

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einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht380 die Rede (§  31 KO, §  10 Abs.  1 Nr.  1, 2 GesO). Die sprachliche Modifikation brachte keine Veränderung des Rechtszustandes.381 Der Terminus „Absicht“ wurde bereits nach früherem Recht weit ausgelegt, um ein Leerlaufen der Norm zu verhindern; er sollte alle Vorsatzformen umfassen.382 Ebenso wie auch sonst im Zivilrecht genügt für den Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung dolus eventualis.383 Davon ist auszugehen, wenn der Schuldner eine Gläubigerbenachteiligung für möglich hält und sich damit abfindet. Die innere Einstellung des Schuldners ist dem Insolvenzverwalter meistens jedoch verborgen. Der Nachweis des Schuldnervorsatzes muss daher in der Regel unter Anknüpfung an bestimmte objektive Kriterien erfolgen.384 Mittels objektiver Indizien (Beweisanzeichen) 385 ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach §  286 Abs.  1 ZPO auf den Vorsatz des Schuldners zu schließen. Die Indizien können entkräftet werden; es gibt keinen Automatismus. Auch wenn der Kreis der Beweisanzeichen unbegrenzt ist 386 , so sind in praxi vor allem zwei Aspekte bedeutend:387 –  Zum einen liegt in einer inkongruenten Deckung regelmäßig ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners.388 Dabei ist nicht jede Inkongruenz gleich zu behandeln.389 In die Abwägung und Würdigung sind zudem verdächtige Umstände jeder Art einzubeziehen. Dazu kann – wie Henckel betont – auch die Tatsache gehören, dass der Gläubiger etwas bekommen hat, das ihm so nicht zustand. Ob das ein starkes Beweisanzei380   Unklar Stamm, S.  185, der davon spricht, dass die §§  129 ff. InsO „die Benachteiligungsabsicht auf Seiten der Gläubiger“ betonen. 381   BT-Drucks. 12/2443 S.  160. 382   BGHZ 124, 76 (81 f.) = NJW 1994, 449 (451 f.): Voraussetzung ist, dass „der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seines Handelns gewollt oder als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt und gebilligt hat.“; Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnrn.  23 f. 383   Zu §  826 BGB etwa: Staudinger/Oechsler, §  826 Rdnr.  75; MünchKomm-BGB/Wagner, §  826 Rdnr.  23. M. E. bedeutet Vorsatz des Schuldners, dass es ihm darauf ankommt (dolus directus I in Form der Absicht), seine Gläubiger zu benachteiligen oder dass er dahingehend ein sicheres Wissen hat (dolus directus II) oder dass er die Gläubigerbenachteiligung für möglich hält und sich damit abfindet (dolus eventualis). Ebenso wie im Strafrecht sollte man die unpräzise Kurzformel vom „Wissen und Wollen“ (hier der Gläubigerbenachteiligung) vermeiden. 384   Thole, KTS 2007, 293 (301); Fischer, NZI 2009, 588 (592). 385   Zum anfechtungsrechtlichen Indizienprozess: Huber, in: FS Ganter, S.  203. 386   Ausführlich Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnrn.  32 ff., der sich gegen feste Beweiswürdigungsregeln ausspricht. 387   So Fischer, NZI 2009, 588 (593). 388   BGHZ 137, 267 (283) = ZIP 1998, 257; BGH ZIP 1999, 406 (407); BGH NZI 2002, 486; zur Inkongruenz wegen einer Drohung mit einem Insolvenzantrag: BGHZ 157, 242 = NZI 2004, 201. Kritisch etwa Guski, WM 2009, 1071 (1072), der darauf abhebt, dass die Inkongruenz das typische Merkmal für eine gleichbehandlungswidrige Einzelbevorzugung ist und dieser Aspekt gerade bei §  133 InsO keine Rolle spielen darf. 389   Siehe etwa BGHZ 137, 267 = ZIP 1998, 257 (263).

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chen sei, stehe aber nicht von vornherein fest, sondern sei unter Berücksichtigung aller anderen relevanten Umstände und unter Abwägung mit und gegen diese zu beurteilen.390 –  Zum anderen ist der Benachteiligungsvorsatz zu vermuten, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig i. S. des §  17 InsO ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt.391 Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Schuldner überzeugt ist, in absehbarer Zeit alle ernsthaft eingeforderten Forderungen befriedigen zu können. Besonderheiten ergeben sich beim bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht. Eine verkehrsübliche bargeldlose Zahlung löst wegen der Abweichung von der Barzahlung grundsätzlich keine Inkongruenz aus;392 es lässt sich folglich daraus kein Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ableiten. Für den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, ist die Art und Weise der Realisierung (Barzahlung oder bargeldlose Zahlung) grundsätzlich irrelevant. Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist unabhängig vom Anfechtungsschuldner einheitlich zu bestimmen.393 Anders verhält es sich beim zweiten subjektiven Tatbestandsmerkmal, der Kenntnis des anderen Teils, d. h. des konkret anvisierten Anfechtungsschuldners, vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. (3)  Kenntnis der Bank vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz §  133 Abs.  1 InsO enthält ein Element des Vertrauensschutzes zugunsten des Anfechtungsschuldners. Dieser muss Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners haben; fahrlässige oder grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis nicht gleich.394 Der Anfechtungsschuldner muss selbst keinen Benachteiligungsvorsatz haben.395 §  133 Abs.  1 S.  2 InsO formuliert für die Kenntnis des Anfechtungsschuldners eine Vermutungsregel: Die Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die Rechtsprechung ergänzt diese gesetzliche Re  Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  39 m.w.Nachw.   Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für kongruente Deckungen. BGHZ 155, 75 (83 f.) = WM 2003, 1690; BGHZ 162, 143 (153) = WM 2005, 564; BGHZ 167, 190 (195) = WM 2006, 1159; BGH WM 1998, 248 (251). Siehe bereits die Motive zur Konkursordnung: „Das Bewußtsein schon vorhandener Insuffizienz kann .  .  . einen Beweis für die Arglist in sich schließen.“ Hahn, Bd.  4, S.  138. 392   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  11. 393   BGHZ 174, 314 = NJW 2008, 1067 (1069): „Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist im Deckungs- und im Valutaverhältnis einheitlich zu bestimmen.“ 394   Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  47. 395   Siehe dazu auch die Motive zur Konkursordnung: „.  .  . eine weitere Theilnahme an dem Betrug, insbesondere etwa die eigene Absicht, sich zum Nachtheil der Gläubiger zu bereichern, ist hier nicht erforderlich.“ Hahn, Bd.  4, S.  138. 390 391

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gelung durch eine Hilfsvermutung396 , obwohl eine dem §  130 Abs.  2 InsO vergleichbare Regelung bei §  133 Abs.  1 InsO gerade fehlt. Wenn der Anfechtungsgegner Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuteten, greife §  133 Abs.  1 S.  2 InsO ebenfalls ein. Von einem Gläubiger, der solche Umstände kennt, sei (widerleglich) zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Benachteiligung der Gläubiger kennt.397 Zu berücksichtigen ist, dass die Bank an der Transaktion nur als Intermediärin fungiert; sie ist Dritte. Die Deckung vollzieht sich zwischen dem Schuldner und dem Zahlungsempfänger. Eine etwaige Inkongruenz dieser Deckung im Valutaverhältnis rechtfertigt die Annahme eines starken Beweisanzeichens für die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes auf Seiten der Bank nicht.398 Beschränkt sich die Geschäftsbeziehung in der Abwicklung des Girovertrags, so wird eine Kenntnis der Bank vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kaum bestehen; ein Nachweis wird nicht gelingen.399 Die Bank kennt den Grund der „Anweisung“, das Valutaverhältnis, grundsätzlich nicht. Ihr ist es in der Regel gleichgültig, an wen sie leistet. Überweisungen sind übliche Geschäftsvorgänge. Es sind einheitlich praktizierte Massengeschäfte, denen ein Vorsatz des Insolvenzschuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, per se nicht zu entnehmen ist.400 Anders kann es jedoch bei Hausbanken mit gutem Informationsstand über die Vermögenslage des Schuldners sein.401 Das besondere „Insiderwissen“ solcher Banken kann die Vermutung des §  133 Abs.  1 S.  2 InsO auslösen. Für den Insolvenzverwalter ist der Zugriff bei einer Bank – anstelle von vielen Zahlungsempfängern – zum einen praktikabel und zum anderen wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Bank solvent ist. Im Innenverhältnis kann die Bank beim Überweisungsempfänger Rückgriff nehmen,402 so dass sie insoweit ein Insolvenzrisiko eines Dritten trägt. Gerade die Tatsache, dass sich die Bank diesen Zahlungsempfänger nicht als Vertragspartner ausgesucht hat, spricht für eine restriktive Anwendung des §  133 Abs.  1 InsO. Für den Fall, dass   Kritisch zur Formulierung der Rechtsprechung: Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  47.   BGH NZI 2003, 597 (599); BGH NZI 2005, 690 (692); BGH NZI 2005, 692 (693). Kritisch zur Tatsache, dass nach der Rechtsprechung das zweite Element der Vermutungsregelung des §  133 Abs.  1 S.  2 InsO, das Wissen des anderen Teils, dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, kaum eine Rolle spielt: Guski, WM 2009, 1071, der von einer „unrichtigen Gesetzesauslegung“ spricht. 398   BGHZ 174, 314 = NJW 2008, 1067 (1069 f.): „Die Inkongruenz im Valutaverhältnis wirkt sich auf den Angewiesenen .  .  . nicht ohne Weiteres aus.“ 399   Kirstein/Sietz, ZInsO 2008, 761 (767). 400   BGHZ 174, 314 = NJW 2008, 1067 (1069). 401   Bork verweist darauf, dass es viele Fälle gibt, in denen der subjektive Tatbestand relativ leicht nachzuweisen ist. Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (45). 402   Kirstein/Sietz, ZInsO 2008, 761 (763 f.; 768): „in voller Höhe“. Der Angewiesene müsse nach dem Rechtsgedanken des §  255 BGB dem Zuwendungsempfänger die in seiner Person durch die Anfechtung entstandene Insolvenzforderung abtreten. 396 397

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der Anfechtungstatbestand des §  133 Abs.  1 InsO einschlägig ist, sollte aus diesem Grunde auch die Hilfsregel des §  426 Abs.  1 S.  1 BGB, die Ausgleichung nach Kopfteilen (Kopfteilregress) 403 nicht gelten. Vielmehr ist im Innenverhältnis der Haftungsanteil des Zahlungsempfängers grundsätzlich bei 100% anzusiedeln. (4)  Begrenzungsversuche in Rechtsprechung und Schrifttum: die teleologische Reduktion des §  133 Abs.  1 InsO Das Insolvenzanfechtungsrisiko einer Hausbank wäre – nach dem bisher Erörterten – in der Phase einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hoch. Die Folge könnte ein Ausschluss des Schuldners vom bargeldlosen Zahlungsverkehr sein; Hausbanken wären gut beraten, rechtzeitig den Girovertrag zu kündigen und Überweisungen nicht mehr auszuführen. Ein Wechsel des Schuldners zu einer Bank, die diese Insiderkenntnisse nicht hat, wäre die praktische Folge. Der Bankenwechsel wäre dann aber nicht selten ein negatives Signal für alle Gläubiger; die Überwindung einer Krise wäre wesentlich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Speziell für diese Konstellation, aber auch ganz allgemein drängt sich die Frage auf, ob §  133 Abs.  1 InsO teleologisch zu reduzieren ist. Die Vorsatzanfechtung ist gleichsam aus einem „Dornröschenschlaf“404 erwacht und – wie Guski analysiert – zu einem allgemeinen Korrekturinstrument gegen die als ungerechtfertigt empfundene Vorabverteilung der Masse geworden.405 Im Schrifttum ist daher auch vom „schärfsten Schwert des Insolvenzverwalters“406 , von einer „Wunderwaffe“407 oder einer „Schrotflinte mit großem Streuwinkel“408 die Rede. §  133 InsO soll bei dieser extensiven Leseart gerade bei „hinausgezögerten Insolvenzen“ auch ein Disziplinierungsinstrument sein und eine präventive Funktion erfüllen: Gläubiger sollen rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellen und somit zur Insolvenzauslösung motiviert werden.409 Der Todeskampf des Schuldners soll nicht durch kurzfristige (Teil-)Zahlungen verlängert werden. Die „Renaissance des §  133 InsO“410 hinterlässt den Schatten eines unkalkulierbaren Anfechtungsrisikos und fordert die Rechtswissenschaft geradezu her  MünchKomm-BGB/Bydlinski, §  426 Rdnr.  14.   Lind, S.  167, der auch von einem zu weiten Anwendungsbereich in der Praxis spricht (S.  169). 405   Guski, WM 2009, 1071 (1073). 406   Jacoby, KTS 2009, 3 (4); Brinkmann, S.  298. 407   Paulus, in: FS G. Fischer, S.  445 (456). 408   Guski, WM 2009, 1071 (1073). 409   Dazu Guski, WM 2009, 1071 (1073), der de lege ferenda eine Erweiterung der Fristen der Deckungsanfechtung anregt. Die dreimonatige „Rückschlagfrist“ lade zur Verzögerung der Insolvenzauslösung geradezu ein. 410   Bork, ZIP 2004, 1684; ders., ZIP 2008, 1041 (1045). 403

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aus, eine teleologische Reduktion dieser Norm auszuformulieren. Für eine restriktive Auslegung des §  133 Abs.  1 InsO spricht zum einen, dass es sich um den Anfechtungsgrund mit der längsten Frist von 10 Jahren handelt, der zugleich geringe Anforderungen an den objektiven Tatbestand stellt (Wortlautargument). Zum anderen droht ein partieller Leerlauf der §§  130 f. InsO, wenn §  133 Abs.  1 InsO zum „Superinsolvenzanfechtungstatbestand“ mutiert (systematisches Argument). (a)  Gefahr einer Doppelzahlung Eine teleologische Reduktion des §  133 InsO könnte in casu unter dem Gesichtspunkt der drohenden Doppelzahlung für die Bank Raum greifen: Der Angewiesene läuft Gefahr, im Falle der Doppelinsolvenz, also einer Insolvenz des Anweisenden und des Zuwendungsempfängers zweimal zahlen zu müssen. Dieses Risiko ist jedoch nicht unbillig. Der BGH führt dazu aus, dass derjenige, der kollusiv mit dem Schuldner zusammenwirkt, um die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen, wenig schutzwürdig erscheint.411 Dies verdient nur im Ergebnis Zustimmung; die Argumentationslinie passt nicht für alle Fälle des §  133 InsO: Zum einen verlangt die Rechtsprechung – wie sogleich ausführlicher zu betrachten ist – kein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Schuldner und dem anderen Teil412; zum anderen geht es alleine um die Rechtshandlung des Schuldners und die Kenntnis des anderen Teils vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Der Anfechtungsschuldner muss nicht den Vorsatz haben, die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen. Die Gefahr einer Doppelzahlung rechtfertigt dennoch mangels Schutzwürdigkeit keine teleologische Reduktion des §  133 Abs.  1 InsO. (b)  Unlauterkeit Erst seit einem Judikat des Reichsgerichts aus dem Jahre 1899 gehört es zur opinio communis, dass auch kongruente Deckungen der Absichtsanfechtung unterliegen können.413 Die Rechtsprechung hat bei §  31 KO lange Zeit angenommen, dass eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht nur dann zu bejahen ist, wenn Schuldner und Gläubiger unlauter zusammenwirken.414 Diese restriktive Linie findet eine Stütze in den Motiven zur Konkursordnung:

  BGH WM 2008, 223: „Dieses Ergebnis ist .  .  . vom Gesetz gewollt und billig.“   BGH NZI 2003, 597 (598); BGH NZI 2005, 692 (693). Zutreffende Kritik bei Bork, ZIP 2008, 1041 (1046) mit Rekurs auf Kirchhof, in: FS G. Fischer, S.  285 ff.: „Die Kollusion kann ein Wertungskriterium sein, aber kein Tatbestandsmerkmal.“ 413   RG Gruchot 50, 1140. 414   Zu §  31 Nr.  1 KO und §  3 Abs.  1 S.  1 AnfG a. F.: BGHZ 12, 232 (238) = NJW 1954, 673; BGHZ 121, 179 (185) = NJW 1993, 663 m.w.Nachw.; Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  25. 411

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„Bei geschuldeten Leistungen wird allerdings der Regel nach der Satz gelten: nullam videri fraudem facere, qui suum recipit415; sie416 kann aber von einer ausdrücklichen oder stillschweigenden fraudulösen Uebereinkunft begleitet und deshalb anfechtbar sein“. 417

Im Anwendungsbereich des §  133 InsO vollzog der IX. Zivilsenat im Jahre 2003 dann eine Kehrtwende418 und votierte für einen Abschied vom Merkmal der Unterlauterkeit.419 Nach §  133 Abs.  1 InsO genüge ganz allgemein, also auch bei einer kongruenten Deckung, bereits ein bedingter Vorsatz des Schuldners. Ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Gläubiger und Schuldner sei nicht der einzige Fall, in dem der Schuldner die Benachteiligung der anderen Gläubiger billigt. Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Schuldner vorrangig auf die Erfüllung seiner Zahlungspflicht ankommt, könne auch durch andere Umstände erschüttert werden, deren Unlauterkeit zweifelhaft sein mag, etwa einen zwar gesetzmäßigen, aber massiven Druck des sodann begünstigten Gläubigers.420 Der Gesetzgeber wollte diese Änderung der Rechtsprechung durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung wieder in sein Gegenteil verkehren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung wäre dann durch berichtigende Worte des Gesetzgebers Makulatur geworden.421 §  133 Abs.  1 S.  2 InsO sollte nach einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung wie folgt lauten: „Bei einer Rechtshandlung, die nicht eine nach §  130 Abs.  1 ist, wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass diese Handlung die Gläubiger benachteiligte. Eine Rechtshandlung nach §  130 Abs.  1 kann nach Satz 1 nur angefochten werden, wenn ein unlauteres Verhalten des Schuldners vorliegt.“422

Der eigentliche „Hintergedanke“ des Gesetzgebers lag nicht in einer allgemeinen dogmatischen Korrektur des Insolvenzanfechtungsrechts. Ihm ging es um die Auswirkungen für den Fiskus und die Sozialkassen. So greift die Gesetzesbegründung nicht zufällig das Beispiel auf, dass sich der Fiskus und die Sozialkassen lediglich darauf beschränken, durch Zwangsvollstreckung oder durch Drohung mit einer Zwangsvollstreckung Steuerforderungen oder ausstehende Beiträge einzuziehen. Eine Insolvenzanfechtung käme dann nur infrage, wenn

415   Die Motive rekurrieren auf einen römischen Rechtssatz, wonach es nicht als Betrug gilt, dass jemand annimmt, was ihm zusteht. Dazu Foerste, NZI 2006, 6. 416   Fehlerhafter Bezug im Original. So zu Recht Foerste, NZI 2006, 6. 417   Hahn, Bd.  4, S.  139. 418   BGH NZI 2003, 597 (598). 419   Fischer, NZI 2009, 588 (589). 420   BGH NZI 2003, 597 (598); BGH NZI 2005, 692 (693). 421   Treffend Huber, ZIP 2007, 501 m.w.Nachw. 422   BT-Drucks. 16/886, S.  5.

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gravierende zusätzliche Umstände vorlägen, die es rechtfertigten, von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners auszugehen.423 Das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung wurde jedoch nur in seinem ersten Teil beschlossen.424 Die insolvenzanfechtungsrechtlichen Korrekturen scheiterten. §  133 Abs.  1 S.  2 InsO enthält somit keine gesetzlich geregelte Grenze der Vorsatzanfechtung bei kongruenten Deckungen. Die Modifizierung des §  133 Abs.  1 S.  2 InsO wurde im Rechtsausschuss einhellig abgelehnt, weil diese Regelung mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nicht vereinbar sei.425 Im Schrifttum gehen die Begrenzungsversuche des §  133 Abs.  1 InsO teilweise sogar de lege lata noch weiter: Lind sieht das Merkmal der Unlauterkeit426 als allgemeines Korrektiv des §  133 Abs.  1 InsO an, das nicht nur bei kongruenten, sondern auch bei inkongruenten Deckungen gelten soll.427 Die InsO verwende diesen Begriff im Rahmen der Regelungen zur Bestätigung eines Insolvenzplans selbst. Nach §  250 Nr.  2 InsO sei diese von Amts wegen zu versagen, wenn die Annahme des Plans unlauter428 , insbesondere durch Begünstigung eines Gläubigers, herbeigeführt worden ist.429 Durch diesen unbestimmten Rechtsbegriff ließen sich die anfechtungswürdigen Fälle identifizieren. Ähnlich wie §  826 BGB430 stelle §  133 InsO eine ultima ratio des Eingriffs dar. (c)  Sozial inadäquates Verhalten In eine ähnliche Richtung gehen Vorschläge, wonach der Begriff des sozial inadäquaten Verhaltens als begrenzendes Tatbestandsmerkmal des §  133 Abs.  1 InsO zu installieren sei. Bork votiert für eine normative Betrachtungsweise. Die Mitwirkung der Bank beschränke sich auf die Rolle als reine Zahlungs- und Verrechnungsstelle.431 Auch wenn die Bank die Finanzlage ihres Kunden und damit Umstände kenne, die zwingend auf einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Kunden schließen lassen, so sei die bloße Durchführung des girover423   BT-Drucks. 16/886, S.  13. Es müsse bei einer kongruenten Deckung, um dieses Unwerturteil zu rechtfertigen, ein unlauteres Verhalten des Schuldners hinzutreten. Dies gelte in besonderem Maße bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern, die lediglich ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen. Ein solches unlauteres Verhalten werde man regelmäßig nur dann annehmen können, wenn ein kollusives Zusammenwirken mit dem Schuldner feststellbar ist. 424   Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 27.  3. 2007, BGBl.  I 368. 425   Dies hatte auch die Anhörung der Sachverständigen am 27.  9. 2006 ergeben. Siehe dazu BT- Drucks. 16/3844, S.  11. 426   Lind, S.  114, der synonym auch auf das Merkmal der sozialen Inadäquanz abstellt. 427   Lind, S.  168 f. 428   Dazu BGH NZI 2005, 325. 429   Lind, S.  114. 430   Lind, S.  114 plädiert für eine ergänzende Heranziehung des dem §  826 BGB zugrunde liegenden methodischen Verständnisses. 431   Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (46).

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traglich vereinbarten Überweisungsverkehrs doch keine anstößige Mitwirkung, kein sozial inadäquates Verhalten, das eine Anfechtung gegenüber der Bank rechtfertigen könnte.432 Es könne kaum Sinn und Zweck des §  133 InsO sein, die Bank dazu anzuhalten, den Zahlungsverkehr zu verweigern.433 Als Schlüsselargument gegen einen Insolvenzanfechtungsanspruch gegen die Bank rekurriert Bork auf den Girovertrag: Danach sei die Bank verpflichtet, den Zahlungsverkehr für ihren Kunden durchzuführen.434 Bei kreditorischer Kontoführung des Insolvenzschuldners stellt Bork im Rahmen seines normativen Ansatzes darauf ab, dass die Bank im Falle einer Kündigung des Girokontos das Guthaben an den Schuldner auskehren müsse.435 So oder so leiste sie an den Schuldner und so oder so sei das Geld bei der Bank nicht mehr vorhanden.436 (d)  Erweiterung des Vertrauensschutzes Nach Jacoby ist §  133 Abs.  1 InsO teleologisch zu reduzieren, wenn das Vertrauen des Anfechtungsgegners auf den Bestand der Rechtshandlung des Schuldners – ungeachtet seiner Kenntnis davon – schutzwürdig ist, dass der Schuldner die Benachteiligung seiner Gläubiger billigend in Kauf nimmt.437 Eine teleologische Reduktion sei notwendig, weil der Anfechtungsgrund des §  133 Abs.  1 InsO angesichts der Weite des Benachteiligungsvorsatzes andernfalls falsche Verhaltensanreize setzen würde. Unmittelbarer Adressat der von §  133 InsO ausgehenden Verhaltensanreize sei der Anfechtungsgegner; daher sei bei der Reichweitenbestimmung der teleologischen Reduktion auf dessen Person abzustellen.438 Im Hinblick auf die Ex-ante-Sicht sei zu werten, ob der Anfechtungsgegner in einer Weise auf die Beständigkeit des schuldnerischen Verhaltens vertrauen durfte, dass die spätere Anfechtung ausgeschlossen sei. 439 Es gebe zwei unterschiedliche Gründe für ein schutzwürdiges Vertrauen des Anfechtungsgegners ex ante. Zum einen könne das Vertrauen des Anfechtungsgegners jedenfalls in einer wertenden Betrachtung schutzwürdig sein, weil es gar nicht im Interesse der 432   Bork, ZIP 2008, 1041 (1046, 1049), der verblüfft feststellt und zu Recht moniert, dass der BGH in einer Entscheidung vom 29.  11. 2007 (BGHZ 174, 314 = NJW 2008, 1067 (1069)) die Banken ausdrücklich erwähnt, obwohl Anfechtungsgegner nicht eine Bank, sondern der Hausdetektiv eines Media-Marktes war. 433   Bork, ZIP 2008, 1041 (1046). Die Alternative – so Bork – könne doch nur sein, den Girovertrag zu kündigen. Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (47). 434   Bork, ZIP 2008, 1041 (1049); ähnlich Jacoby, KTS 2009, 3 (23). 435   Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (47). 436   Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (47). 437   Jacoby, KTS 2009, 3 (14). 438   Jacoby, KTS 2009, 3 (17), der an anderer Stelle ausführt, dass bei der Begrenzung auf die Schuldnerhandlungen abzustellen sei, um die Verhaltensweisen abzugrenzen, die billigenswert oder zu missbilligen seien. 439   Jacoby, KTS 2009, 3 (17).

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Gläubiger in einer Ex-ante-Betrachtung läge, dass sich alle Geschäftspartner im Falle einer möglichen Anfechtung vom Schuldner abwenden würden.440 Zum anderen könne der Anfechtungsgegner verpflichtet sein, dem Schuldnerhandeln zu entsprechen; etwa müsse ein Geschäftsbesorger einen Betrag so auszahlen, wie ihn der Schuldner anweise (§  665 BGB). Daher müsse im üblichen Bankenverkehr eine Anfechtung gegenüber der Bank ausscheiden. Die Bank unterliege einem Kontrahierungszwang; sie habe daher nur die Wahl, ob sie anlässlich der Krise ihres Kunden den Girovertrag kündige oder nicht. Zu einer solchen Kündigung dürfe sie aber schon im Interesse der anderen Gläubiger nicht verpflichtet sein. Kündige sie den Vertrag nicht und ermögliche sie so dem Schuldner den Überlebenskampf, wäre es unbillig, die Bank stets mit dem Anfechtungsrisiko aus §  133 Abs.  1 InsO zu belasten. Vielmehr seien die mittels der Bank bewirkten Erfüllungen allein bei den Gläubigern anfechtbar. Anders sei zu entscheiden, wenn die Bank ihre Funktion als bloße Zahlstelle aufgebe und auf den Schuldner Einfluss nehme, welche Forderungen zu erfüllen sind. So könne es liegen, wenn die Bank dem Schuldner auf der Grundlage sachwidriger Erwägungen vorgebe, welche Überweisungen noch ausgeführt werden sollen.441 (e)  Stellungnahme Die Reichweite einer teleologischen Reduktion des §  133 Abs.  1 InsO setzt voraus, den Sinn und Zweck dieses Anfechtungstatbestandes zu eruieren. Zuvor lohnt es sich, die historische Auslegung zu vertiefen. (aa)  Historische Auslegung.  Die historische Auslegung streitet zunächst für eine restriktive Anwendung des §  133 Abs.  1 InsO, jedenfalls bei kongruenten Deckungen. Die Väter der Konkursordnung sahen den Betrug als die Grundlage des Anfechtungsrechts an. In den Motiven zur Konkursordnung ist von der „Anfechtbarkeit betrüglicher Rechtshandlungen des Gemeinschuldners“ die Rede.442 Dies deutet auf enge Voraussetzungen hin. Doch heißt es weiter, dass das Bewusstsein schon vorhandener Insuffizienz zwar einen Beweis für die Arglist in sich schließen könne, es aber auch „mit vollkommen redlicher Absicht verträglich“ sei.443 Bei kongruenten Deckungen gelte – wie bereits erwähnt – eine Einschränkung: Dort werde der Regel nach der Satz gelten: nullam videri fraudem facere, qui suum recipit; eine Anfechtbarkeit könne sich aber aufgrund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden fraudulösen Übereinkunft ergeben.444 Eine Begründung für diese enge Auslegung bei kongruenten De  Jacoby, KTS 2009, 3 (23 f.).   Jacoby, KTS 2009, 3 (23). 442   Hahn, Bd.  4, S.  138. 443   Hahn, Bd.  4, S.  138. 444   Hahn, Bd.  4, S.  139. 440 441

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ckungen findet sich an einer anderen Stelle, bei der Abgrenzung zur besonderen Konkursanfechtung: „Der Schuldner, welcher einem Gläubiger nur dasjenige leistet, wozu er dem Gegenstand und der Zeit nach von Rechtswegen verpflichtet ist, begeht eine Rechtsverletzung gegen die übrigen Gläubiger nicht schon darum, weil er die Leistung mit Rücksicht auf seine schlechte Vermögenslage und zur Begünstigung des Empfängers vornimmt. Noch weniger macht sich der Gläubiger, welcher nicht mehr erhält, als worauf er ein Zwangsrecht hat, durch Annahme dessen einer Rechtsverletzung oder einer Theilnahme an solcher schuldig, auch wenn er weiß, daß der Schuldner in so schlechter Vermögenslage sich befindet, daß nicht alle anderen Gläubiger gleich ihm befriedigt werden könnten und daß in Folge seiner Befriedigung die übrigen Gläubiger eine Einbuße erleiden müssen. Man kann ihm nicht zumuthen, auf die Ausübung seines wohlbegründeten Rechts zu verzichten und großmüthig sich einem Verlust zu unterwerfen, damit nicht andere einen größeren Verlust erleiden möchten. Sibi vigilavit.445 Den wachsamen Gläubigern darf der Lohn ihrer Sorgfalt nicht entrissen werden. – Anders verhält es sich, wenn schon bei der Leistung und deren Annahme der Anspruch der übrigen Gläubiger auf gleichmäßige und gemeinschaftliche Vertheilung des ganzen Vermögens bestand, .  .  .“. 446

Gegen eine enge Auslegung lässt sich gleichwohl anführen, dass die Insolvenzordnung bewusst eine Verschärfung des Insolvenzanfechtungsrechts intendierte. Diese sollte eine beträchtliche Anreicherung der Insolvenzmassen und damit eine Erleichterung der Verfahrenseröffnung bewirken.447 Mit diesem klaren gesetzgeberischen Willen vertragen sich indes Einschränkungen des §  133 Abs.  1 InsO kaum.448 (bb)  Teleologische Auslegung.  Entgegen einer Auffassung im älteren Schrifttum449 und der Judikatur des Reichsgerichts450 handelt es sich bei §  133 InsO um keinen Deliktstatbestand.451 Sowohl die tatbestandliche Anknüpfung an den Vorsatz des Schuldners sowie die Rechtfolgenregelung des §  143 Abs.  1 InsO,

445   Zu diesem Digestenzitat sibi vigilavit: Foerste, NZI 2006, 6 (7), der weiter ausführt, dass dieses später in die actio Pauliana einging, wonach derjenige, der geschuldetes Geld erhält, bevor das Vermögen des Schuldners in Besitz genommen wird, obwohl er es mit Wissen und in Kenntnis darüber erhält, dass der Schuldner nicht solvent ist, das Edikt nicht zu fürchten braucht. Denn er sei nur im eigenen Interesse wachsam gewesen. Wer aber den geschuldeten Betrag erhält, nachdem das Vermögen in Besitz genommen worden ist, müsse auf seinen Anteil hingewiesen werden und den übrigen Gläubigern Ausgleich leisten. Siehe D. 42.8.6 §  7. 446   Hahn, Bd.  4, S.  128 f. 447   BT-Drucks. 12/2443 S.  85. 448   Koza, DZWIR 2009, 404 (405). 449   Etwa Petersen, ZZP 10 (1887), 17 (55 f.). 450   RGZ 74, 224 (226). 451   Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  3.

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die in das Bereicherungsrecht hineinführt und nicht auf Schadensersatz gerichtet ist, sprechen gegen eine Qualifizierung als deliktische Haftung.452 Anders als bei den Vorschriften der Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) geht es bei §  133 InsO nicht um eine Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung.453 Die materielle Insolvenz ist kein Anknüpfungspunkt; der Anfechtungsschuldner muss kein Insolvenzgläubiger sein. Das Gesetz missbilligt vielmehr bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners; es geht um die Beseitigung von Massemanipulationen und damit letztlich auch um eine Grenze der Geltung des Prioritätsprinzips.454 Der Schuldner darf die prinzipiell gleichen Befriedigungschancen der Gläubiger nicht beeinträchtigen.455 Zentraler Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Vorsatz des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil seiner456 Gläubiger zu bevorzugen.457 Das Gesetz formuliert als Grenze für diesen Missbrauchsgedanken ein subjektives Tatbestandsmerkmal: die Kenntnis des anderen Teils von diesem Vorsatz. Eine objektive Grenze für eine Missbilligung, das eine wertende Korrektur ermöglichen würde, findet sich in §  133 Abs.  1 InsO gerade nicht. Umstritten ist, ob und inwieweit §  133 Abs.  1 InsO in diesem Sinne teleologisch zu reduzieren ist. (cc)  Funktionaler Ansatz: teleologische Reduktion bei „neutralen Handlungen“. Der springende Punkt ist, dass die Bank sich an der Gläubigerbenachteiligung beteiligt und den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kennt. Methodisch gesehen stellt sich die Frage – wie Jacoby zu Recht ausführt458 –, ob und inwieweit §  133 Abs.  1 InsO teleologisch zu reduzieren ist. Ebenso wie im Bereicherungsrecht ließe sich eine normative Betrachtung dergestalt ansetzen, dass der Fall der mittelbaren Zahlung insolvenzanfechtungsrechtlich grundsätzlich genauso zu behandeln ist, wie eine Zahlung entlang der Vertragslinien. Einer solchen Auffassung liegt ein bereicherungsrechtlicher Gleichklang zu-

452   Ausführlich Lind, S.  45 ff. Damit kommt eine Anwendung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung (§  32 ZPO) sowie der §§  827 ff. BGB nicht in Betracht. Rosenberg/ Schwab/Gottwald, §  36 Rdnr.  27. Zum Minderjährigenschutz über §  143 Abs.  2 InsO analog: BFH NJW 2004, 3510 zu §  7 Abs.  2 AnfG a. F. 453   Guski, WM 2009, 1071 (1072) spricht von einem elementaren Zweckunterschied. 454   Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  2. 455   BT-Drucks. 12/2443, S.  160; Erster Bericht der Insolvenzrechtskommission, 1985, S.  417 f. 456   Der Schuldner muss „seine“ Gläubiger benachteiligen. Unpräzise ist es, wenn von „anderen“ Gläubigern die Rede ist, wie z. B. bei BGHZ 162, 143 (150) = NJW 2005, 1121 (1123). 457   BGHZ 162, 143 (150) = NJW 2005, 1121 (1122 f.); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  133 Rdnr.  12 („Schwerpunkt für die Prüfung des §  133“); Uhlenbruck/Hirte, §  133 Rdnr.  12. 458   Jacoby, KTS 2009, 3 (14).

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grunde, der allerdings bereits aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt wurde.459 Ein roter Faden der Arbeit war bisher das doppelfunktionale Handeln der Bank als Intermediärin und Kreditgeberin.460 Auch bei der Reichweite des §  133 Abs.  1 InsO ist ein derartiger funktionaler Ansatz zielführend. Die Bank agiert im bargeldlosen Zahlungsverkehr grundsätzlich neutral, d. h. sie verfolgt in der Regel keine eigenen Zwecke und schöpft keine Sondervorteile aus den vom Kunden getätigten Transaktionen. In solchen Fällen sollte sie m. E. als Anfechtungsschuldner nicht in Betracht kommen. Die Begrenzungsversuche des §  133 Abs.  1 InsO sind vielfältig. Gegen ein allgemeines objektives Korrektiv, wie z. B. eine Sittenwidrigkeit, eine Sozialadäquanz oder eine Unterlauterkeit, spricht, dass das Gesetz in Abweichung zu anderen zivilrechtlichen Normen einen derartigen unbestimmten Rechtsbegriff – verbunden mit dem legislativen Aufruf zur Fallgruppenbildung – gerade nicht enthält. Ein Umkehrschluss (argumentum e contrario) ist daher nahe liegender. Dafür spricht auch, dass sich für kongruente Deckungen eine Änderung des §  133 Abs.  1 S.  2 InsO nicht durchsetzen ließ; das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung ist in diesem Teil nicht in Kraft getreten.461 Diese gesetzgeberische Entscheidung darf meo voto durch eine gesetzeskorrigierende Rechtsfortbildung nicht ausgehöhlt werden. Der gescheiterte Gesetzesentwurf ist im Rahmen der Auslegung des §  133 Abs.  1 InsO zu berücksichtigen; es ist ein Umkehrschluss zur geltenden Fassung zu ziehen, wo eine solche Unlauterkeitsregelung für kongruente Deckungen gerade nicht gilt. Erst recht darf kein allgemeines Kriterium der Unlauterkeit als begrenzendes Element der Vorsatzanfechtung in Ansatz gebracht werden. Die im Schrifttum vorgetragenen Korrekturkriterien sind daher als überlegenswerte Ansätze de lege ferenda zu verstehen, nicht aber als eine Konzeption, die sich de lege lata durchsetzen sollte. Das heißt freilich nicht, dass die Kongruenz einer Deckung bei der freien Beweiswürdigung nach §  286 ZPO nicht einzubeziehen wäre; sie ist ein Indiz, das gegen einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz streitet. In casu geht es um die Bestimmung des richtigen Anfechtungsschuldners im Mehrpersonenverhältnis. Das Gesetz enthält hierfür kein ausreichendes Kriterium. Nach §  133 Abs.  1 InsO muss der „andere Teil“ Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners haben. Das genügt freilich alleine nicht. Ansonsten wäre jeder Dritte, den man über den Schuldnervorsatz informieren würde, ein tauglicher Anfechtungsschuldner. Für eine Haftung ist erforderlich, dass der Anfechtungsschuldner entweder der Empfänger der Leistung oder

  §  4 II.2.a)bb)(1).   §  4 II.1.c)bb)(3)(c). 461   Dazu auch Koza, DZWIR 2009, 404 (405). 459

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doch wesentlich am Vorgang beteiligt ist und462 einen eigenen Vorteil erlangt.463 Neutrale Verhaltensweisen des Anfechtungsschuldners sind aus der Vorsatzanfechtung auszugrenzen.464 Davon ist dann nicht mehr auszugehen, wenn die Bank ihre Funktion als Zahlstelle aufgibt465 und aus eigenem Interesse auf das Verhalten des Schuldners Einfluss nimmt. §  133 Abs.  1 InsO ist insoweit im Blick auf den richtigen Anfechtungsschuldner teleologisch zu reduzieren. ee)  Bargeschäft Ob die Voraussetzungen eines Bargeschäfts im Verhältnis Bank und Schuldner vorliegen, ist umstritten. Nach Obermüller erlangt das Kreditinstitut Zug um Zug für die Ausführung des Zahlungsausgangs einen Aufwendungsersatzanspruch; ein Bargeschäft sei anzunehmen.466 Dagegen wird ausgeführt, dass es nicht um in engem Zusammenhang stehende Ein- und Auszahlungen gehe, sondern um eine einseitige Kontokorrentbelastung durch die Ausführung der Überweisung.467 Auch hier sind die normativen Kategorien der Doppelfunktionalität und der Bargeldanalogie fruchtbar zu machen. Der Fall ist bargeldanalog zu lösen und ebenso zu behandeln, als ob die Bank zuerst die Mittel an den Kunden ausgereicht hätte und es dann zu einer Barzahlung gekommen wäre. Zudem wirkt sich der Streit nach der hier vertretenen Auffassung nicht aus. Als Anfechtungstatbestand kommt nur die Vorsatzanfechtung in Frage. Wie sich aus §  142 InsO a. E. ergibt, ist die Bargeschäftsausnahme bei §  133 Abs.  1 InsO468 ohnehin nicht anwendbar.   Eine Solidarisierung und Förderung alleine reicht m. E. nicht aus.   So etwa bei Direktzahlungen im Bauvertragsrecht. Dazu Huber, NZBau 2008, 737 (738 ff.); ders., in: FS G. Fischer, S.  255 (262) m.w.Nachw.: Bei einer Direktzahlung an den Nachunternehmer kann sich der Bauherr nicht nur in entsprechender Höhe von seiner Verbindlichkeit aus Abschlags- oder Vorauszahlungsrechnungen gegenüber dem Generalunternehmer (Insolvenzschuldner) befreien. Wegen der Fortführung der Arbeiten an seinem Bauwerk erlangt er darüber hinaus einen weiteren Vorteil durch den Nachunternehmer. Für eine Begrenzung des §  133 Abs.  1 InsO bei Direktzahlungen in der bauvertraglichen Leistungskette: Jacoby, KTS 2009, 3 (23 f.) mit Rekurs auf §  2 BauFordSiG. 464   Ähnliche Begrenzungsprobleme stellen sich im Strafrecht, wenn es um die Strafbarkeit von Alltagshandlungen im Rahmen der Beihilfe (§  27 StGB) geht. Beispiel: Jemand verkauft Brötchen wohlwissend, dass der Käufer diese vergiften und sodann an einen Gast servieren wird; es kommt eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Totschlag in Betracht (Problem der neutralen Beihilfe, des „berufstypischen“ Verhaltens). Dazu BGH NStZ 2000, 34. Im theorienreichen strafrechtlichen Schrifttum, das sich teilweise nur in Nuancen unterscheidet, wird bei der Restriktion der weiten Förderungsformel mitunter auf Termini wie Üblichkeit und Sozialadäquanz abgestellt. Ähnliche Begrenzungen werden mutatis mutandis auch im insolvenzrechtlichen Schrifttum für §  133 Abs.  1 InsO vorgeschlagen: Jacoby, KTS 2009, 3 (14 ff.). 465   Jacoby, KTS 2009, 3 (23). 466   Obermüller, ZInsO 1999, 690 (693). 467   Kirstein/Sietz, ZInsO 2008, 761 (767); kritisch auch Peschke, S.  261. 468   Bei §  133 Abs.  2 InsO kommt ein Bargeschäft ohnehin nicht in Betracht, weil dieser 462

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c)  Insolvenzanfechtungsrecht im Mehrpersonenverhältnis: eine Zusammenschau Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis. Ob neben dem Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Zahlungsempfänger auch ein solcher gegenüber der Bank in Frage kommt, ist umstritten. Anhand des Grundfalls der Anweisungskonstellation konnten die verschiedenen Argumentationslinien systematisiert und voneinander getrennt werden: Die Parallele zum Bereicherungsrecht, eine rechtsfolgenorientierte Lösung, die mit dem Schlagwort des Zuflussprinzips umschrieben wurde, und die tatbestandsimmanente Lösung. Während die ersten beiden Argumentationsstränge ein Aliud-Verhältnis der Anfechtungsgegner postulieren, erkennt letztere Position eine mögliche gesamtschuldnerische Haftung an (echte Anspruchskonkurrenz) und votiert für einen Ausschluss eines Anfechtungsgegners nur dann, wenn dies auf eine fehlende Tatbestandsvoraussetzung der §§  129 ff. InsO zurückzuführen ist. Der BGH vermischt die einzelnen Linien, die kumulativ nicht angesetzt werden können. Überzeugend ist die tatbestandsimmanente Lösung. Eine gesamtschuldnerische Haftung (etwa beim Anfechtungstatbestand des §  133 InsO) ist möglich. §  133 Abs.  1 InsO ist jedoch teleologisch zu reduzieren. Für eine Haftung ist erforderlich, dass der Anfechtungsschuldner entweder der Empfänger der Leistung oder doch wesentlich am Vorgang beteiligt ist und einen eigenen Vorteil erlangt. Neutrale Verhaltensweisen eines potentiellen Anfechtungsschuldners sind aus der Vorsatzanfechtung auszugrenzen. Davon ist auszugehen, solange die Bank als reine Zahlstelle fungiert.

3.  Zusammenfassung Bei Zahlungsausgängen aus einem debitorischen Konto ist nach einer Auffassung danach zu unterscheiden, ob die Zahlung von einem ausgereichten Dispositionskredit gedeckt ist oder ob der Geldfluss aus einem Überziehungskredit im engeren Sinne stammt, der sog. „geduldeten Überziehung“. Nur den ersteren Fall behandelt diese Ansicht ebenso wie eine Zahlung aus einem kreditorischen Konto und bejaht eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO, so dass eine Insolvenzanfechtung möglich wäre. Diese „gespaltene Lösung“ verdient keine Zustimmung. Der BGH richtete seine Argumentationslinie ursprünglich „einzelzwangsvollstreckungsakzessorisch“ aus und fragte danach, ob der Anspruch des Gläubigers pfändbar ist. Bei der sog. geduldeten Überziehung bestehe kein Anspruch auf Kredit. Nach der hier vorgetragenen Analyse liegt dieser Ansicht eine verfehlte Sichtweise zuAnfechtungstatbestand eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraussetzt. MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  133 Rdnr.  41; §  142 Rdnr.  22.

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grunde, die in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre wurzelt und sich in der irreführenden Bezeichnung der „geduldeten Überziehung“ widerspiegelt. Vorzugswürdig scheint der Terminus des Überziehungskredits im engeren Sinne (siehe §  505 BGB); nur so wird deutlich, dass sehr wohl ein Darlehensvertrag zustande kommt, der einen Anspruch auf Darlehensauszahlung mit sich bringt. Die Besonderheit dieser Konstellation besteht allerdings darin, dass dieser Anspruch mit der Auszahlung zeitgleich mit dem Entstehen erlöschen kann. Dieser künftige Anspruch ist aber genauso pfändbar wie der Auszahlungsanspruch, der dem Kunden aufgrund eines Dispositionskredits zusteht. Anhand der dargestellten Fallgruppen wurden zwei Neuansätze zur Dogmatik des §  129 InsO entwickelt. Es geht zum einen um eine teleologische Reduktion des §  129 InsO im Blick auf die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung für die Anfechtungstatbestände der Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) und zum anderen um einen normativen Gläubigerbenachteiligungsbegriff, der insbesondere bei Befriedigungen aus einem debitorischen Konto zum Tragen kommt. Die Argumentation, dass bei einer Zahlung mit Fremdmitteln (im Rahmen eines Dispositionskredits oder einer geduldeten Überziehung) ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch vorliegt, der eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO entfallen lässt, ist auf dem Boden der h. M. richtig. Danach kommt §  129 InsO eine reine Masseschutzfunktion zu. Dies verkennt, wer einer rein „einzelzwangsvollstreckungsakzessorischen“ Sicht folgt. Auch wenn keine Masseminderung eintritt, aber ein einzelner Insolvenzgläubiger eine Befriedigung erhält, muss eine Anfechtung nach §§  130 f. InsO möglich sein. Dies gebietet die praktische Wirksamkeit der Gläubigergleichbehandlung, die in der wirtschaftlichen Krise eine Vorwirkung erfährt. Eine Befriedigung aus Fremdmitteln anders zu behandeln als eine Zahlung aus eigenen Mitteln, ist mit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar. Die Argumentation eines wirtschaftlich neutralen Gläubigertausches ist formal zwar richtig, geht aber in teleologischer Hinsicht fehl. §  129 InsO ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Dies führt zu einer gespaltenen Lösung: Für die Tatbestände der §§  130 f. InsO hat die Grundnorm des §  129 InsO nicht nur eine Masseschutzfunktion. Es muss zudem die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung hinreichende Beachtung finden. Unabhängig von dieser teleologischen Reduktion des §  129 InsO im Blick auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz, wurde anhand der Zahlungen aus einem debitorischen Konto ein normativer Begriff der Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO herausgearbeitet. Ebenso wie im Schadensersatzrecht bei §  249 BGB ist bei der Ermittlung der Gläubigerbenachteiligung nicht nur eine Differenzhypothese, sondern in einem zweiten Schritt auch eine normative Korrektur anzusetzen.

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Die „Schlagader“ des Problems ist das doppelfunktionale Handeln der Bank – einerseits als Kreditgeberin und andererseits als Zahlungsmittlerin im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Mit der Auszahlung des Kredits an den Dritten erfüllt die Bank einen Kreditvertrag (§  488 BGB) und eine Weisung aus dem Girovertrag. Es kann von einer Doppelfunktionalität gesprochen werden. Aus dem Umstand, dass die Bank beide Funktionen in einer Einheit ausübt, kann sich keine andere Lösung ergeben als wenn die Bank in einem ersten Schritt ihrem Kunden die Mittel zur Verfügung stellen und dann in einem zweiten Schritt als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr agieren würde. Diese normative Korrektur muss dogmatisch bei §  129 InsO möglich sein – ein normativer Terminus ist der richtige Ansatz. Somit konnte für alle untersuchten Fälle, die unter den Oberbegriff „Zahlungen mit Darlehensmitteln“ fallen und systematisch geordnet wurden, ein einheitliches Ergebnis konstatiert werden. Der hier vertretene Ansatz lässt sich als „Einheitslösung“ umschreiben. So schwierig die einzelnen dogmatischen Fragestellungen sind, so einfach ist das Ergebnis nach der hier vertretenen Auffassung: Die Fälle der Befriedigung mit Eigenmitteln sind im Rahmen des §  129 InsO nicht anders als diejenigen der Fremdmittelzahlung zu behandeln. Ob eine Zahlung aus einem Dispositionskredit oder aus einer geduldeten Überziehung erfolgt, ist unerheblich. Daraus ergibt sich, dass Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen beide Kreditformen – es wurde von einem „Qualitätssprung“ gesprochen – ebenso wie die Folgeprobleme der Beweislastverteilung nicht auftreten. Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis. Es ist umstritten, ob neben einem Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Zahlungsempfänger auch ein Anspruch gegenüber der Bank in Betracht kommt. Die These, dass die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend gelten, ist abzulehnen. Überzeugend ist die tatbestandsimmanente Lösung. Danach besteht kein generelles Ausschlussverhältnis möglicher Anfechtungsschuldner. Mehrere Anfechtungsschuldner haften gesamtschuldnerisch. §  133 Abs.  1 InsO ist jedoch teleologisch zu reduzieren. Für eine Haftung ist erforderlich, dass der Anfechtungsschuldner entweder der Empfänger der Leistung oder doch wesentlich am Vorgang beteiligt ist und einen eigenen Vorteil erlangt. Neutrale Verhaltensweisen des Anfechtungsschuldners sind aus der Vorsatzanfechtung auszugrenzen. Davon ist auszugehen, solange die Bank als reine Zahlstelle fungiert.

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III.  Zahlungseingänge Auch bei den Zahlungseingängen liegt ein Potential für eine Massegenerierung.469 Dabei geht es im Kern um Fälle, bei denen in der Krise der ausgereichte Kontokorrentkredit zurückgeführt wird470 , also die Summe der Zahlungseingänge höher ist als die Summe der Zahlungsausgänge. Für den Insolvenzverwalter gehört es zu den „Standardmaßnahmen der ersten Stunde“, Insolvenzanfechtungsansprüche bei Kontokorrentverrechnungen geltend zu machen, um sich so eine erste Liquidität zu verschaffen.471 Dieser Themenkreis steht nicht unverbunden neben den gerade erörterten Problemstellungen bei den Zahlungsausgängen. Eine Verdoppelung des Anfechtungsvolumens erscheint prima facie möglich: Zum einen kommen Insolvenzanfechtungsansprüche gegenüber dem Zahlungsempfänger und – in seltenen Fällen – auch gegenüber der Bank des Schuldners in Betracht.472 Zum anderen ist es denkbar, dass diese Zahlungsausgänge bei der Frage der Unwirksamkeit der Kontokorrentverrechnung nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO unberücksichtigt bleiben. Nach Windel müsse der Gefahr einer „sachwidrigen Verdoppelung des Anfechtungsvolumens“ durch eine präzise Bestimmung der Anfechtungsvoraussetzungen und -folgen im jeweiligen Verhältnis begegnet werden.473 In der Tat muss sich der zu entwickelnde Lösungsansatz durch eine Stimmigkeit auszeichnen, die die Gesamtthematik im Auge hat und nicht nur isoliert betrachtet überzeugt. Kontokorrentverrechnungen bergen eine Fülle von dogmatischen Problemen in sich, wenn die Verrechnung zu einer Reduzierung des Debetsaldos in der Zeit der Krise führt, die Bank also den ausgereichten Kontokorrentkredit zurückführt. Das deutsche Insolvenzanfechtungsrecht hält für diese in praxi wichtige Konstellation keine Spezialvorschrift bereit. Anders ist dies mittlerweile im neuen italienischen Insolvenzrecht.474 Der Gesetzgeber hat dort einen normativen Schlussstrich unter eine über dreißigjährige Debatte gesetzt, die   Zur alten Rechtslage vor der Insolvenzrechtsreform: Gerhardt, in: FS Zeuner, S.  353 ff.   Zum üblichen Terminus der Rückführung: Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  79 m.w.Nachw. 471   Bork, in: FS G. Fischer, S.  37. 472   Siehe II. Anders ist es freilich, wenn man mangels Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich eine Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem Zahlungsempfänger ablehnt. So etwa Wischemeyer, S.  78 f. 473   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  100, der allerdings mit seiner Konzeption die Gefahr keineswegs bannt, da er für eine restriktive Auslegung des §  142 InsO votiert und daher Zahlungsausgänge für die Insolvenzmasse doppelt günstig zu Buche schlagen können. Einerseits kommt ein Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Zahlungsempfänger in Betracht; zum anderen begrenzen die Zahlungsausgänge nach Windel grundsätzlich nicht das Anfechtungsvolumen bei der Frage der Unwirksamkeit von Kontokorrentverrechnungen nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. 474   Im Einzelnen Costa, ZInsO 2006, 1071 (1076). 469 470

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sich um die Frage drehte, ob nicht jede einzelne Rückführung des debitorischen Saldos der Anfechtung unterliegen müsse.475 De lege ferenda sollte auch im deutschen Recht die Reichweite der Bargeschäftsausnahme bei Kontokorrentverrechnungen kodifiziert werden. Um die Komplexität der Fragestellungen zu verdeutlichen und eine Übersicht über die dogmatischen Fragestellungen erarbeiten zu können, sei folgender Beispielsfall476 vor die Klammer gestellt: Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Februar 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Die Schuldnerin unterhielt bei der beklagten Bank ein Geschäftskonto, das debitorisch geführt wurde. Durch Vertrag vom 30. Juni 2004 wurde der Schuldnerin eine Kreditlinie von 2,5 Mio. A eingeräumt. Bereits mit einem im Jahre 2001 geschlossenen Vertrag hatte die Schuldnerin der Beklagten zur Sicherung aller Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte sicherungshalber abgetreten. Im Herbst 2004 verhandelte die Schuldnerin mit der Beklagten über eine Erweiterung der Kreditlinie. Nachdem die Beklagte um weitere Information gebeten hatte, erhielt sie am 12. November ein Gutachten, das zu dem Ergebnis kam, die Schuldnerin sei zum 31. Oktober 2004 nach Buchwerten in Höhe von 1.394.200 A überschuldet und werde in Kürze zahlungsunfähig. Die Beklagte kündigte daraufhin noch am selben Tag den Kredit fristlos und stellte ihn zur sofortigen Rückzahlung fällig. Zu diesem Zeitpunkt wies das Konto der Schuldnerin einen Sollstand von 2.562.500,61 A aus. Die Beklagte beantragte am 15. Dezember 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen. In der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 7. Januar 2005 sind auf Forderungen der Schuldnerin, die zwischen dem 15. September und dem 12. November 2004 begründet oder werthaltig wurden, Zahlungen von insgesamt 951.732,98 A auf dem Konto eingegangen. Die Beklagte hat noch Verfügungen der Schuldnerin in Höhe von 19.010,52 A zugelassen. Der Kläger verlangt Auszahlung des Differenzbetrages von 932.722,46 A.

Zahlungseingänge werden in den Kontokorrentverbund aufgenommen und bei der nächstfolgenden periodischen Saldierung automatisch verrechnet. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt es zum vorzeitigen Ende der Rechnungsperiode (außerordentlicher Rechnungsabschluss bei Verfahrenseröffnung, §  355 Abs.  3 HGB analog).477 Folgendes Untersuchungsprogramm soll die Orientierung für die kommende Wegstrecke vorgeben: –  Umstritten ist bereits, ob §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO trotz des Wortlauts „Aufrechnung“ zur Anwendung kommt und damit die Verrechnung automatisch unwirksam ist, soweit eine Anfechtbarkeit besteht. –  Nicht einheitlich wird die Frage beantwortet, welche Rechtshandlung in concreto den Anfechtungsgegenstand bildet und ob §  143 Abs.  1 InsO neben §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zum Zuge kommen kann.   Piekenbrock, ZZPInt 11 (2006), 3 (21) m.w.Nachw.   BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89. 477   Ausführlich Peschke, S.  24 ff. m.w.Nachw. 475 476

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–  Die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO wirft besondere Probleme auf, wenn die Bank gesichert ist, z. B. durch eine Vorausabtretung (vor allem durch eine Globalzession) oder durch das Pfandrecht nach Nr.  14 AGBBanken (sog. AGB-Pfandrecht) und ihr somit ohne eine Verrechnung ein Absonderungsrecht nach §§  50 f. InsO zugestanden hätte. Es ist zu klären, wann Kreditsicherheiten insolvenzbeständig sind. Dabei müssen auch die Fallgruppen des Sicherheitentauschs systematisch geordnet und allgemeine Kriterien erarbeitet werden. –  Umstritten ist weiterhin, ob von einer kongruenten oder inkongruenten Deckung auszugehen ist, wenn Zahlungseingänge den Kontokorrentkredit in der wirtschaftlichen Krise abbauen. –  Zudem darf nicht isolativ auf einen einzelnen Zahlungseingang abgestellt werden, wenn der Anfechtungsschuldner erfolgreich auf die Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO in direkter oder analoger Anwendung rekurrieren kann. Insbesondere ist das Anfechtungsvolumen problematisch, wenn der Insolvenzschuldner die Kreditlinie zu Beginn des maßgebenden Zeitraums noch nicht völlig ausgeschöpft hat. –  Nicht einheitlich werden die verjährungsrechtlichen Folgen des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO gesehen; insbesondere geht es um die Frage, ob und inwieweit §  146 InsO analog zur Anwendung kommt. Dieses bunte Spektrum an dogmatischen Fragestellungen bei Kontokorrentverrechnungen ist im Folgenden zu behandeln.478 Dabei sollen wiederum nach der induktiven Methode allgemeine dogmatische Erkenntnisse zum Insolvenzanfechtungsrecht, insbesondere zur Kausalität im Rahmen des §  129 InsO, zur Abgrenzung von kongruenten und inkongruenten Deckungen (§§  130, 131 InsO) und zur Bargeschäftsausnahme (§  142 InsO) gewonnen werden. Die Linie, dass die Bank doppelfunktional tätig ist – als Kreditgeberin einerseits und als Zahlungsmittlerin anderseits – ist weiter zu verfolgen.479 Betrachtet werden zunächst Zahlungseingänge vor Verfahrenseröffnung480 bei debitorischer Kontoführung.

1.  Die Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Kontokorrentverrechnungen Ob §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Kontokorrentverrechnungen Anwendung findet, ist umstritten. In der Vergangenheit wurde die Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1   Windel spricht von einem „Spezialschrifttum“. Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  72.   C.Becker führt aus, dass es sich um „eine nur schwer zu entwirrende Problematik aus dem Zusammenspiel von Kredit und Rechungsführung“ handelt: C.Becker, Insolvenzrecht, Rdnr.  600. 480   Zu den Zahlungseingängen nach Verfahrenseröffnung siehe unter 11. 478

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

Nr.  3 InsO schlicht bejaht, ohne dies als problematisch anzusehen.481 Auch der BGH hat in vielen Judikaten rätselhaft um dieses Problem herum geschrieben und die Frage lange Zeit offen gelassen.482 Dies verwundert umso mehr, da dieser Meinungsstreit über die richtige Anspruchsgrundlage und über den Rechtsweg entscheidet und damit kein dogmatisches Glasperlenspiel ist.483 Verfehlt ist die Ansicht, wonach §  96 Abs.  2 InsO zu einem generellen Ausschluss des §  96 Abs.  1 InsO bei Kontokorrentverrechnungen führen soll.484 §  96 Abs.  2 InsO wurde durch Art.  1 Nr.  1 b) des Gesetzes zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften vom 7.  9. 1999485 eingefügt und war Teil der Umsetzung der sog. Finalitätsrichtlinie.486 Nach dem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Norm nur auf Zahlungsverkehrssysteme, die in §  1 Abs.  16 KWG 487 umschrieben sind. Es handelt sich um eine Privilegierung im Interbankenverkehr, die die Beziehungen zwischen Bank und Kunden unberührt lässt.488 In dogmatischer Hinsicht interessant ist aber, ob aus §  96 Abs.  2 InsO ein Umkehrschluss gezogen werden kann, der sich für die Frage der Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Kontokorrentverrechnungen fruchtbar machen lässt. Bevor diese Problematik durchdacht wird, ist das dogmatische Profil des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zu überblicken. a)  Dogmatisches Profil des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO §§  94 ff. InsO regeln, unter welchen Voraussetzungen eine nach den §§  387 ff. BGB bestehende Aufrechnungslage insolvenzfest ist. Nach dem Grundsatz des §  94 InsO ist die Aufrechnung zulässig, wenn die Aufrechnungslage bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand. Die Aufrechnung, die gemeinhin 481   Apodiktisch bejahend etwa Canaris, Handelsrecht, §  25 VI 2 a) Rdnr.  51; Obermüller, ZIP 2003, 2336 (2339); Göb, S.  72; Leithaus, NZI 2005, 592. 482   Im grundlegenden Urteil aus dem Jahr 2002, erwähnt der IX. Zivilsenat §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO nicht und subsumiert auch nicht unter dessen Voraussetzungen: BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722. So folgerte etwa Göb, dass der BGH unausgesprochen gegen eine Anwendung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO votierte: Göb, S.  81 ff. Stapper/Jacobi, BB 2007, 2017 (2018) gehen mit Rekurs auf BGH ZIP 2005, 1651 davon aus, dass der BGH §  143 InsO anwendet und §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO für ausgeschlossen hält. 483   Dies verkennen etwa Stapp/Jacobi, BB 2007, 2017 (2018 f.). 484   Anders aber und unzutreffend Hölzle, ZIP 2003, 2144 (2146). 485   BGBl.  I 1999, S.  2384. 486   Gemeint ist die Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.  5. 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierlieferund -abrechnungssystemen, ABl.  EG Nr. L 166/45 vom 11.  6 . 1998. Dazu Obermüller, in: FS Uhlenbruck, S.  365 ff.; Hasselbach, ZIP 1997, 1491; Keller, WM 2000, 1269. 487   Die in §  96 Abs.  2 S.  2 InsO a. F. enthaltene Legaldefinition eines Systems im Sinne der Finalitätsrichtlinie ist seit dem Gesetz zur Umsetzung der Finanzsicherheiten-Richtlinie in §  1 Abs.  16 des Kreditwesengesetzes geregelt. Zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 6.  6 . 2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze: Kollmann, WM 2004, 1012; Wimmer, ZIP 2003, 1563. 488   Obermüller, ZIP 2003, 2336 (2339).

§ 4.  Die Überweisung

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als „Selbstexekution“489 und damit als ausnahmsweise gestattete Selbsthilfe490 gilt, wird wirtschaftlich gesehen einem Absonderungsrecht gleichgestellt.491 Teilweise wird daher die Aufrechnungsbefugnis mit einem „Pfandrecht an der eigenen Schuld“ verglichen.492 §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist als Gegenrecht zum Aufrechnungseinwand493 konzipiert und statuiert eine Ausnahme vom Grundsatz der Insolvenzbeständigkeit der vor Verfahrenseröffnung begründeten Aufrechnungslage für den Fall, dass die Aufrechnungslage in anfechtbarer Weise herbeigeführt wurde. Damit wird das Anfechtungsrecht, das inzident zu prüfen ist494 , in das Anfechtungsrecht inkorporiert.495 Im Interesse der Gläubigergleichbehandlung werden die Wirkungen des §  389 BGB ausgeschaltet und die Beteiligten zur wechselseitigen Abwicklung der Leistungsverhältnisse gezwungen. Der Insolvenzgläubiger muss seine Leistung zur Insolvenzmasse erbringen. Er kann seine Forderung nur zur Tabelle anmelden. Diese lebt grundsätzlich496 in ihrem ursprünglichen Bestand wieder auf.497 Ähnlich wie etwa bei §  393 BGB formuliert §  96 Abs.  1 InsO unscharf, dass die Aufrechnung unzulässig ist. Dies bedarf einer Präzisierung: Die Aufrechnungserklärung ist ipso iure (insolvenzrechtlich) unwirksam.498 Dies lässt sich im Wege der Auslegung aus der Norm selbst schließen, ohne dass auf §  134 BGB abzustellen ist.499 Der ansonsten einschlägige §  143 InsO schreibt im Unterschied zu §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr fest.500 Unwirksam ist die Aufrechnungserklärung, nicht aber die Aufrechnungslage. In §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO heißt es nämlich, dass die Möglichkeit   So bereits in den Motiven zum BGB: Mot. II, S.  113 = Mugdan, Bd.  II, S.  62.   C.Becker, Insolvenzrecht, Rdnr.  1168. 491   BGH NJW 1994, 1659 (1660); BGHZ 129, 336 = NJW 1995, 1966 (1967). M. E. sollte von einer absonderungsähnlichen Befriedigungsmöglichkeit gesprochen werden. Als Unterschied ist zu vermerken, dass die Forderungen aufrechnungsbefugter Gläubiger grundsätzlich nicht um Kostenbeiträge gekürzt werden. Dazu Gottwald/Adolphsen, InsolvenzrechtsHdb., §  45 Rdnr.  1 m.w.Nachw. 492   Dazu bereits Weigelin, S.  39; BGH NJW 1994, 1659 (1660); BGHZ 129, 336 = NJW 1995, 1966 (1967). 493   BGHZ 169, 158 = NJW 2007, 78 (80). 494   G. Fischer, ZIP 2004, 1679 (1682). 495   Paulus, ZIP 1997, 569 (576). 496   Eine Ausnahme macht der BGH hinsichtlich der Verjährung der Hauptforderung, gegen die nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO insolvenzrechtlich unwirksam aufgerechnet wurde. Dort rekurriert der IX. Zivilsenat auf eine analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO: BGHZ 169, 158 = NJW 2007, 78. Ausführlich zu dieser Problematik unter 9. 497   Ebenso verhält es sich mit dem „Wiederaufleben“ der Forderung des Anfechtungsgegners, wenn er das auf die Forderung Geleistete aufgrund der Insolvenzanfechtung zurückgewährt hat (§  144 Abs.  1 InsO). 498   Die Aufrechnungserklärung ist aber nicht nichtig. Kayser, WM 2008, 1525 (1531). 499   Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (33). 500   M. E. kann dies unabhängig von der Frage, ob damit eine haftungsrechtliche Dimension verbunden ist, festgestellt werden. 489

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt sein muss. Das Gesetz missbilligt somit nicht die Begründung der Haupt- oder Gegenforderung als solche, sondern nur die Befriedigung durch die Aufrechnung.501 §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO wird im Schrifttum teilweise als ausdrückliche gesetzliche Regelung der Möglichkeit angesehen, dass die Insolvenzanfechtung als Gegeneinrede der Anfechtbarkeit wirkt.502 Diese Formulierung ist jedoch unpräzise. Der Terminus der Einrede passt nicht, weil das Proprium einer Einrede gerade darin besteht, dass diese geltend gemacht werden muss. §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO bewirkt aber, dass der Insolvenzverwalter sich auf die Anfechtbarkeit gerade nicht berufen muss.503 Vorzugswürdig ist daher die widerspruchsfreie und zutreffende Umschreibung als Gegenrecht zum Aufrechnungseinwand.504 Nach Jacoby hat §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO eine nur klarstellende Wirkung. Die dort angeordnete Rechtsfolge der Insolvenzanfechtung sei nicht auf den unmittelbar geregelten Fall der Aufrechnung beschränkt.505 Diese Rechtsfolge sei immer dann angemessen und einschlägig, wenn der Anfechtungsgegner in anfechtbarer Weise eine Einwendung gegen die gegen ihn gerichtete Forderung des Insolvenzschuldners erlangt hat. Als Beispiele nennt Jacoby den anfechtbaren Erlass (etwa im Wege eines Vergleichs) oder den anfechtbaren Eintritt der Verjährung. In all diesen Fällen wäre es eine unnötige Förmelei, verlangte man vom Insolvenzverwalter, dass er in einem ersten Schritt aus §  143 Abs.  1 InsO auf die Wiedereinräumung der einredefreien Forderung klagte, um dann in einem zweiten Schritt diese Forderung gegebenenfalls erneut klageweise geltend machen zu können. Diese Sichtweise ist de lege ferenda begrüßenswert. Indes ist ihr de lege lata nicht zu folgen. Zunächst müsste – methodologisch korrekt – auf eine analoge Anwendung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO abgestellt werden. Enthielte §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO einen allgemeinen Rechtsgedanken, der über den Aufrechnungsfall hinausreichen soll, so hätte der Gesetzgeber dies in den §§  143 ff. InsO normieren müssen. §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist eine Ausnahmevorschrift zu §  143 InsO. Diese Einordnung lässt zwar nicht den Schluss zu, dass diese Norm nicht analogiefähig sei.506 Jedoch besteht bei Ausnahmevorschriften eine schmale Analogiebasis. De facto wird in den mit §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO vergleichbaren Fällen über §  143 InsO ein nahezu deckungsgleiches Ergebnis erzielt. Ebenso wie bei der Wandelung im alten kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht (§  465 BGB a. F.) muss der Insolvenzverwalter nicht auf Herbeiführung des Zustandes klagen.   Vgl. Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (33).   Gerhardt, KTS 2004, 195 (202); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  146 Rdnr.  56; Jacoby, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  3. 503   So zu Recht Jacoby, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  3 ohne sich allerdings an der Unschärfe der Terminologie zu stören. 504   So z. B. BGHZ 169, 158 = NZI 2007, 31. 505   Jacoby, KTS 2007, 225 (231). 506   Ausführlich Würdinger, AcP 206 (2006), 946 (956 ff.). 501

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Letztlich geht es um die „methodologische Gretchenfrage „Analogie oder Umkehrschluss“507, genauer gesagt darum, ob §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO analog anzusetzen ist oder ob es nicht in anderen Fällen von Einwendungen, die in anfechtbarer Weise bestehen, bei §  143 InsO verbleibt. Der Streit ist im letzteren Sinne zu beantworten. Ferner verdient auch die Einordnung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO als deklaratorische Vorschrift 508 keine Zustimmung. Anknüpfungspunkt für einen denkbaren allgemeinen Rechtsgedanken ist gerade §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. Einer punktuellen Regelung soll generelle Bedeutung zukommen. Ohne die gesetzliche Regelung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO gäbe es allerdings überhaupt keinen gesetzlichen Anknüpfungspunkt für eine Unwirksamkeitsfolge. b)  Ein Zwischenschritt: Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Aufrechnungen vor Insolvenzeröffnung Die Problematik ist in zwei Schritten zu lösen: Zum einen ist zu untersuchen, ob §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf erklärte bzw. vereinbarte Aufrechnungen vor Eröffnung des Verfahrens einschlägig ist. Zum anderen ist zu eruieren, ob auch Verrechnungen unter §§  94 ff. InsO fallen. Letzteres könnte dahinstehen, wenn bereits die Antizipation der Vereinbarung gegen eine Anwendung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO streitet, so dass diese Thematik in einem notwendigen Zwischenschritt vorab zu klären ist. Nach einer Auffassung im Schrifttum ist §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Aufrechnungen im Verfahren zu beschränken.509 Im Folgenden ist in einer „methodologischen Ordnung“ auf eine grammatische, historische, systematische und teleologische Auslegung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO abzuheben. aa)  Grammatische Auslegung Aus der Formulierung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO „Die Aufrechnung ist unzulässig“ ergibt sich keine zeitliche Beschränkung dahingehend, dass die Aufrechnung nach Verfahrenseröffnung erklärt oder vereinbart werden müsste. Andererseits findet aber auch eine Rückwirkung keine ausdrückliche Stütze im Gesetz. Der Wortlaut ist offen. Der Gesetzgeber hat aber in bewusster Abkehr zu §  55 KO nicht formuliert: „Eine Aufrechnung im Konkursverfahren ist unzulässig.“ Der Passus „im Konkursverfahren“ wurde gestrichen. Daraus lässt sich schließen, dass die Vorschrift nicht auf nach Verfahrenseröffnung erklärte Aufrechnungen beschränkt sein soll.510 Diese grammatische Auslegung, die einen Vergleich mit der Vorgängerregelung mit einbezieht, schlägt bereits die Brücke

  Dazu Engisch, S.  251; Würdinger/Bergmeister, JURA 2007, 15.   Solche sind gerade nicht analogiefähig: Würdinger, AcP 206 (2006), 946 (968 ff.). 509   Zenker, NZI 2006, 16; Ries, ZInsO 2005, 848 (849). 510   Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (37); v.Olshausen, ZIP 2003, 893. 507

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

zur historischen Auslegung, die für einen weiten Anwendungsbereich des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO spricht. bb)  Historische Auslegung Die Insolvenzrechtskommission unterbreitete den Vorschlag, dass eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebene Aufrechnungserklärung nicht kraft Gesetzes unwirksam sein, sondern gegebenenfalls unter das allgemeine Regime der Insolvenzanfechtung fallen sollte.511 Dem ist der Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt. In der Begründung zum jetzigen §  96 Abs.  1 InsO heißt es vielmehr: „Ist die Aufrechnung schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärt worden, so wird die Erklärung mit der Eröffnung rückwirkend unwirksam“.512 Der historische Gesetzgeber ging damit davon aus, dass auch vor Verfahrenseröffnung erklärte Aufrechnungen unter §  96 Abs.  1 InsO fallen. Dieser Wille des Gesetzgebers, der alleine nicht bindend ist – die Norm kann nämlich klüger sein als ihre Väter und Mütter513 – hat sich auch in der Formulierung des §  96 Abs.  1 InsO niedergeschlagen. Es ist gerade vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber redaktionell den alten §  55 KO verschlankte und den Passus „im Insolvenzverfahren“ bewusst nicht aufnahm, nicht davon auszugehen, dass die Norm hinter der Judikatur zu §  55 S.  1 Nr.  3 KO zurückbleiben soll. Nach dieser Rechtsprechung, die bereits das Reichsgericht formte514 , war anerkannt, dass eine vor Konkurseröffnung erklärte Aufrechnung gemäß §  55 S.  1 Nr.  3 KO für die Dauer des Konkursverfahrens unwirksam ist.515 Der BGH betont daher zu Recht, dass ein Rückschritt hinter den Stand der Rechtsprechung zur Konkursordnung nicht in Betracht komme.516 Dies bestätigt auch eine systematische Auslegung, die im Folgenden betrachtet wird. cc)  Systematische Auslegung Die Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf vor Verfahrenseröffnung erklärte oder vereinbarte Aufrechnungen lässt sich aus einem Umkehrschluss zu §  96 Abs.  2 InsO folgern. Danach besteht eine Insolvenzbeständigkeit von Verrechnungen von bestimmten Ansprüchen und Leistungen aus Überweisungs-, 511   Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  339: „Eine Aufrechnungserklärung, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben worden ist, .  .  . soll nicht kraft Gesetzes unwirksam sein, sondern gegebenenfalls den allgemeinen Regeln der Insolvenzanfechtung unterliegen.“ 512   BT-Drucks. 12/2443, S.  141 zu §  108 RegE InsO. Auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz vom 7.  9. 1999 wird ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO eine vor Verfahrenseröffnung abgegebene Aufrechnungserklärung mit Eröffnung rückwirkend unwirksam werde: BT-Drucks. 14/1539, S.  10. 513   Daher ist der alleinige Rekurs auf den Willen des Gesetzgebers nicht ausreichend. So aber z. B. Göb, S.  74 f. 514   RGZ 85, 38 (40); RG LZ 1914, Sp.  1909 (1910). 515   BGHZ 81, 15 (19). 516   BGHZ 169, 158 = NJW 2007, 78 (79).

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Zahlungs- oder Übertragungsverträgen, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Wenn §  96 Abs.  1 InsO auf Aufrechnungen vor Verfahrenseröffnung nicht anwendbar wäre, würde §  96 Abs.  2 InsO in dieser Formulierung keinen Sinn machen. Nach Zenker behält §  96 Abs.  2 InsO unabhängig von der Auslegung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO seine Rechtfertigung in der Privilegierung von Aufrechnungen im Laufe des Tages der Verfahrenseröffnung.517 Dies überzeugt angesichts des in §  96 Abs.  2 InsO enthaltenen Zusatzes „spätestens“ nicht.518 dd)  Teleologische Auslegung §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist als Gegenrecht zum Aufrechnungseinwand des Gläubigers konzipiert.519 Der bereits erklärten Aufrechnung wird ihre Wirkung für das Insolvenzverfahren genommen, so dass die Norm – wie Bork es formuliert – als „gesetzliche Insolvenzanfechtung“ verstanden werden kann.520 Es ist kein Grund ersichtlich, Aufrechnungen die vor Verfahrenseröffnung erklärt oder vereinbart wurden, unterschiedlich zu behandeln. Anders wäre es nur, wenn dieser Unterschied zu §  143 InsO für Aufrechnungserklärungen vor Verfahrenseröffnung einerseits und §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO für solche danach andererseits ausdrücklich vom Gesetzgeber statuiert worden wäre. Ein sachlicher Grund für eine Andersbehandlung ist indes nicht ersichtlich. Eine Andersbehandlung aus rein formalistischen Gründen ist abzulehnen. Zudem besteht zwischen der Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO und einem Anspruch aus §  143 Abs.  1 InsO nicht nur ein rechtskonstruktiver Unterschied.521 Nur der insolvenzrechtliche Anfechtungsanspruch gehört als bürgerliche Rechtsstreitigkeit vor die ordentlichen Gerichte (§  13 GVG).522 Anders verhält es sich mit dem Gegenrecht nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO: Ob deren Voraussetzungen vorliegen, ist nicht rechtswegbestimmend.523   Zenker, NZI 2006, 16.   BGHZ 169, 158 = NJW 2007, 78 (80). 519   BGHZ 169, 158 = NJW 2007, 78 (80). 520   Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (37). 521   Dies übersehen etwa Stapp/Jacobi, BB 2007, 2017 (2018 f.). 522   BGH NZI 2005, 499; BGHZ 114, 315 (320); Rosenberg/Schwab/Gottwald, §  14 Rdnr.  8; §  16 Rdnr.  2; G. Fischer, WM 2008, 1 (7); Kayser, WM 2008, 1525 (1531); kritisch Ries, ZInsO 2005, 848. Das BAG nimmt allerdings in einem Fall der Rückabwicklung einer arbeitsrechtlichen Leistungsbeziehung den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen an. Der im Rechtsstreit erhobene Anspruch bestimme sich nach Regelungen der InsO, die zwar für alle Rechtsverhältnisse des Schuldners gelten, aber eine Mehrzahl unbestimmter Rechtsbegriffe enthalten, deren Anwendung durch spezifisch arbeitsrechtliche Fragestellungen beeinflusst werde. BAG NZA 2008, 549; ebenso Jacobs, NJW 2009, 1932 mit Rekurs auf §  2 Abs.  1 Nr.  4a ArbGG. Dem BAG folgte der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes: NZI 2011, 15. Für insolvenzrechtliche Anfechtungsklagen gegen Sozialversicherungsträger ist nach dem BGH indes der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben: BGH ZIP 2011, 683. Zum Ganzen: M.Huber, ZInsO 2011, 519; Ries., ZInsO 2010, 2382. 523   BGH NZI 2005, 499; G. Fischer, WM 2008, 1 (7); Kayser, WM 2008, 1525 (1531). 517 518

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

Nachdem nun deutlich wurde, dass §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf erklärte bzw. vereinbarte Aufrechnungen vor Eröffnung des Verfahrens anwendbar ist524 , gilt es in einem zweiten Schritt die Anwendbarkeit dieser Norm auf Kontokorrentverrechnungen zu untersuchen. c)  Meinungsspektrum Ausgangspunkt muss bei dieser Streitfrage die rechtliche Qualifikation der Verrechnungsabrede beim Kontokorrent sein. Nach h. M. handelt es sich um einen antizipierten Verrechnungsvertrag, durch den das Erlöschen der Forderungen herbeigeführt wird.525 Es geht um eine antizipierte Vorausverfügung. Es hat lange gedauert, bis der IX. Zivilsenat bei Kontokorrentverrechnungen in Einklang mit der h. M.526 ausdrücklich auf §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO abstellte.527 Eine Mindermeinung528 vertieft den Unterschied zwischen einer Kontokorrentverrechnung und einer „normalen“ Aufrechnung und plädiert gegen eine Anwendung der §§  94 ff. InsO. Für diese Auffassung spricht zunächst die Tatsache, dass der Terminus „Verrechnung“ gerade nicht in §§  94, 95, 96 Abs.  1 InsO erwähnt ist und ferner die Formulierung des §  94 InsO („zur Aufrechnung berechtigt“) darauf hindeutet, dass nur Konstellationen erfasst sein sollen, die eine spätere Aufrechnungserklärung voraussetzen.529   So auch die h. M. Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  49 m.w.Nachw.; kritisch hingegen Gerhardt, KTS 2004, 195 (199); Ries, ZInsO 2005, 848 (849); Zenker, NZI 2006, 16 (18 f.). 525   MünchKomm-InsO/Brandes, §  96 Rdnr.  32; Heublein, ZIP 2000, 161 (163); Gerhardt, in: FS Zeuner, S.  353 (354); Bork, in: FS Kirchhof, S.  57 (59). 526   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  86; FK-InsO/Dauernheim, §  130 Rdnr.  29; Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  45 Rdnrn.  99 f.; Häsemeyer, Rdnr.  19.29; Gerhardt, in: FS Zeuner, S.  353 f.; Dampf, KTS 1998, 145 (156); Heublein, ZIP 2000, 161 (163); Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1143); Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  127; ders., in: FS G. Fischer, S.  37 (39); Jacoby, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  9, Wischemeyer, S.  12; Göb, S.  73 ff. 527   BGH NZI 2008, 539; BGH NZI 2008, 302; BGHZ 169, 158 = NJW 2007, 78 (79). 528   OLG Hamm ZIP 2001, 1683 (1684); LG Bochum ZIP 2001, 87 (88); de Bra, NZI 1999, 249 (250); Peschke, S.  185 f. 529   Gegen eine scharfe terminologische Trennlinie und für einen weiten Aufrechnungsbegriff bei der Frage, ob eine Verrechnung i. S. des §  52 SGB I unter §§  94 ff., 114 InsO fällt: BSGE 92, 1 = ZIP 2004, 1327; dazu Diepenbrock, ZInsO 2004, 950. Der IX. Zivilsenat hebt bei der besagten Verrechnung auf eine analoge Anwendung des §  94 InsO ab: BGHZ 177, 1 = NZI 2008, 479; Verrechnungen i. S. des §  52 SGB I sind demnach in der zeitlichen Begrenzung des §  114 Abs.  2 InsO insolvenzbeständig. Etwas anderes gilt nach Auffassung des BGH für Konzernverrechnungsklauseln, bei denen der BGH §  96 Abs.  1 Nr.  1 bzw. 2 InsO analog ansetzt: BGHZ 160, 107 (110); Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  45 Rdnr.  32 m.w.Nachw.; zur KO bereits BGHZ 81, 15 (19 f.); kritisch dazu etwa Windel, KTS 2004, 305. Sowohl bei Verrechnungsklauseln nach §  52 SGB I als auch bei Konzernverrechnungsklauseln wird das fehlende Erfordernis der Gegenseitigkeit i. S. des §  387 BGB überwunden. Der Gedanke der Einheit der Sozialleistungsträger findet allerdings in §  52 SGB I eine legislative Stütze; anders als bei Konzernverrechnungsklauseln ist eine beliebige Vermehrung der Aufrechnungsmöglichkeiten nicht zu befürchten. 524

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Dennoch verdient die herrschende Auffassung Zustimmung. §§  94 ff. InsO finden auch auf die Fälle einer automatischen Kontokorrentverrechnung Anwendung. Regelungsgegenstand der §§  94 ff. InsO ist nicht nur die einseitige Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger. Das ergibt sich unmittelbar aus §  94 InsO, der die auf eine Vereinbarung beruhenden Aufrechnungsbefugnisse den gesetzlich begründeten Aufrechnungslagen gleichstellt. Damit ist klargestellt, dass Aufrechnungsverträge jeglicher Art, also auch die mit einem Kontokorrentverhältnis verbundenen antizipierten Verrechnungsvereinbarungen, dem Anwendungsbereich der §§  94 ff. InsO unterliegen.530 Zudem streitet für dieses Votum ein Umkehrschluss zu §  96 Abs.  2 InsO. Nicht alle, sondern nur bestimmte Verrechnungen werden aus dem Anwendungsbereich des §  96 Abs.  1 InsO ausgenommen. Wenn Verrechnungen generell nicht unter §§  94 ff. InsO fallen würden, wäre die Regelung des §  96 Abs.  2 InsO partiell sinnentleert. Eine Andersbehandlung von Verrechnungen wäre auch von der ratio legis der §§  94 ff. InsO nicht gedeckt. Im Blick auf die vermögensrechtlichen Auswirkungen gleichen sich Aufrechnung und Verrechnung. Sie kommen in wirtschaftlicher Hinsicht zu identischen Saldierungsergebnissen.531 Für eine Andersbehandlung ist kein Grund ersichtlich. Angesichts des Wortlauts „Aufrechnung“ in §§  94 ff. InsO stellt sich allerdings die Frage, ob nicht von einer analogen Anwendung auszugehen ist.532 M. E. ist eine weite Auslegung angebracht. Dies folgt aus dem erwähnten Umkehrschluss zu §  96 Abs.  2 InsO, demzufolge gerade nicht von einer planwidrigen Regelungslücke für Verrechnungen ausgegangen werden kann; vielmehr sind Verrechnungen als „Aufrechnungen“ im weiteren Sinne anzusehen. Mag man de lege lata kritisieren, dass der Wortlaut „Aufrechnung“ zu eng gefasst ist, weil Verrechnungen damit auch gemeint sind, so ist §  96 Abs.  1 InsO an einer anderen Stelle zu weit geraten. Dort heißt es, dass die Aufrechnung unzulässig ist, wenn zusätzliche Voraussetzungen gegeben sind. Die Formulierung „wenn“ ist teleologisch zu reduzieren und in ein „soweit“ umzudeuten. Soweit ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit zur Kontokorrentverrechnung durch eine anfechtbare Handlung erlangt hat, ist die Verrechnung unwirksam. d)  Das „Anspruchsgrundlagenrätsel“ Wie lautet nun die Anspruchsgrundlage bei der Rückführung des Kontokorrentkredits, wenn man mit der h. M. bei Kontokorrentverrechnungen für eine Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO votiert? Dieser Frage ist der BGH 530   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  127; ders., in: FS Kirchhof, S.  57 (61); Tinnefeld, S.  155. 531   Tinnefeld, S.  156, der allerdings im Folgenden übersieht, dass über §  143 InsO nahezu deckungsgleiche Ergebnisse erzielt würden. 532   Der IX. Zivilsenat stellt bei Verrechnungen i. S. des §  52 SGB I in der Tat auf eine analoge Anwendung des §  94 InsO ab: BGHZ 177, 1 = NZI 2008, 479.

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lange Zeit ausgewichen 533 , so dass von einem „Anspruchsgrundlagenrätsel“ gesprochen werden kann. Dieses ist nicht insolvenzrechtlich, sondern bank- bzw. vertragsrechtlich zu lösen.534 §  143 Abs.  1 S.  1 InsO ist gerade nicht heranzuziehen. Nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist die Kontokorrentverrechnung, soweit die Anfechtung reicht, unwirksam, so dass die gutgeschriebenen Beträge herausverlangt werden können. Die Rechtslage ist genauso zu beurteilen als ob es keine aufrechenbaren Gegenansprüche der Bank gäbe.535 Nach alter Rechtslage bis 31.  10. 2009 existierte für den Anspruch aus der Gutschrift keine spezial gesetzliche Regelung im Recht des Girovertrags (§  676 f BGB a. F.). Dort war nur der Anspruch auf Gutschrift geregelt (§§  676 f S.  1, 676g Abs.  1 S.  1, 675, 667 BGB a. F.). An dessen Stelle tritt ein Anspruch aus der Gutschrift. Dabei handelte es sich um ein abstraktes Schuldversprechen der Bank i. S. des §  780 BGB.536 Damit ging auch die Ansicht537 fehl, die auf §  667 BGB abstellte.538 Der Anspruch aus der Gutschrift ist nunmehr in §  675t Abs.  1 BGB geregelt539: Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist danach verpflichtet, dem Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem er auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist.540 Das Ende des „Anspruchsgrundlagenrätsels“ lautet somit: Der Anspruch ergibt sich aus §  675t Abs.  1 BGB.

2.  Anfechtbare Rechtshandlung und Nebeneinander von Aufrechnungsverbot und Anfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO Nachdem die Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auf Kontokorrentverrechnungen bejaht und die Anspruchsgrundlage bei der Rückführung des Kontokorrentkredits fixiert wurde, gilt es, den Anfechtungsgegenstand zu benennen. Ins Visier sind mehrere Rechtshandlungen i. S. des §  129 InsO zu nehmen,   BGHZ 150, 122 (126) = NJW 2002, 1722 (1723).   Bork, in: FS G. Fischer, S.  37, der vorsichtig einleitet, dass die Frage etwas „schülerhaft“ klingt. 535   Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (38). 536   BGHZ 6, 121 (124); BGHZ 103, 143 (146) = NJW 1988, 1320; BGH NJW 1991, 2140; BGH NJW, 2002, 1722 (1723). 537   BGH NZI 2008, 551; BGH NZI 2008, 539; BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89; LG Berlin NZI 2007, 247. 538   §  780 BGB ist indes keine Anspruchsgrundlage, sondern enthält nur eine Legaldefinition und eine Formvorschrift für das Schuldversprechen, wobei die schriftliche Erteilung des Versprechens für die Bank wegen §  350 HGB nicht erforderlich ist. Korrekterweise ist daher nicht von einem Anspruch aus §  780 BGB, sondern von einem Anspruch i. S. des §  780 BGB zu sprechen. 539   Siehe zum Ganzen §  2 II.1. 540   BT-Drucks. 16/11643 S.  112: „.  .  . entspricht materiell dem aus der bisherigen Terminologie bekannten Anspruch aus der Gutschrift“. 533

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insbesondere die Verrechnungsabrede, die Herbeiführung der Verrechnungslage und die Verrechnung selbst. Als Rechtshandlung kommt eine fast unüberschaubare Anzahl von Handlungsmöglichkeiten in Frage, 541 so dass die Frage einer möglichen Begrenzung virulent wird. a)  Anfechtungsgegenstand Im Schrifttum existieren mehrere Ansätze, die uferlose Weite, die vom Begriff der Rechtshandlung ausgeht, einzuengen. Nach Wischemeyer kommt nicht jede notwendige Aufrechnungsvoraussetzung, sondern erst die letzte, hinreichende Aufrechnungsvoraussetzung als anfechtbare Rechtshandlung in Betracht.542 Erst durch die hinreichende Aufrechnungsbedingung werde die Aufrechnung endgültig ermöglicht. Diese letzte und hinreichende Bedingung liege im Gegenübertreten der wechselseitigen Forderungen.543 Mit diesem Ansatz wird ein einschränkendes Kriterium ins Feld geführt, ohne dieses aber dogmatisch abzusichern. Eine solche Einengung des Anfechtungsgegenstands geht aus dem bewusst weit formulierten §  129 InsO nicht hervor. 544 M. E. ist der dogmatisch korrekte Standort für diese Überlegungen bei der Kausalität bzw. Zurechenbarkeit anzusiedeln.545 Der bewusst weit gefasste Terminus „Rechtshandlung“ bedarf insoweit keiner Einschränkung; eine telelogische Reduktion ist abzulehnen. Auch die Begrenzungsversuche Tinnefelds überzeugen nicht.546 Danach seien bei der Bestimmung der Rechtshandlung die Ziele der Insolvenzanfechtung zu berücksichtigen. Die grundlegende Voraussetzung, dass die Rechtshandlung geeignet sein müsse, eine rechtliche Wirkung zu entfalten, sei als unterscheidungsfähiges Kriterium ungeeignet. Aus der Zielsetzung der Insolvenzanfechtung, Vermögensverschiebungen unter bestimmten Umständen rückgängig zu machen, folge, dass nur solche Rechtshandlungen in Betracht kämen, die eine Übertragung von Vermögensgegenständen des Schuldners im Vorfeld der Insolvenz auf einen einzelnen Gläubiger bewirken. Dies werde auch durch die Rechtsfolge des §  143 Abs.  1 InsO bestätigt. Die Rechtshandlung müsse die Änderung der Vermögenszuordnung des betreffenden Gegenstands bewirkt haben. Die im Insolvenzverfahren haftende Vermögensmasse sei bei der Beurtei541   Tinnefeld, S.  161; Paulus, ZInsO 1999, 242 (246): Die Handlungsvarianten sind „so zahl- und facettenreich, dass die Phantasie Schwierigkeiten hat sie zu erfassen.“ 542   Wischemeyer, S.  12. 543   Wischemeyer, S.  12. 544   Zutreffende Kritik auch bei Göb, S.  76: „Dies gibt weder der Wortlaut noch die Gesetzesbegründung her.“ Göb installiert aber überhaupt keine Begrenzung, auch nicht auf der Ebene der Kausalität, sondern windet sich bei der Verrechnungsabrede mit der gewiss zutreffenden Feststellung heraus, dass der Zeitpunkt für deren Anfechtbarkeit im Regelfall außerhalb der Anfechtungsfristen liege und daher diese Rechtsfrage ohne praktische Relevanz sei. 545   Zu den erforderlichen Einschränkungen sogleich. 546   Tinnefeld, S.  161 ff.

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lung der Anfechtungsvoraussetzungen der zentrale Bezugspunkt.547 Tinnefeld scheidet mit dieser Einschränkung der Rechtshandlung rein vorbereitende Handlungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs aus, mitunter die Kontokorrentabrede. Ebenso wie bei Wischemeyer ist der dogmatische Standort nicht richtig bestimmt. Im Schadensersatzrecht erfolgt zu Recht auch keine Begrenzung des schädigenden Verhaltens; vielmehr handelt es sich um eine Frage der Kausalität. Wie auch sonst im Zivil- und Wirtschaftsrecht548 üblich, könnte die Kausalität auch im Insolvenzanfechtungsrecht nicht als deterministische, sondern als eine normative Kategorie zu begreifen sein. Für die Zurechnung ist letztlich die Grundlage „akzeptierter und akzeptierbarer Argumente“ maßgebend.549 Zudem ist die Fiktion des §  140 Abs.  1 InsO zu beachten: auf welche Rechtshandlung auch immer abgestellt wird, maßgebend ist stets der Eintritt der rechtlichen Wirkungen. Der „dogmatische Notstand“ bei der Bestimmung des Anfechtungsgegenstands zeigt sich bei Kontokorrentverrechnungen vor allem in zwei gebräuchlichen Formulierungen: zum einen in der Aussage, der Gesamtvorgang unterliege der Insolvenzanfechtung und zum anderen in der Feststellung, die Verrechnung selbst bilde den Anfechtungsgegenstand. Selbst der IX. Zivilsenat spricht in einer früheren Formulierung von der Anfechtung des Gesamtvorgangs.550 In dogmatischer Hinsicht ist dies eine bedingungslose Kapitulation vor der Komplexität von Kontokorrentverrechnungen. Gewiss ist bei Kontokorrentverrechnungen eine Gesamtbetrachtung in gewisser Hinsicht erforderlich, nicht aber bei der Bestimmung der Rechtshandlung, die den Bezugspunkt aller folgenden Überlegungen bildet und über die genaue Bestimmung des Zeitpunkts für die Insolvenzanfechtung entscheidet.551 Auch ist es nicht korrekt, von der Anfechtung der Verrechnung zu sprechen 552; diese tritt ordentlich am Ende der vereinbarten Periode und außerordentlich mit Verfahrenseröffnung ein. Es ist ein Widerspruch, einerseits die Verrechnung als Anfechtungsgegenstand anzusehen und andererseits für den   Tinnefeld, S.  163.   Spindler, AcP 208 (2008), 283 (288), der auf eine „probabilistische Sichtweise“ abhebt. 549   Zum Schadensrecht P.Gottwald, Karlsruher Forum, S.  3 (6 f.); ders., S.  93 ff. 550   BGHZ 58, 108 (113) = WM 1972, 309; BGHZ 86, 190 (194) = NJW 1983, 887; BGHZ 86, 349 (353) = NJW 1983, 1120; BGHZ 89, 189 (192 f.) = NJW 1984, 1557; BGHZ 99, 36 (38) = NJW 1987, 1883; BGHZ 129, 336 (343) = NJW 1995, 1966. 551   Auch jenseits der Thematik der Kontokorrentverrechnungen entzieht §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO der Lehre von der Anfechtbarkeit des Gesamtvorgangs endgültig den Boden. Dazu ausführlich Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  53; Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  82 m.w.Nachw. 552   So aber BGHZ 150, 122 (126) = NJW 2002, 1722 (1723): „Der Kläger kann die Verrechnungen aber nicht gemäß §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO anfechten .  .  .“; OLG Hamm NZI 2002, 201; zu Recht dagegen kritisch Göb, S.  82 f.; de Bra, NZI 1999, 249 (250), der mit diesem Hilfsbegriff dahin stehen lassen will, worin die maßgebliche anzufechtende Rechtshandlung besteht. 547

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maßgeblichen Zeitpunkt dann aber auf die einzelnen Zahlungseingänge und Ausgänge abzustellen. Dass die Aufrechnung bzw. Verrechnung selbst nicht Gegenstand der Anfechtung sein kann, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO.553 Der Insolvenzgläubiger muss die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt haben. Damit ist die Aufrechnung selbst kein tauglicher Anfechtungsgegenstand.554 Die Aufrechnungserklärung ist vielmehr als Rechtsfolge des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO unwirksam. Bei Kontokorrentverrechnungen ist diese gleichsam aus zwei Momenten zusammengesetzt, zum einen aus der Kontokorrentabrede und zum anderen aus dem Ereignis, das zur Verrechnung führt (wie der Ablauf der vereinbarten Periode). Beide Momente können damit nicht den Anfechtungsgegenstand bilden. Vielmehr ist anfechtbare Rechtshandlung die Herstellung der Aufrechnungslage. Irgendeine Voraussetzung der Aufrechnungslage muss in anfechtbarer Weise erlangt worden sein. Insbesondere ist dabei die Begründung der Gegenforderung anzuvisieren. Es bleibt dabei: Maßgebend ist für §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO jedes willensgetragene Verhalten, durch das ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt. Der Begriff der Rechtshandlung ist bewusst weit formuliert und nicht teleologisch einschränkend auszulegen. Etwaige Begrenzungen ergeben sich zum einen aus dem Wortlaut des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO und zum anderen im Rahmen der Kausalität sowie der Zeitpunktbestimmung nach §  140 InsO. b)  Maßgeblicher Zeitpunkt Vom Anfechtungsgegenstand ist der maßgebliche Zeitpunkt i. S. des §  140 InsO zu trennen. Nach der Fiktion des §  140 Abs.  1 InsO ist dies der Eintritt der rechtlichen Wirkungen. Praktisch relevant ist als Anfechtungsgegenstand daher beim Zahlungseingang auf ein debitorisches Konto der Erwerb der Schuldnerposition durch die Bank, d. h. die Begründung der Verrechnungslage.555 Es ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Bank buchmäßige Deckung erhält und nicht erst der Zeitpunkt der Gutschrifterteilung.556 Die Kontokorrentbindung erstreckt sich schließlich nach dem Parteiwillen bereits auf den Anspruch auf Gutschrift, der sich im Anspruch aus der Gutschrift fortsetzt. Die rechtliche Wirkung der Begründung der Aufrechnungslage ist i. S. des §  140 Abs.  1

  Göb, S.  74.   Unzutreffend daher Ehricke, der ausführt, dass grundsätzlich die Aufrechnungserklärung die maßgebliche Rechtshandlung sei: Ehricke, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  3 Rdnr.  12. 555   BGHZ 118, 171 (176) = NJW 1992, 1960; Dampf, KTS 1998, 145 (156). 556   BGHZ 74, 129 (132) = NJW 1979, 1461; Obermüller, Rdnr.  3.154; Dampf, KTS 1998, 145 (157); Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1145); Eckert, S.  59. 553

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InsO bereits zu diesem Zeitpunkt eingetreten.557 Die Bank ist ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, den Betrag an den Kunden auszukehren.558 c)  Anspruchskonkurrenz zu §  143 Abs.  1 InsO? Weiter ist zu klären, ob neben der automatischen Unwirksamkeit nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO auch ein Insolvenzanfechtungsanspruch nach §  143 InsO i. V. m. §§  129 ff. InsO möglich ist, so dass nach dem Günstigkeitsprinzip559 der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht hat. Ist eine Rechtshandlung unwirksam oder nichtig, so fehlt es grundsätzlich bereits an einer Gläubigerbenachteiligung, so dass die Anwendbarkeit der §§  129 ff. InsO sich aus diesem Gesichtspunkt ergibt. Anders ist es jedoch, wenn bei der Durchführung des nichtigen Rechtsgeschäfts eine tatsächliche Besitzveränderung an Gegenständen eingetreten ist, so dass dem Gläubiger der Zugriff erschwert wird.560 Der Insolvenzverwalter kann sich dann sowohl auf die Nichtigkeit einer Rechtshandlung als auch auf die Insolvenzanfechtung gleichzeitig berufen. Bei der Anfechtbarkeit ist dann die Wirksamkeit der Rechtshandlung zu unterstellen.561 Dieses Nebeneinander von Insolvenzanfechtung und Unwirksamkeit gilt jedoch nicht für die Sondervorschrift des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO, die genau die Schnittfläche von Aufrechnung und Insolvenzanfechtung regelt.562 Eines Rückgewähranspruchs bedarf es nicht mehr563 , weil die Verrechnung bereits ipso iure unwirksam ist und damit Haupt- und Gegenforderung weiterhin bestehen. Der Insolvenzverwalter soll in einem solchen Fall gerade keine Anfechtungsklage erheben. Er hat sich vielmehr unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung zu berufen.564 §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO verdrängt §  143 InsO i. V. m. §§  129 ff. InsO als lex specialis.565 Für ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters, sich je nach 557   Verrechnet werden kann freilich nur der Anspruch aus der Gutschrift. Peschke, S.  187, der weiter ausführt, dass der Deckungseingang eine Sicherung der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen herbeiführt. 558   BGHZ 74, 129 (132) = NJW 1979, 1461: „die Buchungen hatten nur deklaratorischen Charakter.“ 559   Ries, ZInsO 2005, 848 (850): „.  .  . §  143 InsO .  .  . wird durch §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO nicht präkludiert“; ders., ZInsO 2004, 1231; Zenker, NZI 2006, 16 (20) mit einem Vergleich zu den „Doppelwirkungen im Recht“. 560   BGH NJW 1996, 3147. 561   Zur Möglichkeit von Haupt- und Hilfsantrag: BGH NJW 1996, 3147 (zum AnfG). 562   Göb, S.  73 („Ausschließlichkeit des §  96 I Nr.  3 InsO“); Henkel, NZI 2007, 84 (90), der ausführt es gehe um ein und denselben „Unwirksamkeitsgrund“. 563   Jaeger/Henckel, InsO, §  130 Rdnr.  85. 564   Ständige Rechtsprechung: „Eine Anfechtung der Verrechnung findet neben der Anwendung dieser Bestimmung nicht statt.“ BGH NZI 2008, 547 (548); BGH NZI 2008, 539; BGH NZI 2008, 302; BGH NZI 2007, 582; BGHZ 159, 388 (393) = NJW 2004, 3118. 565   Henkel, NZI 2007, 84 (90). Zum umgekehrten Fall der Aufrechnungserklärung durch den Insolvenzverwalter siehe aber v.Olshausen, KTS 2001, 45.

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Günstigkeit auf §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO oder auf §  143 InsO zu berufen, ist kein Raum.566

3.  Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO a)  Allgemeines Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung ist eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit (§  129 Abs.  1 InsO). Erst mit der Insolvenzordnung wurde diese Tatbestandsvoraussetzung, die von jeher in Rechtsprechung567 und Literatur unumstritten war568 , kodifiziert. Die Insolvenzgläubiger werden benachteiligt, wenn ihre Befriedigung beeinträchtigt wird. Eine solche Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Befriedigung verkürzt, vereitelt, erschwert oder verzögert wird.569 Das kann zum einen durch eine Vermehrung der Passiva und zum anderen durch eine Verminderung der Aktiva des Insolvenzschuldners geschehen.570 Würde die Beseitigung des durch die Rechtshandlung eingetretenen Erfolgs die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger in keiner Weise verbessern, so wäre das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung nicht erfüllt.571 §  129 InsO setzt keine unmittelbare Benachteiligung voraus. Dies folgt aus einem argumentum e contrario zu den Anfechtungstatbeständen (§§  132 Abs.  1, 133 Abs.  2 InsO), die expressis verbis eine solche Einschränkung vorsehen. Es reicht vielmehr eine mittelbare Beeinträchtigung. Diese ist gegeben, wenn zwar die Rechtshandlung selbst noch keinen Nachteil für die Gläubiger bedeutet, wenn sie aber die Grundlage für eine weitere, die Gläubiger schädigende Handlung schafft.572 b)  Grundsatz Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger wird grundsätzlich mittelbar benachteiligt, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt hat. Dies ergibt sich daraus, dass die zur Masse gehörende Hauptforderung mit der Aufrechnung nach §  389 BGB erlischt. Zwar kann dann auch die Gegenforderung nicht mehr zur Tabelle angemeldet werden, weil auch sie, soweit sie sich 566   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  100, der zu Recht feststellt, dass im Übrigen §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO und §§  129 ff. InsO nebeneinander stehen, so etwa wenn es jeweils um unterschiedliche Anfechtungsgegner geht. Bei Kontokorrentverrechnungen hinsichtlich der Bank gilt §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO; gegenüber dem Zahlungsempfänger sind freilich §§  129 ff. InsO daneben anwendbar. 567   RGZ 60, 107 (109); RGZ 94, 305 (307); BGH NJW 1983, 1120 (1121). 568   So ausdrücklich BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 569   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 570   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  51. 571   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 572   BT-Drucks. 12/2443, S.  157.

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mit der Hauptforderung deckt, erloschen ist. Jedoch hätte der Insolvenzverwalter diese ohne die Aufrechnung nur quotal befriedigen müssen, während die Gegenforderung des Insolvenzschuldners in toto zur Insolvenzmasse hätte gezogen werden können. Obermüller verneint demgegenüber die Gläubigerbenachteiligung. Man könne grundsätzlich davon ausgehen, dass die Bank in der Krise des Kunden eine Überschreitung oder ein weiteres Ausschöpfen einer nicht voll in Anspruch genommenen Kreditlinie nicht zugelassen, Verfügungen des Kunden also nicht ausgeführt hätte, wenn sie nicht einen Ausgleich in Form der Überweisungseingänge erhalten würde.573 Dieser hypothetischen Betrachtung fügt Obermüller ein teleologisches Argument hinzu: Die Insolvenzanfechtung diene nicht dazu, der Masse Vermögensvorteile zu verschaffen, die sie ohne die angefochtene Rechtshandlung nicht erlangt hätte.574 Da nur der Zahlungsempfänger begünstigt werde, sei nur im Verhältnis zu diesem eine Anfechtung möglich. Dieser Mindermeinung ist nicht zu folgen. Gerade die abgestufte Regelung von §  129 InsO einerseits und §  142 InsO andererseits macht deutlich, dass eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung im Rahmen des §  129 InsO nicht angesetzt werden darf; insbesondere ist kein Raum für eine hypothetische Sicht. Ob und inwieweit die Überlegungen Obermüllers dennoch von Bedeutung sind, entscheidet sich erst und nur bei §  142 InsO. c)  Ausnahmen Ausnahmsweise fehlt es jedoch an einer Gläubigerbenachteiligung, wenn die Hauptforderung der Insolvenzmasse keinen Wertzuwachs gebracht hätte.575 Dies kann dann der Fall sein, wenn die durch Aufrechnung erloschene Forderung des Insolvenzschuldners durch Fremdrechte beeinträchtigt gewesen ist 576 und die Bank durch die Verrechnung nur das erhalten hat, was ihr aufgrund des Sicherungsrechts ohnehin zugestanden hätte.577 Damit erweist sich §  129 InsO als Einfallstor für die Prüfung des Kreditsicherungsrechts. Dingliche Sicherheiten bedeuten im Grunde nichts anderes als eine Reservierung der Haftungsmasse578 und schränken den Grundsatz der par condicio creditorum ein. Die Insolvenzbeständigkeit von bestehenden Sicherheiten ist inzident zu prüfen. Die kautelarjuristische Bedeutung des Insolvenzanfechtungsrechts, die nicht nur bei Verfahrenseröffnung, sondern bereits bei der Vertragsgestaltung zu bedenken ist, wird offenkundig.   Obermüller, Rdnr.  3.172.   Obermüller, Rdnr.  3.172. 575   Dies übersieht Bork, wenn er ausführt, dass die Gläubiger immer benachteiligt sind: Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (40). 576   Jacoby, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  24. 577   BGH NZI 2008, 551 (553). 578   C.Becker, S.  167. 573 574

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Eine Gläubigerbenachteiligung kann nicht damit begründet werden, dass der Masse durch die Selbstexekution des Gläubigers die Verwertungserträge nach §§  170 ff. InsO verlustig gegangen sind.579 Mit den §§  170 f. InsO soll lediglich die Mehrvergütung ausgeglichen werden, die durch die Bearbeitung von Absonderungsrechten innerhalb des Insolvenzverfahrens anfällt.580 Soweit solche Mehrkosten nicht entstehen, soll der Masse ergo auch kein Anspruch auf einen Kostenbeitrag zufließen.581 Zwei besondere Problemkreise stehen im Fokus der wissenschaftlichen Diskussion. Zum einen geht es um die Bedeutung des Pfandrechts nach Nr.  14 AGB-Banken. Zum anderen wird der Einfluss von Globalzessionen kontrovers diskutiert. In beiden Fällen steht dem Gläubiger ein Absonderungsrecht zu (dem Pfandgläubiger nach §  50 Abs.  1 InsO und dem Sicherungszessionar nach §  51 Nr.  1 InsO), so dass eine Verrechnung grundsätzlich keine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO mit sich bringt. Anders ist es jedoch, wenn diese Sicherheit selbst in anfechtbarer Weise erlangt wurde. Umstritten ist vor allem, ob das Entstehen dieser Sicherungsrechte als kongruente oder inkongruente Deckung anzusehen ist. Dabei ist fraglich, ob ein „insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz“ einzufordern ist. Um die Übersichtlichkeit nicht unnötig zu erschweren, soll die Insolvenzbeständigkeit dieser Banksicherheiten nicht an dieser Stelle inzident, sondern später in einem eigenen Punkt erörtert werden. Zuvor sind die Kausalität, der Anfechtungsgrund sowie die Reichweite der Bargeschäftsausnahme bei Kontokorrentverrechnungen zu eruieren.

4.  Kausalität Die Rechtshandlungen müssen für die Gläubigerbenachteiligung ursächlich sein. Kausalität ist eine allgemeine juristische Kategorie582 und dennoch existieren je nach Rechtsgebiet unterschiedliche Ausprägungen und Nuancierungen.583 Unterschiede in den dogmatischen Kategorien dürfen aber nur bestehen, wenn diese durch die jeweilige ratio legis gedeckt sind. Diese Leitidee gilt es beim Abgleich mit der Kausalität im Schadensersatzrecht zu beachten. 579   §  166 Abs.  2 InsO gilt dabei für die Sicherungszession, nicht aber für das AGB-Pfandrecht. Dies übersieht etwa Tinnefeld, S.  240. 580   BGHZ 154, 72 (80 f.) = NJW 2003, 2240; BGH NJW-RR 2005, 125. 581   BGH NZI 2004, 620 (621); BGH NZI 2004, 82 (83); a. A. Häsemeyer, Rdnr.  13.49; Gundlach/Frenzel/Schmidt, NZI 2002, 20 (21). 582   MünchKomm-BGB/Wagner, §  823 Rdnr.  300. 583   Siehe etwa im Maklerrecht die Kategorien „wesentliche Maklerleistung“ und „Arbeitserfolg“, sowie die Termini „vertragsadäquate“ oder „teleologische Kausalität“ oder „Ursächlichkeit in einem wertenden Sinne“ sowie „objektive Zurechnung“. Dazu Würdinger, ZfIR 2008, 188 m.w.Nachw.

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Im Ausgangspunkt wird die Kausalität sehr weit verstanden. Eine Rechtshandlung ist demnach für die Gläubigerbenachteiligung kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass damit der Erfolg entfiele (Theorie der condicio sine qua non). Nach dieser Formel beruht jeder Erfolg auf zahllosen Ursachen, die untereinander alle gleichwertig sind (Äquivalenztheorie). Streit besteht bei der Frage, ob es bei dieser „natürlichen“ Kausalität verbleiben soll oder ob wertende Elemente einfließen dürfen. Nach h. M. genügt es für die Ursächlichkeit, dass die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt. Da es nicht um einen Schadensersatzanspruch gehe, der sich unter Umständen auch auf entfernte Folgen einer Handlung erstrecken könne, bedürfe es für die Anfechtbarkeit nicht der Einschränkung durch die Adäquanztheorie.584 Es reiche ein „Irgendwie-Zusammenhang“.585 Die Anfechtungstatbestände grenzten mit eigenen Mitteln zu weit gehende Folgen von der Haftung aus. Es genüge, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde. Auf eine Adäquanz komme es nicht an.586 Gegen diese opinio communis spricht zunächst eine Parallele zum Schadensersatzrecht. Die dogmatische Begründung, weswegen manche Rechtshandlungen, insbesondere Vorbereitungshandlungen nicht anfechtungstauglich sind, ließe sich durch eine Begrenzung der Kausalität dogmatisch „erden“. Nach Stürner ergibt sich die wertende Begrenzung aus allgemeinen Erwägungen.587 Ähnlich wie im Rahmen des Schadensersatzrechts eine Modifizierung der condicio sine qua non Lehre vorgetragen wird, könnte dies auch bei §  129 InsO gelten. Die Lehre vom Schutzzweck der Norm 588 ließe sich in das Insolvenzanfechtungsrecht transformieren. Rechtshandlungen, die als Zwischenereignisse auf dem Weg hin zur Gläubigerbenachteiligung wesentlich sind, müssten danach ihrerseits anfechtbar sein. Für die h. M.589 streitet jedoch, dass §  129 InsO bewusst weit gefasst wurde und den einzelnen Anfechtungstatbeständen eine Filterwirkung zukommt. Insbesondere dürfe die Wertung der §§  130 f. InsO nicht umgangen werden,   BGHZ 143, 246 = NZI 2000, 116; Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  127.   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  69 m.w.Nachw. 586   BGHZ 143, 246 = NZI 2000, 116: „Der weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht sein .  .  .; schon gar nicht muss er deren adäquate Folge sein.“ 587   Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-/ Konkurs- und Vergleichsrecht, Bd.  II, 18.48; Baur/Stürner/Bruns, Rdnr.  26.18 Fn.  78 („unnütze Abkehr von sonst allgemein geltenden Grundsätzen“). 588   Vereinzelt hat auch der BGH die Zurechenbarkeit verneint: BGH NZI 2005, 497 (498): „im Wege wertender Betrachtung“; BGHZ 104, 355 (361 f.) = NJW 1988, 3265 (3266): „Es ist vielmehr eine Frage wertender Beurteilung, inwieweit der hypothetische Kausalverlauf geeignet ist, eine an sich gegebene Haftung des Anfechtungsgegners zu beeinflussen.“ 589   BGHZ 143, 246 = NZI 2000, 116; Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  127; Gottwald/ Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  69; Uhlenbruck/Hirte, §  129 Rdnr.  123. 584 585

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wonach auch Rechtshandlungen, die eine Deckung ermöglichen, der Insolvenzanfechtung unterliegen. Eine taugliche Begrenzung enthält zudem §  140 Abs.  1 InsO, wonach als grundsätzlich maßgeblicher Zeitpunkt der Eintritt der rechtlichen Wirkungen gilt. Zudem sind immer nur die Rechtshandlungen praktisch relevant, die in den Anfechtungszeitraum fallen. Die Verrechnungsabrede liegt meistens außerhalb der Krise und eignet sich daher als Anknüpfungspunkt jedenfalls für eine Insolvenzanfechtung nach §§  130–132 InsO bereits aus diesem Grund nicht. Außerdem tritt die rechtliche Wirkung erst später ein.

5.  Anfechtungsgrund a)  Deckungsanfechtung (§§  130 f. InsO) Die Kontokorrentverrechnung stellt einen der wirtschaftlich bedeutendsten Anwendungsbereiche der §§  130, 131 InsO dar.590 Nach h. M. kommt es darauf an, ob die Bank einen Anspruch auf die Rückführung des Kontokorrentkredits hat.591 Dagegen stellt Bork darauf ab, ob der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Verrechnungslage hat.592 Dies wäre stets zu verneinen, so dass die Deckungen durchweg inkongruent wären. Von einer Kongruenz wäre nur im Ausnahmefall auszugehen, etwa wenn der Schuldner von einem eigenen Konto auf das Konto überwiesen hat, für das die Bank mit einem fälligen Kreditrückzahlungsanspruch verrechnen will.593 Darauf, ob die Bank einen fälligen Zahlungsanspruch habe, komme es nicht an, da dieser Anspruch auf Befriedigung des Schuldners, nicht aber auf Herstellung einer Aufrechnungslage gehe.594 Für die Sichtweise Borks streitet auf den ersten Blick der Wortlaut des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. Danach muss der Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt haben. Durch einen Zahlungseingang wird eine Verrechnungsmöglichkeit geschaffen; wäre dieser die Deckung, so käme es darauf an, ob die Bank auf diesen Zahlungseingang einen Anspruch hat, was im Regelfall zu verneinen ist. Doch damit unterscheidet man nicht zwischen der anfechtbaren Rechtshandlung und der Deckung. Dies ist aber nach dem Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO erforderlich. Danach gewährt oder ermöglicht die Rechtshandlung die Deckung. Zudem wird beim zweiten Relativsatz in §  131 Abs.  1 InsO der falsche Bezugspunkt gewählt. Der   Braun/de Bra, §  130 Rdnr.  23.   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  79 m.w.Nachw.; Dampf, KTS 1998, 145 (158). 592   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  216 m.w.Nachw.; ders., ZBB 2001, 271 (274); ders., in: FS Kirchhof, S.  57 (62); anders mit Rekurs auf die h. M. („nach heute einhelliger Auffassung“): Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (40). 593   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  216. 594   Ähnlich Peschke, S.  180 ff., der ausführt, dass es darauf ankomme, ob ein Anspruch auf die Rechtshandlung bestehe. 590 591

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in sich verschachtelte Relativsatz ist grammatikalisch nur sinnvoll, wenn sich der zweite Nebensatz auf die Sicherung oder Befriedigung (Deckung) bezieht. 595 Es kommt also nicht darauf an, ob die Bank einen Anspruch auf die Rechtshandlung (hier den Zahlungseingang) hat, sondern darauf, ob ein Anspruch auf die Deckung besteht. Der Zahlungseingang ermöglicht die spätere Befriedigung durch Verrechnung.596 Damit ist entscheidend, ob die Bank einen Anspruch auf diese Befriedigung hatte, genauer gesagt einen Anspruch auf Rückführung des Kontokorrentkredits nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB.597 Dabei geht es um die 3. Variante des §  131 Abs.  1 InsO, ob die Bank „zu der Zeit“ diesen Anspruch hatte. Davon geht die h. M. aus, ohne allerdings die hier vorgetragene Exegese des §  131 Abs.  1 InsO zu entfalten. Für diese Sicht spricht auch eine funktionale Betrachtungsweise598 : Die Aufrechnung ist ein Erfüllungssurrogat. Die Begründung der Aufrechnungslage ist wie die Erfüllung der später betreffenden Insolvenzforderung zu demselben Zeitpunkt zu behandeln.599 Umstritten ist, ob es sich bei der Rückführung des Kontokorrentkredits um eine kongruente oder eine inkongruente Deckung handelt. Die genaue Bestimmung der Deckungsqualität ist von entscheidender Bedeutung. 600 Inkongruente Deckungen sind unter den erleichterten Voraussetzungen des §  131 Abs.  1 InsO anfechtbar. Dies liegt darin begründet, dass solche Deckungen – wie es auch in der Gesetzesbegründung heißt – eine besondere Verdächtigkeit auszeichnet. 601 Wieso erhält ein Insolvenzgläubiger in der Krise eine Deckung, auf die er kei595   Zu dieser Exegese auch noch später bei der Anfechtung des „Werthaltigmachens“ im Rahmen der Globalzession: III.8.b)bb)(2)(b). 596   Peschke, S.  179 ff., 187 ff., der auch darauf abstellt, dass der Bank zugleich eine Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs gewährt wird und somit zu einer Deckung in vierfacher Hinsicht kommt: Gewähren einer Sicherung für die kontokorrentgebundenen Einzelforderungen, Gewähren einer Sicherung für den Darlehensrückzahlungsanspruch, Ermöglichen der Befriedigung der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen, Ermöglichen der Befriedigung des Darlehensrückzahlungsanspruchs. 597   Damit wird aber die Kontokorrentabrede völlig ausgeblendet. Dass es darauf entgegen der h. M. auch ankommt und das doppelfunktionale Handeln der Bank in den Blick zu nehmen ist, soll später beim eigenen Ansatz entfaltet werden. 598   Der IX. Zivilsenat stellt sich dieser Frage nicht. Der Senat hat lange Zeit offen gelassen, ob §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO überhaupt anwendbar ist. Eine Subsumtion unter §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO hat der BGH bisher noch nicht vorgetragen. Ebenso geht die h. M. im Schrifttum vor: siehe z. B. Dampf, KTS 1998, 145 (158). 599   Häsemeyer, Rdnr.  19.15. Zum Streitstand ausführlich Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnrn.  58 ff.; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnrn.  215 ff. 600   Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (40): „kriegsentscheidend“. Jacobi, BKR 2008, 194 (195): „die alles zermalmende inkongruente Anfechtbarkeit“. 601   BT-Drucks. 12/2443, S.  158. Auch der BGH hebt zuweilen auf den Maßstab der Verdächtigkeit ab. So BGHZ 150, 326 = NZI 2002, 485; hier subsumiert der BGH beim Frachtführerpfandrecht unter das Kriterium der Verdächtigkeit; BGH NZI 2009, 55 (56): Direktzahlungen des Auftraggebers gemäß §  16 Nr.  6 VOB/B an einen Nachunternehmer seien – so der BGH – deswegen besonders verdächtig, weil sie an einen Zahlungsverzug des Auftragnehmers und damit typischerweise an dessen Liquiditätsschwierigkeiten anknüpften.

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nen Anspruch hat? Der Gesetzgeber vermutet unwiderleglich602 , dass dies mit der wirtschaftlichen Krise zu tun hat und erleichtert daher die Anfechtbarkeit solcher Sicherungen und Befriedigungen, indem er §  131 Abs.  1 Nr.  1 und Nr.  2 InsO von subjektiven Voraussetzungen entkleidet. Während die Darlegung und der Beweis der objektiven Anfechtungsvoraussetzungen wie z. B. die Zahlungsunfähigkeit (§  17 InsO) eine lösbare Aufgabe darstellt, bereiten dem Insolvenzverwalter die Darlegung und der Beweis der subjektiven Tatbestandsmerkmale wie die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit in §  130 InsO häufig Schwierigkeiten. 603 aa)  Anspruchsorientierte Abgrenzung Einigkeit besteht im Ausgangspunkt der Abgrenzungsproblematik. Nach der Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO zeichnet sich die inkongruente Deckung dadurch aus, dass der Insolvenzgläubiger die Sicherung oder Befriedigung nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Im Umkehrschluss dazu ist von einer kongruenten Deckung auszugehen, wenn der Insolvenzgläubiger in der Phase der wirtschaftlichen Krise eine Deckung erhält, auf die er einen Anspruch i. S. des §  194 BGB hat. Abzustellen ist demnach darauf, ob die Bank einen Anspruch auf die Rückführung des Saldos hat. Problematisch ist insbesondere, ob die dritte Variante des §  131 Abs.  1 InsO einschlägig ist. Es geht um die Frage, ob der Insolvenzgläubiger die Befriedigung „nicht zu der Zeit“ zu beanspruchen hatte. Dies ist dann der Fall, wenn die Forderung zum Zeitpunkt der Zahlung nicht fällig (§  271 BGB) war. In methodischer Hinsicht lässt sich der Meinungsstreit auf die Kernfrage zuspitzen, ob es bei dieser anspruchsorientierten Abgrenzung – wie sie der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO einfordert – verbleiben soll oder ob §  131 Abs.  1 InsO teleologisch zu reduzieren ist. Die genaue Reichweite der teleologischen Reduktion wird dabei nicht einheitlich bestimmt. Eine Auffassung im Schrifttum604 belässt es bei dieser anspruchsorientierten Abgrenzung, wie sie der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO vorgibt. Dafür spricht der Aspekt der Rechtssicherheit. Damit gewinnt eine Unterscheidung Bedeutung, die bereits im Rahmen des §  129 InsO bei Zahlungsausgängen aus einem debitorischen Konto von der h. M. – entgegen der hier vertretenen Einheitslösung – ins Feld geführt wird. Es geht um die beiden „Schichten“ eines debitorischen Kontos, den Dispositionskredit einerseits und die sog. geduldete Überziehung andererseits. Der Anspruch der Bank auf Rückzahlung (besser Rück-

  BT-Drucks. 12/2443, S.  159.   Heublein, ZIP 2000, 161 (167); Lwowski, in: FS Uhlenbruck, S.  299 (303): „Der schwierige Beweis der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen“. 604   Jaeger/Henckel, InsO, §  131 Rdnr.  19 m.w.Nachw.; FK-InsO/Dauernheim, §  130 Rdnr.  29. 602 603

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führung) 605 des Kredits nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB ist nur bei einer geduldeten Überziehung sofort fällig606 ; bei einem Dispositionskredit bedarf es zur Fälligstellung der Kündigung des Kontokorrentkreditvertrags. In der „Deckungssprache“ der §§  130 f. InsO ausgedrückt, bedeutet dies: bewegt sich das Konto im Haben oder innerhalb des Dispositionskredits, so handelt es sich – solange keine wirksame Kündigung des Kreditvertrags erfolgte – um inkongruente Deckungen (§  131 InsO), andernfalls um kongruente Deckungen (§  130 InsO). Damit ergibt sich – ebenso wie bei der Thematik der Zahlungsausgänge im Rahmen des §  129 InsO – eine gespaltene Lösung, die das bereits behandelte Folgeproblem der konkludenten Krediterweiterung mit sich bringt. 607 Teilweise wird darüber hinaus darauf abgestellt, ob die Deckung – so wie sie erfolgt ist – erzwungen hätte werden können. 608 Jede Abweichung davon lege den Verdacht einer Bevorzugung des Gläubigers nahe. 609 Eine solche Sicht führt zur Inkongruenz der Deckung. Das Kreditinstitut könnte materiell-rechtlich den Girokontoinhaber lediglich dazu zwingen, Geld auf das Girokonto einzuzahlen und so den Darlehensrückzahlungsanspruch zu erfüllen. Eine Reduzierung des Darlehensrückzahlungsanspruchs über den Weg des Deckungseingangs, der Gutschrift auf dem Girokonto und der damit verbundenen Verringerung des rechnerischen Saldos könne das Kreditinstitut dagegen nicht erzwingen. 610 bb)  Teleologische Reduktion bei fehlender „besonderer Verdächtigkeit“ Inkongruente Deckungen zeichnen sich durch eine Verdächtigkeit aus. 611 Im Blick auf diese ratio legis ist fraglich, ob bei vorhandener bzw. fehlender Verdächtigkeit der Wortlaut des §  131 InsO zu korrigieren ist. Methodisch gefragt: Ist in den genannten Fällen §  131 InsO teleologisch zu reduzieren?612 Damit würde eine neue Kategorisierung vorgetragen in „verdächtige“ und „unverdächtige“ Deckungshandlungen613 oder wie Leithaus überspitzt ausführt „gute“ und „böse“ inkongruente Deckungen. 614 Dagegen steht jedoch, dass der Gesetzgeber bewusst von einer konkreten Verdächtigkeitsprüfung im Einzelfall   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  79 m.w.Nachw.   BGH NZI 2008, 547 (548). 607   Zu den Folgeproblemen Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  8 0 m.w.Nachw.; Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1144). 608   Peschke, S.  188; S.  194. 609   Peschke, S.  188. 610   Peschke, S.  188 f., der damit zu strengen Anforderungen an die Kongruenz bei Deckungen von Dritten gelangt. 611   Auf die Verdächtigkeit hebt auch der BGH zuweilen ab. Siehe nur BGHZ 150, 326 = NZI 2002, 485; BGH KTS 2003, 395. 612   Nach Jacobi ist der Terminus „Einschränkung“ treffender; die Rechtsfortbildung erfolge nicht anhand des Normzwecks, sondern anhand der Normwirkung: Jacobi, KTS 2006, 239 (246); ders., ZIP 2006, 2351 (2356). 613   Zu dieser Analyse: Leithaus, NZI 2002, 188 (190). 614   Leithaus, NZI 2002, 188 (190). 605

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abgesehen hat und mit der Anspruchsorientierung eine genaue Leitlinie für die Abgrenzung von kongruenten und inkongruenten Deckungen vorgegeben hat. 615 Eine solche teleologische Betrachtung würde die erstrebte Rechtssicherheit aufbrechen. 616 Peschke will daher – ähnlich wie bei abstrakten Gefährdungsdelikten im Strafrecht, wenn eine Gefährdung im Einzelfall sicher ausgeschlossen werden kann – eine teleologische Reduktion des §  131 Abs.  1 InsO nur bejahen, wenn der Insolvenzgläubiger aufgrund der Abweichung gegenüber der Gläubigergesamtheit unzweifelhaft gar nicht weitergehend bevorzugt werden kann. 617 cc)  Teleologische Reduktion bei „vertragsgemäßem Verhalten“ Als weiteres teleologisches Merkmal zur Wortlautkorrektur ist das „vertragsgemäße Verhalten“618 in Anschlag gebracht worden. Damit wird gerade die Besonderheit bei Kontokorrentverrechnungen ausgeleuchtet. Grundsätzlich besteht im ungekündigten Kontokorrent kein Anspruch auf Rückführung des Kredits, so dass eigentlich eine inkongruente Deckung zu bejahen wäre. Jedoch handelt die Bank, wenn sie alle veranlassten Ein- und Auszahlungen ausführt, vertragsgemäß. Die Bank macht lediglich das, was ihr nach der Kontokorrentabrede von Rechts wegen zusteht 619 ; sie verhält sich in der Krise genauso wie es außerhalb der Krise vereinbart worden ist, wenn sie Auszahlungen und Einzahlungen innerhalb der Kreditlinie so zulässt, wie dies vom Schuldner gewünscht wird. Anders gesagt: Sie erfüllt ihre vertraglichen Pflichten krisenunabhängig. Damit nähert sich dieser Ansatz dem Korrekturkriterium der besonderen Verdächtigkeit an: Wer sich vertragsgemäß verhält, handelt nicht verdächtig. dd)  Teleologische Reduktion bei „Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft“ Dampf betont die zentrale Rolle der Banken bei der Sanierung Not leidender Unternehmen. 620 Ob eine Unternehmenskrise überwunden und die Einleitung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens vermieden werden kann, hänge regelmäßig vom Verhalten der kreditgebenden Bank ab. Banken könnten zur Überwindung einer Unternehmenskrise beitragen, indem sie trotz erkennbarer Liquiditätsschwierigkeiten des Schuldnerunternehmens die vereinbarten Kreditlinien

  Kritisch auch Peschke, S.  194 ff.   Dies gesteht auch Jacobi ein, werde jedoch einzig Art.  3 Abs.  1 GG gerecht: Jacobi, ZIP 2006, 2351 (2356). 617   Peschke, S.  194, der dies etwa mit der h. M. annimmt, wenn eine Deckung statt durch eine Barzahlung durch eine Überweisung erfolgt. 618   Ähnlich Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1421), wonach die erweiterten Anfechtungsmöglichkeiten wegen Inkongruenz an die „planwidrige Vertragsabwicklung“ anknüpfen. 619   Leithaus, NZI 2002, 188 (190). 620   Dampf, KTS 1998, 145 (163). 615 616

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offen halten oder zur Wiederherstellung seiner Zahlungsfähigkeit zusätzliche Kredite gewähren. Der Ansatz ist folgenorientiert. Dampf hebt auf die negativen Folgen zu weit reichender Insolvenzanfechtungen bei Kontokorrentverrechnungen ab. In einer Situation, in der der Kunde werthaltige dingliche Sicherheiten oder Personalsicherheiten nicht anbieten kann, werde die Bank ihr Kreditengagement nur aufrechterhalten, wenn sie darauf vertrauen könne, dass der Kredit aus den Erträgen, die das Schuldnerunternehmen bei Fortführung seiner Geschäfte erwirtschaftet, bedient werden kann. 621 Könne der Insolvenzverwalter auf einen Großteil der vorinsolvenzlichen Zahlungseingänge im Wege der Anfechtung der Kontokorrentverrechnung zugreifen, so werde sich die Bank kaum darauf einlassen, in der Krise ihres Kunden still zu halten oder gar einen neuen – ungesicherten – Kredit zu gewähren. 622 Die Entscheidung der Bank, den Kontokorrentkredit fällig zu stellen, verschlechtere aber die finanzielle Situation des Schuldnerunternehmens zusätzlich und beschleunige in aller Regel dessen Zusammenbruch, zumal dem Kunden die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs ohne die Möglichkeit, die laufenden Betriebskosten über den Kontokorrentkredit zu finanzieren, kaum möglich sein werde. 623 Dampf stellt daher auf eine anfechtungsrechtliche Privilegierung der Kontokorrentverrechnung ab und beschränkt den Anwendungsbereich des §  131 InsO im Wege einer teleologischen Reduktion auf die Fälle, in denen die Verrechnung eingehender Zahlungen mit dem Debetsaldo als „Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft“ zu werten ist. 624 Aus dieser Umschreibung der besonderen Verdächtigkeit inkongruenter Deckungen gelangt Dampf für Kontokorrentverrechnungen zu folgendem Ergebnis: Allein die Tatsache, dass die Bank vor Kündigung des Kontokorrentkredits keinen fälligen Anspruch auf Saldoausgleich hat, rechtfertige die Anwendung des §  131 InsO nicht. Es entspreche gerade der revolvierenden Natur des Kontokorrentkredits, dass er unabhängig vom Eintritt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs der Bank in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen zurückgeführt wird. Aus der Sicht der Bank sei dies ein im Grunde unverdächtiger Vorgang. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände seien Zahlungseingänge auf ein debitorisches Kontokorrentkonto kein Indiz dafür, dass den übrigen Gläubigern Vermögenswerte des Schuldners vorenthalten werden sollen. Die Anwendung des §  131 InsO sei vor allem dann gerechtfertigt, wenn die Bank an der Entstehung der Verrechnungslage zielgerichtet mitgewirkt hat, z. B. indem sie den Kunden dazu veranlasst hat, seine Außenstände vermehrt über das bei ihr unterhaltene Kontokorrentkonto ein  Dampf, KTS 1998, 145 (164).   Zur Berücksichtigung wirtschaftlicher Folgen W.Obermüller, in: FS Bärmann, S.  709 (721), der auf die gesamtwirtschaftlichen Bedürfnisse abstellt. 623   Dampf, KTS 1998, 145 (164). 624   Dampf, KTS 1998, 145 (171 ff.). 621

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zuziehen. Ebenso sei zu entscheiden, wenn die Bank noch Gutschriften zum Zwecke der Verrechnung hereinnehme, obwohl sie bereits zu diesem Zeitpunkt einer weiteren Belastung des Kontos z. B. durch die Ablehnung von Überweisungen oder Scheckauszahlungen entgegengetreten ist. 625 Diese teleologische Reduktion des §  131 InsO erhöhe – so Dampf – die Vorhersehbarkeit des Kreditengagement, und fördere die außergerichtliche Sanierungsbereitschaft der Banken. 626 ee)  Schuldtypische Deutung Häsemeyer favorisiert eine schuldtypische Deutung. Es sei darauf abzustellen, wie die primäre Hauptleistungspflicht typischerweise im Rechtsverkehr zu erfüllen ist. 627 Damit löst sich Häsemeyer von der Maßgeblichkeit der Parteivereinbarung, indem er ein wertendes Korrektiv installiert. Das Abstellen auf die Privatautonomie begünstige schließlich geschickte Gläubiger, weil diese sich verschiedene, auswechselbare Leistungen versprechen lassen können, sofern die Vereinbarung nur genügend spezifiziert getroffen werde. Eine solche vorgreifliche Einschränkung der Privatautonomie des Schuldners sollte im Verhältnis des Anfechtungsgegners zu seinen Mitgläubigern nicht honoriert werden. 628 Nach diesem Ansatz kommt es immer dann zu einer Ausweitung des §  131 InsO, wenn die Parteivereinbarung eine Art „Fremdkörper“ in sich birgt, der von der Typik vertraglicher Abwicklung abweicht. Für diese Korrektur gibt es indes keine gesetzliche Anknüpfung. Im Übrigen bringt diese Auffassung eine Rechtsunsicherheit mit sich, die der Gesetzgeber gerade vermeiden wollte. §§  130 ff. InsO tragen mit dem Anspruchskriterium bewusst der Privatautonomie Rechnung. Dieses Element der „Heteronomie“ ist daher in dieser Allgemeinheit abzulehnen. ff)  Die gespaltene Lösung des BGH Der BGH kommt zu einer differenzierten Lösung: Soweit die Bank den Schuldner über die Eingänge verfügen hat lassen, nimmt der Senat eine kongruente Deckung an. Nur soweit es zu einer Rückführung des Schuldensaldos gekommen ist, wird eine inkongruente Deckung konstatiert. Grundlegend ist das Urteil des BGH vom 7.  3. 2002. 629 Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Verwalter in dem am 1.  5. 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S-GmbH (nachfolgend: Schuldner). Diese unterhielt bei der verklagten 625   Dampf, KTS 1998, 145 (173), der weiter ausführt, dass eine Fallgruppenbildung angezeigt ist. 626   Dampf, KTS 1998, 145 (173). 627   Häsemeyer, KTS 1982, 507 (564); ders., Rdnr.  21.56. 628   Häsemeyer, KTS 1982, 507 (564); ders., Rdnr.  21.56. 629   BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722.

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Bank ein Kontokorrentkonto, auf dem der GmbH bis auf Weiteres ein Kreditrahmen von 500.000 DM eingeräumt war. Am 5.  3. 2000 war der Kredit bis zu einer Höhe von 325.478,15 DM in Anspruch genommen. Am 4.  4. 2000 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Nachdem sie dies der Beklagten mitgeteilt hatte, kündigte diese mit Schreiben vom selben Tage gemäß Nr.  19 III ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kreditvertrag mit sofortiger Wirkung. Zum 5.  4. 2000 betrug der Sollsaldo auf dem Konto der GmbH bei der Beklagten 241.818,94 DM. Im letzten Monat davor waren Einzahlungen von 405.128,67 DM und Auszahlungen von 321.469,46 DM vorgenommen worden. Die Beklagte erstattete dem Kläger den Differenzbetrag von 83.659,21 DM, um den der Sollsaldo seit dem 5.  3. 2000 zurückgeführt worden war. Mit der Klage verlangte der Kläger weitere 174.521,85 DM als denjenigen Betrag, um den die GmbH die Kreditlinie am 5.  3. 2000 nicht ausgenutzt hatte.

(1)  Grundsatz: Anspruchsorientierte Abgrenzung Der IX. Zivilsenat rekurriert zunächst auf die Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO und führt aus, dass eine Sicherung oder Befriedigung inkongruent sei, wenn der Gläubiger sie nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Der Kreditgeber könne die Rückzahlung eines ausgereichten Kredits erst nach dessen Fälligkeit fordern. Das setze, soweit der Kredit nicht von vornherein befristet war, gemäß §  609 BGB a. F. eine Kündigung voraus. 630 Die Giro- oder Kontokorrentabrede allein stelle nicht den Kredit zur Rückzahlung fällig. 631 Sie verpflichte vielmehr den Kreditgeber auch, den Kontoinhaber jederzeit wieder über den eingeräumten Kredit – innerhalb der vereinbarten Grenze – verfügen zu lassen. 632 Ein Recht zu dessen endgültiger Rückführung gewähre sie sogar im Falle der vereinbarten Saldierung nicht. (2)  Ausnahme bei vertragsgemäßem Verhalten Von dieser anspruchsorientierten Abgrenzung zwischen einer kongruenten und einer inkongruenten Deckung macht der BGH sodann eine Ausnahme, soweit die Bank den Schuldner über die Eingänge wieder hat verfügen lassen. Der BGH führt dazu aus, dass aufgrund der Giroabrede die Bank berechtigt und verpflichtet sei, für den Kunden bestimmte Geldeingänge entgegenzunehmen und gutzuschreiben. 633 Aus der Giroabrede folge regelmäßig zugleich das Recht der Bank, bei einem debitorischen Girokonto den Sollsaldo zu verringern. 634 Umgekehrt verpflichte sich die Bank, Überweisungsaufträge des Kunden zu Lasten seines Girokontos auszuführen, sofern es eine ausreichende Deckung aufweist. Von dieser Vertragslage habe die Bank auszugehen. Da sie nicht   Noch nicht eindeutig in diese Richtung gehend BGHZ 58, 108 = NJW 1972, 633.   So bereits BGH NJW 1999, 3780; Zuleger, ZInsO 2002, 49 (51 f.). 632   Damit korrespondiere die Pflicht der Bank zur Annahme eingehender Gelder. Diese Wechselwirkung reiche aber für die Kongruenz der Deckung nicht aus. So BGH NJW 1999, 361. 633   BGHZ 128, 135 (139) = NJW 1995, 520. 634   Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  9. 630 631

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zur Prüfung berechtigt sei, ob der Einzahlende möglicherweise auf andere Weise an seinen Gläubiger (den Bankkunden) hätte leisten dürfen, komme es auch für die Kongruenz nicht darauf an, ob die Bank schon die Einzahlung auf ein gerade bei ihr geführtes Konto hätte verlangen dürfen. 635 Zwar sei für die Abgrenzung der Kongruenz oder Inkongruenz von Sicherungen oder Befriedigungen allgemein maßgeblich, ob der Empfänger diese Art der Deckung zu beanspruchen hat. Dieses Kriterium sei dagegen bedeutungslos, solange und soweit die Annahme der Leistung nicht einer Deckung wegen eigener Forderungen des Empfängers diene, sondern der vorwiegend fremdnützigen Erfüllung von Vertragspflichten gegenüber sachlich betroffenen Auftraggebern. Indem die Bank diese Absprachen einhalte und den Giroverkehr fortsetze, handele sie vertragsgemäß, also kongruent. 636 Das setze insbesondere voraus, dass sie den Kunden weiter in der vereinbarten Weise Verfügungen vornehmen lasse und ihm auch einen vertraglich eingeräumten Kreditrahmen offen halte. Dann bleibe dem Kunden die Möglichkeit, über Eingänge zu seinen Gunsten auch nach eigenem Ermessen wieder zu verfügen. Er allein entscheide darüber, ob die Darlehensforderung der Bank im vereinbarten Rahmen anwächst oder geringer wird. Erst wenn die Bank Verfügungen des Kunden nicht mehr in der vereinbarten Weise zulasse, könne sie mit Verrechnungen vertragswidrig, also inkongruent handeln, soweit dadurch im Ergebnis ihre Darlehensforderung vor deren Fälligkeit durch die saldierten Gutschriften zurückgeführt wird. 637 Unter jener Voraussetzung könne sogar schon die einseitige Annahme und Verbuchung von Gutschriften im Kontokorrent innerhalb eines von der Anfechtung erfassten Zeitraums die spätere Kredittilgung durch Saldierung i. S. des §  131 Abs.  1 InsO ermöglichen. Denn bereits die Herstellung einer Verrechnungslage sei geeignet, die Insolvenzgläubiger des Bankkunden zu benachteiligen. Für die Kongruenz ist nach dem BGH damit nicht ausreichend, dass die Bank dem   Mayen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  47 Rdnr.  8.   Der BGH verneint daher auch eine Abspaltungsmöglichkeit des Anfechtungszeitraums ohne den Schlusszeitraum des §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO (letztes Monat vor Antragstellung und danach): BGH WM 2011, 1523. Eine andere Gesetzesauslegung würde willkürlichen Ergebnissen Tür und Tor öffnen (in diesem Sinne bereits die Vorinstanz OLG Koblenz ZIP 2010, 1615; dazu Stiller, ZInsO 2011, 87. Diese Einheitslösung hinsichtlich des Anfechtungszeitraums überzeugt jedenfalls, wenn man die dogmatische Herleitung des BGH zur Deckungsqualität teilt. Danach ist die Festlegung der Inkongruenz nicht statisch. Durch eine neue Kreditgewährung wird aus einer zuvor erfolgten inkongruenten Deckung eine kongruente und damit zugleich eine als Bargeschäft unanfechtbare Verrechnung. Dann kann aber für die Beurteilung „Kongruenz oder Inkongruenz“ nicht auf die – nach dem zweiten oder dritten Monat vor Insolvenzantragstellung – folgenden Ein- und Auszahlungen bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung verzichtet werden (Abspaltungsverbot). Das Gläubigerverhalten ist in der Tat noch nicht abgeschlossen. Zu betragsmäßigen Abspaltungen: Kayser, in: FS Gero Fischer, S.  267 (275). 637   Nach dem BGH ist damit nicht die „Kontosperre“ Bedingung der Inkongruenz. Vielmehr ist die tatsächliche Auszahlung Voraussetzung der ausnahmsweise anzunehmenden Kongruenz. So zutreffend die Analyse von Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (42). 635

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Kunden die Verfügungsmöglichkeit einräumt, sondern sie kommt nur in Betracht, soweit der Kunde tatsächlich verfügt hat. 638 (3)  Folgeproblem: Anfechtbarkeit der Kreditkündigung Nach der Rechtsprechung und der h.L. führt eine wirksame Kündigung zu einer kongruenten Deckung. Anderes könnte sich aber ergeben, wenn die Kündigung ihrerseits der Insolvenzanfechtung unterliegt. 639 Eine Anfechtung nach §  133 InsO scheitert daran, dass die Kündigung der Bank keine Rechtshandlung des Schuldners ist. 640 Kontrovers wird die Anfechtbarkeit nach §§  130 f. InsO diskutiert, wenn die Kündigung innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. danach erfolgte. 641 (a)  Meinungsstand Nach der h. M. ist eine Kreditkündigung nach §§  130 f. InsO anfechtbar, da diese eine Befriedigung ermögliche. 642 Führe die Bank durch ihre Kündigung erst die Fälligkeit ihres Kredits herbei, die die Deckung kongruent werden lasse, so werde diese ermöglicht. Teilweise wird dieses Ergebnis dann durch folgende Überlegung modifiziert: Es komme darauf an, ob die Kündigung nach materiellem Recht wirksam sei, insbesondere müsse ein Kündigungsgrund vorliegen. Sei dies der Fall, dann habe die Bank regelmäßig einen Anspruch i. S. der §§  130 f. InsO darauf, das Rechtsverhältnis zu beenden. Dass der Ausspruch der Kündigung im Ermessen der Bank stehe, schließe nicht ihr „verhaltenes“ Recht aus; übe sie es aus, so sei die Fälligkeitsfolge grundsätzlich auf kongruente Weise herbeigeführt. 643 Nach Steinhoff sind die Voraussetzungen des §  131 InsO nicht erfüllt. Eine Bank sei nicht verpflichtet, an einer Sanierung ihres Kunden mitzuwirken. 644 Gegen eine solche Pflicht spreche die gesetzliche Wertung des §  610 BGB a. F. (jetzt: §  490 BGB), wonach der Darlehensgeber unter den dort geregelten Voraussetzungen außerordentlich kündigen könne. Erst recht müsse der Bank das Recht zustehen, ein Darlehen zu verweigern, wenn eine ausdrückliche vertrag  Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (43).   Der Kredit würde als nicht gekündigt gelten und die Verrechnung folglich als inkongruent. Dazu Göb, S.  109. 640   Aus demselben Grund scheiden §  132 InsO und §  134 InsO aus: §  132 InsO setzt ein Rechtsgeschäft des Schuldners und §  134 InsO eine Leistung des Schuldners voraus. 641   Daran, dass die Kündigung ein möglicher Anfechtungsgegenstand sein kann, sollte kein Zweifel bestehen. Ausführlich hierzu Göb, S.  110 ff. 642   BGH NJW 2009, 2600 (2601); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  41a; ders., in: FS Uhlenbruck, S.  269 (272 ff.); Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  218; Obermüller, Rdnr.  3.210; Göb, S.  115. 643   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  41a; ders., in: FS Uhlenbruck, S.  269 (272 ff.); Obermüller, Rdnr.  3.210. 644   Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1145). 638 639

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liche Verpflichtung hierzu nicht bestehe. 645 Im Übrigen widerspräche es den aufsichtsrechtlichen Schranken des Kreditwesensgesetzes, wenn die Bank in der erkennbaren Krise des Kunden noch einen Kredit vergeben würde. 646 (b)  Stellungnahme Gegen die Ansicht von Steinhoff hat Bork zu Recht angeführt, dass die Bank nicht zu unverantwortlichen Krediten gezwungen werde. Durch die Kündigung könne sie verhindern, dass ihr Kunde die Kreditlinie weiter ausnutze, sie also neue Kredite vergeben müsse; im Hinblick auf bereits gewährte Kredite müsse sie sich wie die übrigen Insolvenzgläubiger behandeln lassen. 647 In der Tat hat die Kündigung die Deckung ermöglicht und kommt daher eine Insolvenzanfechtung nach §§  130 f. InsO in Frage. Bezugspunkt für die Anspruchsprüfung ist aber nicht die Rechtshandlung, sondern die Deckung. 648 Es kommt nicht darauf an, ob ein Anspruch der Bank auf die Kündigung besteht. Ist die Kündigung wirksam, so ist materiell-rechtlich ein Anspruch i. S. des §  194 BGB auf die Rückführung des Kontokorrentkredits gegeben. Darauf ist auch abzustellen, wenn Anfechtungsgegenstand die Kündigung ist und es um das Ermöglichen einer Deckung geht. M. E. ist es ein Zirkelschluss, wenn man die Inkongruenz der Kündigung aus der Anfechtbarkeit der Kündigung ableiten will. Die h. M., wonach eine Kreditkündigung nach §  131 InsO anfechtbar ist, verdient daher keine Zustimmung. Aber auch bei Annahme einer kongruenten Deckung ist die Rückführung des Kontokorrentkredits nach erfolgter außerordentlicher Kündigung wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kunden (§  490 BGB) im Regelfall nicht insolvenzfest. Einer Bank wird es kaum gelingen einerseits für die Begründung der außerordentlichen Kündigung des Kreditvertrags die schlechte Vermögenslage des Kunden darzulegen und andererseits in den Genuss des Vertrauensschutzes nach §  130 InsO zu gelangen. Die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (§  130 Abs.  2 InsO), wird die Bank nach der Kündigung kaum bestreiten können. 649 In praxi wird sich daher der Meinungsstreit kaum auswirken. gg)  Kritische Beleuchtung der Judikaturlinie Der IX. Zivilsenat weicht vom Grundsatz einer anspruchsorientierten Abgrenzung ab und nimmt unausgesprochen eine teleologische Reduktion des §  131   Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1145) mit Rekurs auf §  32a GmbHG a. F.; nicht einmal Gesellschafter seien über die Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts verpflichtet, zusätzliche Kredite in der Krise zu gewähren. 646   Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1145) mit Rekurs auf §  18 KWG. 647   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  218. 648   Zu dieser Unterscheidung siehe auch Göb, S.  115. 649   Obermüller, Rdnr.  3.210; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  218. 645

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Abs.  1 InsO vor. Er trägt eine „gespaltene Lösung“ vor: Soweit die Bank den Schuldner über die Eingänge wieder hat verfügen lassen, ist von einer kongruenten Deckung auszugehen. Soweit es hingegen zu einer Rückführung des Schuldensaldos gekommen ist, nimmt der Senat eine inkongruente Deckung an. Für den Lösungsansatz des BGH streitet, dass die Komplexität des Gesamtvorgangs reduziert und eine gut subsumierbare Vorgabe getroffen wird, die für die Praxis handhabbar650 ist und Rechtssicherheit mit sich bringt. Zudem erscheint das Ergebnis wirtschaftlich vernünftig. 651 Die Ausführungen des BGH sind jedoch in dogmatischer Hinsicht zu kritisieren. (1)  Methodische Bedenken gegen die Mutationsthese des BGH Diese Judikatur ist bereits deshalb kritikwürdig, weil der BGH diese gespaltene Lösung nicht mit dem Gesetz abgleicht. Zwar stellt der IX. Zivilsenat im Ausgangspunkt seiner Entscheidung auf den Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO ab und gelangt so zu einer grundsätzlich anspruchsorientierten Abgrenzung. Jedoch ordnet der Senat die dann vorgetragene Ausnahme methodisch nicht ein. Die Differenzierung des BGH führt dazu, dass die Beurteilung einer Deckung als kongruent oder inkongruent nicht statisch ist. Eine Zulassung eines Zahlungseingangs durch die Bank stellt nach der Konzeption des IX. Zivilsenats zunächst eine inkongruente Deckung dar, die sich zu einer kongruenten Deckung „verwandeln“652 kann, wenn ein Zahlungsausgang in gleicher Höhe erfolgt. 653 Ob die Einstellung einer Gutschrift in das Kontokorrent kongruent oder inkongruent ist, hängt damit nicht nur vom Verhalten der Bank, sondern von einer späteren Handlung des Schuldners ab. 654 Ringstmeier/Rigol sprechen davon, dass der BGH dem Anfechtungsgegner offensichtlich eine Art „Gestaltungsspielraum“ einräumen will, innerhalb dessen der die Deckung Empfangende selbst darüber bestimmen kann, ob eine bei ihm eingetretene Befriedigung eine kongruente oder inkongruente Deckung sein soll. 655 Diese Mutationsmöglichkeit ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Dieses Entwicklungspotential einer Deckung nach dem BGH erscheint merkwürdig. Freilich muss berücksichtigt werden, dass die Abgrenzung zwischen einer kongru  Ringstmeier/Rigol, EWiR 2002, 685 (686).   Rigol/Homann sprechen von einem wirtschaftlich „gerechten“ Ergebnis: Rigol/Homann, ZIP 2003, 15 (16). 652   Ringstmeier/Rigol, EWiR 2002, 685 (686). 653   De Bra, NZI 1999, 249 (253): „Die Entscheidung lässt sich dogmatisch nur schwer einordnen.“ 654   Rigol/Homann, ZIP 2003, 15 (16); siehe ferner BGH WM 2011, 1523: „Werden Rechtshandlungen dagegen nach §  131 Abs.  1 Nr.  2 oder 3 InsO angefochten, kann eine drohende Inkongruenz von Verrechnungen durch die Weiterentwicklung des Kontokorrents im letzten Monat vor der Antragstellung oder danach noch behoben werden.“ 655   Ringstmeier/Rigol, EWiR 2002, 685 (686). 650 651

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enten und einer inkongruenten Deckung grundsätzlich erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens virulent wird und damit immer ex post erfolgt. Gleichwohl streitet gegen die Mutationsthese des BGH schon der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO: Danach muss eine Deckung dem Insolvenzgläubiger gewährt oder ermöglicht worden sein, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Als Beurteilungszeitpunkt wird somit der Zeitpunkt der Deckung vorgegeben. Für die Möglichkeit eines Wechsels bei der Einstufung der Deckung als kongruent oder inkongruent ergibt sich im Gesetz kein Anhaltspunkt. Eine solche Sicht lässt sich auch nicht aus der ratio legis des §  131 Abs.  1 InsO ableiten. Der Gesetzgeber hat mit dem anspruchsbezogenen Abgrenzungskriterium ein rechtliches Merkmal vorgegeben, das Rechtssicherheit in der Anwendung ermöglichen soll. Dieses weicht der BGH auf, indem er eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung ansetzt 656 , die freilich erst ex post vorgenommen werden kann. Damit wird aber das klar konturierte Abgrenzungskriterium des Gesetzes zu Lasten der Rechtssicherheit deutlich aufgebrochen. 657 (2)  Die Formel „vertragsgemäß ist gleich kongruent“ Der IX. Zivilsenat stellt die „Formel“ auf: vertragsgemäß ist gleich kongruent, vertragswidrig ist gleich inkongruent. 658 Unklar bleibt, wie diese Feststellung mit der vorgenommenen Differenzierung in Einklang zu bringen ist. 659 Denn auch wenn es zu einer Rückführung des Kontokorrentkredits gekommen ist und die Bank alle Ein- und Ausgänge nach den Vorgaben des Kunden ausgeführt hat, verhält sich die Bank doch vertragsgemäß. Der BGH verfolgt zwei Argumentationslinien, die nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Die Differenzierung des Senats muss wohl im Zusammenhang mit seiner These gesehen werden, dass nur bei kongruenten Deckungen die Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO eingreifen soll. 660 Im Letzten vermengt der Senat die Abgrenzungsproblematik zwischen §  130 InsO einerseits und §  131 Abs.  1 InsO andererseits mit der Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO. 661 (3)  Anfechtungsrechtliche Verdächtigkeit Ein Bruch besteht in der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats auch in einem anderen Punkt. Beim gesetzlichen Frachtführerpfandrecht (§  441 Abs.  1 HGB) etwa stellt der IX. Zivilsenat darauf ab, dass die Verschärfung des Anfechtungs656   So auch die Analyse von de Bra, NZI 1999, 249 (253): „wirtschaftliche Betrachtungsweise“. 657   Treffend Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  11: „Das hat der BGH im Ergebnis richtig beurteilt. Die kritikwürdige Begründung sollte er aber aufgeben.“ 658   BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722 (1723). Kritisch dazu etwa Peschke, S.  190. 659   Überblick über die unterschiedlichen Interpretationen der BGH Rechtsprechung im Schrifttum bei OLG Rostock WM 2007, 980. 660   BGHZ 123, 320 = NJW 1993, 3267 (3269). 661   Peschke, S.  191: „systemwidriger Kunstgriff“.

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rechts bei inkongruenten Deckungen solche Deckungen erfassen soll, die im Hinblick auf die nahe bevorstehende Insolvenz besonders verdächtig sind. 662 Kongruent sei das gesetzliche Frachtführerpfandrecht auch soweit es inkonnexe Forderungen sichere. Die anfechtungsrechtliche Unverdächtigkeit ergebe sich aus einer „spezifisch transportrechtlichen Sicht“. 663 Das Verdächtigkeitskriterium erlangt in diesem Judikat eine besondere Bedeutung. Der BGH löst sich vom Wortlaut des §  131 InsO und stellt auf ein Merkmal ab, das sich auch in der Gesetzesbegründung wieder findet. 664 Das Kriterium der Verdächtigkeit muss entweder immer oder darf nie gelten. Es darf nicht eine argumentative Wunderwaffe im Einzelfall sein; ein derartiger ergebnisorientierter Kunstgriff ist abzulehnen. hh)  Stellungnahme und eigener Ansatz Eine methodologische Ordnung der Argumente lässt sich nur gewinnen, wenn man keine verkürzten Auslegungswege geht, sondern das gesamte Spektrum des Interpretationsinstrumentariums zum Einsatz bringt. (1)  Grammatische Auslegung Der Wortlaut der §§  130, 131 InsO ist zunächst eindeutig. Die Trennlinie zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen hat anspruchsorientiert zu erfolgen. Dies ergibt sich aus der Legaldefinition in §  131 Abs.  1 InsO. Entscheidend ist demnach, ob der Insolvenzgläubiger die Deckung „zu beanspruchen hatte“. Das Gesetz nennt drei Unterkategorien („nicht“, „nicht in der Art“, „nicht in der Zeit“). Wählt man als Bezugspunkt die Rückführung des Kontokorrentkredits, dann kommt man zu einer Kongruenz nur bei einer geduldeten Überziehung und bei einer Fälligstellung des Dispositionskredits durch eine Kündigung. Nur in diesen Fällen hat die Bank einen fälligen Anspruch auf Rückführung nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB. (2)  Historische Auslegung In der Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung heißt es, dass ein Gläubiger, der eine ihm nicht zustehende Leistung erhält, weniger schutzwürdig erscheint als ein Gläubiger, dem eine kongruente Deckung gewährt wird. 665 Deswegen war bereits im Geltungsbereich der Konkursordnung die Anfechtbarkeit von inkongruenten Deckungen verschärft. Zum einen wurde die Anfechtbarkeit auf die letzten zehn Tage vor der Zahlungseinstellung oder dem 662   BGHZ 150, 326 = NZI 2002, 485 mit Rekurs auf BGH ZIP 1998, 2008 (2011); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  1; Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnrn.  185, 224. Fortführung der Kongruenzrechtsprechung in BGH NZI 2005, 389. 663   BGHZ 150, 326 = NZI 2002, 485. 664   BT-Drucks. 12/2443, S.  158. 665   BT-Drucks. 12/2443, S.  158; darauf rekurriert auch Dampf, KTS 1998, 145 (172).

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Eröffnungsantrag ausgedehnt. Zum anderen musste der Gläubiger einen Entlastungsbeweis führen, an den die Judikatur strenge Anforderungen stellte. 666 Ein Gläubiger, der eine vertraglich geschuldete Leistung erhalten hat, müsse grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er die ihm zustehende Leistung behalten dürfe. 667 Wegen der besonderen Verdächtigkeit inkongruenten Erwerbs sei es aber gerechtfertigt, für einen Zeitraum von bis zu einem Monat vor dem Eröffnungsantrag auf subjektive Voraussetzungen in der Person des Anfechtungsgegners ganz zu verzichten. 668 Bei inkongruenten Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag erfolgt sind, sei eine unwiderlegliche Vermutung der Krise wegen des größeren zeitlichen Abstands zum Eröffnungsantrag nicht mehr gerechtfertigt. 669 Mit den Termini „eine ihm nicht zustehende Leistung“ und „besondere Verdächtigkeit“ wird die Tiefendimension des Anspruchskriteriums offen gelegt. Wenn die Bank die weiteren Zahlungsausgänge nach dem Ermessen des Schuldners zulässt (kontokorrentmäßige Verrechnungen), stehen diese der Bank auch dann zu, wenn die Summe der Zahlungseingänge höher ist als diejenige der Zahlungsausgänge; diese entsprechen der Kontokorrentabrede und sind nicht verdächtig, auch wenn es zu einer Saldoreduzierung kommt. (3)  Systematische Auslegung Bemerkenswert ist, dass §  130 Abs.  1 InsO jede Deckung unter den genannten Voraussetzungen als anfechtbar ansieht. Eine Beschränkung auf kongruente Deckungen – wie sie die Legalüberschrift erwarten ließe – findet im Gesetzestext keinen Niederschlag. Die Legaldefinition ist erst in §  131 Abs.  1 InsO für die inkongruente Deckung geregelt. Grundsätzlich ist bei Deckungen zum einen eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Zeitpunkt der Rechtshandlung erforderlich; zum anderen muss der Insolvenzgläubiger, der als Anfechtungsgegner anvisiert wird, zu dieser Zeit grundsätzlich die Zahlungsunfähigkeit kennen. Ausnahmsweise sind diese strengen Voraussetzungen entbehrlich bzw. in modifiziert abgeschwächter Weise maßgebend, wenn die Deckung inkongruent ist. Eine verminderte Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners führt zur Ab666   Siehe §  23 Nr.  2 KO a. F.: „Anfechtbar sind die nach der Zahlungseinstellung oder dem Antrage auf Eröffnung des Verfahrens oder in den letzten zehn Tagen vor der Zahlungseinstellung oder dem Eröffnungsantrage vorgenommenen Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, welche einem Konkursgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewähren, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, sofern er nicht beweist, daß ihm zur Zeit der Handlung weder die Zahlungseinstellung und der Eröffnungsantrag, noch eine Absicht des Gemeinschuldners, sich vor den übrigen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war.“ 667   BT-Drucks. 12/2443, S.  158. 668   BT-Drucks. 12/2443, S.  158. 669   BT-Drucks. 12/2443, S.  159.

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schmelzung der Anfechtungsvoraussetzungen. Nur bei dieser Leseart ist es stimmig, dass die Legaldefinition erst bei §  131 Abs.  1 InsO aufleuchtet. Ob diese reduzierte Schutzwürdigkeit bei saldoreduzierenden Verrechnungen anzunehmen ist, erscheint fraglich, wenn man die Aussagen der Gesetzesbegründung in diese systematische Betrachtung von §  130 InsO einerseits und §  131 InsO andererseits hineinliest. (4)  Teleologische Auslegung Höher als der Wortlaut des Gesetzes stehen sein Sinn und Zweck. 670 Aus der historischen und systematischen Auslegung konnten bereits erste wichtige Anhaltspunkte für den Normzweck gewonnen werden. Bei inkongruenten Deckungen ist die Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners geringer. Dies liegt in der besonderen Verdächtigkeit solcher Deckungen, wobei das Gesetz bewusst auf keine Verdächtigkeitsprüfung im Einzelfall abstellt, sondern mit der Anspruchsorientierung ein Kriterium der Rechtssicherheit vorlegt. Diese Wertung ist zu berücksichtigen. Damit ist aber dennoch die Frage offen, ob nicht bei einem „vertragsgemäßen Verhalten“, das krisenunabhängig erfolgt und keine besondere Verdächtigkeit aufweist, ebenfalls von einer kongruenten Deckung auszugehen ist. Anders gefragt: Ist das Kriterium des Anspruchs in §  131 Abs.  1 InsO zu weit geraten? Ist §  131 Abs.  1 InsO teleologisch zu reduzieren? Auch bei der Bestimmung der Deckungsqualität ist nun die als „Schlagader“ bezeichnete Doppelfunktionalität der Bank ins Spiel zu bringen. Die Bank handelt einerseits als Kreditgeberin und andererseits als Abwicklerin des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Die vorzeitige Rückzahlung eines Zahlungskredits ist nach h. M. eine inkongruente Deckung i. S. des §  131 Abs.  1 InsO. Die Bank hat mangels Fälligkeit keinen Anspruch nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB. Bei Kontokorrentverrechnungen besteht allerdings eine Besonderheit: Die Bank hat einen revolvierenden Kredit ausgereicht, der durch Gutschriften immer wieder zurückgeführt und durch Auszahlungen jeweils wieder in Anspruch genommen wird. Dies ist der eigentliche Grund, weshalb solchen Rückführungen des debitorischen Kontos grundsätzlich keine besondere Verdächtigkeit innewohnt und von einem vertragsgemäßen Verhalten auszugehen ist. Die Bank hat aufgrund der Kontokorrentabrede einen Anspruch auf periodengemäße Verrechnung. Die Frage dringt nun vor, ob ebenso wie bei der normativen Bestimmung der Gläubigerbenachteiligung nach §  129 InsO auch beim Kongruenzbegriff der §§  130 f. InsO ein ähnliches Korrektiv in Ansatz zu bringen ist. Im Grunde geht es bei der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen um das Spannungsfeld zwischen Privatautonomie und Gläubigergleichbehandlung. Die Gläubigergleichbehandlung findet im besonderen Insolvenzanfechtungsrecht eine Vorwirkung; bei dem Abgrenzungskri  BGH NJW 1955, 1276 (1278); BGHZ 29, 163 = NJW 1959, 627 (628).

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terium der Anspruchsbezogenheit misst der Gesetzgeber mit dem Maßstab der Privatautonomie aus, welche Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit bestehen sollen; zu einer erleichterten Anfechtbarkeit soll es kommen, wenn die Deckung nicht im Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung steht. Der Rekurs auf einen Anspruch ist bei §  131 Abs.  1 InsO zu weit geraten. Gewiss bildet das Anspruchskriterium im Regelfall die treffende Abgrenzungslinie: im Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung steht eine Deckung, wenn der Insolvenzgläubiger darauf einen Anspruch hatte. Gerade der Fall der Kontokorrentverrechnung zeigt aber, dass es auch Fälle gibt, bei denen dieser Automatismus zu kurz greift. Die Bank reicht einen revolvierenden Kredit aus und ist doppelfunktional tätig, sowohl als Kreditgeberin als auch als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Ein vertragsgemäßes Verhalten der Bank führt dazu, dass sie die Zahlungseingänge und -ausgänge so verbucht, wie es dem Kundenwillen entspricht („kontokorrentmäßige Verrechnung“671). Das Verhalten der Bank entspricht dann aber den vor der Krise getroffenen Vereinbarungen; es ist vertragsgemäß und in dem Sinne unverdächtig, dass sich die Bank in der Krise nicht anders verhält als es vor der Krise vereinbart wurde. Daher ist es nicht gerechtfertigt, das Vertrauensschutzelement des §  130 Abs.  1 InsO (Kenntnis der Bank von der Zahlungsunfähigkeit) abzuschleifen und eine erleichterte Anfechtbarkeit nach §  131 InsO zu ermöglichen. §  131 Abs.  1 InsO ist also dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass es darauf ankommt, ob der Anfechtungsgegner sich in Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung verhalten hat. 672 Nur bei dieser Sichtweise lässt sich dogmatisch erklären, weswegen die Kontokorrentabrede mit in den Blick zu nehmen ist. Die Gegenauffassung klammert das Proprium der Kontokorrentabrede gänzlich aus, betrachtet den Kreditvertrag isoliert 673 und ignoriert das doppelfunktionale Handeln der Bank. Diese Präzisierung des Anspruchskriteriums im Blick auf den übergeordneten Gedanken der Privatautonomie fügt sich in die Rechtsprechung des BGH zu anderen Abgrenzungsproblemen zwischen §  130 InsO und §  131 InsO ein. Bei geringfügigen Abweichungen setzt der BGH eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Es sei grundsätzlich denkbar, auch solche Leistungen, welche der Gläubiger nicht in der Art oder nicht zu der Zeit beanspruchen kann, als kongruent zu behandeln, wenn die Abweichung von der geschuldeten Leistung so geringfügig ist, dass das Erbrachte sich, auch unter Berücksichtigung der   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  82.   Dampf, KTS 1998, 145 (171 ff.) spricht von einem „Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft“. Kritisch Heublein, ZIP 2000, 161 (166), der diesen Ansatz für nicht praktikabel hält. 673   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  82: „Als Modus regelt die Kontokorrentabrede, ob die Kompensation vertragsgemäß ist, weil sie insoweit Giro- und Kreditvertrag ausgestaltet.“ Für eine Kongruenz auch C.Becker, Insolvenzrecht, Rdnr.  610. 671

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Verkehrssitte, als unverdächtig darstellt. 674 Im Grunde genommen muss es auch hier um den Gedanken der Privatautonomie gehen: Weil in diesen Fällen die Abweichung nach der Parteivereinbarung als vernachlässigenswert einzustufen ist, deshalb ist von einer Kongruenz auszugehen. 675 Die Lösung der Rechtsprechung und der h.L. hat Heublein zu Recht als anfechtungsrechtlich verkehrte Welt bezeichnet. 676 Denn nach diesem Ansatz kommt es zu inkongruenten Deckungen vor allem in Phasen kritischer oder gestörter Geschäftsbeziehungen. Solange die dem Schuldner eingeräumte Kreditlinie weder gekündigt noch überschritten ist, verläuft die Geschäftsbeziehung zwischen diesem und der Bank jedenfalls äußerlich ordnungsgemäß. Kongruente Deckungen treten dagegen nach h. M. in erster Linie bei Überziehungen und Kreditkündigungen auf. Gerade dort ist aber eine Verdächtigkeit, die vom Gesetzgeber als Rechtsfertigung für die erleichterte Anfechtbarkeit inkongruenter Deckungen angeführt wird, viel eher anzunehmen. 677 ii)  Ergebnis und Folgerungen Im Regelfall ist nach der hier vertretenen Auffassung bei Kontokorrentverrechnungen von kongruenten Deckungen auszugehen. §  131 Abs.  1 InsO ist teleologisch zu reduzieren: Maßgebend ist, ob der Anfechtungsgegner sich in Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung verhalten hat. Bei Kontokorrentverrechnungen ist dabei das doppelfunktionale Handeln der Bank zu berücksichtigen und nicht isoliert auf den Anspruch auf Rückführung des debitorischen Kontos abzuheben, sondern vielmehr auch die Kontokorrentabrede einzubeziehen. Damit gewinnen freilich die subjektiven Tatbestandsmerkmale des §  130 Abs.  1 InsO eine große praktische Bedeutung. 678 b)  Vorsätzliche Benachteiligung (§  133 InsO) Voraussetzung für eine Insolvenzanfechtung nach §  133 InsO ist eine Rechtshandlung des Schuldners. Daran fehlt es, wenn Drittschuldner Beträge auf das Konto des Insolvenzschuldners überweisen und der Schuldner nichts dazu beigetragen hat, dass die Überweisung gerade bei dieser Bank eingegangen ist. Insbesondere wenn der Schuldner auf seinen Rechnungen mehrere Konten bei verschiedenen Banken angegeben hat, ist eine Einflussnahme auf die Drittschuld674   BGH NZI 2005, 497 zur Inkongruenz vorfälliger Banküberweisungen; MünchKommInsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  11; HK-InsO/Kreft, §  130 Rdnr.  11. 675   Ähnlich verhält es sich bei der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit im Maklerrecht zwischen dem beabsichtigten und tatsächlich zustande gekommenen Hauptvertrag. Dazu BGHZ 78, 269 = NJW 1981, 387. M. E. ist der Terminus der „wirtschaftlichen Gleichwertigkeit“ auch für dieses insolvenzanfechtungsrechtliche Problem treffend. 676   Heublein, ZIP 2000, 161 (166). 677   Dampf, KTS 1998, 145 (171 f.); Heublein, ZIP 2000, 161 (172). 678   Zu den besonderen Erkenntnismöglichkeiten der Hausbank: Heublein, ZIP 2000, 161 (167).

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ner zugunsten der Bank, die die Zahlung erhalten hat, fernliegend. 679 Anders ist es freilich, wenn der Insolvenzschuldner Zahlungen, die auf anderem Weg erfolgt wären, auf dieses Konto umleitet und die Drittschuldner anweist, nur noch auf ein bestimmtes debitorisches Konto zu überweisen. 680 Im Regelfall scheidet §  133 InsO also bereits aus, ohne dass es auf die beiden subjektiven Tatbestandsmerkmale des §  133 Abs.  1 InsO ankommt. 681

6.  Bargeschäft nach §  142 InsO Ein Bargeschäft i. S. des §  142 InsO liegt vor, wenn der Schuldner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. 682 Diese Ausnahmevorschrift passt nicht maßgeschneidert für die Fälle der Kontokorrentverrechnung. De lege ferenda wäre es wünschenswert, wenn der Gesetzgeber hierfür eine passgenaue Regelung fände, wie das im italienischen Insolvenzrecht geschehen ist. 683 Zwei Fragen sind im Folgenden zu klären: Zum einen ist die dogmatische Einordnung als Bargeschäft oder bargeschäftsähnliche Lage (§  142 InsO analog) erörterungsbedürftig. Zum anderen besteht Streit bei der Subsumtion, genauer gesagt bei der Bestimmung des Anfechtungsvolumens, etwa bei der Frage, ob es auf den höchsten Schuldenstand im Anfechtungszeitraum ankommt und ob die Ausschöpfung des Kreditrahmens durch den Insolvenzschuldner von Bedeutung ist. a)  Meinungsspektrum Die h. M. wendet die Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO bei Kontokorrentverrechnungen direkt684 oder jedenfalls analog685 an, so dass nicht alle Zahlungseingänge im maßgebenden Zeitraum der Insolvenzanfechtung unterliegen. 686

  Obermüller, Rdnr.  3.205.   Heublein, ZIP 2000, 161 (165); Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  210; ders., in: FS G. Fischer, S.  48. 681   Dazu im Einzelnen Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnrn.  211 f. 682   BGHZ 157, 350 (360) = NJW 2004, 1444. 683   Siehe Piekenbrock, ZZPInt 11 (2006), 3 (21). Dies würde dazu führen, dass der Gesetzgeber die Regelungstechnik bei §  142 InsO auf ein Enumerationsprinzip umstellen müsste. 684   BGHZ 150, 122 (130 ff.) = NJW 2002, 1722; Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  22; MünchKomm-InsO/Brandes, §  96 Rdnr.  36; FK-InsO/Dauernheim, §  130 Rdnr.  29; Lwowski, in: FS Uhlenbruck, S.  299 (311 ff.). 685   Wischemeyer, S.  78 ff.; Peschke, S.  234 ff.; Obermüller, Rdnr.  3.174. 686   Im Vordergrund steht oft eine ergebnisorientierte Sicht: etwa bei de Bra, NZI 1999, 249 (251): Andernfalls „wäre dies ein besonders unangenehmes – und unangemessenes – Ergebnis“. 679

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aa)  Judikatur des IX. Zivilsenats Ein wichtiger Meilenstein war das Urteil des IX. Zivilsenats vom 21.  12. 1977687: Ohne besonderen Begründungsaufwand wandte der BGH die Grundsätze der „Bardeckung“ auf Kontokorrentverrechnungen an. Genauer ging der BGH mit Urteil vom 25.  2. 1999 auf die Voraussetzungen des Bargeschäfts ein. 688 Eine Anfechtbarkeit scheide bei einer Verrechnung von Zahlungseingängen aus, wenn die Bank die Kreditlinien offen gehalten und dem Kunden in Höhe der eingegangenen Beträge Verfügungen gestattet habe. 689 In diesem Umfang geht der BGH auch von kongruenten Deckungen aus. 690 Diese Verzahnung (Kongruenz und Bargeschäft) war auch erforderlich, weil sich nach ständiger Rechtsprechung inkongruente Deckungen und Bargeschäft – jedenfalls in „aller Regel“691 – gegenseitig ausschließen. 692 Als Grundlage für ein Bargeschäft genüge der Kontokorrentvertrag des Schuldners mit dem Geldinstitut; eine besondere zweiseitige Absprache über jede Gut- oder Lastschrift sei nicht nötig. Die Reihenfolge der Zahlungseingänge und -ausgänge sei unerheblich, sofern sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang (maximal zwei Wochen zwischen Einund Auszahlungen) erfolgen. Offen geblieben693 war die Frage, ob es für die Reichweite des Bargeschäfts und damit für das Anfechtungsvolumen darauf ankommt, ob der Schuldner die Kreditlinie zu Beginn des Anfechtungszeitraums noch nicht ausgeschöpft hat. Mit einer Grundsatzentscheidung694 vom 7.  3. 2002695 hat der IX. Zivilsenat diese Frage verneint. Die Rechtsprechung zum Bargeschäft bei Kontokorrentverrechnungen war damit gefestigt. Es folgten Klarstellungen und Konkretisierungen, etwa zu geduldeten Überziehungen696 und zur Verrechnung im Kontokorrent zur Erfüllung eigener Ansprüche der Bank697. Bei den Zahlungsausgängen sei zu berücksichtigen, dass 687   BGHZ 70, 177 (184) = NJW 1978, 758 (759); dazu Jäger/Henckel, KO, §  30 KO Rdnr.  277; Canaris, in: FS 100 Jahre KO, S.  84; ders., Bankvertragsrecht, Rdnr.  499. 688   BGH NZI 1999, 194 (196) zum alten Konkursrecht; bestätigt für §  142 InsO etwa in BGH NZI 2008, 175 m.Anm.  Gundlach/Frenzel. Dazu Bräuer, S.  117 ff.; de Bra, NZI 1999, 249 (253 ff.); Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1149 ff.); Zuleger, ZInsO 2002, 49; Lwowski, in: FS Uhlenbruck, S.  299 (312 ff.). 689   Mit Urteil vom 25.  1. 2001 hatte der BGH dann entschieden, dass eine Insolvenzanfechtung insoweit in Betracht kommt, als die Zahlungseingänge die Zahlungsausgänge übersteigen und somit eine Reduzierung des debitorischen Saldos bewirken: BGH NJW 2001, 1650. 690   Siehe oben 5. a) ff): „Die gespaltene Lösung des BGH“. 691   So ausdrücklich BGHZ 123, 320 = NJW 1993, 3267 (3269). 692   Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (272). 693   Ausdrücklich offen gelassen etwa in BGH NZI 1999, 194 (196). 694   K-H. Fuchs, ZInsO 2002, 319. 695   BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722; dazu Kirchhof, ZInsO 2003, 149 (152); Bruckhoff, NJW 2002, 3304; Rigol/Homann, ZIP 2003, 15; Stiller, ZInsO 2002, 651. 696   BGH NZI 2004, 491. 697   BGH NZI 2008, 175 m.Anm.  Gundlach/Frenzel.

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die Verfügungen des Schuldners fremdnützig wirken müssen. Der finanzielle Vorteil müsse grundsätzlich allein einem Dritten zufließen. Daher begründe eine Zahlung aus dem Kontokorrent, die unmittelbar oder mittelbar auch der Bank zugute kommt, in der Regel kein Bargeschäft. 698 Solche Zahlungsausgänge, bei denen die Bank nicht als Zahlstelle fungiert, sondern eigene Ansprüche deckt, sind also herauszurechnen. Nimmt man die Rechtsprechung zur Deckungsqualität bei Kontokorrentverrechnungen hinzu, so lässt sich die Rechtsprechung zusammenfassend auf folgende Kernpunkte699 zuführen: 1.  Das grundsätzliche Anfechtungsvolumen bestimmt sich bei kontokorrentmäßigen Verrechnungen nach den überschießenden Zahlungseingängen innerhalb des Anfechtungszeitraums (z. B. Monatsfrist nach §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO). Soweit sich die Zahlungsausgänge und die Zahlungseingänge betragsmäßig decken, handelt es sich um kongruente Deckungen.700 Eine Insolvenzanfechtung scheitert in diesem Umfang an §  142 InsO. Anders gewendet: Bei saldoneutralen Verrechnungen beschränkt der BGH das „insolvenzanfechtungsrechtliche Minimum“ auf die Saldoreduzierung in der Krise. Auf den höchsten Sollstand des Kontos innerhalb des Anfechtungszeitraums kommt es nicht an. 2.  Herauszunehmen sind eigennützige Auszahlungen. Bei diesen fungiert die Bank nicht als Zahlstelle, sondern deckt eigene Ansprüche. 3.  Im Übrigen hängt die Deckungsqualität davon ab, ob die Bank einen Anspruch auf Kreditrückführung hatte. Kongruent ist die Rückführung des Schuldsaldos innerhalb der geduldeten Überziehung sowie nach einer Kreditkündigung. Anders gewendet: Inkongruent ist die Rückführung innerhalb des Kreditrahmens vor der Kreditkündigung.701 bb)  Abweichende Konzeptionen im Schrifttum (1)  Enge Auslegung des §  142 InsO Im Schrifttum wird teilweise für eine enge Auslegung des §  142 InsO plädiert und sowohl eine direkte als auch eine analoge Anwendung des §  142 InsO bei Kontokorrentverrechungen verneint.702 Die Voraussetzungen des §  142 InsO   BGH NZI 2008, 175 m.Anm.  Gundlach/Frenzel; siehe bereits BGHZ 150, 122 (128) = NJW 2002, 1722; BGH WM 2004, 1575 (1576); BGH WM 2004, 1576 (1577); BGH NZI 2005, 630. 699   Nimmt man die später zu erörternden Sicherungsrechte hinzu (dazu 8.), kann man von einer vierstufigen Prüfung sprechen. Siehe dazu auch Bork, in: FS G. Fischer, S.  37 (38 ff.); Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (275 ff.); ders., WM 2008, 1525 (1535); Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnrn.  87 f. 700   Siehe II. 5. 701   Kayser, WM 2008, 1525 (1535). 702   Dampf, KTS 1998, 145 (164 ff.) verneint eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung; Göpfert, S.  73, der neben §  142 InsO eine ordinary course of business-Ausnahme entwickelt (dazu ausführlich unter 7.); Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  84. 698

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sind nach Windel so eng, dass sie selten, jedenfalls nicht bei schlichter Weiterführung des Kontokorrentkreditkontos, ohne Einzelabsprache gegeben sein werden.703 Auf den Ausnahmecharakter des §  142 InsO rekurriert auch Kayser und warnt vor einem konturenlosen Einsatz dieses Rechtsgedankens.704 Eine Ausweitung auf bargeschäftsähnliche Handlungen sei abzulehnen.705 (2)  Maßgeblichkeit des höchsten Schuldenstands Rigol/Homann stellen auf die Differenz zwischen dem höchsten Schuldenstand innerhalb des Anfechtungszeitraums und dem Endstand (Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens) ab.706 Jeder einzelne Zahlungsvorgang sei gesondert auf seine Anfechtbarkeit zu untersuchen. Die einzelnen Vorgänge blieben auch bei einem Kontokorrentverhältnis selbständig. Die zeitlich nach dem höchsten Schuldensaldo erfolgten Gutschriften hätten diesen höchsten Saldo bis zur Antragstellung zurückgeführt; im Übrigen707 sei ein Bargeschäft mangels gleichwertiger Gegenleistung nicht mehr anzunehmen. An einem Beispiel708 illustriert bedeutet dies: Am 1.  2. beträgt der Schuldensaldo 20.000 A. Am 15.  12. ist der Schuldensaldo auf 30.000 A angestiegen. Am 16.  12. stellt die Bank eine Gutschrift von 20.000 A in das Kontokorrent ein, so dass der Schuldensaldo auf 10.000 A sinkt. Am 20.  2. führt die Bank noch einen Überweisungsauftrag des Schuldners in Höhe von 5.000 A aus, so dass der Schuldensaldo wieder auf 15.000 A ansteigt. Bei diesem Schuldensaldo stellt der Schuldner einen Insolvenzantrag am 1.  3. Zwischen dem Beginn und dem Ende des für §  131 Abs.  1 Nr.  1 InsO relevanten Monatszeitraums ist der Schuldensaldo von 20.000 A auf 15.000 A, also um 5.000 A zurückgeführt worden. Nach dem IX. Zivilsenat ist dies das Anfechtungsvolumen. Stellt man hingegen auf den höchsten Schuldensaldo als Ausgangsgröße ab (30.000 A am 15.  12.) und berücksichtigt nur die anschließenden „Ausschüttungen“ (5.000 A), ergibt sich als Anfechtungsvolumen ein Betrag von 15.000 A. (3)  Ausschöpfung des Kreditrahmens Umstritten ist ferner, ob danach zu unterscheiden ist, ob und inwieweit der Insolvenzschuldner seinen Kreditrahmen ausgeschöpft hat.709 Nach einer Auffassung im Schrifttum erfüllt die Bank, soweit sich der Schuldner innerhalb des   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  84. Zu den einzelnen Kritikpunkten genauer unter c).   Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (268). 705   Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (284), der bei Kontokorrentverrechnungen allerdings zu einer direkten Anwendung des §  142 InsO kommt. 706   Rigol/Homann, ZIP 2003, 15 (16 f.). 707   Rigol/Homann sprechen missverständlich davon, dass „insoweit“ ein Bargeschäft nicht angenommen werden kann. Rigol/Homann, ZIP 2003, 15 (17). 708   Rigol/Homann, ZIP 2003, 15 (17). 709   Zur „Zweikonten-Methode“ Henckels: Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  277. 703

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Kreditlimits bewegt und die Auszahlungen vom Dispositionskredit gedeckt sind, lediglich ihre kreditvertragliche Pflicht. Die Bank trete dann nicht als Zahlstelle, sondern als Kreditgeber auf.710 Die Verrechnung diene dann nicht nur der Liquiditätsermöglichung; vielmehr verhindere die Bank eigennützig die weitere Ausschöpfung des Kreditrahmens und damit das Anwachsen des Debets.711 Das OLG Hamm konstatierte daher auch, dass eine werthaltige (echte) Gegenleistung 712 nicht mehr feststellbar sei, wenn das Kreditinstitut – auch ohne die Verbuchung von Gutschriften – den schon nach der Kreditzusage versprochenen Kreditrahmen zur Verfügung stellen müsste.713 Maßgebend ist also nach dieser Sicht, ob der Schuldner bis zur völligen Ausschöpfung des Kreditrahmens noch „Luft“ hat.714 Dies hätte in den meisten Fällen zu Folge, dass die Bank jedenfalls die Differenz zwischen Debetsaldo und Kreditlinie der Insolvenzmasse zur Verfügung zu stellen hätte.715 Wischemeyer 716 und Heublein717 rekurrieren auf folgende Formel: AV = ZE – (ZA – KR)

Danach bestimmt sich das Anfechtungsvolumen (AV) aus den Zahlungseingängen (ZE) 718 abzüglich der Differenz von Zahlungsausgänge (ZA) 719 minus Kreditrest (KR). Ausgangspunkt der Berechnung sei die Frage, in welchem Umfang der Schuldner vor Erteilung der ersten anfechtbaren Gutschrift seinen Kontokorrentkreditrahmen unterschritten hatte. Der entsprechende Wert sei als „Kreditrest“ in die Formel einzusetzen. Soweit der Kreditrest die Summe der Zahlungsausgänge übersteigt, fehle es an einem Bargeschäft. In diesem Fall sei in die Klammer der Wert „0“ einzutragen. Das Anfechtungsvolumen entspreche dann der Summe der Zahlungseingänge.720

  Heublein, ZIP 2000, 161 (172).   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  227. 712   Nach Bork fehlt es an der Unmittelbarkeit: Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  227. 713   OLG Hamm NZI 2002, 201 (203); ebenso bereits LG Bochum ZIP 2001, 87. 714   Anders der BGH: BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722; dazu Kirchhof, ZInsO 2003, 149 (152); Bruckhoff, NJW 2002, 3304; Rigol/Homann, ZIP 2003, 15; Stiller, ZInsO 2002, 651. 715   Zu dieser Analyse: Leithaus, NZI 2002, 188 (189). 716   Wischemeyer, S.  114. 717   Heublein, ZIP 2000, 161 (172). 718   Heublein, ZIP 2000, 161 (172) spricht von Gutschriften (G). 719   Heublein, ZIP 2000, 161 (172) spricht von Lastschriften (L). 720   Heublein, ZIP 2000, 161 (172). 710 711

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b)  Methodische Grundlegung aa)  Ratio legis des §  142 InsO Mit der Kodifizierung des Bargeschäftsprivilegs hat der Gesetzgeber einen anerkannten „Grundsatz des geltenden Konkursrechts“721 normiert und den vielen kritikwürdigen dogmatischen Rechtfertigungen dieser Rechtsfigur endgültig den Boden entzogen.722 Die Auffassungen, die bei einem Bargeschäft einen Ausschluss des §  29 KO annahmen, sei es z. B. weil es an der Eigenschaft als Konkursgläubiger fehle723 , sei es weil keine Gläubigerbenachteiligung bestehe724 , waren m. E. verfehlt. Methodisch korrekt hätte man für eine teleologische Reduktion des §  29 KO plädieren müssen. Karsten Schmidt hat den Gedanken der bloßen Vermögensumschichtung ins Feld geführt.725 Diesen Rechtsgrund für die anfechtungsrechtliche Begünstigung von Bargeschäften hat auch die Rechtsprechung aufgegriffen. In einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 1993 betont der IX. Zivilsenat, dass bei einem Bargeschäft „wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten der Gemeinschuldnerin, sondern eine bloße Vermögensumschichtung“ vorliege.726 Das Geschäft müsse für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral sein.727 Für die Auslegung ist der Kontext zu §  129 InsO entscheidend: Die Leistung des Schuldners muss gläubigerbenachteiligend i. S. des §  129 InsO sein. Andernfalls stellt sich die Frage des Bargeschäfts nicht mehr, weil bereits nach der Grundnorm des §  129 InsO eine Anfechtung ausscheidet. Die Prüfung vollzieht sich damit zweistufig: Zuerst ist eine Gläubigerbenachteiligung der Leistung des Schuldners festzustellen. Bejahendenfalls ist zweitens zu klären, ob ausnahmsweise eine Insolvenzanfechtung trotz bestehender Gläubigerbenachteiligung ausscheidet. Unter dem Gesichtspunkt der Massemehrungsfunktion des Insolvenzanfechtungsrechts ist dies einsichtig, da die Gegenleistung die In  BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE).   Ausführlich Bräuer, S.  14 ff. 723   So die frühe reichsgerichtliche Rechtsprechung: RGZ 29, 77 (78); RGZ 136, 152 (158); zu Recht kritisch Bräuer, S.  17 ff. m.w.Nachw.: „mehr denn je als abwegig zu verwerfen.“ 724   So etwa BGH NJW 1977, 718: „.  .  . bei solchen Bargeschäften werden die Konkursgläubiger nicht benachteiligt, weil dem Vermögen des Gemeinschuldners sofort ein entsprechender Gegenwert durch sein Handeln zufließt.“ BGH NJW 1980, 1961 (1963); zu Recht kritisch Bräuer, S.  22 ff. m.w.Nachw.; Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (269). 725   K.Schmidt, WM 1983, 490 (493). 726   BGHZ 123, 320 (323) = NJW 1993, 3267. Weiter argumentiert der BGH, dass §  30 Nr.  1 KO, der allein an den Eintritt der wirtschaftlichen Krise anknüpft und den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger schon für diesen Zeitpunkt durchsetzen soll, bei wertender Betrachtungsweise keinen Vorrang vor dem Sicherungs- oder Befriedigungsinteresse des einzelnen Gläubigers verdiene, der seinerseits in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der empfangenen Leistung dem Gemeinschuldner eine gleichwertige Gegenleistung vereinbarungsgemäß erbracht hat. 727   BGH NZI 2008, 175 (176). 721

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solvenzmasse dergestalt auffüllt, dass in summa ein masseneutraler Vorgang vorliegt. Anders gewendet: Die Leistung ist unter Einbezug der Gegenleistung nicht gläubigerbenachteiligend. §  142 InsO formuliert für diese Gesamtbetrachtung jedoch enge Grenzen. Daraus lässt sich schließen, dass eine derartige wirtschaftliche Sicht im Übrigen grundsätzlich ausscheiden muss.728 In der Gesetzesbegründung zum heutigen §  142 InsO wird als der „entscheidende Grund für die Ausnahmevorschrift“729 ein folgenorientierter Gesichtspunkt genannt. Ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, würde praktisch vom Geschäftsverkehr 730 ausgeschlossen, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen.731 Andernfalls würde auch jegliche Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens im Keim erstickt.732 Das Insolvenzanfechtungsrecht würde zum Krisenbeschleuniger. Selbst bei masseneutralen Rechtsgeschäften müsste jeder Gläubiger mit einer Rückabwicklung nach §  143 Abs.  1 InsO rechnen. §  142 InsO liegt also zum einen eine wirtschaftliche Betrachtung zugrunde: Es besteht wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Insolvenzschuldners. Zum anderen kommt eine Folgenorientierung zum Tragen: Der Schuldner würde andernfalls vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen. Diese ratio legis ist nun im Blick zu halten, wenn es um die Konturierung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen und die Anwendung der Bargeschäftsausnahme auf Kontokorrentverrechnungen geht.733 bb)  Analogiefähigkeit des §  142 InsO Die Einordnung des §  142 InsO als Ausnahmevorschrift lässt nicht den Schluss zu, dass die Norm analogiefeindlich sei. Auch wenn Kayser zu Recht vor einem konturenlosen Einsatz des Bargeschäftsgedankens warnt734 , so ist mit aller 728   Damit verlagert sich aus methodischer Sicht die zentrale Frage dahin, ob und inwieweit §  142 InsO analog zur Anwendung kommt. Die Analogiebasis dieser Norm oder anders gesagt die Reichweite sog. „bargeschäftsähnlicher Handlungen“ gilt es zu konturieren. Restriktiv Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (268). 729   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). 730   Auch von den verkehrsüblichen Umsatzgeschäften, wie der BGH betont: BGH WM 1984, 1430; BGHZ 123, 320 (323) = NJW 1993, 3267. 731   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). So auch Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  410. 732   Eine malerische Umschreibung findet sich bei Bräuer, S.  12: „Sobald die Vorboten der Insolvenz sirenenhaft den wirtschaftlichen Exodus des Schuldners verkünden, wäre jeder Vertragspartner ob des Eindrucks der drohend schwingenden, scharfen Schneide der Insolvenzanfechtung alarmiert. Das Band der geschäftlichen Kontakte zerrisse und vereitelte künftig selbst solche Geschäfte, die das schuldnerische Vermögen in seiner wertmäßigen Zusammensetzung nicht gefährden. Ohne überhaupt noch einschreiten zu können, würde der Schuldner – gleichsam ohnmächtig und paralysiert – grundlos zum Zeugen eines beispiellosen Vorgangs, der sein wirtschaftliches Dasein in Schutt und Asche legte .  .  .“ 733   Zur Darlegungs- und Beweislastlast: BGH NZI 2003, 34 (36). 734   Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (268).

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Deutlichkeit zu sagen: §  142 InsO ist analogiefähig. Dies gilt selbst dann, wenn es derzeit keinen Fall einer bargeschäftsähnlichen Handlung gibt, der zu einer analogen Anwendung des §  142 InsO führen würde. Die Rechtsordnung ist nie statisch, sondern stets dynamisch. Es können sich neue Fallgestaltungen in einer sich stets verändernden Welt ergeben, auf die §  142 InsO eine Antwort geben muss. Die Rechtsordnung muss für alle denkbaren Interessenkonflikte und Streitfälle eine „passende“ Lösung bereitstellen. Nur so kann eine Inkonsequenz der Rechtsordnung abgewendet und dem Gebot der Einzelfallgerechtigkeit, das im Spannungsfeld zur Rechtssicherheit steht, Rechnung getragen werden. Auch bei Ausnahmevorschriften kann es der Gleichheitssatz gebieten, die Norm für einen vom Wortlaut nicht umfassten Fall zu öffnen und die Ausnahmen so durch einen Analogieschluss zu erweitern. Die Analogiebasis ist freilich schmal. Die Ausnahmen dürfen keinesfalls zur Regel mutieren.735 c)  Auslegung des §  142 InsO aa)  Leistungsaustausch aufgrund einer Parteivereinbarung Die Begriffe Leistung und Gegenleistung sind weit zu verstehen. Leistung ist jede Rechtshandlung, die – wie bereits aus §  129 InsO folgt – gläubigerbenachteiligend sein muss.736 Das Vermögen des Schuldners muss unmittelbar vermindert werden. Insbesondere fallen Verfügungen des bürgerlichen Rechts darunter.737 Mit der Terminologie „Leistung des Schuldners“ ist keine zeitliche Reihenfolge dahingehend impliziert, dass die Rechtshandlung des Schuldners zuerst erfolgen muss.738 Der Formulierung „für die“ ist zu entnehmen, dass Leistung und Gegenleistung durch eine Parteivereinbarung miteinander verknüpft sein müssen.739 Die Konnexität muss sich aus einer rechtsgeschäftlichen Abrede740 ergeben. Vollzieht sich der Leistungsaustausch aufgrund einer gesetzlichen Grundlage, so soll §  142 InsO nicht eingreifen.741 Ändern die Parteien ihre Vereinbarung, so ist dies für die Beurteilung als Bargeschäft nur bis zu dem Zeitpunkt unschädlich, in dem die zeitlich erste Leistung eines Vertragsteils erbracht wird.742 Die Ge735   Ausführlich zur Analogiefähigkeit von Ausnahmevorschriften Würdinger, AcP 206 (2006), 946 (952); ders., JuS 2008, 949 (950). 736   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE): „Die Benachteiligung der Gläubiger, die in der Leistung des Schuldners liegt, bleibt außer Betracht .  .  .“. Die Prüfung des §  129 InsO hinsichtlich der Leistung des Schuldners ist also vorrangig. 737   Nerlich, in: Nerlich/Römermann, §  142 Rdnr.  4. 738   BGHZ 123, 320 (329) = NJW 1993, 3267 (3269). 739   BGHZ 157, 350 (360) = NJW 2004, 1444 = NZI 2004, 206; so auch ausdrücklich BTDrucks. 12/2443 S.  167 (zu §  161 RegE); Bräuer, S.  49: „wechselseitige Verwobenheit“. 740   Anders als bei der Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO ist damit eine ZweiPartner-Vinkulation maßgebend. 741   Ausführlich Kayser, ZIP 2007, 49 (51 ff.). 742   BGHZ 123, 320 (328 f.) = NJW 1993, 3267 (3268); Bräuer, S.  60.

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genleistung muss in das haftungsmäßige Vermögen des Schuldners gelangen.743 Dies folgt zwar nicht aus dem Wortlaut des §  142 InsO. Danach muss die Gegenleistung in das Vermögen des Insolvenzschuldners gelangt sein. Jedoch dürfen Leistung und Gegenleistung nach dem Sinn und Zweck des §  142 InsO per Saldo zu keiner Masseschmälerung führen. Die Gegenleistung muss nicht zwingend im Vermögen des Schuldners verbleiben. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut („in sein Vermögen gelangt“, nicht aber „und dort verbleibt“). bb)  Gleichwertigkeit Die Gegenleistung muss gleichwertig sein. Die Perspektive muss erneut sein, ob bei einer Gesamtbetrachtung von Leistung und Gegenleistung eine Gläubigerbenachteiligung anzunehmen ist. Daher richtet sich die Beurteilung nach rein objektiven Maßstäben.744 Die bloß subjektive Vorstellung der Parteien von der Gleichwertigkeit genügt nicht.745 Letztlich geht es um eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit. §  142 InsO gilt erst recht, wenn die Gegenleistung, die der Schuldner erhält, nicht gleichwertig, sondern höherwertig ist746 (argumentum a fortiori).747 §  142 InsO ist insoweit teleologisch zu extensieren. cc)  Unmittelbarkeit Mit dem einschränkenden Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit ist eine zeitliche Dimension angesprochen: Der Leistungsaustausch muss in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgt sein.748 Nicht zwingend ist ein Austausch Zug-um-Zug.749 Vielmehr ist eine gewisse, freilich nicht zu lange Zeitspanne zwischen den beiderseitigen Leistungen unschädlich, soweit diese nach den Umständen des Einzelfalls noch verkehrsüblich ist.750 Eine starre Zeitgrenze lässt sich nicht markieren. Die Zeitspanne darf jedoch nicht so lang sein, dass das Rechtsgeschäft unter Berücksichtigung der üblichen Zahlungsbräuche den Charakter eines Kreditgeschäfts annimmt.751 Der Terminus der Legalüber-

743   Der BGH spricht von einer „dem Zugriff der übrigen Gläubiger offen stehende(n) Gegenleistung“: BGH NZI 2005, 497 (498). 744   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). 745   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  142 Rdnr.  9 m.w.Nachw. 746   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  142 Rdnr.  9. 747   Vorzugswürdig ist es von einem argumentum a fortiore zu sprechen. Im Lateinischen enden nämlich die komparitiven Adjektive im Ablativ auf „-e“. Im Folgenden wird dennoch der herkömmliche Terminus verwendet. 748   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). Überkommen daher die Stimmen im Schrifttum, die nach alter Rechtslage auf die nunmehr gesetzlich normierte Einschränkung der Unmittelbarkeit verzichten wollten: Canaris, in: FS KO, S.  82 ff.; K.Schmidt, WM 1983, 490 (494). 749   Hingegen rekurriert Hess, §  129 Rdnr.  155 noch auf die „Zug-um-Zug-Formel“. 750   BGHZ 167, 190 (199 f.) = NJW 2006, 2701 (2703 f.). 751   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE).

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schrift des §  142 InsO („Bargeschäft“) ist also in einem weiten Sinne zu verstehen. dd)  Reichweite der Bereichsausnahmen Umstritten ist, ob ebenso wie bei der ausdrücklich normierten Bereichsausnahme des §  133 Abs.  1 InsO auch bei inkongruenten Deckungen (§  131 InsO) ein Bargeschäft ausscheidet. Insbesondere die Rechtsprechung 752 verneint dies „in der Regel“. In methodischer Hinsicht ist umstritten, ob dies aus dem Wortlaut des §  142 InsO folgt753 oder ob eine teleologische Reduktion des §  142 InsO754 angezeigt ist. Nach dem BGH ergibt sich diese Bereichsausnahme aus der Einschränkung des Bargeschäfts auf vereinbarungsgemäß erfolgende Leistungen.755 Eine Leistung, die nicht der Parteivereinbarung entspricht, stelle keine Bardeckung dar, weil weder rechtlich noch wirtschaftlich ein Anlass besteht, Umsatzgeschäfte des Schuldners in der Krise zu begünstigen, soweit sie anders abgewickelt werden als vereinbart. Im Hinblick auf den Zweck der Deckungsanfechtung, die Gleichbehandlung aller Gläubiger während der wirtschaftlichen Krise des Insolvenzschuldners zu verwirklichen, sei es nicht gleichgültig, ob eine Deckung vereinbarungsgemäß gewährt wird oder nicht. Im Gegenteil stelle der Erwerb desjenigen Gläubigers, der etwas anderes erhält als vereinbart, anfechtungsrechtlich auch dann eine einseitige Begünstigung dar, wenn der Gläubiger seinerseits eine Gegenleistung von gleichem Wert erbracht hat.756 Gegen einen generellen Ausschluss des Bargeschäfts bei inkongruenten Deckungen steht zunächst der Wortlaut des §  142 InsO, der bewusst nur §  133 Abs.  1 InsO ausklammert. Auch die Gesetzesbegründung differenziert nicht zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen.757 Der systematische Standort des §  142 InsO unmittelbar vor den Rechtsfolgen spricht dafür, dass die Bargeschäftsausnahme grundsätzlich für alle Anfechtungstatbestände gilt. Die Formel, dass sich inkongruente Deckung und Bargeschäft ausschließen, ist zudem nur stimmig, wenn Deckungsgleichheit zwischen dem besteht, was der Parteivereinbarung i. S. des §  142 InsO („für die“) entspricht und dem, worauf der   BGH NJW 1999, 645 (646); BGHZ 123, 320 (322 ff.) = NJW 1993, 3267 (3269).   BGHZ 123, 320 (328 f.) = NJW 1993, 3267 (3268 f.); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  142 Rdnr.  7; HK-InsO/Kreft, §  142 Rdnrn.  8 f.; Uhlenbruck/Hirte, §  142 Rdnr.  4; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, §  142 Rdnr.  10; HambKomm-Rogge, InsO, §  142 Rdnr.  4; Kayser, ZIP 2007, 49 f., ders., in: FS G. Fischer, S.  267 (272); Raschke, S.  103 f.; Bräuer, S.  54 ff., 120 (148 f.); a. A. OLG Hamm ZIP 2001, 1683 (1686 f.); OLG München WM 2002, 621 (624); Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1424); Bork, in: FS Kirchhof, S.  67; Rigol/Homann, ZIP 2002, 15 f.; Peschke, S.  248 ff.; Wischemeyer, S.  60, 90 f. 754   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  78: „teleologische Extension“; HK-InsO/Kreft, §  142 Rdnr.  9. 755   BGHZ 123, 320 (328) = NJW 1993, 3267 (3269). 756   BGHZ 123, 320 (328) = NJW 1993, 3267 (3269). 757   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). 752 753

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Insolvenzgläubiger einen Anspruch i. S. des §  131 Abs.  1 InsO hat. Gerade an dieser Äquivalenz kann es fehlen, auch wenn die Fälle nicht häufig sein mögen. Wie bereits im Rahmen der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen erörtert, ist gerade die Kontokorrentverrechnung ein Musterbeispiel hierfür, wenn man es beim Wortlaut der Anspruchsorientierung für die Abgrenzung von kongruenten und inkongruenten Deckungen belässt.758 Die Unterscheidung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen ist daher bei §  142 InsO nicht von Bedeutung.759 d)  Anwendung auf Kontokorrentverrechnungen aa)  Subsumtion (1)  Leistungsaustausch aufgrund einer Parteivereinbarung Im Fall der Verrechnung einer auf einem debitorischen Konto eingehenden Gutschrift liegt die Leistung des Schuldners in der Rückführung seiner Verbindlichkeit gegenüber der Bank.760 Die Gegenleistung der Bank besteht in der erneuten Gewährung von Kredit;761 der Schuldner darf das Konto bis zum Kreditlimit je neu ausschöpfen, sein aktuelles Kreditvolumen erhöht sich damit um den eingegangenen Betrag. Mit Inanspruchnahme des Kredits ist dem Schuldner auch ein Vermögenswert zugeflossen.762 Umstritten ist, ob die für ein Bargeschäft erforderliche vertragliche Grundlage des Leistungsaustauschs in einem Kontokorrentvertrag liegen kann.763 Eine Absprache über die einzelnen Buchungen findet gerade nicht statt. Es existiert keine besondere zweiseitige Absprache über jede einzelne Gut- oder Lastschrift. Der Wortlaut des §  142 InsO legt eine solche Konnexität („für die“) nahe. Nach einer Auffassung im Schrifttum ist ein Bargeschäft nur als finaler Leistungsaustausch denkbar 764; unstreitig bedürfe es einer entsprechenden Vereinbarung.   Nach der hier vertretenen Auffassung ist freilich der Inkongruenzbegriff des §  131 Abs.  1 InsO enger zu fassen. Siehe oben unter 5.a)hh). 759   Zur Frage, ob auch §  133 Abs.  2 InsO von der Bereichsausnahme erfasst ist: Gottwald/ Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  8 0 m.w.Nachw. 760   Leistung ist nicht „im zivilrechtlichen Sinne“ zu verstehen. Entscheidend ist, – wie Bork zutreffend ausführt, dass der Gesamtvorgang „unter dem Strich“ masseneutral ist. Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  225. 761   BGH NZI 2008, 175 (176). 762   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  85 stellt auf die Unterschiede zum anerkannten Fall des Bargeschäfts (neuer Kredit gegen Bestellung einer angemessenen Sicherheit) ab. 763   Bejahend BGH NZI 2008, 175 (176); BGHZ 150, 122 (130 f.) = NJW 2002, 1722 (1724); BGH NJW 1999, 3264 (3266); Uhlenbruck/Hirte, InsO, §  142 Rdnr.  10A; Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (278); Bräuer, S.  120 f. 764   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  87; Dampf, KTS 1998, 145 (166) spricht von einer „Konnexität“ zwischen Vermögensab- und zufluss. Ähnlich v.Usslar, BB 1980, 916 (919); Wischemeyer, S.  74 ff. Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1150) fordert einen „inneren Erwartungszusammenhang“ ein. Dieser sei gegeben, wenn die Bank mit den auf die Verfügungen unmittel758

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Die Kontokorrentabrede erfasse unspezifisch alle kontokorrentmäßigen Buchungen.765 Die Zahlungseingänge ließen sich weder vom Schuldner noch von der Bank vorhersagen; sie seien schließlich vom Verhalten der Drittschuldner abhängig.766 Bargeschäfte kämen nach Windel nur in Betracht, wenn in der Krise final Kredit gewährt wurde.767 Dies könne bei neu gewährten Sanierungs(kontokorrent-)krediten so sein, aber auch wenn ein bisheriger befristeter Kredit gezielt verlängert werde. Auch führe eine Einzelüberwachung der Buchungsvorgänge auf dem Konto zu einer entsprechenden finalen Verknüpfung. Werden Leistung und Gegenleistung individuell verknüpft, komme es auf weitergehende Motivationen nicht an.768 Ob eine konkrete Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung im Einzelfall erforderlich ist, kann nur zutreffend entschieden werden, wenn ein Abgleich mit dem Sinn und Zweck des §  142 InsO einerseits und der Kontokorrentabrede andererseits erfolgt. Die Kontokorrentabrede dient dem Bestand und der Verfestigung dauernder Geschäftsbeziehungen, indem unnötige Kapitalbewegungen vermieden werden.769 Es geht um eine Bündelungsfunktion des Kontokorrents. §  142 InsO möchte verhindern, dass der spätere Insolvenzschuldner vom Geschäftsverkehr abgeschnitten wird. Diese ratio legis des §  142 InsO ebnet die Brücke zu einer erforderlichen Folgenorientierung. Würde §  142 InsO bei Kontokorrentverrechnungen generell ausscheiden, dann dürfte eine sorgfältige Bank nach Kenntnis von der Krise keine Zahlungsausgänge mehr zulassen und keine Barauszahlungen mehr leisten.770 Die Bank würde den Kontokorrentkredit außerordentlich kündigen.771 Nach Henckel sei der Zweck des §  142 InsO erfüllt, wenn die rechtsgeschäftlich verbundenen Leistungen im normalen üblichen Geschäftsverkehr erbracht werden772 , von dem der spätere Insolvenzschuldner nicht ausgeschlossen werden soll.773 Die vertragsgemäße Fortführung des Girokontoverkehrs bei gewährtem und ungekündigtem Kredit sei ein normaler unverdächtiger 774 , nicht anstößiger Vorgang im Rahmen des Geschäftsverkehrs, den der Schuldner in der Krise aufrechterhalten dürfe. Anstößig sei bar folgenden Zahlungseingängen gerechnet hat. Dieses Kriterium bleibt in den genauen Konturen unklar und schafft keine Rechtssicherheit. 765   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  87. 766   Heublein, ZIP 2000, 161 (172) Fn.  107. 767   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  88 mit Rekurs auf Dampf, KTS 1998, 145 (166 f.); Wischemeyer, S.  74 ff.; Bork, in: FS Kirchhof, S.  57 (68 ff.). 768   So etwa die Frage, ob das Kreditinstitut ein „ernsthaftes und erfolgversprechendes Sanierungskonzept“ verfolge oder „nur die bereits eingetretene Krise mit den damit verbundenen Risiken für die anderen .  .  . Gläubiger“ verlängere. Dafür KG ZInsO 2004, 394 (396). 769   Schwintowski, §  7 Rdnr.  51. 770   Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  22. 771   Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (278). 772   Ähnlich Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1150): „das Konto normal weitergeführt wird“. 773   Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  11. 774   So auch Kayser, in: FS G. Fischer, S.  267 (279).

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das Verhalten der Bank nur dann, wenn sie alle Eingänge gutschreibt und die Überweisungsaufträge des Schuldners nicht mehr ausführt und Auszahlungen verweigert. Nur dann sei die Buchung nicht privilegiert und deshalb als inkongruent anfechtbar.775 M. E. reicht die Kontokorrentabrede als vertragliches Substrat aus; eine konkrete Verknüpfung der einzelnen Transaktionen ist nicht einzufordern. Auch im Rahmen des §  142 InsO ist die hier verfolgte Argumentationslinie des doppelfunktionalen Handelns der Bank hilfreich. Die Bank reicht den Kontokorrentkredit im Zusammenhang mit ihrer Funktion als Zahlstelle im bargeldlosen Zahlungsverkehr aus. Der Kredit steht und fällt mit dem Girokonto als Zahlungsverkehrskonto; es geht darum, den bargeldlosen Zahlungsverkehr effektiv abzuwickeln. Eine Trennung der Funktionen (echter Kreditgeber 776 bei nicht ausgeschöpftem Kontokorrentkreditrahmen und Zahlungsmittler) ist nicht zu befürworten. Andernfalls müsste man bei jedem Zahlungsausgang eruieren, ob die Bank eine Kündigungsmöglichkeit gehabt hätte und von dieser nicht Gebrauch gemacht hat. Dagegen steht die Rechtssicherheit und der Sinn und Zweck des Kontokorrents: Es geht um eine Bündelung aller Transaktionen. (2)  Gleichwertigkeit Soweit die Zahlungseingänge und -ausgänge betragsmäßig übereinstimmen, ist von einer Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung auszugehen.777 An einer werthaltigen Gegenleistung fehlt es auch nicht, wenn das Kreditinstitut den versprochenen Kreditrahmen auch ohne die erfolgten Zahlungseingänge zur Verfügung hätte stellen müssen.778 (3)  Unmittelbarkeit Die Zahlungseingänge und Ausgänge müssen sich in den Zeitspannen des üblichen Zahlungsverkehrs bewegen.779 Dies ist bei einem Zwischenzeitraum von maximal zwei Wochen der Fall.780 Bei sog. „lebenden“ Kontokorrenten781, bei denen sich Zahlungseingänge und Ausgänge fast täglich abwechseln, ist der zeitnahe Wechsel unproblematisch gegeben.

  Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  11.   So etwa Heublein, ZIP 2000, 161 (172). 777   Die einzelnen Zahlungen sind teilbare Leistungen. Dazu Wischemeyer, S.  77. 778   Anders etwa OLG Hamm NZI 2002, 201 (203). 779   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  3 Rdnr.  226. 780   Bei BGH NJW 1999, 3264 (3266) unterschritten die zeitlichen Zwischenräume stets eine Woche. Später hat der BGH einen Abstand von zwei Wochen noch für ausreichend erachtet: BGH NJW 2001, 1650 (1652). 781   Lwowski, in: FS Uhlenbruck, S.  299 (310). 775 776

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bb)  Gesamtstimmigkeit des eigenen Ansatzes Nach dem hier vertretenen Ansatz scheitert ein Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Zahlungsempfänger hinsichtlich der Zahlungsausgänge grundsätzlich nicht an einer fehlenden Gläubigerbenachteiligung, unabhängig davon, ob die Zahlung vom Dispositionskredit gedeckt ist oder das Kreditlimit überschritten wurde.782 Eben diese Zahlungsausgänge mindern das Anfechtungsvolumen, wenn es um einen Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber der Bank geht, weil der Kontokorrentkredit im Anfechtungszeitraum zurückgeführt wurde. Dieser Ansatz überzeugt auch und gerade bei einer Gesamtbetrachtung des Phänomens „Kontokorrentverrechnung“. Innerhalb des Anfechtungszeitraums sind Zahlungsausgänge nach der hier vorgelegten Konzeption grundsätzlich nur gegenüber dem Zahlungsempfänger anfechtbar; diesem sind die Mittel zugeflossen. Die Tatsache, dass die Zahlung bargeldlos erfolgte, darf den Empfänger ebenso wenig entlasten wie der Umstand, dass die Bank doppelfunktional als Zahlstelle und Kreditgeberin tätig geworden ist. Durch die Berücksichtigung der Zahlungsausgänge zugunsten der Bank im Rahmen einer Kontokorrentverrechnung im Umfang der Zahlungseingänge wird eine sachwidrige Verdoppelung des Anfechtungsvolumens verhindert. Diese erforderliche Gesamtbetrachtung ist ein entscheidender Faktor, weswegen – unabhängig von der Reihenfolge von Zahlungseingängen und Ausgängen und unabhängig von der Frage der Ausschöpfung des Kreditrahmens – grundsätzlich alle Transaktionen innerhalb des Anfechtungszeitraums maßgebend sind und es auf die Abrechungsperiode des Kontokorrents nicht ankommt.783 Das entscheidende Manko der Gegenpositionen liegt darin, dass nur auf die Kreditgeberfunktion der Bank abgestellt wird und damit deren doppelfunktionales Handeln ausgeblendet bleibt. Nur wenn die Zahlungsausgänge in der Höhe der Zahlungseingänge i. S. des §  142 InsO berücksichtungsfähig sind, lässt sich – wie gezeigt – das Ziel der Bargeschäftsausnahme verwirklichen: Der Schuldner wird nicht praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen und die Teilhabe des Schuldners am bargeldlosen Zahlungsverkehrs bleibt gesichert. Der hier vorgetragene Ansatz trägt drei entscheidenden Gesichtspunkten Rechnung. Er berücksichtigt erstens die Doppelfunktionalität der Bank, die als Kreditgeberin und Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr tätig wird. Zweitens wird dem Sinn und Zweck des §  142 InsO Genüge getan: Die Teilhabe des Schuldners am bargeldlosen Zahlungsverkehr wird gesichert. Drittens verhindert dieser Ansatz eine sachwidrige Verdoppelung des Anfechtungsvolumens. Es wird eine Gesamtstimmigkeit für diesen komplexen Fall der Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis vorgetragen.   Siehe §  4 II.   Daher lässt sich auch der „Lähmungsgedanke“, der in einem Kontokorrent für die Einzelforderungen gilt, nicht nutzbar machen. 782 783

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7.  Ordinary Course of Business-Doktrin: ein rechtsvergleichender Impuls für das deutsche Insolvenzanfechtungsrecht? Im amerikanischen Konkursrecht sind Sicherungen und Befriedigungen unanfechtbar, wenn sie Ausdruck des vorkonkurslichen gewöhnlichen Geschäftsverkehrs sind.784 Diese ordinary course of business-Ausnahme beruht auf dem Gedanken, dass das Konkursanfechtungsrecht lediglich ein sog. „Ausstiegsverhalten“ aus der Gemeinschaft der Gläubiger sanktionieren soll (opt-out theory of preference law).785 Zahlungen oder Übertragungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr sind von der Anfechtung ausgenommen. Göpfert 786 will eine ordinary course of business-Ausnahme auch im deutschen Recht installieren. Auch Dampf greift den ordinary course of business-Gedanken auf, wenn er den Anwendungsbereich des §  131 InsO im Wege einer teleologischen Reduktion des §  131 InsO auf die Fälle beschränkt, in denen die Verrechnung eingehender Zahlungen mit dem Debetsaldo als „Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft“ zu werten ist.787 Anders als bei Göpfert führt ein fehlendes Ausstiegsverhalten bei Dampf allerdings nicht automatisch zu einer Unanfechtbarkeit, sondern lediglich zu einer Insolvenzanfechtung nach §  130 Abs.  1 InsO.788 a)  Die Bedeutung im amerikanischen Konkursrecht Eine der zentralen Vorschriften für die Anfechtung durch den Konkursverwalter (trustee) ist die Anfechtung wegen Gläubigerbevorzugung (preference) nach §  547 des Bankruptcy Code (11 USC Chapter 5). Die Vorschrift ist sehr komplex789: §  547 (a) BC enthält einige Legaldefinitionen; §  547 (b) BC normiert die Tatbestandsvoraussetzungen der preference; §  547 (c) BC sieht neun Ausnahmen vor, die zu einem Ausschluss der Anfechtbarkeit führen. Nach §  547 (b) BC ist eine Gläubigerbevorzugung anzunehmen, wenn Rechte (interest) am Vermögen des Schuldners übertragen wurden (transfer) und kumulativ die folgenden fünf Voraussetzungen vorliegen: –  Die Übertragung muss zugunsten eines Gläubigers erfolgen (to or for the benefit of a creditor), –  vor Verfahrenseröffnung (antecedent debt),

  Ausführlich Göpfert, S.  72 m.w.Nachw.   Göpfert, S.  2 m.w.Nachw. 786   Göpfert, S.  72. 787   Dampf, KTS 1998, 145 (171 ff.). Diese Konzeption ist der opt-out theory of preference law zunächst sehr nahe. Es differieren aber sowohl der dogmatische Standort als auch die Ergebnisse. 788   Dampf, KTS 1998, 145 (173). 789   E. J.Habscheid, S.  157 ff. 784 785

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–  zu einer Zeit, als der Schuldner bereits insolvent war (made while the ­debtor was insolvent), –  innerhalb von 90 Tagen vor Einleitung des Konkursverfahrens (on or with­ in 90 days before the date of the filing of the petition) oder bis zu einem Jahr, wenn der Gläubiger ein Insider ist. –  Der Gläubiger erhält mehr als er in einem Verfahren, das unter Chapter 7 fällt, erhalten würde, wenn es zur Übertragung nicht gekommen wäre (receive more than such creditor would receive if the case were a case under chapter 7 of this title) Anders als bei §  130 Abs.  1 InsO kommt es auf eine subjektive Kenntnis des Insolvenzgläubigers nicht an. Der Gläubigergleichbehandlung wurde bewusst ein Vorrang gegenüber dem Vertrauensschutz eingeräumt.790 Dieser weite Anfechtungstatbestand der preference wird durch einen Ausnahmekatalog eingeschränkt. §  547 c BC benennt enumerativ neun Ausnahmen, u. a. die ordinary course of business-Ausnahme (§  547 c (2) BC).791 Damit sollen Zahlungen oder Übertragungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr von der Anfechtung ausgenommen werden. Der Terminus des ordinary course of business ist nicht legal definiert. Vielmehr wurden die Voraussetzungen von der Rechtsprechung entwickelt. Im Kern geht es um die Abgrenzung zwischen dem, was als ordinary bzw. extraordinary einzustufen ist. Die Gewöhnlichkeit lässt sich entweder am konkreten Geschäftsgang zwischen Schuldner und Anfechtungsgegner festmachen oder danach, was branchenüblich ist, also üblicherweise im jeweiligen Geschäftskreis des Schuldners mit entsprechenden Gläubigern gilt.792 Man könnte einerseits von einer subjektiven und andererseits von einer objektiven Theorie sprechen. Die amerikanische Rechtsprechung kombiniert beide Ansätze.793 Dies führt zu einer Doppelprüfung: Einerseits ist zu fragen, ob innerhalb des konkreten Geschäftsverkehrs ein Ausstiegsverhalten (last minute opt out) erkennbar ist. Andererseits muss der objektivierte Geschäftskreis in den Blick genom  E. J.Habscheid, S.  158 m.w.Nachw.   §  547 (c) BC: The trustee may not avoid under this section a transfer – (1) to the extent that such transfer was – (A) intended by the debtor and the creditor to or for whose benefit such transfer was made to be a contemporaneous exchange for new value given to the debtor; and (B) in fact a substantially contemporaneous exchange; (2) to the extent that such transfer was in payment of a debt incurred by the debtor in the ordinary course of business or financial affairs of the debtor and the transferee, and such transfer was (A) made in the ordinary course of business or financial affairs of the debtor and the transferee; or (B) made according to ordinary business terms. 792   Göpfert, S.  59. 793   Ausführlich Göpfert, S.  59 ff. mit Beispielen aus der amerikanischen Spruchpraxis. 790 791

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men und auf die Branchenüblichkeit abgestellt werden.794 Auch im Aufrechnungs-Anfechtungsrecht gilt eine ordinary course of business-Ausnahme (§  553 (a) (3) (C) BC, mini preference section).795 Eine während der preference-Periode entstandene Aufrechnungslage ist dann nicht anfechtbar, wenn sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr entstanden ist.796 Aufrechnungslagen im laufenden Kontokorrent unterliegen daher grundsätzlich nicht der Konkursanfechtung.797 b)  Übertragung auf das deutsche Recht Göpfert 798 will eine ordinary course of business-Ausnahme auch im deutschen Recht installieren. Er sieht darin einen Ausweg aus der Sackgasse, in die die deutsche Lösung anhand abgestufter subjektiver Tatbestandsvoraussetzungen geführt hat. Für die Zeit vor Verfahrenseröffnung sei eine Abwägung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes mit den vorinsolvenzrechtlichen Verkehrsinteressen unabdingbar. Die aufrechterhaltene Aufrechnungslage in der Schuldnerkrise spiegle die Erwartung des Gläubigers wieder, der von ihm vorübergehend gewährte Kredit werde im laufenden Geschäft in Kürze zum Ausgleich gebracht. Diese an sich ungesicherte Vertrauensinvestition werde im Verfahren durch eine entsprechende Privilegierung geschützt. c)  Stellungnahme Spätestens mit der Kodifizierung der Bargeschäftsausnahme in §  142 InsO wurde der ordinary course of business-Ausnahme im deutschen Recht der „dogmatische Boden“ endgültig entzogen. Der Gesetzgeber regelt nunmehr das Bargeschäft, so dass Grenzfälle wie die Kontokorrentverrechnung sich am Normzweck des §  142 InsO messen lassen müssen. Der Rekurs auf die ordinary course of business-Ausnahme, der sich aus einer Rechtsvergleichung speist, kann nur de lege ferenda von Bedeutung sein.799 Dampf moniert ebenfalls zu Recht die fehlende dogmatische Grundlage dieser Rechtsfortbildung. 800 Es laufe auf einen Zirkelschluss hinaus, wenn aus der Sonderstellung des aufrechnungsbefugten   Göpfert, S.  62 spricht von einer vertikalen und einer horizontalen Messlatte.   Anknüpfungspunkt ist die subjektive Formulierung in §  553 (a) (3) (C) BC, der das allgemeine preference-Recht verdrängt: for the purpose of obtaining a right of setoff. Dazu sowie zur Objektivierung in der amerikanischen Rechtsprechung: Göpfert, S.  63. 796   Katz v. First Nat. Bank of Glen Head, 568 F.2d 964. 797   Göpfert, S.  65 mit Rekurs auf Ausnahmen: Einzahlungen stehen nicht mehr zur freien Verfügung des Bankkunden; Hereinnahme von Zahlungen trotz Abbruch der Geschäftsbeziehung. 798   Göpfert, S.  72. 799   Zur Rechtsvergleichung als Mittel der Rechtsreform P.Gottwald, in: FS Peter Schlosser, S.  241 ff. 800   Kritisch auch Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1423). 794 795

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Insolvenzgläubigers Folgerungen für die Anfechtbarkeit vorinsolvenzrechtlicher Verrechnungen gezogen werden. 801 Jedenfalls für das geltende Recht ist Göpfert nicht zu folgen, wenn er für eine Parallelschaltung zum amerikanischen Konkursrecht plädiert, in welchem das Bargeschäft auch geregelt ist und als eine Ausnahme zur Anfechtbarkeit neben die ordinary course of business-Regelung tritt. Überlegenswert erscheint aber, ob der deutsche Gesetzgeber nicht – ähnlich wie im amerikanischen Recht – einen Ausnahmekatalog entwerfen sollte, der insbesondere die Kontokorrentverrechnung umfasst. Für eine ordinary course of business-Ausnahme neben §  142 InsO ist aber de lege lata kein Raum. Anders gewendet: Die dogmatische Kernfrage dreht sich um die Auslegung bzw. Festlegung der Analogiebasis des §  142 InsO. M. E. kann der Gedanke der ordinary course of business-Ausnahme allenfalls bei der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen fruchtbar gemacht werden. Wie gesehen rekurriert Häsemeyer auf eine schuldtypische Deutung. Es sei darauf abzustellen, wie die primäre Hauptleistungspflicht typischerweise im Rechtsverkehr zu erfüllen ist. 802 Dieser Ansatz ließe sich mit der ordinary course of business-Doktrin aufladen. Allerdings ist auch dieser Auffassung – wie erörtert – nicht zu folgen. Maßgebend muss die Parteivereinbarung sein. Ist das Verhalten des Insolvenzgläubigers vertragsgemäß, fehlt die besondere Verdächtigkeit, die inkongruente Deckungen auszeichnet. Wer sich in der Krise so verhält, wie es außerhalb der Krise vereinbart wurde, soll den Vertrauensschutz des §  130 InsO genießen.

8.  Sicherungsrechte der Bank Bei den bisherigen Überlegungen blieb unberücksichtigt, dass die Bank in aller Regel Kreditsicherheiten hereinnimmt, wenn sie einen Kontokorrentkredit ausreicht. Zur „Standardausstattung“ gehört das Pfandrecht der Bank, das via Allgemeiner Geschäftsbedingungen mit dem Kunden rechtsgeschäftlich vereinbart wird (Nr.  14 AGB-Banken). Dieses Pfandrecht gibt der Bank bei Verfahrenseröffnung ein Recht zur abgesonderten Befriedigung aus dem Pfandgegenstand nach Maßgabe der §§  166 ff. InsO (§  50 Abs.  1 InsO). Häufig kommt neben dem AGB-Pfandrecht eine Globalzession als Sicherheit hinzu. Auch Sicherungszessionen begründen ein Absonderungsrecht (§  51 Nr.  1 InsO). Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass es sich wirtschaftlich um ein Pfandrecht an einer Forderung handelt, bei dem eine Anzeige an den Drittschuldner nach §  1280 BGB gerade nicht erforderlich ist. 803 801   Dampf, KTS 1998, 145 (170), der neben der dogmatischen Fragwürdigkeit des Ansatzes von Göpfert auch von einer Systemwidrigkeit und von unhaltbaren Ergebnissen spricht. 802   Häsemeyer, KTS 1982, 507 (564); ders., Rdnr.  21.56. 803   Die Anzeige kann die Kreditwürdigkeit des Schuldners in Zweifel ziehen und seine geschäftliche Bonität herabsetzen. Dazu Prütting, Sachenrecht, Rdnr.  846.

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Ob diese Kreditsicherheiten insolvenzbeständig sind, ist im Rahmen des §  129 InsO incidenter zu prüfen. Schließlich fehlt es an der Gläubigerbenachteiligung, wenn der Bankkunde durch die Verrechnung nur das erhalten hat, was ihm aufgrund des Sicherungsrechts ohnehin zustand. Andere Gläubiger hätten insoweit auf das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht zugreifen können. 804 Der Insolvenzverwalter ist zwar dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass die für anfechtbar gehaltene Rechtshandlung die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Hinsichtlich dieser Gegenrechte trifft den Anfechtungsschuldner indes eine sekundäre Darlegungslast. 805 Damit ist §  129 InsO bei Kontokorrentverrechnungen ein Einfallstor für die Untersuchung der Insolvenzbeständigkeit von Kreditsicherheiten. Die Insolvenz ist der Ernstfall für Kreditsicherheiten. Ihr konkreter Wert entscheidet sich erst im Insolvenzverfahren. 806 Die Weichenstellungen im Insolvenzanfechtungsrecht wirken sich unmittelbar auf die Kreditvergabe aus. Die Vorwirkungen des Insolvenzanfechtungsrechts werden an diesem Brennpunkt der Praxis besonders virulent. So verwundert es nicht, dass die folgenden Rechtsfragen im Schrifttum mit Schärfe erörtert werden. Dabei sind manche Argumentationslinien rein ergebnisorientiert. Es geht um Pragmatik statt Dogmatik, um wirtschaftliche Überlegungen und um Folgenorientierung. a)  AGB-Pfandrecht der Banken Nr.  14 AGB-Banken807 stellt neben Nr.  8 AGB-Banken die für die Bankpraxis wichtigste Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar. 808 Nr.  14 AGB-Banken enthält ein vertragliches Pfandrecht i. S. der §§  1204 ff. BGB, das nur insoweit eine Besonderheit aufweist, als es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wird. 809 Ob dieses Proprium für die insolvenzanfechtungsrechtliche Behandlung von Bedeutung sein kann, gilt es zu erörtern. Bevor auf diese Fragestellungen eingegangen wird, sind die Voraussetzungen sowie die zivilrechtliche Wirksamkeit dieses Pfandrechts in einem notwendigen Zwischenschritt810 zu überblicken.

  BGH NZI 2008, 547 (548); BGHZ 150, 122 (126) = NJW 2002, 1722.   BGH NZI 2008, 547 (549) m.w.Nachw. 806   BGHZ 130, 115 (126 f.) = NJW-RR 1995, 1450; Piekenbrock, WM 2007, 141. 807   Es sind immer die konkret einbezogenen AGB der Bank zu berücksichtigen. Ein automatischer Rekurs auf die AGB-Banken verbietet sich. Insofern fehlerhaft: KG, Urt. v. 5.  12. 1996 – 2 U 1861/95 – unveröff. Bei Sparkassen siehe Nr.  21 AGB-Sparkassen. 808   Bunte, AGB-Banken Nr.  14, Rdnr.  320. Zu Nr.  8 AGB-Banken Löhnig/Würdinger, WM 2007, 961. 809   Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  19 Rdnr.  1. 810   Schließlich ist bei einer Unwirksamkeit der Pfandrechtsklausel keine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO gegeben. 804 805

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aa)  Voraussetzungen und zivilrechtliche Wirksamkeit (1)  Bestellung des Pfandrechts Für das Pfandrecht an Forderungen gibt es innerhalb der Vorschriften über Pfandrechte an Rechten (§§  1273 ff. BGB) Sonderregeln in den §§  1279–1290 BGB. 811 Die Bestellung eines solchen Pfandrechts richtet sich nach §§  1280, 1274 Abs.  1 S.  1, 398 BGB. Ebenso wie bei der Übertragung einer Forderung ist eine Einigung zwischen Pfandrechtsgläubiger und -schuldner erforderlich. Gemäß Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken sind sich Bank und Kunde einig, dass die Bank ein Pfandrecht an den Wertpapieren und Sachen erwirbt, an denen eine inländische Geschäftsstelle im bankmäßigen Geschäftsverkehr Besitz erlangt hat oder noch erlangen wird. Im letzteren Fall ist die dingliche Einigung vorweggenommen (antizipierte Verfügung). Die Einigung liegt in der Geltungsvereinbarung über die AGB bei Vertragsschluss. 812 Nach §§  1204 Abs.  2, 1273 Abs.  2 BGB kann ein Pfandrecht auch an künftigen Forderungen bestellt werden. Der Kunde kann seine Willenserklärung jederzeit widerrufen. 813 Nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken erwirbt die Bank ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden ihr gegenüber aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden. Als Beispiel sei das Kontoguthaben genannt. 814 Uneinigkeit besteht darin, ob damit der Anspruch auf oder aus der Gutschrift gemeint ist. Der BGH führt aus, dass das Pfandrecht wenn nicht schon mit Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift, so spätestens mit Entstehung des Anspruchs aus der Gutschrift entsteht. 815 M. E. fällt bereits der Anspruch auf Gutschrift unter Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken, der sich im Anspruch aus der Gutschrift i. S. des §  675t Abs.  1 BGB fortsetzt (Rechtsfortwirkungsanspruch). 816 Nicht zu folgen ist der Auffassung, wonach das Pfandrecht bei debitorischen Konten zwar hinsichtlich des Anspruchs auf Gutschrift entstehen kann, dann aber erlischt und sich nicht am Anspruch aus der Gutschrift fortsetzt. 817 811   Subsidiär kommen §§  1273–1279 BGB zum Zuge und schließlich sind wiederum subsidiär – über §  1273 Abs.  2 BGB – §§  1204–1257 BGB einschlägig. 812   BGHZ 138, 291 = NJW 1998, 2592; BGH KTS 1997, 118; BGH NJW 1983, 2701 (2702). 813   Hopt, in: Baumbach/Hopt, AGB-Banken Nr.  14 Rdnr.  4. 814   Siehe zur Parallelvorschrift der Sparkassen: Nr.  21 AGB-Sparkassen. In Abs.  1 S.  2, 3 heißt es: „Zu den erfassten Werten zählen sämtliche Sachen und Rechte jeder Art. .  .  . Erfasst werden auch Ansprüche des Kunden gegen die Sparkasse.“ 815   BGH NJW 2004, 1660 (1661); BGHZ 135, 140 (148) = NJW 1997, 1857. In einer früheren Entscheidung hieß es noch, dass das Pfandrecht gemäß Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken sämtliche Ansprüche des Kunden gegen seine Bank, insbesondere solche auf und aus Gutschrift, erfasse. BGH KTS 1997, 118; BGH NJW 1983, 2701 (2702). 816   Zu diesem Rechtsfortsetzungszusammenhang: BGH WM 1996, 2250; BGH WM 1973, 892; Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1418); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  189 mit Rekurs auf eine Analogie zu §  1287 BGB. 817   Anders etwa OLG Hamm ZIP 2001, 1683 (1688); zu Recht kritisch Göb, S.  148 f.

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Um dieses Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken geht es bei der Kontokorrentverrechnung. Typischerweise sind drei Personen beteiligt: –  der Pfandgläubiger, der zugleich Gläubiger der gesicherten Forderung ist, –  der Gläubiger der verpfändeten Forderung, der zugleich Schuldner der gesicherten Forderung ist und –  der Schuldner der verpfändeten Forderung, der nach der Terminologie der ZPO auch Drittschuldner genannt wird. 818 Die Besonderheit beim Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken besteht darin, dass das Dreipersonenverhältnis auf ein Zweipersonenverhältnis schmilzt. Die Bank ist Pfandgläubigerin und zugleich Schuldnerin der verpfändeten Forderung. Für diese Konstellation hat sich die Kurzformel „Pfandrecht an eigener Schuld“ (pignus debiti oder pignus sui) durchgesetzt. 819 Dieser Terminus ist unpräzise; es müsste Pfandrecht an den gegen sie selbst gerichteten Forderungen lauten. 820 Das Pfandrecht ist entwertet und die Sicherheit der Bank verloren, wenn der Kunde über das Guthaben verfügt. 821 Die Pfandbestellung beschränkt sich nach dem Wortlaut der Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken nur auf Forderungen der Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung. Beispielhaft wird in der Pfandrechtsklausel das Kontoguthaben erwähnt. Sowohl die Art der Ansprüche als auch Pfandgläubiger und Sicherungsgeber sind hinreichend bestimmt; die künftigen Ansprüche sind hinreichend bestimmbar. 822 Dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz ist damit Rechnung getragen. Gemäß §  1280 BGB ist in Ausnahme zu §  1274 Abs.  1 S.  1 BGB eine Verpfändung einer Forderung nur wirksam, wenn der Gläubiger sie dem (Dritt-) Schuldner anzeigt. Die Vorschrift ist unabdingbar (arg. ex §  1284 BGB). Die Anzeige soll – ebenso wie die Übergabe bei der Verpfändung von beweglichen Sachen – die (bedingte) Aussonderung aus dem Vermögen des Verpfänders äußerlich erkennbar machen. 823 Beim „Pfandrecht an eigener Schuld“ sind Pfandgläubiger und Schuldner der verpfändbaren Forderung personenidentisch. Eine Anzeige ist nach dem Schutzzweck der Norm daher entbehrlich. 824 Die Bank hat bei der Bestellung des Pfandrechts mitgewirkt; ihr die Verpfändung anzuzeigen wäre sinnloser Formalismus. Vielmehr ist in der Begründung des Pfandrechts zugleich die formlos mögliche Anzeige des Kunden an die Bank als   Prütting, Sachenrecht, Rdnr.  836.   Staudinger/Wiegand, §  1279 Rdnr.  4 m.w.Nachw. 820   BGHZ 138, 291 = NJW 1998, 2592 (2596). 821   Zur Kontosperre, die eine zulässige vorsorgliche Sicherstellung einer späteren Verwertung darstellt: BGH NJW 2004, 1660 (mit Rekurs auf §  1281 S.  2 HS.  1 BGB); dazu Fischer/ Dissen, DZWIR 2004, 368; U.Müller, S.  74 ff. 822   BGHZ 86, 340 (346) = NJW 1983, 1123 m.w.Nachw.; RGZ 82, 227 (230). 823   MünchKomm-BGB/Damrau, §  1280 Rdnr.  1 m.w.Nachw. 824   So bereits RGZ 116, 207; BGH NJW 2004, 1660 (1662); BGHZ 93, 71 (76) = NJW 1985, 863; BGHZ 138, 291 = NJW 1998, 2592 (2596); Bunte, AGB-Banken Nr.  14, Rdnr.  334. 818 819

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Schuldner der verpfändeten Forderung zu erblicken. 825 Selbst wenn man dies nicht teilt, müsste man über eine teleologische Reduktion des §  1280 BGB zum selben Ergebnis vordringen. 826 §  1280 BGB ist ersichtlich auf die Dreipersonenkonstellation zugeschnitten. Das Pfandrecht wird erst begründet, wenn die verpfändete Forderung entsteht. 827 Entstehen die Forderungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist die Bestellung des Pfandrechts nach §  91 Abs.  1 InsO unwirksam. (2)  AGB-rechtliche Wirksamkeit Die Rechtsprechung hält dieses AGB-Pfandrecht, das eine flexible und schnelle Kreditgewährung ermöglicht, für wirksam. 828 §§  305c Abs.  1, 307 BGB stehen der wirksamen Begründung dieses Pfandrechts nicht entgegen, soweit es um die Sicherung von Ansprüchen der Bank an Forderungen des Kunden geht, die im Rahmen einer bankmäßigen Geschäftsverbindung in ihre Verfügungsgewalt gelangt sind. 829 (3)  Kollision mit Kontokorrentabrede? Auch folgt eine Unwirksamkeit des AGB-Pfandrechts nicht aus der Kontokorrentabrede. Die Einzelansprüche sind zwar im Kontokorrent „gelähmt“. Weder eine isolierte Abtretung noch eine Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung sind möglich. Nach §  1274 Abs.  2 BGB kann ein Recht, soweit es nicht übertragbar ist, auch nicht verpfändet werden. §§  355 ff. HGB sind jedoch dispositiv. Die Parteivereinbarung ist in toto auszulegen und die Kollision dergestalt aufzulösen, dass im Innenverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden eine Verpfändung der Einzelansprüche möglich ist. Die Sicherungsfunktion der Kontokorrentabrede bezieht sich auf das Außenverhältnis. Es geht um einen Schutz vor einem Einzelzugriff im Verhältnis zu Dritten. 830 Im Innenverhältnis können die Kontokorrentparteien den „Lähmungscharakter“ modifizieren. Es handelt sich daher um eine Scheinkollision. 831 Auch aus dem Prioritätsprinzip ergibt sich nichts anderes. 832 Beide antizipierten Verfügungen erfolgen zeitgleich. Nach der Parteivereinbarung soll gerade keiner ein Vorrang zukommen. Auch folgt aus §  357 HGB nichts Abweichendes, bei dem es im unmittelbaren Anwendungsbereich um die Pfändung des Saldos geht. Eine analoge Anwendung scheidet aus. Es handelt sich um eine   Hopt, in: Baumbach/Hopt, AGB-Banken Nr.  14 Rdnr.  7.   Bunte, AGB-Banken Nr.  14, Rdnr.  334: Anzeige „nach dem Schutzzweck der Norm nicht erforderlich“. 827   BGH NJW 1998, 2592 (2597); OLG Köln ZIP 1987, 907 (908). 828   BGHZ 93, 71 (75) = NJW 1985, 863; BGHZ 128, 295 = NJW 1995, 1085. 829   BGHZ 93, 71 = NJW 1985, 863. 830   Tinnefeld, S.  242. 831   So Wischemeyer, S.  26. 832   Wischemeyer, S.  27. 825 826

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Gläubigerschutzvorschrift, die keinen allgemeinen Rechtsgedanken beinhaltet, der auf die hier inmitten stehende interne Verpfändung passen würde. 833 Dieses durch Nr.  14 AGB-Banken „modifizierte Kontokorrent“834 ist somit von der Privatautonomie gedeckt. 835 bb)  Anfechtbarkeit des AGB-Pfandrechts Das AGB-Pfandrecht kann also zivilrechtlich wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Damit dringt die Frage vor, ob diese Verpfändung anfechtbar ist. Dabei geht es vor allem um Verpfändungen, die in der wirtschaftlichen Krise entstehen. Ein an Zahlungseingängen nach Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken entstandenes Pfandrecht ist grundsätzlich gläubigerbenachteiligend i. S. des §  129 InsO. Nach §  140 Abs.  1 InsO ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die rechtlichen Wirkungen der angefochtenen Rechtshandlung eintreten. Dies ist bei dieser Vorausverfügung der Zeitpunkt des Entstehens der künftigen Forderungen. 836 Kontrovers wird die Frage diskutiert, ob es sich um eine kongruente oder inkongruente Deckung handelt. Einigkeit besteht im Ausgangspunkt der Abgrenzungsfrage. Die Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO erfordert eine anspruchsorientierte Abgrenzung. Zwei Problemkreise sind zu vertiefen. Der erste betrifft die Auslegung von Nr.  14 AGB-Banken und ist damit zunächst rein bankrechtlicher Art. Der zweite schlägt in eine dogmatische Kerbe des Insolvenzanfechtungsrechts. Es geht um die Frage, wie der Deckungsanspruch beschaffen sein muss. Muss der Sicherungsanspruch auf einen von vornherein individualisierbaren Gegenstand gerichtet sein? Ist ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz einzufordern, der strenger ist als der sachenrechtliche? (1)  Auslegung der Nr.  14 AGB-Banken Nr.  14 AGB-Banken ist so formuliert, dass die Bank nach dem Wortlaut dieser Klausel keinen schuldrechtlichen Anspruch auf Bestellung dieses Pfandrechts hat. Manche folgern daraus, dass ein solcher schuldrechtlicher Anspruch dann auch nicht besteht. 837 Feuerborn rekurriert zudem auf ein systematisches Argument. Das Nachbesicherungsrecht aus Nr.  13 AGB-Banken sei anspruchsorientiert formuliert („Anspruch der Bank auf Bestellung von Sicherheiten“, „kann verlangen“). Eine solche Formulierung sei indes bei Nr.  14 AGB-Banken nicht   Wischemeyer, S.  28.   Wischemeyer, S.  28. 835   Das Gleiche gilt für das AGB-Pfandrecht nach Nr.  21 Abs.  1 AGB-Sparkassen. Dazu etwa BGH NZI 2008, 547. 836   BGH NZI 2003, 320 m.Anm.  Gundlach/Schirrmeister. 837   Feuerborn, ZIP 2002, 290 (293); Göb, S.  153; vorsichtig Ganter, WM 2006, 1081 (1089). 833

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vorhanden. 838 Damit wäre die Bestellung des AGB-Pfandrechts bereits mangels schuldrechtlichen Substrats eine inkongruente Deckung. Nach Göb könne es nicht Aufgabe der Auslegung nach §§  133, 157 BGB sein, das zivilrechtliche Trennungsprinzip in die Regelungen der Nr.  14 AGB-Banken zu integrieren. 839 M. E. verdient diese streng am Wortlaut der Nr.  14 AGB-Banken orientierte Auslegung keine Zustimmung. Auch das argumentum e contrario zu Nr.  13 AGB-Banken überzeugt nicht. Eine solche Auffassung steht nicht in Einklang mit dem objektiven Empfängerhorizont (§§  133, 157 BGB). Die Vereinbarung wäre ohne einen schuldrechtlichen Anspruch wenig hilfreich, da causa-lose Pfandrechte nach §§  812 ff. BGB rückabzuwickeln sind. 840 Damit wäre das Pfandrecht nahezu sinnentleert. Zudem enthält Nr.  14 Abs.  3 AGB-Banken einen Sicherungszweck, der auf eine Sicherungsabrede schließen lässt, wonach auch ein korrespondierendes schuldrechtliches Substrat zur Verfügung stehen muss. 841 Im Übrigen sind auch die gesetzlichen Pfandrechte (z. B. §§  562, 647 BGB) nicht anders formuliert. Vielmehr ist von einem Gleichklang zu diesen Formulierungen auszugehen. Die Auslegung der Nr.  14 AGB-Banken ergibt daher, dass die Bank sehr wohl einen Anspruch auf die Verpfändung hatte. (2)  Deckungsqualität Geht man von einem Anspruchssubstrat aus, so ist weiter zu fragen, ob dieses ausreichend ist, um der Verdächtigkeitsvermutung des §  131 Abs.  1 InsO zu entkommen. Einigkeit besteht, dass der Nachbesicherungsanspruch nach Nr.  13 AGB-Banken zu allgemein ist, als dass eine daraufhin erfolgte Sicherung eine kongruente Deckung bewirken könnte. 842 Dieser Anspruch ist zwar umfassend, aber inhaltlich völlig unbestimmt. Dem Schuldner wird unter den in Betracht kommenden Sicherheiten die freie Wahl gelassen. 843 (a)  Meinungsstand Im Schrifttum wird teilweise vertreten, dass es sich um kongruente Deckungen handelt. 844 Dem AGB-Pfandrecht liege ein hinreichend bestimmter Anspruch zugrunde. Art, Ausmaß und Sicherungsgegenstand stünden bei Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken von vornherein fest: Es gehe um eine Verpfändung von Forderungen; umfasst seien alle gegenwärtigen und zukünftig im Rahmen der bank  Feuerborn, ZIP 2002, 290 (293); Göb, S.  153.   Göb, S.  154, der weiter ausführt, dass dies hieße, einen nicht vorhandenen schuldrechtlichen Anspruch zu schaffen und damit unter Vernachlässigung des Trennungsprinzips die Unzulänglichkeit der Vertragsgestaltung der Parteien zu unterstützen. 840   Wischemeyer, S.  33. 841   Wischemeyer, S.  33. 842   BGHZ 33, 389 (393 f.) = WM 1961, 28 zu Nr.  19 Abs.  1 AGB-Banken a. F.; Jaeger/Henckel, InsO, §  131 Rdnr.  32; HK-InsO/Kreft, §  131 Rdnr.  13; Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1419). 843   Siehe ferner BGH NJW-RR 1993, 238. 844   Eckardt, ZIP 1997, 1417 (1419 ff.); Wischemeyer, S.  33 ff.; Tinnefeld, S.  248 ff. 838 839

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mäßigen Geschäftsbeziehung erwachsenen Forderungen des Schuldners gegen die Bank. 845 Nach Wischemeyer besteht eine „zwingende Abhängigkeit zwischen sachenrechtlicher und anfechtungsrechtlicher Bestimmtheit“. 846 Es sei logisch ausgeschlossen, wegen mangelnder Bestimmtheit von einer inkongruenten Deckung auszugehen. Denn bei fehlender Bestimmtheit läge überhaupt keine Deckung vor, da das Pfandrecht erst gar nicht entstehen würde. 847 Die Gegenauffassung hebt darauf ab, dass der schuldrechtliche Anspruch auf die dingliche Sicherung nicht hinreichend bestimmt sei. 848 Rechtsprechung und h.L. gehen aus diesem Grund beim AGB-Pfandrecht von einer inkongruenten Deckung aus. 849 Das Kernargument speist sich aus der Überlegung, dass sich der schuldrechtliche Anspruch auf die Sicherheit erst in demjenigen Zeitpunkt auf einen bestimmten Pfandgegenstand konkretisiert, in dem die verpfändeten Forderungen entstehen. Nur solche vertraglichen Vereinbarungen könnten die insolvenzrechtliche Kongruenz herstellen, welche auf bestimmte, sogleich (im Zeitpunkt der Vereinbarung) identifizierbare Gegenstände gerichtet seien. Solange es dagegen dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibe, welche konkrete Sicherheit erfasst werde, seien sie nicht geeignet, die Besserstellung einzelner Gläubiger in der Insolvenz unter Durchbrechung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes zu rechtfertigen. 850 Nicht selten ist die Inkongruenzwertung ergebnisorientiert: Sieht man das AGB-Pfandrecht als kongruent an, dann wäre die Verrechnung von Zahlungseingängen vor einem Insolvenzantrag in der Regel unanfechtbar. Die Bank hätte somit stets einen „Sicherheitenvorsprung“. 851 (b)  Stellungnahme und eigener Ansatz Ein Schlüsselargument für eine Inkongruenz ist die Nichtvereinbarkeit mit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz. Dies ist ein Zirkelschluss, eine petitio principii. 852 Sowohl §  130 InsO als auch §  131 InsO bewirken eine Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung. Vielmehr ist zu fragen, warum trotz eines vertragsgemäßen Verhaltens die Vertrauensschutzkomponente des §  130 Abs.  1 InsO bei Pfandrechten i. S. von Nr.  14 AGB-Banken abzuschleifen ist. Dies kann nur durch eine teleologische Auslegung des §  131 Abs.  1 InsO erklärt 845   Anders sei dies beim Nachbesicherungsrecht der Bank nach Nr.  13 AGB-Banken. Wischemeyer, S.  35. 846   Wischemeyer, S.  34; ebenso Göb, S.  152. 847   Wischemeyer, S.  34 spricht von einer „an sich eindeutigen Rechtslage“. 848   Obermüller, Rdnr.  6 .145; Feuerborn, ZIP 2002, 290 (293); Bork, in: FS Kirchhof, S.  57 (71); HK-InsO/Kreft, §  131 Rdnr.  13. 849   Jaeger/Henckel, InsO, §  131 Rdnr.  34. 850   BGH NZI 2008, 547 (548); BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722. 851   So Ganter, WM 2006, 1081 (1088). 852   Das gilt genauso für die Argumentationslinie der Rechtsprechung bei Zwangsdeckungen. Dazu Paulus, in: FS G. Fischer, S.  445 (452).

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werden. Nur eine solche Vorgehensweise ist methodisch haltbar. Das Gesetz formuliert mit §  130 InsO grundsätzliche Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit in der wirtschaftlichen Krise und reduziert diese für Konstellationen inkongruenter Deckungen. Bei der Bestimmung der Deckungsqualität ist zum einen die Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO und zum anderen die ratio legis für das Abschmelzen der Voraussetzungen bei der Inkongruenz zu bedenken. Allgemeine Gerechtigkeitsüberlegungen und voreilige mögliche Verletzungen der Gläubigergleichbehandlung sind an der ersten Stelle einer Argumentationslinie deplatziert. Nach dem Wortlaut der §§  130, 131 InsO ist beim AGB-Pfandrecht von einer kongruenten Deckung auszugehen. Die Bank erhält in der Krise eine Sicherheit wie sie außerhalb der Krise vereinbart wurde. Das ist in einem ersten Schritt der Subsumtion zu konstatieren und von der anschließenden Frage zu trennen, ob §  131 InsO im Blick auf einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz teleologisch zu extensieren ist. Die Tatsache, dass es für die Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen auf die Vereinbarung außerhalb der Krise ankommt, gibt den Parteien ein Steuerungsinstrument in die Hand. Je weiter die Vereinbarung ist, desto breiter ist der spätere Anwendungsbereich des §  130 InsO. Dem Kreditgeber ist daran gelegen, eine möglichst weite Sicherheitenklausel zu installieren. Sicherungen sind gerade auf den Insolvenzfall hin geschaffen und damit eigentlich per se verdächtig. Ihr Nutzen zeigt sich gerade und nur in der Insolvenz. Daraus ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass alle Sicherheiten inkongruente Deckungen sind. Dagegen steht der Wortlaut des §  130 Abs.  1 InsO, wonach auch Sicherungen kongruente Deckungen sein können. Gerade bei der Vereinbarung künftiger Sicherheiten ist aber ein „insolvenzanfechtungsrechtliches Korrektiv“ für materiell rechtlich wirksame „All-Formeln“ erforderlich. Entscheidend für eine Einordnung als inkongruente Deckung ist die Tatsache, dass die Sicherheiten in der Krise deshalb zugunsten der Bank zum Zuge kommen können, weil die Abwicklung über dieses Girokonto erfolgt. Das ist aber ein Ereignis, das der Schuldner steuern kann. In diesem Lichte betrachtet verdient die Auffassung Zustimmung, wonach von einer Inkongruenz auszugehen ist, solange es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, welche konkrete Sicherheit erfasst wird. Diese Formel umschreibt ein taugliches Korrekturkriterium. Kein Argument lässt sich aus der Feststellung generieren, dass das Pfandrecht keine gesetzliche Stütze hat und als Allgemeine Geschäftsbedingung853 eine abgeschwächte insolvenzanfechtungsrechtliche Schutzwürdigkeit verdient. 854 Der

  In diese Richtung argumentiert aber Walden, BKR 2006, 162 (163).   Treffend Wischemeyer, S.  36: kein „Anspruch minderer Qualität“.

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Entstehungsgrund (Gesetz, Individualvereinbarung, AGB) ist für die Einordnung als kongruente oder inkongruente Deckung nicht relevant. In eine dogmatische Kurzformel gebracht ist der hier vertretene Ansatz eine teleologische Extension des §  131 Abs.  1 InsO. Das Korrekturkriterium lautet: von einer Inkongruenz ist auszugehen, wenn es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, welche konkrete Sicherheit erfasst wird. Mit diesem Korrektiv wird ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz in Ansatz gebracht. Das AGB-Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 AGBBanken ist damit als inkongruente Deckung unter den erleichterten Voraussetzungen des §  131 InsO anfechtbar. 855 (3)  Zusammenfassung Nr.  14 AGB-Banken enthält ein AGB-rechtlich wirksames, vertragliches Pfandrecht i. S. der §§  1204 ff. BGB. Nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken erwirbt die Bank ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden ihr gegenüber aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden. Die Bank ist Pfandgläubigerin und zugleich Schuldnerin der verpfändeten Forderung (pignus debiti). Eine Anzeige i. S. des §  1280 BGB ist daher nach dem Schutzzweck der Norm entbehrlich. Das Pfandrecht wird erst begründet, wenn die verpfändete Forderung entsteht. Ein an Zahlungseingängen nach Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken entstandenes Pfandrecht ist grundsätzlich gläubigerbenachteiligend i. S. des §  129 InsO. Das Entstehen der künftigen Forderungen bildet den maßgeblichen Zeitpunkt (§  140 Abs.  1 InsO) für die Insolvenzanfechtung. Nach umstrittener Auffassung handelt es sich um eine inkongruente Deckung (§  131 InsO). Zwar ergibt die Auslegung der Nr.  14 AGB-Banken, dass die Bank einen Anspruch auf die Verpfändung hat. Der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO spricht für eine Kongruenzlösung: Die Bank erhält in der Krise eine Sicherheit wie sie außerhalb der Krise vereinbart wurde. Ein Rekurs auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz hilft nicht weiter; es handelt sich bei dieser Argumentation um einen Zirkelschluss. Auch lässt sich aus dem Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung keine abgeschwächte insolvenzanfechtungsrechtliche Schutzwürdigkeit folgern. §  131 InsO ist jedoch im Blick auf einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz teleologisch zu extensieren. Gerade bei der Vereinbarung künftiger Sicherheiten ist ein „in  Zur Parallelproblematik bei Nr.  15 Abs.  2 AGB-Banken: BGH NZI 2007, 337. Eine pauschale Einigung dahin, dass sämtliche Forderungen abgetreten werden sollten, die künftig zum Einzug eingereichten Schecks oder Wechseln zugrunde liegen, ist nicht geeignet, eine kongruente Sicherheit im Voraus zu begründen. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, ob und gegebenenfalls welche konkreten Sicherheiten erfasst werden, rechtfertigen die Besserstellung einzelner Gläubiger unter Durchbrechung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht. 855

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solvenzanfechtungsrechtliches Korrektiv“ für materiell rechtlich wirksame „All-Formeln“ erforderlich. Das Korrekturkriterium lautet: von einer Inkongruenz ist auszugehen, wenn es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, welche konkrete Sicherheit erfasst wird. Die Sicherheit kann in der Krise nur dann zugunsten der Bank zum Zuge kommen, wenn die Abwicklung über dieses Girokonto erfolgt. Das ist aber ein Ereignis, das der Schuldner steuern kann und daher die Inkongruenz auslöst. b)  Globalzession aa)  Zivilrechtliche Wirksamkeit Über die Globalzession herrschte im Zivilrecht lange Zeit eine Kontroverse. 856 Die Kollision mit anderen Sicherungsmitteln ließ die Frage aufkommen, welchem Kreditgeber der Vorrang gebührt. 857 Der Kollisionsklassiker par excellence ist das Zusammentreffen einer Globalabtretung mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt. In der Regel stellt sich bei dieser Konstellation der Konflikt zwischen dem Waren- und dem Geldkredit. 858 Alle drei denkbaren Lösungen werden vertreten859: der Vorrang des Geldkreditgebers nach dem Prioritätsprinzip, der Vorrang des Warenkreditgebers nach dem Surrogationsgedanken 860 sowie eine Teilung861. Rechtsprechung und h.L. folgen im Ausgangspunkt dem Prioritätsprinzip. 862 Dieser begünstigt den Globalzessionar, der alle künftigen Forderungen für sich gleichsam „reserviert“ (Sperrwirkung der Globalzession). 863 Nur innerhalb der vom Gesetz markierten Ausnahmen der Privatautonomie (vor allem §§  134, 138 BGB) ergeben sich dogmatisch gesehen Einbruchstellen für andere Wertungen. Die h. M. verhandelt unter dem Schlag856   Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Sicherungszession ist bereits wegen der gesetzlichen Erwähnung in §  216 Abs.  2 BGB unbestritten. Dazu Prütting, Sachenrecht, Rdnr.  846. 857   Dazu Füller, S.  175 ff. m.w.Nachw. 858   Lambsdorff/Skora, NJW 1977, 701: „Kampf um die Sicherheiten“. 859   Zum Streitstand: Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rdnrn.  525 ff. 860   Flume, NJW 1950, 841 (842). Für diese Vorrangstellung des Warenkreditgebers spreche die größere Nähe des Lieferanten zu der an ihn abgetretenen Forderung, die an die Stelle der Vorbehaltsware tritt. Die Forderung sei vermögensmäßig das Surrogat der Ware. Zur Kritik: BGHZ 30, 149 (152) = WM 1959, 964. 861   Der Lieferant soll die Kaufpreisforderung in Höhe des Wertes der Vorbehaltsware erhalten, der Geldkreditgeber den überschießenden Teil: z. B. Erman, BB 1959, 1109 (1111). Gegen diese Teilungslösung spricht vor allem, dass es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt und eine Quotenbildung praktisch schwer durchführbar ist. Zu dieser Kritik: BGHZ 32, 361 (364) = WM 1960, 855. 862   BGH NJW 1959, 1533 (1536); BGHZ 30, 149 (151 f.); BGHZ 32, 363 = NJW 1960, 1716. Nur bei der ersten Zession verfügt der Zedent als Berechtigter. Alle späteren Abtretungen scheitern daran, dass der Verfügende Nichtberechtigter ist und ein gutgläubiger Erwerb grundsätzlich ausscheidet. Bei mehreren Abtretungen einer künftigen Forderung entstehen diese eigentlich gleichzeitig. Das Prioritätsprinzip folgt m. E. aus einer analogen Anwendung des §  185 Abs.  2 S.  2 BGB. Dazu Medicus, NJW 2000, 2921 (2925). 863   Staudinger/Beckmann, §  449 Rdnr.  143.

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wort der „Vertragsbruchstheorie“ die bedeutendste Ausnahme vom Prioritätsprinzip und verortet diese bei §  138 Abs.  1 BGB: Ist eine Globalzession vereinbart, so könnte der Käufer de facto keine Warenlieferungen mehr erhalten, ohne grobe Vertragsverletzungen gegenüber dem Warenlieferanten zu begehen. Um die Ware zu erhalten, müsste er die Globalzession verschweigen. Weiß der Globalzessionar dies oder nimmt er es jedenfalls billigend in Kauf, so ist die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach §  138 Abs.  1 BGB nichtig. 864 Durch Klauseln, die dem Warenlieferanten unter bestimmten Umständen einen schuldrechtlichen Anspruch auf teilweise Freigabe einräumen („schuldrechtliche Freigabe- oder Teilverzichtsklauseln“) lässt sich die Sittenwidrigkeit nicht abwenden. Erforderlich sind vielmehr „dingliche Verzichtsklauseln“. 865 Diese sparen die vom verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassten Forderungen von vornherein aus oder beziehen diese nur aufschiebend bedingt durch das Erlöschen des Eigentumsvorbehalts ein. 866 In der jüngsten Vergangenheit ist die Globalzession unter insolvenzrechtlichen Beschuss geraten. 867 Das OLG Karlsruhe bejahte eine inkongruente Deckung und entwertete so dieses Kreditsicherungsmittel in einer Weise, dass das „Ende der Globalzession“ zu befürchten war. 868 Das Urteil des BGH vom 29.  11. 2007 wurde mit Spannung erwartet: Von einer geradezu dramatischen Fragestellung869 war die Rede. bb)  Anfechtbarkeit der Globalzession Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen eine Globalzession anfechtbar ist. 870 Wie gesehen war die zivilrechtliche Wirksamkeit in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Judikate und führte zu Modifikationen in der Vertragsgestaltung. Die Frage ihrer Insolvenzbeständigkeit entflammte erst in den letz864   BGHZ 30, 149 (153) = NJW 1959, 1536; BGHZ 32, 361 (365) = NJW 1960, 1716; BGHZ 55, 34 = NJW 1971, 372; BGHZ 72, 308 (310) = NJW 1979, 365; BGHZ 98, 303 (314) = NJW 1987, 487; BGH NJW 1983, 2502 (2504); BGH NJW 1991, 2144, (2147); BGH NJW 1995, 1668 (1669); BGH NJW 1999, 940; BGH NJW 1999, 2588 (2589); kritisch etwa Medicus, NJW 2000, 2921 (2925), der diese Rechtsprechung zu den Marksteinen der Entwicklung des allgemeinen Zivilrechts zählt. 865   BGH NJW 1974, 942; BGH NJW 1991, 2144 (2147); BGH NJW 1999, 940; BGH NJW 1999, 1349. 866   Zu „Vorrangklauseln“: Lambsdorff/Skora, NJW 1977, 701; zu praktischen Folgerungen bei einem Vorrang der Warenlieferanten für die Insolvenzanfechtung: Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094 (1096). 867   Piekenbrock, NZI 2006, 685: „Die Globalzession im Visier der Deckungsanfechtung“; ders., WM 2007, 141, der dort auch auf den „umsatzsteuerrechtlichen Beschuss“ eingeht; Schmalenbach/Sester, WM 2007, 1164. 868   Z. B. Kuder, ZInsO 2006, 1065 mit dem Titel: „Ende der Globalzession?“. 869   Jacobi, ZIP 2006, 2351, der auch von einem „Szenario der Inkongruenz“ spricht. 870   Zum Parallelproblem des Raumsicherungsvertrags: Gerhardt, in: FS G. Fischer, S.  149 (153 ff.); Riggert, NZI 2009, 137; HK-InsO/Kreft, §  131 Rdnr.  14; zur Wirksamkeit einer Sicherungsübereignung: Gehrlein, MDR 2008, 1069 m.w.Nachw.

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ten Jahren. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Insolvenzanfechtung des Abtretungsvertrags, der meistens außerhalb der Krise liegt und der Anfechtbarkeit des Erwerbs der einzelnen Forderungen. 871 Als Grundfall ist zunächst die Konstellation zu betrachten, dass der spätere Insolvenzschuldner eine hinreichend bestimmte künftige Forderung an die Bank abtritt. Dies soll außerhalb der wirtschaftlichen Krise geschehen, während die Forderung selbst erst in der Krise entsteht. Die Abtretung wird erst mit Entstehen der Forderung wirksam. Das ist auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Berechnung der Anfechtungsfristen nach §  140 Abs.  1 InsO. 872 Die Rechtshandlung ist danach erst mit Entstehen der vertraglichen Forderung vorgenommen. 873 Da die Bank einen Anspruch auf diese Abtretung hat und die Forderung auch hinreichend bestimmt war, handelt es sich unstreitig um eine kongruente Deckung (§  130 InsO). Problematisch ist die Bestimmung der Deckungsqualität allerdings, wenn im Vorfeld der Krise nicht eine einzelne, bestimmte künftige Forderung zur Sicherheit abgetreten wird, sondern alle künftigen Forderungen (Globalzession). Aber auch wenn die künftige Forderung außerhalb der Krise entstanden ist, kommt eine Anfechtbarkeit nach §§  130, 131 InsO in Betracht, wenn die sicherungszedierte Forderung in der Krise erst werthaltig wird. Gemeint ist damit der Fall, dass der Insolvenzschuldner erst in der Krise seine vertragliche Leistung gegenüber seinem Vertragspartner erbringt. Der sicherungszedierte Anspruch wird erst dann durchsetzbar, weil die Einrede des Vertragspartners des Insolvenzschuldners aus dem nicht erfüllten Vertrag (§  320 BGB) nicht mehr besteht. (1)  Entstehen des sicherungszedierten Anspruchs in der Krise (a)  Maßgeblicher Zeitpunkt Als maßgeblicher Zeitpunkt für eine Insolvenzanfechtung kommen zwei Momente in Betracht: der Abschluss des Globalzessionsvertrags874 , der in der Regel weit vor der wirtschaftlichen Krise erfolgte, sowie das Entstehen der vorauszedierten Forderungen, mit dem diese uno actu auf den Zessionar übergehen. 875 Nach §  140 Abs.  1 InsO gilt eine Rechtshandlung grundsätzlich als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Dies ist bei   Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1148).   BGHZ 30, 238 (239) = WM 1959, 944; BGH NZI 2004, 623 (624); Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1148). 873   Obermüller, Rdnr.  6 .135; 6.348. 874   So zu Unrecht Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 104 (105) mit Rekurs auf §  140 Abs.  3 InsO: „Für die Parteien ist der Rechtserwerb .  .  . bereits mit Unterzeichnung der Globalzessionsvereinbarung vollendet.“ 875   Freilich ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der maßgebliche Forderungsbestand erstmals entstanden ist, wenn man einen Sicherheitentausch annimmt. So etwa Blum, ZInsO 2007, 528 (530). Wie sogleich zu erörtern ist, kann dieser Auffassung indes nicht gefolgt werden. 871

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einer Verfügung der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs. Die Forderungsabtretung nach §  398 BGB setzt eine Einigung zwischen Zedenten und Zessionar hinsichtlich der Abtretung voraus; diese erfolgt antizipiert. Ferner muss die abgetretene Forderung bestehen und der Zedent Berechtigter sein. Diese Voraussetzungen sind erst mit Entstehen der Forderung gegeben.876 Erst dann wird der Erwerbstatbestand des §  398 BGB komplettiert. Damit sind die rechtlichen Wirkungen der Globalzession i. S. des §  140 Abs.  1 InsO eingetreten. Es ist daher auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die zukünftigen Forderungen begründet worden sind. 877 (b)  Gläubigerbenachteiligung und Sicherheiten-Kette An der Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO besteht prima vista kein Zweifel. Eine Sicherungsabtretung wird in §  51 Nr.  1 InsO einem Pfandrecht nach §  50 InsO gleichgestellt und begründet somit ein Absonderungsrecht. Fehl geht eine hypothetische Betrachtungsweise folgender Art: Wäre dem späteren Insolvenzschuldner der Kredit ohne Vorausabtretung nicht gewährt worden, so wären ihm liquide Kreditmittel nicht zugeflossen und er hätte vermutlich schon viel früher die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen müssen. 878 §  129 InsO lässt keinen Raum für einen derartigen „gedachten“ Kausalverlauf. 879 Das wäre das Ende jeglicher Rechtssicherheit im Insolvenzanfechtungsrecht. Möglicherweise lässt sich aber der Gedanke des Sicherheitentauschs fruchtbar machen. 880 Die Globalzession ist eine revolvierende, sich also stets austauschende Sicherheit. Der Forderungsbestand wechselt laufend. Nach einer Auffassung im Schrifttum soll jeder Austausch gleichwertiger Sicherheiten nicht zu einer Anfechtung führen, wenn nur die erste ursprünglich erlangte Sicherheit insolvenzfest erlangt wurde. 881 Damit käme es darauf an, ob sich eine ununterbrochene Kette sich ablösender Sicherheiten (Sicherheiten-Kette) aufbauen ließe, von der die erste insolvenzfest entstanden sein müsste. Zunächst ist es richtig, dass bei einer Globalzession ursprünglich Forderungen insolvenzfest entstehen können, die dann erlöschen und durch andere im wirtschaftlichen Ergebnis ersetzt werden. Auch der BGH geht in seinem

  Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (18) sprechen von einer mehraktigen Rechtshandlung.   BGH NZI 2008, 539 (540) m.Anm.  Dahl/Schmitz; BGHZ 174, 297 (300) = NZI 2008, 89 (89); Eckert, S.  87. 878   So aber Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 104 (105). Kritisch auch Jaeger/Henckel, InsO, §  131 Rdnr.  36, der darauf verweist, dass die Vorteilsausgleichung im Anfechtungsrecht unzulässig sei. 879   BGHZ 104, 355 = NJW 1988, 3265 (3266); Heinze, DZWIR 2007, 407. 880   Ausführlich dazu unter c). 881   Kirchhof, ZInsO 2004, 465 (469); Molitor, ZInsO 2006, 23 (24); Leiner, ZInsO 2006, 460 (463); Schmalenbach/Sester, WM 2007, 1164 (1169); Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461 (1463). 876

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Urteil vom 29.  11. 2007882 auf dieses Sicherheitentauschargument ein, allerdings nicht im Rahmen der Gläubigerbenachteiligung (§  129 InsO). 883 Bei der Abgrenzung zwischen einer kongruenten und einer inkongruenten Deckung erblickt der Senat darin ein zusätzliches Argument für die Kongruenz der Deckung. 884 Da die bei Vertragsschluss bereits entstandenen Forderungen im gewöhn­lichen Geschäftsbetrieb spätestens nach einigen Monaten ganz überwiegend durch Erfüllung erloschen sind und die Schuldnerin insoweit einzugsermächtigt bleibt, um diesen Vermögenswert für die Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebes zu nutzen, mache ein solcher Sicherungsvertrag nur Sinn, wenn der durch Erfüllung entstehende Verlust für den Sicherungsnehmer durch Begründung neuer Forderungen wirtschaftlich in etwa ausgeglichen werden kann. Diese Erwartung des Sicherungsnehmers sei dem anderen Teil bewusst. 885 Das Dilemma der Globalzession besteht darin, dass es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, die den Verbund von Forderungen anerkennt. 886 Von einem Austausch von Sicherheiten „neu gegen alt“ kann allenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis gesprochen werden. Die Gläubigerbenachteiligung entfällt dadurch nicht. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass das jeweilige Sicherungsrecht nicht konkret durch ein ganz bestimmtes anderes ausgetauscht wird. 887 Die neuen Forderungen entstehen nicht als Surrogat der infolge der Zahlung der Drittschuldner erloschenen Forderungen (kein Tausch am selben Objekt). 888 Daher geht auch das Argument fehl, dass nur durch die Annahme eines Sicherheitentauschs eine anfechtungsrechtliche Ungleichbehandlung zwischen den revolvierenden Globalzessionen und den nicht revolvierenden Realsicherheiten vermieden werde. 889 Ebenso ist der Auffassung nicht zu folgen, wonach der Zweck der Deckungsanfechtung verfehlt würde, wenn der Insolvenzverwalter das Wiederauffüllen des Sicherheitenportfolios anfechten könnte. 890 Diese Argumentationen sind vom Ergebnis getragen und lassen eine dogmatische Verortung vermissen. Maßgebend ist vielmehr, dass sich eine lückenlose Sicherheitenkette nicht aufbauen lässt. Es fehlt an einer Auswechslung uno actu.891 Für eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Bereits   BGHZ 174, 297 (304) = NZI 2008, 89 (91).   Ähnlich Schmalenbach/Sester, WM 2007, 1164 (1169). 884   BGHZ 174, 297 (304) = NZI 2008, 89 (91); noch offen gelassen in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002: BGH WM 2002, 2369. 885   BGHZ 174, 297 (305) = NZI 2008, 89 (91). 886   Treffend Jacoby, 2008, 385 (386), der de lege ferenda eine Registrierung von Sicherheiten an beweglichen Sachen anregt. Dazu Kieninger, WM 2005, 2305 und WM 2005, 2353: Die Sicherungsübereignung ohne Publizität sei international isoliert. 887   Bork, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  15 Rdnr.  14. 888   Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094 (1096), die zudem darauf verweisen, dass ein Austausch weder explizit noch konkludent vereinbart wird. 889   Blum, ZInsO 2007, 528 (530). 890   Piekenbrock, WM 2007, 141 (144). 891   Dazu näher unten unter c). 882 883

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bei der Fallgruppe der Tilgung einer Forderung mit Darlehensmitteln ist die als „wirtschaftliche Gesamtbetrachtung“ titulierte Auffassung – jenseits des §  142 InsO – abgelehnt worden. 892 Ein Positionswechsel wäre an dieser Stelle ein unauflösbarer Widerspruch. (c)  Deckungsqualität Umstritten ist, ob die in der wirtschaftlichen Krise entstandenen Forderungen als kongruente oder inkongruente Deckungen zu qualifizieren sind. Die Fragestellung893 ist als für die Kreditwirtschaft und die betroffenen Unternehmen geradezu dramatisch894 bezeichnet worden. Bei einer Inkongruenz wäre das „Ende der Globalzession“ eingeleitet. 895 Die Globalzession wäre dann zum einen deshalb entwertet, weil die Insolvenzbeständigkeit in der wirtschaftlichen Krise deutlich vermindert wäre. Das Ausfallrisiko würde sich erhöhen. Zum anderen wären Globalzessionen für die Banken weder bewertbar noch eigenkapitalentlastend verwendbar. 896 Sie könnten bei der Frage der Eigenkapitalunterlegung nicht risikomindernd angesetzt werden. 897 Je höher das Ausfallsrisiko und je höher die notwendige Eigenkapitalunterlegung ist, desto höher ist der Kreditzins. Ob diese volkswirtschaftlichen Auswirkungen in der Auslegung eine Rolle spielen können, ist zu untersuchen. Einigkeit sollte in der Frage bestehen, dass ein Sondervorrecht für Kreditinstitute mangels gesetzlicher Grundlage abzulehnen ist. 898 (aa)  Dogmatische Grundlegung.  Ausgangspunkt der Abgrenzungsproblematik muss die Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO sein. Danach ist eine Rechtshandlung inkongruent, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Die Abgrenzung ist also nach dem Gesetzeswortlaut anspruchsorientiert. Hat die Bank bei einer Globalzession einen Anspruch auf diese Sicherheit? Zu Gunsten der Bank wurden zur Sicherung aller Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung alle bestehenden und künftigen   Siehe oben §  4 II 1b).   Siehe auch Bork, in: FS Ishikawa, S.  31 (40), der die Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen als „kriegsentscheidend“ bezeichnet. 894   Jacobi, ZIP 2006, 2351, der auch von einem „Szenario der Inkongruenz“ spricht. 895   Kuder, ZInsO 2006, 1065. Im vom BGH entschiedenen Fall waren nur 15% des relevanten Forderungsbestands vor der Krise entstanden: BGHZ 174, 297 (308) = NZI 2008, 89 (92). Siehe auch Lange/Reimann, BKR 2006, 230: „Müssen Kreditinstitute von der Globalzession Abschied nehmen?“. 896   Kuder, ZIP 2008, 289 (294 f.). 897   Siehe dazu §  174 Abs.  2 Nr.  2 Solvabilitätsverordnung (SolvV), wonach hierfür die sicherungsnehmende Bank im Falle der Insolvenz des Sicherungsgebers ein „Vorrecht gegenüber allen anderen Gläubigern des Zedenten“ haben muss. Dazu Glos/Sester, BKR 2008, 315 (321 ff.). 898   Jacobi, ZIP 2006, 2351 (2352). 892 893

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Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte abgetreten. Zwei Aspekte sind zu betonen: Zum einen: alle Forderungen sind zugunsten der Bank abgetreten worden, also auch die im Streit stehenden. Zum anderen: wenn die Forderung des Schuldners entsteht, geht sie uno actu auf die Bank über; der Schuldner kann aufgrund der Vorauszession nicht mehr zugunsten eines anderen Gläubigers optieren. Die Forderungen sind als Sicherheit zugunsten des Zessionars „verbraucht“ und für diesen vorrangig „reserviert“ (Sperrwirkung der Globalzession). Zum Zeitpunkt der antizipierten Einigung hatte die Bank gewiss keinen Anspruch auf Übertragung genau dieser Forderung, dergestalt dass der Schuldner verpflichtet gewesen wäre, diese zu begründen und damit als Sicherheit einzusetzen. Zum Zeitpunkt der Forderungsbegründung hatte die Bank aber einen Anspruch auf Übertragung dieser Forderung, weil ja alle Forderungen zur Sicherheit bereits abgetreten wurden. Erstaunlicherweise wird die Frage nach dem maßgebenden Zeitpunkt nicht gestellt. Die Argumentationen verlaufen ergebnisorientiert und ergießen sich in allgemeinen Billigkeitserwägungen. So wirft Mitlehner dem IX. Zivilsenat, der für eine kongruente Deckung votierte899, vor, dass dieser den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes übergehe und deutlich an die Grenzen des mit den anerkannten Methoden erreichbaren gegangen sei.900 Nach der hier vertretenen Auffassung ist §  130 Abs.  1 InsO in einem ersten Schritt ohnehin weiter zu fassen. Danach kommt es für eine Inkongruenz darauf an, ob sich die Parteien innerhalb der Krise anders verhalten haben, als sie es außerhalb der Krise vereinbart haben. Davon ist bei Globalzessionen nicht auszugehen, die ja gerade für den Insolvenzfall geschaffen sind und eine umfassende Sicherheit für die Bank gewährleisten sollen. Der Anwendungsbereich des §  131 InsO ist jedoch in einem zweiten Schritt auszudehnen. Wie herausgearbeitet, ist als Korrektiv für weite Vereinbarungen ein „insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz“ in Anschlag zu bringen, der höhere Anforderungen an die Bestimmtheit stellt, als der sachenrechtliche, der für die Wirksamkeit nach §  398 BGB maßgebend ist.901 §  131 Abs.  1 InsO ist insoweit teleologisch zu extensieren. Die Reichweite dieser Ausdehnung inkongruenter Deckungen gilt es bei Globalzessionen nun genauer zu konturieren und insbesondere mit der Lösung zum AGB-Pfandrecht nach Nr.  14 AGB-Banken widerspruchsfrei abzugleichen. Genau in diesem Punkt besteht Uneinigkeit. Es geht darum, ob für eine Parallele zu Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken und somit für einen Gleichklang beider Konstellationen zu votieren ist.   BGHZ 174, 297 = NZI 2008, 89.   Mitlehner, ZIP 2008, 189 f. 901   Dagegen lässt sich nicht der Gedanke der „Einheit der Rechtsordnung“ anführen. So aber OLG Nürnberg ZIP 2007, 2129 (2132); Edelmann/Glemser, BB 2008, 352 (353). 899

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(bb)  Entwicklung des Meinungsstands.  Die h. M. ging lange Zeit ohne großen Begründungsaufwand davon aus, dass Globalzessionen zu kongruenten Deckungen führen.902 So rekurrierte der BGH in einem Urteil aus dem Jahre 1959903 bei einer Vorausabtretung künftiger Forderungen zu Sicherungszwecken auf §  30 Nr.  1 HS.  2 KO (kongruente Deckung).904 Ein Paukenschlag905 in der Entwicklung war ein Urteil des OLG Karlsruhe aus dem Jahre 2005906: Es ging um künftige Forderungen, die einem Kredit­ institut im Rahmen einer Globalzession sicherungshalber abgetreten wurden. Der Senat führte aus, dass der Forderungserwerb, soweit er in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, nach Maßgabe des §  131 InsO anfechtbar sei. Das Kernargument für die Einstufung als inkongruente Deckung lautete: Das Kreditinstitut habe vor ­Entstehung der Forderung noch keinen hinreichend bestimmten, zur Kongruenz führenden Anspruch auf die Abtretung. Damit wähnte sich der Senat im Gleichklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Nr.  14 Abs.  1 AGBBanken. Einige Obergerichte folgten der Auffassung des OLG Karlsruhe.907 Auch im Schrifttum verstärkte sich die Front der Befürworter.908 Nach Kirchhof ist die Vereinbarung einer umfassenden Vorausabtretung aller Forderungen des Schuldners nicht im vorauszusetzenden Maß bestimmt.909 Eine solche Globalzession habe zur Folge, dass wegen der Unmöglichkeit eines gutgläubigen Forderungserwerbs alle späteren Gläubiger von diesem wichtigen Kreditsicherungsmittel ausgeschlossen werden, ohne dies erkennen zu können, solange die Abtretung nicht offen gelegt wird. In der Tat fehlt es bei stillen Zessionen an einer Publizität gegenüber potentiell betroffenen Drittgläubigern. Mit dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sei dies – so Kirchhof – nur 902   Siehe etwa Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1148) m.w.Nachw.; Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (20). Der BGH betont, dass im Schrifttum zur KO „nirgends“ für inkongruente Deckungen votiert wurde: BGHZ 174, 297 (304) = NZI 2008, 89 (90). 903   BGHZ 30, 238 = WM 1959, 944. 904   In zahlreichen Entscheidungen hat der BGH das Problem der Anfechtbarkeit von Globalzessionen gar nicht diskutiert. Zu dieser Analyse Leithaus, NZI 2007, 545. 905   Leithaus spricht von der „berühmt-berüchtigten“ Entscheidung des OLG Karlsruhe, die das Fachpublikum für diese dogmatische Fragestellung wachrüttelte. Leithaus, NZI 2007, 545. 906   OLG Karlsruhe NZI 2006, 103 m.Anm.  Himmelsbach/Achsnick = BKR 2006, 161 m.Anm.  Walden. 907   So etwa OLG München NZI 2006, 530 m.Anm.  L eithaus/Riewe; OLG Dresden WM 2006, 2095. 908   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  39c; Bork, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  15 Rdnr.  26; Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  8 Rdnrn.  9 0 ff.; Mitlehner, ZIP 2007, 1925 (1927 ff.); Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094 (1095); Brinkmann, S.  293 ff., der dieses Ergebnis aber rechtspolitisch für verfehlt hält. 909   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  39c.

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vereinbar, wenn jede abzutretende Forderung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entstehung wenigstens schon individualisierbar war. Dazu sei mindestens nötig, dass eine im Voraus überschaubare Zahl von Forderungen – etwa aus begrenzten Geschäftsbereichen oder gegen bestimmte Gruppen von Abnehmern – erfasst werden soll.910 Nach Bork ist eine Inkongruenz auch wertungsmäßig richtig, da die zedierten Forderungen erst in der Krise mit Mitteln der Masse erwirtschaftet wurden, die durch §§  130 ff. InsO insolvenzrechtlich bereits der Gläubigergesamtheit zugewiesen sind.911 Die h. M.912 trug indes die fatalen Auswirkungen einer Inkongruenzrechtsprechung mit Schärfe vor.913 Die Globalzession wurde zum neuen Schreckensbild der Branche914 . Vom „Ende der Globalzession“ war die Rede.915 Das für die Mittelstandsfinanzierung besonders wichtige Sicherungsmittel der Globalzession schien zu einem „Muster ohne Wert“916 zu verkommen.917 Die Globalzession würde „auf dem Altar der Gläubigergleichbehandlung geopfert“, hieß es.918 In einer Grundsatzentscheidung vom 29.  11. 2007 „rettete“ der IX. Zivilsenat schließlich die Globalzession. Damit kehrte sich das „sie ist gerichtet“919 des OLG Karlsruhe in ein „ist gerettet“920 des BGH.921 Die für die Kreditwirtschaft

910   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  131 Rdnr.  39c. Eine Aufteilung nach den Anfangsbuchstaben unbestimmt vieler Schuldner genüge nicht. 911   Bork, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  15 Rdnr.  26. 912   Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 104; Walden, BKR 2006, 162; Leithaus/Riewe, NZI 2006, 531 (532); Kuder, ZInsO 2006, 1065; Leiner, ZInsO 2006, 460 (463); Piekenbrock, WM 2007, 141; ders., NZI 2006, 685; Lange/Reimann, BKR 2006, 230 (231); Brandt/Günther, BKR 2006, 232; Furche, WM 2007, 1305; Blum, ZInsO 2007, 528 (529); Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461 (1463). 913   Leithaus, NZI 2007, 545 (546); „erbitterte Diskussion in der Literatur“. Schönfelder, ZInsO 2009, 270 führt aus, dass im Schrifttum teilweise die „Totenglocken“ für die Globalzession eingeläutet wurden und so mancher „Nekrolog“ veröffentlicht wurde. 914   Ganter, WM 2006, 1081 (1089). 915   Kuder, ZInsO 2006, 1065. 916   Griesbeck, ZIP 2008, 1813. 917   Siehe auch die kleine Anfrage im Bundestag BT-Drucks. 16/4306, S.  16 f.: Ein Abgeordneter fragte bei der Bundesregierung an, ob sie die Befürchtung teile, dass durch die Urteile des OLG Karlsruhe und des OLG München die Kreditvergabe restriktiver und daher die Mittelstandsfinanzierung erschwert werde. 918   Leiner, ZInsO 2006, 460 (463). 919   So Mephistopheles, in: Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, V. 4610. 920   So eine Stimme (von oben), in: Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, V. 4610. 921   So bereits OLG Nürnberg ZIP 2007, 2129; LG Bielefeld ZIP 2007, 1764; LG Berlin ZIP 2007, 346. Zustimmend etwa Kammel/Staps, NZI 2008, 143; Bruckhoff, NZI 2008, 87; Kuder, ZIP 2008, 289; Edelmann/Glemser, BB 2008, 352; Schneider/Güther, Der Betrieb 2008, 279; Fillmann, NJOZ 2008, 824.

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fatale Rechtsunsicherheit922 ist damit beendet.923 Die Globalzession bleibt salonfähig.924 Der IX. Zivilsenat schlägt einen „Mittelweg“ ein925 , der im Stenogrammstil formuliert wie folgt lautet: Inkongruenz des AGB-Pfandrechts und Kongruenz der Globalzession.926 Der Senat ist bemüht, eine ausgewogene anfechtungsrechtliche Gesamtlösung vorzulegen, die den berechtigten Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt.927 Er hält an der Inkongruenzrechtsprechung zu Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken fest: Nach Nr.  13 bis 15 AGB-Banken entstandene Sicherungen stellten inkongruente Deckungen dar, weil es dort völlig dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibe, ob und in welchem Umfang die Gläubigerrechte entstehen.928 Der BGH musste aber seine Judikaturlinie geringfügig modifizieren, um keinen offenen Widerspruch929 hervorzurufen: Die Entstehung künftiger Rechte begründe nicht generell eine inkongruente Deckung, wenn sie nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung nicht von Anfang an identifizierbar waren. Vielmehr erfülle ein Globalabtretungsvertrag auch hinsichtlich der zukünftigen Forderungen alle Voraussetzungen einer kongruenten Sicherung. Der BGH rekurriert dabei auf eine grammatische und historische Auslegung. Deutlich wird, dass sich der Senat durchaus von den volkswirtschaftlichen Folgen hatte leiten lassen. Daher betont er auch, dass nach Auffassung der Kommission für Insolvenzrecht die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen dürfe.930 Sodann sichert der IX. Zivilsenat seine „Kompromisslösung“ teleologisch ab. Nach dem Sinn und Zweck des §  131 InsO sowie bei sachgerechter Abwägung zwischen dem Sicherungsinteresse des einzelnen Gläubigers, den berechtigten Belangen des Schuldners und dem Schutz der Gläubigergesamtheit erscheine es nicht gerechtfertigt, den Begriff der Inkongruenz im gegenüber dem früheren Recht erweiterten Sinne zu verstehen. Der BGH musste erklären, warum der Konkretisierungsgrad anders als bei Nr.  14 Abs.  1 AGBBanken bei einer Globalzession für eine Kongruenz ausreicht.931 Zwar seien die 922   Zur Bedeutung der Rechtssicherheit: Brinkmann, S.  290; Schmalenbach/Sester, WM 2007, 1164 (1169 f.). 923   Seitdem ständige Rechtsprechung: siehe BGH NZI 2008, 236; BGH NZI 2008, 539; kritisch gegenüber dieser Judikatur etwa Mitlehner, ZIP 2008, 189; Gundlach/Frenzel/ Strandmann, DStR 2008, 678. 924   Schneider/Güther, Der Betrieb 2008, 279 (283). 925   Jacobi, BKR 2008, 194: „Der IX. Zivilsenat als Mediator“. 926   Ebenso LG Berlin NZI 2007, 247; dazu Blum, ZInsO 2007, 528; Obermüller, Rdnr.  6 .136. 927   So ausdrücklich BGHZ 174, 297 (307) = NZI 2008, 89 (92). 928   BGHZ 33, 389 (393) = WM 1961, 28; BGHZ 150, 122 (126) = NJW 2002, 1722. 929   Jacobi, ZIP 2006, 2351 (2355) spricht von einem tatsächlichen Widerspruch zwischen kongruenter Globalzession und inkongruentem AGB-Pfandrecht. 930   Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  400. 931   In der Formulierung zu einseitig: BGHZ 174, 297 (310) = NZI 2008, 89 (91): Es sei kein

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künftig entstehenden Forderungen im Zeitpunkt des Globalabtretungsvertrags nicht konkret bestimmt.932 Eine Globalzession verschaffe dem Sicherungsnehmer keinen Anspruch auf bereits individualisierte Sicherungsgegenstände. Die Begründung zukünftiger Forderungen sei jedoch – anders als bei Sicherheiten nach Nr.  13 bis 15 AGB-Banken – dem freien Belieben des Schuldners entzogen. Vielmehr beruhe die getroffene Sicherungsvereinbarung gerade darauf, dass die Vertragspartner davon ausgehen, der Kreditnehmer werde den Geschäftsbetrieb im bisherigen Umfang fortsetzen und daher ständig neue Ansprüche gegen Kunden erwerben. Diese Sicht fügt sich bruchlos in die Rechtsprechung zur Wahlschuld (§  262 BGB) ein. Bei der Wahlschuld sei jede der vom Schuldner zu erbringenden Leistungen kongruent, gleichgültig, wer die Wahl vorzunehmen hat. Stand dem Schuldner aufgrund einer in unkritischer Zeit getroffenen Vereinbarung eine Ersetzungsbefugnis zu, so treffe dies für jede Leistung, durch die er sich von seiner Pflicht befreien darf, ebenfalls zu.933 In beiden Fällen habe der Gläubiger Befriedigung zu fordern; die Art der Befriedigung hänge jedoch auch vom Willen des Schuldners ab.934 Ferner sei bei einer Gattungsschuld (§  243 Abs.  1 BGB) die Auslieferung der Sache nicht deswegen als inkongruente Deckung (§  131 InsO) anfechtbar, weil der Gläubiger erst innerhalb des kritischen Zeitraums einen Anspruch auf Übereignung dieser bestimmten Sache (§  243 Abs.  2 BGB) erhalten hat.935 Nach Piekenbrock hängt der Rechtshandlung „kein Makel“ an936 , der derart strenge Rechts- oder Beweisfolgen – wie sie §  130 InsO vorsieht – rechtfertige.937 Ähnlich argumentiert Jacobi, der auf die „Verdächtigkeit als Normwirkung des §  131 InsO“ rekurriert.938 Wie auch der BGH betont, treffe eine Verdächtigkeit „auf Sicherungen der hier vereinbarten Art in keiner Weise zu“. §  131 InsO sei in Fällen, in denen die Entstehung und damit die Abtretung der globalzedierten Forderung innerhalb des regulären Geschäftsbetriebs des Sicherungsgebers stattfindet, teleologisch zu reduzieren. Denn nichts weise in dieser Konstellation in verdächtiger Weise darauf hin, dass der Sicherungsnehmer davon gewusst einleuchtender Grund erkennbar, die Kongruenz der Sicherheit nur deshalb zu verneinen, weil die zukünftig entstehenden Sicherheiten nicht sogleich identifizierbar waren. 932   Kuder, ZInsO 2006, 1065 (1067). 933   RGZ 71, 89 (91); BGHZ 70, 177 (183) = NJW 1978, 758; Jaeger/Henckel, InsO, §  131 Rdnr.  17. 934   Ebenso ist bei einer Ersetzungsbefugnis ( facultas alternativa) des Schuldners von einer Kongruenz auszugehen: Jaeger/Henckel, InsO, §  131 Rdnr.  17 mit Rekurs auf eine fehlende Verdächtigkeit. 935   Piekenbrock, WM 2007, 141 (145), der ausführt, dass aus dem Fehlen eines Anspruchs auf die konkret erbrachte Leistung nicht zwingend die Inkongruenz der Deckung folge. 936   Ähnlich Lange/Reimann, BKR 2006, 230 (231): „keine Veranlassung misstrauisch zu sein.“ 937   Piekenbrock, WM 2007, 141 (146). 938   Jacobi, ZIP 2006, 2351 (2356 ff.); ders., BKR 2008, 194 (195 f.).

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hat, dass er im Stadium (drohender) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners begünstigt werde. (cc)  Stellungnahme.  Die Argumentationspalette in Rechtsprechung und Literatur ist breitflächig und bunt: Beide Meinungslager führen für ihre Auffassung den Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO ins Feld. Einerseits wird im Schrifttum für einen Gleichklang zu Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken votiert; bei einer abweichenden Lösung käme es zu einem unauflösbaren Widerspruch.939 Andererseits werden die beiden Sicherungsrechte als „grundverschieden“940 oder „völlig anders“941 bezeichnet; ein Übertragungsorganismus sei unzutreffend.942 Nach einer Meinung sprechen die volkswirtschaftlichen Folgen gegen eine Inkongruenzlösung943; andere rekurrieren auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz und wollen daraus eine Inkongruenz ableiten.944 –  Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO.  Wie gesehen, streitet der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO gegen eine Inkongruenz. Die Bank hat zwar keinen Anspruch auf konkret diese Sicherheit.945 Da aber zur Sicherung aller Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung alle bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte abgetreten wurden, gehört auch die konkret anvisierte zum vertraglich vereinbarten Sicherungsumfang. Zudem kommt es meo voto darauf an, ob die Deckung vertragsgemäß erfolgte. Davon ist auszugehen, da die Globalzessionsklausel alle Forderungen abdeckt (sog. „All-Formel“). Dogmatisch sollte der Streit sich auf die Frage konzentrieren, ob und inwieweit für die Kongruenz ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz einzufordern ist; dies ist aber eine teleologische Extension des §  131 Abs.  1 InsO. Hierbei ist ein Abgleich zur Lösung mit Nr.  14 Abs.  1 AGB-Banken erforderlich. Ob ein „insolvenzanfechtungsrechtlicher Gleichlauf“ zum AGB-Pfandrecht bestehen muss, ist umstritten. –  Gläubigergleichbehandlungsargument als Zirkelschluss.  Nach Bork werden die zedierten Forderungen erst in der Krise mit Mitteln der Masse erwirtschaftet, die durch §§  130 ff. InsO insolvenzrechtlich bereits der Gläubigergesamtheit 939   Jacobi, ZIP 2006, 2351; ähnlich Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094 (1095), die davon sprechen, dass beide Sicherungsrechte „absolut vergleichbar“ seien. 940   LG Berlin NZI 2007, 247 (248). 941   Blum, ZInsO 2007, 528 (529). 942   Furche, WM 2007, 1305 (1311). 943   Blum, ZInsO 2007, 528 (531). 944   Bork, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  15 Rdnr.  26. 945   Siehe auch Blum, ZInsO 2007, 528 (529). Entscheidend sei nach dem Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO, ob dem Insolvenzgläubiger eine Sicherheit gewährt wurde, die er nicht zu beanspruchen hatte. Zur Annahme einer kongruenten Deckung müsse somit ein Anspruch auf die Sicherheit (d. h. auf Abtretung der Forderung) bestehen. Ein Anspruch auf Entstehung des Sicherungsgegenstands (d. h. auf Entstehen der Forderung) sei dem Wortlaut der §§  130, 131 InsO nicht zu entnehmen.

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zugewiesen sind.946 Diese Analyse trifft zu. Jedoch lässt sich daraus kein Schluss für eine Inkongruenz ableiten.947 Sowohl §  130 InsO als auch §  131 InsO tragen dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz Rechnung. Warum in Ausnahme zu §  130 InsO das subjektive Element der Kenntnis als Ausfluss des Vertrauensschutzes abzuschleifen ist, bedarf einer Begründung, die nur aus der Teleologie des §  131 Abs.  1 InsO gewonnen werden kann. –  Volkswirtschaftliche Erwägungen.  Nicht selten wird auch eine ergebnisorientierte Argumentationslinie angesetzt.948 Diese richtet den Blick auf die Folgen für die Kreditwirtschaft.949 Gerade für mittelständische Unternehmen sei die Globalzession von Kundenforderungen weit verbreitet. Oft sei es das einzig verfügbare Sicherungsmittel. Eine Entwertung dieser Kreditsicherheit durch eine erleichterte Anfechtbarkeit könnte für die Kreditvergabe an diese Unternehmen fatale Auswirkungen haben.950 Die sich daraus ergebenden Restriktionen in der Kreditvergabe würden insbesondere Unternehmen treffen, die über hohe Forderungsbestände verfügten.951 Banken würden durch Globalzession gesicherte Kredite entweder gar nicht mehr oder aber zu erheblich ungünstigeren Konditionen ausreichen. Der Sicherungsfall tritt schließlich in der Regel erst zu einem Zeitpunkt ein, in dem die bei Vertragsschluss schon begründeten Forderungen durch Erfüllung erloschen sind oder sich als nicht realisierbar erwiesen haben. Die Bank erhält über das Sicherungsmittel der Globalzession daher nur dann eine wirtschaftlich werthaltige Sicherung, wenn der Vertrag die zukünftigen Forderungen mit umfasst.952 Selbst wenn das Ergebnis nicht wünschenswert ist, so wäre es de lege lata hinzunehmen, wenn es die Auslegung der §§  130 f. InsO gebietet.953 Es ist ein ergebnisorientierter Kunstgriff, die volkswirtschaftlichen Erwägungen in die Auslegung einzubeziehen.954 Die Argu  Bork, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  15 Rdnr.  26.   Zirkulär ist auch die Argumentation von Lange/Reimann, BKR 2006, 230 (231) unter 2. Gläubigerschutz. 948   Auch für den BGH steht das gewünschte wirtschaftspolitische Ergebnis unverrückbar fest. Ähnliche Analyse bei Bruckhoff, NZI 2008, 87 (88); Fillmann, NJOZ 2008, 824 (829 f.). 949   LG Arnsberg, Urt. v. 10.  2. 2006 – 2 O 105/05 – unveröff., zustimmend Lange/Reimann, BKR 2006, 230; Blum, ZInsO 2007, 528 (531). 950   BGHZ 174, 297 (308) = NZI 2008, 89 (92): „für weite Geschäftsbereiche kaum noch als geeignete Kreditunterlage“; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 104 sprechen von „verheerenden volkswirtschaftlichen Konsequenzen“. 951   Brandt/Günther, BKR 2006, 232 (237). 952   BGHZ 174, 297 (308) = NZI 2008, 89 (92): Der BGH illustriert dies am entschiedenen Fall, in dem nur rund 15% der Zahlungseingänge Forderungen betreffen, die drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon werthaltig waren. 953   OLG Nürnberg ZIP 2007, 2129 (2132), wonach dem Argument, dass eines der wichtigsten Sicherungsinstrumente der deutschen Kreditwirtschaft praktisch entwertet würde, „bei der hier streitigen Gesetzesauslegung aus systematischen Gründen keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen“ kann. 954   Ähnlich Leithaus, NZI 2007, 545 (547): „Es ist unzulässig .  .  . vom Ergebnis her zu argumentieren.“ Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094 (1095): „Scheinargument“. 946 947

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mentationslinie kann nur vor dem Hintergrund Gehör finden, dass die Kommission für Insolvenzrecht ausdrücklich darauf hinwies, dass die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen dürfe.955 Gegen ein Bankenprivileg spricht, dass dies eine Ausnahme vom Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz wäre. Dafür fehlt die gesetzliche Grundlage. Eine ökonomische Analyse des Rechts kann außerhalb einer teleologischen Auslegung keinen Einfluss auf die lex lata haben.956 Es darf keinen Bruch in der Dogmatik zur Rettung der Globalzession geben. –  Rekurs auf §  130 Abs.  1 S.  2 InsO.  Eine Kongruenzlösung steht in Einklang mit der Gesetzesbegründung957 zur Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie958 . Dort heißt es zur Sonderregelung für Margensicherheiten959 (§  130 Abs.  1 S.  2 InsO), dass an die sich aus der Sicherungsvereinbarung ergebende Bestimmbarkeit einer Sicherheit „keine übertriebenen Anforderungen“ gestellt werden dürfen.960 Piekenbrock spricht von einer authentischen Interpretation des Normgebers, die innerhalb und außerhalb des Anwendungsbereichs von §  130 Abs.  1 S.  2 InsO verbindlich sei.961 Dies geht m. E. zu weit. Der Sinn dieser Auslegungsdirektive besteht darin, dass die mit §  130 Abs.  1 S.  2 InsO angestrebte Umsetzung der Richtlinie nicht unterlaufen werden soll. Es geht um den Schutz der im Bankenverkehr üblichen Vereinbarungen, wonach der Sicherungsgeber bei Wertschwankungen der geleisteten (Wertpapier-) Sicherheiten oder bei Wertschwankungen der besicherten Verbindlichkeit verpflichtet ist, weitere Sicherheiten zu leisten, um die unbesicherte „Marge“ abzudecken (sog. Margensicherheit).962 Ein allgemeiner Rechtsgedanke lässt sich daraus nicht gewinnen.963 –  Insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz.  M. E. geht es um die Reichweitenbestimmung einer teleologischen Extension des §  131 Abs.  1 InsO. Wie bereits ausgeführt, ist ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz einzufordern als Korrektiv für weite Vereinbarungen.964 Je weiter die Vereinbarung ist, desto breiter ist der spätere Anwendungsbereich des §  130 InsO. Zu kurz greift es dabei, eine Deckungsgleichheit zum sachen  Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  400.   Ähnlich Schneider/Güther, Der Betrieb 2008, 279 (281). 957   Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze: BGBl.  2004 Teil  I Nr.  15 S.  502. Dazu Wimmer, ZInsO 2004, 1; Flöther/Bräuer, DZWIR 2004, 89 (93). 958   Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten: ABl.  EG Nr. L 168 S.  43; dazu Pluta, S.  69 ff. 959   Siehe dazu BT-Drucks. 15/1853, S.  15. 960   BT-Drucks. 15/1853, S.  16. 961   Piekenbrock, NZI 2006, 685 (687); ders., WM 2007, 141 (146). 962   BT-Drucks. 15/1853, S.  15. 963   Noch weitergehender Hölzle, ZIP 2003, 2144; zu Recht dagegen Flöther/Bräuer, DZWIR 2004, 89 (91). 964   Es geht um das Maß an Bestimmtheit: Kammel/Staps, NZI 2008, 143 (144). 955

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rechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz anzunehmen965 und gar auf eine Einheit der Rechtsordnung966 zu verweisen. Nach Leithaus mache es einen Unterschied, ob auf der einen Seite aufgrund eines Globalzessionsvertrags Forderungen aus Lieferung und Leistungen aus einem konkreten und der Bank bekannten Geschäftsbetrieb des Bankkunden im Voraus an die Bank abgetreten werden oder ob auf der anderen Seite „irgendwelche“ Forderungen, Wertpapiere oder Wertgegenstände des Schuldners in den Herrschaftsbereich der Bank gelangen, an denen dann ein AGB-Pfandrecht entsteht.967 Bei einem laufenden Geschäftsbetrieb sei das Entstehen von Forderungen insgesamt als sicher zu erwarten. Das AGB-Banken-Pfandrecht sei hingegen nicht im Hinblick auf zukünftig mit einiger Sicherheit entstehende Forderungen oder sonstige Wertgegenstände vereinbart, sondern es begleite die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunden gleichsam als „Hintergrundrauschen“, ohne dass hierbei an bestimmte Pfandgegenstände gedacht werde.968 Dieses prognostische Element lässt sich unmittelbar für den Abgrenzungsstreit nicht fruchtbar machen. Für eine insolvenzanfechtungsrechtliche Korrektur ist nur zu plädieren, wenn der Schuldner noch eine Steuerungsmöglichkeit in der Krise hat. Beim AGB-Pfandrecht kann er Zahlungen auf andere Konten lenken; der Kunde kann selbst bestimmen, welche Rechte vom AGB-Pfandrecht seines Kreditinstituts erfasst werden.969 Eine vergleichbare Dispositionsbefugnis fehlt aber bei Globalzessionen, da alle Forderungen zur Sicherheit abgetreten werden.970 Dies geschieht automatisch971; es gibt keinen „Einbringungsakt“. Das ist nach meinem Dafürhalten der entscheidende Unterschied zu Nr.  14 Abs.  1 AGB-Pfandrecht, der dazu führt, dass die Globalzession als kongruente Deckung (§  130 InsO) einzustufen ist. (d)  Bargeschäft (§  142 InsO) Ein Ausschluss der Anfechtbarkeit wird auch unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§  142 InsO) diskutiert. Ein solches ist anzunehmen, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem

  Blum, ZInsO 2007, 528 (529): „Dieser Grundsatz muss .  .  . entsprechend gelten.“   So aber OLG Nürnberg ZIP 2007, 2129 (2132); Edelmann/Glemser, BB 2008, 352 (353). 967   Leithaus, NZI 2007, 545 (547). 968   Leithaus, NZI 2007, 545 (547). 969   Blum, ZInsO 2007, 528 (529), der auch darauf abhebt, dass das AGB-Pfandrecht bei der Kreditvergabe nicht als „echte“ Kreditsicherheit berücksichtigt wird. Es stelle vielmehr nur eine formularmäßig vereinbarte Zusatz-Sicherheit dar, die oft nur die praktischen Auswirkungen einer Aufrechnungsbefugnis oder eines Zurückbehaltungsrechts habe. 970   Gewiss steht es dem Schuldner frei, die Forderung nicht zu begründen. 971   Walden, BKR 2006, 162 (163). 965

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zeitlichem Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat.972 Nach einer Auffassung enthält das „Stehenlassen“ der Darlehensforderung eine ausgleichende Leistung.973 Durch die fortwährende Darlehensgewährung erbringe die Bank eine echte vertragliche Leistung, für die sie als Gegenleistung eine gleichwertige Sicherheit in Gestalt der Globalzession erhalte.974 Das Aktivvermögen des Insolvenzschuldners werde nicht vermindert. Auf den konkreten Austausch zweier Sicherheiten an demselben Objekt komme es nicht an.975 Diese Meinung verdient keine Zustimmung. Dem Schuldner wird nämlich kein neuer Vermögenswert zugeführt. Der Schuldner hat den Vermögenswert vielmehr bereits mit der Darlehensgewährung erhalten. Das bloße Unterlassen der Rückforderung reicht nicht aus.976 Auch ein Vergleich mit der Kontokorrentverrechnung überzeugt nicht. Im Schrifttum wird teilweise eine Parallelwertung in Ansatz gebracht, die begrifflich mit der Rede vom „Sicherheitenkontokorrent“977 zum Ausdruck kommt.978 Die Kernüberlegung dieser Meinung zielt auf den revolvierenden Charakter dieser Sicherheit ab: Die Bank gestatte es dem Sicherungsgeber, die abgetretenen Forderungen einzuziehen; dafür könne sie die Auffüllung der Sicherheit durch Entstehen neuer Forderungen verlangen.979 Das Untergehen und Neuentstehen der gesicherten Forderungen aus Globalzessionen müsse rechtlich ebenso eingeordnet werden wie die kontokorrentmäßige Verrechnung vereinnahmter Zahlungseingänge mit erneuten vertragsmäßigen Verfügungen des Schuldners. Es bestehe von Anfang an ein vertraglich geregeltes Gegenseitigkeitsverhältnis.980 Ebenso wie eine Kontokorrentabrede die auf einem Kontokorrentkonto eingehenden Gut- und Lastschriften verknüpfe, verbinde die Kombination aus Globalzession und Einziehungsermächtigung das Entstehen und Erlöschen der abgetretenen Forderungen miteinander.981 Demnach dürften die Werte der Sicherungseingänge mit denen der Sicherungsausgänge verrech  BGHZ 157, 350 (360) = NJW 2004, 1444; BGH NZI 2006, 159 (161).   Molitor, ZInsO 2006, 23 (25); Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461 (1463); ähnlich (mit Zurückhaltung) Ganter, WM 2006, 1081 (1089). 974   Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461 (1463). 975   Molitor, ZInsO 2006, 23 (25). 976   BGHZ 174, 297 (311) = NZI 2008, 89 (93); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  142 Rdnr.  3c; Mitlehner, ZIP 2007, 1925 (1930); Dahl/Schmitz, NZI 2008, 541 (542). 977   Molitor, ZInsO 2006, 23 (25). 978   „Diese Überlegung lässt sich zwanglos auf „revolvierende“ Sicherheiten übertragen.“ So LG Berlin NZI 2008, 247 (249); Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 104 (105); Leithaus/ Riewe, NZI 2006, 531 (532); Kuder, ZInsO 2006, 1065 (1069); Brandt/Günther, BKK 2006, 232 (235); Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461 (1463). 979   Kuder, ZInsO 2006, 1065 (1069); Brandt/Günther, BKR 2006, 232 (235); Blum, ZInsO 2007, 528 (530); Furche, WM 2007, 1305 (1314). 980   Brandt/Günther, BKR 2006, 232 (235). 981   Blum, ZInsO 2007, 528 (530). 972

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net werden, wenn ein enger wirtschaftlicher, rechtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Sicherheitenneubestellung und Sicherheitenabgang vorliege und wenn das Kreditinstitut gemäß seiner vertraglichen Verpflichtung den Schuldner über den eingeräumten Kredit weiter verfügen lasse.982 Anfechtbar sei somit nur eine Erhöhung des Gesamtsicherungswertes aller Sicherheiten der Bank im kritischen Zeitraum oder die Bestellung solcher neuer Sicherheiten, die nicht in einem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit den weggefallenen alten Sicherheiten stünden.983 Der Vergleich mit dem Kontokorrent überzeugt auf den ersten Blick. Leithaus rekurriert zudem auf eine Parallele zum unechten Factoring984: die Gewährung eines Darlehens gegen Hereinnahme einer Globalzession am „Tag 1“ entspreche wirtschaftlich gesehen dem unechten Factoring (recourse factoring) 985: Eine Bank gewähre dem Kunden im Hinblick auf den Forderungsbestand einen Kredit, welcher sich an dem Wert des Forderungsbestands orientiert. Hätte die Bank dem Schuldner am ersten Tag die Forderungen abgekauft, das Delkredererisiko beim Schuldner belassen und als Kaufpreis z. B. 90 Prozent der Forderung gewährt, so würde am Vorliegen eines Bargeschäfts kein Zweifel bestehen. Würde dieser Verkauf von Forderungen revolvierend betrieben986 , so liefe dies wirtschaftlich auf dasselbe hinaus wie die Gewährung eines Kontokorrentkredits, besichert durch einen mehr oder weniger gleich bleibenden Forderungsbestand. Zudem werde allgemein angenommen, dass bei Vorliegen eines unechten Factorings das Verwertungsrecht nach §  166 Abs.  1 InsO beim Insolvenzverwalter liege, da das unechte Factoring der Sicherungsabtretung wirtschaftlich entspreche. Wenn aber ein wirtschaftlich dem hier behandelten Globalzessionsvertrag entsprechender Vorgang eine fortlaufende Aneinanderkettung von unanfechtbaren Bargeschäften darstelle, so könne dies für das Entstehen der im Voraus abgetretenen Forderungen bei der Globalzession nicht anders gesehen werden. Gegen die Annahme eines Bargeschäfts streitet jedoch die fehlende rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung.987 Der Erwerb neuer Forderungen erfolgt bei der Globalzession unabhängig davon, was aus den dem Schuldner zur Einziehung überlassenen Forderungen geworden ist, insbesondere welcher Wert ihm daraus zugeflossen ist.988 Gewiss ist dies bei der   Molitor, ZInsO 2006, 23 (25).   Molitor, ZInsO 2006, 23 (25). 984   Leithaus, NZI 2007, 545 (548 f.). 985   Beim unechten Factoring verbleibt das Bonitätsrisiko beim Zedenten, der vom Factor bei Uneinbringlichkeit einer abgetretenen Forderung zurückbelastet wird. Martinek, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  102 Rdnr.  19. 986   Der Einzug der Forderungen bliebe dabei wie üblich dem Schuldner überlassen. 987   Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (19): keine „unmittelbare, finale oder wertmäßige Verknüpfung“. 988   BGHZ 174, 297 (312) = NZI 2008, 89 (93). 982 983

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Kontokorrentverrechnung ähnlich. Jedoch lag der entscheidende Grund für eine großzügige Auslegung des Konnexitätskriteriums („für die“) dort zum einen darin, dass der Schuldner andernfalls praktisch vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen wäre und zum anderen in der stimmigen Gesamtbetrachtung, dass die berücksichtigungsfähigen Zahlungsausgänge gegenüber dem Zahlungsempfänger nach §§  129 ff. InsO anfechtbar sind. Bei revolvierenden Sicherheiten geht es hingegen um einen Sicherheitentausch. Hierfür ist ein konkreter Austausch jeweils benennbarer Sicherheiten erforderlich. Die Parallelen zur Kontokorrentverrechnung sowie zum unechten Factoring lassen sich dogmatisch nicht einfangen.989 Im Übrigen müssten die neu entstehenden Forderungen nicht nur nominal, sondern auch in ihrem tatsächlichen Wert den untergegangenen Forderungen entsprechen. Die genaue Entwicklung des Forderungsbestands lässt sich in praxi ungleich schwerer darlegen als die Entwicklung eines Kontokorrents.990 Die erforderliche Prüfung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit ist dabei kaum durchführbar.991 Daher ist auch eine analoge Anwendung des §  142 InsO abzulehnen. Der BGH stützt dieses Ergebnis auch noch auf folgende Überlegung: Würden solche Rechte auch noch an später entstandenen Forderungen begründet, könnte dies für den Sicherungsnehmer einen Anreiz bilden, den Kreditvertrag mit dem insolventen Schuldner noch eine Zeitlang bis zu dem von seinem persönlichen Befriedigungsinteresse her gesehen günstigsten Zeitpunkt fortzusetzen. Dies stände in Widerspruch zum erklärten Ziel der Insolvenzordnung, die Beteiligten zu veranlassen, das Insolvenzverfahren frühzeitig einzuleiten, um eventuelle Sanierungsaussichten zu wahren und eine möglichst effektive Befriedigung der Gläubiger im Sinne von §  1 S.  1 InsO zu bewirken.992 (e)  Resümee Globalzessionen sind in letzter Zeit unter insolvenzanfechtungsrechtlichen Beschuss geraten. Es handelt sich um kongruente Deckungen (§  130 InsO); es geht bei der insolvenzanfechtungsrechtlichen Globalzessionsproblematik um die 989   Brinkmann, S.  292; Molitor, ZInsO 2006, 23 (25) will die Rechtsprechung zur Kontokorrentverrechnung entsprechend heranziehen. Ein Abgleich mit dem Gesetz (§  142 InsO) bleibt allerdings aus. 990   Blum, ZInsO 2007, 528 (530). 991   Darauf verweist auch der BGH: Der Sicherungswert hänge von vielen Faktoren ab, insbesondere von der Qualität der Leistung des Schuldners sowie der Vertragstreue und der finanziellen Leistungsfähigkeit seines Kunden. Die dem Schuldner überlassenen Altforderungen könnten nicht nur durch Erfüllung, sondern auch durch Verzicht, Vergleich, Klageabweisung, Verjährung oder Insolvenz des Drittschuldners wertlos geworden sein. Der für die Voraussetzungen eines Bargeschäfts darlegungs- und beweispflichtige Sicherungsnehmer wäre zudem in den weitaus meisten Fällen nicht einmal ansatzweise in der Lage, die Tatsachen vorzutragen, die zur Beurteilung des Wertverhältnisses zwischen untergegangenen und neu entstandenen Forderungen notwendig sind. BGHZ 174, 297 (312) = NZI 2008, 89 (93). 992   BGHZ 174, 297 (313) = NZI 2008, 89 (93).

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Reichweitenbestimmung einer teleologischen Extension des §  131 Abs.  1 InsO, genauer gesagt um die Konturierung eines insolvenzanfechtungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes: Für eine Inkongruenz ist zu plädieren, wenn der Schuldner noch eine Steuerungsmöglichkeit in der Krise hat. Beim AGB-Pfandrecht kann er Zahlungen auf andere Konten lenken. Eine vergleichbare Dispositionsbefugnis fehlt aber bei Globalzessionen. Der Schuldner kann aufgrund der Vorauszession nicht mehr zugunsten eines anderen Gläubigers optieren. Die Forderungen sind als Sicherheit zugunsten des Zessionars „verbraucht“ und für diesen vorrangig „reserviert“ (Sperrwirkung der Globalzession). (2)  „Werthaltigmachen“ der sicherungszedierten Forderung (a)  Das Problem der Wertauffüllung Der für die Anfechtbarkeit der Sicherungsabtretung maßgebende Zeitpunkt liegt nicht selten außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums der §§  130, 131 InsO. Die Sicherungsabtretung ist dann einer Insolvenzanfechtung nach §§  130, 131 InsO grundsätzlich entzogen. Gleichwohl ist an eine Rechtshandlung in der Krise anzuknüpfen, wenn die sicherungszedierte Forderung erst in dieser Zeit werthaltig wird.993 Zu einer solchen „Wertschöpfung“994 oder „Wertauffüllung“995 kommt es, wenn der Insolvenzschuldner erst zu diesem Zeitpunkt seine vertragliche Leistung gegenüber seinem Vertragspartner, dem Drittschuldner erbringt. Gemeint sind also Erfüllungshandlungen wie die Übergabe der Kaufsache, die Herstellung des Werks oder die Erbringung einer Dienstleistung. Der sicherungszedierte Anspruch wird dann durchsetzbar, da sich der Vertragspartner nicht mehr auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§  320 BGB) berufen kann. Auch gegenüber der Bank als Zessionarin kann der Drittschuldner diese Einrede nach §  404 BGB geltend machen. Die Problematik wird vor allem in Fällen der Bauinsolvenz virulent.996 Die Insolvenzschuldnerin schließt vor dem kritischen Zeitraum der §§  130, 131 InsO einen Werkvertrag. Die Werklohnforderung (§  631 Abs.  1 Var. 2 BGB) wird sicherungshalber an die Bank abgetreten. Im Vorfeld des Insolvenzantrags bzw. danach997 wird die bislang nicht oder nur teilweise erbrachte Werkleistung   Zum Oberbegriff der „Aufwertung“: Obermüller, Rdnr.  6 .146, der auch auf andere Beispiele eingeht, etwa die Verarbeitung des zur Sicherung übereigneten Rohmaterials zu Fertigprodukten während der kritischen Phase. 994   Piekenbrock, WM 2007, 141 (150). 995   Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (21). 996   BGH NZI 2008, 539 m.Anm.  Dahl/Schmitz: Zu Recht führt der BGH aus, dass die Gläubiger i. S. des §  129 InsO benachteiligt sind, wenn sich das vor dem Werthaltigmachen vorhandene Vermögen nicht vermindert und lediglich die Arbeitskraft der Arbeitnehmer des Insolvenzschuldners eingesetzt worden ist. Die Dienste eines Arbeitnehmers haben einen objektiven Vermögenswert. Siehe ferner Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (20 ff.). 997   Dies geschieht in praxi nicht selten mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. 993

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fortgeführt und auf diese Weise die sicherungszedierte Werklohnforderung werthaltig gemacht.998 Fraglich ist, ob diese Wertschöpfung, die durch eine sukzessive Erbringung der Werkleistung nach und nach eintritt, der Insolvenzanfechtung unterliegt. Schließlich gleicht die bloße Inhaberschaft einer Forderung, soweit ihr eine Einrede (z. B. nach §  320 BGB) entgegengehalten werden kann, in wirtschaftlicher Hinsicht einer „Hülse ohne Kern“999. Durch die Valutierung der Forderung wird ein Wert generiert, der im Zeitraum der wirtschaftlichen Krise von der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung (§§  130 ff. InsO) erfasst sein könnte. (b)  Ermöglichende Rechtshandlung Die Erfüllungshandlung des Schuldners ist eine Rechtshandlung i. S. des §  129 InsO mit einer Doppelwirkung: Einerseits erfüllt der Schuldner dadurch eine vertragliche Verpflichtung gegenüber seinem Vertragspartner. Andererseits erhält der Zessionar eine Wertauffüllung seiner Sicherheit.1000 Der Insolvenzverwalter hat die Wahl, welchen Leistungsempfänger er in Anspruch nimmt.1001 Diese Wertauffüllung ist als „ermöglichende“ Rechtshandlung i. S. der §§  130 f. InsO anfechtbar.1002 Dafür streitet die ratio legis der §§  130, 131 InsO, wonach aufgrund der Vorwirkung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes auch diese Wertschöpfung der Gesamtheit der Gläubiger und nicht allein dem Siche998   Als Aufteilungsmaßstab für die Frage, in welcher Höhe die Werklohnforderung werthaltig gemacht wurde, stellt das OLG Dresden auf die Regeln der Kaufpreisminderung ab (§  441 Abs.  3 BGB): OLG Dresden, WM 2006, 2095. Eine Rückgängigmachung des Vorgangs „Beseitigung der Einrede des nicht erfüllten Vertrages“ ist nicht möglich, so dass der Rückgewähranspruch gemäß §  143 Abs.  1 S.  1 InsO nicht eingreift. Vielmehr ist Wertersatz nach Maßgabe des §  143 Abs.  1 S.  2 InsO zu leisten. Das Anfechtungsvolumen bestimmt sich nicht nach den durch den Insolvenzschuldner bzw. die „künftige“ Masse verauslagten Kosten, sondern nach der anteiligen Wertschöpfung, d. h. dem entsprechenden Anteil der Werklohnforderung. Zutreffenderweise muss bei Anwendbarkeit des neuen Schuldrechts nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts – ohne Auswirkung im Ergebnis – im Werkvertragsrecht auf den „baugleichen“ §  638 Abs.  3 BGB abgestellt werden. Dazu bereits Würdinger, WuB VI A. §  96 InsO 1.07. 999   Würdinger, WuB VI A. §  96 InsO 1.07; Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (20): „bloße Forderungshülse“. Maßgebend sei die wirtschaftliche Substanz, nicht die juristische Hülle. Siehe dazu Heinze, DZWIR 2008, 185 (187). 1000   BGH NZI 2008, 539 (541) m.Anm.  Dahl/Schmitz. 1001   Diese haften gegebenenfalls als Gesamtschuldner: Siehe BGH NJW 1999, 3046; BGH NZI 2008, 539 (541). 1002   Zur Thematik der „Wertauffüllung“ im Verhältnis zu einem Aufrechnungsgläubiger bereits BGHZ 147, 28 = WM 2001, 1470. OLG Dresden, WM 2006, 2095, Bork, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  15 Rdnr.  5; Jacoby, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  16; Kirchhof, in: FS Uhlenbruck, S.  269 (276 ff.); Gerhardt, GS für Knobbe-Keuk, S.  169 (178 ff.); Streit/Jordan, DZWIR 2004, 441 (447); Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (20); Piekenbrock, WM 2007, 141 (150 f.); a. A. Furche, WM 2007, 1305 (1313 ff.).

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rungszessionar zu Gute kommen soll. Dem trägt die InsO zum einen dadurch Rechnung, dass der Begriff der Rechtshandlung weit zu verstehen ist und auch reine Tathandlungen umfasst.1003 Zum anderen ist nach §§  130, 131 InsO bereits das Ermöglichen einer Sicherung oder Befriedigung anfechtbar.1004 Dieses Tatbestandsmerkmal ist eine bewusste „Erweiterung“1005 , mit der vor allem Prozesshandlungen wie z. B. ein Anerkenntnis (§  307 ZPO) einbezogen werden sollten.1006 Der maßgebende Zeitpunkt i. S. des §  140 Abs.  1 InsO ist derjenige, in dem die Forderungen werthaltig gemacht werden (Bewirkung der Werthaltigkeit).1007 Nach Heinze liegt in der wertauffüllenden Leistungserbringung der letzte Schritt der Forderungsabtretung einer einheitlichen Rechtshandlung.1008 Anfechtungsgegenstand sei die Forderung im gesamten Umfang der Wertauffüllung. Die Selbständigkeit der Wertauffüllung überzeuge dogmatisch nicht. Dieser Auffassung liegt eine wirtschaftliche Definition der Forderungsentstehung zugrunde.1009 Dieses wirtschaftliche Verständnis wird mit einem Hinweis auf das bilanzrechtliche Realisationsprinzip (§  252 Abs.  1 Nr.  4 HGB) abgesichert. Danach seien ebenfalls Forderungen aus Austauschverhältnissen nicht schon mit ihrem rechtlichen Entstehen durch Vertragsschluss, sondern erst mit ihrem wirtschaftlichen Entstehen durch Leistungserbringung zu aktivieren.1010 Gegen diese „wirtschaftliche Gesamtbetrachtung“ steht die grundsätzliche Selbständigkeit jeder einzelnen Rechtshandlung. Das Konzept steht dogmatisch gesehen auf tönernen Füßen. Der Rekurs auf das bilanzrechtliche Realisationsprinzip füllt die argumentative Lücke nicht auf. Zwar trifft es zu, dass der Vorgang erst mit der gesamten Wertauffüllung abgeschlossen ist. Weshalb aber nicht jeder einzelne Akt der Wertauffüllung als ermöglichende Rechtshandlung selbständig der Insolvenzanfechtung unterliegen soll, erklärt sich daraus nicht. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht ist es überzeugend, dass nur die Wertschöpfungen nach §§  130 f. InsO anfechtbar sind, die sich im Zeitraum der wirtschaftlichen Krise auch ereignet haben.   MünchKomm-InsO/Kirchhof, InsO, §  129 Rdnr.  22.   Zu einer restriktiven Auslegung Peschke, S.  175 ff. m.w.Nachw.; gegen eine Begrenzung durch subjektive Anforderungen (finales Element): Kirchhof, in: FS Uhlenbruck, S.  269. 1005   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 1006   BT-Drucks. 12/2443, S.  157. 1007   In BGH NZI 2008, 539 (540) war dies etwa der Abschluss der erforderlichen Bauleistungen. 1008   Heinze, DZWIR 2008, 185 (188). 1009   Heinze, DZWIR 2008, 185 (186) umschreibt dies bildlich wie folgt: Eine bestellte Tasse Kaffee sei nicht bereits dann serviert, wenn das leere Porzellan auf den Tisch gestellt wird, sondern wenn darin auch das Getränk eingeschenkt ist. Dieser Vergleich muss aber m. E. stimmig so fortgesetzt werden, dass auch nur das, was in der Krise „eingeschenkt“ wird, der Insolvenzanfechtung nach §§  130 f. InsO unterliegen kann und nicht das gesamte Getränk, wenn bereits vor dem Anfechtungszeitraum ein Teil des Getränks geliefert wurde. 1010   Heinze, DZWIR 2008, 185 (187). 1003

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(c)  Deckungsqualität Fraglich ist, ob das Werthaltigmachen der Werklohnforderung eine kongruente oder eine inkongruente Deckung ist. Nach dem Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO erfolgt die Abgrenzung zwischen einer kongruenten und einer inkongruenten Deckung anspruchsorientiert. Anspruchsinhaber ist nach §  131 Abs.  1 InsO jedenfalls der Insolvenzgläubiger, so dass es nicht darauf ankommt, dass im Verhältnis zum Werkbesteller die Erfüllung des Anspruchs aus §  631 Abs.  1 BGB kongruent ist. Entscheidend ist nach einer grammatischen Auslegung, worauf sich der Relativsatz in §  131 Abs.  1 InsO („die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hat“) bezieht. Ist es die Rechtshandlung, das wäre dann das Wertauffüllen oder die Deckung (Sicherung oder Befriedigung)? Im ersteren Fall wäre im Regelfall von einer Inkongruenz auszugehen: Die Bank hat als Zessionarin grundsätzlich keinen Anspruch auf Erbringung der Werkleistung und damit auf eine Wertauffüllung, so dass ihr gegenüber die dadurch verwirklichte Valutierung der abgetretenen Werklohnforderung inkongruent ist. Darauf stellt in der Tat eine Meinung im Schrifttum ab.1011 Danach komme es darauf an, ob der Globalzessionar auf die Erfüllungshandlung des Globalzedenten an den Drittschuldner einen Anspruch hat. Anders gewendet: Der Bezugspunkt für den Anspruch ist die Wertauffüllung. Aus einem möglichen Versprechen des Sicherungsgebers zur Werterhaltung und Mindestdeckung lasse sich kein klagbarer Anspruch auf Leistungserbringung an den Drittschuldner herleiten.1012 Diese Ansicht ist bereits nach einer grammatischen Auslegung unzutreffend: Der doppelte Relativsatz des §  131 Abs.  1 InsO ist in sich verschachtelt; andernfalls hätte der zweite Relativsatz mit der Konjunktion „und“ verbunden werden müssen. Bezugspunkt für das Anspruchskriteriums ist die Sicherung oder Befriedigung, unabhängig davon, ob die Deckung gewährt oder ermöglicht wurde. Damit ergibt sich zwingend eine Einheitslösung.1013 Oder wie der BGH es ausdrückt: Was für das Entstehen zukünftiger Forderungen aus einer Globalzession gilt, trifft für das Werthaltigmachen dieser Forderungen in gleicher Weise zu.1014 Auch dieses ist nach §  130 InsO anfechtbar.1015 1011   Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  8 Rdnr.  97; Kirchhof, in: FS Uhlenbruck, S.  269 (277); MünchKomm-InsO/Kirchhof, InsO, §  131 Rdnr.  22; Streit/Jordan, DZWIR 2004, 441 (447); Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (22). 1012   Beiner/Luppe, NZI 2005, 15 (22). 1013   Jacoby, ZIP 2008, 385 (386): „einheitliche Betrachtung von Entstehen und Werthaltigwerden“. Zutreffend konstatiert Jacoby, dass nur einer differenzierenden Lösung der Boden entzogen ist, nicht aber ein Argument für oder gegen die Inkongruenz gewonnen ist. 1014   BGHZ 174, 297 (309) = NZI 2008, 89 (92). 1015   Die Argumentation muss synchron zur Anfechtbarkeit von Globalzessionen verlaufen. Stapper/Jacobi, BB 2007, 2017 (2020) stellen etwa darauf ab, dass eine Wertschöpfung, die im regulären Geschäftsbetrieb erfolge, nicht verdächtig sei. Anders verhalte es sich freilich,

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Der BGH geht auf dieses Wortlautargument nicht ein. Vielmehr führt der Senat aus, dass eine Differenzierung schon deshalb nicht einleuchte, weil der Sicherungsnehmer auch keinen klagbaren Anspruch auf das Entstehen einzelner nicht bereits individuell konkretisierbarer Forderungen habe. Vor allem aber diene die Sicherungsabtretung gerade dazu, dem Sicherungsnehmer den Wert der abgetretenen Forderungen zu verschaffen, wenn der Schuldner nicht leistungswillig oder zahlungsunfähig ist. Der Sicherungsanspruch sei demzufolge von Anfang an auf eine werthaltige Sicherheit und nicht auf eine wertlose Hülle gerichtet. Schon deshalb wäre es ein Wertungswiderspruch1016 , anfechtungsrechtlich das Entstehen der Forderung als kongruent, ihre Wertauffüllung dagegen als inkongruent zu behandeln.1017 Insolvenzanfechtungsrechtlich ist damit das Werthaltigmachen einer Forderung so zu behandeln, wie wenn eine neu entstandene bereits werthaltige Forderung im Zeitpunkt der Wertauffüllung von der Globalzession erfasst worden wäre. (d)  Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Drittschuldner Der Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber der Bank als Globalzessionarin besteht unabhängig davon, ob auch ein solcher Anspruch gegenüber dem Drittschuldner gegeben ist.1018 Beide haften als Gesamtschuldner i. S. der §§  421 ff. BGB. Die Bank ist freilich im Regelfall für den Insolvenzverwalter der bessere Schuldner.1019 Zum einen können alle Ansprüche einheitlich gegenüber einem Beklagten geltend gemacht werden (Bündelungsaspekt). Zum anderen ist eine Bank üblicherweise ein solventer Gegner (Solvenzargument). Hinzu kommt, dass eine Kenntnis des Drittschuldners von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners (§  130 InsO) oft noch schwieriger nachzuweisen ist, als bei einer Bank, die als Kreditgeberin immerhin Sonderkenntnisse hat. Auch wird häufig gegenüber dem Drittschuldner ein Bargeschäft (§  142 InsO) vorliegen.1020 (3)  Zusammenfassung und Folgen Globalzessionen sind in letzter Zeit unter insolvenzanfechtungsrechtlichen Beschuss gekommen. Nach der hier vertretenen Auffassung sind Globalzessionen kongruente Deckungen. Dies ergibt sich selbst nach einer teleologischen Extension des §  131 Abs.  1 InsO. Danach ist von einer Inkongruenz auszugehen, wenn wenn der vorläufige Insolvenzverwalter die Wertschöpfung veranlasse. §  131 InsO sei teleologisch zu reduzieren. 1016   Bruckhoff, NZI 2008, 87 (88). 1017   BGHZ 174, 297 (310) = NZI 2008, 89 (92). 1018   BGH NZI 2008, 539 (541). 1019   Dahl/Schmitz, NZI 2008, 541 (542): „einfacher und sicherer“. 1020   So etwa in BGH NZI 2008, 539, worauf Dahl/Schmitz, NZI 2008, 541 (542) zu Recht hinweisen.

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es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, welche konkrete Sicherheit erfasst wird. Mit diesem Korrektiv wird ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz in Ansatz gebracht. Von einer kongruenten Deckung ist auch auszugehen, wenn man auf das Werthaltigmachen als ermöglichende Rechtshandlung abstellt. Damit wird nur ein anderer Zeitpunkt anvisiert; an der Deckungsqualität ändert sich aber – wie eine grammatische Auslegung bereits deutlich macht – nichts (Einheitstheorie). Besondere Bedeutung kommt in praxi damit den subjektiven Tatbestandsmerkmalen des §  130 InsO zu. Die Bank muss nach §  130 Abs.  1 InsO die Zahlungsunfähigkeit des Kunden kennen. Kenntnis bedeutet für sicher gehaltenes Wissen (positives Wissen).1021 Gewiss ist eine Vermutung, dass die Bank Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit im anfechtungsrechtlich relevanten Zeitraum hat, nicht anzunehmen.1022 Umstände, die zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Kunden schließen lassen und die nach §  130 Abs.  2 InsO der Kenntnis gleichstehen, sind gerade bei einer Hausbank nicht selten anzunehmen. Dabei reicht es nicht aus, wenn die Bank nur die ungewisse Möglichkeit einer Zahlungsunfähigkeit befürchtet und diese bewusst in Kauf nimmt.1023 Anhaltspunkte sind etwa nicht saisonal bedingte andauernde Kontoüberziehungen, mehrfache nicht geduldete Überziehungen, Beitragsrückstände gegenüber den Sozialversicherungsträgern1024 , Pfändungen anderer Gläubiger, die zunehmende Anzahl von Auskunftsanfragen etc.1025 Die Bank kann in solchen Fällen den Kredit kündigen.1026 Zudem sollte sie die Einziehungsermächtigung ausdrücklich widerrufen.1027 Der Insolvenzschuldner verliert die ihm eingeräumte Befugnis, die abgetretenen Forderungen einzuziehen, nämlich nicht ohne weiteres, wenn er in eine finanzielle Krise gerät. Auch der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Anordnung von Sicherungsmaßnamen lassen die Einziehungsermächtigung unberührt.1028 Der Spagat zwischen Kündigung zur Unzeit und Insolvenzverschleppung gehört zum Dilemma, in dem sich die Bank befindet. Banken werden gewiss früher als bisher kündigen, um den insolvenzfesten Bestand an globalzedierten Forderungen zu retten.1029 Das Risiko, dass die subjektiven Voraussetzungen   BGH WM 1991, 150.   Schneider/Güther, Der Betrieb 2008, 279 (284) mit Kritik an Runkel/Kuhlemann, ZInsO 2007, 1094 (1097). 1023   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  130 Rdnr.  33. 1024   BGH NZI 2003, 542. 1025   Kuder, ZIP 2008, 289 (291) m.w.Nachw. 1026   Kuder, ZIP 2008, 289 (292); Schneider/Güther, Der Betrieb 2008, 279 (284); Knees/Fischer, ZInsO 2008, 116 (117). 1027   Obermüller, ZInsO 2007, 1274. 1028   BGHZ 144, 192 = NZI 2000, 306. 1029   Kuder, ZIP 2008, 289 (293). 1021

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des §  130 InsO bereits vor der Kündigung bestanden, bleibt freilich bestehen. Diese Auswirkungen sind vom IX. Zivilsenat ausdrücklich gewünscht. Es geht darum, eventuelle Sanierungsaussichten zu wahren und eine möglichst effektive Befriedigung der Gläubiger i. S. des §  1 S.  1 InsO zu bewirken.1030 c)  Sicherheitentausch Wie bereits erwähnt, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus, wenn die anzufechtende Rechtshandlung lediglich dazu führt, dass eine wirksam und unanfechtbar bestellte Sicherheit durch eine gleichwertige, andere Sicherheit ersetzt wird, ohne dass damit für das Schuldnervermögen ein zusätzlicher Rechtsverlust verbunden wäre.1031 Umstritten ist, wann im Einzelfall von einem solchen Sicherheitentausch auszugehen ist.1032 Im Folgenden gilt es die Kriterien hierfür herauszuarbeiten. aa)  Der Grundfall des verlängerten Eigentumsvorbehalts (1)  Generalia Auszugehen ist vom Grundfall des verlängerten Eigentumsvorbehalts, der als „Urtypus“ gilt.1033 Der Eigentumsvorbehalt ist das wichtigste Sicherungsmittel des Warenkreditgebers1034: Der Verkäufer händigt dem Käufer bereits die Ware aus, ohne den Kaufpreis zu erhalten und leistet somit vor, ohne sich auf die Einrede aus §  320 BGB zu berufen. Zur Sicherheit des Verkäufers1035 verbleibt die gelieferte Ware in dessen Eigentum. Das Eigentum wird – wie die Auslegungsregel des §  449 Abs.  1 BGB statuiert – unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung übertragen (§  929 S.  1, 158 Abs.  1 BGB) mit der Folge, dass der Vorbehaltskäufer ein Anwartschaftsrecht erlangt, das insolvenzfest ist (§  107 Abs.  1 InsO). Der verlängerte Eigentumsvorbehalt kombiniert diesen Sicherungsmechanismus mit einer antizipierten Sicherungszession. 1030   BGHZ 174, 297 (313) = NZI 2008, 89 (93). Mit umgekehrter Stoßrichtung argumentierte der BGH allerdings beim Anfechtungsvolumen von Kontokorrentverrechnungen. BGHZ 150, 122 = NJW 2002, 1722: „Damit würde dem Schuldner im Ergebnis schon die Chance genommen, in einer zwar riskanten, aber noch nicht aussichtslosen Lage planmäßig weiteren Kredit in Anspruch zu nehmen, sogar wenn eingehende Gutschriften wieder einen gewissen Spielraum bis zur Kreditobergrenze eröffneten.“ 1031   Kirchhof, ZInsO 2004, 465 (469); Molitor, ZInsO 2006, 23 (24). 1032   Zum Anspruch des Kreditnehmers auf Sicherheiten(aus)tausch: BGHZ 158, 11 = NJW 2004, 1730 (in casu in Form einer Ersatzgrundschuld bei Veräußerung des belasteten Grundstücks statt Darlehensablösung gegen Vorfälligkeitsentschädigung); Knops, in: Knops/Bamberger/Maier-Reimer, §  11 B m.w.Nachw. 1033   Jacobi, ZIP 2006, 2351 (2353). 1034   Weber, NJW 1976, 1601 (1605). 1035   Für einen Paradigmenwechsel Faust, in: Bamberger/Roth, §  449 Rdnr.  8 , der davon ausgeht, dass der Eigentumsvorbehalt in erster Linie dem Schutz des Käufers diene. Dagegen kritisch: Beckmann, in: FS Käfer, S.  19; Fritsche/Würdinger, NJW 2007, 1037 m.w.Nachw.

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Bei einer Weiterveräußerung durch den Vorbehaltskäufer tritt anstelle des Eigentumsvorbehalts die künftige Forderung gegenüber dem Abnehmer (§  398 BGB). Der Verkäufer ermächtigt den Käufer zu einer solchen Weiterveräußerung der Ware im ordnungsgemäßen oder normalen Geschäftsgang (§  185 Abs.  1 BGB). Zudem darf der Käufer die Kaufpreisforderung gegenüber dem Abnehmer im eigenen Namen einziehen (§  185 Abs.  1 BGB analog).1036 (2)  Judikatur Der BGH hat im Jahre 19751037 zu Recht eine Anfechtbarkeit der Vorausabtretung der künftigen Forderungen verneint, wenn und soweit die Vorausabtretung sich auf die mit der Vorbehaltsware erlangte Forderung beschränkt. Die abgetretene künftige Forderung tritt aufgrund der Parteivereinbarung an die Stelle des Eigentumsvorbehalts. Die Forderung ist zwar nicht rechtlich, aber doch „vermögensmäßig“ als Surrogat der Ware anzusehen.1038 An die Stelle des Eigentumsvorbehalts ist die abgetretene Forderung als Ersatzsicherheit getreten.1039 Die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Ware gehört nicht zum Vermögen des Insolvenzschuldners, sie wird gegen die Forderung ausgewechselt, die mit dieser Ware erlangt wurde.1040 Der Vorbehaltskäufer hätte ohne die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Ware die Forderung für diese Ware nicht erwerben können. Gegen eine Anfechtbarkeit einer Vorausabtretung im Zuge eines verlängerten Eigentumsvorbehalts werden auch wirtschaftliche Gesichtspunkte ins Feld geführt: Bei einer möglichen Anfechtung dieser Zession würde der Vorbehaltsverkäufer vielfach beim ersten Anzeichen von wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Vorbehaltskäufers seinen Eigentumsvorbehalt geltend machen und dadurch möglicherweise den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Vorbehaltskäufers herbeiführen.1041 Unter Beachtung der Neufassung der Auslegungsregel des §  449 Abs.  2 BGB ist dabei freilich zu berücksichtigen, dass der Vorbehaltsverkäufer einen Herausgabeanspruch nach §  985 BGB nur dann hat, wenn das Besitzrecht des Vorbehaltskäufers aus dem Kaufvertrag durch Rücktritt erloschen ist (§  346 Abs.  1 BGB). Der Rücktrittsgrund ergibt sich grundsätzlich aus §§  323 ff. BGB.

1036   Zu den insolvenzrechtlichen Risiken und Nebenwirkungen außerhalb des Insolvenzanfechtungsrechts: Gottwald, in: FS G. Fischer, S.  183, der von einer „Ersatz“-Sicherheit im negativen Sinn des Wortes spricht. 1037   BGHZ 64, 312 = NJW 1975, 1226; bestätigt: BGH NJW-RR 2000, 1154 (1156). 1038   So Flume, NJW 1950, 841 (842). Offen gelassen BGH NJW 1975, 1226 (1227). 1039   Gottwald, in: FS G. Fischer, S.  183. 1040   BGH NJW 1975, 1226 (1227). 1041   BGH NJW 1975, 1226 (1227).

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(3)  Stellungnahme und Entwicklung allgemeiner Kriterien für einen Sicherheitentausch Der BGH hat mit dieser Entscheidung keine allgemeinen Voraussetzungen für einen Sicherheitentausch, der die Gläubigerbenachteiligung ausschließt, aufgestellt, sondern eine interessengerechte Lösung im Einzelfall vorgenommen. Eine Abstraktion ist aber erforderlich, um eine taugliche Subsumtionsgrundlage für andere Fälle des Sicherheitentauschs zu gewinnen und damit einen Zugewinn an Rechtssicherheit zu erreichen. Nur so lässt sich die Gefahr von Wertungswidersprüchen bannen und die Voraussehbarkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung erhöhen. (a)  Terminologisches Zunächst soll die Terminologie erweitert werden: Die ursprüngliche Sicherheit, die ersetzt wird, lautet im Folgenden „Primärsicherheit“. Die Sicherheit, die deren Stelle einnimmt, wird „Sekundär- oder Surrogatsicherheit“1042 genannt. (b)  Zeitliches Kriterium: keine Sicherheitenlücke Auch wenn es der BGH nicht expressis verbis in diesem Judikat zum verlängerten Eigentumsvorbehalt aus dem Jahre 1975 herausgestellt hat, so muss in zeitlicher Hinsicht folgendes Kriterium gelten: Es muss eine lückenlose Sicherheitenkette bestehen, die nicht erst durch ein dazwischen tretendes Ereignis herbeigeführt wird.1043 Eine Sicherheitenlücke würde hingegen eintreten, wenn die Primärsicherheit erlöschen und die Surrogatsicherheit erst zeitlich danach entstehen würde. Der Austausch der Sicherheiten muss entweder uno actu geschehen oder die Sekundärsicherheit muss neben die Primärsicherheit treten und diese ablösen. Diese zeitliche Komponente ist bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfüllt. Mit der wirksamen Übereignung an den Abnehmer erlischt der Eigentumsvorbehalt. An die Stelle dieser Mobiliarsicherheit tritt die Kaufpreisforderung des Vorbehaltskäufers gegenüber dem Abnehmer (§  433 Abs.  2 BGB), die nach §  398 BGB aufgrund einer Vorauszession auf den Vorbehaltsverkäufer übergeht. Anders gesagt: Es kommt innerhalb des Sicherheitenwechsels zu keiner zwischenzeitlichen „Sicherheitenentkleidung“. Ein Verzicht auf diese lückenlose Abfolge von Primär- und Sekundärsicherheit wäre dogmatisch betrachtet ein Votum für eine wirtschaftliche Gesamt­ betrachtung. Dafür lässt sich – wie ausgeführt – keine gesetzliche Grundlage finden. Im Gegenteil: Die Wertung des §  142 InsO steht einer solchen Sicht entgegen. Dies konnte bei der Fallgruppe der Tilgung einer Forderung mit Darle  Gottwald, in: FS G. Fischer, S.  183: „Ersatzsicherheit“.   Dies ist – wie oben bereits konstatiert – beim Forderungsaustausch bei einer Globalzession gerade nicht der Fall. 1042 1043

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hensmitteln herausgearbeitet werden. Die als „wirtschaftliche Gesamtbetrachtung“ titulierte Auffassung war abzulehnen.1044 Ein Positionswechsel wäre an dieser Stelle ein Widerspruch zu den vorangegangen Ausführungen und eine dogmatische Inkonsistenz. (c)  Inhaltliches Kriterium Zudem sind Primär- und Surrogatsicherheit miteinander zu vergleichen. Der Zeitpunkt des Austausches der Sicherheiten ist anzuvisieren. Die Surrogatsicherheit kann nur an die Stelle der Primärsicherheit treten, wenn die Primärsicherheit wirksam und unanfechtbar erlangt wurde. Somit ist inzident zu prüfen, ob die Primärsicherheit insolvenzbeständig gewesen war (Insolvenzfestigkeit der Primärsicherheit). Die Primärsicherheit muss jedenfalls gegenüber der Surrogatsicherheit wirtschaftlich gleichwertig sein. Der BGH hat dieses Kriterium nicht ausdrücklich zugrunde gelegt. Gewiss: Im Falle des verlängerten Eigentumsvorbehalts ist diese Voraussetzung unproblematisch erfüllt. Diese Konstellation verdeckt das Erfordernis dieses inhaltlichen Kriteriums für einen Sicherheitentausch. (d)  Personelles Kriterium: Personenidentität der Sicherungsgläubiger In personeller Hinsicht muss der Sicherungsgläubiger bei Primär- und Sekundärsicherheit identisch sein. Es reicht nicht aus, wenn die Sicherungsgläubiger wirtschaftlich verflochten sind oder über schuldrechtliche Abreden eine Einigung über die gemeinsame Sicherheitenverwertung getroffen haben. Diese drei Kriterien (zeitliche, inhaltliche und personelle Komponente), die anhand des Ausgangsfalls des verlängerten Eigentumsvorbehalts entwickelt wurden, sind nun für die Fallgruppen des Sicherheitentauschs bei Kontokorrentverrechnungen nutzbar zu machen. bb)  Verpfändete Gutschrift als Surrogatsicherheit für eine globalzedierte Forderung (1)  Der Fall Bei dieser Konstellation tritt der spätere Insolvenzschuldner einer Bank zur Sicherheit alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen wirksam ab (sog. Globalzession). Die Bank wird so Neugläubigerin der in casu maßgebenden Forderung gegenüber dem Drittschuldner, dem diese Zession nicht angezeigt wird. Diese stille Zession hat gegenüber einer Verpfändung einer Forderung den Vorteil, dass zu ihrer Wirksamkeit eine Anzeige an den Schuldner gerade nicht erforderlich ist (§  1280 BGB). Eine Anfechtbarkeit dieser Abtretung besteht nicht. Der Drittschuldner tilgt die Forderung durch Überweisung auf das Konto des Insolvenzschuldners, das dieser bei der besagten Bank unterhält.   Siehe oben §  4 II.1.

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Der BGH hat mit Urteil vom 1.  10. 20021045 einen Sicherheitentausch angenommen und aus diesem Grund eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO verneint. Der Fall lag so: Der Kl. ist Verwalter in dem am 30.  11. 1993 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der J-GmbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin). Diese hatte in Geschäftsbeziehung mit der M-Bank gestanden, der sie sicherungshalber alle ihre gegenwärtigen und künftigen Forderungen abgetreten hatte. Im September 1993 sagte die Bekl. der Gemeinschuldnerin einen Kontokorrentkredit von 700.000 DM zu, der unter anderem durch eine Ausfallbürgschaft der S-GmbH, der Alleingesellschafterin und Hauptabnehmerin der Gemeinschuldnerin, gesichert wurde. Ferner wurden gemäß Vertragsurkunde vom 8.  10. 1993 die bestehenden und künftigen Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die S-GmbH sicherungshalber an die Bekl. abgetreten. Mit Schreiben vom 25.  10. 1993 kündigte die S-GmbH ihre Ausfallbürgschaft. Daraufhin teilte die Bekl. der Gemeinschuldnerin durch Schreiben vom 27.  10. 1993 auszugsweise mit: „Da durch diese Bürgschaftskündigung die wesentliche Grundlage für unsere Kreditbereitschaft entfallen ist, setzen wir hiermit die mit Schreiben vom 20.  9. 1993 bestätigte Kreditlinie mit sofortiger Wirkung aus. Verfügungen werden wir nicht mehr zulassen, Eingänge werden zur Saldenreduzierung verwandt. Der derzeitige Schuldsaldo beläuft sich auf 489.443,62 DM. .  .  . Wir bitten Sie, den Schuldsaldo bis zum 12.  11. 1993 auszugleichen. Sollten wir den Kontoausgleich nicht bis zum angegebenen Zeitpunkt feststellen können, werden wir den Kredit fristlos kündigen und zur sofortigen Rückzahlung fällig stellen sowie die uns gestellten Sicherheiten verwerten. .  .  .“ In der Folgezeit gingen noch mehrere Zahlungen auf dem bei der Bekl. geführten Konto für die Gemeinschuldnerin ein, vor allem aufgrund von Schecks, welche die SGmbH einreichte. Die Bekl. ließ andererseits noch zahlreiche Überweisungen von diesem Konto zu, nachdem die S-GmbH für jede einzelne bestätigt hatte, diese unter ihre „Bürgschaftsdeckung“ zu nehmen. Am 5.  11. 1993 beantragte die Gemeinschuldnerin die Eröffnung des Konkursverfahrens. Der Kl. verlangte von der Bekl. die Zahlung von 615.483,41 DM wegen aller Eingänge in der Zeit seit 28.  10. 1993.

Die Bank war ursprünglich nach §§  51 Nr.  1, 50 Abs.  1 InsO zur abgesonderten Befriedigung aus den globalzedierten Forderungen berechtigt. Mit der Zahlung des Drittschuldners erlosch die Forderung nach §§  362 Abs.  1, 407 Abs. 1 BGB1046 , so dass die Bank die abgetretene Forderung als Sicherheit verlor. An deren Stelle entstand aber eine andere Sicherheit zugunsten der Bank, nämlich ein Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken am Anspruch des Girokontoinhabers und späteren Insolvenzschuldners auf und dann aus der Gutschrift des überwiesenen Betrages. Der BGH erblickt darin einen Austausch einer in-

  BGH NZI 2003, 34 (35). Dieses Urteil erging noch zur Konkursordnung. Zur InsO: BGH NZI 2008, 302; BGH NZI 2008, 539. 1046   Die Wirkung der unter §  407 BGB fallenden Handlungen gegenüber dem Zessionar hängt vom Willen des Schuldners ab; er hat ein Wahlrecht, ob er von dem ihm eingeräumten Schutz Gebrauch machen will. Er kann den Zedenten als Gläubiger behandeln, muss es aber nicht. BGHZ 52, 150 (153) = NJW 1969, 1479; BGHZ 102, 68 (71) = NJW-RR 1988, 492; Staudinger/Busche, §  407 Rdnr.  8. 1045

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solvenzbeständigen Sicherheit gegen eine andere, der die Gläubiger nicht i. S. des §  129 InsO benachteiligt.1047 (2)  Stellungnahme Diese Judikatur verdient Zustimmung. Die Primärsicherheit ist mit der Zahlung des Drittschuldners erloschen. Ein derartiger Sicherheitenverlust ist das typische Risiko des Neugläubigers bei stillen Zessionen. Es ist daher in solchen Fällen grundsätzlich von einer Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO auszugehen. Eine Ausnahme kann sich aber bei einem Sicherheitentausch ergeben. Dieser setzt in zeitlicher Hinsicht voraus, dass keine Sicherheitenlücke entsteht. In casu kam es uno actu zu einem Sicherheitenwechsel. An die Stelle der Globalzession trat das AGB-Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken. Dabei wechselten übrigens auch die Forderungen: An die Stelle der untergegangen globalzedierten Forderung trat ein Anspruch des Schuldners gegen die Bank auf Gutschrift des überwiesenen Betrages. In inhaltlicher Hinsicht müssen Primär- und Sekundärsicherheit wirtschaftlich gleichwertig sein. Bei beiden Sicherungsmitteln handelt es sich in der Insolvenz um ein Absonderungsrecht (§§  50 Abs.  1, 51 Nr.  1 InsO). Von einer Gleichwertigkeit ist auszugehen. Die Primärsicherheit war zudem insolvenzbeständig. In personeller Hinsicht ist die Bank hinsichtlich der Primär-, und der Sekundärsicherheit Gläubigerin. cc)  Besonderheiten bei Sicherheitenpoolverträgen (1)  „Der Poolfall“ Mit Urteil vom 2.  6. 20051048 hatte der IX. Zivilsenat zu entscheiden, ob ein unschädlicher Sicherheitentausch auch dann anzunehmen ist, wenn Inhaber der Forderung eine Poolführerin ist, die die Sicherheiten treuhänderisch u. a. auch für die Bank verwaltete, die die Gutschrift des Drittschuldners in das Kontokorrent einstellte und das debitorische Konto des Insolvenzschuldners damit in der wirtschaftlichen Krise abbaute. Der Fall lag so: Der Kl. ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E-GmbH & Co. KG (fortan: (Insolvenz)schuldnerin). Die Beklagte hatte der Schuldnerin einen Kontokorrentkredit eingeräumt. Sie war an einem Sicherheitenpool beteiligt, dessen Grundlage ein im Jahr 1994 geschlossener „Sicherheitenpoolvertrag“ (fortan: Poolvertrag) war. Diesen Vertrag hatte neben den beteiligten Banken auch die Schuldnerin unterzeichnet. Poolführerin war die D-AG. Diese hatte die in den Poolvertrag einbezogenen, ihr übertragenen Sicherheiten zugleich treuhänderisch für die übrigen Banken zu verwalten. Zu diesen Sicherheiten gehörte insbesondere die Sicherungszession gegenwärtiger und zu  BGH NZI 2003, 34 (35); BGH NZI 2008, 302; BGH NZI 2008, 539.   BGH NZI 2005, 622; dazu Leithaus, NZI 2005, 592; Leiner, ZInsO 2006, 460; Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191; Obermüller, Rdnr.  6 .238. 1047

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künftiger Forderungen der Schuldnerin aus Lieferung und Leistung zu Gunsten der D-AG. Am 6.  9. 1999 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Ebenfalls am 6.  9. 1999 kündigte die Beklagte deshalb den Kontokorrentkredit und stellte ihn zur sofortigen Rückzahlung fällig. Am 7.  9. 1999 ging ein Betrag von 31.432,52 DM auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin bei der Beklagten ein, den die (Dritt-) Schuldnerin einer an die D-AG zur Sicherheit abgetretenen Forderung überwiesen hatte. Die Sicherungsabtretung war bis zu diesem Zeitpunkt nicht offen gelegt worden. Die Beklagte schrieb den Betrag dem im Soll stehenden Kontokorrentkonto der Schuldnerin gut.

(2)  Propria eines Sicherheitenpoolvertrags Eine Legaldefinition für den Terminus „Pool“, der seine Wurzeln in der angloamerikanischen Rechtssprache hat1049, fand sich weder in der Konkursordnung bzw. Vergleichsordnung noch existiert diese Begrifflichkeit in der Insolvenzordnung. Der Oberbegriff Pool umfasst eine breite Palette von Konstellationen und ist einer präzisen Definition nicht zugänglich.1050 In nuce geht es um eine vorübergehende vertragliche Vereinigung von Personen oder Unternehmen, bei der die Beteiligten den Zweck verfolgen, ihre gleichartigen Rechtspositionen in gemeinschaftlich koordinierter Weise wahrzunehmen und durchzusetzen, um einen Vorteil gegenüber einer individuellen Vorgehensweise zu erlangen.1051 Von einem Sicherheitenpool oder Sicherungspool spricht man, wenn mehrere Gläubiger die Aussonderung und Absonderung ihrer Mobiliarsicherheiten gemeinsam wahrnehmen.1052 Mit diesem Terminus werden unterschiedliche Konstellationen erfasst.1053 Bilden ausschließlich Geldkreditgeber diesen Pool, so handelt es sich um einen Bankenpool. Der Zusammenschluss von Warenkreditgebern wird als Lieferantenpool bezeichnet. Bei einer Beteiligung von Banken und Lieferanten spricht man von einem gemischten Pool. In casu ging es um einen Bankenpool, dem ein Banken-Sicherheiten-Poolvertrag1054 zugrunde lag. In Judikatur1055 und Schrifttum1056 besteht Einigkeit, dass es sich bei einem Sicherheitenpool grundsätzlich1057 um eine BGB-Gesellschaft nach §§  705 ff. BGB und nicht um eine bloße Gemeinschaft i. S. der §§  741 ff. BGB handelt. Der gemeinsam verfolgte Zweck besteht in der Durchsetzung und – soweit rechtlich   U.Gottwald, in Knops/Bamberger/Maier-Reimer, §  11 C Rdnrn.  1 ff.   Dazu May, S.  13, der ausführt, dass sich dieser Begriff in der Praxis durchgesetzt hat, so dass durch eine neue Wortschöpfung nicht unnötige Verwirrung gestiftet werden sollte. 1051   Martinek, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  97 Rdnr.  1. 1052   Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnr.  2. 1053   Dazu Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnrn.  2 ff. 1054   Musterverträge bei Obermüller, Rdnr.  6 .192; Berner, S.  152 ff., die die Modelle Sicherheitenübertragung einerseits und Bevollmächtigung des Poolverwalters andererseits trennt. 1055   BGH ZIP 1988, 1534 (1537); BGH WM 1998, 1784; BGH NJW 1991, 2629. 1056   Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  52 Rdnr.  2; MünchKomm-InsO/Ganter, §  47 Rdnr.  191; Heinsius, in: FS Henckel, S.  385 (398); Bohlen, S.  10 f.; Burgermeister, S.  13 ff.; Berner, S.  17 ff. m.w.Nachw. 1057   Zu denkbaren Fällen einer Gemeinschaft: Burgermeister, S.  14. Solche Konstellationen sind in praxi kaum vorstellbar. Zu Recht kritisch: Berner, S.  19. 1049

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möglich – Verwertung der vom Insolvenzschuldner eingeräumten Sicherheiten. Der Poolvertrag ist nicht wegen Umgehung insolvenzspezifischer Regelungen unwirksam.1058 Mit der Poolbildung wollen Banken die Effizienz in der Durchsetzung von Sicherheiten steigern. Die Banken können sich von Anfang an bei Ausreichen eines Großkredits an einen Kunden zu einem Pool zusammenschließen, um so ihr Ausfallrisiko zu minimieren. Nicht selten werden Pools in der Krise des Insolvenzschuldners gebildet und die einzeln bestellten Sicherheiten zur gemeinsamen Verwaltung, insbesondere zur Kontrolle, Durchsetzung und Verwertung eingebracht. Zu unterscheiden sind zwei grundlegende Modelle1059: Zum einen ist es möglich, die Sicherheiten nicht nur in die BGB-Gesellschaft einzubringen, sondern auf eine beteiligte Bank, die Poolführerin zu übertragen. Diese übernimmt dann treuhänderisch die Verwaltung und Verwertung dieser Sicherheiten. Zum anderen kann der Poolverwalter auch nur bevollmächtigt werden, die Sicherungsrechte zu realisieren. In casu geht es um die erste Variante, eine klassische Konstellation des Treuhandrechts:1060 Der Poolführerin wird als Treuhänderin das Vollrecht an dem Treugut seitens des Darlehensnehmers (und späteren Insolvenzschuldners) als Treugeber eingeräumt (fiduziarische Treuhand); sie wird Eigentümerin der sicherungsübereigneten Sachen und Inhaberin der sicherungszedierten Forderungen. Die treuhänderische Übertragung dient der Kreditsicherung (Sicherungstreuhand). Die Poolführerin muss zudem die Interessen der übrigen Kreditgeber (Poolbanken) wahren, die nicht im Gleichlauf zu denen des Darlehensnehmers liegen. In diesem Verhältnis liegt eine Verwaltungstreuhand vor. Damit handelt es sich um eine Doppeltreuhand.1061 Im Ausgangsfall geht es um die Rechte einer Poolbank in der Insolvenz des Darlehensnehmers und damit des Treugebers.1062 (3)  Kein Sicherheitentausch Die erarbeiteten Kriterien für einen Sicherheitentausch ergeben eine eindeutige Subsumtion im Poolfall.1063 Die Poolführerin war Inhaberin der globalzedierten Forderung, die mit der Zahlung des Drittschuldners erloschen ist (§§  362 Abs.  1, 407 Abs.  1 BGB). Die Poolbank hatte keine dingliche Berechtigung an dieser 1058   BGH ZIP 1988, 1534 (1537). Zu den sachen- und prozessrechtlichen Problemfeldern sowie den insolvenzanfechtungsrechtlichen Fragestellungen: Martinek, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  97 Rdnrn.  24 ff. m.w.Nachw. 1059   Dazu Berner, S.  18 f. 1060   Zur Faszination und Rätselhaftigkeit der Treuhand Bitter, S.  2 ff.; ders., in: FS Ganter, S.  101. 1061   Bitter, in: FS Ganter, S.  101 (103); Undritz/Hirschberger, S.  63 (64). 1062   Zur Problematik der Insolvenz des Treuhänders ausführlich Löhnig, S.  46 ff. 1063   So auch Leithaus, NZI 2005, 592 (593); Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (193); anders Steinwachs, NJW 2008, 2231.

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Forderung, so dass es zu keinem Sicherheitenwechsel bei bestehender Personen­ identität des Sicherungsgläubigers von Primär- und Sekundärsicherheit kam. Es liegt kein Fall eines Sicherheitentauschs vor, der die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO entfallen lässt.1064 Nach Undritz/Hirschberger ist eine Gläubigerbenachteiligung zu verneinen, wenn ein insolvenzfestes fremdnütziges Absonderungsrecht der Poolführerin vorliegt.1065 Es handele sich um eine Wertungsfrage, die genauso gut anders entschieden werden könne. Es wäre widersprüchlich, der Poolführerin ein fremdnütziges Absonderungsrecht zuzubilligen und gleichzeitig die daraus resultierenden Zahlungen an die Poolmitglieder im Anfechtungswege in die Insolvenzmasse zurückzuholen.1066 Steinwachs plädiert ebenfalls für eine Kehrtwende in der Judikatur: Zur Beseitigung von Wertungswidersprüchen sollte der BGH seine Rechtsprechung zur nicht insolvenzfesten Verrechnung von Zahlungseingängen im Pool aufgeben, um das Spannungsverhältnis zwischen den Sanierungslasten und Sanierungsgewinnen nicht einseitig auf die Kreditinstitute zu verlagern.1067 Diese Auffassungen speisen sich aus einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung. Die klaren Konturen für einen Sicherheitentausch werden aufgeweicht, so dass eine große Rechtsunsicherheit mit unüberblickbaren Fernwirkungen die unvermeidbare Folge wäre. Die behauptete Widersprüchlichkeit liegt indes nicht vor: Eine globalzedierte Forderung ist als Sicherheit nur bis zu ihrem Erlöschen existent. Das Untergehen der Forderung durch Leistung an den Altgläubiger nach §§  362 Abs.  1, 407 Abs.  1 BGB ist das bewusste Risiko, das der Zessionar bei einer stillen Zession eingeht. Die schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Poolführerin und Poolbanken1068 , lassen sich in einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht mit einbeziehen. Sie können die fehlende dingliche Berechtigung der Poolbank nicht ersetzen. Die „Poolrechtsprechung“ ist mittlerweile gefestigt. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 bestätigte der IX. Zivilsenat diese Judikatur und stellte klar, dass damit nicht ein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt wurde, dass aus einer treuhänderischen Verwaltung eines Sicherungsrechts wie der Globalzession kein eigenes Recht auf abgesonderte Befriedigung hergeleitet werden könne.1069 Die Poolführerin hat vielmehr ein Absonderungsrecht nach §  51 Nr.  1 InsO. 1064   Eine solche Lösung ist „dogmatisch stringent“. Dazu Ganter, WM 2006, 1081 (1087) m.w.Nachw. und der Erkenntnis, dass man aus einem Pool nicht mehr herausholen könne, als man in ihn eingebracht hat. 1065   Undritz/Hirschberger, S.  63 (69). 1066   Undritz/Hirschberger, S.  68 (69). 1067   Steinwachs, NJW 2008, 2231 (2233). 1068   Die zedierte Forderung dient auch der kontoführenden Bank aufgrund der Zweckvereinbarung des Poolvertrags als Sicherheit. Diese Erweiterung des Sicherungszwecks räumt den anderen Poolbanken keine dingliche Mitberechtigung ein. 1069   Die Besonderheit des im Jahre 2005 entschiedenen Falls lag darin, dass die zur Sicher-

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(4)  Kautelarjuristische Folgerungen Ein Sicherheitentausch scheitert – wie gesehen – an der fehlenden personellen Identität des Sicherungsnehmers bei Primär- und Sekundärsicherheit. Daher ist zu überlegen, ob diese Identität nicht im Wege der Vertraggestaltung erzielt und so das aufgezeigte Risiko einer treuhänderischen Verwaltung vermieden werden kann. Die beteiligten Banken gewähren dem Schuldner durch die Poolung nicht selten eine Sanierungschance, so dass die Suche nach einer insolvenzfesten Lösung geboten erscheint.1070 Das wirtschaftliches Ergebnis steht fest: Es geht darum, den möglichen Sicherheitentausch auch bei einer Poolung zu erhalten. Die passende rechtliche Konstruktion hierfür zu finden, erweist sich aber als außerordentlich schwierig. Als letzter Ausweg bleibt jedenfalls die zeitnahe Offenlegung der Zession unmittelbar nach Insolvenzeröffnung. Dadurch wird verhindert, dass der Drittschuldner befreiend an den Schuldner leisten kann (§  407 BGB) und die Primärsicherheit erlischt.1071 (a)  Gesamtgläubigerschaft Durch die Begründung einer Gesamtgläubigerschaft ließe sich am Einfachsten eine dingliche Berechtigung aller Poolbanken erreichen und die Grundlage für einen Sicherheitentausch schaffen.1072 Jede Poolbank könnte die gesamte Leistung an sich verlangen (§  428 BGB) und hätte damit ein Absonderungsrecht i. S. des §  51 Nr.  1 InsO an den sicherungshalber abgetretenen Forderungen. Diese Vertragsgestaltung ist aber nur unter Einbeziehung des Drittschuldners möglich1073 und daher wenig praktikabel.1074 Ohne die Zustimmung des (Dritt-) Schuldners gleicht eine solche Bestimmung einem unzulässigen Vertrag zulasten Dritter.1075 Dies liegt darin begründet, dass der Schuldner bei mehreren Gläubigern dem Risiko von Mehrfachprozessen und damit einem erhöhten Kostenrisiko ausgesetzt ist.1076 Jeder einzelne Gläubiger ist aktivlegitimiert. Auch das Obsiegen in einem Prozess schützt den Schuldner nicht vor weiteren Klagen anderer Poolbanken.1077 heit abgetretene Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner mit dessen Zahlung erloschen war. So ausdrücklich BGH NZI 2008, 304 (306) = WuB VI A §  91 InsO 1.08 Servatius; dazu auch Steinwachs, NJW 2008, 2231; P.Fischer, ZInsO 2008, 477. 1070   Leithaus, NZI 2005, 592 (593). 1071   Ganter, WM 2006, 1081 (1088). 1072   Leithaus, NZI 2005, 592 (593); dagegen zu Recht kritisch Leiner, ZInsO 2006 460 (462); Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (195). 1073   BGHZ 64, 67 = NJW 1975, 969 (970). 1074   Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (195 f.) mit weiterführenden Hinweisen, wenn man diesen Weg dennoch beschreiten möchte. 1075   Leiner, ZInsO 2006 460 (462). 1076   BGHZ 64, 67 = NJW 1975, 969 (970): „Das Obsiegen gegenüber einem der beiden Gläubiger würde ihn vor der Inanspruchnahme durch den anderen nicht schützen.“ 1077   Insbesondere gibt es keine Rechtskrafterstreckung. Dazu Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (195).

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(b)  Verpfändungslösung Ebenso ist auch eine Verpfändung zugunsten aller Poolbanken unpraktikabel1078 und keine echte Alternative1079, da nach §  1280 BGB eine Anzeige an alle Drittschuldner erforderlich ist. Eine solche Offenlegung will der Sicherungsgeber aber gerade vermeiden.1080 (c)  Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen In Betracht kommt ferner die Bildung einer Bruchteils-Gläubigerschaft (Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen, §§  741 ff. BGB). Bei einer solchen steht eine ungeteilte Forderung1081 mehreren zu ideellen Bruchteilen zu.1082 Eine solche Konstruktion ist mit dem Nachteil verbunden, dass der Drittschuldner nur an alle Gläubiger gemeinsam leisten kann (§  432 Abs.  1 S.  1 BGB).1083 Der Kernpunkt, weshalb dieses Modell jedoch gänzlich untauglich ist, liegt darin, dass jeder Poolbank nur ein ideeller Anteil an den einzelnen Forderungen zusteht. Damit kann die Poolbank aber keine gleichwertige Primärsicherheit für den anzuvisierenden Sicherheitentausch generieren.1084 Anders gewendet: Es mag zwar das personelle Kriterium für einen Sicherheitentausch erreicht werden (Identität von Primär- und Sekundärsicherheitennehmer), nicht jedoch das inhaltliche, nämlich die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Sekundärsicherheit gegenüber der Primärsicherheit. (d)  Sicherheiten-GbR Gemeinschaftliche Forderungen sind in praxi viel häufiger Gesamthandsforderungen.1085 Die Sicherheiten könnten zugunsten einer GbR (§§  705 ff. BGB) – bestehend aus den einzelnen Poolbanken – bestellt werden (Sicherheiten-GbR). Doch auch eine derartige Abtretung der Forderungen an alle Poolbanken in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit ist wenig hilfreich. Sofern die GbR nicht auch das Konto unterhält, auf das der Drittschuldner zahlt, wird dadurch keine personelle Identität von Primär- und Sekundärsicherheitennehmer erreicht.1086   Leiner, ZInsO 2006 460 (462): „in der Praxis nicht darstellbar“.   Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (195). 1080   Leiner, ZInsO 2006 460 (462); Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (271). 1081   Zur Anwendung des §  432 BGB: BGH NJW 1958, 1723; BGH NJW 1969, 839; BGHZ 106, 222 (226) = NJW 1989, 1091 (1092). Eine Geldleistung ist i. S. des §  432 BGB unteilbar, wenn im Innenverhältnis zwischen den Gläubigern eine gemeinsame Empfangszuständigkeit besteht. 1082   MünchKomm-BGB/K.Schmidt, §  741 Rdnr.  42, der deutlich macht, dass diese Gemeinschaften praktisch nicht häufig sind. 1083   Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (272): „höchst unpraktikabel“. 1084   Ähnlich Leiner, ZInsO 2006, 460 (462); Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (196); Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (272). 1085   MünchKomm-BGB/K.Schmidt, §  741 Rdnr.  42. 1086   Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (196 f.); Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (272), der von 1078

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(e)  Zahlstellenklausel Eine andere Möglichkeit ist die Vereinbarung einer Zahlstellenklausel: Im Poolvertrag könnte vereinbart werden, dass der Kreditnehmer die globalzedierte Forderung nur über das Konto bei derjenigen Poolbank einziehen darf, die Zessionarin der Forderung ist (Beschränkung der Einziehungsbefugnis). Damit würde die erstrebte personelle Identität erreicht und ein Sicherheitentausch möglich. Eine solche Klausel kann allerdings mit den Rechten der Vorbehaltslieferanten kollidieren. Sittenwidrig und nach §  138 Abs.  1 BGB nichtig sind nämlich alle Vertragsbestimmungen, die bezwecken oder zumindest darauf hinauslaufen, die Geltendmachung der den Vorbehaltslieferanten zustehenden Rechte zu vereiteln.1087 Dies ist in casu gegeben, wenn durch das Auftreten der Poolbank als bloße Zahlstelle nach außen hin die von der Rechtsprechung an eine Globalabtretung mit Rücksicht auf die schutzwerten Belange der Vorbehaltslieferanten gestellten strengen Anforderungen unterlaufen werden.1088 Auch wenn die Poolbanken legitime Sicherungsinteressen für sich veranschlagen können, so kommt es doch maßgebend darauf an, ob die Rechte der Vorbehaltslieferanten durch die Zahlstellenklausel erschwert werden.1089 Bei einer inneren Verbindung der „Zahlstellenklausel“ zu einer nichtigen „schuldrechtlichen Teilverzichtsklausel“ ist dies – wie die Rechtsprechung zu Recht betont – zu bejahen.1090 Anders ist m. E. aber zu entscheiden, wenn es nicht darum geht, die Rechte der Lieferanten zu beschneiden und die Globalzession auch eine dingliche Teilverzichtsklausel beinhaltet. Der Zahlungsverkehr lässt sich so kanalisieren, dass, Zessionarin und Abwicklerin des Zahlungsverkehrs personenidentisch sind.1091 Fraglich ist aber, ob eine solche Abwicklung im Sinne der beteiligten Poolbanken und des Schuldners1092 ist.1093 Insbesondere ist damit nicht der Fall gelöst, bei dem alle Forderungen an die Poolführerin abgetreten werden, die Poolführerin also Zessionarin ist; der gesamte Zahlungsverkehr müsste vielmehr über die Poolführerin laufen. Das ist aber von den beteiligten Poolbanken und dem Schuldner meistens nicht gewollt.

einem umgekehrten Auseinanderfallen von Sicherungsnehmerposition und Forderungsinhaberschaft spricht. 1087   BGHZ 72, 316 = NJW 1979, 371 (372). 1088   BGHZ 72, 316 = NJW 1979, 371 (372). 1089   Bejahend Leiner, ZInsO 2006 460 (461). 1090   So in BGHZ 72, 316 = NJW 1979, 371 (372). 1091   Ähnlich Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (197 f.) unter Beschränkung der Einziehungsbefugnis, mit Rekurs auf ein Ersatzabsonderungsrecht analog §  48 S.  2 InsO, soweit sich der Kreditnehmer nicht an diese Beschränkung hält. 1092   Gerade wenn es um einen nachträglichen Wechsel der Kontoverbindung geht, ist dies nicht im Sinne des Schuldners. 1093   Zur möglichen Offenlegung der Globalzession Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (197).

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(f)  Aufschiebend bedingte Interbankenzession Als Lösung wird im Schrifttum ferner das Modell der aufschiebend bedingten Interbankenzessionen vorgeschlagen1094: Bei einem zweigliedrigen Sicherheitenpool nimmt die poolführende Bank folgende weitere Sicherungszession vor: sie tritt sämtliche an sie zedierte Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner des Kunden an die andere Poolbank ab. Die Abtretung erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung, dass der jeweilige Drittschuldner auch tatsächlich zum Zwecke der Zahlung auf eine der abgetretenen Forderungen auf ein Konto des Sicherungsgebers bei der anderen Poolbank leistet. Dabei ist für das Ereignis dieser Bedingung nicht auf die Gutschrift, sondern auf den Zahlungseingang, die Deckung abzustellen. Sind mehrere Poolbanken beteiligt, so sind mehrere aufschiebend bedingte Interbankenzessionen vorzunehmen.1095 Bei mehr als zwei Poolbanken ist dieses Modell allerdings rechtlich problematisch. Bei Mehrfachabtretungen künftiger Forderungen gilt das Prioritätsprinzip in der Weise, dass nach dem Rechtsgedanken des §  185 Abs.  2 S.  2 BGB auf die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Einigungen abzustellen ist. Hier erfolgen die Einigungen jedoch zeitgleich (gleichzeitige Mehrfachabtretung). Eine Abtretung an diejenige Poolbank, die den maßgeblichen Zahlungseingang zu verzeichnen hat, scheint daher nicht möglich. Die Besonderheit dieser gleichzeitigen Mehrfachabtretungen liegt aber darin, dass sie jeweils mit ein und derselben aufschiebenden Bedingung kombiniert wird. Die Bedingung tritt nur bei einer Poolbank ein, so dass sich keine Kollision zwischen mehreren Zessionaren ergibt.1096 Aber auch wenn man diese Konstruktion als rechtlich möglich ansieht, so ist sie jedenfalls nicht praktikabel, geht es doch beim Sicherheitenpool darum, dass die Poolführerin sämtliche Sicherheiten verwalten soll; ein Zurücklenken von Forderungen auf die Poolbanken steht nicht in Einklang mit dem Bündelungszweck der Poolung. (g)  Pfandrecht der Poolführerin am Gutschriftenanspruch Eine sinnvolle Lösung muss drei Aspekte vereinen: erstens muss der Zahlungsverkehr über die Poolbanken abgewickelt werden können; zweitens soll die Poolführerin Zessionarin der globalzedierten Forderungen werden; drittens   Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (272 ff.).   Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (273 ff.) mit Formulierungsvorschlag. 1096   Eine andere Frage ist, ob diese Interbankenzession nach §§  129 ff. InsO anfechtbar ist; insbesondere kommt als Anfechtungstatbestand §  133 InsO in Betracht. BGH NJW 1993, 1641. Hinsichtlich des Anfechtungszeitpunkts ist §  140 Abs.  3 InsO zu beachten: der Eintritt der Bedingung bleibt außer Betracht, so dass es auch bei der Interbankenzession auf den Zeitpunkt des Entstehens der zedierten Forderungen ankommt. Zum Anfechtungsrisiko genauer Schönfelder, ZInsO 2009, 270 (273). 1094 1095

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soll trotz dieses Auseinanderfallens von Primär- und Surrogatsicherheit ein Sicherheitentausch möglich sein. Dies ist nur zu erreichen, wenn nicht nur die Primärsicherheit (globalzedierte Forderungen), sondern auch die Surrogatsicherheit (AGB-Pfandrecht) auf die Poolführerin umgelenkt werden kann. Die Poolbank muss also ein Pfandrecht an den Ansprüchen des Kreditnehmers auf Gutschrift erlangen; die Poolführerin erhielte somit ein Absonderungsrecht und damit eine Sekundärsicherheit für die mit der Zahlung erloschene Globalzession.1097 Eine derartige Pfandklausel lässt sich im Poolvertrag vereinbaren. Gewiss tritt die Sekundärsicherheit dann nicht an die Stelle der Primärsicherheit. Vielmehr besteht sie zunächst neben der Globalzession als Sicherheit und ist mit dem Erlöschen der Primärsicherheit die alleinige Sicherheit. Dies reicht aber für einen Sicherheitentausch nach der hier vertretenen Auffassung aus.1098

9.  Verjährungsrechtliche Probleme bei Kontokorrentverrechnungen Wie bereits herausgearbeitet, sind die §§  143 ff. InsO neben §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO nicht anwendbar. Methodisch dringt jedoch die Frage vor, ob einzelne Normen der §§  143 ff. InsO analog eingreifen. §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO inkorporiert das Insolvenzanfechtungsrecht, könnte aber im Rechtsfolgenbereich planwidrige Regelungslücken hinterlassen haben. Vor allem geht es um eine Analogie zu §  146 Abs.  1 InsO sowie zu §  146 Abs.  2 InsO. a)  §  146 Abs.  1 InsO analog §  143 Abs.  1 InsO ist als Anspruch ausgestaltet; ein solcher unterliegt – wie §  194 BGB es ausführt – der Verjährung. Zwischenzeitlich galt eine zweijährige Verjährungsfrist vom Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung an (§  146 Abs.  1 InsO a. F.). Nunmehr verweist §  146 Abs.  1 InsO auf die regelmäßige Verjährung des BGB (§§  195, 199 BGB)1099 und verzahnt insoweit das Insolvenzanfechtungsrecht mit dem allgemeinen Zivilrecht. Hinsichtlich einer Hemmung oder eines Neubeginns der Verjährung gelten §§  203 ff. BGB.1100 Eine große Streitfrage ist,

1097   Zeidler/Wendt, ZBB 2006, 191 (198 ff.), die eine Sicherungsabtretung aller Ansprüche aus der Kontobeziehung mit den Poolmitgliedern an die Poolbank präferieren; Steinwachs, NJW 2008, 2231 (2233). 1098   Ganter, WM 2006, 1081 (1088) schlägt vor, einen externen Treuhänder zu bestimmen, an den sowohl die gesicherten Forderungen als auch die Sicherheiten mit dinglicher Wirkung abgetreten und somit in einer Hand vereinigt werden. 1099   Gesetz vom 9.  2. 2004, BGBl.  I 3210 (mit Wirkung ab 15.  12. 2004). 1100   Zum Analogieproblem hinsichtlich der Hemmungs- und Unterbrechungsvorschriften des Verjährungsrechts aufgrund des Ausschlussfristcharakters nach der KO: Eckardt, S.  158 ff.

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ob die Verjährungsfrist des §  146 Abs.  1 InsO auch beim Aufrechnungsverbot des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zu berücksichtigen ist. In einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 20061101 hatte ein Gläubiger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen eine Frachtlohnforderung des Insolvenzschuldners aufgerechnet. Der Insolvenzverwalter klagte die Hauptforderung ein, nachdem die einjährige Verjährungsfrist (§  439 Abs.  1 S.  1 HGB) abgelaufen war, nicht jedoch die Frist des §  146 Abs.  1 InsO.1102 aa)  Meinungsspektrum (1)  Allgemeines Verjährungsrecht Nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist die Aufrechnungserklärung ipso iure (insolvenzrechtlich) unwirksam. Haupt- und Gegenforderung stehen sich dann so gegenüber, wie wenn eine Aufrechnung nicht erklärt worden wäre. Daraus ergibt sich, dass die Hauptforderung nach der für sie geltenden Frist verjährt (Fortbestand der für die Hauptforderung allgemein geltenden Verjährungsregeln).1103 Fraglich ist, ob dieses Ergebnis durch eine analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO zu korrigieren ist. Dies kann entscheidend sein1104 , wenn die Hauptforderung einer kurzen Verjährung unterliegt und der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung zu lange mit der Durchsetzung der Forderung des Schuldners wartet. (2)  Insolvenzrechtliche Lösung: §  146 Abs.  1 InsO (analog) Nach Ries1105 klagt der Insolvenzverwalter nicht die ursprüngliche Hauptforderung ein, sondern allenfalls „ein künstliches Surrogat“. Die Hauptforderung sei mit wirksamer Aufrechnung erloschen. Das Gesetz „fingiere“ bei §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zugunsten der Gemeinschaft der Gläubiger die Forderung.1106 Es werde ein ausschließlich anfechtungsrechtlich begründeter Anspruch erhoben. Die Anfechtbarkeit der Aufrechnung wirke im Sinne einer Novation.1107 Dabei 1101   BGHZ 169, 158 = NZI 2007, 31; bestätigt in einem Fall der Kontokorrentverrechnung: BGH NZI 2008, 547 (549); anders OLG Düsseldorf NZI 2006, 39; LG Düsseldorf, Urt. v. 26.  10. 2004 – 6 O 46/04, unveröff. 1102   In casu galt noch §  146 Abs.  1 InsO a. F. (zwei Jahre ab Insolvenzeröffnung). Dazu sowie zu den Übergangsvorschriften Kirchhof, WM 2002, 2037; Huber, ZInsO 2005, 190; Eckardt, S.  371 ff. 1103   OLG Düsseldorf NZI 2006, 39 (40): „rechtdogmatisch zwingend“; MünchKommInsO/Kirchhof, §  143 Rdnr.  52; Kirchhof, WM 2002, 2037 (2039); Heublein, ZIP 2000, 161 (164); Jacoby, KTS 2007, 229 (232 f.); ders., in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, §  146 Rdnr.  21. 1104   Henkel, NZI 2007, 84 (91): „von erheblicher praktischer Bedeutung“. 1105   Ries, ZInsO 2005, 848 (849). 1106   Ries, ZInsO 2005, 848 (849), der weiter ausführt, allein Erstere sei das Original, Letztere hingegen nur ein Faksimile (als Folge der Anfechtbarkeit). 1107   Ries, ZInsO 2005, 848 (849): „Die Anfechtbarkeit noviert.“

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sei unerheblich, welchen Ursprung Haupt- oder Gegenforderung zunächst besaßen, ob die Grundlage gesetzlicher oder vertraglicher Natur oder was sonst für den jeweiligen Anspruch bezeichnend war. Die Rechtsprechung1108 wendet – im Anschluss an Kreft1109 - zu Gunsten des Insolvenzverwalters §  146 Abs.  1 InsO analog an und unterstellt damit die Verjährung der insolvenzanfechtungsrechtlichen Frist. Zur Begründung verweist der IX. Zivilsenat auf die rein insolvenzrechtliche Wirkung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO: Die Verjährung des Anspruchs laufe nicht weiter; §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ordne den Fortbestand der Hauptforderung an, nicht aber denjenigen der Verjährung.1110 Die analoge Anwendung des §  146 InsO entspreche dem Sinn und Zweck der Neuregelung: §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO bezwecke gegenüber dem bisherigen Recht eine Stärkung der Insolvenzmasse.1111 Im entschiedenen Fall wäre die Hauptforderung verjährt gewesen, wenn die einjährige Verjährungsfrist nach §  439 HGB zum Zuge gekommen wäre. Damit würde die ausdrücklich angeordnete Durchsetzbarkeit der Hauptforderung unterlaufen. Gegebenenfalls fiele die Insolvenzmasse infolge der Unzulässigkeit der Aufrechnung noch hinter den Zustand vor Verfahrenseröffnung zurück, d. h. der Anspruch des Insolvenzschuldners könnte infolge einer Verjährung nicht durchgesetzt werden, und eine ebenfalls fortbestehende, noch nicht verjährte Gegenforderung müsste zur Tabelle festgestellt werden. Daran habe der Gläubiger der Gegenforderung kein schützenswertes Interesse. Nachdem er sich für das Erfüllungssurrogat der Aufrechnung entschieden habe, könne er auf den Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist der Hauptforderung nicht mehr vertrauen.1112 Dieses teleologische Argument verbindet der BGH mit praktischen Erwägungen, einer Art praktischen Analyse des Rechts.1113 Der Insolvenzverwalter stünde bei Fortbestand der für die Hauptforderung allgemein geltenden Verjährungsregeln nicht selten vor kaum zu überwindenden Schwierigkeiten. Im äußersten Falle hätte er nur einen Tag Zeit, um die fast abgelaufene Verjährung der Hauptforderung zu hemmen.1114 Die Inzidentprüfung der Anfechtbarkeit bei §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO sei oft mit schwierigen rechtlichen und tatsächlichen Fragen verbunden. Die praktischen Schwierigkeiten könnten noch dadurch verschärft werden, dass Hauptforderungen, gegen die vor Verfahrenseröffnung aufgerechnet worden ist, in der Buchführung des Insolvenzschuldners vielfach 1108   BGHZ 169, 158 (165) = NJW 2007, 78 (80); dazu Jaeger/Henckel, InsO, §  146 Rdnr.  10; G. Fischer, WM 2008, 1 (7); Kayser, WM 2008, 1525 (1534 f.). 1109   Kreft, WuB VI A. §  96 InsO 3.05; ders., in: FS G. Fischer, S.  297 (299 ff.). 1110   BGHZ 169, 158 (165) = NJW 2007, 78 (80). 1111   BT-Drucks. 12/2443 S.  141. 1112   BGHZ 169, 158 (166) = NJW 2007, 78 (80). 1113   Zustimmend Grub, DZWIR 2007, 83, der von einer „praxisorientierten Begründung“ spricht. Die Lösung entspreche den „praktischen Bedürfnissen der Insolvenzabwicklung“. 1114   Zu diesem Zeitdruckargument G. Fischer, WM 2008, 1 (7); Kayser, WM 2008, 1525 (1535).

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nicht mehr als Außenstände erkennbar seien. Gegebenenfalls sei eine Aufarbeitung vermeintlich abgeschlossener Vorgänge erforderlich. Nach Bitter mache es wertungsmäßig keinen Unterschied, ob ein Gläubiger durch eine Zahlung des Insolvenzschuldners befriedigt wurde oder der Gläubiger durch seine Aufrechnung die Befriedigung selbst herbeigeführt hat.1115 (3)  Kumulationslösung Frank Peters spricht sich dafür aus, dass die Verjährungsfrist des §  146 Abs.  1 InsO neben die eigentliche Verjährungsfrist des Anspruchs tritt.1116 Es seien beide Fristen zu wahren; im praktischen Ergebnis sei damit die früher ablaufende Frist relevant. Der Gesetzgeber habe die Problematik nicht bedacht, die sich daraus ergebe, dass die Forderung nicht erst in die Masse zurückgeholt werden muss. Die schutzwürdigen und §  146 Abs.  1 InsO tragenden Interessen des anderen Teils stellten sich aber nicht anders dar, als wenn der Insolvenzverwalter seine Aktivlegitimation erst noch vermittels des §  143 Abs.  1 InsO wiederbegründen müsste.1117 Es handelt sich bei diesem Ansatz um eine Kumulationslösung. Beide Verjährungsfristen sind kumulativ anzusetzen.1118 bb)  Stellungnahme (1)  Keine Novation Der Novationsgedanke, den Ries vorträgt1119, ist abzulehnen. Es fehlt hierfür jegliche gesetzliche Grundlage.1120 Nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO wird eine bereits vor Eröffnung erklärte, in anfechtbarer Weise herbeigeführte Aufrechnung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens insolvenzrechtlich unwirksam. Der Insolvenzgläubiger muss seine Leistung zur Insolvenzmasse erbringen, hat aber selbst grundsätzlich nur eine Insolvenzforderung, die er zur Tabelle anmelden kann; er muss voll leisten und wird selbst nur quotal befriedigt. Dabei wird aber kein neues Schuldverhältnis an die Stelle eines alten, das gleichzeitig aufgehoben wird, begründet.1121 Vielmehr wird rückwirkend der ursprüngliche Zustand wiederhergesellt. Begriffe wie Novation, „Original“ und „Faksimile“ sowie „künstliches Surrogat“1122 passen nicht zu §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO.   Bitter, WuB VI A. §  96 InsO 5.07.   Peters, KTS 2008, 295 (296 ff.). 1117   Peters, KTS 2008, 295 (301): „Die Unterschiede in der Konstruktion ändern nichts an der identischen Interessenlage.“ 1118   Peters spricht von einer dritten Möglichkeit. Siehe Peters, KTS 2008, 295 (296). Wie im Folgenden noch deutlich wird, gibt es eine vierte Variante, die man als Günstigkeitsprinzip umschreiben könnte. Es gilt die für den Insolvenzschuldner günstigste Frist. 1119   Ries, ZInsO 2005, 848 (849). 1120   Zenker, ZInsO 2007, 142 (144); Peters, KTS 2008, 295 (303). 1121   BGHZ 169, 158 (165) = NJW 2007, 78 (80). 1122   Ries, ZInsO 2005, 848 (849). 1115 1116

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(2)  Keine analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO Unstreitig sollte sein, dass §  146 Abs.  1 InsO keinesfalls unmittelbar anwendbar ist.1123 Aber auch die analoge Anwendung1124 ist kritikwürdig. Zu Recht konstatiert Jacoby1125 , dass die Aussagen des BGH zur analogen Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO mehr Behauptung als Begründung sind. Zenker 1126 hält die Rede von der „rein insolvenzrechtlichen Wirkung“ für eine kaum verschleierte petitio principii. Im Letzten ist die Lösung der Rechtsprechung ein ergebnisorientierter Kunstgriff. Gewünschte Ergebnisse sowie ein Rekurs auf die besondere Nähe von §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zum Insolvenzanfechtungsrecht1127 reichen nicht aus. Wer eine Analogie bejaht, trägt die Argumentationslast.1128 Die analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO ist ein Bruch in der Dogmatik; es fehlt an einer hinreichenden methodologischen Absicherung.1129 Ein Analogieschluss setzt eine (planwidrige) Regelungslücke voraus; der zu beurteilende Sachverhalt muss in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar sein, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.1130 Dazu muss zuerst der Standort des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO betrachtet werden. Die Norm ist systematisch im Rahmen der Aufrechnungsverbote verortet und nicht als Ausnahme zu §§  143 ff. InsO innerhalb des Insolvenzanfechtungsrechts konzipiert. Hinsichtlich der Verjährung der Forderungen ist eine „Lücke“ zunächst fernliegend1131, weil die konsequente Anwendung der Rechtsfolge des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zur Verjährung nach den allgemeinen Vorschriften führt. Gewiss kann eine Folgenorientierung, wenn sie mit der Teleologie des §  146 Abs.  1 InsO verzahnt wird, zur Bejahung einer Regelungslücke führen und den Brückenschlag zu einer Analogie ebnen. Die teleologische Auslegung, die der Senat vorträgt, überzeugt jedoch nicht vollends. Die Folgenorientierung ist nicht ganz korrekt wiedergegeben. Der Insolvenzverwalter kann nämlich mit der verjährten Forderung gegen die zur Tabelle angemeldete Forderung aufrechnen.1132 Maßge  Anders aber BGH NZI 2007, 582; zu Recht kritisch Drilling, KTS 2008, 205 (206).   So noch BGHZ 169, 158 (166) = NJW 2007, 78 (80). 1125   Jacoby, KTS 2007, 229 (232). 1126   Zenker, ZInsO 2007, 142 (144). 1127   Kreft, in: FS G. Fischer, S.  297 (302). 1128   Würdinger, AcP 206 (2006), 946 (954). 1129   Schärfer noch Drilling, KTS 2008, 205 (207; 209): „haftungsrechtlich verfehlt“; „dogmatisch nicht gangbare(r) Weg“. 1130   BGH NJW 2003, 2601 (2603); BGH NJW 2003, 1932 (1933) m.w.Nachw. 1131   Peters, KTS 2008, 295 (298) betont, dass die Regelung der Verjährung im Ansatz lückenlos ist, so dass Analogien nur in engen Grenzen möglich sind. 1132   Jacoby, KTS 2007, 229 (232). 1123 1124

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bend ist nach §  215 Alt.  1 BGB, dass der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte.1133 Damit droht entgegen der Ansicht des BGH nicht die Gefahr, dass die Masse infolge der Unzulässigkeit der Aufrechnung noch hinter den Zustand vor Verfahrenseröffnung zurückfallen, d. h. der Anspruch des Insolvenzschuldners infolge der Verjährung nicht durchgesetzt und die Gegenforderung zur Tabelle angemeldet werden könnte. Auch ist das Argument, dass der Insolvenzverwalter vor praktischen Problemen der Durchsetzung steht, nur eingeschränkt tauglich. Der Insolvenzverwalter „übernimmt“ gleichsam die Forderung des Insolvenzschuldners. In Nachlassfällen hilft das Gesetz mit der Ablaufhemmung des §  211 BGB; eine entsprechende Vorschrift fehlt aber für Insolvenzverwalter, die nicht in der Nachlassinsolvenz tätig sind.1134 Der BGH ist so im Binnenbereich seiner insolvenzrechtlichen Überlegungen gefangen, dass er eine adäquate Lösung über die allgemeinen Vorschriften der §§  203 ff. BGB1135 nicht im Auge hat. Darin liegt m. E. das Hauptmanko einer Auffassung, die vorschnell eine analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO präferiert, letztlich um zu einem gewünschten Ergebnis im Einzelfall vorzustoßen. Für eine Feststellung einer Lücke ist der Regelungsgehalt der §§  203 ff. BGB zwingend in den Blick zu nehmen.1136 Das verjährungsrechtliche Problem besteht doch zum einen darin, dass der Aufrechnende zum Ausdruck bringt, dass der gegen ihn bestehende Anspruch besteht1137; zum anderen sind Haupt- und Gegenforderung bei einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärten Aufrechnung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen der Wirkung des §  389 BGB, soweit sie sich decken, erloschen. Peters bezeichnet dies als „eigenartigen Zustand“.1138 Dieser Besonderheit ist über die Anwendung der §§  203 ff. BGB Rechnung zu tragen. Bei der Aufrechnung des Insolvenzgläubigers handelt es sich um ein Anerkenntnis i. S. des §  212 Abs.  1 Nr.  1 BGB1139, so dass es zu einem Neubeginn 1133   Hatte der Insolvenzgläubiger bereits – insolvenzrechtlich unwirksam – aufgerechnet, so braucht er die Aufrechnung nicht zu wiederholen. Kayser, WM 2008, 1525 (1531), der weiter ausführt, dass es bei Verjährung der Gegenforderung keines Rückgriffs auf §  215 BGB bedarf. 1134   Peters, KTS 2008, 295 (299). 1135   Die Folgeprobleme, die sich aus der beschränkten Verweisung in §  41 Abs.  1 S.  2 KO auf nur einzelne Regeln des BGB ergaben, sind obsolet geworden. Dazu BT-Drucks. 12/2443, S.  169; Huber, ZInsO 2005, 190 (191). 1136   Im Einzelnen zu §§  203 ff. BGB unter insolvenzanfechtungsrechtlicher Optik: Jaeger/ Henckel, InsO, §  146 Rdnr.  17 ff. 1137   Peters, KTS 2008, 295 (304). Anders ist dies jedoch bei einer hilfsweisen Aufrechnung. 1138   Peters, KTS 2008, 295 (303). 1139   BGHZ 107, 395 (397 f.) = NJW 1989, 2469 zu §  208 BGB a. F. („hängt von den Umständen des Einzelfalls ab“); Jacoby, KTS 2007, 229 (233); Drilling, KTS 2008, 205 (208); Peters, KTS 2008, 295 (304).

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der Verjährung kommt.1140 Anders ist es freilich, wenn der Insolvenzschuldner aufrechnet. Allein die Hinnahme der Aufrechnung durch den Insolvenzschuldner ist noch kein Anerkenntnis.1141 Zudem ist der Lauf der Verjährungsfrist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §  205 BGB analog1142 gehemmt. Der Insolvenzschuldner ist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen an der Geltendmachung seines Anspruchs gehindert.1143 Er kann die Hauptforderung nicht geltend machen. §  205 BGB setzt voraus, dass zwischen Schuldner und Gläubiger eine Vereinbarung getroffen wird, die den Schuldner vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt. Es geht also um vorübergehende (dilatorische) Einreden des Schuldners, nicht aber um dauernde (peremptorische) Einreden. Das Leistungshindernis muss – anders als bei §  206 BGB – rechtlicher Natur sein1144 und muss auf einer Parteiabrede beruhen; Musterfall ist die Stundungsvereinbarung. Das Erlöschen der Forderungen durch Aufrechnung ist eine rechtliche Folge, die eine wirksame Aufrechnungserklärung des Aufrechnenden voraussetzt. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die Wirkung des §  389 BGB vorübergehender Natur. Eine unmittelbare Anwendung scheitert daran, dass es keine Parteivereinbarung gibt, sondern nur eine einseitige Aufrechnungserklärung. §  205 BGB trägt aber dem Gedanken Rechnung, dass die Verjährung nicht gegen einen Gläubiger laufen darf, wenn der Gläubiger sein Recht nicht durchsetzen und damit die Verjährung auch nicht hemmen kann: Agere non valenti non currit praescriptio.1145 Eine solche Konstellation liegt aber gerade vor. Bis zur Verfahrenseröffnung kann der spätere Insolvenzschuldner seine Forderung gerichtlich nicht geltend machen; sie ist ja nach §  389 BGB erloschen. Wegen der rückwirkenden Unwirksamkeit der Aufrechnungserklärung nach §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO war dieser Zustand nur von vorübergehender Natur. Bei Leistungsverweigerungsrechten, die nur auf Gesetz beruhen (z. B. §§  273, 320 BGB) kann dem Gläubiger zugemutet werden, durch Rechtsverfolgung (§  204 BGB) zu klären, ob der Beklagte zur gegenwärtigen oder zukünftigen Leistung oder Leistung Zug um Zug verpflichtet ist.1146 Dieser Gedanke greift aber gerade in casu nicht. Dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird und die Wirkung des §  389 BGB für die 1140   Jacoby, KTS 2007, 229 (232); ders., in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  39. 1141   Drilling, KTS 2008, 205 (208). 1142   Das OLG Düsseldorf NZI 2006, 39 (40) stellt auf §  206 BGB ab und führt dazu aus, dass der Kläger aus Rechtsgründen daran gehindert war, die Frachtlohnansprüche geltend zu machen. Passender ist m. E. der Rechtsgedanke des §  205 BGB. 1143   OLG Düsseldorf NZI 2006, 39 (40); Jacoby, KTS 2007, 229 (232); ders., in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  16 Rdnr.  39. 1144   Tatsächliche Hindernisse können nur nach §  206 BGB (z. B. Tod des Insolvenzverwalters, Stillstand der Rechtspflege) eine Hemmung der Verjährung bewirken. MünchKommBGB/Grothe, §  205 Rdnr.  2; Jaeger/Henckel, InsO, §  146 Rdnr.  38. 1145   Mot. I, 312 = Mugdan, Band  1, S.  524; Staudinger/Peters/Jacoby, §  205 Rdnr.  1. 1146   Jaeger/Henckel, InsO, §  146 Rdnr.  37.

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Zwecke des Insolvenzverfahrens entfällt, ist nicht voraussehbar; eine Rechtsverfolgung ist gerade nicht veranlasst. Es besteht umso mehr eine Schutzbedürftigkeit, die Zeit zwischen dem Eintritt der Aufrechnungswirkung und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herauszurechnen. §  205 BGB greift daher erst recht und ist analog anzuwenden.1147 Peters lehnt hingegen eine analoge Anwendung des §  205 BGB ab, kommt aber durch eine teleologische Auslegung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO zum selben Ergebnis.1148 Die Bestimmung bewirke eine materiell-rechtliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.1149 Es werde so getan, als hätte es eine Aufrechnung nicht gegeben. Ähnlich ergebnisorientiert argumentiert Drilling: Die Verjährung könne in dem Zeitraum zwischen Aufrechnungserklärung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht weiterlaufen. Eine solche Rechtsfolge sei mit dem Sinn und Zweck des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO nicht zu vereinbaren. Andernfalls würden die Forderungen oft nur noch in unverjährter Form aufleben.1150 Diese Überlegungen sind richtig; aber aus §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO lassen sich diese nicht ableiten. Vielmehr besteht hierfür eine Lücke, die über eine direkte oder analoge Anwendung von Verjährungsvorschriften zu schließen ist. Der Zeitraum von der Aufrechnungserklärung bis zur Verfahrenseröffnung wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§  209 BGB). Führt die Aufrechnung wegen §  212 Abs.  1 Nr.  1 BGB zu einem Neubeginn der Verjährung, läuft die Verjährung der Hauptforderung im Ergebnis mit Verfahrenseröffnung neu an und zwar nach der für diese Forderung maßgebenden Verjährungsfrist. §  146 Abs.  1 InsO analog ist der falsche „dogmatische Hebel“. Dies wird einsichtig, wenn man den umgekehrten Fall in den Blick nimmt. Wie ist zu entscheiden, wenn die allgemeine Verjährungsvorschrift für die Forderung des Insolvenzschuldners länger ist als diejenige des §  146 Abs.  1 InsO? Bei diesem Seitenwechsel wird deutlich, worauf der Analogieschluss abzielt, eine Ergebniskorrektur für Fälle kurzer Verjährungsfristen der Hauptforderung. Eine gespaltene Lösung, wonach §  146 Abs.  1 InsO analog nur gilt, wenn die allgemeine Verjährungsfrist kürzer ist (Günstigkeitsprinzip), lässt sich dogmatisch schwer halten. Bei einer einheitlichen Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO analog bleibt man jedoch die Erklärung schuldig, warum der Insolvenzschuldner schlechter stehen soll, wie wenn es gar keine Aufrechnung gegeben hätte, heißt es doch in §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO, dass die Aufrechnung unzulässig, d. h. unwirksam ist. Ein masseungünstiges Ergebnis verträgt sich mit dem Argument des IX. Zivilsenats nicht, §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO bezwecke gegenüber dem bisherigen Recht

  Nicht eindeutig Jacoby, KTS 2007, 229 (233), der auf §§  205 f. BGB abhebt.   Peters, KTS 2008, 295 (303): „mit dem Instrumentarium der §§  194 ff. BGB nicht beizukommen.“ 1149   Peters, KTS 2008, 295 (303). 1150   Drilling, KTS 2008, 205 (208). 1147

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eine Stärkung der Insolvenzmasse.1151 Der BGH nimmt letztlich eine Trennung zwischen Anspruch und Verjährung vor; dies widerspricht der Grundregel des §  194 Abs.  1 BGB.1152 Damit verdient auch die Kumulationslösung von Peters, wonach sowohl die Frist des §  146 Abs.  1 InsO als auch die allgemeine Verjährungsfrist zu beachten sind, keine Zustimmung. Der Gesetzgeber hat §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO bewusst als Aufrechnungsverbot konzipiert. Dieses unterliegt keiner selbständigen Verjährung. Die von Peters unterstellte Regelungslücke existiert gerade nicht. Eine insolvenzrechtliche Lösung (§  146 Abs.  1 InsO analog) ist also abzulehnen; vielmehr kommt es darauf an, wann die Hauptforderung nach der für sie geltenden Frist verjährt (Fortbestand der für die Hauptforderung allgemein geltenden Verjährungsregeln)1153; §§  203 ff. BGB gewähren einen ausreichenden Schutz für den Insolvenzschuldner. Damit lässt sich erneut eine Ausdifferenzierung im Insolvenzanfechtungsrecht1154 abbauen, indem für eine Stärkung der allgemeinen Regeln plädiert wird. b)  §  146 Abs.  2 InsO analog Mag der vorgenannte Meinungsstreit um die analoge Anwendung bei Kontokorrentverrechnungen seltener relevant werden1155 , so waren diese Überlegungen dennoch in dogmatischer Hinsicht sowie als Vorbereitung für das folgende verjährungsrechtliche Streitthema wichtig. Die Bank wendet als Anfechtungsgegner ein, dass die (im Sinne von §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO) für anfechtbar gehaltene Rechtshandlung nicht gläubigerbenachteiligend sei. Sie stützt sich auf eine Sicherheit (AGB-Pfandrecht1156 , Globalzession). Der Insolvenzverwalter hält die Sicherheitsbestellung ebenfalls für anfechtbar, hat diese aber nicht gesondert angefochten.1157 Wie bereits ausgeführt, ist §  129 InsO ein Einfallstor für die Prüfung des Kreditsicherungsrechts; es geht um die Inzidentprüfung, ob die Sicherheiten der Bank insolvenzbeständig sind. Muss der Insolvenzverwalter die Anfechtbarkeit der Sicherheit gesondert geltend machen, weil eine anfechtungsrechtliche Selbständigkeit besteht?

  Darauf ging der BGH gar nicht ein, als in einem Fall §  146 Abs.  1 InsO zu einem für die Masse nachteiligen Ergebnis führte. BGH NZI 2007, 582; zu Recht kritisch Drilling, KTS 2008, 205 (208). 1152   Jacoby, KTS 2007, 229 (232): „Die Verjährungsfristen bestimmen sich allesamt allein nach dem geltend zu machenden Anspruch.“; Zenker, ZInsO 2007, 142 (144). 1153   Treffend Drilling, KTS 2008, 205 (209): „Für die Forderung gilt allgemeines Verjährungsrecht.“ 1154   Bork, ZIP 2008, 1041 (1048). 1155   Siehe etwa BGH NZI 2008, 547 (549), wo der Kläger die Frist auch eingehalten hat. 1156   In BGH NZI 2008, 547 ging es um Nr.  21 AGB-Sparkassen. 1157   Der BGH spricht hinsichtlich der „Anfechtbarkeit der weiteren Rechtshandlung“ von einer „Vorfrage“: BGH NZI 2008, 547 (549). 1151

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

Dagegen streitet eine analoge Anwendung des §  146 Abs.  2 InsO.1158 Während §  146 Abs.  1 InsO den „Angriff“ des Insolvenzverwalters regelt, bei dem der Gegner sich auf die Einrede der Verjährung (§  214 Abs.  1 BGB) berufen kann, geht es bei §  146 Abs.  2 InsO um die „Verteidigung“1159 des Insolvenzverwalters, die auch bei Verjährung des Anfechtungsanspruchs möglich sein soll. Nach §  146 Abs.  2 InsO kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht, verweigern, auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist (unverjährbares Leistungsverweigerungsrecht). Der Insolvenzverwalter muss damit nicht aktiv werden, wenn er die Rechtsstellung der Insolvenzmasse bloß verteidigungsweise wahren möchte.1160 §  146 Abs.  2 InsO wurde gegenüber der Vorgängervorschrift (§  41 Abs.  2 KO)1161 bewusst ausgeweitet.1162 Auch ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der anfechtbaren Handlung und der Leistungspflicht genügt; jede Art von Leistungspflicht (z. B. auch eine sachenrechtliche Leistungspflicht) soll ausreichen.1163 Die Analogiebasis des §  146 Abs.  2 InsO beschränkt sich auf Verteidigungssituationen1164; eine Ausweitung auf Angriffssituationen ist abzulehnen.1165 Als Abgrenzungslinie lässt sich formulieren: Es kommt darauf an, ob der Insolvenzverwalter eine Änderung der vermögensrechtlichen Zuordnung begehrt oder den derzeitigen Vermögensstatus verteidigt.1166 §  146 Abs.  2 InsO erfasst den Fall unmittelbar nicht1167; in Betracht kommt eine Anwendung des §  215 BGB. Nach dieser Vorschrift sind eine Aufrechnung sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts auch nach Eintritt 1158   So auch der BGH NZI 2008, 547 (549), der allerdings nicht ausdrücklich von einer Analogie spricht, sondern ausführt: „Dieses Ergebnis wird durch §  146 II InsO bestätigt.“ 1159   Ähnliche Wertungen bei §§  821, 853 BGB. Zur Strukturgleichheit mit diesen Aufhebungseinreden des BGB H.Roth, S.  111 ff. 1160   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  51 Rdnr.  56. 1161   Zur extensiven Auslegung dieser Vorschrift: RGZ 95, 294 (296); BGHZ 30, 238 (239) = NJW 1959, 1539; BGHZ 83, 158 (160) = NJW 1982, 2074. 1162   Häsemeyer, Rdnr.  21.103 mit Rekurs auf BT-Drucks. 12/2443, S.  168: „vorsichtige Erweiterung des Leistungsverweigerungsrechts“. Daher sei nach Eckardt, S.  373 ff. einer generellen Privilegierung der einredeweisen Geltendmachung eine „deutliche Absage erteilt“. 1163   BT-Drucks. 12/2443, S.  169. Die Leistungspflicht muss auch nicht schon vor Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner bestanden haben. 1164   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  51 Rdnr.  56. 1165   So etwa in dem Fall, in dem ein Insolvenzverwalter nach Ablauf der Verjährungsfrist auf Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten streitigen Betrages klagt. BGHZ 59, 353 = NJW 1973, 100; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  51 Rdnr.  56. 1166   Häsemeyer, Rdnr.  21.103, der weiter ausführt, dass der dem Anfechtungsgegner mit der Verjährungsfrist gewährte Schutz jede nachträgliche Komplettierung der Insolvenzmasse hindert. 1167   De lege ferenda wäre es wünschenswert §  146 Abs.  2 InsO weiter zu formulieren. Siehe etwa den Vorschlag von Eckardt, S.  382: „Dies gilt nicht, wenn der Verwalter die Anfechtbarkeit geltend macht, um den gegenwärtigen Bestand der Insolvenzmasse zu erhalten.“ Zur Interpretation des §  146 Abs.  2 InsO nach dem Konzept der haftungsrechtlichen Unwirksamkeit als Einwendung: Jaeger/Henckel, InsO, §  146 Rdnr.  63.

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der Verjährung möglich.1168 §  215 BGB ist bewusst weit formuliert1169: Der Schuldner kann ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, obwohl die Forderung, die diese Einrede begründet, bereits verjährt ist. Er muss sich dabei in unverjährter Zeit nicht auf das Zurückbehaltungsrecht berufen haben.1170 Hinter §  215 BGB steht – ähnlich wie bei §  146 Abs.  2 InsO – die Überlegung, dass ein Schuldner, dem ein Gegenanspruch zusteht, durch den er den Anspruch des Gläubigers abwehren kann, sich als hinreichend gesichert ansehen darf und aufgrund einer drohenden Verjährung nicht zur frühzeitigen Durchsetzung seiner Forderung im Wege der Aufrechnung oder Klageerhebung gedrängt werden soll.1171 §  215 BGB setzt ein Zurückbehaltungsrecht voraus. Dieses ist aber gerade aus §§  143 ff. InsO zu gewinnen. Die Reichweite der Leistungsverweigerung bei Verjährung bestimmt sich nach §  146 Abs.  2 InsO. 1172 Es kommt eine analoge Anwendung des §  146 Abs.  2 InsO in Betracht. Ein solcher Analogieschluss hat Vorrang vor einer analogen Anwendung der §§  203 ff. BGB, da es sich um die sachnähere Norm handelt; der Gesetzgeber hat speziell im Insolvenzanfechtungsrecht die „Verteidigungssituation“, die „Anfechtungsreplik“1173 geregelt; auf die Überlegung, ob es in der Rechtsordnung einen allgemeinen Rechtsgedanken gibt, der im Wege einer Gesamtanalogie fruchtbar gemacht werden könnte, kommt es dann nicht an. Bei der Inzidentprüfung der Insolvenzbeständigkeit einer Sicherheit, wegen der eine Gläubigerbenachteiligung nach §  129 InsO ausscheiden soll, befindet sich der Insolvenzverwalter typischerweise in einer Verteidigungsrolle, auch wenn er im Prozess die Klägerrolle innehat. Maßgebend ist aber nicht die Parteirolle, sondern ob der Insolvenzverwalter in concreto verteidigungsweise die Rechtsstellung der Insolvenzmasse wahrt.1174 Wendet der Anfechtungsgegner ein, die im Sinne von §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO für anfechtbar gehaltene Rechtshandlung sei nicht gläubigerbenachteiligend, weil dadurch lediglich eine Rechtsposition verfestigt worden sei, die er aufgrund einer früheren Rechtshandlung bereits innegehabt habe, braucht der Insolvenzverwalter – um diesen Einwand auszuräumen – die frühere Rechtshandlung nicht gesondert anzufechten.1175 Die Frage, ob die Verrechnungslage anfechtbar erworben wurde, ist damit ins  Zur analogen Anwendung dieser Vorschrift Staudinger/Peters/Jacoby, §  215 Rdnrn.  10 f.; MünchKomm-BGB/Grothe, §  215 Rdnr.  5. 1169   §  215 BGB inkorporierte §  390 S.  2 BGB a. F. und erweiterte dessen Anwendungsbereich auf das Zurückbehaltungsrecht. Die Norm wurde systematisch korrekt in das Verjährungsrecht eingegliedert. Dazu MünchKomm-BGB/Grothe, §  215 Rdnr.  1. 1170   Staudinger/Peters/Jacoby, §  215 Rdnr.  12; Staudinger/Bittner, §  273 Rdnr.  33. Anders noch die Einschränkungen in §§  479 S.  1, 639 Abs.  1 BGB a. F. 1171   MünchKomm-BGB/Grothe, §  215 Rdnr.  1. 1172   §  215 BGB wird meistens gar nicht erwähnt; so etwa bei BGH NZI 2008, 547. 1173   Zu §  41 Abs.  2 KO: Eckardt, S.  83 ff. 1174   BGH NZI 2008, 547 (549); Eckardt, S.  87: „Irrelevanz der Parteistellung“. 1175   BGH NZI 2008, 547 (549). 1168

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gesamt zur Überprüfung durch das Gericht gestellt.1176 Allein dieses Ergebnis ist prozessökonomisch sinnvoll: der Insolvenzverwalter wird nicht genötigt eine „Klage auf Vorrat“ zu erheben; er muss nicht vorauseilend mögliche Einwände des Anfechtungsgegners entkräften, nur um eine möglichen Verjährung abzuwenden. Bei §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist also §  146 Abs.  2 InsO, nicht aber §  146 Abs.  1 InsO analog anzuwenden. Ist ein solcher „halbseitiger“ Analogieschluss nicht ein Widerspruch? Eine analoge Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO scheitert daran, dass es keine planwidrige Regelungslücke gibt. Die Rechtsfolgenanordnung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO lässt keinen Raum für eine Verjährungsfrist des §  146 Abs.  1 InsO, die den Anspruch von der dazugehörigen Verjährungsfrist abkoppeln würde. Anders ist es bei §  146 Abs.  2 InsO: Diese Norm ist im Rahmen der Inzidentprüfung der §§  129 ff. InsO bei §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO genauso zu beachten; darüber trifft das Aufrechnungsverbot keine Aussage. Es besteht eine planwidrige Regelungslücke. Der Rechtsgedanke des §  146 Abs.  2 InsO ist auf Verteidigungssituationen umfassend in Anschlag zu bringen.1177 c)  Zusammenfassung: „halbseitige“ Analogie Nach der hier vertretenen Auffassung ist nur §  146 Abs.  2 InsO, nicht aber §  146 Abs.  1 InsO auf Kontokorrentverrechnungen im Rahmen des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO anwendbar („halbseitige“ Analogie). §  146 Abs.  1 InsO gilt mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog. Es kommt darauf an, wann die Hauptforderung nach der für sie geltenden Frist verjährt (Fortbestand der für die Hauptforderung allgemein geltenden Verjährungsregeln); §§  203 ff. BGB gewähren einen ausreichenden Schutz für den Insolvenzschuldner. Dies verkennt der BGH, der zu sehr im Binnenbereich seiner insolvenzrechtlichen Überlegungen gefangen ist. Damit lässt sich erneut eine Ausdifferenzierung im Insolvenzanfechtungsrecht1178 abbauen, indem für eine Stärkung der allgemeinen Regeln plädiert wird. Anders verhält es sich bei §  146 Abs.  2 InsO: Der dort geregelte Rechtsgedanke („Verteidigung“ mit einem verjährten Anfechtungsanspruch) gilt auch innerhalb der insolvenzanfechtungsrechtlichen Prüfung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. Bei Kontokorrentverrechnungen wendet die Bank als Anfechtungsgegner oft ein, dass die für anfechtbar gehaltene Rechtshandlung nicht gläubigerbenachteiligend sei, weil dadurch lediglich eine Rechtsposition verfestigt worden   BGH NZI 2008, 547 (549).   Zudem regelt §  146 Abs.  1 InsO die Verjährung des Anfechtungsanspruchs bei einem „Angriff“ des Insolvenzverwalters. Demgegenüber geht es bei §  146 Abs.  2 InsO um die Beschränkung des Verjährungseinwands für den Fall, dass die Verjährung nicht einem Anspruch, sondern dem Anfechtbarkeitseinwand entgegengesetzt werden soll. Dazu Würdinger/Hofmann, WuB VI A. §  96 InsO 1.09. 1178   Bork, ZIP 2008, 1041 (1048). 1176

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sei, die sie aufgrund einer früheren Rechtshandlung bereits innegehabt hat (vor allem AGB-Pfandrecht, Globalzession). Der Insolvenzverwalter braucht – um diesen Einwand auszuräumen – die frühere Rechtshandlung nicht gesondert anzufechten. Dafür sprechen auch prozessökonomische Überlegungen (keine „Klage auf Vorrat“).

10.  Aufrechnungsverbot bei Erlass von Maßnahmen nach §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2, 3 InsO Die Fragestellung, ob Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzantragsverfahren, wie der Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots (§  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 Alt.  1 InsO1179) zu einem speziellen Aufrechnungsverbot führen, wurde bisher ausgeklammert. Das Gesetz sieht eine so weitreichende Folge im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht vor. Auch §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO ist nicht analog anzuwenden.1180 Gegen eine Ausweitung von Vorschriften des Insolvenzverfahrens auf das Insolvenzeröffnungsverfahren gelten methodologische und teleologische Bedenken: §§  94–96 InsO regeln die Frage, wann Aufrechnungen unwirksam sind, abschließend.1181 §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO bezieht sich auf Aufrechnungslagen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Die Wirkungen der Verfügungsbeschränkungen sind in §  24 InsO geregelt. Die Verweisungsnorm des §  24 Abs.  1 InsO klammert §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO bewusst aus. Ein argumentum e contrario verdient den Vorrang.1182 Gegen eine Vorverlagerung dieses Aufrechnungsverbots spricht, dass das Insolvenzanfechtungsrecht einen sachgerechteren Ausgleich schafft; insbesondere der gutgläubig Aufrechnende soll geschützt werden.1183 Die abschließende Regelung der §§  94–96 InsO hinsichtlich der Zulässigkeit der Aufrechnung ist auch zu berücksichtigen, wenn es um die Anwendung eines Aufrechnungsverbots nach §  394 BGB i. V. m. §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  3 InsO geht.1184 Die Insolvenzordnung hat die vollstreckungsrechtlichen Folgen des Insolvenz1179   Ebenso auch in der Konstellation des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 Alt.  2 InsO (Zustimmungsvorbehalt) und bei Maßnahmen nach §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  3 InsO. 1180   Steinhoff, ZIP 2000, 1141 (1146) m.w.Nachw. Zu §  55 Nr.  1 KO hat dies der BGH mehrfach entschieden. Die Norm erfasst nur nach Konkurseröffnung, nicht dagegen während der Sequestration entstandene Aufrechnungslagen: z. B. BGHZ 99, 36 (40 f.) = NJW 1987, 1883; BGH NJW 1998, 2538. 1181   BGHZ 159, 388 (390 f.) = NJW 2004, 3118; G. Fischer, WM 2008, 1. 1182   Siehe dazu bereits Teil  1 §  3 II., bei der Frage, ob §  91 InsO im Insolvenzeröffnungsverfahren analoge Anwendung findet. 1183   Auf einen Kurswechsel deutet auch die Gesetzesbegründung des Regierungsentwurfs zur InsO nicht hin: BT-Drucks. 12/2443, S.  141; ausführlich Kinski, 86 ff. m.w.Nachw. 1184   Zu den Besonderheiten bei §  2 Abs.  4 GesO: BGHZ 130, 76 = NJW 1995, 2497. Diese Vorschrift hat weder in der KO noch in der InsO eine Parallele. Der BGH lehnt eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die InsO ausdrücklich ab: BGHZ 159, 388 (390 f.) = NJW 2004, 3118.

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verfahrens und die Zulässigkeit der Aufrechnung in voneinander getrennten Bestimmungen geregelt.1185 Das Aufrechnungsverbot des §  394 BGB greift daher nicht.

11.  Zahlungseingänge nach Verfahrenseröffnung Bei den vorangegangen Überlegungen ging es um das „typische Feld“ der Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr: die Zahlungseingänge vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Abschließend gilt es zur Komplettierung des Themenkreises die Zahlungseingänge nach Verfahrenseröffnung zu betrachten und insbesondere den Anwendungsbereich des §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO sowie des §  95 InsO zu beleuchten. a)  §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO Bei Verrechnungen mit Zahlungseingängen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens1186 ist die Bank die Herausgabe des durch die Überweisung erlangten Betrages erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig geworden.1187 §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO ist daher nicht einschlägig. Nach §  129 Abs.  1 InsO unterliegen Rechtshandlungen grundsätzlich nur dann der Insolvenzanfechtung, wenn sie vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind. Jedoch greift ein anderes Aufrechnungsverbot. Solche Verrechnungen sind nach §  96 Abs.  1 Nr.  1 InsO unzulässig und damit unwirksam.1188 b)  §  95 InsO In einem „Zwischenfeld“ bewegen sich Überweisungseingänge, bei denen die Bank vor Verfahrenseröffnung eine Deckung erhält, sie jedoch die Gutschrift   BGHZ 159, 388 = NJW 2004, 3118.   Die Kontokorrentabrede erlischt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §  91 Abs.  1 InsO. BGHZ 74, 253 (255) = NJW 1979, 1658; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  2 Rdnr.  61. Auch wenn die Forderung an die Bank zur Sicherheit abgetreten wurde, gebührt die Feststellungskostenpauschale (§  171 Abs.  1 InsO, 4%) der Insolvenzmasse. Dafür spricht ein argumentum a fortiori zu §  170 Abs.  2 InsO. Überlässt der Insolvenzverwalter die Verwertung der Bank, so hat diese die Kosten der Feststellung vorweg an die Masse abzuführen. Dies muss erst recht bei einer „unbefugten“ Verwertung der Bank gelten. Dazu BGHZ 154, 72 (77) = NZI 2003, 259 (260): „Durch ein solches, objektiv rechtswidriges Verhalten nach Insolvenzeröffnung darf der Absonderungsberechtigte keine wirtschaftlichen Vorteile erlangen.“ Ausführlich Göb, S.  191 ff. 1187   Zu §  55 Abs.  1 Nr.  1 KO bereits BGHZ 74, 253 (255 f.) = NJW 1979, 1658; BGHZ 107, 88 (90) = NJW 1989, 1353; MünchKomm-InsO/Brandes, §  96 Rdnr.  15. 1188   Dampf, KTS 1998, 145 (152); Obermüller, ZInsO 1998, 252 (257); Heublein, ZIP 2000, 161; Stapper/Jacobi, BB 2007, 2017 (2018); Göb, S.  191; zur Aufrechnung des Finanzamts bei Insolvenz des Steuerpflichtigen: Kinski, S.  85 ff. 1185

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erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt. Anders gesagt: Der Anspruch auf Gutschrift ist vor Verfahrenseröffnung entstanden, der Anspruch aus der Gutschrift erst danach. Diese Konstellation fällt unter §  95 Abs.  1 S.  1 InsO und ist damit grundsätzlich genauso zu behandeln wie wenn der Anspruch aus der Gutschrift bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden wäre. Der zentrale Gedanke des §  95 InsO ist der Vertrauensschutz. Der Gläubiger, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens darauf vertrauen durfte, mit Rücksicht auf das Entstehen einer Aufrechnungslage seine Forderung durchzusetzen, soll in dieser Erwartung auch im Insolvenzverfahren nicht enttäuscht werden.1189 Die Aufrechnungslage tritt also erst im Verfahren ein. So drückt es die Legalüberschrift des §  95 InsO aus, ohne aber das Proprium dieser Norm anzudeuten. Dieses besteht darin, dass bereits eine „Kernaufrechnungslage“1190 , eine „Aufrechnungsanwartschaft“1191 besteht, d. h. ein schützenswertes Vertrauen in den späteren Eintritt der Aufrechnungslage.1192 §  95 Abs.  1 S.  1 InsO erfasst die Fälle, bei denen es an der Aufrechnungslage fehlt, weil zwar beide Forderungen bereits bestehen, wenigstens eine davon aber noch aufschiebend bedingt, nicht fällig oder nicht auf eine gleichartige Leistung gerichtet ist. Es kann erst und nur dann aufgerechnet werden, wenn das Hindernis während des Insolvenzverfahrens behoben wird.1193 §  95 Abs.  1 S.  3 InsO enthält einen Ausschlusstatbestand, der den Katalog des §  96 Abs.  1 InsO für die Fälle des §  95 Abs.  1 InsO erweitert. Danach ist eine Aufrechnung ausgeschlossen1194 , wenn die Hauptforderung des Insolvenzschuldners vor der Gegenforderung des Insolvenzgläubigers unbedingt und fällig geworden ist. Sinn und Zweck dieses Ausschlusstatbestands ist der Schutz der Insolvenzmasse, wenn ein Gläubiger die Erfüllung hinauszögert und den Eintritt der Aufrechnungslage damit abwartet.1195 Die Verpflichtung des Geschäftsbesorgers das herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, ist im Kern angelegt, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, bevor der Geschäftsbesorgungsvertrag nach §§  115, 116 InsO mit Verfahrenseröffnung erlischt.1196 Auf die Gutschriftenkonstellation im Überweisungsverkehr übertragen bedeutet das: Mit dem Anspruch auf Gut-

  BT-Drucks. 12/2443, S.  140.   Peschke, S.  175. 1191   Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  45 Rdnr.  44 („Erhalt der Aufrechnungsanwartschaft“). 1192   C. Becker (Insolvenzrecht, Rdnr.  1185) formuliert bildlich, dass eine „im Keim vor Eröffnung angelegte Aufrechnungslage heranreift“. 1193   Gottwald/ Adolphsen, Insolvenzrechts-Hdb., §  45 Rdnr.  44. 1194   Bei §  96 Abs.  1 InsO formuliert der Gesetzgeber unscharf, dass die Aufrechnung „unzulässig“ ist. 1195   BGHZ 164, 159 = NJW 2005, 3574; Graf-Schlicker/Hofmann, §  95 Rdnr.  8. 1196   MünchKomm-InsO/Brandes, §  95 Rdnr.  12. 1189

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schrift ist der Anspruch aus der Gutschrift bereits seinem Kern nach i. S. des §  95 Abs.  1 S.  1 BGB entstanden.1197

12.  Zusammenfassung a)  Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO Vor Verfahrenseröffnung begründete Aufrechnungslagen sind grundsätzlich insolvenzbeständig (§  94 insO). Davon macht §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO für den Fall eine Ausnahme, dass die Aufrechnungslage in anfechtbarer Weise herbeigeführt wurde. Damit wird das Anfechtungsrecht in das Aufrechnungsrecht inkorporiert. Die Aufrechnungserklärung ist ipso iure (insolvenzrechtlich) unwirksam. Dieses Gegenrecht zum Aufrechnungseinwand findet auch auf Kontokorrentverrechnungen Anwendung, obwohl der Terminus „Verrechnung“ gerade nicht in §§  94, 95, 96 Abs.  1 InsO erwähnt ist und die Formulierung des §  94 InsO („zur Aufrechnung berechtigt“) auf Konstellationen hindeutet, die eine spätere Aufrechnungserklärung voraussetzen. Für eine weite Auslegung spricht aber vor allem ein Umkehrschluss zu §  96 Abs.  2 InsO. Eine Andersbehandlung von Verrechnungen ist zudem von der ratio legis der §§  94 ff. InsO nicht gedeckt. Die Formulierung „wenn“ in §  96 Abs.  1 InsO ist teleologisch zu reduzieren und in ein „soweit“ umzudeuten. Soweit ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit zur Kontokorrentverrechnung durch eine anfechtbare Handlung erlangt hat, ist die Verrechnung unwirksam. §  96 Abs.  2 InsO regelt eine Privilegierung im Interbankenverkehr und ist daher auf Kontokorrentverrechnungen im Verhältnis zwischen Bank und Kunde nicht anwendbar. Soweit die Insolvenzanfechtung reicht, ist die Rechtslage genauso zu beurteilen als wenn es keine aufrechenbaren Gegenansprüche der Bank gäbe. Der Kunde hat daher weiterhin einen Anspruch aus der Gutschrift (§  675t Abs.  1 BGB). b)  Anfechtbare Rechtshandlung und Nebeneinander von Aufrechnungsverbot und Anfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO Maßgebend ist jedes willensgetragene Verhalten, durch das ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt. Der Begriff der Rechtshandlung ist bewusst weit formuliert; eine teleologische Reduktion ist abzulehnen. Etwaige Begrenzungen ergeben sich zum einen aus dem Wortlaut des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO und zum anderen im Rahmen der Kausalität sowie der Zeitpunktbestimmung nach §  140 InsO. Den Anfechtungsgegenstand bildet bei Kontokor  Stapper/Jacobi, BB 2007, 2017 (2018).

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rentverrechnungen weder der Gesamtvorgang noch die Verrechnung selbst. Anfechtbare Rechtshandlung ist vielmehr die Herstellung der Aufrechnungslage. Irgendeine Voraussetzung der Aufrechnungslage muss in anfechtbarer Weise erlangt worden sein. Insbesondere ist dabei die Begründung der Gegenforderung anzuvisieren. Nach der Fiktion des §  140 Abs.  1 InsO ist der maßgebliche Zeitpunkt der Eintritt der rechtlichen Wirkungen. Maßgebend ist bei Kontokorrentverrechungen der Zeitpunkt, in dem die Bank buchmäßige Deckung erhält. §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO verdrängt §  143 InsO i. V. m. §§  129 ff. InsO als lex specialis. Für ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters, sich je nach Günstigkeit auf §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO oder auf §  143 InsO zu berufen, ist kein Raum. c)  Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO Die Insolvenzgläubiger werden i. S. des §  129 InsO benachteiligt, wenn ihre Befriedigung beeinträchtigt wird. Das kann zum einen durch eine Vermehrung der Passiva und zum anderen durch eine Verminderung der Aktiva des Insolvenzschuldners geschehen. Wie aus einem argumentum e contrario zu §§  132 Abs.  1, 133 Abs.  2 InsO folgt, reicht eine mittelbare Beeinträchtigung aus. Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger wird grundsätzlich mittelbar benachteiligt, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt hat. Eine Gläubigerbenachteiligung kann nicht damit begründet werden, dass der Masse durch die Selbstexekution des Gläubigers die Verwertungserträge nach §§  170 ff. InsO verlustig gegangen sind. Ausnahmsweise fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung, wenn die durch Aufrechnung erloschene Forderung des Insolvenzschuldners durch Fremdrechte beeinträchtigt gewesen ist und die Bank durch die Verrechnung nur das erhalten hat, was ihr aufgrund des Sicherungsrechts ohnehin zugestanden hätte. Damit erweist sich §  129 InsO als Einfallstor für die Prüfung der Insolvenzbeständigkeit bestehender Sicherheiten (insbesondere AGB-Pfandrecht, Globalzession). d)  Kausalität Kausalität ist eine allgemeine juristische Kategorie und dennoch existieren je nach Rechtsgebiet unterschiedliche Ausprägungen und Nuancierungen. Nach h. M. genügt es im Insolvenzanfechtungsrecht für die Ursächlichkeit, dass die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt. Dagegen spricht zwar eine Parallele zum Schadensersatzrecht. §  129 InsO ist jedoch bewusst weit gefasst; den einzelnen Anfechtungstatbeständen kommt eine ausreichende Filterwirkung zu. Die Wertung der §§  130 f. InsO, wonach auch Rechtshandlungen, die eine Deckung ermöglichen, der Insolvenzanfechtung unterliegen, darf nicht umgangen werden. Eine taug-

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liche Begrenzung enthält zudem §  140 Abs.  1 InsO, wonach als grundsätzlich maßgeblicher Zeitpunkt der Eintritt der rechtlichen Wirkungen gilt. e)  Anfechtungsgrund Eine vorsätzliche Benachteiligung nach §  133 InsO scheitert regelmäßig an der fehlenden Rechtshandlung des Schuldners. Die Kontokorrentverrechnung stellt einen der wirtschaftlich bedeutendsten Anwendungsbereiche der §§  130, 131 InsO dar. Die Deckungsqualität ist umstritten. Entgegen einer Auffassung im Schrifttum kommt es nicht darauf an, ob der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Verrechnungslage hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Bank einen Anspruch auf diese Befriedigung und damit einen Anspruch auf die Rückführung des Kontokorrentkredits nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB hatte. Einigkeit besteht im Ausgangspunkt der Abgrenzungsproblematik. Nach der Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO zeichnet sich die inkongruente Deckung dadurch aus, dass der Insolvenzgläubiger die Sicherung oder Befriedigung nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Dies führt zu folgender Differenzierung: bewegt sich das Konto im Haben oder innerhalb des Dispositionskredits, so handelt es sich – solange keine wirksame Kündigung des Kreditvertrags erfolgte – um inkongruente Deckungen (§  131 InsO), andernfalls um kongruente Deckungen (§  130 InsO). Die h.L., wonach eine Kreditkündigung nach §  131 InsO anfechtbar ist, verdient keine Zustimmung. Eine Kreditkündigung ermöglicht zwar die Deckung i. S. der §§  130 f. InsO. Bezugspunkt für die Anspruchsprüfung ist aber nicht die Rechtshandlung (hier die Kündigung), sondern die Deckung. Es kommt nicht darauf an, ob ein Anspruch der Bank auf die Kündigung besteht. Ist die Kündigung wirksam, so ist materiell-rechtlich ein Anspruch i. S. des §  194 BGB auf die Rückführung des Kontokorrentkredits gegeben. M. E. ist es ein Zirkelschluss, wenn man die Inkongruenz der Kündigung aus der Anfechtbarkeit der Kündigung ableiten will. Im Schrifttum werden verschiedene Konzeptionen einer teleologischen Reduktion des §  131 Abs.  1 InsO vorgetragen. Dabei werden Kriterien wie die besondere Verdächtigkeit, das vertragsgemäße Verhalten, der Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft und die schuldtypische Deutung in Ansatz gebracht. Der BGH vertritt eine gespaltene Lösung: Soweit die Bank den Schuldner über die Eingänge verfügen hat lassen, nimmt der Senat eine kongruente Deckung an. Nur soweit es zu einer Rückführung des Schuldensaldos gekommen ist, verfolgt der BGH eine anspruchsorientierte Abgrenzung nach dem Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO. Eine Zulassung eines Zahlungseingangs durch die Bank stellt demnach zunächst eine inkongruente Deckung dar, die sich zu einer kongruenten Deckung „verwandeln“ kann, wenn ein Zahlungsausgang in

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gleicher Höhe erfolgt. Gegen diese Mutationsthese des BGH sprechen methodische Bedenken. Letztlich hat diese Differenzierung ihren Grund in der kritikwürdigen Auffassung des BGH, dass nur bei kongruenten Deckungen die Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO eingreifen soll. Der BGH vermengt die Abgrenzungsproblematik bei der Deckungsart mit der Reichweite der Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO. Im Regelfall ist nach der hier vertretenen Auffassung bei Kontokorrentverrechnungen von kongruenten Deckungen auszugehen. §  131 Abs.  1 InsO ist teleologisch zu reduzieren: Maßgebend ist, ob der Anfechtungsgegner sich in Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung verhalten hat. Bei der Konturierung der Deckungsqualität geht es um das Spannungsfeld zwischen Privatautonomie und Gläubigergleichbehandlung. Bei inkongruenten Deckungen ist die Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners geringer. Dies liegt in der besonderen Verdächtigkeit solcher Deckungen begründet. Auch bei der Bestimmung der Deckung ist die als „Schlagader“ bezeichnete Doppelfunktionalität der Bank der Schlüssel zur Lösung. Die Bank handelt einerseits als Kreditgeberin und andererseits als Abwicklerin des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Die h. M. ignoriert die Kontokorrentabrede und stellt alleine auf den Rückführungsanspruch nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB ab. Der Fall der Kontokorrentverrechnung unterscheidet sich aber vom Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Zahlungskredits. Es besteht die Besonderheit, dass die Bank einen revolvierenden Kredit ausgereicht hat, der durch Gutschriften immer wieder zurückgeführt und durch Auszahlungen jeweils wieder in Anspruch genommen werden kann. Das Verhalten der Bank entspricht den vor der Krise getroffenen Vereinbarungen, wenn sie die Zahlungseingänge und Ausgänge nach dem Willen des Kunden zulässt; es ist vertragsgemäß und in dem Sinne unverdächtig, dass sich die Bank in der Krise nicht anders verhält als es vor der Krise vereinbart wurde. Daher ist es bei Kontokorrentverrechnungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, das Vertrauensschutzelement des §  130 Abs.  1 InsO (Kenntnis der Bank von der Zahlungsunfähigkeit) abzuschleifen und eine erleichterte Anfechtbarkeit nach §  131 InsO zu ermöglichen. §  131 Abs.  1 InsO ist vielmehr dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass es darauf ankommt, ob sich der Anfechtungsgegner in Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung verhalten hat. f)  Bargeschäft nach §  142 InsO Die Ausnahmevorschrift des Bargeschäfts passt nicht maßgeschneidert für die Fälle der Kontokorrentverrechnung. De lege ferenda wäre eine passgenaue Regelung wünschenswert. Die h. M. wendet §  142 InsO bei Kontokorrentverrechnungen direkt oder jedenfalls analog an. Nach der Rechtsprechung bestimmt sich das grundsätzliche Anfechtungsvolumen bei kontokorrentmäßigen Ver-

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rechnungen nach den überschießenden Zahlungseingängen innerhalb des Anfechtungszeitraums. Soweit sich die Zahlungsausgänge und die Zahlungseingänge betragsmäßig decken, handelt es sich danach um kongruente Deckungen, die einer Insolvenzanfechtung nach §  142 InsO grundsätzlich entzogen sind. Auf den höchsten Sollstand des Kontos innerhalb des Anfechtungszeitraums kommt es nicht an. Herauszunehmen sind eigennützige Auszahlungen; bei diesen fungiert die Bank nicht als Zahlstelle, sondern deckt eigene Ansprüche. Im Schrifttum werden hierzu abweichende Konzeptionen vorgetragen: eine enge Auslegung des §  142 InsO, die Maßgeblichkeit des höchsten Schuldenstands sowie die Einbeziehung der Frage, ob und inwieweit der Kreditrahmen ausgeschöpft wurde. Die Streitfragen sind im Blick auf die ratio legis des §  142 InsO zu lösen: dieser Ausnahme liegt zum einen eine wirtschaftliche Betrachtung zugrunde: es besteht wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Insolvenzschuldners. Zum anderen kommt eine Folgenorientierung zum Tragen: Der Schuldner würde andernfalls vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen. Die Einordnung des §  142 InsO als Ausnahmevorschrift lässt nicht den Schluss zu, dass die Norm analogiefeindlich sei. Auch bei Ausnahmevorschriften kann es der Gleichheitssatz gebieten, die Norm für einen vom Wortlaut nicht umfassten Fall zu öffnen und die Ausnahmen so durch einen Analogieschluss zu erweitern. Die Analogiebasis ist freilich schmal. Die Ausnahmen dürfen keinesfalls zur Regel mutieren. Die Begriffe Leistung und Gegenleistung sind weit zu verstehen. Leistung ist jede Rechtshandlung, die – wie bereits aus §  129 InsO folgt – gläubigerbenachteiligend sein muss. Der Formulierung „für die“ ist zu entnehmen, dass Leistung und Gegenleistung durch eine Parteivereinbarung miteinander verknüpft sein müssen. Die Gegenleistung muss gleichwertig sein. Die Perspektive muss sein, ob bei einer Gesamtbetrachtung von Leistung und Gegenleistung eine Gläubigerbenachteiligung anzunehmen ist. Es geht um eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit nach objektiven Maßstäben. §  142 InsO gilt erst recht, wenn die Gegenleistung, die der Schuldner erhält, höherwertig ist (argumentum a fortiori). Mit dem einschränkenden Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit ist eine zeitliche Dimension angesprochen: Der Leistungsaustausch muss in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt sein. Umstritten ist, ob ebenso wie bei der ausdrücklich normierten Bereichsausnahme des §  133 Abs.  1 InsO auch bei inkongruenten Deckungen (§  131 InsO) ein Bargeschäft ausscheidet. Die Rechtsprechung verneint dies „in der Regel“. Diese Auffassung ist abzulehnen. Dagegen stehen der Wortlaut des §  142 InsO, die Gesetzesbegründung, die nicht zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen differenziert sowie der systematische Standort des §  142 InsO. Die Formel, dass sich inkongruente Deckung und Bargeschäft ausschließen, wäre

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nur stimmig, wenn eine Deckungsgleichheit zwischen dem besteht, was der Parteivereinbarung i. S. des §  142 InsO („für die“) entspricht und dem, worauf der Insolvenzgläubiger einen Anspruch i. S. des §  131 Abs.  1 InsO hat. Gerade an dieser Äquivalenz kann es aber fehlen. §  142 InsO ist auf Kontokorrentverrechnungen in dem von der Rechtsprechung entwickelten Umfang anwendbar. Insbesondere ist die umstrittene Frage, ob die für ein Bargeschäft erforderliche vertragliche Grundlage des Leistungsaustauschs in einem Kontokorrentvertrag liegen kann, zu bejahen. Die Kontokorrentabrede reicht als vertragliches Substrat aus; eine konkrete Verknüpfung der einzelnen Transaktionen ist nicht einzufordern. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des §  142 InsO einerseits und der Kontokorrentabrede andererseits. Die Kontokorrentabrede dient dem Bestand und der Verfestigung dauernder Geschäftsbeziehungen, indem unnötige Kapitalbewegungen vermieden werden (Bündelungsfunktion des Kontokorrents). §  142 InsO möchte verhindern, dass der spätere Insolvenzschuldner vom Geschäftsverkehr abgeschnitten wird. Diese ratio legis des §  142 InsO ebnet den Weg zu einer erforderlichen Folgenorientierung. Würde §  142 InsO bei Kontokorrentverrechnungen generell ausscheiden, dann dürfte eine sorgfältige Bank nach Kenntnis von der Krise keine Zahlungsausgänge mehr zulassen und keine Barauszahlungen mehr leisten. Dieser Ansatz überzeugt auch und gerade bei einer Gesamtbetrachtung des Phänomens „Kontokorrentverrechnung“. Innerhalb des Anfechtungszeitraums sind Zahlungsausgänge grundsätzlich nur gegenüber dem Zahlungsempfänger anfechtbar. Durch die Berücksichtigung der Zahlungsausgänge zugunsten der Bank im Rahmen einer Kontokorrentverrechnung im Umfang der Zahlungseingänge wird eine sachwidrige Verdoppelung des Anfechtungsvolumens verhindert. Diese erforderliche Gesamtbetrachtung ist ein entscheidender Faktor, weswegen – unabhängig von der Reihenfolge von Zahlungsein- und Ausgängen und unabhängig von der Frage der Ausschöpfung des Kreditrahmens – grundsätzlich alle Transaktionen innerhalb des Anfechtungszeitraums maßgebend sind und es auf die Abrechungsperiode des Kontokorrents nicht ankommt. Das entscheidende Manko der Gegenpositionen liegt darin, dass nur auf die Kreditgeberfunktion der Bank abgestellt wird und damit deren doppelfunktionales Handeln ausgeblendet bleibt. Der hier vorgetragene Ansatz trägt drei entscheidenden Gesichtspunkten Rechnung. Er berücksichtigt erstens die Doppelfunktionalität der Bank, die als Kreditgeberin und Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr tätig wird. Zweitens wird dem Sinn und Zweck des §  142 InsO Genüge getan: Die Teilhabe des Schuldners am bargeldlosen Zahlungsverkehr wird gesichert. Drittens verhindert dieser Ansatz eine sachwidrige Verdoppelung des Anfechtungsvolumens.

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g)  Ordinary Course of Business-Doktrin Im amerikanischen Konkursrecht sind Sicherungen und Befriedigungen unanfechtbar, wenn sie Ausdruck des vorkonkurslichen, gewöhnlichen Geschäftsverkehrs sind. Diese ordinary course of business-Ausnahme beruht auf dem Gedanken, dass das Konkursanfechtungsrecht lediglich ein sog. „Ausstiegsverhalten“ aus der Gemeinschaft der Gläubiger sanktionieren soll (opt-out theory of preference law). Dieser rechtsvergleichende Impuls lässt sich für das deutsche Recht de lege lata nicht fruchtbar machen. Spätestens seit der Kodifizierung der Bargeschäftsausnahme in §  142 InsO wurde der ordinary course of businessAusnahme im deutschen Recht der „dogmatische Boden“ endgültig entzogen. h)  Sicherungsrechte der Bank aa)  AGB-Pfandrecht Nach umstrittener Auffassung handelt es sich um eine inkongruente Deckung (§  131 InsO). Zwar ergibt die Auslegung der Nr.  14 AGB-Banken, dass die Bank einen Anspruch auf die Verpfändung hat. Der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO spricht für eine Kongruenzlösung: Die Bank erhält in der Krise eine Sicherheit wie sie außerhalb der Krise vereinbart wurde. Ein Rekurs auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz hilft nicht weiter; es handelt sich bei dieser Argumentation um einen Zirkelschluss. Auch lässt sich aus dem Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung keine abgeschwächte insolvenzanfechtungsrechtliche Schutzwürdigkeit folgern. §  131 InsO ist jedoch im Blick auf einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz teleologisch zu extensieren. Gerade bei der Vereinbarung künftiger Sicherheiten ist ein „insolvenzanfechtungsrechtliches Korrektiv“ für materiell rechtlich wirksame „AllFormeln“ einzufordern. Das Korrekturkriterium lautet: von einer Inkongruenz ist auszugehen, wenn es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, welche konkrete Sicherheit erfasst wird. Die Sicherheit kann in der Krise nur dann zugunsten der Bank zum Zuge kommen, wenn die Abwicklung über dieses Girokonto erfolgt. Das ist aber ein Ereignis, das der Schuldner steuern kann und daher die Inkongruenz auslöst. bb)  Globalzession Globalzessionen sind in letzter Zeit unter insolvenzanfechtungsrechtlichen Beschuss gekommen. Nach §  140 Abs.  1 InsO ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die zukünftigen Forderungen begründet wurden. Die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO entfällt nicht aufgrund eines Sicherheitentauschs. Von einem Austausch von Sicherheiten „neu gegen alt“ ist allenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis zu sprechen. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung – jenseits des §  142 InsO – ist jedoch abzulehnen. Das je-

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weilige Sicherungsrecht wird nicht konkret durch ein ganz bestimmtes anderes uno actu ausgetauscht. Es lässt sich keine lückenlose Sicherheitenkette aufbauen. Nach umstrittener Auffassung sind die in der wirtschaftlichen Krise entstandenen Forderungen als kongruente Deckungen zu qualifizieren. Aus dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz kann nicht auf eine Inkongruenz geschlossen werden; dies ist ein Zirkelschluss: Sowohl §  130 InsO als auch §  131 InsO tragen dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz Rechnung. Warum in Ausnahme zu §  130 InsO das subjektive Element der Kenntnis als Ausfluss des Vertrauensschutzes abzuschleifen ist, lässt sich so nicht begründen. Volkswirtschaftliche Erwägungen gleiten häufig in eine ergebnisorientierte Argumentationslinie ab. Eine ökonomische Analyse des Rechts kann außerhalb einer teleologischen Auslegung keinen Einfluss auf die lex lata haben. Es darf keinen Bruch in der Dogmatik zur Rettung der Globalzession geben. Auch hilft ein Rekurs auf §  130 Abs.  1 S.  2 InsO nicht weiter. Für eine Kongruenzlösung streitet der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO. Alle, also auch die im Streit stehenden Forderungen, wurden zugunsten der Bank abgetreten. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es in einem ersten Schritt darauf an, ob sich die Parteien innerhalb der Krise anders verhalten haben, als sie es außerhalb der Krise vereinbart hatten. Davon ist bei Globalzessionen nicht auszugehen, die gerade für den Insolvenzfall geschaffen sind und eine umfassende Sicherheit für die Bank gewährleisten sollen. Der Anwendungsbereich des §  131 InsO ist jedoch in einem zweiten Schritt auszudehnen. Als Korrektiv für weite Vereinbarungen ist ein „insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz“ zu beachten. M. E. geht es bei der insolvenzanfechtungsrechtlichen Globalzessionsproblematik um die Reichweitenbestimmung einer teleologischen Extension des §  131 Abs.  1 InsO. Für eine insolvenzanfechtungsrechtliche Korrektur ist nur zu plädieren, wenn der Schuldner noch eine Steuerungsmöglichkeit in der Krise hat. Beim AGB-Pfandrecht kann er Zahlungen auf andere Konten lenken. Eine vergleichbare Dispositionsbefugnis fehlt aber bei Globalzessionen. Der Schuldner kann aufgrund der Vorauszession nicht mehr zugunsten eines anderen Gläubigers optieren. Die Forderungen sind als Sicherheit zugunsten des Zessionars „verbraucht“ und für diesen vorrangig „reserviert“ (Sperrwirkung der Globalzession). Ein Ausschluss der Anfechtbarkeit wird unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§  142 InsO) kontrovers diskutiert. Das „Stehenlassen“ der Darlehensforderung ist keine ausgleichende Leistung. Dem Schuldner wird kein neuer Vermögenswert zugeführt. Auch ein Vergleich mit der Kontokorrentverrechnung (Sicherheitenkontokorrent) überzeugt nicht. Es fehlt die rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung. Zudem lässt sich die genaue Entwicklung des Forderungsbestands in praxi ungleich schwerer darle-

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gen als die Entwicklung eines Kontokorrents; die erforderliche Prüfung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit ist kaum durchführbar. Auch eine Wertschöpfung (eine Wertauffüllung, ein Werthaltigmachen) unterliegt als ermöglichende Rechtshandlung der Deckungsanfechtung. Dazu kommt es, wenn der Insolvenzschuldner seine vertragliche Leistung gegenüber seinem Vertragspartner, dem Drittschuldner, im Zeitraum der wirtschaftlichen Krise erbringt und dadurch die Forderung für den Globalzessionar durchsetzbar wird (Valutierung der Forderung). Dieser generierte Wert muss von der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung ebenfalls erfasst sein. Der Bezugspunkt des Relativsatzes in §  131 Abs.  1 InsO („die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hat“) ist nicht die Rechtshandlung, sondern die Deckung (Sicherung oder Befriedigung). Von einer kongruenten Deckung ist daher auch auszugehen, wenn man auf das Werthaltigmachen als ermöglichende Rechtshandlung abstellt. Damit wird nur ein anderer Zeitpunkt anvisiert; an der Deckungsqualität ändert sich nichts (Einheitstheorie). cc)  Sicherheitentausch Bei einem Sicherheitentausch entfällt die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO. Hierfür gelten enge Kriterien (zeitliche, inhaltliche und personelle Komponente), die anhand des „Urtypus“ des verlängerten Eigentumsvorbehalts herausgearbeitet wurden. In zeitlicher Hinsicht darf keine Sicherheitenlücke eintreten. Der Austausch von Primärsicherheit“ und „Sekundär- oder Surrogatsicherheit“ muss ohne zwischenzeitlicher „Sicherheitenentkleidung“ erfolgen. Als inhaltliches Kriterium gilt: Die Primärsicherheit muss jedenfalls gegenüber der Surrogatsicherheit wirtschaftlich gleichwertig sein; insbesondere muss die Primärsicherheit insolvenzbeständig gewesen sein. In personeller Hinsicht müssen Primär- und Sekundärsicherheitengläubiger identisch sein. Zugunsten der Bank ist ein Sicherheitentausch in den Globalzessionsfällen annehmen, bei denen der Drittschuldner auf ein Konto der Globalzessionarin zahlt und damit die globalzedierte Forderung nach §§  362 Abs.  1, 407 Abs. 1 BGB erlischt. An die Stelle der verlustig gegangenen Primärsicherheit tritt uno actu eine andere Sicherheit zugunsten der Bank, nämlich ein Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken am Anspruch des Girokontoinhabers und späteren Insolvenzschuldners auf und dann aus der Gutschrift des überwiesenen Betrags. Die verpfändete Gutschrift ist eine Surrogatsicherheit für die globalzedierte Forderung. Anders verhält es sich im „Poolfall“, bei dem die Inhaberin der Forderung eine Poolführerin ist. Diese verwaltet die Sicherheiten treuhänderisch u. a. auch für die Bank, die die Gutschrift des Drittschuldners in das Kontokorrent einstellt und das debitorische Konto des Insolvenzschuldners so in der wirtschaft-

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lichen Krise abbaut. Ein Sicherheitentausch scheitert an der fehlenden personellen Identität des Sicherungsnehmers bei Primär- und Sekundärsicherheit. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung, die sich von den erarbeiteten Kriterien des Sicherheitentauschs entfernt, ist abzulehnen. i)  Verjährungsrecht Nur §  146 Abs.  2 InsO, nicht aber §  146 Abs.  1 InsO ist auf Kontokorrentverrechnungen im Rahmen des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO anwendbar („halbseitige“ Analogie). §  146 Abs.  1 InsO gilt mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog. Es kommt darauf an, wann die Hauptforderung nach der für sie geltenden Frist verjährt (Fortbestand der für die Hauptforderung allgemein geltenden Verjährungsregeln); §§  203 ff. BGB gewähren einen ausreichenden Schutz für den Insolvenzschuldner. Dies verkennt der BGH, der zu sehr im Binnenbereich seiner insolvenzrechtlichen Überlegungen gefangen ist. Damit lässt sich erneut eine Ausdifferenzierung im Insolvenzanfechtungsrecht abbauen, indem für eine Stärkung der allgemeinen Regeln plädiert wird. Anders verhält es sich bei §  146 Abs.  2 InsO: Der dort geregelte Rechtsgedanke („Verteidigung“ mit einem verjährten Anfechtungsanspruch) gilt auch innerhalb der insolvenzanfechtungsrechtlichen Prüfung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. Bei Kontokorrentverrechnungen wendet die Bank als Anfechtungsgegnerin oft ein, dass die für anfechtbar gehaltene Rechtshandlung nicht gläubigerbenachteiligend sei, weil dadurch lediglich eine Rechtsposition verfestigt worden sei, die sie aufgrund einer früheren Rechtshandlung bereits innegehabt habe (vor allem AGB-Pfandrecht, Globalzession). Der Insolvenzverwalter braucht – um diesen Einwand auszuräumen – die frühere Rechtshandlung nicht gesondert anzufechten. Dafür sprechen auch prozessökonomische Überlegungen (keine „Klage auf Vorrat“).

§  5.  Die Lastschrift Der Lastschriftverkehr hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen und bildet neben dem Überweisungsverkehr die zweite große Säule des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.  Die Rationalisierungseffekte und logistischen Vorzüge von Einzugsermächtigungslastschriften bestehen für den Gläubiger vor allem darin, dass er nicht darauf angewiesen ist, die pünktliche Zahlung seiner Schuldner abzuwarten und nur noch die in der Regel wenigen Rückbelastungen bearbeiten muss. Die sofortige Gutschrift der eingereichten Lastschrift bringt ihm zudem Liquiditäts- und Zinsvorteile. Auch für den Schuldner ergeben sich Vorzüge gegenüber einer Barzahlung und einer Überweisung: Er muss bei den wiederkehrenden Zahlungen die Fälligkeitstermine nicht mehr überwachen. Beim Einzugsermächtigungsverfahren kann der Schuldner der Belastung seines Kontos zudem widersprechen; das Insolvenzrisiko bei unberechtigtem Einzug verbleibt bei der Gläubiger- bzw. Schuldnerbank. Diese Risikofreiheit ist der Prägestempel dieses von der Kreditwirtschaft entwickelten technischen Verfahrens, das es ermöglicht, Massegeschäfte effektiv, einfach und kostengünstig abzuwickeln. Nahezu jeder Insolvenzverwalter findet Buchungen zu Lasten des Insolvenzschuldners vor und muss prüfen, ob und inwieweit er diesen widersprechen    Ursprünglich hatte das Lastschriftverfahren dazu gedient, im Abrechnungsverkehr zwischen Banken Spitzenbeträge auszugleichen und den Zahlungsverkehr zwischen Reichs- und Staatsbehörden und der Reichsbank zu erleichtern. Siehe dazu Hadding, in: FS Bärmann, S.  375 (379).    Zur Anzahl der Lastschrift-Transaktionen im Jahre 2006: BR-Drucks. 16/8026, S.  4: Deutschland: 7 363,34 Mio; Euro-Raum: 15 091,05 Mio; Wert der Lastschrift-Transaktionen: Deutschland: 3 665,48 Mrd. Euro; Euro-Raum: 6 339,75 Mrd. Euro. Von einem „Siegeszug“ des Lastschriftverkehrs ist gar die Rede (Hadding, WM 2005 1549 (1550)), vom zweitpopulärsten Zahlungsmittel nach der Überweisung: Jacoby, LMK 2008, 253185.    Zu den Rationalisierungseffekten: BGHZ 167, 171 = NJW 2006, 1965 (1966); Strube, in: Derleder/Knops/Bamberger, §  39 Rdnr.  5; Gottwald, in: FS Stathopoulos, S.  673.    Ausführlich zu den Vor- und Nachteilen: Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  56 Rdnrn.  60 ff.    BGH NJW 2008, 2495.    BGH NJW 1989, 1672; diese Risikofreiheit besteht gleichwohl in der genannten Weise nur, wenn man der Genehmigungstheorie folgt. Dazu sogleich.    Der Staat verpflichtet z. B. Kfz-Halter und Umsatzsteuerpflichtige, ihre Steuerschuld mittels Einzugsermächtigungsverfahren zu begleichen. Dazu BGHZ 177, 69 (73) = NZI 2008, 675 (676).

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kann oder gar muss. Fehlentscheidungen bringen Haftungsrisiken (§  60 Abs.  1 InsO) mit sich.  Ob und inwieweit der Widerspruch von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren ein Massemehrungsinstrument in der Hand des Insolvenzverwalters ist, bedarf einer eingehenden Untersuchung. Bevor die Thematik der Insolvenzanfechtung erörtert wird, sind nach der „bewährten Vorgehensweise“ die bankrechtlichen Grundlagen vorab zu eruieren. Dogmatisches „Herzstück“ ist die viel diskutierte Genehmigungstheorie im Einzugsermächtigungsverfahren. Diese birgt bankvertragliche Folgeprobleme in sich wie die Genehmigungsfiktion nach Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (=Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.10) sowie die Frage, wann eine Genehmigung konkludent erfolgt ist. Kontroversen gibt es bei den Auswirkungen auf das Valutaverhältnis: Stimmt die Formel „ohne Genehmigung, keine Erfüllung“? Danach müssen die insolvenzrechtlichen Folgen der Genehmigungstheorie in das Blickfeld rücken. Können oder müssen gar der vorläufige schwache Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ebenso wie der starke vorläufige und der endgültige Verwalter Belastungsbuchungen widersprechen, auch wenn keine „anerkennenswerte Gründe“ für einen Widerspruch bestehen? Dogmatisch gesehen geht es um die Reichweite des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes sowie um das Verhältnis des Widerspruchs zum Insolvenzanfechtungsrecht. Gilt die Frist nach Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren auch dann, wenn zwischenzeitlich ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde? Die dogmatischen Streitpunkte haben einen Kampf zwischen dem insolvenzrechtlichen und dem bankrechtlichen Zivilsenat ausgelöst.11 Im Jahre 2010 verständigten sich schließlich die Senate auf eine gemeinsame Linie.12 Diese Entwicklungen gilt es nachzuzeichnen. Dabei soll ein eigener Lösungsansatz entwickelt werden, bei dem die Ergebnisse aus dem Überweisungsrecht – soweit wie möglich – fruchtbar zu machen sind.

   G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223, der weiter ausführt, dass der Insolvenzverwalter an dieser Schnittstelle von Bank- und Insolvenzrecht klare rechtliche Maßstäbe für sein Vorgehen braucht.    Siehe dazu §  5 I.3.b)bb)(2)(b). 10   Inhaltsgleich formuliert war Nr.  7 Abs.  4 AGB-Sparkassen a. F. 11   Bork, ZIP 2008, 1984 (1985) spricht von einer „kämpferische(n) Eindringlichkeit“, mit der der XI. Senat argumentiere. 12   Dabei ist nicht nur ein eigener Ansatz vorzustellen und stringent durchzulösen. Es soll immer wieder zur höchstrichterlichen Rechtsprechung zurückgefunden und diese insgesamt kritisch aufgearbeitet werden. Erst dann lässt sich der Blick auf die Schnittfläche zwischen dem Insolvenzanfechtungsrecht und dem Lastschriftenrecht richten.

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

I.  Bankrechtliche Grundlagen 1.  Gesetzliche Regelungen und Zweispurigkeit des Lastschriftenrechts Die Lastschrift ist in §  1 Abs.  4 ZAG in Einklang mit Art.  4 Nr.  28 ZD-RL legaldefiniert: Danach ist eine Lastschrift „ein vom Zahlungsempfänger ausgelöster Zahlungsvorgang zur Belastung des Zahlungskontos des Zahlers, dem dieser gegenüber dem Zahlungsempfänger, dessen Zahlungsdienstleister oder seinem eigenen Zahlungsdienstleister zustimmt.“ 13 Die Lastschrift ist ferner von der Zahlungsdienste-Richtlinie umfasst, die der Gesetzgeber in den §§  675c ff. BGB umsetzte. Dieses gesetzliche Rahmenregelwerk brachte nicht „das Aus“ für die bisher in Deutschland üblichen Formen des Einzugsermächtigungs- und des Abbuchungsauftragsverfahrens.14 Eine Autorisierung ist ausdrücklich auch nachträglich möglich (§  675j Abs.  1 S.  2 BGB15), so dass die Genehmigungskonzeption des Einzugsermächtigungsverfahrens weiterhin möglich ist. Die Richtlinie spricht in Art.  63 von einem „Verlangen auf Erstattung eines von einem oder über einen Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgangs“. Neben die Varianten des Lastschriftverfahrens, die von der deutschen Kreditwirtschaft in einem Interbankenabkommen, dem Lastschriftabkommen (LSA) entwickelt wurden16 , tritt die SEPA-Lastschrift: Diese wurde von der europäischen Kreditwirtschaft ausgearbeitet und weicht in dogmatischer Hinsicht mit ihrem Konzept einer „Doppelweisung“ von der gängigen Einzugsermächtigung ab: Der Zahler erteilt gleichzeitig dem Zahlungsempfänger eine Einzugsermächtigung und seinem Zahlungsdienstleister einen Zahlungsauftrag. Diese europäische Alternative, die am Ende gesondert zu behandeln ist17, führt zu einer Zweispurigkeit im deutschen Lastschriftenrecht.

  Zu den Vorläufern des heutigen Lastschriftverfahrens: Ellenberger, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, §  56 Rdnrn.  1 ff.; Piekenbrock, KTS 2007, 179 (192 f.). 14   So die Befürchtung von Lohmann, S.  10, S.  101 ff. zum Richtlinienvorschlag, in dem noch eine ausdrückliche Autorisierung vorgesehen war. 15   Siehe dazu Art.  54 Abs.  3 ZD-RL. 16   Siehe genauer unter 3.b)aa). 17   Siehe unter V. 13

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2.  Die „Akteure“: Zahler, Zahlungsempfänger, Inkassostelle, Zahlstelle Die Lastschrift wird nicht selten als „rückläufige Überweisung“18 oder „Überweisung mit umgekehrten Vorzeichen“19 bezeichnet. Mit diesen Umschreibungen wird das Spezifikum der Lastschrift zum Ausdruck gebracht. Dieses besteht darin, dass die Einziehung vom Zahlungsempfänger ausgeht. Während bei der Überweisung der Schuldner als Überweisender den Zahlungsvorgang initiiert, löst bei der Lastschrift der Gläubiger die Einziehungskette aus. Deshalb ist die Lastschrift das prominenteste Beispiel sog. „Pull-Zahlungen“.20 Mit einer Lastschriftabrede vereinbaren Schuldner und Gläubiger, dass der Schuldner den Forderungsbetrag nicht bar bezahlt und auch nicht bargeldlos überweist, sondern dass der Gläubiger den Geldbetrag im Wege des Lastschriftverkehrs einziehen soll. Die Zahlung erfolgt durch einen Transfer von Buchgeld. Die Kreditinstitute von Schuldner und Gläubiger sind beim Zahlungsvorgang dazwischengeschaltet (Intermediäre). Der Gläubiger erteilt seiner Bank einen Inkassoauftrag. Damit ergibt sich zwischen den vier beteiligten Personen 21 „ein Parallelogramm“ mit folgenden „vier Seiten“22: –  die Beziehung zwischen dem Schuldner (Zahler23/Zahlenden/Zahlungspflichtigen) und dem Gläubiger (Zahlungsempfänger24), sog. Valutaverhältnis, –  das Rechtsverhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und dessen Bank (erste Inkassostelle), sog. Inkassoverhältnis, –  die Beziehung der Banken untereinander, das u. a. im Lastschriftabkommen (LSA), einem Interbankenabkommen geregelt ist, sog. Interbankenverhältnis, –  das Rechtsverhältnis zwischen dem Zahler und seinem Kreditinstitut, das als Zahlstelle fungiert, sog. Deckungsverhältnis.

18   Der Terminus geht zurück auf Otto Schoele (S.  49), der als „Vater des Lastschriftverfahrens“ bezeichnet wird: Hadding/Häuser, WM 1983 Sonderbeilage Nr.  1, S.  6 . Der II. Zivilsenat des BGH hat diese Terminologie übernommen: BGHZ 69, 82 = NJW 1977, 1916; BGHZ 69, 186 = NJW 1977, 2210. Siehe dazu Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  56 Rdnr.  3; Werner, in: Kümpel/Wittig, Rdnrn.  7.424 ff. 19   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  233 m.w.Nachw. 20   Langenbucher, Risikozuordnung, S.  435 m.w.Nachw. 21   Es können auch noch weitere Banken dazwischen geschaltet sein, die als Inkassostellen fungieren. 22   Ausführlich zu den einzelnen Rechtsverhältnissen: Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, §  58. 23   So die allgemeine neue Terminologie nach der Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinie; siehe etwa §  675 f Abs.  1 BGB. 24   So die allgemeine neue Terminologie nach der Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinie; siehe etwa §  675 f Abs.  1 BGB.

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

3.  Überblick über das Abbuchungsauftrags- und Einzugsermächtigungsverfahren Lastschriftverfahren im herkömmlichen Sinne25 ist der Oberbegriff für das Abbuchungsauftragsverfahren, das in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle spielt und das Einzugsermächtigungsverfahren, das vor allem für kleinere, wiederkehrende Zahlungen 26 häufig zur Anwendung kommt. 27 Die dogmatische Einordnung der beiden zivilrechtlich nicht ausdrücklich geregelten Erscheinungsformen des Lastschriftverfahrens ist umstritten. Die wissenschaftliche Diskussion hält bis heute unvermindert an. 28 Die zuweilen immer wieder eintretende Rechtsunsicherheit ist für die Praxis unerträglich; warum ein so praktisch wichtiger Bereich wie der Lastschriftverkehr dogmatisch so schwer zu bewältigen ist 29, verwundert auf den ersten Blick, wird aber verständlich, wenn man bedenkt, dass das Verfahren zuerst von der Bankpraxis im Interbankenverhältnis vorgegeben wurde und danach die dafür passende Zivilrechtsdogmatik zu entwickeln war.30 Die Enthaltsamkeit des Gesetzgebers ist die Wurzel des Übels; die Parteivereinbarungen im Valuta- und Deckungsverhältnis sind ebenfalls nicht ausreichend, so dass alle zivilrechtlichen Streitfragen des Lastschriftverkehrs auf das Problem der „Lücke“ zurückzuführen sind. a)  Das Abbuchungsauftragsverfahren Beim Abbuchungsauftragsverfahren (AAV) weist der Schuldner seine Bank an, auf Anforderung des Gläubigers hin sein Konto zu belasten und im Interbankenverhältnis eine Gutschrift zu erteilen. Der Schuldner gibt also seiner Bank einen Auftrag, Lastschriften eines bestimmten Gläubigers einzulösen. Ein Abbuchungsauftrag lautet z. B.:

  Danben tritt die SEPA-Lastschrift. Siehe dazu unter V.   Das Lastschriftverfahren wird insbesondere im Bereich der Versorgungsunternehmen, der Versicherungswirtschaft, bei Steuern, Telefon-, Rundfunk- und Fernsehgebühren, Mitgliedsbeiträgen etc. genutzt. Gegenüber einem Dauerauftrag besteht der Vorteil, dass der Lastschriftbetrag vom Zahlungsempfänger der jeweiligen Schuld angepasst werden kann. Siehe zu den Vorteilen: Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  56 Rdnrn.  61 ff. 27   Beide Verfahren sind strikt zu trennen. Anders bei Langenbucher, Die Risikozuordnung, S.  184 ff., die bei den Risiken der Zahlungsanweisung keine Unterscheidung mehr trifft. Ebenso dies., in: FS Mailänder, S.  21 ff., wo allgemein von einer Lastschrift die Rede ist, aber der Sache nach das Einzugsermächtigungsverfahren gemeint ist. 28   Umfassende Darstellung z. B. bei Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57. 29   Zur großen Verunsicherung in der Praxis: G. Fischer, WM 2009, 629, der davon spricht, dass die Materie „außerordentlich komplex“ ist und es in den letzten vier Jahrzehnten eine kaum noch überschaubare Fülle von Stellungnahmen dazu gegeben hat; Schulte-Kaubrügger, ZIP 2008, 2348 (2354). 30   Siehe Haas, Widerspruch gegen Lastschriften, S.  3 (14), der ausführt, dass die rechtliche Deutung des Vorgangs erst im Nachhinein erfolgte. 25 26

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„Hiermit bitte(n) ich/wir Sie widerruflich, die von .  .  . für mich/uns bei ihnen eingehenden Lastschriften zu Lasten meines/unseres Girokontos Nr. .  .  . einzulösen.“31

In der Praxis ist diese Variante des Lastschriftenverkehrs wenig verbreitet. Dies liegt darin begründet, dass ein rationelles Forderungsmanagement bei Massezahlungen mit dieser Lastschriftvariante nicht möglich ist:32 Der Gläubiger ist nämlich darauf angewiesen, dass der Schuldner seiner Bank auch tatsächlich einen Abbuchungsauftrag erteilt; er hat dabei kaum eine Kontrollmöglichkeit.33 Die dogmatische Einordnung des Abbuchungsauftrags ist umstritten.34 Canaris knüpft an den Wortlaut der Lastschriftabrede („Ermächtigung“) an und hält §  185 Abs.  1 BGB für einschlägig: Es handele sich um eine externe, d. h. der Zahlstelle gegenüber in Geltung gesetzte oder doch zumindest um eine ihr gegenüber i. S. der §§  170 ff. BGB kundgegebene Ermächtigung.35 Diese Konzeption biete eine bruchlose und einheitliche Einordnung des Lastschriftverfahrens in die Systematik des BGB und in bewährte dogmatische Kategorien. Zudem käme man durchweg zu sach- und interessengerechten Ergebnissen.36 Die Rechtsprechung37 sowie die herrschende Auffassung im Schrifttum 38 gehen hingegen – im Anschluss an Hadding39 - von einer generellen Weisung des Schuldners i. S. der §§  665, 675 Abs.  1 BGB an die Zahlstelle aus (Generalweisungstheorie). Diese berechtige und verpflichte die Zahlstelle, die Lastschriften des im Abbuchungsauftrag bezeichneten Gläubigers zu Lasten seines Kontos im Rahmen der vorhandenen Deckung einzulösen. In der Erteilung des Abbuchungsauftrags sei eine Vielzahl antizipierter Überweisungsaufträge des Kontoinhabers zu sehen.

31   G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223 (224). Der Zahlende kann diesen „Auftrag“ auf einen Höchstbetrag, der dann für jede einzelne Lastschrift gilt, begrenzen. 32   Strube, in: Derleder/Knops/Bamberger, §  39 Rdnr.  11, der von einer praktischen Bedeutungslosigkeit dieser Zahlungsvariante spricht. Hinzu kommt für die Zahlstelle ein erhöhter Bearbeitungsaufwand. Dazu Kuder, S.  28. 33   Aus der Sicht des Zahlenden liegt der zentrale Nachteil darin, dass der erteilte Auftrag nach Ausführung nicht mehr widerrufen werden kann. Dazu sogleich. 34   Zu Recht hat sich etwa die Auffassung von Franke (DB 1973, 1055) nicht durchgesetzt, wonach im Abbuchungsauftrag ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§  328 BGB) zu erblicken ist, aus dem der begünstigte Zahlungsempfänger berechtigt wird. 35   Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  532. Zu Vollmachtskonstruktionen in der Literatur: Fallscheer-Schlegel, S.  14 ff.; Sandberger, JZ 1977, 285 (286). 36   Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  532. 37   BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGHZ 72, 343 (345) = NJW 1979, 542; BGHZ 79, 381 (385) = NJW 1981, 1669. 38   Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57 Rdnr.  54; Klinger, S.  211 f. („aus dogmatischer Sicht ausgereift“). 39   Hadding, in: FS Bärmann, S.  375 (382 f.); ders., WM 1978, 1366.

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

Mittlerweile ist das Abbuchungsauftragsverfahren in den Sonderbedingungen vertraglich geregelt40 ; die Bedeutung des Theorienstreits hat sich damit deutlich entschärft. Der Mustertext lautet: „Ich weise/wir weisen Sie an, die von (Name des Zahlungsempfängers) für mich/uns bei Ihnen eingehenden Lastschriften zu Lasten meines/unseres Kontos (Kontonummer, Bankleitzahl) einzulösen. Ich kann/wir können bei einer Zahlung, die diesem Abbuchungsauftrag entspricht, von Ihnen keine Erstattung des belasteten Betrages verlangen.“41

Die Kontobelastung erfolgt beim Abbuchungsauftrag mit Zustimmung des Schuldners. Daraus ergibt sich, dass eine Rückgängigmachung durch einen Widerspruch des Schuldners nach Ausführung nicht möglich ist. Vielmehr muss sich der Schuldner direkt an den Zahlungsempfänger wenden. Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB tritt mit der Einlösung der Lastschrift ein.42 Die Lastschrift ist eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird (Nr.  9 Abs.  2 S.  1 AGBBanken). Dieses unstreitige bankvertragliche Profil – keine Widerspruchsmöglichkeit und Erfüllung mit der Einlösung der Lastschrift – ist der Grund, weshalb das Abbuchungsauftragsverfahren in der Insolvenz keine Probleme bereitet.43 Im Folgenden konzentriert sich die Abhandlung daher im Kern auf das praktisch wichtigere Einzugsermächtigungsverfahren und geht am Ende auf die SEPA-Lastschrift ein. b)  Das Einzugsermächtigungsverfahren In praxi ist das Einzugsermächtigungsverfahren weiter verbreitet. Synonym wird auch der Terminus „Einziehungsermächtigungsverfahren“ in Rechtsprechung44 und Schrifttum45 verwendet. Das Lastschriftabkommen spricht von der Einzugsermächtigung; diese Begrifflichkeit verdient daher im Folgenden den Vorzug.46 40   Bunte, AGB-Banken, 7. Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren, Rdnr.  13. 41   Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57 Rdnr.  53. 42   BGH DB 1978, 1826. Ob diese Generalweisungstheorie auch bei der zwischenzeitlich geltenden Vertragskonzeption für die Überweisung (§  676a BGB a. F.) stimmig war, muss nicht mehr entschieden werden, da der Gesetzgeber zum alten Weisungsmodell zurückgekehrt ist. Zu den Bedenken gegen die Ermächtigungstheorie (im Rahmen des Einzugsermächtigungsverfahrens) aufgrund des Vertragscharakters der Überweisung: Nobbe, WM 2009, 1537 (1542) m.w.Nachw. Diese Einwände sind freilich nach neuem Recht hinfällig und sollen daher im Folgenden nicht mehr reflektiert werden. 43   Nobbe, WM 2009, 1537. 44   BGH ZInsO 2009, 1102. 45   MünchKomm-BGB/Wenzel, §  362 Rdnr.  26. 46   Auch der Gesetzgeber präferiert diesen Terminus: siehe etwa BR-Drucks. 848/08, S.  165 ff.

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aa)  Ablauf Wie herausgearbeitet, sind vier Rechtsverhältnisse zu trennen: das Valuta-, das Inkasso-, das Interbanken- und das Deckungsverhältnis.47 Diese sind in der angegebenen Reihenfolge des Zahlungsvorgangs kurz zu skizzieren. Beim Einzugsermächtigungsverfahren (EEV) räumt der Schuldner dem Gläubiger „die Ermächtigung“ ein, die zu leistenden Zahlungen mittels Lastschrift bei der Schuldnerbank einzuziehen.48 Eine Einzugsermächtigung dieser Art lautet etwa: „Hiermit ermächtige(n) ich/wir Sie widerruflich, die von mir/uns zu entrichtenden Zahlungen wegen .  .  . bei Fälligkeit zu Lasten meines/unseres Girokontos Nr. .  .  . bei (Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts) durch Lastschrift einzuziehen.“ 49

Diese Lastschriftabrede ist eine unselbständige Nebenabrede50 zum Kausalgeschäft des Valutaverhältnisses, nach dem der Schuldner dem Gläubiger aus irgendeinem Rechtsgrund einen Geldbetrag schuldet. Mit Erteilung der Einzugsermächtigung wird die Geldschuld zur Holschuld (§  269 Abs.  1 BGB).51 Der Schuldner ist dem Gläubiger gegenüber nur noch verpflichtet, für eine ausreichende Kontodeckung zu sorgen und die Belastungsbuchung in Höhe des geschuldeten Betrags hinzunehmen.52 Der Gläubiger ist durch eine Inkassovereinbarung mit seinem Kreditinstitut (erste Inkassostelle) zur Teilnahme am Einzugsermächtigungsverfahren zugelassen. Er reicht die Lastschrift bei seiner Bank „beleghaft“53 ein und löst so die Einziehungskette aus. Die Gläubigerbank schreibt ihrem Kunden den Betrag unter „Eingang vorbehalten“ sofort gut („E.v.-Vermerk). Die Gutschrift steht also „unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung“ (Nr.  9 Abs.  1 AGB-Banken). Dabei handelt es sich um eine Bedingung i. S. des §  158 BGB.54 Der VIII. Zivilsenat55 geht von einer Resolutivbedingung (§  158 Abs.  2 BGB) 56 , der IX. Zivilsenat57 von einer Suspensivbedingung (§  158 Abs.  1 BGB) aus. Die Gutschrift ist erst   Dazu Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1886).   BGH NJW 1977, 1916. 49   G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223 (225). Siehe auch die Bedingungen für den Lastschrifteinzug (Fassung November 2009) Anlage B. 1; abgedruckt bei Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Anhang 2 zu §§  56–59. 50   BGHZ 150, 269 (274) = WM 2002, 1006; Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  58 Rdnr.  175 („nicht essentielle Nebenabrede“). 51   BGHZ 69, 361 (366) = NJW 1978, 215. 52   BGHZ 162, 294 (302) = NJW 2002, 1950. 53   Zu dieser Formulierung Abschn. I Nr.  2 Abs.  2 LSA. 54   Ausführlich zur rechtlichen Qualifikation des Vorbehalts: van Gelder, in: FS Schimansky, S.  127 (135 ff.); Peschke, S.  67 ff. 55   BGH NJW 1980, 1964 („auflösend bedingte Erfüllung“); BGH WM 1986, 1409 (1411): „auflösende(n) Bedingung, dass kein Widerruf erfolgt“; so bereits der IV. Zivilsenat: BGHZ 6, 121. 56   In diesem Sinne auch Nobbe, WM 2009, 1537. 57   BGHZ 118, 171 (177) = NJW 1992, 1960 m.w.Nachw.; so bereits schon RGZ 108, 210 47

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mit dem Wegfall des Vorbehalts endgültig. Der Vorbehalt entfällt mit der Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstelle nach Nr.  9 Abs.  2 AGB-Banken.58 Die Inkassostelle leitet die Lastschrift an die Schuldnerbank „beleglos“59 weiter. 60 Diese prüft also nicht, ob eine Einzugsermächtigung tatsächlich vorliegt; sie begnügt sich mit dem Vermerk „Einzugsermächtigung liegt vor“. 61 Die Lastschrift ist eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird (Nr.  9 Abs.  2 S.  1 AGB-Banken). Zwischen den beteiligten Kreditinstituten gilt das „Abkommen über den Lastschriftverkehr“ (Lastschriftabkommen, abgekürzt: LSA) in der Fassung vom September 2009. 62 Dieses Interbankenübereinkommen63 , das zwischen den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft vereinbart wurde und seit 1.  1. 1964 in Kraft ist, hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten der Bankkunden. Trotz der Regelung in Abschn. I Nr.  1 S.  1 lit.  a LSA, wo von einer „schriftlichen“ Ermächtigung die Rede ist, kann daher eine Einzugsermächtigung formfrei erteilt werden. 64 Das Abkommen regelt den gesamten Ablauf der Lastschrift, vor allem die Lastschriftrückgabe. In Abschnitt III Nr.  1 LSA heißt es, dass die Zahlstelle Lastschriften, die als Einzugsermächtigungslastschriften gekennzeichnet sind, zurückgeben und deren Wiedervergütung verlangen kann, wenn der Zahlungspflichtige der Belastung widerspricht. Die Rückgabe und Rückrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Zahlungspflichtige nicht binnen sechs Wochen nach Belastung widerspricht (Abschnitt III Nr.  2 LSA). bb)  Dogmatische Einordnung „der Einzugsermächtigung“ Die dogmatische Einordnung der „Einzugsermächtigung“ gehört zu den großen Streitfragen des Bankvertragsrechts. Rechtsprechung65 und h.L. 66 votieren für die von Hadding67 begründete Genehmigungstheorie, dessen Namensgeber (212); siehe auch Engel, S 52 f., Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  744; ders., in: FS 100 Jahre Konkursordnung, S.  87; Häuser, WM 1981, 1 (3). 58   Siehe zur Neufassung ab 1.  11. 2009: Bunte, AGB-Banken, Nr.  9 Rdnrn.  224 ff. 59   Sog. EZL-Verfahren. Siehe Abschn. I Nr.  2 Abs.  2 LSA. 60   Bei diesem Vorgang können zusätzlich eine oder mehrere Banken dazwischen geschaltet sein. 61   In aller Regel belastet die Zahlstelle das Konto des Schuldners sofort und prüft erst dann, ob eine ausreichende Deckung bzw. Kreditlinie vorhanden ist. Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1886). 62   Abgedruckt bei Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Anhang 1 zu §§  56–59. 63   Siehe dazu Abschn. IV Nr.  1 LSA: „Dieses Abkommen begründet Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten.“ 64   LG Bonn ZIP 2004, 2183 (2184). 65   BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27; BGH NJW 1989, 1672 m.w.Nachw. 66   Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57 Rdnrn.  8 ff. m.w.Nachw. 67   Hadding, in: FS Bärmann, S.  375 (388); ders., WM 1978, 1366 (1367 ff.); MünchKommHGB/Hadding/Häuser, Bd.  5, C. Lastschriftverkehr Rdnr. C 20.

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Canaris68 sie für „verfehlt“ hält. Insbesondere Canaris69 vertritt demgegenüber die sog. „Ermächtigungstheorie“. Langenbucher 70 nimmt mit ihrer „Zwecktheorie“ eine vermittelnde Position ein. Dieses Meinungsspektrum, das sich noch um eine Vielzahl von Sonderauffassungen71 erweitern ließe, die zu Recht keine breite Zustimmung finden konnten72 , ist im Folgenden zu überblicken. Letztlich rankt sich der Streit um die Frage, wie die Widerspruchsmöglichkeit 73 des Schuldners im Deckungsverhältnis zu der Schuldnerbank einzuordnen ist und welche Wirkung der Lastschriftabrede im Valutaverhältnis zufällt. Es geht ­darum, welche Reichweite ihr im Hinblick auf eine Autorisierung des Zahlungsvorgangs und den Zeitpunkt der Erfüllung zukommt. Handelt es sich um eine Ermächtigung, Zahlungen einzuziehen oder nur um eine Ermächtigung, das Lastschriftverfahren als Alternative zur Barzahlung und zur Überweisung nutzbar zu machen und den Zahlungsvorgang einzuleiten? Tritt bei berechtigten Forderungen die Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB mit der Einlösung der Lastschrift unbedingt ein oder steht sie unter der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung einer Genehmigung? Die Komplexität der Thematik besteht darin, dass die Wirkung im Valutaverhältnis von der Ebene des Deckungsverhältnisses zu trennen ist. Unstreitig ist lediglich das Proprium der Einzugsermächtigungslastschrift im Deckungsverhältnis: Gegenüber seiner Bank, die als Zahlstelle fungiert, gibt der Schuldner keine Erklärung ab und autorisiert somit ihr gegenüber den Zahlvorgang nicht. Die Schuldnerbank handelt alleine auf Weisung der Gläubigerbank (erste Inkassostelle).74

68   Canaris, WM 1980, 354 (362 ff.); ders., Bankvertragsrecht, Rdnr.  535, der die Genehmigungstheorie für „verfehlt“ hält, weil sie ohne irgendeinen plausiblen Grund den erklärten Parteiwillen missachte und daher mit dem Grundsatz der Privatautonomie unvereinbar sei. 69   Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnrn.  532 ff.; guter Überblick über den Streitstand auch bei Staudinger/Martinek, §  676 f, Rdnrn.  42 ff. 70   Langenbucher, Die Risikozuordnung, S.  185 ff. 71   Siehe jüngst zum Lastschriftverfahren als Anweisungsvorgang: Schnauder, WM 2011, 1685 (1688); Engel (S.  20 ff.) sieht in der Einzugsermächtigung eine Doppelermächtigung. Fallscheer-Schlegel (S.  14 ff.) und Sandberger (JZ 1977, 285) erkennen darin eine Vollmacht. Nach Zschoche (S.  76 ff.) vereinbaren Schuldner und Schuldnerbank, dass die von der Schuldnerbank zu erbringenden Leistungen teilweise von einem Dritten bestimmt werden (§  317 BGB). 72   Zutreffende Kritik z. B. bei Kuder, S.  32 ff. 73   Zuweilen ist auch von einem Widerspruchsrecht die Rede (etwa BGHZ 161, 49 (53) = NJW 2005, 675); dagegen Hadding, WM 2005, 1549 (1551 f.); Schröder, ZInsO 2006, 1; Jungmann, ZIP 2008, 295 (299). Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887) sprechen von einer „unsauberen Terminologie“. Von einem Recht zum Widerspruch könne nicht gesprochen werden, wenn keine anerkennenswerten Gründe bestehen. 74   Die vom Gläubiger einzureichende Lastschrift enthält den Zusatz: „Einzugsermächtigung des Zahlungspflichtigen liegt dem Zahlungsempfänger vor.“

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(1)  Ermächtigungstheorie Die Vertreter der Ermächtigungstheorie75 rekurrieren auf den Wortlaut der Lastschriftklausel, wonach expressis verbis von einer Ermächtigung die Rede ist. Es handele sich um eine interne Ermächtigung gegenüber dem Zahlungsempfänger i. S. des §  185 Abs.  1 BGB – im Gegensatz zum Abbuchungsauftrag: dort liege eine externe Ermächtigung gegenüber der Zahlstelle vor.76 Der Kerngedanke lautet: Die Zahlstelle ist aufgrund der Ermächtigung befugt, das Konto des Schuldners zu belasten, soweit die Zahlung berechtigt ist. Mit der Einlösung berechtigter Lastschriften kommt es demnach zur Erfüllung nach §  362 Abs.  1 BGB. Besteht die Forderung im Valutaverhältnis nicht oder fehlt eine Einzugsermächtigung, so ist die Einziehung unberechtigt. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung, die mit einem Widerspruch verweigert wird. Bei einer berechtigten Lastschrift, bei der die Belastungsbuchung von Anfang an wirksam ist, soll gleichwohl ein Widerspruch gegen die Belastungsbuchung als Gegenweisung möglich sein; es gehe dabei um die Ausübung des allgemeinen girovertraglichen Widerrufsrechts.77 Canaris bezeichnet seine Ermächtigungstheorie als „überlegen“, da sie einerseits dem Lastschriftschuldner durch das Widerrufsrecht ausreichenden Schutz biete, andererseits aber die mit der Genehmigungstheorie verbundene, u. U. langfristige schwebende Unwirksamkeit vermeide.78 Durch die neuen Lastschriftbedingungen dürfte allerdings der Ermächtigungstheorie im Einzugsermächtigungsverfahren der Boden entzogen worden sein.79 (2)  Genehmigungstheorie (a)  Das dogmatische Profil des Widerspruchs Nach der Genehmigungstheorie handelt es sich bei der „Ermächtigung“ der Lastschriftabrede nicht um eine solche i. S. des §  185 Abs.  1 BGB. Vielmehr enthält die erteilte „Ermächtigung“, die Forderung einzuziehen, keine Befugnis, das Weisungsrecht des Schuldners gegenüber seiner Bank auszuüben (weisungslose Belastung80). Dem Gläubiger wird lediglich die Möglichkeit gegeben, das von der Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des Lastschriftein75   Canaris, Bankvertragsrecht Rdnr.  532; ders., WM 1980, 354 (361); Langenbucher, in: FS Mailänder, S.  21; Badde, S.  11; Mütze, S.  40 ff.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  11 IV 3c; Burghardt, WM 2005, 1892 (1894); Einsele, AcP 209 (2009), 719 ff. 76   Canaris, Bankvertragsrecht Rdnr.  532. 77   Canaris, Bankvertragsrecht Rdnr.  560. 78   Canaris, Bankvertragsrecht Rdnr.  560. 79   So Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57 Rdnr.  38. 80   BGHZ 177, 69 (73) = NZI 2008, 675 (676).

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zugs zu benutzen. 81 Der Zahlungsvorgang wird nur in Aussicht gestellt. Der Schuldner verschafft seinem Gläubiger also nicht das Recht, über sein Konto zu verfügen. Der Zugriff des Gläubigers ist vielmehr unbefugt. Die Belastungsbuchung bedarf – um rechtlich wirksam zu sein – der Genehmigung des Schuldners nach §  185 Abs.  2 S.  1 Var. 1 BGB. 82 Die Genehmigung entspricht der Weisung des Schuldners im Abbuchungsverfahren. Sie wirkt auf den Moment der Belastungsbuchung zurück (§  184 Abs.  1 BGB) und löst einen Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank gegenüber ihrem Kunden (dem Schuldner) nach §§  684 S.  2, 683 S.  1, 670 BGB aus. 83 Solange der Schuldner die Belastungsbuchung nicht genehmigt hat, kann er die Lastschrift durch seinen Widerspruch rückgängig machen (sog. Rücklastschrift). 84 Der Widerspruch besagt im Grunde nichts anderes, als dass die Genehmigung versagt wird. Der Schuldner macht damit seinen Anspruch auf Berichtigung der Lastschriftbelastung geltend. Der Schuldner kann ohne Angabe von Gründen und in den Grenzen der Verwirkung gegenüber seiner Bank grundsätzlich unbefristet widersprechen85 und die Rückbuchung veranlassen (zeitlich unbegrenzte Schwebelage 86). Der Widerspruch des Zahlungspflichtigen gegen eine Belastungsbuchung ist für die Zahlstelle auch dann verbindlich, wenn er den Lastschriftbetrag seinem Gläubiger schuldet; die Bank muss wiedergutschreiben, selbst wenn sie damit rechnet, dass ihr Kunde gegenüber dem Gläubiger missbräuchlich handelt. 87 Der einmal erklärte Widerspruch ist aus Gründen der Rechtssicherheit – ebenso wie bei einer Genehmigung nach §  184 BGB88 – nicht widerruflich. 89 Der Kerngedanke der reinen Genehmigungstheorie für die Wirkung im Valutaverhältnis lautet: Die für die Belastung des Schuldnerkontos im Deckungs81   BGHZ 167, 171 (173 f.) = NJW 2006, 1965; dazu Würdinger, JuS 2007, 418; Schnauder, WM 2011, 1685. 82   BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGHZ 144, 349 (353) = NJW 2000, 2667; BGH NJW 1989, 1672; BGH NZI 2005, 99 (100). 83   MünchKomm-HGB/Hadding/Häuser, C. Lastschriftverkehr Rdnr. C 20 m.w.Nachw. 84   Siehe nur BGHZ 144, 349 (354) = NJW 2000, 2667; BGH NJW-RR 2003, 837; BGH NZI 2005, 99 (100). 85   Wie lange der Schuldner eine Genehmigung verweigern kann, war vor allem vor Einführung der Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken streitig. Manche plädierten für eine Sechswochenfrist (BGH WM 1985, 461 (463); BGH WM 1995, 352 (353)). Richtigerweise ist die Widerspruchsmöglichkeit zeitlich unbegrenzt (BGH NJW 2000, 2667). Die Frage verlagert sich vielmehr auf die Anwendbarkeit der Genehmigungsfiktion der Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F. (jetzt: Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren) sowie auf die Anforderungen an eine konkludente Genehmigung. Siehe dazu Langenbucher, Die Risikozuordnung, S.  187. 86   Berger, NJW 2009, 473. 87   BGHZ 95, 103 = NJW 1985, 2326. 88   BGHZ 13, 179 (187) = NJW 1954, 1155. 89   BGH DB 2011, 2543; BGH NJW 1989, 1672: „gilt in besonderem Maße auch für die Abwicklung des Lastschriftverfahrens“; Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (247).

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verhältnis erforderliche Genehmigung des Schuldners ist auch für die Erfüllung im Valutaverhältnis maßgeblich.90 Anders gewendet: ohne Genehmigung, keine Erfüllung. In seinem Urteil vom 14.  2. 198991 hat sich der Bundesgerichtshof erstmals eindeutig für die Genehmigungstheorie ausgesprochen; diese Interpretation des Einzugsermächtigungsverfahrens avancierte zur ständigen Rechtsprechung.92 Der XI. Zivilsenat hat – vorbereitet durch einen Aufsatz der Senatsmitglieder Nobbe und Ellenberger 93 – an den Fundamenten dieses Bauwerks gerüttelt94 und in einem obiter dictum „gewichtige Gründe“ für eine partielle Aufgabe dieser Theorie angeführt. Diese betreffen den Erfüllungszeitpunkt im Valutaverhältnis; darauf ist noch gesondert einzugehen.95 Auf dreierlei Weise kann der Schuldner die Lastschriftbuchung genehmigen: Zunächst kann die Genehmigung – was in praxi selten geschieht96 – ausdrücklich erfolgen; außerdem kommt eine konkludente Genehmigung des Schuldners in Betracht. Die AGB-Banken sehen eine Genehmigungsfiktion vor. Die letzten beiden Varianten bedürfen einer genaueren Untersuchung. (b)  Die Genehmigungsfiktion Eine rechtssichere zeitliche Fixierung der Genehmigung ist – wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt – schwer möglich. Die Schwäche der Genehmigungstheorie ist der Schwebezustand bis zur Genehmigung. Die in Abschnitt III Nr.  2 LSA geregelte Sechs-Wochen-Frist97 gilt nur zwischen den Banken und führt nicht zu einer Genehmigungsfiktion zulasten des Schuldners. Vielmehr muss eine derartige Fiktion zwischen dem Schuldner und dessen Bank vereinbart werden. Mit der am 1.  4. 2002 eingefügten „Genehmigungsklausel“ der Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken98 reagierten die Banken auf ein Urteil des BGH vom 6.  6.   BGHZ 177, 69 (74) = NZI 2008, 675 (676).   BGH NJW 1989, 1672. Noch nicht eindeutig in diesem Sinne in Vorgängerentscheidungen wie BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGHZ 74, 300 (305) = NJW 1979, 1652. 92   BGHZ 144, 349 (353 f.) = NJW 2000, 2667; BGHZ 161, 49 (53 ff.) = NJW 2005, 675; BGHZ 162, 294 (303) = NJW 2005, 1645; BGHZ 167, 171 (174) = NJW 2006, 1965; BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27. 93   Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885; siehe ferner Nobbe, WM 2009, 1537 (1544 ff.). 94   BGHZ 177, 69 (77) = NZI 2008, 675 (677). Dort heißt es, dass zu überlegen ist, „ob für das Valutaverhältnis an der Genehmigungstheorie auch in Zukunft noch festgehalten werden kann.“ 95   §  5 I.3.b)bb)(2)(e). 96   Jungmann, NZI 2005, 84 (88): „absolute Ausnahme“; Böhm, BKR 2005, 366 (367); Kuder, S.  50, die auf den Sonderfall einer „Spezialbetreuung“ in der wirtschaftlichen Krise hinweist. Siehe auch LG Hannover WM 2005, 1319: dort wurde vorgetragen, dass der damalige Geschäftsführer der Klägerin jede einzelne Belastungsbuchung in Telefongesprächen gegenüber Mitarbeitern des beklagten Kreditinstituts genehmigt habe. 97   Abschnitt III Nr.  2 LSA lautet: „Die Rückgabe und Rückrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Zahlungspflichtige nicht binnen sechs Wochen nach Belastung widerspricht.“ 98   Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken lautet: „Hat der Kunde eine Belastungsbuchung aus einer 90 91

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2000. Der XI. Zivilsenat hatte darin entschieden, dass die Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners unbefristet ist, und das bloße Schweigen auf einen Rechnungsabschluss nicht zu einer Genehmigung derartiger Belastungen führt.99 Belastungsbuchungen aufgrund Einzugsermächtigungslastschriften könnten jedoch als genehmigt gelten, wenn das Schweigen des Kunden aus der Sicht des Kreditinstituts über die Anerkennung des Saldos hinaus den Erklärungswert einer geschäftsbesorgungsrechtlichen Genehmigung der Kontobelastungen aufgrund Einzugsermächtigungslastschriften hätte. Dazu bedürfte es aber einer darauf zu beziehenden (und zu beschränkenden) weiteren Bestimmung, etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass die Anerkennung des Saldos auch eine Genehmigung der darin enthaltenen Belastungen aufgrund Einzugsermächtigungslastschriften umfasst, sowie eines entsprechenden Hinweises an die Kunden bei Erteilung des Rechnungsabschlusses.“100 Dieser „Segelanweisung“ des BGH, welche die Anforderungen an §  308 Nr.  5 BGB konkretisierte, trug Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken Rechnung. Der Kunde muss Einwendungen gegen die Belastungsbuchung spätestens sechs Wochen101 nach Zugang des Rechnungsabschlusses erheben. Das Unterlassen von Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung (Nr.  7 Abs.  3 S.  4 AGB-Banken). Damit hat ein Kunde bei den banküblichen quartalsweisen Abschlüssen102 zwischen 1,5 und 4.5 Monate Zeit, der Belastungsbuchung auf seinem Konto zu widersprechen.103 Die Genehmigungsklausel hält einer AGB-rechtlichen Prüfung stand. Den Anforderungen des §  308 Nr.  5 BGB104 (angemessene Erklärungsfrist und Hinweispflicht) ist Genüge getan:105 Zum einen ist die Frist von sechs Wochen angeLastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht schon genehmigt, so hat er Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben. Macht er seine Einwendungen schriftlich geltend, genügt die Absendung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Auf diese Folge wird die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses besonders hinweisen.“ 99   BGHZ 144, 349 = NJW 2000, 2667. 100   BGHZ 144, 349 = NJW 2000, 2667. 101   Bis 1.  1. 2000 galt noch eine Vier-Wochen-Frist. Die Sechs-Wochen-Frist lehnt sich an die Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Kündigungsklauseln in Kreditverträgen an, wo der BGH auf das gesetzliche Leitbild des §  621 Nr.  4 BGB rekurriert (BGHZ 125, 343 = NJW 1994, 1532). Dazu Sonnenhol, WM 2000, 853 (854 f.). 102   Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken stellt auf den Zugang des Rechnungsabschlusses ab. Der Kontoauszugsdrucker der Bank ist keine Empfangseinrichtung des Kunden, sondern lediglich eine Ausgabestelle der Bank und reicht daher nicht aus. Siehe dazu OLG Köln BKR 2007, 170. 103   Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1262); Haas, Widerspruch gegen Lastschriften, S.  3 (9); Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (8). 104   Diese gelten auch im kaufmännischen Verkehr. Palandt/Grüneberg, §  308 Rdnr.  34 mit Rekurs auf BGHZ 101, 365 = NJW 1988, 55. 105   OLG Karlsruhe NZI 2008, 188; OLG München NZI 2007, 107; Bunte, AGB-Banken, Nr.  7 Rdnr.  177; Kuder, S.  53; Peschke, S.  118; Becher/Gößmann, BKR 2002, 519 (521); Son-

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messen; zum anderen wird der Bankkunde durch den besonderen Hinweis auf die Folge seines Schweigens bei Erteilung des Rechnungsabschlusses in ausreichendem Maße geschützt; einer besonderen Mitteilung für jede einzelne Lastschrift bedarf es nicht.106 Zudem muss nach Nr.  7 Abs.  3 S.  1 AGB-Banken der Kunde dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt haben. Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken wurde durch eine Änderung zum 1.  11. 2009 gestrichen und zur besseren Verständlichkeit inhaltsgleich in die „Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren“ verlagert (dort Nr.  2.4 Abs.  2).107 (c)  Konkludente Genehmigung Der Widerspruch des Schuldners ist für die Bank verbindlich und zeitlich unbefristet. Ausdrücklich genehmigt der Schuldner die Belastungsbuchung selten, so dass es auf eine konkludente Genehmigung ankommt. Der Schluss auf eine Zustimmung ist gerechtfertigt, wenn der andere Teil angesichts der Gesamtumstände nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine gegenteilige Äußerung des Schweigenden erwarten durfte.108 Dafür reicht das bloße Schweigen auf zugegangene Tageskontoauszüge, die die Lastschriften enthielten, nicht aus.109 Insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen stellt die Rechtsprechung keine zu hohen Anforderungen an die konkludente Genehmigung.110 Sie sieht in einem nenhol, WM 2002, 1259 (1263); Knees/Fischer, ZinsO 2004, 5 (6); Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1262); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887); a. A. Lachmann, Rdnr.  1438; Rattunde/ Berner, DZWIR 2003, 185 (189); Fehl, DZWIR 2004, 257 (258). 106   A. A. Rattunde/Berner, DZWIR 2003, 185 (189), die dann auch ausführen, dass es der Bank kaum möglich ist, den Kunden bei jeder Lastschrift auf die Folgen seines Schweigens auf eine Belastungsbuchung hinzuweisen. 107   Bunte, AGB-Banken Nr.  7, Rdnr.  177. Nr.  2.4 (nachträgliche Autorisierung der Zahlung durch Genehmigung der Lastschriftbelastungsbuchung) lautet: „Die Autorisierung der Zahlung durch den Kunden erfolgt nachträglich über die Genehmigung der entsprechenden Lastschriftbelastungsbuchung auf seinem Konto. Hat der Kunde eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Zahlungsempfänger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht schon genehmigt, so hat er Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben. Macht er seine Einwendungen schriftlich geltend, genügt die Absendung innerhalb der SechsWochen-Frist. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Auf diese Folge wird die Bank/Sparkasse bei Erteilung des Rechnungsabschlusses besonders hinweisen.“ 108   BGHZ 152, 63 (68 f.) = NJW 2002, 3629 (3630) m.w.Nachw. §  308 Nr.  5 BGB bezieht sich nur auf fingierte Erklärungen; für das Anforderungsprofil einer konkludenten Genehmigung trifft die Vorschrift keine Aussage. Dazu G. Fischer, WM 2009, 629 (634). 109   Ständige Rechtsprechung: BGHZ 186, 269 = NJW 2010, 3510 (3516); BGHZ 73, 207 (209 f.) = NJW 1979, 1164; BGHZ 95, 103 (108) = NJW 1985, 2326; BGHZ 144, 349 (354) = NJW 2000, 2667. 110   Zu dieser Analyse: Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (248 f.).

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solchen Kurs gleichsam einen „Ausgleich“ für die nicht bestehende Insolvenzfestigkeit.111 Die Genehmigungstheorie besteht nach Gero Fischer ihre Bewährungsprobe nur, wenn es möglich sei, die Voraussetzungen einer konkludenten Genehmigung des Schuldners so zu präzisieren und wertungsmäßig zu justieren, dass die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt sind.112 Um auf diesem Wege die für die Praxis notwendige Rechtssicherheit zu gewinnen, müsse es weiter gelingen, allgemein den im Regelfall geltenden Genehmigungszeitpunkt zu bestimmen. Maßgebend sind die besonderen Umstände des Einzelfalls113: So hat der IX. Zivilsenat114 in einem Fall eine konkludente Genehmigung des Insolvenzverwalters angenommen, in dem dieser bei Anzeige seiner Tätigkeit erklärte, das Konto mit sofortiger Wirkung für Lastschriften zu sperren.115 Dieser nutzte in der Folgezeit das Konto ein Jahr lang, bat dann um Schließung des Kontos und Auskehrung des Guthabens. Dieses Verhalten lasse den Schluss zu, dass der Insolvenzverwalter die Belastungsbuchungen konkludent genehmigt habe.116 Ebenso ist zu entscheiden, wenn der Kunde – meist um eine Insolvenz abzuwenden – eine Erweiterung des Kreditrahmens begehrt, um eine Transaktion tätigen zu können. Damit bringt er konkludent zum Ausdruck, dass er die bisherige Ausnutzung des Kreditrahmens nicht revidieren möchte.117 Ebenso verhält es sich, wenn Überweisungen im Einverständnis mit dem Bankkunden nicht ausgeführt werden, bis neue Zahlungseingänge kommen.118 Neben derartigen Fällen kommt eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen vor allem bei der Erfüllung von Forderungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen in Betracht. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen des bereits genehmigten bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen erhebt.119 Hier könne nach dem BGH auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle   Dazu unten II.   G. Fischer, WM 2009, 629 (632). 113   Zu Recht Heiderhoff, KTS 2011, 103 (106): „Die große Unsicherheit, die bei der Abgrenzung selbst dann besteht, wenn man den Kriterien des BGH folgt, ist in jedem Fall bedenklich.“ 114   BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27. 115   Wörtlich führte der Insolvenzverwalter in einem Schreiben aus: „Die bei Ihnen geführten Girokonten bitte ich im Hinblick auf die Sicherungsbefugnis mit sofortiger Wirkung für Lastschriften zu sperren und ebenso Daueraufträge, Einzugs- und Abbuchungsermächtigungen unbezahlt zurückzugeben.“ BGHZ 174, 84 (97) = NZI 2008, 27 (30). 116   Dagegen Nobbe, WM 2009, 1537 (1541): „Die vom IX. Zivilsenat in diesem Fall angenommene Genehmigung lässt sich schwerlich halten.“ 117   Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1262): Ansonsten wären „derartige Hilferufe nicht nötig.“ 118   Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1262), der daraus folgert, dass der Insolvenzverwalter in der Praxis häufig konkludent genehmigte Belastungen vorfindet. 119   Dagegen steht jedoch, dass ein aktiver Zahlungsverkehr dem ureigensten Zweck des Girokontos entspricht. Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1262). 111

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Bestand haben.120 Dies gelte jedenfalls dann, wenn das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt werde. In diesem Fall könne nämlich die Zahlstelle damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden.121 Gero Fischer rekurriert auf die 30-Tagesfrist des §  286 Abs.  3 S.  1 BGB: Löse bereits das Untätigbleiben des Schuldners nach Erteilung einer Rechnung die Verzugsfolge aus, so sei es angemessen und interessengerecht, das Verhalten eines Schuldners, der das Konto in der bisherigen Weise aktiv weiternutzt, ohne die Lastschrift zu beanstanden, nach Ablauf des entsprechenden Zeitraums als konkludente Genehmigung zu werten.122 Bei einem Verbraucher gelte dies nur, wenn er auf die Folgen besonders hingewiesen werde. Diese rechtssichere Fixierung der konkludenten Genehmigung erscheint prima facie die Lösung zur Erhaltung der reinen Genehmigungstheorie. Auf den zweiten Blick, der die Genehmigungsfiktion nach den AGB-Banken mit einbeziehen muss, entpuppt sich dieser Ansatz dann doch als ein Kunstgriff. In methodischer Hinsicht müsste §  286 Abs.  3 BGB analog angesetzt werden. Doch ist dieser Analogieschluss abzulehnen. Die abstrakte Genehmigungsformel Fischers, die sich an der Frist des §  286 Abs.  3 S.  1 BGB orientiert, verträgt sich nicht mit der konkreten Regelung in Nr.  7 Nr.  3 AGB-Banken a. F.123 , die nahezu leer laufen würde.124 Es handelt sich um eine Fingierung einer Genehmigungserklärung125 , für die angesichts der AGB-rechtlichen Sondervorschrift kein Raum ist.126 Noch deutlicher formuliert es Nobbe: Nichts spreche dafür, dass der Zahlende eine Belastungsbuchung genehmigen will, die er gar nicht

120   BGH NJW-RR 2012, 243 (244); BGHZ 186, 269 = NJW 2010, 3510; BGH WM 2010, 2307; BGH NJW 2011, 994 ; BGH NJW-RR 2011, 477; BGH NJW 2011, 2499. Siehe auch G. Fischer, WM 2009, 629 (633); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887); Jungmann, NZI 2005, 84 (88); Knees/Fischer, ZInsO 2004, 5 (6); Kuder, ZInsO 2004, 1356 (1358); Sonnenhol, WM 2002, 1259 (1263); van Gelder, in: FS Kümpel, S.  131 (139). Nach anderer Auffassung sind gerade wegen der Genehmigungsfiktion nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Annahme einer konkludenten Genehmigung noch höhere Anforderungen zu stellen als früher: OLG München NZI 2007, 351. 121   BGH NJW-RR 2012, 243 (244). 122   G. Fischer, WM 2009, 629 (635). 123   Jetzt: Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren. 124   Die derzeit entsprechend Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken geübte Praxis begründet nach Fischer für die Vergangenheit ein schutzwürdiges Vertrauen des Schuldners darauf, dass er noch bis zu sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses den Einzugsermächtigungslastschriften widersprechen kann, die er nicht ausdrücklich bereits genehmigt hat. G. Fischer, WM 2009, 629 (636). 125   So Nobbe, WM 2009, 1537 (1541). 126   In diesem Sinne auch OLG Düsseldorf NZI 2009, 476 (478); OLG Köln NZI 2009, 111 (112).

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kennt, weil er sich wochen- oder monatelang nicht um den Stand seines Kontos kümmere.127 (d)  Korrektur auf Sekundärebene Die Aussage, dass der Schuldner Belastungsbuchungen grundlos widersprechen kann, ist freilich durch eine wichtige Überlegung zu ergänzen: Das betrifft nur die Möglichkeit einer Rückbuchung, die sich entlang der Vertragslinien (Deckungsverhältnis – Interbankenverhältnis – Inkassoverhältnis) vollzieht. Davon ist die Frage zu trennen, ob und inwieweit sich der Schuldner schadensersatzpflichtig macht, wenn er ohne „anerkennenswerte Gründe“ widersprochen und so die Rückbuchung veranlasst hat (sog. „zweckwidriger“ Widerspruch, Missbrauch der Widerspruchsmöglichkeit).128 Dieses Korrektiv bringt einen sach­ gerechten Ausgleich auf Sekundärebene und ist gleichsam die „schadensersatzrechtliche Antwort“ auf den Schwebezustand, der nach der Genehmigungstheorie eintritt. Es kommen Ansprüche des jeweils Geschädigten (Zahlungsempfänger, Zahlstelle, erste Inkassostelle) in Frage, im Falle der Schädigung des Zahlungsempfängers in Ausnahmefällen auch Ansprüche gegenüber der Zahlstelle.129 (aa)  Schadensersatzanspruch des Zahlungsempfängers.  Ist die Rückbuchung aufgrund eines „zweckwidrigen“ Widerspruchs erfolgreich, so kann der Zahlungsempfänger einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Zahler wegen einer Pflichtverletzung aus der Lastschriftabrede nach §  280 Abs.  1 BGB130 bzw. nach §  826 BGB haben.131 Von einer solchen Konstellation ist dann nicht auszugehen, wenn der Schuldner keine Einzugsermächtigung erteilt hat oder den eingezogenen Betrag nicht schuldet132 , weil der Anspruch des Zahlungsempfängers gegenüber dem Schuldner nicht entstanden oder erloschen oder nicht durchsetzbar133 ist. Es ist also eine Trennung zwischen dem „rechtlichen Dürfen“ im Verhältnis zum Zahlungsempfänger (Valutaverhältnis) einerseits und dem „rechtlichen Können“ im Verhältnis zur eigenen Bank (Deckungsverhältnis) andererseits zu 127   Nobbe, WM 2009, 1537 (1541), der die großzügige Annahme von konkludenten Genehmigungen für kein geeignetes Mittel hält, die Probleme befriedigend zu lösen. 128   Dazu Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (252 ff.). 129   MünchKomm-BGB/Gottwald, §  328 Rdnr.  158. 130   Vor dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts ergab sich der Anspruch aus positiver Forderungsverletzung. Insoweit noch zum alten Recht: G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223 (227). 131   Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887); Haas, Widerspruch gegen Lastschriften, S.  3 (7 f.). 132   BGHZ 74, 300 (305) = NJW 1979, 1652; BGHZ 101, 153 (157) = NJW 1987, 2370. 133   Der Schuldner muss in dem Zeitpunkt, in dem ihm der Kontoauszug mit der Belastungsanzeige zugeht, zu Recht Leistungsverweigerungs-, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte geltend machen wollen. Siehe dazu BGHZ 161, 49 = NJW 2005, 675.

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beachten.134 Ob sich die Reichweite des „rechtlichen Dürfens“ mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit verändert und ob starke vorläufige Insolvenzverwalter bzw. Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt sowie endgültige Verwalter anderen Restriktionen unterliegen, ist eine dogmatische Kernfrage, die noch ausführlich zu behandeln ist.135 (bb)  Schadensersatzanspruch der Inkassostelle.  Ein Schadensersatzanspruch der Gläubigerbank (ersten Inkassostelle) nach §  826 BGB ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schuldner durch seinen Widerspruch der ersten Inkassostelle das Ausfallrisiko aufbürdet (zweckwidrige Verlagerung des Insolvenzrisikos).136 Dazu kann es kommen, wenn die Zahlstelle bei einem Widerspruch des Schuldners die Lastschrift zurückgibt und deren „Wiedervergütung“ verlangt (Abschnitt III Nr.  1 LSA); dies geht problemlos innerhalb von sechs Wochen (Abschnitt III Nr.  2 LSA). Die Gläubigerbank belastet in einem solchen Fall das Konto des Gläubigers. Dieser Rückgriff misslingt jedoch, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit insolvent geworden ist.137 Der Musterfall einer sittenwidrigen Schädigung der Gläubigerbank ist die sog. „Lastschriftreiterei“.138 Neben der Lastschriftabrede im Valutaverhältnis vereinbaren die Parteien einen Darlehensvertrag, der dem Darlehensnehmer einen Mittelabruf via Einzugsermächtigungsverfahren erlaubt. Das Lastschriftverfahren lässt sich so zur risikolosen Darlehensgewährung missbrauchen und das Kreditrisiko de facto auf die Gläubigerbank abwälzen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers widerspricht der Darlehensgeber (Schuldner) der Belastungsbuchung und kann so eine Rückbuchung veranlassen. Ein solches Vorgehen zwingt der Gläubigerbank faktisch die Rolle einer Bürgin auf.139 Es ist in aller Regel sittenwidrig, wenn es der Erlangung von Vorteilen wie der Kreditbeschaffung des Lastschriftgläubigers und der Erzielung von Zinseinnahmen des Lastschriftschuldners dient.140 Hingegen liegt grundsätzlich keine Sittenwidrigkeit vor, wenn der Schuldner der Belastung seines Girokontos im Einzugsermächtigungsverfahren widerspricht, weil er keine

  Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887) sprechen von einer „Diskrepanz“ zwischen den Rechten und Pflichten des Schuldners im Valutaverhältnis und seinen Möglichkeiten im Deckungsverhältnis. 135   §  5 II. 136   BGHZ 161, 49 (52) = NJW 2005, 675 (676); BGHZ 74, 300 (306) = NJW 1979, 1652 (1653); Ganter, WM 2005, 1557 (1558). 137   Zum Problem der fehlenden Fristenkongruenz unter (f); zuvor gilt es, den Zeitpunkt der Erfüllung im Valutaverhältnis zu fixieren. 138   Dazu Langenbucher, in: FS Mailänder, S.  21 (27 ff.); Block/Voß, BKR 2006, 225; zur Strafbarkeit wegen Betruges (§  263 StGB): BGH wistra 2006, 20. 139   BGH WM 2009, 1073 (1075). 140   BGH WM 2009, 1073 (1075). 134

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Einzugsermächtigung erteilt hat oder den eingezogenen Betrag nicht schuldet, auch wenn die erste Inkassostelle infolge des Widerspruchs Schaden erleidet.141 (cc)  Schadensersatzanspruch gegen die Zahlstelle.  Die Zahlstelle ist an die Weisung des Bankkunden gebunden; sie muss bei einem Widerspruch des Schuldners wiedergutschreiben, selbst wenn sie damit rechnet, dass ihr Kunde gegenüber dem Gläubiger missbräuchlich handelt.142 Sie macht sich mit der Ausführung einer Rückbuchung nicht zu dessen Gehilfen,143 so dass eine Haftung der Bank nach §  826 BGB grundsätzlich ausscheidet. Anders verhält es sich freilich, wenn die Bank ihren Kunden dazu drängt, Belastungsbuchungen zu widersprechen, um so den Schuldensaldo zurückführen zu können (Einflussnahme zu eigenem Nutzen) und damit das Ausfallrisiko auf den Gläubiger verlagert.144 Im Falle einer solchen Anstiftung beteiligt sich die Bank an der Handlung des Kunden i. S. des §  830 Abs.  2 BGB.145 (e)  Zeitpunkt der Erfüllung im Valutaverhältnis Umstritten ist, wann im Valutaverhältnis Erfüllung der Schuld i. S. des §  362 Abs.  1 BGB eintritt. Zwischen dem Insolvenzrechts- und dem Bankrechtssenat tobte lange Zeit ein Rechtskrieg der besonderen Art: Der IX. Zivilsenat folgt der Genehmigungstheorie in Reinform und erblickt in der Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Schuldner den Zeitpunkt der Erfüllung. Der XI. Zivilsenat modifizierte hingegen bis zur Kehrtwende im Jahre 2010 die Genehmigungstheorie für das Valutaverhältnis und verlagerte den Zeitpunkt der Erfüllung vor auf die Einlösung der Belastungsbuchung. Einigkeit bestand beim Ausgangspunkt des Richtungsstreits: An den Zeitpunkt der Erteilung der Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers seitens der ersten Inkassostelle ist nicht anzuknüpfen; schließlich steht die Gutschrift „unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung“ (Nr.  9 Abs.  1 AGB-Banken). Die Klärung dieser fundamentalen Frage hat nicht nur bankrechtliche Auswirkungen; es handelt sich um eine dogmatische Weichenstellung, die für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei einem Widerspruch des Zahlenden146 und für die Reichweite des Widerspruchsrechts des (vorläufigen) Insolvenzverwalters147 ebenso wie für das Insolvenzanfechtungsrecht148 von Bedeu  BGHZ 74, 300 = NJW 1979, 1652.   BGHZ 95, 103 = NJW 1985, 2326. 143   BGHZ 95, 103 (105 ff.) = NJW 1985, 2326. 144   BGH NJW 2001, 2632 zum Unterlassen einer (früheren) Kündigung eines bestehenden Kredits; Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1887). 145   Ausführlich Kuder, S.  125 ff. (auch zur Haftung der Zahlstelle gegenüber der ersten Inkassostelle). 146   §  5 I.3.b)bb)(2)(f)(aa). 147   §  5 II. 148   §  5 III.1.a). 141

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

tung ist. M. E. handelt es sich wegen dieser Fernwirkungen um den „dogmatischen Eckstein“ im Recht der Einzugsermächtigung. Es geht um eine schwierige Auslegungsfrage, die nicht selten einseitig und ergebnisorientiert beantwortet wird. (aa)  Erfüllung mit Genehmigung.  Die Rechtsprechung149 sowie ein Teil des Schrifttums150 folgen der Formel: „ohne Genehmigung, keine Erfüllung“. Bevor der Schuldner die Genehmigung nicht erklärt hat, sei die zur Einziehung gegebene Forderung nicht erfüllt.151 Vor der Genehmigung durch den Schuldner sei nichts aus dessen Vermögen abgeflossen; der Zahlungsvorgang sei noch nicht abgeschlossen (keine irreversible Leistungsbewirkung). Der Erfüllungsanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner erlösche danach nicht mit der Belastungsbuchung. Dieser sei nunmehr auf die Genehmigung der Belastung gerichtet.152 Eine abweichende Parteivereinbarung lässt sich nach dieser Auffassung nicht aus der standardisierten Lastschriftabrede gewinnen. Ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall bleibe es bei der Formel „ohne Genehmigung, keine Erfüllung“. Der IX. Zivilsenat folgert dies aus einer „sachgerechten Bewertung der Interessen von Gläubiger und Schuldner“153: Zum einen entspreche es nicht dem berechtigten Interesse des Gläubigers, eine Leistung als Erfüllung gelten zu lassen, von der er nicht sicher sein kann, dass er sie behalten darf154 , und die er selbst nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist gemäß Abschn. III Nr.  2 des Lastschriftabkommens der Schuldnerbank nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB zurückgewähren muss, wenn der Schuldner die Genehmigung versagt.155 Zum anderen erfordere es auch das berechtigte Interesse des Schuldners: Dieser setze sich durch die Einzugsermächtigung der Gefahr aus, dass der Gläubiger unberechtigte Belastungen seines Kontos veranlasse. Der Gläubiger könne nicht eine

149   Zunächst nur der IX. Zivilsenat: BGHZ 161, 49 (53) = NJW 2005, 675; BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27; BGH NZI 2008, 482 (483). Der XI. Zivilsenat ist zumindest nicht (mehr) dezidiert anderer Auffassung: BGHZ 186, 269 = NZI 2010, 723. 150   Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57 Rdnrn.  19 ff.; MünchKomm-HGB/ Hadding/Häuser, C. Lastschriftverkehr Rdnr. C 158; G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223 (227); ders., WM 2009, 629 (636 f.); Hadding, WM 2005, 1449 (1552); Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1261 ff.); Dahl, NZI 2005, 102; Peschke, S.  120 f.; Haas, Widerspruch, S.  3 (16 ff.); Jacoby, ZIP 2010, 1725 (1729). 151   Anders nach der Ermächtigungstheorie: siehe Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  636. 152   Dabei handelt es sich lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch, der mit Verfahrenseröffnung als Insolvenzforderung im Sinne von §  38 InsO einzuordnen ist: BGHZ 161, 49 (54) f. = NJW 2005, 675. Der Anspruch ist nicht auf Zahlung von Geld gerichtet und ist daher nach §  45 InsO umzurechnen. 153   BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27 (28). 154   BGH NJW 1996, 1207. 155   BGHZ 167, 171 (176) = NJW 2006, 1965 (1966).

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Erfüllung seiner Forderung gegen den Willen des Schuldners ohne staatliche Zwangsmittel durchsetzen.156 (bb)  Erfüllung mit Einlösung der Belastungsbuchung.  Der Gegenauffassung157 geht es darum, die Erfüllungswirkung im Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger auf den Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift vorzuverlagern. Eine derartige Sicht wird als „lebensnahe Betrachtung“ umschrieben.158 Die reine Genehmigungstheorie blendet nach Gottwald aus, dass jedenfalls im Normalfall der Schuldner dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, der Gläubiger über den bei ihm eingegangenen Betrag bereits verfügen kann und der Schuldner von seiner eigenen Bank belastet wurde und ihm ab der Belastung auch beim debitorischen Konto Zinsen berechnet wurden.159 Nach Bork spricht „alles dafür“, Erfüllung im Einzugsermächtigungsverfahren nicht anders als im Abbuchungsauftragsverfahren mit Einlösung der Lastschrift anzunehmen.160 Jungmann sieht in der Modifikation des Erfüllungszeitpunkts den Schlüssel zur Verhinderung „unerträglicher Folgen“.161 Nach Nobbe hat der Zahlende das zur Erfüllung Erforderliche getan, wenn der geschuldete Geldbe-

  BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27 (28).   Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1888); Nobbe, KTS 2007, 397 (409 f.); ders., WM 2009, 1537 (1544 ff.); Staudinger/Olzen, BGB, vor §§  362 ff. Rdnr.  75; MünchKomm-BGB/ Casper, vor §§  676a Rdnr.  50; Kuder, S.  6 4 ff.; Vollrath, S.  139; Obermüller, Rdnr.  3.697; Claussen/van Look, §  4 Rdnr.  56; Gottwald, in: FS Stathopoulos, S.  673 (674 ff.); Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (12 f.); Langenbucher, in: FS Mailänder, S.  21 (26); Denck, ZHR 147 (1983), 544 (554 ff.); Bork, JA 1986, 121 (127); ders., Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  254; ders., ZIP 2004, 2446; ders., in: FS Gerhardt, S.  69 (74 ff.); Meder, NJW 2005, 637 (638); Peschke, ZInsO 2006, 470 (471); Jungmann, WM 2007, 1633 (1638); ders., ZIP 2008, 295 (296). 158   BGHZ 177, 69 (77) = NZI 2008, 675 (677). Der Senat führt als weitere Motivlage die „Erhaltung der Akzeptanz des besonders kostengünstigen Einzugsermächtigungsverfahrens“ an. Für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs komme dem Einzugsermächtigungsverfahren eine herausragende Bedeutung zu, auch bei Gläubigern und Banken. Als zweiten Gesichtspunkt (!) erwähnt der XI. Zivilsenat erst den Willen der Parteien im Valutaverhältnis. Dagegen etwa G. Fischer, WM 2009, 629 (636): „Die Wahl des Einzugsermächtigungsverfahrens hätte generell zur Folge, dass der Gläubiger die Leistung durch einen Dritten – die Schuldnerbank – erhält. Es besteht nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass das Handeln der am Einzugsermächtigungsverfahren Beteiligten von einem entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen getragen ist.“ 159   Gottwald, in: FS Stathopoulos, S.  673 (678). 160   Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (76). Zurückhaltender auf S.  74: „Beide Ansichten haben gute Argumente für sich.“ 161   Jungmann, ZIP 2008, 295 (296), der mit Canaris (Bankvertragsrecht, Rdnr.  661) das gefundene Ergebnis auf der Grundlage der herrschenden Genehmigungstheorie als konsequent ansieht. Allerdings gelte, es eine Theorie, die zu unerträglichen Folgen führe, kritisch zu hinterfragen und sodann im erforderlichen Umfang zu modifizieren. Siehe auch Jungmann NZI 2005, 84 (86 ff.); ders., ZBB 2008, 409 (414), der von „erkennbar unvernünftigen Ergebnissen“ spricht. Ein Umdenken sei schon seit November 2004 dringend erforderlich. 156 157

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Teil 2:  Das Insolvenzanfechtungsrisiko bei Überweisungen und Lastschriften

trag von seinem Konto bei der Zahlstelle abgebucht werden könne162; zu einer weiteren Leistungshandlung sei er nicht verpflichtet. Die gegenteilige Ansicht gleite insbesondere bei der Bezahlung von Forderungen aus Miet- und Leasingverträgen, Abonnement- und Telekommunikationsverträgen, Energie- und Wasserlieferungsverträgen, Steuern und Abgaben etc. ins Irreale ab. Sie widerspreche dem Willen der Parteien der Lastschriftabrede sowie der Rechtspraxis diametral.163 Die Ausgangsüberlegung dieser Meinung ist die getrennte Betrachtung von Deckungs- und Valutaverhältnis. Wenn der Schuldner im Deckungsverhältnis berechtigt ist, der Kontobelastung zu widersprechen, habe das rechtlich nicht notwendigerweise Auswirkungen auf die Erfüllungsabsprache im Valutaverhältnis.164 Es handele sich vielmehr um unterschiedliche Vertragsverhältnisse und Leistungsbeziehungen, die rechtlich eigenständig zu betrachten sind.165 Damit ist der Weg frei für eine gespaltene Lösung zwischen Deckungs- und Valutaverhältnis.166 Der Zeitpunkt der Erfüllung bestimmt sich nach dem Parteiwillen von Gläubiger und Schuldner. Die Lastschriftabrede ist nach §§  133, 157 BGB auszulegen. Ein Schwebezustand für die Erfüllung bis zu viereinhalb Monaten nach der vorbehaltlosen Gutschrift des ihm zustehenden Betrages wird als mit dem Parteiwillen unvereinbar angesehen.167 Andernfalls stehe für die Beteiligten nicht klar erkennbar fest, wann die Forderung des Gläubigers aus dem Valutaverhältnis erfüllt sei (Gedanke der Rechtssicherheit).168 Kein Lastschriftgläubiger wolle dem Schuldner solange Kredit gewähren.169 Kein Lastschriftschuldner gehe bei Mietschulden oder ähnlich termingerecht zu zahlenden Verpflichtungen davon aus, dass seine Verpflichtung trotz Belastung seines Kontos noch nach Monaten nicht erfüllt ist.170 Eine andere Sicht gehe – so Bork – am „vernünftigen Parteiwillen“ vorbei.171   Nobbe, WM 2009, 1537 (1542).   Nobbe, WM 2009, 1537 (1542), der auf die Folgen der reinen Genehmigungstheorie hinweist. Zahlstellen seien nicht nur in Einzelfällen dazu übergegangen, stark insolvenzgefährdete Zahlungspflichtige um eine Genehmigung von Einzugsermächtigungslastschriften zu bitten, um einen Widerspruch von (vorläufigen) Insolvenzverwaltern unmöglich zu machen. 164   BGHZ 177, 69 (77) = NZI 2008, 675 (677). 165   BGHZ 177, 69 (77) = NZI 2008, 675 (677); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1889); Piekenbrock, KTS 2007, 179 (187); Spliedt, NZI 2007, 72 (74). 166   AG München NZI 2009, 483; Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (76); Jungmann, WM 2007, 1633 (1638 f.); ders., ZIP 2008, 295 (297); Nobbe, KTS 2007, 397 (410); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1888 ff.). 167   Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (76), der ausführt, dass beide Parteien davon ausgehen, dass die Forderung erfüllt ist, wenn das Geld beim Gläubiger angekommen ist. Vorsichtiger Spliedt, ZIP 2005, 1260: „Den Laien wird es verwundern, .  .  .“. 168   Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (74). 169   BGHZ 177, 69 (77) = NZI 2008, 675 (677); Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (75). 170   BGHZ 177, 69 (77) = NZI 2008, 675 (677); Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (76). 171   Bork hebt auf folgendes Beispiel ab: „Wenn der Vermieter am 1. Januar die im Voraus zu 162

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Sowohl die für eine Erfüllung erforderliche Leistungshandlung des Schuldners als auch der Leistungserfolg sind nach der Erfüllungstheorie172 mit der Belastungsbuchung eingetreten. Dies wird wie folgt erklärt173: Durch die Lastschriftabrede verändert sich der Schuldcharakter: Die Zahlungsverpflichtung des Schuldners wird zur Holschuld.174 Der Schuldner muss den Leistungsgegenstand zur Abholung durch den Gläubiger bereithalten. Dies geschieht, indem er für eine ausreichende Deckung auf seinem Konto sorgt.175 Damit hat er das aus seiner Sicht zur Erfüllung Erforderliche getan. Bei der Pull-Zahlung im Lastschriftverfahren holt sich der Gläubiger die Gutschrift auf sein Konto. Damit hat er das, was er nach der Parteivereinbarung als Erfüllung haben sollte und wollte. Anders gewendet: Der Leistungserfolg ist eingetreten.176 Zudem erfährt der Gläubiger in aller Regel nicht, wann der Schuldner die Belastungsbuchung genehmigt hat.177 Der Erfüllungszeitpunkt würde für ihn daher im Verborgenen bleiben, wenn man auf die Genehmigung abstellte. Als ergänzendes Argument wird auf einen Vergleich zum Überweisungsverkehr178 sowie auf eine Bargeldanalogie rekurriert. Bei einer Überweisung trete Erfüllung mit der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto ein. Dem Gläubiger sollen nicht mehr – aber auch nicht weniger – Rechte beim Lastschriftverfahren eingeräumt werden als beim Überweisungsverkehr und bei der Barzahlung.179 Die dogmatische Einordnung der Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners wird unterschiedlich erklärt. Was passiert mit der erloschenen Forderung aus dem Valutaverhältnis, wenn der Schuldner der Belastungsbuchung widerspricht? Nach einer Auffassung geht die Forderung aus dem Valutaverhältnis mit der Einlösung der Lastschrift endgültig unter (sog. Erfüllungstheorie).180 Der Gläubiger erwirbt vielmehr einen Schadensersatzanspruch nach §  280 Abs.  1 BGB sowie aus §  826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung des Gläubientrichtende Januar-Miete einzieht, werden beide Parteien davon ausgehen, dass der Mietzinsanspruch erfüllt ist, wenn die Miete beim Vermieter angekommen ist (z. B. am 5. Januar). Die Vorstellung, Erfüllung träte mangels vorherigen Widerspruchs erst ein, wenn der Mieter sechs Wochen lang auf den ihm am nächsten Quartalsende zugesandten Kontoauszug schweigt (also erst am 15. Mai), geht am vernünftigen Parteiwillen vorbei.“ Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (76). 172   Kritisch Berger, NJW 2009, 473 (475): Von einer Erfüllungstheorie solle man nicht sprechen, wenn eine erfüllbare Forderung gerade nicht bestehe. 173   BGHZ 177, 69 (78) = NZI 2008, 675 (677). 174   BGH NJW 1984, 871 (872). 175   MünchKomm-BGB/Wenzel, §  362 Rdnr.  24 m.w.Nachw. 176   Nobbe, KTS 2007, 397 (410); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1888). 177   Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1889). 178   BGHZ 177, 69 (78) = NZI 2008, 675 (677): „Ein solches Ergebnis würde sich auch aus dem Vergleich zum Überweisungsverkehr rechtfertigen.“ 179   BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGH WM 1989, 520 (521); AG München ZIP 2008, 592 (595 f.). 180   Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1890); Peschke, ZInsO 2006, 470 (474).

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gers, wenn der Widerspruch ohne anerkennenswerte Gründe ausgeübt wird.181 Andere rekurrieren auf eine Resolutivbedingung (§  158 Abs.  2 BGB): Die Erfüllung nach §  362 Abs.  1 BGB stehe unter der auflösenden Bedingung eines Widerspruchs (sog. Bedingungstheorie).182 Mit dem Widerspruch des Schuldners lebe die ursprüngliche Forderung aus dem Valutaverhältnis wieder auf. (f)  Das Problem der fehlenden Fristenkongruenz Die im Lastschriftabkommen geregelte Frist für eine Rückbuchung im Innerbankenverhältnis (Abschnitt III Nr.  2 S.  1 LSA) geht nicht synchron mit Nr.  7 Abs.  3 S.  1 AGB-Banken a. F. a. F.183 (keine Fristenkongruenz184). Nach der besagten Regelung im LSA ist die Rückgabe einer Lastschrift ausgeschlossen, wenn der Zahlungspflichtige binnen sechs Wochen nach der Belastung widerspricht. Die Sechswochenfrist, die im Verhältnis zwischen dem Zahler und der Zahlstelle gilt, beginnt hingegen erst mit dem Zugang des nächsten Rechnungsabschlusses. Ob und inwieweit diese Inkongruenz der Fristen eine „Schutzlücke“ für die Zahlstelle hervorruft, ist zu untersuchen. Dabei ist zwischen berechtigt und unberechtigt eingereichten Lastschriften zu unterscheiden.185 Denn nach Abschnitt I Nr.  5 LSA haftet die erste Inkassostelle der Zahlstelle für jeden Schaden, der dieser durch unberechtigt eingereichte Lastschriften entsteht. Eine Schutzlücke kann also nur entstehen, wenn der Widerspruch des Schuldners berechtigt ist (inhaltliche Komponente) und zwischen dem Ablauf der Frist von Abschnitt III Nr.  2 S.  1 LSA einerseits und der Frist der Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.186 erfolgt (zeitliche Komponente). Dann kann die Zahlstelle die Rückgabe der Lastschrift und Wiedervergütung nach Abschnitt III Nr.  1 S.  1 LSA nicht verlangen; ein Schadensersatzanspruch der Zahlstelle gegen die erste Inkassostelle nach Abschnitt I Nr.  5 LSA scheidet aus. (aa)  Ansprüche der Zahlstelle gegen die erste Inkassostelle.  In erster Linie ist an einen Rückgriff gegenüber der ersten Inkassostelle zu denken; das ist der Vertragspartner der Zahlstelle. Das Insolvenzrisiko sollte entlang der Vertragslinien verlaufen. Die Ansprüche nach dem LSA helfen jedoch – wie gesehen – nicht weiter. Das Dilemma wurzelt im LSA, das nicht an die AGB-Banken angepasst wurde; die Banken selbst sind in der Lage, die Lücke zu schließen. Wel181   Meder, NJW 2005, 637 (638); Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1889 f.); Peschke, ZInsO 2006, 470 (474). 182   Bork, ZIP 2004, 2446 (2447); ders., Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  254; Obermüller, Rdnr.  3.697. 183   Jetzt: Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren. 184   Piekenbrock, KTS 2007, 179 (208). 185   Schebesta, Rdnrn.  254 ff. 186   Jetzt: Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren.

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che Risikoverteilung sie untereinander vereinbaren, obliegt einzig und allein ihnen. Das LSA führt zu einem Risikoübergang von der Gläubiger- zur Schuldnerbank. Fraglich ist, ob im Wege einer ergänzenden Auslegung des LSA eine Fristenkongruenz hergestellt werden kann. Immerhin ist die Genehmigungsfiktion der AGB-Banken erst nach dem LSA geschaffen worden. Jedoch wurde trotz Kenntnis der Problematik das LSA dahingehend gerade nicht geändert, ein Regelungsplan einer Fristenkongruenz ist nicht erkennbar. Die Schadensersatzregelung in Abschnitt I Nr.  5 LSA ist als abschließend anzusehen. Ein Aufwendungsersatzanspruch analog §§  675 Abs.  1, 670 BGB scheidet daher aus.187 (bb)  Ansprüche der Zahlstelle gegenüber dem Gläubiger.  In Frage kommt ein Direktkondiktionsanspruch der Zahlstelle gegenüber dem Zahlungsempfänger nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB. Der XI. Zivilsenat bejaht eine derartige Durchgriffskondiktion.188 M. E. ist diese bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von der Justierung des Erfüllungszeitpunkts im Valutaverhältnis abhängig. An dieser Stelle wird bereits deutlich, weshalb diese bankvertragliche Grundlagenfrage als „dogmatischer Eckstein“ bezeichnet werden kann.189 Der Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis gehört zu den umstrittensten und schwierigsten Problemfeldern des Schuld-, ja des Privatrechts.190 Dies liegt darin begründet, dass das Spannungsfeld zwischen einer in sich stimmigen und widerspruchsfreien Dogmatik einerseits und dem Postulat der Einzelfallgerechtigkeit andererseits dort besonders virulent wird.191 Zunächst ist auf das Grundmodell der Dreipersonenverhältnisse, die Anweisungsfälle abzustellen. Der Angewiesene hat nur ausnahmsweise einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegenüber dem Anweisungsempfänger (sog. Direktkondiktion), wenn eine wirksame Anweisung fehlt, wie z. B. bei Mehrfach- und Zuvielüberweisungen und bei einer Fälschung bzw. Verfälschung der Anweisung.192 Denn grundsätzlich vollzieht sich der Bereicherungsausgleich innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen (Deckungsverhältnis) und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Valutaverhältnis).193 Bildlich gesprochen kommt es bei dieser Doppelkondiktion zu einer

  Ausführlich Kuder, S.  45.   BGHZ 167, 171 = NJW 2006, 1965; G. Fischer, WM 2009, 629 (631); Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (252); a. A. etwa Kuder, S.  44; Knees/Kröger, ZInsO 2006, 393 (399); Jungmann, ZIP 2008, 295 (297). 189   Siehe oben §  5 I.3.b)(e). 190   So Larenz/Canaris, §  70. 191   Würdinger, JuS 2007, 418 (419). 192   Larenz/Canaris, §  70 IV 2a-c. 193   BGHZ 147, 269 (273) = NJW 2001, 2880; BGH NJW 2005, 3213 m.w.Nachw. 187

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Rückabwicklung über das Dreieck, jeweils nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.1 BGB (condictio indebiti).194 Eine Nichtleistungskondiktion des Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB muss damit ausscheiden. Andernfalls würde man die gerade vorgetragenen Wertungskriterien konterkarieren. Anders gesagt: Es besteht keine Möglichkeit einer Direktkondiktion. Dies wird mit dem sog. Vorrang der Leistungskondiktion oder – wenn man es umgekehrt formulieren will – mit der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion begründet. Dieses Subsidiaritätsdogma195 besagt zunächst, dass Leistungs- und Nichtleistungskondiktion in einem aliud-Verhältnis stehen. Dies folgt unstreitig aus dem Wortlaut des §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 („in sonstiger Weise“). Darüber hinaus wird aber auch noch eine weitergehende Folgerung gezogen: Eine Nichtleistungskondiktion kann nur eingreifen, wenn „der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemanden geleistet worden ist.“196 Wer also durch die Leistung eines anderen eine Sache erlangt, soll von einem Dritten im Wege der Nichtleistungskondiktion nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Auf die Anweisungskonstellation übertragen bedeutet dies: Da der Anweisungsempfänger die Sache durch eine Leistung des Anweisenden erlangt hat, kann ein Dritter, wie der Angewiesene, mit einem Anspruch aus §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB keinen Erfolg haben. Die zentrale Frage lautet: Ist dem Schuldner, der der Belastung seines Kontos widersprochen hat, die Einzugsermächtigung als „Anweisung“ zuzurechnen (erteilte Einzugsermächtigung als Leistungsveranlassung)? Wenn der Gläubiger aufgrund einer Leistung des Schuldners die Gutschrift erlangt hat, besteht eine Kondiktionsfestigkeit; die Zahlstelle kann dann nicht mehr im Wege der Direktkondiktion nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB auf den Gläubiger zugreifen. Dies ist jedenfalls der Fall, wenn der Schuldner der Belastungsbuchung zustimmt. Fraglich ist, ob die Zahlung dem Schuldner allein aufgrund der erteilten Einzugsermächtigung 194   Unter einer Leistung versteht man eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Maßgebend ist, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte. BGHZ 105, 365 (369) = NJW 1989, 900; BGH NJW 1999, 1393; BGH NJW 2005, 60. Der so verstandene Leistungsbegriff der Rechtsprechung erweist sich bei Mehrpersonenverhältnissen aber oftmals als wenig hilfreich. Es ist präziser von der „Zurechnung als Leistung“ zu sprechen, denn dies bringt zum Ausdruck, worauf es im Eigentlichen ankommt, nämlich auf eine Wertung. Maßgebend ist eine Analyse der Interessenlage. Zu den Wertungskriterien Larenz/Canaris, §  70 II 2a; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rdnrn.  667. 195   Dazu Wieling, Bereicherungsrecht, S.  94 ff. 196   BGHZ 40, 272 (278) = NJW 1964, 399; BGH NJW 1999, 1393 (1394); BGH NJW 2005, 60.

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als Leistung zuzurechnen ist.197 Der Schuldner verschafft bei einer Einzugsermächtigung seinem Gläubiger nicht das Recht, über sein Konto zu verfügen. Daher bedarf die Belastungsbuchung, um rechtlich wirksam zu sein, der Genehmigung des Schuldners nach §  185 Abs.  2 S.  1 BGB.198 Eine Einzugsermächtigung beinhaltet nur die Gestattung, das von der Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des Lastschrifteinzugs zu benutzen.199 Daraus zieht der XI. Zivilsenat die Konsequenz, dass es an einer Anweisung fehlt, die dem Schuldner zuzurechnen ist. Die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto könne dem Schuldner nicht als Leistung zugerechnet werden 200 ; die Zahlstelle könne nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB beim Gläubiger Rückgriff nehmen.201 Anders ist aber zu entscheiden, wenn es zu einer Erfüllung im Valutaverhältnis durch die Einlösung der Lastschrift gekommen ist. Dies ist freilich nur möglich, wenn man der hier vorgelegten modifizierten Genehmigungstheorie folgt. Maßgebend für die Ausfüllung des Subsidaritätsdogmas ist nicht das Deckungsverhältnis, sondern das Valutaverhältnis.202 Daher kommt es auf die dogmatische Weichenstellung des Erfüllungszeitpunkts im Valutaverhältnis an. Aber auch wenn die Zahlstelle keinen Anspruch nach §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 BGB gegenüber dem Zahlungsempfänger hat, darf die Zahlstelle nicht das Risiko der fehlenden Fristenkongruenz tragen. Die Zahlstelle hat während des Zahlungsvorgangs die geringsten Kontrollmöglichkeiten. 203 Ihr das Ausfallrisiko eines Beteiligten, den sie sich als Vertragspartner nicht ausgesucht hat, aufzubürden, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dem lässt sich aber abhelfen. Im Verhältnis Zahlungsempfänger und erste Inkassostelle existiert keine Frist für eine Rückbuchung, so dass in den Grenzen des §  242 BGB204 die erste Inkassostelle unbefristet die Rückbuchung veranlassen kann oder besser gesagt den Anspruch gegen den Zahlungsempfänger an die Zahlstelle abzutreten hat.205 197   Bejahend z. B. LG Bonn ZIP 2004, 2183 (2186); Reuter/Martinek rekurrieren bei einer vorliegenden Ermächtigungsurkunde auf §  172 BGB analog: Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, §  11 IV 3c. 198   BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGHZ 144, 349 (353) = NJW 2000, 2667; BGH NJW 1989, 1672; BGH NZI 2005, 99 (100). 199   BGHZ 167, 171 = NJW 2006, 1965; BGH NJW 1989, 1672. 200   Ebenso ist dies zu sehen, wenn man den Fall unter Rechtsscheinsgesichtspunkten (§§  170 ff. BGB analog) würdigt: Der Schuldner hat durch die Erteilung der Einzugsermächtigung keinen Rechtsschein in zurechenbarer Weise veranlasst. 201   BGHZ 167, 171 = NJW 2006, 1965 (1966) m.w.Nachw. 202   Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (15): Es werde übersehen, dass sich die Genehmigungstheorie allein auf das Deckungsverhältnis beziehe und daher nicht dazu dienen könne, die Frage eines Leistungsverhältnisses im Valutaverhältnis zu beurteilen. 203   Jungmann, NZI 2005, 84 (88); ders., ZIP 2008, 295 (297). 204   Dagegen könnte man einwenden, dass die ausdrücklichen Bestimmungen des LSA ad absurdum geführt würden; die zeitlich begrenzte Rückgabemöglichkeit würde umgangen. Jedoch ist dies im Ergebnis m. E. zu formalistisch. 205   Ganter, WM 2005, 1557 (1561); Jungmann, ZIP 2008, 295 (297); a. A. Kuder, S.  45 f.; Piekenbrock, KTS 2007, 179 (208); Knees/Kröger, ZInsO 2006, 393 (399).

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(3)  Zwecktheorie Nach Langenbucher 206 lässt sich die Lastschriftzahlung nicht einheitlich nach der Ermächtigungs- oder Genehmigungstheorie vornehmen. Es müsse eine Auslegung der zwischen Zahlendem und Zahlungsempfänger getroffenen „Erfüllungszweckabrede“ getroffen werden (sog. Zwecktheorie). Die Vereinbarung einer Lastschriftzahlung könne dreierlei bedeuten. Erstens könne vereinbart werden, dass der Zahlende den Zahlungsempfänger zur Abgabe einer Zahlungsanweisung analog §  185 Abs.  1 BGB „von vornherein und vorbehaltlos“ ermächtige. Diese Ermächtigung binde den Schuldner gegenüber Zahlungsempfänger und Zahlstelle. Diese sei aber – bei eröffneter Möglichkeit der Zahlung zu widersprechen – verpflichtet, einem Widerspruch des Schuldners nachzukommen.207 Zweitens sei denkbar, dass der Zahlungsempfänger in einer Erfüllungszweckabrede „bedingt ermächtigt“ werde. Bedingung könne sein, dass im Valutaverhältnis keine Einwendungen oder Einreden entstehen.208 Trete die Bedingung nicht ein, handele der Gläubiger bei Abgabe seiner Weisung an die Zahlstelle ohne Ermächtigung. Die Zahlstelle erhalte damit eine unwirksame Zahlungsanweisung, die noch der Genehmigung durch den Lastschriftschuldner bedürfe. Drittens könnten die Parteien vereinbaren, dass dem Zahlungsempfänger die Möglichkeit der Lastschriftabbuchung „nur in Aussicht gestellt werden soll“, dass der Schuldner sich also vorbehalten wolle, sogar einer nach dem Valutaverhältnis berechtigten Zahlung ohne anerkennenswerten Grund zu widersprechen. Der Zahlungsempfänger werde in diesen Fällen gar nicht ermächtigt. Die Zahlstelle buche ohne Genehmigung ab und müsse sich hierfür noch eine Autorisierung des Lastschriftschuldners verschaffen. Dem Zahlungsempfänger stünden bei einem Widerspruch des Zahlenden keine Schadensersatzansprüche zu. Langenbucher zufolge zeige sich bei dieser Sichtweise „der zutreffende Kern sowohl der Ermächtigungs- als auch der Genehmigungstheorie“. 209 Der Ermächtigungstheorie sei für eine vorbehaltlose oder eine bedingte Ermächtigung zu folgen. Hier greife die Genehmigungstheorie wegen der Einigung zwischen Zahlendem und Zahlungsempfänger über eine Ermächtigung zu kurz. Jede nachträgliche Genehmigung käme einer Fiktion gleich. Nur die Genehmigungstheorie erfasse jedoch diejenigen Fälle adäquat, „in denen sich der Last  Langenbucher, Risikozuweisung, S.  193 ff.; ohne Rekurs auf diese eigene Theorie allerdings in: FS Mailänder, S.  21 ff. 207   Kritisch van Gelder, in: FS Schimansky, S.  128. 208   Dagegen van Gelder, der ausführt, dass dies undenkbar sei, da eine Bedingung ein Ereignis ist und deshalb nicht in einem Nichtentstehen bestehen könne: van Gelder, in: FS Schimansky, S.  128. 209   Langenbucher, Die Risikozuordnung, S.  194. 206

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schriftschuldner durch das Inaussichtstellen einer Lastschriftzahlung noch überhaupt nicht verpflichten wollte“. Die Auslegung der Erfüllungszweckabrede ergebe jeweils einen eindeutigen Erfüllungszeitpunkt für das Valutaverhältnis: Bei vorbehaltloser Ermächtigung des Lastschriftgläubigers erlösche die Valutaforderung „mit der Einleitung des Zahlungsvorgangs“, bei bedingter Ermächtigung „mit Eintritt der vereinbarten Bedingung“ und bei fehlender Ermächtigung mit der Genehmigung des „Zahlungsvorgangs“ durch den Lastschriftschuldner gegenüber dem Lastschriftgläubiger. 210 (4)  Stellungnahme Die Problematik der dogmatischen Einordnung des Einzugsermächtigungsverfahrens resultiert aus der kritikwürdigen Zurückhaltung des Gesetzgebers, der es versäumt hat, rechtssichere legislative Vorgaben zum Lastschriftverkehr zu machen. Bei der Auffüllung der „Lücke“ ist die Trennung zwischen dem Deckungs- und dem Valutaverhältnis zu beachten und doch die innere Einheit und Stimmigkeit des Gesamtvorgangs im Auge zu behalten.211 Darin besteht die große dogmatische Herausforderung. 212 Zunächst sind die jeweiligen Parteivereinbarungen in den Blick zu nehmen: Im Deckungsverhältnis gilt in der Regel Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (= Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.); im Valutaverhältnis existiert eine Lastschriftabrede, die meistens der Standardformulierung entspricht. Diese rudimentären Parteivereinbarungen müssen den Ausgangsort aller Überlegungen bilden und nicht irgendeine Theorie. 213 (a)  Deckungsverhältnis Im Deckungsverhältnis greift in aller Regel Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (= Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.). Diese Klausel orientiert sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Genehmigungstheorie. Es heißt dort, dass der Kunde dann, wenn er eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift nicht schon ge  Langenbucher, Die Risikozuordnung, S.  194 f.   Das nach reinen Praktikabilitätserfordernissen entwickelte Verfahren lasse sich nicht ohne Reibungen in relativ starre dogmatische Kategorien einfügen. So Denck, ZHR 147 (1983), 544 (545). 212   Eine solche Gesamtstimmigkeit darf dogmatisch nicht auf tönernen Füßen stehen und aus einem ergebnisorientierten Kunstgriff resultieren. 213   Jedem anderen Weg haftet a priori eine gewisse Methodenunehrlichkeit an. Nobbe/Ellenberger verweisen zu Recht darauf, dass eine dogmatische Theorie dem Willen der Parteien und dem jeweiligen Lebenssachverhalt Rechnung zu tragen haben und nicht umgekehrt. Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1889). Siehe auch Canaris, WM 1980, 354 (363): „Es rächt sich eben, wenn man den unmissverständlich erklärten Parteiwillen einer Theorie zuliebe missachtet“. 210 211

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nehmigt hat, Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben hat. Ansonsten tritt eine Genehmigungsfiktion ein. Mit dieser Klausel hat die Genehmigungstheorie Einzug in die Vertragsbeziehung des Deckungsverhältnisses gefunden (Perpetuierung der Genehmigungstheorie). 214 Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren geht von einer generellen freien Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners aus. Die Ermächtigungstheorie ist in Reinform nicht mehr vertretbar. Eine andere Position würde die AGB-Regelung zumindest relativieren, wenn nicht gar ad absurdum führen.215 Im Deckungsverhältnis ist daher bereits wegen der Rückkoppelung zu Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren der Genehmigungstheorie zu folgen. Ein Rekurs auf das Lastschriftabkommen 216 , das unmittelbar ja nur zwischen den Banken gilt und somit nur Rechte und Pflichten zwischen den beteiligten Kreditinstituten begründet, ist nicht mehr erforderlich. Die Widerspruchslösung führt zu einer Risikofreiheit für den Schuldner217; sie ist der Prägestempel des Einzugsermächtigungsverfahrens. Damit ist aber freilich keine Aussage über die Reichweite der Genehmigungstheorie für das Valutaverhältnis, insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts der Erfüllung getroffen. (b)  Valutaverhältnis Im Valutaverhältnis besteht in der Regel eine standardisierte Lastschriftabrede. Diese Klausel ist „lückenhaft“ und auslegungsbedürftig. Der Zeitpunkt der Erfüllung und damit die Risikoverteilung zwischen den Parteien bleiben im Letzten offen. Auch wenn es selten ausdrücklich gesagt wird: Es geht bei dem Theorienstreit um eine Lückenschließung (Lücke im Gesetz und Lücke in der Parteivereinbarung). Bei standardisierten Lastschriftklauseln fehlt es grundsätzlich am Substrat für eine konkret-individuelle Betrachtung. Die Klauseln sind einheitlich auszulegen.

  Anders Piekenbrock, KTS 2007, 179 (209), der darin keine Anerkennung der Genehmigungstheorie durch die Kreditwirtschaft sehen möchte, weil es sich nur um eine kautelarjuristische Reaktion auf die höchstrichterliche Rechtsprechung handele. 215   Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  57 Rdnr.  14: „Im Deckungsverhältnis gilt daher nunmehr die Genehmigungstheorie in der Auslegung des Bundesgerichtshofs qua vertraglicher Vereinbarung, so dass die früher daneben vertretenen Theorien nur noch rechtshistorische Bedeutung haben.“ 216   Dazu BGH NJW 1989, 1672 (1673). 217   „Ohne die freie Widerspruchsmöglichkeit, die sich aus dem Fehlen einer von ihm ausgehenden Weisung gegenüber seiner Bank ergibt, ginge der Schuldner das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die „Berechtigung“ der eingelösten Lastschrift ein.“ BGH NJW 1989, 1672 (1673). 214

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(aa)  Plädoyer für die Genehmigungstheorie.  Für die Ermächtigungstheorie streitet zum einen der Wortlaut der Lastschriftabrede; der Zahler „ermächtigt“ ja den Gläubiger, die Forderung einzuziehen, so dass sich die Anwendung des §  185 Abs.  1 BGB zunächst aufdrängt. Zum anderen liegt der Ermächtigungstheorie ein einheitlicher Gedanke zugrunde, der für beide Verfahrensvarianten (Abbuchungsauftragsverfahren und Einzugsermächtigungsverfahren) gleichermaßen in Ansatz gebracht wird. Man kann daher von einer „Einheitslösung“ sprechen, während die Genehmigungstheorie einen „gespaltenen Ansatz“ vorträgt, der seinen Grund darin hat, dass nur beim Einzugsermächtigungsverfahren ein Widerspruch des Zahlenden möglich ist. Nur der Genehmigungstheorie gelingt es aber, die Widerspruchsmöglichkeit dogmatisch stringent zu erklären. M. E. muss eine Auslegung der Lastschriftabrede nach dem übereinstimmenden Parteiwillen und mangels Feststellbarkeit eines solchen nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§  133, 157 BGB) erfolgen. Das bedeutet, dass auch das Lastschriftabkommen, das als Interbankenabkommen nicht unmittelbar zwischen den Parteien wirkt 218 , doch in einer Fernwirkung seine Berücksichtigung finden muss. Die Parteien entscheiden sich für eine bargeldlose Abwicklung des Zahlungsverkehrs, wie sie nach dem Lastschriftabkommen vorgesehen ist. Ein anderer Parteiwille ist fernliegend. Dieser Synchronität im Kernbereich des Verfahrens219 ist damit auch kein dogmatischer „Schönheitsfehler“ zu attestieren 220 , weil es etwa zu einem Durchgriff des Interbankenabkommens komme und eine Ausnahme von der Relativität der Schuldverhältnisse gemacht würde. Vielmehr ist die Lastschriftabrede auslegungsbedürftig. Maßgebend ist bei der Auslegung ein objektiver Empfängerhorizont; dieser gibt Raum, den Verfahrensablauf nach dem Lastschriftabkommen auch nach dem Parteiwillen von Gläubiger und Schuldner auszurichten und die Zivilrechtsdogmatik insoweit im Gleichklang mit dem Lastschriftabkommen zu entwickeln. Die Bedeutung des LSA für den Auslegungsstreit kann wegen Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (= Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.) im Übrigen mittlerweile dahinstehen. Langenbucher ist bemüht, mit ihrer „Zwecktheorie“ den jeweils zutreffenden Kern von Ermächtigungs- und Genehmigungstheorie in einem Ansatz zu verbinden. Der Ausgangspunkt ist richtig: Aufgrund der gesetzgeberischen Zurückhaltung ist bei der Auslegung der Lastschriftabrede anzusetzen. Auch ist das Bemühen, bei einem Theorienstreit nicht in eine extreme Richtung abzudriften, sondern offen für die jeweils zutreffenden Argumente aller Positionen   Siehe auch Abschnitt IV Nr.  1 LSA.   Eine generelle Synchronität ist nicht anzunehmen. 220   So aber Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (7). 218 219

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zu sein, begrüßenswert. Dieses Kombinationsmodell führt indes zu einer gespaltenen Auslegung ein und derselben Lastschriftabrede. Dies ist weder dogmatisch haltbar noch praktisch durchführbar. 221 Die Aufspaltung in drei mögliche Interpretationen ist der Rechtssicherheit abträglich. Der unterstellte Regelungsplan der Parteien ist im Letzten eine Fiktion. Für den Regelfall der standardisierten Lastschriftabrede muss es bei einer einheitlichen abstrakt-generellen Lösung verbleiben. Auch lässt sich der Erfüllungszeitpunkt – wie von Langenbucher ausgeführt – nicht eindeutig und damit rechtssicher fixieren. Die Genehmigungstheorie verdient daher im Ausgangspunkt Zustimmung. (bb)  Modifikationen.  Deckungs- und Valutaverhältnis sind zu trennen und in ihren inhaltlichen Ausprägungen voneinander unabhängig. Man kann von einem Trennungs- und Abstraktionsprinzip zwischen dem Deckungs- und Valutaverhältnis sprechen. Aus dem Deckungsverhältnis folgt für die Auslegung des Valutaverhältnisses keine Bindungswirkung; die Formel „ohne Genehmigung, keine Erfüllung“ ist nicht zwingend. Vielmehr ist die Lastschriftabrede auszulegen; maßgebend ist der Parteiwille von Schuldner und Gläubiger; es ist auf den Maßstab eines objektiven Empfängerhorizonts abzuheben (§§  133, 157 BGB). Daher ist es zu kurz gegriffen, wenn man argumentiert, dass die Erfüllung ein Realakt sei.222 Die Parteien können den geschuldeten Leistungserfolg autonom festlegen. Nach §  362 Abs.  1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Die bloße Vornahme der Leistungshandlung reicht nicht aus; vielmehr muss der geschuldete Leistungserfolg eintreten.223 Dabei muss der Eintritt des Leistungserfolgs zumindest auch auf einer Handlung des Schuldners beruhen.224 Daran fehlt es etwa bei einer Banküberweisung ohne Auftrag. 225 Die Rede von der lebensnahen Betrachtung226 hilft nicht weiter und entpuppt sich als Leerformel. Auch bedient man sich eines Zirkelschlusses, wenn man das eigentliche Auslegungsergebnis als Voraussetzung voranstellt.227 Das Genehmigungserfordernis lässt keinen zwingenden Schluss auf den Zeitpunkt der Erfüllung im Valutaverhältnis zu. Auszugehen ist vielmehr von der Formulierung   Schärfer ist die Kritik bei van Gelder, in: FS Schimansky, S.  128.   Ganter, WM 2005, 1557 (1560). 223   Staudinger/Olzen, §  362 Rdnr.  12 m.w.Nachw. 224   Palandt/Grüneberg, §  362 Rdnr.  2. 225   Staudinger/Olzen, §  362 Rdnr.  13. 226   Einerseits Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 (1889); Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (8); andererseits Haas, Widerspruch, S.  3 (24): „lebensnahe Wertung“. Jungmann, NZI 2005, 84 (87) wirft dem IX. Zivilsenat eine „Überspitzung der Genehmigungstheorie“ vor, die den am Lastschriftverfahren Beteiligten lebensfremd erscheinen muss, widerspreche sie doch dem Parteiwillen in eklatanter Weise. 227   Zu dieser Gefahr des Zirkelschlusses Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (75); Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1261). 221

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der Lastschriftabrede; dort sprechen die Parteien expressis verbis von einer „Einzugsermächtigung“. Die genaue Risikoverteilung, insbesondere der Erfüllungszeitpunkt bleibt offen. Anzusetzen ist eine ergänzende Vertragsauslegung. Der Zweck der ergänzenden Vertragsauslegung besteht darin, Lücken einer rechtsgeschäftlichen Regelung zu schließen 228 und so den Vertrag gleichsam „zu Ende zu denken“. 229 Der Vertrag muss einen offen gebliebenen, regelungsbedürftigen Punkt enthalten, dessen Ergänzung zwingend und selbstverständlich geboten ist, um einen offenbaren Widerspruch zwischen der tatsächlich entstandenen Lage und dem vertraglich Vereinbarten zu beseitigen. Funktional geht es bei der Einzugsermächtigungslastschrift insbesondere um eine Alternative zur Überweisung. 230 Prägestempel ist die Risikofreiheit für den Schuldner; der Schuldner hat bis zur Genehmigung eine Widerspruchsmöglichkeit und kann die Rückbuchung veranlassen. Die Genehmigung der Belastungsbuchung wirkt in erster Linie im Deckungsverhältnis und bleibt dem Gläubiger in aller Regel verborgen. Der Schwebezustand 231 sowie der Gedanke der Rechtssicherheit sprechen daher gegen die Anknüpfung an die Genehmigung, auch wenn eine irreversible Leistungsbewirkung erst mit der Genehmigung anzunehmen ist.232 (c)  Fazit und kautelarjuristische Folgerungen Die hier vertretene Ansicht lässt sich als modifizierte Genehmigungstheorie bezeichnen. 233 Im Deckungsverhältnis ist der Genehmigungstheorie bereits wegen der Perpetuierung in Nr.  2.4 Abs.  2 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (= Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.) zu folgen; im Valutaverhältnis ergibt die Auslegung der Lastschriftabrede, dass mit der Einlösung der Lastschrift eine Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB anzunehmen ist. Diese Position bringt einen Paradigmenwechsel 234 und ist gleichsam der dogmatische Eckstein eines sinnvoll austarierten Lastschriftsystems. Mit dieser Justierung „stehen und fallen“ alle insolvenzrechtlichen Folgeüberlegungen.

  BGHZ 9, 277; BGHZ 77, 304 = NJW 1980, 2347; Staudinger/H.Roth, §  157 Rdnrn.  11 ff. 229   MünchKomm-BGB/Busche, §  157 Rdnr.  27. 230   Für eine Gleichbehandlung: Gottwald, in: FS Stathopoulos, S.  673 (674 ff.). 231   Kein Gläubiger würde sich darauf einlassen, über Monate hinweg die Erfüllung seiner Forderung in der Schwebe zu lassen. Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (12); Meder, NJW 2005, 637 (638). 232   Ausführlich gegen die Argumente des IX. Zivilsenats: Nobbe, WM 2009, 1537 (1544 ff.). 233   Jungmann, ZIP 2008, 295 (297) spricht von einem „Alternativkonzept auf der Grundlage der Genehmigungstheorie“. 234   Burghardt, WM 2006, 1892. 228

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Kautelarjuristisch ist es sinnvoll, die Lastschriftabrede zu konkretisieren und den Erfüllungszeitpunkt expressis verbis festzulegen, etwa mit der Formulierung: „Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB tritt ein, wenn der Lastschriftbetrag dem Konto des Zahlungsempfängers vorbehaltlos gutgeschrieben worden ist.“235 Dann ist eine (ergänzende) Auslegung der Lastschriftabrede nicht mehr erforderlich. Vielmehr ist die Parteivereinbarung eindeutig. Der Streit wird sich dann von der ergänzenden Vertragsauslegung weg hin zur AGB-Kontrolle verlagern. c)  Abgrenzungsprobleme Lastschriftklauseln werden in praxi nicht immer eindeutig formuliert. Nicht nur in der Umgangssprache, auch in der Fachliteratur werden etwa die Begriffe „Abbuchen“ und „Einlösen“ im Zusammenhang mit dem Lastschriftverfahren häufig synonym verwendet. 236 Es ist dann im Wege der Auslegung (§§  133, 157 BGB) zu klären, welche Lastschriftvariante die Parteien vereinbart haben. 237 Die formularmäßige Verpflichtung eines Verbrauchers zur Erteilung einer Einzugsermächtigung ist grundsätzlich AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Bei geringfügigen Beträgen sowie größeren, bei denen die Höhe und die Fälligkeit des einzuziehenden Betrags feststehen, kann sich der Kontoinhaber darauf einstellen und für eine Deckung sorgen.238 In den übrigen Fällen besteht jedenfalls dann keine unangemessene Benachteiligung, wenn dem Kunden zwischen dem Zugang der Rechnung und dem Einzug des Rechnungsbetrags ausreichend Zeit bleibt (mindestens fünf Werktage), um die Rechnung zu prüfen und gegebenenfalls eine ausreichende Kontodeckung herbeizuführen. 239 Beim Abbuchungsauftragsverfahren ist eine formularmäßige Verpflichtung strenger zu beurteilen: In der Regel ist von einer unangemessnen Benachteiligung des Kunden auszugehen. 240 Der III. Zivilsenat hatte im Jahr 2008 über folgende Klausel zu entscheiden, die nach ihrem Wortlaut („Bankeinzug“, „abzubuchen“) einen Kern beider Lastschriftvarianten beinhaltet: „Das Mitglied erteilt dem .  .  ., soweit keine

  Jungmann, ZIP 2008, 295 (297).   BGH NJW 2008, 2495 (2497). 237   Zur sog. „doppelt begründeten Lastschrift“ (Franke, DB 73, 1055): Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, §  58 Rdnrn.  120 ff. Bei dieser Konstellation geht es um die Kumulation von Einzugsermächtigung und Abbuchungsauftrag. Umstritten ist, ob die Schuldnerbank einen Widerspruch des Schuldners beachten muss. Verneinend BGHZ 72, 343 = NJW 79, 543. 238   BGH NJW 1996, 988 (989). 239   BGH NJW 1996, 988 (989), dazu Schmid, ZMR 1996, 585; BGH NJW 2003, 1237. 240   BGH NJW 1996, 988 (989); BGH NJW 2008, 2495; OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1640 (1641). 235

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Überweisung vereinbart wird, bis auf Widerruf die Berechtigung, den Beitrag per Bankeinzug monatlich abzubuchen.“241 Zu Recht votiert die Rechtsprechung bei unklaren Formulierungen – wie der gerade zitierten – im Zweifel für die Vereinbarung einer Einzugsermächtigung. Zum einen ist diese Variante des Lastschriftverkehrs das bekanntere und schuldnerfreundlichere Verfahren.242 Zum anderen ist beim Abbuchungsauftragsverfahren eine Willenserklärung gegenüber der Bank des Kunden erforderlich. Sofern mit der Lastschriftklausel im Valutaverhältnis nicht deutlich wird, dass eine solche Willenserklärung noch abzugeben ist, scheidet ein Abbuchungsauftrag aus.243

4.  Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) Im Handel haben sich das Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) sowie das Online-Lastschriftverfahren (OLV) etabliert. Es handelt sich um „wilde“ Lastschriftverfahren, um Bezahlverfahren, die nicht von der Kreditwirtschaft entwickelt wurden. 244 Die Bankkarte fungiert beim ELV als ein technisches Hilfsmittel zur Erzeugung einer konventionellen Einzugsermächtigung am ec-Terminal.245 Die Kontonummer und Bankleitzahl des Kunden 246 werden aus dem Magnetstreifen der Karte gelesen; daraus wird eine Einzugsermächtigung generiert, die der Kunde sodann unterschreibt. Diese umfasst auch die Erklärung, dass im Falle der Nichteinlösung der Lastschrift – unter Befreiung vom Bankgeheimnis – Name und Adresse des Karteninhabers über die ausgebende Bank abgefragt werden dürfen.247 Die Bank ist zur Preisgabe der Kundenidentität aber nicht verpflichtet. Darin liegt ein großer Nachteil des ELV, der die fehlende Zahlungssicherheit verstärkt: Zum einen erfolgt keine Sicherheits- und Bonitätsprüfung; zum anderen kann der Kunde der Belastungsbuchung widersprechen. Gleichwohl liegt der große Vorteil in den niedrigen Transaktionskosten. Von der Kreditwirtschaft wurde als kartengestütztes Lastschriftverfahren das POZ-Verfahren zur Verfügung gestellt. POZ bedeutet point of sale ohne Zahlungsgarantie – in Anlehnung an das weiterentwickelte POS-Lastschriftverfahren (point of sale mit Zahlungsgarantie). 248 Im Unterschied zum wilden   BGH NJW 2008, 2495 („Lastschriftklausel in einem Sportstudiovertrag“).   BGH NJW 2008, 2495 (2496). 243   BGH NJW 2008, 2495 (2496). 244   MünchKomm-BGB/Casper, §  676h Rdnr.  23: „das unregulierte Elektronische Lastschriftverfahren“; Toussaint, Rdnr.  548. 245   MünchKomm-HGB/Häuser/Haertlein, Bd.  5, Anhang I, Rdnr. E 95. 246   Nicht aber Name und Anschrift des Kunden: diese Daten sind auf dem Magnetstreifen nicht gespeichert. MünchKomm-HGB/Häuser/Haertlein, Bd.  5, Anhang I, Rdnr. E 96. 247   Dennhardt, in: Bamberger/Roth, §  362 Rdnr.  34. 248   Dazu genauer Wand, ZIP 1996, 214 (219 f.). 241

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Lastschriftverfahren wird eine Sperrdateiabfrage durchgeführt; zudem verpflichtet sich das emittierende Institut dazu, dem Händler auf Anfrage Name und Anschrift des Kartenkunden zu nennen. 249 Das POZ-Verfahren wurde wegen der geringen Nachfrage mit Ablauf des 31.  12. 2006 eingestellt. Die Alternative zum ELV ist das PIN-basierte electronic cash-System, bei dem eine online Sicherheits- und Bonitätsprüfung erfolgt. 250 Die Transaktionskosten sind im electronic cash-System zwar höher als im ELV. Jedoch ist ein besserer Missbrauchsschutz gewährleistet; den Händlern entstehen keinerlei Folgekosten (z. B. Bearbeitung im Mahnwesen, Adressrecherche etc.).

II.  Die Insolvenz des Lastschriftschuldners Der Girovertrag erlischt zwar grundsätzlich mit Verfahrenseröffnung ex nunc (§§  116 S.  1, 115 Abs.  1 InsO). 251 Die Widerspruchsmöglichkeit bleibt aber trotzdem erhalten.252 Dies lässt sich zum einen mit der Nachwirkung des Girovertrags begründen.253 Zum anderen wird nur so dem Sinn und Zweck der §§  115, 116 InsO Rechnung getragen: Diese bezwecken gerade eine umfangreiche Massesicherung zur Vorbereitung der Verwertung im Interesse aller Gläubiger.254 Würde die Beendigung des Girovertrags auch eine Genehmigung der Belastungsbuchung mit sich bringen, würde diese ratio legis konterkariert. Die Ausübung der Widerspruchsmöglichkeit obliegt mit Verfahrenseröffnung dem Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach §  80 Abs.  1 InsO übergeht.255 Kontrovers wird die Frage diskutiert, ob der Insolvenzverwalter im Lastschriftenrecht anderen Kautelen unterliegt als der Schuldner. 256 Anders gefragt: Ist der Rahmen des „rechtlichen Dürfens“ hinsichtlich der Widerspruchsbefug  MünchKomm-HGB/Häuser/Haertlein, Bd.  5, Anhang I, Rdnr. E 98.   Dazu MünchKomm-HGB/Häuser/Haertlein, Bd.  5, Anhang I, Rdnr. E 92. Zu den beiden Phasen (Autorisierung und Clearing): Staudinger/Martinek, §  676h Rdnr.  85. 251   BGH NZI 2008, 551 (552); zur Konkursordnung bereits BGHZ 70, 86 (93) = NJW 1978, 538; BGHZ 74, 253 (254) = NJW 1979, 1658. 252   Einhellige Meinung: BGHZ 144, 349 (351) = NJW 2000, 2667 zur GesO; Skrotzki, KTS 1974, 136 (138); Denck, ZHR 144 (1980), 171 (189); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  661; Rottnauer, WM 1995, 272 (277); Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  244; Obermüller, Rdnrn.  3.681 ff.; Haas, Widerspruch, S.  3 (10); a. A. lediglich Fallscheer-Schlegel, S.  28, wonach dem Verwalter kein Widerrufsrecht mehr zustehe, da der Girovertrag mit der Zahlstelle im Konkurs des Zahlungspflichtigen erloschen sei. 253   Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  661. 254   Rottnauer, WM 1995, 272 (277): Der Zweck, eine ungehinderte Arrondierung des massezugehörigen Verwertungspotentials zu ermöglichen, würde geradezu in das Gegenteil verkehrt. Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  244. 255   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, Rdnr.  245. 256   Zur kontroversen Diskussion, ob auch der Treuhänder zu einem Widerspruch berechtigt oder gar verpflichtet ist: AG Hamburg NZI 2007, 598; LG Lübeck DZWIR 2008, 392; 249

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nis, den der (vorläufige) Insolvenzverwalter auszufüllen hat, ein anderer als beim Schuldner? Der Grundsatz lautet: Der Verwalter tritt in die bei Verfahrenseröffnung bestehende Rechtslage ein. 257 Zuweilen ist auch – bildlich gesprochen – von einer „Fußstapfentheorie“ die Rede. 258 Die Verfügungs- oder Zustimmungsbefugnis des Insolvenzverwalters wird aus der Rechtsstellung des Schuldners nur „abgespalten“.259 Daraus würde folgen, dass auch der vorläufige Insolvenzverwalter nur bei anerkennenswerten Gründen Einzugsermächtigungslastschriften widersprechen dürfte und die Frist der Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren 260 (Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.261) auch nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Insolvenzeröffnungsverfahren uneingeschränkt gilt. Ausnahmen vom besagten Grundsatz sind in der InsO expressis verbis nicht geregelt. Dies hat aber nur eine marginale Aussagekraft, ist doch die Lastschrift nur spärlich geregelt. Im Folgenden soll daher der übergeordneten dogmatischen Frage nachgegangen werden, ob insbesondere der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz ein „Lastschriftensonderinsolvenzrecht“ gebietet.

1.  Der Widerspruch durch den Insolvenzverwalter Beim Abbuchungsauftragsverfahren hat der Schuldner – wie gesehen – keine Widerspruchsmöglichkeit. 262 Mit der Abbuchung kommt es zur Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB. Damit sind solche Lastschriften insoweit insolvenzfest. Anders ist dies nach der Genehmigungstheorie im Einzugsermächtigungsverfahren. Der Insolvenzverwalter tritt mit der Übernahme seines Amtes in die Rechte und Pflichten des Insolvenzschuldners ein und kann deshalb grundsätzlich für die Masse nicht mehr und keine anderen Rechte beanspruchen als dem Insolvenzschuldner zustehen.263 Demnach hätte auch der vorläufige Insolvenzverwalter eine Widerspruchsmöglichkeit nur in dem Umfang wie der Insolvenzschuldner. Dies gilt unabhängig davon, ob ein starker vorläufiger Verwalter

Frind, ZInsO 2008, 1357; ders., NZI 2009, 140; Grote, ZInsO 2009, 9; Wilhelm, DZWIR 2008, 364; Menn, NZI 2009, 463. 257   BGHZ 161, 49 = NJW 2005, 675 m.w.Nachw. 258   Siehe dazu etwa G. Fischer, WM 2009, 629; Haas, Widerspruch gegen Lastschriften, S.  3 (11 ff.); kritisch auch AG Hamburg NZI 2009, 117 (119); AG Hamburg NZI 2009, 331 (332); Frind, NZI 2009, 140. 259   OLG München NZI 2007, 108. 260   Siehe dazu §  5 I.3.b)bb)(2)(b). 261   Inhaltsgleich formuliert war Nr.  7 Abs.  4 AGB-Sparkassen a. F. 262   de Avoine, ZInsO 2006, 225. 263   BGHZ, 56, 228 (230) = NJW 1971, 1750; BGHZ 44, 1 (4) = NJW 65, 1585; BGHZ 24, 15 (18) = NJW 57, 791.

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oder ein Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt würde. Ist von dieser „Fußstapfentheorie“ eine Ausnahme zu machen?264 a)  Die Judikatur des IX. Zivilsenats Die drei Judikate des IX. Zivilsenats vom 4.  11. 2004265 glichen einem „Paukenschlag“266: Der Insolvenzrechtssenat hatte in diesen „Novemberurteilen“ entschieden, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt berechtigt sei, die Genehmigung von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu verhindern, auch wenn sachliche Einwendungen gegen die eingezogene Forderung nicht bestünden.267 Daraus ergebe sich, dass der Widerspruch des Insolvenzverwalters weder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach §  826 BGB noch eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß §  60 Abs.  1 InsO darstelle. Zur Begründung verweist der Senat auf die Aufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters, falls dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde: Der Verwalter habe die künftige Masse zu sichern und zu erhalten (§  22 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 InsO).268 Daraus folge, dass er Forderungen einzelner Gläubiger nur erfüllen – und somit das Schuldnervermögen nur vermindern – darf, wenn dies im Einzelfall zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben, etwa zur Fortführung des Schuldnerunternehmens, im Interesse der Gläubigergesamtheit erforderlich oder wenigstens zweckmäßig erscheint. 269 An diesem Ziel habe sich grundsätzlich auch der vorläufige Insolvenzverwalter zu orientieren, der lediglich mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet wurde (§§  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 Alt.  2, 22 Abs.  2 S.  1 InsO). Da der vorläufige Insolvenzverwalter in beiden Erscheinungsformen die künftige Masse zu sichern und zu erhalten habe, könne es nicht seine Sache sein, eine vor dem Eröffnungsantrag un-

264   Zu den geregelten Ausnahmen (insbesondere §  87 InsO, §  92 InsO, §§  103 ff. InsO; §§  129 ff. InsO: Haas, Widerspruch, S.  3 (11 f.). 265   BGH, Urteile vom 4.  11. 2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 = NZI 2005, 99; IX ZR 82/03, ZInsO 2005, 40; IX 28/04, EWiR 2005, 227; zitiert wird im Folgenden die Entscheidung IX ZR 22/03. 266   Senatsmitglied Ganter konstatiert, dass der Senat mit der Entscheidung „gegen den Strom geschwommen“ sei: Ganter, WM 2005, 1557 (1559). Von einer „Kehrtwende“ in der insolvenzrechtlichen Beurteilung der Genehmigungstheorie ist die Rede: Jacoby, LMK 2008, 253185. Die Folgen der Genehmigungstheorie prophezeiend: Canaris, WM 1980, 354 (363); ders., Bankvertragsrecht, Rdnr.  661, der von „unerträglichen Folgen“ sowie misslichen, „ja geradezu katastrophalen Konsequenzen“ spricht. 267   Zur deckungsgleichen eigenen Auffassung des damaligen Vorsitzenden des IX. Zivilsenats, die dieser vor der Rechtsprechungstrias veröffentlichte: G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223 (230 ff.). Siehe dazu: Werres, in: Kölner Schrift, S.  1373 (1377 ff.). 268   BGHZ 161, 49 = NZI 2005, 99 (100 f.); ebenso Berger, NJW 2009, 473 (475). 269   BGHZ 118, 374 (379) = NJW 1992, 2483; BGHZ 146, 165 (172 f.) = NZI 2001, 191.

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vollständig erfüllte Verbindlichkeit des Schuldners270 vollständig zu erfüllen oder einer Erfüllungshandlung des Schuldners durch seine Zustimmung Wirksamkeit zu verleihen, falls dies nicht im Interesse aller Gläubiger liege. 271 Vielmehr dürfe er die Rechtsfolge des §  81 Abs.  1 S.  1 InsO durch einen Widerspruch oder die Verweigerung der Zustimmung zu einer Genehmigung des Schuldners vorwegnehmen. 272 Diese Judikate sind auf den endgültigen sowie den starken vorläufigen Insolvenzverwalter zu übertragen. Auf diese geht nach §  80 Abs.  1 InsO bzw. §  22 Abs.  1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über, so dass die genannten Maximen für diese erst recht gelten müssen.273 Diese Rechtsprechung des IX. Zivilsenats274 hat in der Literatur – vor allem im Insolvenzverwalterschrifttum – Zustimmung erfahren 275 und wurde in der Folgezeit um folgenden Aspekt ergänzt: Bereits der zahlungsunfähige Schuldner, der einen Insolvenzantrag gestellt hat, handele in der Regel weder rechts- noch sittenwidrig, wenn er bewusst davon absieht, die nicht bevorrechtigte Forderung eines Gläubigers noch zu befriedigen. Der Senat rekurriert zur Begründung auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz276: Der Insolvenzschuldner habe durch seinen Insolvenzantrag nach außen kundgetan, dass er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für notwendig halte. Damit gehe einher, dass er grundsätzlich keine Forderungen erfülle und deshalb auch keine Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren mehr genehmige. Der Gesetzgeber habe dies für Kapital- und Personengesellschaften ohne eine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter durch das bereits ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit normierte Zahlungsverbot zum Ausdruck gebracht.277 270   Es handelt sich nach dem IX. Zivilsenat um eine ungesicherte Insolvenzforderung i. S. des §  38 InsO. 271   Nach Smid würden Handlungen des Schuldners, die sittenwidrig wären, durch die Antragstellung nicht auf wundersame Weise sittengemäß. Vielmehr komme dieses Kriterium in kritischer Zeit und eröffnetem Verfahren wegen dessen Struktur und Aufgabe nicht zum Tragen. Smid, DZWIR 2009, 397 (402). 272   BGHZ 161, 49 = NZI 2005, 99 (100 f.). 273   Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (255). 274   Bestätigt: BGH NZI 2006, 697; BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27 m.Anm.  Spliedt („time to market“); BGH NZI 2008, 482; ebenso etwa KG KTS 2005, 213; AG Charlottenburg DZWIR 2005, 39. 275   OLG München NZI 2007, 351; KG DZWIR 2005, 157; OLG Dresden ZInsO 2005, 1272 (1274); Ganter, WM 2005, 1557; Dahl, NZI 2005, 102; Feuerborn ZIP 2005, 604 (605); Flitsch, BB 2005, 17; Ringstmeier/Homann, NZI 2005, 492; Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1262): „stringente Fortentwicklung der Rechtsprechung zu schwebenden Verträgen“; ders., NZI 2007, 72; Schmidt, ZInsO 2006, 1233 (1235); Schulte-Kaubrügger, ZIP 2008, 2348. Siehe bereits vor dem BGH Urteil: Rattunde/Berner, DZWIR 2003, 185. 276   Dazu auch BGHZ 162, 143 (149) = NZI 2005, 215 (216) m.w.Nachw. 277   Der BGH rekurrierte auf die damaligen §  92 Abs.  3 AktG, §  6 4 Abs.  2 GmbHG, §  130a Abs.  2, §  161 Abs.  2, §  177a S.  1 HGB; siehe dazu auch G. Fischer, WM 2009, 629 (630), der von grundlegenden Änderungen spricht, die im Insolvenzeröffnungsverfahren eintreten.

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Der IX. Zivilsenat betont ausdrücklich, dass dieses Ergebnis den einzelnen Gläubiger nicht unbillig benachteilige.278 Der Interessengegensatz zwischen den Gläubigern und der Gläubigergesamtheit lasse sich sachgerecht lösen. Es dürfe jedoch nicht eine insolvenzrechtlich unhaltbare rechtliche Konstruktion in Ansatz gebracht werden. Vielmehr könnten Unbilligkeiten dadurch vermieden werden, dass an die konkludente Genehmigung durch den Schuldner – insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen – keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. b)  Die Kritik des Schrifttums und des XI. Zivilsenats Diese Rechtsprechung des IX. Zivilsenats ist im Schrifttum zum Teil auf energische Kritik gestoßen. 279 Der Kerneinwand lautet: Der Insolvenzverwalter könne nicht mehr und keine anderen Rechte als der Schuldner haben. Der Insolvenzverwalter übernehme das Vertragsverhältnis in dem Rechtszustand, das auch unmittelbar vor seiner Bestellung bestanden habe (Fußstapfentheorie 280). 281 Sei der Schuldner zur Genehmigung verpflichtet, wäre ein ihm erklärter Widerspruch sittenwidrig, so bewirke ein Widerspruch durch den Verwalter keine „sittliche Läuterung“, wie Nobbe und Ellenberger betonen.282 Harsch ist auch die Kritik des XI. Zivilsenats: „Durch die Beantragung eines Insolvenzverfahrens, das möglicherweise abgelehnt wird, wird sittenwidriges nicht plötzlich zu anständigem Verhalten.“283 Das Insolvenzrecht rechtfertige es nicht, das Grundinstrumentarium des BGB „für Zwecke des Insolvenzverfahrens“ umzuinterpretieren 284 und das Einzugsermächtigungsverfahren in der Insolvenz des Schuldners zu einem Instrument der Massemehrung umzufunktionieren 285 . Die Regelung des §  826 BGB als spezielle Ausprägung des die gesamte Zivilrechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben   BGHZ 161, 49 (57 f.) = NZI 2005, 99 (101).   Bork, ZIP 2004, 2446; Hadding, WM 2005, 1549 (1555); Meder, NJW 2005, 637; Böhm, BKR 2005, 366; Peschke, ZInsO 2006, 470; Jungmann, NZI 2005, 84 (86); ders., WM 2007, 1633; ders., ZIP 2008, 295; Nobbe/Ellenberger, WM 2007, 1885; Nobbe, WM 2009, 1537 (1544 ff.); Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (10 ff.); Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (261 ff.); Obermüller, Rdnr.  3.697. 280   Dieser Terminus ist eine besondere Sprachschöpfung, verbindet er doch Konkretes (Fußstapfe) mit Abstraktem (Theorie) in einem Wort. 281   Nobbe/Ellenberger, WM 2007, 1885 (1890) im Vorgriff auf die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats; ähnlich Achsnick/Krüger, NZI 2008, 483 (484). 282   Nobbe/Ellenberger, WM 2007, 1885 (1890). Der Titel dieses Beitrags lautet: „Unberechtigte Widersprüche des Schuldners im Lastschriftverkehr, sittliche Läuterung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter?“ 283   BGHZ 177, 69 (76) = NZI 2008, 675 (677). Weiter heißt es, dass der IX. Zivilsenat die Genehmigungstheorie bereits nach Beantragung des Insolvenzverfahrens „schematisch“ anwende. 284   Dazu allgemein Bork, ZIP 2008, 1041 (1046 f.). 285   AG München ZIP 2008, 592 (596). 278

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(§  242 BGB) gelte uneingeschränkt auch für (vorläufige) Insolvenzverwalter.286 Ungeklärt seien ferner die Auswirkungen 287, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter pauschal alle Belastungsbuchungen widerspricht und es später gar nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt. 288 c)  Die gemeinsame Linie des IX. und XI. Zivilsenats Die beiden Senate verständigten sich auf eine gemeinsame Linie: In miteinander abgestimmten Entscheidungen vom 20.  7. 2010 289 kam es zu einem „LastschriftFriedensschluss“290 . Auch der XI. Zivilsenat bejaht nunmehr die Insolvenzfestigkeit von Lastschriftbuchungen, die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgt sind.291 Als Ausgleich hierfür bekennen sich die Senate zu einer großzügigen Annahme einer konkludenten Genehmigung. Dies gilt vor allem bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen, wie etwa aus Dauerschuldverhältnissen, ständigen Geschäftsbeziehungen oder zur Steuervorauszahlung. Hierfür sind alle Umstände des Einzelfalls maßgebend. Jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr könne eine konkludente Genehmigung vorliegen, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dem Einzug nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht widerspricht und er einen früheren Einzug zuvor bereits genehmigt hatte. 292 Der IX. Zivilsenat rückte indes von der Linie eines möglichen pauschalen Widerspruchs des Insolvenzverwalters ab: Ist eine im Einziehungsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens eingelöst worden, fehle dem (vorläufigen) Verwalter/ Treuhänder in der Insolvenz des Schuldners die Rechtsmacht, die Genehmigung zu versagen.293 Der (vorläufige) Verwalter/Treuhänder dürfe bei vom Schuldner noch nicht genehmigten Lastschriften nicht pauschal die Genehmigung versagen, sondern müsse im Einzelfall prüfen, wie weit seine Rechtsmacht reicht.

  BGHZ 177, 69 (76) = NZI 2008, 675 (676 f.).   Zu den bankaufsichtsrechtlichen Problemen Jungmann, ZIP 2008, 295 (296); ders., WM 2007, 1633 (1634 ff.); ders., NZI 2005, 84 (89); Piekenbrock, KTS 2007, 179 (197). 288   Jungmann, ZIP 2008, 295 (296); ders., WM 2007, 1633 (1636). 289   BGHZ 186, 242 = NZI 2010, 731 einerseits und BGHZ 186, 269 = NZI 2010, 723 andererseits; dazu Jacoby, ZIP 2010, 1725; Heiderhoff, KTS 2011, 103 (106); Obermüller, Rdnr.  3.696. 290   Wagner, NZI 2010, 785; zum sachgerechten Umgang mit Divergenz- und Grundsatzvorlagen nach §  132 GVG: Jungmann, JZ 2009, 380. 291   BGHZ 186, 269 = NZI 2010, 723. 292   BGHZ 186, 269 = NZI 2010, 723. 293   Dies gilt unabhängig davon, ob jenem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übertragen worden ist. BGHZ 186, 242 = NZI 2010, 731. 286 287

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Zudem rekurriert der IX. Zivilsenat „in einem revolutionären obiter dictum“294 auf eine wünschenswerte Ausgestaltung einer Insolvenzfestigkeit. Wie noch zu zeigen ist, ist eine Zahlung, die mittels des im November 2009 neu eingeführten SEPA-Lastschriftverfahrens bewirkt wird, insolvenzfest. Das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren könne von der Kreditwirtschaft seit Inkrafttreten des neuen Zahlungsdiensterechts rechtswirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem SEPA-Basis-Lastschriftverfahren nachgebildet werden (§  675j Abs.  1, §  675x Abs.  1, Abs.  2, Abs.  4 BGB). 295 d)  Eigene Stellungnahme: kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht In der Insolvenz des Lastschriftschuldners manifestiert sich die Schwäche der reinen Genehmigungstheorie in besonderer Weise. Die bankvertragliche Justierung im Valutaverhältnis hat insolvenzrechtliche Folgen. Die Rechtsprechung setzt die Formel „ohne Genehmigung, keine Erfüllung“ insolvenzrechtlich dergestalt um, dass Lastschriftbuchungen bis zur Genehmigung nicht insolvenzfest sind. Dies führt zu einer Entwertung des Einzugsermächtigungsverfahrens als Variante des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Aus Insolvenzverwaltersicht mutiert der Widerspruch zu einem Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht. Die Reaktion der Praxis kann nur lauten, entweder auf Überweisungen 296 oder Abbuchungsaufträge297 auszuweichen oder ausdrückliche Genehmigungen zu forcieren 298 bzw. die Rechnungsabschlussperioden zu verkürzen. 299 Nach der hier vertretenen Auffassung sind diese „Ausweichmanöver“ nicht vonnöten. Der neue Weg der „Novemberurteile“ des IX. Zivilsenats aus dem Jahre 2004 sowie die Zustimmung des XI. Zivilsenats im Jahre 2010 ist abzulehnen. Bereits mit der Einlösung der Lastschrift tritt Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB ein. Damit ist kein Raum für ein Lastschriftensonderinsolvenzrecht. aa)  Korrektivverlagerung Der Schwebezustand, der nach der Genehmigungstheorie entsteht, bedarf eines Korrektivs bei missbräuchlichen Widersprüchen. Die Rechtsprechung hat einen Ausgleichsmechanismus auf Sekundärebene geschaffen (§  280 Abs.  1 BGB im Valutaverhältnis sowie §  826 BGB auch gegenüber Dritten). Dieser Ausgleich   Jacoby, ZIP 2010, 1725 (1727).   BGHZ 186, 269 = NZI 2010, 723. 296   Böhm, BKR 2005, 366 (370); C.Koch, S.  65. 297   Graf/Gerz, DStR 2009, 1649 (1653). Zu den Nachteilen siehe allerdings unter I.3.a). M. E. handelt es sich um keine wirtschaftlich gleichwertige Alternative. 298   Dies stellt eine hohe administrative Belastung und einen kostspieligen manuellen Mehraufwand dar. So Böhm, BKR 2005, 366 (370). 299   Jungmann, NZI 2005, 84 (89); Ganter, WM 2005, 1557 (1562); Schmidt, ZInsO 2006, 1233 (1238) regt eine Verkürzung auf Monatsabschlüsse an; dazu im Firmenkundengeschäft: Böhm, BKR 2005, 366 (368). 294 295

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soll bei einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen; jedoch wird gleichsam auf der Primärebene eine großzügige Handhabung bei konkludenten Genehmigungen angeregt. Die Rechtsprechung lässt sich somit als eine Korrektivverlagerung weg von der Sekundärebene hin zu einer großzügigen Handhabung von konkludenten Genehmigungen werten. M. E. ist bei einer solchen Ausweitung Vorsicht geboten. Wie auch der BGH betont, sind in der Anfangsphase der vorläufigen Insolvenzverwaltung die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners oft ungeordnet. Dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter muss Gelegenheit gegeben werden, sich einen Überblick zu verschaffen.300 Der Insolvenzverwalter, der mit dem Widerspruch zu lange zögern würde, müsste dann mit einer „aufgedrängten Genehmigung“ rechnen. Dies könnte wieder zu vorschnellen pauschalen Widersprüchen des Insolvenzverwalters führen. Beides sind Extreme, die nicht wünschenswert sind. Vielmehr muss es dabei verbleiben, dass die konkludente Genehmigung die Ausnahme ist, die nur eingreifen kann, wenn der Insolvenzverwalter hinreichend die Lage prüfen konnte.301 bb)  Unterscheidung Sittenwidrigkeit – Pflichtverletzung Der IX. Zivilsenat unterscheidet bei den möglichen Schadensersatzansprüchen nicht zwischen §  280 Abs.  1 BGB, der im Valutaverhältnis bei missbräuchlichen Widersprüchen Raum greifen kann, und §  826 BGB, der auch in der JedermannBeziehung als Korrektiv in Ansatz gebracht werden kann. M. E. verschiebt sich das Pflichtenprogramm der Lastschriftabrede mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht. Lediglich §  826 BGB bietet mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Sittenwidrigkeit ein Einfallstor für Wertungen, das auch grundsätzlich für insolvenzrechtliche Überlegungen offen steht. Warum sich mit einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Pflichtenstruktur des Valutaverhältnisses verändern soll, ist nicht ersichtlich. Eine gesetzliche Regelung hierfür fehlt; insbesondere folgt dies nicht aus §§  21 ff. InsO bzw. §§  103 ff. InsO. Die Auffassung lässt sich daher nur durch eine stimmige Rechtsfortbildung des Lastschrifteninsolvenzrechts halten. Die Argumentationslast trägt aber derjenige, der die „Lücke“ vorträgt und für eine Rechtsfortbildung votiert.

  BGHZ 161, 49 (59) = NZI 2005, 99 (102) m.Anm.  Dahl.   Zutreffend Jungmann, ZIP 2008, 295 (298), der die großzügige Handhabung der konkludenten Genehmigung für „Altfälle“ bejaht, die nicht zu „Glücksfällen“ werden sollen. In „Neufällen“ sollen hingegen konkludente Genehmigungen jedenfalls während des Insolvenz­ eröffnungsverfahrens auch in Zukunft die Ausnahme bleiben. 300 301

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cc)  Gleichlauf versus Gläubigergleichbehandlung Grundsätzlich ist von einem Gleichlauf der Rechte des Schuldners und des (vorläufigen) Insolvenzverwalters auszugehen. Allein das Streben des Insolvenzverwalters nach Massemehrung rechtfertigt keine Ausnahme zur Fußstapfentheorie.302 Mit einem Lastschriftensonderinsolvenzrecht soll der Gläubigergleichbehandlung Rechnung getragen werden. Durch die Ausweitung der Wider­­spruchsmöglichkeit zu einem generellen Widerspruchsrecht in der Hand des Insolvenzverwalters wird gleichsam ein weiteres Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht praeter legem installiert. Dabei ist es aber ein Zirkelschluss, wenn man unmittelbar auf den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung rekurriert und gleichsam von der Aufgabe der Massemehrung auf die Befugnis eines umfassenden Widerspruchsrechts des Insolvenzverwalters schließt.303 Vielmehr müsste eine planwidrige Regelungslücke innerhalb der §§  21 ff. InsO bzw. §§  103 ff. InsO vorgetragen und das „weitergehende“ Widerspruchsrecht des Insolvenzverwalters aus diesen Normen gefolgert werden. Dabei darf aber der bankrechtliche Einschlag in der Argumentationslinie nicht fehlen. Das Einzugsermächtigungsverfahren ist funktionell auszuleuchten. Es geht um eine Alternative zum Abbuchungsauftrag und zur Überweisung. Eine Parallelwertung zu diesen Varianten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs304 ist angezeigt. Im wirtschaftlichen Ergebnis soll es bei diesen Masseverfahren nur bei berechtigten Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zu einer Rückbuchung kommen. dd)  Das Zeitpunktproblem Die Ausnahme zur Fußstapfentheorie schafft ein unüberwindbares dogmatisches Problem. Anders als beim Insolvenzanfechtungsrecht wird damit ein Massemehrungsinstrument geschaffen, ohne dass es zwingend zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommen muss. Bereits starke vorläufige Insolvenzverwalter bzw. Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt haben dieses weitergehende Widerspruchsrecht. Der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz wirkt indes erst mit Verfahrenseröffnung, gegebenenfalls dann auch rückwirkend. Die Sittenwidrigkeit ist allerdings bei §  826 BGB zum Zeitpunkt des Widerspruchs zu eruieren.305 Nur wenn auch ein Insolvenzverfahren eröffnet wird und die Gläu-

  BGH NJW 1989, 580 (581) zu §  817 S.  2 BGB; Haas, Widerspruch, S.  3 (12).   Zur Unzulässigkeit des Schlusses von der Aufgabe auf die Befugnis siehe etwa im Öffentlichen Recht das Maastrichturteil des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 89, 155 = NJW 1993, 3047 (3053). 304   Hadding, WM 2005, 1549 (1556 ff.). 305   Berger, NJW 2009, 473 (475) fordert für den Fall der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens die Unbeachtlichkeit des Widerspruchs. 302 303

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bigergleichbehandlung ihre Wirkungen entfalten kann, ist eine Modifikation des Widerspruchsrechts denkbar.306 ee)  Umgehung der Wertungen des Insolvenzanfechtungsrechts Zudem kommt es zu einer Umgehung der Wertungen des Insolvenzanfechtungsrechts.307 Insbesondere wird das Massemehrungsinstrument des Widerspruchs zu einer Wunderwaffe eigener Art, die sich von der gesetzlichen Regelung des Bargeschäfts (§  142 InsO) abkoppelt. Der Vertrauensschutz, den §  142 InsO für Vertragspartner bieten möchte, wird contra legem eingeschränkt. ff)  Modifizierte Genehmigungstheorie und Fazit Mit einem Rekurs auf die Gläubigergleichbehandlung schließt der IX. Zivilsenat gleichsam von der Aufgabe der Massemehrung auf die Befugnis eines weitergehenden Widerspruchsrechts des Insolvenzverwalters. Diese Ausnahme von der Fußstapfentheorie ist abzulehnen; sie ergibt sich nicht aus den Wertungen der §§  21 ff. InsO bzw. §§  103 ff. InsO. Eine funktionelle Betrachtung der Einzugsermächtigung steht ihr entgegen. Ein derartiges Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht praeter legem ist abzulehnen (kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht). Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie ist die Lastschriftabrede im Valutaverhältnis dergestalt auszulegen, dass mit der Einlösung der Lastschrift eine Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB eintritt. Diese bankvertragliche Justierung hat insolvenzrechtliche Konsequenzen: Die Widerspruchsmöglichkeit des Insolvenzverwalters mutiert zu keinem Widerspruchsrecht, wenn anerkennenswerte Gründe für eine Rückbuchung fehlen.

2.  Die in AGB vereinbarte Genehmigungsfiktion Ein anderes dogmatisches Problem stellte sich vor allem in den „Übergangsfällen“, bei denen Insolvenzverwalter nach Bekanntwerden der neuen Judikatur des IX. Zivilsenats zum Lastschriftenrecht auch Belastungsbuchungen, die weit zurücklagen, widersprachen.308 Es geht darum, ob die Genehmigungsfiktion der Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken (jetzt: Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen 306   Der IX. Zivilsenat löst sich aus dieser „dogmatischen Schlinge“ wie folgt: Bereits der zahlungsunfähige Schuldner, der Insolvenzantrag gestellt hat, handele in der Regel weder rechts- noch sittenwidrig, wenn er bewusst davon absieht, die nicht bevorrechtigte Forderung eines Gläubigers noch zu befriedigen. Der Insolvenzschuldner habe durch seinen Insolvenzantrag nach außen kundgetan, dass er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für notwendig halte. BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27. 307   Rottnauer, WM 1995, 272 (279); Jungmann, NZI 2005, 84 (87): „diese Regelung ist abschließend.“ Hadding, WM 2005, 1549 (1555); Obermüller, Rdnr.  3.697. 308   So widersprach ein Insolvenzverwalter Belastungsbuchungen in einem vom IX. Zivilsenat entschiedenen Fall nicht schon nach Verfahrenseröffnung Ende 2002, sondern erst nach

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mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren) auch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter bindet, ob also der Verwalter insoweit in die „Fußstapfen“ des Schuldners tritt.309 Wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, so geht nach §  80 Abs.  1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über. Ihm gegenüber wirkt auch die in AGB vereinbarte Genehmigungsfiktion. Ebenso ist auch beim starken vorläufigen Verwalter (§  22 Abs.  1 InsO) zu entscheiden. Die Bindung des endgültigen und des starken vorläufigen Insolvenzverwalters an die Frist der Genehmigungsfiktion wird einhellig bejaht. Anders ist es beim vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO). a)  Die gespaltene Lösung Nach dieser Auffassung ist nach den übertragenen Befugnissen, die dem vorläufigen Insolvenzverwalter zukommen können, zu unterscheiden.310 Der starke vorläufige Verwalter tritt umfassend an die Stelle des Schuldners. Auf diesen geht nach §  22 Abs.  1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über. Ihm gegenüber gelte auch die in AGB vereinbarte Genehmigungsfiktion. Anders sei es beim schwachen vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Der Kerngedanke ist, dass dieser nicht in toto in die „Fußstapfen“ des Schuldners tritt, sondern nur Verhinderungsbefugnisse innehat.311 Er steht gleichsam neben dem Schuldner. Die Einbeziehung eines Dritten in die Geltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen den Vertragspartnern setze zwingend voraus, dass dieser die vertraglichen Rechte und Pflichten des anderen Teils selbst überhaupt auszuüben vermag.312 Die Fiktion könne schwerlich weiter reichen als die eigentlichen Handlungsbefugnisse des vorläufigen Verwalters.313 Es sei rechtlich ausgeschlossen, aufgrund der Untätigkeit eine Erklärung Bekanntwerden der neuen BGH-Entscheidungen vom November 2004 im Dezember 2004: BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27. 309   Unzutreffend ist die Auffassung, wonach die Genehmigungsfiktion der Nr.  7 Abs.  3 der AGB-Banken durch die öffentliche Bekanntmachung der Bestellung eines vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalters zerstört wird, wenn zum Zeitpunkt, zu dem die öffentliche Bekanntmachung gemäß §  9 Abs.  1 S.  3 InsO als bewirkt gilt, die Sechs-Wochen-Frist nach Zugang des Rechnungsabschlusses nach Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken noch nicht abgelaufen war. Anders aber OLG München NZI 2009, 178; Frind, NZI 2009, 140. Zu recht kritisch Nobbe, WM 2009, 1537 (1539). Der Insolvenzverwalter tritt vielmehr in die bestehende Rechtslage ein. Die öffentliche Bekanntmachung der Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters ändert an der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vereinbarung der AGB-Banken und damit auch an der Genehmigungsfiktion nichts. 310   So zunächst der IX. Zivilsenat bis zur Kehrtwende im Jahre 2010: BGH NZI, 2010, 938 (940). 311   Jacoby, LMK 2008, 253185; Schmidt, ZInsO 2006, 1233: „Verwalterautonomie versus Banken-AGB“. 312   G. Fischer, WM 2009, 629 (631). 313   Haas, Widerspruch, S.  3 (39).

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zu fingieren, die die betreffende Person im Rahmen der ihr übertragenen Befugnis gar nicht abgeben könne.314 Dem vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt fehle die Befugnis, aus eigenem Recht eine Belastungsbuchung zu genehmigen. Seine Rechte seien in diesem Bereich vielmehr darauf beschränkt, die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger vor einer Vermögensminderung der Insolvenzmasse zu schützen. Er habe damit keine Rechtsstellung, die es rechtfertigen könnte, dass er Rechtswirkungen, die ohne sein Zutun eintreten, gegen sich geltend lassen müsse.315 Zudem rekurriert Gero Fischer auf eine Parallelwertung zu den Unterschieden, die sich hinsichtlich der Rechtsstellung des „starken“ und des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters im Bereich der Begründung von Masseverbindlichkeiten ergeben. Nur der starke vorläufige Verwalter begründe nach §  55 Abs.  2 S.  1 InsO Masseverbindlichkeiten. Der vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt könne nicht durch eigene Verfügungen auf das Schuldnervermögen einwirken. Folglich löse er auch nicht durch bloße Untätigkeit massenachteilige Verfügungen aus. Das daraus für Genehmigungen von im Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommenen Lastschriften folgende massegünstige Ergebnis sei also sachgerecht und konsequent.316 b)  Einheitslösung Vorzugswürdig ist eine Einheitslösung, wonach es keinen Unterschied macht, ob ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt oder ein starker vorläufiger Verwalter widerspricht.317 Eine Differenzierung ist sachlich nicht gerechtfertigt. Schärfer formuliert es der XI. Zivilsenat: „Ein solches Sonderprivatrecht für vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt entbehrt jeder Grundlage.“318 Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt (§  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 Alt.  2 InsO) bestellt, so sind Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam. Das Verfügungsrecht des Schuldners wird also aufgeteilt: Das Recht des Insolvenzverwalters, auf die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Schuldners 314   Schulte-Kaubrügger, ZIP 2008, 2348 (2353), der die Auffassung des IX. Zivilsenats als rechtskonstruktiv besser begründet ansieht. 315   BGHZ 174, 84 = NZI 2008, 27 (29). 316   G. Fischer, WM 2009, 629 (631). 317   Scharfe Kritik seitens des XI. Zivilsenats: „Nichts spricht danach dafür, den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt im Hinblick auf Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken anders zu behandeln als den vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalter.“ BGHZ 177, 69 (84) = NZI 2008, 675 (679). Gegen den IX. Zivilsenat auch OLG München NZI 2007, 108; OLG Karlsruhe NZI 2008, 188; LG Köln NZI 2007, 469; Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (257 ff.). Zur Kehrtwende des IX. Zivilsenats: BGH NZI, 2010, 938 (940); BGH NJW-RR 2012, 243. 318   BGHZ 177, 69 (85) = NZI 2008, 675 (679).

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Einfluss zu nehmen, ist aus dessen bisheriger Rechtsstellung abgespalten.319 Um wirksam zu verfügen, ist kumulativ die Zustimmung von Schuldner und Verwalter erforderlich; um aber eine in AGB vereinbarte Genehmigungsfiktion zu verhindern, reicht alternativ ein Widerspruch des Schuldners oder des Verwalters aus. Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt ist gegenüber der Einsetzung eines starken vorläufigen Verwalters kein aliud, sondern ein minus.320 Entscheidend ist, dass auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Schuldners verhindern kann (Rechtsverhinderungsmacht, reine Sperrbefugnis321). In concreto: Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt kann der Belastungsbuchung widersprechen. Damit kann er den Eintritt der in AGB vereinbarten Genehmigungsfiktion verhindern. Es kommt nicht darauf an, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt – anders als der starke vorläufige Verwalter – nicht aus eigenem Recht eine Einzugsermächtigungslastschrift wirksam genehmigen kann.322 Es geht bei der Problematik der in AGB vereinbarten Genehmigungsfiktion vielmehr darum, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Genehmigungsfiktion vermeiden kann. In diesem springenden Punkt der Verhinderungsbefugnis unterscheiden sich vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt einerseits und starker vorläufiger Verwalter andererseits aber gerade nicht.323 c)  Ergebnis Die Klausel der Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken (jetzt: Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren) wirkt auch gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt.

319   OLG München NZI 2007, 108; OLG Karlsruhe NZI 2008, 188; Nobbe, KTS 2007, 397 (408). 320   BGHZ 177, 69 (83) = NZI 2008, 675 (679): „nicht etwas grundlegend anderes, sondern ein Weniger“. Jaeger/Gerhardt, InsO, §  21 Rdnrn.  14, 24; MünchKomm-InsO/Haarmeyer, §  21 Rdnr.  65, §  22 Rdnrn.  15 f., 28; Kuder, S.  72; Fritsche, DZWIR 2005, 265 (268 f.). 321   Kirchhof, WM 2009, 337. 322   Nobbe, WM 2009, 1537 (1540). 323   Nach anderer Auffassung kann der vorläufige Verwalter aufgrund des Zustimmungsvorbehalts die Genehmigung nicht verhindern. Die Genehmigung einer Belastungsbuchung sei keine Verfügung. Der Zustimmungsvorbehalt des §  21 Abs.  2 Nr.  2 Alt.  2 InsO beziehe sich aber lediglich auf Verfügungen des Schuldners. Folgt man der modifizierten Genehmigungstheorie, wonach Erfüllung im Valutaverhältnis bereits mit der Einlösung der Lastschrift eintrete, so sei die Verfügung damit erfolgt. Jungmann, ZIP 2008, 295 (299).

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3.  Zusammenfassung Die Insolvenzfestigkeit von Einzugsermächtigungslastschriften wird kontrovers diskutiert: Insolvenzrechts- und Bankrechtssenat lieferten sich lange Zeit ein Argumentationsgefecht der besonderen Art.324 Der dogmatische Eckstein liegt im Bankvertragsrecht, genauer in den Auswirkungen der Einzugsermächtigung auf das Valutaverhältnis. Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie ist die Lastschriftabrede im Valutaverhältnis dergestalt auszulegen, dass mit der Einlösung der Lastschrift eine Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB eintritt. Diese Justierung hat folgende insolvenzrechtlichen Auswirkungen: Die Widerspruchsmöglichkeit des Insolvenzverwalters mutiert zu keinem Widerspruchsrecht, wenn anerkennenswerte Gründe für eine Rückbuchung fehlen. Mit einem Rekurs auf die Gläubigergleichbehandlung schließt man von der Aufgabe der Massemehrung auf die Befugnis eines weitergehenden Widerspruchsrechts des Insolvenzverwalters. Diese Ausnahme von der Fußstapfentheorie ist abzulehnen; sie ergibt sich nicht aus den Wertungen der §§  21 ff. InsO bzw. §§  103 ff. InsO. Eine funktionelle Betrachtung (Parallelschaltung zur Überweisung) der Einzugsermächtigung steht ihr entgegen. Ein derartiges Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht praeter legem ist abzulehnen (kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht). Die Klausel der in AGB vereinbarten Genehmigungsfiktion wirkt auch gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (Einheitslösung).

III.  Insolvenzanfechtung im Lastschriftenrecht Die vorangegangene Analyse der bankvertraglichen Grundlagen hat gezeigt, dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in toto gefolgt werden kann. Für die anfechtungsrechtlichen Folgeprobleme soll nun aber auf diese Judikatur zurückgeblendet werden. Alle Erkenntnisse, die im Recht der Überweisung gewonnen wurden, sind – soweit wie möglich – zu übertragen. Wertungswidersprüche lassen sich nur bei einer Gesamtbetrachtung von Überweisung und Lastschrift vermeiden. Ebenso wie beim Überweisungsverkehr ist zwischen Zahlungsausgängen und Zahlungseingängen zu unterscheiden. Die Lösung dieser Fälle muss grundsätzlich deckungsgleich ausfallen.

  Zum „horror pleni“ in den Zivilsenaten des BGH: Jungmann, JZ 2009, 380.

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1.  Genehmigung Maßgebliche Weichenstellung für die Frage, ob und inwieweit eine Insolvenzanfechtung in Betracht kommt, ist der Umstand, ob der Schuldner bzw. dessen Insolvenzverwalter die Belastungsbuchung genehmigt hat. Dabei ist es anfechtungsrechtlich unerheblich, ob die Genehmigung ausdrücklich oder konkludent erfolgte oder ob der Schuldner es unterlassen hat 325 , Einwendungen i. S. der Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren 326 (=Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.) zu erheben. Macht der Insolvenzverwalter einen Insolvenzanfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO geltend, so genehmigt er konkludent die ausgeführten Lastschriften.327 a)  Gleichlauf zur Überweisung Nach dem IX. Zivilsenat führt erst die Genehmigung der Belastungsbuchung zur Erfüllung der Verbindlichkeit (§  362 Abs.  1 BGB). Diese Genehmigung328 bildet die anfechtbare Rechtshandlung.329 Dabei gelten für die Anwendung des Insolvenzanfechtungsrechts keine lastschriftspezifischen Besonderheiten.330 Es besteht kein Lastschriftensonderinsolvenzanfechtungsrecht; vielmehr ist ein Gleichlauf zur Überweisung zu entwickeln. Die bankvertragsrechtliche Weichenstellung, wie die Genehmigungstheorie im Valutaverhältnis durchschlägt, ist insolvenzanfechtungsrechtlich konsequent weiterzudenken. Als Anfechtungsschuldner kommen zum einen die Zahlstelle und zum anderen der Zahlungsempfänger in Frage. Der IX. Zivilsenat führt aus, dass die Insolvenzanfechtung der Genehmigung nur gegenüber dem Gläubiger als Empfänger der Leistung möglich sei; denn für Insolvenzanfechtungen im Mehrpersonenverhältnis würden die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend gelten.331 Wie bei der Überweisung erörtert 332 , verdient dies keine Zustimmung. 325   Ganter, WM 2005, 1557 (1563). Es ist umstritten, ob das Unterlassen des Widerspruchs die anfechtbare Handlung ist und daher auf §  129 Abs.  2 InsO abzuheben ist. Bejahend: Jaeger/Henckel, InsO, §  140 Rdnr.  28; verneinend etwa OLG Karlsruhe NZI 2008, 188 (189), wonach wegen Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken dem Unterlassen ein Erklärungswert beigemessen wird. 326   Siehe dazu §  5 I.3.b)bb)(2)(b). 327   Wagner, NZI 2008, 401 (402). 328   Nach der hier vertretenen Auffassung tritt die Erfüllung bereits mit der Einlösung der Lastschrift ein. 329   BGHZ 161, 49 (56) = NZI 2005, 99 (101); BGHZ 174, 84 (100) = NZI 2008, 27 (31); BGH NZI 2008, 482 (483); BGH NZI 2010, 938 (939); BGH NZI 2010, 981 (982); BGH WM 2012, 326. 330   Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (14). 331   BGHZ 174, 84 (100) = NZI 2008, 27 (31) mit Rekurs auf BGHZ 142, 284 (287) = NZI 1999, 448; siehe zum richtigen Anfechtungsgegner im Lastschriftrecht auch Kuder, S.  89 ff., die für einen generellen Ausschluss der Zahlstelle als Anfechtungsgegner plädiert. Ebenso Stritz, DZWIR 2005, 18 (22); Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (245). 332   §  4 II.2.

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Vielmehr ist – wie der BGH auch an anderer Stelle konzediert – der tatbestands­ immanenten Lösung zu folgen, wonach kein generelles Ausschlussverhältnis möglicher Anfechtungsschuldner besteht.333 Im Regelfall scheitern aber Anfechtungsansprüche gegenüber der Zahlstelle bei einem „neutralem Verhalten“.334 Eine Gläubigerbenachteiligung (§  129 InsO) ist nach der hier vertretenen Auffassung unabhängig davon anzunehmen, ob die Zahlung aus einem im Habet oder Soll geführten Konto stammt. Diese bei der Überweisung entwickelte Einheitslösung335 gilt bei debitorischer Kontoführung für beide Kontoschichten (Dispositionskredit, geduldete Überziehung) auch im Lastschriftrecht.336 Im Regelfall löst der Gläubiger eine Lastschrift nur ein, wenn ihm ein entsprechender Anspruch gegenüber dem Schuldner zusteht. Es handelt sich um eine kongruente Deckung, wenn dieser Anspruch zum Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift fällig und durchsetzbar ist, so dass als Anfechtungstatbestand dann auf §  130 InsO abzuheben ist.337 b)  Spezifische Lastschriftprobleme Kontrovers werden bei den Zahlungsausgängen insbesondere folgende Problemkreise diskutiert 338 : Die Bestimmung der anfechtbaren Rechtshandlung, der Zeitpunkt der Rechtshandlung i. S. des §  140 InsO, der maßgebliche Zeitpunkt beim Bargeschäft (§  142 InsO) sowie die Frage, ob bei der Lastschrift von einer Rechtshandlung des Schuldners (z. B. bei §  133 Abs.  1 InsO) auszugehen ist. Zu erörtern ist ferner, ob die Genehmigung durch einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter zu einem Ausschluss der Insolvenzanfechtung nach §  242 BGB führt. aa)  Anfechtbare Rechtshandlung Fraglich ist, ob nicht nur die Genehmigung möglicher Bezugspunkt für eine Insolvenzanfechtung ist, sondern auch die Nichtausübung des Widerspruchsrechts als ein anfechtbares Unterlassen i. S. des §  129 Abs.  2 InsO. Zweck der 333   Dies ist für §  133 Abs.  1 InsO von Bedeutung; diese Norm ist jedoch teleologisch zu reduzieren. Für eine Haftung ist erforderlich, dass der Anfechtungsschuldner entweder der Empfänger der Leistung oder doch wesentlich am Vorgang beteiligt ist und einen eigenen Vorteil erlangt. Neutrale Verhaltensweisen des Anfechtungsschuldners sind aus der Vorsatzanfechtung auszugrenzen. Davon ist auszugehen, solange die Bank als reine Zahlstelle fungiert. Siehe dazu §  4 II.2b)dd). 334   §  4 II.2b)dd). 335   Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1265 f.). Für eine gespaltene Lösung im Lastschriftrecht etwa Welsch, DZWIR 2006, 221 (224 ff.); Wagner, NZI 2008, 401 (402), der auch auf die Folgeprobleme der Beweislast eingeht. 336   §  4 II.1. 337   Wagner, NZI 2008, 401; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  273. 338   Dazu Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (240 ff.); Kuder, S.  92 ff.

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Anfechtung von Unterlassungen ist es, die vom Schuldner versäumte Gegenwehr gegen die eigene Inanspruchnahme nachzuholen 339 (z. B. Nichteinlegen eines Rechtsmittels, Unterlassen prozessualer Angriffs- und Verteidigungsmittel oder Einreden 340). Komme der Zahlungspflichtige aber im Rahmen der Nachdisposition, die ihm das Widerspruchsrecht ermöglichen soll, zu dem Ergebnis, dass die Lastschrift auch im Valutaverhältnis berechtigt war, so könne nach Piekenbrock von einer versäumten Gegenwehr, die im Wege der Insolvenzanfechtung nachzuholen wäre, keine Rede sein.341 Dass der Zahlungspflichtige den Zahlungsempfänger durch einen pflichtwidrigen Widerspruch nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe, könne nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung kein anfechtbares Unterlassen i. S. des §  129 Abs.  2 InsO darstellen.342 M. E. liegt aufgrund der Gleichzeitigkeit von Genehmigung als Tun und Unterlassen des Widerspruchs ein ambivalentes Verhalten vor. Ähnlich wie im Strafrecht 343 ist auch hier auf den Schwerpunkt abzustellen, genauer gesagt den Schwerpunkt der insolvenzanfechtungsrechtlichen Relevanz. Im Rahmen dieser dogmatischen Kategorie können die Argumente Piekenbrocks dann eingespeist werden. bb)  Zeitpunkt der Rechtshandlung (§  140 InsO) Die Schwäche der Genehmigungstheorie ist der generierte Schwebezustand. Diese Problematik setzt sich im Insolvenzanfechtungsrecht fort, wenn es um die Fixierung des Zeitpunkts der Rechtshandlung geht; diese ist maßgebend für die Anwendung des Insolvenzanfechtungsrechts,344 die Bestimmung des Anfechtungszeitraums sowie für Anknüpfungen innerhalb der Anfechtungstatbestände (z. B. die Zahlungsunfähigkeit und die Bösgläubigkeit bei §  130 InsO345). Entscheidend ist, wann durch die Rechtshandlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste.346 Nach der Fiktion des §  140 Abs.  1 InsO ist dies grundsätzlich der Eintritt der rechtlichen Wirkungen. Einigkeit besteht darin, dass die rechtliche Wirkung nicht bereits mit der Belastungsbuchung eintritt.347 Der früheste Zeitpunkt ist die Einlösung der Lastschrift. Die Gutschrift steht „unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung“ (Nr.  9 Abs.  1 AGB-Banken). Die Lastschrift ist   Schoppmeyer, NZI 2005, 185 (193).   BGHZ 162, 143 = NZI 2005, 215 (218); Piekenbrock, S.  478. 341   Piekenbrock, KTS 2007, 179 (216). 342   Piekenbrock, KTS 2007, 179 (217). 343   BGH NStZ 1999, 607 („Schwerpunkt des Täterverhaltens“). 344   Die Rechtshandlung muss grundsätzlich vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sein (§  129 Abs.  1 InsO); die Ausnahmen sind in §  147 InsO geregelt. 345   Dazu Wagner, NZI 2008, 401 (402). 346   BT-Drucks. 12/2443, S.  166. Kritisch Eckert, S.  42. 347   BGH NZI 2003, 253 (254). 339

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nach Nr.  9 Abs.  2 AGB-Banken eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Während beim Abbuchungsauftragsverfahren zu Recht einhellig auf die Einlösung der Lastschrift als Zeitpunkt abgestellt wird, ist dies bei der Einzugsermächtigung umstritten und hängt davon ab, welche Wirkung man der Lastschrifteinlösung im Valutaverhältnis zuerkennt.348 Es besteht also ein insolvenzanfechtungsrechtlicher Fortsetzungszusammenhang zu dieser bankvertraglichen Grundlagenfrage, die – wie gesehen – heftig umstritten ist.349 Während nach der reinen Genehmigungstheorie die Erfüllung erst mit der Genehmigung eintritt, stellen die Vertreter der Ermächtigungstheorie auf die Einlösung der Lastschrift ab. Meo voto ist die Genehmigungstheorie zu modifizieren und aufgrund einer vom Deckungsverhältnis losgelösten Auslegung der Lastschriftabrede im Valutaverhältnis eine Erfüllung (§  362 Abs.  1 BGB) nicht erst mit der Genehmigung der Belastungsbuchung, sondern bereits mit der Einlösung der Lastschrift anzunehmen.350 Der Grundlagenstreit aus dem Bankvertragsrecht spiegelt sich bei §  140 Abs.  1 InsO351 wieder: Die Vertreter der reinen Genehmigungstheorie352 setzen die Formel „ohne Genehmigung, keine Erfüllung“ insolvenzanfechtungsrechtlich folgerichtig dergestalt um, dass erst mit der Genehmigung die rechtliche Wirkung i. S. des §  140 Abs.  1 InsO eintritt.353 Die Genehmigung wirke ex-tunc; diese stelle den letzten erforderlichen Teilakt für die Wirksamkeit der Vermögensverschiebung dar.354 Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie ist ebenso wie nach der Ermächtigungstheorie die Einlösung der Lastschrift der maßgebliche insolvenzanfechtungsrechtliche Anknüpfungspunkt.355 Die Schuld wird im Valutaverhältnis bereits mit diesem Zeitpunkt er  Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  275 m.w.Nachw.   §  5 I.2.b)bb)(1)–(3). 350   §  5 I.2.b)bb)(4). 351   Sofern man in der Widerspruchsmöglichkeit eine aufschiebende oder auflösende Bedingung (§  158 BGB) für die Wirksamkeit der Belastungsbuchung sieht, ist §  140 Abs.  3 InsO zu beachten. Danach bleibt der Eintritt der Bedingung – das ist die Genehmigung – außer Betracht. 352   Jungmann, ZBB 2008, 409 (415) spricht auch von der „unmodifizierten“ Genehmigungstheorie; Wagner, NZI 2008, 401 (402). 353   BGH NZI 2010, 938 (939); BGH NZI 2010, 981 (982); BGH WM 2012, 326; BGH NZI 2008, 482 (483); OLG Köln NZI 2009, 111; OLG Karlsruhe NZI 2008, 188 (189); OLG München NZI 2007, 466 (467); LG Oldenburg NZI 2007, 53 (54); Jaeger/Henckel, InsO, §  140 Rdnr.  28; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  140 Rdnr.  11 („erst die Genehmigung beendet den Erwerb“); G. Fischer, in: FS Gerhardt, S.  223 (234); ders., ZIP 2004, 1679 (1682); Ganter, WM 2005, 1557 (1563); Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1266); Stritz, DZWIR 2005, 18 (22); Welsch, DZWIR 2006, 221 (224). 354   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  275, der allerdings die Genehmigungstheorie im Valutaverhältnis ebenso modifiziert und den Erfüllungszeitpunkt vorverlagert. 355   Ebenso Aderhold, in: FS Harm Peter Westermann, S.  3 (14); Piekenbrock, KTS 2007, 179 (215). 348 349

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füllt. Dies führt auch insolvenzanfechtungsrechtlich zu einem Gleichklang zum Abbuchungsauftrag (Einheitslösung) und ist auch in praktischer Hinsicht vorzugswürdig: Der Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift ist einfach zu bestimmen; die Genehmigung ist hingegen, gerade wenn sie konkludent erfolgt, nicht rechtssicher zu fixieren.356 cc)  Zeitpunktbestimmung beim Bargeschäft (§  142 InsO) Ein Bargeschäft setzt nach §  142 InsO mitunter einen unmittelbaren Austausch von Leistung und Gegenleistung voraus. Damit ist eine zeitliche Dimension angesprochen: Der Leistungsaustausch muss in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt sein.357 Nicht zwingend ist ein Austausch Zug-um-Zug. Vielmehr ist eine gewisse, freilich nicht zu lange Zeitspanne zwischen den beiderseitigen Leistungen unschädlich, soweit diese nach den Umständen des Einzelfalls noch verkehrsüblich ist.358 Damit ist die insolvenzanfechtungsrechtliche Fortwirkung des bankvertraglichen Streits um die Auswirkungen der Genehmigung auf das Valutaverhältnis erneut virulent. Stellt man hinsichtlich der Leistung des Schuldners via Lastschrift auf die Genehmigung ab, wird selten ein Ausschluss der Insolvenzanfechtung unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts anzunehmen sein. Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie ist im Gleichklang zu der gerade erörterten Zeitpunktbestimmung bei §  140 Abs.  1 InsO die Einlösung der Lastschrift entscheidend; der Begründungsaufwand reduziert sich auf einen Verweis zu dieser Problematik. Jede Suche nach einem anderen Zeitpunkt müsste – wie Jungmann ausführt – gekünstelt wirken.359 Auch einige Verfechter der reinen Genehmigungstheorie vertreten eine einheitliche Lösung zu §  140 Abs.  1 InsO. So führt Henckel aus, dass es darauf ankomme, ob die Genehmigung in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Lieferung erteilt sei.360 Denn die Leistung des Schuldners sei noch nicht er  Siehe dazu Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  275, der allerdings ausführt, dass diese praktische Erwägung für die dogmatische Einordnung nicht ausschlaggebend sein kann. Dies trifft zu. Nach der hier vertretenen Meinung ist die Einlösung der Lastschrift aber bereits aus dogmatischen Gründen der richtige Zeitpunkt. Eine rechtssichere Bestimmung ist gleichwohl möglich, wenn man auf die 30-Tagesfrist nach §  286 Abs.  3 BGB abhebt. So G. Fischer, WM 2009, 629 (635). Dagegen steht jedoch die Gefahr einer Aushöhlung der in AGB vereinbarten Genehmigungsfiktion. Siehe dazu unter I.3.b)bb)(2)(c). 357   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). Bei Kaufverträgen ist eine Zeitspanne von rund einer Woche zwischen Lieferung und Zahlung nicht zu lang, um ein Bargeschäft anzunehmen. BGH NZI 2008, 482 (483) m.w.Nachw.; Achsnick/Krüger, NZI 2008, 483 (484) konkretisieren zu Recht, dass dies nicht als zeitliche Obergrenze missverstanden werden darf. Für eine 30 Tagesfrist streitet die Wertung des §  286 Abs.  3 BGB. Dazu BGHZ 167, 190 = NZI 2006, 469 (471). 358   BGHZ 167, 190 (199 f.) = NJW 2006, 2701 (2703 f.). 359   Jungmann, ZBB 2008, 409 (415). 360   Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  16 m.w.Nachw.; ebenso etwa Welsch, DZWIR 2006, 221 (225); Wagner, NZI 2008, 401 (404 ff.). 356

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bracht, wenn der Zahlungsbetrag beim Lieferanten gutgeschrieben werde. Nach der Genehmigungstheorie sei mit der Gutschrift die Forderung des Lieferanten noch nicht erfüllt.361 Die Rückwirkung müsse nach Jacoby außer Betracht bleiben.362 Der IX. Zivilsenat stellt hingegen auf den früheren Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs ab.363 Die Argumentation einer derartigen divergierenden Lösung zu §  140 Abs.  1 InsO bereitet allerdings größere Schwierigkeiten. Zunächst rückt ein tatsächliches Element in den Vordergrund, das bei §  140 Abs.  1 InsO keine Beachtung finden soll: Obwohl die Belastung und Gutschrift unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch den Schuldner stehen, könne der Gläubiger über den seinem Konto gutgeschriebenen Betrag bereits vor Erteilung der Genehmigung tatsächlich verfügen.364 Umgekehrt werde dem Schuldner wegen der unmittelbar mit der Gutschrift korrespondierenden Belastung seines Kontos von dem Gläubiger kein Kredit gewährt. Eine Rückabwicklung dieser durch die Einziehungsermächtigung ausgelösten Zahlungsfolgen finde nur auf Widerspruch des Schuldners statt. Erlange hingegen der mit der Last- und Gutschrift faktisch abgeschlossene Zahlungsvorgang infolge der Genehmigung des Schuldners dauerhaft rechtlichen Bestand, so sei es sachgerecht, bei der Prüfung der zeitlichen Anforderungen des §  142 InsO auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs abzustellen.365 Zudem sei es ungereimt, in dieser Konstellation dem Gläubiger den Rechtsvorteil der Bardeckung zu versagen, da der Schuldner im Zeitraum zwischen dem Lastschrifteinzug und seiner Genehmigung nicht in Verzug gerate.366 Diese rechtliche Würdigung entspreche ferner den im Rahmen des §  142 InsO zu beachtenden verkehrsüblichen Gepflogenheiten, weil mittels einer Einziehungsermächtigung bewirkte Zahlungen in aller Regel nachfolgend genehmigt werden.367 Der BGH argumentiert ferner mit der Rückwirkung der Genehmigung des Schuldners auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Lastschrifteinzugs.368 Kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion gelte die Zahlung des Schuldners nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs erbracht. War der Leistungsaustausch danach mit dem Lastschrifteinzug rechts  Jaeger/Henckel, InsO, §  142 Rdnr.  16.   Jacoby, ZIP 2010, 1725 (1729). 363   BGH NZI 2010, 981 (982); BGH NZI 2008, 482 (483) m.zust.Anm.  Achsnick/Krüger. 364   BGH NZI 2008, 482 (483). 365   BGH NZI 2008, 482 (483); LG Köln NZI 2007, 469 (472); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  142 Rdnr.  17. 366   MünchKomm-BGB/Wenzel, §  362 Rdnr.  26. 367   BGH NZI 2003, 253; BGHZ 167, 190 (199) = NZI 2006, 469. 368   Mit Rekurs auf §  184 Abs.  1 BGB; ebenso Schröder, ZInsO 2006, 1 (34). Siehe zum neuen Recht: §  675j Abs.  1 S.  2 Alt.  2 BGB, wonach eine Autorisierung auch durch Genehmigung erfolgen kann. 361

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verbindlich abgeschlossen, so sei es folgerichtig, auch im Rahmen des §  142 InsO eine Bardeckung anzunehmen.369 Dieses Rückwirkungsargument lässt sich ebenso hören wie die faktische Betrachtung des Zahlungsvorgangs. Jedoch ist diese Argumentationslinie in einer Gesamtbetrachtung nur dann stimmig, wenn man zum einen die bankvertragsrechtlichen „Stellschrauben“ bereits im Valutaverhältnis dahingehend justiert und zum anderen einheitlich auch bei §  140 Abs.  1 InsO auf diesen Zeitpunkt abstellt. Dies ist allerdings widerspruchsfrei nur durch einen Paradigmenwechsel hin zu der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie zu erreichen. dd)  Rechtshandlung des Schuldners (§  133 Abs.  1 InsO) Die Einzugsermächtigung ist als rückläufige Überweisung der leading case einer Pull-Zahlung: Die Initiative geht vom Gläubiger aus; dieser löst die Einziehungskette aus. Aus der Perspektive des Schuldners handelt es sich um eine weisungslose Belastung. Demnach müsste man eine Rechtshandlung des Schuldners verneinen, so dass eine Vorsatzanfechtung (§  133 InsO) ausscheiden würde. Dies trifft in der Tat zu, wenn der Schuldner seinem Gläubiger keine Einzugsermächtigung erteilt hat. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es mit der Einlösung der Lastschrift zur Erfüllung im Valutaverhältnis; die Lastschriftabrede ist in diesem Sinne auszulegen. Bei dieser Sicht kann kein Zweifel bestehen, dass die Erteilung einer Einzugsermächtigung eine Rechtshandlung des Schuldners ist. Schwieriger ist der Begründungsaufwand, wenn man der Genehmigungstheorie in Reinform folgt und die Lastschriftabrede erst auf der Sekundärebene ins Spiel bringt. Der IX. Zivilsenat stellt auf eine wirtschaftlichen Betrachtungsweise ab: Die Zahlung mittels Lastschrift sei als eine Leistung des Schuldners anzusehen, der sich dabei seines abbuchenden Kreditinstituts als Zahlstelle bediene.370 Die Rechtshandlung des Schuldners bestehe darin, dass er bei der Lastschrift im Wege des Abbuchungsauftragsverfahrens seiner Bank einen Abbuchungsauftrag und beim Einzugsermächtigungsverfahren dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt. Die aufgrund des Abbuchungsauftrages oder der Einzugsermächtigung erfolgte Zahlung stelle sich als eine einheitliche Rechtshandlung dar, deren Vornahme erst mit dem Eintritt ihrer rechtlichen Wirkung, also frühestens mit Einlösung der Lastschrift, beendet sei.371 Dass bei dieser mehraktigen Rechtshandlung Mitwirkungshandlungen des Gläubigers erfor  Bork, in: FS Gerhardt, S.  69 (85); Schröder, ZInsO 2006, 1 (3).   BGH NZI 2003, 253 (257); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  147 („wie eine Leistung des Schuldners selbst zu werten“); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr.  664; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  272. 371   BGH NZI 2003, 253 (257); MünchKomm-InsO/Kirchhof §  140 Rdnr.  11; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  275. 369 370

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derlich sind und zwischen der Erteilung des Abbuchungsauftrages bzw. der Einzugsermächtigung und der Einlösung der Lastschrift im Einzelfall eine größere Zeitspanne liegen kann, stehe der Annahme einer (einheitlichen) Rechtshandlung des Gemeinschuldners nicht entgegen.372 ee)  Ausschluss der Insolvenzanfechtung nach §  242 BGB wegen Genehmigung durch einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter Die Insolvenzanfechtung könnte rechtsmissbräuchlich sein, wenn der (vorläufige) Insolvenzverwalter die Belastungsbuchung genehmigt. In der Tat rekurriert die h. M. auf „Treu und Glauben“ (§  242 BGB), wenn der Leistungsempfänger auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens eines vorläufigen Insolvenzverwalters vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist. Genau genommen geht es bei dieser Restriktion des Insolvenzanfechtungsrechts um eine analoge Anwendung des §  242 BGB bzw. eine teleologische Reduktion des §  129 InsO. Einen derartigen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründe der vorläufige Verwalter in der Regel dann, wenn er Verträgen vorbehaltlos zustimmt, die der Schuldner mit dem Gläubiger nach Anordnung von Sicherungsmaßnahmen geschlossen und in denen er im Zusammenhang mit an das Schuldnerunternehmen zu erbringenden Leistungen des Gläubigers Erfüllungszusagen für Altverbindlichkeiten gegeben hat. Wegen der Einbindung des vorläufigen Verwalters in den Vertragsschluss dürfe der Gläubiger davon ausgehen, die als Erfüllung geleisteten Zahlungen endgültig behalten zu dürfen.373 Vorgelagert ist aber die Frage, ob es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter die Belastungsbuchung genehmigt und aus diesem Grund bereits eine Insolvenzanfechtung ausscheidet. §  55 Abs.  2 InsO ist nur für den starken vorläufigen Verwalter anwendbar, in casu aber nicht einschlägig. Bringt der vorläufige Insolvenzverwalter mit seiner Genehmigung zum Ausdruck, dass die bereits stattgefundene Geschäftsführung im Interesse der Insolvenzmasse war, so wird dadurch keine neue Verbindlichkeit 374 i. S. des §  55 Abs.  2 InsO begründet.375 Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es bereits mit der Einlösung der Lastschrift zu einer Erfüllung im Valutaverhältnis. Auch an dieser Stelle ist die bankvertragliche Justierung insolvenzanfechtungsrechtlich konsequent umzusetzen.376   Zu diesem Einheitsgedanken siehe auch Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  6 .   BGHZ 161, 315 = NZI 2005, 218; BGH NZI 2006, 227. 374   Dies gilt auch, wenn der Insolvenzverwalter die Belastungsbuchung genehmigt. §  55 Abs.  1 Nr.  1 InsO ist nicht einschlägig, da der Verwalter die Verbindlichkeit nicht „begründet“ hat. 375   Kuder, S.  97 mit Rekurs auf MünchKomm-InsO/Hefermehl, §  55 Rdnr.  66 zur Genehmigung einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 376   A. A. Wagner, NZI 2008, 401 (406), der dann eine bereicherungsrechtliche Lösung vorschlägt: Genehmigt der Insolvenzverwalter die Belastungsbuchungen zum Zweck der späteren Anreicherung der freien Masse, indem er den ausgeführten Lastschriften vor Ablauf der 372

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Auch kommt eine Korrektur über §  242 BGB analog nicht in Betracht.377 Zum einen ist fraglich, ob der Empfänger überhaupt auf die Rechtsbeständigkeit des vorläufigen Verwalters vertraut hat; meistens hat er keine Kenntnis hiervon erlangt. Zum anderen fehlt es an der Schutzwürdigkeit.378 Der Insolvenzverwalter hat unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten.379 Die Genehmigung schafft keinen Vertrauenstatbestand, der zum Ausschluss der Insolvenzanfechtung führen würde.380

2.  Widerspruch Der Widerspruch bringt zum Ausdruck, dass die Genehmigung nicht erteilt wird.381 Bei einem debitorisch geführten Konto hat die Bank den Kontostand ohne die Belastungsbuchung wieder herzustellen. Der Schuldner hat also lediglich einen Anspruch auf Korrektur der ungenehmigten Belastung, nicht aber einen Zahlungsanspruch.382 Durch die Rücklastschrift wird der Schuldensaldo abgebaut. Nach neuem Recht ergibt sich der Anspruch auf Berichtigung des Kontokorrents aus §  675u BGB (Haftung des Zahlungsdienstleisters für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge).383 Es drängt sich die Frage auf, ob gegenüber der Zahlstelle, der der Widerspruch zugute kommt, ein Insolvenzanfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 S.  1 InsO besteht. Nach Ganter ist bereits unklar, was die Schuldnerbank an die Masse zurückgewähren soll, wenn durch die Rückbuchung eine Inanspruchnahme eines Kredits verhindert worden ist.384 §  129 InsO setzt eine Rechtshandlung voraus385 , die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die Insolvenzgläubiger beSechs-Wochenfrist nicht widerspricht, so könne er diese Zahlungen über §  812 Abs.  1 S.  1 Alt.  1 BGB bei den Zahlungsempfängern geltend machen. 377   BGHZ 161, 315 = NZI 2005, 218 (219); BAGE 112, 266 = NZI 2005, 641 (643). Nach Welsch, DZWIR 2006, 221 (224) sollte der vorläufige Insolvenzverwalter in seinem Genehmigungsschreiben gegenüber dem Gläubiger nicht unerwähnt lassen, dass der Lastschriftgläubiger nach Insolvenzeröffnung damit rechnen muss, auf die Rückzahlung im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen zu werden. In der Tat entzieht man so einem etwaigen Vertrauensschutztatbestand endgültig den Boden. 378   Ganter, WM 2005, 1557 (1561); Kuder, S.  98. 379   LG Oldenburg NZI 2007, 53 (54). 380   Eine Verwirkung des Anfechtungsanspruchs scheitert zudem neben dem Umstandselement meistens auch am Zeitmoment. So im Fall des LG Oldenburg NZI 2007, 53 (54), das ungenau von der Verwirkung des Anfechtungsrechts spricht. 381   BGH NZI 2003, 33 m.w.Nachw. 382   BGH NJW-RR 2009, 981 (984); Stritz, DZWIR 2005, 18 (21 f.). 383   Es geht um die Umsetzung von Art.  60 Abs.  1 ZD-RL. Siehe zum Kontokorrent ausdrücklich BT-Drucks. 16/11643 S.  113. 384   Ganter, WM 2005, 1557 (1561). 385   Nicht zwingend des Schuldners. Missverständlich daher BGH NJW-RR 2009, 981 (984).

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nachteiligt. Es kann dahinstehen, ob man auf den Widerspruch als aktives Tun (§  129 Abs.  1 InsO) oder auf die Verweigerung der Genehmigung als Unterlassen (§  129 Abs.  2 InsO) 386 abstellt. In beiden Fällen ist von einer Rechtshandlung auszugehen. In zeitlicher Hinsicht kommt nur ein Widerspruch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Betracht. Der entscheidende Punkt ist aber, dass es an einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger fehlt. Eine solche tritt nach der reinen Genehmigungstheorie387 erst mit der Genehmigung ein, nicht aber durch den Widerspruch.388 Die Rückführung des Debetsaldos resultiert aus einer Stornierungsbuchung389, die der Insolvenzmasse zwar keine direkte Liquidität zuführt, jedoch eine Erhöhung der Insolvenzquote bewirkt.390 Widerspricht der Schuldner oder der Insolvenzverwalter der Belastungsbuchung, so stellt sich daher die Frage der Insolvenzanfechtung nicht.391 Einer Massemehrung „aus dem Nichts“392 ist eine Absage zu erteilen.393

IV.  Handlungsalternativen des Insolvenzverwalters Nach der Rechtsprechung ist der Widerspruch ein alternatives Massemehrungsinstrument zur Insolvenzanfechtung. Der Insolvenzverwalter muss dabei die massegünstigere Alternative wählen.394 Zu unterscheiden ist, ob das Bankkonto des Insolvenzschuldners auch nach einer Rückbuchung im Debet bleibt oder kreditorisch ist bzw. wird. –  Beim kreditorischen Bankkonto hat der Insolvenzverwalter demnach grundsätzlich der Belastungsbuchung zu widersprechen, um so Masse zu generieren; der Lastschriftgläubiger kann – anders als bei einer Insolvenzanfechtung – nicht auf die Bargeschäftsausnahme (§  142 InsO) rekurrieren. Nicht in diesem Sinne darf der Insolvenzverwalter allerdings verfahren, wenn er die Geschäfts-

  Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1266); Feuerborn, ZIP 2005, 604 (606).   Nur wenn man diese Auffassung zugrunde legt, wird dies besonders virulent, weil der Insolvenzverwalter danach ohne anerkennenswerte Gründe Belastungsbuchungen widersprechen kann. Siehe oben I.3.b)bb)(2). und II.1.a). 388   BGH NJW-RR 2009, 981 (984); Bork, EWiR 2002, 1097 (1098); a. A. Spliedt, ZIP 2005, 1260 (1266 f.), wonach Genehmigung und Widerruf hinsichtlich der Anfechtbarkeit gleichwertig sind und es somit keiner Kompensation durch eine Verwalterhaftung bedarf. 389   Michel/Bauch, BKR 2008, 89 (91) sprechen von einer optischen Wiederherstellung der Rechtslage. 390   Böhm, BKR 2005, 366 (370). 391   Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, §  4 Rdnr.  275; Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (251); Ganter, WM 2005, 1557 (1561); Schröder, ZInsO 2006, 1 (4). 392   Spliedt, ZIP 2005, 1260. 393   Michel/Bauch, BKR 2008, 89 (92). 394   Wagner, NZI 2008, 345 (346): „Ausschlaggebend wird dabei immer sein, bei welchem Vorgehen die Masse mehr profitieren wird.“ 386 387

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beziehung in der Insolvenz fortsetzen möchte.395 Ein Widerspruch kann dann geradezu kontraproduktiv sein.396 –  Die Insolvenzanfechtung ist hingegen in der Regel günstiger, wenn durch die Rückbuchung nach dem Widerspruch lediglich ein debitorischer Saldo bei der Bank zurückgeführt wird. Der Widerspruch bewirkt ein Absinken des Debetsaldos zugunsten der Bank. Ein solcher Gläubigertausch 397 bringt aber grundsätzlich keine Massemehrung. Anders ist es nur, wenn werthaltige Kreditsicherheiten für die Insolvenzmasse frei werden.398 Das Ergebnis ist aus der Perspektive des Zahlungsempfängers kurios.399 Das „Widerspruchsrisiko“ hängt davon ab, ob eine Massegenerierung möglich ist400 ; aus der Sicht des Zahlungsempfängers ist es zufällig, ob das Konto selbst bei einem Widerspruch im Debet bleibt. Die Wertung des Bargeschäfts kommt nicht einheitlich zum Zuge. Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie hat der Insolvenzverwalter hingegen kein generelles Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht: Es besteht kein pauschales Widerspruchsrecht. Damit erübrigt sich die kontrovers diskutierte Frage, ob und inwieweit eine Pflicht des (vorläufigen) Insolvenzverwalters besteht401, Belastungsbuchungen zu widersprechen. Handlungsalternativen im vorgenannten Sinne ergeben sich nur, wenn anerkennenswerte Gründe für einen Widerspruch vorliegen.

395   Dahl, NZI 2005, 102; Ganter, WM 2005, 1557 (1562); Achsnick/Krüger, NZI 2008, 483 (484), die weiter ausführen, dass Gläubigern dringend anzuraten ist, sich die Belastungsbuchungen vom Schuldner zeitnah schriftlich genehmigen zu lassen; Frind, ZInsO 2008, 1357 (1362) m.w.Nachw. 396   So Dahl, NZI 2005, 102; Ganter, WM 2005, 1557 (1562). 397   Ganter, WM 2005, 1557 (1561); Stritz, DZWIR 2005, 18 (21): „Es kommt zu einem reinen Passivtausch“. 398   Knees/Kröger, ZInsO 2006, 393 (400); Welsch, DZWIR 2006, 221 (227); Wagner, NZI 2008, 345 (348); Werres, ZInsO 2008, 1065 (1068); Michel/Bauch, BKR 2008, 89 (91 f.); Wittig, in: FS Nobbe, S.  237 (250 f.; 260). 399   Werres, ZInsO 2008, 1065 (1068): „Kann man eine solche Rechtsprechung noch als stimmig bezeichnen?“ 400   Zu „Deals“ von Insolvenzverwaltern mit Banken: Michel/Bauch, BKR 2008, 89 (92). 401   Verneinend: Ganter, WM 2005, 1557 (1561); Knees/Kröger, ZInsO 2006, 393 (400); bejahend etwa Böhm, BKR 2005, 366 (367); Stritz, DZWIR 2005, 18 (20); Schmidt, ZInsO 2006, 1233; differenzierend Welsch, DZWIR 2006, 221 (227), wonach eine Verpflichtung nur besteht, wenn nach Verfahrenseröffnung eine Insolvenzanfechtung zu einer Massemehrung führt und sich dasselbe Ergebnis nicht über den Lastschriftwiderruf erreichen lässt. Nach Kling sollte der Verwalter zu einem pauschalen Widerspruch nur ausnahmsweise als letzte Möglichkeit greifen. Kling, DZWIR 2004, 54 (58).

§  5.  Die Lastschrift

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V.  Die SEPA-Lastschrift 1.  Single European Payments Area Mit der sog. Single European Payments Area (SEPA)-Lastschrift tritt eine „internationale Schwester“402 neben die erörterten traditionellen Varianten des Einzugsermächtigungs- und Abbuchungsauftragsverfahrens. Das Novum besteht darin, dass die SEPA-Lastschrift europaeinheitlich, auch grenzüberschreitend angeboten wird. Dieses neue europäische Verfahren absorbiert schmelztiegelgleich unterschiedliche Verfahrenselemente und Charakteristika aus den bestehenden nationalen Lastschriftsystemen.403 Die Grundlage404 für die Verarbeitung von SEPA-konformen Lastschriften im einheitlichen Euro-Zahlungsraum ist das vom European Payments Council (EPC) verabschiedete Regelwerk „SEPA Core Direct Debit Scheme Rulebook“ (sog. Direct Debit Rule Book).405 Dieses Europäische Interbankenabkommen definiert die Regeln, Abläufe und Standards beim europäischen Lastschriftverfahren. Ein gesetzlicher Rahmen existiert für die Lastschrift seit dem 1.  11. 2009 durch die Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinie in den §§  675c ff. BGB. Diese Regelungen erfassen alle Zahlungsinstrumente mit Ausnahme der Barzahlung und den papiergebundenen Zahlungsinstrumenten (Scheck, Wechsel).406 Der Kernunterschied zu den nationalen Instrumenten liegt in der Ausgestaltung der Autorisierungserklärungen als Doppelweisung: Der Zahler autorisiert den Zahlungsvorgang sowohl gegenüber seinem Institut als auch gegenüber dem Gläubiger. Das Mandat besitzt also eine Doppelnatur und lautet: „By signing this mandate form, you authorise (A) {NAME OF CREDITOR} to send instructions to your bank to debit your account and (B) your bank to debit your account in accordance with the instructions from {NAME OF CREDITOR}.“407

Es handelt sich um ein indirektes Autorisierungsmodell, bei dem der Zahlungsempfänger als Erklärungsbote des Zahlungspflichtigen die Autorisierung an die Zahlstelle weiterleitet (sog. Botenmodell).408 Die SEPA-Lastschrift ist eine Ter  Jungmann, ZBB 2008, 409 (416).   Lohmann, S.  248. 404   Lohmann, S.  11: „finale Implementierungsgrundlage für die Einführung des SEPA Lastschriftverfahrens“. 405   Für B2B (business-to-business) Zahlungen bildet das EPC-Regelwerk „SEPA Business to Business Direct Debit Scheme Rulebook V1.2“ die Grundlage. 406   Zum Binnenmarktkonzept gemäß Art.  14 Abs.  2 EG: Burgard, WM 2006, 2065. 407   „Ich ermächtige/ Wir ermächtigen (A) [Name des Zahlungsempfängers], Zahlungen von meinem/ unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich (B) weise ich mein/ weisen wir unser Kreditinstitut an, die von [Name des Zahlungsempfängers] auf mein/ unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen.“ 408   Lohmann, S.  136 ff. 402 403

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minlastschrift: Die Lastschrift muss der Zahlstelle mit einer definierten Mindestfrist vor der Fälligkeit vorgelegt werden; am Fälligkeitstag erfolgt die Zahlung. Zu unterscheiden sind zwei Varianten: die SEPA-Basislastschrift einerseits und die SEPA-Firmenlastschrift andererseits. Bei Letzterer gibt es – vergleichbar dem Abbuchungsauftragsverfahren – keine Widerspruchsmöglichkeit.

2.  Folgeprobleme wie bei der Genehmigungstheorie? Der Ausgangspunkt ist unstreitig: Die Genehmigungstheorie hat bei der SEPALastschrift unmittelbar keine Bedeutung. Die Zahlstelle handelt aufgrund der Autorisierung als Berechtigte; es bedarf im Deckungsverhältnis keiner Genehmigung. Umstritten bleibt aber dennoch, ob die Folgeprobleme der Genehmigungstheorie aufgrund eines – trotz der Autorisierung – möglichen Widerspruchs bei der SEPA-Basislastschrift in ähnlicher Weise bestehen. a)  Die Auswirkungen des Refund auf das Valutaverhältnis §  675x Abs.  2 BGB eröffnet im Lastschriftenrecht einen Erstattungsanspruch des Zahlers unabhängig von den in §  675x Abs.  1 BGB geregelten Voraussetzungen. Damit gibt das Gesetz den Rahmen für die SEPA-Lastschrift vor, bei der ein Widerspruch gegen die Belastung ohne weitere Begründung weiterhin trotz der Autorisierung möglich sein soll. Nach Rule 4.3.4 SEPA Core Direct Debit Scheme Rulebook kann der Zahlungspflichtige bei der SEPA-Basislastschrift acht Wochen nach dem Debit Date einen sog. Refund verlangen.409 Lohmann kommt beim Botenmodell hinsichtlich des Erfüllungszeitpunkts im Valutaverhältnis zu einem deckungsgleichen Ergebnis wie beim Einzugsermächtigungsverfahren nach der reinen Genehmigungstheorie.410 Für die Frage, wann die Geldschuld im Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger erfüllt ist, sei es ohne Bedeutung, wie und wann die Autorisierung der Kontobelastung im Deckungsverhältnis zwischen Zahlungspflichtigem und Zahlstelle erfolge. Erfüllung trete erst ein, wenn der Gläubiger den Geldbetrag zur freien Verfügung habe. Die Schuld müsse endgültig getilgt sein, der Schuldner dürfe keine Möglichkeit haben, dem Gläubiger die Leistung wieder zu entziehen. Dies sei solange nicht der Fall, wie der Zahlungspflichtige die Möglichkeit habe, gegen die Belastungsbuchung zu widersprechen oder die ihr zugrunde liegende Autorisierung zu widerrufen.411 409   Nach Berger, NJW 2009, 473 (476) gehen daher durch die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie keine Impulse zur Klärung der Problematik beim Einzugsermächtigungsverfahren aus. 410   Lohmann, S.  220 ff. 411   Lohmann, S.  221.

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Dagegen sind zunächst alle Argumente zu wiederholen, die bereits gegen die reine Genehmigungstheorie im Rahmen des Einzugsermächtigungsverfahrens ins Feld geführt wurden.412 Nach Jungmann spricht erst recht nichts dagegen, dass bei der SEPA-Lastschrift Erfüllung im Valutaverhältnis am sog. „due Date“ eintritt, d. h. am Tag, an dem der Lastschriftbetrag im Verhältnis zum Gläubiger fällig wird.413 In der Tat wäre es ein unauflöslicher Widerspruch, bei der SEPA-Lastschrift eine Vorverlagerung des Erfüllungszeitraums nicht anzunehmen. Die Doppelautorisierung, die gegenüber dem Zahlungsempfänger geäußert wird, streitet um ein Zusätzliches für einen Gleichklang zur Lösung im Einzugsermächtigungsverfahren. b)  Der Widerspruch durch den Insolvenzverwalter Die Widerspruchsmöglichkeit bei der SEPA-Basislastschrift lässt – trotz der Doppelautorisierung – ebenso wie beim Einzugsermächtigungsverfahren die Frage aufkommen, ob der (vorläufige) Insolvenzverwalter aufgrund des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes auch ohne anerkennenswerte Gründe widersprechen kann. Dafür plädiert etwa Lohmann: Ebenso wie beim Einzugsermächtigungsverfahren müsse der Zahlungsempfänger damit rechnen, dass ihm innerhalb der Widerspruchsfrist ein bereits gutgeschriebener Wert aus einer eingelösten Lastschrift nachträglich wieder entzogen werde.414 Es kollidiere auch im Rahmen des Botenmodells der Insolvenzzweck, d. h. die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger, mit dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter grundsätzlich in die bei Verfahrenseröffnung bestehende Rechtslage eintritt.415 Der Insolvenzzweck zwinge den Insolvenzverwalter dazu, etwas zu tun, was der Schuldner nicht hätte tun dürfen. Da auch im Botenmodell die Erfüllung der Gläubigerforderung erst mit Ablauf der Widerspruchsfrist eintrete, sei in konsequenter Fortführung der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats auch bei der SEPA-Lastschrift eine „insolvenzrechtliche Legitimation“ für ein weiterreichendes Widerspruchsrecht des Insolvenzverwalters anzunehmen.416 Auch hiergegen gelten die Einwände, die bereits im Rahmen des Einzugsermächtigungsverfahrens erhoben wurden.417 Auch bei der SEPA-Lastschrift darf es kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht geben418 , das sich von der Fußstap  Siehe §  5 I.3.b)bb)(4)(b).   Jungmann, ZBB 2008, 409 (416); für eine Parallelschaltung zur Ermächtigungs- bzw. Vollmachtstheorie beim Einzugsermächtigungsverfahren: Burghardt, WM 2006, 1892 (1895). 414   Lohmann, S.  217. 415   Lohmann, S.  223. 416   Lohmann, S.  223 (auf der Grundlage eines nach dem Botenmodell konzipierten europäischen Lastschriftverfahrens). 417   §  5 II.1.c). 418   Zur Insolvenzfestigkeit von SEPA-Lastschriften: BGHZ 186, 269 = NZI 2010, 723; Obermüller/Kuder, ZIP 2010, 349. 412 413

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fentheorie contra legem entfernt. Auch Lohmann schließt unzulässigerweise von der Aufgabe der Insolvenzverwalters, die Masse zu mehren, auf eine weitergehende Widerspruchsbefugnis. Es wäre ein Wertungswiderspruch, diese Rechtsfrage anders als beim Einzugsermächtigungsverfahren zu entscheiden.

VI.  Zusammenschau der Ergebnisse 1.  Seit der Einführung der SEPA-Lastschrift existiert eine Zweispurigkeit im deutschen Lastschriftenrecht. Neben das Einzugsermächtigungs- und Abbuchungsauftragsverfahren treten mit der SEPA-Basislastschrift und der Firmenlastschrift „internationale Schwestern“ hinzu, denen das Konzept einer Doppelweisung (gegenüber der Zahlstelle und dem Zahlungsempfänger) zugrunde liegt. 2.  Schwierigkeiten bereitet vor allem die zivilrechtliche Einordnung des Einzugsermächtigungsverfahrens. Diese Pull-Zahlung ermöglicht es, Massegeschäfte effektiv, einfach und kostengünstig abzuwickeln. Ihr Prägestempel ist die Risikofreiheit für den Schuldner. Warum ein praktisch derart wichtiger Bereich wie der Lastschriftverkehr dogmatisch so schwer zu bewältigen ist, liegt in der kritikwürdigen Zurückhaltung des Gesetzgebers, der es versäumt hat, rechtssichere legislative Vorgaben zum Lastschriftverkehr zu machen. Das Lastschriftverfahren wurde zuerst von der Bankpraxis im Interbankenverhältnis entwickelt; danach galt es, die dafür passende Zivilrechtsdogmatik zu entwickeln. Alle Streitfragen lassen sich auf das Problem der „Lücke“ zurückführen. Bei der Auffüllung der „Lücke“ ist die Trennung zwischen dem Deckungsund Valutaverhältnis zu beachten und doch die innere Einheit und Stimmigkeit des Gesamtvorgangs im Auge zu behalten. Die rudimentären Parteivereinbarungen (Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren = Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F. im Deckungsverhältnis sowie die Lastschriftabrede im Valutaverhältnis) müssen den Ausgangsort aller Überlegungen bilden und nicht irgendeine Theorie. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Genehmigungstheorie im Deckungsverhältnis bereits wegen der AGB Zustimmung verdient; im Valutaverhältnis ergibt eine (ergänzende) Auslegung der Lastschriftabrede (§§  133, 157 BGB), dass mit der Einlösung der Lastschrift eine Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB anzunehmen ist und nicht erst mit der Genehmigung. Diese Position – als modifizierte Genehmigungstheorie bezeichnet – bringt einen Paradigmenwechsel und ist gleichsam der dogmatische Eckstein eines sinnvoll austarierten Lastschriftsystems. Mit dieser Justierung „stehen und fallen“ alle insolvenzrechtlichen Folgeüberlegungen.

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3.  Die Insolvenzfestigkeit von Einzugsermächtigungslastschriften wird kontrovers diskutiert; Insolvenzrechts- und Bankrechtssenat des BGH lieferten sich lange Zeit ein Argumentationsgefecht der besonderen Art. Die Widerspruchsmöglichkeit des Insolvenzverwalters darf zu keinem Widerspruchsrecht mutieren, wenn anerkennenswerte Gründe für eine Rückbuchung fehlen. Mit einem Rekurs auf die Gläubigergleichbehandlung schließt man von der Aufgabe der Massemehrung auf die Befugnis eines weitergehenden Widerspruchsrechts des Insolvenzverwalters. Diese Ausnahme von der Fußstapfentheorie ist abzulehnen; sie ergibt sich nicht aus den Wertungen der §§  21 ff. InsO bzw. §§  103 ff. InsO. Eine funktionelle Betrachtung der Einzugsermächtigung steht ihr entgegen. Ein derartiges Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht ist abzulehnen. Der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz gebietet kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht. 4.  Die Klausel der Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (=Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.) wirkt auch gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (Einheitslösung). 5.  Insolvenzanfechtungsrechtlich ist ein Gleichklang zur Überweisung zu entwickeln. Die bankvertragliche Justierung des Erfüllungszeitpunkts im Valutaverhältnis wirkt auch im Insolvenzanfechtungsrecht fort (insolvenzanfechtungsrechtlicher Fortsetzungszusammenhang): Maßgebender Zeitpunkt i. S. des §  140 InsO ist die Einlösung der Lastschrift; ebenso verhält es sich beim Bargeschäft i. S. des §  142 InsO. Ein Zeitpunktwechsel überzeugt dogmatisch nicht. Ebenso ist der Begründungsaufwand, weshalb eine Rechtshandlung des Schuldners i. S. des §  133 Abs.  1 InsO vorliegen soll, für die Vertreter der reinen Genehmigungstheorie hoch. Nach der hier vertretenen Auffassung kann daran kein Zweifel bestehen; es bedarf hierfür keiner wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Eine Genehmigung des vorläufigen Insolvenzverwalters schließt eine Insolvenzanfechtung nach Verfahrenseröffnung nicht aus; eine Korrektur über §  242 BGB ist abzulehnen. Die Genehmigung schafft jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand, der einen Ausschluss der Insolvenzanfechtung rechtfertigen würde. 6.  Folgt man der Auffassung des IX. Zivilsenats, so richtet sich das „Widerspruchsrisiko“ danach, ob eine Massegenerierung möglich ist. Der Insolvenzverwalter muss unterscheiden, ob das Konto im Habet oder Debet liegt. Beim kreditorischen Bankkonto hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich der Belastungsbuchung zu widersprechen; der Lastschriftgläubiger kann – anders als bei einer Insolvenzanfechtung – nicht auf die Bargeschäftsausnahme (§  142 InsO) rekurrieren. Bei einer debitorischen Kontoführung ist eine mögliche Insolvenzanfechtung in der Regel günstiger, da der Widerspruch nur ein Absinken des Debetsaldos zugunsten der Bank bewirkt.

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Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie hat der Insolvenzverwalter hingegen kein generelles Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht. Damit erübrigt sich die kontrovers diskutierte Frage, ob und inwieweit der (vorläufige) Insolvenzverwalters verpflichtet ist, Belastungsbuchungen zu widersprechen. Handlungsalternativen im vorgenannten Sinne ergeben sich nur, wenn anerkennenswerte Gründe für einen Widerspruch vorliegen. 7.  Die Genehmigungstheorie hat bei der SEPA-Lastschrift unmittelbar keine Bedeutung. Die Zahlstelle handelt aufgrund der Autorisierung als Berechtigte; es bedarf daher im Deckungsverhältnis keiner Genehmigung. Erfüllung tritt bei der SEPA-Lastschrift im Valutaverhältnis am sog. „due Date“ ein, d. h. am Tag, an dem der Lastschriftbetrag im Verhältnis zum Gläubiger fällig wird. Daran ändert auch ein – bei der SEPA-Basislastschrift möglicher Widerruf – nichts. 8.  Der hier vertretene Ansatz verhindert einen insolvenzrechtlichen Qualitätssprung zwischen der Einzugsermächtigung und der Überweisung und ermöglicht eine einheitliche Lösung zur SEPA-Lastschrift. Diese Einheitslösung ist – gerade im Blick auf die Veränderungen durch die Zahlungsdiensterichtlinie – systemkonform. Die Zahlungsdienste sind in §§  675c ff. BGB horizontal gegliedert; die Unterschiede zwischen den einzelnen Zahlungsinstrumenten sollten soweit wie möglich abgebaut werden.

Teil 3

Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

§  6.  Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts In Teil  1 wurde u. a. eine Systematisierung des Insolvenzanfechtungsrechts vorgetragen und more mathematico dem Hauptteil vorangestellt. Teil  2 widmete sich dem Insolvenzanfechtungsrecht im bargeldlosen Zahlungsverkehr, systematisierte die einzelnen Fallgruppen für die Überweisung als Hauptanwendungsfall der Push-Zahlungen und für die Lastschrift als Prototyp der PullZahlungen. Dabei sollte nicht nur das Bestehende in eine Ordnung gebracht sowie partiell und punktuell kritisiert werden. Vielmehr ging es auch darum, Neues für das fein ziselierte Dogmatikgebäude des Insolvenzanfechtungsrechts zu erschließen. Insbesondere sollte der Gedanke, dass die Bank doppelfunktional tätig ist, als Kreditgeberin einerseits und als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr andererseits immer wieder aufleuchten. Die konkrete Anschauung dieses Fallmaterials ließ deutlich werden, was Bork meint, wenn er von einer hochkomplexen Ausdifferenzierung des Insolvenzanfechtungsrechts spricht.  Windel nennt die Literatur zur Rückführung eines Kontokorrentkredits im Verrechnungswege ein „Spezialschrifttum“. In der Tat: Das Insolvenzanfechtungsrecht entwickelte sich zu einem Spezialistenreservat. Obwohl die Regelungsdichte mit den §§  129–147 InsO – gerade im Vergleich zu anderen Ländern – hoch ist, so lässt sich das Insolvenzanfechtungsrecht dennoch als Richterrecht, als case law in Reinkultur, als Fallrecht reinsten Wassers charakterisieren. Die Dogmatik muss die einzelnen Entscheidungen auf das Ganze hin zuordnen und den „Ariadnefaden“ im Labyrinth einer überbordenden Judikatur und Literatur vorgeben. Deshalb ist es   Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445 (446).   Bork, ZIP 2008, 1041 (1048). Die gemeinten Fälle kann man in der Tat nicht am „Reißbrett“ der Rechtswissenschaft konstruieren; diese bringt die Praxis hervor. Siehe zum umfangreichen Fallmaterial: Schäfer, Rdnrn.  17 ff.    Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  72.    Der Umfang der auf hohem Niveau verfassten Judikate des IX. Zivilsenats hat beträchtlich zugenommen. Der BGH nimmt zuweilen Züge eines Repetitors und Lehrbuchautors ein. Dazu Würdinger/Hofmann, WuB VI A. §  96 InsO 1.09. M. E. sollte diese Tendenz zurückgefahren werden.    Zeuner, NZI 2008, 397: „ein breites Feld gerichtlicher Auseinandersetzung“.    Gerhardt, ZIP 2004, 1675 hat zur Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Einordnung des §  143 InsO die Frage gestellt: „Wertungsfrage oder Dogmatik?“ Während die Rechtsprechung nicht selten auf Wertungen im Einzelfall rekurriert, muss die Rechtswissenschaft die Dogmatik im Auge halten und ihrer Gedächtnis- und Korrekturfunktion gerecht werden.  

§  6 .  Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts

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wichtig, den Blick auf die Prinzipien und universellen Lehren des Insolvenzanfechtungsrechts zu richten, die im Rahmen der teleologischen Auslegung zu beachten sind. Eine Stärkung der Prinzipien ist immer ein Beitrag für mehr Rechtssicherheit und für eine größere Vorhersehbarkeit der Entscheidungen. Zu Recht kritisiert Bork den Mangel an Rechtssicherheit und Prognostizierbarkeit insolvenzanfechtungsrechtlicher Entscheidungen.  Das Insolvenzanfechtungsrecht hat gerade in den letzten Jahren eine Eigendynamik entwickelt. Eine Rückkoppelung an die Grundprinzipien sowie eine methodologische Ordnung sollen helfen, die Grundlinien des Insolvenzanfechtungsrechts unverstellt offen zu legen. Im Folgenden sind die Bedeutung der Gläubigergleichbehandlung, der Privatautonomie und des Vertrauensschutzes im Insolvenzanfechtungsrecht zu überblicken und zu erörtern, ob es besondere methodologischen Direktiven für die Auslegung und Rechtsfortbildung des Insolvenzanfechtungsrechts gibt.

I.  Gläubigergleichbehandlung 1.  Propria Das Insolvenzrecht ist nach Götz Hueck eine ganz auf der Gleichheitsidee aufgebaute Materie.10 In der Tat durchzieht die Gläubigergleichbehandlung (par condicio creditorum11, pari passu12) die Insolvenzordnung wie ein roter Faden.13 Es handelt sich um den ehernen Felsen (rocher de bronze) und „die goldene Regel“ des Insolvenzrechts. §  1 S.  1 InsO beginnt mit den Zielen des Insolvenzverfahrens und erhebt die gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung zum primären Verfahrenszweck.14 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt es   Zur methodischen Notwendigkeit einer Prinzipienbildung: Stamm, S.  6 4 ff. m.w.Nachw.   Bork, ZIP 2008, 1041.    Zum Zusammenspiel von Normen und Prinzipien: Höpfner, S.  98, der ausführt, dass sich Normen und Prinzipien nur in ihrem Abstraktionsgrad unterscheiden. 10   Hueck, S.  73 (zum Konkurs- und Vergleichsrecht), der weiter ausführt, dass es sich in materieller Hinsicht um einen Fall der Gleichbehandlung auf privatrechtlichem Gebiet handelt (S.  74). 11   Diese Formulierung geht auf Ulpian (D 42.8.6 §  7) zurück. Dazu Gerhardt, S.  182. MünchKomm-InsO/Ganter, §  1 Rdnr.  52 m.w.Nachw. Vorzugswürdig ist die Schreibweise mit „c“ und nicht mit „t“. Letztere ist nach Berges eine „irreführende Fehlschreibung“, da sie „Würzung“, „Eingemachtes“ oder „Schöpfung“ bedeute. So Berges, in: FS Einhundert Jahre KO, S.  363 (373). Im Schrifttum sind beide Schreibweisen verbreitet, so etwa „par conditio creditorum“: MünchKomm-InsO/Stürner, Einl. Rdnr.  62. 12   So etwa der Terminus im englischen Recht. Dazu Beissenhirtz, S.  36; Steffek, KTS 2007, 451 (471). 13   Füßmann, S.  27. 14   MünchKomm-InsO/Stürner, Einl. Rdnr.  1; siehe bereits §  3 KO. Mit §  1 InsO ist noch nicht zwingend eine gleichmäßige Befriedigung angesprochen. Zutreffend Jaeger/Henckel,  

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

zu einem Systemwechsel in der Vermögenshaftung.15 Im Einzelzwangsvollstreckungsrecht gilt in Angleichung an das Zivilrecht und in Anlehnung an das römische Recht 16 das Prioritätsprinzip, auch Präventionsprinzip genannt.17 Dieses Prioritätsprinzip ist die bruchlose Fortsetzung der Privatautonomie im Einzelzwangsvollstreckungsrecht.18 Es ist in mehreren Normen und keineswegs auf einheitlicher dogmatischer Grundlage geregelt.19 §  804 Abs.  3 ZPO trägt diesem Prinzip Rechnung: Ein durch eine frühere Pfändung begründetes Pfandrecht geht dem durch eine spätere Pfändung entstandenen Pfandrecht vor. 20 Der Gläubiger, der sich um seine Belange kümmert, soll für seine Wachsamkeit belohnt werden.21 Dieser Prioritätsgedanke, der zu einem Wettlauf der Gläubiger führt, muss mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Gleichbehandlung aller Gläubiger, einer proratarischen Haftungsverfassung weichen.22 Die Gläubiger werden grundsätzlich anteilig, quotenmäßig, pro rata befriedigt.23 Eine Privilegierung einzelner Gläubiger wird nur in sachlich begründeten Ausnahmefällen zugelassen. Das Quotenprinzip war in der Konkursordnung in §  61 Abs.  2 S.  2 KO verankert und ist in der Insolvenzordnung nur rudimentär geregelt 24 , etwa in §  39 Abs.  1 InsO („nach dem Verhältnis ihrer

InsO, §  1 Rdnr.  6 , der darauf verweist, dass die Formulierung nicht ganz korrekt sei, weil die Gläubiger der Masseverbindlichkeiten, die in §  1 InsO auch erfasst sind, grundsätzlich nicht gemeinschaftlich befriedigt werden, sondern nur ausnahmsweise bei Masseunzulänglichkeit (§  209 InsO). 15   Zu den Vorwirkungen im Insolvenzanfechtungsrecht sogleich. 16   Siehe dazu D 20, 4, 10 (Ulpian). 17   Gaul, ZZP 112 (1999), 135 (153). Zur Parömie geworden ist die Maxime „prior tempore potior iure“. Dazu Wacke, JA 1981, 94 m.w.Nachw.; Forster, S.  135; das altdeutsche Rechtssprichwort „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ findet sich erstmals im Sachsenspiegel des ostsächsischen Ritters Eike von Repgow. Dazu Voßkuhle, Verw 32 (1999), 21. Im Blick auf Art.  3 Abs.  1 GG wurde im Schrifttum die Verfassungsmäßigkeit des Prioritätsprinzips angezweifelt: Schlosser, ZZP 97 (1984), 121. Zum Prioritätsprinzip im Zivilrecht auch ausführlich Neuner, AcP 203 (2003), 46. Negativ konnotierte Synonyme lauten „Warteschlangen-Prinzip“ oder „Windhund-Verfahren“. Dazu sowie zum Prioritätsprinzip im Verwaltungsrecht: Voßkuhle, Verw 32 (1999), 21. Das Muster wird auch wie folgt umschrieben: „die besten Chancen für den schnellsten Vollstrecker“: Ries, ZInsO 2005, 848. 18   C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (411 ff.): „Gleichklang von Privatrecht und Vollstreckungsrecht“. Zu den Begründungsansätzen und dem Widerstreit „Prioritätsprinzip versus Verlustgemeinschaft“: Stamm, S.  171 ff., der das Prioritätsprinzip zu Recht als „sachgerechtes Kriterium für eine effiziente Einzelzwangsvollstreckung“ (S.  178) bezeichnet. 19   C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (408). 20   Zu weiteren Ausprägungen, etwa in §  930 Abs.  1 S.  2 ZPO, §  845 Abs.  2 ZPO, §  11 Abs.  2 ZVG: C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (409). 21   Hahn/Stegemann, Bd.  2, S.  448 ff. 22   Siehe zum Verbot der Einzelzwangsvollstreckung: §§  89 Abs.  1, 294 Abs.  1 InsO. 23   Stobbe, S.  8. 24   Häsemeyer, Rdnr.  2.33; Prütting, in: Kölner Schrift, Kap.  1 Rdnr.  61, der ausführt, dass sich die anteilige Befriedigung indirekt aus §§  38, 187, 188, 195, 196 InsO ergibt.

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Beträge“), in §  52 S.  2 InsO („anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse“) 25 oder in §  195 InsO („Bruchteil“) 26 . Die Gläubigergleichbehandlung ist die Magna Charta des Insolvenzrechts und beruht auf einem international anerkannten Grundgedanken des Konkursrechts. 27 Dieses Prinzip wird als das „Kernstück des Konkurses“28 , als „der tragende Gedanke“ des Insolvenzrechts29, als das wichtigste und eigentümlichste Kennzeichen für den Beginn konkursrechtlicher Anschauungen 30 tituliert. Als „oberster Abwicklungsgrundsatz“31 ist die Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzrecht allgegenwärtig32 . Sie zählt zum deutschen ordre public.33 Im Blick auf Art.  3 Abs.  1 GG und Art.  14 GG hat ihre Ausgestaltung und vor allem die seit jeher umstrittene Austarierung ihrer Ausnahmen eine verfassungsrechtliche Sprengkraft.34 Der Grundgedanke der Gläubigergleichbehandlung liegt darin, dass von der materiellen Insuffizienz an eine verhältnismäßige Verteilung des vorhandenen Vermögens erfolgen soll, indem sich die Interessen der Gläubigergesamtheit gegenüber Individualinteressen durchsetzen müssen.35 Es soll gerade nicht zu einem bellum omnium contra omnes kommen.36 Die Väter der Konkursordnung umschreiben das „Konkursprinzip“ wie folgt: „Wenn ein Schuldner sich außer Stande erweist, alle seine Gläubiger vollständig zu befriedigen, so muß das Gesetz die Gläubiger davor schützen, daß die Befriedigung, die ein Jeder zu fordern hat, nicht beeinträchtigt werde durch eine Verschleuderung des Vermögens Seitens des Schuldners, durch den Hinzutritt neuer Schulden, durch das Vorgreifen oder die Begünstigung einzelner Gläubiger. Das Zahlungsunvermögen des Schuldners und die Kollision der gegen ihn bestehenden Forderungen erzeugt für jeden Gläubiger den rechtlichen Anspruch, daß nunmehr das gesamte Vermögen zur gesetzlich geregelten Vertheilung unter die sämmtlichen vorhandenen Gläubiger und nur unter sie verwendet werde. Dieser Anspruch, allen Gläubigern gemeinsam und den Konkurs begründend, soll durch die Eröffnung und Durchführung des Verfahrens verwirklicht

25   Dort geht es allerdings um Absonderungsberechtigte, die auf eine abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind. 26   Bei der Vorgängervorschrift (§  159 KO) war von einem Prozentsatz die Rede. 27   BGH NJW 1985, 2897 (2898); Stadler, S.  446; P.Gottwald, in: FS 50 Jahre Bundesgerichtshof, S.  819 (824); Zeeck, S.  5; Zobl, SJZ 2000, 25; zur Rechtslage in den Nachbarstaaten: Wiórek, S.  99 ff. 28   BGH NJW 1993, 1206; BGHZ 88, 147 (150) = NJW 1983, 2147; BGHZ 41, 98 (101) = WM 1964, 318; BGH NJW 1964, 1319 (1320); C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (413): „Herzstück des Regelinsolvenzverfahrens“. 29   Eichberger, S.  2; Prütting, in: Kölner Schrift, Kap.  1 Rdnr.  61: „tragendes und beherrschendes Prinzip“. 30   Häsemeyer, KTS 1982, 507 (511). 31   Berges, in: FS 100 Jahre KO, S.  363 (366). 32   Häsemeyer, KTS 1982, 507 (509). 33   BGH ZIP 1997, 39 (44). 34   Siehe nur Häsemeyer, Rdnr.  2.20; 18.05; Pape/Uhlenbruck, ZIP 2005, 417 (422 f.). 35   Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  1; Cosack, S.  18. 36   Uhlenbruck, ZInsO 2005, 505.

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werden; man kann ihn, zur Unterscheidung von dem objektiven Konkursrechte, den Konkursanspruch nennen. .  .  .“37

Der in den Motiven zur KO mehrmals erwähnte Begriff des Konkursanspruchs führt in der Sache nicht weiter und ist daher entbehrlich. Es handelt sich – wie Jaeger betont – um das Forderungsrecht in der durch die Konkurslage gebotenen wechselseitigen Gläubigerbeschränkung.38 Im Insolvenzrecht wurde über Jahrhunderte ein Kampf gegen Privilegien geführt.39 Bei Schaffung der Konkursordnung gab es eine Myriade an Vorrechten. In Bayern etwa existierte ein Vorzugsrecht für Bierbrauer.40 Die Motive zur Konkursordnung formulieren als Leitmotiv: „Die Beseitigung aller Vorrechte muß das Ziel sein, welches die Gesetzgebung nicht aus den Augen verlieren darf .  .  .“41

2.  Begründungsmodelle Uneinheitlich wird die Frage beantwortet, wie sich diese gesetzliche Haftungsordnung begründen lässt.42 Die Insolvenzordnung enthält nur spärliche Anhaltspunkte für ein Begründungsmodell. Die ketzerischste Antwort auf diese Frage ist nach Berges die Behauptung, es gebe überhaupt keine rechtlichen Grundlagen der par condicio creditorum im Konkurs.43 In der Tat zählt die Fundierung der Gläubigergleichbehandlung zu den dogmatischen „Gretchenfragen“ des Insolvenzrechts. Gescheitert sind die Versuche, eine Rechtsgemeinschaft anzunehmen.44 Ein Gesellschaftsvertrag (§§  705 ff. BGB) ist bereits deshalb abwegig, weil es am gemeinsamen Zweck fehlt45; eine Bruchteilsgemeinschaft (§§  741 ff. BGB) setzt voraus, dass ein Recht mehreren gemeinschaftlich zusteht. Auch das trifft nicht zu. Bewusst hat der Gesetzgeber der Konkursordnung Auffassungen, wonach das Eigentum an der Masse auf die Gläubiger übergehe, abgelehnt.46 Im Folgenden gilt es, die ansonsten im Schrifttum vertretenen Argumentationslinien – ausgehend von den Motiven zur Konkursordnung – zu verfolgen und den eigenen Gedanken eines Solidaritätsmodells vorzustellen.

  Hahn, Bd.  4, S.  44 f.   Jaeger/Henckel, KO, §  3 Rdnr.  4 m.w.Nachw. 39   Gassert-Schumacher, S.  3 ff. 40   Ausführlich Hahn, Bd.  4, S.  238. 41   Hahn, Bd.  4, S.  238. 42   Ausführlich Guski, S.  121 ff. m.w.Nachw. 43   Berges, KTS 1957, 49 (50). 44   So bereits Berges, KTS 1957, 49 (50); dazu auch Windel, JURA 2002, 230 (231). 45   Madaus, S.  206. 46   Berges, KTS 1957, 49 (50). 37

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a)  Communio incidens Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung hat im Zivilrecht, insbesondere im Gesellschaftsrecht47 sowie im Arbeitsrecht48 eine immer größere Bedeutung erlangt.49 Die Besonderheit im Insolvenzverfahren liegt darin, dass das Zusammentreffen der Gläubiger „ein Produkt baren Zufalls“50 ist. In den Motiven zur Konkursordnung ist von einer communio incidens die Rede. Dort heißt es: „Wohl aber treten die Gläubiger kraft des Gesetzes in eine Gemeinschaft (communio incidens), in eine zufällige, denn wenn auch die Theilnahme an dem Verfahren dem Belieben eines Jeden überlassen ist, so entsteht doch unabhängig von dem Willen des Einzelnen – durch die Existenz der anderen Forderungen, das Zahlungsunvermögen des Schuldners und die Kollision aller Gläubiger – unter ihnen die rechtliche Gemeinschaft. Diese allerdings ist es, welche das Verhältnis der Konkursgläubiger zu einander und das Konkursverfahren in Unterscheidung von jedem anderen Vertheilungsverfahren charakterisirt. Das Befriedigungsrecht des Einzelnen erleidet durch den entstandenen Konkursanspruch eines Jeden rechtliche Beschränkung. Die Gemeinschaft hat zum Grund und Gegenstand: das Befriedigungsrecht eines jeden Gläubigers auf das gesammte, unzureichende Vermögen des Gemeinschuldners, zum Zweck und Inhalt: die gemeinschaftliche Befriedigung Aller aus diesem Vermögen. Darum darf kein Gläubiger rücksichtslos gegen die anderen sein einzelnes Befriedigungsrecht gegen den Schuldner verfolgen, darum dürfen Zwangsvollstreckungen zu Gunsten Einzelner nicht vorgenommen werden; das gleiche Recht Aller verlangt, daß keiner seinen Anspruch anders als im gemeinschaftlichen Verfahren ausübe; .  .  .“51

Die Insolvenzgläubiger bilden demnach zwar keine Rechtsgemeinschaft, wohl aber eine Interessengemeinschaft.52 Von einer Schicksals- oder Verlustgemein-

47   Der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass jedes Mitglied einer Gesellschaft unter gleichen Voraussetzungen genauso wie andere Mitglieder zu behandeln ist. Siehe Verse, S.  1, der darauf abhebt, dass es beim gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz jedenfalls primär um die Wahrung der iustitia commutativa gegenüber Eingriffen der Gesellschaft in die Mitgliedschaft des Gesellschafters geht (S.  73 ff.). Zur ausdrücklichen Kodifizierung im Aktienrecht (§  53a AktG): „Aktionäre sind unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln.“ 48   Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Ausführlich Richardi, ZfA 2008, 31, mit Rekurs auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14.  8. 2006 („gesetzestechnisch missglückt“); MünchKommBGB/Müller-Glöge, §  611 Rdnrn.  1121 ff. m.w.Nachw. 49   Zu den allgemeinen Regeln für die Gleichbehandlung im Privatrecht: Hueck, S.  173 ff.; Raiser, ZHR 111 (1948), 75; Meyer-Cording, in: FS Hans Carl Nipperdey, Bd.  I; S.  537. 50   Windel, JURA 2002, 230 (231). 51   Hahn, Band  4, S.  47. 52   BVerwG NJW 1962, 979 (980). Zum schillernden Begriff der Interessengemeinschaft: MünchKomm-BGB/K.Schmidt, §  741 Rdnr.  71. Vgl. auch Gottwald, FS Giger, S.  195.

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schaft ist auch zuweilen die Rede.53 Gerne wird im Schrifttum eine Parallele54 zum Zuckerrübensamen-Fall des Reichsgerichts55 aus dem Jahre 1914 gezogen:56 Ein Landwirt hatte verschiedenen Abnehmern bestimmte Mengen des ausschließlich von ihm selbst gezüchteten Samens des Jahrgangs 1911 verkauft. Infolge der außerordentlichen Trockenheit konnte er statt der durchschnittlich zu erwartenden 4908 Zentner nur 993,35 Zentner ernten. Er verteilte die vorhandene Gesamternte nach dem Verhältnis der einzelnen Liefermengen. Eine Klägerin verlangte Schadensersatz wegen des nicht gelieferten Zuckerrübensamens. Bei dieser Konstellation hat sich der Schuldner mehreren Gläubigern gegenüber zur Leistung aus einem begrenzten Vorrat verpflichtet; der Vorrat reichte nicht für die Belieferung aller Gläubiger aus. Das Reichsgericht rekurrierte auf §  242 BGB57 und sprach sich wie folgt für eine verhältnismäßige Verteilung der verfügbaren Ware an alle Abnehmer aus:58 „Zwischen den mehreren Käufern ergab sich, für jeden von ihnen voraussehbar, eine Interessengemeinschaft, deren Folge sich zeigen mußte, wenn die Ernte zwar genügte, einen einzelnen oder mehrere zu befriedigen, nicht aber hinreichte zur Befriedigung aller. Dem Verkäufer durfte auch jetzt die Gefahr nicht aufgebürdet werden. Er konnte nicht mehr tun, als die gesamte Ernte der Gesamtheit der Käufer zur Verfügung zu stellen.“59

b)  Zustimmungsfiktion bzw. Korrektur über §  242 BGB Nach anderer Auffassung ergibt sich der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz aus einer fingierten Zustimmung aller Insolvenzgläubiger. 60 Nach R. H. Schmidt ersetzt die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Gleichstellung in der Vorratsgemeinschaft des Konkurses den Vertrag zur Versicherung gegen das

53   Berges, KTS 1957, 49 (50) m.w.Nachw., der ausführt, dass die Kennzeichnung der Gläubigergemeinschaft als Schicksals- oder Interessengemeinschaft nur einer juristisch untechnischen Auffassung Ausdruck verleihe. 54   Berges, KTS 1957, 49 (54 f.); Knütel, in: FS Gerhart Kreft, S.  3 (8). 55   RGZ 84, 125; bestätigt: RGZ 91, 333; RGZ 95, 268. 56   Zu anderen Beispielen der Verteilungsgerechtigkeit im Zivilrecht: Knütel, in: FS Gerhart Kreft, S.  3 ff., etwa §  742 BGB oder §§  430, 432 BGB; §  426 Abs.  1 S.  1 BGB; §  2091 BGB. 57   Eine Anpassung des Vertrages ergibt sich nunmehr nach §  313 Abs.  1 BGB: Knütel, in: FS Gerhart Kreft, S.  3, 8. 58   Staudinger/Löwisch/Caspers, §  275 Rdnr.  21. 59   RGZ 84, 125 (128). Für dieses Ergebnis streitet auch der Rechtsgedanke des §  700 Abs.  2 HGB. Die große Haverei (§§  700 ff. HGB) gilt als der Prototyp einer verwirklichten Gefahrengemeinschaft. Diese geht auf die Lex Rhodia über den Seewurf (D. 14, 2) zurück. Dazu Knütel, in: FS Gerhart Kreft, S.  3, 9. 60   R. H.Schmidt, S.  44 ff.; Wiringer-Seiler, S.  91 ff.

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Verteilungsrisiko. 61 In einer fiktiven Beratung würde jeder einzelne Gläubiger aufgrund eigener Interessen für die Gleichbehandlung im Konkurs stimmen. 62 Der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz ist nach Wiringer-Seiler eine spezielle Ausprägung des §  242 BGB in einer Sondersituation. 63 Zwischen den einzelnen Gläubigern des Gemeinschuldners bestehe eine Sonderbeziehung, sobald sich ihr bloßes Nebeneinander durch das Auftreten von Masseknappheit zu einer Interessengemeinschaft kristallisiert habe. Ab dem Auftreten des Verteilungsrisikos würden die Gläubiger spezielle Gemeinschaftsschutzpflichten treffen; eine dieser Pflichten sei das Unterlassen von weiter masseverringernden Handlungen zum Schaden der übrigen Gläubiger. 64 c)  Die Theorie von der Ausgleichshaftung Häsemeyer hat mit dem Gedanken der Ausgleichshaftung und des wechselseitigen Gläubigereinflusses eine materiell-rechtliche Grundlage für die Gläubigergleichbehandlung geschaffen. 65 Der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz sei als allgemeines Prinzip eines haftungsrechtlichen Ausgleichs zwischen den Gläubigern anzuerkennen. Alle Gläubiger hätten durch die Begründung und Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse mit dem Schuldner Einfluss auf dessen Vermögen genommen, von dem auch die Rechtsverhältnisse der Mitgläubiger betroffen seien. Bisher habe die eigenverantwortliche Vermögens- und Haftungssteuerung des Schuldners diese Einflüsse neutralisiert. In der Insolvenz gewinnen aber die Vermögensumsetzungen durch wechselseitige Gläubigereinflüsse entscheidende Bedeutung: Die Begründung, Durchsetzung, dingliche Sicherung und Erfüllung jeder einzelnen Forderung war mitursächlich für die Insolvenz. Diesem wechselseitigen Gläubigereinfluss entspreche die proportionale Zuweisung der Haftungsmasse als ausgleichende Gerechtigkeit, ohne dass eine Differenzierung nach nutzen- oder schadenbringenden Wirkungen geboten wäre. Eine solche sei wegen des Dazwischentretens privatautonomer Schuldnerentscheidungen nicht rückrechnungsfähig; eine nachträgliche Atomisierung des Schuldnervermögens sei nicht möglich. Aufgrund des Versagens der Schuldnerautonomie komme dem Insolvenzrecht neben der Friedensfunktion die weitere Funktion zu, die wechselseitigen Gläubigereinflüsse auf das Vermögen des Schuldners damit mittelbar auch auf die Forderungen der Mitgläubiger haftungsrechtlich auszugleichen. 66

  R. H.Schmidt, S.  45.   R. H.Schmidt, S.  44 nennt fünf Gründe, insbesondere das Verteilungsrisiko und die Verteilungskosten. 63   Wiringer-Seiler, S.  97. 64   Wiringer-Seiler, S.  97. 65   Häsemeyer, KTS 1982, 507; ders., Rdnr.  2.26. 66   Häsemeyer, Rdnr.  2.27. 61

62

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d)  Allgemeine Gerechtigkeits- und Billigkeitsaspekte Nach der Analyse Stürners wird die par condicio creditorum weitgehend als die „höchste Form der Insolvenzgerechtigkeit“ angesehen. 67 Um angemessene und gerechte Ergebnisse erzielen zu können, müsse – so Henckel – das Prioritätsprinzip der Einzelzwangsvollstreckung durch den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz abgelöst werden. 68 Thole rekurriert auf eine ökonomisch orientierte Erklärung: Ein Wettlauf der Gläubiger sei wirtschaftlich von Nachteil. 69 Killinger zufolge sei ein egoistischer Gläubigerzugriff unbillig, wenn das Vermögen nicht mehr zur vollen Befriedigung aller Gläubiger ausreiche.70 Aden führt aus, dass der Gedanke der Schicksalsgemeinschaft der Gläubiger Ausfluss eines allgemeinen Gerechtigkeitsgedankens sei, der juristisch nicht weiter aufgelöst werden könne.71 Hierzu führt er einen bildlichen Vergleich an: Wenn auf einem Passagierdampfer in der 1. Klasse Gänsebrust, in der 2. Klasse aber nur Frikadellen gereicht würden, so störe das unser Gerechtigkeitsgefühl nicht weiter. Befänden sich aber nach einem Schiffsunglück die Passagiere der 1. und der 2. Klasse in einem Rettungsboot, so sei es gewiss ungerecht, wenn auch jetzt noch Klassenunterschiede gemacht würden.72 Anders gewendet: Gläubigergleichbehandlung ist Ausfluss der ausgleichenden Gerechtigkeit (iustitia commutativa).73 e)  Verfahrensrechtliches Verteilungsprinzip Einen gänzlich anderen Weg beschreitet etwa Christian Berger: der Gleichbehandlungsgrundsatz habe – anders als das Prioritätsprinzip – kein materiellrechtliches Vorbild. Es handele sich um ein „rein verfahrensrechtliches Verteilungsprinzip.“74 Bei der Gesamtvollstreckung greife der Staat mit dem Vollstreckungsverbot (§  89 InsO) in die Haftungsabwicklung zulasten aller Gläubiger ein. Über den Insolvenzverwalter ziehe er die Forderungsrealisierung an sich. Der Staat aber sei grundrechtsgebunden: er müsse daher bei der Verteilung des Restvermögens alle Insolvenzgläubiger gleich behandeln. Als Beleg für diese These vom rein verfahrensrechtlichen Verteilungssystem rekurriert Berger auf   Stürner, ZZP 94 (1981), 263 (271), der den Grundansatz der möglichst gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger für sehr anfechtbar hält. 68   Henckel, ZIP 1982, 391 (396); zur Gerechtigkeitsidee: Gassert-Schumacher, S.  325. 69   Thole, S.  6 4 f. 70   Killinger, S.  62; siehe auch Füßmann, S.  45: „Element eines reinen Billigkeitsdenkens“. 71   Aden, S.  3. 72   Aden, S.  3. 73   Die Unterscheidung zwischen iustitia distributiva und iustitia commutativa geht auf Aristoteles zurück. Dazu im deutschen Vertragsrecht: Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, passim; zum Recht der Kapitalgesellschaften: Verse, S.  77 ff. 74   C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (414). 67

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die Nachhaftung nach §  201 InsO sowie die Tatsache, dass es außerhalb des Insolvenzverfahrens keine Regelungen zur Sicherung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes gebe.75 f)  Stellungnahme und Plädoyer für ein Solidaritätsmodell Die Analyse Bergers trifft zunächst zu: Es fehlt bei der Gläubigergleichbehandlung am materiell-rechtlichen Vorbild, das durch eine hinreichende normative Basis seine Bestätigung findet. Dennoch bleibt bei einer rein verfahrensrechtlichen Deutung ungeklärt, warum sich der Staat für ein Gesamtvollstreckungsverfahren entscheidet und dem Wettlauf der Gläubiger nicht freien Lauf lässt. Damit erweist sich das Modell Bergers als eine treffende Beschreibung, aber nicht als ein taugliches Begründungsmodell.76 Allgemeine Gerechtigkeitsüberlegungen sind zu vage.77 Die Theorie von der Zustimmungsfiktion aller Gläubiger will den Begründungsweg durch einen Kunstgriff abkürzen. 78 Nicht bei allen Gläubigern kann man ein Einverständnis voraussetzen79 ; das ist eine unhaltbare Fiktion. Ebenso steht es mit einem Rekurs auf §  242 BGB. 80 Die Theorie von der Ausgleichshaftung, der Brehm eine eindrucksvolle intellektuelle Brillanz attestiert81, hinterlässt folgende Erklärungslücke: Nicht alle Gläubiger haben in gleicher Weise zur Insolvenz des Schuldners beigetragen. Warum gerade solche Gläubiger, die nur einen geringen oder gar keinen Beitrag hierfür geleistet haben, eine anteilige Verlustzuweisung hinnehmen müssen, bleibt unverständlich. 82 Wie Brehm zu Recht konstatiert, kann dieses Modell nicht den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz als materielles Verteilungsprinzip erklären. 83 Schon bei den Gläubigern, die Kredit gewährt haben, sei die Einflussnahme auf das Schuldnervermögen nicht gleichwertig. Der eine habe Kredit gewährt, als der Schuldner noch keine Verbindlichkeiten hatte, der andere gesellte sich von vornherein zu schon vorhandenen Gläubigern. 84 Im Übrigen fehlt

75   C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (415), der deutlich macht, dass die Vorwirkung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes in §§  130 f. InsO kein Widerspruch zu dieser verfahrensrechtlichen Deutung ist, da die Insolvenzanfechtung die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraussetzt. 76   Als Begründungsmodell weist es zirkuläre Züge auf. 77   Berges, KTS 1957, 49 (50) rügt die Billigkeitserwägung als die ketzerischste Antwort auf die Frage nach dessen rechtlichen Grundlagen. 78   Noch deutlicher Guski, S.  125: „weder schlüssig noch überhaupt rechtsdogmatisch haltbar“. 79   Eichberger, S.  12. 80   Kritisch auch Killinger, S.  60 m.w.Nachw.: „systemwidrig“. 81   Brehm, S.  15 (25), der die Theorie von Häsemeyer dennoch nicht teilt. 82   Kritisch auch Eichberger, S.  10 f. 83   Brehm, S.  15 (25). 84   Brehm, S.  15 (25).

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für diese materiell-rechtliche Regelung der Ausgleichshaftung eine hinreichende normative Verfestigung. 85 Die Umschreibungen von der communio incidens, von der Interessen-, Schicksals- oder Verlustgemeinschaft weisen in die richtige Richtung. Meo voto ist der Legitimationsgrund der Gläubigergleichbehandlung auf den Gedanken der Solidarität86 zu stützen. 87 Der „Haftungsnotstand“ lässt die Frage nach einer Verteilung der vorhandenen Masse virulent werden. Die Gläubiger sind nolens volens miteinander verbunden; es kann von einem nexus creditorum oder einem insolvenzrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis88 gesprochen werden. Dieses verlangt vom einzelnen aus Solidarität eine anteilsmäßige Verlustzuweisung. Es geht – wie Stadler es treffend ausdrückt – um eine formale Gleichheit „in gemeinsamer Not“. 89 Eine Art „Rücksichtnahmegebot“ formuliert auch der BGH für die Tatbestände des besonderen Insolvenzanfechtungsrechts: „Im Rahmen der besonderen Insolvenzanfechtung wird den Gläubigern .  .  . die Pflicht zu wechselseitiger Rücksichtnahme auferlegt.“90

3.  Bedeutung im Insolvenzanfechtungsrecht Was hat nun der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz mit dem Recht der Insolvenzanfechtung (§§  129 ff. InsO) zu tun? In einem ersten Schritt ist dieser Fragestellung im Allgemeinen nachzugehen. Sodann ist die Feinjustierung der Gläubigergleichbehandlung anhand aktueller Entwicklungen im Besonderen zu beleuchten. a)  Tatbestands- und Rechtsfolgenseite Im Schrifttum ist häufig davon die Rede, dass durch die Anfechtungsbestimmungen der §§  129 ff. InsO das Prinzip der Gleichbehandlung aller Gläubiger zeitlich vorverlagert werde.91 Der BGH führt aus, dass der Gläubigergleichbe85   Ähnlich C.Berger, ZZP 121 (2008), 407 (413): „Wenn es sich bei der Ausgleichshaftung um eine materiellrechtliche Regelung handeln würde, müssten entsprechende materiellrechtliche Instrumente dies abbilden.“ 86   Zum Solidaritätsmodell im Rahmen des §  34 StGB: Pawlik, S.  57 ff., der ausführt, dass dem Zauberwort Solidarität keineswegs eine gleichsam selbstexplikative Kraft eignet. Das Solidaritätsprinzip ist auch im Zivilrecht kein Fremdkörper. Siehe etwa zur nachehelichen Solidarität im Unterhaltsrecht (§§  1569 ff. BGB) van Els, FamRZ 1992, 625 mit Rekurs auf den Ursprung im theologischen Bereich. 87   So auch C.Becker, Insolvenzrecht, Rdnr.  1182. 88   In Anlehnung an das „nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis“. Dazu etwa BGHZ 28, 110 (114) = NJW 1958, 1580; BGHZ 113, 384 (389) = NJW 1991, 1671; BGH NJW 2003, 1392. 89   Stadler, S.  446. 90   BGHZ 162, 143 = NJW 2005, 1121 (1122). 91   Zeuner, Rdnr.  1; Ries, ZInsO 2005, 848.

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handlungsgrundsatz das gesamte Anfechtungsrecht beherrscht.92 Dies trifft zu, darf aber nicht missverstanden werden. Es sind zwei Ebenen zu unterscheiden: die Tatbestands- und die Rechtsfolgenseite. Hinsichtlich der Rechtsfolge ist evident, dass alle Anfechtungsvorschriften der Gläubigergleichbehandlung dienen.93 Dies liegt darin begründet, dass die Insolvenzmasse angereichert oder – wie König94 es plastisch formuliert – „aufgefettet“ wird und damit die Insolvenzquote steigt. Die Massemehrungsfunktion des Insolvenzanfechtungsrechts lässt sich somit von der daraus resultierenden Gläubigergleichbehandlung nicht abkoppeln. Ohne die Regelungen der Insolvenzanfechtung würde die par condicio creditorum das Schicksal eines sinnentleerten Programmsatzes fristen.95 Davon ist aber die Frage zu trennen, ob einzelne Anfechtungstatbestände den Gedanken der Gläubigergleichbehandlung in sich verkörpern. Dies ist für die teleologische Auslegung dieser Normen von entscheidender Bedeutung. Es ist zwischen den besonderen und den allgemeinen Anfechtungsgründen zu trennen. §§  130, 131 InsO intendieren eine Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung. Bereits im Stadium der materiellen Insolvenz muss die proratarische Haftungsverfassung das Prioritätsprinzip – wenigstens teilweise – ablösen. Gläubigergleichbehandlung korreliert mit der Insuffizienz der Verteilungsmasse. Es ist zu spät, erst auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung abzustellen. Die Gläubigergleichbehandlung muss bereits in der Zeitspanne zwischen der materiellen und der formellen Insolvenz zum Zuge kommen. Andernfalls würde der Grundsatz der Gleichbehandlung leer laufen können (Leerlaufargument).96 Der BGH bringt die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung im besonderen Insolvenzanfechtungsrecht wie folgt auf den Punkt: „§  30 KO sucht dem Prinzip der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger schon für einen früheren Zeitpunkt als dem der formellen Konkurseröffnung Geltung zu verschaffen.“97 „.  .  . die besondere Konkursanfechtung .  .  . beruht auf dem Bestreben des Gesetzes, vom Offenbarwerden der Krise an das Vermögen des Schuldners der Gesamtheit seiner Gläubiger zur Verfügung zu stellen. Die Regelung soll verhindern, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger durch Maßnahmen verletzt wird, die in diesem Stadium einzelnen Gläubigern Vorteile verschaffen.“98

Die Gläubigergleichbehandlung spielt also nicht nur bei der Verteilung der Insolvenzmasse eine Rolle, sondern bereits im Vorfeld. Nach Häsemeyer äußert der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung in diesen Regelungen seine spe92   BGH NJW 2008, 1535; ebenso Bork, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Vor §  129 Rdnr.  1. 93   Braun/de Bra, §  129 Rdnr.  1. 94   König, Rdnr.  1/5. 95   Bräuer, S.  4 mit Rekurs auf RGZ 21, 420 (427); BGHZ 58, 240 (242) = WM 1972, 471. 96   Bork, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  593 (596). 97   BGHZ 59, 230 (232) = NJW 1972, 2084. 98   BGH WM 1991, 150 (151 f.).

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zifischen Wirkungen gar unmittelbarer als in der Verteilung des Schuldnervermögens.99 Darüber hinaus ist – wie im Hauptteil herausgearbeitet100 – zu klären, ob bereits der allgemeine Grundtatbestand des §  129 InsO den Gedanken der Gläubigergleichbehandlung in sich trägt. Nach h. M. kommt dieser Vorschrift eine reine Massemehrungsfunktion zu. Konsequenterweise müsste eine Insolvenzanfechtung immer dann ausscheiden, wenn es zu einem wirtschaftlich neutralen Gläubigertausch kommt, jedenfalls dann, wenn der Austausch sich uno actu vollzieht. Eine Auffassung differenziert aber bei Zahlungen aus einem debitorischen Konto – wie im Hauptteil analysiert – zwischen Zahlungen aus einem Dispositionskredit und einer geduldeten Überziehung. Dieser einzelzwangsvollstreckungsakzessorische Ansatz verdient keine Zustimmung. Vielmehr ist die Gläubigergleichbehandlung, die im besonderen Insolvenzanfechtungsrecht eine Vorwirkung erfährt, bereits bei §  129 InsO zu berücksichtigen. Der Insolvenzschuldner hätte auch einen anderen Gläubiger befriedigen können. Es darf keinen Unterschied machen, ob der Insolvenzschuldner einen Gläubiger mit eigenen Mitteln oder mit Fremdmitteln bedient. Der Insolvenzschuldner hätte andernfalls ein Steuerungsinstrument für anfechtungsresistente Rechtshandlungen in der Hand. Dies könnte zu einem Kampf zwischen den Gläubigern führen. Jeder Gläubiger würde darauf drängen, aus Fremdmitteln befriedigt zu werden. In der letzten Konsequenz würde es zu einer ungerechtfertigten Relativierung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung kommen. Die praktische Wirksamkeit der Gläubigergleichbehandlung gebietet eine teleologische Reduktion des §  129 InsO für die Tatbestände des besonderen Insolvenzanfechtungsrechts (gespaltene Auslegung des §  129 InsO). In eine Kurzformel verdichtet, heißt dies: Ohne Insolvenzanfechtung, keine Gläubigergleichbehandlung.101 Alle Insolvenzanfechtungstatbestände stärken die par condicio creditorum. §§  130, 131 InsO bringen eine Vorwirkung dieses Prinzips; dies ist bereits im Rahmen des §  129 InsO hinreichend zu beachten. b)  Feinsteuerungen der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzanfechtungsrecht Eine Errungenschaft der InsO war die Abschaffung der Konkursvorrechte, wie die Vorrechte zugunsten des Fiskus und der Sozialversicherungsträger.102 Das   Häsemeyer, Rdnr.  2.26.   §  4 II.1.b)bb)(4). 101   Bork, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  593 (603): Die Insolvenzanfechtung ist „entscheidend für die Effizienz des Gleichbehandlungsgrundsatzes insgesamt.“ 102   Siehe dazu J.Bauer, S.  14 ff.; Gassert-Schumacher, S.  117 ff. Eine hochdifferenzierte Vorrechtsordnung bestand im gemeinrechtlichen Konkursverfahren, die durch die Konkursgesetzgebung von 1877 bereits deutlich zurückgefahren wurde. Zu dieser Rückbesinnung auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz: Häsemeyer, Rdnr.  2.17. 99

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Idealbild einer klassenlosen Gesellschaft sollte verwirklicht werden. Rechtspolitischer Sprengstoff besteht seitdem, ob diese Errungenschaften partiell und punktuell wieder zu modifizieren sind und zwar im Regelungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts. Dabei lässt sich der „legislative Hebel“ innerhalb der InsO (endogen) oder außerhalb der InsO (exogen) ansetzen. Das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung103 als endogene Modifikation scheiterte, während die exogene Änderung des §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV104 mit einer intendierten Auswirkung im Insolvenzanfechtungsrecht105 nahezu geräuschlos erfolgte und einen Widerhall erst nach der Verabschiedung des Gesetzes mit sich brachte. Diese Feinsteuerungen der Gläubigergleichbehandlung sind im Folgenden zu überblicken. Sie exemplifizieren, wie es möglich ist, die Gläubigergleichbehandlung durch Veränderungen des Insolvenzanfechtungsrechts zu justieren.106 Sie verdeutlichen, wie untrennbar Insolvenzanfechtung und Gleichbehandlungsgrundsatz miteinander verwoben sind. aa)  Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung Die Diskussion über die „Einführung der Vorrechte durch die Hintertür“107 entbrannte, als ein Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung vorgelegt wurde.108 Mit diesem Gesetz sollte die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Insolvenzanfechtung von Zwangsvollstreckungshandlungen von Gläubigern sowie von „freiwilligen“ Leistungen des Schuldners zur Abwendung einer drohenden Zwangsvollstreckung (sog. Druckzahlungen109) durch berichtigende Worte des Gesetzgebers Makulatur werden.110 Dem Gesetzgeber ging es um eine Privilegierung des Fiskus111 und der Sozialversicherungsträger. Diese Gläu  BT-Drucks. 16/886; BT-Drucks. 16/3844 (Beschlussempfehlung und Bericht).   Eingefügt durch Art.  1 Nr.  17 lit.  a des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.  12. 2007, BGBl.  2007 I 67. 105   Anders dann allerdings BGH NJW 2010, 870, wonach die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstellen angefochten werden kann. 106   Negativ konnotiert lässt sich von einer Störung der Gläubigergleichbehandlung sprechen: Reischl, Rdnr.  41. 107   Uhlenbruck, ZInsO 2005, 505. 108   Kritisch etwa Marotzke, ZInsO, 2006, 7; Vallender, NZI 2005, 599 m.w.Nachw.; Stürner, NZI 2005, 597; Leithaus, NZI 2005, 436; Frind, ZInsO 2005, 790; Buchner, S.  10 ff. (aber zustimmend hinsichtlich der Beschränkung des §  133 InsO auf unlauteres Handeln). 109   Ausführlich dazu M.Huber, in: GS Manfred Wolf, S.  443 m.w.Nachw. 110   Siehe M.Huber, ZIP 2007, 501 mit einem Moritat in zehn Bildern: „Wie höchstrichterliche Rechtsprechung durch berichtigende Worte des Gesetzgebers Makulatur werden soll(te)“. 111   Der Bundesrechnungshof empfahl in seinem Bericht (nach §  99 BHO) vom 3.  9. 2003, 103

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biger können in der wirtschaftlichen Krise besonders rasch vollstrecken, weil sie sich per Verwaltungsakt selbst einen Titel schaffen können. Die angedachte Bereichsausnahme zu §  131 InsO für Deckungen im Wege der Zwangsvollstreckung112 sollte – wie in der Gesetzesbegründung auch ausdrücklich erwähnt – genau diesen Gläubigern zugute kommen. Dennoch war der Gesetzesentwurf allgemein gehalten und sollte als verdeckte Bevorzugung der genannten Gläubiger wirken. Im Schrifttum wurde die Kritik hart vorgetragen113: Par condicio creditorum ade?, skandierte etwa Vallender.114 M.Huber sprach vom Feigenblatt zur Anpassung des IX. Zivilsenats an die Wünsche der Sozialversicherungsträger und Finanzbehörden.115 bb)  §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV als Lehrstück gesetzgeberischer Unzulänglichkeit? Während diese endogene Rückverschiebung der Gläubigervorrechte scheiterte, war eine exogene Modifikation erfolgreich.116 §  28e Abs.  1 SGB IV wurde dahingehend um einen Satz 2 ergänzt, dass die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht gilt. Es handelt sich um eine fiktive Zuordnung dieser Sozialversicherungsbeiträge zum Vermögen des Arbeitnehmers. In der Gesetzesbegründung wurde der Klarstellungscharakter der Norm betont117, der den mit Einführung der neuen Insolvenzordnung zum 1.  1. 1999 entfallenen Fiskusvorbehalt, nach dem den Finanzbehörden eine bevorzugte Befriedigung ihrer Forderungen gegenüber den einfachen Insolvenzgläubigern zustand, wieder einzuführen. Die Nichtbevorrechtigung der Forderungen des Fiskus sei ein rein deutsches Phänomen. Alle anderen Mitgliedstaaten der EU hätten den Fiskusvorbehalt beibehalten. Siehe BT-Drucks. 15/1495 S.  18. Das Sparpaket der Bundesregierung sah im Jahre 2010 dann die Wiedereinführung des „Fiskusprivilegs“ vor. Zur Begründung wurde angeführt: „Wir stellen damit die öffentliche Hand anderen Gläubigern wirtschaftlich wieder gleich. Die Regelung aus dem Jahr 1999 hatte in erheblichem Umfang zu einer Privilegierung von Banken geführt.“ Dazu kritisch Kahlert, ZIP 2010, 1274 (mit Rekurs auf die bestehenden Fiskusvorrechte); J.-P.Meier, ZInsO 2010, 1121; J.Bauer, ZInsO 2010, 1432. Siehe ferner Urban, NZI 2010, 888; ders., DStZ 2010, 922. Das Haushaltsbegleitgesetz 2011 rückte nach einer heftigen Kritik aus dem Schrifttum von diesem Paradigmenwechsel ab; es stärkte lediglich in §  14 InsO sowie §  55 Abs.  4 InsO die Position der öffentlichen Hand als „Zwangsgläubiger“ im Insolvenzverfahren gegenüber abgesicherten Insolvenzgläubigern (BT-Drucks. 17/3030 S.  42). Jedenfalls vor diesem Hintergrund trifft die Aussage des IX. Zivilsenats, dass es in der Gesamtvollstreckung keine Privilegierung von Hoheitsträgern gebe (BGH NJW 2011, 1365 (1366)), nicht zu. 112   §  131 Abs.  1 S.  2 InsO-E lautete: „Eine Rechtshandlung wird nicht allein dadurch zu einer solchen nach Satz 1, dass der Gläubiger die Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung erlangt.“ 113   Zusammenfassend: Bauer, S.  117 ff.; ders., DZWIR 2007, 188. 114   Vallender, NZI 2005, 599. 115   M.Huber, ZInsO 2005, 786. 116   J. P.Meier spricht von einem „déjà-vu im Insolvenzrecht“: J. P.Meier, NZI 2008, 140. 117   BT-Drucks. 16/886, S.  14. Bräuer spricht gar von einer „deklaratorischen Klarstellung“ (sic!): Bräuer, ZInsO 2008, 169 (171).

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allerdings mit der Formulierung als Fiktion („gilt“)118 ebenso wenig in Einklang steht wie mit der bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechtsprechungswirklichkeit. Die gesetzliche Regelung solle klarstellen, dass der vom Beschäftigten zu tragende und vom Arbeitgeber einbehaltene Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem Vermögen des Beschäftigten zugehörig ist.119 Damit griff der Gesetzgeber die Argumentationslinie des BAG120 auf, stellte sich aber – ohne Erwähnung, aber in der Sache bewusst – gegen die Rechtsprechung des BGH. Der Beschäftigte hat Anspruch auf das Bruttoentgelt; der Abzug und die Abführung von Lohn- und Gehaltsbestandteile berühren nur die Frage, wie der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§  28e Abs.  1 SGB IV) gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt. Mit dem Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nimmt der Arbeitgeber eine Aufgabe der Sozialversicherungsträger wahr. Er ist nach §  28e Abs.  1 S.  1 SGB IV der alleinige Schuldner des vollen Sozialversicherungsbeitrags. Durch diese Regelung sollen sowohl der Arbeitnehmer als auch der Sozialversicherungsträger geschützt werden. Dem Gesetzgeber ging es um eine Umgestaltung der materiellen Rechtslage wie sie bereits mit dem Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung anvisiert war.121 In der Gesetzesbegründung zum Entwurf des „Gesetzes zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung“ hieß es noch: „Aus diesen Gründen ist in der Insolvenz des Arbeitgebers der von ihm gezahlte Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach den §§  129 ff. InsO nicht anfechtbar, soweit es den Anteil des Beschäftigten betrifft. .  .  .“122

Hinsichtlich des vom Arbeitgeber abgeführten Arbeitnehmeranteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag sollte im Falle der Arbeitgeberinsolvenz eine Insolvenzfestigkeit bestehen und damit ein Anfechtungsprivileg für Sozialversicherungsträger123 installiert werden – diesmal allerdings nicht offen, sondern verdeckt, in der Sache aber unverändert. §  28 Abs.  1 S.  2 SGB IV ist ein Lehrstück gesetzgeberischer Unzulänglichkeit. Diese harsche Kritik gilt unabhängig davon, welchen Standpunkt man im Konzert der Meinungen einnimmt. Das Insolvenzanfechtungsrecht sollte nicht ver-

  Dazu Köster/Maaß, NZI 2009, 305.   BT-Drucks. 16/886, S.  14. 120   BAGE 97, 150 = NJW 2001, 3570. 121   Dort sollte auch §  38 Abs.  3 S.  1 EStG dahingehend geändert werden, dass die Zahlung der Lohnsteuer als aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbracht gilt. In der Begründung des Regierungsentwurfs hieß es, dass die Rechtslage in beiden Rechtsgebieten vergleichbar sei und daher eine einheitliche Regelung geboten sei. Siehe BT-Drucks. 16/886, S.  13. 122   BT-Drucks. 16/886, S.  15. 123   Bräuer, ZInsO 2008, 169 (173). 118 119

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deckt gesteuert werden (keine Vorrechte durch die Hintertür124); ein beabsichtigter Paradigmenwechsel125 sollte nicht als Klarstellung deklariert werden; die Auswirkungen auf die laufenden Verfahren sollten bedacht werden. Gesetze müssen Konflikte rechtssicher regeln. §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV hat innerhalb kürzester Zeit eine Prozessflut ausgelöst und als Spiegelbild dessen eine überbordende Literatur erwachsen lassen. Zum einen ging es um die Frage, ob §  28 Abs.  1 S.  2 SGB IV Rückwirkung zukommt. Zum anderen ist umstritten, ob diese Neuregelung einen Einfluss auf das Anfechtungsvolumen im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers hat. Die erste intertemporale Frage klärte sich zu Recht dahingehend, dass eine Rückwirkung nicht besteht.126 Kontovers wird diskutiert127, ob der Sozialversicherungsträger den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach §  143 Abs.  1 InsO in toto zurückgewähren muss, wenn die Anfechtungsvoraussetzungen im Übrigen vorliegen oder ob das wegen §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV nur für die Arbeitgeberanteile gilt. Der BGH folgte letzterer Ansicht und erteilte so der gesetzgeberischen Intention einer verdeckten Steuerung des Insolvenzanfechtungsrechts eine Absage: Ungeachtet der Regelung des §  28e Abs.  1 Satz 2 SGB IV kann danach die Zahlung der Arbeitnehmeranteile auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle angefochten werden.128 Die Anschlussfrage ist dann aber, ob eine Insolvenzanfechtung gegenüber dem Arbeitnehmer hinsichtlich dessen Anteile möglich ist.129

II.  Privatautonomie Die Bedeutung der Privatautonomie im Themenkreis der Insolvenzanfechtung ist vielschichtig. –  Zum einen wird durch das Insolvenzanfechtungsrecht die Privatautonomie eingeschränkt.130 Unter eine Rechtshandlung i. S. des §  129 InsO fallen privatau  Reischl, Rdnr.  41 spricht von einem „Schleichweg“.   Reischl, Rdnr.  41 verdient Zustimmung, wenn er konstatiert, dass man das ausgewogene Anfechtungssystem nicht durch Sonderprivilegien stören soll. 126   BGH NJW 2008, 1535. 127   Nach einer Auffassung im Schrifttum sei die Gesetzesänderung als Schaffung eines fingierten Treuhandverhältnisses zu werten: Blank, ZInsO 2008, 1 (5); Bräuer, ZInsO 2008, 169 (175); von der Heydt, ZInsO 2008, 178 (183). 128   BGHZ 183, 86 = NJW 2010, 870; BGH ZIP 2010, 2209; BGH WM 2011, 903; dazu Bräuer, ZInsO 2009, 2286 (§  28e Abs.  1 Satz 2 SGB IV – ein Nekrolog); J. P.Meier, ZInsO 2010, 1121. 129   Dagegen steht jedoch der mit §  28e SGB IV beabsichtigte Schutz des Arbeitnehmers in der Insolvenz des Arbeitgebers. Leithaus/Krings, NZI 2008, 393 (396). 130   Paulus, in: FS Uhlenbruck, S.  41; ders, in: FS Gero Fischer, S.  445; ders., Insolvenzrecht, §  2 Rdnr.  177; ders./Zenker, JuS 2001, 1 (8 f.); Gaul, ZZP 112 (1999), 135 (150 f.); Gottwald/ 124

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tonome Akte jedweder Art.131 Zivilrechtlich wirksame Rechtsgeschäfte sind unter dem „Damoklesschwert der potentiellen Rückgewährpflicht“132 gefährdet. Im Folgenden soll von einer ex-post Dimension der Privatautonomie gesprochen werden. Zudem sind die Regeln der §§  129 ff. InsO selbst nicht dispositiv. –  Zum anderen findet die Privatautonomie aber gerade in der Ausgestaltung der §§  129 ff. InsO Beachtung. Ob eine Deckung kongruent oder inkongruent ist (§§  130, 131 InsO), richtet sich danach, was zwischen den Parteien vereinbart wurde. Die Bargeschäftsausnahme (§  142 InsO) setzt eine Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung durch eine vertragliche Regelung voraus; die Unanfechtbarkeit stärkt die Privatautonomie und hat eine intendierte Folgenwirkung für die Vertragspraxis.

1.  Die Begrenzung der Privatautonomie Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt es zu einem Systemwechsel: Die Privatautonomie, dessen vollstreckungsrechtliches Pendant das Prioritätsprinzip ist, wird grundsätzlich zugunsten einer Gläubigergleichbehandlung, einer poratarischen Haftungsverfassung abgelöst. Im Zeitraum der wirtschaftlichen Krise, dem Zeitraum von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, schmilzt die Privatautonomie in zeitlicher Nähe zur Verfahrenseröffnung immer weiter ab. Die Privatautonomie ist ein „Strukturelement einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung“133 , sie ist eine tragende Säule unserer Privatrechtsordnung.134 Werner Flume definierte diesen Zentralbegriff des Zivilrechts wie folgt: „Privatautonomie nennt man das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen. Die Privatautonomie ist ein Teil des allgemeinen Prinzips der Selbstbestimmung des Menschen. .  .  .“135

Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  2; MünchKomm-InsO/Kirchhof, Vor §§  129 bis 147 Rdnr.  4; Thole, S.  284; a. A. Jensen, S.  179 ff. 131   Häsemeyer, Rdnr.  21.17. 132   Paulus, in: FS Uhlenbruck, S.  41. In der englischen Rechtsterminologie ist von vulnerable transactions die Rede. Steffek, KTS 2007, 451 (452). 133   BVerfGE 81, 242 (254) = NJW 1990, 1469 (1470): „Auf der Grundlage der Privatautonomie .  .  . gestalten die Vertragspartner ihre Rechtsbeziehungen eigenverantwortlich. Sie bestimmen selbst, wie ihre gegenläufigen Interessen angemessen auszugleichen sind, und verfügen damit zugleich über ihre grundrechtlich geschützten Positionen ohne staatlichen Zwang. Der Staat hat die im Rahmen der Privatautonomie getroffenen Regelungen grundsätzlich zu respektieren.“ 134   Heinrich, S.  1 m.w.Nachw.; zur Vertragsgerechtigkeit: Oechsler, S.  122 ff. 135   Flume, S.  1.

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Privatautonomie bedeutet also Selbstbestimmung der Person durch rechtliche Selbstgestaltung.136 Diese ist Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art.  2 Abs.  1 GG).137 Die Privatautonomie als „Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben“138 findet somit eine verfassungsrechtliche Stütze. Soweit kein spezieller Grundrechtsschutz eingreift139, ist das Auffanggrundrecht des Art.  2 Abs.  1 GG einschlägig.140 Im Einzelnen ist der genaue Inhalt der Privatautonomie schwer fixierbar.141 Im Folgenden geht es darum, die Grenzen der Privatautonomie durch das Insolvenzanfechtungsrecht zu beschreiben. Dabei soll der Eingriff in die Privatautonomie herausgearbeitet, die genaue Reichweite der Beschränkung bei Verträgen bestimmt und die Disponibilität der §§  129 ff. InsO sowie die Abtretbarkeit des §  143 Abs.  1 InsO untersucht werden. a)  Die Ex-post Dimension der Privatautonomie Das Insolvenzanfechtungsrecht nimmt eine ex post Bewertung von Rechtshandlungen vor. Rechtshandlungen, die ohne Verfahrenseröffnung unangreifbar sind, können durch diese zumindest in ihrem wirtschaftlichen Vollzug hinfällig werden.142 Entscheidend dafür ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Die insolvenzrechtliche Haftungsordnung wird gleichsam „rückwirkend vorgreiflich“ geschützt.143 Das Insolvenzanfechtungsrecht begrenzt damit die Privatautonomie zum Schutz der Gläubiger.144 Häsemeyer spricht von einer „Suspendierung der Privatautonomie“.145 Nach Gerhardt dominiert nur in Ausnahmefällen die Haftungszuordnung über dem Prinzip des freien Güteraustauschs und der Privatautonomie in ihrer Auswirkung, mit eigenen Vermögensrechten bis zu gewissen Grenzen frei schalten und walten zu dürfen. Diese Grenzen seien in erster Linie durch die materiellen Anfechtungsvoraussetzungen bestimmt.146 Das bestehende Spannungsfeld formuliert der Gesetzgeber der preußischen Anfechtungsregeln von 1855 deutlich. Diese standen Pate für die Regelungen der Konkursordnung. In den Materialien heißt es:

  Canaris, Vertrauenshaftung, S.  413 m.w.Nachw.   BVerfG NJW 1994, 2749; BVerfGE 8, 274 (328); BVerfGE 72, 155 (170). 138   BVerfG NJW 1994, 2749. 139   Im Bereich der beruflichen Betätigung etwa Art.  12 Abs.  1 GG: z. B. BVerfG NJW 2007, 51 (54). 140   Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen etwa Busche, S.  22 ff.; Enderlein, S.  126 ff. 141   Aus dem Habilitationsschrifttum etwa Busche, S.  14 m.w.Nachw. 142   Paulus, in: FS Uhlenbruck, S.  33 (41 ff.). 143   Reischl, Rdnr.  571 mit Rekurs auf Häsemeyer, Rdnr.  21.01 f. 144   Servatius, S.  553 f. 145   Häsemeyer, Rdnr.  2.03. 146   Gerhardt, S.  201. 136 137

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„Die Aufgabe der Gesetzgebung ist hier eine sehr schwierige. Auf der einen Seite kommt es darauf an, solchen betrüglichen, den Schein der Wahrheit und Gesetzlichkeit annehmenden, in vielartiger Gestaltung und Verschleierung erscheinenden Dispositionen des Schuldners entgegen zu wirken, und auf der anderen Seite muß die Grenze gefunden werden, damit die Freiheit des Eigentums nicht zu sehr beschränkt, den Rechten redlicher Personen nicht zu nahe getreten wird und störende Eingriffe in den Privatverkehr vermieden werden.“147

Die Privatautonomie wird in der Ausprägung der Vertragsfreiheit weitgehend beim Zustandekommen des Vertrages virulent. §§  134, 138 BGB markieren etwa Grenzen der Privatautonomie ex ante. Rechtsgeschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, sind nichtig. Über diese Dimension der Privatautonomie muss aber auch eine Nachwirkung (ex post Wirkung) eingefordert werden. Paulus spricht von einem durativen Element, nämlich der Freiheit, Vereinbarungen mit fortdauerndem Bestand treffen zu können.148 Anders gewendet: Es geht um eine praktische Wirksamkeit der privatautonomen Entscheidungen. Die Besonderheit des Anspruchs nach §  143 InsO liegt darin, dass es zu einer Rückabwicklung kommen kann, ohne dass die Rechtshandlung „mängelbehaftet“ ist. Dieser Eingriff in die Privatautonomie hat seine historischen Wurzeln in der actio pauliana und ist international anerkannt. Wie Generalanwalt Colomer ausführt, ist diese als Ausnahme zur relativen Wirkung der Verträge konstruiert, und entkräftet die Regel, nach der derjenige, der außerhalb des Vertrags steht, von seinen Rechtsfolgen weder Vornoch Nachteile haben kann.149 Nach Jensen150 ist die Gläubigeranfechtung hingegen keine Einschränkung der Privatautonomie. Sie diene im Gegenteil ihrer Gewährleistung. Diese Auffassung verdient keine Zustimmung. Die Parteien setzen bei einem Rechtsgeschäft in Selbstbestimmung Rechtsfolgen. Das Rechtsgeschäft muss gelten, d. h. es muss verbindlich sein. Recht ohne Geltung ist – wie Canaris ausführt – ein Widerspruch in sich. Oder anders gesagt: die Geltung ist die spezifische Seinsweise des Rechts.151 Dies muss über den Entstehungstatbestand hinausreichen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden anfechtbare Rechtsgeschäfte zwar nicht absolut oder relativ unwirksam. Vielmehr entsteht ipso iure ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückabwicklung; dieser relativiert aber die Geltungskraft des Rechtsgeschäfts. Insolvenzanfechtung ist damit eine Einschränkung der Privatautonomie; ein Mehr an Insolvenzanfechtung ist ein We  Zitiert nach Gerhardt, S.  88.   Paulus, in: FS Uhlenbruck, S.  33 (38). 149   Siehe Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.  10. 2008 in der Rechtssache C-339/07, Deko Marty Belgium, ZIP 2008, 2082 (2083), der auch den Grundsatz mit folgender lateinischen Maxime benennt: res inter alios acta aliis neque nocere, neque prodesse potest. 150   Jensen, S.  179 ff. 151   Canaris, Vertrauenshaftung, S.  423 m.w.Nachw. 147

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

niger an Privatautonomie. Beide Faktoren hängen nach einem treffenden Wort von Paulus voneinander ab wie der Wasserpegel in einer kommunizierenden Röhre.152 Insolvenzanfechtung ist ein nachgelagerter Eingriff in den Erfolg einer privatautonom gesetzten Rechtshandlung.153 Es geht um die ex-post Dimension der Privatautonomie.154 b)  Insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle von Verträgen? Kontrovers wird die Reichweite des Eingriffs in die Privatautonomie durch das Insolvenzanfechtungsrecht diskutiert. Nach h. M. kann auch eine einzelne gläubigerbenachteiligende Vertragsklausel gemäß §§  129 ff. InsO entfallen.155 Die Anfechtung des Vertrags als Ganzes könne die Wirkung einer Teilanfechtung haben, wenn die anfechtbare Handlung das Schuldnervermögen nur in begrenztem Umfang geschmälert hat und das Rechtsgeschäft insoweit teilbar ist. Eine Teilbarkeit wird aber auch bei einem allgemein ausgewogenen Vertrag angenommen, der lediglich und gezielt für den Fall der Insolvenz den späteren Schuldner bzw. dessen Gläubiger benachteiligt.156 Es entfalle dann für die Rückabwicklung alleine die benachteiligende Klausel. Eine Benachteiligung kommt etwa in Betracht, wenn dem späteren Insolvenzschuldner gezielt für den Fall der Insolvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, welche über die gesetzlichen Folgen hinausgehen157 und nicht zur Erreichung des Vertragszwecks geboten sind158 . Die Masse ist dann so zu stellen, wie wenn der Vertrag ohne diese Vereinbarung abgeschlossen worden wäre. Eine derartige „insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle“ ist ein erheblicher Eingriff in die Privatautonomie. Damit wird über §  119 InsO einerseits und §  138 Abs.  1 BGB andererseits ein eigener Kontrollmechanismus installiert, der nach der hier vertretenen Auffassung bereits daran scheitert, dass eine Teilung des Vertrags kaum möglich erscheint (Nichttrennungsgedanke). c)  Disponibilität des Insolvenzanfechtungsrechts? Die Anfechtungstatbestände sind wegen ihres Zwecks grundsätzlich nicht abdingbar.159 Zu Recht konstatiert daher das BAG, dass der Anspruch nach §  143

  Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445 (452).   Lind, S.  167. 154   Eine weitere die Privatautonomie ex post beschränkende Rechtsmaterie des Insolvenzrechts ist die Restschuldbefreiung. Dazu Paulus, in: FS Uhlenbruck, S.  33 (39 ff.). 155   RGZ 114, 206 (210); BGHZ 124, 76 (84) = NJW 1994, 449; BGH ZIP 2007, 1120 (1123); BGH NZI 2008, 428 (429); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  143 Rdnr.  18. 156   BGH NZI 2008, 428 (429). 157   MünchKomm-Inso/Kirchhof, §  143 Rdnr.  18. 158   BGHZ 124, 76 (81) = NJW 1994, 449. 159   MünchKomm-InsO/Kirchhof, Vor §§  129 Rdnr.  4. 152 153

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Abs.  1 InsO keiner tarifvertraglichen Ausschlussfrist unterfällt.160 Ein derartiges gesetzliches Schuldverhältnis steht außerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien. Auch das Aufrechnungsverbot des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO, mit dem das Insolvenzanfechtungsrecht in das Aufrechnungsrecht inkorporiert wurde, gehört zum ius cogens.161 Vereinbarungen über die Rechtsfolgen sind allerdings zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Anfechtungsschuldner zulässig.162 Der Insolvenzverwalter darf sich über den Anfechtungsanspruch vergleichen.163 Ob der (vorläufige) Insolvenzverwalter auf einen Anspruch aus §  143 Abs.  1 InsO verzichten kann, ist umstritten. Dabei geht es etwa um folgenden Fall: Ein Insolvenzgläubiger, zu dessen Gunsten ein Vertrag in anfechtbarer Weise erfüllt wurde, macht einen neuen Vertragsschluss davon abhängig, dass der Insolvenzverwalter auf den Anspruch aus §  143 Abs.  1 InsO „verzichtet“. Das Spannungsfeld bewegt sich rasch zwischen den Polen Betriebsfortführung einerseits und Eröffnung von Erpressungsmöglichkeiten andererseits.164 Der BGH hat einmal ausgeführt, dass einer Erpressung durch marktstarke, etwa mit einer Monopolstellung ausgestattete Geschäftspartner des Schuldners Tür und Tor geöffnet werde.165 Im deutschen Zivilrecht ist im allgemeinen Schuldrecht ein einseitiger Verzicht als Erlöschensgrund nicht vorgesehen. Es handelt sich vielmehr um einen Erlassvertrag i. S. des §  397 Abs.  1 BGB.166 Die Verfügungsbefugnis geht mit Verfahrenseröffnung nach §  80 Abs.  1 InsO auf den Insolvenzverwalter über, so dass auch ein Erlassvertrag davon erfasst ist. Wie bei einem Stellvertreter ist auch beim Insolvenzverwalter, der nach h. M. Partei kraft Amtes ist167, zwischen dem rechtlichen Können (Außenverhältnis) und dem rechtlichen Dürfen (Innenverhältnis) zu differenzieren: Handlungen die sich innerhalb des Könnens, aber außerhalb des Dürfens bewegen, haben für den Insolvenzverwalter   BAG NZA 2004, 208.   Kayser, WM 2008, 1525 (1531). §  94 InsO trägt der Privatautonomie dahingehend Rechnung, dass die Aufrechnungslage grundsätzlich auch erhalten bleibt und insolvenzbeständig ist, wenn die Berechtigung zur Aufrechnung aufgrund einer Vereinbarung besteht (§  94 Alt.  2 InsO). Vorgreifliche Aufrechnungserweiterungen sind jedoch noch an den Aufrechnungsverboten des §  96 InsO zu messen. So werden etwa Konzernverrechnungsklauseln nicht als insolvenzbeständige vertragliche Vereinbarungen angesehen. G. Fischer, WM 2008, 1 f. m. w.Nachw., der den Begriff der Konzernverrechnungsklausel für „irreführend“ hält. Die Rechtsprechung rekurriert auf §  96 Abs.  1 Nr.  1 bzw. Nr.  2 InsO analog. BGHZ 160, 107 (109 f.) = NJW 2004, 3185; BGH NZI 2006, 639 (640 f.). 162   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  196. 163   BGHZ 155, 199 = NJW 2003, 3345 (3346). 164   Ganter, in: FS Gerhardt, S.  237 (249 ff.); Bork, ZIP 2006, 589 (592). 165   BGHZ 154, 190 (197 f.) = NZI 2003, 315 (317). 166   Dieser kann auch konkludent erfolgen; wegen der weit reichenden Folgen sind strenge Maßstäbe zu erheben. Dazu Bork, ZIP 2006, 589 (591). 167   Ständige Rechtsprechung: BGHZ 88, 331 (334) = NJW 1984, 739; BGHZ 100, 346 (351) = NJW 1987, 3133 (3135); BGH ZInsO 2006, 260. 160 161

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haftungsrechtliche Konsequenzen (§  60 InsO).168 Jedoch ist anerkannt, dass solche Vereinbarungen bei evidenter Insolvenzzweckwidrigkeit – ebenso wie bei einem Missbrauch der Vertretungsmacht – unwirksam sind.169 Erlassverträge, die der Insolvenzverwalter abschließt, können also im Extremfall unwirksam sein und bei einer Pflichtverletzung haftungsrechtliche Folgen für den Insolvenzverwalter haben. d)  Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs Nach der h. M. zur Konkursordnung war der Rückgewähranspruch nach §  37 Abs.  1 KO nicht abtretbar.170 Hinter dieser Position stand ein Nichttrennungsgedanke: der insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch kann nicht von der Insolvenzmasse abgesondert werden; eine Zession war nach §  399 Alt.  1 BGB ausgeschlossen. Jedenfalls seit der Neuausgestaltung der Insolvenzanfechtung in §§  143 ff. InsO verdient eine solche Einschränkung keine Zustimmung.171 Ausweislich der Legalüberschrift des §  146 InsO handelt es sich um einen Anspruch, der – wie jeder Anspruch – der Verjährung unterliegt (§  194 Abs.  1 BGB). Grundsätzlich kann nach §  398 BGB jede Forderung abgetreten werden. Einschränkungen ergeben sich insbesondere aus §§  399 ff. BGB, die trotz der haftungsrechtlichen Dimension des Anfechtungsanspruchs nicht eingreifen. Anders als der Anfechtungsanspruch des Einzelgläubigers nach §  11 AnfG ist der Insolvenzanfechtungsanspruch des §  143 InsO nicht im Sinne von §  401 BGB akzessorisch mit einer bestimmten, zu vollstreckenden Hauptforderung verknüpft.172 Zudem ermöglicht es §  313 Abs.  2 S.  4 InsO der Gläubigerversammlung, einen Gläubiger mit der Anfechtung zu beauftragen. Daraus lässt sich schließen, dass gegen die Abtretung eines Anfechtungsanspruchs – jedenfalls wenn sie an einen Gläubiger erfolgt – generell nichts einzuwenden ist. Eine Schranke der Privatautonomie ist insofern durch Wertungen des Insolvenzanfechtungsrechts nicht angezeigt. Auch wird bei einer möglichen Zession ein Gleichklang zur Abtretbarkeit des Wertersatzanspruchs bei Unmöglichkeit der Rückgewähr hergestellt173; über §  143 Abs.  1 S.  2 InsO finden Vorschriften aus dem Bereicherungsrecht Anwendung. Dieser Ersatzanspruch ist abtretbar; gleiches muss für den Primäranspruch gelten (Einheitslösung).

  Ausführlich Bork, ZIP 2006, 589.   Dazu Spickhoff, KTS 2000, 15 ff. 170   RGZ 30, 71 (73 f.); RG JW 1909, 657 (658); Jaeger/Henckel, KO, §  37 Rdnr.  83. 171   BGH ZIP 2011, 1114; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnrn.  214 ff.; Klockenbrink, ZInsO 2011, 262; anders OLG Zweibrücken NZI 2010, 483. 172   MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  129 Rdnr.  214. 173   Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnr.  102. 168 169

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2.  Die Beachtung der Privatautonomie Das Regelungsgeflecht der §§  129 ff. InsO beachtet die Privatautonomie, indem bei Deckungen im Einklang mit den privatautonomen Entscheidungen der Parteien erhöhte Anforderungen an eine Anfechtbarkeit gestellt werden (§  130 InsO) oder eine Anfechtbarkeit gar ausgeschlossen ist (§  142 InsO). a)  Erhöhte Anforderungen an die Anfechtbarkeit bei kongruenten Deckungen §  131 Abs.  1 InsO erleichtert die Insolvenzanfechtung in der wirtschaftlichen Krise, wenn der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Deckung nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit hat. Damit benennt das Gesetz ein Kriterium, das der Privatautonomie Rechnung trägt. Wie im Hauptteil herausgearbeitet174 , geht es bei der Konturierung der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen um das Spannungsfeld zwischen der Privatautonomie und der Gläubigergleichbehandlung. Bei dem Abgrenzungskriterium der Anspruchsbezogenheit misst der Gesetzgeber mit dem Maßstab der Privatautonomie aus, welche Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit bestehen sollen; zu einer erleichterten Anfechtbarkeit soll es kommen, wenn die Deckung im Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung steht. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dieses Anspruchskriterium zu präzisieren. §  131 Abs.  1 InsO ist im Blick auf den maßgebenden Gesichtspunkt der Privatautonomie zu weit geraten und teleologisch zu reduzieren. Das Anspruchskriterium markiert zwar im Regelfall die treffende Abgrenzungslinie: im Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung steht eine Deckung, wenn der Insolvenzgläubiger darauf einen Anspruch hatte. Gerade der Fall der Kontokorrentverrechnung zeigt aber, dass es auch Konstellationen gibt, wo dieser Automatismus nicht greift. Die Bank verhält sich vertragsgemäß, wenn sie die Zahlungseingänge und -ausgänge so verbucht, wie es dem Kundenwillen entspricht. Das Verhalten der Bank entspricht dann aber den vor der Krise getroffenen Vereinbarungen; es ist in dem Sinne unverdächtig, dass sich die Bank in der Krise nicht anders verhält als es vor der Krise vereinbart wurde.175 b)  Vertragliche Verknüpfung beim Bargeschäft, §  142 InsO Auch §  142 InsO respektiert die Privatautonomie von Schuldner und Gläubiger vor Verfahrenseröffnung.176 Schließlich kommt es auf eine Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung durch eine Parteivereinbarung an. In der Gesetzesbegründung zum heutigen §  142 InsO wird als der „entscheidende Grund für   §  4 III.5.a).   §  4 III.5.a)hh). 176   Jaeger/Windel, InsO, §  96 Rdnr.  88; Riggert, in: FS Braun, S.  139 (140). 174

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die Ausnahmevorschrift“177 ein folgenorientierter Gesichtspunkt genannt. Ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, würde praktisch vom Geschäftsverkehr178 ausgeschlossen, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen.179 Andernfalls würde auch jegliche Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens im Keim erstickt.180 Der Ausschluss der Insolvenzanfechtung bei wertäquivalenten Geschäften trägt der ex-post Wirkung der Privatautonomie Rechnung und schafft Planungssicherheit für Vertragspartner. Die Insolvenzfestigkeit von Bargeschäften bedeutet einen Vorrang der Privatautonomie.

3.  Zusammenfassung Das Insolvenzanfechtungsrecht begrenzt die Privatautonomie ex-post. Ein Mehr an Insolvenzanfechtung ist ein Weniger an Privatautonomie. Eine insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle für einzelne Klauseln eines Vertrags ist jedoch wegen des Nichttrennungsgedankens abzulehnen. §§  129 InsO sowie §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO sind nicht abdingbar. Über die Rechtsfolgen sind indes Vereinbarungen zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Anfechtungsschuldner möglich. Der Insolvenzanfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO ist abtretbar (§  398 BGB); es besteht kein Abtretungsverbot aus insolvenzanfechtungsrechtlichen Gründen. Die Privatautonomie findet andererseits in der Ausgestaltung der §§  129 InsO Beachtung: Bei Deckungen im Einklang mit den privatautonomen Entscheidungen der Parteien (§  130 InsO) existieren erhöhte Anforderungen an die Anfechtbarkeit. Bei einem Bargeschäft (§  142 InsO), das eine vertragliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung voraussetzt, ist die Anfechtung ausgeschlossen und damit der Privatautonomie ein Vorrang eingeräumt, der Planungssicherheit im Rechtsverkehr schafft.

  BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE).   Auch von den verkehrsüblichen Umsatzgeschäften, wie der BGH betont: BGH WM 1984, 1430; BGHZ 123, 320 (323) = NJW 1993, 3267. 179   BT-Drucks. 12/2443, S.  167 (zu §  161 RegE). So auch Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S.  410. 180   Eine malerische Umschreibung findet sich bei Bräuer, S.  12: „Sobald die Vorboten der Insolvenz sirenenhaft den wirtschaftlichen Exodus des Schuldners verkünden, wäre jeder Vertragspartner ob des Eindrucks der drohend schwingenden, scharfen Schneide der Insolvenzanfechtung alarmiert. Das Band der geschäftlichen Kontakte zerrisse und vereitelte künftig selbst solche Geschäfte, die das schuldnerische Vermögen in seiner wertmäßigen Zusammensetzung nicht gefährden. Ohne überhaupt noch einschreiten zu können, würde der Schuldner – gleichsam ohnmächtig und paralysiert – grundlos zum Zeugen eines beispiellosen Vorgangs, der sein wirtschaftliches Dasein in Schutt und Asche legte .  .  .“ 177 178

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III.  Vertrauensschutz Der Gedanke des Vertrauensschutzes zieht sich durch das Insolvenzanfechtungsrecht wie ein roter Faden.181 Sowohl auf der Tatbestandsebene als auch auf der Rechtsfolgenseite ist dieses Prinzip von Bedeutung:182

1.  Vertrauensschutz auf der Tatbestandsseite Auf der Tatbestandsseite ist nach der im ersten Teil vorgetragenen Systematisierung zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen Teil zu unterscheiden. Bei Letzterem ist die Zweispurigkeit der Anfechtungsgründe (allgemeine und besondere Tatbestände) zu beachten. In allen Regelungsschichten spielt der Vertrauensschutz eine Rolle. Es ist umstritten, ob und inwieweit der Anwendungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts (§  129 InsO) über §  242 BGB zu korrigieren ist. §  140 Abs.  2 InsO trägt bei der Zeitpunktbestimmung dem Vertrauensschutz Rechnung. Sowohl bei den besonderen als auch bei den allgemeinen Anfechtungsgründen werden die Interessen des Anfechtungsschuldners durch subjektive Tatbestände berücksichtigt (siehe §  130 InsO einerseits und §  133 InsO andererseits).183 a)  Restriktion der Grundnorm durch §  242 BGB analog Ebenso wie in der ZPO fehlt in der InsO eine dem §  242 BGB vergleichbare Generalklausel.184 Die Ausstrahlungswirkung des Grundsatzes von Treu und Glauben reicht jedoch über das BGB weit hinaus.185 Es handelt sich um ein allgemeines Rechtsprinzip,186 dessen Korrekturkraft gewaltig ist: eine Verschie181   Vertrauensschutz ist ein Prinzip, das in allen Rechtsgebieten gilt, freilich mit unterschiedlichen Ausformungen. Zum öffentlichen Recht etwa K.-A.Schwarz, S.  21, der ausführt, dass kaum ein Bereich des öffentlichen Rechts sich der „magischen“ Wirkung der Argumentationsfigur des Vertrauensschutzes entziehen kann. 182   Auch das Übergangsrecht nach Art.  106 EGInsO trägt dem Vertrauensschutz Rechnung. Es geht um das Vertrauen in das weniger strenge frühere Recht: Für Rechtshandlungen, die vor dem 1.  1. 1999 vorgenommen wurden und nach altem Recht nicht oder nur in geringerem Umfange anfechtbar waren, ist dieses anzuwenden. MünchKomm-InsO/Kirchhof, vor §§  129 bis 147 Rdnr.  108. 183   Ausführlich zu den subjektiven Merkmalen der Insolvenzanfechtung: Gehrlein, in: FS Ganter, S.  169 184   Zum Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht: Stein/Jonas/Berger, Einl. Rdnrn.  221 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, §  65 VII; Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89; ders., ZZP 86 (1973), 353 (357); zum Fallmaterial Pfister, S.  33 ff.; zum Grundsatz von Treu und Glauben im Zwangsvollstreckungsrecht: Bittmann, ZZP 97 (1984), 32; Bernhardt, ZZP 66 (1953), 77; Jauernig, ZZP 66 (1953), 398. 185   Malitz, in: FS Günter Greiner, S.  215 spricht von einem das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz. 186   Stein/Jonas/Berger, Einl. Rdnr.  222. §  242 BGB ist gleichsam die „Sonne des BGB“, die

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bung des Ergebnisses um 180 Grad ist möglich. Dadurch wird das fein ausgestaltete Dogmatikgebäude des Prozessrechts freilich erschüttert; eine Korrektur über Treu und Glauben muss daher restriktiv gehandhabt und wohl begründet sein.187 Im Insolvenzanfechtungsrecht rekurriert die h. M.188 auf „Treu und Glauben“, wenn der Leistungsempfänger auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens eines vorläufigen Insolvenzverwalters vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist. Einen derartigen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründe der vorläufige Verwalter in der Regel dann, wenn er Verträgen vorbehaltlos zustimmt, die der Schuldner mit dem Gläubiger nach Anordnung von Sicherungsmaßnahmen geschlossen und in denen er im Zusammenhang mit an das Schuldnerunternehmen zu erbringenden Leistungen des Gläubigers Erfüllungszusagen für Altverbindlichkeiten gegeben hat. Wegen der Einbindung des vorläufigen Verwalters in den Vertragsschluss dürfe der Gläubiger davon ausgehen, die als Erfüllung geleisteten Zahlungen endgültig behalten zu dürfen.189 Genau genommen geht es bei dieser Restriktion des Insolvenzanfechtungsrechts um eine analoge Anwendung des §  242 BGB bzw. eine teleologische Reduktion des §  129 InsO. Normen aus dem BGB gelten nur entsprechend, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist190 ; so verweist etwa §  143 Abs.  1 S.  2 InsO auf Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung. §  129 InsO soll nicht zur Anwendung kommen, wenn das Verhalten des Insolvenzverwalters im Widerspruch zu vorangegangenem steht (Gedanke des venire contra factum proprium).191 Mit dieser Vertrauensschutzkorrektur soll den beiderseitigen Interessen Rechnung getragen werden.192 Andernfalls wäre es bei Betriebsfortführungen schwerlich möglich, geeignete Vertragspartner zu finden; der Erhalt des Unterdas gesamte Rechtsuniversum beleuchtet; zur Historie des §  242 BGB: Oechsler, S.  286 ff. m. w.Nachw. und dem Hinweis, dass der Wortlaut „Treu und Glauben“ auf eine für die frühhochdeutsche Sprachentwicklung kennzeichnende Paarformel zurückgehen dürfte, bei der beide Worte einen gemeinsamen Inhalt bezeichnen und keine Eigenbedeutung haben. 187   Stein/Jonas/Berger, Einl. Rdnr.  222: „Der Grundsatz von Treu und Glauben ist .  .  . noch vorsichtiger als im materiellen Recht anzuwenden.“ Restriktiv im Insolvenzanfechtungsrecht auch Malitz, in: FS Günter Greiner, S.  215 mit Rekurs auf den Ausnahmecharakter und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit. 188   Güther, S.  94 ff. m.w.Nachw. 189   BGHZ 161, 315 = NZI 2005, 218; BGH NZI 2006, 227. 190   Anders hinsichtlich der Anwendbarkeit der ZPO, die subsidiär gilt (§  4 InsO). 191   Siehe zum widersprüchlichen Verhalten im Prozessrecht etwa BGHZ 50, 191 = NJW 1968, 1928: „Hat der Beklagte im Schiedsgerichtsverfahren geltend gemacht, nicht das Schiedsgericht, sondern das ordentliche Gericht sei zuständig, so verstößt es in der Regel gegen Treu und Glauben .  .  ., wenn er später im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht die Einrede des Schiedsvertrages erhebt.“ Zur unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium) bei der Geltendmachung des Patentschutzes im Verletzungsverfahren: BGH NJW 1997, 3377 (3379). 192   BGHZ 161, 315 = NZI 2005, 218; BGH NZI 2006, 227 (228): „sachgerechte(n) Wertung der beiderseitigen Interessen“.

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nehmens wäre gefährdet. Damit wird auch das Interesse der Gläubigergesamtheit nach einer bestmöglichen Befriedigung ihrer Ansprüche gefördert.193 Es geht dabei um Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs des §  142 InsO einerseits und des §  55 Abs.  2 InsO andererseits. Bei einem unmittelbaren wertäquivalenten Austausch von Leistung und Gegenleistung ist die Insolvenzanfechtung grundsätzlich bereits nach §  142 InsO ausgeschlossen. Der starke vorläufige Insolvenzverwalter begründet Masseverbindlichkeiten (§  55 Abs.  2 S.  1 InsO), so dass eine Insolvenzanfechtung auch in diesen Fällen nicht Raum greift und sich die Frage nach einer Korrektur der §§  129 ff. InsO über §  242 BGB analog nicht stellt. Eine analoge Anwendung des §  55 Abs.  2 S.  1 InsO auf den schwachen vorläufigen Verwalter und den Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt wird gemeinhin abgelehnt.194 Eine planwidrige Regelungslücke ist zu verneinen, zumal der Gesetzgeber sich bewusst gegen eine allgemeine Ausweitung entschieden hat. Das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung, das eine generelle Aufwertung aller Verbindlichkeiten, die von vorläufigen Verwaltern begründet werden, zu Masseverbindlichkeiten vorsah, scheiterte insoweit.195 Das Haushaltsbegleitgesetz 2011 brachte mit §  55 Abs.  4 InsO196 nur eine Ausweitung für Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass im Übrigen der vorläufige schwache Insolvenzverwalter (auch derjenige mit Zustimmungsvorbehalt) keine Masseverbindlichkeiten begründet. M. E. ist eine Ausdehnung des §  55 Abs.  2 InsO auf sämtliche vorläufige Insolvenzverwalter aus Gläubigerschutzgründen zu befürworten. Der graduelle Unterschied zwischen dem vorläufigen starken Verwalter und etwa dem Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist für die Gläubiger wenig transparent. Für eine Unternehmensfortführung wäre eine stärkere Position auch dieser vorläufigen Verwalter hilfreich.197 Auch wäre dies eine rechtssichere Lösung, die die Korrekturrechtsprechung des BGH über Treu und Glauben zu Recht entbehrlich und die Komplexität des Fallrechts in diesem Bereich deutlich reduzieren würde. Der Bruch des §  55 Abs.  4 InsO mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung würde gekittet.

  BGHZ 161, 315 = NZI 2005, 218.   Kier, in: FS Günter Greiner, S.  117 (123 f.). 195   §  55 Abs.  2 S.  1 InsO sollte wie folgt lauten: „Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder mit dessen Zustimmung begründet worden sind, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten.“ Siehe dazu BT-Drucks. 16/3844, S.  5; Huber, ZInsO 2005, 786 (789); Frind, ZInsO 2005, 790 (791 f.). 196   Dazu etwa Nawroth, ZInsO 2011, 107. 197   In diesem Sinne auch BT-Drucks. 16/886, S.  12. 193

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b)  Vertrauensschutz bei der Zeitpunktbestimmung Auch §  140 Abs.  2 InsO ist Ausfluss des Vertrauensschutzes. Nach §  140 Abs.  1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. §  140 Abs.  2 InsO macht davon eine Ausnahme für gewisse mehraktige Rechtshandlungen, indem das Vertrauen des Erwerbers geschützt wird. Dieser hat aufgrund seines Antrags auf Eintragung eine gesicherte Rechtsposition erlangt, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beeinträchtigt werden soll (vgl. §  878 BGB, §  3 Abs.  3 SchiffsG, §  5 Abs.  3 LuftfzRG).198 c)  Limitierungen bei den Anfechtungstatbeständen durch subjektive Tatbestände Die Anfechtungstatbestände tragen dem Vertrauensschutz in abgestufter und differenzierter Weise Rechnung. Im Folgenden soll dies anhand der Fundamentalnormen des §  130 InsO199 sowie des §  133 InsO illustriert werden. Der Anfechtungsschuldner wird durch ein subjektives Tatbestandsmerkmal geschützt, bei dem man vier Kriterien unterscheiden kann: den Maßstab, den Bezugspunkt, den Zeitpunkt und den Zeitraum, innerhalb dessen eine Anfechtung möglich ist. aa)  §  130 InsO Ein Gläubiger, der eine vertraglich geschuldete Leistung erhalten hat, muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er die ihm zustehende Leistung behalten darf. 200 Daher stellt §  130 Abs.  1 InsO auf die Kenntnis des Insolvenzgläubigers von der Zahlungsunfähigkeit ab und verkörpert so den Gedanken des Vertrauensschutzes. 201 Dabei geht es nicht um die „Unredlichkeit“ des begünstigten Insolvenzgläubigers, auch wenn man aufgrund des dort geregelten subjektiven Kriteriums, von einer „insolvenzanfechtungsrechtlichen Bösgläubigkeit“ eigener Art sprechen könnte. In der historischen Entwicklung der Norm hat zwar die Unredlichkeit eine wesentliche Rolle gespielt 202; jedoch bilden die subjektiven Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands selbst – wie 198   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  46 Rdnr.  37; zur ungenauen Abstimmung von §  140 Abs.  2 InsO und §  147 InsO: Jaeger/Henckel, InsO, §  140 Rdnrn.  42 ff. 199   Eine nahezu parallele Formulierung der Vertrauensschutzkomponente findet sich in §  132 Abs.  1 InsO. Nach §  132 Abs.  3 InsO gelten auch §  130 Abs.  2 und 3 InsO entsprechend. 200   So ausdrücklich die Begründung zu §  145 InsO-RegE (heutiger §  130 InsO): BTDrucks. 12/2443 S.  158. Umgekehrt formuliert: Wer um die Krise des späteren Insolvenzschuldners weiß, kann nicht auf die Beständigkeit seines Erwerbes vertrauen und ist demzufolge nicht schutzwürdig. So Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  47 Rdnr.  28. 201   Zur Frage, ob an die subjektiven Voraussetzungen festzuhalten ist, gab es eine große Diskussion. Dazu Pfefferle, ZIP 1984, 147 (151 ff.) m.w.Nachw. 202   Siehe dazu ausführlich Gerhardt, S.  215 ff.

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Häsemeyer konstatiert – nicht den Anfechtungsgrund, sondern ein diesen Grund limitierendes Prinzip.203 Grundsätzlich müsste ab der materiellen Zahlungsunfähigkeit der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz eingreifen. §  130 InsO schränkt dieses Prinzip zugunsten eines Vertrauensschutzes ein. Wer allerdings um die Krise des späteren Insolvenzschuldners weiß, kann nicht auf die Beständigkeit seines Erwerbes vertrauen und ist daher nicht schutzwürdig. 204 (1)  Maßstab Grundsätzlich kommt es darauf an, ob der Anfechtungsgegner Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit hat. Kenntnis bedeutet positives Wissen. 205 Dolus eventualis reicht nicht aus. Eine Erweiterung sieht §  130 Abs.  2 InsO vor; eine Beweislastumkehr enthält §  130 Abs.  3 InsO, wenn der Anfechtungsgegner eine dem Schuldner nahestehende Person (§  138 InsO) ist: Es wird dann vermutet, dass der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Nach §  130 Abs.  2 InsO steht der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.206 Es handelt sich um eine unwiderlegliche Vermutung. Mit dieser Kategorie installierte der Gesetzgeber einen besonderen Maßstab, der sich vom allgemeinen Zivilrecht entfernt. 207 Dies ist kritikwürdig; de lege ferenda wäre ein Gleichklang zu §  932 Abs.  2 BGB für Mobilien (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis) und §  892 BGB für Immobilien (nur Kenntnis) vorzugswürdig208 ; eine bruchlose Verzahnung mit den allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben würde so erreicht. 209 Die Erfindung eines neuen 210 Bösgläubigkeitsmaßstabs ging auf Kreise der Kreditwirtschaft zurück 211 und ist eine Art Kompromissformel, die sich in   Häsemeyer, Rdnr.  21.47.   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  47 Rdnr.  28. 205   Ausführlich Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  93 ff.; zur Zurechnung der Kenntnisse anderer Personen: Rdnrn.  116 ff. 206   §  130 Abs.  2 InsO gilt durch die Verweisungsvorschrift des §  132 Abs.  3 InsO auch für die Anfechtung von unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen. 207   Gerhardt, in: FS Brandner, S.  605 (616): „novum im Zivilrecht“. 208   So noch §  145 InsO-RegE; dazu BT-Drucks. 12/2443 S.  158. 209   Im österreichischen Recht reicht hingegen leichte Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners („bekannt sein musste“, §  31 Abs.  1 Nr.  1 und 2 öKO). Dazu König, Rdnr.  11/23, der mit Rekurs auf OGH 6 Ob 595/86 ausführt, dass bei Banken in dieser Frage ein strengerer Maßstab zu setzen sei. 210   Der BGH hat zu §  30 KO bereits eine ähnliche Formel aufgestellt, allerdings nur als Vermutung: BGH NJW 1995, 2103: Die Kenntnis der Zahlungseinstellung sei für denjenigen zu vermuten, der die zugrunde liegenden Tatsachen kenne, an die jedermann mit seiner Verkehrserfahrung verständigerweise die Erwartung knüpfe, dass der Schuldner wesentliche Zahlungen so gut wie sicher nicht werde erbringen können. 211   Gerhardt, in: FS Brandner, S.  605 (616), der ausführt, dass die Änderung das Ziel verfehlt, die Banken vor dem Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis anfechtbaren Erwerbs 203

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dogmatischer Hinsicht nicht stimmig erklären lässt. Wie Schoppmeyer zu Recht bemerkt, sind damit die Bedürfnisse des Verkehrsschutzes zugunsten der ohnehin in aller Regel besser gesicherten Großgläubiger (Banken, Finanzamt, Sozialversicherungsträger) stärker berücksichtigt worden, als dies dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz zuträglich ist.212 Missverständlich ist es bei §  130 Abs.  2 InsO von einer „Rechtsblindheit“213 zu sprechen. Schließlich steht die Kenntnis der gleichstehenden Umstände im Vordergrund, nicht die rechtliche Würdigung.214 Eine klar konturierte Abgrenzung zur groben Fahrlässigkeit ist zwar schwierig; eine Deckungsgleichheit lässt sich m. E. nicht annehmen. 215 Schließlich wollte der Gesetzgeber bewusst von diesem Maßstab abweichen.216 (2)  Bezugspunkt Bezugspunkt für die Bösgläubigkeit ist die Zahlungsunfähigkeit bzw. der Eröffnungsantrag. Diesen anfechtungsrechtlichen „Anker“217 gilt es stets auszuwerfen. §  130 Abs.  1 InsO knüpft bewusst 218 nur an einen der drei Eröffnungsgründe an. Zahlungsunfähigkeit ist i. S. des §  17 InsO zu verstehen.219 Die drohende Zahlungsunfähigkeit (§  18 InsO), die bei Eigenanträgen für eine Eröffnung des Verfahrens ausreicht, wurde ebenso wenig als alternativer Bezugspunkt gewählt wie die Überschuldung (§  19 InsO), die bei juristischen Personen einen weiteren Eröffnungsgrund bildet. Eine analoge Anwendung scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus.220 Diese gesetzgeberische Entscheidung verdient Zustimmung. Die drohende Zahlungsunfähigkeit rechtfertigt keine Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung; die materielle Insolvenz ist ja gerade noch nicht eingetreten. Zudem ist sie auch aus Rechtssicherheitsgründen kein geeigneter Bezugspunkt. Anders als etwa im österreichischen Recht (§  67 Abs.  2 öKO) existiert in der InsO keine Vorschrift, wonach die auf die Zahlungsunfähigkeit beziehenden Vorschriften zu schützen. Siehe auch Paulus, WM 2000, 2225 (2228), der betont dass die Vorschrift auf Druck der Bankenlobby abgemildert wurde. 212   Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  9 0. 213   Gerhardt, in: FS Brandner, S.  605 (615 f.); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  130 Rdnr.  34. 214   Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  99. 215   BGHZ 149, 178 (185) = NJW 2002, 515; a. A. Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  121. 216   Rechtsausschuss zu §  145 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/7302, S.  173: „Der unscharfe Begriff der groben Fahrlässigkeit sollte vermieden werden.“ (sic!). Unzutreffend daher Jensen, S.  192, der bei §  130 Abs.  2 InsO von grober Fahrlässigkeit ausgeht. 217   M.Huber, ZinsO 2008, 929 (933), der ausführt, dass es diesen „Anker“ zu werfen gilt, bevor man sich auf die Suche nach „verborgenen Schätzen“ macht. 218   Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S.  403 f. 219   Zur Abgrenzung zwischen bloßer Zahlungsstockung und Zahlungseinstellung: BGH NZI 2007, 517 (519). 220   Allgemeine Meinung: Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  78; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  130 Rdnr.  28; zur KO bereits Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  30.

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sinngemäß für die Überschuldung gelten. 221 Die Überschuldung ist weder allgemein noch im Besonderen im Binnenbereich des Insolvenzanfechtungsrechts der Zahlungsunfähigkeit gleichgestellt. 222 Die Überschuldung ist für den Anfechtungsgegner regelmäßig nicht zu beurteilen. Die Nichteinbeziehung stärkt somit die Vertrauensschutzkomponente des §  130 Abs.  1 InsO und ist daher in teleologischer Hinsicht stimmig. Im Übrigen ist die präzise Definition der Überschuldung einem Wechsel und Wandel der besonderen Art unterworfen; Karsten Schmidt spricht von einem „Wechselbad der Definitionen“223; von einer Integration in das Insolvenzanfechtungsrecht ist also auch de lege ferenda abzuraten. Geht es um die Insolvenzanfechtung einer nach dem Eröffnungsantrag vorgenommenen Rechtshandlung, so kann sich die Kenntnis des Gläubigers entweder auf die Zahlungsunfähigkeit (§  130 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  1 InsO) oder auf den Eröffnungsantrag beziehen (§  130 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  2 InsO). Bei der 2. Alternative muss nach dem Wortlaut der Norm eine Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Rechtshandlung gerade nicht vorliegen. Diese Vorverlagerung der Anfechtbarkeit ist gerechtfertigt, weil der Insolvenzgläubiger wegen seiner Kenntnis des Insolvenzantrags nicht auf die Beständigkeit seines Erwerbes vertrauen kann.224 (3)  Zeitpunkt Der maßgebende Zeitpunkt ist die Rechtshandlung des Schuldners. Nach §  140 Abs.  1 InsO ist grundsätzlich maßgebend, wann die rechtlichen Wirkungen eintreten. Wie bei der Bösgläubigkeit bei §§  932 ff. BGB und §  892 BGB ist damit bei Erwerbstatbeständen grundsätzlich die Vollendung des Rechtserwerbs anzuvisieren.225 Spätere Kenntnis schadet nicht. Aus teleologischen Gründen ist sowohl eine Einschränkung als auch eine Erweiterung erforderlich. 226 Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners darf nicht nur – wie der Wortlaut vorgibt – ein punktuelles Ereignis sein, sondern muss bis zur Verfahrenseröffnung andauern (durative Zahlungsunfähigkeit).227 Andernfalls fehlt es an einem 221   Zum österreichischen Recht König Rdnr.  10/24 m.w.Nachw.; Buchner, S.  46 f.; zur Reformdiskussion im deutschen Recht Henckel, ZIP 1982, 391 (392). 222   Siehe Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S.  403 f. 223   K.Schmidt, DB 2008, 2467 anlässlich der Veränderungen durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz. 224   Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Hdb., §  47 Rdnr.  26. 225   Zur Vorverlagerung des maßgebenden Zeitpunkts als Ausnahme zu §  140 Abs.  1 InsO bei Rechtsgeschäften mit Registereintrag (z. B. Eintragung in das Grundbuch): §  140 Abs.  2 InsO. 226   Beide Konstellationen kommen in praxi gewiss nicht häufig vor. 227   Die Zahlungsunfähigkeit wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch beseitigt werden, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden. BGHZ 149, 100 (109) = NJW 2002, 512.

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hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Insolvenzverfahren einerseits und der früheren Rechtshandlung andererseits: die Anfechtbarkeit nach §  130 Abs.  1 InsO will nur die Wirkungen des tatsächlich eröffneten Insolvenzverfahrens auf den Zeitpunkt erstrecken, zu dem die Voraussetzungen für eine Insolvenzeröffnung tatsächlich vorgelegen haben.228 Anders gewendet: Es muss eine Kausalität zwischen der zeitpunktbezogen festgestellten Zahlungsunfähigkeit und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. §  130 Abs.  1 InsO ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Erweiterung betrifft den Fall, dass die Zahlungsunfähigkeit durch die anvisierte Rechtshandlung herbeigeführt wird. 229 Nach dem Wortlaut ist §  130 Abs.  1 InsO nicht einschlägig, weil zum Zeitpunkt der Rechtshandlung keine Zahlungsunfähigkeit bestand; vielmehr wurde diese erst durch die Rechtshandlung ausgelöst. Für diese teleologische Extension des §  130 Abs.  1 InsO spricht der Umstand, dass ohne diese Rechtshandlung es gerade nicht (bzw. noch nicht) zur Zahlungsunfähigkeit gekommen wäre. (4)  Zeitraum §  130 Abs.  1 InsO enthält eine zeitliche Begrenzung, indem nur innerhalb eines Zeitraums eine Insolvenzanfechtung möglich sein soll. Damit wird die Durchsetzung der Haftungsordnung limitiert. Der Zeitraum reicht bis zu drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück. Dieses Korrektiv dient der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz für den Anfechtungsgegner. Irreführend ist daher der Terminus „Verdachtsfrist“ (Suspektfrist) 230 , der etwa im französischen Recht auftaucht (période supecte). 231 Mit der Zeitraumbegrenzung wird ein Korrektiv geschaffen, um der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen.232 Sachlich hat die Frist keine Rechtfertigungsbasis; das Grundprinzip der Gläubigergleichbehandlung wird damit aus Rechtssicherheitsgründen eingeschränkt.233 Der Antrag ist ein „anfechtungsrechtlicher Fixpunkt“, der es ermöglicht, einen Zeitraum der Anfechtbarkeit rechtssicher bestimmen zu können. Dies darf auch nicht dadurch umgangen werden, dass man an das 228   Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  8 0; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  130 Rdnr.  30. Zur KO bereits Jaeger/Henckel, KO, §  30 Rdnr.  31. 229   Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  79; MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  130 Rdnr.  27 ff. 230   Gerhardt, in: FS Brandner, S.  605 (614). 231   Dazu Kohn-Löffelmann, S.  137. Zum Terminus der Verdachtsfrist im schweizerischen Schrifttum: Rüedi, S.  4. 232   Siehe BGHZ 59, 353 (356) = NJW 1973, 100 (101) zu §  41 KO a. F.: „Die zeitliche Begrenzung der Anfechtungsfrist dient dem Sicherheitsbedürfnis des Rechtsverkehrs.“ Ursprünglich sollte das Anfechtungsrecht gar mit Ablauf eines Jahres erlöschen: siehe Entwurf einer KO für das Deutsche Reich, 2. Teil, Mot. S.  1432. 233   Häsemeyer, KTS 1982, 507 (559 ff.); Schoppmeyer, in: Bork, Hdb. des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap.  7 Rdnr.  132.

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Unterlassen einer Antragsstellung anknüpft, um so den Zeitraum für die Anfechtbarkeit faktisch zu verlängern. 234 bb)  §  133 InsO Ebenso wie §  130 Abs.  1 InsO enthält auch die Vorsatzanfechtung ein Element des Verkehrs- und Vertrauensschutzes235: der andere Teil muss Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners haben. Wie aus den Motiven zur Konkursordnung hervorgeht, ist eine weitere Teilnahme des Gläubigers am Betrug nicht erforderlich. Insbesondere sei unerheblich, ob der Gläubiger eine eigene Absicht gehabt hat, sich zum Nachteil der anderen Gläubiger zu bereichern. 236 Auch beim subjektiven Korrektiv der Vorsatzanfechtung zugunsten des „anderen Teils“ können die erarbeiteten Kategorien Maßstab, Bezugspunkt, Zeitpunkt und Zeitraum in Ansatz gebracht werden: –  Das Gesetz stellt als Maßstab wiederum auf die Kenntnis ab; fahrlässige oder grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis nicht gleich. 237 Nach §  133 Abs.  1 S.  2 InsO wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die Rechtsprechung ergänzt diese gesetzliche Regelung durch eine Hilfsvermutung238 , obwohl eine dem §  130 Abs.  2 InsO vergleichbare Regelung bei §  133 Abs.  1 InsO gerade fehlt. Wenn der Anfechtungsgegner Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuteten, greife §  133 Abs.  1 S.  2 InsO ebenfalls ein. Von einem Gläubiger, der solche Umstände kennt, sei (widerleglich) zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Benachteiligung der Gläubiger kennt. 239 Geht es um einen entgeltlichen Vertrag zwischen dem Schuldner und einer nahestehenden Person (§  138 InsO), durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden, so wird die Kenntnis des anderen Teils vermutet (arg. ex §  133 Abs.  2 S.  2 InsO). –  Bezugspunkt ist bei §  133 Abs.  1 InsO der Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen. –  Als Zeitpunkt benennt die Norm „die Handlung“, gemeint ist damit die Rechtshandlung des Schuldners, die auch ein Unterlassen (§  129 Abs.  2 InsO) umfasst, so dass der Oberbegriff „Verhalten“ treffender wäre. –  Der Zeitraum reicht bis zu zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück.

  BGHZ 162, 143 = NZI 2005, 215 (218); a. A. Rendels, ZIP 2004, 1289 (1294 ff.).   Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 (603); Fridgen, S.  5. 236   Hahn, Bd.  4, S.  138. 237   Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  47. 238   Kritisch zur Formulierung der Rechtsprechung: Jaeger/Henckel, InsO, §  133 Rdnr.  47. 239   BGH NZI 2003, 597 (599); BGH NZI 2005, 690 (692); BGH NZI 2005, 692 (693). 234 235

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2.  Vertrauensschutz auf der Rechtsfolgenebene Auf der Rechtsfolgenseite sind etwa 240 beim unentgeltlichem Erwerb (§  143 Abs.  2 InsO) und bei der Haftung von Rechtsnachfolgern (§  145 InsO) ebenfalls Vertrauensschutzkomponenten zu finden. Auch bei der Rechtsfolge wird eine Korrektur über §  242 BGB in Extremfällen für möglich erachtet. a)  Bereicherungsrechtliches Grundniveau bei unentgeltlichen Leistungen Nach §  143 Abs.  2 S.  1 InsO hat der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie noch bereichert ist. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird damit der Umfang der Rückgewährpflicht auf das bereicherungsrechtliche Grundniveau angepasst. Dies gilt allerdings nicht für den bösgläubigen Empfänger (§  143 Abs.  2 S.  2 InsO). Mit dieser Formulierung trifft das Gesetz eine Beweislastregelung zulasten des Anfechtenden. 241 –  Maßstab für die Bösgläubigkeit 242 ist nach der Legaldefinition des §  143 Abs.  2 S.  2 InsO das Wissen und Wissenmüssen. Kennenmüssen bedeutet im Kontext des §  122 Abs.  2 BGB das Nichtkennen infolge von Fahrlässigkeit. Es liegt nahe für das Wissenmüssen ebenfalls Fahrlässigkeit genügen zu lassen.243 Dass der Gesetzgeber dies nicht eindeutig formuliert hat, ist m. E. ein Versäumnis, das leicht zu vermeiden gewesen wäre. 244 –  Bezugspunkt für den „bösen Glauben“ ist die Benachteiligung der Gläubiger durch die unentgeltliche Leistung. –  Als Zeitpunkt ist auf das erstmalige Vorliegen der genannten subjektiven Voraussetzungen abzustellen.245 b)  Anfechtungsrechtlicher Gutglaubensschutz für Rechtsnachfolger §  145 InsO erweitert den Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung in personeller Hinsicht auf Gesamtrechtsnachfolger (§  145 Abs.  1 InsO) und bestimmte Sonderrechtsnachfolger (§  145 Abs.  2 InsO) des originären Anfechtungsschuldners. Bei letzteren ist folgender anfechtungsrechtlicher Gutglaubensschutz zu beachten: die Anfechtung setzt grundsätzlich voraus, dass dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche 240   §  144 Abs.  2 InsO schützt das Vertrauen in das vertraglich vereinbarte Synallagma, nicht nur – wie §  142 InsO – dessen strikte Durchführung. MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  144 Rdnr.  13. 241   Dies ist eine bewusste Abkehr zur früheren h. M. So ausdrücklich BT-Drucks. 12/2443 S.  168. 242   Als Synonym wird in der Gesetzesbegründung auch der Terminus der Unredlichkeit verwendet. 243   Dies ist umstritten. Dazu Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnr.  155. 244   Kritisch auch Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnr.  155 („unnötige Verwirrung“). 245   Jaeger/Henckel, InsO, §  143 Rdnr.  155.

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die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsnachfolgers begründen (§  145 Abs.  2 Nr.  1 InsO): –  Maßstab ist die Kenntnis, d. h. positives Wissen; fahrlässige oder grob fahrlässige Unkenntnis reichen nicht aus. –  Bezugspunkt ist nicht die Anfechtbarkeit des Ersterwerbs, sondern die Kenntnis der Umstände, die die Anfechtbarkeit begründen; es geht also um die Kenntnis dieser Tatsachen, nicht dagegen um die Kenntnis von Rechtssätzen oder Rechtsfolgen. 246 –  Als Zeitpunkt ist maßgebend, wann der Rechtsnachfolger eine gesicherte Rechtsposition erwirbt; dies ist nach §  140 Abs.  1 InsO analog grundsätzlich der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs. 247 c)  Korrektur über Treu und Glaube (§  242 BGB analog) Auch auf der Rechtsfolgenseite wird eine Korrektur über §  242 BGB für möglich erachtet. Der BGH führt etwa in einer Entscheidung aus dem Jahre 2008 aus, dass in casu die Geltendmachung des Rückgewähranspruchs aus §  143 Abs.  1 S.  1 InsO auch nicht gegen Treu und Glauben (§  242 BGB) verstoße. Nur in Extremfällen hindere §  242 BGB die Durchsetzung dieses Anspruchs. Im Streitfall sei ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Der Schutz des Beklagten gebiete es nicht, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zurücktreten zu lassen.“248 Zum einen ist zu präzisieren: §  242 BGB muss analog angewendet werden; zum anderen befremdet diese letztmögliche Korrektur. Die Kriterien für den genannten Extremfall sind noch auszuarbeiten. M. E. darf eine derartige Öffnung nicht zu einer Rückverschiebung von zentralen Wertungen der §§  129 ff. InsO führen. Eine restriktive Handhabung ist in jeder Hinsicht geboten; die Rechtssicherheit darf nicht unnötig aufgebrochen werden. 249

IV.  Zusammenfassung Beim Recht der Insolvenzanfechtung geht es um eine Austarierung von Gläubigergleichbehandlung, Privatautonomie und Vertrauensschutz. 1.  Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung (par condicio creditorum) ist „die goldene Regel“ und „Magna Charta“ des Insolvenzrechts. Dieser ist   Jaeger/Henckel, InsO, §  145 Rdnr.  60.   Jaeger/Henckel, InsO, §  145 Rdnr.  60. 248   BGH NZI 2009, 103 (105); MünchKomm-InsO/Kirchhof, §  134 Rdnr.  45: „der Empfänger der unentgeltlichen Leistung wird – nur – durch §  143 Abs.  2 oder äußerstenfalls die allgemeinen Grundsätze des §  242 BGB geschützt.“ 249   Zum Aspekt der Rechtsunsicherheit siehe auch: Malitz, in: FS Günter Greiner, S.  215 (226). 246 247

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international anerkannt und beinhaltet eine verfassungsrechtliche Sprengkraft. Der Legitimationsgrund einer proratarischen Haftungsverfassung liegt in der wechselseitigen Solidarität der Gläubiger untereinander. Der „Haftungsnotstand“ gebietet die Verdrängung des Prioritätsprinzips, das die Privatautonomie im Einzelzwangsvollstreckungsrecht bruchlos fortsetzt. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung beherrscht das gesamte Insolvenzanfechtungsrecht. Zwei Ebenen sind dabei zu unterscheiden: die Tatbestands- und die Rechtsfolgenseite. Alle Insolvenzanfechtungstatbestände stärken aufgrund der Massemehrung die Gläubigergleichbehandlung. Eine Vorwirkung dieses Prinzips intendieren aber nur die Tatbestände der Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO); diese verhindern ein Leerlaufen der Gläubigergleichbehandlung. Die praktische Wirksamkeit der Gläubigergleichbehandlung gebietet eine hinreichende Berücksichtigung bereits im Rahmen des §  129 InsO. Die Gläubigergleichbehandlung lässt sich durch Veränderungen des Insolvenzanfechtungsrechts justieren. Der „legislative Hebel“ kann dabei innerhalb (endogen) oder außerhalb der InsO (exogen) angesetzt werden. Das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung als endogene Modifikation scheiterte, während die exogene Änderung des §  28e Abs.  1 SGB IV mit einer intendierten Fernwirkung im Insolvenzanfechtungsrecht erfolgreich war. Eine Einführung von Vorrechten durch die Hintertür ist ebenso abzulehnen wie eine verdeckte Steuerung des Insolvenzanfechtungsrechts – wie das im Falle des §  28e Abs.  1 S.  2 SGB IV geschehen ist; ein beabsichtigter Paradigmenwechsel sollte nicht als Klarstellung ausgewiesen werden. 2.  Die Bedeutung der Privatautonomie ist im Insolvenzanfechtungsrecht vielschichtig: einerseits wird die Privatautonomie begrenzt, andererseits wird dieses Prinzip im Regelungsgeflecht der §§  129 ff. InsO beachtet: a)  Das Insolvenzanfechtungsrecht schränkt die Geltungskraft von privatauonomen Entscheidungen ein und stellt daher einen Eingriff in die Privatautonomie dar; es geht um die ex-post Dimension der Privatautonomie, die Freiheit, Vereinbarungen mit Bestandskraft treffen zu können (duratives Element). Ein Mehr an Insolvenzanfechtung ist ein Weniger an Privatautonomie. Eine insolvenzanfechtungsrechtliche Inhaltskontrolle für einzelne Klauseln eines Vertrages ist jedoch wegen des Nichttrennungsgedankens abzulehnen. §§  129 InsO sowie §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO sind nicht abdingbar. Über die Rechtsfolgen sind indes Vereinbarungen mit dem Anfechtungsschuldner möglich. Der Insolvenzanfechtungsanspruch nach §  143 Abs.  1 InsO ist nach §  398 BGB abtretbar; es besteht kein Abtretungsverbot aus insolvenzanfechtungsrechtlichen Gründen.

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b)  Die Privatautonomie findet in der Ausgestaltung der §§  129 InsO Beachtung: bei Deckungen im Einklang mit den privatautonomen Entscheidungen der Parteien existieren erhöhte Anforderungen an die Anfechtbarkeit (kongruente Deckungen, §  130 InsO). Bei einem Bargeschäft (§  142 InsO), das eine vertragliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung voraussetzt, ist die Insolvenzanfechtung ausgeschlossen und damit der Privatautonomie ein Vorrang eingeräumt, der Planungssicherheit im Rechtsverkehr schafft. 3.  Der Gedanke des Vertrauensschutzes ist im Insolvenzanfechtungsrecht sowohl beim Tatbestand als auch bei den Rechtsfolgen von Bedeutung. a)  Auf der Tatbestandsseite ist umstritten, ob und inwieweit der Anwendungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts (§  129 InsO) über §  242 BGB analog zu korrigieren ist. Die h. M. rekurriert auf „Treu und Glauben“, wenn der Leistungsempfänger auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens eines vorläufigen Insolvenzverwalters vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte §  55 Abs.  2 InsO auf sämtliche vorläufige Insolvenzverwalter erweitert werden. Eine derartige rechtssichere Lösung würde die Korrekturrechtsprechung des BGH entbehrlich und die Komplexität des Fallrechts in diesem Bereich deutlich reduzieren. Eine analoge Anwendung des §  242 BGB ist stets restriktiv zu handhaben. §  140 Abs.  2 InsO trägt dem Vertrauensschutz bei der Zeitpunktbestimmung Rechnung. Sowohl bei den besonderen als auch bei den allgemeinen Anfechtungsgründen ist der Vertrauensschutz zugunsten des Anfechtungsschuldners durch subjektive Korrektive beachtet (bei §  130 InsO einerseits und §  133 InsO andererseits). Dabei können vier Kriterien unterschieden werden: der Maßstab, der Bezugspunkt, der Zeitpunkt und der Zeitraum, innerhalb dessen eine Anfechtung möglich ist. b)  Auf der Rechtsfolgenseite sind beim unentgeltlichem Erwerb (§  143 Abs.  2 InsO) und bei der Haftung von Rechtsnachfolgern (§  145 InsO) ebenfalls Vertrauensschutzkomponenten zu finden. Auch bei der Rechtsfolge wird eine Korrektur über §  242 BGB in Extremfällen für möglich erachtet. Es geht dabei wiederum um eine analoge Anwendung des §  242 BGB, die restriktiv zu handhaben ist.

§  7.  Methodologische Direktiven für die Auslegung und Rechtsfortbildung des Insolvenzanfechtungsrechts Wie die Untersuchung gezeigt hat, zählt die Frage, ob und inwieweit einzelne Normen der §§  129 ff. InsO teleologisch zu reduzieren bzw. extensieren oder analog anzuwenden sind, zu den dogmatischen „Gretchenfragen“ des Insolvenzanfechtungsrechts. Sind die Vorschriften der §§  129 ff. InsO weit oder eng auszulegen? Ist eine autonome Auslegung geboten? Welche Rolle spielt die wirtschaftliche Betrachtungsweise sowie die ökonomische Analyse des Rechts im Rahmen der Insolvenzanfechtung? Diese Fragen sind abschließend zu klären.

I.  Weite massefreundliche Auslegung oder enge privatautonomiefreundliche Auslegung? Bei der Auslegung von insolvenzanfechtungsrechtlichen Normen zeigt sich ein eigenartiges Spannungsfeld: Einerseits spricht die bewusste Verschärfung des Insolvenzanfechtungsrechts durch die Insolvenzordnung prima vista für eine weite Auslegung; damit wird die Massemaximierungsfunktion des Insolvenzanfechtungsrechts gestärkt. In diesem Zusammenhang wird auch häufig der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz mobilisiert, um zu einem anfechtungsgünstigen Ergebnis zu gelangen. Eine derartige Argumentationslinie kann dann – wie gesehen – in die Nähe einer petitio principii rücken. Bork attestiert der Rechtsprechung eine tendenziell massefreundliche Anwendung.3    Auch §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO bezweckt eine Stärkung der Insolvenzmasse. Siehe BTDrucks. 12/2443 S.  141. Darauf rekurriert der BGH ausdrücklich bei der analogen Anwendung des §  146 Abs.  1 InsO im Rahmen des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. BGHZ 169, 158 (165) = NJW 2007, 78 (80).    So bei der Abgrenzung zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen. Die häufig gebrauchte Formulierung, dass es ein Verstoß gegen den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes wäre und daher bei der Bestimmung der Deckungsqualität auf eine inkongruente Deckung abzustellen sei, ist ein ergebnisorientierter Kunstgriff. Sowohl §  130 InsO als auch §  131 InsO bergen den Gedanken der Gläubigergleichbehandlung in ihrem inneren Regelungskern. Die Frage ist, unter welchen Voraussetzungen die insolvenzanfechtungsrechtliche Bösgläubigkeitsprüfung abzuschleifen ist.

§  7.  Methodologische Direktiven des Insolvenzanfechtungsrechts

397

Andererseits handelt es sich bei §§  129 ff. InsO aber um Ausnahmevorschriften, die die verfassungsrechtlich garantierte Privatautonomie ex post einschränken und damit eine enge Auslegung nahe legen. Paulus konstatiert, dass das kunstvolle Geflecht des vom Gesetzgeber vorgenommenen Interessenausgleichs nicht durch eine Auslegung zerstört werden darf, die in einseitiger Betrachtungsweise die anderen involvierten Interessen ignoriert. Angesichts der verfassungsrechtlichen Garantie der Privatautonomie sowie ihres hohen Rangs in unserer Rechtsordnung seien die Anfechtungstatbestände nur in besonders begründeten Fällen einer ausdehnenden Interpretation zugänglich. Wie ist dieses Spannungsfeld zwischen Massemaximierung und Schutz der Privatautonomie aufzulösen? M. E. gibt es keine allgemeine Auslegungsregel des Insolvenzanfechtungsrechts, die eine brauchbare Leitlinie für den Einzelfall vorgeben könnte. Bei jeder einzelnen Norm der §§  129 ff. InsO ist die ratio legis gesondert herauszuarbeiten. In aller Regel wird mit einer „pauschalen“ Auslegungsregel der Begründungsweg abgekürzt und ergebnisorientiert entschieden. Dies gilt vor allem bei einem Wechsel der Positionen von einer weiten massefreundlichen Auslegung einerseits und einer engen privatautonomiefreundlichen Auslegung andererseits. Ein interpretatorisches Auffangnetz, nach dem im Zweifel eine enge oder weite Auslegung geboten erscheint, ist abzulehnen. 

II.  Autonome Auslegung Das Insolvenzanfechtungsrecht entfernt sich nach Borks kritischer Analyse zunehmend vom allgemeinen Zivilrecht. Das Grundinstrumentarium des BGB werde „für Zwecke des Insolvenzverfahrens“ uminterpretiert. Eine solche „autonome Auslegung“ sei allerdings unnötig. Noch schärfer formuliert es Balz, wenn er von einer „Esoterik und monadenhaften Beziehungslosigkeit des Anfechtungsrechts“ spricht und daran appelliert, dieses vielmehr im allgemeinen Zivilrecht zu verorten.  Wie im Hauptteil dieser Untersuchung deutlich wurde, fehlt bei manchem Interpreten die Rückkoppelung an das Gesetz; Auslegungen werden ohne methodologische Ordnung vorgenommen; die Ergebnisorientierung ist nicht sel  Bork, ZIP 2008, 1041 (1044 f.).   Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445 (451).    Paulus, in: FS Gero Fischer, S.  445 (451).    Zu diesem Terminus im europäischen Zivilprozessrecht: EuGH, Urteil vom 13.  7. 2006, Reisch Montage, C-103/05, Slg. 2006, I-6827, Rdnr.  29 = ZZPInt 11 (2006), 176; zum EuGVÜ bereits EuGH, Urteil vom 14.  10. 1976, LTU/Eurocontrol, C-29/76, Slg. 1976, 1541, Rdnr.  3 = NJW 1977, 489 (490).    Bork, ZIP 2008, 1041 (1046). Gegenläufige Tendenzen in der Rechtsprechung etwa BGH NJW 2009, 363 (zur Problematik eines Normwiderspruchs zu §  814 BGB).    Balz, EWiR 1987, 1009.  

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

ten evident. Solche Argumentationslinien kreisen um das Ergebnis, führen aber nicht in einem logisch-stringenten Weg dort hin. Es darf keine Auslegung der §§  129 ff. InsO nur „aus sich heraus“ geben. Das Insolvenzanfechtungsrecht ist kein eigenständiger Regelungskomplex, der sich vom allgemeinen Zivilrecht derart verselbständigt, dass er ein rechtliches Eigenleben führt. Eine autonome Auslegung ist daher abzulehnen; indes ist eine stärkere Verzahnung mit dem allgemeinen Zivilrecht einzufordern. Besonders deutlich wurde dies bei den Erörterungen zur Lastschrift: Der bankvertragliche Grundlagenstreit um den Zeitpunkt der Erfüllung spiegelt sich im Insolvenzanfechtungsrecht bei der Zeitpunktbestimmung im Rahmen des §  140 InsO sowie des §  142 InsO wider.10 Die bankvertragliche Justierung hat Folgen im Insolvenzanfechtungsrecht (insolvenzanfechtungsrechtlicher Fortsetzungszusammenhang).

III.  Die wirtschaftliche Betrachtungsweise: „das Entscheidende“? „Das Entscheidende ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise.“11 So konstatierte es das Reichsgericht in einer Entscheidung zum Anfechtungsgesetz aus dem Jahre 1931. Damit dringt die Frage vor: Ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Kern des Insolvenzanfechtungsrechts, das allgemeine Korrektiv der Rechtsprechung für elastische Lösungen – ähnlich wie etwa im Nachbarrecht das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis (§  242 BGB)12 oder im Maklerrecht die ergänzende Vertragsauslegung (§§  133, 157 BGB)13? In der Tat hebt die Rechtsprechung nicht selten auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ab14 und lenkt so die Falllösung in eine andere Richtung. Der BGH führt aus, dass die Insolvenzanfechtung den Zweck hat, sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, durch die die Insolvenzmasse verkürzt worden ist, rückgängig zu machen. Entsprechend diesem Zweck der §§  129 ff. InsO müssten bei der Entscheidung der Frage, ob eine Anfechtung durchgreife und welchen Inhalt der auf ihr beruhende Rückgewähranspruch habe, die zu   Siehe dazu etwa den hier vertretenen Lösungsansatz zu den verjährungsrechtlichen Problemen bei Kontokorrentverrechungen (§  4 III.9.) sowie die Ablehnung eines Lastschriftensonderinsolvenzrechts (§  5 II.1.c)). 10   §  5 III.1.b). 11   RGZ 133, 290 (292). 12   Eine solche Pflicht zur Rücksichtnahme ist eine Ausnahme und kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint: BGHZ 28, 110 (114) = NJW 1958, 1580; BGHZ 42, 374 (377) = NJW 1965, 389; BGHZ 58, 149 (157) = NJW 1972, 724; BGHZ 88, 344 (351) = NJW 1984, 729; BGH NJW 1991, 2826 (2827). 13   Dazu Würdinger, ZfIR 2006, 6 m.w.Nachw. 14   Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, A 11. Zum Rechtsgehalt der wirtschaftlichen Betrachtung im Konkurs bereits Berges, KTS 1970, 99, der von einem dogmatischen Niemandsland spricht. Siehe ferner Güther, S.  107 ff.; S.  118 ff.

§  7.  Methodologische Direktiven des Insolvenzanfechtungsrechts

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grunde liegenden Vorgänge mehr unter wirtschaftlichen als formalrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden.15 Die wirtschaftliche Betrachtungsweise birgt stets eine Rechtsunsicherheit in sich16 und führt zu einer überbordenden Kasuistik.17 Sie ist im Steuerrecht entwickelt worden18 und liegt wie ein erratischer Block in der Zivilrechtsdogmatik19 ; nicht selten ist sie eine Etikette für ergebnisorientierte Kunstgriffe. 20 Henckel hält es für bedenklich, den juristischen Gehalt der Anfechtungsnormen als „formalrechtlich“ abzuwerten, um die Grenzen der Anfechtung wirtschaftlichen Kriterien zu entnehmen. 21 Richtig könne nur sein, dass die Anwendung der Anfechtungsnormen voraussetze, dass die wirtschaftlichen Vorgänge erkannt und verstanden werden. Anders ließen sich diese Vorgänge nicht unter die Anfechtungsnormen subsumieren. Ob ein erkanntes und verstandenes wirtschaftliches Geschehen anfechtbar sei, richte sich allein nach den anfechtungsrechtlichen Rechtssätzen. „Wirtschaftliche Gesichtspunkte“ seien keine subsumtionsfähigen Normen. Sie können nur Hilfsmittel zur Erfassung der subsumierbaren Tatsachen sein. 22 Gewiss: Der innere Kern der wirtschaftlichen Betrachtungsweise liegt in der Aufklärung des wirklichen Sachverhalts. 23 Es geht um die Ermittlung des wirtschaftlichen Gehalts einer Sachverhaltsgestaltung, wie er sich unter dem Blickwinkel einer bestimmten Rechtsnorm darstellt. 24 Keinesfalls darf der Rekurs auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise die Argumentation ersetzen. Der Gefahr, dass mit diesem Terminus eine Etikette für eine Scheinbegründung geliefert wird, ist entgegenzutreten. Die Auffassung Henckels ist m. E. dennoch zu eng. Es geht nicht darum, den juristischen Gehalt der Anfechtungsnormen als „formalrechtlich“ abzuwerten. Im recht verstandenen und praktizierten Sinn soll durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gerade der ratio legis der Anfechtungsvorschriften Rechnung getragen werden.25 Hinreichend vergleichbare Sachverhalte müssen auch im Insolvenzanfechtungsrecht gleich behandelt   BGH NJW 1978, 1921 (1922); BGH WM 1955, 407 (409).   Haußmann, in: Deutscher Anwaltverein, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, S.  47. 17   Bork spricht von einer hochkomplexen Ausdifferenzierung. Bork, ZIP 2008, 1041 (1048). 18   Cahn, in: FS Karsten Schmidt, S.  157 (158); zum wirtschaftlichen Eigentum im Steuerrecht: Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd.  I, S.  44 ff.; dort gehe es um „den wirtschaftlichpraktischen Gehalt des Eigentums“ (S.  46). 19   Zur Bedeutung im Gesellschaftsrecht: Cahn, in: FS Karsten Schmidt, S.  157. 20   Zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise in der Rechtsprechung des BGH: Rittner, passim. 21   Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  8. 22   Jaeger/Henckel, InsO, §  129 Rdnr.  8. 23   So bereits Haußmann, in: Deutscher Anwaltverein, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, S.  46. 24   Cahn, in: FS Karsten Schmidt, S.  157 (174). 25   Lehmann, S.  25 (35): „Nicht die formale Konstruktion, sondern die wirtschaftliche Realität zählt.“ 15 16

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

werden. Im Letzten geht es um die Gleichbehandlung, dem obersten Gebot der Rechtsidee. Dies erfordert immer eine Wertung. Gewiss muss die Dogmatik ihre Gedächtnisfunktion wahrnehmen, und deutlich machen, dass der Terminus nicht zu einem Platzhalter und Argumentationsersatz verkümmert. Es ist die ratio legis der jeweiligen Norm auszuleuchten und zu begründen, weshalb eine Subsumtion möglich oder bei einer gescheiterten Subsumtion eine Analogie geboten ist. Der Standort der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist die teleologische Auslegung.26 Eine Folgenanalyse27, die wirtschaftliche Erwägungen impliziert, muss immer mit dem Zweck des Gesetzes verknüpft werden. Deutlich wurde dies im Hauptteil, als es um die Theorie von der wirtschaftlichen Einheit bei Zahlungen mit Fremdmitteln ging. Der Rekurs auf eine wirtschaftliche Einheit entpuppte sich als Kunstgriff. Wer eine wertende Korrektur vornimmt, trägt die Argumentationslast. Eine etwaige Gesamtbetrachtungslehre muss mit dem Wortlaut des §  129 InsO abgeglichen und dogmatisch fundiert werden. Gegen eine Einschränkung des §  129 InsO spricht ein Umkehrschluss zu §  142 InsO. Eine teleologische Reduktion des §  129 InsO läuft Gefahr, die Wertung des §  142 InsO zu konterkarieren.

IV.  Ökonomische Analyse des Rechts (Economic Analysis of Law) 1.  De lege lata: keine eigenständige Auslegungsmethode Bei wirtschaftsrechtlichen Vorschriften ist es nahe liegend, Brücken zwischen der Rechtswissenschaft und der Ökonomik zu bauen 28 und den juristischen Auslegungskanon ökonomisch aufzufüllen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist – wie gesehen – keine Auslegungsmethode außerhalb der teleologischen Auslegung; sie hat vielmehr ihren Standort innerhalb der teleologischen Auslegung einzunehmen. Ebenso verhält es sich mit der ökonomischen Analyse des Rechts (Economic Analysis of Law bzw. Law and Economics). Diese strebt eine „optimale Allokation von Ressourcen“ an.29 Auch die ökonomische Analyse – so wichtig und ertragreich sie de lege ferenda mit ihrer Folgenprognose und Folgenbewertung sein kann – ist innerhalb der teleologischen Auslegung anzu-

26   Kramer, Juristische Methodenlehre, S.  169: wirtschaftliche Betrachtungsweise als spezielle Ausformung der teleologischen Interpretationsmethode; Lehmann, S.  25 (34 f.), der zu Recht ausführt, dass das Primat beim Gesetzgeber bleibe. 27   Siehe Deckert, S.  48, wonach die wirtschaftliche Betrachtungsweise eine Form der Folgenorientierung ist, nämlich eine Orientierung an den wirtschaftlichen Folgen für die Beteiligten. 28   Zu den methodischen Annäherungen der Disziplinen: Kirchner, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  37 (44) m.w.Nachw. 29   Instruktiv die Zusammenschau der Ziele bei Bruns, S.  45 ff. m.w.Nachw.

§  7.  Methodologische Direktiven des Insolvenzanfechtungsrechts

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siedeln; eine eigenständige Bedeutung darf ihr de lege lata nicht zukommen.30 Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, nicht der Rechtsprechung das Recht nach ökonomischen Gesichtspunkten auszugestalten.31 Die Brücke zur Effizienz muss das Gesetz schlagen; andernfalls stürzt der Interpret in dogmatische Untiefen. Eine Ökonomisierung des Rechts ohne Ökonomisierungsbefehl des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht tragbar; das Gewaltenteilungsprinzip (Art.  20 Abs.  3 GG) steht einem solchen „Effizienzjudizieren“ entgegen. Ott/ Schäfer führen aus, dass in allen Fällen in denen das positive Recht explizit oder implizit auf die Notwendigkeit von Wertungen verweise, ohne diese selbst vorzunehmen („offene Wertbegriffe“), die Gerichte zu einer Rechtsanwendung im Sinne der ökonomischen Analyse aufgerufen seien.32 Setze sich die ökonomische Analyse des Rechts im Einzelfall als besseres Argument der Zweckmäßigkeitsforderung durch, so sei sie nach Lieth im Rahmen des Rechtsanwendungsprozesses solange zu berücksichtigen, bis sie durch bessere Inhaltsargumente verdrängt werde.33 Solche Rechtsanwendungstheorien gehen m. E. zu weit. Die Gerichte können, wie Eidenmüller treffend betont, keine maßgeblichen Promotoren des Effizienzgedankens sein.34 Die ökonomische Analyse des Rechts ist in Deutschland vielmehr eine reine Gesetzgebungstheorie; sie ist eine sinnvolle und zuweilen auch fruchtbare Ergänzung der ex-ante-Perspektive des Gesetzgebers.35 Diese „dogmatische Zollschranke“ ist zu beachten, wenn die vor allem in den USA breitflächig praktizierte ökonomische Analyse des Rechts nach Deutschland importiert wird. Es handelt sich um keine eigenständige Auslegungsmethode. Eine Kanonerweiterung um die Spur der ökonomischen Analyse des Rechts ist vielmehr abzulehnen.36 Für das Insolvenzanfechtungsrecht bedeutet das in concreto: Die Frage, welches Ergebnis gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist, lässt sich nicht allgemein innerhalb einer teleologischen Auslegung der Anfechtungsvorschriften integrieren. Dies würde den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz contra legem aufwei30   Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S.  395: „Für die Auslegung und Rechtsfortbildung des Zivilrechts durch die Gerichte kann der Effizienzgedanke de lege lata nur eine begrenzte Bedeutung besitzen.“ Grigoleit, S.  31 hebt zutreffend hervor, dass „.  .  . an die Möglichkeiten der ökonomischen Analyse .  .  . keine übertriebenen Erwartungen gestellt werden dürfen.“ 31   Zur Gewaltentrennung in diesem Kontext auch Kirchner, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  37 (44), der einen konsequentialistischen Ansatz vertritt: Es sei auf die Konsequenzen unterschiedlicher Arten der Interpretation abzustellen. An die Stelle der objektiv-teleologischen sei die konsequentialistische Interpretationsmethode zu setzen. 32   Ott/Schäfer, JZ 1988, 213 (214). 33   Lieth, S.  156. 34   Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S.  V II., 486. 35   Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S.  1. 36   Dies ist der Grund, weswegen der ökonomischen Analyse des Rechts im Rahmen dieser insolvenzrechtsdogmatischen Abhandlung keine zentrale Bedeutung zukam. Der Hauptfokus der Arbeit lag auf einer De lege lata-Untersuchung.

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

chen. So wurde im Hauptteil dieser Arbeit bei der Anfechtung der Globalzession konstatiert, dass es keinen Bruch in der Dogmatik zur Rettung der Globalzession geben darf.37 Wirtschaftliche Effizienz kann de lege lata nur dort Bedeutung zukommen, wo das Gesetz eine Öffnung für solche Fragestellungen selbst schafft. Gewiss: Die Kommission für Insolvenzrecht wies darauf hin, dass die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen dürfe.38 Daraus lässt sich aber kein Bankenprivileg „durch die Hintertür“ ableiten.

2.  De lege ferenda und die präventive Wirkung des Anfechtungsrechts Vom Insolvenzanfechtungsrecht gehen Anreizwirkungen aus, die nach Thole zu wenig gewürdigt würden.39 Es wirkt präventiv, wenn Rechtshandlungen, die einen Insolvenzanfechtungstatbestand auslösen können, im Vorfeld unterbleiben. Eine wichtige Verhaltenssteuerung liegt auch darin, Gläubiger dazu zu bewegen, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.40 Die präventive Wirkung ist nach Bork aber „im Ergebnis vergleichsweise gering“:41 Zum einen hofften die meisten Gläubiger, dass der Insolvenzantrag erst nach Ablauf des Anfechtungszeitraums gestellt wird oder die Anfechtbarkeit nicht bemerkt wird. Zum anderen bestehe das finanzielle Risiko des Anfechtungsschuldners in aller Regel lediglich in der Rückgewähr und Verzinsung des anfechtbar Erworbenen (§  143 Abs.  1 InsO) sowie den Kosten der anfechtbaren Rechtshandlung und ggf. des Anfechtungsrechtsstreits.42 Diese Einschätzung mag für den Kleingläubiger durchaus zutreffen; für Großgläubiger wie etwa Banken ist dieser Analyse m. E. nicht zu folgen. Ob eine Kreditsicherheit der Insolvenzanfechtung unterliegt, hat für die Vergabepraxis enorme Auswirkungen. Die Diskussion um die Globalzession43 hat dies eindrucksvoll gezeigt. Bei einer Inkongruenzlösung ging man im Schrifttum vom „Ende der Globalzession“44 aus; die Fragestellung wurde als geradezu dra-

  §  4 II.8.b).   Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, S.  400. 39   Thole, ZZP 121 (2008), 67 (75) m.w.Nachw. 40   Pilgram, S.  151, der im Übrigen die verhaltenssteuernde Wirkung der Insolvenzanfechtung als gering bewertet (S.  153). 41   Bork, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  593 (597). Kritisch zu den Präventionsdefiziten im Insolvenzanfechtungsrecht: Steffek, ZRP 2007, 228. 42   Bork, in: FS Hans-Bernd Schäfer, S.  593 (597). 43   §  4 III.8.b). 44   Z. B. Kuder, ZInsO 2006, 1065. 37

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§  7.  Methodologische Direktiven des Insolvenzanfechtungsrechts

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matisch45 angesehen.46 Das Insolvenzanfechtungsrisiko ist im Vorfeld zu eruieren und hat kautelarjuristische Folgen.47 Das ex post wirkende Insolvenzanfechtungsrecht hat also auf das Verhalten der Gläubiger ex ante Auswirkungen. Mit einer Veränderung der insolvenzanfechtungsrechtlichen Regelungen lässt sich daher eine Steuerung auch unter Effizienzgesichtspunkten erreichen. Dabei geht es aber in erster Linie um die Suche nach dem besseren Recht (De-lege-ferenda-Betrachtung). Dort kommt man an einer ökonomischen Analyse des Insolvenzanfechtungsrechts in der Tat nicht vorbei.48

V.  Zusammenfassung 1.  Die Auslegung von insolvenzanfechtungsrechtlichen Normen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Massemaximierung und Schutz der Privatautonomie. Eine „pauschale“ Auslegungsregel kürzt den Begründungsweg ab und erweist sich nicht selten als ein ergebnisorientierter Kunstgriff. Ein interpretatorisches Auffangnetz, nach dem im Zweifel eine weite massefreundliche Auslegung oder eine enge privatautonomiefreundliche Auslegung geboten erscheint, ist abzulehnen. 2.  Das Insolvenzanfechtungsrecht ist kein eigenständiger Regelungskomplex, der sich vom allgemeinen Zivilrecht loslöst. §§  129 ff. InsO sind nicht nur „aus sich heraus“ (autonom) auszulegen; vielmehr gilt es das Insolvenzanfechtungsrecht mit dem allgemeinen Zivilrecht zu verzahnen. 3.  Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist keine „Wunderwaffe“ des Insolvenzanfechtungsrechts. Ihr innerer Kern liegt in der Aufklärung des wirklichen Sachverhalts. Es handelt sich um keine Auslegungsmethode außerhalb der teleologischen Auslegung; die wirtschaftliche Betrachtungsweise hat vielmehr innerhalb der teleologischen Auslegung ihren dogmatischen Standort einzunehmen. Eine Folgenanalyse, die wirtschaftliche Erwägungen impliziert, muss immer mit der ratio legis des Gesetzes verknüpft werden. 4.  Bei der Bedeutung der ökonomischen Analyse des Rechts (Economic Analysis of Law) sind die Ebenen de lege lata und de lege ferenda strikt zu trennen. Die Anreizwirkungen des Insolvenzanfechtungsrechts sind bei der Suche nach dem besseren Recht von zentraler Bedeutung. Eine Eigenständigkeit außerhalb   Jacobi, ZIP 2006, 2351, der auch von einem „Szenario der Inkongruenz“ spricht.   Die Globalzession wäre zum einen deshalb entwertet, weil sich das Ausfallrisiko erhöhen würde. Zum anderen wären Globalzessionen für die Banken weder bewertbar noch eigenkapitalentlastend verwendbar. Sie könnten bei der Frage der Eigenkapitalunterlegung nicht risikomindernd angesetzt werden. Siehe §  4 III.8.b)bb)(c). 47   Zur Risikominimierung im Rahmen der Vertragsgestaltung: Ulrich, S.  107 ff. 48   Zur Insolvenzanfechtung des bestehenden Rechts unter „Effizienzgesichtspunkten“: Pilgram, S.  144 ff.; m. E. ist diese Analyse nicht besonders ertragreich. 45

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

der teleologischen Auslegung kommt ihr aber de lege lata nicht zu. Eine Ökonomisierung des Rechts setzt einen Ökonomisierungsbefehl des Gesetzes voraus. Die Kommission für Insolvenzrecht wies zwar darauf hin, dass die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen dürfe. Daraus lässt sich aber kein Bankenprivileg „durch die Hintertür“ ableiten.

§  8.  Zusammenschau der Ergebnisse Die Arbeit folgte der induktiven Methode, die gerade bei kasuistischen Rechtsgebieten vorzugswürdig ist. Im Hauptteil wurden die Überweisung als Prototyp der „Push-Zahlungen“ und die Lastschrift als Musterfall der „Pull-Zahlungen“ unter dem Blickwinkel des Insolvenzanfechtungsrechts behandelt. Teil  3 nahm die dogmatischen Kernfragen des Insolvenzanfechtungsrechts, die sich aus der Anschauung des konkreten Fallmaterials herauskristallisiert haben, übergeordnet in den Blick. In einer tour d’horizon sollen nun die Ergebnisse dieser Arbeit gleichsam in umgekehrter Reihenfolge nach einer deduktiven Vorgehensweise zusammengefasst werden.

I.  Prinzipien des Insolvenzanfechtungsrechts Das Insolvenzanfechtungsrecht (§§  129–147 InsO) dient als Instrumentarium der vorgreiflichen Haftungsverwirklichung der Massemehrung: Durch die Insolvenzanfechtung sollen ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, durch die das Schuldnervermögen verkürzt wurde, rückgängig gemacht werden. Insolvenzanfechtungsrecht ist Restitutionsrecht. §  143 InsO installiert als eine Säule zivilrechtlicher Rückabwicklungsmechanismen einen Anspruch sui generis, der neben dem Bereicherungsrecht und dem Rücktrittsrecht anzusiedeln ist. Es handelt sich um einen schuldrechtlichen Anspruch mit haftungsrechtlicher Dimension, der in einem Näheverhältnis zum Bereicherungsrecht steht. Das Insolvenzanfechtungsrecht weist einen hybriden Charakter auf. Es speist sich aus Elementen des Schadensersatz- und des Bereicherungsrechts und ist doch ein eigenständiges dogmatisches Gebilde. Beim Recht der Insolvenzanfech   More mathematico wurde diesen Erörterungen ein Allgemeiner Teil vorangestellt: siehe §§  1–3.    Terminologisch unscharf ist die weit verbreitete Rede von der „Insolvenzanfechtung gegenüber“ einer Person. Vorzugswürdig ist es, von einem „Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber“ einer Person zu sprechen. Zu dieser Terminologie: §  3 II.1.a).    Zum größten Meinungsstreit des Insolvenzrechts (schuldrechtliche oder haftungsrechtliche Theorie): §  3 II.1.b).    Zur Systematisierung des Insolvenzanfechtungsrechts: §  3. Eine typologische Trennlinie, die das Gesetz nicht ausdrücklich zieht, ist die Einteilung in das besondere und das allgemeine Anfechtungsrecht. Dazu §  3 III.2.

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Teil 3:  Prinzipien und Auslegungsdirektiven des Insolvenzanfechtungsrechts

tung geht es – übergeordnet gesprochen – um eine Austarierung dreier Prinzipien: der Gläubigergleichbehandlung, der Privatautonomie und dem Vertrauensschutz.

1.  Gläubigergleichbehandlung Die Gläubigergleichbehandlung (par condicio creditorum) ist „die goldene Regel“ und „Magna Charta“ des Insolvenzrechts. Die Fundierung dieses Prinzips zählt zu den dogmatischen „Gretchenfragen“ des Insolvenzrechts. Der Legitimationsgrund liegt m. E. in der wechselseitigen Solidarität der Gläubiger untereinander (Solidaritätsmodell). Der „Haftungsnotstand“ gebietet die Verdrängung des Prioritätsprinzips, das die Privatautonomie im Einzelzwangsvollstreckungsrecht bruchlos fortsetzt. Die Gläubigergleichbehandlung beherrscht das gesamte Insolvenzanfechtungsrecht. Die genaue Bedeutung lässt sich nur erfassen, wenn man zwei Ebenen trennt: die Tatbestands- und die Rechtsfolgenseite. Alle Insolvenzanfechtungstatbestände stärken aufgrund der Massemehrungsfunktion die Gläubigergleichbehandlung. Eine Vorwirkung dieses Prinzips intendieren aber nur die Tatbestände der Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) ; diese verhindern ein Leerlaufen der Gläubigergleichbehandlung. Die praktische Wirksamkeit der Gläubigergleichbehandlung gebietet eine hinreichende Berücksichtigung bereits im Rahmen des §  129 InsO.  Die Reichweite der Gläubigergleichbehandlung lässt sich durch Veränderungen des Insolvenzanfechtungsrechts justieren. Der „legislative Hebel“ kann dabei innerhalb oder außerhalb der Insolvenzordnung angesetzt werden. Zur ersten Gruppe zählte der Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung. Rechtspolitisch einfacher durchsetzbar sind exogene Modifikationen, wie das Beispiel des §  28e Abs.  1 SGB IV mit der intendierten Fernwirkung im Insolvenzanfechtungsrecht verdeutlicht. Dies ist kritikwürdig: Eine Einführung von Vorrechten durch die Hintertür ist ebenso abzulehnen wie eine verdeckte Steuerung des Insolvenzanfechtungsrechts.

  §  6 .   §  6 I.    §  131 Abs.  1 Nr.  3 InsO bricht als Sonderfall des §  133 InsO aus dieser Systematik aus.    Zur teleologischen Reduktion des §  129 InsO nach der hier vertretenen Auffassung: §  4 II.1.b)(4).  

§  8 .  Zusammenschau der Ergebnisse

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2.  Privatautonomie Die Privatautonomie als Selbstbestimmung der Person durch rechtliche Selbstgestaltung bildet eine tragende Säule unserer Privatrechtsordnung und ist im Bereich der Insolvenzanfechtung vielschichtig. Einerseits wird die Privatautonomie begrenzt, andererseits wird dieses Prinzip im Regelungsgeflecht der §§  129 ff. InsO besonders beachtet: Das Insolvenzanfechtungsrecht schränkt die Geltungskraft privatautonomer Entscheidungen ein und stellt daher einen Eingriff in die Privatautonomie dar. In der Zeit der wirtschaftlichen Krise, dem Zeitraum von drei Monaten vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, schmilzt die Privatautonomie in zeitlicher Nähe zur Verfahrenseröffnung immer weiter ab. Das Insolvenzanfechtungsrecht weist dabei eine andere Eingriffsqualität auf als die üblichen Begrenzungen dieses Fundamentalprinzips. Es geht um die ex-post Dimension der Privatautonomie, die Freiheit, Vereinbarungen mit Bestandskraft treffen zu können. Ein Mehr an Insolvenzanfechtung bedeutet immer auch ein Weniger an Privatautonomie. Die Privatautonomie findet gleichwohl in der Ausgestaltung der §§  129 InsO Beachtung: Bei Deckungen im Einklang mit den privatautonomen Entscheidungen der Parteien10 existieren erhöhte Anforderungen an die Anfechtbarkeit (kongruente Deckungen, §  130 InsO). Bei einem Bargeschäft (§  142 InsO), das eine vertragliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung voraussetzt, ist die Insolvenzanfechtung grundsätzlich ausgeschlossen; dieser Vorrang der Privatautonomie schafft Planungssicherheit im Rechtsverkehr.

3.  Vertrauensschutz11 Der Gedanke des Vertrauensschutzes ist im Insolvenzanfechtungsrecht auf der Tatbestands- und auf der Rechtsfolgenseite von Bedeutung. Sowohl bei den besonderen als auch bei den allgemeinen Anfechtungsgründen ist der Vertrauensschutz zugunsten des Anfechtungsschuldners in Form von subjektiven Tatbestandsmerkmalen implementiert (siehe §  130 InsO einerseits und §  133 InsO andererseits). Diese subjektiven Voraussetzungen bilden nicht den Anfechtungsgrund, sondern ein diesen Grund limitierendes Prinzip. Grundsätzlich müsste ab der materiellen Zahlungsunfähigkeit der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz eingreifen. §  130 InsO schränkt dieses Prinzip zugunsten eines Vertrauensschutzes ein. Wer allerdings um die Zahlungsunfähigkeit des späteren Insolvenzschuldners weiß, kann nicht auf die Beständigkeit   §  6 II.   Zu dieser Korrektur des Anspruchskriteriums in §  131 Abs.  1 InsO: §  4 III.5.hh). 11   §  6 III. 

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seines Erwerbes vertrauen und ist daher nicht schutzwürdig. Bei dieser insolvenzanfechtungsrechtlichen Bösgläubigkeitsprüfung sind vier Kriterien zu unterscheiden: der Maßstab, der Bezugspunkt, der Zeitpunkt und der Zeitraum, innerhalb dessen eine Anfechtung möglich ist.12 Auf der Rechtsfolgenseite sind beim unentgeltlichen Erwerb (§  143 Abs.  2 InsO) und bei der Haftung von Rechtsnachfolgern (§  145 InsO) ebenfalls Vertrauensschutzkomponenten zu finden. Auf beiden Ebenen wird in Extremfällen eine Korrektur nach §  242 BGB analog für möglich erachtet. Auf der Tatbestandsseite ist umstritten, ob und inwieweit der Anwendungsbereich des Insolvenzanfechtungsrechts (§  129 InsO) nach Treu und Glauben zu modifizieren ist. Die h. M. rekurriert auf dieses Korrektiv, wenn der Leistungsempfänger auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens eines vorläufigen Insolvenzverwalters vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist. Die analoge Anwendung des §  242 BGB erschüttert das fein ausgestaltete Dogmatikgebäude des Insolvenzanfechtungsrechts; sie muss restriktiv gehandhabt und wohl begründet sein.

II.  Auslegung und Rechtsfortbildung im Insolvenzanfechtungsrecht13 1.  Die Auslegung insolvenzanfechtungsrechtlicher Normen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Massemaximierung und Schutz der Privatautonomie. Eine pauschale Auslegungsregel kürzt den Begründungsweg ab und erweist sich nicht selten als ergebnisorientierter Kunstgriff. Ein interpretatorisches Auffangnetz, nach dem im Zweifel eine weite massefreundliche Auslegung oder eine enge privatautonomiefreundliche Auslegung geboten erscheint, ist abzulehnen.14 2.  Das Insolvenzanfechtungsrecht ist kein eigenständiger Regelungskomplex, der sich vom allgemeinen Zivilrecht loslöst. §§  129 ff. InsO sind nicht nur „aus sich heraus“ (autonom) auszulegen; vielmehr gilt es das Insolvenzanfechtungsrecht mit dem allgemeinen Zivilrecht zu verzahnen.15 3.  Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist keine „Wunderwaffe“ des Insolvenzanfechtungsrechts. Ihr innerer Kern liegt in der Aufklärung des wirklichen Sachverhalts. Es handelt sich um keine Auslegungsmethode außerhalb der teleologischen Auslegung; die wirtschaftliche Betrachtungsweise hat vielmehr innerhalb der teleologischen Auslegung ihren dogmatischen Standort ein-

  Zu §  130 InsO siehe §  6 III.1.c)aa); zu §  133 InsO siehe §  6 III.1.c)bb).   §  7. 14   §  7 I. 15   §  7 II. 12 13

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zunehmen. Eine Folgenanalyse, die wirtschaftliche Erwägungen impliziert, muss immer mit der ratio legis des Gesetzes verknüpft werden.16 4.  Bei der Bedeutung der ökonomischen Analyse des Rechts (Economic Analysis of Law) sind die Ebenen de lege lata und de lege ferenda zu trennen. Die Anreizwirkungen des Insolvenzanfechtungsrechts sind bei der Suche nach dem besseren Recht von zentraler Bedeutung. Eine Eigenständigkeit außerhalb der teleologischen Auslegung kommt ihr aber de lege lata nicht zu. Eine Ökonomisierung des Rechts setzt einen Ökonomisierungsbefehl des Gesetzes voraus. Die Kommission für Insolvenzrecht wies zwar darauf hin, dass die Reform des Anfechtungsrechts nicht zu einer Gefährdung der Kreditversorgung der Wirtschaft führen dürfe. Daraus lässt sich aber kein Bankenprivileg „durch die Hintertür“ ableiten.17

III.  Insolvenzanfechtung bei Überweisungen 1.  Zahlungsausgänge18 Diese allgemeinen Erkenntnisse zum Insolvenzanfechtungsrecht wurden im Hauptteil der Arbeit anhand eines materiell-rechtlichen Schauplatzes entwickelt, des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Die Zahlungsvorgänge lassen sich in vom Zahler initiierte Zahlungen („Push-Zahlungen“) und vom Empfänger angestoßene „Pull-Zahlungen“ einteilen (Zweispurigkeit der Zahlungsvorgänge). Die jeweiligen Prototypen (Überweisung19 und Lastschrift 20) waren Gegenstand dieser Untersuchung. a)  Dogmatischer Doppelwechsel und methodologische Neujustierung Im Überweisungsrecht kam es zu einem dogmatischen Doppelwechsel: vom Weisungsmodell zur Vertragskonzeption und wieder retour. 21 Bei den Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden auf Überweisungen wurde eine „methodologische Neujustierung“ vorgetragen: Nach §  116 S.  3 InsO bestehen bereits erteilte Zahlungsaufträge mit Wirkung für die Masse auch dann fort, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Bank ist verpflichtet, die Überweisungen auszuführen, kann aber die Ausführung nach Maßgabe des §  675o BGB ablehnen. Daraus ist zu folgern, dass die Bank bei Ausführung solcher Überweisungen von ihrer Leistung befreit sein muss (tele  §  7 III.   §  7 IV. 18   §  4 I. 19   §  4. 20   §  5. 21   Zur Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie: §  4 I.1. 16

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ologische Reduktion des §  82 InsO). Diese Wertungen gelten für das Insolvenz­ eröffnungsverfahren erst recht. Bereits getätigte Überweisungsaufträge bleiben auch nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen i. S. des §  21 Abs.  2 S.  1 Nr.  2 InsO wirksam. Die Bank ist zur Ausführung verpflichtet. §  82 InsO, der über §  24 Abs.  1 InsO entsprechende Anwendung findet, ist ebenso wie beim eröffneten Verfahren teleologisch zu reduzieren. Überweisungsaufträge, die nach Anordnung von Verfügungsbeschränkungen oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen werden, sind nach §  81 Abs.  1 S.  1 InsO grundsätzlich unwirksam. Eine Ausführung solcher Aufträge führt grundsätzlich zu keiner Leistungsbefreiung (§  82 InsO). Die drei „Grundpfeiler“ der „methodologischen Neujustierung“ lauten: Erstens ist §  82 InsO bei bereits erteilten Zahlungsaufträgen vor Anordnung von Verfügungsbeschränkungen bzw. vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens teleologisch zu reduzieren; zweitens ist §  81 InsO auf danach vorgenommene Überweisungen gestützt auf eine Bargeldanalogie anzuwenden; drittens gelten die Erkenntnisse für das Eröffnungsverfahren erst recht (argumentum a fortiori). b)  Neuansätze zur Dogmatik des §  129 InsO Zwei Neuansätze wurden zur Dogmatik des §  129 InsO herausgearbeitet: zum einen eine teleologische Reduktion des §  129 InsO mit Blick auf die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung im Bereich der Deckungsanfechtung (§§  130, 131 InsO) und zum anderen ein normativer Gläubigerbenachteiligungsbegriff, der insbesondere bei Befriedigungen aus einem debitorischen Konto zum Tragen kommt. aa)  Die teleologische Reduktion des §  129 InsO: Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung Bei Zahlungsausgängen aus einem debitorischen Konto ist nach einer Auffassung danach zu unterscheiden, ob die Zahlung von einem ausgereichten Dispositionskredit, der sog. „offenen Kreditlinie“ gedeckt ist oder ob der Geldfluss aus einem Überziehungskredit im engeren Sinne stammt, der sog. „geduldeten Überziehung“. Nur den erstgenannten Fall behandelt diese Ansicht ebenso wie eine Zahlung aus einem kreditorischen Konto und bejaht eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO. Diese „gespaltene Lösung“ verdient keine Zustimmung. Der BGH richtet seine Argumentationslinie grundsätzlich „einzelzwangsvollstreckungsakzessorisch“ aus und fragt danach, ob der Anspruch des Gläubigers pfändbar ist. Bei der sog. geduldeten Überziehung bestehe kein Anspruch auf Kredit. Nach der hier vorgetragenen Analyse liegt dieser Ansicht eine verfehlte Sichtweise zugrunde, die in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre wurzelt und sich in der irreführenden Bezeichnung der „geduldeten Überziehung“ widerspiegelt. Vorzugswürdig scheint der Terminus des Überziehungs-

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kredits im engeren Sinne (siehe §  505 BGB); nur so wird deutlich, dass sehr wohl ein Darlehensvertrag zustande kommt, der einen Anspruch auf Darlehens­ auszahlung mit sich bringt. Die Besonderheit dieser Konstellation besteht allerdings darin, dass dieser Anspruch mit der Auszahlung gleichzeitig mit dem Entstehen uno actu erlöschen kann. Dieser künftige Anspruch ist aber genauso pfändbar wie der Auszahlungsanspruch, der dem Kunden aufgrund eines Dispositionskredits zusteht. Die Argumentation, dass bei einer Zahlung mit Fremdmitteln (im Rahmen eines Dispositionskredits oder einer geduldeten Überziehung) ein wirtschaftlich neutraler Gläubigertausch vorliegt, der eine Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO entfallen lässt, ist auf dem Boden der h. M. richtig. Danach kommt §  129 InsO eine reine Masseschutzfunktion zu. Dies verkennt, wer einer rein „einzelzwangsvollstreckungsakzessorischen“ Sicht folgt. Auch wenn keine Masseminderung eintritt, aber ein einzelner Insolvenzgläubiger eine Befriedigung erhält, muss eine Anfechtung nach §§  130–131 InsO möglich sein. Dies gebietet die praktische Wirksamkeit der Gläubigergleichbehandlung, die in der wirtschaftlichen Krise eine Vorwirkung erfährt. Eine Befriedigung aus Fremdmitteln anders zu behandeln als eine Zahlung aus eigenen Mitteln, ist mit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar. Die Argumentation eines wirtschaftlich neutralen Gläubigertausches ist formal zwar richtig, geht aber in teleologischer Hinsicht fehl. §  129 InsO ist also für die Tatbestände der Deckungsanfechtung teleologisch zu reduzieren. Dies führt zu einer gespaltenen Lösung: Für die Tatbestände der §§  130 f. InsO hat die Grundnorm des §  129 InsO nicht nur eine Masseschutzfunktion. Es muss zudem die Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung hinreichende Beachtung finden. bb)  Die normative Korrektur des Gläubigerbenachteiligungsbegriffs: das doppelfunktionale Handeln der Bank Unabhängig von dieser teleologischen Reduktion des §  129 InsO wurde anhand der Zahlungen aus einem debitorischen Konto ein normativer Begriff der Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO entwickelt. Ebenso wie im Schadensersatzrecht bei §  249 BGB ist bei der Ermittlung der Gläubigerbenachteiligung nicht nur eine Differenzhypothese, sondern in einem zweiten Schritt auch eine normative Korrektur anzusetzen. Die „Schlagader“ des Problems liegt im doppelfunktionalen Handeln der Bank, einerseits als Kreditgeberin und andererseits als Zahlungsmittlerin im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Mit der Auszahlung des Kredits an den Dritten erfüllt die Bank einen Kreditvertrag (§  488 BGB) und eine Weisung aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag (vulgo: Girovertrag). Es kann von einer Doppelfunktionalität gesprochen werden. Aus dem Umstand, dass die Bank beide Funktionen in einer Einheit ausübt, kann sich keine andere Lösung ergeben, als wenn die Bank in einem ersten Schritt ihrem Kunden die Mittel zur Verfügung

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stellen und dann in einem zweiten Schritt als Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr agieren würde. Somit konnte für alle untersuchten Fälle, die unter den Oberbegriff „Zahlungen mit Darlehensmitteln“ fallen und systematisch geordnet wurden, ein einheitliches Ergebnis konstatiert werden. Der hier vertretene Ansatz lässt sich als „Einheitslösung“ umschreiben; er steht im Einklang mit den bereicherungsrechtlichen Wertungen. Eine gespaltene Lösung relativiert hingegen den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz unnötig, fördert die manipulative Kraft eines „Unterwasserkontos“ und lässt manchem Zahlungsempfänger ein insolvenzanfechtungsrechtliches „Geschenk des Himmels“ zuteil werden, das sachlich nicht gerechtfertigt ist. Ob eine Zahlung aus einem Dispositionskredit oder aus einer geduldeten Überziehung erfolgt, muss unerheblich sein. Diese Sicht vermeidet Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den beiden Kreditschichten; es besteht dann gerade kein „Qualitätssprung“ zwischen dem Dispositionskredit und der geduldeten Überziehung. Ebenso treten die erörterten Folgeprobleme der Beweislastverteilung nicht auf. So schwierig die einzelnen dogmatischen Fragestellungen sind, so einfach ist das Ergebnis nach der hier vertretenen Auffassung: Die Fälle der Befriedigung mit Eigenmitteln sind im Rahmen des §  129 InsO nicht anders als diejenigen der Fremdmittelzahlung zu behandeln. c)  Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis: Plädoyer für eine tatbestandsimmanente Lösung22 Insolvenzanfechtung im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist Insolvenzanfechtung im Mehrpersonenverhältnis. Es ist umstritten, ob neben einem Insolvenzanfechtungsanspruch gegenüber dem Zahlungsempfänger auch ein solcher gegenüber der Bank in Betracht kommt. Anhand des Grundfalls der Anweisungskonstellation konnten die verschiedenen Argumentationslinien systematisiert werden: die Parallele zum Bereicherungsrecht, eine rechtsfolgenorientierte Lösung, die mit dem Schlagwort des Zuflussprinzips umschrieben wurde und die tatbestandsimmanente Lösung. Während die ersten beiden Positionen ein Aliud-Verhältnis der Anfechtungsgegner postulieren, erkennt letztere Meinung eine mögliche gesamtschuldnerische Haftung an und votiert für einen Ausschluss eines Anfechtungsgegners nur dann, wenn dies auf eine fehlende Tatbestandsvoraussetzung der §§  129 ff. InsO zurückzuführen ist. Die These, dass die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend gelten, ist abzulehnen. Überzeugend ist die tatbestandsimmanente Lösung. Danach besteht kein generelles Ausschlussverhältnis möglicher Anfechtungsschuldner (echte Anspruchskonkurrenz). Mehrere Anfechtungsschuldner haften gesamtschuldnerisch.   §  4 II.2.

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§  133 Abs.  1 InsO ist jedoch teleologisch zu reduzieren. Für eine restriktive Auslegung spricht zum einen, dass es sich um den Anfechtungsgrund mit der längsten Frist von 10 Jahren handelt, der zugleich geringe Anforderungen an den objektiven Tatbestand stellt (Wortlautargument). Zum anderen droht ein partieller Leerlauf der §§  130 f. InsO, wenn §  133 Abs.  1 InsO zum „Super­ insolvenzanfechtungstatbestand“ mutiert (systematisches Argument). Für eine Haftung ist erforderlich, dass der Anfechtungsschuldner entweder der Empfänger der Leistung oder doch wesentlich am Vorgang beteiligt ist und einen eigenen Vorteil erlangt. Neutrale Verhaltensweisen des Anfechtungsschuldners sind aus der Vorsatzanfechtung auszugrenzen. Davon ist auszugehen, solange die Bank als reine Zahlstelle fungiert.

2.  Zahlungseingänge: Insolvenzanfechtung bei Kontokorrentverrechnungen 23 a)  Anwendbarkeit des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO Vor Verfahrenseröffnung begründete Aufrechnungslagen sind grundsätzlich insolvenzbeständig (§  94 insO). Davon macht §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO für den Fall eine Ausnahme, dass die Aufrechnungslage in anfechtbarer Weise herbeigeführt wurde. Damit wird das Anfechtungsrecht in das Aufrechnungsrecht inkorporiert. Die Aufrechnungserklärung ist ipso iure (insolvenzrechtlich) unwirksam. Dieses Gegenrecht zum Aufrechnungseinwand findet auch auf Kontokorrentverrechnungen Anwendung, obwohl der Terminus „Verrechnung“ gerade nicht in §§  94, 95, 96 Abs.  1 InsO erwähnt ist und die Formulierung des §  94 InsO („zur Aufrechnung berechtigt“) auf Konstellationen hindeutet, die eine spätere Aufrechnungserklärung voraussetzen. Für eine weite Auslegung spricht aber vor allem ein Umkehrschluss zu §  96 Abs.  2 InsO und die ratio legis der §§  94 ff. InsO. Soweit die Insolvenzanfechtung reicht, ist die Rechtslage genauso zu beurteilen als wenn es keine aufrechenbaren Gegenansprüche der Bank gäbe. Der Kunde hat daher weiterhin einen Anspruch aus der Gutschrift (§  675t Abs.  1 BGB). b)  Anfechtbare Rechtshandlung Maßgebend ist jedes willensgetragene Verhalten, durch das ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt. Der Begriff der Rechtshandlung ist bewusst weit formuliert; eine teleologische Reduktion ist abzulehnen. Etwaige Begrenzungen ergeben sich zum einen aus dem Wortlaut des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO und zum anderen im Rahmen der Kausalität sowie der Zeitpunktbe  §  4 II.

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stimmung nach §  140 InsO. Den Anfechtungsgegenstand bildet bei Kontokorrentverrechnungen weder der Gesamtvorgang noch die Verrechnung selbst. Anfechtbare Rechtshandlung ist vielmehr die Herstellung der Aufrechnungslage. Irgendeine Voraussetzung der Aufrechnungslage muss in anfechtbarer Weise erlangt worden sein. Insbesondere ist dabei die Begründung der Gegenforderung anzuvisieren. Nach der Fiktion des §  140 Abs.  1 InsO ist der maßgebliche Zeitpunkt der Eintritt der rechtlichen Wirkungen. Bei Kontokorrentverrechungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Bank die buchmäßige Deckung erhält. §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO verdrängt §  143 InsO i. V. m. §§  129 ff. InsO als lex specialis. Für ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters, sich je nach Günstigkeit auf §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO oder auf §  143 InsO zu berufen, ist kein Raum. c)  Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO Die Insolvenzgläubiger werden i. S. des §  129 InsO benachteiligt, wenn ihre Befriedigung beeinträchtigt wird. Das kann zum einen durch eine Vermehrung der Passiva und zum anderen durch eine Verminderung der Aktiva des Insolvenzschuldners geschehen. Wie aus einem argumentum e contrario zu §§  132 Abs.  1, 133 Abs.  2 InsO folgt, reicht für §  129 InsO eine mittelbare Beeinträchtigung aus. Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger wird grundsätzlich mittelbar benachteiligt, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt hat. Eine Gläubigerbenachteiligung kann aber nicht damit begründet werden, dass der Masse durch die Selbstexekution des Gläubigers die Verwertungserträge nach §§  170 ff. InsO verlustig gegangen sind. Ausnahmsweise fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung, wenn die durch Aufrechnung erloschene Forderung des Insolvenzschuldners durch Fremdrechte beeinträchtigt gewesen ist und die Bank durch die Verrechnung nur das erhalten hat, was ihr aufgrund eines Sicherungsrechts ohnehin zugestanden hätte. Damit erweist sich §  129 InsO als Einfallstor für die Prüfung der Insolvenzbeständigkeit bestehender Sicherheiten (insbesondere des AGB-Pfandrechts und der Globalzession). d)  Kausalität Kausalität ist eine allgemeine juristische Kategorie und dennoch existieren je nach Rechtsgebiet unterschiedliche Ausprägungen und Nuancierungen. Nach h. M. genügt es im Insolvenzanfechtungsrecht für die Ursächlichkeit, dass die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt. Dagegen spricht zwar eine Parallele zum Schadensersatzrecht. §  129 InsO ist jedoch bewusst weit gefasst; den einzelnen Anfechtungstatbeständen kommt eine ausreichende Filterwirkung zu. Die Wertung der §§  130 f. InsO, wonach auch Rechtshandlungen, die eine Deckung ermöglichen,

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der Insolvenzanfechtung unterliegen, darf nicht umgangen werden. Eine taugliche Begrenzung enthält zudem §  140 Abs.  1 InsO, wonach als grundsätzlich maßgeblicher Zeitpunkt der Eintritt der rechtlichen Wirkungen gilt. e)  Anfechtungsgrund Eine vorsätzliche Benachteiligung nach §  133 InsO scheitert regelmäßig an der fehlenden Rechtshandlung des Schuldners. Die Kontokorrentverrechnung stellt einen der wirtschaftlich bedeutendsten Anwendungsbereiche der §§  130, 131 InsO dar. Die Deckungsqualität ist umstritten. Entgegen einer Auffassung im Schrifttum kommt es nicht darauf an, ob der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Verrechnungslage hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Bank einen Anspruch auf diese Befriedigung und damit einen Anspruch auf die Rückführung des Kontokorrentkredits nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB hatte. Einigkeit besteht im Ausgangspunkt der Abgrenzungsproblematik. Nach der Legaldefinition des §  131 Abs.  1 InsO zeichnet sich die inkongruente Deckung dadurch aus, dass der Insolvenzgläubiger die Sicherung oder Befriedigung nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Dies führt zu folgender Differenzierung: Bewegt sich das Konto im Haben oder innerhalb des Dispositionskredits, so handelt es sich – solange keine wirksame Kündigung des Kreditvertrags erfolgte – um inkongruente Deckungen (§  131 InsO), andernfalls um kongruente Deckungen (§  130 InsO). Im Schrifttum werden verschiedene Konzeptionen einer teleologischen Reduktion des §  131 Abs.  1 InsO vorgetragen. Dabei werden Kriterien wie die besondere Verdächtigkeit, das vertragsgemäße Verhalten, der Ausstieg der Bank aus der Gläubigergemeinschaft und die schuldtypische Deutung in Ansatz gebracht. Der BGH vertritt eine gespaltene Lösung: Soweit die Bank den Schuldner über die Eingänge verfügen hat lassen, nimmt der IX. Zivilsenat eine kongruente Deckung an. Nur soweit es zu einer Rückführung des Schuldensaldos gekommen ist, verfolgt der BGH eine anspruchsorientierte Abgrenzung nach dem Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO. Eine Zulassung eines Zahlungseingangs durch die Bank stellt demnach zunächst eine inkongruente Deckung dar, die sich zu einer kongruenten Deckung „verwandeln“ kann, wenn ein Zahlungsausgang in gleicher Höhe erfolgt. Gegen diese Mutationsthese des BGH sprechen methodische Bedenken. Letztlich hat diese Differenzierung ihren Grund in der kritikwürdigen Auffassung des BGH, dass nur bei kongruenten Deckungen die Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO eingreifen soll. Der BGH vermengt die Abgrenzungsproblematik bei der Deckungsart mit der Reichweite der Bargeschäftsausnahme des §  142 InsO. Im Regelfall ist nach der hier vertretenen Auffassung bei Kontokorrentverrechnungen von kongruenten Deckungen auszugehen. §  131 Abs.  1 InsO ist te-

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leologisch zu reduzieren: Maßgebend ist, ob der Anfechtungsgegner sich in Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung verhalten hat. Bei der Konturierung der Deckungsqualität geht es um das Spannungsfeld zwischen Privatautonomie und Gläubigergleichbehandlung. Bei inkongruenten Deckungen ist die Schutzwürdigkeit des Anfechtungsgegners geringer. Dies liegt in der besonderen Verdächtigkeit solcher Deckungen begründet. Auch bei der Bestimmung der Deckung ist die als „Schlagader“ bezeichnete Doppelfunktionalität der Bank der Schlüssel zur Lösung. Die Bank handelt einerseits als Kreditgeberin und andererseits als Abwicklerin des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Die h. M. ignoriert die Kontokorrentabrede und stellt alleine auf den Rückführungsanspruch nach §  488 Abs.  1 S.  2 BGB ab. Der Fall der Kontokorrentverrechnung unterscheidet sich aber vom Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Zahlungskredits. Es besteht die Besonderheit, dass die Bank einen revolvierenden Kredit ausgereicht hat, der durch Gutschriften immer wieder zurückgeführt und durch Auszahlungen jeweils wieder in Anspruch genommen werden kann. Die Bank verhält sich entsprechend der vor der Krise getroffenen Vereinbarung und somit auch vertragsgemäß, wenn sie die Zahlungseingänge und -ausgänge nach dem Willen des Kunden zulässt. Daher ist es bei Kontokorrentverrechnungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, das Vertrauensschutzelement des §  130 Abs.  1 InsO (Kenntnis der Bank von der Zahlungsunfähigkeit) abzuschleifen und eine erleichterte Anfechtbarkeit nach §  131 InsO zu ermöglichen. §  131 Abs.  1 InsO ist vielmehr dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass es darauf ankommt, ob sich der Anfechtungsgegner in Einklang mit der privatautonom getroffenen Vereinbarung verhalten hat. f)  Bargeschäft nach §  142 InsO Die Ausnahmevorschrift des Bargeschäfts passt nicht maßgeschneidert für die Fälle der Kontokorrentverrechnung. De lege ferenda wäre eine ausdrückliche Regelung wünschenswert. Die h. M. wendet §  142 InsO bei Kontokorrentverrechnungen direkt oder jedenfalls analog an. Nach der Rechtsprechung bestimmt sich das grundsätzliche Anfechtungsvolumen bei kontokorrentmäßigen Verrechnungen nach den überschießenden Zahlungseingängen innerhalb des Anfechtungszeitraums. Soweit sich die Zahlungsausgänge und die Zahlungseingänge betragsmäßig decken, handelt es sich danach um kongruente Deckungen, die einer Insolvenzanfechtung nach §  142 InsO grundsätzlich entzogen sind. Auf den höchsten Sollstand des Kontos innerhalb des Anfechtungszeitraums kommt es nicht an. Herauszunehmen sind eigennützige Auszahlungen; bei diesen fungiert die Bank nicht als Zahlstelle, sondern deckt eigene Ansprüche. Im Schrifttum werden hierzu abweichende Konzeptionen vorgetragen: eine enge Auslegung des §  142 InsO, die Maßgeblichkeit des höchsten Schulden-

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stands sowie die Einbeziehung der Frage, ob und inwieweit der Kreditrahmen ausgeschöpft wurde. Die Streitfragen sind im Blick auf die ratio legis des §  142 InsO zu lösen. Dieser Ausnahme liegt zum einen eine wirtschaftliche Betrachtung zugrunde: Es besteht wegen des ausgleichenden Gegenwerts keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Insolvenzschuldners. Zum anderen kommt eine Folgenorientierung zum Tragen: Der Schuldner würde andernfalls vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen. Die Einordnung des §  142 InsO als Ausnahmevorschrift lässt nicht den Schluss zu, dass die Norm analogiefeindlich sei. Auch bei Ausnahmevorschriften kann es der Gleichheitssatz gebieten, die Norm für einen vom Wortlaut nicht umfassten Fall zu öffnen und die Ausnahmen so durch einen Analogieschluss zu erweitern. Die Analogiebasis ist freilich schmal. Die Ausnahmen dürfen keinesfalls zur Regel mutieren. Umstritten ist, ob ebenso wie bei der ausdrücklich normierten Bereichsausnahme des §  133 Abs.  1 InsO auch bei inkongruenten Deckungen (§  131 InsO) ein Bargeschäft ausscheidet. Die Rechtsprechung verneint dies „in der Regel“. Diese Auffassung ist abzulehnen. Dagegen stehen der Wortlaut des §  142 InsO, die Gesetzesbegründung, die nicht zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen differenziert, sowie der systematische Standort des §  142 InsO. Die Formel, dass sich inkongruente Deckung und Bargeschäft ausschließen, wäre nur stimmig, wenn eine Deckungsgleichheit zwischen dem besteht, was der Parteivereinbarung i. S. des §  142 InsO („für die“) entspricht und dem, worauf der Insolvenzgläubiger einen Anspruch i. S. des §  131 Abs.  1 InsO hat. Gerade an dieser Äquivalenz kann es aber fehlen. §  142 InsO ist auf Kontokorrentverrechnungen in dem von der Rechtsprechung entwickelten Umfang anwendbar. Insbesondere ist die umstrittene Frage, ob die für ein Bargeschäft erforderliche vertragliche Grundlage des Leistungsaustauschs in einem Kontokorrentvertrag liegen kann, zu bejahen. Die Kontokorrentabrede reicht als vertragliches Substrat aus; eine konkrete Verknüpfung der einzelnen Transaktionen ist nicht einzufordern. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des §  142 InsO einerseits und der Kontokorrentabrede andererseits. Die Kontokorrentabrede dient dem Bestand und der Verfestigung dauernder Geschäftsbeziehungen, indem unnötige Kapitalbewegungen vermieden werden (Bündelungsfunktion des Kontokorrents). §  142 InsO möchte verhindern, dass der spätere Insolvenzschuldner vom Geschäftsverkehr abgeschnitten wird. Diese ratio legis des §  142 InsO ebnet den Weg zu einer erforderlichen Folgenorientierung. Würde §  142 InsO bei Kontokorrentverrechnungen generell ausscheiden, dann dürfte eine sorgfältige Bank nach Kenntnis von der Krise keine Zahlungsausgänge mehr zulassen und keine Barauszahlungen mehr leisten. Dieser Ansatz überzeugt auch und gerade bei einer Gesamtbetrachtung des Phänomens „Kontokorrentverrechnung“. Innerhalb des Anfechtungszeitraums

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sind Zahlungsausgänge grundsätzlich nur gegenüber dem Zahlungsempfänger anfechtbar. Durch die Berücksichtigung der Zahlungsausgänge zugunsten der Bank im Rahmen einer Kontokorrentverrechnung im Umfang der Zahlungseingänge wird eine sachwidrige Verdoppelung des Anfechtungsvolumens verhindert. Diese erforderliche Gesamtbetrachtung ist ein entscheidender Faktor, weswegen – unabhängig von der Reihenfolge von Zahlungsein- und Ausgängen und unabhängig von der Frage der Ausschöpfung des Kreditrahmens – grundsätzlich alle Transaktionen innerhalb des Anfechtungszeitraums maßgebend sind und es auf die Abrechungsperiode des Kontokorrents nicht ankommt. Das entscheidende Manko der Gegenpositionen liegt darin, dass nur auf die Kreditgeberfunktion der Bank abgestellt wird und damit deren doppelfunktionales Handeln ausgeblendet bleibt. Der hier vorgetragene Ansatz trägt drei entscheidenden Gesichtspunkten Rechnung. Er berücksichtigt erstens die Doppelfunktionalität der Bank, die als Kreditgeberin und Intermediärin im bargeldlosen Zahlungsverkehr tätig wird. Zweitens wird dem Sinn und Zweck des §  142 InsO Genüge getan: Die Teilhabe des Schuldners am bargeldlosen Zahlungsverkehr wird gesichert. Drittens verhindert dieser Ansatz eine sachwidrige Verdoppelung des Anfechtungsvolumens. g)  Keine Ordinary Course of Business-Doktrin im deutschen Recht Im amerikanischen Konkursrecht sind Sicherungen und Befriedigungen unanfechtbar, wenn sie Ausdruck des vorkonkurslichen, gewöhnlichen Geschäftsverkehrs sind. Diese ordinary course of business-Ausnahme beruht auf dem Gedanken, dass das Konkursanfechtungsrecht lediglich ein sog. „Ausstiegsverhalten“ aus der Gemeinschaft der Gläubiger sanktionieren soll (opt-out theory of preference law). Dieser rechtsvergleichende Impuls lässt sich für das deutsche Recht de lege lata nicht fruchtbar machen. Spätestens seit der Kodifizierung der Bargeschäftsausnahme in §  142 InsO wurde der ordinary course of businessAusnahme im deutschen Recht der „dogmatische Boden“ entzogen. h)  Sicherungsrechte der Bank aa)  AGB-Pfandrecht und insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz Nach umstrittener Auffassung handelt es sich um eine inkongruente Deckung (§  131 InsO). Zwar ergibt die Auslegung der Nr.  14 AGB-Banken, dass die Bank einen Anspruch auf die Verpfändung hat. Der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO spricht für eine Kongruenzlösung: Die Bank erhält in der Krise eine Sicherheit wie sie außerhalb der Krise vereinbart wurde. Ein Rekurs auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz hilft nicht weiter; es handelt sich bei dieser Argu-

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mentation um einen Zirkelschluss. Auch lässt sich aus dem Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung keine abgeschwächte insolvenzanfechtungsrechtliche Schutzwürdigkeit folgern. §  131 InsO ist jedoch im Blick auf einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz teleologisch zu extensieren. Gerade bei der Vereinbarung künftiger Sicherheiten ist ein „insolvenzanfechtungsrechtliches Korrektiv“ für materiell rechtlich wirksame „AllFormeln“ einzufordern. Das Korrekturkriterium lautet: Von einer Inkongruenz ist auszugehen, wenn es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, welche konkrete Sicherheit erfasst wird. Die Sicherheit kann in der Krise nur dann zugunsten der Bank zum Zuge kommen, wenn die Abwicklung über dieses Girokonto erfolgt. Das ist aber ein Ereignis, das der Schuldner steuern kann und daher die Inkongruenz auslöst. bb)  Globalzession Globalzessionen sind in letzter Zeit unter insolvenzanfechtungsrechtlichen Beschuss gekommen. Nach §  140 Abs.  1 InsO ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die zukünftigen Forderungen begründet wurden. Die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO entfällt nicht aufgrund eines Sicherheitentauschs. Von einem Austausch von Sicherheiten „neu gegen alt“ ist allenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis zu sprechen. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung – jenseits des §  142 InsO – ist jedoch abzulehnen. Das jeweilige Sicherungsrecht wird nicht konkret durch ein ganz bestimmtes anderes uno actu ausgetauscht. Es lässt sich keine lückenlose Sicherheitenkette aufbauen. Nach umstrittener Auffassung sind die in der wirtschaftlichen Krise entstandenen Forderungen als kongruente Deckungen zu qualifizieren. Aus dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz kann nicht auf eine Inkongruenz geschlossen werden; dies ist ein Zirkelschluss: Sowohl §  130 InsO als auch §  131 InsO tragen dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz Rechnung. Warum in Ausnahme zu §  130 InsO das subjektive Element der Kenntnis als Ausfluss des Vertrauensschutzes abzuschleifen ist, lässt sich so nicht begründen. Volkswirtschaftliche Erwägungen gleiten häufig in eine ergebnisorientierte Argumentationslinie ab. Eine ökonomische Analyse des Rechts kann außerhalb einer teleologischen Auslegung keinen Einfluss auf die lex lata haben. Es darf keinen Bruch in der Dogmatik zur Rettung der Globalzession geben. Auch hilft ein Rekurs auf §  130 Abs.  1 S.  2 InsO nicht weiter. Für eine Kongruenzlösung streitet der Wortlaut des §  131 Abs.  1 InsO. Alle, also auch die im Streit stehenden Forderungen, wurden zugunsten der Bank abgetreten. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es in einem ersten Schritt darauf an, ob sich die Parteien innerhalb der Krise anders verhalten haben, als sie es außerhalb der Krise vereinbart hatten. Davon ist bei Globalzessionen nicht auszugehen, die gerade für den Insolvenzfall geschaffen sind und

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eine umfassende Sicherheit für die Bank gewährleisten sollen. Der Anwendungsbereich des §  131 InsO ist jedoch in einem zweiten Schritt auszudehnen. Als Korrektiv für weite Vereinbarungen ist ein „insolvenzanfechtungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz“ zu beachten. M. E. geht es bei der insolvenzanfechtungsrechtlichen Globalzessionsproblematik um die Reichweitenbestimmung einer teleologischen Extension des §  131 Abs.  1 InsO. Für eine insolvenzanfechtungsrechtliche Korrektur ist nur zu plädieren, wenn dem Schuldner in der Krise noch eine Steuerungsmöglichkeit verbleibt. Beim AGB-Pfandrecht kann er Zahlungen auf andere Konten lenken. Eine vergleichbare Dispositionsbefugnis fehlt aber bei Globalzessionen. Der Schuldner kann aufgrund der Vorauszession nicht mehr zugunsten eines anderen Gläubigers optieren. Die Forderungen sind als Sicherheit zugunsten des Zessionars „verbraucht“ und für diesen vorrangig „reserviert“ (Sperrwirkung der Globalzession). Ein Ausschluss der Anfechtbarkeit wird unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§  142 InsO) kontrovers diskutiert. Das „Stehenlassen“ der Darlehensforderung ist keine ausgleichende Leistung. Dem Schuldner wird kein neuer Vermögenswert zugeführt. Auch ein Vergleich mit der Kontokorrentverrechnung (Sicherheitenkontokorrent) überzeugt nicht. Es fehlt die rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung. Zudem lässt sich die genaue Entwicklung des Forderungsbestands in praxi ungleich schwerer darlegen als die Entwicklung eines Kontokorrents; die erforderliche Prüfung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit ist kaum durchführbar. Auch eine Wertschöpfung (eine Wertauffüllung, ein Werthaltigmachen) unterliegt als ermöglichende Rechtshandlung der Deckungsanfechtung. Dazu kommt es, wenn der Insolvenzschuldner seine vertragliche Leistung gegenüber seinem Vertragspartner, dem Drittschuldner, im Zeitraum der wirtschaftlichen Krise erbringt und dadurch die Forderung für den Globalzessionar durchsetzbar wird (Valutierung der Forderung). Dieser generierte Wert muss von der Vorwirkung der Gläubigergleichbehandlung ebenfalls erfasst sein. Der Bezugspunkt des Relativsatzes in §  131 Abs.  1 InsO („die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hat“) ist nicht die Rechtshandlung, sondern die Deckung (Sicherung oder Befriedigung). Von einer kongruenten Deckung ist daher auch auszugehen, wenn man auf das Werthaltigmachen als ermöglichende Rechtshandlung abstellt. Damit wird nur ein anderer Zeitpunkt anvisiert; an der Deckungsqualität ändert sich nichts (Einheitstheorie). cc)  Sicherheitentausch Bei einem Sicherheitentausch entfällt die Gläubigerbenachteiligung i. S. des §  129 InsO. Hierfür gelten enge Kriterien (zeitliche, inhaltliche und personelle Komponente), die anhand des „Urtypus“ des verlängerten Eigentumsvorbehalts herausgearbeitet wurden: In zeitlicher Hinsicht darf keine Sicherheitenlücke eintreten. Der Austausch von Primärsicherheit“ und „Sekundär- oder Sur-

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rogatsicherheit“ muss ohne zwischenzeitliche „Sicherheitenentkleidung“ erfolgen. Als inhaltliches Kriterium gilt: Die Primärsicherheit muss jedenfalls gegenüber der Surrogatsicherheit wirtschaftlich gleichwertig sein; insbesondere muss die Primärsicherheit insolvenzbeständig gewesen sein. In personeller Hinsicht müssen Primär- und Sekundärsicherheitengläubiger identisch sein. Zugunsten der Bank ist ein Sicherheitentausch in den Globalzessionsfällen anzunehmen, bei denen der Drittschuldner auf ein Konto der Globalzessionarin zahlt und damit die globalzedierte Forderung nach §§  362 Abs.  1, 407 Abs.  1 BGB erlischt. An die Stelle der verlustig gegangenen Primärsicherheit tritt uno actu eine andere Sicherheit zugunsten der Bank, nämlich ein Pfandrecht nach Nr.  14 Abs.  1 S.  2 AGB-Banken am Anspruch des Girokontoinhabers und späteren Insolvenzschuldners auf und dann aus der Gutschrift des überwiesenen Betrags. Die verpfändete Gutschrift ist eine Surrogatsicherheit für die globalzedierte Forderung. Anders verhält es sich im „Poolfall“, bei dem die Inhaberin der Forderung eine Poolführerin ist. Diese verwaltet die Sicherheiten treuhänderisch u. a. auch für die Bank, die die Gutschrift des Drittschuldners in das Kontokorrent einstellt und das debitorische Konto des Insolvenzschuldners so in der wirtschaftlichen Krise abbaut. Ein Sicherheitentausch scheitert an der fehlenden personellen Identität des Sicherungsnehmers bei Primär- und Sekundärsicherheit. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung, die sich von den erarbeiteten Kriterien des Sicherheitentauschs entfernt, ist abzulehnen. i)  „Halbseitige“ Analogie im Verjährungsrecht Nur §  146 Abs.  2 InsO, nicht aber §  146 Abs.  1 InsO, ist auf Kontokorrentverrechnungen im Rahmen des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO anwendbar („halbseitige“ Analogie). §  146 Abs.  1 InsO gilt mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog. Es kommt darauf an, wann die Hauptforderung nach der für sie geltenden Frist verjährt (Fortbestand der für die Hauptforderung allgemein geltenden Verjährungsregeln); §§  203 ff. BGB gewähren einen ausreichenden Schutz für den Insolvenzschuldner. Anders verhält es sich bei §  146 Abs.  2 InsO: Der dort geregelte Rechtsgedanke („Verteidigung“ mit einem verjährten Anfechtungsanspruch) gilt auch innerhalb der insolvenzanfechtungsrechtlichen Prüfung des §  96 Abs.  1 Nr.  3 InsO. Bei Kontokorrentverrechnungen wendet die Bank als Anfechtungsgegnerin oft ein, dass die für anfechtbar gehaltene Rechtshandlung nicht gläubigerbenachteiligend sei, weil dadurch lediglich eine Rechtsposition verfestigt worden sei, die sie aufgrund einer früheren Rechtshandlung bereits innegehabt habe (vor allem AGB-Pfandrecht, Globalzession). Der Insolvenzverwalter braucht – um diesen Einwand auszuräumen – die frühere Rechtshandlung nicht geson-

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dert anzufechten. Dafür sprechen auch prozessökonomische Überlegungen (keine „Klage auf Vorrat“).

IV.  Insolvenzanfechtung bei Lastschriften 24 Seit der Einführung der SEPA-Lastschrift existiert im deutschen Lastschriftenrecht eine Zweispurigkeit: Neben das Einzugsermächtigungs- und Abbuchungsauftragsverfahren treten mit der SEPA-Basislastschrift und der SEPAFirmenlastschrift „internationale Schwestern“ hinzu.

1.  Die modifizierte Genehmigungstheorie bei Einzugsermächtigungslastschriften Schwierigkeiten bereitet vor allem die zivilrechtliche Einordnung des Einzugsermächtigungsverfahrens. Diese Pull-Zahlung ermöglicht es, Massegeschäfte effektiv, einfach und kostengünstig abzuwickeln. Ihr Prägestempel ist die Risikofreiheit für den Schuldner. Warum ein praktisch derart wichtiger Bereich wie der Lastschriftverkehr dogmatisch so schwer zu bewältigen ist, liegt in der kritikwürdigen Zurückhaltung des Gesetzgebers, der es versäumt hat, rechtssichere legislative Vorgaben zum Lastschriftverkehr zu machen. Das Lastschriftverfahren wurde zuerst von der Bankpraxis im Interbankenverhältnis entwickelt; danach galt es die dafür passende Zivilrechtsdogmatik zu entwickeln. Alle Streitfragen lassen sich auf das Problem der „Lücke“ zurückführen. Bei der Auffüllung der „Lücke“ ist die Trennung zwischen dem Deckungs- und Valutaverhältnis zu beachten und doch die innere Einheit und Stimmigkeit des Gesamtvorgangs im Auge zu behalten. Nicht irgendeine Theorie, sondern die rudimentären Parteivereinbarungen (Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (= Nr.  7 Abs.  3 AGBBanken a. F.) im Deckungsverhältnis sowie die Lastschriftabrede im Valutaverhältnis) müssen den Ausgangsort aller Überlegungen bilden. Die Genehmigungstheorie verdient im Deckungsverhältnis bereits wegen der Perpetuierung in den AGB Zustimmung25; im Valutaverhältnis ergibt eine (ergänzende) Auslegung der Lastschriftabrede (§§  133, 157 BGB), dass mit der Einlösung der Lastschrift eine Erfüllung i. S. des §  362 Abs.  1 BGB anzunehmen ist und nicht erst mit der Genehmigung. Diese Position – als modifizierte Genehmigungstheorie bezeichnet – bringt einen Paradigmenwechsel und ist gleichsam der dogmatische Eckstein eines sinnvoll austarierten Lastschriftsys  §  5.   Zum bankvertraglichen Grundlagenstreit „Ermächtigungs- versus Genehmigungstheorie“: §  5 I.3.b)bb). 24

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tems. Mit dieser Justierung „stehen und fallen“ alle insolvenzrechtlichen 26 Folgeüberlegungen.

2.  Kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht Kontrovers diskutiert wird die Insolvenzfestigkeit von Einzugsermächtigungslastschriften: Insolvenzrechts- und Bankrechtssenat des BGH lieferten sich lange Zeit ein Argumentationsgefecht der besonderen Art. Die Widerspruchsmöglichkeit des Insolvenzverwalters darf zu keinem Widerspruchsrecht mutieren, wenn anerkennenswerte Gründe für eine Rückbuchung fehlen. Mit einem Rekurs auf die Gläubigergleichbehandlung schließt man von der Aufgabe der Massemehrung auf die Befugnis eines weitergehenden Widerspruchsrechts des Insolvenzverwalters. Diese Ausnahme von der „Fußstapfentheorie“ ist abzulehnen. Zum einen ergibt sich diese nicht aus den Wertungen der §§  21 ff. InsO bzw. §§  103 ff. InsO. Zum anderen steht ihr eine funktionelle Betrachtung der Einzugsermächtigung entgegen. Ein derartiges Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht ist abzulehnen. Der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz gebietet kein Lastschriftensonderinsolvenzrecht. Die Klausel der Nr.  2.4 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren (= Nr.  7 Abs.  3 AGB-Banken a. F.) wirkt auch gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (Einheitslösung). 27

3.  Der insolvenzanfechtungsrechtliche Fortsetzungszusammenhang Insolvenzanfechtungsrechtlich ist ein Gleichklang zur Überweisung zu befürworten. Die bankrechtliche Justierung des Erfüllungszeitpunkts im Valutaverhältnis wirkt auch im Insolvenzanfechtungsrecht fort (insolvenzanfechtungsrechtlicher Fortsetzungszusammenhang): Maßgebender Zeitpunkt i. S. des §  140 InsO ist die Einlösung der Lastschrift; ebenso verhält es sich beim Bargeschäft i. S. des §  142 InsO. Ein Zeitpunktwechsel überzeugt dogmatisch nicht. Ebenso ist der Begründungsaufwand, weshalb eine Rechtshandlung des Schuldners i. S. des §  133 Abs.  1 InsO vorliegen soll, für die Vertreter der reinen Genehmigungstheorie hoch. Nach der hier vertretenen Auffassung kann daran kein Zweifel bestehen; es bedarf hierfür keiner wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Eine Genehmigung des vorläufigen Insolvenzverwalters schließt eine Insolvenzanfechtung nach Verfahrenseröffnung nicht aus; eine Korrektur über §  242

26   Zu den bereicherungsrechtlichen Fernwirkungen und der Inkonsequenz des XI. Zivilsenats: §  5 I.3.b)bb)(2)(f)(bb). 27   §  5 II.2.

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BGB ist abzulehnen. Die Genehmigung schafft jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand, der einen Ausschluss der Insolvenzanfechtung rechtfertigen würde. Folgt man der Auffassung des IX. Zivilsenats, so richtet sich das „Widerspruchsrisiko“ danach, ob eine Massegenerierung möglich ist. Der Insolvenzverwalter muss unterscheiden, ob das Konto im Habet oder Debet liegt. Beim kreditorischen Bankkonto hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich der Belastungsbuchung zu widersprechen; der Lastschriftgläubiger kann – anders als bei einer Insolvenzanfechtung – nicht auf die Bargeschäftsausnahme (§  142 InsO) rekurrieren. Bei einer debitorischen Kontoführung ist eine mögliche Insolvenzanfechtung in der Regel günstiger, da der Widerspruch nur ein Absinken des Debetsaldos zugunsten der Bank bewirkt.28 Nach der hier vertretenen modifizierten Genehmigungstheorie hat der Insolvenzverwalter hingegen kein generelles Massemehrungsinstrument neben dem Insolvenzanfechtungsrecht. Damit erübrigt sich die kontrovers diskutierte Frage, ob und inwieweit der (vorläufige) Insolvenzverwalter verpflichtet ist, Belastungsbuchungen zu widersprechen.

4.  Der Gleichklang zu den SEPA-Lastschriften: die Einheitslösung im Lastschriftenrecht Den SEPA-Lastschriften liegt das Konzept einer Doppelweisung zugrunde (Autorisierung gegenüber der Zahlstelle und gegenüber dem Zahlungsempfänger). Die Genehmigungstheorie hat unmittelbar keine Bedeutung. Die Zahlstelle handelt aufgrund der Autorisierung als Berechtigte; es bedarf im Deckungsverhältnis keiner Genehmigung. Erfüllung tritt im Valutaverhältnis am sog. „due Date“ ein, d. h. am Tag, an dem der Lastschriftbetrag im Verhältnis zum Gläubiger fällig wird. Daran ändert auch ein – bei der SEPA-Basislastschrift möglicher Widerruf – nichts. Der hier vertretene Ansatz verhindert einen insolvenzrechtlichen Qualitätssprung zwischen der Einzugsermächtigung und der Überweisung und ermöglicht eine einheitliche Lösung zwischen der Einzugsermächtigungslastschrift einerseits und den SEPA-Lastschriften andererseits.

  Zu den Handlungsalternativen des Insolvenzverwalters: §  5 IV.

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Sachregister Abbreviatur 31 Abbuchungsauftragsverfahren 294 ff. Ablehnungsrecht  74 ff. Absicht  147 Absonderung 44, 88, 165, 181, 218, 231, 258 ff. Abtretung  101 ff., 140, 165, 222, 228 ff., 380 Actio Pauliana 2 f., 57, 156, 377 Adäquanztheorie 51, 182 Äquivalenz  182, 211 AGB-Pfandrecht  18, 64, 181, 219 ff., 286 Akzessorietät  107 f., 109, 131, 133 Aliud 31 ff., 40, 113, 138, 142, 316 Allgemeine Geschäftsbedingungen  18, 64, 181, 219 ff., 335 ff. Allgemeiner Teil  12, 44 ff. Analogie 25, 34, 43, 168 f., 172 f., 201 ff., 207 ff., 265 ff., 348, 383 ff., 388, 393, 396 Anfechtungsberechtigte 46 f. Anfechtungsgesetz 30 ff., 55, 57, 59, 61, 380 Anfechtungsschuldner 41 Anspruchsgrundlagenrätsel  173 ff. Anspruchskonkurrenz 21, 138, 143, 160, 178 f. Anwartschaftsrecht 252, 279 Anweisung  136 ff. Arglist  155 Argumentationskreativität 45, 101 Argumentum a fortiori, siehe Erst-RechtSchluss Argumentum e contrario, siehe Umkehrschluss Ariadnefaden 358 Auffangtatbestand  66 Aufrechnung 20, 166 ff. Aufrechnungsverbot 277 ff. Aufrechnungsvertrag 20

Ausgleichshaftung 365 ff. Auslegung – autonome 397 f. – grammatische  141, 169 f., 196, 249 – historische  9, 145, 155 f., 170, 196 f. – systematische  141, 170 f., 197 f. – teleologische  142, 156 f., 171 f., 198 ff., 225 ff., 269 , 400 Ausnahmevorschrift 52, 168, 201, 207, 397 Aussonderung 37, 39, 88, 221, 258 Bargeld  13 ff. Bargeldanalogie  80, 145, 159 Bargeschäft 52 ff., 159, 201 ff., 242 ff., 381 f., 344 ff. Bauvertrag  159 Bayern 362 Bereicherungsrecht  8, 35, 40, 112 ff., 138 ff., 224, 315 ff., 392 Besonderer Teil  56 ff. Bestimmtheitsgrundsatz  181, 241 f. Beweisanzeichen 59, 147 Beweislast 55, 125 Bierbrauer 362 Bösgläubigkeit  65, 342, 386 ff. Buchgeld  8 Dauerschuldverhältnis  16 Debitorisches Konto  7, 22, 84, 165 ff. Deckung – inkongruente  61 ff., 183 ff., 210 ff., 223 ff., 233 ff., 249 f., 396 – kongruente  61 ff., 183 ff., 210 ff., 223 ff., 233 ff., 249 f., 396 Deckungsgleichheit 33 ff., 210, 241 Deckungsqualität 224 ff., 233 ff. Deckungsverhältnis  112, 293, 315, 319 f. Definitionsnorm 54 f.

466

Sachregister

De lege ferenda  9, 102, 106, 127, 150, 158, 164, 168, 201, 217, 274, 387, 389, 400, 402 f. Delikt  156 Dienstvertrag  16, 26 Differenzhypothese 50, 114 f. Dinglichkeitstheorie 36 f., 48 Dispositionskredit 22, 97 ff., 205 Disziplinierungsinstrument 59, 150 Dolus eventualis 58, 147, 387 Doppelfunktionalität  8, 14, 109 ff., 121 ff., 145, 158 f., 165, 198, 213 ff. Doppelinsolvenz  139 Doppelkondiktion  112, 315 Doppelweisung 292 Doppelzahlung  151 Dornröschenschlaf  150 Druckzahlung  146, 371 Eigentumsvorbehalt 252 ff. Eigenverwaltung 44, 47 Eingriffskondiktion 38 Einheitslösung  124; 337 f. Einrede  168, 271 Einzelanfechtung 31 ff. Einzelzwangsvollstreckung  107 ff., 131, 133, 360 Einzugsermächtigungsverfahren 296 ff. Eklektizismus  143 Enumerationsprinzip 54, 201 Erfüllungstheorie 313 Erlöschenstheorie 32, 81 Ermächtigungstheorie 300 Erst-Recht-Schluss  76, 82, 209, 272, 329 Europäisierung  14 Factoring 244 f. Fälligkeit  185 Finalitätsrichtlinie  9, 166 Finanzsicherheitenrichtlinie 241 Folgenorientierung  188, 207, 269 Forderungsanmeldung  90 f., 97 Formel 205 Forschungsstand  10 f. Forthaftung 38 Fristen 55 Fristenkongruenz 314 ff. Fußstapfentheorie 327 ff.

Geduldete Überziehung 22 Gemeinschaft 262 Genehmigungsfiktion 302 ff. Genehmigungstheorie 300 ff. Generalklausel  6 Gesamtbetrachtung  176 ff., 214, 232, 400 Gesamtgläubiger 261 ff. Gesamtschuldner  137 ff., 150 Gesamtsozialversicherungsbeitrag 372 Geschäftsbesorgungsvertrag  16 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 262 Gesellschafterdarlehen  60 Giralgeld  8 Girovertrag  15 ff.; 26 f. Gläubigerbenachteiligung 48 ff., 179 ff. – normativer Begriff  114 ff. Gläubigergleichbehandlung  93 ff., 153, 167, 225, 236 ff., 334, 359 ff., 385, 396 Gläubigerwechsel  143 Gleichwertigkeit 209, 213 Globalzession  6, 64, 181, 228 ff., 286 ff. Grundnorm 44, 383 Günstigkeitsprinzip 272 Gutschrift  16 f., 174 Handdarlehen  118 Hausbank  149 f., 251, 200 Heteronomie  189 Hilfsnormen 54 ff. Individualinteresse 30, 361 induktive Methode  11 f., 165 Insider 54, 149, 216 Insolvenzantrag 23 Insolvenzplan  153 Insolvenzrisiko  139 f., 149 Insolvenzverwalter – vorläufiger 24 f. Interbankenabkommen 293 Interessen 2 ff., 30 f., 67, 113, 132, 259, 268, 310, 330, 397 Intermediär  149, 158 Juristische Sekunde  121 f. Kasuistik  7 Kausalität 51, 176, 181 ff., 390 Kollektivinteresse 31

Sachregister

Konkursanfechtung 3 f. Konkursordnung  151 f. Konkursprinzip  67, 361 f. Konnexität 208 ff. Kontokorrentkredit 22 ff.; 27 f., 184 Kontokorrentverrechnung  163 ff. Kontokorrentvertrag  18 ff., 27, 211 ff., 222 Kredit  7 Kreditsicherungsrecht  180 Kündigung  192 ff., 251 Kumulation 268, 273 Lähmung  19, 222 Längsschnittbetrachtung  11 Lastschrift  8, 11, 15, 290 ff. Lastschriftabkommen 292 ff. Leerlaufargument 369 Magisches Viereck  8 Maklerrecht  64, 181, 200, 398 Makrobereich 30 Margensicherheit 241 Masseunzulänglichkeit  95 ff., 360 Masseverbindlichkeit 385 Mehrpersonenverhältnis  8, 40, 135 ff., 160, 214 Mitreißtheorie 28 Mittelweg  120, 237 More mathematico  12, 48, 358 Mutationsthese  194 f. Nachbesicherung 223 ff. Nichttrennungsgedanke 42, 378, 380 Normenverhältnis  62 f. Notgeschäftsführung 26 Novation 21, 266, 268 Numerus clausus 24, 101 Ökonomische Analyse des Rechts 241, 400 ff. Ordinary course of business 203, 215 ff. Ordre public 361 Par condicio creditorum  94, 180 Paradigmenwechsel 32, 60, 72, 323 Parteivereinbarung 208 f. Periodenkontokorrent 20 Petitio principii, siehe Zirkelschluss

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Pfandrecht  64, 181, 219 ff., 264 f., 286 Pool 257 ff. Prävention  150, 402 f. Primärsicherheit 254 ff. Prinzipien  11, 358 ff. Prioritätsprinzip 55, 56, 94, 110, 157, 222, 228 f., 264, 360, 366, 369, 375 Privatautonomie  6, 42, 53, 103 f., 189, 199, 228, 374 ff., 397 Protagonisten  7, 45 ff. Pull-Zahlungen  8, 11, 71, 359 Push-Zahlungen  8, 11, 71, 359 Qualitätssprung 32, 63, 126 f., 134 Querschnittbetrachtung  11 Rechtsfolgennormen 35 ff. Rechtshandlung 44 f., 174 ff., 247 f., 341 f., 346 ff. Rechtsnachfolger 41, 46, 392 f. Rechtssicherheit 4, 6, 92 f., 185 ff., 194 f., 390, 399 Rückabwicklungsinstrument 39 f. Rückschlagsperre 5 Sachwalter 47 Saldoanerkenntnis 21 Sanierung 3, 189, 207 Schaden – normativer  115 Schadensersatz 40, 48 ff., 176, 181, 307 f. Schenkungsanfechtung 59 f. Schuldanerkenntnis  17 Schuldrechtsmodernisierung 22 Schuldversprechen  17, 174 Sekundärsicherheit 254 ff. Selbsthilfe  167 SEPA-Lastschrift 351 ff. Sicherheiten-Kette 231 ff. Sicherheitenlücke 254 f. Sicherheitenpool 257 ff. Sicherheitentausch 231 ff., 252 ff. Sicherungsmaßnahmen 24 f. Sicherungsrechte 218 ff. Sittenwidrigkeit 263, 333 Solidarität 367 f. Sonderrechtscharakter 40 Sperrwirkung 234

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Sachregister

Stehenlassen 243 Stille Gesellschaft  61 Subsidiarität  113, 139, 316 Surrogation 228 Surrogatsicherheit 255 Suspendierung 32, 376 Systematisierung 30 ff.;  85 ff. Tabelle 270 Tagessaldo 20 Tatbestandsnormen 30, 43 ff. Tatbestandsprinzip  6, 44, 56 Teleologische Reduktion 54, 59, 91 ff., 102 ff., 110, 150 ff., 157 ff., 173, 185 ff., 193, 206, 210, 384, 396, 400, 410 ff. Teleologische Extension  63 ff., 209, 226 ff., 241 ff., 396 Theorie – haftungsrechtliche 37 ff. – schuldrechtliche 37 ff. Trennungsprinzip  14, 28, 224 Treu und Glaube 330 f., 347 f., 383 ff. Treuhand 259 ff. Überschuldung 389 Überweisung  8, 11, 15, 72 ff. Überweisungsgesetz  72 ff. Überweisungsrichtlinie  72 Überweisungsvertrag  72 ff. Überziehung – geduldete 22, 117 ff. Umkehrschluss 25, 34, 41, 49, 141, 158, 166, 169 f., 173, 179, 185, 224, 277, 385, 400 UNCITRAL 4 f. Unlauterkeit 58, 151 ff. Unmittelbarkeit 209 f., 213 Unterlassen 391 Unterwasserkonto  106 ff.;  124 Valutaverhältnis  149, 293, 315, 320 ff. Verbraucherinsolvenz 47 Verdächtigkeit  184 ff., 195 f., 224 Verhalten 391 Verjährung 43, 167, 265 ff. Versäumnisurteil  66 Verschleuderungsgeschäft  66

Verteilungsprinzip 366 f. Vertragsbruch 229 Vertragsfalle  127 Vertrauensschutz  6, 67, 148, 154 f., 279, 383 ff. Verwahrung  15 Verzichtsklauseln 229 Vollharmonisierung  14 Vollstreckungstitel 56 Vorausverfügung  172 Vorsatzanfechtung 57 ff., 146 ff., 200 ff., 210, 391 Vorverlagerung 56 Vorwirkung 57 Währungsfonds 5 Werthaltigmachen 246 ff. Wertungskorrektur 38, 114 ff. Widerspruch 327 ff., 348 f. Wiederaufleben  167 Willenserklärung 35, 45, 48, 117 f., 220, 325 Wirtschaftliche Betrachtungsweise  9, 50, 64, 102, 122 f., 137, 207, 398 ff. Wirtschaftliche Einheit  89 f. Wunderwaffe 58, 123, 150, 196, 335, 403 Zahlstelle 203 Zahlstellenklausel 263 Zahlungsauftrag  73 Zahlungsausgänge  75 ff., 85 ff. Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz  14 Zahlungsdiensterahmenvertrag  14 Zahlungsdiensterichtlinie  13, 74, 351, 356 Zahlungseingänge  83, 163 ff. Zahlungsunfähigkeit 59, 148 f., 185, 388 Zeitpunkt 56, 177 f., 223, 230 f., 309 ff., 334 f., 342 ff., 386, 389 f. Zeitraum 390 f. Zirkelschluss  193, 225, 239 f., 269, 322, 396 Zuckerrübensamen-Fall 364 Zuflussprinzip  137, 140 ff. Zweckbindung  104 ff., 130 ff. Zwecktheorie 318 ff., 321 f. Zweispurigkeit 44, 57, 71, 292 Zweistufentheorie  116