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German Pages 287 [288] Year 2006
Daniel J. Mirtschink Die Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten Schriften zum Europäischen und Internationalen Privat-, Bankund Wirtschaftsrecht EIW Band 12
Schriften zum Europäischen und Internationalen Privat-, Bankund Wirtschaftsrecht
Herausgegeben von Professor Dr. Horst Eidenmüller, LL. M. (Cambridge), München Professor Dr. Dr. Stefan Grundmann, LL. M. (Berkeley), Berlin Professor Dr. Susanne Kalss, LL. M. (Florenz), Wien Professor Dr. Wolfgang Kerber, Marburg Professor Dr. Karl Riesenhuber, M. C. J. (Austin/Texas), Bochum Professor Dr. Heike Schweitzer, LL. M. (Yale), Florenz Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski, Berlin Professor Dr. Reinhard Singer, Berlin Professor Dr. Christine Windbichler, LL. M. (Berkeley), Berlin
EIW Band 12
De Gruyter Recht . Berlin
Daniel J. Mirtschink
Die Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten Eine Untersuchung zur zivilrechtlichen Haftung in Zusammenhang mit der Durchführung von gesetzlichen und freiwilligen Jahresabschlussprüfungen
De Gruyter Recht . Berlin
Dr. Daniel J. Mirtschink, Berlin
Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN-13: 978-3-89949-346-7 ISBN-10: 3-89949-346-X
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Meinen Eltern
Vorwort
Vorwort Vorwort
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2004/2005 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung konnten Rechtsprechung und Literatur bis Juli 2006 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Eberhard Schwark, der die Bearbeitung des Themas angeregt hat. Seine aufmunternden Worte und die ständige Gesprächsbereitschaft waren mir eine unverzichtbare Hilfe. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Rainer Schröder für die umgehende Erstellung des Zweitgutachtens. Den Herausgebern der „Schriften zum Europäischen und Internationalen Privat-, Bank- und Wirtschaftsrecht“ danke ich für die Aufnahme in ihre Schriftenreihe. Meiner Studienfreundin Anja Brauer danke ich für die kritische Durchsicht der Arbeit. Für seine hilfreichen Hinweise danke ich auch meinem Freund Dr. Dirk Aalderks. Schließlich bedanke ich mich bei meiner Frau Xenia, deren Rückhalt und Verständnis wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Widmen möchte ich die Arbeit meinen Eltern. Sie haben mich während meiner gesamten Ausbildung und in jeder Phase des Entstehens der Arbeit liebevoll unterstützt und ermutigt. Berlin, im September 2006
Daniel J. Mirtschink
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Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht
Vorwort . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . Inhaltsverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis
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. VII . IX . XI . XVII
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3
Teil 1. Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
A. B. C. D.
Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund Rechtsgrundlagen der Haftung . . . . . . . Weitere Voraussetzungen der Haftung . . . Einzelfragen der Haftung . . . . . . . . . .
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. 5 . 31 . 187 . 191
Teil 2. Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . 203 B. Rechtsgrundlagen der Haftung – Unterschiede im Vergleich zu gesetzlichen Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung . . . . . . . 217 A. B. C. D.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
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217 218 224 231
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . 239 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Teil 1. Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . I. Prüfungspflichten im geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . 1. Die allgemeine Prüfungspflicht gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezielle Prüfungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestellung des gesetzlichen Abschlussprüfers . . . . . . . . . . 1. Wahl des Prüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prüfungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ablehnung, Widerruf und Kündigung . . . . . . . . . . . . 5. Gerichtliche Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berichterstattung über die Ergebnisse der Prüfung . . . . . . . 1. Prüfungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestätigungsvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berichterstattung in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates . . 4. Sonstige prüfungsbezogene Äußerungen . . . . . . . . . . . IV. Funktionen und Interessenten der Prüfung . . . . . . . . . . . 1. Externe Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prüfung als Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Interessentengruppen und Interessenschwerpunkte . . . . . V. Typische Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fallgruppe I: Offenlegung nach §§ 325 ff. HGB . . . . . . . . 2. Fallgruppe II: Veröffentlichung der Äußerung in einem Prospekt und ähnliche Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fallgruppe III: Auftraggeber leitet Äußerung individuell zu .
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4. Fallgruppe IV: Weitergabe der Äußerung durch Dritte . . . . . 5. Fallgruppe V: Prüfer leitet Äußerung individuell zu . . . . . . B. Rechtsgrundlagen der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bilanzrecht: § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Bedeutung und Entwicklung der Norm . . . . . . . . . 2. Reichweite des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlicher Abschlussprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unklarheiten im Hinblick auf die Begründung der Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirksamer Prüfungsvertrag als Voraussetzung? . . . cc) Folgerungen für die Rechtsnatur des Anspruches . . . b) Erfasste Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sämtliche Berufspflichten oder nur die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten? . . . . . . . . bb) Enger „Pflichten“-Begriff des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB cc) Erfasste Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nicht erfasste Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . c) Kreis der Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verbundene Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB . . bb) Einschränkungen im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine erweiternde Auslegung . . . . . . . . . . . . . dd) Keine Einbeziehung weiterer Dritter durch Analogie . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB? . . . . . . . . . . a) Überblick zum Meinungsstand und den Entwicklungen . b) Wortlaut als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . c) Systematisch-logische Erwägungen . . . . . . . . . . . . aa) Vergleich mit § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG . . . . . . . . bb) § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als „lex specialis“? . . . . . . d) Historische Anhaltspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entwicklung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Europäische Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beratungen zum KonTraG . . . . . . . . . . . . . . . e) Zweckstruktur des § 323 HGB . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . bb) Einbeziehung verbundener Unternehmen . . . . . . cc) Haftungsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbot vertraglicher Haftungsbeschränkungen . . . . f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftungstatbestände . . . 1. §§ 44 ff., 55 BörsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prospektverantwortlichkeit des gesetzlichen Abschlussprüfers? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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49 52 54 54 55 56 62 63 63 64 65 65 68 70 73 75 77 78 79 80 80 81
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b) Ausdehnung des Haftungstatbestandes im Wege der Analogie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 13 VerkProspG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 127 InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung bei unwahrer Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . IV. Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auskunftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konkludenter Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertrag mit dem, den es angeht . . . . . . . . . . . . . . . 2. Garantieübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. (Prüfungs-)Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . a) Rechtsgrundlage des „Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzliche Einbindung durch § 311 Abs. 2, 3 BGB? . . . . c) Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte als vertragliche Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entwicklung zur zentralen Haftungsgrundlage der Expertenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufgabe des Wohl und Wehe-Erfordernisses . . . . . bb) Anwendung auch bei gegenläufigen Interessen . . . . cc) Aufgeweichtes Erfordernis einer „objektiven Abgrenzbarkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung der aktuellen Auslegungskriterien der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Objektive Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Subjektive Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Übertragung der aufgestellten Kriterien auf die gesetzliche Abschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die bislang entschiedenen Fälle . . . . . . . . . . . . bb) Versuch einer Verallgemeinerung . . . . . . . . . . . (1) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Fallgruppe I: Dritte sind nie einbezogen . . . . . . (3) Fallgruppe II: Dritte sind nie einbezogen . . . . . (4) Fallgruppe III: Dritte häufiger einbezogen . . . . (5) Fallgruppen IV und V: Dritte häufiger einbezogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Fazit: Haftung nicht nur in Ausnahmefällen . . . f) Kriterien der Rechtsprechung zur Ermittlung des Parteiwillens ungeeignet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Geringe Relevanz des (Prüfungs-)Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schadensliquidation im Drittinteresse . . . . . . . . . . . . 5. Haftung aus „Netzvertrag“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz . . . . . . . . . . a) Strafrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . c) §§ 238 ff. HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) § 18 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) § 43 Abs. 1 WPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Sonstige berufsbezogene Vorschriften und Grundsätze . . . aa) Berufssatzung der WPK . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berufsrichtlinien der WPK . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verlautbarungen des IDW . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verlautbarungen internationaler Berufsorganisationen g) Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 824 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verschulden bei Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Vom Gesetzgeber nunmehr favorisierter Weg der Dritthaftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung nach den von der Rechtsprechung bislang entwickelten Grundsätzen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Urteil des BGH vom 26. 9. 2000 – X ZR 94/98 – neue Rechtsprechungslinie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ . . . . . . aa) Entwicklung und Stand der Rechtsprechung . . . . . . bb) Übertragung dieser Grundsätze auf die untersuchten Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Fallgruppe I: Eigenhaftung nie anzunehmen . . . . (3) Fallgruppe II: Eigenhaftung im Einzelfall anzunehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fallgruppen III, IV und V: Eigenhaftung häufig anzunehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Fazit: Haftung nicht nur im Einzelfall . . . . . . . . cc) Strukturelle Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausweitung der bisherigen Rechtsprechung wünschenswert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung zur Bedeutung in Pflichtprüfungsfällen . . VII. Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anlegerschutzverbesserungsgesetz und verbleibender Anwendungsbereich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Publikationen, für die eine spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung existiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kapitalmarkt- und bilanzrechtliche Pflichtpublikationen . c) Freiwillige Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV
130 131 132 134 134 135 138 138 139 139 140 140 141 144 145 146 149 149 153 153 156 156 159 159 161 162 162 163 168 169 169
171 173 178 180
Inhaltsverzeichnis
3. Bedeutung der Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung als Haftungsgrundlage . . . . . . . . . . . VIII. Weitere in der Literatur vorgeschlagene Haftungskonzepte . . 1. Vertragsnahe Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deliktsrechtliche Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Haftungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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183 183 184 184 185 186
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D. Einzelfragen der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Haftung für Gehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftung für gesetzliche Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung mehrerer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Dritthaftung und Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit des § 254 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitverschulden des Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mitverschulden der geprüften Gesellschaft . . . . . . . . . . a) Keine Bedeutung im Rahmen des Auskunftsvertrages . . b) § 334 BGB im Rahmen des Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte regelmäßig abbedungen? . . . . . . .
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C. Weitere Voraussetzungen der Haftung I. Pflichtverletzung . . . . . . . . . . II. Schaden und Schadenszurechnung . III. Verschulden . . . . . . . . . . . . .
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Teil 2. Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund . . . . . . I. Anlässe freiwilliger Prüfungen . . . . . . . . . . . . II. Bestellung des Prüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berichterstattung über die Prüfungsergebnisse . . . 1. Prüfungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestätigungsvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige prüfungsbezogene Äußerungen . . . . . IV. Funktion und Interessenten freiwilliger Prüfungen . V. Typische Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung – Unterschiede im Vergleich zu gesetzlichen Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Sperrwirkung“ des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB? . . . . . . . . . . II. Abweichungen auf Grund unterschiedlicher Prüfungsanlässe und Prüfungshintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchsgrundlagen außerhalb des Vertragsrechts . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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203 204 204 206 207 208 208 209 210
. 210 . 210 . . . .
213 213 215 215
XV
Inhaltsverzeichnis
Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung . . . . . . . 217 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 B. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 323 Abs. 2, 4 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entsprechende Anwendung auf Dritthaftungsgrundlagen? II. § 54 a WPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung auf Dritthaftung aus Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen . . . . . . I. Gesetzlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Drittwirkung haftungsbeschränkender Vereinbarungen mit dem Auftraggeber? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarungen mit dem „Dritten“ . . . . . . . . . . . . .
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. . 222
. . . 224 . . . 224 . . . 225 . . . 228
D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft . . . . . . III. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 231 . 232 . 232
. 234
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . 239 Teil 1: Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Teil 2: Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Teil 3: Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung . . . . . . 243
Anhang: Vorgängernormen des § 323 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 § 262 g HGB (1931) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 § 141 AktG (1937) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 § 168 AktG (1965) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
XVI
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
a. A. a. a. O. a. E. a. F. AAB ABl. EG Abs. Abt. AcP AG AGB AGBG AktG allg. M. Alt. Anm. AnSVG Aufl. AuslInvestmG Az. BAKred. BaFin. BAnz. BB Bd. bearb. Beck Bilanz-Komm. Begr. Beschl. BFuP BGB BGBl. BGHZ BilReG BKR BörsG BR-Drucks. bspw. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. DB DBW
andere Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung Allgemeine Auftragsbedingungen Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Abteilung Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeine Geschäftbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Aktiengesetz allgemeine Meinung Alternative Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Auflage Auslandsinvestment-Gesetz Aktenzeichen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesanzeiger Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band bearbeitet Beck’scher Bilanz-Kommentar Begründer Beschluss Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsreformgesetz Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Bundesratsdrucksache beispielsweise Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift)
XVII
Abkürzungsverzeichnis ders. dies. DiskE DrittelbG DStR DZWiR e. V. EG Einf. EU EWG EWiR EWS f. ff. Fn. FS GbR GenG GmbH GmbHG h. A. h. M. Halbbd. Hdb. HdJ HdR HGB Hrsg. hrsg. Hs. i. S. i. S. d. i. V. m. IDW IFAC Inf. InvG ISA IStR JBl. JR JuS JZ KAGG KG Komm. KonTraG Kreditwesen KritV KWG LG
XVIII
derselbe dieselbe/dieselben Diskussionsentwurf Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht eingetragener Verein Europäische Gemeinschaft(-en) Einführung Europäische Union Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) folgende folgende Fußnote Festschrift Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung herrschende Ansicht herrschende Meinung Halbband Handbuch Handbuch des Jahresabschlusses Handbuch der Rechnungslegung Handelsgesetzbuch Herausgeber herausgegeben Halbsatz im Sinne im Sinne des, im Sinne der in Verbindung mit Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. International Federation of Accountants Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Investmentgesetz International Standards on Auditing Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) Juristische Blätter (Zeitschrift) Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kommanditgesellschaft Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Kreditwesengesetz Landgericht
Abkürzungsverzeichnis li. Sp. m. w. N. MDR MitbestG Münch. Komm. BGB Münch. Komm. HGB n. F. NJW Nr. NZG OHG OLG ProspektVO PS PublG re. Sp. RG RGBl. Rn. Rspr. S. s. SE sog. st. Rspr. StB Stbg. StGB Teilbd. Tz. u. a. UmwG UmwR UmwStG Urt. usw. v. VerkProspG VersR vgl. Vorbem. WM WPg. WpHG WPK WPK-Mitt. WPO WpPG WpRefG WuB z. z. B.
linke Spalte mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der EU Kommission vom 29. April 2004 Prüfungsstandard Publizitätsgesetz rechte Spalte Reichsgericht Reichsgesetzblatt Randnummer Rechtsprechung Satz siehe Societas Europaea so genannt ständige Rechtsprechung Der Steuerberater (Zeitschrift) Die Steuerberatung (Zeitschrift) Strafgesetzbuch Teilband Trennziffer unter anderem, unter anderen, und andere Umwandlungsgesetz Umwandlungsrecht Umwandlungssteuergesetz Urteil und so weiter vom Verkaufsprospektgesetz Versicherungsrecht (Zeitschrift) vergleiche Vorbemerkung(-en) Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz Wirtschaftsprüferkammer Wirtschaftsprüferkammer-Mitteilungen (Zeitschrift) Wirtschaftsprüferordnung Wertpapierprospektgesetz Wirtschaftsprüfungsexamens-Reformgesetz Entscheidungssammlung für Wirtschafts- und Bankrecht zum zum Beispiel
XIX
Abkürzungsverzeichnis ZfB ZfRV ZGR ZHR Ziff. ZIP ZVglRWiss
XX
Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft
A. Problemstellung
Einleitung A. Problemstellung
Einleitung
A.
Problemstellung
Wirtschaftsprüfern wird durch §§ 2, 43 a Abs. 4 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO)1 ein weites berufliches Betätigungsfeld eröffnet. Prägend für ihr Berufsbild ist die Aufgabe, gesetzlich vorgeschriebene sowie freiwillige betriebswirtschaftliche Prüfungen – insbesondere solche von Jahresabschlüssen – vorzunehmen und Bestätigungsvermerke über die Durchführung und das Ergebnis dieser Prüfungen zu erteilen (§ 2 Abs. 1 WPO). Wirtschaftsprüfer sind darüber hinaus aber auch befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten, unter Berufung auf ihren Berufseid als Sachverständige aufzutreten sowie treuhänderische Tätigkeiten wahrzunehmen (§ 2 Abs. 2, 3 WPO).2 Unterläuft dem Wirtschaftsprüfer bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ein Fehler, so kann es zu Schäden beim Auftraggeber, etwa dem geprüften Unternehmen, kommen. In der Praxis verlassen sich jedoch häufig auch vertragsfremde Dritte auf die Richtigkeit des Bestätigungsvermerkes oder des Prüfungsberichtes (des Gutachtens, einer erteilten Auskunft usw.). Zu denken ist dabei insbesondere an Kreditgeber, Investoren und Geschäftspartner des geprüften Unternehmens. Diesen Dritten können durch die fehlerhafte Berufsausübung des Wirtschaftsprüfers unter Umständen beträchtliche Schäden entstehen. In aller Regel wird es sich hierbei um einfache (sog. primäre) Vermögensschäden handeln, die der Wirtschaftsprüfer fahrlässig verursacht hat. Ein vorsätzliches Handeln ist in der Praxis wohl die seltene Ausnahme und wird einem Prüfer kaum einmal nachzuweisen sein. Die Frage, ob und in welchem Umfang in Fällen einer fahrlässigen Schädigung Dritter neben straf- und standesrechtlichen Sanktionen eine zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers in Betracht kommt, ist in Deutschland seit den späten 1960er Jahren Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Diskussion.3 Die Details ______ 1 Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 24. 7. 1961 (BGBl. 1961 I, S. 1049) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. 11. 1975 (BGBl. 1975 I, S. 2803), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. 12. 2004 (BGBl. I, S. 3846). 2 Vgl. zu den Tätigkeitsbereichen der Wirtschaftsprüfer in der Gegenwart z. B. Buchner, Wirtschaftliches Prüfungswesen, S. 155 ff.; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 21 ff.; Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 581 ff. 3 Zu den ersten eingehenden Untersuchungen neuerer Zeit zählen (in chronologischer Reihenfolge): Völschau, Die Verantwortlichkeit des aktienrechtlichen Abschlussprüfers, 1966; Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, 1967; Czech, Die Haftung des Wirtschaftsprüfers und des C. P. A. gegenüber Dritten, 1977; K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprü-
1
Einleitung
dieser Fragestellung im Grenzbereich „zwischen deliktischem und vertraglichem, noch vertraglichem oder quasi-vertraglichem Geschehen“4 gelten weiterhin als ungeklärt.5 Neuen Nährstoff bekam die Auseinandersetzung in den letzten Jahren durch spektakuläre Unternehmenszusammenbrüche6 und nicht weniger Aufsehen erregende obergerichtliche7 und höchstrichterliche Entscheidungen.8 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll die an ein fahrlässiges Handeln anknüpfende Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers in Zusammenhang mit der Durchführung von Jahresabschlussprüfungen untersucht werden. Jahresabschlussprüfungen werden auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Pflicht oder freiwillig, auf Wunsch von Gesellschaftern der zu prüfenden Gesellschaft, ihrer Gläubiger, eines Erwerbers von Anteilen oder anderer Interessenten in Auftrag gegeben. Für gesetzlich vorgeschriebene Jahresabschlussprüfungen – sog. gesetzliche Abschlussprüfungen – existiert mit § 323 HGB eine besondere gesetzliche Haftungsregelung. Durch diese Regelung und die Vorschriften zur Durchführung der Prüfung (insbesondere die §§ 316 ff. HGB) unterscheidet sich die Haftungssituation des Wirtschaftsprüfers, der eine gesetzliche Abschlussprüfung durchführt, von der anderer beruflicher Sachkenner. Weitere Unterschiede ergeben sich in tatsächlicher Hinsicht, etwa durch die in der Regel wesentlich höhere Zahl der auf die Prüfungsergebnisse Vertrauenden. Es stellt sich damit die Frage, ob und in welchem Umfang sich die in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Grundsätze zur Dritthaftung beruflicher Sachkenner auch auf die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers, d. h. des Prüfers einer gesetzlichen Abschlussprüfung, übertragen lassen. Jahresabschlussprüfungen, die nicht auf einer gesetzlichen Pflicht beruhen – sog. freiwillige Abschlussprüfungen – sind gesetzlich nicht besonders geregelt. In der Praxis orientiert sich ihre Durchführung und die Berichterstattung über die Ergebnisse der Prüfungen nicht selten jedoch an den Grundsätzen für gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen. Es stellt sich daher die Frage, ob für die Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen mangels besonderer gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze der Haftung beruflicher Sachkenner oder in entsprechender Anwen______ fers gegenüber Dritten, 1981; Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, 1983; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985. 4 So die Formulierung bei Lang, in: Mannheimer Vorträge, S. 3. 5 Vgl. zu dieser Einschätzung lediglich Heppe, WM 2003, 753, 757 f.; Kiethe, NZG 2003, 937, 942; Meyer, WM 2003, 1301, 1309 f.; Wölber, Die Abschlussprüferhaftung im Europäischen Binnenmarkt, 2005, S. 93. 6 In Deutschland haben insbesondere die Fälle Balsam Procedo, Bankgesellschaft Berlin, Bremer Vulkan, Comroad, EM.TV, Flowtex, Holzmann und Infomatec für Furore gesorgt. 7 Z. B. OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258; OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613; vgl. aber auch LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110; LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052. 8 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, Urt. v. 6. 4. 2006 – III ZR 256/04, BB 2006, S. 1105.
2
B. Gang der Untersuchung
dung die besonderen Regeln für die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gelten. Im Zuge der zurückliegenden Bilanzierungsskandale in Deutschland, Westeuropa und Übersee mehren sich im Schrifttum Rufe nach einer (neuen) gesetzlichen Regelung der Dritthaftung des Abschlussprüfers.9 Jüngst wurden erste konkrete Reformvorschläge unterbreitet.10 Begründet werden die zu beobachtenden Regulierungsbestrebungen überwiegend mit dem Hinweis auf die derzeit bestehende höchst umstrittene Rechtslage und das damit verbundene Maß an Rechtsunsicherheit. Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine Untersuchung der aktuellen Haftungssituation vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren zur Thematik ergangenen Urteile sowie der neueren Entwicklungen im Schrifttum jenseits rechtspolitischer Erwägungen. Grundlage einer jeden Reform ist eine kritische Bestandsaufnahme. Die vorliegende Untersuchung versteht sich in diesem Sinne als Beitrag zur aktuellen Reformdiskussion. Die Arbeit stellt die Rechtslage in Deutschland in den Vordergrund. Die Bedeutung der internationalen Entwicklungen soll mit dieser Fokussierung nicht in Frage gestellt werden, sie trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, dass im Zuge künftiger Bestrebungen in Richtung einer Rechtsvereinheitlichung − etwa auf EU-Ebene − eine „eindeutige Position des deutschen Rechts gefordert sein wird“.11 B. Gang der Untersuchung
B.
Gang der Untersuchung
Die Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers in Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlich vorgeschriebener Jahresabschlussprüfungen (§ 316 Abs. 1 HGB) bildet den inhaltlichen Schwerpunkt der Untersuchung. Sie soll in einem ihren Kern bildenden ersten Teil erörtert werden. Nach der Aufarbeitung der rechtlichen und tatsächlichen Hintergründe (Teil 1, A.) wird der Blick auf die zentrale Frage einer jeden Dritthaftung, die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen, gerichtet (Teil 1, B.). Anschließend werden weitere Voraussetzungen der Haftung (Teil 1, C.) und Einzelfragen – etwa die Haftung des Prüfers für Gehilfen oder die Berück______ 9 Siehe etwa Baums/Fischer, Arbeitspapiere des Institutes für Bankrecht, Nr. 115; Kiethe, NZG 2003, 937, 942; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 34 aber auch Heppe, WM 2003, 753, 762 sowie – bezogen auf den Bereich der Haftung für Prospektinhalte – Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 67 f.; Hellwig, Referat auf dem 64. Deutschen Juristentag, S. 61; Meyer, WM 2003, 1301, 1312 f.; Mülbert, JZ 2002, 826, 833; vgl. zu den von der Bundesregierung geplanten Reformen Ernst, WPg. 2003, 18, 24. 10 Siehe insbesondere die die prospekt- und im weiteren Sinne kapitalmarktbezogene Haftung betreffenden Vorschläge bei Baums/Fischer, Arbeitspapiere des Institutes für Bankrecht, Nr. 115; Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 67 f.; ders., BKR 2004, 339, 344; Hellwig, Referat auf dem 64. Deutschen Juristentag, S. 61; Assmann, AG 2004, 439, 446 und Meyer, WM 2003, 1301, 1311. 11 Ebke, JZ 1998, 991, 994; vgl. auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 21.
3
Einleitung
sichtigung eines Mitverschuldens des Vertragspartners oder berechtigter Dritter (Teil 1, D.) – angesprochen. Die Haftung des Wirtschaftsprüfers in Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Jahresabschlussprüfungen wird in einem zweiten Teil erörtert. Auf Grund der Vielgestaltigkeit gesetzlich nicht vorgeschriebener Prüfungen beschränkt sich die Untersuchung auf die Haftung für Fehler bei Prüfungen, die ihrem Inhalt und ihrem Umfang nach den gesetzlichen Abschlussprüfungen i. S. d. § 316 Abs. 1 HGB entsprechen (Teil 2, A.). Im Vordergrund der Erörterung stehen Unterschiede, die sich im Vergleich zur Haftungssituation bei gesetzlichen Abschlussprüfungen aus der fehlenden gesetzlichen Regelung freiwilliger Abschlussprüfungen sowie den abweichenden tatsächlichen Hintergründen ergeben (Teil 2, B.). Den dritten und letzten Teil der Arbeit bildet eine Untersuchung der rechtlichen Möglichkeiten im Hinblick auf eine Haftungsbegrenzung oder Haftungsfreizeichnung. In der Praxis ist für den Prüfer nicht nur von Relevanz, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Haftung gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten in Betracht kommt, sondern auch die Frage, welche Möglichkeiten der Prüfer hat, um seine Haftung gegenüber geschädigten Dritten zu beschränken. Im Anschluss an eine Klärung des bestehenden gesetzlichen Rahmens (Teil 3, B.) sollen individualvertragliche Haftungsbeschränkungen (Teil 3, C.) und die Möglichkeiten und Fragen einer Haftungsbegrenzung im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen (Teil 3, D.) erörtert werden.
4
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Teil 1
Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen A.
Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Gesetzliche Pflichten zur Durchführung periodischer Abschlussprüfungen gibt es in Deutschland seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Mit der „Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie“ vom 19. September 19311 wurde eine Pflichtprüfung für Jahresabschlüsse von Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien durch besonders qualifizierte unabhängige Prüfer eingeführt.2 Zuvor oblag die Prüfung des vom Vorstand aufgestellten Jahresabschlusses ausschließlich dem Aufsichtsrat.3 Anlass der Novellierung des Aktienrechts waren Aufsehen erregende Unternehmenszusammenbrüche im Zuge der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre und dabei aufgedeckte Manipulationen in der externen Rechnungslegung der betroffenen Gesellschaften. Mit Hilfe der eingeführten Pflichtprüfung sollte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Abschlussinformationen wiederhergestellt werden.4 Die im Anschluss an die Notverordnung vom 19. September 1931 ergangene erste Durchführungsverordnung5 verlieh das Recht zur Vornahme der eingeführten Prüfungen dem neu zu schaffenden Berufsstand der öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer und bei der Hauptstelle der öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer eingetragenen Prüfungsgesellschaften.6 Bis heute ist die Durchführung gesetzlich vorgeschriebener Abschlussprüfungen die zentrale Aufgabe der Wirtschaftsprüfer geblieben. Der Kreis der von den Prüfungspflichten erfassten Gesellschaften und sonstigen Prüfungsobjekte hat sich seit der Einführung der gesetzlichen Abschlussprüfung im Jahre 1931 jedoch wesentlich ausgeweitet. Änderungen ______ 1 RGBl. I, S. 493. 2 Artikel VII der Verordnung enthielt die für die Einführung der Pflichtprüfung maßgeblichen neuen Regelungen des Handelsgesetzbuches (§§ 262 a bis 262 g). 3 Meisel, Geschichte der deutschen Wirtschaftsprüfer, S. 172 f. 4 Zur historischen Entwicklung des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer z. B. Brönner/Busch, WPg. 1981, 533, 534 ff.; Buchner, Wirtschaftliches Prüfungswesen, S. 1 ff.; Eisfeld, WPg. 1956, 450, 451 f.; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 5 ff.; Koch, Der Beruf des Wirtschaftsprüfers, S. 55 ff.; Markus, Der Wirtschaftsprüfer, S. 23 ff.; Meisel, Geschichte der deutschen Wirtschaftsprüfer, S. 168 ff. 5 „Erste Verordnung zur Durchführung der aktienrechtlichen Vorschriften der Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie“ vom 15. Dezember 1931, RGBl. I, S. 760. 6 Art. 5 der Durchführungsverordnung (siehe Fn. 5).
5
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
gab es auch mit Blick auf die jeweiligen Prüfungsgegenstände und den Prüfungsumfang.7
I.
Prüfungspflichten im geltenden Recht
Pflichten zur Prüfung von Jahresabschlüssen sind im geltenden Recht in einer Vielzahl unterschiedlicher Normen geregelt. Anknüpfungspunkte der einzelnen Prüfungspflichten sind die Rechtsform, die Größe oder die Zugehörigkeit der Unternehmen zu einem bestimmten Wirtschaftszweig. Zentrale Bedeutung haben die Vorschriften der §§ 316 bis 324 a HGB. Sie regeln die gesetzliche Abschlussprüfung für Kapitalgesellschaften und stellen gleichzeitig allgemeine Vorschriften dar, die im Rahmen speziell geregelter Abschlussprüfungen ergänzend eingreifen. 1.
Die allgemeine Prüfungspflicht gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB
Gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB sind mittelgroße und große Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 HGB sowie entsprechende Personengesellschaften i. S. d. § 264 a Abs. 1 HGB zur Durchführung von Jahresabschlussprüfungen verpflichtet, sofern nicht im Einzelfall einer der in §§ 264 Abs. 3, 4, 264 b HGB enthaltenen Ausnahmetatbestände greift. Börsennotierte Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB gelten unabhängig von den Größenmerkmalen Bilanzsumme, Umsatzerlös und Arbeitnehmerzahl als große Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 HGB. Gegenstand der handelsrechtlichen Jahresabschlussprüfung sind der Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang, sowie der Lagebericht (§ 316 Abs. 1 Satz 1 HGB). In die Prüfung des Jahresabschlusses ist die Buchführung einzubeziehen (§ 317 Abs. 1 Satz 1 HGB). Zur Buchführung in diesem Sinne zählen die Finanzbuchhaltung, die Anlagenbuchhaltung, die Lohnund Gehaltsbuchhaltung, die Lagerbuchhaltung und das Inventar. Die Kostenrechnung ist nicht unmittelbar Gegenstand der Prüfung, sondern lediglich insoweit in die Prüfung einzubeziehen, als sie Grundlage für Ansatz und Bewertung einzelner Bilanzposten ist. Zur Prüfung einer nach dem Umsatzkostenverfahren aufgestellten Gewinn- und Verlustrechnung sind die Kostenstellen- und die Kostenträgerrechnung heranzuziehen.8 Bei börsennotierten Aktiengesellschaften ist auch das gemäß § 91 Abs. 2 AktG einzurichtende Risikofrüherkennungssystem Gegenstand der Abschlussprüfung (§ 317 Abs. 4 HGB). Die handelsrechtliche Abschlussprüfung hat sich nach dem Auftrag des Gesetzes darauf zu erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung beachtet worden sind ______ 7 Vgl. zur Entwicklung Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 5 ff. zu § 316 HGB. 8 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 16 zu § 317 HGB; Marten/Köhler/Neubeck, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 31 zu § 317 HGB; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 5 zu § 317 HGB.
6
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
(§ 317 Abs. 1 Satz 2 HGB). Sie ist so anzulegen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf die Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft wesentlich auswirken, bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden (§ 317 Abs. 1 Satz 3 HGB). Unter „Unrichtigkeiten“ werden unbewusst herbeigeführte Fehler, unter „Verstößen“ bewusste Manipulationen – Täuschungen, betrügerische Handlungen usw. – verstanden.9 Der Lagebericht seinerseits ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss und mit den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Prüfers in Einklang steht und ob er insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens vermittelt (§ 317 Abs. 2 Satz 1 HGB). Nicht zum Gegenstand der Jahresabschlussprüfung gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB gehören die Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung der Gesellschaft.10 Die handelsrechtliche Abschlussprüfung ist zudem keine Kreditwürdigkeits- oder Rentabilitätsprüfung.11 Dies wird in der öffentlichen Wahrnehmung nicht selten verkannt.12 Ebenso wenig kommt in der Praxis eine Prüfung jedes einzelnen Geschäftsvorfalles in Betracht. Zeit- und Kostengründe zwingen vielmehr zu einer stichprobengestützten Prüfung. Selbst bei gewissenhafter Berufsausübung besteht somit das Risiko, dass einzelne Unrichtigkeiten und Verstöße, die für den gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB zu prüfenden Jahresabschluss wesentlich sind, vom Abschlussprüfer nicht aufgedeckt werden.13 Die sich aus § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB ergebende Prüfungspflicht ist zwingend. Vorgeschriebene Prüfungen sind auch dann durchzuführen, wenn alle Gesellschafter der zu prüfenden Gesellschaft sich gegen eine Prüfung aussprechen.14 Wird bei einer nach § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB prüfungspflichtigen Gesellschaft keine Jahresabschlussprüfung durchgeführt, so darf der Jahresabschluss gemäß § 316 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht festgestellt werden. Ein entgegen dem gesetzlichen ______ 9 IDW, PS 210, Tz. 7; PS 450, Tz. 46; Baetge/Fischer/Stellbrink, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 5 zu § 317 HGB; Winkeljohann/Poullie, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 32 zu § 321 HGB; a. A. Hauser, Jahresabschlussprüfung und Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität, S. 72 ff., der der Auffassung ist, beide Begriffe erfassten bewusst und unbewusst herbeigeführte Unregelmäßigkeiten. 10 Z. B. Clemm, WPK-Mitt. 1995, 65, 71 f.; Hachmeister, DStR 1999, 1453, 1459; Hauser, Jahresabschlussprüfung und Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität, S. 100 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 18, 38 zu § 316 HGB und Rn. 21, 122 zu § 317 HGB; Baetge/Fischer/Siefke, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 9 zu § 317 HGB; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 4 zu § 317 HGB. 11 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 21 zu § 317 HGB. 12 Zur daraus resultierenden sog. Erwartungslücke („expectation gap“) z. B. Biener, in: FS Havermann, S. 37 ff.; ders., in: Baetge, Aktuelle Entwicklungen in Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung, S. 1 ff.; Böcking, in: Dörner/Menold/Pfitzer, Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und Prüfung, S. 717 ff.; Böcking/Orth, WPg. 1998, 351 ff.; Clemm, in: FS Havermann, S. 83 ff.; ders., WPK-Mitt. 1995, 65 ff.; Forster, WPg. 1994, 789 ff.; Kirsch, in: FS Baetge, S. 955 ff.; Niehus, in: FS Havermann, S. 537 ff.; Ruhnke/Deters, ZfB 1997, 923 ff.; Wolz, WPK-Mitt. 1998, 122 ff.; Wiedmann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 4. 13 IDW, PS 200, Tz. 19, 26 ff.; Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 290; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 156 f.; Wiedmann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 3; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 149 zu § 317 HGB; Baetge/Fischer/Siefke, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 36 ff. zu § 317 HGB. 14 Baetge/Fischer/Sickmann, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 24 zu § 316 HGB.
7
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Feststellungsverbot festgestellter Jahresabschluss ist nichtig.15 Mit seiner wirksamen Feststellung erlangt der Jahresabschluss Verbindlichkeit für die Gesellschaftsorgane, die Gesellschafter sowie die Inhaber sonstiger gewinnabhängiger Ansprüche.16 Kommen die gesetzlichen Vertreter der zu prüfenden Kapitalgesellschaft ihren Pflichten im Rahmen der Abschlussprüfung nicht nach, so kann gegen sie nach § 335 Nr. 3 bis 5 HGB ein Zwangsgeld festgesetzt werden.17 2.
Spezielle Prüfungspflichten
Neben Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften i. S. d. §§ 264 a f. HGB sind eine Reihe weiterer Unternehmen auf Grund spezieller Vorschriften zur Durchführung von Jahresabschlussprüfungen verpflichtet. Mit Blick auf ihre Zugehörigkeit zu besonderen Wirtschaftszweigen sind beispielsweise Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 340 k HGB) sowie Versicherungsunternehmen (§ 341 k HGB) zur Prüfung ihrer Jahresabschlüsse und Lageberichte angehalten. Für Einzelkaufleute, Personengesellschaften, die keinen Abschluss nach §§ 264 a f. HGB aufzustellen haben, Vereine, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die ein Gewerbe betreiben, sowie bestimmte Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts statuiert § 6 Abs. 1 Satz 1 PublG eine größenabhängige Prüfungspflicht. Für Genossenschaften ergibt sich eine im Verhältnis zu den handelsrechtlichen Vorschriften erweiterte Prüfungspflicht aus §§ 53 ff. GenG. Bei diesen Gesellschaften sind neben dem Jahresabschluss und dem Lagebericht (§ 53 Abs. 2 GenG) die Vermögenslage und die Geschäftsführung (§ 53 Abs. 1 GenG) zu prüfen. Besonderheiten hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes, des Prüfungsumfanges oder der Prüfungsdurchführung bestehen auch bei anderen speziell geregelten Prüfungspflichten.18 Die Abweichungen der Prüfungsregeln können in Teilbereichen unterschiedliche Grundsätze der Dritthaftung des Prüfers zur Folge haben. Neben den besonderen Vorschriften kommen jedoch vielfach die Bestim______ 15 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 47 zu § 316 HGB; Baetge/Fischer/Sickmann, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 25 zu § 316 HGB; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 25 zu § 316 HGB. 16 Siehe statt aller U. Hüffer, AktG, Rn. 2 zu § 172. 17 Haben Gesellschaften gemäß §§ 290 ff. HGB einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, so sind nach § 316 Abs. 2 HGB auch diese Unterlagen von einem Abschlussprüfer zu prüfen. Prüfungsumfang und Prüfungsziel stimmen mit denen der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes gemäß § 316 Abs. 1 HGB überein. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung steht die Haftung im Zusammenhang mit Prüfungen gemäß § 316 Abs. 1 HGB im Vordergrund. Hinsichtlich der geltenden (Dritt-)Haftungsregeln dürften für Prüfungen von Konzernabschlüssen jedoch keine wesentlichen Abweichungen bestehen. 18 Siehe zu den im geltenden Recht bestehenden Prüfungspflichten die Übersichten bei Buchner, Wirtschaftliches Prüfungswesen, S. 252 ff.; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, D. Rn. 2 ff.; Lück, Jahresabschlussprüfung, S. 5 ff.; ders., Prüfung der Rechnungslegung, S. 5 ff.; Marten/Quick/ Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 4 ff.; Selchert, Jahresabschlussprüfung bei Kapitalgesellschaften, S. 11 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 4 ff. zu § 316 HGB; Baetge/Fischer/Sickmann, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 2 ff. und Übers. 1 zu § 316 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 9, 13 zu § 316; Förschle/ Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 11 ff. zu § 316 HGB; Ruhnke/Schmidt, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 21 ff. zu § 316 HGB.
8
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
mungen über die allgemeine handelsrechtliche Jahresabschlussprüfung ergänzend zur Anwendung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 PublG, § 53 Abs. 2 Satz 2 GenG). Die Abweichungen der Haftungsregeln mit Blick auf speziell geregelte Abschlussprüfungen werden sich daher in Grenzen halten.
II.
Bestellung des gesetzlichen Abschlussprüfers
Grundlage für das Tätigwerden des Abschlussprüfers ist seine Bestellung i. S. d. § 318 HGB. Die Bestellung setzt sich nach dem Gesetz aus drei Einzelakten zusammen: der Wahl des Abschlussprüfers, der Beauftragung durch das zuständige Gesellschaftsorgan und der Annahme des Auftrages durch den Prüfer. § 318 Abs. 4 HGB sieht daneben für bestimmte Fälle eine gerichtliche Bestellung des Prüfers vor. 1.
Wahl des Prüfers
Gemäß § 318 Abs. 1 Satz 1 HGB wird der Prüfer des Jahresabschlusses grundsätzlich von den Gesellschaftern der zu prüfenden Gesellschaft gewählt. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist damit im Regelfall die Gesellschafterversammlung zuständig (§ 48 Abs. 1 GmbHG). Dasselbe gilt für Personengesellschaften i. S. d. § 264 a HGB, wobei bei prüfungspflichtigen Kommanditgesellschaften der Wahlbeschluss der Zustimmung sowohl der Komplementäre als auch der Kommanditisten bedarf.19 Gemäß § 318 Abs. 1 Satz 2 HGB kann der Gesellschaftsvertrag bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bei offenen Handelsgesellschaften und bei Kommanditgesellschaften auch eine andere Zuständigkeit bestimmen. Bei Aktiengesellschaften erfolgt die Wahl des Abschlussprüfers zwingend durch die Hauptversammlung der zu prüfenden Gesellschaft (§ 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Der Aufsichtsrat hat dabei das Vorschlagsrecht (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG). Zum Abschlussprüfer i. S. d. §§ 316 ff. HGB wählbar sind Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (§ 319 Abs. 1 Satz 1 HGB). Jahresabschlüsse mittelgroßer Gesellschaften mit beschränkter Haftung i. S. d. § 267 Abs. 2 HGB und mittelgroßer Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264 a Abs. 1 HGB dürfen auch von vereidigten Buchprüfern und Buchprüfungsgesellschaften geprüft werden (§ 319 Abs. 1 Satz 2 HGB). Wirtschaftsprüfer i. S. d. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB ist, wer als solcher öffentlich bestellt ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WPO). Die Bestellung zum Wirtschaftsprüfer setzt den Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung im Zulassungs- und Prüfungsverfahren voraus (§ 1 Abs. 1 Satz 2 WPO).20 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bedürfen der Anerkennung (§ 1 Abs. 3 WPO). Sie können in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft oder der ______ 19 BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 88/79, BGHZ 76, 338, 343. 20 Siehe zum Berufszugang näher Buchner, Wirtschaftliches Prüfungswesen, S. 1 ff., 21 ff.; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 1 ff., 13 ff.; Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 50 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Partnerschaftsgesellschaft organisiert sein (§ 27 Abs. 1 WPO). Die Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft setzt den Nachweis voraus, dass die Gesellschaft von Wirtschaftsprüfern verantwortlich geführt wird (§ 1 Abs. 3 Satz 2 WPO). Entsprechendes gilt für vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften i. S. d. § 319 Abs. 1 Satz 2 HGB (vgl. § 128 Abs. 1 WPO). Um Interessenkollisionen zu verhindern und allgemein die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Unbefangenheit der gesetzlichen Abschlussprüfer sicherzustellen, enthalten § 319 Abs. 2 bis 3 HGB und § 319 a Abs. 1 HGB Kataloge mit Ausschlussgründen. Liegt einer dieser Gründe vor, so darf die betroffene Person nicht gesetzlicher Abschlussprüfer sein. Wird ein Prüfer oder eine Prüfungsgesellschaft trotz Vorliegens eines der Ausschlussgründe der §§ 319 Abs. 2 bis 4, 319 a Abs. 1 HGB gewählt, so kommt eine Ersetzung des Prüfers im Rahmen eines Verfahrens nach § 318 Abs. 3 HGB in Betracht. Der Weg zur Anfechtungsklage ist nach den Änderungen durch das Bilanzrechtsreformgesetz21 hingegen verwährt (vgl. § 243 Abs. 3 Nr. 2 AktG).22 Da § 319 Abs. 2 bis 4 HGB und § 319 a Abs. 1 HGB als Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB angesehen werden, soll weitere Folge eines Verstoßes gegen diese Vorschriften die Nichtigkeit des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages sein.23 Die Prüfung des Jahresabschlusses durch einen nach §§ 319, 319 a HGB ausgeschlossenen Abschlussprüfer führt dagegen nicht zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses selbst. Dies ergab sich bereits aus den Gesetzesmaterialien24 zum Bilanzrichtlinien-Gesetz25 aus dem Jahre 1985 und wurde mit dem Bilanzrechtsreformgesetz26 nun auch ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen (vgl. § 256 Abs. 1 Satz 3 AktG).27 Durch die Erteilung eines Bestätigungsvermerkes oder eines Vermerkes über dessen Versagung (§ 322 HGB) begeht der ausgeschlossene Prüfer jedoch eine Ordnungswidrigkeit (vgl. § 334 Abs. 2 HGB). ______ 21 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) vom 4. Dezember 2004, BGBl. I, S. 3166. 22 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung Internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG), BT-Drucks. 15/3419 v. 24. 6. 2004, S. 35 f. 23 Z. B. BGH, Urt. v. 30. 4. 1992 – III ZR 151/91, BGHZ 118, 142, 144; Förschle/Schmidt, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 93 zu § 319 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 168 zu § 319 HGB; vgl. auch Regierungsentwurf zum Bilanzrechtsreformgesetz (siehe Fn. 22), BT-Drucks. 15/3149, S. 37. 24 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz), BT-Drucks. 10/317 v. 26. 8. 1983, S. 63, 96, 101, 106; Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz), BT-Drucks. 10/4268 v. 18. 11. 1985, S. 127. 25 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz – BiRiLiG) vom 19. Dezember 1985, BGBl. I, S. 2355. 26 Siehe Fn. 21. 27 Siehe auch den Regierungsentwurf zum Bilanzrechtsreformgesetz (siehe Fn. 22), BT-Drucks. 15/3149, S. 37; zum selben Ergebnis kam auch BGH, Urt. v. 30. 4. 1992 – III ZR 151/91, BGHZ 118, 142, 150.
10
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
§ 316 Abs. 1 HGB schreibt die Prüfung durch „einen Abschlussprüfer“ vor. Auch in den weiteren Vorschriften zur gesetzlichen Abschlussprüfung (§§ 316 ff. HGB) wird die Bezeichnung „Abschlussprüfer“ in der Einzahl verwendet. Die Wahl und Bestellung mehrerer Prüfer ist dadurch indes nicht ausgeschlossen.28 Werden im Einzelfall mehrere Prüfer gewählt, so stellt sich die Frage nach ihrem Verhältnis zueinander. Denkbar, in der Praxis jedoch selten anzutreffen29 ist der Fall, dass mehrere Prüfer mit der Maßgabe gewählt werden, die Abschlussprüfung gemeinsam durchzuführen (sog. Gemeinschaftsprüfung bzw. Joint Audit). Jeder der beteiligten Prüfer erlangt in diesem Fall die Stellung eines gesetzlichen Abschlussprüfers. Die Prüfer haben die Prüfungstätigkeiten gemeinsam durchzuführen und tragen dabei jeder die volle Verantwortung für die gesamte Prüfung und das Prüfungsergebnis.30 Das Verhältnis mehrerer gewählter Prüfer zueinander kann auch so gestaltet sein, dass sie nicht gemeinsam, sondern nebeneinander tätig werden sollen. Denkbar ist dabei die Variante, dass beide als selbständig tätige gesetzliche Abschlussprüfer bestellt werden und die Variante, dass ein Prüfer als gesetzlicher Abschlussprüfer bestellt wird und ein weiterer Prüfer eine freiwillige Abschlussprüfung durchführen soll.31 Auf Grund der erheblichen Mehrbelastung für die zu prüfende Gesellschaft scheinen diese Fälle in der Praxis jedoch die seltene Ausnahme zu sein.32 2.
Beauftragung
Gemäß § 318 Abs. 1 Satz 4 HGB hat unverzüglich nach der Wahl des Abschlussprüfers das dafür zuständige Gesellschaftsorgan den Prüfungsauftrag zu erteilen. Bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien kommt diese Aufgabe dem Aufsichtsrat zu (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG bzw. § 278 Abs. 3 AktG i. V. m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist der Aufsichtsrat ausschließlich zuständig, wenn er etwa auf Grund MitbestG oder Drit______ 28 Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf des Bilanzrichtlinien-Gesetzes (siehe Fn. 24), BTDrucks. 10/4268 v. 18. 11. 1985, S. 86, 117; IDW, PS 208, Tz. 4 ff.; Wiedmann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 777; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 65 ff. zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 48 zu § 318 HGB. 29 Siehe Westhoff, DStR 2003, 2132, 2135. 30 IDW, PS 208, Tz. 4 ff.; Wiedmann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 777 ff. 31 Die erstgenannte Variante, die Bestellung mehrerer Prüfer zu unabhängig voneinander prüfenden gesetzlichen Abschlussprüfern, wird im Schrifttum zum Teil ohne nähere Begründung für unzulässig gehalten, vgl. Kerth, StB 1987, 337, 344; Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 40 f.; Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 17 zu § 318 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 13 zu § 318; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 52 zu § 318 HGB. Weder mit dem Wortlaut der §§ 316 ff. HGB noch mit den Zwecken der gesetzlichen Abschlussprüfung lässt sich diese Ansicht begründen. Auch wenn für eine „Mehrfachprüfung“ in der Praxis häufig kein Bedürfnis bestehen wird, so ist sie doch mit der Gegenansicht als zulässig anzusehen, vgl. AG Wolfsburg, Urt. v. 19. 12. 1989 – 2 HRB 215, AG 1992, 205, 205 f.; Lutter, in: FS Semler, S. 850 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 83 ff. zu § 318 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 12 zu § 318 HGB. 32 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 86 zu § 318 HGB; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 12 zu § 163.
11
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
telbG (obligatorisch) zu bilden ist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG i. V. m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Ein freiwillig gebildeter Aufsichtsrat ist zuständig, sofern der Gesellschaftsvertrag die Auftragserteilung nicht der Geschäftsführung aufgibt (§ 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Bei Personengesellschaften i. S. d. § 264 a Abs. 1 HGB sind grundsätzlich die gesetzlichen Vertreter der Komplementärgesellschaft zur Auftragserteilung befugt. Auch hier kommt jedoch eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag in Betracht.33 3.
Prüfungsvertrag
Die Annahme des Prüfungsauftrages durch den Abschlussprüfer führt in der Regel zu einem Vertrag zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und dem gewählten Abschlussprüfer (im Folgenden „Prüfungsvertrag“). Zu Inhalt und Form dieses Vertrages und der ihm zu Grunde liegenden Willenserklärungen äußert sich das Gesetz in den §§ 316 ff. HGB nicht. Eine diesbezügliche Regelung wäre indes auch überflüssig. Mit der Erteilung des Prüfungsauftrages wollen die Organe der zu prüfenden Gesellschaft der Prüfungspflicht nach § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB nachkommen. Inhalt des Prüfungsvertrages kann daher nur die Durchführung einer den Anforderungen der §§ 316 ff. HGB entsprechenden Jahresabschlussprüfung sein. Ebenso wie die Pflicht zur Durchführung der Jahresabschlussprüfung sind die Vorschriften zu Gegenstand und Umfang der Prüfung sowie die Vorschriften zur Berichterstattung über die Ergebnisse der Prüfung zwingendes Recht.34 Abweichende Vereinbarungen bleiben daneben zwar möglich, die vereinbarte Prüfung ist dann aber nicht als gesetzliche Abschlussprüfung im Sinne der Pflicht aus § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB anzusehen.35 Einigkeit besteht darüber, dass der zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und dem Abschlussprüfer zustande kommende Prüfungsvertrag privatrechtlicher Natur ist und eine Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 Abs. 1 BGB zum Inhalt hat. In ihren Einzelheiten ist die Rechtsnatur des Prüfungsvertrages jedoch umstritten. Überwiegend wird der Vertrag als Werkvertrag36 qualifiziert, zum Teil aber auch als Dienstvertrag37 oder als typengemischtes Vertragsverhältnis besonderer Art.38 ______ 33 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 154 zu § 318 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 21 zu § 318; Wiedmann, in: Bilanzrecht, Rn. 10 zu § 318 HGB. 34 IDW, PS 220, Tz. 18 ff., 27 ff.; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 14 zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 68 zu § 318 HGB. 35 IDW, PS 220, Tz. 27 ff.; Wiedmann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 13. 36 So bspw. BGH, Urt. v. 1. 2. 2000 – X ZR 198/97, NJW 2000, 1107; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 61; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Tz. 519; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 14 zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, in: Bilanzrecht, Rn. 77 zu § 318 HGB. 37 So vertreten von Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 22 f.; und Westrick, Abschlussprüfung und Abschlussprüfer nach geltendem und zukünftigem Aktienrecht, S. 31 f. 38 Dies vertreten z. B. Grewe, in: Bonner HdR, Rn. 26 zu § 318 HGB und Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 249 f.; vgl. auch Adler/ Düring/Schmaltz, Rn. 192 zu § 318 HGB.
12
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Gegen die Qualifizierung des Prüfungsvertrages als Dienstvertrag spricht, dass es bei der Jahresabschlussprüfung letztlich keiner Seite auf die bloße Prüfungstätigkeit ankommt, sondern auf das gewonnene und mittels Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk mitgeteilte Prüfungsergebnis (den Erfolg der Prüfung). Die vorgeschriebene Berichterstattung über das Urteil des Prüfers kann insbesondere nicht lediglich als unvermeidliche und unselbständige Folge der Prüfungspflicht – verstanden als Tätigkeitspflicht – angesehen werden.39 Der Umstand, dass bei der gesetzlichen Abschlussprüfung auf Grund der gesetzlichen Vorgaben Vereinbarungen nicht nur über den Erfolg der Prüfung getroffen werden, sondern auch über den Prüfungsprozess, vermag für sich allein nicht die Kreation eines typengemischten Vertragsverhältnisses besonderer Art zu begründen. Auch im Rahmen typenreiner Werkverträge sind Vereinbarungen über Methoden und Verfahren bzw. die Art und Weise der Herstellung des Werkes möglich und üblich. Der Prüfungsvertrag zur gesetzlichen Abschlussprüfung betrifft – wie für Werkverträge charakteristisch – fest umrissene Leistungsgegenstände.40 Anders als im Rahmen von Dienstverträgen handelt der gesetzliche Abschlussprüfer bei der Durchführung der Prüfung eigenverantwortlich und weisungsfrei.41 Mit der in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegenden Ansicht ist daher die Einordnung des Prüfungsvertrages als Werkvertrag vorzuziehen.42 Dem Prüfungsvertrag werden häufig Allgemeine Geschäftsbedingungen, in der Regel die vom IDW-Verlag herausgegebenen „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“,43 zu Grunde gelegt.44 Die verwendeten vorformulierten Vertragsbedingungen enthalten neben allgemeinen Vereinbarungen zum Umfang und zur Ausführung der Prüfung auch Regelungen, die die zivilrechtliche Haftung des Prüfers beschränken sollen.45 Der Prüfungsvertrag kann aber ebenso in individueller Form geschlossen oder – was wohl der Regelfall ist – durch individualvertragliche Vereinbarungen ergänzt werden.46 Hinsichtlich des Vertragsschlusses legt das Gesetz nahe, dass das Vertragsangebot von der prüfungspflichtigen Gesellschaft ausgeht und der Prüfer das Angebot lediglich annimmt (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 4, Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 HGB). In der ______ 39 So aber Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 22. 40 BGH, Urt. v. 1. 2. 2000 – X ZR 198/97, NJW 2000, 1107. 41 Eine eigenverantwortliche und weisungsfreie Tätigkeit wird als Charakteristikum des Werkvertrages angesehen, vgl. nur Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 866; Peters, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu §§ 631 ff., Rn. 24; Soergel, in: Münch. Komm. BGB, Rn. 16 zu § 631. 42 Die Bedeutung dieses Streites für die zu untersuchende Frage der Dritthaftung ist gering. Siehe zur Haftung aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte Teil 1.B.IV.3, S. 95 ff. 43 Gegenwärtig vom Stand 1. 1. 2002. 44 Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 520; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 199 zu § 318 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 16 zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, in: Bilanzrecht, Rn. 79 zu § 318 HGB; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 11 zu § 318 HGB. 45 Siehe dazu näher Teil 3.D, S. 231 ff. 46 IDW, PS 220, Tz. 15; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 199 zu § 318 HGB.
13
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Praxis unterbreitet der Prüfer nach Aufforderung durch die Organe der zu prüfenden Unternehmen indes im Regelfall selbst ein Angebot. Der Vertragsschluss erfolgt in diesem Fall im Wege der Bestätigung des Angebotes durch die zu prüfende Gesellschaft.47 Denkbar ist aber auch, dass die Erklärung der zu prüfenden Gesellschaft bereits alle notwendigen Punkte enthält, so dass der Prüfer den Prüfungsauftrag in der Tat lediglich annehmen muss.48 In der Praxis ist die Versendung ausführlicher Auftragsbestätigungsschreiben üblich.49 Das Gesetz schreibt für den Prüfungsvertrag zwar keine Schriftform vor, ein mündlicher Vertragsschluss wird in der Praxis indes die seltene Ausnahme sein.50 Wird ein einzelner Wirtschaftsprüfer (bzw. vereidigter Buchprüfer) oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (bzw. Buchprüfungsgesellschaft) zum Abschlussprüfer gewählt, so werden in der Regel allein sie Partner des Prüfungsvertrages mit der zu prüfenden Gesellschaft.51 Werden mehrere Prüfer gewählt, so werden sie im Regelfall auch alle vertraglich gebunden. Eine Sozietät (GbR) kann als solche nicht die Stellung eines gesetzlichen Abschlussprüfers i. S. d. §§ 316 ff. HGB einnehmen (vgl. §§ 319 Abs. 1 HGB, 27 WPO). Werden mehrere namentlich benannte Sozien oder nur ein bestimmter Sozius als Prüfer gewählt, so werden in der Regel auch nur die spezifisch Bezeichneten Vertragspartner. Letztlich entscheidet in allen Fällen die Auslegung der entsprechenden Erklärungen im Zusammenhang mit der Beauftragung des Prüfers, wer Vertragspartner geworden ist.52 4.
Ablehnung, Widerruf und Kündigung
Dem Prüfer steht die Annahme oder Ablehnung eines Prüfungsauftrages grundsätzlich frei. Lehnt der Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag ab, so hat er dies gemäß § 51 Satz 1 WPO gegenüber der auftraggebenden Gesellschaft unverzüglich zu erklären.53 Eine Pflicht zur Ablehnung des Prüfungsauftrages besteht, wenn einer der Ausschlusstatbestände des §§ 319 Abs. 2 bis 4, 319 a Abs. 1 HGB vorliegt ______ 47 Siehe zur Praxis Selchert, Jahresabschlussprüfung von Kapitalgesellschaften, S. 66 f.; Theisen, DB 1999, 341, 343 sowie IDW, PS 220, Tz. 7 ff. 48 IDW, PS 220, Tz. 7. 49 IDW, PS 220, Tz. 15; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 521. 50 IDW, PS 220, Tz. 7 f., 15; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 521; Selchert, Jahresabschlussprüfung von Kapitalgesellschaften, S. 67. 51 Unzutreffend in diesem Zusammenhang Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 14 zu § 318, der annimmt, dass ein Wahlbeschluss zugunsten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Regel dahingehend auszulegen ist, dass diejenigen Wirtschaftsprüfer, die im Zeitpunkt der Wahl „der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Partner angehören“, Gemeinschaftsprüfer sein sollen. Zutreffend wäre diese Anmerkung mit Blick auf eine Wirtschaftsprüfer-Sozietät (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Diese kann jedoch nicht Wirtschaftsprüfungsgesellschaft i. S. d. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB sein (vgl. § 27 Abs. 1 WPO sowie oben Teil 1.A.II.1, S. 9). Missverständlich ist insofern auch Ebkes Verweis auf IDW, PS 208, Tz. 7. 52 IDW, PS 208, Tz. 7 ff.; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 530 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 76 ff. zu § 318 HGB. 53 Entsteht aus einer schuldhaften Verzögerung der Ablehnungserklärung ein Schaden, so hat ihn der Prüfer gemäß § 51 Satz 2 WPO zu ersetzen.
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A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
oder Besorgnis der Befangenheit besteht.54 Der von einem Prüfer angenommene Prüfungsauftrag kann von ihm gemäß § 318 Abs. 6 HGB nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Meinungsverschiedenheiten über das Prüfungsergebnis schließt das Gesetz als Kündigungsgrund aus. Ein Widerruf des erteilten Prüfungsauftrages durch die zu prüfende Gesellschaft ist gemäß § 318 Abs. 1 Satz 5 HGB nur zulässig, wenn das Gericht auf Antrag gemäß § 318 Abs. 3 HGB aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund einen anderen Prüfer bestellt hat. 5.
Gerichtliche Bestellung
Wenn der gesetzliche Abschlussprüfer entgegen § 318 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht bis zum Ablauf des Geschäftsjahres gewählt worden ist, so hat das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter, des Aufsichtsrates oder eines Gesellschafters den Abschlussprüfer zu bestellen (§ 318 Abs. 4 Satz 1 HGB). Gleiches gilt, wenn ein gewählter Abschlussprüfer die Annahme des Prüfungsauftrages abgelehnt hat, weggefallen ist oder am rechtzeitigen Abschluss der Prüfung verhindert ist und ein anderer Abschlussprüfer nicht gewählt worden ist (§ 318 Abs. 4 Satz 2 HGB). Das Verfahren der gerichtlichen Bestellung richtet sich nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit; zuständig sind die Amtsgerichte (§ 145 Abs. 1 FGG). Die Bestellung des Abschlussprüfers durch das Gericht ersetzt sowohl die Wahl des Prüfers als auch die Auftragserteilung. Der Prüfer darf die Durchführung der Prüfung (d. h. seine gerichtliche Bestellung) ebenso ablehnen, wie im Rahmen einer Beauftragung durch die Gesellschaftsorgane.55 Nach allgemeiner Ansicht kommt durch die Annahme der gerichtlichen Bestellung kraft Gesetzes ein schuldrechtlicher Vertrag über die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfung zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und dem vom Gericht gewählten Abschlussprüfer zustande, der den üblichen Regelungen des Prüfungsvertrages entspricht.56 Gemäß § 318 Abs. 5 HGB hat der vom Gericht bestellte Abschlussprüfer Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung seiner Tätigkeit. Die Höhe der Auslagen und die Vergütung setzt das Gericht fest.
III.
Berichterstattung über die Ergebnisse der Prüfung
Der gesetzliche Abschlussprüfer berichtet über die Ergebnisse seiner Prüfung in unterschiedlicher Form an unterschiedliche Adressaten- und Empfängerkreise. ______ 54 WPK, Berufssatzung, § 24 Abs. 1; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 197 zu § 318 HGB; Winkeljohann/ Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 15 zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 67 zu § 318 HGB; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 13 zu § 318. 55 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 422 zu § 318 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB; Rn. 65 zu § 318; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 148 zu § 318 HGB. 56 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 423 zu § 318 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 65 zu § 318; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 32 zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 148 zu § 318 HGB.
15
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Das Gesetz sieht eine ausführliche Darstellung in der Form eines schriftlichen Prüfungsberichtes gemäß § 321 HGB, eine Zusammenfassung in der Form eines schriftlichen Bestätigungsvermerkes gemäß § 322 HGB sowie einen Bericht über die wesentlichen Ergebnisse in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG vor. Weitere prüfungsbezogene Äußerungen sind dadurch nicht ausgeschlossen. 1.
Prüfungsbericht
Der Mindestinhalt des Prüfungsberichtes ist in § 321 HGB gesetzlich geregelt. Den geschilderten Prüfungsgegenständen und dem Prüfungsumfang57 entsprechend hat der Prüfer im Hauptteil des Berichtes festzustellen, ob die Buchführung und die weiteren geprüften Unterlagen, der Jahresabschluss sowie der Lagebericht den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung entsprechen (§ 321 Abs. 2 Satz 1 HGB). Bereits vorweg hat er über festgestellte Unrichtigkeiten oder Verstöße zu berichten, die den Bestand des geprüften Unternehmens oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder Arbeitnehmer gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder die Satzung erkennen lassen (§ 321 Abs. 1 Satz 3 HGB). Der Prüfer hat darauf einzugehen, ob der Abschluss insgesamt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt (§ 321 Abs. 2 Satz 3 HGB). Zu berichten ist auch, welchen Einfluss Änderungen in den Bewertungsgrundlagen einschließlich der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten und der Ausnutzung von Ermessensspielräumen sowie sachverhaltsgestaltende Maßnahmen haben (§ 321 Abs. 2 Satz 4 HGB). Soweit diese Angaben nicht bereits im Anhang gemäß §§ 264 Abs. 1 Satz 1, 284 ff. HGB enthalten sind, sind hierzu die Posten des Jahresabschlusses aufzugliedern und ausreichend zu erläutern.58 Der Prüfungsbericht ist vom Abschlussprüfer unter Angabe von Ort und Datum und unter Verwendung seiner Berufsbezeichnung (§ 18, 128 Abs. 2 WPO) eigenhändig zu unterzeichnen (§ 321 Abs. 5 Satz 1 HGB).59 Es besteht zudem die Pflicht zur Siegelführung (§§ 48, 130 Abs. 1 Satz 1 WPO). Werden mehrere Prüfer zum gesetzlichen Abschlussprüfer (Gemeinschaftsprüfer) bestellt, so ist der Prüfungsbericht von jedem Prüfer zu unterzeichnen.60 Werden mehrere Prüfer in der Weise ______ 57 Siehe Teil 1.A.I.1, S. 6 ff. 58 Zum weiteren Inhalt und zum Aufbau des Prüfungsberichtes detailliert Grewe, in: IDW, WPHdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 9 ff.; IDW, PS 450, Tz. 21 ff. sowie – z.T. aber überholt – Pfitzer, in: Dörner/ Menold/Pfitzer, Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und Prüfung, S. 649 ff.; Scheffler, WPg. 2002, 1289, 1293 ff., 1296 f.; Steiner, Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, S. 145 ff. 59 IDW, PS 450, Tz. 114 ff. 60 Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 267; IDW, PS 450, Tz. 114 ff.; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 533; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 163 zu § 321 HGB.
16
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
bestellt, dass sie nebeneinander die Prüfung durchführen, so hat jeder einen Prüfungsbericht anzufertigen und zu unterzeichnen.61 Wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum gesetzlichen Abschlussprüfer bestellt, so dürfen für diese nur Wirtschaftsprüfer und in den Fällen des § 319 Abs. 1 Satz 2 HGB auch vereidigte Buchprüfer den Prüfungsbericht unterschreiben (§ 32 WPO).62 Entsprechendes gilt für Buchprüfungsgesellschaften (§§ 32, 130 Abs. 2 WPO). Der Kreis der gesetzlich für den Normalfall vorgesehenen Adressaten des Prüfungsberichtes ist eng. § 321 HGB nennt als Empfänger lediglich die gesetzlichen Vertreter der zu prüfenden Gesellschaft und den Aufsichtsrat. Wurde der Prüfungsauftrag von den gesetzlichen Vertretern erteilt, so ist ihnen auch der Prüfungsbericht vorzulegen (§ 321 Abs. 5 Satz 1 HGB). Hat dagegen der Aufsichtsrat den Auftrag erteilt, so ist ihm der Bericht zuzuleiten. Den gesetzlichen Vertretern ist in diesem Fall zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 321 Abs. 5 Satz 2 HGB). Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung erweitert § 42 a Abs. 1 Satz 2 GmbHG den Adressatenkreis des Prüfungsberichtes. Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt, ist der Bericht gemeinsam mit dem Jahresabschluss und dem Lagebericht allen Gesellschaftern vorzulegen. In der Praxis ist der Kreis der Empfänger des Prüfungsberichtes nicht selten wesentlich weiter. Die genannten gesetzlichen Regelungen verbieten es den Vertretern der geprüften Unternehmen nicht, den Prüfungsbericht an Dritte außerhalb des gesetzlich vorgesehenen Empfängerkreises weiterzugeben oder ihnen Einsicht zu gewähren.63 Neben verschiedenen staatlichen Behörden sind vor allem potentielle Kreditgeber und Käufer von Anteilen der zu prüfenden Gesellschaften an den Feststellungen des Prüfungsberichtes interessiert. Ihnen werden der Prüfungsbericht oder Teile desselben häufig im Zusammenhang mit den Kreditverhandlungen oder im Rahmen einer due-diligence-Prüfung64 vorgelegt.65 Kreditinstitute, die dem Kreditwesengesetz (KWG) unterliegen, müssen sich bei der Gewährung von Krediten über mehr als 750.000 Euro oder 10 vom Hundert des haftenden Eigenkapitals gemäß § 18 Satz 1 KWG die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer durch geeignete Unterlagen, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, lassen. Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers wird in § 18 KWG nicht aus______ 61 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 88 zu § 318 HGB. 62 § 32 WPO spricht zwar nur von der Unterzeichung von Bestätigungsvermerken. Für die Unterzeichnung von Prüfungsberichten gilt nach allgemeiner Ansicht jedoch dasselbe, vgl. Grewe, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 267 f.; IDW, PS 450, Tz. 114 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 164 zu § 321 HGB; Winkeljohann/Poullie, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 132 zu § 321 HGB. 63 Grewe, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 21; Hense, in: FS Budde, S. 288 f., 298 ff.; Steiner, Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, S. 142 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 25 f., 36 zu § 321 HGB. 64 Als due diligence oder due-diligence-Prüfung werden in der Praxis im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen oder -zusammenschlüssen sorgfältige Untersuchungen des Zielunternehmens bezeichnet; vgl. zum Begriff und zur Praxis näher Angersbach, Due Diligence beim Unternehmenskauf, S. 22 ff.; Heinrich Pack, in: Picot, Handbuch Mergers & Acquisitions, S. 287 ff.; Berens/ Schmitting/Strauch, in: Berens/Brauner/Strauch, Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, S. 75 ff. 65 Grewe, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 21.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
drücklich erwähnt. Das frühere Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred)66 hatte in einem inzwischen aufgehobenen Rundschreiben ausgeführt, dass in bestimmten Fällen nur die bankeigene Auswertung des Prüfungsberichtes eine hinreichend klare Vorstellung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers vermitteln könne.67 Vor diesem Hintergrund scheint es allgemeine Übung geworden zu sein, dass Kreditinstitute unter Hinweis auf § 18 KWG die Vergabe von Krediten an prüfungspflichtige Unternehmen u. a. von der Vorlage des Prüfungsberichtes abhängig machen.68 Anders als die gesetzliche Regelung in § 321 HGB nahe legen mag, stellt der Prüfungsbericht daher in der Praxis weitaus mehr als lediglich ein internes Informationsmittel für die Kontroll- und Leitungsorgane des Unternehmens dar. Das Bilanzrechtsreformgesetz aus dem Jahre 200469 hat zudem mit § 321 a HGB eine Vorschrift eingeführt, die für bestimmte Konstellationen Gläubigern und Gesellschaftern der geprüften Gesellschaft ein Einsichtsrecht in die Prüfungsberichte der letzten drei Geschäftsjahre einräumt. Die Gesetzesmaterialien70 verweisen zum Hintergrund der neuen Regelung auf die schwierige Situation, in die Abschlussprüfer geraten können, wenn etwa im Falle unerwarteter Unternehmensschieflagen die Öffentlichkeit eine mangelhafte Prüfung oder Berichterstattung des Abschlussprüfers annimmt. Auf Grund der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht hatten Abschlussprüfer bislang keine Möglichkeiten, zu den in der Öffentlichkeit geäußerten Vermutungen Stellung zu nehmen. Wird über das Vermögen der geprüften Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet oder wird der Antrag auf Eröffnung desselben mangels Masse abgewiesen, so haben nunmehr Gläubiger und Gesellschafter die Möglichkeit, selbst oder durch einen Wirtschaftsprüfer (vereidigten Buchprüfer) Einsicht in die Prüfungsberichte der drei letzten Geschäftsjahre zu nehmen. Das Einsichtsrecht bezieht sich dabei auf die gesetzlich geforderte Berichterstattung (§ 321 a Abs. 1 Satz 1, letzter Hs. HGB). Bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien setzt das Einsichtsrecht der Gesellschafter zu Gunsten der Praktikabilität71 einen bestimmten Anteil am Grundkapital bzw. Börsenwert voraus (§ 321 a Abs. 2 Satz 1 HGB).
______ 66 Rechtsnachfolger des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred) ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). 67 BAKred, Rundschreiben Nr. 9/98 vom 7. Juli 1998 (3-237-2/94), aufgehoben durch Schreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht an den Zentralen Kreditausschuss vom 9. Mai 2005 (BA 13 – GS 3350 – 1/2005). 68 Hense, in: FS Budde, S. 303; vgl. auch Grewe, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 38; Scheffler, WPg. 2002, 1289, 1294; Steiner, Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, S. 142 f.; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 36 zu § 321 HGB. 69 Siehe Fn. 21. 70 Regierungsentwurf des Bilanzrechtsreformgesetzes (siehe Fn. 22), BT-Drucks. 15/3419 v. 24. 6. 2004, S. 43. 71 Regierungsentwurf des Bilanzrechtsreformgesetzes (siehe Fn. 22), a. a. O.
18
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
2.
Bestätigungsvermerk
Im Bestätigungsvermerk („Testat“)72 hat der Abschlussprüfer das Ergebnis seiner Prüfung zusammenzufassen. Neben der Beurteilung des Prüfungsergebnisses sind Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung wiederzugeben (§ 322 Abs. 1 HGB). Seit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsreformgesetzes73 sieht das Gesetz vier Möglichkeiten der Tenorierung des Schlussvermerks vor: die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerkes, die Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerkes, die Versagung des Bestätigungsvermerkes auf Grund von Einwendungen sowie die Versagung des Bestätigungsvermerkes deshalb, weil der Abschlussprüfer nicht in der Lage ist, ein Prüfungsurteil abzugeben (§ 322 Abs. 2 Satz 1 HGB). Erhebt der Abschlussprüfer keine Einwendungen, so hat er im Bestätigungsvermerk zu erklären, dass die von ihm nach § 317 HGB durchgeführte Prüfung zu keinen Einwendungen geführt hat und dass der von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft aufgestellte Jahresabschluss auf Grund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse des Abschlussprüfers nach seiner Beurteilung den gesetzlichen Vorschriften entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt (§ 322 Abs. 3 Satz 1 HGB).74 Sind Einwendungen zu erheben, so hat der Abschlussprüfer diese Erklärung einzuschränken oder zu versagen (§ 322 Abs. 4 Satz 1 HGB). Ein Vermerk über eine Versagung (sog. Versagungsvermerk) darf konsequenterweise nicht mehr als „Bestätigungsvermerk“ bezeichnet werden (§ 322 Abs. 4 Satz 2 HGB).75 Sieht sich der Abschlussprüfer auch nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhalts nicht in der Lage, ein Prüfungsurteil abzugeben, so ist der mit dem Bilanzrechtsreformgesetz76 in das Gesetz eingeführte „disclaimer“ abzugeben. Auch der „disclaimer“ ist ein Versagungsvermerk, beinhaltet jedoch kein negatives Prüfungsurteil. Der Prüfer bringt mit seiner Hilfe lediglich zum Ausdruck, dass er nicht in der Lage ist, ein Prüfungsurteil abzugeben.77 ______ 72 Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers wird in der Praxis häufig auch als „Testat“ bezeichnet. 73 Siehe Fn. 21. 74 Näher zum Inhalt und zur Formulierung Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 422 ff.; IDW, PS 400, Tz. 17 ff. sowie im Anhang; Förschle/Küster, Beck Bilanz-Komm., Rn. 17 ff., 40 zu § 322 HGB; Pfitzer/Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 29 ff. zu § 322 HGB. 75 Näher zur Einschränkung und zur Versagung sowie zur Formulierung entsprechender Vermerke Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 513 ff.; IDW, PS 400, Tz. 50 ff. sowie im Anhang; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 41 ff., 57 ff. zu § 322 HGB; Lück, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 32 ff., 38 ff. zu § 322 HGB; Pfitzer/Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 111 ff. zu § 322 HGB; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 22 ff. zu § 322 HGB. 76 Siehe Fn. 21. 77 Regierungsentwurf des Bilanzrechtsreformgesetzes (siehe Fn. 22), BT-Drucks. 15/3419 v. 24. 6. 2004, S. 45.
19
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung ist ebenso wie der Prüfungsbericht unter Angabe von Ort und Tag von dem Abschlussprüfer eigenhändig zu unterzeichnen und zu siegeln (§ 322 Abs. 7 Satz 1 HGB, §§ 48, 130 Abs. 1 Satz 1 WPO). Anzugeben ist auch hier die Berufsbezeichnung des Prüfers (§§ 18, 128 Abs. 2 WPO). Wurden mehrere Prüfer zu gesetzlichen Abschlussprüfern bestellt, so gilt hinsichtlich ihrer Unterschriften das zur Unterzeichnung des Prüfungsberichtes Gesagte.78 Üblicherweise wird der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung auf dem ihm zu Grunde liegenden Jahresabschluss angebracht oder mit diesem fest verbunden.79 Der Abschlussprüfer übermittelt den Vermerk an die gesetzlichen Vertreter der geprüften Gesellschaft.80 Ein weiteres Exemplar des Vermerkes ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen (§ 322 Abs. 7 Satz 2 HGB). Die geprüfte Gesellschaft trifft die Pflicht, den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über dessen Versagung gemäß §§ 325 ff. HGB zusammen mit anderen Rechnungslegungsunterlagen offenzulegen. Dazu sind die Unterlagen zum Handelsregister des Sitzes der geprüften Gesellschaft einzureichen. Unverzüglich nach der Einreichung haben die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welchem Handelsregister und unter welcher Nummer die Unterlagen eingereicht worden sind (§ 325 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB). Große Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 3 HGB und prüfungspflichtige Personengesellschaften i. S. d. § 264 a Abs. 1 HGB haben den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über dessen Versagung im Bundesanzeiger bekannt zu machen und danach mit den anderen Unterlagen zum Handelsregister einzureichen (§ 325 Abs. 2 Satz 1 HGB). Weitere Publizitätspflichten können sich aus Gesetz oder Gesellschaftsvertrag ergeben. Sie bleiben durch die bilanzrechtliche Offenlegungspflicht unberührt (§ 325 Abs. 5 HGB). Bekanntmachungen im Bundesanzeiger und zum Handelsregister eingereichte Unterlagen sind jedermann zugänglich (vgl. für das Handelsregister § 9 Abs. 1 HGB). Dies entspricht dem Adressatenkreis des Bestätigungsvermerkes bzw. des Vermerkes über dessen Versagung. Anders als der Prüfungsbericht sind Bestätigungs- und Versagungsvermerk bereits ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nach an die Öffentlichkeit gerichtet.81 Unmittelbare Empfänger des Vermerkes sind lediglich die gesetzlichen Vertreter der geprüften Gesellschaft sowie die Empfänger des Prüfungsberichtes. Die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft legen jedoch ihrerseits häufig den Bestätigungsvermerk bei Verhandlungen mit Dritten als Kreditunterlage oder sonstigen Beleg vor. Kreditinstitute müssen sich bei der Gewährung größerer Kredite den mit dem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschluss schon auf Grund § 18 KWG vorlegen lassen. ______ 78 Siehe Teil 1.A.III.1, S. 16 f. 79 IDW, PS 400, Tz. 80. 80 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 350 zu § 322. 81 Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 43 ff.; Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 392; Pfitzer/Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 5 zu § 322 HGB.
20
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Ein Widerruf des Bestätigungsvermerkes durch den Abschlussprüfer ist im Gesetz nicht geregelt. Nach allgemeiner Ansicht besteht dennoch eine Pflicht zum Widerruf, wenn der Prüfer nach Erteilung des Bestätigungsvermerkes erkennt, dass die Voraussetzungen für dessen Erteilung nicht vorgelegen haben und die geprüfte Gesellschaft nicht bereit ist, die notwendigen Schritte zu einer Änderung des geprüften Abschlusses und zur Information derjenigen zu unternehmen, die von dem geprüften Abschluss Kenntnis erlangt haben. Zu einer Beobachtung oder Verfolgung des geprüften Abschlusses bzw. der geprüften Gesellschaft ist der Prüfer nach Beendigung seiner Prüfung indes nicht verpflichtet.82 3.
Berichterstattung in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates
Gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG hat der Abschlussprüfer an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates oder eines von diesem eingerichteten Bilanzausschusses teilzunehmen und über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung zu berichten. Dies gilt nicht allein für prüfungspflichtige Aktiengesellschaften, sondern ebenso für andere prüfungspflichtige Gesellschaften, für die ein Aufsichtsrat vorgesehen ist (vgl. § 278 Abs. 3 AktG, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 DrittelbG, § 52 Abs. 1 GmbHG).83 Den Mitgliedern des Aufsichtsrates liegen der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk vor. Die Berichterstattung gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG kann sich daher nicht allein auf eine Wiederholung der Inhalte dieser Unterlagen beschränken.84 Der Abschlussprüfer hat vielmehr auf Anfrage einzelne Stellen der Bilanz oder des Prüfungsberichtes näher zu erläutern.85 Eine bestimmte Form schreibt das Gesetz für den Bericht des Abschlussprüfers nicht vor. Da der Bericht im Rahmen der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates zu erstatten ist, wird er in der Regel mündlich erfolgen.86 Der Bericht kann aus einem in sich abgeschlossenen Referat bestehen. Er kann sich aber auch aus den Antworten des Prüfers auf Fragen der Aufsichtsratsmitglieder zusammensetzen.87 Nicht ausgeschlossen ist, dass der Abschlussprüfer sein Referat oder dessen wesentliche Inhalte den anwesenden Aufsichtsratsmitgliedern in schriftlicher Form überreicht ______ 82 KG Berlin, Urt. v. 19. 9. 2000 – 2 W 5362/00, AG 2001, 187, 188; Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 285; Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 684; IDW, PS 400, Tz. 111 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 362 ff., 365 zu § 322 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 34 f. zu § 322; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 114 ff. zu § 322 HGB; Lück, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 62 zu § 322 HGB. 83 Ergibt sich die Bildung des Aufsichtsrates nicht aus dem Gesetz, sondern allein aus dem Gesellschaftsvertrag, so können abweichende Regelungen vereinbart sein, vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG a. E. 84 Forster, in: FS Sieben, S. 381; Kropff, in: FS Müller, S. 485; U. Hüffer, in: AktG, Rn. 11b zu § 171; Poll, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 19 zu § 171 AktG. 85 Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BT-Drucks. 13/9712 vom 28. 1. 1998, S. 22; vgl. auch IDW, PS 470, Tz. 8 ff. 86 Forster, in: FS Sieben, S. 383; IDW, PS 470; Scheffler, WPg. 2002, 1289, 1291, 1300; U. Hüffer, in: AktG, Rn. 11 b zu § 171. 87 Forster, in: FS Sieben, S. 383; vgl. auch Kropff, in: FS Müller, S. 485 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
oder seinen Vortrag durch eine optische Präsentation unterstützt. Schriftliche Ergänzungen des Berichtes im Nachgang der Sitzung sind ebenfalls denkbar und zulässig.88 4.
Sonstige prüfungsbezogene Äußerungen
Das Gesetz sieht allein den Prüfungsbericht, den Bestätigungsvermerk und den Bericht in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates als Mittel der Berichterstattung des Prüfers vor. Andere Formen der Vermittlung von Prüfungsfeststellungen und Prüfungsurteilen sind dadurch freilich nicht ausgeschlossen. In der Praxis sind (auch) im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen Teil-, Zwischen- oder Sonderberichte sowie sog. Management-Letter üblich. Zu nennen ist auch das der Gesellschaft vorgelegte Vorwegexemplar (der Entwurf) des Prüfungsberichtes.89 Hinzu kommen mündliche Äußerungen, etwa im Rahmen der sog. Schlussbesprechung und ihr vorangehender einfacher Besprechungen. Anzutreffen sind in der Praxis aber auch kurze mündliche oder schriftliche Auskünfte, die die geprüfte Gesellschaft oder Dritte über den Stand der Prüfung informieren.90 Mangels gesetzlicher Regelung bestehen für diese Äußerungen keine sicher abgrenzbaren Begrifflichkeiten. Teil-, Zwischen- und Sonderberichte stehen ihrem Inhalt und ihrer Ausgestaltung nach dem Prüfungsbericht nahe. Unter „Teilberichten“ werden dabei in der Regel Berichte verstanden, die Feststellungen oder Urteile des Prüfers zu einzelnen Prüfungsgegenständen formulieren. Sie können gesetzliche Prüfungsgegenstände oder andere Sachverhalte betreffen und sowohl als endgültige Berichte als auch als Vorabberichte ausgestaltet sein. Betreffen sie gesetzliche Prüfungsgegenstände, so ist im Prüfungsbericht auf ihre Existenz und auf ihren Inhalt hinzuweisen.91 Unter „Zwischenberichten“ werden Berichte verstanden, die den Aufsichtsrat oder andere Empfänger über Zwischenergebnisse der laufenden Abschlussprüfung informieren.92 „Sonderberichte“ sind nach dem Verständnis eines Teils des Schrifttums Teilberichte, auf die im Prüfungsbericht nicht hingewiesen wird.93 Nach anderem Begriffsverständnis werden die Begriffe „Teilbericht“ und „Sonderbericht“ synonym verwendet.94 ______ 88 U. Hüffer, in: AktG, Rn. 11b zu § 171. 89 Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 49, 291 ff.; Scheffler, WPg. 2002, 1289, 1289 ff.; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 843 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 156 zu § 321 HGB. 90 Siehe nur den Sachverhalt des BGH-Urteils vom 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257 ff. 91 Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 49, 151, 252; IDW, PS 450, Tz. 17; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 45 zu § 321 HGB; Winkeljohann/Poullie, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 13 zu § 321 HGB. 92 Scheffler, in: WPg. 2002, 1289, 1291 (re. Sp.); in anderem Zusammenhang werden als „Zwischenberichte“ aber auch den Prüfungsberichten entsprechende Berichte über die Durchführung von Zwischenprüfungen verstanden, vgl. Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 49; Scheffler, in: WPg. 2002, 1289, 1291 (li. Sp.). 93 So offenbar Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 45, 158 zu § 321 HGB. 94 So Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 49 ff.
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A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Management-Letter enthalten ergänzende Informationen, mit denen der Abschlussprüfer den gesetzlichen Vertretern getrennt vom Prüfungsbericht organisatorische Hinweise aus Anlass der Prüfung gibt.95 In der Regel enthalten diese Schreiben Feststellungen, Beanstandungen oder Verbesserungsvorschläge zu nicht optimalen Verfahrensweisen, die für die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung von untergeordneter Bedeutung sind.96 Einen ähnlichen Inhalt haben die vor Beendigung der Prüfung üblicherweise durchgeführten Schlussbesprechungen. An ihnen nehmen der Abschlussprüfer sowie die gesetzlichen Vertreter und möglicherweise weitere zuständige Stellen der geprüften Gesellschaft teil. Ziel ist es, zwischen den Parteien eine abschließende Abstimmung herzustellen und den Gesellschaftsorganen die wichtigsten Prüfungsfeststellungen vorab zu vermitteln.97 Der grundsätzlich mündliche Vortrag des Abschlussprüfers in der Schlussbesprechung schließt schriftliche Vorlagen, Präsentationen oder ein schriftliches Ergebnisprotokoll nicht aus.98 Im Rahmen der Schlussbesprechung legt der Prüfer häufig ein Vorwegexemplar seines Prüfungsberichtes vor. Nach überwiegender Ansicht ist diese Praxis mit der seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)99 bestehenden Regelung des § 321 Abs. 5 Satz 2, 2. Hs. HGB vereinbar.100 Das Vorwegexemplar wird üblicherweise als „Entwurf“ oder „unverbindlich“ gekennzeichnet sein und vom Abschlussprüfer vor Aushändigung des endgültigen Prüfungsberichtes zurückgefordert werden.101 Während der Prüfung – der Schlussbesprechung vorgelagert – kommt es zu „einfachen“ Besprechungen mit den zuständigen Stellen der zu prüfenden Gesellschaft, in denen der Prüfer die für die Durchführung der Prüfung notwendigen Informationen erfragt. Auch in diesem Rahmen sind mündliche oder schriftliche prüfungsbezogene Äußerungen denkbar.
IV.
Funktionen und Interessenten der Prüfung
Die Funktionen der gesetzlichen Abschlussprüfung (§§ 316 ff. HGB) stehen in engem Zusammenhang mit den Funktionen der externen Rechnungslegung als solcher. Aus ihren Aufgaben ergeben sich zugleich auch die Interessenten einer unabhängigen Prüfung. ______ 95 IDW, PS 450, Tz. 17. 96 Scheffler, WPg. 2002, 1289, 1294 f.; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 843 f.; Wiedmann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 799 ff.; Pfitzer/Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 513 ff. zu § 321 HGB; Tielmann, Durchsetzung ordnungsmäßiger Rechnungslegung, S. 88 f. 97 Lück, in: Jahresabschlussprüfung, S. 145 f.; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 836; Wiedmann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 794 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 159 zu § 321 HGB. 98 Vgl. Wiedmann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 797. 99 Gesetz vom 27. April 1998, BGBl. I, S. 786. 100 So z. B. D. Dörner, DB 2000, 101, 104; Forster, WPg. 1998, 41, 53; Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 291; Schindler/Rabenhorst, BB 1998, 1886, 1888, Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 84 zu § 321 HGB; a. A. Hommelhoff, BB 1998, 2625, 2628. 101 Vgl. Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 292; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 157 zu § 321 HGB; Pfitzer/Orth, in: Baetge/Fischer/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 125 zu § 321 HGB.
23
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
1.
Externe Rechnungslegung
Aufgabe der handelsrechtlichen Rechnungslegung ist in erster Linie die Dokumentation des Unternehmensgeschehens durch eine Darstellung der in der Berichtsperiode ausgelösten Geld- und Güterbewegungen und des Bestandes der Werte am Ende der Periode (sog. Dokumentationsfunktion). Mittels Jahresabschluss und Lagebericht sollen Personenkreise, die zu dem Unternehmen Beziehungen unterhalten oder solche noch aufnehmen wollen, mit entscheidungsrelevanten Informationen über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens bzw. der Gesellschaft versorgt werden (sog. Informationsfunktion). Gleichzeitig legt die Unternehmensleitung gegenüber den nicht an der Geschäftsführung beteiligten Anteilseignern Rechenschaft über ihre Tätigkeit im Berichtszeitraum ab (sog. Rechenschaftsfunktion). Durch die bilanzrechtlichen Vorschriften zur Ermittlung und Verwendung des Bilanzgewinnes werden mittelbar die Ansprüche unterschiedlicher Personengruppen geschützt (sog. Sicherungsfunktion). Die Gläubiger etwa haben ein Interesse daran, dass das Eigenkapital der Gesellschaft nicht durch zu hohe Ausschüttungen geschmälert wird. Bei Kapitalgesellschaften ist die jährliche Ausschüttung aus diesem Grunde auf den Bilanzgewinn beschränkt. Aus der Perspektive der Anteilseigner dient der Jahresabschluss der Konkretisierung des Vermögens, über dessen Verwendung ausschließlich die Gesellschafter – nicht das Management – entscheiden dürfen. Daneben dient die handelsrechtliche Rechnungslegung der Ermittlung steuerlicher Bemessungsgrundlagen (Steuerbemessungsfunktion). Der handelsrechtliche Jahresabschluss ist auf Grund des geltenden Maßgeblichkeitsprinzips (§ 5 Abs. 1 EStG) Grundlagenrechnung für die steuerliche Gewinnermittlung.102 2.
Prüfung als Hilfsmittel
Der in § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebenen Abschlussprüfung kommt im Verhältnis zur externen Rechnungslegung eine Hilfsfunktion zu. Nur wenn die Richtigkeit der veröffentlichten Unterlagen – Jahresabschluss und Lagebericht – gewährleistet ist, kann die externe Rechnungslegung der Gesellschaften ihren Aufgaben gerecht werden.103 Im Schrifttum spricht man insofern von einer Kontroll- und Gewährleistungsfunktion der gesetzlichen Abschlussprüfung.104 Die vorgeschriebene jährliche Prüfung dient aber auch dazu, die gesetzlichen Vertreter der zu prüfenden Gesellschaft, den Aufsichtsrat (sofern ein solcher besteht) und ______ 102 Zu den Zwecken der externen Rechnungslegung z. B. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, S. 91 ff.; Baetge/Zülch, in: HdJ, Abt. I/2, Rn. 30 ff.; Castan, Rechnungslegung der Unternehmung, S. 14 f.; Federmann, Bilanzierung nach Handelsrecht und Steuerrecht, S. 38 ff.; Lück, Rechnungslegung nach Handels- und Steuerrecht, S. 9 ff.; Moxter, Bilanzlehre, Bd. 1, S. 81 ff.; Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 41 ff. 103 Lück, Jahresabschlussprüfung, S. 2; vgl. Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 31 ff. 104 Z. B. Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 67; Scheffler, in: FS Havermann, S. 666; Steiner, Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, S. 236; Ruhnke/Schmidt, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 2 ff. zu § 316 HGB.
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A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
die Gesellschafter über die Pflichten im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes sowie deren Einhaltung zu informieren. Ihren Ausdruck findet diese (Informations-)Funktion in den genannten Berichtspflichten des Prüfers, insbesondere in der Pflicht zur Aufstellung des Prüfungsberichtes gemäß § 321 HGB.105 Gegenüber externen Adressaten des Jahresabschlusses und des Lageberichtes kommt der Abschlussprüfung dagegen in erster Linie eine Beglaubigungsfunktion zu. An das vom Abschlussprüfer ausgestellte Testat knüpft sich in der Praxis ein besonderes Vertrauen des Rechtsverkehrs.106 3.
Interessentengruppen und Interessenschwerpunkte
Die Interessenten der Jahresabschlussprüfung sind weitgehend identisch mit den Adressaten der externen Rechnungslegung.107 Zu nennen sind zunächst derzeitige und potentielle künftige Kreditgeber, Lieferanten und sonstige Gläubiger der Gesellschaft. Hinzu kommen – zum Teil mit Überschneidungen – derzeitige und künftige Anteilseigner, Kunden sowie die eigenen Arbeitnehmer. Diese Personengruppen sind bei ihren Vermögensdispositionen nicht selten auf die von der Gesellschaft veröffentlichten Zahlen und Einschätzungen angewiesen. Der Gefahr einer Schädigung durch eine unzutreffende Darstellung sind sie in besonderem Maße ausgesetzt. Zum weiteren, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht näher beachteten Interessentenkreis gehören Gewerkschaften, Rating-Agenturen, Finanzanalysten, Konkurrenten, Wirtschaftsjournalisten, die Finanzverwaltung sowie die gesellschaftsinternen Abschlussadressaten.108 Die Gefahr einer eigenen Schädigung ist für sie mangels Vermögensdispositionen oder auf Grund anderer Informationsquellen nicht gegeben oder weniger akut. Kreditgeber, zu denen hauptsächlich Kreditinstitute, daneben aber auch Anleihegläubiger, Leasinggeber und beispielsweise Kreditversicherer zählen, analysieren die geprüften Rechnungslegungsunterlagen mit dem Ziel, die gegenwärtige und künftige Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft festzustellen. Im Zentrum ihres Interesses steht die Frage, ob die Gesellschaft in der Lage sein wird, den vereinbarten Zins-, Tilgungs- oder sonstigen Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachzukommen und ob die Ansprüche bei Zahlungsrückständen oder Zahlungsunfähigkeit aus ihrer Vermögensmasse befriedigt werden können.109 Welche Bedeutung aus Sicht des Gesetzgebers den Jahresabschlussinformationen bei der Kreditwürdigkeitsprüfung zukommt, wird mittelbar an der bereits angesprochenen Vorschrift des § 18 KWG deutlich. Gewähren Kreditinstitute i. S. d. Kreditwesengesetzes ei______ 105 Dazu bspw. Scheffler, in: FS Havermann, S. 666; Steiner, Der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers, S. 245; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 19 zu § 316 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 34 zu § 316. 106 Bspw. Scheffler, in: FS Havermann, S. 666; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 22 zu § 316 HGB. 107 Lück, Jahresabschlussprüfung, S. 3. 108 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, S. 14 ff.; Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, S. 11 ff. 109 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, S. 16 ff.; Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, S. 11.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
nen größeren Kredit, ohne dass sie sich gemäß § 18 Satz 1 KWG die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers durch Vorlage („insbesondere“) des Jahresabschlusses haben offen legen lassen, so begehen sie eine Ordnungswidrigkeit (vgl. § 56 Abs. 3 Nr. 4 KWG). Auch Lieferanten und Kunden kommt es auf gesicherte Informationen über die wirtschaftliche Situation der geprüften Gesellschaft an. Dies gilt vor allem dann, wenn sie über umfangreiche Beziehungen zu einem Unternehmen zu entscheiden haben, aus denen sich Abhängigkeiten mit Blick auf Liefer- und Absatzmöglichkeiten ergeben könnten. Häufig werden auch Verhandlungen über Einkaufs- und Verkaufskonditionen von der wirtschaftlichen und finanziellen Lage der Verhandlungspartner beeinflusst.110 Für derzeitige und künftige Anteilseigner, die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind, steht die Frage nach dem ermittelten Bilanzgewinn sowie nach den Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung ihrer Beteiligung im Vordergrund. Während Inhabern größerer Beteiligungen auch andere Informationsquellen – bei einer Aktiengesellschaft etwa über einen Sitz im Aufsichtsrat – zur Verfügung stehen, sind Eigner kleinerer Beteiligungen, insbesondere Kleinaktionäre, auf die Informationen der externen Rechnungslegung angewiesen, um ökonomisch fundiert über Beteiligungskäufe oder -verkäufe entscheiden zu können.111 Arbeitnehmern der zu prüfenden Gesellschaft kommt es primär auf unabhängige Informationen über die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze, zugesagter Vorsorgeleistungen und Erfolgsbeteiligungen an. Im Einzelfall werden sie auf Grund veröffentlichter Abschlussinformationen abzuschätzen versuchen, ob bei ihrem Arbeitgeber in nächster Zeit mit einer für sie positiven oder negativen Lohnentwicklung, Arbeitszeitverkürzungen oder ähnlichen, sie unmittelbar betreffenden Maßnahmen zu rechnen ist.112
V.
Typische Fallkonstellationen
Stimmen die vom gesetzlichen Abschlussprüfer zu prüfenden Unterlagen mit den gesetzlichen Vorschriften, dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung der geprüften Gesellschaft in wesentlichen Punkten nicht überein und versäumt es der Prüfer, dies im Bestätigungsvermerk, im Prüfungsbericht oder in seinen weiteren Äußerungen zur durchgeführten Prüfung in der erforderlichen Weise deutlich zu machen, so kann es neben Schäden bei der geprüften Gesellschaft selbst zu Vermögensschäden bei den angeführten Interessenten der Prüfung kommen. ______ 110 Lück, Rechnungslegung nach Handels- und Steuerrecht10, S. 15. 111 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, S. 17 f.; Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, S. 12; Lück, Rechnungslegung nach Handels- und Steuerrecht10, S. 15; Schult, Bilanzanalyse, S. 8. 112 Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzanalyse, S. 19; Lück, Rechnungslegung nach Handels- und Steuerrecht10, S. 15.
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A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Beispielhaft seien folgende Fälle genannt: Ein gesetzlicher Abschlussprüfer könnte übersehen, dass in einer Bilanz notwendige Rückstellungen nicht oder in zu geringer Höhe angesetzt oder Beteiligungen an anderen Unternehmen zu hoch bewertet sind. Ihm könnte entgehen, dass ein angesetzter Vermögensgegenstand, typischerweise ein immaterieller Vermögensgegenstand, nicht in der erforderlichen Höhe abgeschrieben oder Wertberichtigungen nicht in der nötigen Höhe vorgenommen wurden. Die geprüfte Bilanz könnte durch nicht offengelegte Bewertungsänderungen geschönt sein, ohne dass der Abschlussprüfer dies beanstandet.113 Kreditgeber der geprüften Gesellschaft, die auf den unzutreffenden Bestätigungsvermerk oder andere fehlerhafte prüfungsbezogene Äußerungen vertrauen und daher von einer unzutreffend günstigen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft ausgehen, könnten sich zugunsten der Gewährung weiterer Kredite, Lieferanten zugunsten weiterer Lieferungen an die geprüfte Gesellschaft entscheiden und durch eine spätere Insolvenz der Gesellschaft mit ihren Forderungen ausfallen. Käufer von Anteilen der geprüften Gesellschaft, die auf Grund der Äußerungen des Abschlussprüfers von unzutreffenden Gegebenheiten ausgehen, könnten an den Märkten einen unangemessen hohen Preis für die Anteile zahlen. Möglich ist auch, dass sie durch die bestätigte unzutreffende Bilanz überhaupt erst zum Kauf der Anteile bewogen und gleichzeitig von einer Investition derselben Mittel in eine andere, ertragreichere Kapitalanlage abgehalten werden. Denkbar – wenngleich weniger wahrscheinlich – ist schließlich der Fall, dass Arbeitnehmer im Vertrauen auf die Richtigkeit der Prüfungsergebnisse Dispositionen auf dem Arbeitsmarkt treffen, die im weiteren Verlauf zu einem Vermögensschaden führen, weil die geprüfte Gesellschaft, ihr Arbeitgeber, zahlungsunfähig wird.114 Von den bisher genannten Konstellationen zu unterscheiden sind Fälle, in denen der gesetzliche Abschlussprüfer seinen Bestätigungsvermerk einschränkt, versagt oder mit negativen Hinweisen oder Ergänzungen versieht, obwohl die zu prüfenden Abschlussunterlagen keine wesentlichen Mängel enthalten.115 Im Einzelfall können Dritten auch in solchen Fallgestaltungen Vermögensschäden entstehen. Man denke etwa an einen Gesellschafter der geprüften Gesellschaft, der zu einem Zeitpunkt zum Verkauf seiner Anteile genötigt ist, zu dem auf Grund der unzutreffenden Berichterstattung des Prüfers der Preis für die Gesellschaftsanteile auf dem entsprechenden Markt unangemessen niedrig ist.116 In der Praxis scheinen solche Fallgestaltungen allerdings selten zu sein. ______ 113 Denkbar ist ebenso der umgekehrte Fall, dass die Schädigung eines Dritten dadurch eintritt, dass er Anteile an der geprüften Gesellschaft zu einem zu niedrigen Preis verkauft, weil in einer Bilanz beispielsweise zu hohe Rückstellungen, Abschreibungen oder Wertberichtigungen angesetzt sind und der gesetzliche Abschlussprüfer darauf in seiner Berichterstattung nicht hinweist, vgl. Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 33 f. In der Praxis wird dies jedoch seltener vorkommen. 114 Vgl. zu den typischen Konstellationen Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 33 f.; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 24; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 377, 381. 115 Vgl. Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 6 f. 116 Vgl. Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 33 f.
27
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Die durch unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers typischerweise geschädigten Kreditgeber, Lieferanten, Gesellschafter, Arbeitnehmer usw. sind durchweg prüfungsvertragsfremde Dritte. Die Wege, auf denen sie von den prüfungsbezogenen Äußerungen des Prüfers Kenntnis erlangen, sind unterschiedlich. Es ist kaum möglich, alle denkbaren Lebenssachverhalte abschließend zu umschreiben. Zur Vereinfachung der folgenden Untersuchung sollen gleichwohl einige abstrakt formulierte Fallgruppen gebildet werden, die in ihrer Gesamtheit einen großen Teil der in Betracht kommenden Haftungskonstellationen abdecken.117 Auf nicht erfasste atypische Fälle und Besonderheiten innerhalb der gebildeten Fallgruppen wird an gegebener Stelle gesondert eingegangen. 1.
Fallgruppe I: Offenlegung nach §§ 325 ff. HGB
Dritte verlassen sich auf die gemäß §§ 325 ff. HGB offengelegten Unterlagen, darunter den mit einem unzutreffenden Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschluss, ohne dass ihnen prüfungsbezogene Äußerungen des Abschlussprüfers seitens der geprüften Gesellschaft, seitens anderer Dritter oder durch den Prüfer selbst individuell zugeleitet werden. Zu einem unmittelbaren Kontakt und besonderen Vereinbarungen mit Vertretern der geprüften Gesellschaft oder dem Abschlussprüfer kommt es nicht. Unter „prüfungsbezogenen Äußerungen“ werden in dieser und den weiteren Fallgruppen Bestätigungsvermerke, Prüfungsberichte, Teile dieser Dokumente sowie alle weiteren schriftlichen Äußerungen118 des Prüfers verstanden, die sich auf Gegenstände der gesetzlichen Abschlussprüfung beziehen und die in ihrer Verbindlichkeit vom Abschlussprüfer nicht ausdrücklich eingeschränkt sind. Mit „unzutreffend“ ist gemeint, dass die Äußerungen bei Zugrundelegung der Anforderungen an eine gesetzliche Abschlussprüfung nach §§ 316 ff. HGB fehlerhaft sind. 2.
Fallgruppe II: Veröffentlichung der Äußerung in einem Prospekt und ähnliche Fälle
Dritte verlassen sich auf unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen des Prüfers, die mit seiner Zustimmung Eingang in ein an die breite Öffentlichkeit gerichtetes Schriftstück, insbesondere in einen Börsenprospekt oder einen sonstigen Prospekt zur Förderung des Vertriebs von Wertpapieren oder sonstigen Kapitalanlagen mit Bezug zur geprüften Gesellschaft, gefunden haben. Zu einem unmittelbaren Kontakt und besonderen Vereinbarungen mit Vertretern der geprüften Gesellschaft oder dem Abschlussprüfer kommt es nicht. ______ 117 Vgl. die bei Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 279 gebildeten Fallgruppen. 118 Auf mündliche Äußerungen des Prüfers werden sich prüfungsvertragsfremde Dritte in der Praxis kaum verlassen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung typischer Konstellationen sollen sie daher nicht im Zentrum des Interesses stehen.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
3.
Fallgruppe III: Auftraggeber leitet Äußerung individuell zu
Dritte verlassen sich auf unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen des Prüfers, die ihnen individuell seitens der geprüften Gesellschaft zugeleitet werden. Die Zustimmung des Prüfers zur Weitergabe der Unterlagen liegt vor. 4.
Fallgruppe IV: Weitergabe der Äußerung durch Dritte
Dritte verlassen sich auf unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen des Prüfers, die ihnen seitens anderer prüfungsvertragsfremder Dritter individuell zugeleitet werden. Die Zustimmung des Prüfers zur Weitergabe der Unterlagen liegt jeweils vor. 5.
Fallgruppe V: Prüfer leitet Äußerung individuell zu
Dritte verlassen sich auf unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen des Prüfers, die dieser selbst ihnen unmittelbar zuleitet. B. Rechtsgrundlagen der Haftung B. Rechtsgrundlagen der Haftung Die zentrale Frage bei der Untersuchung einer jeden Dritthaftung ist die Frage nach den Anspruchsgrundlagen. Als Rechtsgrundlage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers kommt auf den ersten Blick eine ganze Reihe unterschiedlicher Normen und Normenkomplexe in Betracht. Das HGB-Bilanzrecht enthält mit § 323 HGB eine besondere Vorschrift über die Haftung an der Prüfung beteiligter Personen. Von Interesse könnten in Teilbereichen die spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände (§§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG) sowie die durch das 4. Finanzmarkförderungsgesetz eingeführte Vorschrift über die Haftung bei unwahrer Ad-hoc-Publizität (§ 37 c WpHG) sein. Stets zu erwägen sind vertragliche Ansprüche, insbesondere solche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Zu untersuchen sind auch Ansprüche gegen den Prüfer aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2, 3 BGB) sowie allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung.
I.
Bilanzrecht: § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB
Das Handelsbilanzrecht regelt die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers in § 323 HGB. Nach § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB sind der Abschlussprüfer, seine Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. § 323 Abs. 1 Satz 2 untersagt es ihnen, unbefugt Geschäfts- und 29
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Betriebsgeheimnisse zu verwerten, die sie bei ihrer Tätigkeit erfahren haben. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB schließlich enthält eine eigene Haftungsgrundlage: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt, ist der Kapitalgesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“ In § 323 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 bis 4 HGB wird die aus dieser Vorschrift erwachsende Haftung im Detail ausgestaltet. 1.
Zur Bedeutung und Entwicklung der Norm
Seinem Wortlaut nach regelt § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB primär die Haftung an der Prüfung beteiligter Personen im Verhältnis zur geprüften Gesellschaft. In der Diskussion um die Dritthaftung des Prüfers kommt dieser Vorschrift ungeachtet dessen in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Rolle zu. Hinzuweisen ist zunächst auf den Umstand, dass aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB neben der geprüften Gesellschaft auch „verbundene Unternehmen“119 berechtigt sind. Die mit der geprüften Gesellschaft verbundenen Unternehmen stellen für den Prüfer vertragsfremde Dritte dar. Naheliegend ist daher die Frage, ob der Drittschutz des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auf diese Unternehmen beschränkt ist oder ob unter Umständen weitere Dritte aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Rechte herleiten können.120 Jenseits dieser Fragestellung hat die Vorschrift in der Diskussion dadurch Bedeutung erlangt, dass Teile der Rechtsprechung und des Schrifttums ihr eine Sperrwirkung mit Blick auf andere Anspruchsgrundlagen entnehmen wollen. Mit Ausnahme des Deliktsrechts sollen im Anwendungsbereich des § 323 HGB weitere Haftungsgrundlagen ausgeschlossen sein.121 Dem wird in den letzten Jahren zunehmend entgegen getreten.122 Den Schwerpunkt der Diskussion bildet nunmehr die Frage, inwieweit die in § 323 Abs. 2 und 4 HGB enthaltenen Haftungsbeschränkungen auf andere Anspruchsgrundlagen übertragbar sind.123 § 323 HGB in seiner heutigen Fassung geht zurück auf eine im Jahre 1931 als § 262 g in das HGB eingefügte Haftungsnorm (im Folgenden: § 262 g HGB ______ 119 Zum Begriff sogleich unter Teil 1.B.I.2.c), S. 3 ff. 120 Derartige Erwägungen klingen z. B. an bei Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 36; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 288; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 176 f. zu § 323 HGB. 121 In diesem Sinne z. B. LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1683; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6.1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112; LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 416; Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 233; Ebke, BFuP 2000, 549, 556; Chr. C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff. 122 So z. B. Ekkenga, WM 1996, Sonderbeil. Nr. 3 zu Heft 35, S. 8 f.; Grunewald, ZGR 1999, 583, 588; Heppe, WM 2003, 753, 757; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 315; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331; Martin Weber, NZG 1999, 1, 2 und wohl auch BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261 f.; OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 902, 903; Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259; OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 223 f.; LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052. 123 Siehe nur BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 266 und LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2053.
30
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
[1931]).124 Gleichzeitig mit der Einführung der Pflichtprüfung für Jahresabschlüsse von Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien statuierte der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift eine Haftung des „Bilanzprüfers“ gegenüber der geprüften Gesellschaft. Mit geringfügigen redaktionellen Änderungen fand § 262 g HGB (1931) als § 141 auch Eingang in das Aktiengesetz von 1937125 (im Folgenden: § 141 AktG [1937]). Die neue Vorschrift bezeichnete den Prüfer als „Abschlussprüfer“, wie dies bis heute in den gesetzlichen Vorschriften üblich ist. Erstmals ausdrücklich auf prüfungsvertragsfremde Dritte ausgedehnt wurde die Haftung im Rahmen der Aktienrechtsreform von 1965.126 Das Aktiengesetz sah nunmehr in § 168 (im Folgenden: § 168 AktG [1965]) eine Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft, Konzernunternehmen sowie herrschenden und abhängigen Unternehmen vor. Diese „konzerndimensionale Ausweitung“127 des Kreises der Berechtigten hat bis heute Bestand. Mit geringeren Änderungen wurde § 168 AktG (1965) im Jahre 1985 durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz128 als § 323 wieder in das HGB eingefügt.129 2.
Reichweite des Tatbestandes
Die Bedeutung einer Anspruchsgrundlage ergibt sich maßgeblich aus der Reichweite ihres Tatbestandes. Es liegt daher nahe, die Untersuchung der Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB mit einer Betrachtung ihrer Tatbestandsvoraussetzungen zu beginnen. a)
Gesetzlicher Abschlussprüfer
Die handelsrechtlichen Prüfungsvorschriften der §§ 316 bis 324 a HGB beziehen sich ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich nach ausschließlich auf die in § 316 HGB gesetzlich vorgeschrieben Abschlussprüfungen.130 Entsprechendes gilt für die in diesen Vorschriften normierten besonderen Rechte und Pflichten der die Abschlussprüfung durchführenden Prüfer. Erste und wichtigste Voraussetzung eines Anspruches aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegen einen Abschlussprüfer ist es daher, dass der betroffene Prüfer die Stellung eines gesetzlichen Abschlussprü-
______ 124 § 262 g HGB (1931) und die nachfolgend angesprochenen späteren Fassungen dieser Vorschrift sind im Anhang wiedergegeben, siehe S. 245 ff. 125 Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. Januar 1937, RGBl. I, S. 107. 126 Aktiengesetz vom 6. September 1965, BGBl. I, S. 1089. 127 So treffend charakterisiert bei Hirte, Berufshaftung, S. 61. Zu den Hintergründen der Ausweitung des Kreises der Haftungsberechtigten siehe Teil 1.B.I.2.c)bb, S. 49 ff. und Teil 1.B.I.3.d)aa), S. 65 ff. 128 Siehe Fn. 25. 129 Zur Entwicklung des § 323 HGB näher Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 35 f., 40 ff.; ders., in Münch. Komm. HGB, Rn. 3 ff. zu § 323. 130 Siehe statt aller Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 6 zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 14 zu § 323; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 8 zu § 323 HGB.
31
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
fers i. S. d. §§ 316 ff. HGB hat.131 Die die rechtliche Stellung als gesetzlicher Abschlussprüfer begründenden Umstände wurden in früheren Untersuchungen zur Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sowie seinen Vorgängernormen selten detailliert besprochen. Dies erstaunt – schließlich lassen sich aus den personalen Anknüpfungspunkten einer Anspruchsgrundlage in der Regel wichtige Schlüsse zur Natur und den Konkurrenzverhältnissen der aus ihr erwachsenden Haftung ziehen. aa)
Unklarheiten im Hinblick auf die Begründung der Rechtsstellung
Der ganz überwiegende Teil des Schrifttums scheint davon auszugehen, dass die Stellung eines Prüfers als gesetzlicher Abschlussprüfer i. S. d. §§ 316 ff. HGB mit seiner wirksamen Wahl durch die zuständigen Organe und der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages begründet wird. Der Vertragsschluss gehört nach dieser Ansicht zu den konstitutiven Voraussetzungen dieser Rechtsstellung.132 Für gerichtliche Bestellungen nach § 318 Abs. 3, 4 HGB soll dies gleichermaßen gelten, da nach allgemeiner Ansicht durch die Annahme der Bestellung kraft Gesetzes ein Schuldverhältnis mit dem Inhalt eines Prüfungsvertrages zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und dem Prüfer zustande komme.133 Nur vereinzelt wird die Ansicht vertreten, dass der schuldrechtliche Prüfungsvertrag bzw. die Wirksamkeit des Prüfungsvertrages nicht zu den die Rechtsstellung eines gesetzlichen Abschlussprüfers begründenden Umständen zählt.134 Die in § 318 Abs. 6 HGB angesprochene Annahme des Prüfungsauftrages sei danach nicht im vertragsrechtlichen Sinne zu verstehen. Die Annahme führe nach dieser Ansicht zwar in der Regel gleichzeitig (außerdem) zu einem schuldrechtlichen Vertrag (Prüfungsvertrag); dieser sei jedoch von der sich aus dem Gesetz ergebenden Stellung eines Prüfers als gesetzlicher Abschlussprüfer zu unterscheiden. Der Prüfungsvertrag tritt nach dieser Auffassung als weitere Rechtsfolge der Annahme neben die Rechtsstellung des Prüfers als gesetzlicher Abschlussprüfer.135 ______ 131 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 13 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck BilanzKomm., Rn. 61 zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 3 zu § 323 HGB. 132 So z. B. K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 8 ff.; Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 13; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 18 zu § 318; Baetge/Fröhlich, in: Küting/Weber, HdR3, Rn. 8 zu § 318; Claussen/Korth, in: Köln. Komm. AktG, Rn. 6, 20, 30 zu § 318 HGB. 133 Vgl. Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 65 zu § 318 HGB sowie oben Teil 1.A.II.5., S. 15. 134 So Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 90, 240 f.; 250 f. sowie – ohne nähere Begründung – Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 11; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 61 f. zu § 318 HGB; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 85 zu § 41. 135 Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 90, 240 f.; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 11; Mattheus, in: Baetge/ Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 62 f. zu § 318 HGB; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 85 zu § 41.
32
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
bb)
Wirksamer Prüfungsvertrag als Voraussetzung?
Ob der Abschluss des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages zu den die Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers begründenden Umständen gehört, lässt sich allein anhand des Gesetzeswortlautes nicht beantworten.136 Zugunsten einer Anknüpfung an einen Vertrag könnte zwar sprechen, dass das Gesetz in § 318 HGB im Zusammenhang mit der Bestellung des Prüfers von einem „Auftrag“, einer „Annahme“ und der Möglichkeit einer „Kündigung“ des angenommenen Auftrages spricht und damit typische Termini des Vertragsrechts verwendet. Zudem könnte man argumentieren, dass es letztlich allein eine Frage der Formulierung oder des gesetzgeberischen Stils sei, von einem „angenommenen Prüfungsauftrag“ (vgl. § 318 Abs. 6 Satz 1 HGB) oder einem „Prüfungsvertrag“ zu sprechen. Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass der Gesetzgeber in § 54 a WPO (sowie im inzwischen aufgehobenen § 51a WPO a. F.)137 anders als in den §§ 316 ff. HGB keine Bedenken hat, von einem „Vertragsverhältnis“ des Wirtschaftsprüfers zu sprechen. In den §§ 316 ff. HGB wird der Begriff „Vertrag“ dagegen mit erstaunlicher Akribie gemieden. Auch sind die Begriffe „Auftrag“ und „Kündigung“ juristisch in hohem Maße unbestimmt. Ihnen kommt in der deutschen Rechtssprache eine Reihe so unterschiedlicher Bedeutungen zu, dass sich Rückschlüsse allein aus ihrer Verwendung geradezu verbieten. Mit dem Begriff „Auftrag“ kann eine einseitige Willenserklärung, ein Rechtsgeschäft i. S. d. §§ 662 ff. BGB, ein Dienst- oder Werkvertrag, aber auch eine „Weisung“, eine „Order“ sowie eine „Aufforderung“ im weitesten Sinne gemeint sein.138 Ähnliches gilt für den Terminus „Kündigung“. Auch er wird in den unterschiedlichsten Zusammenhängen gebraucht. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass mit „Auftrag“ und „Annahme“ i. S. d. § 318 HGB bilanz- oder korporationsrechtliche Akte außerhalb des allgemeinen Vertragsrechts gemeint sind. Der Wortlaut des § 318 HGB für sich genommen führt daher nicht weiter. Man könnte daran denken, zur Beantwortung der Frage in systematischer Hinsicht auf die Rechtsnatur des Bilanzrechts abzustellen. Das HGB-Bilanzrecht, zu dem auch die Prüfungsvorschriften der §§ 316 ff. HGB gehören, wird allgemein dem öffentlichen Recht zugeordnet.139 Unbestritten ist auch, dass gesetzliche Abschlussprüfungen im öffentlichen Interesse durchgeführt werden und insoweit als ______ 136 Zu den vom Gesetz im Zusammenhang mit der Bestellung ausdrücklich angesprochenen Rechtsakten der Wahl (§ 318 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB), der Erteilung des Prüfungsauftrages (§ 318 Abs. 1 Satz 4 HGB) und der Annahme des Auftrages durch den Prüfer (vgl. § 318 Abs. 6 Satz 1 HGB) siehe bereits Teil 1.A.II, S. 9 ff. 137 § 51 a WPO a. F. enthielt eine Spezialregelung bezüglich der Verjährung vertraglicher Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer und wurde durch das Wirtschaftsprüfungsexamens-Reformgesetz (WPRefG) vom 1. Dezember 2003, BGBl. I, S. 2446, im Zuge (bzw. Nachgang) der Schuldrechtsmodernisierung des Jahres 2002 aufgehoben. 138 Bezeichnenderweise wird der Begriff bereits innerhalb der Vorschrift des § 318 HGB in ihren Absätzen 1 und 6 mit unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht. Vgl. zur Terminologie Wittmann, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu §§ 662 ff., Rn. 8. 139 Siehe z. B. Brox, Handelsrecht und Wertpapierrecht, Rn. 157; Canaris, Handelsrecht, § 13 Rn. 14; W. Müller, in: FS Moxter, S. 79 ff.; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 4 zu § 238; differenzierend Icking, Die Rechtsnatur des Handelsbilanzrechts, S. 521 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
öffentliche Aufgaben anzusehen sind.140 Es ließe sich daher mit einzelnen Stimmen im Schrifttum argumentieren, der gesetzliche Abschlussprüfer nehme eine öffentlich-rechtliche Funktion als beliehener Unternehmer wahr und beziehe insoweit seine Legitimation nicht aus einem privatrechtlichen Vertrag, sondern allein aus einer öffentlich-rechtlichen Stellung.141 Ein solcher Schluss wird indes zu Recht von der überwiegenden Zahl der Autoren abgelehnt.142 Aus dem öffentlichrechtlichen Charakter der Prüfungspflicht und der Prüfungsvorschriften sowie dem öffentlichen Interesse an der Durchführung der vorgeschriebenen Prüfungen folgt nicht zwangsläufig, dass auch der Rechtsstellung des Abschlussprüfers öffentlich-rechtlicher Charakter zukommt. Öffentliche Aufgaben werden nicht allein von Beliehenen, sondern ebenso von nicht mit Staatsgewalt ausgestatteten Privaten in privatrechtlicher Form durchgeführt.143 Für eine privatrechtliche Natur der Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers spricht, dass der Prüfer gegenüber dem zu prüfenden Unternehmen keine obrigkeitlichen Befugnisse hat. Der Prüfer kann aus eigener Hand weder ein Zwangsgeld festsetzen, noch stehen ihm sonstige obrigkeitliche Machtmittel zur Verfügung.144 Der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk bilden nach geltendem Recht auch keine Grundlage für (andere) Maßnahmen hoheitlicher Art, was für ihre Einordnung als öffentlichrechtlich sprechen könnte.145 Soweit ersichtlich, werden sie von niemandem als Verwaltungsakte eingeordnet.146 Für eine privatrechtliche Einordnung spricht zudem, dass über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Abschlussprüfer und der zu prüfenden Gesellschaft gemäß § 324 Abs. 1 HGB kein Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit, sondern ausschließlich das Landgericht entscheidet.147 Die Frage nach dem Anknüpfungspunkt der Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers bleibt damit offen. Weiterführend könnte eine Betrachtung der besonderen Rechte und Pflichten sein, die sich für den Abschlussprüfer aus den §§ 316 ff. HGB ergeben. Mit der ______ 140 Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 25; Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 11 ff.; Icking, Die Rechtsnatur des Handelsbilanzrechts, S. 352; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 2 zu § 318; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 98 zu § 41. 141 So Budde/Steuber, DStR 1998, 504, 505; W. Müller, in: FS Moxter, S. 83. 142 Z. B. K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 12; Icking, Die Rechtsnatur des Handelsbilanzrechts, S. 353; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, Rn. 4 zu § 162; Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 227 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 11 zu § 319 HGB. 143 Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 227 f. 144 K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 12; Icking, Die Rechtsnatur des Handelsbilanzrechts, S. 354 f.; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 4 zu § 162; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 11 zu § 319 HGB; vgl. Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 227. 145 Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 227 f. 146 Siehe z. B. Icking, Die Rechtsnatur des Handelsbilanzrechts, S. 355; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 4 zu § 162. 147 Siehe Icking, Die Rechtsnatur des Handelsbilanzrechts, S. 355; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 4 zu § 162.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers sind gemäß § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB Informationsrechte gegenüber Mutter- und Tochterunternehmen der geprüften Gesellschaft verbunden. Der Prüfer kann von den Mutter- und Tochterunternehmen grundsätzlich alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind (§ 320 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 320 Abs. 2 Satz 1 HGB). Diese Informationsrechte stellen für den Prüfer Rechte gegenüber juristisch selbständigen Dritten dar. Auf vertraglicher Grundlage kann die zu prüfende Gesellschaft dem Abschlussprüfer derartige Rechte nur einräumen, wenn sie selbst Inhaberin dieser Rechte ist und zudem dazu befugt, sie auf andere zu übertragen. Allenfalls innerhalb eines Vertragskonzerns ist es denkbar, dass einem Unternehmen umfassende Informationsrechte gegenüber Tochter- und möglicherweise auch Mutterunternehmen zustehen.148 In allen anderen Fällen ist die geprüfte Gesellschaft nicht in der Lage, Informationsrechte i. S. d. § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB per Vertrag auf den Abschlussprüfer zu übertragen. Dieser Umstand spricht deutlich gegen eine Begründung der Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers allein mit einem wirksamen Prüfungsvertrag.149 In dieselbe Richtung weist das Recht des gesetzlichen Abschlussprüfers zum Widerruf des bereits erteilten Bestätigungsvermerkes. Wie bereits angesprochen,150 hat der Prüfer das Recht – unter Umständen sogar die Pflicht – ein erteiltes Testat zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, bei deren Kenntnis er lediglich einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk oder einen Versagungsvermerk hätte erteilen dürfen. Seinem Wesen nach ist ein derartiges Recht für das vertragliche Schuldrecht untypisch. Im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass das vertragliche Schuldrecht seiner Grundstruktur nach auf einen Leistungsaustausch gerichtet ist. Zugriffsrechte auf den Gegenstand des Leistungsaustausches nach dessen Übergabe seien in diesem Bereich jedoch unbekannt.151 Das Recht des Abschlussprüfers auf einen Widerruf des Testates bliebe bei einer vertraglichen Begründung seiner Rechtsstellung ein Fremdkörper. Schlüssiger ist es daher, den schuldrechtlichen Prüfungsvertrag als Begründungselement außen vor zu lassen. Auch das Verfahren der gerichtlichen Bestellung des Abschlussprüfers zeigt, dass der Prüfungsvertrag nicht zu den konstitutiven Voraussetzungen der Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers gehören kann. Im Verfahren nach § 318 Abs. 3 oder Abs. 4 HGB erlangt der Prüfer die Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers ohne Einfluss und Zutun der zu prüfenden Gesellschaft. Es bedarf in keiner Phase einer Mitwirkung durch die Gesellschaftsorgane. Auch bei der Auswahl des zu bestellenden Prüfers ist das Gericht an die Vorschläge des oder der gesell______ 148 Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 190 ff. 149 Ähnlich Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 193; vgl. auch Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 84, Fn. 114; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 5 zu § 165. 150 Teil 1.A.III.2, S. 19 ff. 151 Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 188.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
schaftsinternen Antragsteller nicht gebunden.152 Sogar die Vergütung des Prüfers wird vom Gericht festgesetzt (§ 318 Abs. 5 Satz 2 HGB). Daraus wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber auf ein rechtsgeschäftliches Element der Begründung der Rechtsstellung nicht entscheidend ankam. Anders als im Rahmen der geltenden Regelungen hätte der Gesetzgeber den Organen der zu prüfenden Gesellschaft auch im gerichtlichen Bestellungsverfahren ohne weiteres größere Einfluss- und Mitwirkungsrechte einräumen können. Der gesetzgeberische Zweck der Vorschrift des § 318 Abs. 4, 5 HGB wäre dadurch nicht gefährdet worden. Dass er dies nicht getan hat, deutet auf einen ausschließlich gesetzlichen Charakter der Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers hin. Mit der Annahme der gerichtlichen Bestellung durch den Prüfer kommt nach allgemeiner Ansicht zwar ein schuldrechtlicher Prüfungsvertrag zustande.153 Diesem Vertrag kann mit Blick auf die gesetzliche Stellung des Prüfers jedoch kaum wesentliche Bedeutung zukommen. Die maßgeblichen Regelung des § 318 Abs. 3 bis 5 HGB sprechen einen Vertrag mit keinem Wort an. Der Auslagen- und Vergütungsanspruch des Prüfers wird abstrakt, in der Form eines gesetzlichen Anspruches, formuliert (vgl. § 318 Abs. 5 Satz 1, 2 HGB). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der schuldrechtliche Prüfungsvertrag nicht zu den die Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers begründenden Umständen zählt. Die Stellung eines gesetzlichen Abschlussprüfers i. S. d. §§ 316 ff. HGB erlangt ein Prüfer bereits dann, wenn die im Gesetz ausdrücklich genannten Akte kumulativ vorliegen: die Wahl des Abschlussprüfers durch das dafür zuständige Organ (§ 318 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB), die Erteilung des Prüfungsauftrages durch die gesetzlichen Vertreter bzw. den Aufsichtsrat (§ 318 Abs. 1 Satz 4 HGB) sowie die – nicht vertragsrechtlich zu verstehende – Annahme des Auftrages durch den Prüfer (vgl. § 318 Abs. 6 Satz 1 HGB). Dass durch die Annahme in der Regel gleichzeitig ein wirksamer schuldrechtlicher Vertrag abgeschlossen wird, ist damit keineswegs ausgeschlossen. cc)
Folgerungen für die Rechtsnatur des Anspruches
Wenn der Umstand, ob es zwischen dem gewählten Prüfer und der zu prüfenden Gesellschaft zu einem wirksamen Vertrag gekommen ist, für die Begründung der Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht konstitutiv ist, so muss dies ebenso für die sich aus dieser Rechtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten gelten.154 Die Rechte und Pflichten, die sich für den gesetzlichen Abschlussprüfer aus ______ 152 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 378, 418 zu § 318 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck BilanzKomm., Rn. 21 zu § 318 HGB; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 149 zu § 318 HGB. 153 Siehe dazu Teil 1.A.II.5, S. 15. 154 Anderer Ansicht scheint Ebke zu sein, der einerseits davon ausgeht, dass die Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers mit der Wirksamkeit des Prüfungsvertrages „steht und fällt“ (in: Münch. Komm. HGB, Rn. 18 zu § 318), andererseits jedoch annimmt, bei § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB handele es sich um einen „außervertraglichen Haftungstatbestand“ (in: Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 35 ff. [zu § 168 AktG (1965)]).
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
den §§ 316 ff. HGB ergeben, setzen nach der hier vertretenen Ansicht keinen wirksamen Vertragsschluss voraus. Konsequenterweise lassen sie sich daher auch nicht als „vertraglich“ qualifizieren. Für die untersuchte Schadensersatzpflicht aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB trifft dies gleichermaßen zu. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nimmt im Rahmen der Rechte und Pflichten aus §§ 316 ff. HGB keine Sonderstellung ein. Mangels vertraglicher Anknüpfungspunkte ist der Anspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als gesetzlicher Anspruch einzuordnen.155 Entstehungsgrund gesetzlicher Ansprüche ist unmittelbar das Gesetz und nicht ein auf Willenserklärungen beruhendes Rechtsgeschäft. Ihre Legitimation beziehen gesetzliche Ansprüche und die sich daraus ergebenden Schuldverhältnisse dementsprechend nicht aus der Privatautonomie, sondern aus allgemeinen gesellschaftlichen Wertungen, die sich in den anspruchsbegründenden Normen niederschlagen.156 Betrachtet man auch nur oberflächlich die in § 323 Abs. 1 HGB genannten Berechtigten und Verpflichteten und die zwischen ihnen bestehenden rechtlichen Beziehungen, so wird der nichtvertragliche Charakter der Regelung bestätigt.157 Zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und den Gehilfen des gesetzlichen Abschlussprüfers besteht kein eigenes Vertragsverhältnis. Dasselbe gilt für die Beziehung zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und den bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertretern einer Prüfungsgesellschaft. Die mit der geprüften Gesellschaft verbundenen Unternehmen schließlich unterhalten zu keinem der in § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB genannten Verpflichteten eine vertragliche Beziehung. Gleichwohl gewährt § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in allen genannten Konstellationen eigene Ansprüche. In fünf von sechs denkbaren Zwei-Personen-Verhältnissen kommen somit Schadensersatzansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in Betracht, ______ 155 Eindeutige Stellungnahmen zur rechtlichen Einordnung des Anspruches aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sind in Rechtsprechung und Schrifttum selten und kaum näher begründet. Als „gesetzlich“ wird der Anspruch eingeordnet bei Henn, Handbuch des Aktienrechts, Rn. 1123, 1127; Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 88 und zuletzt auch vom BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96 – BGHZ 138, 257, 261 („Wenn § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine gesetzliche Haftung (nur) gegenüber der Kapitalgesellschaft und dem verbundenen Unternehmen regelt [. . .]“) sowie – bereits weniger deutlich – von Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 86 f. („organisationsrechtlich“, „außerdeliktisch“); Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 2 zu § 323 HGB („spezifisch ausgestaltete zivilrechtliche Haftung“; „spezifische gesetzliche Haftungsregelung für Pflichtverstöße bei der Erfüllung des Prüfungsauftrags, der als Werkvertrag zu qualifizieren ist“); als „außervertraglich“ von Ebke, Wirtschaftsprüfer und Haftung, S. 35 (offen bleibt, ob Ebke diese Einordnung auf Ansprüche der in der Vorschrift genannten Dritten beschränkt); Brüggemeier, Deliktsrecht, Rn. 482. Ausdrücklich als „vertraglich“ qualifizieren die Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB dagegen Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S 21 ff.; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 63; Hirte, Berufshaftung, S. 61 („gesetzlich angeordnete konzerndimensionale Ausweitung der Vertragshaftung“); Neflin, Die Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 2 f.; weniger eindeutig, im Ergebnis aber wohl ebenso K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 11 f., 36 ff.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 137; Schaal, WuB II E. § 323 HGB 1.98, S. 327, 328 („spezielle gesetzliche Haftungsnorm, die eine eigenständige vertragsmodifizierende Regelung einer Leistungsstörung darstellt“); Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 2 zu § 323. 156 Z. B. Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 1, § 4 I, S. 67 ff.; Kramer, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Einl., Rn. 53, 57 ff.; J. Schmidt, in: Staudinger, BGB, Rn. 62 zu § 242. 157 Detailliert zum Kreis der Berechtigten sogleich Teil 1.B.I.2.c), S. 47 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
ohne dass zwischen den jeweils Beteiligten ein schuldrechtlicher Prüfungsvertrag geschlossen wird. Dies lässt sich überzeugend nur damit begründen, dass die Rechte und Pflichten aus § 323 Abs. 1 HGB nicht vertraglichen, sondern ausschließlich gesetzlichen Ursprungs sind. Bestätigung findet die getroffene Einordnung des Anspruches auch anhand folgender Erwägung: Die Berechtigung verbundener Unternehmen zum Schadensersatz aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB war vom Gesetzgeber hauptsächlich als eine Art Ausgleich für die dem Prüfer mit § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB eingeräumten Vorlageund Auskunftsrechte gegenüber Mutter- und Tochtergesellschaften des zu prüfenden Unternehmens gedacht.158 Die Einräumung eines vertraglichen Anspruches erwiese sich vor diesem Hintergrund geradezu als kontraproduktiv. Verwertet ein Prüfer beispielsweise die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zugänglich gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse einer Mutter- oder Tochtergesellschaft, so stünde der betroffenen Gesellschaft kein Schadensersatzanspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zu, wenn sich im Nachhinein der zwischen der geprüften Gesellschaft und dem Prüfer geschlossene Vertrag als unwirksam erweist. Dies kann kaum die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein. Die nach § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB zur Auskunft verpflichteten Mutter- und Tochterunternehmen sind am Abschluss des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages anders als die geprüfte Gesellschaft selbst nicht unmittelbar beteiligt. Ihre gesetzlichen Vertreter haben keinen Zugang zu den die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses (möglicherweise) begründenden Umständen. Es erscheint daher alles andere als sachgerecht, die diesen Unternehmen gegenüber bestehenden Rechte des Abschlussprüfers und insbesondere seine Haftung gemäß § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB vom rechtlichen Schicksal des zwischen dem Prüfer und der geprüften Gesellschaft bestehenden Vertragsverhältnisses abhängig zu machen. Zu beantworten bleibt nach dem Gesagten die Frage, welcher Art gesetzlicher Ansprüche § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zuzuordnen ist. Zu den wichtigsten Gruppen gesetzlicher Ansprüche gehören die Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB), die Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) sowie die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB). Man könnte erwägen, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als deliktischen Anspruch einzuordnen. Dafür könnte sprechen, dass eine Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Verschulden voraussetzt. Dass deliktische Anspruchsgrundlagen auch außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches anzutreffen sind, dürfte allgemeine Ansicht sein.159 Für eine deliktsrechtliche Einordnung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB könnte darüber hinaus sprechen, dass insbesondere mit Blick auf die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) und das Verbot der unbefugten Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 323 Abs. 1 Satz 2 HGB) der Aspekt der Besitzstandswahrung im Vordergrund steht.160 Gegen eine deliktsrechtliche Einordnung sprechen ______ 158 Dazu sogleich ausführlich Teil 1.B.I.2.c)bb), S. 49 ff. 159 Siehe statt aller Sprau, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 823, Rn. 3. 160 Vgl. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 86.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
jedoch systematische Argumente. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gewährt ohne Ausnahme einen Ersatz primärer Vermögensschäden. Diese gewährt das Deliktsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches nur unter den Voraussetzungen einer Schutzgesetzverletzung i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB oder einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i. S. d. § 826 BGB. In ihrem Unrechtsgehalt ist § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB mit diesen Normen nicht vergleichbar. Es scheint daher systemwidrig, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als deliktsrechtliche Haftungsgrundlage einzuordnen.161 Für deliktsrechtliche Ansprüche ist es darüber hinaus charakteristisch, dass grundsätzlich jeder Schuldner und jeder Betroffener sein kann. Berechtigte und Verpflichtete aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB können dagegen jeweils nur bestimmte, überschaubare Personenkreise sein. Auch dies spricht gegen eine deliktsrechtliche Einordnung des Anspruches aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB.162 Krebs sieht § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als eine „außerdeliktische“, „organisationsrechtliche“ Anspruchsgrundlage an. Er macht diese Einordnung an konstruktiven Parallelen zu den Ansprüchen aus §§ 93, 309 AktG, 31, 43 GmbHG fest.163 Mit Blick auf die Verjährungsvorschriften dieser Ansprüche mag es solche Parallelen gegeben haben;164 im Gegensatz zum Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Gesellschafter ist der Abschlussprüfer jedoch nach inzwischen unbestrittener Ansicht kein Organ oder Organmitglied der zu prüfenden Gesellschaft.165 Sowohl nach seinem Tatbestand als auch nach seiner Zweckstruktur ist der Anspruch fester Bestandteil des Bilanzrechts. Da im Bilanzrecht ähnliche Haftungsgrundlagen nicht anzutreffen sind und die zu Anspruchsgrundlagen außerhalb des Bilanzrechts bestehenden Parallelen eher formaler Natur sind,166 ist es meines Erachtens treffender, mit Blick auf § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB von einer bilanzrechtlichen Haftungsgrundlage eigener Art zu sprechen. b)
Erfasste Pflichten
Ein Anspruch gegen den Abschlussprüfer aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB setzt neben der besonderen Stellung des Prüfers als gesetzlicher Abschlussprüfer voraus, dass der Prüfer „seine Pflichten“ verletzt. Isoliert betrachtet lässt die Vorschrift mit dieser Formulierung im Unklaren, welche konkreten Pflichten und somit Pflichtver______ 161 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2276 (zur börsengesetzlichen Prospekthaftung). 162 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 86. 163 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 86 f. (siehe dort Fn. 23). 164 § 323 Abs. 5 HGB, auf den sich die Argumentation Krebs’ bezieht, wurde durch Art. 6 des Gesetzes zur Reform des Zulassungs- und Prüfungsverfahrens des Wirtschaftsprüfungsexamens (WPRefG) vom 1. 12. 2003, BGBl. I, S. 2446, 2463 aufgehoben. 165 Siehe nur Erle, Bestätigungsvermerk, S. 25 f.; Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 40; Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 194 ff., 216 f.; Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 30 f. zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 27 f. zu § 316 HGB; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 5 zu § 162, jeweils m. w. N. 166 Die mit den Ansprüchen aus §§ 93, 309 AktG, 31, 43 GmbHG bestehenden Gemeinsamkeiten beschränkten sich auf die Verjährungsfrist (jeweils 5 Jahre) und die Regelung des Beginns der Verjährung (keine Abhängigkeit von der Kenntnis des Geschädigten). Weitere Punkte kann auch Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 86 f. nicht nennen.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
letzungen im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB beachtlich sind. Der Aufbau des § 323 Abs. 1 HGB legt nahe, dass unter Pflichten i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten zu verstehen sind. § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB verpflichtet den Abschlussprüfer zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit; aus § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB ergibt sich, dass er nicht unbefugt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die er bei seiner Tätigkeit erfahren hat, verwerten darf.167 aa)
Sämtliche Berufspflichten oder nur die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten?
Vom ganz überwiegenden Teil des Schrifttums wird der Begriff „Pflichten“ in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB indes in einem sehr viel weiteren Sinne verstanden. Zu den von § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB erfassten Pflichten sollen danach nicht nur die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB ausdrücklich genannten Pflichten gehören, sondern „sämtliche in Betracht kommenden“ Pflichten168 bzw. sämtliche „Berufspflichten“, denen der Prüfer bei der Abschlussprüfung zu entsprechen hat.169 Häufig wird dabei nicht danach unterschieden, ob es sich um gesetzliche, vertragliche oder standesrechtliche Verpflichtungen handelt.170 Zum Teil werden ausdrücklich auch Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfungen zu den von § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB unmittelbar erfassten Pflichten gezählt.171 Ganz ähnlich und ohne nähere Begründung stellte der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1954 (noch zu § 141 AktG (1937)) fest, der Abschlussprüfer hafte „nicht bloß bei Nichterfüllung der ausdrücklich aufgeführten Pflichten, sondern für alle Verletzungen von Obliegenheiten“.172 Der BGH sah in der damaligen Ent______ 167 Siehe zum Inhalt dieser Pflichten näher Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 42 f., 48 ff.; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 90 ff., 150 ff., Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, A. Rn. 333 ff.; Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 139 ff.; Poll, DZWiR 1995, 95 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 20 ff. zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 10 ff. zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 34 ff. zu § 323; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 6 ff. zu § 323 HGB, jeweils m. w. N. 168 So Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 172 zu § 41; ähnlich Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 143; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, A. Rn. 555, Marten, IStR 1994, 619; Quick, BB 1992, 1675, 1676; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 77 zu § 323 HGB; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 1 zu § 323 u. a. 169 So Ebke, JZ 1998, 991, 994, f.; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323; Quick, BB 1992, 1675, 1676; Wölber, Die Abschlussprüferhaftung im Europäischen Binnenmarkt, S. 58 f.; Claussen/ Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 15 zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 25 zu § 323; vgl. auch Bärenz, BB 2003, 1781 ff. 170 Vgl. nur Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 15 zu § 323 HGB; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 172 zu § 41. Anders z. B. Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckard/ Kropff, AktG, Rn. 18 zu § 168; Puckler, in: Küting/Weber, HdR3, Rn. 8 zu § 323 HGB, die zu den von § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB erfassten Pflichten nur die gesetzlichen Pflichten des Abschlussprüfers zählen. 171 Hopt, in: FS Pleyer, S. 351; ders., WPg. 1986, 461, 465; Quick, BB 1992, 1675, 1676; ders., BFuP 2000, 525, 526; ders., DBW, 2000, 60, 62; Claussen/Korth, in: Köln. Komm. AktG, Rn. 15 zu § 323 HGB. 172 BGH, Urt. v. 15. 12. 1954 – II ZR 322/53, BGHZ 16, 17, 26 f.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
scheidung offenbar keine zwingende Verbindung zwischen dem „Pflichten“-Begriff des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und den in den Sätzen 1 und 2 des § 323 Abs. 1 HGB genannten Pflichten. Auch in späteren Entscheidungen wurde die Frage nicht detaillierter angesprochen. In der Begründung seines Urteils vom 2. 4. 1998 stellte der BGH allerdings ausdrücklich auf die Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit aus § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ab.173 Zudem findet sich an anderer Stelle der Urteilsbegründung die Passage: „Die Vorschrift [§ 323 HGB] knüpft nicht etwa an die Testaterteilung als solche an; vorausgesetzt wird vielmehr ein schuldhafter Pflichtverstoß bei Durchführung der Prüfung nach Absatz 1 Satz 1 und 2.“174 Dies könnte darauf hindeuten, dass der BGH seine Auffassung zum „Pflichten“-Begriff des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber der Entscheidung aus dem Jahre 1954 geändert hat.175 Da das Gericht sich jedoch in beiden Entscheidungen nicht näher mit der Problematik auseinander setzte176 und insbesondere auch auf die jeweilige Gegenauffassung mit keinem Wort einging,177 kann aus den geschilderten Anhaltspunkten nicht eine bestimmte Ansicht des BGH zum „Pflichten“-Begriff interpretiert werden. Der auf Grund des Aufbaues des § 323 Abs. 1 HGB naheliegende Schluss, dass mit „Pflichten“ in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nur die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten gemeint sind, wurde bislang nur vereinzelt im Schrifttum gezogen. Winkeljohann/Hellwege,178 H. Herrmann,179 Morck180 und zuletzt – mit ausführlicher Begründung – Heukamp181 sehen § 323 Abs. 1 HGB als geschlossene und abschließend regelnde Einheit an. Ein Anspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kann sich nach der Auffassung dieser Autoren nur aus einer Verletzung der in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB aufgeführten Pflichten ergeben. bb)
Enger „Pflichten“-Begriff des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB
Zugunsten einer weiten, über die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten hinausgehenden Auslegung des „Pflichten“-Begriffes in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB wird angeführt, Satz 3 der Vorschrift § 323 Abs. 1 HGB nehme nicht ausdrücklich auf die Sätze 1 und 2 Bezug.182 Das Gesetz spreche in der fraglichen Passage nicht von „diesen Pflichten“, sondern von „seinen [des Abschlussprüfers] Pflichten“.183 Zudem soll die systematische Stellung des § 323 HGB im Unterab______ 173 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 259. 174 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262. 175 Dementsprechend wurde von Vertretern der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung sofort Kritik geübt, vgl. Ebke, JZ 1998, 991, 994. 176 Es kam jeweils nicht entscheidend darauf an, ob von § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB nicht erfasste Pflichten des Abschlussprüfers im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB beachtlich sind. 177 Vgl. zur erstgenannten Entscheidung Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 227. 178 Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 101 zu § 323 HGB. 179 H. Herrmann, in: Heymann, HGB, Rn. 7 zu § 323. 180 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, Rn. 6 zu § 323. 181 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 228 ff.; ihm folgt nun auch Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 44 f. 182 Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323. 183 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 226.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
schnitt über die Prüfung (§§ 316 bis 324 a HGB) für eine weite Auslegung sprechen.184 § 323 HGB befindet sich in der Tat nahezu am Ende dieses Unterabschnittes. Ob daraus aber bereits geschlossen werden kann, dass § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sich auf alle Tätigkeiten im Rahmen der gesetzlichen Abschlussprüfung beziehe und insbesondere auch sämtliche Pflichten und Pflichtverletzungen in diesem Zusammenhang erfasse, ist äußerst zweifelhaft. Bei genauer Betrachtung der jeweils in Betracht kommenden Argumente sprechen ganz im Gegenteil die überzeugenderen Gründe gegen eine derart weite Auslegung des „Pflichten“-Begriffes in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB. Das Wortlaut-Argument der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht ist keineswegs zwingend. Die Verwendung des Relativpronomens „wer“ in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB deutet darauf hin, dass Satz 3 des § 323 Abs. 1 HGB sich entgegen der geschilderten Ansicht unmittelbar auf die Sätze 1 und 2 bezieht. Erst durch die Nennung des Abschlussprüfers, der Gehilfen und der bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft in Satz 1 lässt sich erschließen, wer im Rahmen des Satzes 3 als Verpflichteter in Betracht kommt. Würde Satz 3 des § 323 Abs. 1 HGB mit dem Wörtchen „wer“ nicht die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Personen meinen, bliebe der Rechtssatz des Satzes 3 äußerst unbestimmt; der Kreis der potentiellen Anspruchsgegner würde – zumindest grammatikalisch – unnötig weit gezogen. Dies wird, soweit ersichtlich, auch von niemandem in dieser Weise vertreten. Heukamp führt zutreffend an, dass der Gesetzgeber, hätte er eine Verbindung zwischen den „Pflichten“ des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und den in den Sätzen 1 und 2 des § 323 Abs. 1 HGB genannten Pflichten verhindern wollen, der Anspruchsgrundlage einen eigenen Absatz hätte widmen können.185 Auf diesem Wege hätte er alle Zweifel beseitigen können. Dass dies seit Erlass des § 262 g HGB (1931) und seiner Nachfolgenormen nicht geschehen ist, spricht ebenfalls gegen die zitierte Auffassung des überwiegenden Schrifttums. § 323 Abs. 1 HGB nennt in seinen Sätzen 1 und 2 besonders wichtige Pflichten des Abschlussprüfers. Zweifellos bestehen für den Prüfer aber auch Pflichten (aus Vertrag, Standesrecht usw.), die nicht von den in diesen Vorschriften genannten Pflichten umfasst sind. Würde man nun als „Pflichten“ i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sämtliche in Betracht kommenden Pflichten des Abschlussprüfers verstehen, so würde sich die Frage aufdrängen, welche spezifische Bedeutung den Sätzen 1 und 2 des § 323 Abs. 1 HGB noch zukommt.186 Wozu insbesondere sollte das Handelsgesetzbuch einzelne Pflichten des Abschlussprüfers, die sich auch aus § 43 Abs. 1 WPO ergeben,187 nochmals anführen, wenn es daran dann keinerlei spezifi______ 184 Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323. 185 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 228. 186 Auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 229 f. wirft diese Frage auf. 187 Vgl. Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 1 zu § 323 HGB. Ähnlich auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 229 f., der jedoch übersieht, dass sich die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten für Wirtschaftsprüfer auch aus § 43 Abs. 1 WPO ergeben. Er versucht daher, die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten „teleologisch als allgemeine Prüferpflichten“ zu ent-
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
sche Folgen knüpft?188 Neben den genannten grammatikalischen Argumenten sprechen also auch gesetzessystematische bzw. systematisch-logische Argumente für die enge Auslegung des „Pflichten“-Begriffes in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB. Ist man zudem – wie hier vertreten189 – der Auffassung, dass es sich bei § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB um eine ausschließlich gesetzliche Anspruchsgrundlage handelt, so steht auch dies einer Berücksichtigung ausschließlich vertraglicher oder sonstiger nicht im Gesetz begründeter Pflichten entgegen. Die Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers knüpft nicht an einen wirksamen Vertragsschluss an. Es wäre unstimmig, ungeachtet dessen bloße vertragliche Pflichten als Pflichten i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB anzusehen. Insgesamt liegt es somit näher, eine Verbindung zwischen den in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB angesprochenen Pflichten und den unmittelbar zuvor in den Sätzen 1 und 2 des § 323 Abs. 1 HGB aufgezählten gesetzlichen Pflichten herzustellen, als auf eine vom Gesetz so nicht angesprochene Gesamtheit von „Berufspflichten“ oder gar „sämtliche in Betracht kommende“ Pflichten abzustellen. Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB können nur auf eine Verletzung der in § 323 Abs. 1 HGB ausdrücklich genannten Pflichten gestützt werden. cc)
Erfasste Tätigkeiten
Auch die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB niedergelegten Pflichten enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe. Für die Reichweite des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als Anspruchsgrundlage stellt sich bei ihrer Auslegung die Frage, was unter einer Prüfung i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB zu verstehen ist. Von der Auslegung dieses Begriffes hängt es ab, auf welche Tätigkeiten des Abschlussprüfers sich die in § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB genannte Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Vorgehensweise sowie zur Verschwiegenheit bezieht. Im Schrifttum wird mehrheitlich vertreten, der Begriff „Prüfung“ beschränke sich in diesem Zusammenhang nicht auf die in § 317 HGB beschriebenen „eigentlichen Prüfungshandlungen“,190 sondern umfasse alle Tätigkeiten, die in den §§ 316 bis 324 a HGB genannt und zusammengefasst sind.191 Einzelne Stimmen scheinen darüber hinaus sogar davon auszugehen, die Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB erfasse auch Tätigkeiten, die nur im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Ab______ wickeln. Für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verweist § 56 Abs. 1 WPO, für vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften verweisen § 130 Abs. 1 und 2 WPO auf § 43 Abs. 1 WPO. 188 Zur Zweckstruktur des § 323 HGB siehe Teil 1.B.I.3.e), S. 73 ff. 189 Siehe Teil 1.B.I.2.a)cc), S. 36 ff. 190 So die Formulierung bei Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 18 zu § 323. 191 Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 43 f.; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm.; Rn. 10, 101 zu § 323 HGB; Puckler, in: Küting/Weber, HdR3, Rn. 8 zu § 323 HGB; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 4 f. zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 25 zu § 323; vgl. auch Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 143; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 26 zu § 323 HGB; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 1 zu § 323; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Anm. 18 zu § 168.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
schlussprüfung vorgenommen werden, ohne dass sie vom Gesetz ausdrücklich angesprochen sind.192 Der BGH hat zu dieser Frage bislang nicht abschließend Stellung bezogen. In seiner Entscheidung vom 2. 4. 1998 ließ er es ausdrücklich offen, ob Fehler im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Testates noch von den Pflichten des § 323 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGB erfasst werden.193 Der Gesetzeswortlaut selbst ist für diese Unklarheiten zumindest mitursächlich. Im selben Unterabschnitt des HGB werden (mindestens) zwei unterschiedliche „Prüfungs“-Begriffe verwendet. Während das Gesetz beispielsweise in § 322 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB einen deutlichen Unterschied zwischen „der Prüfung“ und der Erteilung des Bestätigungsvermerkes macht, scheint in der Überschrift des Unterabschnittes (§§ 316 bis 324 a HGB) mit „Prüfung“ der gesamte in diesen Vorschriften geregelte Bereich gemeint zu sein.194 Die geschilderte weite Auslegung des Begriffes im Schrifttum wäre bei Heranziehung letzteren Begriffsverständnisses durchaus gerechtfertigt.195 Vergleicht man jedoch die einzelnen Formulierungen in ihrem jeweiligen Kontext, so zeigt sich, dass nur eine enge Auslegung des „Prüfungs“-Begriffes in § 323 Abs. 1 HGB den gesetzlichen Gegebenheiten gerecht wird. Wenn in § 322 Abs. 3 Satz 1 HGB von einer „nach § 317 durchgeführte[n] Prüfung“ die Rede ist, so ergibt sich daraus deutlich, dass zumindest in dieser Vorschrift unter dem Begriff „Prüfung“ nur die in § 317 HGB beschriebenen eigentlichen Prüfungshandlungen gemeint sind. Unbestreitbar ist auch, dass das Gesetz in § 321 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 322 Abs. 1 Satz 1 HGB zwischen „der Prüfung“ und der Erstattung eines Prüfungsberichtes bzw. der Erteilung eines Bestätigungsvermerkes differenziert. Wenn man nicht annimmt, der Gesetzgeber habe in einem Paragraphen (bzw. sogar in demselben Absatz eines Paragraphen) zwei unterschiedliche „Prüfungs“-Begriffe angesiedelt,196 so kommt man nicht umhin, den Begriff „Prüfung“ in § 322 HGB einheitlich im Sinne der in § 317 HGB geschilderten Handlungen auszulegen. Auf Grund der inhaltlichen Parallelität des § 321 Abs. 1 Satz 1 HGB und des § 322 Abs. 1 Satz 1 HGB erscheint es geboten, dieselbe Auslegung (aus denselben Gründen) auch der gesamten Vorschrift des § 321 HGB zu Grunde zu legen. Es stellt sich nun die Frage, weshalb das Gesetz ausgerechnet in § 323 HGB, also der den §§ 321, 322 HGB unmittelbar nachfolgenden Vorschrift, eine davon abweichende Begriffsbestimmung zu Grunde legen sollte. ______ 192 So offenbar Poll, DZWir 1995, 95, 95 f.; Quick, BB 1992, 1675, 1676; ders., BFuP 2000, 525, 526; ders., DBW 2000, 60, 62; Neflin, Die Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 3. 193 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262. 194 Vgl. Brönner, in: Großkomm. AktG, Anm. 3 zu § 168; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323. 195 Keinen Halt im Gesetz findet dagegen die angesprochene Auffassung, nach der die Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auch Tätigkeiten des Abschlussprüfers erfasse, die nur im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Abschlussprüfung vorgenommen werden, ohne dass das Gesetz sie unmittelbar fordert; siehe dazu die Nachweise in Fn. 192. 196 So aber Brönner, in: Großkomm. AktG, Anm. 3 zu § 168.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Der Hinweis auf den Begriff „Prüfung“ in der Überschrift des Unterabschnittes genügt als Begründung nicht.197 Überschriften dienen allgemein dazu, den nachfolgenden Inhalt kurz und griffig zu kennzeichnen. Anstatt einer langen und abstrakten Umschreibung der verschiedenen Tätigkeiten des gesetzlichen Abschlussprüfers hat der Gesetzgeber dessen prägendste Tätigkeit, die eigentliche Prüfungstätigkeit, als Überschrift gewählt. Daraus sollten keine Schlüsse zur Auslegung dieses Wortes in konkreten Vorschriften gezogen werden. Zugunsten einer weiten Auslegung des Begriffes „Prüfung“ in § 323 Abs. 1 HGB wird auch angeführt, dass sich diese Vorschrift nahezu am Ende ihres Unterabschnittes befindet.198 Verdeutlicht man sich, dass § 322 HGB als achte von zehn Vorschriften im Unterabschnitt „Prüfung“ unbestreitbar einen engen „Prüfungs“Begriff zu Grunde legt, so erstaunt es, dass § 323 HGB auf Grund seiner Stellung als neunte Vorschrift einen anderen, weiten „Prüfungs“-Begriff enthalten soll. Die geschilderte Anordnung der Vorschriften spricht eher dafür, dass § 323 HGB denselben „Prüfungs“-Begriff zu Grunde legt wie § 322 HGB. Hätte der Gesetzgeber in § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB alle Tätigkeiten des Abschlussprüfers erfassen wollen, so hätte er – wie er das in § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB getan hat – auch an dieser Stelle anstatt des Begriffes „Prüfung“ die allgemeinere Formulierung „Tätigkeit“ oder „Tätigkeiten“ verwenden können. Aus einem Vergleich der Sätze 1 und 2 des § 323 Abs. 1 HGB wird deutlich, dass die in Satz 2 genannten Pflichten sich auf einen größeren Kreis von Tätigkeiten beziehen als die in Satz 1. Dies ist auch inhaltlich sachgerecht. Kenntnisse über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse kann der Abschlussprüfer auch dann erlangen, wenn er mit seiner Prüfungstätigkeit nach § 317 HGB noch nicht begonnen oder diese Tätigkeiten bereits abgeschlossen hat. Es ist daher einleuchtend, dass der Gesetzgeber das diesbezügliche Verwertungsverbot weiter gefasst hat, als die Pflichten in Satz 1. Es bleibt festzuhalten, dass sich der „Prüfungs“-Begriff des § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB entgegen der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung lediglich auf die in § 317 HGB beschriebenen eigentlichen Prüfungshandlungen bezieht. Tätigkeiten i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB sind dagegen alle Handlungen, die das Gesetz in den §§ 316 bis 324 a HGB für den gesetzlichen Abschlussprüfer vorsieht. dd)
Nicht erfasste Pflichtverletzungen
Nach dem Gesagten bezieht sich § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in keinem Falle auf Tätigkeiten, die dem gesetzlichen Abschlussprüfer in den §§ 316 bis 324 a HGB nicht vorgeschrieben sind. Hierzu zählen insbesondere Handlungen auf Grund von Erweiterungen und Ergänzungen des Prüfungsauftrages um zusätzliche Prüfungsgegenstände oder Prüfungsinhalte.199 Ebenfalls unbeachtlich sind unter diesem ______ 197 In diesem Sinne aber Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 10 zu § 323 HGB. 198 Brönner, in: Großkomm. AktG, Anm. 3 zu § 168; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323. 199 Zu den Begriffen „Erweiterung“ und „Ergänzung“ des Prüfungsauftrages siehe IDW, PS 220, Tz. 14, 20, 29 sowie Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 14 zu § 323. Der von Ebke vorgeschlagenen
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Aspekt Pflichtverletzungen durch Tätigkeiten im Vorfeld von (Pflicht-)Handlungen, wie etwa die Ankündigung eines fehlerhaften Testates. Dieser vom BGH in seiner Entscheidung vom 2. 4. 1998200 offen gelassene Fall lässt sich nach den soeben aufgezeigten Grundsätzen zweifelsfrei lösen: Die Ankündigung eines Testates ist in den §§ 316 bis 323 HGB als Tätigkeit des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht vorgesehen. Eine gesetzliche Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kann sich aus Fehlern bei dieser Tätigkeit daher nicht ergeben.201 Ebenso wenig erfasst § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB die im Schrifttum häufiger angesprochenen Fälle einer unberechtigten Verzögerung oder Verweigerung des Bestätigungsvermerkes sowie entsprechender Pflichtverletzungen des gesetzlichen Abschlussprüfers mit Bezug auf den Prüfungsbericht. Dasselbe gilt für die unberechtigte Einschränkung des Bestätigungsvermerkes.202 Keine der genannten Handlungen gehört zu den Prüfungshandlungen i. S. d. § 317 HGB. Unabhängig von der Frage, ob in den angesprochenen Fällen ein Verstoß gegen das Gebot der Gewissenhaftigkeit vorliegt, ist der von § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB erfasste Bereich damit nicht betroffen. Auch eine Verletzung des § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB ist nicht gegeben. Eine gesetzliche Haftung nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kommt für diese Fälle daher nicht in Betracht.203 Eine Pflichtverletzung kann im Allgemeinen nur dann zu einem Schadensersatzanspruch führen, wenn die verletzte Pflicht gerade auch gegenüber demjenigen bestand, der sich auf den Anspruch beruft. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb dies im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB anders sein sollte.204 Mit Blick auf Ansprüche aus dieser Norm stellt sich daher die Frage, welche der in § 323 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGB genannten Pflichten auch gegenüber den von § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB erfassten (potentiell) anspruchsberechtigten Dritten gelten. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst der Kreis dieser Dritten näher zu bestimmen. ______ Differenzierung, wonach Erweiterungen des Prüfungsauftrages im Gegensatz zu den Ergänzungen stets von § 323 HGB erfasst sind, kann in dieser Pauschalität nicht zugestimmt werden. Auch bei Erweiterungen ist genau zu prüfen, ob die fragliche Handlung des Abschlussprüfers noch zu den Tätigkeiten i. S. d. §§ 316 bis 322 HGB zu zählen ist. 200 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262. 201 A. A. mit Blick auf den entschiedenen Fall Ebke, JZ 1998, 991, 994 f.; ders., WPK-Mitt. 1998, 258, 259 f.; ders., WPK-Mitt. 1999, 114 und wohl auch Claussen, WuB IV E. § 323 HGB 2.99. 202 Vgl. zu diesen Fällen Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 225, 229 f.; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 87 zu § 323 HGB; Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 15 zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 25 zu § 323. 203 Ebenso Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 225, 229 f.; a. A. Hopt, in: Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, S. 1074; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 87 zu § 323 HGB; Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 15 zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 19 zu § 323 und im Ergebnis auch Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 25 zu § 323. 204 Vgl. BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 259 f.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 133 f.; Puckler, in: HdR3, Rn. 11 zu § 323 HGB; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 153 f. zu § 323 HGB; Brönner, in: Großkomm. AktG, Anm. 10 zu § 168; Hopt, in: Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, S. 1074; a. A. Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 22 zu § 168.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
c)
Kreis der Berechtigten
Zum Kreis der aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Berechtigten zählt das Gesetz die geprüfte Gesellschaft und die mit ihr verbundenen Unternehmen. Der Rechtsbegriff „verbundene Unternehmen“ ist in den Vorschriften des § 15 AktG und des § 271 Abs. 2 HGB in unterschiedlicher Weise legaldefiniert. Für das Dritte Buch des Handelsgesetzbuches („Handelsbücher“, §§ 238–342 a) und somit auch für § 323 HGB ist laut ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 271 Abs. 2 HGB allein die in dieser Norm enthaltene Umschreibung maßgeblich.205 Im Gegensatz zur geprüften Gesellschaft gehören die verbundenen Unternehmen zum Kreis der hier näher betrachteten prüfungsvertragsfremden Dritten.206 Im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kommt es auf diese Unterscheidung zwar nicht entscheidend an; § 323 HGB normiert – wie gezeigt207 – eine vom schuldrechtlichen Prüfungsvertrag unabhängige gesetzliche Haftung des Prüfers. Mit Blick auf den gewählten Untersuchungsgegenstand soll der Kreis der aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Berechtigten an dieser Stelle gleichwohl mit besonderem Augenmerk auf die erfassten Dritten untersucht werden. aa)
Verbundene Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB
Der Wortlaut des § 271 Abs. 2 HGB geht für die Qualifizierung zweier Unternehmen als verbundene Unternehmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Einbeziehung dieser Unternehmen in ein und denselben Konzernabschluss aus. Es muss sich dabei um die Einbeziehung als Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290 HGB) in einen Konzernabschluss des obersten Mutterunternehmens nach den Regeln der Vollkonsolidierung (§§ 300 bis 307 HGB) handeln. Unbeachtlich ist, ob der Konzernabschluss tatsächlich aufgestellt wird. Einer Qualifizierung als verbundene Unternehmen steht es zudem nicht entgegen, wenn es sich bei den betroffenen Unternehmen um Tochterunternehmen handelt, die in den Konzernabschluss nur auf Grund eines Einbeziehungsverbotes gemäß § 295 HGB oder eines Einbeziehungswahlrechtes gemäß § 296 HGB nicht einbezogen werden. Den genannten Fällen gleichgestellt werden durch § 271 Abs. 2 HGB Konstellationen, in denen das oberste Mutterunternehmen mit Sitz im Inland keinen Konzernabschluss nach § 290 HGB erstellen muss, weil dessen Mutterunterunternehmen mit Sitz im Ausland nach §§ 291, 292 HGB einen Konzernabschluss mit befreiender Wirkung aufstellt oder aufstellen könnte. ______ 205 Bis zur Verabschiedung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes (siehe Fn. 25) im Jahre 1985 kam es auch im Bereich der Rechnungslegung und -prüfung auf die Begriffsbestimmung in § 15 AktG an. Zur weiteren Geltung der aktienrechtlichen Begriffsbestimmung im Konzernrecht vgl. Claussen/ Korth, Kölner Komm. AktG, Rn. 15 zu § 271 HGB; Matschke/Schellhorn, in: Hofbauer/Kupsch, Bonner HdR, Rn. 70 zu § 271 HGB. 206 Dabei bleibt es auch, wenn derselbe Abschlussprüfer gleichzeitig mit beiden Gesellschaften bzw. weiteren Unternehmen Prüfungsverträge abgeschlossen haben sollte; mit Blick auf den Vertrag mit der ersten Gesellschaft sind andere verbundene Unternehmen „prüfungsvertragsfremd“. 207 Siehe Teil 1.B.I.2.a)cc), S. 36 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Die Legaldefinition des Begriffes „verbundene Unternehmen“ in § 271 Abs. 2 HGB wird im Schrifttum als „sprachlich zweifelhaft“,208 „nur schwer lesbar“,209 „unverständlich“,210 „terminologisch verwirrend“211 oder gar als „babylonische Sprachverwirrung“212 kritisiert. Die Details der Auslegung des § 271 Abs. 2 HGB sind nicht zuletzt auf Grund der komplizierten Fassung der Norm in vielen Punkten umstritten. Teile des Schrifttums gehen so weit, dass sie eine am Wortlaut orientierte Auslegung des § 271 Abs. 1 HGB als „unrichtig“,213 „betriebswirtschaftlich unbefriedigend“214 sowie mit der zu Grunde liegenden EG-Richtlinie und dem Zweck der Vorschrift unvereinbar215 ablehnen. Hauptursache für diese Unklarheiten und Streitpunkte ist wohl der Umstand, dass Art. 41 der 7. EG-Richtlinie,216 auf dem § 271 Abs. 2 HGB im Wesentlichen beruht, zur Bestimmung der „verbundenen Unternehmen“ im Grundsatz nicht auf die Pflicht zur Aufstellung und Einbeziehung in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens abstellt, sondern auf (Mutter/Tochter-) Beziehungen zwischen Unternehmen, wie sie in § 290 Abs. 1 und 2 HGB umschrieben sind.217 Teilweise wird daher im Schrifttum vorgeschlagen, § 271 Abs. 2 HGB richtlinienkonform dahingehend „auszulegen“, dass verbundene Unternehmen im bilanzrechtlichen Sinne bereits alle Unternehmen sind, die in einem Mutter/Tochterverhältnis stehen oder Tochterunternehmen eines gemeinsamen Mutterunternehmens sind, ohne dass es auf die Pflicht zur Aufstellung oder Einbeziehung in den Konzernabschluss im konkreten Fall ankommt.218 Für diese Auffassung wird der ______ 208 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 9 zu § 271. 209 Bieg/Küting, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 142 zu § 271 HGB. 210 Beater, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 13 zu § 271; Hoyos/Gutike, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 35 zu § 271 HGB; Bieg/Küting, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 142 zu § 271 HGB. 211 Kropff, in: FS Ulmer, S. 847. 212 So ausdrücklich Bieg, DB 1985, Beilage Nr. 24/Heft 41, S. 1, 16; zustimmend Bieg/Küting, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 142 zu § 271 HGB. 213 Ulmer, in: FS Goerdeler, S. 632 f. 214 Küting, DStR 1987, 347, 357; Bieg/Küting, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 144 zu § 271 HGB. 215 So z. B. Clausen, Verbundene Unternehmen, S. 52; Kropff, DB 1986, 364, 366 f.; ders., in: FS Ulmer, S. 855 ff.; Oser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 339; Kraft, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, T. Rn. 482; Nösser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 102 ff., 114; Ulmer, in: FS Goerdeler, S. 633; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 47 ff. zu § 271 HGB; v. Keitz, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 66 ff. zu § 271 HGB; Matschke/Schellhorn, in: Hofbauer/Kupsch, Bonner HdR, Rn. 78 ff. zu § 271 HGB. 216 „Siebente Richtlinie des Rates“ vom 13. Juni 1983, 83/349/EWG, ABl. L 193 vom 18. 7. 1983, S. 1. 217 Vgl. insbesondere Art. 41 Abs. 1 und die in dieser Vorschrift enthaltenen Verweise auf Art. 1 Abs. 1 und 2 der 7. EG-Richtlinie (siehe Fn. 216). Art. 41 Abs. 2 der Richtlinie, der auf die Pflicht zur Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses abstellt, erweitert lediglich die im Grundsatz maßgebliche Begriffsbestimmung des Abs. 1. 218 Siehe z. B. die Vorschläge von Kropff, DB 1986, 364, 366; ders., in: FS Ulmer, S. 855 ff.; Richter/Geib, WPg. 1987, 181, 191; Oser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 339 und Adler/ Düring/Schmaltz, Rn. 63 zu § 271 HGB mit zustimmenden Stellungnahmen von Clausen, Verbundene Unternehmen, S. 52; Küting, DStR 1987, 347, 357; Bieg/Küting, in: Küting/Weber, HdR Rn. 144 ff. zu § 271 HGB; Nösser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 102 ff.; v. Keitz, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 66 ff. zu § 271 HGB; Matschke/Schellhorn, in: Hofbauer/Kupsch, Bonner HdR, Rn. 78 ff. zu § 271 HGB.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Zweck des § 271 Abs. 2 HGB angeführt, wie er sich aus einer Zusammenschau mit den auf den Begriff der „verbundenen Unternehmen“ Bezug nehmenden Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches ergibt: Das Gesetz knüpft an den Tatbestand „verbundene Unternehmen“ besondere Ausweis- und Angabepflichten für den Jahresabschluss. Durch diese sollen die wirtschaftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen offengelegt werden. Der Jahresabschluss muss aufzeigen können, welche Posten möglicherweise durch nicht marktübliche Konditionen beeinflusst sind. Insgesamt soll dies einer höheren Transparenz dienen.219 Unter Berücksichtigung dieses Regelungszweckes erscheint es den Vertretern der angesprochenen Auslegung nicht nachvollziehbar, weshalb z. B. Unternehmen, deren oberste Mutterunternehmen die Größenmerkmale des § 293 HGB nicht erfüllen oder die im Inland nicht als Kapitalgesellschaften organisiert sind – und für die daher keine Pflicht zur Konzernrechnungslegung besteht – den genannten Informationspflichten nicht unterfallen sollen. Das geschilderte Informationsbedürfnis bestehe ihrer Ansicht nach gleichermaßen bei Unternehmen, die lediglich in einem Mutter/Tochterverhältnis i. S. d. § 290 Abs. 1 und 2 HGB stehen oder die Tochterunternehmen eines gemeinsamen Mutterunternehmens sind.220 Dieser Argumentation ist grundsätzlich zuzustimmen. Der Wortlaut des § 271 Abs. 2 HGB stellt jedoch – insoweit eindeutig – auf die Pflicht zur Aufstellung des Konzernabschlusses ab und nicht auf die in § 290 Abs. 1, 2 HGB genannten Mutter/Tochterverhältnisse. Eine Auslegung des § 271 Abs. 2 HGB gegen den Gesetzeswortlaut können auch die geschilderten Gründe nicht rechtfertigen. Ebenso wenig kann der der Vorschrift zu Grunde liegenden 7. EG-Richtlinie ein Vorrang vor nationalem Recht oder gar eine unmittelbar verpflichtende Wirkung zugesprochen werden.221 Eine Änderung der Begriffsbestimmung „verbundener Unternehmen“ dahingehend, dass es auf die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach den Regeln des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches nicht mehr entscheidend ankommt, ist allein dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten.222 De lege lata muss es für das Bilanzrecht bei der sich aus § 271 Abs. 2 HGB ergebenden Begriffsbestimmung des „verbundenen Unternehmens“ bleiben. bb)
Einschränkungen im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB
Wie bereits angesprochen,223 führen Pflichtverletzungen auch im Rahmen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nur dann zu einem Schadensersatzanspruch, wenn die ______ 219 Clausen, Verbundene Unternehmen, S. 45 ff.; Kropff, DB 1986, 364, 366 f.; ders., in: FS Ulmer, S. 849; Küting, DStR 1987, 347, 348 f.; Nösser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 107; Schulze-Osterloh, in: FS Fleck, S. 317 f.; Oser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 237 f. 220 Siehe die Nachweise in Fn. 218. 221 Beater, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 21 zu § 271; Berger/Gutike, in: Beck Bilanz-Komm.5, Rn. 46 zu § 271 HGB; Hüttemann, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 24 zu § 271. 222 So z. B. auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 262 f.; Schulze-Osterloh, in: FS Fleck, S. 326; Beater, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 21 zu § 271; Hoyos/Gutike, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 35 zu § 271 HGB; Hüttemann, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 24 zu § 271; vgl. auch Küting, DStR 1987, 347, 355. 223 Siehe Teil 1.B.I.2.b)dd), S. 45 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
verletzte Pflicht gerade gegenüber demjenigen bestand, der sich auf den Anspruch beruft. Dies gilt auch für die Ansprüche der verbundenen Unternehmen. Der Wortlaut der Vorschrift, der grundsätzlich eine Auslegung auch dahingehend zuließe, dass der Abschlussprüfer gegenüber verbundenen Unternehmen selbst dann hafte, wenn keine unmittelbar ihnen gegenüber bestehende Pflicht verletzt wurde, ist insofern allenfalls missverständlich.224 Wie eingangs erwähnt,225 enthielt die bis zur Aktienrechtsreform von 1965226 geltende Haftungsbestimmung § 141 AktG (1937)227 keine Regelung zur Haftung des Abschlussprüfers gegenüber anderen Gesellschaften bzw. Unternehmen als der geprüften Gesellschaft selbst. Erst mit der Reform von 1965 wurde die Haftung des Prüfers gegenüber Konzernunternehmen sowie abhängigen und herrschenden Unternehmen ausgedehnt (vgl. § 168 AktG (1965).228 Gleichzeitig erhielt der Abschlussprüfer gegenüber diesen Unternehmen Auskunfts- und Vorlagerechte, die bis dahin lediglich gegenüber der geprüften Gesellschaft selbst bestanden. Gemäß § 165 Abs. 2, 3 i. V. m. Abs. 4 AktG (1965) konnte der Prüfer von nun an auch von den Vorständen der genannten (prüfungsvertragsfremden) Gesellschaften alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, welche für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind. Hinsichtlich des gesetzgeberischen Motivs der beschriebenen Haftungsausweitung besteht in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend Einigkeit. Die Ausdehnung der Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber Konzernunternehmen sowie abhängigen und herrschenden Unternehmen erfolgte danach als „Korrelat“229 bzw. „notwendige Folge“230 der gleichzeitig eingeführten Vorlage- und Auskunftspflichten dieser Gesellschaften. An dieser Intention der Haftungserweiterung hat sich auch durch das Bilanzrichtliniengesetz231 und die damit verbundenen Änderungen der gesetzlichen Vorschriften nichts geändert. Die Vorlage- und Auskunftsrechte gegenüber Mutter- und Tochterunternehmen sind nunmehr in § 320 HGB geregelt; die gesetzliche Haftung gemäß § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ist nach wie vor nicht auf eine Haftung gegenüber der zu prüfenden ______ 224 So die ganz h. M., vgl. nur BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 259 f.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 133 f.; Puckler, in: HdR3, Rn. 11 zu § 323 HGB; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 153 f. zu § 323 HGB; Brönner, Großkomm. AktG, Anm. 10 zu § 168; a. A. ohne nähere Begründung Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 22 zu § 168 und wohl auch Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 20 zu § 323 HGB. 225 Siehe Teil 1.B.I.1, S. 3 f. 226 Siehe Fn. 126. 227 Die Vorschrift ist im Anhang zu dieser Arbeit abgedruckt, siehe S. 245. 228 Siehe Abdruck im Anhang, S. 246. 229 So BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 259 f. mit Verweis auf Budde/Hense, in: Beck Bilanz-Komm.3, Rn. 119 zu § 323 HGB (entspricht Kommentierung in aktueller 6. Auflage) und Quick, BB 1992, 1675 f.; siehe dazu auch Begründung des Regierungsentwurfes zu § 168 AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Material zum Aktiengesetz 1965, S. 272 ff. 230 So bspw. die Begründung des Regierungsentwurfes zu § 168 AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Material zum Aktiengesetz 1965, S. 273; Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 36; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 270 f.; Brönner, in: Großkomm. AktG, Anm. 10 zu § 168; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 171 zu § 323 HGB; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 22 zu § 168. 231 Siehe Fn. 25.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Gesellschaft beschränkt. Dass § 320 HGB ein Mutter/Tochter-Verhältnis zwischen den betroffenen Gesellschaften voraussetzt, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB i. V. m. § 271 Abs. 2 HGB dagegen im Grundsatz die Pflicht zur Einbeziehung in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens, ist nach nahezu einhelliger Ansicht der (gesetzestechnisch) mangelhaften Umsetzung der 7. EG-Richtlinie232 durch das Bilanzrichtliniengesetz zu verdanken.233 Es bleibt somit dabei: Gesetzgeberisches Motiv der Haftung des Abschlussprüfers aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ist es, den Mutter- und Tochterunternehmen der geprüften Gesellschaft ein „Korrelat“ für die ihnen durch § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB auferlegten Vorlage- und Auskunftspflichten zu geben. Wenn diese Unternehmen schon zur Herausgabe von Informationen an außenstehende Dritte verpflichtet sind, so soll ihnen auch der entsprechende Haftungsschutz gewährt werden. Legt man § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB konsequent nach diesem Sinn und Zweck der Haftungserweiterung aus, so sind bei der Suche und Beurteilung der gegenüber den verbundenen Unternehmen bestehenden Pflichten des gesetzlichen Abschlussprüfers die sich aus § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB ergebenden Pflichten der Mutter- und Tochterunternehmen der geprüften Gesellschaft zu berücksichtigen. Wenn die gesetzliche Haftung des Abschlussprüfers lediglich ein Ausgleich für diese Pflichten sein soll, dann können im Hinblick auf die Haftung gegenüber verbundenen Unternehmen nur die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) und das Verbot der unbefugten Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 323 Abs. 1 Satz 2 HGB) beachtlich sein.234 Nur diese Pflichten bzw. Verbote sind als Ausgleich für die den Mutter- und Tochterunternehmen in § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB auferlegten Vorlage- und Auskunftspflichten notwendig. Im Gegenzug für die zugänglich gemachten Informationen werden die betroffenen Unternehmen vor unbefugter Weitergabe und Verwertung geschützt. Die Pflicht des Abschlussprüfers zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) dagegen hat keinen direkten Bezug zu den Pflichten aus § 320 HGB. Zwischen der Herausgabe der Informationen und der bei der eigentlichen Prüfungstätigkeit anzuwendenden Sorgfalt besteht keine unmittelbare wechselseitige Beziehung. Die Pflicht des gesetzlichen Abschlussprüfers zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung besteht daher nicht auch gegenüber den mit der geprüften Gesellschaft verbundenen Unternehmen. Aber auch die Pflicht zur Verschwiegenheit und das Verbot der unbefugten Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheim______ 232 Siehe Fn. 216. 233 Dazu näher Clausen, Verbundene Unternehmen, S. 44 ff.; Kropff, DB 1986, 364 ff.; ders., in: FS Ulmer, S. 849 ff.; Küting, DStR 1987, 347, 357; Nösser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 102 ff., 114; Oser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 45 ff.; 338 f. 234 So im Ergebnis auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 270; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 459; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 133 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 154 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 119 zu § 323 HGB; Puckler, in: Küting/Weber, HdR3, Rn. 11 zu § 323 HGB; a. A. Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 20 zu § 323 HGB, die die zuvor genannte Auffassung – ohne Begründung – als „unbegründbar“ bezeichnen; Kropff, in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 22 zu § 168, der darauf abstellt, ob der Schaden, der dem verbundenen Unternehmen entstanden ist, im Zusammenhang mit den Prüfungshandlungen nach § 165 Abs. 4 AktG (1965) (entspricht § 320 Abs. 3 HGB n. F.) entstanden ist.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
nissen bestehen nicht pauschal gegenüber jedem verbundenen Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB. Die Haftung des Abschlussprüfers ist als Korrelat vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn der Prüfer bei einem verbundenen Unternehmen die Rechte aus § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB auch tatsächlich wahrnimmt.235 In allen anderen Fällen lässt sich eine Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht mehr mit der genannten Motivation des Gesetzgebers, dem Ausgleichsgedanken, begründen. Festzuhalten ist somit, dass von den in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten nur die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) sowie das Verbot der Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 323 Abs. 1 Satz 2 HGB) auch gegenüber den verbundenen Unternehmen gelten. Voraussetzung zur Entstehung der Pflichten ist, dass der gesetzliche Abschlussprüfer von den Informationsrechten nach § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB gerade auch gegenüber der betreffenden Gesellschaft Gebrauch macht. Nur wenn dies der Fall ist, kann aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ein Schadensersatzanspruch zugunsten verbundener Unternehmen erwachsen. Hieraus wird deutlich, dass der Kreis der aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB berechtigten verbundenen Unternehmen wesentlich enger ist, als es ein bloßer Verweis auf die allgemeine Begriffsbestimmung des § 271 Abs. 2 HGB zunächst vermuten lässt. Nur eine derartig enge Auslegung des Gesetzes entspricht der Motivation des Gesetzgebers bei der Erweiterung der Haftung im Jahre 1965. cc)
Keine erweiternde Auslegung
Mit Blick auf den engen Kreis der in § 323 Abs. 1 HGB ausdrücklich angesprochenen Anspruchsberechtigten stellt sich nahezu zwangsläufig die Frage nach Möglichkeiten einer erweiternden Auslegung dieser Vorschrift zugunsten in ihr nicht genannter Dritter. Der Umstand, dass der Gesetzgeber des Aktiengesetzes von 1965236 die Haftung des Abschlussprüfers erstmals gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten ausdehnte, hat im Schrifttum mehrfach Anlass zu Überlegungen in dieser Richtung gegeben.237 Vereinzelt klang dabei die Befürchtung an, die Haftungsausweitung im Jahre 1965 könnte als Anfang einer neu eingeschlagenen Tendenz gedeutet und in der Folge als Argument für eine extensive Auslegung der Anspruchsgrundlage missbraucht werden.238 ______ 235 Ebenso Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 154 zu § 323 HGB und wohl auch Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 133 f.; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 119 zu § 323 HGB; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 22 zu § 168; Puckler, in: Küting/Weber, HdR3, Rn. 11 zu § 323 HGB; a. A. Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 270 f., der eine Haftung für „jeglichen unsorgfältigen Umgang mit Informationen“ befürwortet, unabhängig davon, ob der Prüfer die betreffenden Informationen auf dem „durch § 320 HGB bezeichneten Weg“ erhalten hat. 236 Siehe Fn. 125. 237 Vgl. etwa Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 36; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 288; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 176 f. zu § 323 HGB. 238 Siehe die Ausführungen bei Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 36; Winkeljohann/ Hellwege, Beck Bilanz-Komm., Rn. 171 zu § 323 HGB und Quick, BB 1992, 1675, 1681.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Gegen eine solche Deutung spricht indes bereits die Änderung der Gesetzesfassung durch das Bilanzrichtliniengesetz239 im Jahre 1985. Während der gesetzliche Abschlussprüfer vor der Umsetzung der 4., 7. und 8. EG-Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts außer der geprüften Gesellschaft auch den Konzernunternehmen sowie den herrschenden und abhängigen Unternehmen gegenüber haftete (§ 168 Abs. 1 Satz 3 AktG [1965]), stellt das Gesetz seither – wie soeben näher erörtert – auf den Begriff der verbundenen Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB ab. Im Vergleich zu der vor Inkrafttreten des Bilanzrichtliniengesetzes geltenden Fassung hat sich der Kreis der in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB (bzw. § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG [1965]) ausdrücklich angesprochenen Anspruchsberechtigten mit der neu eingeführten Begrifflichkeit – zumindest wenn man mit der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung dem Wortlaut des Gesetzes folgt – verkleinert.240 Nach der Definition des § 271 Abs. 2 HGB sind beispielsweise Mutterunternehmen, die nicht zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet sind, Unternehmen eines Gleichordnungskonzerns sowie Schwestergesellschaften ohne zum Konzernabschluss verpflichtetes Mutterunternehmen und ohne eigene Tochterunternehmen keine verbundenen Unternehmen.241 Sie gehören damit auch nicht zu den in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB angesprochenen Anspruchsberechtigten. § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG (1965) erfasste im Gegensatz dazu noch alle Konzernunternehmen i. S. d. § 18 AktG sowie herrschende und abhängige Unternehmen i. S. d. § 17 AktG. Nach der Ausweitung der gesetzlichen Haftung des Abschlussprüfers im Jahre 1965 wurde der Kreis der potentiell Anspruchsberechtigten durch das Bilanzrichtliniengesetz im Jahre 1985 also bereits wieder enger gezogen. Ob dies die Absicht des Gesetzgebers war oder nur als unbewusste Folge der geänderten Begrifflichkeiten geschah, kann dahingestellt bleiben. Deutlich wird jedenfalls, dass mit Blick auf die gesetzgeberischen Aktivitäten keine Tendenz zur Ausweitung der gesetzlichen Haftung des Abschlussprüfers aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB (bzw. seiner Vorgängernormen) erkennbar ist. Der Gesetzgeber ist ganz im Gegenteil den verschiedentlich geäußerten Vorschlägen in Richtung einer weiteren Ausdehnung der gesetzlichen Haftung bislang nicht gefolgt. Einer extensiven Auslegung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB steht auch die geschilderte Motivation des Gesetzgebers bei der Ausdehnung der Haftung im Jahre 1965 entgegen. Der Kreis der zur Vorlage bzw. Auskunft gegenüber dem Abschlussprüfer verpflichteten prüfungsvertragsfremden Unternehmen hat sich seit der Einführung dieser Pflichten nicht erweitert. Bei Zugrundelegung des ursprünglichen Ausgleichs- bzw. Korrelatsgedankens besteht daher kein Grund, die gesetzliche Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber weiteren Dritten auszudehnen. ______ 239 Siehe Fn. 25. 240 Dies wird im Schrifttum häufig übergangen, wenn lediglich davon die Rede ist, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten mit der Reform von 1965 ausgeweitet wurde. 241 Siehe dazu die Ausführungen unter Teil 1.B.I.2.c)aa), S. 47 ff. sowie die detaillierten Vergleiche der alten und damals neu eingeführten Begrifflichkeiten bei Küting, DStR 1987, 347 ff.; Kropff, DB 1986, 364 ff.; Schulze-Osterloh, in: FS Fleck, S. 321 ff.; Clausen, Verbundene Unternehmen, S. 43 ff.; Nösser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 35 ff.; Oser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, S. 19 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Allenfalls ließe sich das für Mutter- und Tochterunternehmen des geprüften Unternehmens erwägen, die auf Grund der unterschiedlichen Begrifflichkeiten (in § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB und §§ 323 Abs. 1 Satz 3, 271 Abs. 2 HGB) nach § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB verpflichtet, aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB jedoch nicht berechtigt sind. Hierzu zählen die bereits angesprochenen Fälle, in denen zwar ein Mutter-/ Tochterverhältnis i. S. d. § 290 HGB vorliegt, auf Grund der konkreten Umstände jedoch keine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses besteht.242 Aber auch in diesen Fällen steht einer erweiternden Auslegung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB der eindeutige Gesetzeswortlaut des § 271 Abs. 2 HGB entgegen. Das Gesetz stellt zur Qualifizierung zweier Unternehmen als verbundene Unternehmen ausdrücklich auf die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses ab. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB bietet damit keine Möglichkeiten im Hinblick auf eine „erweiternde Auslegung“ dieser Vorschrift zugunsten nicht ausdrücklich genannter Dritter. dd)
Keine Einbeziehung weiterer Dritter durch Analogie
Mehrfach wurde in Rechtsprechung und Schrifttum auch die Frage aufgeworfen, ob nicht im Wege einer Analogie der Kreis der aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB anspruchsberechtigten Dritten erweitert werden könne.243 Die gegen eine „erweiternde Auslegung“ des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB angeführten Gründe sprechen indes gleichermaßen gegen die Einbeziehung weiterer Dritter im Wege der Analogie.244 Im Schrifttum wird zwar darauf hingewiesen, dass das Gesetz in den §§ 293d Abs. 2 Satz 2, 320 Abs. 3 Satz 3 AktG sowie §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 125 Satz 1 UmwG eine Haftung des Prüfers gegenüber Anteilsinhabern vorsieht. Der Prüfer schließt auch in diesen Fällen mit den Berechtigten keinen (Prüfungs-)Vertrag ab.245 Als Grundlage einer Analogie im Zusammenhang mit der Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB können die genannten Vorschriften gleichwohl nicht dienen; es handelt sich bei ihnen ausnahmslos um Sonderregelungen für spezielle Konstellationen, die mit der Situation der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung nicht vergleichbar sind.246 d)
Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in den untersuchten Konstellationen als Grundlage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten keine Bedeutung hat. Mit den verbundenen Unternehmen i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sind aus dieser Vor______ 242 Siehe dazu Teil 1.B.I.2.c)aa), S. 47 ff. sowie die Nachweise in Fn. 241. 243 Vgl. nur BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ, 138, 257, 260 der seinerseits auf Budde/ Hense, in: Beck Bilanz-Komm.3, Rn. 171, 191 zu § 323 HGB; Adler/Düring/Schmaltz5, Rn. 77, 91 zu § 323 HGB; Claussen/Korth, Kölner Komm. AktG, Rn. 21 zu § 323 HGB verweist. 244 Vgl. zur Nähe und teilweisen Austauschbarkeit von „erweiternder Auslegung“ und richterlicher Rechtsfortbildung im Wege von Analogien Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 143 f.,187 ff. m. w. N. 245 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 178 zu § 323 HGB. 246 So im Ergebnis auch Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 178 zu § 323 HGB.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
schrift zwar auch Dritte zum Schadensersatz berechtigt, doch beschränken sich deren Rechte auf Fälle, in denen der Prüfer dem (konkreten) verbundenen Unternehmen gegenüber die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) oder das Verbot der Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 323 Abs. 1 Satz 2 HGB) verletzt, nachdem er diesem Unternehmen gegenüber die Informationsrechte aus § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB in Anspruch genommen hat. Eine Verletzung der Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) ist unbeachtlich. Die an einer Haftung des Prüfers interessierten Dritten sind damit auf Anspruchsgrundlagen außerhalb des Bilanzrechts angewiesen. 3.
Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB?
Die wohl umstrittenste Frage im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und der Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber vertragsfremden Dritten ist, ob die Norm in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich – oder sogar darüber hinaus – eine Haftung gegenüber weiteren, nicht genannten Dritten ausschließt. Es geht bei dieser Frage nicht um die soeben angesprochene Problematik einer Ausdehnung der Haftung gemäß bzw. aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, sondern um die Frage, ob eine Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten nach anderen Anspruchsgrundlagen neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB möglich bleibt. Diese Problemkreise werden in der Diskussion teilweise nicht klar voneinander getrennt.247 Von der Frage der bloßen Anwendbarkeit anderer Haftungsgrundlagen ist auch die Frage zu unterscheiden, ob die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen im konkreten Fall tatsächlich vorliegen. Dies muss für jede der in Betracht kommenden Haftungsgrundlagen gesondert untersucht werden und kann keinesfalls aus Erwägungen zu § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB abgeleitet werden.248 Im Schrifttum und zuletzt auch in der Rechtsprechung wird die Problematik einer möglichen Ausschlusswirkung unter dem Schlagwort „Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB“ behandelt.249 Bereits mehrfach wurden wichtige Argumente pro und contra einer solchen Wirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB dargelegt250 – als geklärt kann die Problematik nach wie vor nicht gelten.251 ______ 247 Vgl. etwa die Darstellung bei Chr. C. Feddersen, WM 1999, 105, 114; Quick, BB 1992, 1675, 1681; Winkeljohann/Hellwege, Beck Bilanz-Komm., Rn. 171 zu § 323 HGB. 248 Vermengt werden diese Fragen bei Quick, BB 1992, 1675, 1681. 249 Vgl. für die Rechtsprechung BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262. 250 Z. B. bei Ebke, Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers, S. 37 ff.; 56 ff.; ders., BB 1997, 1731, 1732 ff.; ders., WPK-Mitt. 1997, 108, 109 ff.; ders., WPK-Mitt. 1997, 196, 197 ff.; ders., JZ 1998, 991, 994 ff.; ders., BFuP 2000, 549, 561 ff. sowie in einer Reihe weiterer Veröffentlichungen (siehe dazu die Angaben im Literaturverzeichnis); Ekkenga, WM 1996, Sonderbeil. Nr. 3 zu Heft 35, S. 8 f.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff.; Heukamp, Abschlussprüfer und Dritthaftung, S. 290 ff.; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 79 ff.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 134 ff.; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331 f.; Quick, DBW 60 (2000), 60, 64 ff.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 94 ff. 251 Ähnlich die Einschätzung bspw. bei Ebke, WPK-Mitt. 1998, 258, 264; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 74, 117 ff. zu § 323; Ewert/Fees/Nell, BFuP 2000, 572, 574 f.; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 117 zu § 323 HGB.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
a)
Überblick zum Meinungsstand und den Entwicklungen
Die Diskussion zur Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und seiner Vorgängernormen im Hinblick auf eine Haftung gegenüber vertragsfremden Dritten spielte sich lange Zeit nahezu ausschließlich im Schrifttum ab. Das Meinungsspektrum und die jeweils als überwiegend vertreten oder herrschend eingeordnete Auffassung haben sich dabei im Laufe der Jahre mehrmals grundlegend geändert.252 Während in den 1980er und Anfang der 1990er Jahre noch überwiegend vertreten wurde, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB bzw. § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG (1965) schließe als sondergesetzliche Haftungsnorm eine Haftung gegenüber vertragsfremden Dritten nach vertraglichen und vertragsähnlichen Anspruchsgrundlagen aus, geriet diese Auffassung in den Folgejahren zunehmend in die Kritik. Im neueren Schrifttum dürfte sich die Zahl der Befürworter253 und Kritiker254 einer wie auch immer gearteten Sperrwirkung die Waage halten. Die dabei jeweils vertrete______ 252 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Haftung, S. 56 ff. zeichnet detailliert die Entwicklung bis Anfang der 1980er Jahre nach. 253 Das sind Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 233; Ebke, Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers, S. 58 ff.; ders., JZ 1998, 991, 997; ders., BFuP 2000, 549, 556 sowie in einer Reihe weiterer Veröffentlichungen (siehe dazu die Angaben im Literaturverzeichnis); Ebke/Paal, WPK-Mitt. 1999, 262, 262 ff.; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 394 f.; Ebke/Struckmeier, The Civil Liability of Corporate Auditors, S. 29; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 28; Ewert/Fees/ Nell, BFuP 2000, 572, 574; C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff.; Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen, S. 131, 132 f.; Hopt, WPg. 1986, 461, 466; Lang, WPg. 1989, 57, 58; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 459 f.; Poll, WPK-Mitt. 2000, 142, 145 (in teilweisem Widerspruch zu seinen Äußerungen in: DZWir 1995, 95, 98); Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 147 ff.; B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914; Streck, Stbg. 1991, 98, 101; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 196 ff. zu § 323 HGB; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 8 zu § 323; Winkeljohann/ Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 171 zu § 323 HGB und offenbar auch Leibner, Steueranwaltsmagazin 2002, 74, 75; Marx, Unabhängige Abschlussprüfung und Beratung, S. 255 f.; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 585 f.; Schönenberger, Haftung für Rat und Auskunft gegenüber Dritten, S. 41 f., 146. 254 Zu diesen zählen Ekkenga, WM 1996, Sonderbeil. Nr. 3 zu Heft 35, S. 8 f.; Grühn, Der Umweltgutachter, S. 203; Grunewald, ZGR 1999, 583, 588, Heppe, WM 2003, 753, 757; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 315; Kleekämper/König, in: Dörner/Menold/Pfitzer/Oser, Reform des Aktienrechts, S. 966 f.; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 81; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331; H. Otto, Der gesetzliche Abschlussprüfer im italienischen Recht, S. 172 f.; Poll, DZWir 1995, 95, 98 (in teilweisem Widerspruch zu seinen Äußerungen in: WPK-Mitt. 2000, 142, 145); Sieker, WuB A. § 328 1.99, S. 164; Sieger/Gätsch, BB 1998, 1408; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 199; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 97; Veil, EWiR 1998, 985, 986; Martin Weber, NZG 1999, 1, 2; Wölber, Die Abschlussprüferhaftung im Europäischen Binnenmarkt, S. 79 f.; Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 164 zu § 328; Marsch-Barner, in: Ensthaler, HGB, Rn. 6 zu § 323; Langseder, in: Beck’sches Handbuch der GmbH, § 9 Rn. 181; Grünberg, in: Palandt, BGB, Rn. 34 zu § 328; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 118 ff.; Schulze/Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 176 zu § 41; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 14 ff. zu § 323 HGB; Zacher/Stöcker, DStR 2004, 1537, 1540; Zimmer, in: Ulmer, HGBBilanzrecht, Rn. 55 zu § 323 und wohl auch E. Herrmann, Ökonomische Analyse der Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 94 f. (widersprüchlich sind ihre Äußerungen auf S. 104, 173); Hirte, Berufshaftung, S. 63; Hucke, Wirtschaftsprüfer: Auf dem Weg zu Alleskönnern oder vom Gesetzgeber überfordert?, S. 32 (unklar sind die Ausführungen auf S. 35 f.); Klein, in: Verantwortlichkeit im Wirtschaftsrecht, S. 124 ff.; Claussen/Korth, Kölner Komm. AktG, Rn. 22 zu § 323 HGB; H. Herrmann, in: Heymann, HGB, Rn. 6 f. zu § 323; Puckler, in: Küting/Weber, HdR3, Rn. 11 zu § 323 HGB; Westermann, in: Erman, BGB, Rn. 20a zu § 328.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
nen Ansichten sind in sich jedoch keineswegs homogen. So ist innerhalb derer, die grundsätzlich von einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgehen, umstritten, gegenüber welchen Anspruchsgrundlagen und in welchen Konstellationen diese im Einzelnen gelten soll. Häufig wird angenommen, neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB seien vertragliche, vertragsähnliche und vorvertragliche Ansprüche Dritter ausgeschlossen.255 Andere wollen lediglich eine Vertrauens- oder Berufshaftung ausschließen, vertragliche Ansprüche dagegen zulassen.256 Vertreten wird auch, dass vertragliche Ansprüche Dritter von der im Grundsatz bestehenden Sperrwirkung dann nicht betroffen seien, wenn der Abschlussprüfer mit dem oder den Dritten in direktem Kontakt stand257 oder die Parteien des Prüfungsvertrages die geschädigten Dritten ausdrücklich in den Schutzbereich ihres Vertrages einbezogen haben.258 Weitgehend Einigkeit besteht lediglich darüber, dass eine Haftung nach Deliktsrecht neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB möglich bleiben soll. Dies wurde bereits zu den Vorgängernormen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB so vertreten und bis heute nie ernsthaft in Frage gestellt.259 Teile des Schrifttums sind jedoch der Ansicht, dass deliktische Ansprüche der in § 323 Abs. 1 HGB Genannten wegen Verstoßes gegen die von § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB erfassten Pflichten verdrängt werden.260 Die deutschen Gerichte hatten sich erst seit Mitte der 1990er Jahre häufiger mit der Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers zu befassen. Die Äußerungen zur Frage einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sind, sofern die Gerichte in den Entscheidungsbegründungen überhaupt näher auf diesen Punkt eingehen, knapp und in ihrer Aussage uneinheitlich. Auch die vielbesprochene Entscheidung des BGH vom 2. 4. 1998261 hat die bestehenden Unklarheiten zu dieser Frage nicht beseitigen können.262 In einer Entscheidung aus dem Jahre 1990, die eine freiwillige Jahresabschlussprüfung betraf, stellte das LG Mönchengladbach263 in der Urteilsbegründung fest: ______ 255 So z. B. bei Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 56 ff.; ders., BFuP 2000, 549, 551, 556; Ewert/Fees/Nell, BFuP 2000, 572, 574; C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 196 ff. zu § 323 HGB. 256 So Hopt, WPg. 1986, 461, 466; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 8 zu § 323. 257 So ohne nähere Begründung Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen, S. 131. 258 So Ebke in einigen seiner jüngeren Veröffentlichungen, z. B. JZ 1998, 991, 994; ders., ZVglWiss 100 (2001), 62, 70 aber auch Schüppen, DB 1998, 1317, 1319. 259 Ebke, Wirtschaftsprüfung und Dritthaftung, S. 37 ff. mit umfangreichen Nachweisen aus dem älteren Schrifttum. 260 So Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 37, Rn. 15; ihm folgend Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 175 zu § 323 HGB und wohl auch Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 42 zu § 323 HGB; H. Herrmann, in: Heymann, HGB, Rn. 6 zu § 323, der zwischen § 826 BGB und anderen deliktischen Ansprüchen unterscheidet. 261 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257. 262 Vgl. aus den zahllosen Stellungnahmen und unterschiedlichen Deutungen zu diesem Urteil nur Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 208 und 233 f.; Claussen, WuB IV E. § 323 HGB 2.99; Ebke, WPKMitt. 1998, 258, 258 ff.; ders., JZ 1998, 991 ff.; ders., WPK-Mitt. 1999, 114, 114 f.; Ewert/Fees/Nell, BFuP 2000, 572, 574 f.; Grunewald, ZGR 1999, 583, 583 ff.; Salje, NZG 1999, 905, 905 f.; Sieger/Gätsch, BB 1998, 1408, 1408 ff.; Veil, EWiR 1998, 985, 985 ff.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 1 ff.; Zimmer/ Vosberg, JR 1999, 70, 70 f. 263 LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
„§ 323 HGB, der sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlüsse bezieht, regelt für diesen Bereich abschließend die Haftung von Wirtschaftsprüfern [. . .] und es besteht vor allem Einigkeit darüber, dass die Vorschrift als lex specialis jegliche Dritthaftung gegenüber Dritten, die auf das Testat des Abschlussprüfers vertrauen, ausschließt“.264 Das LG Mönchengladbach folgte damit der zu diesem Zeitpunkt im deutschen Schrifttum – im Anschluss an Ebke265 – überwiegenden Ansicht.266 Ganz ähnlich äußerte sich auch das LG Frankfurt a. M. in einem Urteil, in dem es über die Klage eines Kreditgebers der geprüften Gesellschaft zu entscheiden hatte. Dieser hatte sich bei seiner Entscheidung über die Kreditvergabe auf den Bestätigungsvermerk des gesetzlichen Abschlussprüfers, der sich später als unrichtig herausstellte, verlassen.267 Ebenso wie das LG Mönchengladbach entnahm das LG Frankfurt a. M. der Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine (absolute) Sperrwirkung hinsichtlich vertraglicher Ansprüche sonstiger Dritter.268 Gegen eine generelle Ausschlusswirkung sprach sich erstmals das OLG Stuttgart in einem Urteil aus dem Jahre 1995 aus.269 Der 12. Zivilsenat hatte über die Klage der alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer einer prüfungspflichtigen GmbH zu befinden, die beim Verkauf ihrer Gesellschaftsanteile auf die Angaben des von einem gesetzlichen Abschlussprüfer testierten Jahresabschlusses der Gesellschaft vertraut hatten. In der Folge erwiesen sich Teile des Jahresabschlusses als unrichtig; den Klägern entstand dadurch ein Vermögensschaden. Im Ergebnis hielt der 12. Zivilsenat des OLG Stuttgart eine Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB für möglich. Zur Frage der Sperrwirkung äußerte sich das Gericht in den Urteilsgründen wie folgt: „Der Senat verkennt [. . .] nicht, dass in der Literatur überwiegend die Ansicht vertreten wird, dass, wenn wie hier [. . .] eine Pflichtprüfung zu erfolgen habe [. . .], vertragliche Ansprüche Dritter selbst unter Berücksichtigung der Grundsätze zum Vertrag zugunsten Dritter ausgeschlossen seien. Ob dem im Grundsatz zuzustimmen ist, kann der Senat offen lassen, da [. . .] davon auszugehen ist, dass im ______ 264 LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 416. 265 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 56 ff. 266 Jedoch war diese Ansicht zum damaligen Zeitpunkt keineswegs so gefestigt, wie es die zitierte Urteilsbegründung Glauben macht, vgl. nur die damals noch nicht lange zurückliegenden gegenteiligen Stellungnahmen zu § 168 AktG (1965) von Brönner, Großkomm. AktG, Anm. zu § 168 (aus dem Jahre 1970); Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 32 zu § 168 (aus dem Jahre 1973); K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 39 (1981); Glöckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 49; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 136 ff. (1985). 267 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682. 268 In der Urteilsbegründung heißt es dazu u. a.: „Angesichts der Stellungnahme des Gesetzgebers zur Haftung des Abschlussprüfers in § 323 HGB (mit einer Haftungsausweitung zugunsten verbundener Unternehmen), der durch die Neufassung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes vom 19. 12. 1985 in das Gesetz eingeführt wurde und somit die Regelung des § 168 AktG ersetzte, muss angenommen werden, dass für andere Dritte eine vertragliche Haftung des Abschlussprüfers nicht gewollt ist.“ (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1683). 269 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Einzelfall auch Dritte in den Schutzbereich des Prüfvertrages miteinbezogen werden können“.270 Der BGH hat die Annahme der Revision gegen das Urteil des OLG Stuttgart abgelehnt.271 In der Begründung des Nichtannahmebeschlusses ließ es der III. Zivilsenat noch ausdrücklich offen, ob die Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zur Anwendung kommen können.272 Das OLG Hamm hat sich in einem Urteil aus dem Jahre 1996 der Ansicht des OLG Stuttgart ausdrücklich angeschlossen.273 Auf Grund seiner Besonderheiten verdient der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt genauere Betrachtung: Ein Käufer hatte von dem Alleingesellschafter einer GmbH sämtliche Anteile an der Gesellschaft erworben. Die mit der (gesetzlich vorgeschriebenen) Prüfung des Jahresabschlusses der GmbH beauftragten Wirtschaftsprüfer hatten während der Kaufverhandlungen – noch vor Erteilung des Bestätigungsvermerkes – ein Telefax zu Händen eines vom Käufer der GmbH-Anteile hinzugezogenen (weiteren) Wirtschaftsprüfers geschickt, das die Passage enthielt: „Uns liegt der [. . .] erstellte und mit Datum vom [. . .] bescheinigte Jahresabschluss vor. Dieser Jahresabschluss, der eine Bilanzsumme von X ausweist, wird von uns nicht mehr geändert und kann von uns bestätigt werden.“ Später stellte der Käufer Unregelmäßigkeiten und Unrichtigkeiten in der Buchhaltung fest. Der daraufhin korrigierte Jahresabschluss wies einen beträchtlichen Jahresfehlbetrag aus. Rechtsnachfolger des Käufers nahmen daraufhin die Abschlussprüfer des ursprünglichen Jahresabschlusses der GmbH auf Schadensersatz in Anspruch. Das OLG Hamm hielt in diesem Fall eine Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte ausdrücklich für möglich.274 Auch ging es davon aus, dass die geschilderte Konstellation sich im Anwendungsbereich des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB bewegte. Zum zweiten Mal hatte damit ein Gericht für einen konkreten Einzelfall eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber vertraglichen Ansprüchen Dritter abgelehnt.275 ______ 270 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 223. 271 BGH, Beschl. v. 28. 5. 1997 – III ZR 277/95, BB 1997, 1685. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes bestand zwischen den Parteien ein eigenes Beratungsverhältnis, so dass die Frage der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber Ansprüchen aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht beantwortet werden musste. 272 „[Es] . . . kann dahinstehen, ob die Beklagte [Wirtschaftsprüfungsgesellschaft] den Klägern [Gesellschaftern einer prüfungspflichtigen GmbH] zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil die Kläger – jedenfalls im vorliegenden Einzelfall – in den Schutzbereich des von der Beklagten mit der Gesellschaft abgeschlossenen Prüfungsvertrages einbezogen seien.“ (BGH, Beschl. v. 28. 5. 1997 – III ZR 277/95, BB 1997, 1685). 273 OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2297. 274 In der Urteilsbegründung heißt es: „Der Senat verkennt nicht, dass in der Literatur überwiegend die Ansicht vertreten wird, dass in den Fällen der Pflichtprüfung gemäß §§ 316 ff. HGB vertragliche Ansprüche Dritter ausgeschlossen seien [. . .] Ob dem im Grundsatz zuzustimmen ist, kann der Senat offen lassen, da er mit dem OLG Stuttgart davon ausgeht, dass im Einzelfall auch Dritte in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages miteinbezogen werden können.“ (OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2297). 275 Im Ergebnis schied ein Anspruch des Rechtsnachfolgers des Käufers nach Ansicht des OLG Hamm aus anderen Gründen aus, vgl. die Urteilsgründe, BB 1996, 2295, 2297.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Zwei Jahre später hatte sich der III. Zivilsenat des BGH mit demselben Sachverhalt zu befassen.276 Auch er schloss eine Anwendung der Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht aus. Insoweit sind seine Äußerungen in den Urteilsgründen eindeutig: „Wenn § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine gesetzliche Haftung (nur) gegenüber der Kapitalgesellschaft und dem verbundenen Unternehmen regelt, bedeutet dies nicht, dass damit eine vertragliche Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten nach Maßgabe der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Dritthaftung Sachkundiger von vornherein ausgeschlossen wäre. Eine derartige Sperrwirkung gegenüber der Möglichkeit einer interessengerechten, auch dem Grundsatz der Privatautonomie Rechnung tragenden Gestaltung der Haftungsbedingungen ist der Vorschrift in dieser Allgemeinheit nicht zu entnehmen“.277 Bezogen auf die geschilderte Besonderheit des Sachverhaltes vertrat der Senat die Ansicht, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB entfalte keine Sperrwirkung gegenüber einer Dritthaftung des Abschlussprüfers schon im Vorfeld der Testaterteilung.278 Da es für die Anwendbarkeit vertraglicher Haftungsgrundlagen nach seiner Auffassung somit keinen Unterschied macht, ob die pflichtverletzende Tätigkeit des Abschlussprüfers in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 323 HGB fällt oder nicht, konnte der entscheidende Senat in der Urteilsbegründung offen lassen, ob dies in der geschilderten Konstellation, also der Ankündigung eines Testates durch den Abschlussprüfer, der Fall ist.279 Diese Besonderheit des dem BGH vorliegenden Falles hat dazu geführt, dass die Äußerungen des III. Zivilsenates zur Frage der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber vertraglichen Ansprüchen sonstiger Dritter in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich interpretiert280 bzw. relativiert281 wurden. Das LG Hamburg beispielsweise hat in einem zeitlich nach der Entscheidung des BGH ergangenen Urteil282 einen gesetzlichen Ausschluss der Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach Vertragsgrundsätzen gegenüber in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht genannten Dritten angenommen.283 Das Gericht sah sich dabei nicht im ______ 276 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257. 277 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261. 278 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262. 279 In den Urteilsgründen heißt es ausdrücklich: „Ob damit – im Verhältnis des Abschlussprüfers zur Kapitalgesellschaft – auch Fehler im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Testates erfasst werden, kann dahinstehen.“ (BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262). 280 Vgl. aus dem Schrifttum nur Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 208 und 233 f.; Claussen, WuB IV E. § 323 HGB 2.99; Ebke, WPK-Mitt. 1998, 258, 258 ff.; ders., JZ 1998, 991, 994 f. und 997; ders., WPK-Mitt. 1999, 114, 114 f.; Grunewald, ZGR 1999, 583, 583 ff.; Sieger/Gätsch, BB 1998, 1408, 1408 ff.; Veil, EWiR 1998, 985, 985 ff.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 1 ff.; Zimmer/Vosberg, JR 1999, 70, 70 f. 281 Ebke wies wiederholt darauf hin, dass es sich bei den Ausführungen des BGH um „bloße“ obiter dicta handele und dass der entschiedene Sachverhalt „im Tatsächlichen atypisch“ gewesen sei, vgl. JZ 1998, 991, 994 und 997 f.; WPK-Mitt. 1999, 114, 114 f.; ähnlich Claussen, WuB IV E. § 323 HGB 2.99; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 200 f. zu § 323 HGB. sowie Budde/Hense, in: Beck BilanzKomm.4, Rn. 171 zu § 323 HGB. 282 LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110. 283 „Wenn der Gesetzgeber hiermit [§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB] ausdrücklich einem bestimmten vertragsfremden Dritten diesen Anspruch zuerkennt, gleichzeitig aber davon absieht, weiteren ver-
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Widerspruch zur angesprochenen Entscheidung des BGH, da sich in dem von ihm zu entscheidenden Fall der klagende Kreditgeber auf den Bestätigungsvermerk selbst und nicht auf eine an den Dritten gerichtete Erklärung lediglich im Zusammenhang mit der Testaterteilung verlassen hatte. Insofern lag nach Auffassung des LG Hamburg ein in einem „wesentlichen Umstand anders gelagerter Sachverhalt“ vor, der es ihm erlaubte, im konkreten Fall von einer Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auszugehen.284 Andere Gerichte sind der Auffassung des BGH entschiedener gefolgt. So hielten – zeitlich in dieser Reihenfolge – das LG Passau,285 das OLG Düsseldorf 286 sowie das OLG Celle287 in neueren Entscheidungen eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB für möglich. Allerdings beschränkten sich die Äußerungen dieser Gerichte – ebenso wie die des BGH – auf besondere Einzelfälle. Vor verallgemeinernden oder verallgemeinerungsfähigen Aussagen zur Sperrwirkung scheuten sich bislang sowohl der BGH als auch die Instanzgerichte. Dies kann als Beleg dafür dienen, wie unsicher und uneinig sich auch die Rechtsprechung im Hinblick auf eine Ausschluss- oder Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ist. In einem aktuellen Urteil vom 6. 4. 2006288 hat zumindest der III. Zivilsenat des BGH inzwischen seine Rechtsprechung aus dem Urteil vom 2. 4. 1998289 bestätigt. ______ tragsfremden Dritten einen vergleichbaren Anspruch zu gewähren, so spricht dies e contrario bereits für einen Ausschluss von Ansprüchen für weitere vertragsfremde Dritte, die in der Vorschrift nicht genannt werden. Im übrigen wäre die besondere zusätzliche Aufnahme des verbundenen Unternehmens als Anspruchsberechtigten überflüssig, wenn eine vertragliche Haftung des Abschlussprüfers im Bereich der Pflichtprüfung aller [sic] Dritten gegenüber, die auf die Richtigkeit des Testates vertrauen, zugelassen werden sollte.“ (LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPKMitt. 1999, 110, 112). 284 LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113. Leider trennt das LG Hamburg in seiner Urteilsbegründung nicht sauber zwischen den Fragen, ob eine Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in Betracht kommt, ob § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine Sperrwirkung hinsichtlich weiterer Anspruchsgrundlagen entnommen werden kann und ob im konkreten Fall die Voraussetzungen dieser weiteren Anspruchsgrundlagen vorliegen. 285 LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052: „Nach der Rechtsprechung haben Testate eines Wirtschaftsprüfers auch bei Pflichtprüfungen Drittschutzcharakter, wenn sie nicht nur für interne Zwecke der Firma bestimmt sind, sondern als Entscheidungsgrundlage für die in den Schutzbereich einbezogenen Dritten dienen.“ 286 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259: „Der Senat schließt sich der neueren Rechtsprechung des BGH [. . .] an, derzufolge die Vorschrift des § 323 HGB es [. . .] nicht von vornherein ausschließt, dass die Prüfung auch dem Schutz bestimmter Dritter zu dienen bestimmt ist.“ Ähnlich bereits im Urteil vom 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 902, 903. 287 OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615: „[Es] ist anerkannt, dass sich aus einem mit dem Abschlussprüfer geschlossenen Vertrag über die Durchführung einer Pflichtprüfung grundsätzlich auch Schutzpflichten zugunsten eines Dritten ergeben können.“ 288 BGH, Urt. v. 6. 4. 2006 – III ZR 256/04, DB 2006, 1105 ff.; vgl. auch die bereits zuvor zu einer freiwilligen Prüfung ergangene Entscheidung BGH, Urt. v. 15. 12. 2005 – III ZR 424/04, WM 2006, 423 ff. 289 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
b)
Wortlaut als Ausgangspunkt
§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB enthält positiv formuliert die Aussage, dass der Abschlussprüfer bei Vorliegen der in der Vorschrift genannten Voraussetzungen dem geprüften Unternehmen und den mit diesem verbundenen Unternehmen zum Schadensersatz verpflichtet ist. Eine positiv formulierte Aussage zu den Ansprüchen in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht ausdrücklich genannter Dritter und zu den Ansprüchen der Genannten nach anderen Anspruchsgrundlagen enthält diese Norm, wenn man ausschließlich von ihrem Wortlaut ausgeht, nicht. Ebenso wenig äußert sich § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB (in negativer Hinsicht) ausdrücklich dazu, wer keinen oder wer welchen Anspruch im Zusammenhang mit der gesetzlichen Abschlussprüfung nicht hat. Anders wäre dies beispielsweise schon, wenn im Gesetz davon die Rede wäre, dass „nur“ die geprüfte Kapitalgesellschaft und die mit ihr verbundenen Unternehmen anspruchsberechtigt sind – aber dies ist ja gerade nicht der Fall. Der Wortlaut des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB selbst enthält damit keine Aussage zu den Ansprüchen weiterer Dritter und zu den Ansprüchen der genannten Personen nach anderen Anspruchsgrundlagen. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, wenn das LG Hamburg und ihm folgende Stimmen im Schrifttum meinen, bereits der Wortlaut des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB spräche für eine Ausschlusswirkung dieser Haftungsnorm gegenüber weiteren Haftungsgrundlagen. Aus dem Schweigen des Gesetzes allein lässt sich weder folgern, dass vertragliche oder vertragsähnliche Ansprüche sonstiger Dritter generell ausgeschlossen sind, noch dass sie grundsätzlich neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB bestehen können. Dasselbe gilt für Ansprüche der in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Genannten nach anderen Anspruchsgrundlagen. Auch die Argumentation mit einem Umkehrschluss erweist sich, allein auf den Wortlaut gestützt, als voreilig. Ebenso wie jeder Analogieschluss setzt das argumentum e contrario eine Gesetzeslücke voraus.290 Würde man auf diese Voraussetzung verzichten, könnte man bei geschickter Heranziehung einzelner Rechtssätze schlichtweg jede These begründen. Gerade das Erfordernis der Gesetzeslücke soll berechtigte Analogien und Umkehrschlüsse gegenüber bloßen rechtspolitischen Wunschvorstellungen abgrenzen.291 Allgemein anerkannte Voraussetzung einer Gesetzeslücke ist das Fehlen einer bestimmten, nach dem Regelungsplan oder dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes erstrebten bzw. zu erwartenden Regel.292 Für den hier zu untersuchenden § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB bedeutet das, dass eine Gesetzeslücke hinsichtlich der Ansprüche weiterer Dritter nur vorliegt, wenn sich der Regelungsplan der Norm auch auf diesen Bereich erstreckt. Anhand des Wortlautes des § 323 HGB allein lässt sich diese Frage – wie soeben dargestellt – nicht beantworten. Nicht jedes Schweigen des Gesetzes stellt zwangsläufig eine Lücke ______ 290 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 475 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 191, 209 f.; Pawlowski, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Rn. 453, 487 ff. 291 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 473. 292 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 196.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
dar.293 Es kann daher nicht überzeugen, wenn in Rechtsprechung und Schrifttum versucht wird, mit Hilfe eines Umkehrschlusses allein auf Basis des Wortlautes des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB die Sperrwirkung dieser Norm gegenüber Ansprüchen weiterer Dritter zu begründen.294 Diese Argumentation ist bereits in methodischer Hinsicht fehlerhaft und daher abzulehnen.295 Aus dem Wortlaut des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB allein kann somit weder für noch gegen eine Sperrwirkung geschlossen werden. c)
Systematisch-logische Erwägungen
aa)
Vergleich mit § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG
Im Schrifttum wird versucht, die These von der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB mit Hilfe eines Vergleiches dieser Vorschrift mit der Bestimmung § 11 Abs. 2 UmwG zu stützen.296 Satz 1 des § 11 Abs. 2 UmwG verweist hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Verschmelzungsprüfers auf § 323 HGB; Satz 2 benennt neben den an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern auch deren Anteilsinhaber als mögliche Anspruchsinhaber. Ebke glaubt in dieser „Erweiterung“ des Kreises der Anspruchsberechtigten zu erkennen, dass der „Gesetzgeber [. . .] ersichtlich davon aus[geht], dass Anteilseigner gegen den Prüfer außerhalb der sonderprivatrechtlichen Haftungsnorm des § 323 HGB keine Ersatzansprüche für Vermögensschäden infolge einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Prüfers haben“.297 Bei genauerer Betrachtung erweist sich dieser Begründungsansatz als wenig überzeugend. Zunächst ist festzustellen, dass es begrifflich zumindest missverständlich ist, wenn im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG von einer Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten gegenüber § 323 HGB gesprochen wird.298 Dies wäre nur dann begründet, wenn § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG über die in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB genannten Anspruchsberechtigten hinausgehend weitere Personen nennen würde, gegenüber denen der Verschmelzungsprüfer für Pflichtverletzungen haftet. Dies ist jedoch nicht der Fall. Im einschlägigen Schrifttum war bisher unbestritten, dass trotz der Verweisung in § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwG auf § 323 HGB die in letzterer Vorschrift genannten „verbundenen Unternehmen“ nicht auch aus ______ 293 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 191. 294 So aber LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112; Ebke, in: BFuP 2000, 549, 562; C. Feddersen, WM 1999, 105, 113; Schönenberger, Haftung für Rat und Auskunft gegenüber Dritten, S. 41 f., 146. 295 Auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 292 weist darauf hin, dass die „Prämisse“ des vorgetragenen Umkehrschlusses „Schwächen“ aufweist, ohne diese jedoch in der notwendigen Deutlichkeit zu benennen. 296 So Ebke, BFuP 2000, 549, 562; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 125 ff. zu § 323; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395 (noch zu § 340 b Abs. 5 AktG a. F. [entspricht seit 1. 1. 1995 § 11 Abs. 2 UmwG (auf Grund der Reform durch das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts, BGBl. 1994 I, 3210 ff.)]); Fliess, WPK-Mitt. 1992, 49, 54 (ebenfalls noch zu § 340 b Abs. 5 AktG a. F.). 297 Ebke, BFuP 2000, 549, 562; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 126 zu § 323. 298 So aber Ebke, BFuP 2000, 549, 562 f.; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 125 ff. zu § 323; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395 (noch zu § 340b Abs. 5 Satz 2 AktG a. F. [siehe Fn. 296]).
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
§ 11 Abs. 2 UmwG gegenüber dem Verschmelzungsprüfer anspruchsberechtigt sind.299 Hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten „verdrängt“300 § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG vielmehr die Regelung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB. Für die Verschmelzungsprüfung beschreibt § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG somit einen eigenständigen Kreis von Anspruchsberechtigten und „erweitert“ nicht den des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB. Richtig ist indes, dass die Anteilsinhaber der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger in § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG ausdrücklich als Anspruchsberechtigte genannt sind, während die Anteilsinhaber des nach §§ 316 ff. HGB geprüften Unternehmens nicht in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB aufgeführt sind. Ebke meint, die Einbeziehung der Anteilsinhaber in § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG wäre überflüssig, wenn ihnen regelmäßig bereits auf Grund Vertrages oder vertragsähnlicher Rechtsfiguren ein Schadensersatzanspruch bei fahrlässigem Fehlverhalten des Verschmelzungsprüfers zustehen würde.301 Gegen diese Argumentation spricht, dass auch die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger, die den Prüfungsauftrag selbst erteilt haben, in § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG als Anspruchsberechtigte genannt sind. Ihnen wird regelmäßig bereits auf Grund des Prüfungsvertrages bei fahrlässigem Fehlverhalten des Verschmelzungsprüfers ein Schadensersatzanspruch zustehen. Ein Vergleich des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB mit § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwG kann damit die These von der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht nachvollziehbar begründen. Er kann allenfalls untermauern, dass im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen den Anteilsinhabern der geprüften Unternehmen nicht schon kraft Gesetzes ein Schadensersatzanspruch zusteht.302 bb)
§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als „lex specialis“?
In Rechtsprechung und Schrifttum wird eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB teilweise mit dem Hinweis begründet, diese Norm verdränge als „lex specialis“ jegliche weitergehende Haftung gegenüber Dritten.303 Im Verhältnis zu vertraglichen, vertragsähnlichen und sonstigen denkbaren Anspruchsgrundlagen soll also offenbar der (im Allgemeinen der systematisch-logischen Auslegung zugeordnete) Satz „lex specialis derogat legi generali“ zur Anwendung kommen. Er setzt voraus, ______ 299 Vgl. dazu nur einige Beispiele aus der Kommentarliteratur zum UmwG: Hannappel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwR, Rn. 15 zu § 11 UmwG; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, Rn. 10 zu § 11; W.; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, Rn. 13 zu § 11 UmwG, jeweils m. w. N.; a. A. neuerdings Müller, in: Kallmeyer, UmwG, Rn. 19 zu § 11 (in der Vorauflage vertrat der Autor noch die gegenteilige h. M.). 300 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, Rn. 13 zu § 11 UmwG. 301 Ebke, BFuP 2000, 549, 562; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 126 zu § 323. 302 Siehe dazu Teil 1.B.I.2.c), S. 47 ff. 303 So z. B. LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 416; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 129; Fliess, WPK-Mitt. 1992, 49, 54; Honsell, in: FS Medicus, S. 224, Fn. 60; Hopt, WPg. 1986, 461, 466; B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914 sowie – mit Blick auf die Haftung des Abschlussprüfers gegenüber den in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausdrücklich Genannten nach vertraglichen Anspruchsgrundlagen – Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 37 Fn. 15; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 172 f. zu § 323 HGB; Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 41 zu § 323.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
dass eine Norm im Verhältnis zu einer anderen die engere ist, d. h. dass die Norm alle Tatbestandsmerkmale der anderen enthält und zusätzlich mindestens ein weiteres Merkmal.304 Ohne bereits an dieser Stelle alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen auf ihre Tatbestandsmerkmale untersuchen zu wollen, kann gesagt werden, dass sich der Tatbestand des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB grundlegend von den Tatbeständen der in Betracht kommenden vertraglichen und vertragsähnlichen Anspruchsgrundlagen unterscheidet. Wie bereits erörtert, handelt es sich bei der Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB um eine gesetzliche Haftung des Prüfers auf Grund seiner Stellung als gesetzlicher Abschlussprüfer. Der wirksame Abschluss eines Prüfungsvertrages beispielsweise gehört nicht zu den Tatbestandsmerkmalen dieser Haftungsgrundlage. Dasselbe gilt für Voraussetzungen der noch zu untersuchenden vertragsähnlichen Ansprüche. Darüber hinaus müsste § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, um als „lex specialis“ eingeordnet werden zu können, seinem Regelungsbereich nach neben dem geprüften und den verbundenen Unternehmen auch alle weiteren prüfungsvertragsfremden Dritten umfassen. Eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kommt nur in Betracht, wenn die Norm die Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter abschließend regelt. Ob dies der Fall ist, ist gerade Gegenstand der hier untersuchten Frage. Systematisch-logische Erwägungen allein führen hier also nicht weiter. d)
Historische Anhaltspunkte
Von jenen Stimmen im Schrifttum, die § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine Sperrwirkung hinsichtlich weiterer Anspruchsgrundlagen beimessen, werden weiterhin hauptsächlich historische Gesichtspunkte zur Begründung ihrer Ansicht ins Feld geführt. Besonders detailliert sind in dieser Hinsicht die Untersuchungen von Ebke305 und Feddersen.306 Die Gesetzgebungsmaterialien und -hintergründe wurden von ihnen umfassend dargestellt. Den daraus mit Blick auf eine Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gezogenen Schlüssen kann zum großen Teil jedoch nicht gefolgt werden. aa)
Entwicklung der Norm
Wie bereits erwähnt, regelten § 262 g HGB (1931) und § 141 AktG (1937) ihrem Wortlaut nach lediglich eine Haftung des Abschlussprüfers gegenüber der geprüften Gesellschaft; Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter sprachen die Vorschriften nicht ausdrücklich an. Zum Teil wird aus dem Schweigen des historischen Gesetzgebers der Schluss gezogen, dass er mit den genannten Vorschriften eine Haftung gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten von vornherein aus______ 304 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 465. 305 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 38 ff., 56 ff.; ders., WPK-Mitt. 1999, 114, 116; ders., BFuP 2000, 549, 563 f.; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 128 ff. zu § 323. 306 C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff.; vgl. aber auch Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 136 ff.; Lang, in: Mannheimer Vorträge zur Versicherungswissenschaft, S. 4 f.; ders., in: WPg. 1989, 57, 58; Ekkenga, WM 1996, Sonderbeil. Nr. 3 zu Heft 35, S. 8; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 299 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 177, 196 ff. zu § 323 HGB.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
schließen wollte.307 Anhand des Gesetzgebungshintergrundes308 und des zugänglichen Gesetzgebungsmaterials309 lässt sich eine solche Intention indes nicht belegen.310 Vielmehr gibt es konkrete Anhaltspunkte dafür, dass mit der Regelung des § 262 g HGB (1931) sowie mit § 141 AktG (1937) lediglich verhindert werden sollte, dass Vermögensschäden der Gesellschaft durch Einzelklagen – etwa der Aktionäre – an der Gesellschaft vorbei liquidiert werden. Durch die Nichterwähnung weiterer Anspruchsberechtigter hat der Gesetzgeber des § 262 g HGB (1931) damit möglicherweise eine Kollektivbindung der Dritthaftung gewährleisten wollen.311 Zwingende Schlüsse für oder gegen eine Sperrwirkung der heutigen Vorschrift § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB erlauben aber auch diese, letztlich auf einen einzelnen Bericht gestützten Erwägungen, nicht. Die Auffassung des ursprünglichen Gesetzgebers in Bezug auf eine Dritthaftung des Abschlussprüfers lässt sich anhand der zur Verfügung stehenden Quellen trotz aller dahingehend im Schrifttum unternommenen Mühen nicht zuverlässig rekonstruieren. Dies gilt umso mehr, als vertragliche und vertragsähnliche Haftungsgrundlagen zur Gewährung von Ansprüchen gegenüber Dritten in Rechtsprechung und Schrifttum erst nach der Kodifizierung des § 262 g HGB (1931) und des § 141 AktG (1937) entwickelt wurden.312 Abgesehen von den in ihrem Anwendungsbereich engen deliktischen Anspruchsgrundlagen bestand zur damaligen Zeit kein Bedürfnis nach einer Ausschlusswirkung der Vorgängernormen des § 323 HGB. Eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB wird auch aus dem Umstand zu begründen versucht, dass der Gesetzgeber von 1965 mit der damaligen Aktienrechtsreform313 die gesetzliche Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Konzernunternehmen sowie herrschenden und abhängigen Unternehmen ausdehnte, nicht jedoch gegenüber weiteren Dritten.314 Wie bereits dargestellt,315 lässt sich aus ______ 307 Z. B. bei Ebke, BFuP 2000, 549, 563; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 128 zu § 323; Adler/ Düring/Schmaltz, Rn. 197 zu § 323 HGB. 308 Zu den Hintergründen der Einführung gesetzlicher Abschlussprüfungen siehe Teil 1.A, S. 5. 309 Siehe deren detaillierte Darstellung bei Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 11 ff.; 38 ff., 56 ff. und C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 f. 310 So auch C. Feddersen, WM 1999, 105, 114, der im Ergebnis von einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgeht; ebenso Ekkenga, WM 1996, Sonderbeil. Nr. 3 zu Heft 35, S. 8 und Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 299. Auch das LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112 f. hatte offenbar Zweifel an einer solchen Interpretation. In der Urteilsbegründung heißt es u. a.: „Jedenfalls seit der Einstellung der Haftung des Abschlussprüfers in das HGB durch das BiRiLiG vom 19. 12. 1985 bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine diesbezügliche Haftung [Dritthaftung nach vertraglichen Grundsätzen neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB] ausgeschlossen werden sollte“. 311 So Ekkenga, WM 1996, Sonderbeil. Nr. 3 zu Heft 35, S. 8 unter Hinweis auf einen Bericht von Klausing, Reform des Aktienrechts – unter besonderer Berücksichtigung der Teilreform des Jahres 1931, 1933, S. 234 f.; vgl. auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 299. 312 Vgl. Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 136. 313 Siehe Fn. 126; § 168 AktG (1965) ist im Anhang dieser Arbeit, S. 246, abgedruckt. 314 Ebke, WPK-Mitt. 1997, 108, 110; ders., BFuP 2000, 549, 563; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 197 zu § 323 HGB und wohl auch LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1683 (das indes davon auszugehen scheint, dass die Ausweitung der gesetzlichen Haftung erst mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz aus dem Jahre 1985 [siehe Fn. 25] erfolgte); H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 459. 315 Siehe oben Teil 1.B.I.2.c)bb), S. 49 ff.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
den Gesetzesmaterialien verlässlich entnehmen, dass die angesprochene Erweiterung des Kreises der Haftungsberechtigten lediglich als notwendige Folge der gleichzeitigen Ausweitung des Auskunftsrechts geschah. Die bloße Argumentation mit der Reform von 1965 kann daher nicht überzeugen. Dies wird im Schrifttum zum Teil auch von jenen Stimmen eingeräumt, die im Ergebnis von einem gesetzlichen Ausschluss der Dritthaftung durch § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgehen.316 Wenn der Gesetzgeber erklärtermaßen nur ein Korrelat für die neu auferlegten Pflichten schaffen wollte, so kann aus der Erweiterung des Kreises der Haftungsberechtigten nicht auf einen Ausschluss der Haftung gegenüber Dritten geschlossen werden, die von der Reform der Auskunftspflicht nicht betroffen waren. Insbesondere Lang versucht eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB damit zu begründen, dass bereits unter der Geltung des § 168 AktG (1965) die Frage einer Dritthaftung neben dieser Vorschrift umstritten war, der Gesetzgeber bei der Normierung des § 323 HGB jedoch davon absah, sich zur Möglichkeit einer Erweiterung der Haftung des Abschlussprüfers in Richtung auf eine Dritthaftung zu äußern.317 Daraus folgert er, dass aus Fehlern des Abschlussprüfers bei der Pflichtprüfung eine vertragliche Dritthaftung nicht erwachsen kann, dass also eine Haftung gegenüber Dritten insoweit bereits per Gesetz ausgeschlossen sei. Otto/ Mittag,318 Land319 und zuletzt vor allem Heukamp320 haben überzeugend dargelegt, dass dieser Schluss keineswegs zwingend ist. Entgegen Langs Darstellung herrschte auch unter der Geltung des § 168 AktG (1965) im Schrifttum zeitweise die Auffassung vor, dass § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG eine Inanspruchnahme des Abschlussprüfers durch Dritte aus vertraglichen Gesichtspunkten nicht verbietet.321 Mit der Argumentation Langs ließe sich somit ebenso begründen, dass es der Gesetzgeber durch sein Schweigen beim status quo belassen wollte, dass also die Diskussion der damals ohnehin kaum praktisch relevanten Frage322 einer Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB dem Schrifttum überlassen bleiben sollte.323 Nach dem bisher Gesagten würde dies eher gegen eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sprechen. Bei distanzierter Betrachtung ______ 316 So z. B. von C. Feddersen, WM 1999, 105, 114 f. 317 Lang, in: Mannheimer Vorträge zur Versicherungswissenschaft, S. 4 f.; ders., in: WPg. 1989, 57, 58; vgl. aber auch LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1683; Ebke, WPK-Mitt. 1997, 108, 110; ders., BFuP 2000, 549, 563; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 128 zu § 323. 318 H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331. 319 Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 81 f. 320 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 299 f. 321 Siehe nur die Stellungnahmen von K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 39; Glöckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 49; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 136 ff.; Völschau, Die Verantwortlichkeit des aktienrechtlichen Abschlussprüfers, S. 26 ff.; Brönner, Großkomm. AktG, Anm. zu § 168; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 32 zu § 168; vgl. auch die Darstellung des damaligen Meinungsstandes bei Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 58. 322 In der Zeit vor Verabschiedung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes (siehe Fn. 25) mussten sich die deutschen Gerichte – soweit ersichtlich – mit keinen Pflichtprüfungsfällen und somit auch nicht mit der Frage einer Ausschlusswirkung des § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG (1965) befassen. 323 Ähnlich Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 300.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
der Umstände der Verabschiedung des Bilanzrichtliniengesetzes erscheint es indes verfehlt, aus dem Schweigen des Gesetzgebers überhaupt Schlüsse irgendwelcher Art für oder gegen eine Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zu ziehen.324 Keine der mit dem Bilanzrichtliniengesetz in nationales Recht umgesetzten EG-Richtlinien hatte Fragen der Dritthaftung des Abschlussprüfers zum Gegenstand. Der Gesetzgeber hat § 168 AktG (1965) in das HGB überführt, ohne sich in irgendeiner Weise mit der Frage der Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten zu beschäftigen. Es ging ihm ersichtlich allein darum, die Abschlussprüfungsvorschriften einheitlich im Handelsgesetzbuch anzusiedeln.325 Der Argumentation Langs kann daher nicht zugestimmt werden. bb)
Europäische Initiativen
Bereits in den 1970er Jahren hat sich die Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit Blick auf die in den Mitgliedsstaaten teilweise stark voneinander abweichenden Regeln über die zivilrechtliche Haftung der Abschlussprüfer mit verschiedenen Vorschlägen um eine Rechtsangleichung bemüht. Betroffen von diesen Bestrebungen war auch die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten. Der Vorschlag einer fünften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der Kommission über die Struktur der Aktiengesellschaft aus dem Jahre 1972 beispielsweise sah eine Haftung des Abschlussprüfers für „Schäden [vor], welche die Gesellschaft, ein Aktionär oder Dritter durch schuldhaftes Verhalten der genannten Personen [Abschlussprüfer] bei der Erfüllung ihrer Aufgaben erleiden“.326 Prüfungsvertragsfremde Dritte waren als Anspruchsberechtigte also ausdrücklich einbezogen. In dieselbe Richtung wies bereits ein Vorschlag der EG-Kommission zu einer Verordnung über das Statut für europäische Aktiengesellschaften aus dem Jahre 1970.327 Art. 209 des Entwurfes verwies hinsichtlich der Haftung der Abschlussprüfer auf die Vorschriften über die Haftung der Gründungsprüfer. Diese sollten nach Art. 20 Abs. 3 des Verordnungsentwurfes „der S. E. [Societas Europaea] und Dritten gesamtschuldnerisch [. . .] für die Vollständigkeit und Richtigkeit ihres Prüfungsberichtes“ haften. Noch deutli______ 324 So im Ergebnis auch C. Feddersen, WM 1999, 105, 115, Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 300; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 81; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331. Auch das LG Hamburg, das in seinem Urteilt vom 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, im Ergebnis von einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausging, betonte in der Urteilsbegründung, dass in den Gesetzesmaterialen zum Bilanzrichtlinien-Gesetz „zur Frage der Dritthaftung nicht eindeutig Stellung bezogen wurde“ (WPK-Mitt. 1999, 110, 113). 325 Ähnlich C. Feddersen, WM 1999, 105, 115, Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 300; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 81; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 331. 326 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag einer fünften Richtlinie zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Struktur der Aktiengesellschaft sowie der Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe vorgeschrieben sind, ABl. EG 1972 C 131 vom 13. Dezember 1972, S. 49, Art. 62 i. V. m. Art. 20 Abs. 1. 327 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über das Statut für europäische Aktiengesellschaften, ABl. EG 1970 C 124 vom 10. Oktober 1970, S. 1.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
cher wurde ein geänderter Verordnungsvorschlag aus dem Jahre 1975: „Ein Abschlussprüfer haftet der SE, den Aktionären und Dritten gegenüber unbeschränkt für den Schaden, der diesen durch eine Verletzung [. . .] der ihm bei der Erfüllung seiner Aufgaben obliegenden Pflichten entstanden ist.“ (Art. 209 Abs. 1 Satz 1).328 Die Einbeziehung Dritter in den Kreis der Anspruchsberechtigten entsprach der damaligen Rechtslage in der Mehrzahl der Mitgliedsstaaten. Dessen ungeachtet scheiterten die von der EG-Kommission ausgehenden Initiativen im weiteren Verlauf am Widerstand einzelner Staaten.329 Im deutschen Schrifttum wurde versucht, mit einem Hinweis auf diese Entwicklung die These von der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zu stützen. Aus dem „europarechtlichen Hintergrund“ des § 323 HGB soll sich nach Ebkes Ansicht ergeben, dass neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB keine weiteren Haftungsgrundlagen „zum Zuge kommen“ können.330 Eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB wird von Ebke offensichtlich mit dem damaligen Widerstand einzelner Mitgliedsstaaten und dem damit zusammenhängenden Scheitern einer Angleichung der Dritthaftung zu begründen versucht. Dieser Argumentation kann schon mit Blick auf die genauen Umstände der angesprochenen europäischen Entwicklungen nicht zugestimmt werden. Nach Veröffentlichung des ursprünglichen Entwurfes der Richtlinie zur Struktur der Aktiengesellschaft wurden die vorgeschlagenen einheitlichen Regelungen in vielen Punkten kritisiert.331 Mit Blick auf die Einbeziehung von Aktionären und sonstigen Dritten in den Kreis der gegenüber dem Abschlussprüfer Anspruchsberechtigten wurde in erster Linie vorgebracht, eine solche Regelung sei von der Rechtsangleichungskompetenz nach Art. 44 Abs. 2 g EGV (Art. 54 Abs. 3 g EWG-Vertrag a. F.) nicht gedeckt.332 Art. 44 Abs. 2 g EGV enthält lediglich eine Richtlinienkompetenz für Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften vorgeschrieben sind. Vorschriften über die Haftung des Abschlussprüfers verpflichten indes nicht die geprüfte Gesellschaft, sondern den Abschlussprüfer selbst. Auf Grund der damit fehlenden Kompetenz zur Koordinierung der Dritthaftung des Abschlussprüfers wurden bereits im geänderten Vorschlag der Richtlinie über die Struktur der Aktiengesellschaft aus dem Jahre 1983 die Vorgaben zur Regelung der Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten gestrichen. Gleiches gilt für spätere Vorschläge eines Statuts für Europäische Aktiengesellschaften. Sowohl der Verordnungsvorschlag der Kommission aus dem Jahre 1989333 als auch der abgeänderte Verord______ 328 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag einer Verordnung des Rates über das Statut für Europäische Aktiengesellschaften, Bull. EG 1975 Beilage 4, S. 1. 329 Siehe dazu näher Ebke, ZVglRWiss 100 (2001), 62, 69 f.; Ebke/Bert, EWS 1993, 229, 230 ff. 330 Ebke, JZ 1990, 688, 689; ähnlich Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395, die von einer „bewussten“ Entscheidung des deutschen Gesetzgebers sprechen; ihnen folgend Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 206. 331 Siehe nur Zilias, WPg. 1974, 69 ff. und Sonnenberger/Coester, AG 1974, 177 ff. 332 Sonnenberger, ZfRV 15 (1974), 244, 251; ders., AG 1974, 33, 34; Sonnenberger/Coester, AG 1974, 177, 183 f. 333 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaften, ABl. 1989, C 263 vom 16. Oktober 1989, S. 41.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
nungsvorschlag aus dem Jahre 1991334 enthielten keine Regelungen zur Dritthaftung des Abschlussprüfers mehr. Ebenso schwiegen sie zur Haftung des Abschlussprüfers gegenüber der geprüften Gesellschaft selbst. Die Haftung des Abschlussprüfers wurde als Regelungsbereich in diesen und späteren Vorschlägen insgesamt ausgeklammert.335 Aus dieser Entwicklung wird deutlich, dass das Schicksal der Rechtsangleichungsinitiativen der EG-Kommission sich in erster Linie an Kompetenzfragen entschied. Eine Stellungnahme oder sonstige Äußerung des deutschen Gesetzgebers, aus der auf seinen Willen zur Frage der Dritthaftung des Abschlussprüfers in materiellrechtlicher Hinsicht geschlossen werden könnte, lässt sich den einschlägigen Materialien zu den Vorschlägen der EG-Kommission nicht entnehmen. Es erscheint daher zweifelhaft, aus dem Scheitern der Initiativen der Kommission Rückschlüsse für das deutsche Haftungsrecht des Abschlussprüfers ziehen zu wollen. Das unmittelbare regulatorische Umfeld des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und die Verortung dieser Norm im Aktiengesetz bzw. Handelsgesetzbuch wurden mehrmals durch Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft beeinflusst, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als Haftungsgrundlage hat indessen – wie eingangs dargestellt336 – keinen „europarechtlichen Hintergrund“. Die Argumentation Ebkes erscheint vor diesem Hintergrund wenig überzeugend. cc)
Beratungen zum KonTraG
Seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)337 nutzen die Vertreter der These von der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB verschiedene Äußerungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens als Hauptargument zur Begründung ihrer Ansicht.338 In seiner Empfehlung vom 5. Dezember 1997 hatte der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates vorgeschlagen, folgenden Satz 5 in § 323 Abs. 1 HGB aufzunehmen: „Anderen als den in Satz 3 genannten Personen haften der Abschlussprüfer, seine Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft für eine fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten nicht.“339 ______ 334 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Geänderter Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaften, ABl. 1991, C 176 vom 8. Juli 1989, S. 1. 335 Die Diskussion über die 5. Richtlinie wurde 1991 eingestellt. Siehe dazu und zum Verlauf der Verhandlungen über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaften näher Ebke, ZVglRWiss 100 (2001), 62, 78. 336 Siehe Teil 1.A, S. 5. 337 Gesetz vom 27. 4. 1998, BGBl. I, S. 786. 338 Siehe nur LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113; Ebke, WPK-Mitt., 1999, 114, 116; ders., BFuP 2000, 549, 564; Ebke/Paal, WPK-Mitt., 1999, 262, 263; C. Feddersen, WM 1999, 105, 115 f.; Budde/Hense, Beck Bilanz-Komm.4, Rn. 171 zu § 323 HGB; vgl. auch Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 97. 339 Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BR-Drucks. 872/1/97 vom 05. 12. 1997, S. 8. Ähnliche Vorschläge hatte es zuvor bereits von Seiten des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer und ihm nahe stehender Stimmen im Schrifttum gegeben, vgl. WPK, WPK-Mitt. 1997, 100, 106 sowie Ebke, WPKMitt. 1996, Sonderheft, S. 17, 18; ders., WPK-Mitt. 1997, 108, 112, ders., Die zivilrechtliche Verant-
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Zur Begründung führte der Ausschuss an: „Wenn der Abschlussprüfer, seine Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft fahrlässig ihre Pflichten verletzen, sollten sie zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens ausschließlich gegenüber der Kapitalgesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem verpflichtet sein. Ein darüber hinausgehender Schadensersatz an Dritte sollte gesetzlich ausgeschlossen werden. Wenn die Frage eines Schadensersatzes allein der Rechtsprechung überlassen wird, bedeutet dies für einen Abschlussprüfer i. S. von § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB das Vorliegen von unkalkulierbar hohen wirtschaftlichen Risiken. Um diese bei fahrlässigem Handeln von vornherein auszuschließen, ist eine gesetzliche Festlegung notwendig.“340 Die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses fand samt Begründung (wortgleich) Eingang in die Stellungnahme des Bundesrates341 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung.342 Letzterer sah zu diesem Zeitpunkt keine Änderung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB vor. In ihrer Gegenäußerung sicherte die Bundesregierung zu, die Anregung des Bundesrates zu prüfen.343 Gleichwohl enthielt die spätere Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages,344 die als Grundlage des verabschiedeten Gesetzes diente, keine Änderungen in dieser Frage. Die Berichterstatter führten zur Begründung an: „Eine Regelung zur sog. Dritthaftung, wie sie der Bundesrat in seiner Stellungnahme vorgeschlagen hat, ist derzeit nicht erforderlich. Schon der bisherige Gesetzeswortlaut gewährt nur der geprüften Kapitalgesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen Schadensersatzanspruch und schließt den Anspruch eines Dritten schon vom Wortlaut her aus. Dieses Verständnis wird auch durch die Rechtsprechung (vgl. zuletzt LG Frankfurt, WPK-Mitteilungen 1997, S. 236 ff.) bestätigt.“345 Besonders der letztgenannte Bericht der Abgeordneten Gres, Kleinert, Pick und Stiegler soll die „eindeutige Intention des Gesetzgebers“ hinsichtlich einer Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB belegen.346 Gegen diesen Schluss spricht aber bereits, dass der Bundesrat bei seiner Stellungnahme offensichtlich vom Gegenteil ausging. Wären die Mitglieder des Bundesrates von der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB überzeugt gewesen, hätten sie eine gesetzliche ______ wortlichkeit der wirtschaftsprüfenden, steuer- und rechtsberatenden Berufe im internationalen Vergleich, S. 22 und Böcking/Orth, WPg. 1998, 351, 357. 340 Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BR-Drucks. 872/1/97 vom 5. 12. 1997, S. 8 f. 341 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 13/9712 vom 28. 1. 1998, S. 35. 342 Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BT-Drucks. 13/9712 vom 28. 1. 1998, S. 4. 343 Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/9712 vom 28. 1. 1998, S. 37. 344 Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (6. Ausschuss), BT-Drucks. 13/10038 vom 4. 3. 1998, S. 15. 345 Bericht der Abgeordneten Joachim Gres, Detlef Kleinert (Hannover), Dr. Eckhart Pick und Ludwig Stiegler, BT-Drucks. 13/10038 vom 4. 3. 1998, S. 25. 346 So C. Feddersen, WM 1999, 105, 116; vgl. auch LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113; Ebke, WPK-Mitt., 1999, 114, 116; ders., BFuP 2000, 549, 563 f.; Ebke/Paal, WPK-Mitt. 1999, 262, 263.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Festlegung dieser Wirkung kaum für notwendig gehalten. Jedenfalls hätten sie in ihrer Begründung darauf hingewiesen, dass die von ihnen empfohlene Regelung lediglich deklaratorischen Charakter haben würde. Stattdessen war in der Stellungnahme des Bundesrates davon die Rede, dass ein über § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB hinausgehender Schadensersatz gegenüber Dritten „gesetzlich ausgeschlossen werden sollte“. Diese Formulierung zeigt deutlich, dass jedenfalls die Mitglieder des Bundesrates nicht von einer Sperrwirkung des geltenden § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgingen. Auch aus dem Umstand, dass die Ländervertretung das KonTraG am 27. 3. 1998 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages verabschiedet hat, kann nicht gefolgert werden, dass sie sich damit die Begründung und die Rechtsansicht der Berichterstatter des Rechtsausschusses zu Eigen gemacht hat. Gegenstand der Abstimmung über ein Gesetzesvorhaben ist der Gesetzestext als solcher; Berichte, Begründungen und Protokolle zu den vorangegangenen Beratungen haben lediglich erläuternden Charakter.347 Zutreffend ist indes, dass die genannten Berichterstatter und möglicherweise auch weitere Mitglieder des Rechtsausschusses des Bundestages bei ihren Anmerkungen von einer gesetzlichen Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgingen. Dies wird aus den zitierten Quellen zweifelsfrei deutlich. Fraglich und im Schrifttum umstritten ist jedoch, welches Gewicht ihren Äußerungen bei der Auslegung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB letztlich beigemessen werden kann. Stimmen, die die Ansicht der Berichterstatter des Bundestag-Rechtsausschusses nicht bedenkenlos zum „Willen des Gesetzgebers“ erheben,348 weisen teilweise lediglich darauf hin, dass die Ansicht eines Ausschusses oder einzelner seiner Mitglieder für die Gerichte nicht bindend sei.349 Der Bedeutung der zitierten Äußerung wird dieser Hinweis allein wohl kaum gerecht. Weiterführend ist dagegen die Argumentation Heukamps, der aufzuzeigen versucht, dass sich der Rechtsausschuss des Bundestages während der Beratungen zum KonTraG mit der Frage der Dritthaftung des Abschlussprüfers nicht näher beschäftigt haben kann.350 Dem Rechtsausschuss wäre sonst nicht entgangen, dass die Ansicht von der Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB von der Rechtsprechung keineswegs so einhellig „bestätigt“ wird. Zum Zeitpunkt der abschließenden Beratungen des Rechtsausschusses lagen neben der zitierten Entscheidung des LG Frankfurt a. M. bereits die angesprochenen Entscheidungen des OLG Stuttgart351 und des OLG Hamm352 vor, die ganz entgegen der Auffassung des LG Frankfurt a. M. keineswegs von einer absoluten Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgingen. Zu Recht weist Heukamp auch darauf hin, dass von den Berichterstattern des Rechts______ 347 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 149 f. 348 So aber LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113 und bspw. C. Feddersen, WM 1999, 105, 115 f.; Ebke, WPK-Mitt., 1999, 114, 116; ders., BFuP 2000, 549, 563 f.; Ebke/Paal, WPK-Mitt. 1999, 262, 263. 349 Grunewald, ZGR 1999, 583, 595 f.; vgl. (insoweit zustimmend) Ebke, BFuP 2000, 549, 563. Zur Bedeutung der Vorstellungen der an der Vorbereitung und Abfassung eines Gesetzes beteiligten Personen allgemein siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 149 f., 165. 350 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 300 ff. 351 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 223. 352 OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2297.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
ausschusses auch der sich im Schrifttum abzeichnende Meinungsumschwung nicht zur Kenntnis genommen wurde. In ihrem Bericht verweisen sie stattdessen auf den nicht weiterführenden Wortlaut des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB.353 Die Stellungnahme des Bundesrates zeugt im Gegensatz dazu von einer genaueren Beschäftigung mit dem in Rechtsprechung und Schrifttum bestehenden Meinungsbild und den wesentlichen dabei verwendeten Argumenten. Die Berichterstatter des Bundestag-Rechtsausschusses widmeten dem Thema Dritthaftung des Abschlussprüfers in ihrem Bericht drei kurze Sätze innerhalb des Unterpunktes „Allgemeines“. Wäre die Frage einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB tatsächlich Inhalt eingehender Erörterung des Ausschusses gewesen, so hätten neben dem knappen Hinweis auf den Gesetzeswortlaut ganz sicher auch weitere Anhaltspunkte Eingang in den Bericht gefunden. Da dies nicht der Fall ist, muss wohl davon ausgegangen werden, dass zumindest der Rechtsausschuss des Bundestages sich während der Beratungen zum KonTraG nicht näher mit der Frage der Dritthaftung des Abschlussprüfers befasst hat.354 Berücksichtigt man diesen Hintergrund der zitierten Stellungnahmen und den Umstand, dass der ebenfalls maßgeblich am Gesetzgebungsverfahren beteiligte Bundesrat offensichtlich anderer Auffassung war, so erscheint ein pauschaler Schluss auf den Willen des Gesetzgebers unangemessen. Den angeführten Äußerungen lässt sich jedoch ebenso wenig entnehmen, dass der Gesetzgeber die Rechtslage bewusst nicht klarstellen oder die Entscheidung über die Zulässigkeit der Dritthaftung sogar der Rechtsprechung überlassen wollte.355 Als sicher kann meines Erachtens lediglich gelten, dass die Auffassungen der an der Gesetzgebung zum KonTraG Beteiligten hinsichtlich einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auseinander gingen und dass im Ergebnis keine Änderung des § 323 Abs. 1 HGB vorgenommen wurde. Zwingende Argumente für oder gegen eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in seiner heutigen Fassung lassen sich aus den Beratungen zum KonTraG und den dazu veröffentlichten Materialien jedenfalls nicht herleiten. e)
Zweckstruktur des § 323 HGB
Eine Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB wird häufig mit den tatsächlichen oder vermeintlichen Zwecken des § 323 HGB zu begründen versucht. Mit Nachdruck weist insbesondere Ebke darauf hin, dass eine Haftung nach vertraglichen oder vertragsähnlichen Anspruchsgrundlagen dem „Sinn und Zweck der in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und §§ 823 Abs. 1 und 2, 826, 831 BGB enthaltenen Grundentscheidungen des Gesetzgebers“ zuwiderliefe.356 Gesetzgeberischer Zweck des § 323 HGB sei es, die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers in Fällen bloßer Fahrlässigkeit zu begrenzen und sie im Ergebnis in berechenbaren und versi______ 353 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 301; siehe zum Wortlautargument Teil 1.B.I.3.b), S. 62 ff. 354 Ähnlich auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 300. 355 Diesen Schluss deutet aber Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 302, an. 356 Ebke, JZ 1998, 991, 992; ders., BFuP 2000, 549, 564 und identisch in einer Reihe weiterer Veröffentlichungen (siehe dazu die Angaben im Literaturverzeichnis); ähnlich Muth, EWiR § 323 HGB, 1/99, S. 365, 366.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
cherbaren Grenzen zu halten.357 Ließe man eine Haftung auch gegenüber nicht im Gesetz genannten Dritten zu, so hätte der Gesetzgeber nach Feddersens Ansicht die verbundenen Unternehmen nicht in die Regelung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB aufnehmen brauchen; die Vorschrift verlöre in diesem Fall einen Teil ihres Anwendungsbereiches.358 Vereinzelt wird im Schrifttum auch angeführt, die Vorschrift des § 323 HGB wäre gänzlich überflüssig, wenn neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB weitere Anspruchsgrundlagen zur Anwendung kommen könnten.359 Stimmen im Schrifttum, die einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kritisch oder ablehnend gegenüberstehen, bevorzugen eine Argumentation mit den allgemeinen Zwecken des Jahresabschlusses, der Pflichtprüfung oder der Haftung des Abschlussprüfers als solcher. Wenn der Zweck der Prüfung und der daran anknüpfenden zivilrechtlichen Haftung die Gewährleistung der Informationsfunktion des Jahresabschlusses gegenüber der Öffentlichkeit sei, so stehe ihrer Ansicht nach ein Ausschluss der Dritthaftung über den in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB geregelten Bereich hinaus dieser Zwecksetzung entgegen.360 Hingewiesen wird auch darauf, dass gerade mit Blick auf Testate aus Pflichtprüfungen ein enormes Vertrauen und ein Interesse des Rechtsverkehrs an deren Richtigkeit besteht. Es wäre daher widersprüchlich, wenn gerade in diesem sensiblen Bereich ein Großteil der Adressaten und Interessenten des Jahresabschlusses ohne Handhabe gegen den für den Bestätigungsvermerk verantwortlichen Abschlussprüfer bliebe.361 Bereits aus diesem groben Aufriss der verwendeten Argumente wird deutlich, dass die Argumentation mit den Zwecken des § 323 HGB von einer auffälligen Beliebigkeit geprägt ist. Zu Beginn dieser Untersuchung wurde gezeigt, dass der Jahresabschluss und die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung einer Vielzahl unterschiedlicher Zwecke dienen.362 Dasselbe gilt für die Regelungen des § 323 HGB und die zivilrechtliche Haftung im Allgemeinen. Abhängig von der jeweils vorliegenden Interessenlage stehen für die beteiligten Personen und Personengruppen auch in objektiver Hinsicht unterschiedliche Zwecke im Vordergrund. Antinomien verschiedener, grundsätzlich und für sich genommen anzuerkennender Zwecke ergeben sich aus der Natur der Sache. Zur Klärung der speziellen Frage einer Ausschlusswirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB kann es daher kaum beitragen, wenn nach Belieben und abhängig vom gewünschten Ergebnis isoliert einzelne Zwecke des § 323 HGB, der gesetzlichen Prüfungspflicht oder des handelsrechtlichen Jahresabschlusses herangezogen werden. Nicht weiterführend ist meines Erachtens auch eine Argumentation mit den in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ______ 357 Ebke, BFuP 2000, 549, 564; ders., JZ 1998, 991, 992; ders, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 59; Ebke/Scheel, WM 1991, 399, 395. 358 C. Feddersen, WM 1999, 105, 113. 359 B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914; vgl. dazu Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 80; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 296. 360 E. Herrmann, Ökonomische Analyse der Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 249; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 119 zu § 323 HGB. 361 Grunewald, ZGR 1999, 583, 596; E. Herrmann, Ökonomische Analyse der Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 249 ff.; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 119 zu § 323 HGB. 362 Siehe Teil 1.A.IV, S. 23 ff.
74
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
und §§ 823 Abs. 1 und 2, 826, 831 BGB enthaltenen „Grundentscheidungen“ des Gesetzgebers. Ob die allgemeinen Anspruchsgrundlagen im Bereich der Haftung gegenüber Dritten zur Anwendung kommen können oder ob es eine Grundentscheidung des Gesetzgebers dahingehend gibt, dass sie durch § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgeschlossen sind, ist genau die zu klärende Frage. Ein bloßer Verweis auf vermeintliche Grundentscheidungen des Gesetzgebers scheint in diesem Zusammenhang einen Zirkelschluss darzustellen. Er kann zur Lösung der aufgeworfenen Frage wenig beitragen. Notwendig ist stattdessen eine Untersuchung der verschiedenen Einzelzwecke der in § 323 HGB enthaltenen Regelungen und des Verhältnisses dieser Zwecke zueinander. aa)
Gesetzliche Haftungsbegründung
Betrachtet werden soll zunächst der Zweck des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als eigenständiger Haftungsgrundlage. Bis zur Aktienrechtsreform im Jahre 1965363 regelten die Vorgängernormen des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB364 ausschließlich Ansprüche des Abschlussprüfers gegenüber der geprüften Gesellschaft selbst. Auch nach der Einbeziehung verbundener Unternehmen ist dies der zentrale Regelungsbereich der Norm geblieben. Der Abschlussprüfer wird, wie eingangs dargestellt, auf Grund Bestellung durch die Gesellschaft bzw. auf Antrag durch das Gericht tätig. In aller Regel wird durch die Annahme des Prüfungsauftrages auch ein schuldrechtlicher Vertrag abgeschlossen. Mit Blick auf die Haftung des Abschlussprüfers hätte es der Gesetzgeber insoweit also auch bei den Gewährleistungsvorschriften des bürgerlichen Rechts bewenden lassen können.365 Für den Bereich der Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft stellt sich in der Tat die Frage nach dem Zweck der in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB enthaltenen besonderen gesetzlichen Regelung. Allein auf die Beschränkung der Haftung (vgl. § 323 Abs. 2 HGB) zu verweisen, kann als Antwort nicht genügen. Der Gesetzgeber hätte diese Regelungszwecke auch dadurch erreichen können, dass er im Aktiengesetz bzw. Handelsgesetzbuch lediglich die in § 323 Abs. 2, 4 HGB genannten Besonderheiten der Haftung normiert hätte. Zusätzlich hätte er klarstellen können, auf welche Anspruchsgrundlagen – vertragliche und bzw. oder deliktische – sich diese Regelungen beziehen. Die Schaffung einer weiteren, neuen Anspruchsgrundlage wäre nicht notwendig gewesen. Die besonderen Bestimmungen zur Haftungsbeschränkung können also nicht als alleiniger Zweck der mit § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB (und seinen Vorgängernormen) geschaffenen besonderen gesetzlichen Haftungsgrundlage angesehen werden. Im Schrifttum sind Äußerungen zum Sinn und Zweck des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als sondergesetzlicher Anspruchsgrundlage selten. Hingewiesen wird lediglich ______ 363 Siehe Fn. 126. 364 Zur Entwicklung der Vorschrift siehe Teil 1.B.I.1, S. 30 f. Die Vorgängernormen des § 323 HGB sind im Anhang, S. 245 f., wiedergegeben. 365 Vgl. Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 2 zu § 168.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
darauf, dass mit der gesetzlichen Normierung einer eigenständigen und zwingenden Ersatzpflicht verhindert werden sollte, dass von den Vertragsparteien im Prüfungsvertrag Abweichendes vereinbart werden kann. Mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung statuiere § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine Art Mindesthaftung.366 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Ohne eine zwingende gesetzliche Regelung wäre zu erwarten, dass gesetzliche Abschlussprüfer ihre Schadensersatzpflichten gegenüber den zu prüfenden Gesellschaften mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen weitgehend beschränkten.367 Die besonders für den Pflichtprüfungsbereich erwünschte präventive Wirkung der zivilrechtlichen Haftung käme bezüglich fahrlässiger Pflichtverletzungen nicht zur Geltung. Der Charakter einer gesetzlichen Mindesthaftung zeigt sich deutlich an der Bestimmung § 323 Abs. 4 HGB, der einen vertraglichen Ausschluss oder eine vertragliche Beschränkung der Haftung nach § 323 Abs. 1 HGB ausdrücklich verbietet. Den Sinn und Zweck der in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB normierten Anspruchsgrundlage nachvollziehbar zu begründen vermögen aber auch diese Erwägungen nicht. Eine Mindesthaftung des Abschlussprüfers zwingend zu garantieren hätte der Gesetzgeber ebenso dadurch erreicht, dass er für den Bereich der gesetzlichen Pflichtprüfung auf die Gewährleistungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe verwiesen hätte, dass diese vorbehaltlich besonderer Regelungen zur Haftungshöhe (§ 323 Abs. 2 HGB) vertraglich nicht abdingbar oder beschränkbar seien und dass dem Abschlussprüfer insbesondere die Haftung wegen fahrlässiger Pflichtverletzungen nicht im Voraus erlassen werden könne (ähnlich der geltenden Vorschrift des § 276 Abs. 3 BGB). Der vollständige Sinn und Zweck des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als eigenständiger Anspruchsgrundlage erschließt sich nur in einer Zusammenschau mit den in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB niedergelegten Pflichten. Wie bereits erörtert, erfasst § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht „sämtliche Berufspflichten“ des Abschlussprüfers oder gar sämtliche in Betracht kommenden Pflichten, sondern allein die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB ausdrücklich angesprochenen.368 Bei der Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung handelt es sich um die zentrale Pflicht des Abschlussprüfers. Sie besteht keinesfalls allein im Interesse der geprüften Gesellschaft. Die Pflicht zur unparteiischen und gewissenhaften Prüfung spiegelt vielmehr das Interesse der Öffentlichkeit – verstanden als ein Konglomerat aus verschiedensten Interessentengruppen – an der Richtigkeit der Angaben des geprüften Abschlusses wider. Für die geprüfte Gesellschaft selbst tritt dieser Aspekt eher in den Hintergrund; schließlich ist sie für die Aufstellung des Abschlusses selbst verantwortlich. Ähnliches gilt für die weiteren in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten. Die Verschwiegenheitspflicht und das Verbot der unbe______ 366 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 291 f.; Schaal, WuB II E. § 323 HGB 1.98, S. 327, 328 und zuvor bereits Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 3 f., 27 zu § 168. 367 Zur Haftungsbeschränkung mittels AGB siehe Teil 3.D, S. 231 ff. 368 Siehe Teil 1.B.I.2.b)bb), S. 41 ff.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
fugten Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bestehen nicht nur zum Schutze geprüften Gesellschaft und der berechtigten (prüfungsvertragsfremden) verbundenen Unternehmen, sondern mittelbar auch zum Schutze Dritter, etwa der Geschäftspartner und der Anteilseigner. Zweck des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ist daher neben den bereits angesprochenen Zwecken die Schaffung einer eigenständigen gesetzlichen Haftungsgrundlage, die für die zentralen im öffentlichen Interesse bestehenden Pflichten des Abschlussprüfers (§ 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB) eine nicht vom Prüfungsvertrag abhängige Haftung statuiert. Wie oben herausgearbeitet, hängt die Stellung des Abschlussprüfers mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten entgegen der im Schrifttum mehrheitlich vertretenen Auffassung nicht von der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages ab.369 § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gewährleistet, dass die präventive Wirkung der zivilrechtlichen Haftung bei der gesetzlichen Abschlussprüfung mit Blick auf die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB genannten Pflichten unabhängig vom Schicksal des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages besteht. Im Interesse der Öffentlichkeit wird die zivilrechtliche Haftung des Abschlussprüfers in diesem Bereich instrumentalisiert.370 Sie steht in weiten Teilen nicht zur Disposition der Parteien des Prüfungsvertrages (vgl. § 323 Abs. 4 HGB). Nur wenn man von diesem teleologischen Hintergrund ausgeht, wird nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber mit § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB (bzw. mit dessen Vorgängernormen) eine eigene Anspruchsgrundlage normierte. Zieht man bei der Beantwortung der Frage nach einer möglichen Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB lediglich die angesprochenen Zwecke dieser Vorschrift als sondergesetzlicher Haftungsgrundlage heran und berücksichtigt die Zwecke der weiteren, die Haftung ausgestaltenden Regelungen des § 323 Abs. 2 bis 4 HGB zunächst nicht, so ergibt sich kein ersichtliches Bedürfnis nach einem gesetzlichen Ausschluss der Haftung nach weiteren Anspruchsgrundlagen. Keiner der genannten Zwecke wird durch eine Haftung gegenüber den in § 323 HGB genannten Anspruchsberechtigten oder sonstigen Dritten aus anderen Rechtsgrundlagen im Anwendungsbereich des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gestört oder vereitelt. bb)
Einbeziehung verbundener Unternehmen
Der Gesetzgeber hat neben der geprüften Gesellschaft weitere Unternehmen in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbezogen, um einen Ausgleich für die diesen Dritten auferlegten Vorlage- und Auskunftspflichten zu schaffen. Dies lässt sich, wie bereits mehrfach angesprochen, anhand der Gesetzgebungsmaterialien zweifelsfrei belegen.371 Zweck der eingeführten Vorlage- und Auskunftspflichten (§ 320 Abs. 2 Satz 3 HGB) wiederum ist es, eine sorgfältige Prüfung des Jahresabschlusses der zu prüfenden Gesellschaft im Hinblick auf die zu anderen Unternehmen bestehenden Verbindungen sicherzustellen. Durch die Gewährung von ______ 369 Siehe Teil 1.B.I.2.b)bb), S. 33 ff. 370 Ähnlich bereits Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 38 zu § 168. 371 Siehe Teil 1.B.I.2.c)bb), S. 49 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Vorlage- und Auskunftsrechten einerseits und die Haftungserweiterung andererseits soll ausschließlich den wirtschaftlichen Besonderheiten von Unternehmensverbünden Rechnung getragen werden. Beide Gesetzesänderungen waren Reaktionen auf die seit Jahrzehnten anhaltend starke Konzernierungstendenz in der deutschen und internationalen Privatwirtschaft.372 Eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB im Hinblick auf weitere Haftungsgrundlagen lässt sich mit dieser Zwecksetzung nicht begründen. Ein anderer Hintergrund oder weitere Zwecke der Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Kreis der aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Anspruchsberechtigten sind indes nicht ersichtlich. cc)
Haftungsbegrenzung
Beruht die Pflichtverletzung des Abschlussprüfers auf Fahrlässigkeit, so ist seine Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Million Euro beschränkt, § 323 Abs. 2 Satz 1 HGB. Bei der Prüfung einer Aktiengesellschaft, deren Aktien zum Handel im amtlichen Markt zugelassen sind, beträgt die Ersatzpflicht für fahrlässige Pflichtverletzungen höchstens vier Millionen Euro für eine Prüfung, § 323 Abs. 2 Satz 2 HGB. Zweck dieser Beschränkungen soll es sein, den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer zu schützen.373 Der Umstand, dass die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers der Höhe nach beschränkt ist, während die Angehörigen anderer freier Berufe in der Regel unbeschränkt haften, wird damit zu begründen versucht, dass es sich bei der Prüfertätigkeit um eine in besonderem Maße schadensgeneigte Arbeit mit typischerweise extrem hohen Risiken handelt.374 In der Begründung des Regierungsentwurfes des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) heißt es dazu: „International dominiert die unbeschränkte Haftung, die indessen nicht sachgerecht ist, weil die Risiken einer gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung viel zu hoch sind, um sie privatrechtlich tätigen Personen zumuten zu können. [. . .] Eine unbegrenzte Haftung [aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB] könnte den Berufsstand in seiner Existenz gefährden. Die Versicherbarkeit wäre nicht mehr gewährleistet.“375 Stellt man zur Beantwortung der Frage nach einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB die Zwecke der gesetzlichen Haftungsbeschränkungen in den Vordergrund, so könnte dies in der Tat für einen Ausschluss der Haftung nach anderen ______ 372 Siehe nur die Begründung des Regierungsentwurfes zu § 165 AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Material zum Aktiengesetz 1965, S. 270. 373 Soweit im Schrifttum vertreten wird, durch die Vorschrift des § 323 Abs. 2 HGB sollten nicht die Prüfer, sondern die Ansprüche der geprüften und mit diesen verbundenen Unternehmen geschützt werden (so z. B. Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 130 zu § 323 HGB; vgl. auch Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 71 zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 44 zu § 323), ist dem nicht zuzustimmen. Es lässt sich nicht plausibel begründen, weshalb dieser Schutz nur im Falle der Fahrlässigkeit des Prüfers bestehen soll. Für die Fälle vorsätzlichen Handelns des Prüfers beschränkt § 323 Abs. 2 HGB die Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht. 374 Schlechtriem, BB 1984, 1177, 1181 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 118 zu § 323 HGB; ähnlich Ebke, WPK-Mitt. 1997, 108, 110; ders., BFuP 2000, 549, 564 ff. 375 Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BT-Drucks. 13/9712 vom 28. 1. 1998, S. 29.
78
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Anspruchsgrundlagen neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sprechen. Ergäbe sich aus anderen Rechtsgrundlagen beispielsweise eine der Höhe nach unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung, so würde dies dem Schutz des Berufsstandes vor unkalkulierbar hohen Haftungsrisiken entgegenstehen. Gleiches gilt für eine Haftung gegenüber einer unüberschaubar großen Zahl von Dritten. Ein derartiges Haftungsszenario wird jedoch von niemandem vertreten.376 Der Abschlussprüfer ist weniger mit Blick auf Ansprüche außerhalb des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB schutzbedürftig als mit Blick auf Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB selbst. Gegenüber einer Haftung außerhalb des § 323 HGB kann er sich im Gegensatz zur bilanzrechtlichen Haftung bereits dadurch schützen, dass er keine vertraglichen Haftungsvereinbarungen trifft oder entsprechende vertragliche oder vertragsähnliche Ansprüche vertraglich beschränkt.377 Soweit es um deliktische Ansprüche geht, wird dem Prüfer eine Schutzbedürftigkeit (unbestritten) bereits von vornherein abgesprochen.378 Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 2. 4. 1998 zudem vorgeschlagen, die Haftungsbeschränkung des § 323 Abs. 2 BGB auch auf andere Anspruchsgrundlagen zu übertragen.379 Der Abschlussprüfer ist also jenseits des § 323 HGB nicht in stärkerem Maße des Schutzes bedürftig als im Rahmen der bilanzrechtlichen Haftung. Die Zwecke der in § 323 Abs. 2 HGB niedergelegten Haftungsbeschränkungen verlangen somit nicht zwingend eine Sperrwirkung des Anspruches aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber anderen Anspruchsgrundlagen. dd)
Verbot vertraglicher Haftungsbeschränkungen
Gemäß § 323 Abs. 4 HGB darf der Schadensersatzanspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Im Gegensatz zu den in § 323 Abs. 2 HGB enthaltenen gesetzlichen Haftungsobergrenzen steckt diese Vorschrift die Grenze der Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nach unten ab. Erstaunlicherweise sind Stellungnahmen zu ihrem teleologischen Hintergrund selten.380 Geht man vom oben dargelegten Sinn des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als eigenständiger gesetzlicher Anspruchsgrundlage aus, so fügt sich die Regelung des § 323 Abs. 4 HGB naht- und widerspruchslos in die Zweckstruktur des § 323 HGB ein. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB normiert eine bilanzrechtliche Haftung für zentrale, nicht allein im Interesse der geprüften Gesellschaft bestehende Pflichten ______ 376 Siehe dazu Teil 1.B.II bis Teil 1.B.IX, S. 80 ff. 377 Dazu detailliert in Teil 3, S. 217 ff. 378 Siehe nur Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 37 ff., 72; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 179 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 173 zu § 323 HGB, jeweils m. w. N. 379 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 266; ausdrücklich dagegen wandte sich indes das LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2053; siehe zur hier vertretenen Ansicht Teil 3.B.I, S. 218 ff. 380 Auffallend ist, dass insbesondere von den engagiertesten Befürwortern einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auf diese Regelung kaum eingegangen wird, vgl. nur Ebke, BFuP 2000, 549, 561 ff.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 196 ff. zu § 323 HGB. Dies mag wohl darin seine Ursache haben, dass § 323 Abs. 4 HGB sich in ihre Argumentation mit der Haftungsbeschränkung als zentralem Zweck des § 323 HGB nicht so recht einordnen lässt.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
des gesetzlichen Abschlussprüfers. Um die erwünschte präventive Wirkung der Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB vor relativierenden vertraglichen Vereinbarungen des Prüfers mit der geprüften Gesellschaft oder den verbundenen Unternehmen zu schützen,381 garantiert § 323 Abs. 4 HGB eine Mindesthaftung.382 Das Verbot vertraglicher Haftungsbeschränkungen in § 323 Abs. 4 HGB zeigt deutlich, dass es keineswegs der alleinige Zweck des § 323 HGB ist, die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers in Fällen bloßer Fahrlässigkeit zu begrenzen. Bestätigt wird vielmehr, dass im Interesse der Öffentlichkeit die Haftung des Prüfers aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB der Disposition der Parteien des Prüfungsvertrages und der verbundenen Unternehmen weitgehend entzogen ist. Der Zweck des Verbotes in § 323 Abs. 4 HGB, eine Mindesthaftung in diesem Sinne zu gewährleisten, steht einer Haftung gegenüber den aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Berechtigten und weiteren Dritten nicht entgegen. Eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber einem weiteren Personenkreis würde die präventive Wirkung der Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB weder ausschließen noch abschwächen. f)
Zusammenfassung
Die von Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums vertretene Sperrwirkung der Vorschrift des § 323 HGB bzw. des Anspruches aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB lässt sich weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit systematischen, gesetzeshistorischen oder teleologischen Argumenten überzeugend begründen. Es sind letztlich keine Gründe ersichtlich, weshalb eine Haftung des Prüfers gegenüber Dritten nach anderen Anspruchsgrundlagen neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ausgeschlossen sein soll. Eine „Sperrwirkung“ – wie auch immer sie geartet sein soll – besteht nach dem Gesagten weder gegenüber Ansprüchen der in § 323 Abs. 1 HGB Genannten, noch gegenüber Ansprüchen der nicht in § 323 Abs. 1 HGB genannten Dritten.
II.
Spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftungstatbestände
In den Konstellationen der gebildeten Fallgruppe II383 könnte man an eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen §§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG denken. Jede dieser Anspruchsgrundlagen gewährt im Zusammenhang mit unrichtigen Prospektangaben vertragsunabhängige Schadensersatzansprüche.
______ 381 Die Gesellschaft selbst, als Verantwortliche für die Aufstellung des Jahresabschlusses, ist an einer Haftung letztendlich weniger interessiert als andere Adressaten und Interessenten von Abschluss und Prüfung. 382 Vgl. Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 38 zu § 168. 383 Siehe Teil 1.A.V.2, S. 28.
80
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
1.
§§ 44 ff., 55 BörsG
Anknüpfungspunkt der börsengesetzlichen Prospekthaftung nach § 44 Abs. 1, 2 BörsG sind unrichtige oder unvollständige Angaben in Börsenzulassungsprospekten i. S. d. §§ 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG zur Zulassung von Wertpapieren zum Handel im amtlichen Markt. Diesen Prospekten gleichgestellt werden durch § 44 Abs. 4 BörsG schriftliche Darstellungen, auf Grund deren Veröffentlichung der Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts befreit wurde, sowie durch Verweis in § 55 BörsG Börsenzulassungsprospekte i. S. d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG zur Zulassung von Wertpapieren zum Handel im geregelten Markt. Börsenzulassungsprospekte i. S. d. § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG müssen den Namen und die Anschrift der Abschlussprüfer enthalten, welche die Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre des Emittenten geprüft haben, § 7 WpPG i. V. m. ProspektVO384 (z. B. Ziff. 2.1. des Anhangs I „Mindestangaben für das Registrierungsformular für Aktien (Modul)“). Wiedergegeben werden müssen zudem die Bestätigungsvermerke385 selbst sowie die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen, § 7 WpPG i. V. m. ProspektVO386 (z. B. Ziff. 20.1. des Anhangs I). Für Börsenzulassungsprospekte i. S. d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG gelten grundsätzlich dieselben Anforderungen, da sich der Mindestinhalt dieser Prospekte ebenfalls nach §§ 5, 7 WpPG i. V. m. der ProspektVO387 bestimmt. Es ist zudem nicht ausgeschlossen, dass in die genannten Unterlagen und in die Darstellungen i. S. d. § 44 Abs. 4 BörsG im Einzelfall weitere prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers Eingang finden. Eine Haftung des Prüfers nach §§ 44 Abs. 1, 2 BörsG erscheint daher nicht gänzlich abwegig. a)
Prospektverantwortlichkeit des gesetzlichen Abschlussprüfers?
Zweifelhaft ist aber bereits, ob der gesetzliche Abschlussprüfer zum Kreis der aus § 44 Abs. 1, 2 BörsG Verpflichteten gehört. § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG nennt als Haftungsverpflichtete diejenigen, „die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben“ (Nr. 1) und die, „von denen der Erlass des Prospektes ausgeht“ (Nr. 2). Die Verantwortung für einen Prospekt übernehmen nach allgemeiner Ansicht zunächst die, die ihn unterzeichnen.388 Das sind beim Zulassungsprospekt für den ______ 384 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, in zweiter berichtigter Fassung abgedruckt in ABl. EG Nr. L 186 vom 18. 7. 2005, S. 3. 385 Die in ABl. EG Nr. L 215, S. 3 abgedruckte erste berichtigte Fassung der ProspektVO verlangte in deutscher Version kurioserweise noch die Veröffentlichung des „Prüfungsberichts“ (z. B. Ziff. 20.1. des Anhangs I). 386 S. Fn. 384. 387 S. Fn. 384. 388 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drucks. 13/8933 vom 6. 11. 1997, S. 78; vgl. auch Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7, Rn. 202; Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Komm., Rn. 8 zu §§ 45, 46 BörsG, jeweils m. w. N.
81
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Handel im amtlichen Markt der Emittent des zuzulassenden Wertpapiers sowie die die Emission begleitenden Institute (§§ 30 Abs. 2 BörsG, 5 Abs. 3 Satz 2 WpPG). Sofern weitere Personen oder Gesellschaften im Prospekt als Verantwortliche genannt werden (vgl. § 5 Abs. 4 WpPG), unterliegen auch sie der Haftung.389 Durch die Verpflichtung derjenigen, von denen der Prospekt „ausgeht“, sollen die tatsächlichen Urheber des Prospektes erfasst werden. Gedacht war an Personen, die ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission haben, die aber nicht im Prospekt genannt sind und ihn auch nicht unterschrieben haben.390 Der gesetzliche Abschlussprüfer, dessen Bestätigungsvermerk oder sonstige prüfungsbezogene Äußerung in den genannten Unterlagen enthalten ist, hat kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission der zuzulassenden Wertpapiere.391 Ebenso wenig gehört er im Normalfall zum Kreis derer, die den Prospekt in seiner Gesamtheit unterzeichnen oder i. S. d. § 5 Abs. 4 WpPG die Verantwortung für ihn übernehmen. Durch die Anführung seines Namens im Prospekt übernimmt der Abschlussprüfer allenfalls für die Teile des Prospekts die Verantwortung, die von ihm selbst herrühren. Im Schrifttum bestand lange Zeit Einigkeit darüber, dass dies keine Haftung aus § 44 Abs. 1, 2 BörsG begründen kann, da die börsengesetzliche Prospekthaftung lediglich eine Verantwortlichkeit für den gesamten Prospekt kennt.392 Neuerdings vertreten einzelne Autoren die Ansicht, dass auch die Übernahme der Verantwortung für einzelne Teile des Prospektes eine börsengesetzliche Prospekthaftung zur Folge haben könne.393 Dementsprechend soll auch eine Haftung des Abschlussprüfers für fehlerhafte Äußerungen in den genannten Prospekten möglich sein.394 Begründet wird diese Ansicht mit der wesentlichen Bedeutung der vom Abschlussprüfer beigesteuerten bzw. geprüften Unterlagen für den Gesamtprospekt („50% des Prospekts“, „wesentliche Grundlage für die Bewertung der zuzulassenden Wertpapiere“) sowie mit Verweis auf die nach den Vorschriften der ProspektVO395 notwendigen Prospektangaben.396 ______ 389 Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7, Rn. 203; Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 40 zu §§ 45, 46 BörsG a. F., Rn. 11 zu §§ 45, 46 BörsG n. F.; Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Komm., Rn. 8 zu §§ 45, 46 BörsG. 390 Begründung zum Regierungsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes (siehe Fn. 388), BT-Drucks. 13/8933 vom 6. 11. 1997, S. 78; so zuvor bereits Schwark, BörsG1, Rn. 3 zu §§ 45, 46, dem die Regierungsbegründung mit ihrer Erläuterung wohl folgte; vgl. Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7, Rn. 202; Groß, AG 1999, 199, 201. 391 Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Komm., Rn. 8 zu §§ 45, 46 BörsG. 392 Siehe statt aller Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7, Rn. 202; Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 54 zu §§ 45, 46 BörsG a. F., Rn. 11 zu §§ 45, 46 BörsG n. F.; Schwark, BörsG2, Rn. 7 zu §§ 45, 46. 393 So Groß, AG 1999, 199, 201; ders., Kapitalmarktrecht, Rn. 36 f. zu §§ 45, 46 BörsG, ihm folgend Bergdolt, in: Heidel, Aktienrecht, Rn. 55 zu § 44 BörsG; Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 f., der allerdings offen lässt, ob sich dies unmittelbar auf § 45 BörsG a. F. (jetzt § 44 BörsG) stützen lässt oder eine Analogie nötig ist. 394 So Groß, AG 1999, 199, 201; ders., Kapitalmarktrecht, Rn. 36 f. zu §§ 45, 46 BörsG; unklar Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn.3 zu § 44 BörsG; Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 f. geht dagegen mit Blick auf das Testat des gesetzlichen Abschlussprüfer von einer Sperrwirkung des § 323 HGB aus. 395 Siehe Fn. 384. 396 Groß, AG 1999, 199, 201; ders., Kapitalmarktrecht, Rn. 36 f. zu §§ 45, 46 BörsG.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Die die Mindestinhalte u. a. von Börsenzulassungsprospekten regelnde ProspektVO397 sieht in der Tat vor, dass alle „Personen, die für die im Prospekt [Registrierungsformular] gemachten Angaben bzw. für bestimmte Abschnitte des Prospekts [Registrierungsformulars] verantwortlich sind“, im Prospekt mit ihrem Namen und ihrer Funktion zu nennen sind (z. B. Ziff. 1.1. des Anhangs I und des Anhangs II). Allerdings unterscheiden die ProspektVO398 und die ihr zu Grunde liegende Prospektrichtlinie399 deutlich zwischen den Angaben, die zu den Jahresabschlüssen und den sie prüfenden Abschlussprüfern zu machen sind und den Angaben zur Verantwortlichkeit (s. § 5 Abs. 4 WpPG) für den Prospekt.400 Bereits daraus ergibt sich deutlich, dass der Abschlussprüfer nicht schon durch die Veröffentlichung seiner Prüfungsergebnisse und durch die Nennung seines Namens usw. die Verantwortung für den Prospekt oder Teile davon übernimmt. Ungeachtet dessen bliebe für eine Haftung des für Teile des Prospekts die Verantwortung übernehmenden Abschlussprüfers kein Raum. Die die Haftung regelnde Vorschrift § 44 Abs. 1 BörsG spricht zweifelsfrei von einer Verantwortlichkeit „für den Prospekt“ bzw. vom „Erlass des Prospekts“ und lässt damit eine Verantwortlichkeit für unrichtige oder unvollständige Teile des Prospekts nicht genügen. Ähnlich eindeutig ist der Wortlaut des § 5 Abs. 3 WpPG, der von einer Verantwortlichkeit für den Inhalt des Prospekts („für seinen Inhalt“) spricht. Dass der deutsche Gesetzgeber die börsengesetzliche Prospekthaftung nicht an eine Übernahme der Verantwortung für Teile des Prospektes oder einzelne für den Prospekt gelieferte Unterlagen knüpfen wollte, zeigt sich nicht nur bei isolierter Betrachtung des Gesetzeswortlautes, sondern auch daran, dass der Gesetzgeber die bestehenden nationalen Regelungen trotz des geschilderten Meinungsstandes im älteren Schrifttum weder im Rahmen des Dritten401 und Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes402 noch im Rahmen der Umsetzung der Prospektrichtlinie403 entsprechend modifizierte.404 Die einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien enthalten ganz im Gegenteil sogar eindeutige Hinweise darauf, dass hinsichtlich des Kreises ______ 397 Siehe Fn. 384. 398 Siehe Fn. 384. 399 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, abgedruckt im ABl. L 345 vom 31. 12. 2003, S. 64. 400 In der ProspektVO regelt etwa die Ziff. 1 in Anhang I (Mindestangaben für das Registrierungsformular für Aktien (Modul)) die Angaben zu den Verantwortlichen Personen, die Ziffer 2 dagegen die Angaben zum Abschlussprüfer. Auch die Prospektrichtlinie unterscheidet beispielsweise in Anhang I (Registrierungsformular) unter Punkt I klar zwischen beiden Aspekten. 401 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24. März 1998, BGBl. I, S. 529. 402 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002, BGBl. I, S. 2010. 403 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 22. 6. 2005, BGBl. I, S. 1698. 404 Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen, S. 128.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
der Haftungsverpflichteten Änderungen der bestehenden Rechtslage nicht bezweckt waren.405 Vor diesem Hintergrund erscheint eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers, der allenfalls für Teile des Prospektes die Verantwortung übernimmt, auch nicht mit dem Hinweis begründbar, dass die geprüften und im Prospekt enthaltenen Jahresabschlüsse „sowohl materiell als auch rein formal einen ganz wesentlichen Teil des Prospekts“ bilden.406 Solange der Prüfer nicht für den gesamten Prospekt die Verantwortung übernimmt, was in der Praxis wohl nie der Fall sein wird, scheidet eine Haftung für unrichtige prüfungsbezogene Äußerungen im Prospekt unmittelbar aus § 44 Abs. 1, 2 BörsG nach geltendem Recht aus. b)
Ausdehnung des Haftungstatbestandes im Wege der Analogie?
Im Schrifttum finden sich Stimmen, die eine Ausweitung der börsengesetzlichen Prospekthaftung im Wege der Analogie befürworten oder zumindest nicht für ausgeschlossen halten.407 Diskutiert werden die Frage, ob und in welchen Fällen die Haftungsgrundsätze der §§ 44 ff., 55 BörsG auch in Konstellationen Anwendung finden sollten, in denen unrichtige kapitalmarktbezogene Informationen in anderen als den in §§ 44 Abs. 1, 4, 55 BörsG genannten Unterlagen veröffentlicht werden, aber auch die Frage, ob sich die Haftung von Personen, die lediglich für Teile des Prospektes die Verantwortung übernommen haben, mittels eines Analogieschlusses begründen lässt.408 Gegen eine entsprechende Anwendung der börsengesetzlichen Prospekthaftungsgrundsätze in anderen als den vom Gesetz vorgesehenen Fällen spricht jedoch bereits der spezialgesetzliche Charakter der §§ 44 ff., 55 BörsG. In den diskutierten Fällen fehlt es jeweils bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.409 Zudem hat sich in den zurückliegenden Reformen des Kapitalmarktrechts der Wille des Gesetzgebers, die börsengesetzliche Prospekthaftung nicht im genannten Sinne auszuweiten, deutlich manifestiert.410 Eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber Dritten kommt damit in ______ 405 Begründung zum Regierungsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes (siehe Fn. 388), BT-Drucks. 13/8933 vom 6. 11. 1997, S. 78; Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drucks. 14/8017 vom 18. 1. 2002, S. 81. 406 So Groß, in: AG 1999, 199, 201; ders., Kapitalmarktrecht, Rn. 36 f. zu §§ 45, 46 BörsG. 407 Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 f.; Brondics/Mark, AG 1989, 339, 345; Rössner/Lachmair, WuB I G 5.-2.87. 408 Assmann, in: AG 1996, 508, 508 ff.; Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 280 ff.; Brondics/Mark, AG 1989, 339, 345 f.; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 93; Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 55 f.; Krause, ZGR 2002, 799, 826; Rössner/Lachmair, WuB I G 5.–2.87; Schwark, in: FS 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 493 f. 409 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 93; Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 58; Krause, ZGR 2002, 799, 826. 410 Im Rahmen des Dritten Finanzmarktförderungsgesetz (Fn. 401) wurde die Haftung lediglich im Hinblick auf unrichtige oder unvollständige Angaben in „schriftlichen Darstellungen“ i. S. d. § 44 Abs. 4 BörsG n. F. ausgeweitet. Das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz (Fn. 402) sowie das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz (Fn. 403) brachten keine inhaltlichen Änderungen der börsengesetzlichen Prospekthaftung. Zu den letzten Änderungen durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz näher z. B. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81; Boos/Preuße, Kreditwesen 2005, 523; Ekkenga, BB 2005, 561; Kullmann/Sester, WM 2005, 1068; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498; Schlitt/Singhof/ Schäfer, BKR 2005, S. 251; Verfürth/Grunenberg, DB 2005, 1043.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
den untersuchten Fallgruppen auch nicht im Wege einer analogen Anwendung börsengesetzlicher Haftungsgrundsätze in Betracht.411 2.
§ 13 VerkProspG
Bezugspunkte der Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG sind einerseits unrichtige oder unvollständige Prospekte im Sinne des § 8 f VerkProspG und andererseits bestimmte mangelhafte Prospekte i. S. d. Wertpapierprospektgesetzes. Von den Prospekten i. S. d. Wertpapierprospektgesetzes werden nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Haftungsnorm lediglich Prospekte erfasst, die sich auf Wertpapiere beziehen, „die nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen“ sind.412 Die Haftung für unrichtige oder unvollständige Angaben in Börsenzulassungsprospekten ist, wie oben erörtert, im Börsengesetz separat geregelt.413 Der Prospektinhalt von Verkaufsprospekten i. S. d. § 8 f VerkProspG, die im Zusammenhang mit öffentlich angebotenen nicht in Wertpapieren verbrieften Vermögensanlagen zu veröffentlichen sind, bestimmt sich nach § 8 g VerkProspG i. V. m. der nach § 8 g Abs. 2 und 3 VerkProspG erlassenen Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte.414 Nach §§ 10 f. dieser Verordnung muss der Verkaufsprospekt neben dem letzten Jahresabschluss des Emittenten den Namen und die Anschrift des Abschlussprüfers enthalten. Wiedergegeben werden müssen zudem der Bestätigungs- bzw. Versagungsvermerk einschließlich zusätzlicher Bemerkungen. Der Mindestinhalt der durch § 13 VerkProspG erfassten Prospekte i. S. d. Wertpapierprospektgesetztes richtet sich nach denselben Vorschriften wie der Inhalt von Börsenzulassungsprospekten i. S. d. des Börsengesetzes.415 Wiedergeben werden müssen detaillierte Angaben zu den Abschlussprüfern der letzten drei Geschäftsjahre sowie die jeweils erteilten Bestätigungsvermerke. Hinsichtlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Anspruches verweist § 13 VerkProspG auf §§ 44 bis 47 BörsG. Die Prospekthaftung nach dem Verkaufsprospektgesetz entspricht auf Grund dieser Verweisung bis auf geringe Modifikationen der dargestellten börsengesetzlichen Prospekthaftung. Eine Haftung des ______ 411 Für eine Haftung des Abschlussprüfers de lege ferenda Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 67 f.; ders., BKR 2004, 339, 344; Hellwig, Referat auf dem 64. Deutschen Juristentag, S. 60 f.; Assmann, AG 2004, 439, 446; Meyer, WM 2003, 1301, 1306 ff., 1311; eine Regelung im Rahmen des 7. Abschnittes des Wertpapierhandelsgesetzes schlagen Baums/Fischer, Arbeitspapiere des Institutes für Bankrecht, Nr. 115 vor; vgl. auch Knorr/Hülsmann, NZG 2005, 567, 573. 412 In der Literatur wird diese Einschränkung mit Blick auf die in § 3 Abs. 1 WpPG weiter gefasste Prospektpflicht als ein gesetzgeberisches Versehen angesehen, vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, Rn. 2 ff. zu § 13 VerkProspG; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 500, 510. 413 Siehe Teil 1.B.II.1, S. 81. 414 Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte vom 16. 12. 2004, BGBl. I, S. 3464. 415 Siehe Teil 1.B.II.1, S. 81.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
gesetzlichen Abschlussprüfers scheidet somit aus den oben dargestellten Gründen auch bei unrichtigen Angaben in Prospekten i. S. d. § 13 VerkProspG aus.416 3.
§ 127 InvG
Der investmentrechtliche Prospekthaftungstatbestand § 127 InvG hat als Rechtsgrundlage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers keine Bedeutung. Er knüpft an unrichtige oder unvollständige Angaben in den Verkaufsprospekten i. S. d. §§ 42, 137 InVG an. Prüfungsbezogene Äußerungen gesetzlicher Abschlussprüfer können zwar auch in diesen Publikationen enthalten sein (vgl. §§ 42 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 1 f), 44 Abs. 5 und 6, 70 Abs. 1 InvG), doch ist der Kreis der aus §§ 127 InvG Haftenden eng begrenzt. § 127 Abs. 1 InvG gewährt Ansprüche allein gegen die Kapitalanlagegesellschaft bzw. ausländische Investmentgesellschaft selbst sowie gegen diejenigen, die gewerbsmäßig Anteile im eigenen Namen verkaufen. § 137 Abs. 4 InvG gewährt unter etwas engeren Voraussetzungen auch Ansprüche gegen die, die gewerbsmäßig den Verkauf der Anteile vermitteln oder die Anteile im fremden Namen verkaufen. Für eine Haftung des im Prospekt genannten und zitierten Abschlussprüfers bleibt daneben kein Raum.
III.
Haftung bei unwahrer Ad-hoc-Publizität
Durch das Vierte Finanzmarkförderungsgesetz417 wurde mit § 37 c WpHG ein weiterer spezialgesetzlicher Haftungstatbestand geschaffen, der an Fehler bei der Veröffentlichung kapitalmarktbezogener Informationen anknüpft. Gemäß § 15 WpHG haben Emittenten von Finanzinstrumenten, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind oder bezüglich derer eine solche Zulassung beantragt wurde, Insiderinformationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen (sog. Ad-hoc-Publizität). § 37 c Abs. 1 WpHG sieht einen Schadensersatzanspruch für Anleger vor, denen durch die Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen i. S. d. § 15 WpHG ein Schaden entstanden ist.418 Da in der Praxis nicht auszuschließen ist, dass prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers Eingang in eine Ad-hoc-Mitteilung i. S. d. § 15 WpHG finden, stellt sich die Frage, ob sich auf § 37 c Abs. 1 WpHG auch eine Haftung des Prüfers stützen lässt, wenn es sich bei der veröffentlichten Äußerung um eine unwahre Insiderinformation i. S. d. § 37 c Abs. 1 WpHG handelt. Seinem Wortlaut nach sieht der neue Haftungstatbestand allein einen Anspruch gegen den Emittenten der Wertpapiere vor, auf die sich die Mitteilung bezog. Er______ 416 Siehe Teil 1.B.II.1.a), S. 81. 417 Siehe Fn. 402. 418 Zur Rechtslage vor Einführung dieser Regelung siehe Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 95 ff.; Groß, WM 2002, 477, 478 ff.; Krause, ZGR 2002, 799 ff.; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648 ff.; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437 ff.
86
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
wägen könnte man daher allenfalls eine Haftung des Prüfers auf Grund entsprechender Anwendung dieser Vorschrift. Zugunsten einer Analogie ließe sich anführen, dass § 37 c WpHG eine Haftung der Personen normiert, von denen die Adhoc-Mitteilung ausgeht, und nicht von Personen, die die Mitteilung lediglich als fremde Äußerung verbreiten. Gibt der Emittent prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers wieder, so ist er zwar formell „Urheber“ der Adhoc-Mitteilung, er gibt in diesem Fall jedoch lediglich Äußerungen des Prüfers weiter, ohne sie sich zu Eigen zu machen. Dem Grundgedanken des § 37 c WpHG könnte es daher entsprechen, in solchen Fällen den Abschlussprüfer als Verpflichteten anzusehen, wenn er der Veröffentlichung seiner Äußerungen gemäß § 15 WpHG zugestimmt hat und die sonstigen Voraussetzungen des Haftungstatbestandes erfüllt sind. Gegen eine Ausweitung der Haftung aus § 37 c WpHG spricht jedoch, dass diese Vorschrift ebenso wie die §§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG spezialgesetzlichen Charakter hat. Hätte der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes (oder der späteren Reformen der neu eingeführten Regelungen) ein Bedürfnis nach einer speziellen Haftung von Personen gesehen, die in Ad-hoc-Mitteilungen mit ihrer Zustimmung zitiert werden, so hätte er dies bei der Formulierung des § 37 c WpHG berücksichtigt. Denn gerade die Mängel in der Praxis der Ad-hoc-Publizität börsennotierter Unternehmen waren Hintergrund der neu eingeführten Anspruchsgrundlagen §§ 37 b und 37 c WpHG.419 Zudem fand vor und während des Gesetzgebungsverfahrens zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz die inhaltlich parallele Diskussion darüber statt, ob in Börsenprospekten zitierte Abschlussprüfer Verpflichtete der börsengesetzlichen Prospekthaftung sein können.420 Mit Blick auf unzutreffende Äußerungen von Abschlussprüfern in Mitteilungen gemäß § 15 WpHG kann man daher nicht von einer planwidrigen Regelungslücke sprechen, die eine entsprechende Anwendung des § 37 c WpHG begründen könnte.
IV.
Vertragsrecht
Prüfungsvertragsfremden Dritten, um deren Schäden es in der vorliegenden Untersuchung geht, stehen – begriffsnotwendig – keine originären Ansprüche aus dem Prüfungsvertrag zwischen der geprüften Gesellschaft und dem gesetzlichen Abschlussprüfer zu. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass sich nicht aus anderen Gründen eine vertragliche Haftung des Prüfers ihnen gegenüber ergeben kann.
______ 419 Begründung zum Regierungsentwurf des Vierten Finanzmarkförderungsgesetzes (siehe Fn. 405), BT-Drucks. 14/8017 vom 18. 1. 2002, S. 81. 420 Vgl. nur Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 f. und Groß, AG 1999, 199, 201.
87
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
1.
Auskunftsvertrag
Zu Beginn der Erörterung vertraglicher Haftungstatbestände stellt sich zwangsläufig die Frage nach einem zwischen dem Abschlussprüfer und den prüfungsvertragsfremden Dritten bestehenden unmittelbaren Vertragsverhältnis. Mit Blick auf die Konstellationen der Fallgruppen III, IV und V,421 in denen prüfungsvertragsfremde Dritte prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers individuell zugeleitet bekommen, wird in Rechtsprechung und Schrifttum regelmäßig erörtert, ob und unter welchen Umständen es zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und Dritten zum Abschluss eines eigenen Auskunftsvertrages kommt.422 Nimmt man den Abschluss eines Auskunftsvertrages im konkreten Fall an, so kann sich aus Fehlern bei der Prüfung ein Schadensersatzanspruch des Vertragspartners aus positiver Forderungs- bzw. Vertragsverletzung ergeben (§ 280 Abs. 1 BGB). Selbst Vertreter einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB räumen ein, dass § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine Haftung des Abschlussprüfers gegenüber (prüfungsvertragsfremden) Dritten auf Grund einer eigenständigen Vertragsbeziehung nicht verbiete.423 Die Rechtsprechung hat, soweit ersichtlich, bisher in keinem Pflichtprüfungsfall einen selbständigen Auskunftsvertrag zwischen dem Abschlussprüfer und einem Dritten angenommen. Die Gerichte machten aber mehrmals deutlich, dass sie eine Haftung des Prüfers auf Grund der Verletzung eines Auskunftsvertrages neben § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB grundsätzlich für möglich halten.424 Zu beantworten ist damit die Frage, unter welchen Voraussetzungen es zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und prüfungsvertragsfremden Dritten zum Abschluss eines Auskunftsvertrages kommt. Unproblematisch ist die Rechtslage in Fällen ausdrücklicher Vereinbarungen. In den untersuchten typischen Fallkonstellationen fehlt es daran jedoch zumeist.425 In Rechtsprechung und Schrifttum ging es demzufolge in erster Linie um die Frage, wann ein konkludenter bzw. stillschweigender Vertragsschluss anzunehmen ist. Seltener wurde im Zusammenhang mit der Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers die Konstruktion eines „Auskunftsvertrages mit dem, den es angeht“ angesprochen. ______ 421 Siehe Teil 1.A.V.3, 4 und 5, S. 29. 422 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1682 f.; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259; aus dem Schrifttum z. B. Ebke, BFuP 2000, 549, 552 f.; Heppe, WM 2003, 753, 758 f.; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 124 ff.; Quick, BFuP 2000, 525, 527; ders., DBW 2000, 60, 64 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 18 ff. 423 So z. B. Ebke, ZVglRWiss 100 (2001), 62, 70 (noch zweifelnd in: Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 68); Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 124 ff.; a. A. etwa Streck, Stbg. 1991, 98, 101. 424 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 266; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/ 95, BB 1997, 1682, 1682 f.; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112. 425 Ebke, BFuP 2000, 549, 552; Quick, BB 1992, 1675, 1681; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 18.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
a)
Konkludenter Vertragsschluss
Der BGH stellt in seiner jüngeren Rechtsprechung426 hinsichtlich der Frage eines stillschweigend abgeschlossenen Auskunftsvertrages darauf ab, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Pflichten gemacht haben.427 Die besondere Sachkunde des Auskunftsgebers, sein eigenes wirtschaftliches Interesse und die erhebliche Bedeutung der Auskunft für den Empfänger, der sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will, stellen für den BGH wichtige Indizien bei der Beurteilung des Sachverhaltes dar. Als Umstände, die für das Vorliegen eines Auskunftsvertrages sprechen, nennt der BGH darüber hinaus ein besonderes persönliches Engagement des Auskunftsgebers in der Form von Zusicherungen nach Art einer Garantieübernahme, das Versprechen einer eigenen Nachprüfung der Angaben des Geschäftspartners des Auskunftsempfängers, die Erteilung der Auskunft bzw. die Hinzuziehung des Auskunftsgebers auf Verlangen des Auskunftsempfängers sowie eine bereits bestehende anderweitige Vertragsbeziehung zwischen Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger.428 In älteren Entscheidungen schien der BGH diesen Kriterien übergeordnet einen direkten bzw. unmittelbaren Kontakt zwischen dem Auskunftsgeber und dem Auskunftsempfänger vorauszusetzen.429 In späteren Entscheidungen hat er jedoch klargestellt, dass ein Auskunftsvertrag auch zwischen Parteien konkludent geschlossen werden könne, die nicht in unmittelbaren Kontakt zueinander getreten sind. Voraussetzung sei, dass die einem Dritten erteilte Auskunft (auch) für den mittelbaren Auskunftsempfänger bestimmt war und dass dem Auskunftsgeber bei der Erteilung der Auskunft die erhebliche Bedeutung der Auskunft für den mittelbaren Empfänger bewusst war.430 Geht man von dieser Rechtsprechung aus, so kommt es in den gebildeten Fallgruppen I und II431 tatsächlich nie zu einem Vertrag zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und prüfungsvertragsfremden Dritten. Weder der Offenlegung nach §§ 325 ff. HGB (Fallgruppe I) noch der Aufnahme von Äußerungen des Ab______ 426 Zur älteren Rechtsprechung siehe die Darstellungen bei Czech, BB 1975, 723, 724 f.; Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 66 ff.; K. P. Esser, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 73 f.; Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 52 ff.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 152 ff.; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 46 ff. 427 Siehe z. B. BGH, Urt. v. 17. 9. 1985, VI ZR 73/84, NJW 1986, 180, 181; Urt. v. 13. 2. 1992 – III ZR 28/90, NJW 1992, 2080, 2082; Urt. v. 16. 2. 1995 – IX ZR 15/94, NJW-RR 1995, 619, 620. Diese und die nachfolgend zitierten Entscheidungen betrafen größtenteils keine gesetzlichen Abschlussprüfer. Die vom BGH entwickelten Grundsätze lassen sich indes auf diese übertragen, vgl. LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112. 428 Z. B. BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 323; Urt. v. 17. 9. 1985, VI ZR 73/84, NJW 1986, 180, 181; Urt. v. 13. 2. 1992, III ZR 28/90, NJW 1992, 2080, 2082. 429 Siehe nur BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 323 mit Verweis auf Urt. v. 16. 1. 1969 – II ZR 76/66, WM 1969, 560; Urt. v. 1. 12. 1970 – VI ZR 118/69, WM 197, 206, 207 u. a. 430 Z. B. BGH, Urt. v. 30. 3. 1976 – VI ZR 21/74, WM 1976, 498, 499; Urt. v. 16. 10. 1990 – XI ZR 165/88, WM 1990, 1990, 1991; Urt. v. 7. 7. 1998 – XI ZR 375/97, WM 1998, 1771, 1771 f. 431 Siehe Teil 1.A.V.1 und 2, S. 28.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
schlussprüfers in Börsenprospekte oder sonstige an die breite Öffentlichkeit gerichtete Schriftstücke (Fallgruppe II) lässt sich eine Erklärung des Inhalts entnehmen, dass der Abschlussprüfer vertraglich für die Richtigkeit seiner Erklärungen einstehen möchte. Dasselbe gilt für die der geprüften Gesellschaft erteilte Zustimmung zur Veröffentlichung der prüfungsbezogenen Äußerungen. Eine direkte Kontaktaufnahme, wie sie der BGH in seiner älteren Rechtsprechung für einen Vertragsschluss vorauszusetzen schien, ist in den Fällen der Fallgruppen I, II, III und IV nicht gegeben. Zu einem Kontakt in diesem Sinne kommt es in der Regel nur in den Fällen, in denen der Prüfer seine Äußerung Prüfungsvertragsfremden selbst übermittelt (Fallgruppe V). Nicht selten vorliegen werden dagegen in den Fallgruppen III, IV und V die vom BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung herangezogenen Indizien: Wenn der Abschlussprüfer Testat, Prüfungsbericht oder andere Auskünfte, die mit der gesetzlichen Abschlussprüfung zusammenhängen, Dritten direkt übermittelt, so wird dies in aller Regel auf Verlangen des Auskunftsempfängers geschehen. Die an den prüfungsbezogenen Äußerungen des Abschlussprüfers interessierten Dritten – Anleger, Kreditgeber, Lieferanten usw.432 – werden die Auskünfte nicht selten zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen. Von einer besonderen Sachkunde schließlich ist bei Prüfern gesetzlicher Jahresabschlüsse stets auszugehen. Dass die Rechtsprechung bislang dennoch in keinem Pflichtprüfungs-Fall einen Schadensersatzanspruch gegen den gesetzlichen Abschlussprüfer auf einen konkludent abgeschlossenen Auskunftsvertrag stützte, findet seine Begründung weniger in der restriktiven Handhabung der genannten Kriterien als darin, dass die Gerichte in den bisher zu entscheidenden (insgesamt seltenen) Pflichtprüfungs-Fällen andere Haftungsgrundlagen in den Vordergrund stellten.433 Dass dies nicht für immer so bleiben muss, belegen Hinweise in der neueren Rechtsprechung des BGH.434 Der vom BGH beschrittene Weg der Feststellung, ob zwischen Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger konkludent ein Auskunftsvertrag geschlossen wurde, begegnet im Schrifttum zum Teil deutlicher Kritik. Vorgeworfen wird der Rechtsprechung vor allem, dass sie einen beim Auskunftsgeber im Regelfall nicht bestehenden Haftungswillen mit Hilfe objektiver Haftungskriterien fingiere. Die vom BGH verwendeten Kriterien seien nach Ansicht der Kritiker als Indizien eines echten Haftungswillens des Auskunftsgebers nicht geeignet. Sie orientierten sich allein an tatsächlich oder vermeintlich bestehenden Verkehrsschutzbedürfnissen.435 Teilweise wird im Schrifttum auch darauf hingewiesen, dass es in vielen Fällen ______ 432 Zu den unterschiedlichen Interessengruppen siehe Teil 1.A.IV.3, S. 25 f. 433 Siehe z. B. OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94; WPK-Mitt. 1995, 222, 223 f.; OLG Hamm, Urteil v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2296 f. 434 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 266. Der entscheidende III. Zivilsenat verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück und trug dem Gericht auf, „im Rahmen seiner erneuten Würdigung nochmals darauf einzugehen, ob sich ein Anspruch des Klägers auf Auskunftsvertrag [. . .] stützen lässt“. 435 Z. B. Ebke, BFuP 2000, 549, 552; Lammel, AcP 179, 337, 341; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 19 ff.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 4; Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 76 ff.; jeweils m. w. N.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
– unabhängig von der Frage eines Erklärungs- oder Rechtsbindungswillens – bereits am objektiven Tatbestand einer Willenserklärung fehle. Auskünfte von Experten hätten häufig ihrem objektiven Erklärungsgehalt nach nicht den Sinn, Rechtsfolgen in Gang zu setzen; ihr Zweck bestehe vielmehr darin, Tatsachen mitzuteilen. Sie stellten in diesen Fällen im Gegensatz zu Willenserklärungen bloße Wissenserklärungen dar.436 Der im Schrifttum geäußerten Kritik ist zuzustimmen. Konkludent abgegebene Willenserklärungen sind zwar dadurch gekennzeichnet, dass sich die rechtsgeschäftliche Bedeutung der jeweiligen Handlung erst mittelbar, durch Berücksichtigung von Umständen außerhalb des Erklärungsaktes, etwa der Verkehrssitte oder des konkreten Handlungskontextes, ergibt.437 Dennoch darf dies nicht dazu führen, dass der äußere Erklärungsakt bei der Auslegung des konkludenten Verhaltens vollständig ausgeblendet wird. Schon bei oberflächlicher Betrachtung zeigt sich, dass in den untersuchten Fallgruppen mit Blick auf vertragliche Bindungen und vertragliche Haftungsfolgen auf Seiten des Abschlussprüfers häufiger ein Schweigen als die (wie auch immer geartete) Äußerung eines Haftungswillens anzutreffen sein wird. Bei schuldrechtlichen Vertragsverhältnissen weist die Erfüllungsphase in der Regel so markante Merkmale auf, dass aus den Erfüllungshandlungen auf den Vertragsschluss und den jeweiligen Vertragstyp gefolgert werden kann. Verträgen über eine Auskunftsleistung fehlt eine sich von der Erklärung absetzende, charakteristische Leistungshandlung.438 Nicht in jeder Äußerung kann und sollte daher in objektiver Hinsicht bereits eine Willenserklärung zum Abschluss eines Auskunftsvertrages mit möglicherweise weit reichenden Haftungskonsequenzen gesehen werden. Um richterlicher Willkür bei der Auslegung des Gewollten, der subjektiven Seite der Erklärung, vorzubeugen, ist für Willenserklärungen zum Abschluss eines selbständigen Auskunftsvertrages bereits in objektiver Hinsicht mehr zu fordern als die bloße Übermittlung einer Information.439 Damit geht man mit Blick auf Auskunftsverträge keinen Sonderweg, sondern berücksichtigt lediglich in angemessener Weise die Besonderheiten dieses Vertragstypus. Zur Annahme eines konkludent abgeschlossenen Auskunftsvertrages sind im Zusammenhang mit der erteilten Auskunft Handlungen bzw. Äußerungen zu verlangen, die einen eindeutigen Hinweis auf den Willen zur vertraglichen Bindung bzw. zur Haftung im Falle einer Pflichtverletzung geben. Jede weniger strenge Auslegung vernachlässigt den äußeren Erklärungstatbestand und öffnet damit richterlichen Vertragskonstruktionen Tür und Tor. Wenn sich der Haftungswille des Auskunftsgebers bereits im äußeren Erklärungsakt zeigen muss, so bedarf es zur Frage der Begründung eines Auskunftsvertrages ______ 436 So z. B. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 213; Lammel, AcP 179, 337, 341. 437 Siehe nur Medicus, Allg. Teil des BGB, Rn. 334 ff.; Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, § 24 Rn. 17 ff. 438 So auch Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 75. 439 Die Umstände, die die Rechtsprechung als Indizien für das Vorliegen eines Vertragsschlusses bezeichnet, sind damit allerdings nicht angesprochen. Sie beziehen sich nicht auf den Erklärungsakt selbst, sondern sind Auslegungsmittel, die eine Erklärung bereits voraussetzen.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
der von der Rechsprechung entwickelten Indizien nicht. Ohnehin ist die Mehrzahl dieser Kriterien kaum dazu geeignet, bei der Auslegung des von den Parteien mit Blick auf eine eventuelle vertragliche Bindung bzw. Haftung Gewollten behilflich zu sein. Wie im Schrifttum zu Recht angemerkt wird, besagt etwa die „besondere Sachkunde“ des Auskunftsgebers wenig über dessen individuellen Haftungswillen.440 Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass der Auskunftsgebende die Auskunft auf Verlangen des späteren Auskunftsempfängers erteilt hat, irgendein Anhaltspunkt für einen bestehenden Einstandswillen gewonnen werden. Gleiches gilt für den Fall einer bereits bestehenden Vertragsbeziehung zwischen Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger.441 Bei all diesen Gesichtspunkten – ebenso wie bei den weiteren vom BGH regelmäßig genannten – handelt es sich um reine Verkehrsschutz- bzw. Verkehrsbedürfniserwägungen. Der Wille des Auskunftsgebers selbst wird durch ihre stereotype Verwendung vernachlässigt. Noch deutlicher zeigte sich diese Tendenz in der älteren Rechtsprechung des BGH und des RG, in der zum Teil eine Haftung aus Auskunftsvertrag sogar gegen den eindeutigen Willen der Vertragsparteien angenommen wurde.442 Wenn auch in der neueren Rechtsprechung des BGH die Entscheidung für oder gegen das Vorliegen eines Auskunftsvertrages hauptsächlich aus Gründen des Verkehrsbedürfnisses fällt, so ist die Rechtsprechung in diesem Punkt nicht weit von ihren früheren Entwicklungen entfernt. Verkehrsbedürfnisse finden ihre Grundlage ausschließlich in allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen. Der tatsächliche Wille der potentiellen Vertragsparteien bleibt daneben außen vor. Mit Rücksicht auf die Grundsätze des zivilrechtlichen Vertragsrechts und die ihr Fundament bildende Privatautonomie ist die geschilderte Auslegungspraxis des BGH abzulehnen. Ein durch konkludentes Verhalten abgeschlossener Auskunftsvertrag zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und prüfungsvertragsfremden Dritten mit den damit zusammenhängenden Haftungskonsequenzen kann nach dem Gesagten nur angenommen werden, wenn sich der Bindungs- und Haftungswille der Parteien in irgendeiner Weise bereits im äußeren Erklärungsakt zeigt. In den Konstellationen der gebildeten Fallgruppen I und II wird dies wohl nie der Fall sein; in ______ 440 Martin Weber, NZG 1999, 1, 4. 441 Zu den Kriterien der Rechtsprechung im Einzelnen Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 81 ff. 442 Vgl. dazu exemplarisch aus der Begründung des Urteils des BGH v. 29. 10. 1952 – II ZR 283/51, BGHZ 7, 371, 375: „Auch wenn eindeutig klar gewesen sein sollte, dass der Beklagte [Auskunftsgeber] [. . .] in keinerlei Vertragsbeziehungen treten wollte, hätte der Beklagte [Auskunftsgeber] durch Erteilung der Auskünfte [. . .] der Klägerin [Auskunftsempfänger] gegenüber eine Haftung übernommen, dass diese Auskünfte mit der erforderlichen Sorgfalt und nach bestem Wissen erteilt sind. Für die Annahme eines den Beklagten [Auskunftsgeber] verpflichtenden Vertrages ist es in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts als unerheblich anzusehen, ob die Angestellten der Klägerin [Auskunftsempfänger] in Ansehung dieser Auskünfte die Herstellung von Vertragsbeziehungen zum Beklagten beabsichtigten und ob der Beklagte, als er die Auskünfte erteilte, Entsprechendes beabsichtigte; es genügt, dass der Beklagte [Auskunftsgeber] zu der Klägerin [Auskunftsempfänger] in Beziehungen getreten ist, die, wenn sie einmal vorliegen, nach Maßgabe der bürgerlichen Rechtsordnung als vertragliche anzusehen und dementsprechend in ihren rechtlichen Auswirkungen zu beurteilen sind [. . .]“.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
denen der Fallgruppen III, IV und V nur in den seltensten Fällen.443 Wenn der Prüfer dem Dritten prüfungsbezogene Äußerungen lediglich mitteilt bzw. übermittelt, ergeben sich daraus noch keine konkreten Anhaltspunkte für einen Haftungswillen. Anders mag dies sein, wenn Details oder bestimmte Aspekte der Haftung vom Prüfer oder dem prüfungsvertragsfremden Dritten unmittelbar angesprochen werden,444 ohne dass die Parteien später eine Haftung ausdrücklich vereinbaren. Ein Hinweis auf einen Haftungs- bzw. Einstandswillen kann sich auch daraus ergeben, dass sich der Prüfer oder der Informationsempfänger eines eng mit einer vertraglichen Haftung zusammenhängenden Vokabulars bedient. In beiden Fällen kann sich unter Berücksichtigung weiterer Umstände eine Haftung des Abschlussprüfers aus einem selbständigen Auskunftsvertrag ergeben. Ob die Prüfungsinformation dem Dritten direkt (Fallgruppe V) oder vermittelt über den Vertragspartner des Prüfungsvertrages (Fallgruppe III) oder einen anderen Dritten (Fallgruppe IV) übermittelt wird, ist für die Frage des Vertragsschlusses letztlich nicht beachtlich.445 Wenn sich aus dem jeweiligen Verhalten konkrete Anhaltspunkte für einen Haftungswillen des Prüfers ergeben, so kann es in allen drei Konstellationen zum Abschluss eines Auskunftsvertrages kommen. In der Praxis wird der Abschluss eines selbständigen Auskunftsvertrages durch konkludentes Verhalten zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und vertragsfremdem Dritten dennoch eine seltene Ausnahme bleiben. Schließlich steht der Übernahme eines hohen Haftungsrisikos durch den Abschluss des Auskunftsvertrages in der Regel keine kompensierende Gegenleistung gegenüber.446 b)
Vertrag mit dem, den es angeht
Im Zusammenhang mit Fällen, in denen Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger nicht unmittelbar in Kontakt getreten sind, wurde in der älteren Rechtsprechung und im Schrifttum die Möglichkeit eines konkludenten „Auskunftsvertrages mit dem, den es angeht“ erörtert.447 Dogmatisch findet diese Konstruktion ihre Grundlage in der Vertragsfreiheit. Jedermann steht es danach offen, sich gegenüber einem zunächst nicht näher eingegrenzten Personenkreis zu verpflichten. Das Gesetz sieht dies bei der Auslobung gemäß §§ 657 ff. BGB sogar ausdrücklich vor.448 Auf den ersten Blick sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Abschluss ______ 443 Zu den gebildeten Fallgruppen siehe Teil 1.A.V, S. 26 ff. 444 Z. B. die Höhe, die Beschränkung oder die Versicherung des Haftungsrisikos. 445 So z. B. auch H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 329; Puckler, Küting/Weber, HdR3, Rn. 12 zu § 323 HGB. 446 So im Ergebnis auch die ganz h. A., z. B. Ebke, BFuP 2000, 549, 552 f.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 106 f.; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 329; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 23; auf anderer Linie in neuer Zeit lediglich Phillipsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 124 ff., 131 ff. 447 Vgl. für die Rechtsprechung BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 323; Urt. v. 12. 2. 1979 – II ZR 177/77, NJW 1979, 1595, 1597; für das Schrifttum z. B. K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 82 ff.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 107; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 155. 448 Eine andere Frage ist, ob man das so zustande gekommene Rechtsgeschäft noch einen „Vertrag“ nennen kann. Die Bedenken, die Wiegend, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechts-
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
eines Rechtsgeschäfts „mit dem, den es angeht“ nicht auch durch konkludentes Verhalten möglich sein sollte. Berücksichtigt man jedoch die besonderen Gefahren, die sich für den Abschlussprüfer aus einer Verpflichtung gegenüber einem nicht näher eingegrenzten Personenkreis ergeben, so wird deutlich, dass die Anforderungen an die Annahme einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Erklärung sehr hoch sein müssen. Das zum konkludenten Abschluss eines Auskunftsvertrages Gesagte gilt hier entsprechend. Aus dem Verhalten des Auskunftsgebers muss sich der Bindungs- und Haftungswille ähnlich deutlich wie bei einer ausdrücklichen Verpflichtung ergeben. In allen anderen Fällen kann nicht angenommen werden, dass sich der Abschlussprüfer gegenüber einer nicht überschaubaren Vielzahl von Personen verpflichten wollte. Dies gilt für jede der untersuchten Fallgruppen gleichermaßen. Bis auf gänzlich atypische Konstellationen ist daher die Konstruktion eines konkludenten „Auskunftsvertrages mit dem, den es angeht“ für die Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers ohne Bedeutung.449 2.
Garantieübernahme
Das zum Auskunftsvertrag Gesagte gilt sinngemäß für die Übernahme einer Garantie i. S. einer verschuldensunabhängigen Haftung des Abschlussprüfers für die Richtigkeit der übermittelten Informationen. Nur wenn sich bereits aus dem objektiv Erklärten konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Einstandswillen ergeben, kommt eine Auslegung im Sinne eines Garantievertrages in Betracht. Soweit im neueren Schrifttum der Versuch unternommen wird, den Abschluss eines Garantievertrages mittels berufsrechtlicher Pflichten des Auskunftsgebers und einer daran anknüpfenden „erläuternden Auslegung“ zu begründen,450 kann dem nicht gefolgt werden. Ungeachtet bestehender besonderer Pflichten hat ein Auskunftsgeber nur im Ausnahmefall den Willen, verschuldensunabhängig gegenüber einem anderen für eine Auskunft einstehen zu wollen. Dies gilt in besonderem Maße für den gesetzlichen Abschlussprüfer, den sehr hohe Haftungsrisiken treffen würden. Bei der hier befürworteten Auslegung ist der Garantievertrag als Haftungsgrundlage daher praktisch ohne Relevanz.451
______ fortbildung, S. 62 ff. in dieser Hinsicht äußert, sind nachvollziehbar – sie bestehen indes nicht grundsätzlich gegen die Annahme einer Auskunftshaftung auf Grund einseitigen Rechtsgeschäfts. Offenbar aus demselben Grunde bezeichnete der BGH die Haftung „gegenüber dem, den es angeht“ zum Teil als „vertragsähnliche“ Haftung, siehe z. B. das Urteil v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 323. 449 Im Ergebnis ist dies wohl allg. M., vgl. nur K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 82 ff.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 107; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 155. 450 So Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 131 ff., 186 f.; vgl. Grunewald, ZGR 1999, 582, 598 ff. (siehe zu ihrem Ansatz auch Teil 1.B.VIII.1, S. 184). 451 Ebenso z. B. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 212 f.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 107; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 23 ff.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
3.
(Prüfungs-)Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
Im Gegensatz zur häufig fernliegenden Konstruktion eines unmittelbaren Vertragsverhältnisses zwischen Abschlussprüfer und prüfungsvertragsfremdem Dritten scheint, zumindest wenn man von der Zahl der wissenschaftlichen Stellungnahmen hierzu ausgeht, der Rechtsfigur des „Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“452 als Rechtsgrundlage der Dritthaftung des Prüfers eine ungleich größere Bedeutung zuzukommen. Seit Jahren steht die Frage, ob und unter welchen Umständen der schuldrechtliche Prüfungsvertrag Schutzwirkungen zugunsten Dritter haben kann, die sich auf das Testat oder andere Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers in Zusammenhang mit der Prüfung verlassen, im Zentrum der Diskussion.453 Einzelne Gerichte haben Dritten bereits Ansprüche gegen den gesetzlichen Abschlussprüfer aus positiver Forderungs- bzw. Vertragsverletzung im Rahmen eines Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte zugestanden.454 Auch der BGH und weitere Instanzgerichte, die sich mit Pflichtprüfungsfällen zu befassen hatten, haben diese Rechtsfigur in den Mittelpunkt ihrer Erwägungen gestellt.455 Das Schrifttum steht dieser Entwicklung – der Anwendung der Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte auch im Bereich der gesetzlichen Abschlussprüfung – ganz überwiegend kritisch gegenüber.456 a)
Rechtsgrundlage des „Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“
Das RG und ihm folgend der BGH in seinen frühen Entscheidungen begründeten die Möglichkeit einer Drittschutzwirkung von Verträgen unmittelbar mit § 328 ______ 452 Diese den Unterschied zum „Vertrag zugunsten Dritter“ (§ 328 BGB) herausstellende Bezeichnung geht zurück auf Larenz, NJW 1956, 1193, 1193 f.; ders., NJW 1960, 78, 78 ff. Sie hat sich in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend durchgesetzt. 453 Siehe z. B. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 207 ff.; 215 ff.; Ebke, JZ 1998, 991, 992 ff.; ders., BFuP 2000, 549, 554 ff.; C. Feddersen, WM 1999, 105, 107 ff.; Gruber, ÖJZ 2001, 879, 882 f.; Grunewald, ZGR 1999, 583, 587 ff.; Heppe, WM 2003, 753, 759 ff.; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 583 ff.; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 44 ff., Quick, BFuP 2000, 525, 526 ff.; ders., DBW 2000, 60, 64 ff.; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 253 ff.; Schüppen, DB 1998, 1317, 1318 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 27 ff.; Poll, WPK-Mitt. 2000, 142, 144 ff.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 2 f.; Zugehör, NJW 2000, 1601, 1603. 454 Erstmals das OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 222 ff. und später das LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2052 f. 455 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 260 ff.; Urt. v. 6. 4. 2006 – III ZR 256/04, DB 2006, 1105 ff.; OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 901, 903; Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPKMitt. 1999, 258, 259 f.; OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2297; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1683; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112 f. 456 Siehe insbesondere Ebke, BB 1997, 1731, 1731 ff.; ders., JZ 1998, 991, 992 ff.; ders., WPK-Mitt. 1999, 114, 114 ff.; ders., BFuP 2000, 549, 554 ff.; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 391 ff. sowie Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 207 ff.; 215 ff.; Claussen, WuB IV E. § 323 HGB 2.99; Grunewald, ZGR 1999, 583, 588 f.; Siebert, WPK-Mitt. 1996, 235, 238 f.; Veil, EWiR 1998, 985, 986; Martin Weber, NZG 1999, 1, 2 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
BGB.457 Um vertragliche Sorgfaltspflichten und eine entsprechende Haftung etwa des Vermieters gegenüber den mit dem Mieter zusammenwohnenden Familienangehörigen begründen zu können, nahmen die Gerichte an, dass bestimmte Verträge stillschweigend auch zugunsten vertragsfremder, einem Vertragspartner jedoch nahe stehender, Personen geschlossen werden. Derartige Verträge wurden als echte Verträge zugunsten Dritter i. S. d. § 328 BGB eingeordnet.458 Im Anschluss an diese Rechtsprechung setzte sich in der Praxis und im Schrifttum die Auffassung durch, dass es mit Blick auf die im Zivilrecht herrschende Vertragsfreiheit sowohl möglich sei, Dritten i. S. d. § 328 BGB einen unmittelbaren Leistungsanspruch zuzuwenden, als auch, sie lediglich in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einzubeziehen.459 Mitte der 1950er Jahre wies Larenz zutreffend darauf hin, dass im zweiten Fall im Gegensatz zu der bis dahin vorherrschenden Ansicht § 328 BGB nicht unmittelbar einschlägig sei. § 328 Abs. 1 BGB setze nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der Dritte „unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern“. Wenn einem vertragsfremden Dritten lediglich der Schutz der vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten zukommen soll, so sei damit nicht auch ein Recht auf die vertraglich vereinbarte Leistung verbunden.460 Dass sich die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte damit nicht unmittelbar auf § 328 BGB stützen lässt, ist im Anschluss an Larenz allgemein anerkannt.461 Das Bürgerliche Gesetzbuch indes kannte bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Jahre 2002462 keine Schuldverhältnisse, in denen sich die Stellung des Gläubigers in bloßen Schutzrechten gegenüber dem Schuldner erschöpft. Die rechtsdogmatische Begründung der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte war und ist (siehe dazu sogleich unter b)) daher umstritten. Die Rechtsprechung463 und Teile des Schrifttums464 leiten die Schutzwirkung gegenüber Dritten aus dem jeweiligen Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem ______ 457 Siehe für das RG z. B. Urt. v. 5. 10. 1917 – III 145/17, RGZ 91, 21, 24; Urt. v. 3. 6. 1921 – III 41/20, RGZ 102, 232, 232 f.; Urt. v. 10. 2. 1930 – VI 270/29, RGZ 127, 218, 222 f.; für den BGH Urt. v. 28. 4. 1952 – III ZR 118/51, BGHZ 5, 378, 384; Urt. v. 25. 4. 1956 – VI ZR 34/55, NJW 1956, 1193 f. 458 So z. B. BGH, Urt. v. 11. 4. 1951 – II ZR 68/50, BGHZ 1, 383, 385 f.; Urt. v. 28. 4. 1952 – III ZR 118/51, BGHZ 5, 378, 384; Urt. v. 25. 4. 1956 – VI ZR 34/55, NJW 1956, 1193. 459 Näher zur Entwicklung der damaligen Diskussion Dahm, Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 18 ff.; Hirth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 15 ff.; Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, S. 110 ff. 460 Larenz, NJW 1956, 1193, 1193 f.; ders., NJW 1960, 78, 79. 461 Siehe statt aller Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 100 zu § 328; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 90 zu § 328, jeweils m. w. N. 462 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, BGBl. I, S. 3138. 463 Z. B. BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1060 ff.; Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 260 ff.; Urt. v. 14. 11. 2000 – X ZR 203/98, NJW 2001, 514, 516. 464 So etwa v. Caemmerer, in: FS Wieacker, S. 311, 317; Dahm, Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 73 ff.; ders., JZ 1992, 1167, 1169 ff.; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 776 ff.; Picker, in: FS Medicus, S. 401 f.; Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 96 ff.; Zugehör, NJW 2000, 1601, 1603; Zumbansen, JZ 2000, 442, 443 ff., 446; Hadding, in: Soergel, BGB, Anh. § 328, Rn. 6; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 94 zu § 328.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Schuldner der Leistung ab. Der die Dritthaftung begründende Wille ist danach durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der Erklärungen der Vertragsparteien zu ermitteln. Fehlt es an einer ausdrücklichen oder konkludenten Erklärung, so ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§ 157 BGB) zu ermitteln, ob nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und des Vertragszwecks (bestimmte) Dritte in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sein sollen.465 Im Gegensatz zu dieser Ansicht wird die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte vom überwiegenden Schrifttum als eine das dispositive Gesetzesrecht für typische Vertragsgestaltungen ergänzende richterliche Rechtsfortbildung angesehen, die allein im Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ihre Grundlage hat. Schutzpflichten gegenüber Dritten beruhen danach im Regelfall nicht auf der Vereinbarung der Parteien und lassen sich auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§ 157 BGB) ermitteln.466 Seltener wird vertreten, die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte lasse sich bereits auf Gewohnheitsrecht stützen. Bereits Anfang der 1960er Jahre waren einzelne Stimmen im Schrifttum der Auffassung, dass sich für den Bereich der Personenschäden mit den anerkannten Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte ein eigenständiges Rechtsinstitut herausgebildet habe.467 b)
Gesetzliche Einbindung durch § 311 Abs. 2, 3 BGB?
Zu den gesetzgeberischen Zielen der Schuldrechtsreform des Jahres 2002468 (im Folgenden Schuldrechtsreform 2002) gehörte es, richterrechtlich entwickelte Rechtsfiguren, wie etwa die Grundsätze der positiven Forderungs- bzw. Vertragsverletzung, das Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) oder die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in das Bürgerliche Gesetzbuch zu integrieren.469 Dies ist für die genannten Institute bekanntlich mit den §§ 241 Abs. 2, 280, 311 Abs. 2, 3, 313 BGB in die Tat umgesetzt worden. Die ______ 465 Siehe z. B. BGH, Urt. v. 15. 6. 1971 – VI ZR 262/69, BGHZ 56, 269, 273; Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 169; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1060 f.; Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262; Urt. v. 14. 11. 2000 – X ZR 203/98, NJW 2001, 514, 516. 466 So z. B. Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, S. 192 f.; ders., JuS 1996, 475; Canaris, JZ 1965, 475, 477; Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 34 IV; Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16 4 f.; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 II 6; Hirth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 118 f.; Keitel, Rechtsgrundlage und systematische Stellung des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 161 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 17 II; Martiny, JZ 1996, 19, 21; Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 44 f.; Saar, JuS 2000, 220, 223; Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, S. 146 ff., 155 f. 467 So Gernhuber, in: FS Nikisch, S. 261 ff., 269; ders., JZ 1962, 553, 553 f., 556; Lorenz, JZ 1966, 143. 468 Siehe Fn. 462. 469 Begründung zum (Regierungs-)Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040 vom 14. 5. 2001, S. 84 ff., 92 ff. Vgl. auch Canaris, Schuldrechtsreform 2000, S. IX, XIX f.; ders., JZ 2001, 499, 519 f.; Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 305 ff.; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 1.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte wird dagegen auch in der neuen Fassung des BGB nicht unmittelbar angesprochen. Der im Rahmen der Vorarbeiten zur Schuldrechtsreform 2002 vorgelegte Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz (DiskE)470 enthielt mit der als § 241 Abs. 2 DiskE vorgeschlagenen Regelung noch den Hinweis, dass ein Schuldverhältnis sich auf bloße Schutzpflichten „beschränken“ könne.471 Zur möglichen Drittwirkung dieser Schuldverhältnisse äußerte sich allerdings auch der DiskE nicht näher.472 Spätere überarbeitete Entwürfe enthielten nicht einmal mehr den vorgeschlagenen vagen Hinweis. § 241 Abs. 2 BGB stellt nunmehr lediglich klar, dass sich aus einem Schuldverhältnis bestimmte Rücksichtnahmepflichten für die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils ergeben können. Ausdrücklich vorgesehen ist die Drittwirkung von Pflichten i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB in § 311 Abs. 3 BGB. Im Zusammenhang mit der gesetzlichen Einbindung des Rechtsinstituts der culpa in contrahendo regelte der Gesetzgeber in abstrakter Form, dass ein „Schuldverhältnis mit den Pflichten nach § 241 Abs. 2 [BGB]“ auch zu Personen entstehen kann, „die nicht selbst Vertragspartei werden sollen“ (§ 311 Abs. 3 Satz 1 BGB). Ergänzt und möglicherweise eingeschränkt473 wird diese Regelung mit der Formulierung: „Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.“ (§ 311 Abs. 3 Satz 2 BGB). Angesichts dieser sehr weiten Fassung des § 311 Abs. 3 BGB und dem Fehlen einer anderweitigen ausdrücklichen gesetzlichen Regelung wird im einschlägigen Schrifttum zur Schuldrechtsreform 2002 nicht selten vertreten, aus § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB (oder besser: § 311 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB) lasse sich auch die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte ableiten.474 ______ 470 Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 4. 8. 2000, abgedruckt bei Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 3 und Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 613. 471 DiskE: „(2) Das Schuldverhältnis kann unter Berücksichtigung seines Inhalts und seiner Natur jeden Teil zu besonderer Rücksicht auf die Rechte und Rechtsgüter des anderen Teils verpflichten. Hierauf kann sich das Schuldverhältnis beschränken.“. 472 Dazu Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 324; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 43; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 90 zu § 328. 473 Vgl. Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427. 474 Brox, Allg. Schuldrecht, § 33 Rn. 6; Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427 f.; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 70 (dort Fn. 10) und S. 157 ff.; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 42 ff., 47; Schultz, in: Westermann, Das Schuldrecht 2002, S. 46; Schwab, JuS 2002, 1, 4; ders., JuS 2002, 872, 873 ff.; ders., in: Schwab/Witt, Einführung in das neue Schuldrecht, S. 10 f. A. A. Eggert, KritV 2002, 98, 98 ff. (mit eigenem Regelungsvorschlag); Haferkamp, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 179; Meinhof, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 21; Teichmann, BB 2001, 1485, 1492; C. Hirsch, Allg. Schuldrecht, Rn. 1106; Olzen/Wank, Die Schuldrechtsreform, S. 310; Schimmel/Buhlmann, Fehlerquellen, S. 42; unklar Otto, Jura 2002, 1, 6; offen lassend Canaris, JZ 2001, 499, 520 (siehe dazu die Kritik bei Lieb, a. a. O., Rn. 47).
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Diese gesetzliche „Begründung“ des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte begegnet indes starken Zweifeln. Schon die systematische Stellung des § 311 Abs. 3 BGB deutet darauf hin, dass mit dieser Vorschrift allein die Drittwirkung des mit der Schuldrechtsreform 2002 in das BGB eingebundenen Rechtsinstitutes culpa in contrahendo geregelt werden sollte.475 § 311 Abs. 2 BGB gibt generalklauselartig den bereits bisher allgemein anerkannten Tatbestand dieses Institutes wieder. Die drei in § 311 Abs. 2 BGB genannten Entstehungsgründe setzen die „Aufnahme von Vertragsverhandlungen“ (Nr. 1), die „Anbahnung eines Vertrages“ (Nr. 2) oder zumindest „ähnliche geschäftliche Kontakte“ (Nr. 3) voraus. Korrespondierend dazu stellt § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB klar, dass ein Rechtsverhältnis, wie es die §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB beschreiben, auch zu Personen entstehen kann, die „nicht selbst Vertragspartei werden sollen“. Damit sind die anerkannten Fallgruppen der Eigenhaftung Dritter (Sachwalterhaftung etc.) angesprochen, die bisher überwiegend mit Hilfe des Rechtsinstitutes culpa in contrahendo gelöst wurden.476 Hätte der Gesetzgeber auf diesen Hinweis verzichtet, bliebe unsicher, ob sich die bis dato anerkannten Fälle einer Drittwirkung der culpa in contrahendo auf die in § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB genannten „ähnlichen geschäftlichen Kontakte“ stützen lassen oder nach der gesetzlichen Einbindung des Rechtsinstitutes der culpa in contrahendo von diesem nicht mehr erfasst sein sollen.477 Der enge inhaltliche Zusammenhang zwischen den Regelungen in § 311 Abs. 2 BGB und § 311 Abs. 3 BGB ist damit kaum zu leugnen. Zuzugeben ist freilich, dass die Formulierung des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB so allgemein geraten ist, dass sich in diese Vorschrift ohne größere Mühe weitere Regelungsinhalte „hineinlesen“ lassen.478 Schon § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB bestätigt jedoch eindringlich, dass § 311 Abs. 3 BGB allein die vorvertragliche Dritthaftung für die Verletzung von Schutzpflichten betrifft. Als typisches Beispiel („insbesondere“) für die Entstehung eines Rechtsverhältnisses i. S. d. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 3 BGB wird die Inanspruchnahme von Vertrauen genannt. Die Vertragsverhandlungen oder der Vertragsschluss müssen durch die Inanspruchnahme des Vertrauens erheblich beeinflusst werden. Durch die Wahl gerade dieses – einzigen – Beispieles wird deutlich, dass § 311 Abs. 3 BGB ausschließlich die Drittwirkung des in § 311 Abs. 2 BGB im Grundsatz formulierten Rechtsinstitutes culpa in contrahendo regelt. Auch in den Gesetzesmaterialien zur später verabschiedeten Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes479 wird die Rechtsfigur des ______ 475 Ähnlich Canaris, JZ 2001, 499, 520 sowie Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 157 f. Im Ergebnis gehen die Letztgenannten dennoch davon aus, dass sich § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB n. F. auch auf den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bezieht. 476 Siehe nur die Begründung zum Regierungsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (siehe Fn. 469), S. 163 f. 477 Canaris, JZ 2001, 499, 520; ders., Schuldrechtsreform 2002, S. XIX. 478 Darauf weisen – mit überwiegend kritischem Unterton – Canaris, JZ 2001, 499, 520 f.; ders., Schuldrechtsreform 2002, S. XIX f. („Die Formulierung dieser Regelung [§ 311 Abs. 3 BGB n. F.] ist freilich bedenklich weit geraten“); Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427 f.; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/ Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 42 ff. hin. 479 Siehe z. B. die Begründung zum Regierungsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (siehe Fn. 469), S. 84 f., 93 f., 163 f. sowie den Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/7052 vom 9. 10. 2001, S. 190.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte nicht ein einziges Mal ausdrücklich angesprochen.480 Die Begründung zum Regierungsentwurf des § 311 Abs. 3 BGB spricht mit Blick auf diese Vorschrift dagegen ausdrücklich von einem „Bereich der Haftung aus culpa in contrahendo“.481 Der im Schrifttum anzutreffenden Auffassung, nach der sich die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte seit der Schuldrechtsreform 2002 aus § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB ableiten lasse, kann daher nicht zugestimmt werden.482 c)
Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte als vertragliche Vereinbarung
Da somit auch in der absehbaren Zukunft eine unmittelbare gesetzliche Anknüpfung für die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte fehlt, bleibt die Frage der dogmatischen Begründung dieser Figur, besonders im Hinblick auf ihre tatbestandlichen Voraussetzungen, von Relevanz. Die dazu bereits über Jahrzehnte intensiv geführte Diskussion kann hier nicht im Detail wiedergegeben werden.483 Von den unterschiedlichen vertretenen Begründungsansätzen kann meines Erachtens allein die ausschließlich vertragliche Herleitung des „Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“ überzeugen. Gegen diese wird eingewandt, dass die Parteien des „Hauptvertrages“ in der Regel an den Fall der Schädigung eines Dritten gar nicht denken. Die spätere Berufung auf einen realen, konkludent geäußerten Vertragswillen der Parteien sei daher bloße Fiktion.484 Häufig würden Dritte von den Parteien schon nicht in ihren Regelungsplan einbezogen. Eine Vertragslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auszufüllen sei, entstehe in solchen Fällen nicht.485 Zum Teil wird die ergänzende Vertragsauslegung in diesem Bereich daher als bloße „Formulie______ 480 Darauf weisen auch Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 43 hin, die im Ergebnis freilich dennoch meinen, die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte werde von § 311 Abs. 3 BGB n. F. erfasst. Für Lieb bedarf es dabei allerdings einer „Zurückdrängung der historischen Auslegung mit all den dabei zutage tretenden Skrupeln“ (a. a. O., Rn. 47). 481 Begründung zum Regierungsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (siehe Fn. 469), S. 163. 482 Im Ergebnis ebenso Eggert, KritV 2002, 98, 98 ff.; Meinhof, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 21; Teichmann, BB 2001, 1485, 1492; C. Hirsch, Allg. Schuldrecht, Rn. 1106; Olzen/Wank, Die Schuldrechtsreform, S. 310; zumindest Bedenken äußern Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427 f.; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 90 zu § 328; Stadler, in: Jauernig, BGB, Rn. 21 zu § 328. 483 Vgl. aus der nahezu unüberschaubaren Literatur insbesondere Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, S. 184 ff.; Dahm, Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 18 ff.; Hirth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 85 ff.; Keitel, Rechtsgrundlage und systematische Stellung des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 22 ff., 57 ff.; Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und Drittschadensliquidation, S. 32 ff.; Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 26 ff.; Urban, „Vertrag“ mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 71 ff.; 98 ff.; Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, S. 110 ff. 484 So z. B. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 215; Honsell, in: FS Medicus, S. 222 ff.; 225 f.; Möllers, JZ 2001, 909, 912; Neuner, JZ 1999, 126, 128; Picker, in: FS Medicus, S. 401 ff.; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 253; Martin Weber, NZG 1999, 1, 3. 485 So schon Gernhuber, in: FS Nikisch, S. 265; ihm folgend Larenz, Schuldrecht I, § 17 II.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
rung für die Anwendung ergänzenden Rechts“ kritisiert.486 Auf den wirklichen oder vermutlichen Parteiwillen könne und dürfe es letztlich nicht entscheidend ankommen. Ausschlaggebend für das Bestehen und die Reichweite von Schutzpflichten gegenüber Dritten müssten vielmehr objektive Kriterien sein.487 Genannt werden z. B. die „typischen sozialen Interessen“, die von dem „Hauptschuldverhältnis“ ausgehen, der „objektive Sinn und Zweck“ dieses Verhältnisses, die „legitimen Erwartungen des Dritten“ sowie die „Grundsätze der Billigkeit und Nützlichkeit“.488 Die als Konsequenz daraus im Schrifttum überwiegend vertretene Ansicht, die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte lasse sich als richterliche Rechtsfortbildung – unabhängig vom Willen der Parteien – auf den gesetzlich verankerten Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) stützen, begegnet indes nicht geringeren Bedenken. Zum einen handelt es sich bei dem Grundsatz von Treu und Glauben um einen derart unbestimmten Rechtssatz, dass sich durch einen Verweis auf ihn keine Anhaltspunkte hinsichtlich des Anwendungsbereiches und der konkreten Voraussetzungen eines Rechtsinstitutes gewinnen lassen. Ganz zu recht wurde § 242 BGB im Schrifttum als „freischwebender Aufhänger“ bezeichnet, der der richterlichen Rechtsfortbildung keine inhaltliche Richtlinie vorgibt.489 Zum anderen hätte der Gesetzgeber sicherlich, wenn er von dieser rechtsdogmatischen Begründung ausgegangen wäre, den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gleich den Grundsätzen der positiven Forderungs- bzw. Vertragsverletzung, der culpa in contrahendo und anderer richterrechtlich entwickelter Rechtsinstitute im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 in eindeutiger Form in das Bürgerliche Gesetzbuch eingebunden. Jedenfalls wäre diese im Grundsatz seit langem anerkannte Rechtsfigur unmittelbar vom vorgegebenen Regelungsprogramm der Reform erfasst gewesen.490 Dem lässt sich auch nicht entgegnen, die Voraussetzungen und der Anwendungsbereich des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte seien noch nicht in genügender Weise durch die Rechtsprechung gefestigt. Auch bei der Kodifizierung der Rechtsfigur culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2, 3 BGB) sowie der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) begnügte sich der Gesetzgeber mit der Einfügung eines knappen „Merkzettels“, ohne die Rechtsprechung im Detail festzulegen.491 ______ 486 So mit Blick auf die praktizierte Rechtsprechung Flume, Das Rechtsgeschäft, § 16 4 f; ihm zustimmend Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 101 zu § 328. 487 So z. B. Eckebrecht, MDR 2002, 425, 428; Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 34 2; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 260; Martin Weber, NZG 1999, 1, 3, 6 ff.; Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 102 zu § 328; für wichtige Teilbereiche auch Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 III 6. 488 Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 101 zu § 328. 489 Dahm, Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 43 unter Bezugnahme auf Wank, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, S. 47; vgl. auch Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 260. 490 Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 324. 491 Siehe zur „Merkzettelgesetzgebung“ im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 nur Canaris, JZ 2001, 499, 519 ff. (diese verteidigend) und Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 45 ff. (diese kritisierend).
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Auch den Stimmen im Schrifttum, die die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte ganz oder partiell bereits auf Gewohnheitsrecht stützen, kann nicht zugestimmt werden. Zwar ist weitgehend anerkannt, dass nicht nur eine über längere Zeit tatsächlich befolgte Regel („ständige Übung“), sondern auch eine „ständige Rechtsprechung“ den Geltungsgrad von Gewohnheitsrecht erlangen kann.492 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung gebildeten Regeln praktisch unangefochten sind und in den beteiligten Kreisen der allgemeinen Rechtsüberzeugung entsprechen.493 Nach Larenz/ Canaris ist unter einer Rechtsüberzeugung in diesem Sinne nicht nur die Erwartung zu verstehen, dass die Gerichte nach dieser Maxime verfahren, sondern darüber hinaus die Überzeugung, dass sie dies tun werden, weil es sich um eine sie bindende Norm handelt.494 Diese Voraussetzungen sind bei der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben. Anwendungsbereich und tatbestandliche Voraussetzungen dieser Rechtsfigur sind nach wie vor in weiten Bereichen umstritten. Auch im Hinblick auf die von der Rechtsprechung am frühesten anerkannten Fälle der Verletzung von Personen kann noch nicht von Gewohnheitsrecht ausgegangen werden. Eine Rechtsüberzeugung im oben genannten Sinne hat sich bezüglich der genauen Voraussetzungen und insbesondere der rechtlichen Einordnung und Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten zumindest in der Literatur noch nicht ausgeprägt.495 Trotz der im Schrifttum geäußerten Bedenken bietet ausschließlich eine vertragliche Herleitung eine sichere dogmatische Grundlage für die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte. Zweifelsfrei steht es den Parteien eines Vertrages offen, die Schutzwirkungen ihres Vertrages zugunsten Dritter auszudehnen. Dies ergibt sich bereits aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Der festzustellende tatsächliche oder zu vermutende Parteiwille muss dann aber auch die zentrale Richtschnur bei der Auslegung der jeweiligen Erklärungen sein. Eine Schutzpflicht gegenüber Dritten kann sich auf dieser Grundlage jedenfalls nicht ergeben, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Vertragsparteien im konkreten Fall eine Haftung als Rechtsfolge nicht gewollt haben. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die Dritthaftung im Rahmen von Verträgen über § 311 Abs. 2, 3 BGB hinausgehend gesetzlich regeln müssen. Zuzustimmen ist der Kritik im Schrifttum an diesem Ansatz freilich insoweit, als die Parteien des Hauptvertrages häufig beim Vertragsschluss nicht an die Möglichkeit einer Verletzung der Rechte und Rechtsgüter Dritter denken. Diese Frage ist jedoch für jeden Fall gesondert zu un______ 492 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 176 f., 258; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 215. 493 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 177, 258; noch zurückhaltender formuliert die Voraussetzungen Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 215. 494 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 258. 495 So im Ergebnis auch Dahm, Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 36; Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 38 ff.; Urban, „Vertrag“ mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 108 ff.; Hadding, in: Soergel, BGB, Anh. § 328, Rn. 8; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 92 zu § 328.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
tersuchen und spricht nicht allgemein gegen eine vertragliche Herleitung des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte. B. Rechtsgrundlagen der Haftung d) Entwicklung zur zentralen Haftungsgrundlage der Expertenhaftung Heftig kritisiert wird im Schrifttum die Anwendung des „Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“ im Bereich der sog. Experten- bzw. Sachverständigenhaftung, zu der in ihrem weiteren Sinne auch die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gehört. Seit Ende der 1960er Jahre hat der BGH die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte in mehreren Stufen zur zentralen Haftungsgrundlage für diese Konstellationen entwickelt. Die einzelnen Phasen dieser Entwicklung wurden bereits mehrfach detailliert beschrieben. Die folgende Darstellung kann sich daher auf die wesentlichen Eckpunkte beschränken.496 Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen aa) Aufgabe des Wohl und Wehe-Erfordernisses Seit den 1960er Jahren entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass sich der aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ersetzbare Schaden nicht lediglich auf Personenschäden beschränkt, sondern gleichermaßen Sach-497 und primäre Vermögensschäden498 Dritter umfassen kann. Ob die Schäden auf der Verletzung bloßer Schutzpflichten (Pflichten i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB) oder auf einer Schlechterfüllung der vertraglichen Leistungspflicht beruhen, ist nach Ansicht der Rechtsprechung unbeachtlich.499 Die Gerichte standen damit früh vor der Aufgabe, aus dem großen Kreis der durch ein Vertragsverhältnis tangierten Personen den in der Regel sehr viel engeren Kreis der in den Schutzbereich des Vertrages einbezogenen Dritten bestimmen zu müssen. Mangels ausdrücklicher Vereinbarungen der Vertragsparteien stellte die Rechtsprechung fortan darauf ab, ob der Dritte mit der Leistung des Schuldners in Berührung gekommen und damit den Gefahren der Vertragsbeziehung in ähnlicher Weise ausgesetzt war wie der Gläubiger selbst (Kriterium der „Leistungsnähe“).500 Zudem forderten die Gerichte ein schutzwür______ 496 Vgl. zu dieser Entwicklung Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, S. 182 ff.; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 208 ff.; Dahm, Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, S. 7 ff.; Damm, JZ 1991, 373, 377 ff.; Hirth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 36 ff.; 56 ff.; Honsell, in: FS Medicus, S. 226 ff.; Papst, Die Fortentwicklung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 34 ff.; 95 ff.; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 44 ff.; Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 144 ff.; Urban, „Vertrag“ mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 77 ff.; Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, S. 45 ff. 497 Z. B. BGH, Urt. v. 22. 1 1968 – VIII ZR 195/65, BGHZ 49, 350, 355; Urt. v. 18. 6. 1968 – VI ZR 120/67, NJW 1968, 1929, 1931; Urt. v. 17. 12. 1969 – VIII ZR 52/68, JZ 1970, 375, 375 f. 498 Z. B. BGH, Urt. v. 6. 7. 1965 – VI ZR 47/64, NJW 1965, 1955, 1957; Urt. v. 18. 6. 1968 – VI ZR 120/67, NJW 1968, 1929, 1931; Urt. v. 18. 3. 1980 – VI ZR 247/78, BGHZ 76, 259, 262 f. 499 So der BGH erstmals deutlich im Urt. v. 6. 7. 1965 – VI ZR 47/64 – NJW 1965, 1955, 1956 f. sowie später in ständiger Rspr., bspw. im Urt. v. 23. 9. 1985 – II ZR 172/84, BGHZ 96, 9, 16 ff.; Urt. v. 18. 3. 1980 – VI ZR 247/78, BGHZ 76, 259, 262; Urt. v. 13. 7. 1994 – IV ZR 294/93, NJW 1995, 51, 51 ff. 500 Bspw. BGH, Urt. v. 22. 1. 1968 – VIII ZR 195/65, BGHZ 49, 350, 354; Urt. v. 18. 6. 1968 – VI ZR 120/67, NJW 1968, 1929, 1931.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
diges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages. Dieses sollte dann gegeben sein, wenn der Gläubiger „sozusagen für das Wohl und Wehe des Dritten mitverantwortlich“ war, weil dessen Schädigung auch ihn traf, indem er ihm gegenüber zu Schutz und Fürsorge verpflichtet war (sog. Wohl und Wehe-Formel; Kriterium der „Gläubigernähe“).501 Erforderlich sollte für das Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Drittem ein „personenrechtlicher Einschlag“ sein, wie er regelmäßig nur bei Rechtsbeziehungen im Bereich des Familien-, Arbeits- und Mietrechts anzutreffen ist.502 Die genannten Umstände mussten dem Schuldner darüber hinaus erkennbar gewesen sein (Kriterium der „Erkennbarkeit“). Der Schuldner musste bei Abschluss des Vertrages in der Lage sein, das zu übernehmende Risiko zu kalkulieren und gegebenenfalls notwendige Vorkehrungen zu treffen, etwa eine Versicherung abzuschließen.503 Als weitere Voraussetzung für die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrages nannte der BGH von Beginn an die „Schutzbedürftigkeit“ des Dritten. Nach ständiger Rechtsprechung ist diese nicht gegeben, wenn dem Dritten gegen den Gläubiger ein eigener gleichwertiger Schadensersatzanspruch zusteht.504 Durch das Erfordernis personenrechtlicher Schutz- und Fürsorgepflichten im Verhältnis zwischen Gläubiger und Drittem blieb der Anwendungsbereich der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte zunächst eng. Im Bereich der Expertenhaftung kam ihr lange Zeit nahezu keine Bedeutung zu. Dies änderte sich mit Entscheidungen des BGH aus den Jahren 1977, 1979 und 1983.505 In seinem Urteil vom 28. 2. 1977 („Lastschrift-Entscheidung“) bezeichnete der BGH das Kriterium einer personenrechtlichen Fürsorgebeziehung als „unnötig eng“, wenn es sich bei den zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnissen – wie im zu entscheidenden Fall beim Lastschriftverfahren – um „Massengeschäfte“ eines bestimmten Typs mit einem einheitlich praktizierten Verfahren handelt, die dem Rechtsverkehr in großem Stile unter Inanspruchnahme des entgegengebrachten Vertrauens auf sach- und interessengerechte Abwicklung angeboten werden.506 Unter zumindest teilweiser Aufgabe des Erfordernisses einer personenrechtlichen Fürsorgebeziehung hielt der BGH die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des anfallenden Schuldverhältnisses für möglich, wenn „das Verfahren für den Dritten, der sich dessen bedient, bestimmte verfah______ 501 Bspw. BGH, Urt. v. 18. 6. 1968 – VI ZR 120/67, NJW 1968, 1929, 1931; Urt. v. 26. 11. 1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 96; Urt. v. 12. 7 1977 – VI ZR 136/76, NJW 1977, 2208, 2209. 502 Z. B. BGH, Urt. v. 18. 6. 1968 – VI ZR 120/67, NJW 1968, 1929, 1931; Urt. v. 26. 11. 1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 96; Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52/75, BGHZ 69, 82, 86, Urt. v. 12. 7. 1977 – VI ZR 136/76, NJW 1977, 2208, 2209. 503 Z. B. BGH, Urt. v. 22. 1. 1968 – VIII ZR 195/65, BGHZ 49, 350, 354; Urt. v. 18. 6. 1968 – VI ZR 120/67 – NJW 1968, 1929, 1931; Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52/75 – BGHZ 69, 82, 86. 504 Bspw. BGH, Urt. v. 15. 2. 1978 – VIII ZR 47/77, BGHZ 70, 327, 330; Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 169. 505 BGH, Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52/75, BGHZ 69, 82; Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 32; Urt. v. 2. 11. 1983 – IV a ZR 20/82, NJW 1984, 355. 506 BGH, Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52/75, BGHZ 69, 82, 86.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
renstypische Risiken in sich birgt und den mit der Durchführung betrauten Verfahrensbeteiligten ohne weiteres zugemutet werden kann, diese Risiken klein zu halten“.507 Dass diese Änderung der Rechtsprechung letztlich nicht auf „Massengeschäfte“ der geschilderten Art beschränkt bleiben sollte, zeigte sich bereits im Urteil des BGH vom 12. 11. 1979 („Geschäftsführer-Entscheidung“).508 Der II. Zivilsenat hatte sich mit der Frage einer möglichen Schutzwirkung des (im Rahmen einer GmbH & Co. KG) zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses zugunsten der Kommanditgesellschaft zu befassen. Unter Hinweis darauf, dass es sich bei der betroffenen GmbH & Co. KG um eine typische Publikumsgesellschaft handele, bei der die wesentliche Aufgabe der Komplementär-GmbH – und damit auch ihres Geschäftsführers – darin bestehe, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu führen, hielt der BGH die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte im Ergebnis für anwendbar.509 Ohne auf die früher gebrauchte Wohl und Wehe-Formel abzustellen, erstreckte das Gericht den Schutzbereich des zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses auf die Kommanditgesellschaft. Als maßgebliche Besonderheit des zu entscheidenden Falles nannte der BGH den Umstand, dass zwischen dem Dritten (der Kommanditgesellschaft) und dem Gläubiger (der Komplementär-GmbH) ein „im wesentlichen gleichgerichtetes Interesse“ an einer ordnungsgemäßen Erfüllung der vertraglichen Hauptleistung bestehe.510 Vollständig relativiert wurde die Voraussetzung eines „personenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses“ durch das Urteil des BGH vom 2. 11. 1983 („KäufergruppeEntscheidung“).511 Ein Interessent für den Kauf eines Hausgrundstücks hatte bei einem öffentlich bestellten Sachverständigen ein Wertgutachten über das Grundstück in Auftrag gegeben und dabei unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass entweder er selbst oder eine hinter ihm stehende Käufergruppe das Anwesen erwerben wolle. Das Grundstück kaufte später nicht der Auftraggeber des Gutachtens, sondern ein dem Sachverständigen zuvor nicht namentlich bekannter Dritter. Dieser hatte der „Käufergruppe“ angehört und war auch zu den Vertragsverhandlungen miterschienen. Die Übereignung des Grundstücks scheiterte im letzten Moment, weil sich das Gutachten des Sachverständigen als fehlerhaft erwies und der Dritte, der spätere Kläger, vom Kaufvertrag zurücktrat. Für die ihm entstandenen Unkosten verlangte der Dritte von dem Gutachter Schadensersatz. Der BGH hatte nun darüber zu entscheiden, ob der Kläger in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem ursprünglichen Interessenten und dem Gutachter einbezogen war. Auch hier fehlte es zwischen dem Gläubiger des Vertrages (dem ursprünglichen Interessenten) und dem Dritten an einem „personenrechtlichen Für______ 507 508 509 510 511
BGH, Urt. v. 28. 2. 1977 – II ZR 52/75, BGHZ 69, 82, 86. BGH, Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321. BGH, Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 322 ff. BGH, Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 324 f. BGH, Urt. v. 2. 11. 1983 – IV a ZR 20/82, NJW 1984, 355.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
sorgeverhältnis“. Dennoch hat der BGH die Anwendbarkeit des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte im Grundsatz bejaht. Deutlicher als in den zuvor angesprochenen Entscheidungen löste der IV a. Zivilsenat sich von der bis dahin verwendeten Wohl und Wehe-Formel. Der Senat wies in der Urteilsbegründung ausdrücklich darauf hin, dass das Kriterium eines personenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses zwischen Gläubiger und Drittem keinesfalls als Ausschlusskriterium („notwendige Voraussetzung“) zu verstehen sei, sondern lediglich die Frage betreffe, wann „allein aufgrund der objektiven Interessenlage – d. h. also ohne einen konkreten Anhaltspunkt in ausdrücklichen Parteierklärungen oder im sonstigen Parteiverhalten – die stillschweigende Vereinbarung einer Schutzpflicht für Dritte anzunehmen sei“.512 Das Gericht bezeichnete es als eine „andere Frage“, ob wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles weitere Dritte in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sind. Maßgeblich sei der anhand der allgemeinen Auslegungsgrundsätze zu ermittelnde Wille der Vertragsparteien. Für eine Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages sprach nach Auffassung des BGH im zu entscheidenden Fall der Umstand, dass ein Interessent, der ein Gutachten in Auftrag gibt, regelmäßig nicht nur sein persönliches Interesse an der Richtigkeit des Gutachtens gewahrt wissen möchte, sondern auch das (gleichgerichtete) Interesse weiterer potentieller Käufer.513 Das Kriterium eines personenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses griff der BGH in späteren Entscheidungen nur noch gelegentlich auf, ohne dass es ihm auf das Vorliegen der engen Voraussetzungen maßgeblich ankam.514 bb)
Anwendung auch bei gegenläufigen Interessen
Zur Eingrenzung und näheren Bestimmung des Kreises der in den Schutzbereich des Vertrages einbezogenen Dritten stellte der BGH von nun an verstärkt auf das Erfordernis „gleichgerichteter Interessen“ des Gläubigers und des Dritten ab. Dies hatte sich deutlich bereits in den geschilderten Entscheidungen aus den Jahren 1979 („Geschäftsführer-Entscheidung“) und 1983 („Käufergruppe-Entscheidung“) gezeigt. Nach damaliger Ansicht des BGH spreche es gegen die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Vertrages, wenn bei dem geschädigten Dritten und dem Gläubiger eine „erkennbare Gegenläufigkeit der Interessen“ im Hinblick auf die Leistung des Schuldners besteht.515 Eine solche „Gegenläufigkeit der Interessen“ sah der BGH beispielsweise als gegeben an, wenn ein Wirtschaftsprüfer für einen Einzelkaufmann Jahresabschlüsse erstellt und testiert, die dieser später potentiellen Kreditgebern zum Nachweis seiner soliden Verhältnisse vorlegen möchte. In Bezug auf die Darstellung der Kreditwürdigkeit seien die Interessen ______ 512 BGH, Urt. v. 2. 11. 1983 – IV a ZR 20/82, NJW 1984, 355, 356. 513 BGH, Urt. v. 2. 11. 1983 – IV a ZR 20/82, NJW 1984, 355, 356. 514 Siehe z. B. BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 322; Urt. v. 19. 3. 1986 – IV a ZR 127/84, NJW-RR 1986, 1307; Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1759. 515 Bspw. BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 322; Urt. v. 2. 11. 1983 – IV a ZR 20/82, NJW 1984, 355, 356; Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 324 f.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
des kreditsuchenden Einzelkaufmannes (des Auftraggebers) den Interessen der Kredit gewährenden Banken nach Ansicht des BGH „erkennbar gegenläufig“.516 Auch das Erfordernis „gleichgerichteter“ Interessen wurde jedoch vom BGH nach kurzer Zeit entschärft. In seiner Entscheidung vom 23. 1. 1986 („Konsul-Entscheidung“)517 hielt der IV a. Zivilsenat die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Auskunftsvertrages für möglich, obwohl der später klagende Dritte und der Gläubiger des Vertrages in Bezug auf die Leistung des Schuldners unterschiedliche Interessen hatten. In diesem Fall bestand die Leistung in Auskünften zum Wert einer Liegenschaft, die sich auf ein zuvor angefertigtes Gutachten bezogen; Auskunftsgeber (Schuldner) war ebenso wie in der „Käufergruppe-Entscheidung“ ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Die später klagende Dritte war eine Bank, die im Vertrauen auf die Äußerungen des Sachverständigen Darlehen in beträchtlicher Höhe gewährt hatte. Nachdem sich die Auskünfte als fehlerhaft erwiesen hatten, war die Bank mit einem Teil ihrer Darlehen ausgefallen. Ausdrücklich hielt es der Senat in der Urteilsbegründung für möglich, dass die Interessen des ursprünglichen Auftraggebers und der klagenden Bank (als Dritten) in diesem Fall gegenläufig waren. Die Einbeziehung der Bank in den Schutzbereich des Auskunftsvertrages konnte nach Ansicht des Senats „nicht deshalb verneint werden“.518 Zur Begründung seiner neuen Linie führte das Gericht an, dass gerade ein öffentlich bestellter Sachverständiger in die Lage kommen könne, dass er bei der Begutachtung Sorgfaltspflichten gegenüber mehreren Personen mit unterschiedlicher Interessenrichtung zu beachten habe. Müsse der Sachverständige mit einer Verwendung seines Gutachtens gegenüber Dritten rechnen, dann könne er auch dem Dritten für die Richtigkeit seiner Auskünfte haftbar sein, sofern die zu schützende Personengruppe objektiv abgrenzbar sei.519 Diese neue Rechtsprechungslinie wurde in zahlreichen späteren Entscheidungen bestätigt.520 cc)
Aufgeweichtes Erfordernis einer „objektiven Abgrenzbarkeit“
Das „vergleichsweise griffige Unterscheidungsmerkmal“521 einer „personenrechtlichen Fürsorgebeziehung“ hatte der BGH damit binnen weniger Jahre auf das Erfordernis einer bloßen „objektiven Abgrenzbarkeit“ der zu schützenden Personengruppe reduziert. In subjektiver Hinsicht („Erkennbarkeit“) stellte der BGH ohnehin geringe Anforderungen. Mehrfach hatte er Schutzpflichten zugunsten Dritter in Fällen angenommen, in denen dem Schuldner (dem Schutzpflichtigen) ______ 516 BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321, 322. 517 BGH, Urt. v. 23. 1. 1985 – IV a ZR 66/83, NJW-RR 1986, 484. 518 BGH, Urt. v. 23. 1. 1985 – IV a ZR 66/83, NJW-RR 1986, 484, 486. 519 BGH, Urt. v. 23. 1. 1985 – IV a ZR 66/83, NJW-RR 1986, 484, 486. 520 Siehe z. B. BGH, Urt. v. 19. 3. 1986 – IV a ZR 127/84, NJW-RR 1986, 1307; Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1759 f.; Urt. v. 18. 10. 1988 – XI ZR 12/88, NJW-RR 1989, 696; Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380; Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 169; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1062; Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261. 521 Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 392.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
weder die Zahl noch die Namen der zu schützenden Personen bekannt waren.522 Mit Blick auf einen von einem Steuerberater falsch erstellten und testierten Zwischenabschluss einer GmbH ließ es der BGH beispielsweise genügen, dass dem Steuerberater „erkennbar war, dass die Ausarbeitung entweder für einen Käufer [von Anteilen an der GmbH] oder einen Kreditgeber (Bank) [zur Finanzierung des Kaufes] bestimmt war“ („Hausbank-Entscheidung“).523 Der Steuerberater hatte den im Auftrag der GmbH erstellten Zwischenabschluss dem späteren Käufer der GmbH-Anteile übersandt, der ihn dann seinerseits als Kreditunterlage gegenüber seiner „Hausbank“ verwandte. Auch das Kriterium der „objektiven Abgrenzbarkeit“ wurde vom BGH von Beginn an alles andere als restriktiv gehandhabt. In der soeben angesprochenen „Hausbank-Entscheidung“ beispielsweise genügte dem BGH in dieser Hinsicht, dass in den Schutzbereich des Vertrages mit dem Steuerberater ohne nähere Festlegung „diejenige Person“ einbezogen war, der der Zwischenabschluss erkennbar als Entscheidungsgrundlage diente. Der BGH begründete sein Vorgehen damit, dass der vertragliche Schutzbereich sich in dem zu entscheidenden Falle dennoch „nur auf den Käufer und einen etwaigen Kreditgeber des Käufers“ erstreckte.524 Im Ergebnis bezog der BGH damit neben dem Käufer, der ja selbst bereits Dritter war, auch jeden potentiellen Kreditgeber in den Schutzbereich des Vertrages ein. Im Schrifttum wird mit Blick auf diese Entscheidung hervorgehoben, dass die Hausbank hier in der Reihe derjenigen, für deren Entscheidung der Zwischenabschluss Bedeutung erlangte, noch „hinter“ dem Käufer der Anteile stand. Da der BGH auch die Bank in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der GmbH und dem Steuerberater einbezogen habe, könnte das bedeuten, dass nach Ansicht der Rechtsprechung auch mehrere hintereinander stehende Personen „kumulativ“ in den Genuss von Schutzwirkungen für Dritte kommen können.525 Seine Rechtsprechung in Richtung einer Relativierung des Kriteriums der „objektiven Abgrenzbarkeit“ bestätigte der BGH in einer Entscheidung des X. Zivilsenates aus dem Jahre 1997 („Bürgschafts-Entscheidung“).526 Eine Bank hatte auf Grund eines fehlerhaften Wertgutachtens einem Ehepaar ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen gewährt. Das Darlehen wurde notleidend. Wegen des zu geringen Wertes des im Auftrag der Eheleute von einem Bausachverständigen begutachteten Grundstückes konnte sich die Bank auch nach Durchführung der Zwangsversteigerung nicht befriedigen. Über die grundpfandrechtliche Sicherung des Darlehens hinaus hatte eine Stadtsparkasse der darlehengewährenden Bank gegenüber eine Bürgschaft für den Kredit übernommen. Sie wurde daraufhin von der Bank in Anspruch genommen und erlitt in der Folge einen Schaden. Als aus dem Gutach______ 522 Z. B. BGH, Urt. v. 10. 11. 1970 – VI ZR 104/69, BGHZ 55, 11, 18; Urt. v. 2. 11. 1983 – IV a ZR 20/82, NJW 1984, 355; Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760. 523 BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760. 524 BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760. 525 So Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 210 f. und zuvor bereits Hopt, NJW 1987, 1745, 1745 f. 526 BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059; vgl. auch BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250/02, NJW 2004, 3035, 3038.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
tervertrag geschützten Dritten sah der entscheidende Senat nicht nur die darlehengewährende Bank an, sondern darüber hinaus die bürgende Stadtsparkasse. Dem Sachverständigen war dabei nicht einmal bekannt gewesen, dass die Stadtsparkasse als Bürgin in die Darlehensgewährung eingeschaltet werden sollte. Auch die Unkenntnis der Stadtsparkasse von dem konkreten Gutachten und dessen Inhalt stand nach Ansicht des Gerichtes der Einbeziehung der Stadtsparkasse in den Schutzbereich des Vertrages nicht entgegen.527 An einer „objektiven Abgrenzbarkeit“ des vertraglich geschützten Personenkreises hegte der BGH keine ernsthaften Zweifel: „Kommen mehrere Darlehensgeber in Betracht, besteht kein rechtliches Hindernis, sie alle in den Schutzbereich einzubeziehen [. . .]. Gleiches gilt grundsätzlich, wenn [. . .] wie hier im Rahmen einer einheitlichen Finanzierungsmaßnahme ein Teil des Darlehens nur gegen weitere Sicherheiten gewährt wird“.528 Allein aus dem Umstand, dass es in diesem Fall objektiv um die Gewährung eines Darlehens ging und dem Sachverständigen bekannt war, dass sein Gutachten für und gegenüber potentiellen Darlehensgebern verwendet werden sollte, folgerte der X. Zivilsenat einen Kreis von geschützten Dritten, der sich auf sämtliche Darlehensgeber und deren Sicherungsgeber erstreckte. Daran und an der zuvor angesprochenen Entscheidung („Hausbank-Entscheidung“) zeigt sich deutlich, dass dem vom BGH in einer Vielzahl seiner Entscheidungen angeführten Auslegungskriterium einer „objektiven Abgrenzbarkeit“ des geschützten Personenkreises keine echte Abgrenzungsfunktion mehr zukommt. In beiden Fällen wies der BGH lediglich darauf hin, dass der Kreis der unter die Schutzpflicht fallenden Personen nicht „uferlos ausgeweitet“ werden dürfe und letztlich eine „klar abgrenzbare“ Gruppe bilden müsse. Als Argument für das Vorliegen ersterer Voraussetzung führte der BGH in der „Bürgschafts-Entscheidung“ an, dass sich durch die Einbeziehung der bürgenden Stadtsparkasse das Risiko des Sachverständigen nicht vervielfältigte.529 dd)
Zusammenfassung der aktuellen Auslegungskriterien der Rechtsprechung
Durch die aufgezeigte Entwicklung hat der BGH die Rechtsfigur des „Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“ zur zentralen Grundlage seiner „Expertenhaftung“ gemacht. Wie oben bereits angesprochen,530 stützt das Gericht die Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich auf den Willen der Vertragsparteien.531 Teilweise gibt der BGH dabei vor, den tatsächlichen Willen der Parteien durch Auslegung ihres schlüssigen Verhaltens zu ermitteln.532 Im Übrigen ist er ______ 527 BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1062. 528 BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1062. 529 BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1062; vgl. auch BGH, Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250/02, NJW 2004, 3035, 3038. 530 Teil 1.B.IV.3.a), S. 95 f. 531 Nur einige ältere Entscheidungen waren in dieser Hinsicht nicht eindeutig, vgl. BGH, Urt. v. 15. 6. 1971 – VI ZR 262/69, BGHZ 56, 269, 273 f.; Urt. v. 13. 2. 1975 – VI ZR 92/73, NJW 1975, 867, 868; Urt. v. 28. 1. 1976 – VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51, 56 ff.; Urt. v. 1. 10. 1976 – V ZR 10/76, NJW 1977, 2073, 2074. 532 Vgl. BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 263 f.; Urt. v. 14. 11. 2000 – X ZR 203/98, NJW 2001, 514, 516; Urt. v. 26. 6. 2001 – X ZR 231/99, NJW 2001, 3115, 3116.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
auf eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß § 157 BGB angewiesen.533 Fasst man die vom BGH aktuell gebrauchten Auslegungskriterien zusammen, so ergibt sich das folgende Bild: (1)
Objektive Kriterien
– Eine Schutzwirkung gegenüber vertragsfremden Dritten ist bei Verträgen anzunehmen, mit denen der Auftraggeber von einer Person, die über eine besondere vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt, ein Gutachten oder eine gutachterliche Äußerung bestellt, um davon gegenüber Dritten Gebrauch zu machen.534 – Die besondere, durch staatliche Anerkennung oder einen vergleichbaren Akt nachgewiesene Sachkunde ist insbesondere bei öffentlich bestellten Sachverständigen, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern (im Folgenden „Experten“) gegeben, jedoch nicht auf diese Personen- bzw. Berufsgruppen beschränkt.535 – Die vertragsfremden Dritten müssen den Gefahren und Risiken des Vertragsverhältnisses mit dem „Experten“ und der Erfüllung der sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten bestimmungsgemäß in gleicher Weise ausgesetzt sein wie der Auftraggeber selbst.536 – Der Kreis der geschützten Dritten muss eine „klar abgrenzbare Personengruppe“ bilden und „überschaubar“ sein. Für das Vorliegen letzterer Voraussetzung spricht es, wenn das Haftungsrisiko des „Experten“ sich durch die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Vertrages nicht vervielfältigt.537 – Es macht grundsätzlich keinen Unterschied, ob die gutachterliche oder sonstige Äußerung des „Experten“ unmittelbar gegenüber dem später geschädigten Dritten erfolgt oder der Auftraggeber die von dem „Experten“ erhaltene Stellungnahme selbst an den Dritten weiterreicht bzw. gegenüber diesem verwendet. Dasselbe gilt für Fallkonstellationen, in denen einem vertragsfremden Dritten die Äußerungen des „Experten“ erst durch einen weiteren vertragsfremden Dritten zugänglich gemacht werden.538 – Ein Dritter ist mangels Schutzbedürftigkeit nicht in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen, wenn ihm – gleich gegen wen – ein eigener vertraglicher Schadensersatzanspruch zusteht, der denselben oder zumindest einen gleich______ 533 Siehe z. B. BGH, Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 382 ff.; Urt. v. 19. 12. 1996 – IX ZR 327/95, NJW 1997, 1235, 1235 f.; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1061 f. 534 Z. B. BGH, Urt. v. 18. 10. 1988 – XI ZR 12/88, NJW-RR 1989, 696; Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 260 f.; Urt. v. 14. 11. 2000 – X ZR 203/98, NJW 2001, 514, 516. 535 Z. B. BGH, Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380 f.; Urt. v. 2. 7. 1996 – X ZR 104/94, NJW 1996, 2927, 2928; Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 260 f.; Urt. v. 14. 11. 2000 – X ZR 203/98, NJW 2001, 514, 515 f. 536 Bspw. BGH, Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 168. 537 Z. B. BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1062; Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250/02, NJW 2004, 3035, 3038. 538 Z. B. BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760; Urt. v. 19. 12. 1996 – IX ZR 327/95, NJW 1997, 1235, 1235 f.; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1059 ff.
110
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
wertigen Inhalt hat wie diejenigen Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung in den Schutzbereich des fraglichen Vertrages zukämen.539 (2)
Subjektive Kriterien
– Dem „Experten“ muss die Drittbezogenheit seiner Leistung erkennbar sein. Dies setzt nicht voraus, dass der „Experte“ die Zahl oder die Namen der zu schützenden Personen kennt. Es genügt, wenn ihm zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar war, dass seine Äußerungen für einen oder mehrere (nicht näher definierte) Dritte bestimmt sind.540 – Die Gegenläufigkeit der Interessen von Auftraggeber und Drittem steht der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich dann nicht entgegen, wenn das Gutachten (bzw. die sonstige Äußerung) des „Experten“ nach dem Willen des Auftraggebers mit Beweiskraft gegenüber vertragsfremden Dritten ausgestattet sein soll.541 e)
Übertragung der aufgestellten Kriterien auf die gesetzliche Abschlussprüfung
Wie oben dargestellt,542 haben sich in neuerer Zeit einige Instanzgerichte543 und später auch der BGH544 gegen eine „Sperrwirkung“ des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in Pflichtprüfungsfällen ausgesprochen. Die betroffenen Gerichte standen damit vor der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die für die Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte entwickelte Rechtsprechung auch auf die Haftung des Abschlussprüfers für Fehler im Zusammenhang mit der gesetzlichen Abschlussprüfung übertragen lässt. aa)
Die bislang entschiedenen Fälle
In seinem Urteil vom 25. 7. 1995 („Beratungs-Entscheidung“)545 nahm das OLG Stuttgart erstmals in einem Pflichtprüfungsfall eine Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages an. Die klagenden Dritten waren in diesem Fall die alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der zu prüfenden GmbH. ______ 539 Bspw. BGH, Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 169; Urt. v. 2. 7. 1996 – X ZR 104/94, NJW 1996, 2927, 2929; Urt. v. 26. 6. 2001 – X ZR 231/99, NJW 2001, 3115, 3117. 540 Z. B. BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760; Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380 f.; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1063; Urt. v. 20. 4. 2004 – X ZR 250/02, NJW 2004, 3035, 3038. 541 Z. B. BGH, Urt. v. 18. 10. 1988 – XI ZR 12/88, NJW-RR 1989, 696; Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380; Urt. v. 20. 3. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 169; Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261. 542 Siehe Teil 1.B.I.3.a), S. 56 ff. 543 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 223 f.; OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2297; LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2053; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 902, 903; Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259; OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615. 544 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261 f. 545 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222.
111
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Sie hatten im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Gesellschaftsanteile auf die Richtigkeit der Angaben des testierten Jahresabschlusses vertraut. Gegenüber den Käufern der Anteile verpflichteten sie sich zur Freistellung von allen Steuern und Abgaben, die als Folge einer späteren steuerlichen Außenprüfung veranlasst würden, soweit diese nicht bereits im Jahresabschluss ausgewiesen oder zurückgestellt waren. Die in der geprüften Bilanz enthaltenen Körperschaftsteuerrückstellungen erwiesen sich als unzureichend; die verkaufenden Gesellschafter der GmbH wurden gegenüber den Käufern ihrer Gesellschaftsanteile schadensersatzpflichtig. Den ihnen dadurch entstandenen Schaden verlangten die früheren Gesellschafter vom Abschlussprüfer ersetzt. Der 12. Zivilsenat des OLG Stuttgart nahm in seiner Entscheidung an, die ursprünglichen Gesellschafter der GmbH seien als prüfungsvertragsfremde Dritte in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbezogen gewesen. Er begründete seine Ansicht mit einer Besonderheit des zu entscheidenden Falles: Die ihre Anteile verkaufenden Gesellschafter hatten den Abschlussprüfer in eigenem Namen mit einer Beratung bei der beabsichtigten Veräußerung beauftragt. Die Beratung erfolgte im Fall zeitlich parallel zu den Prüfungsarbeiten, mit denen der Abschlussprüfer von denselben Gesellschaftern in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH beauftragt worden war. Dem Abschlussprüfer hätte es daher nach Ansicht des Senates bewusst sein müssen, dass die Gesellschafter ein „unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse an einem zutreffend testierten Jahresabschluss“ gehabt hätten. Der beklagte Abschlussprüfer müsse daher den verkaufenden Gesellschaftern gegenüber dafür einstehen, dass er die unzureichende Körperschaftsteuerrückstellung in dem von ihm zu prüfenden Jahresabschluss pflichtwidrig nicht beanstandet hatte.546 Offenbar mit Scheu vor verallgemeinernden Aussagen betonte der entscheidende Senat, dass „im Einzelfall“ auch Dritte in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbezogen werden könnten. Auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte nahm das Gericht jedoch nicht ausdrücklich Bezug.547 Der BGH seinerseits äußerte sich zur Frage des Schutzbereichs von Prüfungsverträgen über gesetzliche Abschlussprüfungen erstmals detaillierter im Urteil vom 2. 4. 1998 („Auskunfts-Entscheidung“).548 Im Gegensatz zum OLG Stuttgart gab der entscheidende III. Zivilsenat deutlich zu verstehen, dass nach seiner Ansicht die für die Haftung von „Experten“ gegenüber Dritten entwickelte Rechtsprechung auch auf den Wirtschaftsprüfer und seine Haftung im Zusammenhang mit Fehlern bei der gesetzlichen Abschlussprüfung übertragbar sei.549 Dritte könnten daher in den Prüfungsvertrag mit dem gesetzlichen Abschlussprüfer in ähnlicher Weise einbezogen sein, wie dies die Rechtsprechung zuvor bereits für öffentlich bestellte Sachverständige und ähnliche Fälle entschieden hatte. Nach Auffassung des Senates ______ 546 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 224. 547 OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 223 f. 548 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt siehe oben Teil 1.B.I.3.a), S. 59. 549 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 260 ff.
112
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
müsse sich dazu für den Prüfer nur hinreichend deutlich ergeben, dass von ihm anlässlich der Pflichtprüfung „eine besondere Leistung begehrt wird, von der gegenüber einem Dritten, der auf seine Sachkunde vertraut, Gebrauch gemacht werden soll.“550 Der Senat wies darauf hin, dass die in § 323 HGB zum Ausdruck kommende „gesetzgeberische Intention“, das Haftungsrisiko des Abschlussprüfers angemessen zu begrenzen, gegen die Einbeziehung einer Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages spreche. Es könne regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Abschlussprüfer bereit sei, ein so weitgehendes Haftungsrisiko zu übernehmen. Wenn er und der Auftraggeber jedoch übereinstimmend davon ausgingen, dass die Prüfung auch im Interesse eines bestimmten Dritten durchgeführt werde und das Ergebnis diesem Dritten als Entscheidungsgrundlage dienen solle, so liege in der Übernahme des Auftrages die schlüssige Erklärung des Prüfers, auch im Interesse des Dritten gewissenhaft und unparteiisch prüfen zu wollen.551 Im zu beurteilenden Fall hatte der Abschlussprüfer einem potentiellen Käufer des zu prüfenden Unternehmens bereits vor Erteilung des Bestätigungsvermerkes die Auskunft erteilt, dass sich an der dem Kaufinteressenten vorliegenden Version des Jahresabschlusses und der darin ausgewiesenen Bilanzsumme nichts mehr ändern werde. Später, nach Erteilung des Bestätigungsvermerkes, traten dann doch Fehler und Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung zutage. Der korrigierte Jahresabschluss wies anstatt eines Überschusses einen erheblichen Fehlbetrag aus. Der Senat konnte selbst nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Käufer des Unternehmens durch die erteilte Auskunft in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbezogen wurde. Zur Vornahme weiterer tatrichterlicher Feststellungen musste er die Sache an das OLG Hamm zurückverweisen, wo sie sich später wohl im Wege eines Vergleiches erledigte.552 Das LG Passau bejahte in einer späteren Entscheidung („Warenlieferungs-Entscheidung“)553 die Einbeziehung eines Lieferanten der geprüften Gesellschaft in den (prüfungs-)vertraglichen Schutzbereich. Der klagende Lieferant belieferte die geprüfte Gesellschaft, eine GmbH, mit Gastronomie- und Großküchen auf Kredit. Als sich die finanzielle Lage der belieferten Gesellschaft verschlechterte, legte sie dem Lieferanten den testierten Jahresabschluss und ein Exemplar des Prüfungsberichtes vor. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben im Jahresabschluss und im vorgelegten Prüfungsbericht belieferte der Lieferant die geprüfte Gesellschaft ______ 550 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261. 551 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262 f. 552 Vgl. Ebke, WPK-Mitt. 1998, 114, 114 (dort Fn. 5). In der ersten Berufungsentscheidung hatte das OLG Hamm ebenfalls dazu tendiert, den im Fall geschädigten Käufer in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einzubeziehen. Aus Kausalitätsgründen hatte es im Ergebnis allerdings einen Schadensersatzanspruch des Klägers abgelehnt, siehe OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2295, 2295 ff. Das OLG Hamm hatte ebenso wie der BGH in den Urteilsgründen unmittelbar auf die von der Rechtsprechung zur Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte entwickelten Grundsätze Bezug genommen, siehe BB 1996, 2295, 2296. 553 LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052.
113
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
weiterhin auf Kredit. Nachdem die geprüfte Gesellschaft zahlungsunfähig geworden war, fiel der Lieferant mit einem Teil seines Kredites aus. Es stellte sich heraus, dass der vom Abschlussprüfer testierte Jahresabschluss zum Teil erheblich überbewertete Aktivapositionen enthielt. Der Lieferant trug nun vor, dass er bei Kenntnis der zutreffenden Bilanzzahlen ab einem bestimmten Zeitpunkt die geprüfte Gesellschaft allenfalls noch gegen Vorkasse beliefert hätte. Den ihm dadurch entstandenen Schaden verlangte er vom Abschlussprüfer der geprüften Gesellschaft ersetzt.554 Das LG Passau vertrat die Ansicht, dass der Lieferant (der klagende Gläubiger) der geprüften Gesellschaft in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbezogen gewesen sei. Das Gericht verwies darauf, dass der Abschlussprüfer in jedem Fall gewusst habe, dass sein Prüfungsbericht für die Kreditentscheidung Dritter gegenüber der geprüften GmbH ausschlaggebend gewesen sei. Dass er möglicherweise nicht gewusst habe, dass gerade der später klagende Lieferant den Prüfungsbericht erhalten würde, schade nicht. Das LG Passau bezog sich dabei unmittelbar auf die zur Haftung von „Experten“ entwickelte Rechtsprechung des BGH.555 Das OLG Düsseldorf lehnte in zwei aufeinander folgenden Entscheidungen aus dem Jahre 1998 Schutzwirkungen aus dem Prüfungsvertrag zugunsten klagender Dritter ab. In dem der Entscheidung vom 19. 11. 1998 („Gesellschafterdarlehens-Entscheidung“)556 zu Grunde liegenden Fall hatte ein Gesellschafter der geprüften und später insolventen GmbH ein Darlehen zur Verfügung gestellt. Über Jahre hinweg – auch für das Geschäftsjahr unmittelbar vor der Vergabe des Darlehens – hatte der beauftragte Abschlussprüfer uneingeschränkte Testate erteilt. Später traten vielfältige Manipulationen zutage. Der klagende Gesellschafter fiel mit seinem Darlehen aus und nahm den Abschlussprüfer der GmbH in Anspruch. Das OLG Düsseldorf verneinte eine Einbeziehung des Gesellschafters in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages, da die Vertragsparteien des Prüfungsvertrages in diesem Fall nicht davon ausgegangen seien, dass die Prüfung auch im Interesse eines bestimmten Dritten durchgeführt werde und dass das Ergebnis der Prüfung diesem Dritten als Entscheidungsgrundlage dienen solle. Jedenfalls habe der Kläger diese Umstände nicht dargelegt.557 In der Entscheidung vom 15. 12. 1998 („Bankdarlehens-Entscheidung“)558 lehnte das OLG Düsseldorf Schutzwirkungen des Prüfungsvertrages mangels „objektiver Abgrenzbarkeit“ einer geschützten Personengruppe ab. Die Prüfungsergebnisse wurden in diesem Fall im Rahmen von Finanzierungsverhandlungen seitens der geprüften Gesellschaft einer Vielzahl von Banken vorgelegt. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf habe es sich bei den Banken, mit denen Kreditverhandlungen geführt wurden, nicht um „eine überschaubare, klar abgrenzbare Personengruppe“ gehandelt. Auch ein Zusammenhang zwischen der ______ 554 555 556 557 558
114
LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2052 f. LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2053. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 902. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 902, 903. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258.
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Erstellung und Prüfung der Jahresabschlüsse und konkreten Finanzierungsverhandlungen sei nicht dargelegt worden.559 Das OLG Celle hatte darüber zu entscheiden, ob ein atypischer stiller Gesellschafter einer Aktiengesellschaft in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages der Gesellschaft mit ihrem Abschlussprüfer einbezogen war („Stiller Gesellschafter-Entscheidung“).560 Mit ähnlicher Begründung wie das OLG Düsseldorf in seiner „Gesellschafterdarlehens-Entscheidung“ lehnte das Gericht dies für den zu entscheidenden Fall ab: Der Prüfungsvertrag sei weder auf Grund des den Vertragsparteien bekannten Interesses des atypischen Gesellschafters an dem Ergebnis der Prüfung noch deshalb geschlossen worden, damit dieser das Ergebnis der Prüfung zur Grundlage seiner Anlageentscheidung machen konnte.561 Im Schrifttum wird mit Blick insbesondere auf die einen Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte bejahende Entscheidung des OLG Stuttgart und die in dieser Hinsicht offene Entscheidung des BGH darauf hingewiesen, dass den Urteilen jeweils ausgesprochen atypische Sachverhaltskonstellationen zu Grunde gelegen hätten. Die Urteile seien deshalb nicht verallgemeinerungsfähig.562 Für die genannten Entscheidungen und die beiden ihnen zu Grunde liegenden Sachverhalte ist dies in der Tat nicht gänzlich von der Hand zu weisen; auch die befassten Gerichte sprachen in ihren Urteilsbegründungen von besonderen „Einzelfällen“ bzw. besonderen „Fallgestaltungen“.563 Unübersehbar ist aber ungeachtet dessen, dass die Rechtsprechung zunehmend dazu tendiert, die für die Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte entwickelte Rechtsprechung auch auf den Wirtschaftsprüfer und seine Haftung im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen zu übertragen.564 bb)
Versuch einer Verallgemeinerung
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Analyse der Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers in den typischen Fallkonstellationen565. Nachfolgend soll untersucht werden, welche Resultate sich ergeben, wenn die von der Rechtsprechung für Verträge mit Sachverständigen und anderen „Experten“ entwickel______ 559 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259 f. 560 OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613. 561 OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615. 562 Siehe z. B. Ebke, JZ 1998, 991, 994 f., 997; Grunewald, ZGR 1999, 583, 598 ff.; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 200 f. zu § 323 HGB. 563 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262; OLG Hamm, Urt. v. 12. 7. 1996 – 25 U 115/95, BB 1996, 2296, 2297; OLG Stuttgart, Urt. v. 25. 7. 1995 – 12 U 57/94, WPK-Mitt. 1995, 222, 223 f. 564 Mit Blick auf das angesprochene Urteil des LG Passau (Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052) kann kaum mehr von einem „gänzlich untypischen Sachverhalt“ gesprochen werden. Auch anhand der Entscheidungsgründe des OLG Düsseldorf (Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 902, 903; Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259 f.) und des OLG Celle (Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615) zeigt sich diese Tendenz deutlich. 565 Siehe zu den gebildeten Fallgruppen Teil 1.A.V, S. 26 ff.
115
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
ten Auslegungskriterien auf typisierte Konstellationen – jenseits spezieller Fallgestaltungen – übertragen werden. (1)
Ausgangspunkt
Zunächst ist festzuhalten, dass Wirtschaftsprüfer in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Abschlussprüfer unproblematisch zur Gruppe der „Experten“ zu zählen sind, die über „eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde“ verfügen. Nicht zuletzt die strengen gesetzlichen Bestellungs- und Prüfungsvorschriften (vgl. §§ 5 ff., 131 g ff. WPO)566 gewährleisten zusammen mit den standes- und strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten (vgl. §§ 67 ff., 132 ff. WPO, 332 f. HGB) eine hohe fachliche Qualifikation sämtlicher Mitglieder des Berufsstandes. Sowohl aus § 43 Abs. 1 WPO als auch aus § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ergibt sich die Pflicht des Abschlussprüfers zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung. Bei der Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers mit einer gesetzlichen Abschlussprüfung ist zudem stets anzunehmen, dass dies seitens der prüfungspflichtigen Gesellschaft auch deshalb geschieht, um von den Prüfungsergebnissen gegenüber Dritten Gebrauch zu machen. Der Bestätigungsvermerk gemäß § 322 HGB ist seiner gesetzlichen Funktion nach bereits in objektiver Hinsicht für Dritte bestimmt.567 Der Rechenschafts- und Informationsfunktion der externen Rechnungslegung entsprechend bildet der testierte Jahresabschluss eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Vermögensdispositionen von Gläubigern, Anteilseignern und potentiellen künftigen Geschäftspartnern der geprüften Gesellschaft.568 In subjektiver Hinsicht ist dies dem Abschlussprüfer bei Annahme des Prüfungsauftrages auch „erkennbar“. Bei einem Wirtschaftsprüfer ist insbesondere Kenntnis davon zu erwarten, dass die geprüfte Gesellschaft bei der Aufnahme von Krediten gemäß § 18 Abs. 1 KWG ihre testierten Jahresabschlüsse vorzulegen hat.569 Dem Prüfungsbericht nach § 321 HGB kommt dagegen in erster Linie die Funktion zu, die Kontroll- und Leitungsorgane des geprüften Unternehmens vertraulich über die Ergebnisse der Prüfung zu informieren.570 Ein Drittbezug ist hier nicht ohne weiteres bereits auf Grund der gesetzlichen Ausgestaltung dieses Informationsmittels gegeben.571 Eine generelle Aussage lässt sich auch mit Blick auf andere prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht treffen. ______ 566 Näher geregelt sind die zu erbringenden Prüfungsleistungen und das Prüfungsverfahren in der Prüfungsordnung für Wirtschaftsprüfer, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform des Zulassungs- und Prüfungsverfahrens des Wirtschaftsprüfungsexamens (WPRefG) vom 1. 12. 2003, BGBl. I, S. 2446, 2457. 567 Vgl. LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112; Ebke, WPKMitt. 1999, 114, 115; Heppe, WM 2003, 753, 759 f. 568 Siehe dazu Teil 1.A.III.2, S. 19 ff. und Teil 1.A.IV, S. 23 ff. 569 Vgl. z. B. LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112; Ebke, WPKMitt. 1999, 114, 115; C. Feddersen, WM 1999, 105, 108 f.; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 325, 330; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 203 f. 570 Siehe dazu Teil 1.A.III.1, S. 16 f. 571 Vgl. LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112.
116
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Ob und in welchen Fällen die weiteren von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien bei der gesetzlichen Abschlussprüfung vorliegen, ist bereits schwieriger zu beantworten. Zur genaueren Untersuchung dieser Frage wird wiederum nach den eingangs gebildeten Fallgruppen I bis V572 differenziert. (2)
Fallgruppe I: Dritte sind nie einbezogen
Die nach §§ 325 ff. HGB offenzulegenden Unterlagen – Jahresabschluss, Lagebericht, Bestätigungsvermerk usw. – sind grundsätzlich jedermann zugänglich. Nicht alle Personen jedoch, die über den Bundesanzeiger bzw. das Handelsregister vom Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers Kenntnis erlangen, sind den Risiken einer fehlerhaften Prüfungsleistung ebenso ausgesetzt wie die zu prüfende Gesellschaft als Auftraggeberin. Bei Kreditgebern der zu prüfenden Gesellschaft, sonstigen Geschäftspartnern sowie Anteilskäufern kann dies dagegen ohne weiteres der Fall sein. Wenn die genannten Personengruppen bei der Vornahme eines Rechtsgeschäftes auf die Richtigkeit der veröffentlichten Unterlagen und den auf sie bezogenen Bestätigungsvermerk vertrauen, sind sie dem Risiko einer fehlerhaften Prüfung häufig sogar in höherem Maße ausgesetzt als die geprüfte Gesellschaft.573 Für die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes ist die Gesellschaft schließlich selbst verantwortlich. Sie hat daher bezüglich der veröffentlichten Unterlagen einen wesentlich besseren Informationshintergrund als die genannten, in der Regel außenstehenden Personengruppen. Zudem wirkt sich ein unzutreffendes Prüfungsergebnis auf die Vermögenslage des geprüften Unternehmens nicht oder nicht so gravierend aus. Mit Bekanntwerden der tatsächlichen Umstände können sich beispielsweise die Finanzierungskosten der geprüften Gesellschaft erhöhen. Bei einer pflichtgemäßen Prüfung durch den Abschlussprüfer wäre dies aber bereits früher der Fall gewesen.574 Die genannten Personengruppen sind daher den Risiken einer fehlerhaften Prüfungsleistung nicht nur ebenso ausgesetzt wie die geprüfte Gesellschaft, sondern häufig sogar in stärkerem Maße. Zweifel bestehen aber daran, ob der Kreis der betroffenen und daher möglicherweise zu schützenden Dritten im Falle einer bloßen Offenlegung nach §§ 325 ff. HGB „klar abgrenzbar“ oder gar „überschaubar“ im Sinne der geschilderten Rechtsprechung ist. Zum Zeitpunkt der Annahme des Prüfungsauftrages durch den Abschlussprüfer lässt sich für keine der Vertragsparteien auch nur annähernd abschätzen, welche Personen oder Personengruppen den veröffentlichten Bestätigungsvermerk zur Grundlage rechtsgeschäftlicher Entscheidungen machen werden. Zwar könnte man einen Kreis sämtlicher derzeitiger und künftiger Geschäfts______ 572 Siehe Teil 1.A.V., S. 26 ff. 573 Vgl. C. Feddersen, WM 1999, 105, 108. 574 Denkbar ist auch, dass die Finanzierungskosten des geprüften Unternehmens sich auf Grund bspw. eines fehlerhaft erteilten eingeschränkten Bestätigungsvermerkes oder eines fehlerhaft versagten Bestätigungsvermerkes vorübergehend erhöhen. Diese bereits angesprochene Konstellation (Teil 1.A.V, S. 26) scheint in der Praxis jedoch die seltene Ausnahme zu sein.
117
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
partner sowie Gesellschafter der geprüften Gesellschaft bilden. Dieser wäre in gewisser Weise auch gegenüber anderen Personen abgrenzbar. Von einer „Überschaubarkeit“ könnte jedoch keine Rede sein. Das vom Abschlussprüfer zu übernehmende Haftungsrisiko wäre gänzlich uferlos. Der BGH setzt bei seiner Auslegung nicht voraus, dass die Vertragsparteien die Namen oder die Zahl der in den Schutzbereich einbezogenen Dritten kennen. Er verlangt jedoch, dass sich das Risiko des „Experten“ durch die Einbeziehung Dritter nicht vervielfältigt. Würde man sämtliche derzeitigen und künftigen Geschäftspartner und Gesellschafter in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbeziehen, so wäre das Haftungsrisiko des Abschlussprüfers nicht nur vervielfältigt, es wäre von vornherein schon gar nicht kalkulierbar.575 Festzuhalten ist somit, dass sich aus einem Prüfungsvertrag bei bloßer Offenlegung der nach §§ 316 ff. HGB geprüften Unterlagen sowie des darauf bezogenen Bestätigungsvermerkes gemäß §§ 325 ff. HGB nach den Auslegungskriterien des BGH keine Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Vertrages ergibt.576 (3)
Fallgruppe II: Dritte sind nie einbezogen
Die zur Fallgruppe I angeführten Erwägungen gelten gleichermaßen für die gebildete Fallgruppe II, also die Fälle, in denen prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers Eingang in einen Börsenprospekt oder in ein sonstiges an die breite Öffentlichkeit gerichtetes Schriftstück gefunden haben. Publikationen wie Börsenzulassungsprospekte oder Prospekte zur Förderung des Vertriebs von Wertpapieren oder sonstigen Kapitalanlagen sind an einen nicht näher eingegrenzten Empfängerkreis gerichtet. Dasselbe gilt für Veröffentlichungen in Tageszeitungen oder Fachblättern, die grundsätzlich jedermann zugänglich sind. Wenn die Äußerungen des Abschlussprüfers bestimmungsgemäß auf diese Weise an Dritte weitergegeben werden, lässt sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne zusätzliche Umstände keine Personengruppe „klar abgrenzen“, die durch den Prüfungsvertrag geschützt werden soll. Es ist für die Vertragsparteien auch nicht „überschaubar“, wie viele und welche Dritten die veröffentlichten Äußerungen zur Grundlage rechtsgeschäftlicher Entscheidungen machen werden.577 Die geschilderten Formen der Veröffentlichung von prüfungsbezogenen Äußerungen sind damit nach den von der Rechtsprechung verwendeten Kriterien ebenso wenig wie eine Offenlegung gemäß §§ 325 ff. HGB dazu geeignet, vertragliche Schutzwirkungen für Dritte auszulösen.578 Dies gilt unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der Abschlussprüfer von den geplanten Veröffentlichungen wusste oder ihnen sogar zustimmte. ______ 575 Vgl. nur Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 233; Ebke, BFuP 2000, 549, 564 ff.; Heppe, WM 2003, 753, 759 f.; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 198 ff. zu § 323 HGB. 576 Eine andere Einschätzung wird angedeutet bei Ebke, BFuP 2000, 549, 566 f.; ders., in Münch. Komm. HGB, Rn. 136 zu § 323. 577 So inzwischen auch der BGH in seinem jüngst ergangenen Urteil vom 6. 4. 2006 – III ZR 256/04, DB 2006, 1105 ff. 578 So auch BGH, Urt. v. 6. 4. 2006 – III ZR 256/04, DB 2006, 1105 ff.; vgl. auch Meyer, WM 2003, 1301, 1310.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
(4)
Fallgruppe III: Dritte häufiger einbezogen
Anders könnte sich die Beurteilung in der gebildeten Fallgruppe III gestalten. Es geht dabei um die Fälle, in denen sich Dritte bei ihren Entscheidungen auf Äußerungen des Abschlussprüfers stützen, die ihnen seitens der geprüften Gesellschaft individuell zugeleitet wurden. Die gesetzliche Abschlussprüfung wird, wie oben angesprochen, stets auch mit der objektiven, vom Gesetz vorgegebenen Zwecksetzung durchgeführt, von den Prüfungsergebnissen gegenüber Dritten Gebrauch zu machen.579 Wenn die geprüfte Gesellschaft als Auftraggeber der Prüfung bereits beim Vertragsschluss für den Abschlussprüfer erkennbar plante, die Ergebnisse seiner Prüfung nicht nur gemäß §§ 325 ff. HGB offenzulegen, sondern sie darüber hinaus auch bestimmten Dritten zuzuleiten, ist der Drittbezug der vertraglichen Leistung des Prüfers in subjektiver Hinsicht wesentlich verstärkt. Die geprüfte Gesellschaft wird außenstehenden Dritten die Prüfungsergebnisse des Abschlussprüfers in der Regel nur dann individuell zuleiten, wenn diese Dritten ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse daran haben, also etwa Gläubiger, Anteilskäufer oder potentielle künftige Geschäftspartner der geprüften Gesellschaft sind. Wie oben bereits dargestellt, sind diese Personengruppen den Risiken einer fehlerhaften Prüfungsleistung regelmäßig stärker ausgesetzt als die geprüfte Gesellschaft selbst.580 Die für die Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich geforderte „Leistungsnähe“ ist daher in den angesprochenen Fällen stets anzunehmen. Dass nicht der Abschlussprüfer selbst, sondern die Organe der geprüften Gesellschaft den Bestätigungsvermerk, den Prüfungsbericht oder sonstige prüfungsbezogene Äußerungen des Prüfers außenstehenden Dritten zuleiten, steht nach den oben aufgezeigten Auslegungsgrundsätzen der Rechtsprechung einer Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutzbereich nicht entgegen. Die Interessen der Organe der geprüften Gesellschaft in Bezug auf Sorgfalt, Ergebnisse und Wertungen des Abschlussprüfers werden in Einzelfällen gegenläufig mit denen der auf die Prüfungsergebnisse vertrauenden Dritten sein.581 Vorstellbar ist beispielsweise die Hoffnung seitens der geprüften Gesellschaft, der Abschlussprüfer werde bestimmte Wertansätze in der Bilanz nicht als zu hoch oder zu niedrig beanstanden und anderseits etwa das Interesse der Gläubiger der Gesellschaft, der Prüfer werde auf eine realistische Bewertung dieser Posten dringen. Einer Erweiterung des Schutzbereiches des Prüfungsvertrages steht dieser Interessengegensatz – bei Anwendung der von der Rechtsprechung benutzten Kriterien – nicht im Wege. Abschlussprüfer sind bereits durch das Gesetz zur „unparteiischen Prüfung“ (§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB) verpflichtet. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass bis auf seltene Ausnahmen auch die Organe ______ 579 Siehe die Ausführungen zur Fallgruppe I, S. 117 f. 580 Siehe die Ausführungen zur Fallgruppe I, S. 117 f. 581 Vgl. Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 392; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 29 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
der geprüften Gesellschaft eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Abschlussprüfung beabsichtigen und jedenfalls insoweit ein Interessengleichlauf besteht.582 Auch für die in Fallgruppe III zusammengefassten Fälle stellt sich damit entscheidend die Frage, ob bei der individuellen Übermittlung von prüfungsbezogenen Äußerungen des Abschlussprüfers der Kreis der betroffenen und daher möglicherweise an vertraglichem Schutz interessierten Dritten als „klar abgrenzbar“ und „überschaubar“ bezeichnet werden kann. Jenseits konkreter Fallgestaltungen lassen sich dazu folgende Aussagen treffen: Gehen die Parteien des Prüfungsvertrages von keinem bestimmten Hintergrund, etwa der Aufnahme oder Verlängerung eines bestimmten Darlehens oder einem geplanten Verkauf von Gesellschaftsanteilen aus, so lässt sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses häufig wohl noch keine Personengruppe abgrenzen, die das Prüfungsergebnis und die darauf bezogenen Äußerungen des Prüfers zur Grundlage ihrer Vermögensdispositionen machen wird.583 Der Kreis der hier in Betracht kommenden Dritten ist ähnlich unüberschaubar wie in den Fallgruppen II und III. Gibt es jedoch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits Anhaltspunkte dafür, vor welchem Hintergrund und insbesondere zu welchem Zwecke die geprüfte Gesellschaft den Bestätigungsvermerk, den Prüfungsbericht oder andere prüfungsbezogene Äußerungen des Abschlussprüfers vertragsfremden Dritten individuell übermitteln wird, und war dies auch dem Abschlussprüfer erkennbar, so ändert sich die Beurteilung. War den Beteiligten beispielsweise klar, dass der Prüfungsbericht bei der Suche nach Gläubigern für ein bestimmtes Darlehen Verwendung finden würde, so sind „die Darlehensgeber“ nach den Kriterien der Rechtsprechung ein klar abgrenzbarer Personenkreis. Konsequenterweise muss dies auch für die Fälle gelten, in denen die geprüfte Gesellschaft – wie es in der Praxis die Regel ist – laufend Bankenfinanzierung in Anspruch nimmt.584 Dasselbe gilt für „die Käufer“ bestimmter Gesellschaftsanteile bei einem geplanten Verkauf derselben. Es droht in diesen Fällen keine „Vervielfältigung des Haftungsrisikos“ des Abschlussprüfers, solange der vertragliche Schutzbereich nicht auch auf spätere Käufer ausgedehnt wird.585 Eine Einbeziehung Dritter in den prüfungsvertraglichen Schutzbereich kommt damit nach den Kriterien der Rechtsprechung in den Fällen der Fallgruppe III – bei einer individuellen Übermittlung der Prüfungsergebnisse durch die geprüfte Gesellschaft – in Betracht, wenn bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den ______ 582 Vgl. C. Feddersen, WM 1999, 105, 108 f. 583 Vgl. BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 262; OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 901, 903. 584 Insbesondere in Folgeprüfungen durch denselben Abschlussprüfer wird es diesem bei Abschluss des Prüfungsvertrages regelmäßig bekannt sein, ob und in welchem Umfang die zu prüfende Gesellschaft laufend Bankenfinanzierung in Anspruch nimmt. 585 Vgl. OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 901, 903; Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPK-Mitt. 1999, 258, 259 f.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Vertragsparteien Hintergrund und Zweck der individuellen Offenlegung der Äußerungen bekannt oder erkennbar waren.586 (5)
Fallgruppen IV und V: Dritte häufiger einbezogen
Leitet ein Dritter (Fallgruppe IV) oder der Prüfer selbst (Fallgruppe V) den Bestätigungsvermerk, den Prüfungsbericht oder sonstige prüfungsbezogene Äußerungen an (andere) prüfungsvertragsfremde Dritte weiter, so gilt das zur Fallgruppe III Gesagte entsprechend. Wie oben gezeigt, unterscheidet die Rechtsprechung grundsätzlich nicht danach, ob der Vertragspartner, der Experte oder ein Dritter der Übermittler der Auskunft bzw. des Gutachtens ist.587 Auch bei einer Weitergabe des Bestätigungsvermerkes, des Prüfungsberichtes oder anderer Äußerungen durch Dritte an weitere Dritte („Vierte“) kommt es nach den Grundsätzen der Rechtsprechung entscheidend darauf an, ob der Kreis der in den Schutzbereich einzubeziehenden Dritten „objektiv abgrenzbar“ ist und ob mit ihrer Einbeziehung eine „Vervielfältigung des Haftungsrisikos“ eintritt. Für die Fälle einer Weitergabe der Äußerungen durch den Abschlussprüfer gilt im Wesentlichen dasselbe. Die Drittbezogenheit der von ihm geforderten Leistung wird dem Abschlussprüfer in den Fällen der Fallgruppe V am deutlichsten erkennbar sein. Hintergrund und Zweck der individuellen Offenlegung des Prüfungsergebnisses sind dem Prüfer in diesen Fällen wohl häufig bekannt. In Ausnahmefällen kann es zwischen dem Abschlussprüfer und dem Dritten allerdings zum Abschluss eines selbständigen Auskunftsvertrages kommen.588 Ein Schadensersatzanspruch des Dritten scheidet dann nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien mangels Schutzbedürftigkeit aus, da dem geschädigten Dritten aus dem Auskunftsvertrag regelmäßig ein gleichlautender vertraglicher Anspruch zusteht. (6)
Fazit: Haftung nicht nur in Ausnahmefällen
Überträgt man die von der Rechtsprechung für die Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte entwickelten Auslegungskriterien auf typische Fallkonstellationen bei der gesetzlichen Abschlussprüfung, so führt dies durchaus nicht nur in Ausnahmefällen zu einer Haftung des Abschlussprüfers. In den gebildeten Fallgruppen III, IV und V – den Fällen einer individuellen Offenlegung der prüfungsbezogenen Äußerungen – kommt bei einer Heranziehung dieser Grundsätze eine Haftung des Prüfers in Betracht, wenn den Vertragsparteien bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Hintergrund und Zweck der individuellen Übermittlung der Prüfungsergebnisse bekannt oder erkennbar waren. In ______ 586 Das LG Hamburg hat in seinem Urteil vom 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 112, bezogen auf einen Sachverhalt, der der gebildeten Fallgruppe III zugeordnet werden kann, das Vorliegen der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien bejaht. Im Ergebnis lehnte es einen Anspruch des geschädigten Dritten lediglich auf Grund der seiner Ansicht nach gegebenen Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ab (zur hier vertretenen Ansicht siehe Teil 1.B.I.3, S. 55 ff., 80) ab. 587 Siehe Teil 1.B.IV.3.d)dd)(1), S. 110. 588 Siehe dazu Teil 1.B.IV.1, S. 88 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
den gebildeten Fallgruppen I und II kommt es dagegen auch nach den Kriterien der Rechtsprechung nie zu einer Haftung des Prüfers gegenüber Dritten. f)
Kriterien der Rechtsprechung zur Ermittlung des Parteiwillens ungeeignet
Im Schrifttum stößt die Rechtsprechung des BGH zur Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte seit jeher auf deutliche Kritik. Auch die sich abzeichnende Übertragung der entwickelten Auslegungskriterien auf Fälle der gesetzlichen Abschlussprüfung wird ganz überwiegend entschieden abgelehnt.589 Die vorgebrachte Kritik betrifft sowohl die von der Rechtsprechung aufgestellten einzelnen Kriterien als auch ihre Methode zur Auslegung der Parteivereinbarungen als solche. Indem die Rechtsprechung für eine Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich faktisch das bloße Wissen des Prüfers (oder sonstigen „Experten“) um den Kreis denkbarer Interessenten oder gar nur dessen Erkennbarkeit genügen lasse, verwische sie nach im Schrifttum vertretener Ansicht die Grenzen zwischen Vertrags- und Deliktsrecht. Bis auf Ausnahmefälle liege in der Realität weder dem Auftraggeber noch dem Prüfer (Sachverständigen) daran, Dritte in den vertraglichen Schutzbereich einzubeziehen.590 Der Rechtsprechung wird vorgehalten, bei ihren Entscheidungen stehe nicht mehr die privatautonom gestaltete, eigenverantwortliche und berechenbare Übernahme von Verhaltenspflichten im Vordergrund, sondern die ergebnisorientierte Verlagerung von Risiken ohne rechtsgeschäftlichen Begründungsakt.591 Wenn sogar im Falle gegenläufiger Interessen eine Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich erfolge, drohe eine „Denaturierung der normalen Funktionen eines Vertrages“, der in erster Linie der Verfolgung eigener Ziele und Zwecke dient.592 Zudem sei der Kreis der in den Schutzbereich einbezogenen Dritten anhand der Kriterien der Rechtsprechung nicht klar abgrenzbar.593 Dies berge für den gesetzlichen Abschlussprüfer eine Gefahr uferloser, nicht mehr kalkulier- und versicherbarer Haftungsrisiken.594 ______ 589 Z. B. Canaris, JZ 1995, 441, 442 ff.; ders., ZHR 163 (1999), 206, 215 ff.; Ebke, JZ 1998, 991, 995 f.; ders., BFuP 2000, 549, 561 ff., 566 f.; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 392 f.; Grunewald, ZGR 1999, 583, 588 f.; Heppe, WM 2003, 753, 760; Honsell, JZ 1985, 952, 952 f.; Lorenz, FS f. Larenz, S. 618; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 122 f.; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 258 f., 261; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 73 ff.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 29 f.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 3; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 201 f. zu § 323 HGB. 590 Z. B. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 213, 216 f.; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 392; Grunewald, ZGR 1999, 582, 588; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 258 f., Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 30; Martin Weber, NZG 1999, 1, 3. 591 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 202 zu § 323 HGB; ähnlich Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 393 („Hypertrophie zivilrechtlicher Konstruktionsmöglichkeiten“); Honsell, JZ 1985, 952 („schlechte Konstruktionsjurisprudenz“); Lorenz, FS f. Larenz, S. 618 („blutleere Fiktionen“); Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 30. 592 Canaris, ZHR 163 (1999), 106, 216. 593 Z. B. Ebke, BFuP 2000, 549, 567; Heppe, WM 2003, 753, 760; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 30 f. 594 Z. B. Ebke, BFuP 2000, 549, 566 f.; Honsell, JZ 1985, 952, 953.
122
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Der Kritik im Schrifttum ist in weitem Umfange zuzustimmen. Wie oben dargestellt,595 stützt der BGH die Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich – insoweit überzeugend – auf den Willen der Vertragsparteien. Weniger überzeugend ist dagegen der von der Rechtsprechung beschrittene Weg zur Ermittlung des Parteiwillens. Soweit der BGH versucht, anhand der oben zusammengestellten Kriterien den tatsächlichen Willen der Vertragsparteien zu ermitteln, ist die dagegen gerichtete Kritik berechtigt. Allein aus der Erkennbarkeit oder der Kenntnis der Drittbezogenheit seiner Äußerungen lässt sich kein Haftungswille des Prüfers folgern. Dasselbe gilt mit Blick auf die von der Rechtsprechung herangezogenen objektiven Kriterien.596 Keines dieser Kriterien hat einen unmittelbaren Bezug zum Willen des gesetzlichen Abschlussprüfers oder zum Willen des Auftraggebers.597 Weder eine durch staatliche Anerkennung nachgewiesene „besondere Sachkunde“ noch der Umstand, dass vertragsfremde Dritte den Gefahren und Risiken des Vertragsverhältnisses mit dem Prüfer („Experten“) in gleicher Weise ausgesetzt sind wie der Auftraggeber selbst, lassen den Schluss zu, die Vertragsparteien wollten Dritte in den Schutzbereich ihres Vertrages einbeziehen. Anhand des in der älteren Rechtsprechung verwandten Kriteriums eines „personenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses“ zwischen Auftraggeber und Drittem ließ sich der Schluss auf den Willen des Auftraggebers noch halbwegs nachvollziehen. Spätestens seitdem die Rechtsprechung die sog. Wohl und Wehe-Formel jedoch aufgegeben hat, haben sich die Auslegungskriterien und die mit deren Hilfe erzielten Ergebnisse weit vom tatsächlichen Willen der Vertragsparteien entfernt. Ähnlich den von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit konkludent abgeschlossenen Auskunftsverträgen verwendeten „Indizien“ handelt es sich bei den aktuell herangezogenen Kriterien um reine Verkehrsschutz- bzw. Verkehrsbedürfniserwägungen. Diese können für sich genommen auch unter dem Gesichtspunkt einer Auslegung „schlüssigen Verhaltens“ keine Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich begründen. Wie bereits im Zusammenhang mit der Frage nach unmittelbar mit Dritten abgeschlossenen Auskunftsverträgen angeführt, muss auch bei der Auslegung konkludenter („stillschweigender“) Willenserklärungen der sichtbare Erklärungsakt, der hier ebenso wie bei ausdrücklichen Erklärungen der alleinige Auslegungsgegenstand ist,598 im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Für einen konkludenten Abschluss von Auskunftsverträgen mit Dritten wurde verlangt, dass sich bereits aus den sichtbaren Handlungen der Vertragsparteien, den objektiven Erklärungstatbeständen, eindeutige Hinweise auf den Willen zur vertraglichen Bindung erge______ 595 Siehe Teil 1.B.IV.3.a), S. 95 f. und Teil 1.B.IV.3.c), S. 100 ff. 596 Siehe Teil 1.B.IV.3.d)dd)(1), S. 110 f. 597 Vgl. Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 252 f. und Picker, in: FS Medicus, S. 401, der mit Blick auf die Kriterien der Rechtsprechung bei der Gutachterhaftung von einem „Kriteriensynchretismus“ spricht, der „heterogene Haftungsgesichtspunkte assoziativ miteinander vermischt“. 598 Siehe nur Bork, Allg. Teil des BGB, Rn. 541; Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, § 28 Rn. 39; Pawlowski, Allg. Teil des BGB, Rn. 429.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
ben müssen.599 Begründet wurde dies mit Besonderheiten der Leistungshandlungen dieser Verträge. Anders als bei unmittelbar mit Dritten abgeschlossenen Auskunftsverträgen stellt sich hinsichtlich des Prüfungsvertrages kaum die Frage nach dem „ob“ eines Vertragsschlusses; im Verhältnis zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und dem Abschlussprüfer wird dieser in der Regel offen zutage liegen. Hinsichtlich der Drittschutzwirkung des Prüfungsvertrages (oder anderer Verträge von „Experten“ mit ihren Auftraggebern) stellt sich dagegen die beim Auskunftsvertrag aufgezeigte Problematik in ähnlicher Weise. Aus der vertraglich vereinbarten Leistungshandlung lässt sich wohl nie mit Bestimmtheit folgern, ob und gegenüber welchen Dritten der gesetzliche Abschlussprüfer für die Richtigkeit seiner Äußerungen einstehen möchte. Die Prüfungsergebnisse und die sonstigen Aussagen zu den geprüften Unterlagen beziehen sich auf die geprüfte Gesellschaft. Auch wenn im Prüfungsvertrag oder im Rahmen einer weiteren Abmachung vereinbart wird, dass der Prüfer seine Ergebnisse unmittelbar vertragsfremden Dritten zuleiten soll, so ergibt sich daraus keineswegs ohne weiteres ein Haftungswille des Prüfers. Dieser Umstand kann sich aus reinen Praktikabilitätsgründen ergeben haben. Dasselbe gilt für die Fälle, in denen der Prüfer einer Weiterleitung seiner Äußerungen durch die geprüfte Gesellschaft oder andere Dritte zustimmt. Um im Bereich der Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte eine am Willen der Vertragsparteien orientierte Auslegung zu ermöglichen, ist wie bereits mit Blick auf konkludent abgeschlossene Auskunftsverträge zu verlangen, dass sich aus dem (äußeren) Verhalten der Vertragsparteien eindeutige Hinweise auf einen Haftungswillen des Prüfers ergeben. Aus den Äußerungen oder aus dem sonstigen Verhalten des Prüfers muss sich deutlich ergeben, ob und wem gegenüber er einstehen möchte. Nur dann sollte meines Erachtens eine vertragliche Dritthaftung des Prüfers mit den damit verbundenen weit reichenden Folgen angenommen werden. Die Kriterien der Rechtsprechung sind damit zur Auslegung des konkludenten Parteiverhaltens überflüssig. Soweit die Rechtsprechung sich bei der Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich nicht auf die Ermittlung des tatsächlichen Parteiwillens beruft, sondern auf den im Wege ergänzender Vertragsauslegung ermittelten hypothetischen Parteiwillen abstellt, kann auch dies nicht überzeugen. Eine ergänzende Vertragsauslegung erfordert nach unbestrittener Ansicht eine Vertragslücke.600 Eine solche ist nach allgemeiner Meinung aber nicht bereits dann gegeben, wenn ein bestimmter Punkt in einem Vertrag nicht geregelt ist. Die Gerichte selbst gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine die ergänzende Vertragsauslegung eröffnende Regelungslücke eine „planwidrige Unvollständigkeit“ des Vertrages voraussetzt.601 Nach ähnlicher Formulierung von Larenz sieht man im Schrifttum ______ 599 Siehe Teil 1.B.IV.1.a), S. 89 ff. 600 Siehe nur BGH, Urt. v. 20. 1. 1994 – III ZR 143/92, NJW 1994, 1008, 1011; Bork, Allg. Teil des BGB, Rn. 533; Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, § 28 Rn. 114; Medicus, Allg. Teil des BGB, Rn. 344. 601 So z. B. BGH, Urt. v. 21. 9. 1994 – XII ZR 77/93, BGHZ 127, 138, 142; vgl. BGH, Urt. v. 20. 1. 1994 – III ZR 143/92, NJW 1994, 1008, 1011; Versäumnisurteil v. 12. 12. 1997 – V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1219 f.; Versäumnisurteil v. 18. 2. 2000 – V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894, 895.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
eine Regelungslücke als gegeben an, wenn ein Rechtsgeschäft „nach dem Regelungsplan der Parteien offene Punkte aufweist“.602 Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Abschlussprüfer (oder sonstige „Experte“) und sein Auftraggeber bei Vertragsschluss im Regelfall wohl kaum an die Möglichkeit einer Schädigung konkreter Dritter denken.603 Es lässt sich auch nicht sagen, dass der Drittschutz unabhängig von den konkreten Regelungsvorstellungen der Vertragsparteien einen zwingenden Bezug zum Vertragsverhältnis zwischen einem Prüfer und der den Auftrag erteilenden Gesellschaft hat bzw. zwingend zu diesem Verhältnis gehört. Auch der gesetzliche Abschlussprüfer und die geprüfte Gesellschaft bezwecken mit dem Prüfungsvertrag in erster Linie eine Regelung der zwischen ihnen bestehenden Rechte und Pflichten. Die Annahme, die fehlende Regelung von Schutzrechten Dritter sei unter irgendeinem Aspekt „planwidrig“, erscheint daher für die typischen Konstellationen fernliegend.604 Eine Vertrags- bzw. Regelungslücke, die allein eine ergänzende Vertragsauslegung rechtfertigen kann, ist in diesen Fällen nicht gegeben. g)
Geringe Relevanz des (Prüfungs-)Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte
Dritte sind nach dem Gesagten in den vertraglichen Schutzbereich des Prüfungsvertrages nur dann einbezogen, wenn die Vertragsparteien dies entweder ausdrücklich vereinbaren oder sich bereits aus dem äußeren Verhalten der Vertragsparteien eindeutige Hinweise auf einen dementsprechenden Willen ergeben. In den gebildeten Fallgruppen I und II wird dies wohl nie der Fall sein. Auch in den Fallgruppen III, IV und V605 werden sich kaum sichere Anhaltspunkte für einen Willen des Auftraggebers bezüglich der Einbeziehung Dritter und einen entsprechenden Haftungswillen des Abschlussprüfers feststellen lassen.606 Ist dies im Einzelfall jedoch möglich, etwa auf Grund entsprechender Äußerungen während der Vertragsverhandlungen oder bei anderer Gelegenheit, so macht es keinen Unterschied, ob die betreffenden Äußerungen des Abschlussprüfers durch ihn selbst, durch die geprüfte Gesellschaft oder durch sonstige Mittler an den Drit______ 602 Larenz/Wolf, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, § 28 Rn. 114; ders., Schuldrecht I, § 17 II, S. 227; Bork, Allg. Teil des BGB, Rn. 533; Roth, in: Staudinger, BGB, Rn. 15 zu § 157. 603 Vgl. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 213, Grunewald, ZGR 1999, 582, 588; Larenz, Schuldrecht I, § 17 II, S. 227; Papst, Die Fortentwicklung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 9; Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 36 ff. 604 Anders mag die Beurteilung ausfallen, wenn sich aus dem Parteiverhalten bei Vertragsschluss eindeutige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Schutzpflichten zugunsten Dritter ursprünglich Gegenstand des Prüfungsvertrages werden sollten, ohne dass dann tatsächlich eine Regelung erfolgte. Hier wird genau zu untersuchen sein, ob eine Regelung versehentlich oder bewusst unterblieb. Nur im ersten Fall kann eine Vertragslücke angenommen werden. In der Praxis ist dieser Fall allerdings kaum vorstellbar. 605 Siehe zu den Fallgruppen Teil 1.A.V., S. 26 ff. 606 Allein die Vereinbarung, dass die geprüfte Gesellschaft Anspruch auf fünf Berichtsausfertigungen hat, sowie die Zustimmung des Prüfers zur Weitergabe prüfungsbezogener Äußerungen, wie sie in den „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ (Stand: 1. 1. 2002) in Nr. 7 Abs. 1 und Nr. 10 Abs. 3 vorgesehen sind, genügen zur Annahme eines Haftungswillens nicht.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
ten gelangt sind. Auch spielt es keine entscheidende Rolle, ob sich das Haftungsrisiko des Abschlussprüfers durch die Einbeziehung des oder der Dritten erhöht. Der privatautonomen Gestaltung des Schutzbereiches des Prüfungsvertrages sind in dieser Hinsicht keine engeren Grenzen gesetzt als der Gestaltung anderer schuldrechtlicher Verträge. Nicht zuzustimmen ist der Ansicht Ebkes, nach der Dritte nur durch ausdrückliche Vereinbarung in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbezogen werden können.607 Für diese Einschränkung lässt sich keine tragfähige juristische Begründung finden. Zuzugeben ist lediglich, dass bei den hier vorgeschlagenen Auslegungsgrundsätzen nur wenige Fälle einer konkludent vereinbarten Einbeziehung Dritter vorstellbar sind. Es besteht allerdings auch kein Bedürfnis nach einer exzessiven Auslegung „stillschweigender“ Erklärungen des Prüfers. Die häufig mit extremen Haftungsrisiken verbundene Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich des Prüfungsvertrages sollte im Interesse aller Beteiligten bei einem entsprechenden Haftungsinteresse ausdrücklich vereinbart werden. 4.
Schadensliquidation im Drittinteresse
Noch geringere Bedeutung als dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte kommt in den hier untersuchten Konstellationen den Grundsätzen der sog. Drittschadensliquidation zu. Eine Vertragspartei hat danach in bestimmten Fällen ausnahmsweise das Recht, den Schaden eines Dritten als eigenen Schaden geltend zu machen (Schadensliquidation im Drittinteresse).608 Im Falle der Schädigung eines prüfungsvertragsfremden Dritten hätte die geprüfte Gesellschaft etwa das Recht, den Vermögensschaden des Dritten in dessen Interesse zu liquidieren. Die Fallgruppen, für die die Möglichkeit einer Drittschadensliquidation anerkannt ist, sind indes eng umgrenzt. Die Rechtsprechung ließ sie bisher nur in Fällen der mittelbaren Stellvertretung, in Fällen einer obligatorischen Gefahrentlastung, wie z. B. beim Versendungskauf (§ 447 BGB), sowie in bestimmten Treuhand- und Obhutsfällen zu. Gemeinsam ist diesen Fällen, dass der verursachte Schaden typischerweise bei dem vertraglich Ersatzberechtigten eintreten müsste, auf Grund besonderer Rechtsbeziehungen zwischen diesem und einem Dritten jedoch auf letzteren verlagert wird.609 Im Schrifttum spricht man zur Kennzeichnung dieser Besonderheit von einer aus Sicht des Schuldners „zufälligen“ Schadensverlage______ 607 Ebke, JZ 1998, 991, 994; ders., BFuP 2000, 549, 561. 608 Grundlegend v. Caemmerer, ZHR 127 (1965), 241 ff.; Hagen, Die Drittschadensliquidation im Wandel der Rechtsdogmatik, S. 1 ff.; Peters, AcP 180 (1980), 329 ff.; Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 75 ff.; Traugott, Das Verhältnis von Drittschadensliquidation und vertraglichem Drittschutz, S. 18 ff.; Urban, „Vertrag“ mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 14 ff. 609 BGH, Urt. v. 10. 7. 1963 – VIII ZR 204/61, BGHZ 40, 91, 100; Urt. v. 4. 12. 1997 – IX ZR 41/97, NJW 1998, 1864, 1865; Larenz, Schuldrecht I, § 27 IV b, S. 462; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 609; Schlechtriem, Schuldrecht, Allg. Teil, Rn. 335 f.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
rung.610 Im Verhältnis der geprüften Gesellschaft zu Gläubigern, Anteilseignern und potentiellen künftigen Geschäftspartnern findet – jedenfalls in den untersuchten typischen Fallgestaltungen – eine derartige Schadensverlagerung nicht statt. Die Vermögensschäden, die den genannten Personengruppen durch fehlerhafte Bestätigungsvermerke, Prüfungsberichte oder sonstige prüfungsbezogene Äußerungen des Abschlussprüfers entstehen, treten typischerweise nicht bei der geprüften Gesellschaft selbst, sondern nur bei den angeführten vertragsfremden Dritten auf. Von einer zufälligen Schadensverlagerung kann also keine Rede sein. Auch in dem denkbaren Fall, dass der Abschlussprüfer fälschlicherweise einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk, einen Versagungsvermerk oder einen ungünstigen Prüfungsbericht erteilt und sich dadurch die Kosten für die Aufnahme von Fremdkapital für die geprüfte Gesellschaft erhöhen, findet keine Schadensverlagerung in der beschriebenen Weise statt. Der Schaden, der der geprüften Gesellschaft möglicherweise durch den Fehler des Abschlussprüfers entsteht, ist ein unmittelbarer Schaden, der sich nicht auf Dritte verlagert. Zusätzlich zu diesem Schaden kann etwa den Gesellschaftern der geprüften Gesellschaft dadurch ein Schaden entstehen, dass sich der Marktwert ihrer Anteile verringert. Bei diesem Schaden handelt es sich um einen mittelbaren Schaden, der typischerweise nur bei den Gesellschaftern entsteht. Beide Schäden stehen nebeneinander. Gegeben ist daher ein Fall der Risiko- bzw. Schadenshäufung und kein Fall der Schadensverlagerung. Die Fälle, in denen Rechtsprechung und Teile des Schrifttums die Möglichkeit einer Schadensliquidation im Drittinteresse anerkennen, und die hier untersuchten Konstellationen weisen damit in den wesentlichen Punkten keine Übereinstimmung auf. Es sind auch sonst keine Gründe ersichtlich, weshalb der geprüften Gesellschaft das Recht zuerkannt werden sollte, die Vermögensschäden prüfungsvertragsfremder Dritter zu liquidieren.611 5.
Haftung aus „Netzvertrag“?
Ebenfalls ohne Bedeutung für die untersuchten Fälle ist die dogmatische Figur eines sog. Netzvertrages. Erstmals vorgeschlagen wurde sie von Möschel 612 mit Blick auf die im bargeldlosen Zahlungsverkehr bestehenden Ketten von Einzelverträgen zwischen dem Bankkunden, seiner Bank und den nachgeschalteten Instituten. Die einzelnen Verträge der an der Transaktion beteiligten Banken seien danach nicht streng isoliert, sondern als einheitliches vertragliches Netz zu betrachten, in das sich der Bankkunde durch den Abschluss des Vertrages mit seiner Bank unmittelbar einschalten könne. Die vorgeschlagene Netz- oder Verbundbetrachtung er______ 610 Siehe z. B. Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 463; Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht, Allg. Teil, § 16 Rn. 18. 611 Im Ergebnis ebenso Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 585 ff.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 3; Zugehör, NJW 2000, 1601, 1605 sowie aus dem älteren Schrifttum Czech, BB 1975, 723, 724; Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 65 f.; K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 68 ff.; Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 52; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 151 f. 612 Möschel, AcP 186 (1986), 187, 211 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
mögliche es dem Kunden, Rechte unmittelbar geltend zu machen, gleichgültig an welcher Stelle innerhalb des Netzes das Fehlverhalten stattgefunden hat. Die bestehenden Vertragsketten würden mit Hilfe des Netzgedankens „übersprungen“.613 Möschel beschränkt seinen Ansatz nicht auf den mehrgliedrigen Zahlungsverkehr, sondern erwägt ihn auch für andere Vertragssysteme.614 Sein Modell übernommen und in Teilbereichen weiterentwickelt haben Teubner615 und Rohe.616 Man könnte daran denken, auch die Beziehungen zwischen der geprüften Gesellschaft, dem Abschlussprüfer und den an den Prüfungsergebnissen interessierten prüfungsvertragsfremden Dritten als „Netzvertrag“ zu begreifen, um auf diesem Wege zu unmittelbaren Ansprüchen der Geschädigten gegen den Prüfer zu gelangen. Dagegen spricht jedoch bereits, dass im Gegensatz zur Situation beim bargeldlosen Zahlungsverkehr und ähnlichen Sachverhalten zwischen dem Prüfer als Schädiger und dem prüfungsvertragsfremden Dritten als Geschädigtem im Regelfall keine Kette von Einzelverträgen besteht. Prüfungsvertragsfremde Dritte, die auf die Ergebnisse der Abschlussprüfung vertrauen, schließen bei weitem nicht in jedem Fall einen Vertrag mit der zu prüfenden Gesellschaft ab. Lediglich zwischen dem Prüfer und der zu prüfenden Gesellschaft besteht im Regelfall ein schuldrechtlicher Vertrag. In den Fällen, in denen der Prüfer mit einzelnen Dritten unmittelbar einen Vertrag abschließt, fehlt es bereits am Bedürfnis nach der Konstruktion eines „Netzvertrages“. Der weit überwiegende Teil des Schrifttums begegnet der Konstruktion von „Netzverträgen“ ohnehin mit grundlegenden Bedenken.617 Beanstandet wird zu Recht, dass ein Wille aller Beteiligten, vertragliche oder vertragsähnliche Beziehungen zu allen anderen Netzmitgliedern zu begründen, bis auf Ausnahmefälle nicht gegeben sei.618 Mit der Anerkennung von „Netzverträgen“ würden den Willenserklärungen der Beteiligten Inhalte zugewiesen, die tatsächlich nicht vorhanden sind.619 Dies lässt sich auch mit dem Hinweis auf eine vermeintliche ökonomische Rationalität des Handelns und darauf gestützte objektivierte Betrachtungen nicht übergehen.620 Im geltenden objektiven Recht – jenseits vertraglicher Vereinbarun______ 613 Möschel, AcP 186 (1986), 187, 222 ff., 235. 614 Möschel, AcP 186 (1986), 187, 223 ff. 615 Teubner, ZHR 154 (1990), 295, 319 ff. 616 Rohe, Netzverträge, S. 65 ff. 617 So z. B. Canaris, Bankvertragsrecht, 1. Teil, 4. Aufl., Rn. 393; van Gelder, WM 1995, 1253; Hirth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 150 ff.; U. Hüffer, ZHR 151 (1987), 93, 106 ff.; Krebs, Sonderverbindungen und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 313 f.; Martinek, NJW 2000, 1397; Neuner, JZ 1999, 126, 128; Picker, JZ 1987, 1041, 1057; Schröter, ZHR 151 (1987), 118, 126 ff.; Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 144 zu § 328. 618 So etwa Canaris, Bankvertragsrecht, 1. Teil, 4. Aufl., Rn. 393; Hirth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 151 f.; U. Hüffer, ZHR 151 (1987), 93, 107 f.; Martinek, NJW 2000, 1397; Neuner, JZ 1999, 126, 128. 619 van Gelder, WM 1995, 1253. 620 So aber Rohe, Netzverträge, S. 149 ff., 158 ff.; dagegen Krebs, Sonderverbindungen und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 313 f.; Martinek, NJW 2000, 1397; Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 144 zu § 328.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
gen – findet der „Netzvertrag“ erst recht keine Grundlage. In den vorliegend untersuchten Fällen kann Möschels Ansatz daher keine brauchbare Lösungsalternative bieten.
V.
Deliktsrecht
Der Schutz der Rechte und Rechtsgüter von Personen, zu denen der Schädiger nicht in einer Sonderverbindung steht, ist nach der Konzeption des Bürgerlichen Gesetzbuches zuvorderst Aufgabe des Rechts der unerlaubten Handlungen, §§ 823 ff. BGB. Die konkrete Ausgestaltung der deliktischen Haftungstatbestände brachte es jedoch mit sich, dass sie bis in die Gegenwart kaum größere Bedeutung für den Ersatz fahrlässig verursachter Vermögensschäden erlangten. Weder die drei „kleinen Generalklauseln“ – §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 und 826 BGB – noch die deliktischen Sondertatbestände – etwa § 824 BGB – bieten einen umfassenden Vermögensschutz. Mit Blick auf in Rechtsprechung und Schrifttum regelmäßig wiederkehrende Bestrebungen, den deliktsrechtlichen Schutz des Vermögens sowohl innerhalb der geltenden Vorschriften als auch über diese hinausgehend621 auszuweiten, erscheint eine Untersuchung der einschlägigen Tatbestände gleichwohl geboten. 1.
§ 823 Abs. 1 BGB
Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt die Verletzung eines der in dieser Norm genannten Rechte oder Rechtsgüter voraus. Das Vermögen als solches gehört nicht dazu. Es ist auch kein „sonstiges Recht“ im Sinne der Vorschrift.622 Vermögensschäden prüfungsvertragsfremder Dritter sind damit nach § 823 Abs. 1 BGB nur kompensierbar, wenn sie als Folge einer Verletzung der in der Norm genannten Rechte oder Rechtsgüter anfallen. Die Schäden, die prüfungsvertragsfremden Dritten im Zusammenhang mit fehlerhaften Bestätigungsvermerken, Prüfungsberichten oder sonstigen prüfungsbezogenen Äußerungen des Abschlussprüfers typischerweise entstehen, stellen indes ausschließlich „reine“ („primäre“) Vermögensschäden dar, die gerade nicht auf einer Verletzung des Körpers, des Eigentums, der Freiheit usw. beruhen. Dies gilt gleichermaßen für die Schäden von Banken, Lieferanten und sonstigen Kreditgebern wie für Schäden der jeweiligen Anteilseigner des geprüften Unternehmens.623 Weitgehend anerkannt ist zwar, dass die Mitgliedschaftsrechte von Aktionären und GmbH-Gesellschaftern „sonstige Rechte“ i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB darstel______ 621 Siehe dazu den Überblick unter Teil 1.B.VIII.2, S. 184. 622 Dies folgt bereits aus der Konzeption des § 823 Abs. 1 BGB als Enumerativtatbestand mit lediglich beschränkter Schutzrichtung und ist im Grundsatz unbestritten, vgl. statt aller Sprau, in: Palandt, BGB, Rn. 11 zu § 823; Hager, in: Staudinger, BGB, Rn. B 192 zu § 823, jeweils m. w. N. 623 Siehe zu den typischen Fallkonstellationen Teil 1.A.V, S. 26 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
len.624 Eine Verletzung dieser Rechte wird jedoch nicht bereits dann angenommen, wenn sich der bloße Wert des Anteiles bzw. der Aktie oder die Ertragsfähigkeit der Gesellschaft mindert. Als erforderlich wird vielmehr angesehen, dass die schuldhafte Verletzungshandlung einen „mitgliedschaftsbezogenen“ Eingriff darstellt, d. h. unmittelbar die Herrschafts- und Teilhaberechte des Inhabers beeinträchtigt.625 Dies ist bei prüfungsbezogenen Äußerungen des Abschlussprüfers auch in extrem gelagerten Fällen kaum vorstellbar.626 Als „sonstiges Recht“ i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist auch das „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“. Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass dieses Recht unter besonderen Umständen durch ein unzutreffendes Testat oder einen unzutreffenden Bestätigungsvermerk betroffen ist. Hingewiesen wird im Schrifttum etwa auf den Fall, dass einem Unternehmen durch den Prüfungsfehler eine dringende Kreditaufnahme unmöglich gemacht wird.627 Es ließe sich durchaus vertreten, dass in einem solchen Fall eine „betriebsbezogene“ Verletzungshandlung gegeben sei. Dritte – Altgläubiger ebenso wie Anteilseigner – wären durch eine derartige Rechtsverletzung indes nicht unmittelbar in ihren Rechten betroffen. Ansprüche für sie ließen sich daraus daher nicht herleiten.628 Es bleibt somit dabei: § 823 Abs. 1 BGB hat in seiner geltenden Fassung als Haftungstatbestand für die vorliegend untersuchten typischen Konstellationen keine Bedeutung. 2.
§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz
Eine genauere Betrachtung verlangt § 823 Abs. 2 BGB, die zweite „kleine Generalklausel“ des deutschen Deliktsrechts. Anders als nach § 823 Abs. 1 BGB sind nach § 823 Abs. 2 BGB auch einfache Vermögensschäden ersetzbar. Grundvoraussetzung einer Haftung nach dieser Vorschrift ist die Verletzung eines den Schutz einer anderen Person bezweckenden Gesetzes durch den Prüfer. Aus Art. 2 EGBGB ergibt sich, dass „Gesetze“ i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB nur „Rechtsnormen“ sein können. Unbeachtlich ist dabei, ob es sich im konkreten Fall um Gesetze im formellen ______ 624 St. Rspr. seit RG, Urt. v. 26. 11. 1920 – VII 286/20, RGZ 100, 274, 278 (GmbH) und RG, Urt. v. 21. 9. 1938 – II 183/37, RGZ 158, 248, 255 (AG). 625 Z. B. RG, Urt. v. 21. 9. 1938 – II 183/37, RGZ 158, 248, 255; Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives Recht und ,sonstiges‘ Recht, S. 156 ff.; Mertens, in: FS Fischer, S. 468 ff.; ders., in: Münch. Komm. BGB3, Rn. 152 zu § 823; K. Schmidt, JZ 1991, 157, 159. 626 Ebenso Martin Weber, NZG 1999, 1, 5 sowie aus dem älteren Schrifttum Czech, BB 1975, 723; 725; K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 109; Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 57; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 176. 627 Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 34 zu § 168; vgl. auch Gloeckner, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers, S. 55. 628 So auch Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 44, Fn. 34; K. P. Esser, Die zivilrechtliche Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten, S. 109; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 176; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 34 zu § 168; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 180 zu § 323 HGB.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Sinne, sonstige geschriebene Rechtsnormen oder auch nur um ungeschriebenes Gewohnheitsrecht handelt.629 Der jeweils einschlägige Rechtssatz muss jedoch ein bestimmtes, an den gesetzlichen Abschlussprüfer gerichtetes Gebot oder Verbot aussprechen.630 Ist dies nicht der Fall, so kann es nicht zu dem nach dem Gesetzeswortlaut erforderlichen „Verstoß“ gegen die Norm kommen. Aus der Formulierung „Schutz eines anderen“ und dem Zweck des § 823 Abs. 2 BGB wiederum wird abgeleitet, dass die fragliche Norm zumindest auch dem Individualschutz dienen muss.631 Liegen danach die Voraussetzungen eines „Schutzgesetzes“ vor, so ist zur Annahme eines Anspruches gegen den Abschlussprüfer aus § 823 Abs. 2 BGB erforderlich, dass der Schutzzweck der im konkreten Fall verletzten Norm sich gerade auch auf den geschädigten Dritten und dessen Vermöge erstreckt (sog. Schutzzweckzusammenhang).632 a)
Strafrechtliche Vorschriften
Als das Vermögen betreffende Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB, die von Abschlussprüfern im Zusammenhang mit ihrer Prüfungstätigkeit verletzt werden können, kommen zunächst Straftatbestände des Strafgesetzbuches und strafrechtlicher Nebengesetze in Betracht. Zu nennen sind etwa die Betrugs- und Untreuetatbestände, insbesondere § 263 StGB (Betrug), § 263 a StGB (Computerbetrug), § 264 StGB (Subventionsbetrug), § 264 a StGB (Kapitalanlagebetrug), § 265 b StGB (Kreditbetrug), § 266 StGB (Untreue), die Urkundenfälschungstatbestände der §§ 267 ff. StGB sowie die Insolvenzstraftatbestände der §§ 283 ff. StGB. Weitere in Betracht zu ziehende Straftatbestände sind § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen), § 204 StGB (Verwertung fremder Geheimnisse) sowie § 332 HGB (Verletzung der Berichtspflicht) und § 333 HGB (Verletzung der Geheimhaltungspflicht). Sämtliche dieser Straftatbestände setzen jedoch vorsätzliches Handeln voraus. Nach in Rechtsprechung und Schrifttum herrschender Ansicht richten sich für den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB die Anforderungen an die subjektive Tatseite nach den Anforderungen des betreffenden Schutzgesetzes. Mit Blick auf Straf- und Ordnungswidrigkeitsnormen ist dies nahezu unbestritten.633 Es be______ 629 Siehe statt aller Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, Rn. 211; Larenz/Canaris, Schuldrecht II, Halbbd. 2, § 77 II, S. 433, jeweils m. w. N. Zu den Versuchen im Schrifttum, den Begriff des Schutzgesetzes über das geltende Recht hinaus auszuweiten, im Überblick Teil 1.B.VIII.2, S. 184. 630 Mit Bezug auf Abschlussprüferhaftung OLG Saarbrücken, Urt. v. 12. 7. 1978 – 1 U 174/76, BB 1878, 1434, 1436; in anderem Kontext BGH, Urt. v. 9. 12. 1964 – I b ZR 181/62, NJW 1965, 2007; Urt. v. 25. 1. 1977 – VI ZR 29/75, NJW 1977, 1147, 1148. 631 Z. B. BGH, Urt. v. 21. 10. 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 13; Urt. v. 26. 2. 1993 – V ZR 74/92, BGHZ 122, 1, 3 f.; Urt. v. 13. 4. 1994 – II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 374. 632 Z. B. BGH, Urt. v. 16. 12. 1958 – VI ZR 245/57, BGHZ 29, 100, 102; Urt. v. 1. 3. 1974 – V ZR 82/ 72, BGHZ 62, 186, 188 f.; Urt. v. 24. 11. 1981 – VI ZR 47/80, NJW 1982, 1037, 1038; Urt. v. Larenz/ Canaris, Schuldrecht II, Halbbd. 2, § 77 II, S. 433 f.; Esser/Weyers, Schuldrecht II, Teilbd. 2, § 56 I, S. 200. 633 Siehe nur BGH, Urt. v. 26. 2. 1962 – II ZR 22/61, NJW 1962, 910, 911; Urt. v. 14. 7. 1966 – VIII ZR 229/64, BGHZ 46, 14, 21; Urt. v. 24. 11. 1981 – VI ZR 47/80, NJW 1982, 1037, 1038; Urt. v. 5. 3. 2002 – VI ZR 398/00, NJW 2002, 1643, 1645 f.; Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, Rn. 224; Larenz/Canaris,
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
steht allerdings auch kein Grund, an dieser Auslegung zu zweifeln. Wenn § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB von einem Gesetzesverstoß spricht, so ist damit jedenfalls bei einem Strafgesetz zumindest der objektive und subjektive Tatbestand des betreffenden Deliktes gemeint. Ginge man hingegen davon aus, § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB enthalte zu dieser Frage keine Regelung, so käme man auch durch einen entsprechenden Schluss aus § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB zu diesem Ergebnis. § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB geht wie selbstverständlich davon aus, dass die – im Normalfall gegebene – Regelung zum Verschulden nicht abtrennbarer Bestandteil des Schutzgesetzes ist. Sanktioniert das betreffende Schutzgesetz nur vorsätzliches Handeln, so kommt ein Schadensersatzanspruch bei lediglich fahrlässiger Schädigung nicht in Betracht. Für die vorliegend im Mittelpunkt des Interesses stehenden fahrlässig durch den Abschlussprüfer verursachten Vermögensschäden haben die angeführten Straftatbestände als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB damit keine Bedeutung.634 b)
§ 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB
In Rechtsprechung635 und Schrifttum636 herrscht eine fast erstaunliche Einigkeit darüber, dass die Vorschriften des § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB (bzw. seiner Vorgängernormen) nicht als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen seien. Zur – häufig nur knappen – Begründung werden im Wesentlichen dieselben Argumente angeführt, die auch gegen eine Ausweitung des Kreises der aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Anspruchsberechtigten und zugunsten einer Sperrwirkung dieser Vorschrift gegenüber anderen Anspruchsgrundlagen genannt werden.637 Dies ist meines Erachtens nicht konsequent; besonders dann nicht, wenn man von der Prämisse ausgeht, dass es sich bei § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht um einen delikti______ Schuldrecht II, Halbbd. 2, § 77 IV, S. 445 f.; differenzierend jedoch Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 26 I, S. 77; H. Dörner, JuS 1987, 522, 528; Weitnauer, JZ 1963, 631, 632 u. a., die zumindest hinsichtlich der Kriterien für Vorsatz und Fahrlässigkeit allein auf zivilrechtliche Grundsätze abstellen wollen. 634 Ebenso z. B. Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 46; ders. BFuP 2000, 549, 551; Heppe, WM 2003, 753, 757; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 63; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 178; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 211; Quick, DBW 2000, 60, 64; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 40; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 10; Martin Weber, NZG 1999, 1, 5. 635 OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 901, 903; OLG Karlsruhe, Urt. v. 7. 2. 1985 – 12 U 132/82, WM 1985, 940, 944; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113; vgl. auch BGH, Urt. v. 25. 4. 1961 – VI ZR 96/60, BB 1962, 652. 636 Z. B. Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 49; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 79 zu § 323; Grunewald, ZGR 1999, 583, 589 f.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 177; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 210; Quick, BB 1992, 1675, 1679; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 184 zu § 323 HGB; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 118 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 176 zu § 323 HGB; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 176 zu § 41. 637 Vgl. nur Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 210 und Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 176 zu § 323 HGB (Letztere verweisen unmittelbar auf ihre Ausführungen zu einer vermeintlich bestehenden Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB).
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
schen Tatbestand handelt638 und dass eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber den aus § 323 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht berechtigten Dritten nach allgemeinem Deliktsrecht ohne weiteres möglich bleibt.639 Es werden in diesem Zusammenhang mehrere unterschiedliche Aspekte der Vorschrift § 823 Abs. 2 BGB vermengt. Bei der Beantwortung der Frage, ob § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 HGB zu qualifizieren sind, sollte dem Gesetzeswortlaut entsprechend zunächst allein danach gefragt werden, ob diese Normen den „Schutz eines anderen“ bezwecken. Erst wenn man dies bejaht, kommt es für die Annahme eines Anspruches aus § 823 Abs. 2 HGB weiter darauf an, ob auch die konkret geschädigten Dritten und ihre Schäden vom Schutzzweck bzw. dem Schutzbereich der fraglichen Vorschriften umfasst sind. Mit Blick auf die aus § 323 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht berechtigten Dritten und die diesen typischerweise entstehenden Vermögensschäden ist lediglich die zweite Frage zu verneinen. Die Schutzgesetzeigenschaft ist bei § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB dagegen ohne weiteres anzunehmen. Dass die in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB niedergelegten Pflichten des gesetzlichen Abschlussprüfers (zumindest auch) individualschützend sind, zeigt sich bereits daran, dass der Gesetzgeber mit § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB an ihre Verletzung eine besondere Schadensersatzpflicht – subjektive Rechte Dritter – knüpfte. Deutlicher als durch die Einräumung eines eigenen Anspruches lässt sich im Zivilrecht Individualschutz kaum manifestieren. Allerdings legt § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auch die Schutzrichtung der Pflichten aus § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB fest. Unmittelbarer (Individual-)Schutz kommt lediglich den in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB genannten Anspruchsberechtigten, der geprüften Gesellschaft sowie den verbundenen Unternehmen, zu. Der Schutz verbundener Unternehmen beschränkt sich zudem auf die Verletzung der Pflicht zur Verschwiegenheit sowie das Verbot der Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen aus § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB.640 Nach dem Gesagten sind die Regelungen des § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB entgegen im Schrifttum vertretener Ansicht als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen. Der sich aus diesen Vorschriften ergebende Individualschutz reicht jedoch nicht weiter als § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB einzelnen Personen subjektive Rechte einräumt. In den vorliegend untersuchten typischen Fallkonstellationen stehen prüfungsvertragsfremden Dritten aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB keine Ansprüche zu. Es werden in diesen Fällen insbesondere auch keine Rechte verbundener Unternehmen aus § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB verletzt.641 Aus einem Verstoß des Abschlussprüfers gegen Pflichten aus § 323 Abs. 1 HGB können sich für den ______ 638 Siehe dazu Teil 1.B.I.2.a)cc), S. 36 ff. 639 So die in Rechtsprechung und Schrifttum unbestrittene Ansicht, siehe Teil 1.B.I.3.a), S. 55 ff. 640 Siehe dazu Teil 1.B.I.2.c)bb), S. 49 ff. 641 Siehe Teil 1.B.I.2.d), S. 54.
133
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
gesetzlichen Abschlussprüfer damit auch keine Schadensersatzpflichten im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB ergeben. c)
§§ 238 ff. HGB
Auch die nicht unmittelbar die Prüfung betreffenden Rechnungslegungsvorschriften des HGB (§§ 238 ff., 264 ff. HGB) und entsprechender Spezialgesetze (z. B. §§ 150, 152, 158, 160 AktG, 41 ff. GmbHG, 1 ff. PublG) werden nach allgemeiner Auffassung bereits nicht als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB angesehen. Zweck dieser Bestimmungen sei nicht der Schutz einzelner Personen, sondern die Sicherstellung der Dokumentation, Information und Rechenschaft im öffentlichen Interesse.642 Die in §§ 238 ff., 264 ff. HGB und anderen Vorschriften enthaltenen Gebote richten sich zudem nicht an den Abschlussprüfer, sondern unmittelbar nur an den Kaufmann bzw. gemäß § 6 HGB an die Handelsgesellschaft als Trägerin des Unternehmens.643 Auch wenn man also bei der einen oder anderen Vorschrift einen individualschützenden Charakter annähme, wäre sie als Schutzgesetz für die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht von Belang. d)
§ 18 KWG
Entsprechendes gilt für die Vorschrift des § 18 Satz 1 KWG, nach der Kreditinstitute bei der Vergabe größerer Kredite gehalten sind, sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers durch Vorlage „insbesondere“ der Jahresabschlüsse offen legen zu lassen. Bei prüfungspflichtigen Unternehmen bezieht sich die Vorlagepflicht aus § 18 KWG auf die vom Abschlussprüfer testierten Jahresabschlüsse und grundsätzlich auch auf die erstellten und unterschriebenen Prüfungsberichte.644 Adressaten des § 18 KWG sind indes ausschließlich die Kreditinstitute i. S. d. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 KWG. Schon aus diesem Grunde hat § 18 KWG für die Haftung des Abschlussprüfers nach § 823 Abs. 2 BGB keine Bedeutung.645
______ 642 RG, Urt. v. 4. 2. 1910 – II 255/09, RGZ 73, 30, 34 f. (zu §§ 38, 39 HGB a. F.); BGH, Urt. v. 10. 7. 1964 – I b ZR 208/62, BB 1964, 1273 (allgemein zu handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften); Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 47, Fn. 52; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 85 zu § 323. 643 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 2 zu § 238 HGB, Ballwieser, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 2 zu § 238; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 7 zu § 238. 644 Vgl. das inzwischen aufgehobene BAKred-Rundschreiben Nr. 9/98 vom 7. Juli 1998 (siehe Fn. 67). 645 BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113; Ebke, in: Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 47, Fn. 54; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 84 zu § 323; Ebke/Scheel, WM 1991, 389; Ebke/Fechtrup, JZ 1986, 1111, 1113; C. Feddersen, WM 1999, 105, 111; Hirte, Berufshaftung, S. 64; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 212; Quick, BB 1992, 1675, 1679 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 10, Fn. 31; gegen Schutzgesetzqualität des § 18 KWG in anderem Kontext: BGH, Beschl. v. 24. 11. 1983 – III ZR 160/ 83, WM 1984, 131; vgl. auch OLG München, Urt. v. 25. 2. 1983 – 19 U 3659/82, WM 1984, 128, 131; OLG Köln, Beschl. v. 23. 6. 1999 – 13 W 32/99, ZIP 1999, 1794, 1795 sowie allgemein Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Einf., Rn. 67; Früh, in: Beck/Samm, KWG, Rn. 18 zu § 18.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
e)
§ 43 Abs. 1 WPO
Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) werden in Rechtsprechung und Schrifttum nahezu einhellig nicht als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB angesehen.646 Mit Blick auf §§ 2, 43, 48 WPO und neuerdings auch auf § 49 WPO wurde dies jedoch häufiger erwogen. Von unmittelbarem Interesse für die vorliegend untersuchten Konstellationen sind allein die Vorschriften des § 2 Abs. 1 WPO und des § 43 Abs. 1 WPO.647 § 2 Abs. 1 WPO weist Wirtschaftsprüfern die berufliche Aufgabe zu, betriebswirtschaftliche Prüfungen durchzuführen. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO bestimmt, dass der Wirtschaftsprüfer seinen Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben hat; § 43 Abs. 1 Satz 2 WPO wiederum besagt, dass er sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten hat. Ordnete man § 43 Abs. 1 WPO entgegen der in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung als Schutzgesetz ein, so könnten bereits eine fahrlässig nicht gewissenhaft i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO durchgeführte Prüfung und ein dadurch entstandener Vermögensschaden eine Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten begründen.648 Gegen die Schutzgesetzeigenschaft der Vorschrift § 43 Abs. 1 WPO wird angeführt, dass sie ebenso wie die Vorschriften der §§ 2, 48, 49 WPO die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers lediglich allgemein umschreibe und kennzeichne. Der Norm komme als Standesvorschrift eine rein ordnungspolitische Funktion für den Berufsstand und seine Angehörigen zu, ohne dass damit auch Rechtsschutzmöglichkeiten für außenstehende Dritte eröffnet würden.649 § 43 Abs. 1 WPO fehle es jedenfalls an einer „konkretisierbaren Drittgerichtetheit“, da sich der sachliche und personelle Schutzbereich des § 43 Abs. 1 WPO nach „deliktsrechtlichen Maßstäben“ nicht ______ 646 BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321; OLG Saarbrücken, Urt. v. 12. 7. 1978 – 1 U 174/76, BB 1978, 1434, 1436; LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 417; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113; Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 49 ff.; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 80 zu § 323; C. Feddersen, WM 1999, 105, 111; Grunewald, ZGR 1999, 583, 589 f.; Hirte, Berufshaftung, S. 64; H.-J. Otto/ Mittag, WM 1996, 325, 332; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 207 (unklar jedoch auf S. 204 unten); Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer für fehlerhafte Testate, S. 10, Fn. 31; Martin Weber, NZG 1999, 1, 5; Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 144; a. A. (im älteren Schrifttum) möglicherweise Lammel, AcP 179 (1979), 336, 362 f., Fn. 146; ders., NJW 1973, 700; vgl. dazu auch Durchlaub, DB 1974, 905, 907. 647 In § 2 WPO benennt das Gesetz lediglich allgemein die Aufgaben und Tätigkeitsbereiche der Wirtschaftsprüfer; in § 48 WPO äußert es sich zu den Grundsätzen ihrer Siegelführung. § 49 WPO wiederum nennt Fälle, in denen der Wirtschaftsprüfer seine Tätigkeit zu versagen hat. 648 Zu den „Vorteilen“ einer Einordnung des § 43 Abs. 1 WPO als Schutzgesetz vgl. Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 199 f. 649 OLG Saarbrücken, Urt. v. 12. 7. 1978 – 1 U 174/76, BB 1978, 1434, 1436; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113; LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 417; Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 49 ff.; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 80 zu § 323; C. Feddersen, WM 1999, 105, 111; Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 126 f.; Grunewald, ZGR 1999, 583, 589 f.; Philippsen, Zur Dritthaftung privat beauftragter Gutachter, S. 205; Quick, BB 1992, 1675, 1679; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer für fehlerhafte Testate, S. 10, Fn. 31.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
bestimmen lasse.650 Vereinzelt scheinen die Gerichte und Stimmen im Schrifttum sogar am Gebotscharakter der §§ 2, 43, 48, 49 WPO allgemein zu zweifeln.651 Der herrschenden Ansicht ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass prüfungsvertragsfremde Dritte aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 43 Abs. 1 WPO keine Ansprüche gegen den gesetzlichen Abschlussprüfer herleiten können. Die Begründung dieses Ergebnisses überzeugt unterdessen nur teilweise. Sollten einzelne Gerichte und Teile des Schrifttums tatsächlich der Auffassung sein, § 43 Abs. 1 WPO enthalte schon kein Gebot, so kann dem nicht zugestimmt werden. Eine Vorschrift enthält nur dann kein Gebot bzw. Verbot, wenn sich aus ihr keine noch so allgemein formulierte Verpflichtung zu einem Tun oder Unterlassen ergibt.652 Dass dies bei § 43 Abs. 1 WPO nicht der Fall ist, ergibt sich bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift („hat . . . auszuüben“, „hat . . . zu verhalten“). Die Wirtschaftsprüferordnung ist zudem ein formelles Gesetz – nicht lediglich eine Berufsrichtlinie oder eine Satzung. Auch im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den in den §§ 43 ff. WPO normierten Geboten um rein standesinterne Pflichten handelt, die außerhalb des Berufsstandes keine Geltung beanspruchen. Wenn der Gesetzgeber in den §§ 67 ff. WPO eine berufsgerichtliche Ahndung schuldhafter Pflichtverletzungen der Wirtschaftsprüfer vorsah, so wird damit den Geboten und Verboten der §§ 43 ff. WPO lediglich besonderer Nachdruck verliehen. Keineswegs ergibt sich daraus, dass die Geltung der in der Wirtschaftsprüferordnung niedergelegten Gebote auf den „Innenbereich“ des Berufsstandes beschränkt bleibt. Auch aus anderen Rechtsbereichen sind Gebote bekannt, deren Durchsetzung nicht den bei ihrer Verletzung mittelbar oder unmittelbar Betroffenen obliegt. Der Umstand, dass einzelne der in § 43 Abs. 1 WPO enthaltenen Pflichten konkretisierungsbedürftig sind, ändert ebenfalls nichts am Gebotscharakter der Vorschrift. Wenn der Gesetzgeber die von ihm aufgestellten Normen nicht selbst konkretisiert, so ist dazu auch in anderen Fällen die Rechtsprechung berufen. Ebenso sicher, wie sich aus § 43 Abs. 1 WPO verbindliche, nicht lediglich standesinterne Gebote ergeben, kommt diesen Geboten eine Schutzfunktion zugunsten nicht dem Berufsstand angehöriger Dritter zu. Im Falle der gesetzlichen Abschlussprüfung dient eine unabhängige, gewissenhafte, eigenverantwortliche und unparteiische Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer unmittelbar den Adressaten und Interessenten der prüfungsbezogenen Äußerungen und der gesetzlichen Abschlussprüfung als solcher.653 Die Gewährleistung der Funktionen der gesetzlichen Abschlussprüfungen (insbesondere ihrer Informations- und Beglaubigungs______ 650 Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 207. 651 So jedenfalls interpretiert nicht ganz fernliegend Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 200 die Entscheidungen OLG Saarbrücken, Urt. v. 12. 7. 1978 – 1 U 174/76, BB 1978, 1434, 1436 und LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 417; ein ähnlicher Eindruck entsteht etwa bei Grunewald, ZGR 1999, 583, 589 f. 652 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 74. 653 Siehe Teil 1.A.IV.2, S. 24 und Teil 1.A.IV.3, S. 25 f.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
funktion)654 sowie der anderen beruflichen Aufgaben der Wirtschaftsprüfer ist zentraler Zweck und nicht nur nützlicher Nebeneffekt der Gebote aus § 43 Abs. 1 WPO. Fraglich ist aber in der Tat, ob der Schutzzweck des § 43 Abs. 1 WPO so weit reicht, dass er dem einzelnen Geschädigten im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB Rechtsschutz in Form eines eigenen Anspruches zu verleihen vermag. Dafür könnte sprechen, dass sich bis auf die Pflicht zur eigenverantwortlichen Berufsausübung jede der in § 43 Abs. 1 WPO niedergelegten Pflichten nahezu wortgleich auch in der Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB wiederfindet, für die die Schutzgesetzqualität bejaht wurde. Gegen eine individualschützende Wirkung des § 43 Abs. 1 WPO wird angeführt, dass der personale Schutzbereich der Vorschrift zu unbestimmt sei.655 In dieselbe Richtung geht der Einwand, § 43 Abs. 1 WPO fehle es an einer „konkretisierbaren Drittgerichtetheit“.656 Die Zahl der möglichen Anspruchsberechtigten wäre bei einer Einordnung des § 43 Abs. 1 WPO als Schutzgesetz uferlos.657 Dagegen wiederum ließe sich einwenden, dass auch andere zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen eine große Zahl potentieller Gläubiger erfassen. Als Anspruchsberechtigte kämen zudem nur die Adressaten und Interessenten der externen Rechnungslegung658 in Betracht, die mit den prüfungsbezogenen Äußerungen des Abschlussprüfers tatsächlich in Kontakt gekommen sind. Zwingend für oder gegen eine individualschützende Wirkung des § 43 Abs. 1 WPO spricht meines Erachtens keiner der angeführten Gründe. Weiterführend sind allein folgende gesetzeshistorische und gesetzessystematische Anhaltspunkte: Wie bereits mehrfach angesprochen, wurde die bilanzrechtliche Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers erstmals im Zuge der Aktienrechtsreform des Jahres 1965 auf prüfungsvertragsfremde Dritte ausgedehnt.659 Die erste bundeseinheitliche Wirtschaftsprüferordnung660 mit einem der heutigen Fassung des Gesetzes entsprechenden § 43 war dagegen bereits seit dem 1. November 1961 in Kraft. Wäre der Gesetzgeber der Vorschrift des § 168 AktG (1965) von der Schutzgesetzeigenschaft des § 43 Abs. 1 WPO (1961) ausgegangen, so hätte es der Schaffung eines weiteren vertragsunabhängigen Anspruches prüfungsvertragsfremder Dritter im Rahmen des § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht bedurft. Der sich aus § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG (1965) für prüfungsvertragsfremde Konzernunternehmen sowie herrschende und abhängige Unternehmen ergebende Anspruch hätte sich identisch bereits aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO (1961) ergeben.661 § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO (1961) regelte ebenso wie § 168 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG (1965) die ______ 654 Siehe Teil 1.A.IV.1, S. 24 und Teil 1.A.IV.2, S. 24. 655 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 50; Quick, BB 1992, 1675, 1679 f. 656 Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 207. 657 OLG Saarbrücken, Urt. v. 12. 7. 1978 – 1 U 174/76, BB 1978, 1434, 1436; vgl. Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 205 ff.; Quick, BB 1992, 1675, 1679 f. 658 Siehe zu diesen näher Teil 1.A.IV.3, S. 25 f. 659 Siehe Teil 1.B.I.2.c)bb), S. 49 ff. 660 Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 24. Juli 1961, BGBl. 1961 I, S. 1049. 661 § 168 AktG (1965) ist im Anhang wiedergegeben, siehe S. 246.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Pflicht zur Verschwiegenheit des Wirtschaftsprüfers.662 Wenn man nicht annehmen möchte, dass der Gesetzgeber der Aktienrechtsreform des Jahres 1965 mit § 168 Abs. 1 Satz 3 AktG (1965) eine nicht erforderliche weitere Anspruchsgrundlage schaffen wollte, muss man davon ausgehen, dass er § 43 Abs. 1 WPO (1961) nicht als Schutzgesetz einordnete. Auch der Gesetzgeber des Bilanzrichtliniengesetzes aus dem Jahre 1985663 scheint nicht von einer Schutzgesetzeigenschaft des § 43 Abs. 1 WPO ausgegangen zu sein. Wie oben angesprochen, hat er § 168 AktG (1965) mit nur geringen Änderungen als § 323 in das HGB eingefügt. Im Ergebnis ist daher aus gesetzeshistorischen und gesetzessystematischen Gründen der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Ansicht zuzustimmen, nach der sich für prüfungsvertragsfremde Dritte aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 43 Abs. 1 WPO keine Ansprüche gegen den gesetzlichen Abschlussprüfer ergeben können.664 f)
Sonstige berufsbezogene Vorschriften und Grundsätze
Der Beruf des Wirtschaftsprüfers und die Grundsätze seiner Ausübung werden neben den formellgesetzlichen Vorschriften (WPO, HGB usw.) durch eine Vielzahl weiterer, nach Fundierung und Verpflichtungskraft unterschiedlicher665 Normen geprägt. Als normensetzende Institutionen sind auf nationaler Ebene vor allem die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) und das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) bedeutsam. Auf internationaler Ebene ist dies insbesondere die IFAC (International Federation of Accountants). Mit Blick auf die große praktische Bedeutung einzelner Normen der genannten Institutionen ist die Frage nach deren Schutzgesetzqualität zwar nicht von vornherein abwegig, bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch schnell, dass es diesen Bestimmungen ohne Ausnahme an einer allgemeinen Bindungswirkung fehlt. aa)
Berufssatzung der WPK
Durch das „Dritte Gesetz zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung“ vom 15. Juli 1994666 wurde die WPK zum Erlass einer „Berufssatzung“ ermächtigt (vgl. § 57 Abs. 3, 4 WPO). Die daraufhin erlassene „Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers“667 trat im September 1996 in Kraft. Ihre Bedeutung liegt hauptsäch______ 662 Auch für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften sowie deren gesetzliche Vertreter bestanden (vgl. §§ 43 Abs. 1, 56, 130 WPO [1965]) und bestehen (vgl. §§ 43 Abs. 1, 56 Abs. 1, 130 Abs. 1, 2 WPO n. F.) gleichlautende Vorschriften außerhalb des HGB-Bilanzrechts. 663 Siehe Fn. 25. 664 Ordnete man den Anspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB entgegen der hier vertretenen Ansicht (siehe Teil 1.B.I.2.a)cc), S. 36 ff.) als deliktsrechtlichen Anspruch ein, so ergäbe sich dieses Ergebnis zumindest für verbundene Unternehmen auch aus der Spezialität eines Anspruches aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB gegenüber einem Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 43 Abs. 1 WPO. 665 Vgl. dazu Ruhnke, Normierung der Abschlussprüfung, S. 44 f., 54 ff. 666 BGBl. I, S. 1569, 1576 f. 667 Vom 11. 6. 1996, BAnz. 1996, S. 11077, zuletzt geändert durch Beschluss vom 23. 11. 2005, BAnz. 2005, S. 16872, in Kraft getreten am 1. 3. 2006.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
lich in der Konkretisierung der sich aus §§ 43 ff. WPO ergebenden Berufspflichten für die Wirtschaftsprüfer (vgl. § 57 Abs. 4 WPO). Unmittelbare rechtliche Wirkung kann die Satzung als untergesetzliche Norm allerdings nur gegenüber den Mitgliedern der WPK (vgl. § 40 Berufssatzung) entfalten. Dritte – auch die Auftraggeber der Wirtschaftsprüfer – können sich auf sie nicht berufen. Auch Gerichte sind bei ihren Entscheidungen und der dabei vorgenommenen Auslegung gesetzlicher Vorschriften nicht an die Satzung gebunden.668 bb)
Berufsrichtlinien der WPK
Mit dem Inkrafttreten der Berufssatzung wurden die bis dahin geltenden „Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer“669 außer Kraft gesetzt. Die WPK blieb jedoch gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 5 WPO auch nach Erlass der Berufssatzung dazu ermächtigt – nach dem Wortlaut der Vorschrift sogar dazu verpflichtet670 – „die allgemeine Auffassung über Fragen der Ausübung des Berufs [. . .] in Richtlinien [. . .] festzustellen“. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sind derartige Standesrichtlinien „weder als normative Regelung der [. . .] Berufspflichten noch als rechtserhebliches Hilfsmittel zur Konkretisierung“671 der gesetzlichen Generalklauseln – etwa § 43 WPO – anzusehen. Berufsrichtlinien stellen vielmehr deklaratorisch die Auffassung der Mitglieder des Berufsstandes, die vorhandene „communis opinio“,672 dar. Für den einzelnen Wirtschaftsprüfer haben sie damit allein klarstellenden und empfehlenden Charakter. Gerichte sind an sie ebenso wenig wie an die Regelungen der Berufssatzung gebunden.673 cc)
Verlautbarungen des IDW
Die Ergebnisse der Facharbeit des IDW werden als „IDW Prüfungsstandards“, „IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung“ sowie diese ergänzende „IDW Prü______ 668 Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 122 ff.; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 130; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 277; Ruhnke, Normierung der Abschlussprüfung, S. 56; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 33 zu § 323; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 27 zu § 323 HGB; vgl. BVerfG, Urt. v. 14. 12. 1999 – 1 BvR 1327/98, WPK-Mitt. 2000, 63 (mit Blick auf die Berufssatzung der Bundesrechtsanwaltskammer); a. A. offenbar Biener, in: FS Baetge, S. 643 und 647, der die Normen der Berufssatzung als „gesetzliche Vorschriften“ (S. 643) bezeichnet, an die offenbar auch die Gerichte gebunden sein sollen (S. 647) sowie Hense, WPK-Mitt. 1997, 18, 20, der von einer „Befugnis“ der Wirtschaftsprüferkammer zum Treffen von „Regelungen mit Normcharakter“ spricht. 669 Zuletzt festgestellt am 12. März 1987, WPK-Mitt. 1987, Nr. 126. 670 Vgl. Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 117. 671 BVerfG, Beschl. v. 14. 7. 1987 – 1 BvR 537/81, 195/87, BVerfGE 76, 171, 188 f. (die Entscheidung betraf Standesrichtlinien der Rechtsanwälte); vgl. auch die Entscheidungen BVerfG, Beschl. v. 28. 11. 1973 – 1 BvR 13/67, BVerfGE 36, 212, 216 ff.; Beschl. v. 14. 7. 1987 – 1 BvR 362/79, BVerfGE 76, 196, 205 und BGH, Beschl. v. 16. 7. 1962 – AnwZ (B) 10/62, BGHZ 37, 396, 400 f. (jeweils ebenfalls zu Standesrichtlinien der Rechtsanwälte). 672 BVerfG, Beschl. v. 14. 7. 1987 – 1 BvR 537/81, 195/87, BVerfGE 76, 171, 188. 673 BVerfG, Beschl. v. 14. 7. 1987 – 1 BvR 537/81, 195/87, BVerfGE 76, 171, 188 f.; ebenso Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 119 ff.; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 140; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, Rn. 1 zu § 323.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
fungshinweise“ und „IDW Rechnungslegungshinweise“ veröffentlicht. Mit den genannten Verlautbarungen legt das IDW aus seiner Sicht die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer zu fachlichen Fragen dar.674 Dem einzelnen Wirtschaftsprüfer wird damit ein Bestand an anerkannten Regeln zur Ausübung seines Berufes geboten. Entgegen vereinzelter Stimmen im Schrifttum675 handelt es sich bei den Verlautbarungen des IDW jedoch keineswegs um allgemein gültige „Rechtsnormen“.676 Das IDW hat als Privatrechtssubjekt weder eine originäre noch eine staatlich verliehene Rechtsetzungsbefugnis.677 Lediglich die Mitglieder des IDW sind über die Vereinssatzung unmittelbar zur Einhaltung der Grundsätze angehalten (§ 4 Abs. 9 IDW-Satzung).678 dd)
Verlautbarungen internationaler Berufsorganisationen
In der deutschen Praxis zunehmend an Bedeutung gewonnen haben die Verlautbarungen international tätiger Berufsorganisationen, wie etwa der International Federation of Accountants (IFAC), zu deren Mitgliedern auch die deutschen Berufsorganisationen (WPK und IDW) zählen. Die von der IFAC herausgegebenen International Standards on Auditing (ISA) enthalten Grundsätze zur ordnungsgemäßen Durchführung von Abschlussprüfungen und entsprechende Praxishinweise. Für den einzelnen Berufsangehörigen begründen sie jedoch keine unmittelbaren rechtlichen Pflichten; sie richten sich vielmehr allein an die nationalen Mitgliedsorganisationen der IFAC.679 Diese haben sich satzungsmäßig dazu verpflichtet, die aufgestellten Grundsätze in nationale Prüfungsstandards umzusetzen, soweit die nationale Rechtsordnung dem nicht entgegensteht.680 g)
Zusammenfassung und Ergebnis
Weder die „Berufssatzung“ der WPK noch die angesprochenen Verlautbarungen nationaler und internationaler Berufsorganisationen sind bindende Rechtsnor______ 674 IDW, PS 201, Tz. 13, 28 f.; Wiedefeld, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, Anh. 3, Rn. 7 f. 675 Scherrer, DB 1977, 1325, 1327 („quasi gesetzliche Norm“) und offenbar auch Claussen/Korth, in: Kölner Komm. AktG, Rn. 33, 35 zu § 317 HGB („rechtssatzähnliche Norm“). 676 So z. B. Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 111 f.; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 143; H.-J. Hirsch, Die Bedeutung der vom Institut der Wirtschaftsprüfer herausgegebenen Fachgutachten, Stellungnahmen und Verlautbarungen, S. 112; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 23 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 16 zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 27 zu § 323. 677 Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 112; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 143; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 27 zu § 323. 678 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 143 f.; Mai, Rechtsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaft, S. 102; Wiedefeld, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, Anh. 3, Rn. 9; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 27 zu § 323. 679 So die ganz überwiegend vertretene Auffassung, siehe nur Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, B. Rn. 57; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 22 a zu § 323 HGB, m. w. N.; a. A. offenbar Niehus, in: FS Sieben, S. 489; differenzierend Ruhnke, DB 1999, 237, 238; ders., WPK-Mitt. 1997, 78, 82. 680 Zum Zusammenspiel der nationalen und internationalen Institutionen siehe Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 159 ff.; Naumann, in: IDW, WPHdb. 2006, Bd. I, B. Rn. 57 ff.; Ruhnke, Normierung der Abschlussprüfung, S. 97 ff.; ders., WPK-Mitt. 1997, 78 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 22 a ff. zu § 323 HGB.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
men i. S. d. Art. 2 EGBGB. Ungeachtet ihrer Bedeutung in der Praxis und ihrer in faktischer Hinsicht möglicherweise gesetzesähnlichen Verpflichtungskraft kommen auch sie damit als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB nicht in Betracht. Weitere Normen, die als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sind und die der gesetzliche Abschlussprüfer in den untersuchten Fallkonstellationen verletzen könnte, sind nicht ersichtlich. § 823 Abs. 2 BGB hat damit in seiner geltenden Fassung als Anspruchsgrundlage für die untersuchten Konstellationen keine Bedeutung. 3.
§ 826 BGB
„Einfache“ Vermögensschäden sind grundsätzlich auch nach § 826 BGB, der dritten („kleinen“) deliktsrechtlichen Generalklausel, ersetzbar. Der gesetzliche Abschlussprüfer haftet nach dieser Vorschrift prüfungsvertragsfremden Dritten, wenn er die ihnen entstandenen Schäden „vorsätzlich“ und „in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise“ zugefügt hat. Trotz der damit recht hohen tatbestandlichen Anforderungen haben die Gerichte § 826 BGB in Prüfungsfällen häufiger in den Mittelpunkt ihrer Entscheidungen gerückt.681 Sowohl in Pflichtprüfungsfällen als auch im Zusammenhang mit Fehlern bei freiwilligen Abschlussprüfungen zählen sie diese Norm offenbar zu den naheliegenden Anspruchsgrundlagen geschädigter Dritter. Zurückzuführen ist dies weitgehend auf eine allzu großzügige Auslegung der Haftungsvoraussetzungen des § 826 BGB. Nach Ansicht der Rechtsprechung kann im Einzelfall bereits ein „leichtfertiges und gewissenloses Verhalten“ einen Sittenverstoß i. S. d. § 826 BGB begründen.682 „Durchweg“ soll dies der Fall sein, wenn der Schädiger mit Rücksicht auf sein Ansehen oder seinen Beruf eine Vertrauensstellung einnimmt.683 Bei Wirtschaftsprüfern ist im Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen stets von einer Vertrauensstellung in diesem Sinne auszugehen. Die Gerichte nehmen daher mit Blick auf die Erteilung fehlerhafter Bestätigungsvermerke einen Verstoß gegen die guten Sitten bereits an, wenn der Prüfer bei Fragen von erheblicher Bedeutung auf eine notwendige Prüfung bewusst verzichtet oder prüffähige Angaben und Unterlagen ungeprüft übernimmt.684 Dasselbe gilt, wenn der Prüfer sich über erkannte Bedenken hinwegsetzt oder sich grob fahrlässig der Ein______ 681 OLG Celle, Urt. v. 5. 1. 2000 – 3 U 17/99, NZG 2000, 613, 615; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 6. 1996 – 5 U 11/96, BB 1996, 2614, 2616; OLG Karlsruhe, Urt. v. 7. 2. 1985 – 12 U 132/82, WM 1985, 940, 942; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113. 682 BGH, Urt. v. 18. 1. 1986 – X ZR 95/85, NJW-RR 1986, 1150, 1151; Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758; Urt. v. 3. 10. 1989 – XI ZR 157/88, NJW 1990, 389, 390; Urt. v. 14. 5. 1992 – II ZR 299/90, NJW 1992, 2821; Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, NJW 2001, 360, 365. 683 So ausdrücklich OLG Karlsruhe, Urt. v. 7. 2. 1985 – 12 U 132/82, WM 1985, 940, 942; ganz ähnlich BGH, Urt. v. 18. 1. 1986 – X ZR 95/85, NJW-RR 1986, 1150, 1151. 684 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 6. 1996 – 5 U 11/96, BB 1996, 2614, 2616; OLG Karlsruhe, Urt. v. 7. 2. 1985 – 12 U 132/82, WM 1985, 940, 942; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
sicht in die Unrichtigkeit seines Bestätigungsvermerkes verschließt.685 Ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit setzen die Gerichte nicht voraus.686 Der Sittenverstoß i. S. d. § 826 BGB stellt damit in der Praxis der Rechtsprechung keine sonderlich hohe Hürde dar. Auf der Basis der genannten Auslegungsgrundsätze sind im Gegenteil sogar eine ganze Reihe weiterer Fälle denkbar, in denen die Gerichte grob fahrlässige Verletzungen prüferischer Sorgfaltspflichten konsequenterweise als „leichtfertig und gewissenlos“ einordnen müssten.687 Ähnlich geringe Anforderungen wie an den „Sittenverstoß“ stellt die Rechtsprechung an den nach § 826 BGB erforderlichen Vorsatz. Dieser ist neben einem Verstoß gegen die guten Sitten festzustellen und hat sich auf die Schädigung, nicht auch auf die Sittenwidrigkeit der Schädigung, zu erstrecken.688 Eine Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich. Im Rahmen des § 826 BGB genügt nach allgemeiner Auffassung bedingter Vorsatz.689 Der Abschlussprüfer muss somit die Schädigung des oder der Dritten wenigstens billigend in Kauf genommen haben, was nach Ansicht der Rechtsprechung bereits dann gegeben ist, wenn er sich vorstellen konnte, dass der geprüfte und mit Bestätigungsvermerk versehene Jahresabschluss (Prüfungsbericht usw.) bei Kreditverhandlungen mit einem Geldgeber verwandt werden und diesen zu nachteiligen Vermögensdispositionen veranlassen könnte.690 Eine genaue Vorstellung von der Höhe des Schadens oder der Person des Geschädigten muss der Abschlussprüfer nach Ansicht der Rechtsprechung nicht haben.691 Da sich der Vorsatz nach dem Wortlaut des § 826 BGB nur auf die Schädigung eines anderen beziehen muss, soll es unter diesem Aspekt auch auf eine Kenntnis des Abschlussprüfers von der Fehlerhaftigkeit des Testates (bzw. seiner sonstigen prüfungsbezogenen Äußerung) nicht ankommen.692 ______ 685 BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, NJW 2001, 360, 365; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 6. 1996 – 5 U 11/96, BB 1996, 2614, 2616; LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113. 686 St. Rspr. seit RG, Urt. v. 15. 11. 1909 – VI 382/08, RGZ 72, 175, 176; BGH, Urt. v. 24. 11. 1952 – III ZR 164/51, BGHZ 8, 83, 87; Urt. v. 26. 3. 1962 – II ZR 151/60, NJW 1962, 1099, 1100; Urt. v. 17. 9. 1985 – VI ZR 73/84, NJW 1986, 180, 181. 687 Wohl unter dem Eindruck der eigenen Rechtsprechung sahen sich die Gerichte in den letzten Jahren mehrfach zu der Klarstellung genötigt, dass die Vorlage eines fehlerhaften Testates oder eines fehlerhaften Prüfungsberichtes allein noch keinen Sittenverstoß begründen könne, siehe z. B. BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, NJW 2001, 360, 365 (Testat über freiwillige Prüfung); Urt. v. 26. 6. 2001 – X ZR 231/99, NJW 2001, 3115, 3118 (Prüfungsbericht über Sonderprüfung einer Bank); LG Hamburg, Urt. v. 22. 6. 1998 – 402 O 70/97, WPK-Mitt. 1999, 110, 113 (Testat über gesetzliche Abschlussprüfung). 688 BGH, Urt. v. 17. 9. 1985 – VI ZR 73/84, NJW 1986, 180, 180 f.; Urt. v. 3. 10. 1989 – XI ZR 157/88, NJW 1990, 389, 390; Urt. v. 14. 6. 2000 – III ZR 218/99, NJW 2000, 2896, 2897. 689 BGH, Urt. v. 30. 1. 1953 – I ZR 88/52, BGHZ 8, 387, 393; Urt. v. 14. 6. 2000 – III ZR 218/99, NJW 2000, 2896, 2897; Urt. v. 26. 6. 2001 – IV ZR 209/98, NJW 2001, 3187, 3189. 690 BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1759; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 11. 1998 – 8 U 59/98, NZG 1999, 901, 903 f.; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 8. 4. 1997 – 2/18 O 475/95, BB 1997, 1682, 1683 f. 691 BGH, Urt. v. 26. 6. 1989 – II ZR 289/88, BGHZ 108, 134, 143 f.; Urt. v. 20. 11. 1990 – VI ZR 6/90, NJW 1991, 634, 636; Urt. v. 14. 6. 2000 – III ZR 218/99, NJW 2000, 2896, 2897. 692 BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1758 f.; Urt. v. 24. 9. 1991 – VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282, 3283.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Das Schrifttum steht dieser Rechtsprechung ganz überwiegend kritisch gegenüber. Die geschilderte Auslegung verwässere nach Ansicht vieler Autoren die ursprünglich eng angelegten Haftungsvoraussetzungen. § 826 BGB als Haftungstatbestand werde im Bereich der Expertenhaftung, zu der die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gehöre, deutlich überstrapaziert.693 Angegriffen wird auch die in der Rechtsprechung zu beobachtende Praxis, aus dem „besonders leichtfertigen“ Verhalten eines „Experten“ sowohl den Sittenverstoß als auch den bedingten Schädigungsvorsatz zu folgern.694 Im Ergebnis werde die Haftung nach § 826 BGB dadurch weit in den Bereich der Fahrlässigkeit ausgedehnt.695 Hingewiesen wird zudem auf die Gefahr, dass der Abschlussprüfer (bzw. sonstige Experte) durch die vorschnelle Annahme eines Schädigungsvorsatzes mit Blick auf § 152 VVG seinen Versicherungsschutz verliert.696 Im Ergebnis wird daher § 826 BGB im Schrifttum als Anspruchsgrundlage außerhalb eindeutig vorsätzlicher Schädigungen des Abschlussprüfers abgelehnt. Dem kann nur zugestimmt werden. Wenn § 826 BGB seinen vom Gesetzgeber vorgegebenen Charakter als lediglich beschränkte Generalklausel bewahren soll, so muss das Vorsatzerfordernis dieser Vorschrift ernst genommen werden. Dazu gehört zum einen, dass entgegen der von den Gerichten zum Teil praktizierten Rechtsprechung nicht bereits grob fahrlässige Pflichtverletzungen einen Sittenverstoß i. S. d. § 826 BGB begründen können, und zum anderen, dass aus solchen Pflichtverletzungen erst recht nicht auf einen Schädigungsvorsatz gefolgert werden kann. Tragender Rechtsgedanke der Vorschrift des § 826 BGB ist die Schlechterstellung des Vorsatztäters gegenüber dem nur fahrlässig Handelnden.697 Bei der Auslegung und bei Rechtsfortbildungserwägungen im Zusammenhang mit § 826 BGB wird dies häufig nur unzureichend berücksichtigt. Der Rechtsprechung ist allerdings darin zu folgen, dass es zur Annahme eines Sittenverstoßes i. S. d. § 826 BGB nicht auf das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit beim Schädiger ankommen kann. Der besonders abgestumpfte Täter würde dadurch privilegiert.698 Unbedingt erforderlich ist mit Blick auf das Vorsatzerfordernis des § 826 BGB dagegen, dass dem Schädiger die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände bekannt und nicht lediglich erkennbar waren. Dazu gehört in den untersuchten Prüfungsfällen, ______ 693 Damm, JZ 1991, 373, 383 f.; Ebke, BB 1997, 1731, 1733; Ebke/Paal, WPK-Mitt. 1999, 262, 264; Ebke/Scheel, WM, 1991, 389, 390; Grunewald, ZGR 1999, 583, 590 f.; dies., AcP 187 (1987), 285, 307; Hopt, AcP 183 (1983), 608, 633; Land Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 65; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 14 f.; Quick, BB 1992, 1675, 1680; ders., DBW 2000, 60, 64. 694 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 214; Ebke/Scheel, WM, 1991, 389, 390; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 192; Quick, BB 1992, 1675, 1680; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 16. 695 Damm, JZ 1991, 373, 383 f.; Ebke/Scheel, WM, 1991, 389, 390; Hopt, AcP 183 (1983), 608, 633; Quick, BB 1992, 1675, 1680; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 14 ff. 696 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 214; Ebke/Scheel, WM, 1991, 389, 390; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 192 f.; dieses Argument relativierend Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 15 f. 697 Oechsler, in: Staudinger, BGB, Rn. 1 zu § 826 („haftungsrechtliche Deprivilegierung“). 698 Vgl. Honsell, JuS 1976, 621, 629; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Rn. 64 zu § 826.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
dass der Prüfer die Fehlerhaftigkeit des Testates oder seiner sonstigen prüfungsbezogenen Äußerung kannte oder zumindest für wahrscheinlich hielt. In Fällen bloßer Fahrlässigkeit ist dies gerade nicht der Fall. Nimmt man das Gesetz beim Wort, so ist § 826 BGB schon auf Grund des Vorsatzerfordernisses für die hier untersuchten Fallgruppen nicht von Relevanz. 4.
§ 824 BGB
Als weitere in Betracht zu ziehende deliktsrechtliche Anspruchsgrundlage wird im Schrifttum erstaunlich häufig der Sondertatbestand § 824 BGB genannt.699 Aus § 824 Abs. 1 BGB sind ebenso wie aus § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB einfache Vermögensschäden ersetzbar.700 Zum Schadensersatz aus § 824 Abs. 1 BGB ist verpflichtet, wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Eine Kreditgefährdung in diesem Sinne wird dann angenommen, wenn das Vertrauen Dritter in die Bonität und Seriosität des Betroffenen erschüttert ist.701 Denkbar sind sicherlich Fälle, in denen durch Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers das Vertrauen Dritter in die Fähigkeit der geprüften Gesellschaft, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen, nachteilig beeinflusst wird. Zu denken ist etwa an die Begründung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerkes oder eines Versagungsvermerkes sowie an kritische Ausführungen im Prüfungsbericht oder im Rahmen sonstiger prüfungsbezogener Äußerungen.702 Zum Teil werden diese Äußerungen jedoch schon keine Tatsachen, sondern Werturteile darstellen, die § 824 Abs. 1 BGB nicht erfasst. In den Fällen, in denen die prüfungsbezogenen Äußerungen unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten, die die Tatbestandsmerkmale des § 824 Abs. 1 BGB erfüllen, wird zudem § 824 Abs. 2 BGB greifen. Danach sind Mitteilungen im Rahmen des § 824 Abs. 1 BGB nicht beachtlich, wenn dem Mitteilenden die Unwahrheit unbekannt ist und der Empfänger oder der Mitteilende selbst an der Mitteilung ein berechtigtes Interesse haben. Die geprüfte Gesellschaft möchte mit der Abschlussprüfung und den empfangenen Ergebnissen ihrer gesetzlichen Prüfungspflicht, der Abschlussprüfer dagegen seinen vertraglichen Pflichten genügen. Sollte ein Dritter Empfänger der prüfungsbezogenen Mitteilung sein, so wird auch er in der Regel ein berechtigtes Interesse an den erhaltenen Informationen haben.703 Da______ 699 So z. B. bei Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 44 f.; ders., in Münch. Komm. HGB, Rn. 92 zu § 323; Ebke/Fechtrup, JZ 1986, 1112, 1113; Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 80; Hirte, Berufshaftung, S. 65; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 577; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 181; Martin Weber, NZG 1999, 1, 6; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 188 f. zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 181 f. zu § 323; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 58 zu § 323. 700 Vgl. statt aller Wagner, in: Münch. Komm. BGB, Rn. 58 zu § 824. 701 Vgl. nur Wagner, in: Münch. Komm. BGB, Rn. 33 zu § 824. 702 Vgl. Hirte, Berufshaftung, S. 65; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 181 zu § 323 HGB; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 188 zu § 323 HGB. 703 Zum Begriff der „berechtigten Interessen“ Larenz/Canaris, Schuldrecht II, Halbbd. 2, § 78 I 4, S. 471 ff.; Wagner, in: Münch. Komm. BGB, Rn. 38 ff. zu § 824.
144
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
rüber hinaus ist zu beachten, dass aus § 824 Abs. 1 BGB nur derjenige berechtigt ist, der durch die Behauptung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen („daraus“) selbst geschädigt wird.704 Durch unwahre Tatsachenäußerungen bei der Abschlussprüfung wird wohl allenfalls die geprüfte Gesellschaft unmittelbar selbst geschädigt. Die Schäden, die Dritten durch die „Kreditgefährdung“ entstehen, werden dagegen in aller Regel nicht ersetzbare mittelbare Schäden darstellen. Bei genauerer Betrachtung der Haftungsvoraussetzungen des § 824 BGB zeigt sich also, dass diese Norm in den untersuchten typischen Konstellationen bereits ihrem Wortlaut nach als Dritthaftungsgrundlage ebenso wenig in Betracht kommt wie die angesprochenen deliktischen Generalklauseln § 823 Abs. 1, 2 BGB und § 826 BGB.
VI.
Verschulden bei Vertragsverhandlungen
Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter gegen den Abschlussprüfer könnten sich aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 BGB ergeben. Wie oben bereits angesprochen, hat der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform 2002705 mit den Vorschriften des § 311 Abs. 2, 3 BGB die richterrechtlich entwickelte Rechtsfigur culpa in contrahendo in das Bürgerliche Gesetzbuch integrieren wollen.706 § 311 Abs. 2 BGB umschreibt nunmehr mit Hilfe typischer Fallgruppen den Tatbestand des vorvertraglichen Schuldverhältnisses. Eine vertragsähnliche Sonderverbindung i. S. d. der bisherigen culpa in contrahendo-Rechtsprechung entsteht danach durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), die Anbahnung eines Vertrages (Nr. 2) oder ähnliche geschäftliche Kontakte (Nr. 3). Obwohl die Einstandspflicht aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen im Grundsatz nur die Parteien des intendierten Vertrages trifft, sind von der Rechtsprechung seit langem auch Fälle anerkannt, in denen der entstandene Schaden ausnahmsweise durch Dritte707 zu ersetzen ist. Angesprochen sind damit in erster Linie die Fälle der Eigenhaftung von Vertretern, die „persönlich in besonderem Maße das Vertrauen des Verhandlungspartners in Anspruch genommen haben“ oder die am Abschluss des Geschäftes „ein eigenes wirtschaftliches Interesse“ hatten.708 Daneben geht es aber auch um ______ 704 BGH, Urt. v. 7. 2. 1984 – VI ZR 193/82, BGHZ 90, 113, 120; Urt. v. 20. 12. 1988 – VI ZR 95/ 88, NJW-RR 1989, 924; OLG München, Urt. v. 5. 12. 1997 – 21 U 3776/97, NJW-RR 1998, 1480, 1481. 705 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001, BGBl. I, S. 3138. 706 Siehe Teil 1.B.IV.3.b), S. 97 ff. 707 Mit „Dritten“ sind im Rahmen des Rechtsinstitutes culpa in contrahendo und der seit der Schuldrechtsreform 2002 geltenden Vorschrift des § 311 Abs. 3 BGB Personen gemeint, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen, vgl. § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB. Ein „Dritter“ in diesem Sinne kann daher insbesondere auch der gesetzliche Abschlussprüfer sein. Gegenüber den bisher angestellten vertraglichen Betrachtungen findet ein Wechsel der Perspektive statt. Um Verwechslungen in der Darstellung zu vermeiden, sind mit „Dritten“ im folgenden Abschnitt (Teil 1.B.VI) prüfungsvertragsfremde oder sonstige vertragsfremde Dritte nur dann gemeint, wenn sie ausdrücklich als solche bezeichnet sind. 708 Z. B. BGH, Urt. v. 17. 6. 1991 – II ZR 171/90, NJW-RR 1991, 1241, 1242; Urt. v. 29. 1. 1992 – VIII ZR 80/91, NJW-RR 1992, 605; Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 183 ff.
145
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
die Fälle der Haftung sog. Sachwalter,709 die, ohne Vertreter eines der Verhandelnden zu sein, die Vertragsverhandlungen in ähnlicher Weise erheblich beeinflussten.710 Mit der Vorschrift des § 311 Abs. 3 BGB wurden auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Eigenhaftung Dritter in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt. § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB stellt zunächst in allgemeiner Form klar, dass vorvertragliche Schuldverhältnisse auch zu Dritten entstehen können. § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB beschreibt sodann die wichtigste – durch in Anspruch genommenes Vertrauen begründete – Fallgruppe.711 1.
Vom Gesetzgeber nunmehr favorisierter Weg der Dritthaftung?
Angesichts der knapp und gleichzeitig offen formulierten neuen Regelungen mehren sich im Schrifttum Stimmen, die § 311 Abs. 2, 3 BGB weitere, über die bisherige Rechtsprechung zum Verschulden bei Vertragsverhandlungen hinausgehende Regelungsinhalte entnehmen. Die Ansicht, dass die Vorschriften des § 311 Abs. 2, 3 BGB zumindest auch die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte regeln und dieser Rechtsfigur ebenso wie der Haftung aus Verschulden beim Vertragsschluss eine eigene formalgesetzliche Grundlage bieten, wurde oben abgelehnt.712 Unabhängig davon – und in gewisser Weise im Gegensatz zu diesem Standpunkt – wird im Schrifttum aber auch vertreten, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen des § 311 Abs. 2, 3 BGB eine Dritthaftung aus culpa in contrahendo gegenüber anderen Lösungsmodellen favorisierte.713 Auch Dritthaftungsfälle, die bislang von der Rechtsprechung mit Hilfe der Konstruktion von Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte, unmittelbarer Auskunftsverträge oder in anderer Weise gelöst wurden, wie gerade auch die Fälle der Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers oder weitere Fälle der Expertenhaftung, sollen nach dieser Ansicht ______ 709 Die Bezeichnung „Sachwalter“ geht zurück auf das Urteil des BGH v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81 ff. In Rechtsprechung und Schrifttum wurde sie seither in so unterschiedlichem Zusammenhang gebraucht, dass ihr kaum noch brauchbare Abgrenzungskraft zukommt, vgl. dazu die eingehende Begriffsanalyse von Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 29 ff. sowie Canaris, ZHR 1999, 206, 222 f. („kein fassbarer juristischer Gehalt“). Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollen mit der Bezeichnung „Sachwalter“-Haftung die Fälle und Fallkonstellationen gekennzeichnet werden, in denen die Rechtsprechung Verhandlungsgehilfen und sonstige am Vertragsschluss beteiligte Personen, die keine Vertreter einer Verhandlungspartei sind, aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haften lässt. 710 Siehe nur die grundlegende Entscheidung BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81. 711 Zur weitgehend verselbständigten Fallgruppe der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung siehe Teil 1.B.VII, S. 169 ff. 712 Siehe Teil 1.B.IV.3.b), S. 97 ff. 713 So etwa Faust, in: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 3/13; Haferkamp, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 179 ff.; Henssler/Dedek, WPK-Mitt. 2002, 278, 281; Schwab, JuS 2002, 872, 877; Wölber, Die Abschlussprüferhaftung im Europäischen Binnenmarkt, S. 84 ff., 92 f., 95; Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 200 zu § 311; ders., JuS 2004, 1102, 1103; dagegen z. B. Canaris, JZ 2001, 499, 520; Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427 f.; Meinhof, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 21.
146
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
künftig offenbar Anwendungsfälle einer Haftung aus culpa in contrahendo gemäß §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 BGB bilden.714 Außer auf die nicht abschließende Formulierung der neuen Regelungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB: „ähnliche geschäftliche Kontakte“; § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB: „insbesondere“), beziehen sich die Vertreter dieser Auffassung hauptsächlich auf einzelne Stellen in den Gesetzesmaterialien zur Schuldrechtsreform 2002. In der Begründung des Regierungsentwurfes vom Mai 2001715 heißt es zu § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB-E,716 dass mit dieser Vorschrift „auch die Sachwalterhaftung“ angesprochen sei, die „derzeit nicht durchgängig“ als Anwendungsfall des Rechtsinstitutes der culpa in contrahendo „begriffen“ werde.717 § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB soll nach der Begründung des Gesetzesentwurfes „der Rechtsprechung aufzeigen, dass diese Fälle [offen bleibt, welche Fälle an dieser Stelle konkret gemeint sind] auch auf diesem Wege [Haftung nach culpa in contrahendo-Grundsätzen] zu lösen sind“.718 Der zuletzt zitierten Passage der Gesetzesbegründung wollen Teile des Schrifttums offenbar entnehmen, dass der Gesetzgeber seit der Schuldrechtsreform 2002 das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo anderen Dritthaftungsmodellen vorzieht.719 Schon bei genauerer Betrachtung der Entwurfsbegründung und der darin enthaltenen Literaturnachweise zeigt sich allerdings, dass dieser Schluss unzutreffend ist. Aus dem Kontext der zitierten Stelle ergibt sich zweifelsfrei, dass lediglich Fälle angesprochen sind, die in der Rechtsprechung bereits seit längerem nach culpa in contrahendo-Grundsätzen gelöst werden, und keinesfalls auch die Fälle der Haftung von „Experten“, in denen die Rechtsprechung bislang Verträge mit Schutzwirkung für Dritte annimmt. Dies entspricht auch dem Programm der Schuldrechtsreform, richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitute in das Bürgerliche Gesetzbuch einzufügen, ohne dabei der Rechtsprechung in ihrer Entwicklung vorzugreifen.720 Die Vorschrift des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB soll der Rechtsprechung ______ 714 Vgl. Faust, in: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 3/13; Haferkamp, in: DaunerLieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 179 ff.; Henssler/Dedek, WPK-Mitt. 2002, 278, 281; Schwab, JuS 2002, 872, 877; Wölber, Die Abschlussprüferhaftung im Europäischen Binnenmarkt, S. 84 ff., 95; Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 200 zu § 311; ders., JuS 2004, 1102, 1103. 715 Begründung zum (Regierungs-)Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040 vom 14. 5. 2001. 716 Die Fassung des Entwurfes ist identisch mit der nunmehr geltenden Fassung des § 311 Abs. 3 Nr. BGB. 717 Begründung des Regierungsentwurfes zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (siehe Fn. 715), S. 163. 718 Begründung des Regierungsentwurfes zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (siehe Fn. 715), S. 163. 719 So Faust, in: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 3/13; Henssler/Dedek, WPK-Mitt. 2002, 278, 281 f.; Schwab, JuS 2002, 872, 877; Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 200 zu § 311; ders., JuS 2004, 1102, 1103. 720 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (siehe Fn. 715), S. 84 ff., 92 ff.; Canaris, Schuldrechtsreform 2000, S. IX, XIX f.; ders., JZ 2001, 499, 519 f.; Däubler, NJW 2001, 3729, 3733; Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 305 ff.; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 1; Teichmann, BB 2001, 1485, 1485, 1492.
147
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
lediglich in Gesetzesform „aufzeigen“, dass die bereits bisher mittels culpa in contrahendo gelösten Fälle der „Sachwalterhaftung“ auch weiterhin auf diesem Wege zu lösen sind. Wenn in der Gesetzesbegründung davon die Rede ist, dass „Sachwalter“-Fälle „derzeit nicht durchgängig“ als Anwendungsfälle der culpa in contrahendo „begriffen“ werden, dann sind damit offenbar abweichende Haftungskonzepte im Schrifttum721 gemeint. Darauf, dass im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 die Dritthaftung allgemein geregelt werden sollte und dass sich der Gesetzgeber mit § 311 Abs. 2, 3 BGB dabei sogar auf ein bestimmtes Haftungskonzept festlegen wollte, enthalten die Gesetzesmaterialien keine Hinweise. Angesichts der Vielzahl der in diesem Bereich vertretenen Auffassungen und Ansätze hätte es dazu auch einer längeren und sicherlich höchst kontrovers verlaufenden Diskussion im Vorfeld der Reform bedurft. Im Schrifttum wird zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass bei einer ausschließlichen Favorisierung des Gedankens der Vertrauenshaftung i. S. d. § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB eine detailliertere Beschreibung des Vertrauenskriteriums nahe gelegen hätte.722 Lediglich der Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages über die Beratungen zum angesprochenen Regierungsentwurf ging nochmals knapp auf die Problematik der Rechtsgrundlagen einer Haftung gegenüber vertragsfremden Dritten ein. Er hatte sich mit der speziellen Frage beschäftigt, ob und gegebenenfalls wie sich § 311 Abs. 3 BGB auf due-diligence-Prüfungen723 von Rechtsanwälten im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen „negativ auswirken“ könnte.724 Der Rechtsausschuss sah im Ergebnis seiner Untersuchung keine negativen Auswirkungen für die Haftungssituation der Anwälte. Aus einem für Mandanten angefertigten Parteigutachten hafteten Anwälte vor der Schuldrechtsreform 2002 gegenüber vertragsfremden Dritten nicht; aus einer sog. third party legal opinion725 hafteten sie dagegen auch schon vor der Gesetzesreform nach culpa in contrahendoGrundsätzen. Daran hat sich nach Ansicht des Rechtsausschusses durch § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB nichts geändert.726 Die Stellungnahme des Rechtsausschusses enthält somit ebenfalls keinen Hinweis auf eine Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten eines bestimmten Dritthaftungskonzeptes unter gleichzeitiger Ablehnung anderer Ansätze. Der Bericht betont ganz im Gegenteil sogar ausdrücklich, dass § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB lediglich eine „alternative Möglichkeit“ der Haftungsbegründung biete.727 ______ 721 Siehe den groben Überblick unter Teil 1.B.VIII, S. 183 ff. 722 Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427. 723 Siehe zum Begriff Fn. 64. 724 Begründung des Regierungsentwurfes zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (siehe Fn. 715), S. 170 ff. 725 Eine third party legal opinion wird im Gegensatz zum Parteigutachten im Auftrag des Mandanten für den Dritten erstellt, damit dieser seine Entscheidung über einen etwaigen Vertragsschluss darauf stützen kann; vgl. zu Begriff, Bedeutung und Praxis näher Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 4 ff. 726 Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/7052 vom 9. 10. 2001, S. 190. 727 Bericht des Rechtsausschusses (siehe Fn. 726), S. 190.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
2.
Haftung nach den von der Rechtsprechung bislang entwickelten Grundsätzen?
Wie oben festgestellt, hat die Rechtsprechung, soweit sie in den bislang entschiedenen Pflichtprüfungsfällen keine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB annahm, als Rechtsgrundlage einer Dritthaftung des Prüfers die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte herangezogen oder sie zumindest in den Mittelpunkt ihrer Erwägungen gerückt.728 Die entwickelten Grundsätze der Eigenhaftung Dritter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wurden in diesem Zusammenhang nicht ein einziges Mal näher angesprochen. Angesichts der nunmehr mit § 311 Abs. 2, 3 BGB bestehenden ausdrücklichen gesetzlichen Regelung und der nach wie vor massiven Kritik des Schrifttums am Lösungsweg der Gerichte über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte könnte sich in naher Zukunft insofern aber auch eine Änderung der Rechtsprechung ergeben. Die Gerichte könnten zunehmend dazu übergehen, auch die Dritthaftung des Abschlussprüfers und anderer „Experten“ gegenüber vertragsfremden Dritten nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 BGB, d. h. nach den für die Eigenhaftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen entwickelten Grundsätzen zu beurteilen.729 a)
Urteil des BGH vom 26. 9. 2000 – X ZR 94/98 – neue Rechtsprechungslinie?
Als deutlicher Schritt in diese Richtung wird von Teilen des Schrifttums eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2000730 angesehen.731 Im Rahmen eines Kapitalanlagemodells, bei dem den Anlegern Beteiligungen an Gesellschaften bürgerlichen Rechts angeboten wurden, hatte der beklagte Wirtschaftsprüfer die Aufgabe übernommen, die Einzahlungen der Anleger, die Mittelverwendung sowie die jeweiligen Gewinnauszahlungen regelmäßig zu überprüfen. In den von ihm ausgestellten Testaten hatte er stets die Ordnungsmäßigkeit dieser Vorgänge bestätigt. Tatsächlich entsprachen seine Prüfungen jedoch nicht dem in den Werbeprospekten in Aussicht gestellten Umfang. Entgegen der Angaben in den Prospekten waren die angelegten Gelder zum Teil nicht unmittelbar in weitere Anlagen, sondern über Umwege an die Initiatoren des Anlagemodells geflossen, das daraufhin nach wenigen Jahren zusammenbrach. In den Prospekten zu dem Anlagemodell war mit halbjährigen Prüfungen durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer ge______ 728 Siehe Teil 1.B.IV.3.e)aa), S. 111 ff. 729 Vgl. Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, Rn. 461 sowie Faust, in: Huber/ Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 3/13; Henssler/Dedek, WPK-Mitt. 2002, 278, 281; Schwab, JuS 2002, 872, 877; Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 200, 209 zu § 311. 730 BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187 ff. Dem Urteil liegt freilich weder eine gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung noch eine in Inhalt und Umfang einer Pflichtprüfung vergleichbare freiwillige Abschlussprüfung zugrunde. 731 So z. B. Arnold, DStR 2001, 488, , 489 ff.; Ebke/Gehringer, WPK-Mitt. 2001, 83, 85; Henssler/Dedek, WPK-Mitt. 2002, 278, 281; Möllers, JZ 2001, 909, 912 ff.; Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 209, 230 zu § 311; vgl. zu diesem Urteil des BGH auch die Besprechungen von Emmerich, JuS 2001, 296; Gräfe, EWiR 2001, 109 f.; Koller, WuB I G 4.–1.01.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
worben worden. Später beworbenen Anlageinteressenten wurden Prospekte mit unrichtigen Bestätigungsvermerken älterer Prüfungen vorgelegt. Anleger, die durch den Zusammenbrach des Kapitalanlagemodells ihre Gelder verloren hatten, verlangten von dem Wirtschaftsprüfer Schadensersatz und Rückzahlung der angelegten Beträge.732 Der entscheidende X. Zivilsenat lehnte in einem ersten Schritt Ansprüche der geschädigten Anleger aus der Verletzung vertraglicher Pflichten sowie aus Prospekthaftungsgrundsätzen ab.733 In einem zweiten Schritt hielt er jedoch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen den Wirtschaftsprüfer für möglich. Wenn der Wirtschaftsprüfer damit rechnete oder rechnen musste, dass die (als GmbH) organisierten) Initiatoren des Kapitalanlagemodells seine nicht mit den Angaben im Anlageprospekt übereinstimmenden Testate zur Anwerbung neuer Anleger nutzten, dann habe er vor Abschluss weiterer Prüfungsverträge nach Ansicht des Senats schuldhaft vorvertragliche Aufklärungspflichten gegenüber den Anlegern verletzt. Die pflichtwidrige Duldung des Gebrauchs dieser Unterlagen schaffe einen Vertrauenstatbestand, der eine Haftung gegenüber den dadurch geschädigten Anlegern rechtfertige.734 Der Senat konnte den Fall indes nicht abschließend entscheiden. Zur Klärung der Frage, ob der beklagte Wirtschaftsprüfer tatsächlich von dem geschilderten Gebrauch der Unterlagen zur Anlegerwerbung wusste oder jedenfalls damit rechnen konnte, musste die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.735 Auf den ersten flüchtigen Blick mag sich die Situation in der Tat so darstellen, dass der BGH in diesem Fall in einer bisher mit Hilfe des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte gelösten Konstellation die Haftungsgrundsätze des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen heranzog. Der Wirtschaftsprüfer wurde in dem entschiedenen Fall von den Initiatoren des Kapitalanlagemodells mit der Prüfung verschiedener wirtschaftlicher Vorgänge beauftragt. Nutznießer der Prüfung und auf die Prüfungsergebnisse Vertrauende waren dagegen nicht die Initiatoren, sondern die Anleger. Diese erlitten ebenso wie in den untersuchten Konstellationen einen – möglicherweise fahrlässig verursachten – Vermögensschaden. Damit enden meines Erachtens aber bereits die Gemeinsamkeiten der hier vorliegenden Konstellation mit den Konstellationen, in denen der BGH bislang auf Verträge mit Schutzwirkung für Dritte zurückgriff. Die tatsächlich oder möglicherweise bestehende Drittschutzwirkung eines Vertrages bedarf nur dann einer Diskussion – und kommt nach den Grundsätzen der Rechtsprechung auch nur dann in Betracht736 – wenn zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger kein unmittelbares Vertragsverhältnis besteht, aus dem sich ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens ergeben könnte. Schon an die______ 732 733 734 735 736
150
Siehe zum Sachverhalt näher BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 187 f. BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 194 ff., 196 ff. BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 197 ff. BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 201. Siehe zum Kriterium „Schutzbedürftigkeit“ Teil 1.B.IV.3.d), S. 104 und 110.
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
ser Voraussetzung fehlt es in dem vom BGH im Jahre 2000 entschiedenen Fall. Anders als in den typischen Dritthaftungskonstellationen bestand zwischen den geschädigten Anlegern und dem Wirtschaftsprüfer ein eigenes Vertragsverhältnis. Die dem Anlagemodell in einem Kalendermonat beigetretenen Anleger bildeten jeweils eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Nach der vom entscheidenden Senat nicht beanstandeten und durchaus nachvollziehbaren Auslegung des Berufungsgerichtes hatten die Initiatoren des Kapitalanlagemodells dem beklagten Wirtschaftsprüfer die Prüfungsaufträge jeweils nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der verschiedenen in BGB-Gesellschaften organisierten Anleger erteilt.737 Damit bestand für den entscheidenden Senat – unabhängig von allen weiteren Besonderheiten dieses Falles – zunächst keine Notwendigkeit, nach der Drittwirkung anderer Verträge zu fragen. Ansprüche der Anleger unmittelbar aus den abgeschlossenen Prüfungsverträgen schieden im Fall jedoch aus Kausalitätsgründen aus. Der Wirtschaftsprüfer konnte – begriffsnotwendig – vertragliche Pflichten erst verletzen, nachdem mit den jeweiligen Anleger-Gesellschaften Prüfungsverträge abgeschlossen waren. Dies geschah zeitlich stets erst nach Zahlung der Anlagesumme. Wenn man mit dem entscheidenden Senat davon ausgeht, dass der Schaden der Anleger bereits mit ihrer Entscheidung für das Kapitalanlagemodell und der Zahlung entsprechender Gelder entstand, dann konnte für den bereits vor Vertragsschluss entstandenen Schaden in der Tat nie die Verletzung einer (prüfungs-)vertraglichen Pflicht des Wirtschaftsprüfers kausal sein. Daran zeigt sich der zweite wichtige Unterschied zu den typischen Dritthaftungskonstellationen im Zusammenhang mit Expertenäußerungen. In Letzteren verlassen sich die geschädigten vertragsfremden Dritten stets allein auf unzutreffende Äußerungen des „Experten“ im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses. In den untersuchten Pflichtprüfungsfällen beispielsweise geht es ausnahmslos um aus bestehenden Prüfungsverhältnissen stammende Testate, Prüfungsberichte oder sonstige Äußerungen. In dem im Jahre 2000 entschiedenen Fall vertrauten die geschädigten Anleger dagegen auf den Kontrollumfang und die Kontrollwirkung künftiger Prüfungen.738 Die Werbeprospekte enthielten Angaben, die darauf schließen ließen, dass das vertriebene Kapitalanlagemodell u. a. auf Grund regelmäßiger „lückenloser Kontrollen“ durch einen „unabhängigen namhaften“ Wirtschaftsprüfer besonders sicher sei. Der Prospekt enthielt zudem Testate des Wirtschaftsprüfers, die er im Rahmen früherer Prüfungsverträge mit anderen Anlegern erstellt hatte. Die Angaben im Prospekt zusammen mit den beigefügten älteren Testaten suggerierten den Anlageinteressierten einen tatsächlich nicht zutreffenden Umfang der auch für ihre potentielle Anlage vorgesehenen Prüfungen. Da es den Anlageinteressenten ______ 737 BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 193 ff. 738 Anknüpfungspunkt der Haftung war gleichwohl – wie oben bereits angemerkt – die pflichtwidrige Duldung des Gebrauches von Vertriebsunterlagen, die einen unzutreffenden Prüfungsumfang suggerierten. Eine Anknüpfung der Haftung an die in anderem Umfange durchgeführte spätere Prüfung selbst hätte weder zu einer vertraglichen Haftung noch zu einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen geführt, da dann der Schaden bei Zugrundelegung der Wertung des BGH bereits vor der ursächlichen Verletzungshandlung eingetreten wäre.
151
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
hauptsächlich auf die Leistungen des Prüfers bezüglich ihrer eigenen Anlagen ankam, also auf Prüfungsleistungen im Rahmen der mit ihnen abgeschlossenen Prüfungsverträge, prüfte der X. Zivilsenat zu Recht nicht die Frage einer möglichen Drittwirkung früherer, mit anderen Anlegern (bzw. Anleger-Gesellschaften) geschlossener Verträge des Wirtschaftsprüfers.739 Nahe liegend in dieser Konstellation wandte sich der Senat vielmehr den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu. Eine dritte Besonderheit des am 26. 9. 2000 entschiedenen Falles besteht in der besonderen Funktion und Stellung des Wirtschaftsprüfers in dem vertriebenen Kapitalanlagemodell und in der Intensität des damit in Anspruch genommenen Vertrauens. Der beklagte Wirtschaftsprüfer äußerte sich nicht lediglich als außenstehender Sachverständiger zur Einhaltung vorgegebener Sollens-Sätze durch die Initiatoren des Anlagemodells. Er war vielmehr in das Kapitalsicherungssystem des vertriebenen Modells als eine Art Kontrollorgan unmittelbar eingebunden. Er sollte die ausschlaggebende Gewähr für die Richtigkeit der in dem Werbeprospekt über die Kapitalanlage gemachten Angaben geben. Der BGH wies zwar in der auch aus früheren Entscheidungen bekannten Weise darauf hin, dass Wirtschaftsprüfer bereits auf Grund ihrer staatlich anerkannten Sachkunde in wirtschaftlichen Fragen in der Öffentlichkeit „besonderes Vertrauen“ genießen. Als den die Haftung begründenden Umstand sah er jedoch den mit der hervorgehobenen Stellung des Wirtschaftsprüfers im konkreten Kapitalanlagemodell geschaffenen „zusätzlichen Vertrauenstatbestand“ an.740 Diese Stellung und die Intensität des damit in Anspruch genommenen Vertrauens ist nicht ohne weiteres mit anderen Konstellationen der Expertenhaftung zu vergleichen. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Besonderheiten wird deutlich, dass das Urteil des BGH vom 26. 9. 2000 entgegen der im Schrifttum teilweise vertretenen Einschätzung keine Abkehr der Rechtsprechung von ihrem in „Experten“-Fällen bislang beschrittenen Weg darstellt. Es lag in diesem Fall keine der Konstellationen vor, in denen die Rechtsprechung bislang auf die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte zurückgriff, sondern ein besonderer Fall der Verletzung vorvertraglicher Pflichten. In diesen Fällen werden seit jeher die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen als Anspruchsgrundlage herangezogen.741 Aus der Entscheidung lassen sich damit auch keine Schlussfolgerungen zur aktuellen oder künftigen Rechtsprechung des BGH zur Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers oder anderer sachverständiger „Experten“ ziehen.
______ 739 Diese Frage wäre nach den vom BGH entwickelten Kriterien auch zu verneinen gewesen. Der Kreis künftiger Anleger bzw. Anlagewilliger war für den Wirtschaftsprüfer zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses nicht „überschaubar“; vgl. dazu oben Teil 1.B.IV.3.d)cc), S. 107 ff. 740 BGH, Urt. v. 26. 9. 2000 – X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 199 f. 741 Zumindest missverständlich ist es daher, wenn etwa Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 230 zu § 311 meint, das Urteil erfolgte „ohne Anhalt im Gesetz unter Berufung auf allgemeine Rechtsgrundsätze“.
152
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
b)
Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“
Die Grundsätze der Eigenhaftung Dritter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wurden von der Rechtsprechung anhand an Vertragsverhandlungen beteiligter Vertreter und sog. Sachwalter742 entwickelt. Zu Recht wird im Schrifttum betont, dass diese Fälle strukturell teilweise große Ähnlichkeiten mit den Fällen der Dritthaftung von „Experten“ aufweisen, in denen die Rechtsprechung nach wie vor auf den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zurückgreift.743 Es lohnt sich daher, die von der Rechtsprechung für die Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ entwickelten Grundsätze auf die vorliegend untersuchten Pflichtprüfungsfälle zu projizieren. aa)
Entwicklung und Stand der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung zur Eigenhaftung Dritter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen begann mit einer richtungsweisenden Entscheidung des RG aus dem Jahre 1928.744 Im damaligen Fall war der Handelnde, als Verkäufer eines Grundstückes auftretend, zwar wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstückes, selbst aber noch nicht im Grundbuch eingetragen. Er agierte formal als Vertreter des (noch) im Grundbuch eingetragenen Eigentümers. Während der Kaufverhandlungen war es auf Verkäuferseite pflichtwidrig versäumt worden, den Käufer über nachteilige Umstände aufzuklären. Das RG hielt in diesem Fall erstmals eine Eigenhaftung des Vertreters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen für möglich, da der als Verkäufer agierende Vertreter in der gegebenen Konstellation seinen Interessen nach als Vertreter in eigener Sache (procurator in rem suam) tätig war.745 In späteren Entscheidungen bestätigte und verallgemeinerte das RG diese Rechtsprechung.746 Zur Bejahung einer Eigenhaftung von an den Verhandlungen beteiligten Dritten sollte es darauf ankommen, ob diese ein „eigenes Interesse“ am Zustandekommen des Vertrages hatten. Die Stellung des Dritten als Vertreter des in Aussicht genommenen künftigen Vertragspartners wurde offenbar nicht mehr als notwendig vorausgesetzt.747 Der BGH übernahm die Rechtsprechung des RG und weitete sie in der Folge sogar beträchtlich aus. Zwar betonte er von Anfang an, dass es sich bei dem vorausgesetzten Interesse des Dritten um ein wirtschaftliches Interesse und nicht lediglich um ein sonstiges persönliches Interesse handeln müsse, doch wurden die Anforderungen an die Intensität dieses Interesses deutlich gesenkt. So ließ es der BGH ______ 742 Zum Begriff siehe BGH, Urt. v. 11. 7. 1988 – II ZR 232/87, NJW 1989, 293, 294 sowie Fn. 709. 743 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 224 ff., 228; vgl. – noch mit anderer Tendenz – ders., JZ 1995, 441, 444 f.; ders., JZ 1998, 603, 605 f.; zustimmend z. B. Neuner, JZ 1999, 126, 135; Martin Weber, NZG 1999, 1, 4 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 40; vgl. auch Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 218 ff. 744 RG, Urt. v. 1. 3. 1928 – VI 258/27, RGZ 120, 249. 745 RG, Urt. v. 1. 3. 1928 – VI 258/27, RGZ 120, 249, 251 ff. 746 Siehe z. B. RG, Urt. v. 5. 3. 1931 – VI 526/30, RGZ 132, 76, 80 f.; Urt. 29. 10. 1938 – II 178/37, RGZ 159, 33, 53 ff. 747 Vgl. RG, Urt. 29. 10. 1938 – II 178/37, RGZ 159, 33, 54 f.
153
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
zwischenzeitlich bereits genügen, wenn der Vertreter am Zustandekommen des Vertrages lediglich insofern ein (mittelbares) Interesse hatte, als er durch den Vertragsschluss beispielsweise Deckung seiner eigenen Forderungen gegen den Vertretenen zu erlangen748 oder drohenden Schadensersatzansprüchen des Vertretenen gegen sich selbst entgegenzuwirken hoffte.749 Mehrmals nahm der BGH auch an, dass sich bereits aus der Stellung eines an einer GmbH maßgeblich beteiligten Gesellschaftergeschäftsführers ein hinreichendes wirtschaftliches Eigeninteresse bezüglich der im Namen der Gesellschaft verhandelten Verträge ergebe.750 Diese die Eigenhaftung Dritter ausweitende Rechtsprechungslinie hat der BGH inzwischen jedoch verlassen.751 Die Anforderungen an die Intensität des erforderlichen wirtschaftlichen Eigeninteresses wurden wieder deutlich verschärft. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1994752 zur Haftung eines Gesellschaftergeschäftsführers beispielsweise stellte der BGH klar, dass die Stellung des Geschäftsführers als mehrheitlich beteiligter Gesellschafter oder auch als Alleingesellschafter selbst bei einem Vorliegen zusätzlicher Umstände in der Regel keine Haftung unter dem Aspekt eines wirtschaftlichen Eigeninteresses begründen könne.753 Lediglich wenn ein Vertreter oder sonstiger am Vertragsschluss beteiligter Dritter auf Grund der konkreten Umstände „gleichsam in eigener Sache“ gehandelt habe, komme eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen in Betracht.754 Die aktuelle Rechtsprechung ist damit weitgehend wieder auf den Stand der zitierten Entscheidung des RG aus dem Jahre 1928 zurückgekehrt.755 Gleichwohl und ungeachtet ihrer langen Tradition wurde die Eigenhaftung des Vertreters auf Grund eines wirtschaftlichen Eigeninteresses im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 nicht als eigene Fallgruppe oder Regelbeispiel in die Vorschrift des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB aufgenommen.756 Der zweite Gesichtspunkt, unter dem die Rechtsprechung eine Eigenhaftung von an Vertragsverhandlungen beteiligten Dritten entwickelt hat, ist für sich persönlich in Anspruch genommenes Vertrauen. Im Anschluss an Vorschläge insbesondere von Ballerstedt 757 entschied der BGH im Jahre 1971 erstmals, dass ein Dritter – nicht notwendigerweise der Vertreter einer der Parteien – auch dann aus Verschulden ______ 748 So BGH, Urt. v. 4. 12. 1958 – II ZR 168/57, MDR 1959, 187, 188. 749 So BGH, Urt. v. 27. 6. 1963 – VII ZR 7/62, NJW 1963, 2166, 2167. 750 So z. B. BGH, Urt. v. 27. 10. 1982 – VIII ZR 187/81, NJW 1983, 676, 677 f.; Urt. v. 23. 2. 1983 – VIII ZR 325/81, BGHZ 87, 27, 32 ff. 751 Siehe BGH, Urt. v. 23. 10. 1985 – VIII ZR 210/84, NJW 1986, 586, 587 f.; Urt. v. 8. 10. 1987 – IX ZR 143/86, WM 1987, 1431, 1432; Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 184 ff. 752 BGH, Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 ff.; vgl. auch die dieselbe Rechtssache betreffenden Beschlüsse des II. Zivilsenates vom 1. 3. 1993, ZIP 1993, 763 ff. und 20. 9. 1993, NJW 1993, 2931 ff. 753 BGH, Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 187. 754 BGH, Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 186. 755 Vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung bspw. E. Schmitz, Dritthaftung aus culpa in contrahendo, S. 60 ff.; Canaris, in: FS Giger, S. 113 ff.; speziell zur Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers Steininger, Die Haftung des Geschäftsführers, S. 52 ff.; Stapelfeld, Die Haftung des GmbHGeschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, S. 80 ff.; jeweils m. w. N. 756 Vgl. zu entsprechenden Vorschlägen Canaris, JZ 2001, 499, 520. 757 Ballerstedt, AcP 151 (1950/1951), 501 ff.
154
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
bei Vertragsverhandlungen haften könne, wenn er „in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat“.758 Diese später in ständiger Rechtsprechung verwendete Formulierung ist seit der Schuldrechtsreform 2002 nahezu wortgetreu in § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB wiedergegeben. Nicht geregelt im Gesetz ist dagegen die Frage, worauf das erforderliche „besondere Vertrauen“ gestützt sein darf. In der zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1971 nannte der BGH als mögliche Anknüpfungspunkte des in Anspruch genommenen Vertrauens die außergewöhnliche Sachkunde des Dritten mit Blick auf den Vertragsgegenstand, die persönliche Zuverlässigkeit des Dritten oder dessen eigene Einflussmöglichkeiten auf die Vertragsabwicklung.759 Im damals zu entscheidenden Fall war der haftende Dritte von einer Gläubigerversammlung zu einer Art „Sachwalter“ bestellt worden, der zu jedem weiteren Geschäft des insolventen Schuldners seine Zustimmung geben musste.760 Der BGH sah in dieser speziellen Stellung des Dritten und in den später erteilten Zustimmungen die Inanspruchnahme eines besonderen, an dessen Person geknüpften Vertrauens.761 Unter demselben Gesichtspunkt ließ der BGH in der Folge nicht nur „Sachwalter“ im engen Sinne der zitierten Entscheidung haften, sondern die verschiedensten an Vertragsverhandlungen beteiligten Dritten, beispielsweise Gebrauchtwagenhändler, die Kraftfahrzeuge in fremdem Namen verkauften,762 Verwandte763 und Partner intimer Beziehungen,764 Unternehmenssanierer765 sowie Versicherungsmakler766 und Kapitalanlagevermittler,767 die im konkreten Fall die Vertragsverhandlungen maßgeblich beeinflusst hatten. Hinsichtlich des in Anspruch genommenen Vertrauens verlangte der BGH in Konkretisierung seiner ursprünglichen Formel,768 dass der haftende Dritte jeweils dem anderen Teil „über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus eine zusätzliche von ihm persönlich ausgehende Gewähr“ für die Seriosität, den Bestand und die Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäftes oder für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Erklärungen, die für den Willensentschluss des anderen Teils bedeutsam gewesen sind, geboten habe.769 Mehrmals betonte er, dass diese Voraussetzung nicht bereits ______ 758 BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 84. 759 BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 85. 760 Trotz unveränderter wirtschaftlicher Lage des Schuldners (eines Bauherren) stimmte der „Sachwalter“ weiteren Bauaufträgen zu, worauf die die Arbeiten verrichtenden Unternehmer und späteren Kläger mit ihren Zahlungsansprüchen ausfielen; vgl. zum Sachverhalt näher BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 82 f. 761 BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 87. 762 BGH, Urt. v. 21. 1. 1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382 ff.; Urt. v. 28. 1. 1981 – VIII ZR 88/80, BGHZ 79, 281, 283 ff.; Urt. v. 25. 5. 1983 – VIII ZR 55/82, BGHZ 87, 302, 304 ff. 763 BGH, Urt. v. 23. 2. 1983 – VIII ZR 325/81, BGHZ 87, 27, 30 ff. 764 BGH, Urt. v. 18. 9. 1990 – XI ZR 77/89, NJW-RR 1991, 289, 290. 765 BGH, Urt. v. 3. 4. 1990 – XI ZR 206/88, NJW 1990, 1907, 1908 f. 766 BGH, Urt. v. 22. 5. 1985 – IV a ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 358 f. 767 BGH, Urt. v. 22. 3. 1979 – VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103 ff. 768 BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 84. 769 So und ähnlich z. B. BGH, Urt. v. 21. 1. 1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 384; Urt. v. 17. 6. 1991 – II ZR 171/90, NJW-RR 1991, 1241, 1242; Urt. v. 29. 1. 1997 – VIII ZR 356/95, NJW 1997, 1233, 1234.
155
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
dann gegeben sei, wenn der Dritte die für seine Tätigkeit erforderliche Sachkunde besitzt und während der Vertragsverhandlungen darauf verweist. Stets müssten zusätzliche, ein qualifiziertes Vertrauen begründende Umstände hinzutreten.770 bb)
Übertragung dieser Grundsätze auf die untersuchten Fälle
Untersucht werden soll nun, welche Resultate sich ergeben, wenn man die vom RG und vom BGH zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ herausgebildeten Haftungsgrundsätze auf die vorliegend behandelten typischen Pflichtprüfungsfälle überträgt.771 Wie bereits angesprochen, hat der BGH in den wenigen bislang entschiedenen Fällen eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach diesen Grundsätzen nicht erwogen und im Ergebnis wohl abgelehnt. Teile des Schrifttums dagegen halten die unterschiedlichen Dritthaftungsmodelle der neueren Rechtsprechung – insbesondere die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte und die Grundsätze der Eigenhaftung Dritter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen – für nahezu beliebig austauschbar.772 (1)
Ausgangspunkt
Da der BGH die Grundsätze der Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ auf der Basis des Rechtsinstitutes culpa in contrahendo entwickelt hat, kommt eine Anwendung dieser Haftungsregeln grundsätzlich nur in Konstellationen in Betracht, in denen zwischen zwei oder mehr Personen ein Vertrag verhandelt, angebahnt oder sonst vorbereitet wird. Seit der Schuldrechtsreform 2002 ergibt sich dies unmittelbar aus § 311 Abs. 3 BGB. Die Vorschrift des § 311 Abs. 3 BGB bezieht sich sowohl in ihren Formulierungen als auch in systematischer Hinsicht auf § 311 Abs. 2 BGB.773 Eine Anwendung der Grundsätze der „Sachwalter-“ und Vertreterhaftung in den untersuchten Pflichtprüfungsfällen ist durch diese Voraussetzung indes nicht von vornherein ausgeschlossen. In den typischen Konstellationen geht es um zwischen zwei oder mehr Personen vorbereitete, angebahnte, verhandelte oder sogar abgeschlossene Rechtsgeschäfte und die dabei vorgenommenen oder unterlassenen Vermögensdispositionen. Die prüfungsbezogenen Äußerungen des ______ 770 Z. B. BGH, Urt. v. 4. 7. 1983 – II ZR 220/82, BGHZ 88, 67, 69; Urt. v. 17. 10. 1989 – XI ZR 173/88, NJW 1990, 506, 506 f., Urt. v. 17. 6. 1991 – II ZR 171/90, NJW-RR 1991, 1241, 1242; vgl. zur Entwicklung dieser Rechtsprechung bspw. E. Schmitz, Dritthaftung aus culpa in contrahendo, S. 63 ff.; Canaris, in: FS Giger, S. 103 ff.; ders., in: FS 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 183 ff.; Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 233 ff., jeweils m. w. N. 771 Zu den gebildeten Fallgruppen siehe Teil 1.A.V, S. 26 ff. 772 Vgl. Bosch, ZHR 163(1999), 274, 274 f., 276; Canaris, JZ 1998, 603, 603 ff.; ders., ZHR 163 (1999), 206, 224 ff., 228; Medicus, in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, S. 119; Neuner, JZ 1999, 126, 135; Martin Weber, NZG 1999, 1, 4 f.; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 246 ff.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 40. 773 Siehe zum Verhältnis dieser Vorschriften bereits Teil 1.B.IV.3.b), S. 97 ff.
156
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
gesetzlichen Abschlussprüfers dienen den prüfungsvertragsfremden Dritten in der jeweiligen Situation zur Entscheidungsfindung.774 Ein „eigenes wirtschaftliches Interesse“ in der vom RG und in der neueren Rechtsprechung auch vom BGH wieder verlangten Intensität wird bei Abschlussprüfern in den untersuchten Konstellationen dagegen kaum anzutreffen sein. Das von der Rechtsprechung verlangte wirtschaftliche Interesse muss sich auf den von den „verhandelnden“ Parteien vorbereiteten Vertrag beziehen. Der gesetzliche Abschlussprüfer allerdings hat bei der Durchführung der Prüfung und den in diesem Zusammenhang abgegebenen Äußerungen hauptsächlich die Erfüllung seiner vertraglichen und beruflichten Pflichten sowie möglicherweise das Prüfungshonorar als Gegenleistung im Auge. Letzteres wird ihm in der Regel von der geprüften Gesellschaft gezahlt und steht in keinem Bezug zu dem zwischen den Parteien vorbereiteten Vertrag. Sofern der Abschlussprüfer sich über seine gesetzlichen und vertraglichen Pflichten hinaus zu den Prüfungsergebnissen äußert oder in anderer Weise Wünschen der geprüften Gesellschaft entgegenkommt, mag auch der Wunsch nach weiteren Prüfungsaufträgen der Gesellschaft eine Rolle spielen. Da Voraussetzungen für die Erteilung solcher Aufträge der wirtschaftliche Bestand und die weitere Liquidität des geprüften Unternehmens sind, mag der Abschlussprüfer in der Regel auch ein Interesse an neuen Darlehen oder neuen Aufträgen für die geprüfte Gesellschaft haben. Insofern kann im Einzelfall ein wirtschaftliches Interesse des Abschlussprüfers an Verträgen bestehen, die von der geprüften Gesellschaft vorbereitet oder verhandelt werden. Diese Interessen sind jedoch stets lediglich als mittelbare Interessen anzusehen. Der gesetzliche Abschlussprüfer handelt im Gegenteil in keinem realistisch konstruierten Fall bei der Abgabe prüfungsbezogener Äußerungen mit Blick auf Verträge prüfungsvertragsfremder Dritter „gleichsam in eigener Sache“. Sollte man diese Voraussetzung in einem gänzlich atypischen Sachverhalt doch einmal bejahen müssen, so wird wohl gleichzeitig stets auch ein Verstoß gegen §§ 319 Abs. 2 bis 4, 319 a Abs. 1 HGB oder § 43 a Abs. 3 WPO vorliegen. Näher liegt die Annahme, dass der gesetzliche Abschlussprüfer im Rahmen fremder Vertragsvorbereitungen persönlich Vertrauen in Anspruch nimmt. Zwar wird der Abschlussprüfer in den untersuchten Fallkonstellationen kaum einmal als „Sachwalter“ einer der verhandelnden Parteien im engen Sinne der ursprünglichen Entscheidung des BGH775 anzusehen sein, doch die Rechtsprechung ist – wie oben gezeigt – bei der Annahme der Eigenhaftung Dritter inzwischen weit über die eigentlichen „Sachwalter“-Fälle hinausgegangen. In keiner späteren Entscheidung ließ es der BGH entscheidend darauf ankommen, ob der in Anspruch genommene Dritte die Geschäfte der einen Partei in einem Umfang und in einer Intensität wahrgenommen hat, dass von seiner „Entscheidung nach den gegebenen Umständen der Abschluss des beabsichtigten Rechtsgeschäfts letztlich ab______ 774 Siehe Teil 1.A.V, S. 26 ff. 775 BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 84.
157
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
hing“.776 Die Voraussetzung einer „Inanspruchnahme besonderen Vertrauens“ durch den gesetzlichen Abschlussprüfer ist damit der zentrale zu untersuchende Punkt. In den vorliegend untersuchten Fallkonstellationen verlassen sich die später geschädigten prüfungsvertragsfremden Dritten auf die Äußerungen des Abschlussprüfers, sie „vertrauen“ mit anderen Worten auf deren Richtigkeit. Zweifellos nimmt der jeweils tätige Abschlussprüfer bei der Abgabe seiner Äußerungen auch Vertrauen „für sich“ in Anspruch. Fraglich ist jedoch, ob dieses Vertrauen, ein „besonderes persönliches Vertrauen“ im Sinne der bisherigen Rechtsprechung oder – nach der leicht modifizierten Formulierung des reformierten Schuldrechts – ein „in besonderem Maße [. . .] für sich“ (§ 311 Abs. 3 Satz 2 BGB) in Anspruch genommenes Vertrauen darstellt. Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom BGH geprägte Formulierung „persönliches Vertrauen“ nicht auf eine „besondere personale Intensität“ des Vertrauens hinweisen sollte.777 Es sollte durch sie auch nicht die Notwendigkeit eines Bezuges zum Privatleben oder zu privaten, d. h. nichtgeschäftlichen Kontakten zwischen der geschädigten Verhandlungspartei und dem Dritten ausgedrückt werden.778 Ein in diesem Sinne verstandenes Vertrauen dürfte in den vorliegend untersuchten Konstellationen wohl so gut wie nie vorliegen. Mit der Formulierung „persönliches Vertrauen“ sollte offenbar allein zum Ausdruck gebracht werden, dass der haftende Dritte das Vertrauen gerade für seine eigene Person und nicht für den potentiellen Vertragspartner, für den er als Vertreter, „Sachwalter“ oder sonstiger Verhandlungsgehilfe agiert, in Anspruch nehmen muss. Auf persönliche Kontakte oder sonstige „personale“ Aspekte kam es dem BGH dagegen nie entscheidend an. Um Unklarheiten in diesem Zusammenhang für die Zukunft vorzubeugen, verwendet das neue Schuldrecht in § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB statt der Formulierung „persönliches Vertrauen“ die Wendung „Vertrauen für sich“.779 In den untersuchten Pflichtprüfungsfällen werden kaum einmal Zweifel daran bestehen, dass der Abschlussprüfer bei seinen prüfungsbezogenen Äußerungen Vertrauen „für sich“ und nicht für seinen Auftraggeber oder sonstige Verhandlungspartner in Anspruch nimmt. Das von der bisherigen Rechtsprechung in Fällen der „Sachwalterhaftung“ verlangte „persönliche Vertrauen“ ist in diesen Konstellationen im Regelfall also gegeben. Wie oben angesprochen, setzt der BGH zur Annahme einer eigenen Haftung Dritter die Inanspruchnahme eines gegenüber dem gewöhnlichen Verhandlungsvertrauen gesteigerten, „qualifizierten“ Vertrauens voraus. Dazu verlangt er eine mit ______ 776 So die Umschreibung der Stellung des Dritten im grundlegenden Urteil des BGH zur „Sachwalter“-Haftung vom 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 87. 777 Canaris, JZ 2001, 499, 520 f. 778 A. A. offenbar Krebs, in: Anwaltkommentar, Schuldrecht, Rn. 49 zu § 311, der die Inanspruchnahme „persönlichen“ Vertrauens nur in Fällen annimmt, in denen der Dritte das Vertrauen „für sich selbst als Person und nicht nur als Mitglied einer besonderen Berufsgruppe oder seiner Person als Sachverständiger“ in Anspruch genommen hat; ihm folgend Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 224 zu § 323 HGB. Der Rechtsprechung lässt sich eine solche Differenzierung nicht entnehmen. Sie wäre in der Praxis auch kaum praktikabel. 779 Canaris, JZ 2001, 499, 520 f.
158
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Bezug auf das in Aussicht genommene Rechtsgeschäft abgegebene „Gewähr“ des Dritten.780 Die besondere Sachkunde des Abschlussprüfers genügt zur Annahme einer „Gewähr“ nach den Kriterien des BGH nicht. Ob der gesetzliche Abschlussprüfer in den untersuchten Pflichtprüfungsfällen eine „Gewähr“ mit Blick auf Geschäfte seines Auftraggebers bietet, muss für die gebildeten Fallgruppen gesondert untersucht werden. (2)
Fallgruppe I: Eigenhaftung nie anzunehmen
Verhältnismäßig eindeutig ist die Situation in den Fällen, in denen die geschädigten prüfungsvertragsfremden Dritten sich lediglich auf die gemäß §§ 325 ff. HGB offengelegten Unterlagen, darunter den vom Abschlussprüfer erteilten Bestätigungsvermerk, verlassen.781 Bestätigungsvermerke sind zwar ihrer gesetzlichen Funktion nach für prüfungsvertragsfremde Dritte bestimmt und sollen diesen grundsätzlich auch als Entscheidungsgrundlage dienen,782 doch beziehen sich die Aussagen des Bestätigungsvermerkes selbst nicht auf künftige Geschäfte der geprüften Gesellschaft oder vertragsfremder Dritter. Dem könnte man entgegenhalten, dass der Abschlussprüfer im Bestätigungsvermerk gemäß § 322 Abs. 6 Satz 2 HGB auch auf den im Lagebericht obligatorisch enthaltenen Prognosebericht sowie die Darstellung der Chancen und Risiken (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB) einzugehen hat. Da sich diese Teile des Lageberichtes naturgemäß auf die Zukunft beziehen, bezieht sich auch der sie betreffende Teil des Bestätigungsvermerkes auf die Zukunft und damit auch auf künftige Rechtsgeschäfte der geprüften Gesellschaft und prüfungsvertragsfremder Dritter, die Rechtsgeschäfte etwa über Anteile der geprüften Gesellschaft abschließen. Es wäre indes abwegig, aus diesem lediglich mittelbaren und in keiner Weise konkretisierten Zukunftsbezug des Bestätigungsvermerkes in objektiver Hinsicht auf eine „Gewähr“ des Abschlussprüfers hinsichtlich konkreter künftiger Geschäfte zu schließen. Noch realitätsferner wäre es, eine solche „Gewähr“ in den rein vergangenheitsbezogenen Aussagen des Bestätigungsvermerkes zu erblicken; durch die bloße Offenlegung nach §§ 325 ff. HGB wird kein Bezug zu vorbereiteten Rechtsgeschäften hergestellt. In den Konstellationen der Fallgruppe I müsste man daher bei Anwendung der Grundsätze der „Sachwalter“-Rechtsprechung eine Eigenhaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers ablehnen.783 (3)
Fallgruppe II: Eigenhaftung im Einzelfall anzunehmen
Anders könnte sich die Situation in den Fällen darstellen, in denen prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers Eingang in einen Börsenprospekt oder in ein sonstiges Dokument gefunden haben, das an die breite ______ 780 Siehe oben Teil 1.B.VI.2.b)aa), S. 155. 781 Siehe zur gebildeten Fallgruppe I Teil 1.A.V.1, S. 28. 782 Siehe Teil 1.A.III.1, S. 19 ff. und Teil 1.B.IV.3.e)bb)(1), S. 116 f. 783 A. A. offenbar Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 40 ff., der in diesem Zusammenhang nicht zwischen den einzelnen Formen der Kenntnisnahme des Testates differenziert.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Öffentlichkeit gerichtet ist.784 In diesen Fällen wird man mit Blick auf eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den Grundsätzen der „Sachwalter“Rechtsprechung zwischen solchen Veröffentlichungen unterscheiden müssen, die sich auf konkrete Rechtsgeschäfte oder auf bestimmte Arten von Rechtsgeschäften beziehen und diese vorbereiten, und solchen, die die Öffentlichkeit lediglich pauschal informieren, ohne dass konkrete Rechtsgeschäfte anvisiert werden. Wenn in den erstgenannten Fällen prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers mit dessen Kenntnis und Billigung und unter Nennung seines Namens sowie seiner Funktion als gesetzlicher Abschlussprüfer veröffentlicht werden, so kann darin im Einzelfall durchaus eine Gewähr i. S. d. „Sachwalter“-Rechtsprechung gesehen werden. Zu denken ist insbesondere an Äußerungen bzw. Zitierungen in Prospekten über Kapitalanlagen, die potentiellen Anlegern entscheidungsrelevante Informationen vermitteln sollen, aber beispielsweise auch an Äußerungen in standardisierten Mitteilungen und Anschreiben, die sich an derzeitige oder potentielle künftige Gläubiger und sonstige Vertragspartner richten. Durch die Zitierung des Abschlussprüfers in diesen Unterlagen wird ein unmittelbarer Bezug zu konkreten Rechtsgeschäften hergestellt. Zwar wird sich die Äußerung des Abschlussprüfers nie auf die „Seriosität, den Bestand und die Erfüllung“ des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäftes insgesamt beziehen, sondern allenfalls auf Details des Vertragsgegenstandes oder bestimmte Eigenschaften der geprüften Gesellschaft, doch steht dieser Umstand für sich genommen der Annahme einer Eigenhaftung des Prüfers nicht entgegen. Wie oben dargestellt,785 ließ es der BGH im Rahmen seiner „Sachwalter“-Rechtsprechung genügen, wenn ein Dritter lediglich die Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärungen geboten hatte, die für den Willensentschluss des anderen Teils bedeutsam gewesen sind. Wenn ein gesetzlicher Abschlussprüfer mit seiner Zustimmung etwa in einem für eine Kapitalanlage werbenden Prospekt mit Aussagen aus seinem Prüfungsbericht oder mit anderen im Rahmen der durchgeführten Pflichtprüfung abgegebenen Aussagen zum Jahresabschluss oder zu bestimmten Bewertungsfragen zitiert wird, so ist dies als „Gewähr“ i. S. d. „Sachwalter“-Rechtsprechung zu verstehen, wenn es den Anlageinteressenten gerade auf die Richtigkeit der angesprochenen Zahlen, Fakten oder Wertungen ankam. Der Prüfer weist hier nicht lediglich auf seine Sachkunde hin, sondern nimmt durch die geschilderten Aussagen und die gleichzeitige Nennung seiner Funktion als gesetzlicher Abschlussprüfer mit Blick auf das vorbereitete Rechtsgeschäft ein „besonderes Vertrauen“ in Anspruch.786 ______ 784 Siehe zu den Fällen der Fallgruppe II Teil 1.A.V.2, S. 28. 785 Siehe oben Teil 1.B.VI.2.b)aa), S. 155. 786 Wenn ein Wirtschaftsprüfer in einem Prospekt oder dergleichen mit Aussagen zitiert wird, die nicht im Rahmen der Pflichtprüfung abgegeben wurden oder sich nicht ausschließlich auf diese beziehen, so geht es nicht mehr um die hier untersuchten Fälle. Von den vorliegend untersuchten Fällen zu unterscheiden sind insbesondere Äußerungen von Wirtschaftsprüfern, mit denen sie Angaben einer der verhandelnden Parteien in Prospekten oder dergleichen bestätigen oder etwa Ergebnisse einer durchgeführten Prospektprüfung formulieren. Vgl. zur Haftung im Zusammenhang
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Anders ist die Situation in den Fällen zu beurteilen, in denen die prüfungsbezogene Äußerung ohne Bezug auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft veröffentlicht wird oder bereits gemäß §§ 325 ff. HGB offengelegte Bestätigungsvermerke lediglich nochmals wiedergegeben werden. Zu denken ist hierbei etwa an einen Abdruck des Testates in einem Börsenzulassungsprospekt i. S. d. § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG.787 Wertungsmäßig ergeben sich in diesen Fällen keine Unterschiede zu den Fällen der Fallgruppe I. Keine „Gewähr“ mit Blick auf Rechtsgeschäfte des geprüften Unternehmens oder Dritter stellt auch die Angabe des Namens und der Anschrift des Abschlussprüfers der letzten drei Geschäftsjahre im Börsenzulassungsprospekt gemäß § 7 WpPG i. V. m. ProspektVO788 (z. B. Ziff. 2.1. des Anhangs I „Mindestangaben für das Registrierungsformular für Aktien [Modul]“) dar. Es handelt sich hierbei zum einen schon nicht um Äußerungen des Abschlussprüfers, zum anderen schaffen diese Angaben auch keinen auf das vorbereitete Rechtsgeschäft bezogenen Vertrauenstatbestand, der über die Veröffentlichungen gemäß §§ 325 ff. HGB hinausgeht. (4)
Fallgruppen III, IV und V: Eigenhaftung häufig anzunehmen
In den praktisch wichtigsten Fällen, in denen prüfungsbezogene Äußerungen des Abschlussprüfers direkt oder mittelbar über die geprüfte Gesellschaft oder andere Interessenten an prüfungsvertragsfremde Dritte gelangen, werden sich am häufigsten Konstellationen ergeben, die nach den Grundsätzen der „Sachwalter“Rechtsprechung beurteilt eine Eigenhaftung des Prüfers begründen müssten.789 Wenn der gesetzliche Abschlussprüfer im Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen der geprüften Gesellschaft oder prüfungsvertragsfremder Dritter einzelne Prüfungsergebnisse, den Bestätigungsvermerk, den Prüfungsbericht oder Auszüge daraus Dritten individuell zur Verfügung stellt, so stellt sich dies für die verhandelnden Parteien ohne weiteres als „Gewähr“ für die angesprochenen Zahlen oder Wertungen dar. Auch wenn lediglich der bereits gemäß §§ 325 ff. HGB offengelegte Bestätigungsvermerk auf diesem Wege mit Zustimmung des Prüfers an prüfungsvertragsfremde Dritte gelangt, ist dies anders als in den gebildeten Fallgruppen I und II zu beurteilen. Durch die individuelle Zusendung bzw. Adressierung wird ein Bezug zwischen der gesetzlichen Abschlussprüfung und den konkreten Vertragsverhandlungen hergestellt. Der Prüfer nimmt in einer solchen Situation „in besonderem Maße“ Vertrauen in Anspruch. Dies ist unabhängig davon anzunehmen, ob er an den Vertragsverhandlungen oder -vorbereitungen unmittelbar teilgenommen hat und ob seine Äußerungen unmittelbar gegenüber dem Vertrauenden erfolgte oder mittelbar über die geprüfte Gesellschaft oder andere Interessenten an diesen gelangte. ______ mit Prospektprüfungen z. B. Hartmann/Schwope, WPK-Mitt. 1993, 46; Hopt, WPg. 1986, 498, 498 f.; Machunsky, DB 1988, S. 1306; Pohl, WPK-Mitt. 1996, Sonderheft April, S. 14; Wagner, BFuP 2000, 594; ders., DStR 2001, 497. 787 Näher zu den in diese Unterlagen aufzunehmenden Informationen zur Abschlussprüfung Teil 1.B.II.1, S. 81. 788 Siehe Fn. 384. 789 Siehe zu den gebildeten Fallgruppen III, IV und V Teil 1.A.V.3, 4 und 5, S. 29.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
(5)
Fazit: Haftung nicht nur im Einzelfall
Die vorangegangenen Erwägungen haben gezeigt, dass man bei einer Übertragung der von der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ herausgebildeten Haftungsgrundsätze auf die vorliegend untersuchten Fälle nicht selten eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber geschädigten prüfungsvertragsfremden Dritten annehmen müsste. In den Fällen der gebildeten Fallgruppe II käme eine Haftung des Prüfers im Einzelfall, in den Fällen der Fallgruppen III, IV und V dagegen häufiger in Betracht. Lediglich in den Fällen der Fallgruppe I wäre eine Haftung des Prüfers auch nach diesen von der Rechtsprechung entwickelten Haftungsgrundsätzen im Regelfall ausgeschlossen. Dass der BGH ungeachtet dessen in den entschiedenen Pflichtprüfungsfällen – ebenso wie in anderen Fällen der Expertenhaftung – die Möglichkeit einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht einmal erwogen hat, könnte seine Begründung in strukturellen Unterschieden dieser Fälle im Vergleich zu den Vertreter- und „Sachwalter“-Fällen haben. cc)
Strukturelle Unterschiede
In den Fällen, in denen die Rechtsprechung eine Eigenhaftung Dritter angenommen hat, standen die Haftenden einer der verhandelnden Parteien in der Regel deutlich näher als der anderen Partei bzw. den anderen Parteien. Es bestand zwar nicht notwendigerweise eine vertragliche Beziehung zwischen dem Dritten und der ihm näher stehenden Partei, doch nahm der haftende Dritte jeweils deutlich stärker die Interessen dieser Partei wahr. Er hatte in diesem Sinne stets eine parteiische Stellung inne. In den untersuchten Pflichtprüfungsfällen ist die Situation schon kraft Gesetzes anders: Sowohl aus § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB als auch aus § 43 Abs. 1 WPO ergibt sich die Pflicht des gesetzlichen Abschlussprüfers zur „unparteiischen“ bzw. „unabhängigen“ Prüfung. An dieser Pflicht ändert auch der Umstand nichts, dass der Prüfer von seinem Vertragspartner, der geprüften Gesellschaft, ein Prüfungshonorar erhält.790 Sicherlich wird es in der Praxis auch Fälle geben, in denen ein Abschlussprüfer entgegen seiner gesetzlichen Pflichten parteiisch prüft oder sich parteiisch zu den Prüfungsergebnissen äußert. Es geht dann aber nicht mehr um die hier untersuchten typischen Fälle einer fahrlässig verursachten Vermögensschädigung. Ein weiterer Unterschied zwischen den Vertreter- und „Sachwalter“-Fällen einerseits und den Experten-Fällen andererseits besteht darin, dass Vertreter und die vom BGH als „Sachwalter“ bezeichneten Dritten Vertrauen im Regelfall lediglich für den Vertretenen bzw. die hinter diesem stehende Verhandlungspartei wahrnehmen und nur im Ausnahmefall – in den Fällen, in denen dann auch eine Eigenhaftung in Betracht kommt – für sich selbst. Kommt es während der Vertragsverhandlungen zu Pflichtverletzungen, so bleibt es daher im Regelfall auch bei Ansprüchen zwischen den den Vertrag vorbereitenden Vertragsparteien. Dies ist ______ 790 Vgl. aber Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 226.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
insofern sachgerecht, als die Verhandlungsparteien sich gegenseitig selbst als Verhandlungspartner ausgesucht haben. In den untersuchten Pflichtprüfungsfällen und ebenso in anderen Fällen fehlerhafter Expertenäußerungen ist das RegelAusnahme-Verhältnis dagegen genau umgekehrt: Im Regelfall nehmen die sich äußernden Experten Vertrauen für sich in Anspruch und nur im Ausnahmefall für die verhandelnden Parteien.791 Eine dritte Besonderheit der vorliegend untersuchten Fälle besteht darin, dass gesetzlichen Abschlussprüfern anders als Vertretern und den vom BGH als „Sachwaltern“ bezeichneten Dritten bereits auf Grund ihrer Funktion und ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Berufsstand, dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer, Vertrauen entgegengebracht wird. Durch die Verwendung des Berufssiegels (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 WPO) und die Anführung ihrer jeweiligen Berufsbezeichnung (vgl. §§ 18 Abs. 1, 128 Abs. 2 WPO) nehmen gesetzliche Abschlussprüfer das an den Beruf geknüpfte Vertrauen auch in Anspruch. Gleichzeitig unterzeichnet der jeweilige Prüfer seinen Prüfungsbericht und seinen Bestätigungsvermerk selbst – in eigenem Namen mit seinem eigenen Namen (vgl. §§ 321 Abs. 5 Satz 1, 322 Abs. 7 Satz 1 HGB) – und nicht etwa im Namen des Berufsstandes oder anonym als „Abschlussprüfer“. Der gesetzliche Abschlussprüfer nimmt daher mit seiner Erklärung Vertrauen sowohl für sich als auch für den Berufsstand insgesamt in Anspruch. In der Praxis lassen sich beide Vertrauenskomponenten schwer trennen.792 Zuletzt sei auf einen Unterschied quantitativer Natur hingewiesen. Der Bestätigungsvermerk des gesetzlichen Abschlussprüfers richtet sich im Regelfall an einen wesentlich größeren Adressatenkreis als vergleichbare Äußerungen von Vertretern und „Sachwaltern“. Während Letztere in den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen stets nur eine oder allenfalls einige wenige Vertragsverhandlungen beeinflussten, sieht sich der gesetzliche Abschlussprüfer häufig einer unüberschaubaren Zahl ihm vertrauender Dritter gegenüber. Die Zahl der in Betracht kommenden Anspruchsberechtigten wäre in Pflichtprüfungsfällen bereits aus diesem Umstand wesentlich größer als in den Fällen, in denen die Rechtsprechung bislang eine Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ annahm.793 c)
Ausweitung der bisherigen Rechtsprechung wünschenswert?
Angesichts der sehr weiten Fassung des § 311 Abs. 3 BGB und der vom Gesetzgeber bewusst unterlassenen Entscheidung zugunsten eines bestimmten Dritthaftungsmodells794 bleibt die Frage zu beantworten, ob trotz der aufgezeigten struk______ 791 Zu den Folgerungen für die Übertragbarkeit der Grundsätze siehe sogleich, Teil 1.B.VI.2.c), S. 163 ff. 792 Die im Schrifttum teilweise befürwortete Differenzierung danach, ob der Abschlussprüfer lediglich Vertrauen für sich „als Mitglied einer besonderen Berufsgruppe“ oder Vertrauen für sich „als Person“ in Anspruch genommen hat, ist meines Erachtens nicht praktikabel (siehe dazu bereits Fn. 778). 793 Vgl. Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 144 zu § 323. 794 Siehe Teil 1.B.VI.1, S. 146 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
turellen Unterschiede eine Ausweitung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ auf die untersuchten Pflichtprüfungsfälle unter juristischen Gesichtspunkten zu befürworten ist. Der Wortlaut der Vorschrift § 311 Abs. 3 BGB jedenfalls stünde einer Haftung des Prüfers letztlich in keiner der untersuchten Fallkonstellationen entgegen.795 Zugunsten einer solchen Rechtsprechung ließen sich die ohne Zweifel bestehenden Gemeinsamkeiten der „Sachwalter“- und „Experten“-Fälle anführen. Es geht jeweils um eine Haftung zwischen Personen, die nicht in einem vertraglichen Verhältnis zueinander stehen und die auch zu keinem Zeitpunkt die Absicht haben, Vertragspartner des jeweils anderen zu werden. Darüber hinaus erfolgt die Schädigung der einen Person in beiden Konstellationen in Folge eines Vertragsschlusses dieser Person mit anderen (dritten) Personen, zu denen der in Anspruch Genommene („Sachwalter“ bzw. „Experte“) in einer vertraglichen oder vertragsähnlichen Sonderbeziehung steht.796 In beiden Konstellationen werden die Vertragsverhandlungen durch die in Anspruch genommene Person (den „Sachwalter“ bzw. „Experten“) beeinflusst.797 Zu berücksichtigen ist sicher auch die systematische Erwägung, dass es bei einer Ausweitung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ auf die „Experten“-Fälle zu einer weitgehenden Vereinheitlichung der Rechtsprechung mit Blick auf die Haftung für fahrlässig verursachte Vermögensschäden vertragsfremder Dritter käme. Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang insbesondere von Canaris seit längerem mit Nachdruck ein „Wechsel der Perspektive“ gefordert.798 Während die Rechtsprechung mit der Konstruktion von Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte zur Haftungsbegründung an den Vertrag des „Experten“ mit seinem Auftraggeber anknüpft, plädiert Canaris für eine – den Grundsätzen der „Sachwalterhaftung“ entsprechende – Anknüpfung an den intendierten Vertrag zwischen dem geschädigten Dritten und dem Auftraggeber des Experten.799 Bei einer Ausweitung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ erhielten die geschädigten prüfungsvertragsfremden Dritten ei______ 795 Vgl. zur Kritik an der Fassung des § 311 Abs. 3 BGB z. B. Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. XIX f.; Eckebrecht, MDR 2002, 425, 427 f.; Lieb, in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 42 ff. 796 Zwischen dem „Experten“ und seinem Auftraggeber besteht in der Regel eine vertragliche Beziehung, zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und der zu prüfenden Gesellschaft etwa der schuldrechtliche Prüfungsvertrag. Zwischen dem „Sachwalter“ und der ihm nahestehenden Partei besteht im Regelfall ebenfalls eine vertragliche, zumindest aber eine vertragsähnliche Beziehung. 797 Die prüfungsbezogene Äußerung des gesetzlichen Abschlussprüfers bzw. sonstigen „Experten“ bildet in den typischen Fällen (siehe zu den vorliegend untersuchten Konstellationen Teil 1.A.V, S. 26 ff.) für den geschädigten vertragsfremden Dritten die maßgebliche Entscheidungsgrundlage. Für die „Sachwalter“-Fälle ist die erhebliche Beeinflussung der Vertragsverhandlungen oder des Vertragsschlusses geradezu das prägende Merkmal, vgl. § 311 Abs. 2 Satz 2 letzter Hs. BGB). 798 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 224 ff.; vgl. ders., JZ 1995, 441, 444; ders., JZ 1998, 603, 605 f. 799 In den vorliegend untersuchten Pflichtprüfungsfällen nimmt Canaris allerdings eine Sperrwirkung des § 323 HGB an, vgl. ZHR 163 (1999), 206, 233 f.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
genständige, vom Prüfungsvertrag unabhängige Schadensersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer. Einwendungen des Prüfers aus dem Prüfungsvertrag wirkten sich auf diese Ansprüche anders als bei einer Lösung mittels der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte grundsätzlich nicht aus.800 Im Schrifttum wird auch dieser Umstand zum Teil als Argument für eine Ausweitung der Grundsätze der Sachwalterhaftung genannt.801 Der BGH hat indes in Pflichtprüfungsfällen bislang gleichwohl nicht auf die Grundsätze der „Sachwalter“-Haftung zurückgegriffen. Meines Erachtens zu Recht. Es sprechen in der Tat gewichtige Gründe gegen eine Übertragung dieser Haftungsgrundsätze. Seit den angesprochenen grundlegenden Entscheidungen des RG und des BGH aus den Jahren 1928802 bzw. 1971803 haben die deutschen Gerichte die Möglichkeit einer eigenen Haftung Dritter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen in Teilbereichen zwar merklich ausgedehnt, doch stets betont, dass eine Eigenhaftung Dritter lediglich in besonderen Ausnahmefällen in Betracht komme. Im Regelfall könnten Schadensersatzansprüche lediglich zwischen den den Vertrag anstrebenden Verhandlungsparteien selbst entstehen.804 Die Gerichte trugen damit dem Gedanken Rechnung, dass es zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses und sich daraus ergebender rechtsgeschäftlicher Pflichten grundsätzlich eines Vertrages zwischen den Beteiligten bedarf.805 Lediglich die besondere Situation bereits aufgenommener Vertragsverhandlungen rechtfertige es, bestimmte für Rechtsgeschäfte typische Schutz- bzw. Verhaltenspflichten kraft Gesetzes bereits vor Vertragsschluss zwischen den in Aussicht genommenen Vertragspartnern entstehen zu lassen. Für Dritte bestehe ein ähnliches Bedürfnis im Regelfall nicht. Durch die Einfügung der Regelungen des § 311 Abs. 2, 3 BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch hat sich an diesen Grundsätzen nichts geändert. Im Gegenteil – der Wortlaut und die Systematik des § 311 BGB bestätigen ein abgestuftes RegelAusnahme-Verhältnis der einzelnen Absätze. Nach wie vor geht das Gesetz davon aus, dass Schuldverhältnisse im Regelfall durch einen Vertrag begründet werden (§ 311 Abs. 1 BGB: „soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt“). § 311 Abs. 2 und Abs. 3 BGB formulieren im Verhältnis zu diesem Grundsatz lediglich Ausnahmen.806 ______ 800 Zur Beachtlichkeit eines Mitverschuldens des vertragsfremden Dritten oder der geprüften Gesellschaft siehe Teil 1.D.IV, S. 196 ff. und 198 ff., zur Beachtlichkeit vertraglicher Haftungsbeschränkungen siehe Teil 3.C, S. 224 ff. und Teil 3.D, S. 231 ff. 801 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 229 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 55 f.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 5. 802 RG, Urt. v. 1. 3. 1928 – VI 258/27, RGZ 120, 249. 803 BGH, Urt. v. 5. 4. 1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81. 804 Siehe z. B. BGH, Urt. v. 17. 6. 1991 – II ZR 171/90, NJW-RR 1991, 1241, 1242; Urt. v. 29. 1. 1992 – VIII ZR 80/91, NJW-RR 1992, 605; Urt. v. 7. 12. 1992 – II ZR 179/91, ZIP 1993, 363, 365; Urt. v. 29. 1. 1997 – VIII ZR 356/95, NJW 1997, 1233. 805 Siehe nur § 305 BGB in der bis zur Schuldrechtsreform 2002 (siehe Fn. 705) geltenden Fassung. 806 So ausdrücklich auch Lorenz/Riehm, Lehrbuch des neuen Schuldrechts, Rn. 376; vgl. auch Emmerich, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 3 zu § 311.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Auch jene Stimmen im Schrifttum, die die Eigenhaftung Dritter nach den Grundsätzen der Rechtsprechung als Element einer eigenständigen „Vertrauens-“, „Berufs-“ oder „Auskunftshaftung“ ansehen,807 räumen der rechtsgeschäftlichen Haftung gegenüber der Haftung kraft in Anspruch genommenen Vertrauens, einer bestimmten Berufsstellung oder aus anderem Grunde – verstanden als Haftung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis („gesetzliche“ Haftung) – ausdrücklich oder in der Sache eine Vorrangstellung ein.808 Zur Annahme von Haftpflichten, die nicht rechtsgeschäftlich vereinbart werden, bedürfe es auch ihrer Ansicht nach stets „eines besonderen, sachlich einleuchtenden Grundes“.809 Solange ein solcher nicht gegeben sei, sei die Auferlegung gesetzlicher Pflichten nicht „zu rechtfertigen“. Die Statuierung einer Haftung sei in diesem Falle allein Aufgabe „privatautonomer Selbstbestimmung“.810 Eine Übertragung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ auf Pflichtprüfungsfälle würde weder dem in § 311 BGB niedergelegten und zuvor bereits von den Gerichten zutreffend betonten Ausnahmecharakter dieser Grundsätze gerecht, noch bestehen „besondere, sachlich einleuchtende Gründe“ zur Statuierung einer vom Willen der Handelnden unabhängigen gesetzlichen Haftung in diesem Bereich. Wie oben dargestellt,811 nehmen gesetzliche Abschlussprüfer anders als Vertreter und „Sachwalter“ im Regelfall Vertrauen für sich in Anspruch und nur im Ausnahmefall für eine der verhandelnden Parteien. Wendete man die für Vertreter und „Sachwalter“ entwickelten Grundsätze auch auf Pflichtprüfungsfälle an, so entstünden im Regelfall Ansprüche zwischen Parteien, die nicht selbst Verhandlungen miteinander begonnen haben. Von einer Eigenhaftung Dritter lediglich im Ausnahmefall könnte man nicht mehr sprechen. Ein nachvollziehbarer Grund für die Statuierung einer gesetzlichen Einstandspflicht besteht schon deswegen nicht, weil in Pflichtprüfungsfällen jeder ernsthaft an einer Haftung nach rechtsgeschäftlichen Grundsätzen Interessierte eine vertragliche – möglicherweise entgeltliche – Vereinbarung mit dem Prüfer selbst schließen kann. Während es in den „Sachwalter“-Konstellationen und erst recht in den Fällen, in denen die Verhandlungen mit einem Vertreter i. S. d. §§ 164 ff. BGB geführt werden, nicht lebensnah ist, die potentielle künftige Vertragspartei auf Verträge mit dem „Sachwalter“ bzw. Vertreter selbst zu verweisen, ist diese Möglichkeit in den untersuchten Prüfungsfällen durchaus realistisch.812 Im Gegensatz zur Situation bei einfachen Vertretern und „Sachwaltern“ gehören die Ausstellung von Bestätigungen und Bescheinigungen im weitesten Sinne so______ 807 Siehe den Überblick unter Teil 1.B.VIII, S. 183 ff. 808 Ausdrücklich Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 433; vgl. in der Sache z. B. Grunewald, AcP 187 (1987), 285, 300 f.; Hopt, in: AcP 183 (1983), 608, 657 ff.; 683 ff.; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 401 ff.; Lammel, AcP 179 (1979), 337, 338 ff. 809 So Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 433. 810 So Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 433. 811 Siehe Teil 1.B.VI.2.b)cc), S. 162. 812 Vgl. in allgemeinerem Kontext Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 217 sowie Huber, in: FS Caemmerer, S. 387.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
wie das Auftreten als Sachverständige zu den beruflichen Aufgaben und Befugnissen der Wirtschaftsprüfer (vgl. § 2 Abs. 1, 3 Nr. 1 WPO). Die Begründung einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers jenseits der Regelungen der §§ 323 HGB, 823 ff. BGB kann daher ohne weiteres der privatautonomen Selbstbestimmung der Beteiligten überlassen bleiben. Der gesetzliche Abschlussprüfer nimmt darüber hinaus, wie oben dargestellt,813 mit Blick auf den vorbereiteten Vertrag anders als ein Vertreter i. S. d. §§ 164 ff. BGB oder ein „Sachwalter“ i. S. d. „Sachwalter“-Rechtsprechung keine parteiische Stellung ein. Dem Prüfer ist es kraft Gesetzes verwehrt, einseitig die Interessen einer der Verhandlungsparteien wahrzunehmen. Würde man ungeachtet dessen die Grundsätze der Vertreter- und „Sachwalter“-Haftung auf die untersuchten Pflichtprüfungsfälle übertragen, so würde man das Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen noch deutlicher als bisher aus seinem ursprünglichen Kontext, der Aufnahme von Vertragsverhandlungen, lösen.814 In den untersuchten Fallgruppen finden zwar Vertragsverhandlungen oder jedenfalls diesen vorgelagerte Vertragsvorbereitungen statt, doch steht der gesetzliche Abschlussprüfer dabei keiner der Verhandlungsparteien (parteiisch) nahe. Auch wenn der Prüfer im Einzelfall physisch an den Vertragsverhandlungen teilnehmen sollte, kann nicht davon gesprochen werden, dass er auf der Seite einer der Verhandlungsparteien in die Vertragsverhandlungen eintritt. Anderseits kann kein Zweifel darüber bestehen, dass er die Vertragsverhandlungen durch seine Äußerungen erheblich beeinflusst. Mann könnte daher versucht sein, mit Canaris815 auf die assoziativ nicht ganz fernliegende strafrechtliche Kategorie „Tatherrschaft“ zurückzugreifen und so für gesetzliche Abschlussprüfer und andere unparteiische „Experten“ die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zu begründen versuchen. Überzeugen könnte indes auch dieser Weg nicht. Eine im Sinne der strafrechtlichen Dogmatik verstandene „Tatherrschaft“ des gesetzlichen Abschlussprüfers oder sonstigen „Experten“ bezüglich des Vertragsgegenstandes, der Inanspruchnahme von Vertrauen oder des Vertragsschlusses begründet für sich genommen keine Sonderbeziehung, die mit der Situation bei Vertragsverhandlungen vergleichbar wäre. Die Kategorie „Tatherrschaft“ mag im Strafrecht und allenfalls im Deliktsrecht ihre Berechtigung haben – im vorliegend untersuchten Zusammenhang hilft sie nicht weiter.816 Gegen eine Übertragung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ spricht unabhängig von den bisherigen Erwägungen aber auch, dass die entwickelten Haftungskriterien in Pflichtprüfungsfällen ohne ein______ 813 Siehe Teil 1.B.VI.2.b)cc), S. 162. 814 Vgl. Arnold, DStR 2001, 488, 492; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 48; mit Blick auf „Experten“-Fälle allgemein Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 219; zum Parallelproblem bei der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung (siehe dazu sogleich Teil 1.B.VII, S. 169 ff.) z. B. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 23 II 6, S. 562. 815 Canaris, in: FS Giger, S. 103 ff.; ders., ZHR 163 (1999), 206, 227. 816 Vgl. Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 219.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
schneidende Korrekturen nicht zu befriedigenden Lösungen führen würden. Wie oben gezeigt, käme eine Haftung des Prüfers nahezu ausschließlich unter dem Gesichtspunkt eines „in Anspruch genommenen besonderen Vertrauens“ in Betracht. Dieser Gesichtspunkt ermöglicht trotz der von der Rechtsprechung vorgenommenen Konkretisierung in Pflichtprüfungsfällen keine hinreichend differenzierende Beurteilung. Wie dargelegt nimmt der gesetzliche Abschlussprüfer bereits auf Grund seiner Funktion und seiner Berufszugehörigkeit Vertrauen für sich in Anspruch.817 Eine Übertragung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und Sachwaltern würde in den praktisch bedeutsamen Fallgruppen III, IV und V zu einer Art „Berufshaftung“ führen, wie sie von der Rechtsprechung bislang nicht intendiert war und wie sie auch im Gesetz keine Stütze findet.818 Mit Blick darauf und auf die typischerweise große Zahl der auf die Äußerungen des Abschlussprüfers Vertrauenden müssten willkürlich, d. h. ohne jegliche Anhaltspunkte im Gesetz, den Kreis der Berechtigten einschränkende Kriterien entwickelt werden. Die Rechtsprechung würde sich ohne Not eine Reihe neuer Probleme schaffen.819 3.
Zusammenfassung zur Bedeutung in Pflichtprüfungsfällen
In der bisherigen Rechtsprechung zur Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers hatte die richterrechtlich entwickelte Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu Recht keine Bedeutung. Eine Übertragung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und sog. Sachwaltern auf die untersuchten Pflichtprüfungsfälle würde in Fallgruppe II im Einzelfall, in den Fallgruppen III, IV und V häufiger zur Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers führen. Wichtige strukturelle Unterschiede der Fallgestaltungen sowie der aus § 311 BGB folgende, in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannte, Vorrang privatautonomer Gestaltungsmöglichkeiten sprechen jedoch gegen eine solche Übertragung. Mit der gesetzlichen Regelung des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen hat sich der Gesetzgeber entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht nicht für ein bestimmtes Dritthaftungsmodell und zugleich gegen andere entschieden. Der Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen kommt damit als Haftungsgrundlage einer (Dritt-)Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers in den untersuchten typischen Fällen keine Bedeutung zu.
______ 817 Siehe Teil 1.B.VI.2.b)cc), S. 163. 818 Siehe zu den jenseits des geltenden Rechts entwickelten Konzepten Teil 1.B.VIII.3, S. 185. 819 Im Ergebnis daher ebenfalls ausdrücklich gegen eine Übertragung der Grundsätze der „Sachwalter“-Haftung auf Pflichtprüfungsfälle Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, Rn. 461; Heppe, WM 2003, 753, 761; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 96, 142 ff. zu § 323; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 221 zu § 323 HGB; Wiedmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Rn. 23 zu § 323; mit Blick auf Expertenfälle allgemein z. B. Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, 220 ff.; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 60 zu § 311; vgl. auch Medicus, Schuldrecht I, Rn. 111.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
VII. Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung Auf der Grundlage seiner Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“ hat der BGH seit Anfang der 1970er Jahre Grundsätze einer „allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung“ (auch „allgemein-zivilrechtliche“ oder „bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung“) entwickelt. Gegenüber ihrem dogmatischen Ausgangspunkt, der Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, haben sich diese Grundsätze mittlerweile weitgehend verselbständigt. Während die „Sachwalter“-Rechtsprechung des BGH auf die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens abstellt, ist Grundlage der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ein typisiertes, aus einer bestimmten Garantenstellung hergeleitetes Vertrauen. Die entwickelten Haftungsgrundsätze sind in vielen Punkten an die spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände angelehnt. Wie oben gezeigt, kommt eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers aus diesen Tatbeständen nicht in Betracht.820 Anders als etwa im Rahmen der börsengesetzlichen Prospekthaftung (§§ 44 ff., 55 BörsG) ist nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Haftung auch eine Haftung von Personen denkbar, die lediglich für Teile des Prospektes die Verantwortung übernommen haben bzw. denen nur einzelne Angaben im Prospekt zuzurechnen sind. Darüber hinaus ist der Prospektbegriff dieser Haftungsgrundsätze wesentlich weiter als die den Regelungen der §§ 44 ff., 55 BörsG, 127 InvG jeweils zu Grunde liegenden Prospektbegriffe. Es erstaunt daher nicht, dass die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung im Schrifttum zunehmend auch als Anspruchsgrundlage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers vorgeschlagen werden.821 Mit Blick insbesondere auf die in Fallgruppe II822 zusammengefassten Fälle ist die Möglichkeit einer Heranziehung dieser Grundsätze näher zu untersuchen. 1.
Entwicklung
Entwickelt wurde die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung ursprünglich zum Schutz von Kapitalanlegern vor unrichtigen oder unvollständigen Werbeprospekten für Anlagen in Kommanditanteilen an Publikumskommanditgesellschaften.823 Die Beitrittsinteressenten hatten vor Inkrafttreten des Anlegerschutz______ 820 Siehe Teil 1.B.II, S. 80 ff. 821 So z. B. bei Ellenberger, Prospekthandel im Wertpapierhandel, S. 29; Groß, Kapitalmarktrecht, Rn. 36 f. zu §§ 45, 46 BörsG und Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 38 ff., 58 f.; vgl. auch Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 f.; Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen, S. 132; Philippsen, Zur Dritthaftung des privat beauftragten Gutachters, S. 229 ff.; Sittmann, NZG 1998, 490, 493. 822 Siehe Teil 1.A.V.2, S. 28. 823 Vgl. die grundlegenden Entscheidungen BGH, Urt. v. 24. 4. 1978 – II ZR 172/76, BGHZ 71, 284 ff.; Urt. v. 16. 11. 1978 – II ZR 94/77, BGHZ 72, 382 ff.; Urt. v. 22. 3. 1979 – VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103 ff.; Urt. v. 22. 5. 1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172 ff.; Urt. v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 ff.; Urt. v. 22. 3. 1982 – II ZR 114/81, BGHZ 83, 222 ff.; Urt. v. 21. 11. 1983 – II ZR 27/83, WM 1984, 19 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
verbesserungsgesetzes (AnSVG)824 neben dem Werbeprospekt im Regelfall keine eigenen Unterrichtungsmöglichkeiten über das zu finanzierende Vorhaben.825 Zudem stand (und steht) ihnen auf Grund der gewählten Rechtsform die Anlagegesellschaft (meist eine GmbH & Co. KG) nicht als Haftungssubjekt zur Verfügung. Vertragspartner von Anlegern in einer KG sind wie bei anderen Personengesellschaften allein die übrigen Gesellschafter.826 Die Personen, denen die Beitrittsinteressenten bei den Beitrittsverhandlungen ihr Vertrauen schenken, sind jedoch nicht die künftigen Mitkommanditisten, zu denen sie in der Regel keine persönliche Beziehung unterhalten, sondern die Herausgeber des Prospektes sowie die für dessen Herstellung Verantwortlichen. Nach den vom BGH herausgebildeten Haftungsgrundsätzen muss deshalb in erster Linie dieser Personenkreis für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben einstehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die jeweiligen Personen und ihr Einfluss im Prospekt offenbart wurden. Der BGH spricht insofern von einer Haftung, die an ein standardisiertes, den haftenden Personen typischerweise entgegengebrachtes Vertrauen anknüpft.827 Neben den Herausgebern des Prospektes, den das Management bildenden Initiatoren, Gestaltern und Gründern der Gesellschaft sowie den Personen, die daneben besonderen Einfluss ausüben und Mitverantwortung tragen, hat der BGH sehr früh aber auch eine Haftung derjenigen anerkannt, die auf Grund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder auf Grund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an dem Prospekt einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben. Garanten in diesem Sinne können Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, aber auch andere sachverständige Experten sein. Ihre Haftung beschränkt sich auf die Angaben, die mit ihrem Wissen und Wollen in den Prospekt aufgenommen wurden und ihnen deshalb zuzurechnen sind.828 Der Anwendungsbereich der entwickelten Haftungsgrundsätze blieb nicht auf Werbeprospekte für Anlagen in Kommanditanteilen beschränkt. Seit Anfang der 1990er Jahre dehnte der BGH seine Rechtsprechung schrittweise auf vergleichbare Kapitalanlagen aus. Er wendete sie zunächst auf den prospektvermittelten Vertrieb von Beteiligungen an Bauherren- und Erwerbermodellen an829 und später auch auf den Vertrieb von Mischmodellen, die Elemente der reinen Kapitalbeteiligung und des herkömmlichen Bauherrenmodells aufweisen.830 Zur Begründung wies er darauf hin, dass auch bei diesen Anlageformen der Prospekt „oftmals die ______ 824 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) vom 28. Oktober 2004, BGBl. I, S. 2630. 825 Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz führte für die Kapitalanlagen des sog. Grauen Kapitalmarktes erstmals eine Prospektpflicht ein. Siehe hierzu näher Teil 1.B.VII.2, S. 171. 826 Vgl. BGH, Urt. v. 22. 5. 1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172, 175 f. 827 BGH, Urt. v. 22. 3. 1979 – VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 109; Urt. v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 341; Urt. v. 22. 3. 1982 – II ZR 114/81, BGHZ 83, 222, 227 f. 828 BGH, Urt. v. 22. 5. 1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172, 176 f.; Urt. v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 348; Urt. v. 21. 11. 1983 – II ZR 27/83, WM 1984, 19, 19 f. 829 BGH, Urt. v. 31. 5. 1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314, 317 f.; Urt. v. 25. 10. 1990 – VII ZR 284/88, NJW-RR 1991, 217, 217 f. 830 BGH, Urt. v. 26. 9. 1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 213 ff.
170
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
einzige“831 oder „jedenfalls die wichtigste Informationsquelle“832 sei, die den interessierten Anleger in die Lage versetze, die Anlage objektiv zu beurteilen und sein Risiko richtig einzuschätzen. Mit ähnlicher Begründung dehnte der BGH die entwickelten Haftungsgrundsätze im Jahre 1993 auch auf Prospekte aus, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben worden war.833 Ausdrücklich abgelehnt hat der BGH dagegen ihre Anwendung auf den Vertrieb von Warenterminoptionen. Als Grund führte er ein fehlendes praktisches Bedürfnis nach einem speziellen Haftungstatbestand neben den Möglichkeiten der vertraglichen Haftung in diesem Bereich an.834 2.
Anlegerschutzverbesserungsgesetz und verbleibender Anwendungsbereich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung
Mit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes835 im Jahre 2004 wurde ein erheblicher Teil des Anwendungsbereiches der richterrechtlich entwickelten allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung durch gesetzliche Regelungen überlagert.836 Eingeführt wurde mit § 8 f VerkProspG eine Prospektpflicht für bestimmte im Inland öffentlich angebotene nicht in Wertpapieren verbriefte Vermögensanlagen. Es hatte sich in der Vergangenheit gezeigt, dass auf diesem nicht spezialgesetzlich geregelten Teil des Kapitalmarktes (sog. Grauer Kapitalmarkt) häufig hohe Anlegerschäden bis hin zu Totalverlusten auftreten.837 Nach der Intention des Gesetzgebers sollen durch die Einführung der Prospektpflicht auch den Erwerbern von Anlagen des bisherigen sog. Grauen Kapitalmarktes die Informationen zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind, um Risiken und Chancen des jeweils angebotenen Produkts abzuwägen.838 Die mit § 8 f Abs. 1 VerkProspG eingeführte Prospektpflicht betrifft öffentliche Angebote von nicht in Wertpapieren verbrieften Anteilen, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, von Anteilen an Treuhandvermögen sowie von Anteilen an ______ 831 BGH, Urt. v. 31. 5. 1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314, 317; Urt. v. 26. 9. 1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 218. 832 BGH, Urt. v. 26. 9. 1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 218. 833 BGH, Urt. v. 5. 7. 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 109 („Hornblower-Fischer-Urteil“): „Nicht anders als bei Publikums-Kommanditgesellschaften ist der Prospekt in diesen Fällen im allgemeinen die Grundlage für den Beitrittsentschluss des mit ihm geworbenen Interessenten.“ 834 BGH, Urt. v. 4. 5. 1981 – II ZR 193/80, NJW 1981, 2810, 2811; offen gelassen wurde die Frage für Devisen- und Warentermingeschäfte im Urt. des BGH v. 1. 12. 1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025. 835 Siehe Fn. 824. 836 Dazu und zu weiteren Änderungen durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz z. B. Assmann, AG 2004, 435; Barta, NZG 2005, 305; Bohlken/Lange, DB 2005, 1259; Bürgers, BKR 2004, 424; Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929; Duhnkrack/Hasche, DB 2004, 1351; Fleischer, BKR 2004, S. 339; Heisterhagen, DStR 2004, 1089; ders., DStR 2006, S. 759; Kuthe, ZIP 2004, 883; Moritz/Grimm, BB 2004, 18; dies., BB 2004, 1352; dies., BB 2005, 337; Spindler, NJW 2004, 3449; Ziegler, DStR 2004, 1537; ders., NZG 2005, 301. 837 Begründung des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG), BT-Drucks. 15/3174 v. 24. 5. 2004, S. 27. 838 Regierungsentwurf zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz (Fn. 837), a. a. O.
171
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
sonstigen geschlossenen Fonds. An die neu eingeführte Prospektpflicht knüpft mit § 13 VerkProspG seit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes eine spezialgesetzliche Prospekthaftung an. § 13 VerkProspG sieht eine Haftung für unrichtige oder unvollständige Angaben in Prospekten i. S. d. § 8 f Abs. 1 VerkProspG vor. Die Vorschrift verweist hinsichtlich der Ausgestaltung der Haftung auf die Vorschriften der §§ 44 bis 47 BörsG. Wie oben bereits erörtert, ist im Rahmen der Haftung aus § 13 VerkProspG i. V. m. §§ 44 bis 47 BörsG im Gegensatz zur Haftung nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung kein Raum für eine Haftung des im Prospekt zitierten Abschlussprüfers.839 Von Interesse ist daher die Frage, ob und in welchen Fallgruppen eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung neben den im Anwendungsbereich erweiterten spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen möglich bleibt. In Rechtsprechung und Schrifttum scheint im Grundsatz zwar Einigkeit darüber zu bestehen, dass der Anwendungsbereich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung erst dort beginnen kann, wo derjenige der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände endet.840 Bei genauerer Betrachtung dieser „Trennlinie“ zeigen sich jedoch in mehrfacher Hinsicht Unklarheiten: Einige Autoren halten beispielsweise eine Haftung von „Experten“ für unrichtige Äußerungen in Prospekten für möglich, an die bereits ein spezieller Prospekthaftungstatbestand anknüpft (dazu sogleich unter a)). Nicht geklärt ist auch, ob eine Haftung für unrichtige Angaben in kapitalmarktbezogenen Pflichtpublikationen möglich ist, hinsichtlich derer das Gesetz keine spezielle Prospekthaftung regelt (dazu sogleich unter b)). Nicht näher geäußert hat sich der BGH bislang auch zu dem seiner Rechtsprechung zu Grunde liegenden Prospektbegriff. Nicht anders als bei den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen kommt nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung eine Haftung nur in Betracht, wenn unrichtige oder unvollständige Angaben in einem „Prospekt“ wiedergegeben werden. Von einer prospektunabhängigen allgemeinen Vertrauenshaftung für kapitalmarktbezogene Informationen ist die Rechtspraxis weit entfernt.841 Welche ______ 839 Siehe Teil 1.B.II.2, S. 85 f. 840 Vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 17. 12. 1996 – 5 U 178/95, NJW-RR 1997, 749, 750 f.; Assmann, AG 2004, 435, 445; ders., in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7 Rn. 94; Groß, Kapitalmarktrecht, Rn. 2 ff. zu § 47 BörsG; Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 3 zu §§ 48, 49 BörsG n. F.; Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 136; Heisterhagen, DStR 2004, 1089, 1091 f.; ders., DStR 2006, 759, 761; Janert/Schuster, BB 2005, 987, 991; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 9.26. A. A. im neueren Schrifttum lediglich Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 112 Rn. 47 ff.; Grundmann/Selbherr, in: WM 1996, 985, 987 f., die sich auf nicht überzeugende europarechtliche Erwägungen stützen, sowie Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 38 ff., 58 f., der das Verhältnis der Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zur Haftung aus den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen nicht näher problematisiert. 841 Sehr deutlich BGH, Urt. v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 341 und Urt. v. 5. 7. 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 109 f.; aus dem Schrifttum statt vieler Assmann, in: Assmann/
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Publikationen im Einzelnen als Prospekt i. S. d. der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung anzusehen sind, ist im Schrifttum umstritten. Einig ist man sich lediglich insoweit, als ein Prospekt in diesem Sinne stets eine schriftliche Darstellung voraussetzt, die einem größeren Kreis von Personen die Beurteilung von Vermögensanlagen ermöglichen soll (siehe dazu sogleich näher unter b) und c)).842 a)
Publikationen, für die eine spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung existiert
Von besonderem Interesse im vorliegend untersuchten Zusammenhang ist die Frage, ob eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung auch für unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen zulässig ist, die in einem Börsenzulassungsprospekt i. S. d. § 44 Abs. 1 BörsG, einem Prospekt i. S. d. § 8 f Abs. 1 VerkProspG oder in einem anderen Dokument wiedergegeben sind, an das bereits einer der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände (§§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG) anknüpft. Wie oben dargestellt, bestehen für diese Publikationen detailliert ausgestaltete Pflichten zur Wiedergabe von Jahresabschlüssen sowie den dazugehörigen Bestätigungsvermerken des Abschlussprüfers.843 Ganz überwiegend wird die Ansicht vertreten, dass unrichtige Angaben in Prospekten, für die eine spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung besteht, in keinem Fall eine Haftung nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung auslösen können.844 Vereinzelt wird dies allein mit der Einordnung der §§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG „als spezialgesetzliche Regelungen“ zu begründen versucht.845 Häufiger anzutreffen ist die Argumentation, dass durch eine parallele Anwendung der Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung und der spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände der Verschuldensmaßstab der spezialgesetzlichen Tatbestände unterlaufen würde. Während eine Haftung nach den §§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG bezogen auf die Unkenntnis von der Unrichtigkeit der Prospektangaben zumindest grobe Fahrlässigkeit verlangt, genügt dazu im Rahmen der allgemeinen zivil______ Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7 Rn. 47, 57; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 9.27. Siehe aber auch die Beschlüsse des 64. Deutschen Juristentages, hrsg. von der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages, Band II/1, Sitzungsberichte, Teil P, 2002, S. 87 f. 842 Vgl. die Umschreibungen bei Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7 Rn. 57; Groß, Kapitalmarktrecht, Rn. 5 zu § 47 BörsG. 843 Siehe Teil 1.B.II.1, S. 81 und Teil 1.B.II.2, S. 85. 844 A. A. im neueren Schrifttum allein Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHdb., § 112 Rn. 47; Grundmann/Selbherr, in: WM 1996, 985, 987 f.; im älteren Schrifttum (zur inzwischen mehrmals geänderten Rechtslage) auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2289, 2294 und Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, Rn. 100 Fn. 133 (dieser jedoch zweifelnd). 845 So Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 7 zu § 48 BörsG a. F.; J. Hüffer, Das WertpapierVerkaufsprospektgesetz, S. 151 f.; Graf v. Westphalen, BB 1994, 85, 87; vgl. auch Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 29; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rn. 13; Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen, 170; Grundmann/Selbherr, WM 1996, 985, 988.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
rechtlichen Prospekthaftung bereits einfache Fahrlässigkeit.846 Verwiesen wird auch auf § 47 Abs. 2 BörsG und die sich auf diese Regelung beziehenden Gesetzgebungsmaterialien zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz.847, 848 Die Begründung des Regierungsentwurfes zu § 48 Abs. 2 BörsG a. F. (die Vorschrift entspricht § 47 Abs. 2 BörsG n. F.) enthält in der Tat den Hinweis, dass „im Anwendungsbereich der Haftung für fehlerhafte Börsenzulassungsprospekte“ Ansprüche aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung „ausgeschlossen“ sind.849 Vollends überzeugen kann diese Argumentation indes allein mit Blick auf eine Haftung der bereits nach §§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG Verpflichteten. Der gesetzliche Abschlussprüfer zählt – wie oben gezeigt – nicht zu den Verpflichteten der spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände.850 Es ließe sich vertreten, die Haftung des Abschlussprüfers für Angaben in den betreffenden Prospekten sei vom Anwendungs- und Regelungsbereich dieser Vorschriften nicht erfasst.851 Eine Aushebelung des Verschuldensmaßstabes der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände durch die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung wäre auf der Basis einer solchen Auslegung für die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht zu befürchten. Selbst dann, wenn man mit einzelnen Stimmen im Schrifttum die spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände im Verhältnis zu den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung als „leges speciales“ (i. S. d. der Konkurrenzregel „lex specialis derogat legi generali“) einordnete,852 wäre eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht ausgeschlossen. Eine allgemeinere Norm kann von einer spezielleren Norm schließlich nur im Anwendungsbereich der spezielleren Norm verdrängt werden. Diese Gedanken konsequent zu Ende führend halten denn auch einzelne Autoren eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für prüfungsbezogene Äußerungen in Börsenzulassungsprospekten für möglich.853 Auch der BGH scheint davon auszugehen, dass eine Haftung von Personen, die nicht zum Kreis der nach den spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen ______ 846 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 107; Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 136; Kort, AG 1999, 9, 19; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.405; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.111; Sittmann, NZG 1998, 490, 492. 847 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24. März 1998, BGBl. I, S. 529. 848 Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz in der Aktiengesellschaft, S. 83 f.; Groß, Kapitalmarktrecht, Rn. 7 zu § 47 BörsG; Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 4 zu § 48 BörsG n. F.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.405; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.111; Meyer, WM 2003, 1301, 1309; Sittmann, NZG 1998, 490, 492. 849 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drucks. 13/8933 vom 6. 11. 1997, S. 81. 850 Siehe Teil 1.B.II, S. 80 ff. 851 So Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen, S. 132. 852 Siehe die Nachweise in Fn. 845. 853 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 29 f.; Sittmann, NZG 1998, 490, 493 und im Ergebnis wohl auch Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 54 zu §§ 45, 46 BörsG a. F.; Paskert, Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, S. 120.
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B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Verpflichteten gehören, nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung möglich bleibt. Im Jahre 1998 hatte er in einem Fall darüber zu entscheiden, ob die (inzwischen reformierte)854 börsengesetzliche Unternehmensberichtshaftung einer emissionsbegleitenden Bank von der Mitunterzeichnung des Berichtes durch die Bank abhängig ist.855 Der BGH entschied, dass die Haftung der Bank nicht von der Unterzeichnung abhängig sei. Die Gegenansicht würde nach der Argumentation des Gerichtes zu einem „sinn- und systemwidrigen Ergebnis“ führen: Eine Bank, die von der Unterzeichnung des Berichtes absieht, unterläge dann der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung, für die bereits ein Verschulden in Form leichter Fahrlässigkeit genüge. Einer Bank dagegen, die den Unternehmensbericht unterzeichnet und damit ihre Verantwortung für den Inhalt in besonderer Weise zum Ausdruck bringt, kämen die Einschränkungen der börsengesetzlichen Prospekthaftung, die als Verschuldensform grobe Fahrlässigkeit voraussetzt, zugute.856 Diese Argumentation des BGH deutet darauf hin, dass er die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung als „Auffangtatbestand“ für die nicht nach den spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen Verpflichteten ansieht. Wertungsaspekte führt auch Ellenberger zugunsten einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für Äußerungen in Börsenzulassungsprospekten an.857 Er sah mit Blick auf die Rechtslage vor den jüngsten Reformen keinen Grund, weshalb ein Wirtschaftsprüfer, dessen fehlerhaftes Testat in einem solchen Prospekt enthalten ist, besser gestellt werden sollte als ein Wirtschaftsprüfer, dessen fehlerhaftes Testat in einem Vertriebsprospekt für ein Bauherrenmodell wiedergegeben wird.858 Ellenberger weist zudem darauf hin, dass es sich bei der Haftung nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung für den Prüfer um eine Haftung aus der Verletzung von Berufspflichten handele. Die Haftung des Prüfers fuße nicht auf den speziellen Risiken und den besonderen Umständen des Emissionsgeschäftes. Argumente, die für die Haftungsprivilegierung der Börsenprospektverantwortlichen herangezogen werden, können nach Ellenbergers Ansicht daher nicht zum Tragen kommen.859 Die für die Zulässigkeit einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers angeführten Gründe mögen zum Teil durchaus einleuchtend sein. Im Ergebnis lassen sie jedoch die historische Entwicklung und das sich daraus ergebende Zusammenspiel der unterschiedlichen Prospekthaftungstatbestände ebenso außer Acht wie ______ 854 Der Anwendungsbereich des im Rahmen des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Fn. 403) im Jahre 2005 eingeführten Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) umfasst auch Prospekte, die für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel am geregelten Markt zu erstellen sind. Diese treten seit Inkrafttreten der maßgeblichen Vorschriften an die Stelle des Unternehmensberichts. 855 BGH, Urt. v. 14. 7. 1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 225 ff. 856 BGH, Urt. v. 14. 7. 1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 228 ff. 857 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 29 f. 858 Seit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes besteht zwar auch für diese und andere Anlageformen eine gesetzliche Prospektpflicht und -haftung, gleichwohl gilt die Argumentation für andere Konstellationen fort. 859 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 30.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
den in den jüngsten Gesetzesreformen zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers. Die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung wurden von der Rechtsprechung nicht unabhängig bzw. ohne Bezug zu den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen entwickelt. Die richterrechtlich entwickelte Prospekthaftung wurde vielmehr in wichtigen Punkten den formal-gesetzlichen Regelungen nachgebildet.860 Das Bedürfnis zur Schaffung einer Prospekthaftung jenseits der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände ergab sich daraus, dass diese – besonders vor Inkrafttreten des VerkProspG – nur einen verhältnismäßig geringen Teil der Kapitalanlageformen, für die Anleger mit Hilfe von Prospekten geworben wurden, abdeckten. Für andere Anlageformen fehlte es an entsprechenden anlegerschützenden Vorschriften.861 Eine Ausweitung der bestehenden gesetzlichen Regelungen im Wege einer (echten) Analogie verbot sich der Rechtsprechung aus methodisch-formalen Gründen.862 Sachlich stellen sich die entwickelten Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ungeachtet dessen als ergänzende Regeln für Kapitalanlagen dar, für die keine spezialgesetzliche Prospekthaftung existiert. Bereits dieser Hintergrund verbietet eine Anwendung der Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung im Regelungsbereich der spezialgesetzlichen Tatbestände. § 47 Abs. 2 BörsG und die zitierte Regierungsbegründung zu § 48 Abs. 2 BörsG a. F.863 bestätigen dies lediglich. Während Leitbild der von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftung die gesetzlichen Regelungen waren, gehen diese ihrerseits auf Vorschriften zurück, die mit dem Börsengesetz vom 22. Juni 1896864 (BörsG 1896) eingeführt wurden. Die ursprüngliche Fassung des BörsG enthielt mit §§ 43 ff. erstmals Regelungen, die sich explizit mit der Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Angaben in Börsenzulassungsprospekten befassten.865 Bereits § 43 Abs. 1 Satz 1 BörsG 1896 nannte als Haftungsverpflichtete „diejenigen, welche den Prospekt erlassen haben, sowie diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht“. Der Umstand, dass nicht auch der gesetzliche Abschlussprüfer des Emittenten als Verpflichteter genannt war, kann nicht so verstanden werden, dass der damalige Gesetzgeber eine Haftung von Prüfern ausschließen wollte. Bis 1931 gab es – wie oben darge______ 860 Vgl. BGH, Urt. v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 342; Urt. v. 4. 5. 1981 – II ZR 193/80, WM 1981, 1021, 1022; Urt. v. 22. 3. 1982 – II ZR 114/81, BGHZ 83, 222, 224 ff.; Urt. v. 5. 7. 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 117 f.; Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 84/99, WM 2001, 464. 861 Zu den historischen Hintergründen detailliert Assmann, Prospekthaftung, S. 75 ff. 862 Siehe dazu Teil 1.B.II.1.b), S. 84. Wenn der BGH in seinem Urt. v. 18. 12. 2000 – II ZR 84/99, WM 2001, 464 davon spricht, dass die Grundsätze der „allgemeinen Prospekthaftung“ von der Rechtsprechung „in Analogie zu den gesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen entwickelt“ wurden, so ist dies ganz sicher nicht wörtlich zu verstehen; vgl. nur die spätere Bezugnahme im Urt. v. 14. 1. 2002 – II ZR 40/00, WM 2002, 813, 814. 863 Begründung zum Regierungsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes (siehe Fn. 849), BT-Drucks. 13/8933 vom 6. 11. 1997, S. 81. 864 RGBl., S. 157. 865 Wesentlichen Änderungen wurden diese Regelungen erst nach mehr als 100 Jahren im Rahmen der Reformen durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz (siehe Fn. 847) unterworfen.
176
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
stellt866 – in Deutschland keine gesetzliche Pflicht zur Prüfung der externen Rechnungslegung durch unabhängige Prüfer. Zur Zulassung von Aktien oder Schuldverschreibungen einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien musste ein Zulassungsprospekt i. S. d. § 38 Abs. 2 BörsG 1896 zwar die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung für das letzte Geschäftsjahr wiedergeben, doch enthielt der Prospekt keinen Bestätigungsvermerk oder sonstige prüfungsbezogene Äußerungen eines externen Prüfers i. S. d. heutigen Praxis.867 Vor dem Inkrafttreten des BörsG 1896 standen den durch unzutreffende oder unvollständige Prospekte Geschädigten aus allgemeinen Regeln häufig keine Ansprüche zur Verfügung. Zweck der mit dem BörsG eingeführten Vorschriften war die Schaffung einer „maßgeschneiderten“ Anspruchsgrundlage für die besondere Gefahrenlage bei der Emission von Wertpapieren an der Börse.868 Es ist daher davon auszugehen, dass der historische Gesetzgeber in § 43 Abs. 1 Satz 1 BörsG 1896 den Kreis der Personen, die seiner Meinung nach einer Haftung für unrichtige Angaben in Börsenzulassungsprospekten unterliegen sollten, abschließend umschrieb. Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung sind jedenfalls nicht ersichtlich.869 Nach der Einführung gesetzlicher Abschlussprüfungen fielen deshalb auch unrichtige Äußerungen der Prüfer in Börsenzulassungsprospekten in den Regelungsbereich der börsengesetzlichen Prospekthaftung. Dasselbe gilt seit 1987 für prüfungsbezogene Äußerungen in Prospekten i. S. d. § 55 BörsG870 sowie (spätestens) seit 1998 für Äußerungen in schriftlichen Darstellungen i. S. d. § 44 Abs. 4 BörsG.871 § 13 VerkProspG verweist hinsichtlich des Kreises der Haftungsverpflichteten auf die börsengesetzlichen Regelungen. Das Gesagte gilt daher für prüfungsbezogene Äußerungen in den erfassten Prospekten entsprechend.872 Eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für Äußerungen in diesen Prospekten nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ist daher abzulehnen. ______ 866 Siehe Teil 1.A, S. 5 und Teil 1.B.I.1, S. 30. 867 Vgl. §§ 5 ff. der auf Grund § 42 BörsG 1896 vom Bundesrat beschlossenen „Bekanntmachung, betreffend die Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel“ vom 11. Dezember 1896, RGBl., S. 763. 868 Ausführlich zur Genese der gesetzlichen Regelungen Assmann, Prospekthaftung, S. 7 ff., 39 ff. 869 Vgl. Max Weber, ZHR 45 (1896), 69, 90 f. 870 Im Jahre 1987 wurden als Voraussetzung der Zulassung zum geregelten Markt Unternehmensberichte in das Börsengesetz eingefügt, vgl. das Gesetz zur Einführung eines neuen Marktabschnitts an den Wertpapierbörsen und zur Durchführung der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1979, vom 17. März 1980 und vom 15. Februar 1982 zur Koordinierung börsenrechtlicher Vorschriften (Börsenzulassungs-Gesetz) vom 16. 12. 1986, BGBl. I, S. 2478. Seit Inkrafttreten des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Fn. 403) ist für die Zulassung zum geregelten Markt ein Prospekt i. S. d. Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) erforderlich. 871 Die Haftung für Darstellungen i. S. d. § 44 Abs. 4 BörsG – wurde im Zuge des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes (Fn. 847) eingeführt. Zum Meinungsstand vor der Einführung dieser Regelung z. B. Assmann, AG 1996, 508, 508 ff. und Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 20 zu §§ 45, 46 a. F. 872 Nicht anders zu entscheiden ist für Prospekte i. S. d. § 127 InvG. Die investmentrechtlichen Haftungstatbestände der §§ 20 KAGG, 12 AuslInvestmG a. F., die inzwischen in § 127 InvG aufgegangen sind, wurden der börsengesetzlichen Prospekthaftung nachgebildet.
177
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass sich die spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände entgegen ihrer ursprünglichen Sinngebung durch die extensive Rechtsprechung des BGH zur allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung nahezu zu privilegierenden Vorschriften gewandelt haben. Während die börsengesetzlichen Regelungen ursprünglich gegenüber den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen erleichterte Haftungsvoraussetzungen schaffen sollten, haben sie inzwischen vorwiegend haftungsbeschränkenden Charakter.873 Dies zeigt sich außer am jeweiligen Kreis der Haftungsverpflichteten besonders anschaulich an den unterschiedlichen Verschuldensmaßstäben. Wie bereits mehrfach angesprochen, verlangen die spezialgesetzlichen Tatbestände im Gegensatz zu den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zumindest grobe Fahrlässigkeit. Die daraus resultierenden Ergebnisse erscheinen zum Teil paradox und werden im Schrifttum ganz überwiegend zu Recht kritisiert.874 Eine Korrektur bleibt indes dem deutschen Gesetzgeber vorbehalten.875 b)
Kapitalmarkt- und bilanzrechtliche Pflichtpublikationen
Eine weitere Frage ist, ob eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für prüfungsbezogene Äußerungen in Pflichtpublikationen zulässig ist, die keine haftungsbewehrten Prospekte i. S. d. der gesetzlich geregelten Tatbestände sind. Zu denken ist an Äußerungen in Zwischenberichten i. S. d. § 40 BörsG, an Äußerungen in Ad-hoc-Mitteilungen gemäß § 15 WpHG, aber auch an eine Haftung, die an die gemäß §§ 325 ff. HGB offengelegten Unterlagen selbst anknüpft. Man wird nicht davon ausgehen können, dass (auch) diese Publikationen vom Regelungsbereich der börsengesetzlichen Prospekthaftung erfasst sind. Sie wurden ausnahmslos nach dem Inkrafttreten des BörsG 1896 eingeführt. Keine der angesprochenen Publikationspflichten lässt sich zudem mit der Gefahrenlage bei der Emission von Wertpapieren an der Börse begründen. Die kapitalmarkt- und bilanzrechtliche Regelpublizität und die anlassbezogene Ad-hoc-Publizität soll Anlegern vielmehr rationale Transaktionsentscheidungen auf dem Sekundärmarkt ermöglichen. Ein Regelungsvorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände steht damit in diesen Fällen einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nicht entgegen. ______ 873 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 53 ff., 60 ff., 373 ff.; ders., in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7 Rn. 23. 874 Vgl. Assmann, in: AG 1996, 508 (dort auch Fn. 4); ders., in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7 Rn. 23 ff.; ders., in: Referat auf dem 64. Deutschen Juristentag, S. 17 ff., 32 ff.; Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 67; Fleischer/Kalss, AG 2002, 329, 330 ff.; Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 112 Rn. 47 ff.; Grundmann/Selbherr, WM 1996, 985, 986 f.; Hellwig, Referat auf dem 64. Deutschen Juristentag, S. 60 f., 81; Hopt, in: Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, Rn. 169 f.; ders., in: FS 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 525; Meyer, WM 2003, 1301, 1303; Schwark, in: FS 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 493 ff.; Mülbert, JZ 2002, 826, 833 sowie die Beschlüsse des 64. Deutschen Juristentages, hrsg. von der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages, Band II/1, Sitzungsberichte, Teil P, 2002, S. 87 f. 875 Europarechtliche Überlegungen, wie bei Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Hdb., § 112 Rn. 47 ff.; Grundmann/Selbherr, WM 1996, 985, 987 f., angestellt, führen hier nicht weiter.
178
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
Bei fehlerhaften Äußerungen des Prüfers in Ad-hoc-Mitteilungen sind seit Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes876 jedoch der Haftungstatbestand des § 37 c Abs. 1 WpHG (Haftung bei unwahrer Ad-hoc-Publizität) und die auf diesen bezogene Regelung des § 37 c Abs. 5 WpHG zu beachten. § 37 c Abs. 5 WpHG ist wortgetreu § 47 Abs. 2 BörsG nachgebildet, worauf auch die Gesetzesbegründung zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz hinweist.877 Im Regelungsbereich des § 37 c Abs. 1 WpHG ist gemäß § 37 c Abs. 5 WpHG eine Haftung nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ausgeschlossen.878 Man könnte sich wiederum die Frage stellen, ob auch die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für Äußerungen in Ad-hoc-Mitteilungen vom Regelungsbereich des § 37 c Abs. 1 WpHG umfasst ist. Verpflichteter aus § 37 c Abs. 1 WpHG ist schließlich allein der Emittent und nicht auch Dritte, die in der Mitteilung mit ihrer Zustimmung zitiert werden. Aus dem oben zu § 37 c Abs. 1 WpHG Gesagten ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber die Haftung für die Veröffentlichung unwahrer Tatsachen in Ad-hoc-Mitteilungen auch hinsichtlich des Kreises der Haftungsverpflichteten abschließend regeln wollte.879 Eine Haftung des Abschlussprüfers nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung für unwahre prüfungsbezogene Äußerungen in Ad-hoc-Mitteilungen i. S. d. § 15 WpHG ist daher ausgeschlossen. Abgesehen davon ist bereits zweifelhaft, ob die oben genannten Pflichtpublikationen – einschließlich der soeben besprochenen Ad-hoc-Mitteilungen – als Prospekte i. S. d. allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung angesehen werden können. Unter Hinweis auf die Bedeutung der in ihnen enthaltenen Informationen für den Anleger nimmt man dies im Schrifttum häufig an.880 Dagegen spricht jedoch, dass man für Prospekte i. S. d. allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung einen werbenden Charakter oder zumindest einen eindeutigen Zusammenhang mit dem Vertrieb der entsprechenden Wertpapiere oder sonstigen Anlageformen wird verlangen müssen.881 Würde man auch jede nicht-werbende Vermittlung von Informationen und jede Berichterstattung der allgemeinen zivilrechtlichen Pros______ 876 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002, BGBl. I, S. 2010. 877 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drucks. 14/8017 vom 18. 1. 2002, S. 93 f. 878 Vgl. die Begründung zu § 47 Abs. 2 BörsG (Begründung zum Regierungsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes (siehe Fn. 849), BT-Drucks. 13/8933 vom 6. 11. 1997, S. 81. 879 Siehe Teil 1.B.III, S. 86 f. 880 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, Rn. 6 zu § 47 BörsG; ders., WM 2002, 477, 480; Hamann, in: F. A. Schäfer, WpHG u. a., Rn. 29 zu §§ 45, 46 BörsG a. F.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 4 zu § 47 BörsG. 881 Auch der BGH stellte in den Entscheidungen, in denen er die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung entwickelte, stets den werbenden Charakter der als „Prospekt“ bezeichneten Publikationen heraus, vgl. nur BGH, Urt. v. 24. 4. 1978 – II ZR 172/76, BGHZ 71, 284 ff.; Urt. v. 16. 11. 1978 – II ZR 94/77, BGHZ 72, 382 ff.; Urt. v. 22. 5. 1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172, 175 ff.; Urt. v. 6. 10. 1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 348; Urt. v. 31. 5. 1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314, 314 ff.; Urt. v. 26. 9. 1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213 ff.; Urt. v. 5. 7. 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 109.
179
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
pekthaftung unterwerfen, so käme man der Schaffung einer allgemeinen Haftung für kapitalmarktbezogene Informationen nahe. Dass dem Gesetzgeber eine solche (bisher) gerade nicht vorschwebt, ist bei den zurückliegenden Reformen des Kapitalmarktrechts abermals deutlich geworden. Mit der Schaffung neuer Haftungstatbestände, die an Versäumnisse oder Fehler bei der Veröffentlichung bestimmter kapitalmarktbezogener Informationen anknüpfen (vgl. §§ 37 b, 37 c WpHG), hat der Gesetzgeber dem Konzept einer allgemeinen Informationshaftung für den Kapitalmarkt eine Absage erteilt. Zwischenberichte i. S. d. § 40 BörsG, Ad-hoc-Mitteilungen i. S. d. § 15 WpHG sowie die nach §§ 325 ff. HGB offengelegten Unterlagen haben keinen unmittelbaren Vertriebsbezug oder gar werbenden Charakter. Richtigerweise sind sie daher nicht als Prospekte i. S. d. der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung anzusehen. Eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ist für diese Fälle abzulehnen. c)
Freiwillige Publikationen
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob eine Haftung des Abschlussprüfers für fehlerhafte prüfungsbezogene Äußerungen zulässig ist, die in freiwillig erstellten Publikationen zur Förderung des Vertriebs von Wertpapieren oder sonstigen Kapitalanlagen wiedergegeben werden. Zu denken ist hier insbesondere an Fälle, in denen prospektartige Dokumente erstellt werden, obwohl eine Prospektpflicht nach § 3 WpPG oder § 8 f VerkProspG nicht besteht, weil entweder der Grundtatbestand der jeweiligen Prospektpflicht nicht erfüllt ist oder einer der zahlreichen gesetzlichen Ausnahmetatbestände (§§ 3 Abs. 2; 4 WpPG, 8 f Abs. 2 VerkProspG) greift. Dass Äußerungen des Abschlussprüfers in Zeitungsanzeigen, Serienbriefen, E-Mails oder gar auf Handzetteln (sog. flyer) oder Plakaten wiedergegeben werden, erscheint unwahrscheinlich. Wiederum ist zunächst zum Regelungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände abzugrenzen. Bei den genannten Dokumenten kommt es in erster Linie auf § 13 VerkProspG an. Die Bestimmung des Regelungsbereiches dieser Vorschrift bereitet dank eindeutiger Hinweise in den Gesetzgebungsmaterialien keine größeren Schwierigkeiten. Im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren zum Verkaufsprospektgesetz bat der Bundesrat zu prüfen, ob eine dem § 13 VerkProspG entsprechende Haftungsbestimmung für falsche Angaben in Fällen erforderlich sei, in denen ein Verkaufsprospekt im Sinne des § 13 VerkProspG nicht erstellt werden muss.882 In ihrer Gegenäußerung stellte die Bundesregierung klar, dass die im Verkaufsprospektgesetz vorgesehene Prospekthaftung allein auf die vorgeschriebenen Verkaufsprospekte Anwendung finden soll. Für andere aus Anlass eines Wertpapierangebotes erfolgte Veröffentlichungen erscheine es „sachgerechter, sie den Haftungsregeln zu unterwerfen, wie sie von ______ 882 Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über WertpapierVerkaufsprospekte und zur Änderung von Vorschriften über Wertpapiere, BT-Drucks. 11/6340 v. 1. 2. 1990, S. 18.
180
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entwickelt worden sind“.883 Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde an diesem Anknüpfungspunkt der Haftung nichts geändert. Im Rahmen späterer Reformen des Gesetzes wurde die Thematik nicht näher erörtert. Es ist daher davon auszugehen, dass die oben genannten Publikationen aus dem Regelungsbereich des § 13 VerkProspG ausgeklammert sind. Die Frage, ob sie als Prospekte i. S. d. der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung eingeordnet werden können, lässt sich anhand der zitierten Gesetzgebungsmaterialien nicht beantworten. Wenn in der angesprochenen Stellungnahme der Bundesregierung von richterrechtlich entwickelten Haftungsregeln die Rede ist, so waren damit jedenfalls nicht die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung gemeint.884 Deren Anwendungsbereich beschränkte sich zum Zeitpunkt der ursprünglichen Gesetzesberatungen auf Werbeprospekte für Anlagen in Kommanditanteilen an Publikumskommanditgesellschaften.885 Dass der BGH die damals noch als Sonderrecht der Publikumskommanditgesellschaften angesehenen Haftungsgrundsätze später auch auf andere Kapitalanlagen oder gar Prospekte anwenden würde, mit denen für den Erwerb von Wertpapieren außerhalb der geregelten Kapitalmärkte geworben wird, war nicht abzusehen.886 Die Bundesregierung hatte mit großer Wahrscheinlichkeit die damalige Rechtsprechung des BGH zur Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder zu den allgemeinen vertrags- und deliktsrechtlichen Haftungsgrundlagen im Sinn.887 Bei der Frage nach der Prospekteigenschaft freiwilliger Publikationen zur Förderung des Vertriebs von Wertpapieren oder sonstigen Kapitalanlagen sei somit zunächst auf die bereits angeführten Kriterien und Wertungen abgestellt. Die genannten Unterlagen richten sich an einen größeren Kreis von potentiellen Anlegern und enthalten Angaben, die den Anlegern die Beurteilung der vertriebenen Wertpapiere ermöglichen sollen. Da keine Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes besteht, werden diese Unterlagen häufig eine wichtige, möglicherweise die wichtigste oder einzige Informationsquelle sein. Insoweit erscheint es einem Teil des Schrifttums plausibel, sie als Prospekte i. S. d. der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung anzusehen.888 Eine Haftung des mit prüfungsbezogenen Äußerungen zitierten Abschlussprüfers käme demzufolge in Betracht. Die in §§ 1 bis 4, 13 VerkProspG zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers zwingen unterdessen zu einer anderen Beurteilung. ______ 883 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (siehe Fn. 882), BT-Drucks. 11/6340 v. 1. 2. 1990, S. 20. 884 So aber offenbar J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, S. 153, Fn. 662. 885 Siehe Teil 1.B.VII.1, S. 169. 886 Vgl. Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb. d. Kapitalanlagerechts, § 7 Rn. 96. 887 Siehe dazu Teil 1.B.IV, S. 87 ff.; Teil 1.B.V, S. 129 ff. und Teil 1.B.VI, S. 145 ff. 888 So J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, S. 153 und Dittrich, Privatplatzierungen im deutschen Kapitalmarktrecht, S. 176 f. (für Publikationen im Zusammenhang mit Privatplatzierungen); ihm folgend Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 109 f.
181
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Der Blick sei zunächst auf die Fälle gerichtet, in denen prospektartige Dokumente veröffentlicht werden, obwohl dies auf Grund eines der in §§ 3 f. WpPG oder § 8 f VerkProspG geregelten Ausnahmetatbestände entbehrlich war. Der Gesetzgeber wollte mit den geregelten Ausnahmetatbeständen bestimmte Angebote besser stellen, weil er in diesen Fällen die Interessen des Anlegerschutzes auch ohne Prospektpflicht und -haftung gewahrt sah. In den Fällen des § 8 f Abs. 2 Nr. 3 bis 8 VerkProspG sah der Gesetzgeber beispielsweise kein besonderes Schutzbedürfnis gegeben, weil auf Grund der Größe der Anlage unterstellt werden könne, dass die Erwerber selbst in der Lage seien, sich entsprechend zu informieren und eine Anlageentscheidung zu treffen.889 Ähnliches gilt für die Ausnahmetatbestände des § 3 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 WpPG.890 Wegen der besonderen Ausgestaltung der angebotenen Wertpapiere bedurfte es nach Ansicht des Gesetzgebers in den Fällen des § 4 WpPG keiner besonderen Informationsmöglichkeit in Form eines Prospektes.891 Der gesetzgeberischen Intention der Besserstellung der betroffenen Angebote würde es zuwiderlaufen, wenn man die freiwillig veröffentlichten „Prospekte“ als Prospekte i. S. d. der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung einordnen würde und so in diesen Fällen zu einer schärferen Haftung käme.892 Ähnliches gilt für die Fälle, in denen eine Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes nach § 3 WpPG besteht, weil kein öffentliches Angebot i. S. d. § 3 Abs. 1 WpPG abgegeben wird. Für Privatplatzierungen, bei denen zwischen dem Anbieter der Wertpapiere und dem Anleger in der Regel eine persönliche Beziehung hergestellt wird, sah der Gesetzgeber kein Bedürfnis nach einem besonderen Schutz der Anleger. Vertragliche Vereinbarungen und die Möglichkeit einer Haftung aus culpa in contrahendo sollten hier offensichtlich genügen. Auch in diesen Fällen wäre es daher nicht angemessen, mittels der Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung einer gegenüber § 13 VerkProspG strengeren Haftung den Weg zu ebnen. Auch in den Fällen, in denen eine Prospektpflicht nach § 3 WpPG nicht besteht, weil bereits gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 WpPG ein Prospekt veröffentlicht worden ist, besteht ein geringeres Schutzbedürfnis. Vor der Kaufentscheidung konnte die bisherige Entwicklung des Wertpapiers beobachtet werden. Der Anleger kann auf die Informationen des älteren Prospektes zurückgreifen. Der freiwillig veröffentlichte Prospekt stellt in diesen Fällen jedenfalls nicht „die wichtigste oder einzige“ In______ 889 Begründung des Regierungsentwurfes zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz (Fn. 837), S. 41 f. 890 Begründung des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) , BT-Drucks. 15/4999 v. 3. 3. 2005, S. 29. 891 Begründung des Regierungsentwurfes zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz (Fn. 890), S. 30. 892 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 109; vgl. auch Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rn. 63; J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, S. 153.
182
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
formationsquelle dar. Die Einordnung der angesprochenen Publikationen als Prospekte i. S. d. der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ist daher abzulehnen. 3.
Bedeutung der Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung als Haftungsgrundlage
Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung haben nach dem Gesagten keine Bedeutung als Grundlage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten. Im Rahmen des höchstrichterlich gesicherten Anwendungsbereiches dieser Grundsätze kommt eine Haftung nach Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) außer in Altfällen in den hier interessierenden Konstellationen nicht (mehr) in Betracht. De lege lata ist eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung auf prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers in Publikationen, für die eine spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung existiert, ausgeschlossen. Dasselbe gilt mit Blick auf prüfungsbezogene Äußerungen in anderen kapitalmarkt- und bilanzrechtlichen Pflichtpublikationen sowie freiwillig erstellten Publikationen zur Förderung des Vertriebs von Wertpapieren oder sonstigen Kapitalanlagen.
VIII. Weitere in der Literatur vorgeschlagene Haftungskonzepte Neben den untersuchten Haftungsgrundlagen wurde im Schrifttum eine kaum mehr überschaubare Zahl weiterer Modelle zur Begründung der Haftung „beruflicher Sachkenner“ bzw. „Experten“ gegenüber vertragsfremden Dritten entwickelt. Ohne nachvollziehbare Verankerung im geltenden Recht sind diese Modelle bisher Einzelansichten geblieben. Ihre detaillierte Darstellung und Kritik würde den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen, zumal die wenigsten Autoren speziell die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers im Auge haben. Lediglich der Vollständigkeit halber seien nachfolgend die am häufigsten besprochenen Konzepte in aller Kürze benannt.893
______ 893 Auf Grund des nahezu unüberschaubaren Schrifttums in diesem Bereich wird auf eine umfassende Literaturübersicht verzichtet. Verwiesen wird stattdessen auf die Zusammenstellungen bei Hirte, Berufshaftung, S. 386 ff. und Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 170 ff., 197 ff.
183
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
1.
Vertragsnahe Ansätze
Zu den „vertragsnahen“ Modellen zählen neben den bereits angesprochenen Ansätzen Canaris894 und Möschels895 vor allem die von Stoll,896 Grunewald897 und Hirte898 vorgelegten Haftungskonzepte. Nach Stolls Ansatz sind mit außervertraglichen Auskünften nicht selten „einseitige Leistungsversprechen“ verbunden, durch welche das Vertrauen des Empfängers in Anspruch genommen und er zur Disposition über sein Vermögen veranlasst wird. Die wesensmäßigen Unterschiede zwischen mehrseitigen Verträgen und einseitigen Leistungsversprechen herausstellend versucht Stoll mit Hilfe Letzterer einen besonderen nicht-rechtsgeschäftlichen Haftungstatbestand („gesetzliche Vertrauenshaftung“) zu begründen.899 Grunewald geht davon aus, dass Auskünfte und Gutachten von Experten eine „Garantieerklärung“ enthalten, sobald eine gewisse „Seriositätsschwelle“ erreicht ist. Wann dies der Fall ist, sei im Wege „interessengerechter Auslegung“ anhand des Verhaltens des Experten zu ermitteln. Durch die „Garantieübernahme“ werde eine „an Vertrauensgrundsätzen ausgerichtete Haftung“ begründet.900 Die von Hirte herausgearbeitete „genuin vertragliche“ Dritthaftung versteht sich als „dienstleistungsspezifische Seite“ einer allgemeinen „unternehmerischen Außenhaftung“.901 Zur Begründung seines Haftungsansatzes stellt Hirte auf die strukturellen Parallelen zwischen Waren- und Dienstleistungsproduktion sowie das gewandelte Bewusstsein von der sozialen Aufgabe des Rechts ab.902 2.
Deliktsrechtliche Ansätze
Eine zweite Gruppe von Vorschlägen steht dem Recht der unerlaubten Handlungen nahe. Brüggemeier903 schlug vor, die Fälle der Expertenhaftung einheitlich deliktsrechtlich nach § 823 Abs. 1 BGB zu lösen. Zentrales Begründungselement seines Ansatzes ist die seiner Argumentation nach in vielen Entscheidungssituationen gegebene Abhängigkeit des „Marktbürgers“ von der kompetenten Auskunft durch formal qualifizierte Berufsangehörige. Berufsgruppen, denen speziell die Wahrung fremder Vermögensbelange obliegt, seien im Interesse sozialer Schadensprävention Verkehrspflichten aufzuerlegen, deren Verletzung zur Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB führe.904 Mertens,905 Konrad Huber906 und ______ 894 895 896 897 898 899 900 901 902 903 904 905 906
184
Siehe oben Teil 1.B.VI.2.c), S. 163 ff. Siehe Teil 1.B.IV.5, S. 127 f. Stoll, in: FS Flume, S. 749 ff. Grunewald, AcP 187 (1987), 285, 299 ff.; dies., ZGR 1999, 583, 598 f. Hirte, Berufshaftung, S. 417 ff. Stoll, in: FS Flume, S. 751 ff., 764 ff. Grunewald, AcP 187 (1987), 285, 299 ff.; dies., ZGR 1999, 583, 598. Hirte, Berufshaftung, S. 417 ff., 424 f. Hirte, Berufshaftung, S. 417 ff. Brüggemeier, Deliktsrecht, S. 291 ff. Brüggemeier, Deliktsrecht, S. 291 f. Mertens, AcP 178 (1978), 227 ff. K. Huber, in: FS v. Caemmerer, S. 358.
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
v. Bar907 schlugen vor, jenseits der Vorschrift des § 823 Abs. 1 BGB selbständige deliktische „Verkehrspflichten zum Schutze fremden Vermögens“ anzuerkennen. Nach Mertens sollte es für eine Haftung darauf ankommen, ob jemand faktisch eine gesteigerte Verantwortung für fremdes Vermögen übernimmt, die sich aus seiner Sachkunde oder Professionalisierung oder aus der Schutzbedürftigkeit der auf ihn Angewiesenen ergibt.908 Huber und v. Bar möchten Verkehrspflichten zum Schutze fremden Vermögens im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB ansiedeln. Von beiden werden sie entgegen dem Gesetzeswortlaut als „Schutzgesetze“ angesehen.909 Huber zählt dabei die Berufspflichten zu den „wichtigsten Verkehrspflichten“.910 3.
Sonstige Haftungsmodelle
Eine Reihe von Vorschlägen sind weder dem Vertrags- noch dem Deliktsrecht zuzuordnen. Lammel911 etwa versucht eine Haftung kraft Berufsstellung in Parallele zur Haftung der Beamten bei unrichtigen Auskünften nach Amtshaftungsgrundsätzen zu begründen („privatrechtliche Haftung kraft Amtes“). Haftungsgrundlage bildet für ihn das gesetzlich legitimierte Vertrauen in die Sachkompetenz des Auskunftsgebers.912 Auch Hopt913 knüpft mit seinem Haftungskonzept an die Berufsstellung an. Er zeigt auf, dass sich aus dem beruflichen Auftreten am Markt bereits nach bisherigem Recht umfassende Pflichten ergeben. Berufliche Einstandspflichten ohne Vertrag sind für ihn lediglich Teil eines umfassenden Berufsrechts. Köndgen914 versucht eine Haftung im Bereich zwischen Vertrag und Delikt mit Hilfe der Kategorie „Selbstbindung ohne Vertrag“ zu erfassen. Sein Ansatz ist durch eine Vielzahl soziologischer Begründungselemente gekennzeichnet. Auch Picker915 knüpft mit seinem Ansatz nicht pauschal an eine berufliche Stellung an. Er geht vielmehr von einem umfassenden Schutz aller als schützenswert anerkannten Interessen aus. Nach seiner Lösung kommt ein haftungsrechtlicher Schutz des Vermögens immer dann in Betracht, wenn der oder die möglichen Gläubiger bereits ex ante feststellbar sind. Im Zentrum seines Haftungskonzeptes steht als haftungsbegrenzendes Element die „rechtliche Sonderverbindung“.916
______ 907 908 909 910 911 912 913 914 915 916
v. Bar, Verkehrspflichten, S. 157 ff. Mertens, AcP (1978), 227, 242 ff., 262. K. Huber, in: FS v. Caemmerer, S. 384 ff., 388; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 157 ff., 180. K. Huber, in: FS v. Caemmerer, S. 388. Lammel, AcP 179 (1979), 337. Lammel, AcP 179 (1979), 337, 345 ff., 364 f. Hopt, AcP 183 (1983), 608, 634 ff. Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 97 ff., 280 ff. Picker, AcP 183 (1983), 369; ders. JZ 1987, 1041. Picker, AcP 183 (1983), 369, 460 ff., 476 ff., 483 ff.; ders., JZ 1987, 1041, 1051 ff.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
IX.
Zusammenfassung
Die bilanzrechtliche Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB hat in den untersuchten typischen Fallkonstellationen als Grundlage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten keine Bedeutung. Entgegen in Rechtsprechung und Schrifttum zum Teil vertretener Ansicht folgt aus dieser Bestimmung aber auch keine „Sperrwirkung“ gegenüber Ansprüchen Dritter aus anderen Anspruchsgrundlagen. Eine Haftung des Prüfers kann sich ungeachtet dessen weder aus den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen noch aus einer Haftung wegen unwahrer Ad-hoc-Publizität oder aus den deliktsrechtlichen Tatbeständen des Bürgerlichen Gesetzbuches ergeben. Nicht in Betracht kommen als Haftungsgrundlagen prüfungsvertragsfremder Dritter auch das Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen und die in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Eigenhaftung von Vertretern und „Sachwaltern“. Abgesehen von Altfällen haben nach dem Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung keine Bedeutung für die hier untersuchten Konstellationen. Von Relevanz sind allein vertragliche Haftungsgrundsätze. Eine Haftung aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte oder einem unmittelbar mit Dritten abgeschlossenen Auskunftsvertrag kann sich in den Fällen der gebildeten Fallgruppen III, IV und V917 dann ergeben, wenn sich bereits aus dem äußeren Verhalten der Vertragsparteien konkrete Anhaltspunkte für einen Haftungswillen des Prüfers ergeben. C. Weitere Voraussetzungen der Haftung
C.
Weitere Voraussetzungen der Haftung
Kommt im Einzelfall eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers in Betracht, so müssen zur Annahme eines Anspruches auch die allgemeinen haftungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Mit Blick auf die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers ergeben sich hierbei kaum wesentliche Besonderheiten.
I.
Pflichtverletzung
Besteht zwischen dem gesetzlichen Abschlussprüfer und dem prüfungsvertragsfremden Dritten ein Auskunftsvertrag, so besteht eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich bereits in der fehlerhaften prüfungsbezogenen Äußerung. Aus einem Auskunftsvertrag schuldet der Erklärende eine fachlich richtige und vollständige Auskunft.918 Bei Bankauskünften sieht der BGH diese ______ 917 Siehe Teil 1.A.V.3, 4 und 5, S. 29. 918 BGH, Urt. v. 16. 2. 1995 – IX ZR 15/94, WM 1995, 941, 943 f.; Urt. v. 13. 1. 2000 – III ZR 62/99, WM 2000, 426, 427 ff.; Urt. v. 5. 12. 2000 – XI ZR 340/99, WM 2001, 134, 135.
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C. Weitere Voraussetzungen der Haftung
Pflicht bereits dann als erfüllt an, wenn die Auskunft dem tatsächlichen Informationsstand der Bank zum Zeitpunkt ihrer Erteilung entspricht.919 Für prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers kann eine solche Einschränkung dagegen nicht gelten. Abschlussprüfer sind bereits auf Grund des Charakters und des Zweckes unabhängiger externer Prüfungen dazu verpflichtet, den prüfungsrelevanten Sachverhalt vor der Auskunft in ausreichendem Maße zu ermitteln.920 Auf fehlende fachliche Kenntnisse können sie sich nicht berufen.921 Allerdings verpflichtet sich der Abschlussprüfer weder im Prüfungsvertrag noch im Auskunftsvertrag dazu, jeden einzelnen Geschäftsvorgang in der Buchführung des geprüften Unternehmens zu überprüfen. Dies ergibt sich bereits aus der Notwendigkeit und allgemein anerkannten Zulässigkeit von Stichprobenprüfungen.922 Im Einzelfall kann es sich daher ergeben, dass der Prüfer trotz Anwendung der erforderlichen Gewissenhaftigkeit einen Fehler nicht entdecken konnte. In diesem Fall ist nicht lediglich das Verschulden, sondern bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung abzulehnen. Auch im Falle eines Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte verletzt der Prüfer seine Pflichten zugunsten des Dritten allein durch die fehlerhaften Äußerungen im Bestätigungsvermerk, Prüfungsbericht usw. Im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft ist die Pflicht zur Durchführung einer fehlerfreien Prüfung eine leistungsbezogene Pflicht, wie sie in § 241 Abs. 1 BGB in allgemeiner Weise beschrieben ist. Der in den Schutzbereich des Prüfungsvertrages einbezogene Dritte hat seinerseits keinen Anspruch auf die Prüfungsleistung. Ihm gegenüber stellt sich die gleichlautende Pflicht des Prüfers daher als nicht leistungsbezogene Schutzpflicht i. S. d. der Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar. Sein Anspruch richtet sich demzufolge allein nach § 280 Abs. 1 BGB.
II.
Schaden und Schadenszurechnung
Ein Anspruch des Dritten kommt nur in Betracht, wenn ihm durch die Pflichtverletzung des Prüfers ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Zur Feststellung eines Schadens ist grundsätzlich ein Vergleich anzustellen zwischen der tatsächlichen Vermögenslage des Dritten, nachdem der Abschlussprüfer seine Pflicht verletzt hat, und der Vermögenslage, die bestehen würde, wenn der Prüfer seine ______ 919 BGH, Urt. v. 5. 12. 2000 – XI ZR 340/99, WM 2001, 134, 135 f. 920 IDW, PS 200, Tz. 17 ff.; Leffson, Wirtschaftsprüfung, S. 329 ff.; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 109 f.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 147 ff. zu § 317 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 32 zu § 317. 921 Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 45; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 11, 110 zu § 323 HGB; vgl. auch die § 4 Abs. 1 der Berufssatzung der WPK (siehe Fn. 667) und IDW, PS 220, Tz. 11. 922 IDW, PS 200, Tz. 19, 26; Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 290 ff.; Wiedmann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, R Rn. 3; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 149 zu § 317 HGB; Baetge/Fischer/ Siefke, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 20, 36 ff. zu § 317 HGB.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Pflichten nicht verletzt hätte (sog. Differenzhypothese).923 Aus den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen haftet der Abschlussprüfer jeweils auf das sog. negative Interesse (den Vertrauensschaden).924 Der geschädigte Dritte ist dabei so zu stellen, wie er stünde, wenn der Prüfer seine Pflichten nicht verletzt, d. h. keine fehlerhaften prüfungsbezogenen Äußerungen abgegeben hätte.925 Ersatzfähig ist der Schaden des Dritten nur dann, wenn der Prüfer ihn durch seine Pflichtverletzung zurechenbar verursacht hat. Auszugehen ist auch hier von der Überlegung, ob der entstandene Schaden ohne die dem Abschlussprüfer vorgeworfene Pflichtverletzung ausgeblieben wäre („conditio-sine-qua-non-Formel“). Dass die Schädigung des Dritten im konkreten Fall auf „gänzlich außergewöhnlichen Umständen“ (i. S. d. „Adäquanz-Theorie“) beruht, wird man in den vorliegend untersuchten Konstellationen wohl nie annehmen können. An der Vorschrift des § 18 KWG wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Jahresabschlüssen eine herausragende Bedeutung bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit eines Vertragspartners beimisst. Der Umstand, dass Kreditgeber und Investoren bei ihren Entscheidungen auch auf andere Informationsquellen als die externe Rechnungslegung zurückgreifen, spricht für sich genommen nicht gegen die Annahme eines adäquaten Kausalzusammenhanges.926 Die Mitursächlichkeit einer Pflichtverletzung steht ihrer Alleinursächlichkeit für den Schaden nach unbestrittener Ansicht haftungsrechtlich gleich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die konkrete Pflichtverletzung eine überwiegende oder wesentliche Ursache für den Schaden gesetzt hat.927 An einem hinreichenden Kausalzusammenhang fehlt es nur dann, wenn der Geschädigte sich nicht in der geringsten Weise von den geprüften Unterlagen und den auf sie bezogenen Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers hat leiten lassen. Ein dahingehendes Vorbringen des Prüfers wird sich in der Praxis indes selten beweisen lassen.928 Dem Abschlussprüfer nicht zurechenbar sind Schäden, die durch die Pflichtverletzung des Prüfers zwar (mit)verursacht wurden, die jedoch ebenso entstanden wä______ 923 Die Differenzhypothese bzw. Lehre vom Interesse geht auf Friedrich Mommsen (Zur Lehre von dem Interesse, 1855) zurück und bildet trotz der an ihr geübten Kritik bis in die Gegenwart die Grundlage der Ermittlung von Vermögensschäden, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 29 I a, S. 480 ff.; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 595 ff.; Oetker, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 18 ff. zu § 249 BGB; eingehend zu den Schäden von Kapitalanlegern Geibel, Der Kapitalanlegerschaden, S. 1 ff. 924 Zur Haftung aus verletztem Auskunftsvertrag BGH, Urt. v. 16. 2. 1995 – IX ZR 15/94, NJW-RR 1995, 619, 620; Urt. v. 6. 12. 2001 – IX ZR 142/00, NJW 2002, 593, 594; zur Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte BGH, Urt. v. 14. 11. 2000 – X ZR 203/98, VersR 2001, 1388, 1389. 925 Keinesfalls kann er verlangen, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn die fehlerhafte prüfungsbezogene Äußerung zutreffend gewesen wäre, vgl. BGH, Urt. v. 3. 12. 1991 – XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 214; Urt. v. 16. 2. 1995 – IX ZR 15/94, NJW-RR 1995, 619, 620. Dies käme einer Garantiehaftung gleich, auf die sich ein Abschlussprüfer vernünftigerweise nie einlassen wird (siehe Teil 1.B.IV.2, S. 94). 926 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 239 f.; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 377, 381. 927 Vgl. nur BGH, Urt. v. 26. 1. 1999 – VI ZR 374/97, NJW-RR 1999, 819; Urt. v. 27. 6. 2000 – VI ZR 201/99, NJW 2000, 3423, 3242. 928 Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 240; noch weiter gehen H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 377, 381, die die Ursächlichkeit der uneingeschränkt testierten Bilanz für eine Kreditvergabeentscheidung mit Blick auf § 18 KWG „im Normalfall“ „unterstellen“ wollen.
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C. Weitere Voraussetzungen der Haftung
ren, wenn der Prüfer seine Pflichten nicht verletzt hätte (Lehre vom rechtmäßigen Alternativverhalten).929 Denkbar ist etwa der Fall, dass ein fehlerhafter Bestätigungsvermerk oder eine andere fehlerhafte prüfungsbezogene Äußerung die Investitionsentscheidung eines Anlegers zwar bestärkt hat, der Anleger dieselbe Entscheidung jedoch auch ohne Kenntnis des betreffenden Prüfungsergebnisses getroffen hätte.930 Rechtsprechung und Schrifttum treffen in diesen Fällen ganz überwiegend eine Wertung nach dem Schutzzweck der verletzten Norm.931 Die in den untersuchten Fällen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen – Auskunftsvertrag und Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte – schützen das Vermögen Dritter nicht umfassend, sondern allein mit Blick auf die jeweils konkret bestehenden Pflichten. Der Vortrag eines rechtmäßigen Alternativverhaltens durch den Prüfer wäre daher beachtlich.
III.
Verschulden
Auch mit Blick auf die subjektive Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzung ergeben sich keine essentiellen Besonderheiten. Ein Schadensersatzanspruch aus einem Auskunftsvertrag setzt ebenso wie der entsprechende Anspruch aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte voraus, dass der Abschlussprüfer die dem Schaden zu Grunde liegende Pflichtverletzung zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 BGB. Zu vertreten sind vom Schuldner grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. In der vorliegenden Untersuchung stehen fahrlässige Pflichtverletzungen des Abschlussprüfers im Zentrum des Interesses. Fahrlässigkeit ist dann gegeben, wenn der gesetzliche Abschlussprüfer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 Abs. 2 BGB. Der bei der Ermittlung des Verschuldens zu Grunde zu legende Sorgfaltsmaßstab richtet sich dabei nicht nach den individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen des Prüfers. Der Gesetzgeber hat die Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen einem besonderen Berufsstand mit strengen Zugangsvoraussetzungen vorbehalten, um bei jedem einzelnen Prüfer die zur Durchführung der Prüfungen erforderlichen Kenntnisse sicherzustellen. Es kann daher auf die Sorgfalt abgestellt werden, mit der jeder Berufsangehörige vorzugehen hat, um Sinn und Zweck der gesetzlichen Abschlussprüfung und der sie regelnden gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden.932 Im Schrifttum spricht ______ 929 Siehe zu dieser Lehre nur Larenz, Schuldrecht I, § 30 I, S. 527 f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 30 III 2, S. 242 f. und – detailliert – Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 4 XII, S. 199 ff. 930 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 75; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 245. 931 BGH, Urt. v. 24. 10. 1985 – IX ZR 91/84, BGHZ 96, 157, 173; Urt. v. 3. 2. 2000 – III ZR 296/98, BGH 143, 362, 365; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 4 XII 5, S. 205 f.; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 605. 932 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 20 f.; ders., in: Münch. Komm. HGB, Rn. 39 zu § 323; Gehringer, Abschlussprüfung, Gewissenhaftigkeit und Prüfungsstandards, S. 69 f.; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 11 f., 110 zu § 323 HGB.
189
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
man insofern von einem „berufsbezogenen“, „objektivierten“ Sorgfaltsmaßstab.933 Welches Maß an Sorgfalt der Prüfer an den Tag legen muss, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab. Das Gesetz äußert sich hierzu lediglich in allgemeiner Form (vgl. §§ 323 Abs. 1 HGB, 2, 43 WPO). Als wichtige, die Gerichte allerdings nicht bindende Anhaltspunkte können die Verlautbarungen der Berufsorganisationen (insbesondere der Wirtschaftsprüferkammer und des Institutes der Wirtschaftsprüfer e. V.) sowie die gemäß § 57 Abs. 3, 4 WPO erlassene „Berufssatzung“ dienen.934 Im Schrifttum wird vereinzelt erwogen, Drittschäden nicht bei jeder Fahrlässigkeit, sondern lediglich in Fällen gröberer Sorgfaltsverletzungen zu ersetzen. Lang, der selbst eine Dritthaftung auf vertraglicher Basis befürwortet, hält es „vom Ergebnis“ her betrachtet für „angemessen, zumindest Fälle einer culpa levissima von der Haftung auszunehmen“.935 Allerdings äußert er Zweifel, ob dies de lege lata begründbar sei.936 Bedenken sind in der Tat angebracht. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet allein zwischen „grober“ und „leichter“ (sog. einfacher) Fahrlässigkeit. Eine weitere Unterteilung in „leichte“ und „leichteste“ Fahrlässigkeit (culpa levissima) ist ihm fremd.937 Daran hat sich auch durch die Schuldrechtsreform 2002938 nichts geändert. Wäre der Gesetzgeber der Ansicht gewesen, dass eine Dritthaftung auf vertraglicher oder vertragsähnlicher Grundlage lediglich unter erschwerten Verschuldensvoraussetzungen möglich sein soll, so hätte dies sicher in §§ 276 ff. BGB oder § 311 Abs. 3 BGB seinen Niederschlag gefunden.939 Dass die Vertragsparteien im Falle eines (Prüfungs-)Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte den Dritten typischerweise lediglich in Fällen gröberer Sorgfaltsverletzungen schützen wollen, lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht sagen. Erst Recht kann man nicht davon ausgehen, dass Dritte im Rahmen unmittelbar abgeschlossener Auskunftsverträge regelmäßig auf eine Haftung für culpa levissima verzichten wollen.940 Der Vorschlag Langs mag von seiner Intention her nachvollziehbar sein – de lege lata fehlt ihm die rechtliche Grundlage. ______ 933 Vgl. Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 85; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 249; Hirte, Berufshaftung, S. 141 f.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 44 f.; Grundmann, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 59 zu § 276. 934 Siehe zu diesen oben Teil 1.B.V.2.f), S. 138 ff. 935 Lang, WM 1988, 1001, 1007; dagegen Stahl, Zur Dritthaftung, S. 124 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 102, 106 f.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 8; Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 378 (Fn. 8); vgl. auch Hirte, Berufshaftung, S. 66. 936 Lang, WM 1988, 1001, 1007. 937 Dazu eingehend Mayer-Maly, AcP 163 (1963), 114, 118 ff.; vgl. auch Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 509; Larenz, Schuldrecht I, § 20 V, S. 291 ff.; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 313. 938 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001, BGBl. I, S. 3138. 939 Wie oben (Teil 1.B.IV.3.b), S. 97 ff.) besprochen, wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform 2002 die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte nicht explizit geregelt. Hätte der Gesetzgeber eine Einschränkung der Dritthaftung auf Verschuldensebene befürwortet, so hätte es mehr als nahe gelegen, diese Einschränkung auch auf die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, die in § 311 Abs. 2, 3 BGB kodifiziert wurde, anzuwenden. 940 Ähnlich Stahl, Zur Dritthaftung, S. 124 f.; vgl. auch Wiegand, Die „Sachwalterhaftung“ als richterliche Rechtsfortbildung, S. 378 (Fn. 8).
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D. Einzelfragen der Haftung
D. Einzelfragen der Haftung D. Einzelfragen der Haftung Ausgeklammert wurde bislang die Frage einer Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für Pflichtverletzungen Dritter. Zu denken ist dabei an seine Prüfungsgehilfen sowie an die gesetzlichen Vertreter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Anzusprechen bleiben auch die Auswirkungen einer Haftung mehrerer Personen sowie eines Mitverschuldens der geprüften Gesellschaft oder des geschädigten prüfungsvertragsfremden Dritten.
I.
Haftung für Gehilfen
Gesetzliche Abschlussprüfer führen die ihnen übertragenen Prüfungen selten allein durch. Sie bedienen sich in der Regel einer Reihe von Hilfspersonen, um die Prüfung schnell und wirtschaftlich gestalten zu können. Dass die Hinzuziehung von Gehilfen grundsätzlich zulässig ist, ergibt sich mittelbar aus § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB. Grenzen des Einsatzes von Hilfspersonen bilden der Berufsgrundsatz der Eigenverantwortlichkeit (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 44 WPO), die Bestimmung, dass nur Wirtschaftsprüfer und – in eingeschränktem Umfang – Buchprüfer gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen dürfen (§ 319 Abs. 1 HGB) sowie die im Gesetz mehrfach geregelte Pflicht zur gewissenhaften Prüfung (§§ 323 Abs. 1 Satz 1 HGB, 43 Abs. 1 Satz 1 WPO).941 Hilfspersonen können angestellte Mitarbeiter des beauftragten Abschlussprüfers sein, in erster Linie Prüfer, Prüfungsassistenten und Büromitarbeiter, aber auch freie Mitarbeiter und sachverständige Spezialisten, die der beauftragte Prüfer zur Durchführung der Prüfung hinzuzieht. Gemäß § 278 Satz 1 BGB hat der gesetzliche Abschlussprüfer das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen wie eigenes Verschulden zu vertreten. Als Erfüllungsgehilfen sind dabei alle Personen anzusehen, die bei einer dem Abschlussprüfer obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfspersonen tätig werden.942 (Dritt-)Schutzpflichten des Prüfers im Rahmen eines Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte werden ebenso als „Verbindlichkeiten“ i. S. d. § 278 Satz 1 BGB angesehen wie die sich aus einem unmittelbar abgeschlossenen Auskunftsvertrag ergebenden Pflichten des Prüfers. In der Praxis wird eine Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers für Fehler seiner Gehilfen jedoch kaum eigenständige Bedeutung erlangen.943 In den vorliegend untersuchten typischen Fallkonstellationen vertrauen die geschädigten Dritten auf die Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers und nicht auf das Urteil ______ 941 Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 77. 942 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 7 zu § 278; Stadler, in: Jauernig, BGB, Rn. 6 zu § 278. 943 Anders mag dies mit Blick auf die Haftung für die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht sein, die hier nicht Untersuchungsgegenstand ist; vgl. dazu Lichtner, Die Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers im Vergleich mit den sonstigen rechts- und steuerberatenden Berufen, S. 43 ff., 111 ff.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 55; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 335 ff.
191
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
seiner Gehilfen. Der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk sind vom Abschlussprüfer eigenhändig zu unterzeichnen (§§ 321 Abs. 5 Satz 1, 322 Abs. 7 Satz 1 HGB). Der Berufsgrundsatz der Eigenverantwortlichkeit (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 44 WPO) gebietet darüber hinaus, dass der Prüfer bei einem Einsatz von Gehilfen in der Lage ist, deren Tätigkeit zu überblicken und zu beurteilen und sich eine auf Kenntnissen beruhende eigene Überzeugung zu bilden.944 Ein Verschulden der Hilfsperson wird daher in den untersuchten Fallkonstellationen stets mit einem eigenen Verschulden des gesetzlichen Abschlussprüfers einhergehen.945 Ist als gesetzlicher Abschlussprüfer eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder – in den nach § 319 Abs. 1 Satz 2 HGB zulässigen Fällen – eine Buchprüfungsgesellschaft bestellt, so kann gleichwohl eine Verschuldenszurechnung nach § 278 BGB geboten sein. Prüfungsgesellschaften werden bei der Unterzeichnung des Prüfungsberichtes und des Bestätigungsvermerkes wie bei der Abgabe von Willenserklärungen durch die dazu bevollmächtigten natürlichen Personen vertreten. Dem Gesetz lässt sich keine Bestimmung entnehmen, nach der lediglich gesetzliche Vertreter von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bzw. Buchprüfungsgesellschaften den Prüfungsbericht und den Bestätigungsvermerk unterzeichnen dürfen.946 Erforderlich ist nach § 32 WPO lediglich, dass die unterzeichnende natürliche Person Wirtschaftsprüfer bzw. vereidigter Buchprüfer ist.947 Damit kann beispielsweise auch ein lediglich rechtsgeschäftlich bevollmächtigter angestellter Wirtschaftsprüfer für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen Bestätigungsvermerk unterzeichnen.948 Eine Verschuldenszurechnung gemäß § 278 BGB kommt in diesen Fällen in Betracht.949 ______ 944 Vgl. §§ 11 f. Berufssatzung der WPK (siehe Fn. 667); Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 373 ff.; Lück, Jahresabschlussprüfung, S. 48; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 34 f. 945 Deliktsrechtlich kann der gesetzliche Abschlussprüfer beim Einsatz von Verrichtungsgehilfen auch nach § 831 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein. Anders als gemäß § 278 BGB haftet er hier ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Verrichtungsgehilfen für vermutetes eigenes Verschulden. Voraussetzung für die Haftung ist jedoch eine zurechenbare unerlaubte Handlung des Gehilfen, die wohl ebenso selten vorliegen wird wie eine unerlaubte Handlung des gesetzlichen Abschlussprüfers selbst (vgl. Teil 1.B.V, S. 129 ff.). Dem Abschlussprüfer bleibt zudem die Möglichkeit des Entlastungsbeweises nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB. 946 Erst recht gilt dies für prüfungsbezogene Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers, die in den §§ 316 ff. HGB nicht geregelt sind. 947 Die Norm spricht lediglich von der Unterzeichung von Bestätigungsvermerken. Für die Unterzeichnung von Prüfungsberichten gilt nach allgemeiner Ansicht jedoch dasselbe, siehe dazu die Nachweise in Fn. 62. 948 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 47, 336 zu § 322 HGB; Winkeljohann/Poullie, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 132 zu § 321; Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 82 zu § 321 HGB; Lück, in: Küting/ Weber, HdR, Rn. 51 zu § 322 HGB; a. A. Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 133, der ohne dahingehende Anhaltspunkte im Gesetz verlangt, die Vertretungsmacht des den Bestätigungsvermerk unterzeichnenden Prüfers müsse „handelsrechtlich begründet sein“. 949 Die Frage, ob eine Zurechnung des Verschuldens gemäß § 31 BGB oder gemäß § 278 BGB erfolgt, ist nicht allein von theoretischem Interesse. § 278 Satz 2 BGB gewährt anders als § 31 BGB die Möglichkeit, die Haftung für den Erfüllungsgehilfen in vollem Umfang – auch für Vorsatz – auszuschließen, vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 20 VII, S. 296.
192
D. Einzelfragen der Haftung
II.
Haftung für gesetzliche Vertreter
Für das Verschulden ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter haften Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften gemäß § 31 BGB. Voraussetzung für eine Haftung nach § 31 BGB ist, dass ein Mitglied des entsprechenden Vertretungsorgans in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches erfüllt. Entsprechend der überwiegend vertretenen Ansicht werden nicht nur außervertragliche, sondern auch die vorliegend in Betracht kommenden vertraglichen Schadensersatzansprüche von § 31 BGB erfasst.950 Eine Haftung der Wirtschafts- bzw. Buchprüfungsgesellschaft nach § 31 BGB kommt in den vorliegend untersuchten Fällen vor allem dann in Betracht, wenn ein Mitglied eines Vertretungsorgans die unzutreffende prüfungsbezogene Äußerung unterzeichnet. Denkbar ist aber auch eine Haftung wegen eines Organisationsverschuldens des Vertretungsorgans.
III.
Haftung mehrerer Personen
Im Einzelfall können den geschädigten Dritten Schadensersatzansprüche gegen mehrere Personen gleichzeitig zustehen. Denkbar ist dies insbesondere in Konstellationen, in denen die Wirtschaftsprüfer einer Wirtschaftsprüfer-Sozietät oder mehrere einzelne Wirtschaftsprüfer zu gesetzlichen Abschlussprüfern (Gemeinschaftsprüfern) gewählt werden.951 Sämtliche bestellten Prüfer haben in diesen Fällen die Stellung gesetzlicher Abschlussprüfer. Sie tragen jeder für sich die volle Verantwortung für die gesamte Prüfung und das Prüfungsergebnis.952 Der Prüfungsbericht und der Bestätigungsvermerk werden dementsprechend von allen Prüfern unterzeichnet.953 Hat sich ein prüfungsvertragsfremder Dritter auf den von allen Prüfern unterzeichneten fehlerhaften Bestätigungsvermerk verlassen, so können ihm Schadensersatzansprüche gegen sämtliche Prüfer zustehen. Schadensersatzansprüche des Dritten gegen mehrere Personen sind auch denkbar, wenn der Gehilfe eines gesetzlichen Abschlussprüfers oder der gesetzliche Vertreter einer Wirtschafts- oder Buchprüfungsgesellschaft eine unerlaubte Handlung begangen hat und daher neben dem Abschlussprüfer bzw. der (prüfenden) Gesellschaft auch selbst haftet. Zu denken ist auch an eine Haftung der geprüften Gesellschaft neben der des gesetzlichen Abschlussprüfers. Für Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB schreibt § 323 Abs. 1 Satz 4 HGB vor, dass mehrere Verpflichtete als Gesamtschuldner haften. Auf die vorliegend in Be______ 950 BGH, Urt. v. 8. 12. 1989 – V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 332; Bork, Allg. Teil des BGB, Rn. 213; Larenz, Schuldrecht I, § 20 VII, S. 296; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 IV 3, S. 276 ff.; Hadding, in: Soergel, BGB, Rn. 4 zu § 31, jeweils m. w. N.; a. A. Flume, Die juristische Person, § 11 III 5, S. 395 ff.; Medicus, Allg. Teil des BGB, Rn. 1135 ff. 951 Zu dieser Möglichkeit Teil 1.A.II.1, S. 9. 952 IDW, PS 208, Tz. 14; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 67 zu § 318 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 12 zu § 318 HGB; Wiedmann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Rn. 779 ff. 953 Siehe oben Teil 1.A.III, S. 15 ff.
193
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
tracht kommenden Ansprüche ist § 323 Abs. 1 Satz 4 HGB nicht – mangels Regelungslücke auch nicht analog – anwendbar. Gleichwohl wird man stets eine Gesamtschuld gemäß § 421 BGB annehmen können. In den aufgezeigten Fällen ist keiner der Schuldner in solcher Weise als „Primärverpflichteter“ anzusehen, dass man nicht von einer „Gleichstufigkeit“ der Forderungen des Dritten sprechen könnte.954 Dies gilt auch für den Fall, dass der gesetzliche Abschlussprüfer aus Vertrag und ein anderer Verpflichteter aus einem anderen Rechtsgrund, beispielsweise aus Delikt, haftet.955 Auch wenn ein vorsätzlich Handelnder mit einem fahrlässig Handelnden zusammentreffen und die Haftung des fahrlässig Handelnden der Höhe nach beschränkt sein sollte,956 steht dies einer Gesamtschuld nicht entgegen. § 421 BGB setzt nicht voraus, dass alle Schuldner in der gleichen Höhe haften.957 Ist im konkreten Fall eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Personen anzunehmen, so kann der ersatzberechtigte Dritte gemäß § 421 Satz 1 BGB nach seiner Wahl von dem gesetzlichen Abschlussprüfer oder den anderen Verpflichteten den gesamten Schadensersatz oder einen Teil davon verlangen. Der Ausgleich mehrerer Schädiger im Innenverhältnis richtet sich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach sind mehrere Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine solche Vereinbarung kann sich beispielsweise aus dem Arbeitsvertrag mit dem Gehilfen oder – im Falle einer Haftung mehrerer Sozien – aus dem Sozietätsvertrag ergeben. Fehlt es an einer Abrede zwischen den Gesamtschuldnern, so ist nach ständiger Rechtsprechung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 254 BGB auf das jeweilige Maß der Verursachung und des Verschuldens abzustellen.958 Für die Dritthaftung im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen gelten hierbei keine Besonderheiten.
IV.
Dritthaftung und Mitverschulden
Wird der gesetzliche Abschlussprüfer von einem geschädigten Dritten in Anspruch genommen, so wird für ihn von Interesse sein, ob und in welchem Umfang er sich gemäß § 254 BGB auf ein Mitverschulden des Dritten oder dessen Gehilfen berufen kann. Darüber hinaus wird er wissen wollen, in welchen Fällen ein Mitverschulden der Organe oder Mitarbeiter der geprüften Gesellschaft haftungsmindernd zu berücksichtigen ist.
______ 954 Vgl. zu diesem in Rechtsprechung und Schrifttum mehrheitlich herangezogenen Kriterium BGH, Urt. v. 29. 6. 1989 – IX ZR 175/88, BGHZ 108, 179 ff.; Urt. v. 28. 10. 1997 – X ZR 157/96, BGHZ 137, 76, 82; Larenz, Schuldrecht I, § 37 I, S. 634 f.; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 798. 955 Vgl. Larenz, Schuldrecht I, § 37 I, S. 636; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 631. 956 Zu den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung siehe Teil 3, S. 217 ff. 957 Siehe statt aller Grüneberg, in: Palandt, BGB, Rn. 5 zu § 421. 958 BGH, Urt. v. 1. 2. 1965 – GSZ 1/64 – BGHZ 43, 227, 231; Urt. v. 19. 12. 1968 – VII ZR 23/66, BGHZ 51, 275, 279; Urt. v. 29. 6. 1972 – VII ZR 190/71, BGHZ 59, 97, 103.
194
D. Einzelfragen der Haftung
1.
Anwendbarkeit des § 254 BGB?
Mit Blick auf Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und die gesetzliche Abschlussprüfung werden im Schrifttum Bedenken geäußert, ob § 254 BGB überhaupt anwendbar sei.959 Verwiesen wird auf die Aufgabe des Prüfers, deren Besonderheiten sowie den Schutzzweck der Prüfung und der bilanzrechtlichen Haftung. Aufgabe des Prüfers sei die Prüfung der Rechnungslegung des Vorstandes. Er habe mit Fehlern dieser Rechnungslegung – auch mit verschuldeten Fehlern – zu rechnen und könne sich auf sie nicht zu seiner Entlastung berufen.960 Der Schutz der geprüften Gesellschaft sowie der Aktionäre und Gläubiger sei Zweck der gesetzlichen Abschlussprüfung. Wenn der gesetzliche Abschlussprüfer Ansprüchen der Gesellschaft ein Mitverschulden ihrer Organe entgegenhalten könnte, trüge die Gesellschaft ihren Schaden zumindest teilweise doch. Auch der durch die Prüfung bezweckte Schutz Dritter würde durch eine Anwendung des § 254 BGB beeinträchtigt.961 Dieselbe oder eine ähnliche Argumentation ließe sich auch gegen eine Anwendbarkeit der Vorschrift § 254 BGB im Rahmen der in den untersuchten Fallgruppen in Betracht kommenden Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter anführen. Überzeugen würde sie ebenso wenig wie mit Blick auf eine Haftung aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB.962 Die Vorschrift des § 254 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Ansicht im Schrifttum Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben.963 Sie beruht auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Verkürzung seines Schadensersatzanspruches in Kauf nehmen muss.964 Weshalb dieser Gedanke nicht auch im Rahmen und im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Abschlussprüfung gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Aufgabe des gesetzlichen Abschlussprüfers ist es nicht, die Organe der Gesellschaft von ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung zu entlasten.965 Ebenso wenig können der Bestätigungsvermerk oder andere prüfungsbezogene Äußerungen für prüfungsvertragsfremde Dritte die Funktion ______ 959 Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 27 zu § 168; vgl. Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 252 ff.; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 462 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 135 zu § 323 HGB. Die Gerichte hatten sich mit dieser Frage bisher nicht näher zu befassen. 960 Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 27 zu § 168. 961 Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 27 zu § 168. 962 Im Schrifttum hält man § 254 BGB ganz überwiegend auch im Rahmen der Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB für anwendbar, vgl. Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 76 f.; Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 252 ff.; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 462 ff.; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 135 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 121 zu § 323 HGB. 963 BGH, Urt. v. 14. 3. 1961 – VI ZR 189/59, BGHZ 34, 355, 363 f.; Urt. v. 22. 9. 1981 – VI ZR 144/ 79, NJW 1982, 168; Urt. v. 18. 4. 1997 – V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 240; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 570; Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 1 zu § 254; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 1 zu § 254; a. A. Larenz, Schuldrecht I, S. 540 f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 35 I 2, S. 278. 964 BGH, Urt. v. 3. 7. 1951 – I ZR 44/50, BGHZ 3, 46, 49; Urt. v. 29. 4. 1953 – VI ZR 63/52, BGHZ 9, 316, 318 f.; vgl. Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 570; Larenz, Schuldrecht I, § 31 I, S. 540. 965 H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 462 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 135 zu § 323 HGB; ebenso Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 253; Selchert, Jahresabschlussprüfung der Kapitalgesellschaften, S. 49 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
eines Freibriefes haben, der sie von jeder weiteren Umsicht befreit. Der in § 242 BGB manifestierte Grundsatz von Treu und Glauben gilt in allgemeiner Form für das gesamte deutsche Rechtssystem.966 Im Zivilrecht und in besonderem Maße im Schuldrecht ist er prägendes Prinzip. Auch die Besonderheiten und Funktionen der gesetzlichen Abschlussprüfung rechtfertigen in dieser Hinsicht keine grundlegende Ausnahme.967 Gesagt ist damit gleichwohl nicht, dass die Kontroll- und Beglaubigungsfunktion der gesetzlichen Abschlussprüfung nicht im Rahmen der nach § 254 BGB gebotenen Abwägung Berücksichtigung finden muss. Keinesfalls kann jedoch davon die Rede sein, dass dem gesetzlichen Abschlussprüfer die Berufung auf ein Mitverschulden des Dritten oder der geprüften Gesellschaft „grundsätzlich verschlossen“ sei.968 2.
Mitverschulden des Dritten
Die Fallgestaltungen, in denen man an ein nach § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden des Dritten denken könnte, sind vielfältig. Vorstellbar ist beispielsweise, dass ein Kreditgeber oder ein Aktionär auf die Prüfungsergebnisse des gesetzlichen Abschlussprüfers vertraut, obwohl ihm auf Grund seiner im konkreten Einzelfall vorliegenden besonderen Sachkunde die vom Prüfer übersehenen Mängel der Rechnungslegung hätten auffallen müssen. Möglich – wenn auch unwahrscheinlich – ist zudem der Fall, dass die Mängel der geprüften Unterlagen so offensichtlich sind, dass auch ein Laie auf dem Gebiet des Bilanzrechtes Zweifel an der Richtigkeit des Bestätigungsvermerkes hätte bekommen müssen. An ein ursächliches Mitverschulden des Dritten könnte man auch dann denken, wenn er sich bei einer Anlageentscheidung auf die Äußerung des Abschlussprüfers stützt, obwohl seitens professioneller Marktbeobachter (Berater, Analysten, Rating-Agenturen usw.) oder der Presse Zweifel hinsichtlich der Bilanzierungspraktiken des geprüften Unternehmens geäußert werden. Dasselbe gilt für den Fall, dass ein Kreditgeber über einen erheblichen Kredit anhand der geprüften Rechnungslegungsunterlagen entscheidet, ohne andere, deutlicher auf die Zukunft bezogene Informationsquellen zur Bonität des geprüften Unternehmens genutzt oder eigene Nachforschungen betrieben zu haben. Weitere Fälle lassen sich nach Belieben konstruieren. Daran, dass sich ein aus einem Auskunftsvertrag zum Schadensersatz Berechtigter eigenes Verschulden grundsätzlich ebenso wie im Rahmen anderer schuldrechtlicher Schadensersatzansprüche zurechnen lassen muss, bestehen jenseits der Fälle im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen oder anderen unabhängigen Gutachten bzw. Expertisen keine Zweifel.969 Auch mit Blick auf Ansprüche ______ 966 Vgl. nur BGH, Urt. v. 30. 4. 1957 – VIII ZR 217/56, BGHZ 24, 148, 154; Urt. v. 23. 1. 1981 – I ZR 40/79, NJW 1981, 1439, 1440; Urt. v. 23. 9. 1982 – VII ZR 183/80, BGHZ 85, 39, 48. 967 Vgl. Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 253. 968 So aber Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 27 zu § 168. 969 Siehe zum Auskunftsvertrag z. B. BGH, Urt. v. 25. 11. 1981 – IV a ZR 286/80, NJW 1982, 1095, 1096; Czub, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 58 zu § 675; Wittmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 20 zu § 676.
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D. Einzelfragen der Haftung
eines in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogenen Dritten ist dies allgemeine Meinung.970 Zu klären ist vorliegend allein, ob und in welcher Weise die allgemeinen, sich aus § 254 BGB ergebenden Grundsätze an die spezifischen Gegebenheiten der gesetzlichen Abschlussprüfung anzupassen sind.971 Modifizierungsbedarf könnte sich vor dem Hintergrund der Funktionen der gesetzlichen Abschlussprüfung vor allem für die Behandlung eines Mitverschuldens des Dritten bei der Schadensentstehung ergeben.972 Prüfungsvertragsfremde Dritte stützen sich bei ihren Vermögensdispositionen auf die Ergebnisse der gesetzlichen Abschlussprüfung, weil ihnen selbst in der Regel die zur Überprüfung der externen Rechnungslegung notwendige Sachkunde und der nötige Einblick in das Unternehmen fehlen. Sie wollen sich zudem eigene zeitraubende und kostenintensive Nachforschungen ersparen. Dies entspricht in jeder Hinsicht den eingangs geschilderten Funktionen der gesetzlichen Abschlussprüfung.973 Für die externen Adressaten der Prüfung steht die Bestätigungs- bzw. Gewährleistungsfunktion der Prüfung berechtigterweise im Vordergrund.974 Möchte man dem in ausreichendem Maße Rechnung tragen, dann kann man von ihnen redlicherweise nicht verlangen, dass sie zur Wahrung ihrer Rechte aktiv eigene Nachforschungen unternehmen oder jedem Zweifel erregenden Hinweis nachgehen. Die Bestätigungsfunktion der gesetzlichen Abschlussprüfung gebietet es vielmehr, dass sich die Adressaten grundsätzlich auf die Ergebnisse des Prüfers verlassen dürfen, ohne dass ihnen dies als Mitverschulden i. S. d. § 254 BGB angerechnet werden kann.975 Das Rechtsinstitut „gesetzliche Abschlussprüfung“ würde andernfalls in seiner Bedeutung herabgesetzt; die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen Dritter würden entwertet. Andererseits dürfte es der in § 254 BGB zum Ausdruck kommende Grundsatz von Treu und Glauben verbieten, dass sich der prüfungsvertragsfremde Dritte sanktionslos vor der Wahrheit regelrecht verschließen darf. Wenn ihm die Fehlerhaftigkeit der prüfungsbezogenen Äußerung des Prüfers auch ohne aktive Nachforschung oder sonstiges aktives Tätigwerden auf Grund der konkreten Umstände hätte auffallen müssen, dann muss ihm dies auch anspruchsmindernd als Mitverschulden entgegengehalten werden können. Denkbar ist dies allerdings nur in speziell gelagerten, seltenen Fällen, etwa in den Konstellationen, in denen der ______ 970 Siehe z. B. Ebke, JZ 1998, 991, 997; ders., BFuP 2000, 549, 567; Grunewald, Bürgerliches Recht, § 18 II 2 c, S. 118; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 126; Gottwald, in: Münch. Komm BGB, Rn. 125 zu § 328; Janoschek, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 1 zu § 328. 971 Von „Anpassung“ des § 254 BGB an die Situation der Abschlussprüfung spricht auch Heukamp, Abschlussprüfer und Haftung, S. 253 f.; ähnlich Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 135 f. zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 121 zu § 323 HGB. 972 Hinsichtlich der Obliegenheit des Dritten zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1, letzte Alt. BGB sind Gründe für Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen von vornherein nicht ersichtlich. 973 Siehe Teil 1.A.IV, S. 23. 974 Vgl. zu dieser Funktion Erler, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 67 ff.; Scheffler, in: FS Havermann; S. 666; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 36 zu § 316. 975 Ähnlich Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 111 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
Dritte auf Grund seiner besonderen Sachkunde und seiner Kenntnisse über das geprüfte Unternehmen die Fehlerhaftigkeit der Äußerungen des gesetzlichen Abschlussprüfers ohne weiteres hätte erkennen können.976 Des Weiteren ist dies in den oben genannten Fällen anzunehmen, in denen die Fehler der mitgeteilten Prüfungsergebnisse so offensichtlich sind, dass sie auch jedem Laien im Bilanzrecht hätten auffallen müssen.977 In diesen Konstellationen wäre es mit Treu und Glauben nicht vereinbar, dem Abschlussprüfer die Berufung auf ein Mitverschulden zu verwehren. Hat der geschädigte Dritte im Einzelfall gar positive Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Äußerung des Prüfers, so kommt es auf § 254 BGB nicht an. In diesem Fall fehlt es bereits an der Kausalität der Pflichtverletzung des Prüfers für den dem Dritten entstandenen Vermögensschaden. 3.
Mitverschulden der geprüften Gesellschaft
Häufig werden Handlungen der Organe oder angestellter Mitarbeiter der geprüften Gesellschaft mitursächlich für den dem Dritten entstandenen Vermögensschaden sein. Schließlich wird der Jahresabschluss nicht vom Abschlussprüfer, sondern von der geprüften Gesellschaft selbst aufgestellt (vgl. § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB). Die meisten der externen Rechnungslegung zu Grunde liegenden Zahlen stammen aus der Sphäre des geprüften Unternehmens. Die Frage, ob und in welchen Fällen sich der geschädigte Dritte ein Mitverschulden der Organe oder Mitarbeiter der geprüften Gesellschaft entgegenhalten lassen muss, ist damit von nicht geringer praktischer Bedeutung. Die Konstellationen, in denen ein haftungsminderndes Mitverschulden der geprüften Gesellschaft in Betracht kommt, sind wiederum vielgestaltig. In den vorliegend untersuchten Fällen werden häufig bereits die dem Prüfer vorgelegten Abschlüsse und sonstigen Unterlagen i. S. d. § 320 Abs. 1 HGB fehlerhaft sein. Möglich ist aber auch, dass die gemäß § 320 Abs. 2 HGB während der Prüfung erteilten Aufklärungen und Nachweise unzutreffend sind. Die Fehler können auf Falschbuchungen oder etwa einem Verschweigen von Vorgängen beruhen. Dem Handeln der entsprechenden Organe oder Gehilfen der geprüften Gesellschaft kann Fahrlässigkeit aber auch Vorsatz zu Grunde liegen. a)
Keine Bedeutung im Rahmen des Auskunftsvertrages
Beruht der Anspruch des geschädigten Dritten auf einem mit dem Prüfer abgeschlossenen Auskunftsvertrag, so hat die geprüfte Gesellschaft die Stellung eines außenstehenden Dritten. Ihr Mitverschulden ist dem Geschädigten nur dann zurechenbar, wenn sie bei der mitursächlichen Handlung bzw. dem mitursächlichen ______ 976 So im Ergebnis auch Ebke, Wirtschaftsprüfer und Dritthaftung, S. 76 (allerdings für Haftung aus allgemeinem Deliktsrecht); Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 107; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 112 f. (jenseits spezifischer Anspruchsgrundlagen); Stahl, Zur Dritthaftung, S. 127 (mit Blick auf Verträge mit Schutzwirkung für Dritte). 977 Ähnlich Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 107; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 112.
198
D. Einzelfragen der Haftung
Unterlassen als gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe des Geschädigten tätig war.978 Der in § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene Verweis auf § 278 BGB bezieht sich nach allgemeiner Meinung auf die gesamte Vorschrift § 254 BGB, d. h. nicht nur auf § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB, sondern ebenso auf ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung i. S. d. § 254 Abs. 1 BGB.979 Die geprüfte Gesellschaft nimmt in den untersuchten typischen Fällen zu keinem Zeitpunkt die Stellung eines Vertreters des prüfungsvertragsfremden Dritten ein. Sie ist auch unter keinem Aspekt als Erfüllungsgehilfe oder als sonstige Hilfsperson des Geschädigten anzusehen.980 Für Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter aus einem Auskunftsvertrag mit dem Prüfer hat ein Mitverschulden der geprüften Gesellschaft deshalb keine Relevanz. b)
§ 334 BGB im Rahmen des Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte regelmäßig abbedungen?
Anders könnte sich die Situation bei Haftungsansprüchen darstellen, die sich auf einen Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte stützen. Der geschädigte Dritte leitet hier seine Rechte aus der Vertragsbeziehung des Abschlussprüfers mit der geprüften Gesellschaft ab. Die Rechtsprechung geht bei Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte davon aus, dass dem geschützten Dritten grundsätzlich keine weiteren Rechte zustehen als dem Vertragspartner des Schädigers. Der geschützte Dritte muss sich danach ein Mitverschulden des Vertragspartners seines Schädigers auch dann entgegenhalten lassen, wenn der Vertragspartner nicht sein gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe i. S. d. § 278 BGB ist. Begründet wird dies mit dem Rechtsgedanken des § 334 BGB und dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).981 Von dieser Regel kann nach Ansicht der Rechtsprechung jedoch abgewichen werden. § 334 BGB sei dispositives Recht. Aus der Natur des Deckungsverhältnisses könne sich ergeben, dass die Vorschrift von den Vertragsparteien abbedungen ist.982 In Fällen der Expertenhaftung, in denen die Interessen des Vertragspartners des „Experten“ (des Auftraggebers) und die Interessen des geschädigten Dritten typischerweise gegenläufig sind, geht der BGH von einer stillschweigenden Abbedingung des § 334 BGB bzw. der auf Verträge mit Schutzwir______ 978 Vgl. zur Situation bei einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 114. 979 Siehe statt aller Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 49 zu § 254 BGB. 980 Ein Teil der Literatur stellt in den Fällen, in denen zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten vor der Schädigung noch kein Schuldverhältnis bestand, darauf ab, ob der mitursächliche Dritte mit Blick auf das verletzte Gut „Bewahrungsgehilfe“ war, vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 35 III 1, S. 285 f.; Larenz, Schuldrecht I, § 31 I, S. 545; Schlechtriem, Schuldrecht, Allg. Teil, Rn. 315. Die geprüfte Gesellschaft ist hinsichtlich des Vermögens prüfungsvertragsfremder Dritter auch kein „Bewahrungsgehilfe“ in diesem Sinne. 981 BGH, Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 148/59, BGHZ 33, 247, 250; Urt. v. 23. 6. 1965 – VIII ZR 201/63, NJW 1965, 1757, 1759; Urt. v. 13. 2. 1975 – VI ZR 92/73, NJW 1975, 867, 869; Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 f. 982 BGH, Urt. v. BGH v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 f.; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1061 f.
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Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
kung für Dritte entsprechend angewandten Grundsätze dieser Norm aus, so dass sich der Dritte ein Mitverschulden des Auftraggebers nicht entgegenhalten lassen muss.983 Überträgt man diese Rechtsprechung auf die vorliegend untersuchten Fälle, so wird man in der Regel ebenfalls eine stillschweigende Abbedingung des § 334 BGB annehmen müssen. Auch die geschädigten Dritten und die geprüften Gesellschaften haben typischerweise gegenläufige Interessen. Im Schrifttum wird diese Auslegungspraxis der Rechtsprechung vielfach kritisiert.984 Eine stillschweigende Abbedingung des § 334 BGB ist nach Ansicht der Kritiker in aller Regel eine Fiktion. Das Auslegungsergebnis der Rechtsprechung habe mit dem wirklichen oder zu vermutenden Parteiwillen nichts gemein. Canaris ist gar der Ansicht, dass ein Experte von „geradezu übermenschlichem Altruismus“ sein müsste, wenn er seinem Auftraggeber verspräche, dem Dritten auch dann haften zu wollen, wenn der Auftraggeber ihn beispielsweise durch eine arglistige Täuschung zur Erstattung einer fehlerhaften Expertise veranlasst.985 Kein „bei Verstand befindlicher Mensch“ würde dies seiner Ansicht nach tun.986 Die Kritik an der von der Rechtsprechung angenommenen stillschweigenden Abbedingung des § 334 BGB deckt sich damit im Wesentlichen mit den Gründen, die gegen die Konstruktion von Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte in Experten-Fällen allgemein angeführt werden. Wie oben dargestellt,987 wird der Rechtsprechung entgegengehalten, dass bei den Vertragsparteien in der Regel ein entsprechender Wille zur Einbeziehung Dritter in den vertraglichen Schutzbereich nicht vorhanden sei. Daraus ergibt sich aus Sicht der Kritiker des Ansatzes der Rechtsprechung für die Gerichte die Notwendigkeit, mit Blick auf § 334 BGB und dessen Abbedingung zu einer „weiteren Fiktion“ zu greifen.988 Dieser Umstand wird als zentrale Schwäche des Dritthaftungskonzeptes der Rechtsprechung angesehen.989 Der im Schrifttum geäußerten Kritik kann nur teilweise zugestimmt werden. In den Fällen, in denen nach den oben herausgearbeiteten Grundsätzen kein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte anzunehmen ist, kann selbstverständlich auch von keiner vertraglichen Abbedingung des § 334 BGB die Rede sein. In den Fällen jedoch, in denen sich aus dem objektiv Erklärten ein Einstandswille des Experten ergibt, ist eine derartige – typischerweise stillschweigend bzw. konkludent erfolgende – Vereinbarung der Vertragsparteien nicht auszuschließen und durchaus realistisch. Die Kritiker der Rechtsprechung lassen sich in diesem Zusammenhang ______ 983 BGH, Urt. v. BGH v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 ff.; Urt. v. 13. 11. 1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1061 f. 984 So z. B. bei Canaris, JZ 1995, 441, 444; ders., JZ 1998, 603, 604 f.; ders., ZHR 163 (1999), 206, 216 f.; Ebke, BFuP 2000, 549, 567; Grunewald, ZGR 1999, 582, 588 f.; Kiss, WM 1999, 117, 117 f.; Medicus, JZ 1995, 308, 308 f.; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 253; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 31; Martin Weber, NZG 1999, 1, 7. 985 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 217. 986 Canaris, JZ 1995, 441, 444. 987 Siehe Teil 1.B.IV.3.f), S. 122. 988 So Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 253; ähnlich Canaris, JZ 1995, 441, 444; Grunewald, ZGR 1999, 582, 588 f.; Kiss, WM 1999, 117, 118; Martin Weber, NZG 1999, 1, 7. 989 Vgl. nur Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 216 und Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 253.
200
D. Einzelfragen der Haftung
möglicherweise zu stark vom Bild des arglistigen Auftraggebers leiten.990 Wieso sollte ein redlicher Auftraggeber, der tatsächlich den Willen hat, dass bestimmten Dritten im Schadensfall Ansprüche gegen den Experten zustehen sollen, diese Ansprüche im Falle eines eigenen Mitverschuldens mindern oder ausschließen wollen? In Fällen eines „fahrlässigen“ Mitverschuldens erwüchse ihm daraus keinerlei Vorteil. Einen Regress des Experten im Innenverhältnis hätte er allein in Fällen wissentlicher Mitverursachung des Schadens zu befürchten.991 Wieso sollte andererseits ein Experte, der in der Situation des Vertragsschlusses kaum ernsthaft an eine Schädigung Dritter denkt, sich zwangsläufig einer Abbedingung des § 334 BGB widersetzen? In den seltenen Fällen, in denen der Experte mit dem Auftraggeber tatsächlich eine vertragliche Drittschutzwirkung vereinbart, erscheint allein eine Abbedingung des § 334 BGB konsequent.992 Die Rechtsposition des Dritten wäre ansonsten deutlich weniger wert. Möglicherweise willigt der Experte in die Abbedingung bereits mit Rücksicht auf seine Reputation ein. Ganz unabhängig von diesen Erwägungen ist bereits fraglich, ob in Fällen gegenläufiger Interessen des Auftraggebers und des Dritten der Rechtsgedanke des § 334 BGB überhaupt auf Verträge mit Schutzwirkung für Dritte anwendbar ist. Medicus weist in diesem Zusammenhang überzeugend auf die Unterschiede zwischen Verträgen zugunsten Dritter im Sinne des unmittelbaren Anwendungsbereiches der §§ 328 ff. BGB, bei denen hauptsächlich die (Primär-) Leistung an einen Dritten versprochen wird, und den zur Rede stehenden Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte hin, bei denen es in erster Linie um die Gewährung von Sekundäransprüchen geht.993 Für Verträge zugunsten Dritter formuliere § 334 BGB „Selbstverständliches“. Der Schuldner könne nicht dadurch schlechter gestellt sein, dass er an den Dritten und nicht an den Versprechensempfänger zu leisten hat. Die Rechtslage entspreche insofern der Rechtslage bei der Abtretung von Forderungen (vgl. § 404 BGB).994 In den Fällen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, in denen der Auftraggeber und der Dritte gegenläufige Interessen haben, ist die Situation dagegen anders. Der (Schadensersatz-)Anspruch des Dritten entsteht hier erst mit der Schädigung des Dritten. Ein dem Anspruch des Dritten vergleichbarer Anspruch des Auftraggebers, gegen den sich Einwendungen richten könnten, kommt hier in der Regel nicht in Betracht.995 Eine Gleichschaltung denkbarer Einwendungen entsprechend § 334 BGB erscheint in der Tat nicht sachgerecht. Medicus ist darin zuzustimmen, dass der Rechtsgedanke des § 334 BGB in Fällen ______ 990 Ein solches zeichnet insbesondere Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 217; vgl. aber etwa auch Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 113 ff. 991 Siehe dazu Teil 1.D.IV.1, S. 195 f. 992 In Fällen wissentlich falscher Angaben des Auftraggebers stehen dem Experten schließlich Regressansprüche gegen den Auftraggeber zu. In Fällen „fahrlässiger“ Mitverursachung ist der Experte dagegen nicht schutzbedürftig; er ist auf Grund seiner Fachkunde am ehesten in der Lage, die gelieferten Daten zu verifizieren und mögliche Fehler aufzuspüren. 993 Medicus, JZ 1995, 308, 309. 994 Medicus, JZ 1995, 308, 309, verweisend auf Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 1 zu § 334. 995 Medicus, JZ 1995, 308, 309.
201
Teil 1. Dritthaftung bei Pflichtprüfungen
gegenläufiger Interessen des Auftraggebers und des Dritten nicht auf Verträge mit Schutzwirkung für Dritte anwendbar ist.996 Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass auch bei Ansprüchen Geschädigter aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte ein Mitverschulden der geprüften Gesellschaft den Anspruch nicht gemäß § 254 BGB mindern oder ausschließen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsprechung kommt es dabei nicht auf eine vertragliche Abbedingung des § 334 BGB an. Auf Prüfungsverträge mit Schutzwirkung für Dritte mit typischerweise gegenläufigen Interessen der geprüften Gesellschaft und der geschützten Dritten ist der Rechtsgedanke dieser Norm nicht entsprechend anwendbar.
______ 996 Vgl. auch Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, S. 215 ff., 219 f.
202
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Teil 2
Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen A.
Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen („Pflichtprüfungen“, „gesetzlichen Prüfungen“) werden in der Praxis sehr häufig auch sog. freiwillige Prüfungen durchgeführt. Als „freiwillige“ Prüfungen werden dabei betriebswirtschaftliche Prüfungen bezeichnet, die weder gesetzlich vorgeschrieben noch gesetzlich vorgesehen sind.1 Diese Prüfungen können sich ebenso wie gesetzlich vorgesehene Prüfungen auf die verschiedensten Prüfungsgegenstände beziehen.2 Im Blickpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen freiwillige Prüfungen von Jahresabschlüssen, die nach Art und Umfang den in § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebenen (gesetzlichen) Prüfungen entsprechen. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 316 ff. HGB betreffen ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich nach allein gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen; freiwillige Prüfungen werden nicht erfasst. Als Auftraggeber freiwilliger Abschlussprüfungen entsprechend §§ 316 ff. HGB kommen Kapital- und Personengesellschaften, aber auch Einzelkaufleute, Vereine und rechtsfähige Stiftungen i. S. d. § 3 Abs. 1 PublG in Betracht, die auf Grund der Größe ihres Unternehmens (vgl. §§ 267 HGB, 1 Abs. 1 PublG) oder anderer Gründe, etwa auf Grund eines erfüllten Ausnahmetatbestandes, nicht gesetzlich zur Prüfung ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet sind. Den Genannten steht es ebenso wie jedem anderen Unternehmen frei, ihre Jahresabschlüsse in der in den Vorschriften der §§ 316 ff. HGB beschriebenen Art und Weise prüfen zu lassen. Auftraggeber einer freiwilligen Abschlussprüfung können im Einzelfall aber auch prüfungspflichtige Gesellschaften sein. Ihnen ist es unbenommen, neben der Bestellung eines gesetzlichen Abschlussprüfers einen weiteren Prüfer mit der Durchführung einer freiwilligen Abschlussprüfung zu beauftragen.3 In der Praxis wird ______ 1 Goerdeler, in: FS Fischer, S. 149 f.; zurückgehend auf eine Unterscheidung von v. Wysocki, Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens, S. 27 ff., 52 ff.; ähnlich – genau genommen jedoch weiter („nicht gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen“) – z. B. Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 23; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 36 zu § 316 HGB; Ruhnke/Schmidt, in: Baetge/Kirsch/ Thiele, Bilanzrecht, Rn. 81 zu § 316 HGB. 2 Vgl. zu möglichen Prüfungsgegenständen und Prüfungszielen Braun, BB 1989, 803; Buchner, Wirtschaftliches Prüfungswesen, S. 287 ff.; Goerdeler, FS Fischer, S. 150 f.; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 23 f.; Leffson, Wirtschaftsprüfung, S. 350 ff.; Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 605 ff.; v. Wysocki, Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens, S. 52 ff. 3 Siehe dazu oben Teil 1.A.II.1, S. 9 ff.
203
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
dazu jedoch kaum einmal ein Bedürfnis bestehen.4 Eine freiwillige Prüfung der Jahresabschlüsse wird sich bei Gesellschaften häufiger bereits aus dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung ergeben (sog. statutarische Abschlussprüfung). Denkbar ist aber auch, dass die Prüfung regelmäßig oder fallweise aus bestimmten Situationen heraus von den Gesellschaftern oder einem Einzelkaufmann beschlossen wird.
I.
Anlässe freiwilliger Prüfungen
Werden gesetzliche Abschlussprüfungen primär bereits auf Grund der bestehenden gesetzlichen Pflichten und der im Falle ihrer Nichtbefolgung drohenden Sanktionen durchgeführt, so besteht für freiwillige Abschlussprüfungen, die für das beauftragende Unternehmen mit zum Teil erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden sind, zumeist ein mehr oder weniger konkreter Anlass oder Zweck.5 Grund für die Durchführung einer Prüfung, die nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, kann beispielsweise ein bevorstehender Unternehmensverkauf, ein Gesellschafterwechsel oder das dahin gehende Verlangen eines Kreditgebers sein. In Betracht kommen auch vertragliche Verpflichtungen, etwa gegenüber anderen Konzerngesellschaften.6 Hintergrund einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Jahresabschlussprüfung ist nicht selten das Bestreben, Gesellschaftern, die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind, zu belegen, dass die seitens der Geschäftsführung gegebenen Abschlussinformationen glaubhaft sind.7 Mögliche weitere (Neben-)Zwecke sind eine allgemeine Verbesserung der internen Rechnungslegung, der Ersatz einer fehlenden internen Revision sowie die Entlastung des Inhabers bzw. der Geschäftsleitung des Unternehmens oder eines bestehenden Aufsichtsrates.8
II.
Bestellung des Prüfers
Ebenso wie bei gesetzlichen Abschlussprüfungen sind für die Wahl des Prüfers bei freiwilligen Abschlussprüfungen grundsätzlich die Gesellschafter zuständig. Eine andere Zuständigkeit kann gesellschaftsvertraglich vereinbart sein.9 Im Gesell______ 4 Vgl. jedoch Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 84 zu § 318. 5 Vgl. zu den ökonomischen Motivationen des Prüfers und des zu prüfenden Unternehmens sowie zu den die Prüfung beeinflussenden Marktmechanismen Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 575 f. 6 Braun, BB 1989, 803; Wiedmann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 14; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 36 zu § 316 HGB; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 60 f. zu § 316 HGB; Ruhnke/Schmidt, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 82 zu § 316 HGB. 7 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 36 zu § 316 HGB; Ruhnke/Schmidt, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 82 zu § 316 HGB. 8 Braun, BB 1989, 803; Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 64. 9 Siehe dazu oben Teil 1.A.II.1, S. 9.
204
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
schaftsvertrag wird gegebenenfalls auch geregelt sein, welche Anforderungen an die Berufsqualifikation des zu wählenden Prüfers zu stellen sind. Die Auswahl der Personen, die die Prüfung durchführen sollen, steht bei freiwilligen Prüfungen im freien Belieben derjenigen, die die Prüfung veranlassen. In den Fällen, in denen eine den Pflichtprüfungen i. S. d. §§ 316 ff. HGB entsprechende Prüfung durchgeführt werden soll, wird regelmäßig auch die Beauftragung eines Prüfers vereinbart werden, der den Anforderungen der § 319 Abs. 1 HGB entspricht. Möglich ist aber ohne weiteres auch die Wahl etwa eines Steuerberaters oder Rechtsanwaltes.10 Nach § 2 Abs. 1 WPO gehört die Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen, insbesondere solcher von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, zu den beruflichen Aufgaben der Wirtschaftsprüfer. Für die weitere Untersuchung sei daher davon ausgegangen, dass als Prüfer des Jahresabschlusses ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vereinbart und gewählt wird. Dies dürfte bei freiwilligen Abschlussprüfungen, die nach Inhalt und Umfang den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen entsprechen, die gängige Praxis sein.11 Üblich dürfte es auch sein, dass bei der Wahl des Prüfers die in den §§ 319 Abs. 2 bis 4, 319 a Abs. 1 HGB enthaltenen Grundsätze beachtet werden. Entgegen im Schrifttum und von Teilen des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer vertretener Ansicht finden §§ 319, 319 a HGB auf freiwillige Prüfungen weder unmittelbar noch sinngemäß Anwendung.12 Eine unmittelbare Anwendung verbietet sich bereits auf Grund des Gesetzeswortlautes und des Gesetzeszusammenhanges, eine entsprechende Anwendung auf Grund des Fehlens einer Regelungslücke für freiwillige Prüfungen. Diese sind vom Prüfer und dem zu prüfenden Unternehmen vertraglich frei gestaltbar.13 Der Prüfungsvertrag kann auf der Seite des zu prüfenden Unternehmens durch die gesetzlichen Vertreter, durch einen Vertretungsberechtigten oder etwa durch den Einzelkaufmann selbst mit dem Prüfer geschlossen werden. Besteht ein Aufsichtsrat, so kann in Anlehnung an die Regelung des § 318 Abs. 1 Satz 4 HGB auch dieser den Prüfer beauftragen.14 Maßgeblich ist in jedem Fall eine diesbezügliche Rege______ 10 Erle, Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, S. 339; Goerdeler, in: FS Fischer, S. 151; Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 65; Adler/Düring/ Schmaltz, Rn. 36 zu § 316 HGB; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 57; missverständlich Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 184 zu § 41. 11 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 36 zu § 316 HGB; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 57; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 184 zu § 41. 12 Für eine sinngemäße Anwendung sprechen sich WPK, Berufssatzung, § 24 Abs. 2 und offenbar auch Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 21 zu § 318 HGB aus; so wie hier OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29. 3. 1995 – 3 Wx 568/94, WM 1995, 1840, 1841; Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 65 und wohl auch Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 57; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 184 zu § 41. 13 Vgl. nur IDW, PS 220, Tz. 3; Wiedmann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, R. Rn. 15. 14 Entgegen der bei Forster, WPg. 1998, 41, 44; Kropff, in: Semler, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, H. Rn. 132 und Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 147 zu § 318 HGB geäußerten Ansicht ist eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift jedoch abzulehnen. Für eine entsprechende Anwendung bleibt mangels Regelungslücke ebenfalls kein Raum.
205
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
lung im Gesellschaftsvertrag. Ebenso wie Prüfungsverträgen über gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen werden Prüfungsverträgen über freiwillige Abschlussprüfungen häufig die vom IDW-Verlag herausgegebenen „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“15 zu Grunde gelegt. Möglich ist aber auch eine individualvertragliche Vereinbarung. Inhaltlich und ihrer rechtlichen Einordnung nach entsprechen Verträge über freiwillige Abschlussprüfungen, die gesetzlichen Abschlussprüfungen i. S. d. §§ 316 ff. HGB vergleichbar sind, den Verträgen über gesetzliche Abschlussprüfungen.16 Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Prüfer, der eine freiwillige Abschlussprüfung durchführt, und dem Prüfer einer gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung besteht darin, dass der Prüfer der freiwillig durchgeführten Prüfung durch die Annahme des Prüfungsauftrages nicht eine dem gesetzlichen Abschlussprüfer vergleichbare Stellung erlangt. Im Rahmen einer freiwilligen Abschlussprüfung bestimmen sich die Rechte und Pflichten des Prüfers ausschließlich nach dem Prüfungsvertrag. Allein durch den Abschluss des Prüfungsvertrages kann der Prüfer beispielsweise keine eigenen Rechte gegenüber Mutter- und Tochterunternehmen im Sinne der Rechte des gesetzlichen Abschlussprüfers aus § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB erwerben.17 Hierzu sind Vereinbarungen zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und diesen Unternehmen nötig. Die Beschränkungen hinsichtlich Widerruf und Kündigung gemäß § 318 Abs. 1 und 6 HGB bestehen ebenfalls nicht.18 Erst recht nicht in Betracht kommen eine gerichtliche Ersetzung oder eine gerichtliche Bestellung des Prüfers, wie sie in § 318 Abs. 3 und 4 HGB für die gesetzliche Abschlussprüfung vorgesehen sind.19
III.
Berichterstattung über die Prüfungsergebnisse
Die Berichterstattung des Prüfers über die Feststellungen und Ergebnisse einer freiwillig durchgeführten Abschlussprüfung richtet sich allein nach den im Prüfungsvertrag getroffenen Vereinbarungen mit der zu prüfenden Gesellschaft. Vorgaben hierzu können sich aus dem Gesellschaftsvertrag der zu prüfenden Gesellschaft oder aus den Wünschen von Kreditgebern und sonstigen Interessenten ergeben. Wird eine Prüfung vereinbart, die nach ihrer Art und ihrem Umfang einer gesetzlichen Abschlussprüfung i. S. d. §§ 316 ff. HGB entspricht, so schließt dies im Normalfall die Erstattung eines Prüfungsberichtes und die Erteilung eines Bestätigungs- oder gegebenenfalls eines Versagungsvermerkes ein. Hinzukom______ 15 Gegenwärtig vom Stand 1. 1. 2002. 16 Siehe dazu Teil 1.A.II.3, S. 12 ff. 17 Vgl. Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 19 zu § 318; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 59 (mit Blick auf Zusatzprüfungen). 18 Siehe zu den Beschränkungen bei gesetzlichen Abschlussprüfungen Teil 1.A.II.4, S. 14. 19 Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 66; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 42, Rn. 58; Mattheus, in: Baetge/Kirsch/Thiele, in: Bilanzrecht, Rn. 112 zu § 318 HGB; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 184 zu § 41.
206
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
men können die bereits im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen genannten weiteren Instrumente der Berichterstattung,20 insbesondere die Schlussbesprechung, ein Management Letter und unter Umständen ein Bericht in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates. 1.
Prüfungsbericht
Ist ein Prüfungsbericht zu erstatten, so werden sich sein Inhalt und seine Form an den Anforderungen des § 321 HGB orientieren. Die seitens des Berufsstandes und im Schrifttum geäußerte Ansicht,21 eine gegenüber dem gesetzlichen Mindestinhalt eingeschränkte Berichterstattung dürfe nicht vereinbart werden, lässt sich anhand des Gesetzes nicht begründen. Davon unabhängig können einzelne Abschnitte des Prüfungsberichtes auf Grund der für das geprüfte Unternehmen geltenden Rechnungslegungsvorschriften überflüssig sein, beispielsweise wenn das Unternehmen keinen Anhang (§§ 284 ff. HGB) und keinen Lagebericht (§ 289 HGB) zu erstellen hat.22 Ebenso wie bei gesetzlichen Abschlussprüfungen (vgl. § 321 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 HGB) wird der Prüfungsbericht über freiwillige Prüfungen regelmäßig Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung erläutern.23 Dabei wird der Bericht auch auf den Charakter der Prüfung als freiwillige Prüfung eingehen. Wer Adressat des Prüfungsberichtes ist, ergibt sich aus dem Prüfungsvertrag. Dieser wird sich nach den Vorgaben des Gesellschaftsvertrages der zu prüfenden Gesellschaft richten. Die für Gesellschaften mit beschränkter Haftung geltende Vorschrift des § 42 a Abs. 1 Satz 2 GmbHG, nach der der Prüfungsbericht gemeinsam mit dem Jahresabschluss und dem Lagebericht unverzüglich den Gesellschaftern vorzulegen ist, gilt entgegen der im Schrifttum mehrheitlich vertretenen Ansicht für freiwillige Prüfungen nicht.24 § 42 a Abs. 1 Satz 2 GmbHG bezieht sich lediglich auf die Fälle, in denen „der Jahresabschluss durch einen Abschlussprüfer zu prüfen [ist]“. Vorausgesetzt wird damit eine Pflichtprüfung durch einen Abschlussprüfer i. S. d. § 319 Abs. 1 HGB. Andernfalls hätte der Gesetzgeber formulieren müssen: „Wird der Jahresabschluss durch einen Abschlussprüfer geprüft, so . . .“.25 In der Praxis wird der Prüfungsbericht indes häufig nicht nur den Gesellschaftern, sondern ebenso einer Reihe externer Interessenten vorgelegt. Es bestehen insofern keine Unterschiede zur gesetzlichen Abschlussprü______ 20 Siehe Teil 1.A.III.3 und 4, S. 21 ff. 21 Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Q. Rn. 813; IDW, PS 450, Tz. 20; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 228 zu § 321 HGB; Winkeljohann/Poullie, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 126 zu § 321 HGB. 22 Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 228 zu § 321 HGB; Winkeljohann/Poullie, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 126 f. zu § 321 HGB. 23 Vgl. IDW, PS 450, Tz. 51 ff.; Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 67 ff., 90 ff. zu § 321 HGB. 24 Vgl. Bohl/Schaumburg-Dickstein, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 10 zu § 42 a GmbHG; für eine Anwendbarkeit der Vorschrift Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 8 zu § 42 a GmbHG; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Rn. 3 zu § 42 a („Wortlaut steht nicht entgegen“); Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Rn. 5 zu § 42 a. 25 Vgl. Bischof/Oser, WPg. 1998, 539, 540 (zur ähnlichen Fragestellung bei § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG).
207
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
fung.26 Auch das frühere Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) hat in seinem inzwischen aufgehobenen Rundschreiben zu § 18 Satz 1 KWG deutlich gemacht, dass zu den nach § 18 Satz 1 KWG vorzulegenden Unterlagen auch der Prüfungsbericht über eine freiwillige Prüfung gehören kann, wenn sie nach Art und Umfang der handelsrechtlichen Pflichtprüfung entspricht.27 2.
Bestätigungsvermerk
In den Fällen, in denen die durchgeführte Prüfung nach Art und Umfang einer Pflichtprüfung i. S. d. §§ 316 ff. HGB entspricht, wird das Prüfungsergebnis in der Regel in einem Bestätigungs- oder Versagungsvermerk zusammengefasst. Maßgebend sind dabei die Vereinbarungen des Prüfungsvertrages. Bleibt die Prüfung hinter den gesetzlichen Anforderungen zurück, so legen die Berufsgrundsätze der Wirtschaftsprüfer nahe, anstatt eines „Bestätigungsvermerkes“ eine „Bescheinigung“ auszustellen.28 Hinsichtlich Inhalt und Form orientieren sich Bestätigungsvermerke über freiwillige Abschlussprüfungen an den gemäß § 322 HGB erteilten Vermerken.29 Auf Grund abweichender Rechnungslegungsvorschriften können jedoch – ebenso wie in Prüfungsberichten – bestimmte Inhalte oder Aussagen (zum Lagebericht usw.) fehlen.30 Eine Offenlegung ähnlich der nach §§ 325 ff. HGB ist vom Gesetz nicht vorgesehen. Gleichwohl werden Bestätigungsvermerke über freiwillige Abschlussprüfungen auf verschiedenste Art und Weise Dritten zugänglich gemacht. Da hinter der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen vielfach ein bestimmter Zweck oder Anlass steht, werden die testierten Jahresabschlüsse wohl in der Mehrzahl der Fälle Dritten individuell zugeleitet oder vorgelegt. Möglich und üblich sind aber auch eine Veröffentlichung im Geschäftsbericht und in Prospekten sowie eine freiwillige Offenlegung nach einer der in §§ 325 ff. HGB vorgesehenen Varianten.31 3.
Sonstige prüfungsbezogene Äußerungen
Hinsichtlich der Berichterstattung im Rahmen der Bilanzsitzung eines bestehenden Aufsichtsrates sowie im Hinblick auf prüfungsbezogene Äußerungen in ande______ 26 Siehe Teil 1.A.III.1, S. 16 ff. 27 BAKred, Rundschreiben Nr. 9/98 vom 7. Juli 1998 (3–237–2/94), aufgehoben durch Schreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht an den Zentralen Kreditausschuss vom 9. Mai 2005 (BA 13 – GS 3350 – 1/2005). 28 IDW, PS 400, Tz. 5; ebenso z. B. Goerdeler, FS Fischer, S. 156; Grewe, in: WP-Hdb. 2006, Q. Rn. 812, 827; Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 66; Adler/ Düring/Schmaltz, Rn. 418 zu § 322 HGB; Lück, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 73 zu § 322 HGB; Pfitzer/ Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 171, 176 zu § 322 HGB. 29 Vgl. den Formulierungsvorschlag IDW, PS 400, Anhang 7. 30 Lück, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 75 zu § 322 HGB; Förschle/Küster, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 81 zu § 322 HGB; Pfitzer/Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 172 f. zu § 322 HGB. 31 Ellrott/Aicher, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 10 zu § 325 HGB; Hütten: in: Küting/Weber, HdR, Rn. 35 zu § 325 HGB.
208
A. Rechtlicher und tatsächlicher Hintergrund
rer Form – Schlussbesprechung, Teil-, Zwischen-, Sonderberichte, sog. Management-Letter, Vorwegexemplare, Auskünfte an Dritte – bestehen keine Besonderheiten im Vergleich zur gesetzlichen Abschlussprüfung.32 Die Verwendung der genannten Informationsinstrumente kann im Prüfungsvertrag ausdrücklich vereinbart sein; eine derartige Vereinbarung kann sich aber auch anlässlich später auftretender besonderer Umständen im Wege ausdrücklicher oder konkludenter Abreden ergeben. Im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen besteht entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht keine Pflicht zur Teilnahme und Berichterstattung des Prüfers in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG. Ebenso wie § 42 a Abs. 1 Satz 2 GmbHG verlangt § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG eine gesetzliche Pflichtprüfung.33 Eine Berichterstattung des Prüfers vor dem Aufsichtsrat dürfte ungeachtet dessen die Regel sein – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren auch in Deutschland intensiv geführten Corporate Governance-Diskussionen.34
IV.
Funktion und Interessenten freiwilliger Prüfungen
Die Personengruppen, die an freiwilligen Abschlussprüfungen und ihren Ergebnissen ein Interesse haben, unterscheiden sich in der Gesamtschau nicht wesentlich von den Interessenten gesetzlicher Abschlussprüfungen. Dasselbe gilt für die der Prüfung zukommenden Funktionen.35 Anders als bei gesetzlichen Abschlussprüfungen werden bei freiwilligen Prüfungen indes häufig von Anfang an eine bestimmte Interessentengruppe und damit auch ein bestimmter Prüfungszweck sowie eine bestimmte Prüfungsfunktion im Vordergrund stehen. Dies ergibt sich bereits aus den oben genannten Anlässen freiwilliger Abschlussprüfungen. Wird eine freiwillige Jahresabschlussprüfung beispielsweise ausschließlich oder in erster Linie auf Wunsch von Kreditgebern durchgeführt, so steht von Anfang an die Beglaubigungsfunktion der Prüfung im Vordergrund. Dasselbe gilt für Fälle, in denen hinter der Prüfung hauptsächlich die Interessen außenstehender, nicht an der Geschäftsführung beteiligter Gesellschafter stehen. Die geprüfte Gesellschaft und der Prüfer selbst sehen sich in diesen Konstellationen von Anfang an konkreten Personen oder Personengruppen mit spezifischen Interessen und Erwartungen gegenüber.
______ 32 Siehe Teil 1.A.III.3, S. 21 und Teil 1.A.III.4, S. 22. 33 So auch Bischof/Oser, WPg. 1998, 539, 540; U. Hüffer, AktG, Rn. 11 zu § 171; dagegen Kropff, in: FS Müller, S. 483; vgl. Geßler, AktG, Rn. 1 f. zu § 171. 34 Vgl. nur Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001 sowie den durch die Kodex-Kommission erarbeiteten Deutschen Corporate Governance Kodex, Ziff. 7.2.4; zusammenfassend zur Problematik C. Feddersen/Hommelhoff/Schneider (Hrsg.), Corporate Governance, 1996; Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, 2003; Ringleb/Kremer/ Lutter/v. Werder, Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 2. Aufl., 2005. 35 Siehe dazu Teil 1.A.IV, S. 23 ff.
209
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
V.
Typische Konstellationen
Auch hinsichtlich der Lebenssachverhalte, in denen eine Haftung des Prüfers gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten in Betracht kommt, bestehen kaum wesentliche Unterschiede zu gesetzlichen Abschlussprüfungen. Sowohl hinsichtlich der typischen Versäumnisse des Prüfers als auch hinsichtlich der zu bildenden Fallgruppen kann auf die Ausführungen zur gesetzlichen Abschlussprüfung36 verwiesen werden. Mit Blick auf Fallgruppe I37 muss lediglich insofern eine Modifizierung vorgenommen werden, als für freiwillige Abschlussprüfungen keine Offenlegungspflicht gemäß §§ 325 ff. HGB besteht. Wie bereits angesprochen, ist gleichwohl eine freiwillige Offenlegung nach den in §§ 325 ff. HGB vorgesehenen Varianten möglich. Fallgruppe I umfasst daher im Zusammenhang mit freiwilligen Abschlussprüfungen Fälle, in denen Dritte sich auf prüfungsbezogene Äußerungen des Prüfers verlassen, die freiwillig nach einer der in §§ 325 ff. HGB vorgesehenen Möglichkeiten offengelegt werden. B. Rechtsgrundlagen der Haftung
B.
Rechtsgrundlagen der Haftung – Unterschiede im Vergleich zu gesetzlichen Abschlussprüfungen
Die Dritthaftung des Prüfers im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen ist weder im Ganzen noch in Teilbereichen durch besondere gesetzliche Vorschriften geregelt. Auch § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, der nur einen engen Ausschnitt der Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers betrifft, ist als Haftungsgrundlage nach in Rechtsprechung und Schrifttum unbestrittener Ansicht auf im Gesetz nicht vorgesehene Prüfungen weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar.38 Die an einer Haftung des Prüfers interessierten Dritten sind damit auch im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen auf die bereits untersuchten allgemeinen bürgerlichrechtlichen Anspruchsgrundlagen angewiesen. Besonderheiten im Vergleich zur gesetzlichen Abschlussprüfung könnten sich vor allem aus den unterschiedlichen Anlässen und Motivationen für freiwillige Abschlussprüfungen sowie aus der andersartigen Berichterstattungspraxis ergeben.
I.
„Sperrwirkung“ des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB?
Der näheren Betrachtung einzelner Fallgruppen und Anspruchsgrundlagen sei die Frage vorangestellt, ob eine Dritthaftung des Prüfers nach vertraglichen und vertragsähnlichen Grundsätzen im Zusammenhang mit freiwilligen Abschlussprü______ 36 Teil 1.A.V, S. 26 ff. 37 Teil 1.A.V.1, S. 28. 38 Siehe statt aller Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 9 zu § 323 HGB; Ebke, in: Münch. Komm. HGB, Rn. 14 zu § 323; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 5 zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 2 zu § 323.
210
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
fungen nicht etwa generell ausgeschlossen ist. In Rechtsprechung und Schrifttum wird vereinzelt die Ansicht vertreten, § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sei nicht nur mit Blick auf Pflichtprüfungen eine Sperrwirkung hinsichtlich einer Dritthaftung nach allgemeinen Regeln zu entnehmen, sondern gleichermaßen eine „Grundsatzentscheidung“ für alle den Abschlussprüfungen nach §§ 316 ff. HGB ähnelnden freiwilligen Prüfungen. Eine Haftung des Prüfers nach vertraglichen oder vertragsähnlichen Grundsätzen sei daher insbesondere bei Prüfungen ausgeschlossen, die nach ihrem Inhalt und ihrem Umfang den gesetzlichen Prüfungen entsprechen.39 Zur Begründung dieser Auffassung wird angeführt, eine unterschiedliche rechtliche Behandlung freiwilliger und gesetzlicher Abschlussprüfungen sei bereits auf Grund der nahezu identisch gestalteten Sachverhalte nicht sachgerecht.40 Verwiesen wird darauf, dass die gesetzliche Regelung des § 323 HGB „nicht schlechthin als verfehlt gelten kann“.41 Mit Blick auf freiwillige Jahresabschlussprüfungen sei daher ein „Erst-Recht-Schluss zu Pflichtprüfungen“ geboten.42 Richterliche Rechtsfortbildung müsse sich darüber hinaus stets an den „gesetzlichen Leitlinien“ orientieren.43 § 323 HGB stelle als „gesetzgeberische Grundsatzentscheidung“ eine Leitlinie in diesem Sinne dar.44 Für eine schärfere Haftung des Prüfers bei freiwilligen Prüfungen fehle es an jeder sachlichen Rechtfertigung.45 Die geschilderte Auffassung vermag aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen. Vor dem Hintergrund der hier vertretenen Ansicht, derzufolge aus § 323 HGB mit Blick auf Ansprüche Dritter im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen keine Sperrwirkung folgt,46 geht das Argument einer rechtlichen Ungleichbehandlung identischer oder ähnlicher Sachverhalte von vornherein ins Leere. Eine Dritthaftung des Prüfers nach allgemeinen Regeln ist nach der hier vertretenen Ansicht weder im Rahmen freiwilliger noch im Rahmen gesetzlich vorgesehener Abschlussprüfungen ausgeschlossen. Mögliche Unterschiede der jeweiligen Haftung ergeben sich allein aus Abweichungen im Bereich des Tatsächlichen. Eine „Grundsatzentscheidung“ oder eine „gesetzliche Leitlinie“ im Sinne eines Ausschlusses der Anwendbarkeit bestimmter Anspruchsgrundlagen lässt sich § 323 HGB danach für freiwillige Abschlussprüfungen nicht entnehmen. Auch wenn man entgegen der oben vertretenen Ansicht mit Blick auf gesetzliche Abschlussprüfungen von einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB aus______ 39 So LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 416; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 461 f.; B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914; vgl. auch Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395; Schlechtriem, BB 1984, 1177, 1181 ff., 1183. 40 H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 461; B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914. 41 H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 461. 42 Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395. 43 B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914; ganz ähnlich LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 416; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395; Schlechtriem, BB 1984, 1177, 1183. 44 B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914; vgl. LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJWRR 1991, 415, 416; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 461. 45 B. Schmitz, DB 1989, 1909, 1914. 46 Siehe Teil 1.B.I.3, S. 55 ff., 80.
211
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
ginge, ließe sich eine Übertragung dieser Rechtsfolge auf die Haftung im Zusammenhang mit freiwilligen Prüfungen nicht zweifelsfrei begründen. Der Gesetzgeber hat mit § 323 HGB und den entsprechenden Vorgängernormen in Kenntnis der verschiedenen prüferischen Tätigkeiten von Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern, Steuerberatern und anderen Berufsständen allein den Bereich der Pflichtprüfungen geregelt. Freiwillige Prüfungen wurden im Gegensatz dazu keinen besonderen Vorschriften unterworfen. Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass eine gesetzliche Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich nur in den Bereichen gelten könne, die er selbst regelte.47 Vom Regelungsbereich der §§ 316 ff. HGB sind nach allgemeiner Ansicht allein Pflichtprüfungen umfasst.48 Rückschlüsse aus § 323 HGB auf freiwillige Prüfungen verbieten sich bereits unter diesem Aspekt.49 Darüber hinaus würde die Übertragung einer Sperrwirkung aus § 323 HGB auf freiwillige Prüfungen Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer gegenüber anderen Professionen ungerechtfertigt bevorteilen.50 Anders als Pflichtprüfungen i. S. d. § 316 Abs. 1 HGB können freiwillige Prüfungen – wie oben angesprochen51 – grundsätzlich von jedermann durchgeführt werden. Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer konkurrieren hinsichtlich dieser Leistungen vor allem mit Steuerberatern. Würde man eine Sperrwirkung aus § 323 HGB allein auf die in § 319 Abs. 1 HGB genannten Berufsträger übertragen, so wären andere die Prüfung durchführende Sachverständige benachteiligt. Eine Übertragung der Sperrwirkung auf alle diese Prüfungen vornehmenden Personen, wie man sie konsequenterweise befürworten müsste, wird – soweit ersichtlich – von niemandem vertreten. Hingewiesen sei noch auf einen dritten Punkt. Die Durchführung einer gemäß § 316 Abs. 1 HGB vorgeschriebenen Prüfung und die Durchführung einer freiwilligen Prüfung mögen ähnliche Sachverhalte darstellen – identisch sind sie keineswegs. Prüfungspflichtige Unternehmen sind, an Bilanzsumme, Umsatz und Beschäftigtenzahl gemessen, in der Regel wesentlich größer als nicht prüfungspflichtige Unternehmen (vgl. § 316 Abs. 1 HGB i. V. m. § 267 Abs. 1 bis 3 HGB). Der Kreis der Gesellschafter und die Zahl der mit der Gesellschaft in Geschäftskontakt stehenden Dritten ist bei prüfungspflichtigen Gesellschaften naturgemäß ebenfalls größer. Was die Fehleranfälligkeit der aufgestellten Jahresabschlüsse anbelangt, so zeigen empirische Untersuchungen, dass diese bei größeren Unterneh______ 47 Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 99; vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 196 f. 48 Siehe die Nachweise in Fn. 38. 49 Vgl. aber BGH im Urt. v. 15. 12. 2005, III ZR 424/04, WM 2006, 423, 425. Der bisherigen BGHRechtsprechung entsprechend geht das Gericht zwar weder für Pflichtprüfungen noch für freiwillige Abschlussprüfungen von einer Sperrwirkung des § 323 HGB aus. Gleichwohl wird argumentiert, dass in Fällen, in denen die freiwillige Prüfung ihrem Inhalt und Umfang nach einer Prüfung i. S. d. §§ 316 ff. HGB entspricht, die haftungsbeschränkende Intention des § 323 HGB auch im Rahmen der freiwilligen Prüfung zu beachten sei. 50 Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 99. 51 Siehe Teil 2.A.II, S. 204.
212
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
men niedriger ist als bei kleineren.52 Sachliche Gründe für eine Differenzierung bei der Dritthaftung im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger und gesetzlicher Abschlussprüfungen hätte der Gesetzgeber somit gehabt.53 Ganz zu Recht nehmen daher die Vertreter einer Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB in der Mehrzahl an, dass diese nicht auch für freiwillige Abschlussprüfungen gilt bzw. nicht auch auf diese übertragbar ist und dass § 323 HGB insofern keine „Grundsatzentscheidung“ für alle den Pflichtprüfungen i. S. d. §§ 316 ff. HGB ähnliche Prüfungen entnommen werden kann.54 Auch die Rechtsprechung hat in Fällen freiwilliger Abschlussprüfungen ganz überwiegend keinen Grund zum Ausschluss einer Dritthaftung des Prüfers nach allgemeinen Anspruchsgrundlagen gesehen.55
II.
Abweichungen auf Grund unterschiedlicher Prüfungsanlässe und Prüfungshintergründe
Da damit die Dritthaftung des Prüfers im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen im Wesentlichen nach denselben Regeln erfolgt wie die Dritthaftung bei gesetzlichen Prüfungen, bleiben im Folgenden lediglich die Abweichungen zu untersuchen, die sich aus den unterschiedlichen Prüfungsanlässen und -hintergründen sowie aus der unterschiedlichen Berichterstattungspraxis ergeben. 1.
Vertragsrecht
Wie sich aus der Untersuchung der Haftung im Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen ergeben hat, kommt eine Dritthaftung des Prüfers nach vertraglichen Grundsätzen nur in Betracht, wenn sich aus dem jeweiligen Verhalten der Beteiligten konkrete Anhaltspunkte für einen Haftungswillen ergeben. Dies ______ 52 Bei kleineren Unternehmen wurden eine verhältnismäßig höhere Fehlerzahl, verhältnismäßig weniger fehlerfreie Mandate sowie ein höherer Fehlerdurchschnitt festgestellt, siehe Ruhnke/Niephaus, DB 1996, 789 unter Verweis auf in den USA durchgeführte Studien (siehe dort die Nachweise in Fn. 7 bis 10). 53 Vgl. zu den Besonderheiten bei der Prüfung des Jahresabschlusses kleiner Unternehmen auch Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 496 ff.; S. Schreiber, Die Abschlussprüfung kleiner Unternehmen unter Berücksichtigung deutscher und US-amerikanischer Prüfungsansätze, S. 104 ff. 54 Siehe statt vieler Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 238; Hopt, WPg. 1986, 461, 466; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 581 ff.; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 170 ff., 195 zu § 323 HGB; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 24 f. zu § 323 HGB. 55 BGH, Urt. v. 5. 12. 1972 – VI ZR 120/71, NJW 1973, 321; Urt. v. 12. 12. 1978 – VI ZR 132/ 77, WM 1979, 326; Urt. v. 15. 12. 2005, III ZR 424/04, WM 2006, 423; OLG Düsseldorf, Urt. v. 8. 8. 1985 – 8 U 181/84, NJW-RR 1986, 522; OLG Köln, Urt. v. 14. 12. 1990 – 19 U 283/89, NJWRR 1992, 1184, 1184 f.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 12. 7. 1978 – 1 U 174/76, BB 1978, 1434, 1434 ff.; a. A. lediglich LG Mönchengladbach, Urt. v. 31. 5. 1990 – 1 O 630/86, NJW-RR 1991, 415, 416 (die den zitierten Entscheidungen zugrunde liegenden Prüfungen weichen allerdings inhaltlich und in ihrer Durchführung zum Teil erheblich von gesetzlichen Abschlussprüfungen i. S. d. §§ 316 ff. HGB ab).
213
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
gilt für die Annahme eines Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte ebenso wie für einen im Einzelfall zu erwägenden unmittelbaren Auskunftsvertrag.56 In Fällen der Fallgruppen I und II57 wird es bei freiwilligen Abschlussprüfungen ebenso wie bei gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen so gut wie nie zum Abschluss eines Auskunftsvertrages oder eines Prüfungsvertrages mit Schutzwirkung für Dritte kommen. Eine Offenlegung des mit dem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschlusses über das Handelsregister oder im Bundesanzeiger richtet sich an die breite Öffentlichkeit und nicht an bestimmte Dritte. Dasselbe gilt für prüfungsbezogene Äußerungen, die in Börsenprospekten und ähnlichen Publikationen veröffentlicht werden. Der bloßen Wiedergabe der jeweiligen Äußerung lässt sich im Normalfall kein Haftungswille des Prüfers entnehmen. Anders wäre die Situation lediglich dann, wenn in den Konstellationen der Fallgruppe II der Prüfer im Rahmen oder im Kontext seiner prüfungsbezogenen Äußerung einen Einstandswillen oder gar eine Garantie ausdrücklich erklärt. In Anbetracht der großen Zahl der Adressaten der Veröffentlichung und der damit verbundenen extremen Haftungsrisiken für den Prüfer wird dies in der Praxis jedoch so gut wie nie vorkommen. In den Fällen der Fallgruppen III, IV und V58 stellte sich die Haftungssituation mit Blick auf gesetzliche Abschlussprüfungen nur geringfügig anders dar. Pflichtprüfungen werden primär mit dem Ziel durchgeführt, den gesetzlichen Vorgaben zu genügen. Sichere Anhaltspunkte für einen Haftungswillen des Prüfers im Verhältnis zu Dritten werden sich selten feststellen lassen.59 Dasselbe gilt für den Abschluss eines Auskunftsvertrages.60 Freiwillige Abschlussprüfungen gehen dagegen häufig auf den Wunsch oder die Bedürfnisse einzelner Vertragspartner, Gesellschafter oder potentieller Anteilskäufer zurück. Für die zu prüfende Gesellschaft stellt die Prüfung in diesen Fällen keine gesetzlich vorgeschriebene „Routine“ dar. Sie wird in ihren Vereinbarungen mit dem Prüfer die Berichterstattung über die Prüfungsergebnisse so zu gestalten versuchen, wie es der jeweilige Prüfungsanlass erfordert. Dem Prüfer dürften nicht zuletzt aus diesem Grunde die Prüfungshintergründe und die konkreten Prüfungsinteressenten bei freiwilligen Abschlussprüfungen in der Regel bekannt sein. Häufiger als bei gesetzlichen Abschlussprüfungen werden die geprüfte Gesellschaft oder der Prüfer den mit dem Bestätigungsvermerk versehenen Jahresabschluss, den Prüfungsbericht oder andere prüfungsbezogene Äußerungen unmittelbar an interessierte Dritte weiterlei______ 56 Siehe dazu oben Teil 1.B.IV.1.a), S. 89 ff. und Teil 1.B.IV.3.f), S. 122 ff. Die Rechtsprechung folgt bei der Haftung für Fehler im Zusammenhang mit freiwilligen Abschlussprüfungen den zur Haftung bei gesetzlichen Abschlussprüfungen dargestellten Grundsätzen, siehe die Urteile in Fn. 55 sowie die – Steuerberater betreffenden – Entscheidungen BGH, Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1758 ff.; Urt. v. 18. 10. 1988 – XI ZR 12/88, NJW-RR 1989, 696, 696 f.; Urt. v. 19. 12. 1996 – IX ZR 327/95, NJW 1997, 1235, 1235 f.; OLG Bremen, Urt. v. 9. 12. 1997 – 3 U 5/97, VersR 1999, 499, 500 f.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 20. 9. 1988 – 11 U 15/88, WM 1989, 1618, 1619 f. 57 Siehe zu den gebildeten Fallgruppen Teil 1.A.V, S. 26 ff. und Teil 2.A.V, S. 210. 58 Siehe zu diesen Fallgruppen Teil 1.A.V.3, 4 und 5, S. 28 und Teil 2.A.V, S. 210. 59 Siehe Teil 1.B.IV.3.f), S. 122 ff. 60 Siehe Teil 1.B.IV.1.a), S. 89 ff.
214
B. Rechtsgrundlagen der Haftung
ten. Nicht fernliegend ist daher die Annahme, dass es bei freiwilligen Abschlussprüfungen in den Fällen der Fallgruppen III, IV und V häufiger zu Vereinbarungen über die Haftung des Prüfers gegenüber Dritten kommen wird, als dies bei gesetzlichen Abschlussprüfungen der Fall sein dürfte. Im Ergebnis kann aber auch hier nur dann ein Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte oder der Abschluss eines Auskunftsvertrages angenommen werden, wenn sich aus dem Verhalten der Beteiligten konkrete Anhaltspunkte für einen Haftungswillen ergeben. 2.
Anspruchsgrundlagen außerhalb des Vertragsrechts
Hinsichtlich aller anderen in Betracht kommenden Haftungsgrundlagen ergeben sich im Vergleich zur Situation bei gesetzlichen Abschlussprüfungen keine Abweichungen. Der Grund besteht darin, dass die aufgezeigten Unterschiede in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgangssituation61 bei gesetzlich vorgeschriebenen und freiwilligen Prüfungen schwerpunktmäßig im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft und weniger im Verhältnis des Prüfers zum geschädigten Dritten bestehen. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 316 ff. HGB, die allein für gesetzliche Abschlussprüfungen gelten, betreffen in erster Linie die geprüfte Gesellschaft und den gesetzlichen Abschlussprüfer. Die Besonderheiten der Berichterstattung über die Prüfungsergebnisse werden im Verhältnis dieser Parteien vereinbart. Unterschiede in den Beweggründen und den Motiven mit Blick auf die Prüfung ergeben sich dagegen wohl ausschließlich für die geprüfte Gesellschaft. Die gesetzlichen Ansprüche aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung, Verschulden bei Vertragsverhandlungen, Deliktsrecht usw. sind dagegen von den sich aus §§ 316 ff. HGB ergebenden Rechten und Pflichten der geprüften Gesellschaft und des gesetzlichen Abschlussprüfers, dem Verhältnis dieser Parteien zueinander sowie erst Recht von den Beweggründen und Motiven der geprüften Gesellschaft unabhängig. Ansprüche aus den spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen, Deliktsrecht und allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung scheiden im Ergebnis ebenso aus wie eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Auch der eine freiwillige Abschlussprüfung durchführende Prüfer tritt auf der Seite einer der Parteien in die Vertragsverhandlungen ein. Ebenso wie für gesetzliche Abschlussprüfer besteht für ihn das Gebot der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (vgl. § 43 Abs. 1 WPO).62
III.
Zusammenfassung
Die an einer Haftung des Prüfers interessierten prüfungsvertragsfremden Dritten sind im Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen ______ 61 Siehe Teil 2.A, S. 203 ff. 62 Zu den Gründen, die gegen eine Übertragung der Grundsätze der „Sachwalter“-Haftung auf von Wirtschaftsprüfern durchgeführte Abschlussprüfungen sprechen, siehe Teil 1.B.VI.2.b)cc), S. 162 ff.
215
Teil 2. Dritthaftung bei freiwilligen Abschlussprüfungen
auf dieselben Anspruchsgrundlagen angewiesen, die auch im Zusammenhang mit Fehlern bei gesetzlichen Abschlussprüfungen in Betracht kommen. Eine „Sperrwirkung“ gegenüber den allgemeinen bürgerlichrechtlichen Haftungsgrundlagen ergibt sich weder unmittelbar aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB noch aus einer aus dieser Vorschrift abzuleitenden „Grundsatzentscheidung“ des Gesetzgebers. Abweichungen gegenüber der Haftung bei gesetzlichen Abschlussprüfungen ergeben sich allenfalls aus tatsächlichen Gründen bei den in Betracht kommenden vertraglichen Anspruchsgrundlagen. Freiwillige Abschlussprüfungen werden anders als gesetzliche Abschlussprüfungen in der Regel mit Blick auf einen konkreten, dem Prüfer erkennbaren Zweck durchgeführt. Vor diesem Hintergrund wird es in tatsächlicher Hinsicht häufiger zu einer Haftungsvereinbarung kommen als bei den hauptsächlich wegen der bestehenden gesetzlichen Pflichten durchgeführten Prüfungen.
216
A. Überblick
Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung A. Überblick
Teil 3
Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung A.
Überblick
In der Praxis ist für die Beteiligten nicht nur von Relevanz, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Haftung des Abschlussprüfers gegenüber prüfungsvertragsfremden Dritten in Betracht kommt, sondern auch die Frage, welche Möglichkeiten der Prüfer hat, seine Haftung gegenüber geschädigten Dritten zu beschränken. Ohne eine Beantwortung letzterer Frage lässt sich das Haftungsrisiko des Prüfers nur unzureichend beurteilen. Ausgehend von den in Betracht kommenden Haftungsgrundlagen sollen daher im letzten Teil der Untersuchung Fragen angesprochen werden, die sich im Zusammenhang mit einer Begrenzung der Haftung des Prüfers auf der Rechtsfolgenseite stellen. Zentrale Instrumente des Rechtes der Haftungsbeschränkungen sind individualvertragliche und vorformulierte Haftungsvereinbarungen. Auch mit Blick auf die Durchführung gesetzlicher und freiwilliger Abschlussprüfungen gelten für diese grundsätzlich die allgemeinen bürgerlichrechtlichen Regeln (§ 276 Abs. 3 BGB, §§ 305 ff. BGB usw.). Mit § 323 Abs. 2, 4 HGB und § 54 a WPO existieren darüber hinaus aber auch besondere gesetzliche Vorschriften, deren Anwendungsbereich und Relevanz für die Haftung gegenüber Dritten zu untersuchen sein wird. Nicht angesprochen werden nachfolgend die für den Prüfer bestehenden Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung auf tatsächlicher, der konkreten Haftungssituation vorgelagerter, Ebene, etwa durch eine Sicherung oder Erhöhung der allgemeinen Prüfungsqualität, durch die regelmäßige Fortbildung der eingesetzten Prüfer oder beispielsweise durch die Ablehnung besonders risikoträchtiger Aufträge.1 Ausgeklammert seien auch die gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung. Diese folgen allgemeinen Regeln und stellen kein spezifisches Problem der Dritthaftung des Abschlussprüfers dar.2 Neben einer Beschrän______ 1 Verwiesen sei hierzu auf das einschlägige wirtschaftswissenschaftliche und berufsständische Schrifttum, z. B. Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 189 ff.; Ludewig, WPg. 2001, 388 ff.; Marten/Köhler, WPg. 2002, 241 ff.; Marten/Quick/Ruhnke, Wirtschaftsprüfung, S. 428 ff.; Niehus, Die Qualitätskontrolle der Abschlussprüfung, S. 1 ff.; S. Schmidt, Extrerne Qualitätskontrollen zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung, S. 1 ff.; ders., WPg. 2000, 793 ff.; S. M. Schreiber, WPg. 2001, 335 ff.; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 435 ff. 2 Zur gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 497 ff., 484, 496; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 119 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 75 ff. zu § 318 HGB; vgl. auch Maurer, Die
217
Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
kung der Haftung auf der Rechtsfolgenseite bleibt dem Prüfer selbstverständlich auch die Möglichkeit des Ausschlusses der Haftung auf der Ebene der Haftungsbegründung. Der Prüfer kann sich gegenüber den Vertretern der geprüften Gesellschaften und prüfungsvertragsfremden Dritten beispielsweise so verhalten, dass eine vertragliche Haftung nicht in Betracht kommt. Die auf der Ebene der Haftungsbegründung bestehenden Möglichkeiten ergeben sich bereits aus den in Betracht kommenden Haftungsgrundlagen selbst und brauchen an dieser Stelle nicht nochmals angesprochen werden.3 B. Gesetzliche Regelungen
B.
Gesetzliche Regelungen
I.
§ 323 Abs. 2, 4 HGB
Bereits mehrfach im Verlaufe dieser Untersuchung wurde § 323 Abs. 2 HGB angesprochen.4 Die Vorschrift sieht für die an Abschlussprüfungen beteiligten Personen eine gesetzliche Haftungsobergrenze vor. Danach beschränkt sich die Haftung aller fahrlässig handelnden Personen auf eine Million Euro für eine Prüfung (§ 323 Abs. 2 Satz 1 HGB). Bei der Prüfung von Aktiengesellschaften, deren Aktien zum Handel im amtlichen Markt zugelassen sind, beträgt die Haftungsobergrenze vier Millionen Euro (§ 323 Abs. 2 Satz 2). Dies gilt unabhängig davon, wie viele Personen an der Prüfung beteiligt gewesen sind und wie viele zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen wurden (§ 323 Abs. 2 Satz 3 HGB). Ob andere Beteiligte vorsätzlich gehandelt haben, spielt ebenfalls keine Rolle (§ 323 Abs. 2 Satz 3, letzter Hs. HGB). Aus § 323 Abs. 4 HGB ergibt sich der zwingende Charakter der Regelungen des § 323 Abs. 2 HGB. Bis zur Höhe der genannten Haftungsobergrenzen kann die Haftung damit „durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden“ (§ 323 Abs. 4 HGB).5 1.
Anwendungsbereich
Bei isolierter Betrachtung des Wortlautes des § 323 Abs. 2 HGB bleibt offen, auf welche Anspruchsgrundlagen sich die in dieser Norm enthaltenen Regelungen beziehen. Zweifelsfrei erscheint lediglich, dass Ansprüche gegen Personen, die vorsätzlich gehandelt haben, nicht erfasst sind. In Rechtsprechung und Schrifttum besteht ungeachtet dessen Einigkeit darüber, dass die gesetzlichen Haftungsobergrenzen des § 323 Abs. 2 HGB ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich nach al______ Haftung assoziierter Rechtsanwälte unter besonderer Berücksichtigung der Haftungsbeschränkung, S. 1 ff. 3 Vgl. aber Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 65 ff. („2. Teil: Begrenzung der Haftung“), der die im Rahmen seiner Untersuchung ermittelten Haftungsgrundsätze zum großen Teil aus der Perspektive der Haftungsbegrenzung darstellt. 4 Siehe insbesondere Teil 1.B.I.3.e)cc), S. 78 f. 5 Zu den Zwecken dieser Regelung bereits Teil 1.B.I.3.e)dd), S. 79.
218
B. Gesetzliche Regelungen
lein die in § 323 Abs. 1 HGB geregelten Ansprüche der dort genannten Personen betreffen.6 Dafür sprechen der regulatorische Zusammenhang sowie die Gesetzesgeschichte. § 323 HGB geht – wie dargestellt7 – auf die im Jahre 1931 als § 262 g in das HGB eingefügte Haftungsnorm zurück. § 262 g HGB (1931) wurde vom damaligen Gesetzgeber als einheitliche Haftungsnorm konzipiert und auch bei späteren Gesetzesänderungen als solche behandelt. Auch § 323 Abs. 4 HGB in seiner heutigen Fassung spricht von einer „Ersatzpflicht nach diesen Vorschriften“ und sieht damit offenbar die Regelungen des § 323 HGB als Einheit an. 2.
Entsprechende Anwendung auf Dritthaftungsgrundlagen?
Auch wenn sich die Regelungen des § 323 Abs. 2 und 4 HGB unmittelbar lediglich auf Ansprüche aus § 323 Abs. 1 HGB beziehen, so stellt sich doch die Frage, ob § 323 Abs. 2 HGB oder § 323 Abs. 2 und 4 HGB nicht entsprechende Anwendung auf andere auf fahrlässigem Verhalten beruhende Ansprüche gegenüber den an einer Abschlussprüfung mitwirkenden Personen finden können. Im vorliegend untersuchten Zusammenhang interessiert dabei vor allem, ob eine Übertragung dieser Regelungen auf Dritthaftungsansprüche gegen den gesetzlichen Abschlussprüfer und den eine freiwillige Abschlussprüfung durchführenden Wirtschaftsprüfer möglich ist. Der BGH vertrat in seiner Entscheidung zur Pflichtprüfung vom 2. 4. 19988 die Ansicht, dass § 323 Abs. 2 HGB jedenfalls bei Ansprüchen Dritter aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung zu berücksichtigen sei. Zur – denkbar knappen – Begründung führte der entscheidende III. Zivilsenat an, dass die Vorschrift des § 323 HGB „auch insoweit den vertragsrechtlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts als Spezialregelung“ vorgehe.9 Die der Ansicht des III. Zivilsenates diametral entgegengesetzte Position findet sich in einem Urteil des LG Passau vom 28. 5. 1998.10 Ohne auch nur mit einem Wort auf die zwei Monate zuvor ergangene Entscheidung des BGH einzugehen, vertrat das Landgericht mit Blick auf eine Pflichtprüfung die Auffassung, dass eine Haftungsbeschränkung nach § 323 Abs. 2 HGB bei Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung in Verbindung mit den Grundsätzen der Schutzwirkung des Vertrags zugunsten Dritter nicht in Betracht komme.11 Ähnlich uneinheitlich stellt sich das Meinungsbild im Schrifttum dar. Ein Teil des Schrifttums folgt dem BGH und möchte in Pflichtprüfungsfällen die gesetzliche Haftungsgrenze des § 323 Abs. 2 HGB zusammen mit § 323 Abs. 4 HGB auf andere Anspruchsgrundlagen übertragen,12 der überwiegende Teil lehnt dies ______ 6 Siehe statt aller Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 149 ff. zu § 323 HGB. 7 Siehe Teil 1.B.I.1, S. 30. 8 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257 ff. 9 BGH, Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 266. 10 LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052 f. 11 LG Passau, Urt. v. 28. 5. 1998 – 1 O 1132/97, BB 1998, 2052, 2053. 12 Hopt, WPg. 1986, 461, 466; Muth, EWiR § 323 HGB, 1/99, S. 365, 366; Sieger/Gätsch, BB 1998, 1408, 1408 f.; Schüppen, DB 1998, 1317, 1319; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
jedoch kategorisch ab,13 Mit Blick auf freiwillige Abschlussprüfungen scheint es inzwischen allgemeine Auffassung zu sein, dass die Regelungen des § 323 Abs. 2 und 4 HGB auf diesen Bereich nicht übertragbar sind.14 Gegen eine Übertragung der Vorschriften des § 323 Abs. 2 und 4 HGB auf Ansprüche Dritter nach anderen Anspruchsgrundlagen spricht bereits das Fehlen einer Regelungslücke. Die Möglichkeiten vertraglicher Haftungsbeschränkungen werden für die in Betracht kommenden bürgerlichrechtlichen Ansprüche lückenlos durch die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts geregelt. Eine planwidrige Regelungslücke ist insofern nicht auszumachen. Dass § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB oder gar die gesamte Vorschrift des § 323 HGB den in Betracht kommenden Haftungsgrundlagen nicht als „lex specialis“ vorgeht, wurde oben dargelegt.15 Eine Argumentation mit Sinn und Zweck des § 323 Abs. 2 HGB kann ebenfalls nicht überzeugen. Selbst wenn man annimmt, § 323 Abs. 2, 4 HGB komme hauptsächlich die Funktion zu, die Existenz des Abschlussprüfers zu sichern und eine Versicherbarkeit seiner Haftungsrisiken zu gewährleisten, so spricht dies nicht zwingend für eine Übertragung dieser Vorschriften auf andere Anspruchsgrundlagen.16 Im Gegensatz zu Ansprüchen aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB beruht eine Haftung des Prüfers aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte und aus unmittelbar mit Dritten abgeschlossenen Auskunftsverträgen bei richtiger Handhabung dieser Rechtsinstitute auf dem Willen der jeweiligen Vertragsparteien. Hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlagen ist der Prüfer daher nicht in demselben Maße schutzbedürftig wie mit Blick auf Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB. Er steht ihm frei, eine über § 323 HGB hinausgehende Dritthaftung für Fahrlässigkeit abzulehnen oder sich auf sie, etwa aus Reputationsgründen, einzulassen. Des Schutzes durch § 323 Abs. 2, 4 HGB bedürfte der Prüfer freilich dann, wenn er eine ______ Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 107 f.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 7; differenzierend Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Rn. 9 zu § 323; vgl. mit Blick auf die prospektrechtliche Expertenhaftung die Erwägungen de lege ferenda bei Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. 68. 13 Canaris, ZHR 1999, 206, 234; Ebke, JZ 1998, 991, 996; Grunewald, ZGR 1999, 583, 589; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 607; H.-J. Otto/Mittag, WM 1996, 377, 382; Zimmer/Vosberg, JR 1999, 70, 71; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 116 zu § 323 HGB; Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Rn. 38 zu § 168; Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 38 zu § 323 HGB; Wiedmann, Bilanzrecht, Rn. 16 zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 56 f. zu § 323. 14 Z. B. Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, Rn. 764; Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 607; Maxl/Struckmeier, WPK-Mitt. 1999, 78, 81; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 110; Martin Weber, NZG 1999, 1, 8; Adler/Düring/Schmaltz, Rn. 141 zu § 323 HGB; Hennrichs, in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Rn. 116 zu § 323 HGB; Winkeljohann/Hellwege, in: Beck Bilanz-Komm., Rn. 166 zu § 323 HGB; Kuhner/Päßler, in: Küting/Weber, HdR, Rn. 38 zu § 323 HGB; Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 49 zu § 323, dagegen im älteren Schrifttum lediglich Schlechtriem, BB 1984, 1177, 1182 f.; zur Rechtslage vor Einführung des § 54 a WPO Hirte, Berufshaftung, S. 67. 15 Siehe Teil 1.B.I.3.c)bb), S. 64. 16 So aber Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 108; vgl. auch Muth, EWiR § 323 HGB, 1/99, S. 365, 366; Hirte, Berufshaftung, S. 67.
220
B. Gesetzliche Regelungen
Haftung nach vertraglichen Grundsätzen zu befürchten hätte, obwohl er einen entsprechenden Willen nie geäußert hat. Eine solche Auslegungspraxis wurde vorliegend jedoch abgelehnt.17 Ebenfalls abgelehnt wurde eine analoge Anwendung des § 334 BGB auf die hier untersuchten Fälle.18 Eine Anwendung der gesetzlichen Haftungsobergrenze gemäß § 323 Abs. 2 HGB auf Ansprüche aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte lässt sich damit auch anhand des Rechtsgedankens dieser Vorschrift nicht begründen.19 Nimmt man mit einzelnen Stimmen im Schrifttum an, § 323 Abs. 2 HGB komme die Funktion zu, den in § 323 Abs. 1 HGB genannten Anspruchsberechtigten, der geprüften Gesellschaft und den mit ihr verbundenen Unternehmen, im Schadensfall einen bestimmten Fonds zu sichern, so spricht auch dies nicht für eine Übertragung von § 323 Abs. 2, 4 HGB auf andere Haftungsgrundlagen. Eine Übertragung der summenmäßigen Haftungsbeschränkung führte mit Blick auf die aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB Berechtigten zu einer Schmälerung des zur Verfügung stehenden Fonds – eine bzw. vier Millionen Euro für eine Prüfung – und liefe damit einer solchen Funktion des § 323 Abs. 2 HGB zuwider.20 Zutreffend wird auch darauf hingewiesen, dass diese Schmälerung bei Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte auf einer rechtsgeschäftlichen Handlung der Vertreter der zu prüfenden Gesellschaft beruhen würde. Eine Disposition über den Anspruch nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ist der geprüften Gesellschaft gemäß § 323 Abs. 4 HGB aber gerade verwehrt.21 Gegen eine Übertragung der in § 323 Abs. 2, 4 HGB enthaltenen Regelungen auf weitere Anspruchsgrundlagen spricht schließlich auch der Vergleich mit anderen beruflichen Aufgaben und Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfer. Führen Wirtschaftsprüfer freiwillige Abschlussprüfungen durch oder werden sie als Treuhänder, Sachverständige oder Berater tätig, so können ihren Auftraggebern und Dritten ähnlich große Schäden entstehen wie bei gesetzlichen Abschlussprüfungen. Gleichwohl wird eine Anwendung der Haftungsgrenzen gemäß § 323 Abs. 2 HGB im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten nicht ernsthaft erwogen. Als Ergebnis kann somit festgehalten werden, dass § 323 Abs. 2, 4 HGB weder bei gesetzlichen noch bei freiwilligen Abschlussprüfungen auf andere Anspruchsgrundlagen Dritter übertragbar ist.
______ 17 Siehe Teil 1.B.IV.3.f), S. 122 ff. 18 Siehe Teil 1.D.IV.3.b), S.199 ff. 19 Vgl. aber Grunewald, ZGR 1999, 583, 588 f.; Sieger/Gätsch, BB 1998, 1408, 1409. 20 Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 56 zu § 323. Die Funktion der Sicherung eines Haftungsfonds kann man § 323 Abs. 2 HGB konsequenterweise jedoch nur dann zusprechen, wenn man von einer Sperrwirkung des § 323 HGB gegenüber Ansprüchen in § 323 Abs. 1 HGB nicht genannter Dritter ausgeht, was vorliegend abgelehnt wurde, siehe Teil 1.B.I.3, S. 55 ff. 21 Zimmer, in: Ulmer, HGB-Bilanzrecht, Rn. 56 zu § 323.
221
Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
II.
§ 54 a WPO
Eine weitere Vorschrift, die die Möglichkeiten vertraglicher Haftungsbeschränkungen regelt, ist § 54 a WPO. Die Norm geht auf das Dritte Gesetz zur Änderung der WPO22 zurück und betrifft im Gegensatz zu § 323 HGB grundsätzlich alle beruflichen Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfer. Wirtschaftsprüfer können danach ihre auf Fahrlässigkeit beruhende Schadensersatzpflicht im Einzelfall im Wege schriftlicher Individualvereinbarungen bis zur Mindesthöhe der Deckungssumme nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WPO – zur Zeit eine Million Euro – beschränken (§ 54 a Abs. 1 Nr. 1 WPO). Durch vorformulierte Vertragsbedingungen ist eine Beschränkung der Haftung auf vier Millionen Euro möglich, wenn in dieser Höhe Versicherungsschutz besteht (§ 54 a Abs. 1 Nr. 2 WPO). Klargestellt wird ferner, dass die persönliche Haftung von Mitgliedern einer Sozietät durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einzelne namentlich bezeichnete Mitglieder beschränkt werden kann (§ 54 a Abs. 2 WPO). 1.
Anwendungsbereich
Im vorliegend untersuchten Zusammenhang ist hauptsächlich § 54 a Abs. 1 WPO von Interesse. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist allerdings eng. Die in § 54 a Abs. 1 WPO enthaltenen Regelungen beziehen sich anders als die aus § 54 a Abs. 2 WPO ihrem Wortlaut nach allein auf Beschränkungen der Schadensersatzansprüche des Auftraggebers. Erfasst werden zudem lediglich die Ansprüche, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben. Nicht zum unmittelbaren Anwendungsbereich des § 54 a Abs. 1 WPO gehören außervertragliche Ansprüche des Auftraggebers und Ansprüche vertragsfremder Dritter. Ihrer Einbeziehung steht der eindeutige Wortlaut des § 54 a Abs. 1 WPO entgegen. Die (hier nicht näher interessierende) Vorschrift des § 54 a Abs. 2 WPO bezieht sich auf sämtliche Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder einer Sozietät.23 2.
Übertragung auf Dritthaftung aus Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung?
Im neueren Schrifttum wird vereinzelt eine analoge Anwendung der Vorschrift § 54 a Abs. 1 WPO auf Ansprüche Dritter aus Prüfungsverträgen mit Schutzwir______ 22 Drittes Gesetz zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung vom 15. Juli 1994, BGBl. I, S. 1569. 23 Anders wohl Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 605 ff.; Pohl, WPK-Mitt. 1996, Sonderheft April, S. 14 ff.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 162; auch in den Gesetzesmaterialien zu § 54 a WPO wird diese Differenzierung nicht angesprochen, vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung, BT-Drucks. 12/5685 v. 16. 9. 1993, S. 17, 29 f.; Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 12/5685 v. 16. 9. 1993, S. 36 ff.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuss), BT-Drucks. 12/7648 v. 20. 5. 1994, S. 1, 4 ff., 30 ff.
222
B. Gesetzliche Regelungen
kung für Dritte vertreten.24 Zur Begründung wird zum Teil auf den Zweck der Vorschrift hingewiesen, das Haftungsrisiko der Wirtschaftsprüfer wegen der „Komplexität der Tätigkeit“ und der „Grenzen der Versicherbarkeit“ gering zu halten. Dieser Zweck des § 54 a Abs. 1 WPO „passe“ erst recht im Fall der Dritthaftung.25 Teilweise klingt in der Argumentation aber auch der Rechtsgedanke des § 334 BGB an. Der Dritte solle letztlich nicht besser gestellt sein als der Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers selbst.26 Die vorgebrachten Gründe ähneln damit jenen, die zugunsten einer entsprechenden Anwendung der Regelungen der § 323 Abs. 2, 4 HGB angeführt werden. Ebenso wenig wie jene vermögen auch sie zu überzeugen. Für eine entsprechende Anwendung des § 54 a Abs. 1 WPO fehlt es wie bei § 323 Abs. 2, 4 HGB an einer Regelungslücke.27 Gegenüber den einschlägigen Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts und insbesondere gegenüber den §§ 305 ff. BGB stellt § 54 a Abs. 1 WPO eine Spezialvorschrift, eine Ausnahme, dar.28 Ausnahmevorschriften sind im Allgemeinen nicht analogiefähig. Es kann zudem kein Zweifel darüber bestehen, dass eine Übertragung der in § 54 a Abs. 1 WPO enthaltenen Regelungen dem Willen des Gesetzgebers zuwiderliefe. Bei Einführung der Vorschrift § 54 a WPO war die Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers im Zusammenhang mit freiwilligen Abschlussprüfungen und nichtprüferischen Tätigkeiten ein vieldiskutiertes und daher alles andere als unbekanntes Thema.29 Wenn der Gesetzgeber sich dennoch für eine besondere Regelung allein der vertraglichen Ansprüche des Auftraggebers entschloss, so muss dies als gesetzgeberischer Wille akzeptiert werden. Prüfungsvertragsfremde Dritte wurden in den Gesetzesmaterialien zu § 54 a WPO mit keinem Wort angesprochen.30 Richtig ist zwar, dass der Schutz des Wirtschaftsprüfers vor extremen Haftungsrisiken zu den Zwecken des § 54 a WPO gehört.31 Wie oben angemerkt, ist der Wirtschaftsprüfer mit Blick auf Ansprüche Dritter jedoch nicht in derselben Weise schutzbedürftig wie mit Blick auf Ansprüche der geprüften Gesellschaft.32 Dass § 334 BGB in den vorliegend untersuchten Fällen bei zutreffender Sichtweise keine entsprechende Anwendung findet, wurde bereits mehrfach angesprochen.33 Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 54 a Abs. 1 WPO auf ______ 24 Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 162; Martin Weber, NZG 1999, 1, 8 (Fn. 93), 10; Graf v. Westphalen, DB 2000, 861, 863. 25 Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 162. 26 Vgl. Martin Weber, NZG 1999, S. 8 (Fn. 93) und Graf v. Westphalen, DB 2000, 861, 863. 27 Siehe dazu Teil 3.B.I.2, S. 219. 28 Naumann, in: WP-Hdb. 2006, Bd. I, Rn. 610 ff.; Pohl, WPK-Mitt. 1996, Sonderheft April, S. 15. 29 Vgl. aus dem Schrifttum dieser Zeit lediglich Brandner, JZ 1985, 757 ff.; Damm, JZ 1991, 373 ff.; Ebke/Scheel, WM 1991, 389 ff.; Fliess, WPK-Mitt. 1992, 49 ff.; Grunewald, AcP 187 (1987), 285 ff.; Hopt, NJW 1987, 1745; ders., WPg. 1986, 461 ff., 498 ff.; Lang, in: Mannheimer Vorträge zur Versicherungswirtschaft, Bd. 51, 1991, S. 1 ff.; ders., in: WPg. 1989, S. 57 ff.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, S. 1 ff., 128 ff.; Quick, BB 1992, 1675 ff.; B. Schmitz, DB 1989, 1909 ff.; Stahl, Zur Dritthaftung, S. 1 ff. 30 Siehe die Fundstellen in Fn. 23. 31 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung, BT-Drucks. 12/5685 v. 16. 9. 1993, S. 17, 29 f. 32 Siehe Teil 3.B.I.2, S. 219 ff. 33 Siehe Teil 1.D.IV.3.b), S. 199 f. und Teil 3.B.I.2, S. 219 ff.
223
Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
Ansprüche Dritter aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte kommt damit nicht in Betracht.34 C. Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen
C.
Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen
Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen zugunsten des Wirtschaftsprüfers sind sowohl im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft als auch unmittelbar zwischen dem Prüfer und dem prüfungsvertragsfremden Dritten denkbar. In der Praxis scheinen sie jedoch im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft, im Prüfungsverhältnis, eine weitaus geringere Bedeutung zu haben als vorformulierte Vereinbarungen.35 Die Gründe hierfür sind nicht zuletzt in der durch Allgemeine Geschäftsbedingungen erreichten Vereinfachung zu suchen. Die Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Mandaten überwiegen bei prüferischen Tätigkeiten und insbesondere bei Abschlussprüfungen bei weitem die auftretenden Besonderheiten. Die Verwendung einheitlicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen bietet sich daher an. Einzelvertragliche Vereinbarungen bleiben daneben aber zulässig und scheinen in der Praxis (dennoch) gebräuchlich zu sein.36 Ihr wesentlicher Vorteil gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen besteht aus Sicht des Prüfers darin, dass sie nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterliegen.
I.
Gesetzlicher Rahmen
Für individualvertragliche Haftungsbeschränkungen im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft und im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten gelten grundsätzlich dieselben gesetzlichen Vorschriften. Wichtig ist in jedem Fall eine Abgrenzung der einzelnen vertraglichen Regelung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften der §§ 305 ff. BGB sind auf vertragliche Haftungsbeschränkungen nicht anwendbar, wenn die jeweiligen Klauseln „zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind“ (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Rechtsprechung knüpft an ein solches „Aushandeln“ strenge Voraussetzungen. Maßgeblich ist, ob der Verwender der vorformulierten Vertragsklausel ihren „gesetzesfremden“ Kerngehalt ernsthaft zur Disposition stellt und dem anderen ______ 34 Zur Frage der Anwendbarkeit des § 54 a Abs. 1 WPO auf zwischen dem Prüfer und dem geschädigten Dritten abgeschlossene Auskunftsverträge siehe Teil 3.C.III, S. 229 f. 35 Vgl. Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 396; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 92 f.; Lang, WPg. 1989, 57, 63 f.; H.-P. Müller, in: FS Forster, S. 468 f.; Späth, Inf. 1999, 598, 601 f.; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 157. 36 Vgl. Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 396; Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 111; Land, Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten, S. 91 f.; Lang, WPg. 1989, 57, 63; Maxl/Struckmeier, WPK-Mitt. 1999, 78, 81; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 159 f.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 9; Wolf, WPKMitt. 1998, 197 ff.
224
C. Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen
Teil Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt. Der andere Teil muss die reale Möglichkeit erhalten, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.37 Werden die betreffenden Klauseln nicht im Einzelnen ausgehandelt, so kommt es darauf an, ob sie für eine „Vielzahl von Verträgen“ vorformuliert wurden (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB).38 Nach Ansicht der Rechtsprechung ist dies bereits dann der Fall, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt war.39 Auch daran wird deutlich, dass in der Prüfungspraxis eine Haftungsbeschränkung im Wege einer einzelvertraglichen Regelung die Ausnahme sein wird.40 Liegt im Einzelfall eine Individualvereinbarung vor, so ist der Spielraum für vertragliche Haftungsbeschränkungen groß. Die Möglichkeiten des Prüfers werden lediglich in wenigen Punkten eingeschränkt. Nicht ausgeschlossen werden kann etwa gemäß § 276 Abs. 3 BGB die Haftung für Vorsatz. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Haftungsbeschränkungen bis zu einer Haftungsfreizeichnung für Fahrlässigkeit – auch für grobe Fahrlässigkeit – grundsätzlich möglich sind. Möglich ist grundsätzlich auch eine Beschränkung der Haftung für Fehler des Erfüllungsgehilfen; § 278 Satz 2 BGB lässt sogar den Ausschluss der Haftung für dessen vorsätzliches Handeln zu. Gründe für eine Modifizierung dieser Regelungen für Abschlussprüfungen sind außerhalb des Anwendungsbereiches der §§ 323 Abs. 2, 4 HGB, 54 a Abs. 1 WPO nicht ersichtlich. Grenzen für vertragliche Haftungsbeschränkungen ergeben sich aus § 276 Abs. 3 BGB sowie aus § 138 BGB und § 242 BGB.41
II.
Drittwirkung haftungsbeschränkender Vereinbarungen mit dem Auftraggeber?
Besonderheiten könnten sich mit Blick auf Ansprüche Dritter aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte ergeben. Aus den Unklarheiten um die rechtsdogmatische Begründung dieser Rechtsfigur resultiert die im Schrifttum mindestens ebenso kontrovers diskutierte Frage, ob und inwieweit haftungsbeschränkende Vereinbarungen aus dem Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft Wirkungen gegenüber dem berechtigten Dritten entfalten können. Wie oben dargestellt,42 sieht der überwiegende Teil des Schrifttums die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte als eine das dispositive Gesetzesrecht ergänzende richterliche Rechtsfortbildung an, die allein im Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ihre Grundlage hat. Ein Teil der Autoren nimmt an, dem in den Schutzbereich einbezogenen Dritten stehe kraft objektiven Rechts eine eigene, ______ 37 Z. B. BGH, Urt. v. 27. 4. 1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 232, 236; Urt. v. 3. 4. 1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600, 2601; Urt. v. 16. 7. 1998 – VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488, 3499. 38 Bei Verträgen mit einem Verbraucher (§ 13 BGB) gilt § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. 39 BGH, Urt. v. 27. 9. 2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138, 137 f. 40 Vgl. die Gestaltungshinweise bei Wolf, WPK-Mitt. 1998, 197, 197 ff. sowie Graf v. Westphalen, DB 2000, 861; Maxl/Struckmeier, WPK-Mitt. 1999, 78, 81. 41 Bunte, BB 1981, 1064, 1069; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 159 f.; Martin Weber, NZG 1999, 1, 9; vgl. auch Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 231 f. 42 Siehe Teil 1.B.IV.3.a), S. 95 ff.
225
Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
originäre Rechtsposition zu. Aus Sicht der Vertragsparteien sei diese Rechtsposition eine „fremde“, ihrem Zugriff entzogene Position. Haftungsbeschränkende oder die Haftung ausschließende Vereinbarungen im Verhältnis der Vertragsparteien könnten sich daher unter keinen Umständen zu Lasten des Dritten auswirken.43 Andernfalls hätte man es mit einem unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter zu tun.44 Andere Autoren sind der Ansicht, dass eine Teilhabe des Dritten am Schuldverhältnis nur in der Form möglich ist, in der es der Dritte entsprechend der Ausgestaltung durch die Vertragsparteien vorfindet. Haftungsbeschränkungen mit Wirkung zu Lasten des Dritten seien daher möglich, soweit der Vertragsgläubiger und der geschützte Dritte gleich behandelt werden. Eine Haftungsbeschränkung allein („isoliert“) zu Lasten des Dritten soll dagegen mit Blick auf § 242 BGB und § 138 BGB unzulässig sein.45 Die Rechtsprechung46 und die Teile des Schrifttums,47 die Verträge mit Schutzwirkung für Dritte mittels ergänzender Vertragsauslegung begründen, kommen durch einen Verweis auf den Rechtsgedanken der Vorschrift des § 334 BGB zu demselben Ergebnis. Vertreten wird abweichend davon aber auch, dass es den Vertragsparteien überlassen ist, den vertraglichen Schutz des Dritten zu begründen und eine Haftung ihm gegenüber in den Grenzen der §§ 138, 242 BGB „isoliert“ auszuschließen oder zu beschränken. Auf eine Gleichbehandlung des Vertragsgläubigers und des Dritten soll es nach dieser Ansicht nicht ankommen.48 Die Grundlagen der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte sollen an dieser Stelle nicht nochmals im Detail erörtert werden. Wie oben dargestellt,49 überzeugt allein eine vertragliche Herleitung dieser Haftungsgrundsätze. Wenn es aber Sache der Vertragsparteien ist, darüber zu bestimmen, wen sie in den Schutzbereich ihres Vertrages einbeziehen, so ist es nur konsequent, ihnen auch die Be______ 43 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 34 IV 2d, S. 273; ebenso Assmann, JuS 1986, 885, 888; Haase, JR 1978, 285; Heinz Pack, Haftungsausschlüsse und Haftungsbeschränkungen mit Wirkung für Dritte, S. 165 f. und zuvor bereits Lorenz, JZ 1960, 108, 112 f.; Thiele, JZ 1967, 649, 654; Berg, MDR 1969, 613, 617. 44 Vgl. Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 151 sowie Berg, MDR 1969, 613, 617 und Ebke/Paal, WPK-Mitt. 1999, 262, 263. 45 Z. B. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 II 6 k, S. 531 f., § 21 II 7, S. 532 ff.; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 95 ff., 190 f.; Larenz, Schuldrecht I, § 17 II, S. 229; Ostrowicz, Vertragshaftung und Drittschutz, S. 129; Puhle, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 151; Räcke, Haftungsbeschränkungen zugunsten und zu Lasten Dritter, S. 177 f.; Janoschek, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 57 zu § 328. 46 Z. B. BGH, Urt. v. 15. 6. 1971 – VI ZR 262/69, BGHZ 56, 269, 274 f.; Urt. v. 28. 10. 1986 – VI ZR 254/85, NJW 1987, 1013; Urt. v. 26. 11. 1986 – IV a ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1760; Urt. v. 10. 11. 1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 385; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 12. 1998 – 24 U 27/98, WPKMitt. 1999, 258, 263. 47 Ebke/Paal, WPK-Mitt. 1999, 262, 263; Sutschet, Der Schutzanspruch zugunsten Dritter, S. 180 f.; Zugehör, NJW 2000, 1602, 1604; Hadding, in: Soergel, BGB, Anh. § 328, Rn. 21 f.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Rn. 14 zu § 328. 48 Bydlinski, JBl. 1960, 359, 363; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 112 zu § 328 und wohl auch Lang, WPg. 1989, 57, 63 sowie Papanikolaou, Schlechterfüllung beim Vertrag zugunsten Dritter, S. 92 f.; vgl. Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 122 zu § 328; Urban, „Vertrag“ mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 162. 49 Siehe Teil 1.B.IV.3.c), S. 100.
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C. Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen
fugnis zuzugestehen, den Schutzumfang zu regeln.50 Andernfalls käme man zu dem wenig einleuchtenden Ergebnis, dass die Vertragsparteien den Schutz eines bestimmten Dritten von vornherein (insgesamt) ausschließen könnten, die Haftung dem Dritten gegenüber im Falle seiner Einbeziehung in den Schutzbereich dagegen nicht einmal geringfügig („isoliert“) beschränken dürften. Den Schutzinteressen vertragsfremder Dritter wäre damit nicht gedient. Wenn der Gläubiger des Vertrages seine Haftung gegenüber Dritten nicht auf ein überschaubares Maß beschränken kann, so wird er sich kaum auf deren Einbeziehung in den vertraglichen Schutzbereich einlassen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass selbst „isoliert“ zum Nachteil Dritter wirkende Haftungsbeschränkungen nach der vorliegend vertretenen vertraglichen Konzeption nicht als unzulässige „Verträge zu Lasten Dritter“ anzusehen sind. Die vom Willen der Vertragsparteien abhängige Einbeziehung in den Schutzbereich und die Haftungsbeschränkung sind stets im Zusammenhang zu sehen. Vereinbaren die Vertragsparteien eine Haftungsbeschränkung mit Wirkung für den Dritten, so wird dieser nicht in einer ihm zustehenden originären Rechtsposition zurückgesetzt. Der Vertrag zwischen den Vertragsparteien entfaltet in diesem Fall vielmehr von Anfang an eine um die Haftungsbeschränkung geminderte Schutzwirkung.51 Der Dritte ist gleichwohl besser gestellt als er stehen würde, wenn die Vertragsparteien keine Schutzwirkung zu seinen Gunsten vereinbart hätten. § 334 BGB findet, wie bereits mehrfach angesprochen,52 in den vorliegend untersuchten Fällen bei zutreffender Sichtweise keine entsprechende Anwendung. Die Haftung aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte kann danach ohne weiteres durch Vereinbarung des Prüfers mit der geprüften Gesellschaft auch isoliert zum Nachteil des Dritten beschränkt werden. Erforderlich ist dazu eine Vereinbarung, die sich unmittelbar auf den geschützten Dritten bezieht. Haftungsbeschränkende Vereinbarungen, die die geprüfte Gesellschaft betreffen, wirken mangels Übertragbarkeit des sich aus § 334 BGB ergebenden Rechtsgedankens nicht auch zu Lasten des Dritten. Innerhalb der durch §§ 138, 242, 276 Abs. 3 BGB gesetzten Grenzen sind die Möglichkeiten individualvertraglicher Haftungsbeschränkungen vielfältig. Denkbar sind insbesondere summenmäßige Haftungsbeschränkungen ähnlich der in § 323 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelung, aber auch eine Beschränkung der Haftung auf Fälle grober Fahrlässigkeit. Praktisch nicht relevant ist wohl eine vollumfängliche Freizeichnung des Prüfers, da er sich damit in Widerspruch zur erklärten Einbeziehung des Dritten in den vertraglichen Schutzbereich begeben würde.53 ______ 50 Lang, WPg. 1989, 57, 63; Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 122 zu § 328; vgl. Räcke, Haftungsbeschränkungen zugunsten und zu Lasten Dritter, S. 176 f. 51 Vgl. Ebke, WPK-Mitt. 1999, 262, 263; Lang, WPg. 1989, 57, 63; Urban, „Vertrag“ mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation, S. 161 (jeweils zu Haftungsbeschränkungen, die sich auf den Vertragspartner und den Dritten gleichermaßen auswirken); weitergehend Gottwald, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 122 zu § 328; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 112 zu § 328. 52 Siehe insbesondere Teil 1.D.IV.3.b), S. 199 f. 53 Sinnvoll wäre eine solche Freizeichnung allenfalls dann, wenn man die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte entgegen der vorliegend vertretenen Ansicht nicht auf die Ver-
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
III.
Vereinbarungen mit dem „Dritten“
Einigkeit besteht darüber, dass Haftungsbeschränkungen aus dem Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft keine Wirkung haben für Ansprüche aus einem unmittelbar zwischen dem Prüfer und dem prüfungsvertragsfremden Dritten abgeschlossenen Auskunftsvertrag. Dem Dritten stehen mit diesen Ansprüchen originäre, vom Prüfungsvertrag unabhängige Rechtspositionen zu. Zur vertraglichen Beschränkung der Haftung bleiben daher allenfalls Vereinbarungen des Prüfers unmittelbar mit dem Dritten. Mit Blick auf Ansprüche aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte und aus unmittelbar mit Dritten abgeschlossenen Auskunftsverträgen bestehen gegen derartige Vereinbarungen keine Bedenken.54 Fraglich könnte sein, auf welche Art und Weise eine derartige Vereinbarung in der Praxis abzuschließen ist. Sicher ist, dass der Abschlussprüfer seine Haftung vertraglich nicht durch eine einseitige Erklärung beschränken kann. Notwendig ist vielmehr der Abschluss eines Vertrages durch mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen. In den Fällen, in denen der prüfungsvertragsfremde Dritte mit dem Prüfer direkten Kontakt aufnimmt, dürfte die Feststellung einer Einigung über die Haftungsbeschränkung in der Regel unproblematisch sein. Der Prüfer wird deutlich machen, dass er zur Haftung nur unter der Bedingung bereit ist, dass der Dritte sich mit ihm auch auf eine Haftungsbeschränkung einigt. Kommt es hierbei zu keiner Einigung, so ist davon auszugehen, dass es insgesamt zu keiner Einigung über eine Haftung gekommen ist. Schwieriger ist die Situation, wenn der Dritte die prüfungsbezogene Äußerung mit Zustimmung des Prüfers durch Vertreter der geprüften Gesellschaft oder Vierte übermittelt bekommt. Selten wird man davon ausgehen können, dass der Übermittler Vertreter des Prüfers ist und es im Wege der Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung kommt. Häufiger wird der Prüfer seiner Erklärung lediglich einen Zusatz beifügen, in der er auf seinen Willen zur Beschränkung der Haftung hinweist. Dieser Zusatz dürfte in der Regel nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) zu beurteilen sein.55 Ist dies nicht der Fall, so stellt sich die Frage, worin die Annahmeerklärung des Dritten zu sehen ist, die allein zum Abschluss einer individualvertraglichen Haftungsbeschränkungsvereinbarung führen kann. Realistischerweise muss angenommen werden, dass in der Praxis der prüfungsvertragsfremde Dritte dem Prüfer selten eine Annahmeerklärung übermitteln wird. Es wäre indessen verfehlt, an das Vorliegen einer wirksamen Vereinbarung überhöhte Anforderungen zu stellen. Gemäß § 151 BGB kann ein Vertrag auch ohne Zugang der Annahmeerklärung zu______ einbarungen der Vertragsparteien stützen würde, Dritte also auch gegen den Willen der Vertragsparteien in den „vertraglichen“ Schutzbereich einbezogen werden könnten. 54 Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 614 (hinsichtlich Haftung aus Auskunftsvertrag); Ostrowicz, Vertragshaftung und Drittschutz, S. 129 (mit Blick auf Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte). 55 Dazu sogleich näher unter Teil 3.D, S. 231 ff.
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C. Individualvertragliche Haftungsbeschränkungen
stande kommen. Macht der Dritte die prüfungsbezogene Äußerung ohne Einwand zur Grundlage seiner Entscheidungen, so ist darin ein konkludentes Einverständnis mit dem haftungsbeschränkenden Zusatz des Prüfers zu sehen.56 Die Berufung auf eine unbeschränkte Haftung auf Grund fehlender Annahmeerklärung würde als widersprüchliches Verhalten („venire contra factum proprium“) gegen das Gebot von Treu und Glauben, § 242 BGB, verstoßen.57 Der im Schrifttum diskutierte Fall eines Protestes gegen den beschränkenden Zusatz ist meines Erachtens lebensfremd.58 Abhängig von der konkreten Sachlage müsste man hier bereits die Einigung über eine Haftung verneinen (insbesondere in Fällen eines unmittelbar abgeschlossenen Auskunftsvertrages) oder ebenfalls einen Verstoß gegen § 242 BGB annehmen.59 Zuletzt stellt sich die Frage, ob bei Vereinbarungen des Prüfers unmittelbar mit dem „Dritten“ die Beschränkungen des § 54 a Abs. 1 WPO zu beachten sind. Man könnte die Ansicht vertreten, der Dritte sei – insbesondere im Falle eines abgeschlossenen Auskunftsvertrages – anders als bei Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte selbst „Auftraggeber“ im Sinne des § 54 a Abs. 1 WPO. Eine Begrenzung der Höhe der Haftung wäre dann gemäß § 54 a Abs. 1 Nr. 1 WPO lediglich bis zur Mindesthöhe der Deckungssumme – zur Zeit eine Million Euro (§§ 54 Abs. 1 Satz 2 WPO, 323 Abs. 2 Satz 1 HGB) – möglich. Die sich aus einem Auskunftsvertrag ergebenden Ansprüche sind Ansprüche aus einem zwischen dem prüfungsvertragsfremden Dritten und dem Wirtschaftsprüfer bestehenden Vertragsverhältnis. Auch im Übrigen steht der Wortlaut des § 54 a Abs. 1 WPO einer Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Auskunftsverträge des Prüfers mit Dritten nicht entgegen. Wie bereits im Zusammenhang mit der Stellung des gesetzlichen Abschlussprüfers angesprochen,60 werden die Begriffe „Auftraggeber“ und „Auftrag“ in der deutschen Rechtssprache in verschiedenen Zusammenhängen mit jeweils unterschiedlichen Bedeutungsinhalten gebraucht. Mit der Bezeichnung „Auftrag“ können ein Vertrag i. S. d. §§ 662 ff. BGB, aber insbesondere auch ein Dienst- oder Werkvertrag oder allgemein das Verhältnis des Rechtsanwaltes, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers zu einem Mandanten gemeint sein.61 Auskunftsverträge, wie sie hier in Rede stehen, werden je nach Fall als Dienst- oder Werkvertrag oder auch als Auftrag i. S. d. §§ 662 ff. BGB eingeordnet.62 Das in § 54 a Abs. 1 WPO enthaltene Tatbestandsmerkmal „Auftraggeber“ schließt damit eine Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Auskunftsverträge des Prüfers mit ______ 56 So z. B. Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 231; Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 269. 57 Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 269. 58 Sehr detailliert äußert sich dazu Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 153 ff. 59 Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 153 ff. nimmt in diesen Fällen eine unbeachtliche „protestatio facto contraria“ an. 60 Siehe Teil 1.B.I.2.a)bb), S. 33 f. 61 Siehe zur Terminologie Wittmann, in: Staudinger, BGB, Vorbem. §§ 662 ff., Rn. 8. 62 Z. B. Czub, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 52 zu § 675; Sprau, in: Palandt, BGB, Rn. 29 zu § 675; Wittmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 9 zu § 676 BGB.
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
Dritten dem Wortlaut nach nicht von vornherein aus.63 Angesichts der Vielgestaltigkeit der Begriffe „Auftraggeber“ bzw. „Auftrag“ erscheint unterdessen eine Abgrenzung des Anwendungsbereiches der Vorschrift unter dem Gesichtspunkt des Normzweckes geboten. Die Regelungen des § 54 a Abs. 1 WPO privilegieren den Wirtschaftsprüfer insofern, als sie weitergehende Beschränkungen der Haftung durch vorformulierte Vertragsbedingungen zulassen als die in §§ 305 ff. BGB enthaltenen allgemeinen Regeln.64 Während § 309 Nr. 7 b BGB beispielsweise den Ausschluss oder die Begrenzung der Haftung für grob fahrlässig verursachte Vermögensschäden verbietet, ist dies im Rahmen des § 54 a Abs. 1 Nr. 2 WPO zulässig. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 54 a Abs. 1 WPO ergibt sich, dass der Gesetzgeber dem Wirtschaftsprüfer mit dieser Vorschrift ermöglichen wollte, „das hohe, möglicherweise existenzgefährdende Haftungsrisiko in vertretbaren Grenzen zu halten“.65 Nachvollziehbar ist dieses Anliegen mit Blick auf solche Haftungsrisiken, die eng mit den beruflichen Aufgaben und Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfer i. S. d. § 2 WPO verbunden sind. Nur wenn der Wirtschaftsprüfer in der Lage ist, nicht oder nur schwer vermeidbare Haftungsrisiken im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten in erträglichen Grenzen zu halten, kann er die ihm zugedachte Rolle im Wirtschaftsleben auch längerfristig wahrnehmen. Nicht nachvollziehbar wäre allerdings eine haftungsrechtliche Privilegierung aller im weitesten Sinne als Auftrag zu qualifizierenden vertraglichen Beziehungen des Wirtschaftsprüfers. Wirtschaftsprüfer würden ohne erkennbaren Grund gegenüber anderen Berufsgruppen bessergestellt. Ein Auskunftsvertrag mit einem prüfungsvertragsfremden Dritten beispielsweise stellt ein Haftungsrisiko dar, dass sich nicht zwangsläufig aus den beruflichen Aufgaben der Wirtschaftsprüfer i. S. d. § 2 WPO ergibt. Wirtschaftsprüfer können sämtliche ihnen zugedachten Aufgaben und Tätigkeiten wahrnehmen, ohne dass die Notwendigkeit besteht, Auskunftsverträge der hier in Rede stehenden Art mit Dritten abzuschließen. Sie sind mit Blick auf diese Verträge nicht in stärkerem Maße schutzbedürftig als andere Berufsgruppen. Der gesetzgeberische Zweck des § 54 a Abs. 1 WPO steht daher einer Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die Haftung aus Auskunftsverträgen mit prüfungsvertragsfremden Dritten entgegen.66 Die Gesetzesmaterialien zu § 54 a WPO bestätigen dies. Es ist lediglich von den Haftungsinteressen der „Mandanten“ des Wirtschaftsprüfers die Rede.67 Prüfungsvertragsfremde Dritte, die mit dem Abschlussprüfer einen Auskunftsvertrag abschließen, sind somit nicht als „Auftraggeber“ i. S. d. § 54 a Abs. 1 WPO anzusehen. Im Ergebnis ist dies wohl auch die An______ 63 So aber Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 616; Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 162 und wohl auch Graf v. Westphalen, DB 2000, 861, 863. 64 Zu diesen sogleich unter Teil 3.D.I, S. 232 f. 65 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung, BT-Drucks. 12/5685 v. 16. 9. 1993, S. 17, 29. 66 A. A. Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 162, der § 54 a WPO analog auf die Haftung aus jeder Art Sonderverbindung anwenden möchte. 67 Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung, BT-Drucks. 12/5685 v. 16. 9. 1993, S. 17, 29 f.
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D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
sicht des Berufsstandes.68 Die Beschränkungen des § 54 a Abs. 1 WPO gelten somit für individualvertragliche Haftungsvereinbarungen des Prüfers mit prüfungsvertragsfremden Dritten nicht. D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
Häufiger als individualvertragliche Haftungsvereinbarungen sind in der Praxis vorformulierte Haftungsbeschränkungen anzutreffen. Wie bereits angesprochen, werden Prüfungsverträgen über gesetzliche und freiwillige Abschlussprüfungen in der Regel die vom IDW-Verlag herausgegebenen „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“69 – im Folgenden AAB – zu Grunde gelegt.70 Die Haftung gegenüber Dritten versuchen die Prüfer mit den Klauseln Nr. 1 Abs. 2, Nr. 7 Abs. 1 und Nr. 9 AAB zu beschränken. Die Klausel Nr. 7 Abs. 1 AAB bezieht sich auf die Haftungsbegründung. Sie besagt, dass die Weitergabe beruflicher Äußerungen des Wirtschaftsprüfers an Dritte der schriftlichen Zustimmung des Wirtschaftsprüfers bedarf und dass nur bei Vorliegen dieser Zustimmung eine Haftung gegenüber Dritten in Betracht kommt.71 Die Klauseln Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 9 AAB versuchen die Dritthaftung auf der Rechtsfolgenseite zu beschränken. Die Regelung Nr. 9 Abs. 1 AAB weist darauf hin, dass für gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen die Haftungsbeschränkung des § 323 Abs. 2 HGB gilt. Für alle nicht von Nr. 9 Abs. 1 AAB erfassten Aufträge beschränkt Nr. 9 Abs. 2 AAB die Haftung für „fahrlässig“ verursachte Vermögensschäden der Höhe nach auf vier Millionen Euro für einen einzelnen Schadensfall. In Fällen, in denen der Schaden auf ein mehrfaches, auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen zurückgeht, bestimmt Nr. 9 Abs. 2 Satz 5 AAB eine abweichende Haftungshöchstgrenze in Höhe von fünf Millionen Euro (sog. Serienschadenklausel). Die Regelung Nr. 1 Abs. 2 AAB schließlich besagt, dass die Bestimmungen der Nr. 9 AAB gegenüber Dritten gelten, wenn „im Einzelfall ausnahmsweise vertragliche Beziehungen auch zwischen dem Wirtschaftsprüfer und anderen Personen als dem Auftraggeber begründet“ werden.
______ 68 Siehe die Differenzierung in den von der IDW-Verlag GmbH herausgegebenen „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ (Stand: 1. 1. 2002), Nr. 1 Abs. 1 und 2 sowie Nr. 9 Abs. 2 Satz 1, letzter Hs. sowie Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 616. 69 Gegenwärtig vom Stand 1. 1. 2002. 70 Siehe zum Abschluss der jeweiligen Prüfungsverträge Teil 1.A.II.3, S. 12 ff. und Teil 2.A.II, S. 204 f. 71 Siehe dazu bereits Teil 3.A, S. 217 f.
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
I.
Gesetzlicher Rahmen
Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in einen Vertrag richtet sich grundsätzlich nach den Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB. Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer i. S. d. § 14 BGB verwendet, wie dies bei Wirtschaftsprüfern in aller Regel der Fall sein dürfte, so gelten die strengen Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB nicht (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Maßgeblich sind in diesen Fällen die allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff. BGB, so dass die vorformulierten Bedingungen auch stillschweigend in den Vertrag einbezogen werden können. Ihre inhaltliche Kontrolle erfolgt nach §§ 307 bis 309 BGB, wobei die in § 307 Abs. 1 und 2 BGB enthaltenen allgemeinen Grundsätze stets Anwendung finden. Die konkreter formulierten Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB gelten dagegen für Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern i. S. d. § 14 BGB nicht (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Gesetz stellt jedoch klar, dass ihre Wertungen im Rahmen des § 307 Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen sind (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mit Blick auf die vorliegend untersuchten Fälle ist vor allem das in § 309 Nr. 7 b BGB niedergelegte Klauselverbot von Interesse. Unwirksam ist danach der Ausschluss oder die Begrenzung der Haftung für grob fahrlässig durch den Verwender der Klausel verursachte Vermögensschäden. Dasselbe gilt für formularmäßige Beschränkungen der Haftung für vorsätzlich oder grob fahrlässig durch einen Erfüllungsgehilfen verursachte Vermögensschäden. Ist eine Klausel nach §§ 308 f. BGB oder § 307 Abs. 1, 2 BGB unwirksam, so gelten gemäß § 306 Abs. 2 BGB an ihrer statt die gesetzlichen Vorschriften.
II.
Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft
Im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft ergeben sich hinsichtlich der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen keine besonderen Schwierigkeiten. Die vorformulierten Bedingungen werden vom Prüfer dem Angebot zum Abschluss des Prüfungsvertrages oder aber dem Auftragsbestätigungsschreiben beigefügt.72 Mit dem Abschluss des Prüfungsvertrages werden sie ohne weiteres Vertragsbestandteil, wenn der Prüfer erkennbar auf sie verwiesen hat und ihrer Geltung nicht widersprochen wurde. Da die geprüften Gesellschaften ausnahmslos als Unternehmer i. S. d. § 14 BGB anzusehen sind, kommt es auf die besonderen Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB nicht an. Erst recht kommt es nicht darauf an, dass die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB gegenüber dem Dritten erfüllt werden. Die Vorschrift spricht zweifelsfrei von „der anderen Vertragspartei“. Eine grundsätzliche Frage stellt sich im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Durch Individualvereinbarungen des Prüfers mit der geprüften Ge______ 72 Vgl. IDW, PS 220, Tz. 7, 13 ff., 15.
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D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
sellschaft können – wie gezeigt73 – nur Ansprüche Dritter aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung beschränkt werden. Dies gilt gleichermaßen für Allgemeine Geschäftsbedingungen im Prüfungsverhältnis.74 Mit Blick auf die Vorschriften der §§ 307 ff. BGB stellt sich die Frage, inwieweit diese neben den Interessen des Vertragspartners auch die Interessen und Rechtspositionen Dritter schützen. Nur wenn die Belange Dritter im Rahmen der Wertung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB Berücksichtigung finden und die Klauselverbote nach §§ 308 f. BGB auch die Rechte Dritter betreffen, ergeben sich im Vergleich zu individualvertraglichen Vereinbarungen erhöhte inhaltliche Anforderungen. Die Kontrolle der Inhalte Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach §§ 307 ff. BGB dient wie das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen insgesamt der Kompensation gestörter Aushandlungs- bzw. Vertragsparität.75 Vertragspartner des Prüfungsvertrages und an der Aushandlung des Vertrages beteiligt sind lediglich der Prüfer und die zu prüfende Gesellschaft. Es liegt daher nahe, die Interessen und Belange Dritter bei der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB nicht zu berücksichtigen. Im Grundsatz entspricht dies der allgemeinen Ansicht.76 Bei Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte gehen Teile der Rechtsprechung und des Schrifttums jedoch einen anderen Weg. Sie wollen den in den Vertrag einbezogenen Dritten mit dem Vertragspartner gleichstellen und seine Interessen unmittelbar im Rahmen der §§ 307 ff. BGB berücksichtigen.77 Überzeugend begründen lässt sich dieses Auffassung kaum.78 Dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend ist bei der Inhaltskontrolle allein auf die Interessen des Vertragspartners des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzustellen.79 Gegenteiliges lässt sich auch den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen.80 Dritte sind – auch wenn sie in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden – der Verhandlungssituation und den mit ihr verbundenen faktischen Zwängen nicht unmittelbar ausgesetzt. ______ 73 Siehe Teil 3.C.II., S. 225 ff. und Teil 3.C.III., S. 228. 74 Vgl. Furmans, in: Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Wirtschaftsprüfer, Rn. 38; Rombach, Allgemeine Geschäftsbedingungen bei freien Dienstverträgen, S. 133. 75 Z. B. v. Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG; Rn. 22 ff.; Coester, in: Staudinger, BGB, Rn. 100 zu § 9 AGBG; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Einl., Rn. 28. 76 Siehe nur Basedow, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 46 f. zu § 307; Brandner, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 124 zu § 9; Coester, in: Staudinger, BGB, Rn. 101 zu § 9 AGBG; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 7 zu § 307; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Rn. 56 zu § 9. 77 BGH, Urt. v. 15. 6. 1989 – VII ZR 205/88, NJW 1989, 2750, 2751; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 191; v. Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG; Rn. 150; Jagmann, in: Staudinger, BGB, Rn. 112 zu § 328; H. Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, Rn. 8 zu § 307; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Rn. 107 zu § 9 und wohl auch Coester, in: Staudinger, BGB, Rn. 101 zu § 9 AGBG. 78 Gegen die Berücksichtigung der Interessen Dritter auch BGH, Urt. v. 7. 10. 1981 – VIII ZR 214/ 80, NJW 1982, 178, 180; OLG Celle, Urt. v. 26. 4. 1995 – 3 U 113/94, NJW 1998, 82, 84; Basedow, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 46 f. zu § 307; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 124 zu § 9; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 7 zu § 307. 79 Basedow, in: Münch. Komm. BGB, Bd. 2 a, Rn. 46 zu § 307. 80 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz), BT-Drucks. 7/3919 v. 6. 8. 1975, S. 9, 22.
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
Da sie nicht selbst an der Aushandlung des Vertrages teilnehmen, wird ihre Vertragsgestaltungsfreiheit durch die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Verhältnis der Vertragspartner nicht stärker beeinträchtigt als bei individualvertraglichen Vereinbarungen. Eine unmittelbare Berücksichtigung ihrer Interessen im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB ist daher vor dem Hintergrund des Schutzzweckes der §§ 305 ff. BGB nicht geboten. Lediglich wenn der Vertragspartner auf Grund eines personenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses oder aus anderem Grunde für den Schutz des Dritten verantwortlich ist oder wenn er durch dessen Benachteiligung auf andere Weise selbst einen Nachteil erleidet, kommt eine (mittelbare) Berücksichtigung der Interessen Dritter in Betracht.81 Unmittelbar berücksichtigt werden auch in diesen Fällen jedoch lediglich die Interessen des Vertragspartners. Die Normen § 307 Abs. 2 BGB und §§ 308 f. BGB stellen anders als § 307 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich auf die Belange des Vertragspartners ab. Es erscheint indessen bedenklich, ihnen deshalb eine weitergehende Schutzfunktion zuzusprechen.82 § 307 Abs. 2 BGB und §§ 308 f. BGB konkretisieren lediglich die in § 307 Abs. 1 BGB enthaltene Generalklausel. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut („im Zweifel“, „insbesondere“) dieser Vorschriften.83 Festzuhalten ist somit, dass die Vorschriften zur Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) nicht auch die Rechte und Interessen Dritter schützen. Die Belange Dritter sind im Rahmen der Inhaltskontrolle nicht zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der betroffene Dritte in den Vertrag zwischen den Vertragsparteien einbezogen ist oder nicht. Für vorformulierte Haftungsbeschränkungen zu Lasten des Dritten gelten daher in inhaltlicher Hinsicht keine strengeren Anforderungen als für individualvertragliche Vereinbarungen. Grenzen werden dem Wirtschaftsprüfer und der zu prüfenden Gesellschaft allein durch die allgemeinen Vorschriften, insbesondere §§ 138, 242, 276 Abs. 3 BGB, gezogen.84 Die Haftungsregelungen der vom IDW-Verlag herausgegebenen AAB sind daher, soweit sie die Haftung gegenüber Dritten betreffen, wirksam.
III.
Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten
Auch im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten können Haftungsvereinbarungen in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen Bedeutung erlangen. Die gesetzlichen Einbeziehungsvoraussetzungen (§§ 305 Abs. 2, 310 Abs. 1 BGB) sind in diesen Fällen mit Blick auf den Dritten zu erfüllen. Ist der Dritte kein Unternehmer i. S. d. § 14 BGB, so bedarf es gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 ______ 81 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 124 zu § 9. 82 So aber Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 13 zu § 11 Nr. 7; Wolf, in: Wolf/Horn/ Lindacher, AGBG, Rn. 10 zu § 11 Nr. 7, die allein mit Hinweis auf den Gesetzeswortlaut die Auffassung vertreten, § 11 Nr. 7 AGBG a. F. (§ 309 Nr. 7 b BGB n. F.) schütze anders als § 9 AGBG a. F. (§ 307 BGB n. F.) auch die in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogenen Dritten. 83 Siehe nur Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 1 zu § 307, Rn. 1 zu § 308, Rn. 1 zu § 309. 84 Siehe dazu Teil 3.C.I., S. 224.
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D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
BGB eines ausdrücklichen Hinweises auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.85 Zusätzlich ist dem Dritten gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Möglichkeit zu geben, vom Inhalt der Klauseln in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen. In der Praxis scheint es üblich zu sein, schriftlichen, nicht in einem Prospekt wiedergegebenen prüfungsbezogenen Äußerungen ein Exemplar der vom IDW-Verlag herausgegebenen AAB oder andere Allgemeine Geschäftsbedingungen beizufügen und in der Erklärung auf diese Bedingungen hinzuweisen.86 Wirksam vereinbart sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann, wenn der Dritte „mit ihrer Geltung einverstanden ist“ (§ 305 Abs. 2, letzter Hs. BGB). Das „Einverständnis“ in diesem Sinne kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden.87 Nach ganz überwiegender Ansicht steht einer Anwendung der Vorschrift § 151 BGB in diesem Zusammenhang nichts im Wege.88 Ähnlich der Situation bei individualvertraglichen Haftungsbeschränkungen89 kann somit ein Einverständnis mit den seitens des Prüfers gestellten Haftungsbedingungen angenommen werden, wenn der Dritte die prüfungsbezogene Äußerung ohne Einwand zur Grundlage seiner Entscheidungen macht.90 Die Berufung auf eine unbeschränkte Haftung auf Grund fehlender Einverständniserklärung würde als widersprüchliches Verhalten auch hier einen Verstoß gegen § 242 BGB darstellen.91 Häufig wird der Dritte Unternehmer i. S. d. § 14 BGB sein. Da die Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB in diesem Fall nicht gelten (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB), kommt es für eine wirksame Vereinbarung vorformulierter Haftungsbeschränkungen auf einen ausdrücklichen Hinweis des Prüfers nicht an. Ebenso wenig müssen die vorformulierten Haftungsbedingungen der Äußerung des Prüfers beigefügt sein. Der Prüfer und der Dritte müssen sich gleichwohl – zumindest konkludent – über die Einbeziehung der Haftungsbedingungen i. S. d. §§ 145 ff. BGB einigen.92 Es gilt insofern das zu Haftungsbeschränkungen durch Individualverträge Gesagte entsprechend.93 Für die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten gelten grundsätzlich keine Beson______ 85 Die in § 305 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. BGB vorgesehene Möglichkeit eines Aushanges am Orte des Vertragsschlusses hat in den hier untersuchten Fällen keine Bedeutung; der Dritte wird den Wirtschaftsprüfer kaum in dessen Niederlassung aufsuchen. 86 IDW, PS 450, Tz. 24; Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 616. 87 Siehe statt aller Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 43 zu § 305. 88 In diesem Sinne bspw. Schlosser, in: Staudinger, BGB, Rn. 39, 41 zu § 2 AGBG; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 31 zu § 2; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Rn. 43 zu § 2; zumindest für den nichtkaufmännischen Bereich vorsichtiger Hefermehl/Werner, in: Erman, BGB10, Rn. 20 zu § 2 AGBG; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 43 zu § 305. 89 Dazu oben Teil 3.C.III, S. 228 ff. 90 A. A. offenbar Geuer, Das Management des Haftungsrisikos der Wirtschaftsprüfer, S. 111 f.; für den nichtkaufmännischen Bereich, um den es in den untersuchten typischen Fällen allerdings selten gehen wird, z. B. auch Hefermehl/Werner, in: Erman10, BGB, Rn. 20 zu § 2 AGBG; Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 43 zu § 305. 91 Siehe dazu oben Teil 3.C.III, S. 228 ff. 92 Siehe nur Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 50 zu § 305. 93 Siehe Teil 3.C.III, S. 228 ff.
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
derheiten. Der Wirtschaftsprüfer und der prüfungsvertragsfremde Dritte beschränken ausschließlich die sich in ihrem Verhältnis ergebende Haftung. Es besteht insofern keine Dritthaftungskonstellation wie bei der Haftung aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte. Entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht94 ist in diesen Fällen § 54 a Abs. 1 WPO ebenso wenig wie § 323 Abs. 2 und 4 HGB anwendbar.95 Es kommt daher für die Inhaltskontrolle allein auf die Vorschriften der §§ 307 ff. BGB an. Auf die besondere Bedeutung des Klauselverbotes § 309 Nr. 7 b BGB wurde bereits hingewiesen.96 Die Norm verbietet den Ausschluss oder die Begrenzung der Haftung für Schäden, die auf grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beruhen. Ausgeschlossen wird auch eine Begrenzung der Haftung für Schäden, die auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen zurückgehen. § 309 Nr. 7 b BGB findet zwar keine unmittelbare Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen des Abschlussprüfers gegenüber Unternehmern i. S. d. § 14 BGB. Da die Wertungen der in § 308 BGB und § 309 BGB geregelten Klauselverbote jedoch im Rahmen des § 307 Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen sind (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB), wird ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 b BGB regelmäßig zur Unwirksamkeit der betreffenden Klauseln führen.97 Ein Ausschluss der Haftung für einfache Fahrlässigkeit kann gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sein, wenn es um die Haftung für die Verletzung einer sog. Kardinalpflicht, einer wesentlichen Vertragspflicht, geht. Die Rechtsprechung und das einschlägige Schrifttum sehen bei Auskunftsverträgen die Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft als Kardinalpflicht an.98 In den Fällen, in denen die Auskünfte von Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern erteilt werden, sollen daher Klauseln, die die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausschließen, nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sein.99 Dem ist zuzustimmen. Der Abschlussprüfer kann somit in Fällen, in denen er mit prüfungsvertragsfremden Dritten einen Auskunftsvertrag schließt, mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Haftung für leichte Fahrlässigkeit nicht ausschließen. Auch hinsichtlich höhenmäßiger Haftungsbeschränkungen kommt es für die Inhaltskontrolle entscheidend auf § 307 Abs. 1, 2 BGB an. Im Rahmen der Vorschrift des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stellt sich dabei die Frage, ob die konkrete Beschrän______ 94 Straßer, Die Haftung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, S. 162; vgl. auch Naumann, in: IDW, WP-Hdb. 2006, Bd. I, A. Rn. 616. 95 Siehe Teil 3.B., S. 218 ff. und Teil 3.C.III, S. 228 ff. 96 Siehe Teil 3.D.I, S. 232. 97 Lang, WPg. 1989, 57, 63; Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt, Rn. 3 zu § 318 HGB; Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, AGBG, Rn. 52 zu § 11 Nr. 7. 98 BGH, Urt. v. 13. 1. 2000 – III ZR 62/99, WM 2000, 426, 428 f.; Urt. v. 5. 12. 2000 – XI ZR 340/99, WM 2001, 134, 135; vgl. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Rn. R6, R11 zu § 9. 99 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, Rn. R6, R11 zu § 9; vgl. Graf v. Westphalen, in: Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, S. 119; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 153 zu § 9; S. Schäfer, in: Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rn. 113.
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D. Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
kung mit den Grundgedanken der Vorschriften der §§ 249 ff. BGB, die auch für Auskunftsverträge den Schadensausgleich regeln, noch zu vereinbaren ist. Die Regelungen zur summenmäßigen Haftungsbeschränkung in § 323 Abs. 2 HGB und § 54 a Abs. 1 WPO können weder unmittelbar noch mittelbar als Maßstab herangezogen werden.100 Sie können allenfalls vage Anhaltspunkte für die Beurteilung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bieten. Diese wird überindividuell-generalisierend vorgenommen; die besonderen Umstände des Einzelfalles bleiben außer Betracht.101 Schließt der Abschlussprüfer mit dem prüfungsvertragsfremden Dritten einen Auskunftsvertrag und werden diesem Vertrag die vom IDW-Verlag herausgegebenen AAB zu Grunde gelegt, so führt dies nach dem Gesagten nicht zu einer wirksamen Beschränkung der Haftung. Mittels der Klausel Nr. 9 Abs. 2 AAB soll die Haftung für „fahrlässig“ verursachte Vermögensschäden der Höhe nach beschränkt werden. Da die Klausel nicht zwischen grob fahrlässigen und leicht fahrlässigen Pflichtverletzungen unterscheidet, liegt bereits ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 b BGB vor.102 Da es zudem um Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer geht, ist die Klausel auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam. Im Schrifttum wird die in Nr. 9 Abs. 2 AAB geregelte summenmäßige Haftungsbeschränkung zum Teil für unwirksam gehalten. In der Serienschadenklausel wird ein Verstoß gegen die Grundgedanken der §§ 249 ff. BGB gesehen. Die Haftungshöchstsummen seien nicht adäquat, da häufig ein wesentlich höheres Schadensrisiko bestehe.103 Folge der Unwirksamkeit der genannten Klauseln wäre, dass an ihrer statt die gesetzlichen Vorschriften gelten würden (§ 306 Abs. 2 BGB). Der Abschlussprüfer würde damit unbeschränkt haften.
______ 100 Dazu oben Teil 3.B.I, S. 218 ff. und Teil 3.B.II, S. 222 ff. 101 Siehe statt aller Heinrichs, in: Palandt, BGB, Rn. 4 zu § 307. 102 Vgl. Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Rn. 28 zu § 11 Nr. 7; Wolf, in: Wolf/Horn/ Lindacher, AGBG, Rn. 27 zu § 11 Nr. 7. 103 Siehe zur Kritik – bezogen auf die Fassung der AAB vom 1. 1. 1999 – Graf v. Westphalen, DB 2000, 861, 863 f.; Späth, in: Inf. 1999, 535, 535 ff.; vgl. auch Bunte, BB 1981, 1064, 1065 ff.; Brandner, ZIP 1984, 1186, 1188 ff.; Schlechtriem, BB 1984, 1177, 1178 ff.
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Teil 3. Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
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Teil 1: Dritthaftung i. Zusammenhang m. d. Durchf. ges. Abschlussprüfungen
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen Teil 1: Dritthaftung i. Zusammenhang m. d. Durchf. ges. Abschlussprüfungen
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
Teil 1: Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen 1. Die Rechtsstellung eines gesetzlichen Abschlussprüfers i. S. d. §§ 316 ff. HGB ist vom Abschluss und von der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Prüfungsvertrages zwischen dem Prüfer und der geprüften Gesellschaft unabhängig. Bei der sich aus der Rechtsstellung des gesetzlichen Abschlussprüfers ergebenden Schadensersatzpflicht gemäß § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB handelt es sich dementsprechend nicht um einen vertraglichen, sondern um einen ausschließlich-gesetzlichen Anspruch, der als bilanzrechtlicher Anspruch eigener Art zu qualifizieren ist. 2. Ansprüche aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB können lediglich auf eine Verletzung der in § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB ausdrücklich genannten Pflichten gestützt werden. Der zur Umschreibung der Pflichten aus § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB dienende „Prüfungs“-Begriff bezieht sich dabei allein auf die in § 317 HGB beschriebenen „eigentlichen Prüfungshandlungen“. Tätigkeiten i. S. d. § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB sind hingegen alle Handlungen, die das Gesetz in den §§ 316 ff. HGB für den gesetzlichen Abschlussprüfer vorsieht. 3. Aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB sind mit den in der Vorschrift genannten „verbundenen Unternehmen“ zwar auch prüfungsvertragsfremde Dritte zum Schadensersatz berechtigt, doch beschränken sich deren Rechte auf Fälle, in denen der Prüfer dem verbundenen Unternehmen gegenüber die Pflicht zur Verschwiegenheit gemäß § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB oder das Verbot der Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gemäß § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB verletzt. 4. In den typischen Fallkonstellationen, in denen prüfungsvertragsfremden Dritten – Kreditgebern, sonstigen Gläubigern, Anteilskäufern – im Zusammenhang mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen auf Grund Fahrlässigkeit des Prüfers Vermögensschäden entstehen, hat die Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB als Anspruchsgrundlage keine Bedeutung. 5. Entgegen in Rechtsprechung und Schrifttum teilweise vertretener Ansicht entfalten weder der Anspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB noch die Vorschrift des § 323 HGB im Ganzen eine Sperrwirkung in der Weise, dass Ansprüche Dritter nach anderen Anspruchsgrundlagen ausgeschlossen sind. Eine solche Wirkung lässt sich weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit systematischen, 239
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
gesetzeshistorischen oder teleologischen Argumenten überzeugend begründen. 6. Eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers nach den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen §§ 44 ff., 55 BörsG, 13 VerkProspG, 127 InvG kommt nach geltendem Recht nicht in Betracht. Dasselbe gilt für eine Haftung gemäß § 37 c Abs. 1 WpHG in Zusammenhang mit unwahren Adhoc-Mitteilungen i. S. d. § 15 WpHG. 7. Eine Haftung aus einem konkludent zwischen dem Prüfer und einem prüfungsvertragsfremden Dritten abgeschlossenen Auskunftsvertrag kommt nur in Betracht, wenn sich der Bindungs- und Haftungswille der Parteien in irgendeiner Weise bereits im äußeren Erklärungsakt zeigt. Auch in den Fällen, in denen dem Dritten die unzutreffenden prüfungsbezogenen Äußerungen des Prüfers individuell zugeleitet werden, wird dies nur selten der Fall sein. Für die vertragliche Übernahme einer Garantie i. S. einer verschuldensunabhängigen Haftung des Abschlussprüfers gilt dies gleichermaßen. 8. Die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte ist auch nach der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Entgegen im Schrifttum vielfach vertretener Ansicht lässt sie sich dogmatisch überzeugend allein mit den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien begründen. 9. Die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte wurde vom BGH seit Ende der 1960er Jahre zur zentralen Haftungsgrundlage im Bereich der Expertenhaftung entwickelt. In den letzten Jahren zeichnet sich eine Übertragung dieser Haftungsgrundsätze auch auf den Wirtschaftsprüfer und seine Haftung in Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen ab. 10. Überträgt man die von der Rechtsprechung für die Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte entwickelten Auslegungskriterien auf typische Fallkonstellationen bei der gesetzlichen Abschlussprüfung, so führt dies nicht nur in Ausnahmefällen zur Haftung des Prüfers. Eine Haftung kommt dann in Betracht, wenn dem Dritten unzutreffende prüfungsbezogene Äußerungen individuell seitens der geprüften Gesellschaft, des Prüfers oder anderer Dritter („Vierter“) zugeleitet werden und den Vertragsparteien bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Hintergrund und Zweck der individuellen Übermittlung der Prüfungsergebnisse bekannt oder erkennbar waren. 11. Der Kritik im Schrifttum mit Blick auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Haftung von „Experten“ aus Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte ist weitgehend zuzustimmen. Die von den Gerichten verwendeten Auslegungskriterien sind zur Ermittlung des tatsächlichen Parteiwillens ungeeignet. Für eine Heranziehung des hypothetischen Parteiwillens fehlt es in der Regel an einer planwidrigen Regelungslücke. 240
Teil 1: Dritthaftung i. Zusammenhang m. d. Durchf. ges. Abschlussprüfungen
12. Eine Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist gleichwohl nicht ausgeschlossen. Dritte sind in den vertraglichen Schutzbereich des Prüfungsvertrages jedoch nur dann einbezogen, wenn die Vertragsparteien dies entweder ausdrücklich vereinbaren oder sich bereits aus dem äußeren Verhalten der Vertragsparteien eindeutige Hinweise auf ihren diesbezüglichen Willen ergeben. Diese Voraussetzungen werden indes auch in den Fällen, in denen dem Dritten die prüfungsbezogenen Äußerungen individuell zugeleitet werden, nur selten vorliegen. 13. Eine Drittschadensliquidation zugunsten geschädigter Dritter kommt nicht in Betracht, da die den Dritten entstehenden Schäden nicht typischerweise bei der geprüften Gesellschaft entstehen; eine zufällige Schadensverlagerung findet nicht statt. 14. Die im Schrifttum entwickelte dogmatische Figur eines sog. Netzvertrages stellt für Fälle in Zusammenhang mit gesetzlichen Abschlussprüfungen keine Lösungsalternative dar, da es hier im Gegensatz zur Situation beim bargeldlosen Zahlungsverkehr und ähnlichen Sachverhalten im Regelfall bereits an einer Kette von Einzelverträgen zwischen dem Prüfer als Schädiger und dem prüfungsvertragsfremden Dritten als Geschädigtem fehlt. 15. Weder die drei deliktsrechtlichen Generalklauseln – §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 und 826 BGB – noch § 824 BGB bieten prüfungsvertragsfremden Dritten Schutz vor fahrlässig durch den Prüfer verursachten primären Vermögensschäden. Entgegen im Schrifttum vertretener Ansicht handelt es sich bei § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB zwar um Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB, jedoch reicht der sich aus diesen Vorschriften ergebende Individualschutz nicht weiter, als § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB einzelnen Personen – dem geprüften sowie den verbundenen Unternehmen – subjektive Rechte einräumt. Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 238 ff. HGB, § 18 KWG oder § 43 Abs. 1 WPO können geschädigte Dritte keine Rechte für sich ableiten. Die Berufssatzung der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) sowie die verschiedenen Verlautbarungen nationaler und internationaler Berufsorganisationen stellen trotz ihrer faktischen Bindungskraft keine Rechtsnormen i. S. d. Art. 2 EGBGB dar. 16. Entgegen im Schrifttum zum Teil vertretener Ansicht favorisierte der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 mit den in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügten Regelungen des § 311 Abs. 2, 3 BGB nicht eine Dritthaftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) gegenüber anderen Lösungsmodellen. 17. In der bisherigen Rechtsprechung zur Dritthaftung des gesetzlichen Abschlussprüfers hatte die richterrechtlich entwickelte Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu Recht keine Bedeutung. Eine Übertragung der Rechtsprechung zur Eigenhaftung von Vertretern und sog. Sachwaltern würde in vielen Fällen zu einer Haftung des Prüfers führen. Wichtige strukturelle Unterschiede der Fallgestaltungen sowie der aus § 311 BGB folgende, in Recht241
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
sprechung und Schrifttum anerkannte Vorrang privatautonomer Gestaltungsmöglichkeiten sprechen gegen eine Übertragung dieser Grundsätze. 18. Eine Haftung des Prüfers nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung kommt im Rahmen des höchstrichterlich gesicherten Anwendungsbereiches dieser Grundsätze nach Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) außer in Altfällen nicht (mehr) in Betracht. 19. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung auf prüfungsbezogene Äußerungen in Publikationen, für die eine spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung existiert, ist abzulehnen. Dasselbe gilt mit Blick auf prüfungsbezogene Äußerungen in anderen kapitalmarktund bilanzrechtlichen Pflichtpublikationen sowie freiwilligen Publikationen zur Förderung des Vertriebes von Wertpapieren und anderen Kapitalanlagen. 20. Die Vorschrift des § 254 BGB findet grundsätzlich auch im Rahmen der gesetzlichen Abschlussprüfung zugunsten des Prüfers Anwendung. Mit Blick auf die Bestätigungs- und Gewährleistungsfunktion der gesetzlichen Abschlussprüfung dürfen sich die prüfungsvertragsfremden Adressaten der Prüfung jedoch insoweit auf die Prüfungsergebnisse verlassen, als sie zur Wahrung ihrer Rechte nicht aktiv eigene Nachforschungen unternehmen oder jedem Zweifel erregenden Hinweis nachgehen müssen. 21. Im Rahmen von Ansprüchen prüfungsvertragsfremder Dritter aus einem unmittelbar mit dem Prüfer abgeschlossenen Auskunftsvertrag hat ein Mitverschulden der geprüften Gesellschaft auf Grund der originären Rechtsposition des Dritten keine Bedeutung. 22. Auf Prüfungsverträge mit Schutzwirkung für Dritte, bei denen die geprüfte Gesellschaft und der geschützte Dritte typischerweise gegenläufige Interessen haben, ist § 334 BGB nicht entsprechend anwendbar. Ein Mitverschulden der geprüften Gesellschaft ist daher im Rahmen von Ansprüchen Dritter aus Prüfungsverträgen mit Schutzwirkung für Dritte unbeachtlich. Entgegen der Ansicht der Rechtsprechung kommt es auf eine vertragliche Abbedingung des § 334 BGB nicht an. Teil 2: Dritthaftung in Zusammenh. mit der Durchf. freiw. Abschlussprüfungen
Teil 2: Dritthaftung in Zusammenhang mit der Durchführung freiwilliger Abschlussprüfungen
1. Für freiwillige Abschlussprüfungen lässt sich weder § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB noch einer aus dieser Vorschrift (vermeintlich) ableitbaren „Grundsatzentscheidung“ des Gesetzgebers eine Sperrwirkung der Art entnehmen, dass Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter gegen den Abschlussprüfer nach anderen Anspruchsgrundlagen ausgeschlossen sind. 2. Im Rahmen freiwilliger Abschlussprüfungen geschädigte prüfungsvertragsfremde Dritte sind daher grundsätzlich auf dieselben Anspruchsgrundlagen 242
Teil 3: Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
angewiesen, die auch im Zusammenhang mit Fehlern bei gesetzlichen Abschlussprüfungen in Betracht kommen. 3. Abweichungen gegenüber der Haftung bei gesetzlichen Abschlussprüfungen können sich bei den in Betracht kommenden vertraglichen Anspruchsgrundlagen aus den unterschiedlichen Prüfungsanlässen und -hintergründen ergeben. Freiwillige Abschlussprüfungen werden anders als gesetzliche Abschlussprüfungen in der Regel mit Blick auf einen konkreten, dem Prüfer erkennbaren Zweck durchgeführt. Vor diesem Hintergrund wird es in tatsächlicher Hinsicht häufiger zu einer Haftungsvereinbarung kommen als bei den in erster Linie mit Blick auf die bestehende gesetzliche Pflicht durchgeführten gesetzlichen Abschlussprüfungen. Teil 3: Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung
Teil 3: Haftungsbegrenzung und Haftungsfreizeichnung 1. Die gesetzlichen Haftungsobergrenzen des § 323 Abs. 2 HGB betreffen ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich nach allein den Anspruch aus § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB. 2. Auf Anspruchsgrundlagen prüfungsvertragsfremder Dritter ist § 323 Abs. 2 HGB weder im Rahmen gesetzlicher noch im Rahmen freiwilliger Abschlussprüfungen entsprechend übertragbar. 3. § 54 a Abs. 1 WPO findet auf Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung. 4. Die in Betracht kommenden Ansprüche prüfungsvertragsfremder Dritter können grundsätzlich sowohl mittels individualvertraglicher Haftungsvereinbarungen als auch mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen beschränkt werden. 5. Die Haftung des Prüfers aus einem Prüfungsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte kann durch Vereinbarung des Prüfers mit der geprüften Gesellschaft auch isoliert zum Nachteil des Dritten beschränkt werden. Erforderlich ist dazu eine Vereinbarung, die sich unmittelbar auf den geschützten Dritten bezieht. 6. Haftungsbeschränkende Vereinbarungen, die die geprüfte Gesellschaft betreffen, wirken mangels Übertragbarkeit des sich aus § 334 BGB ergebenden Rechtsgedankens nicht auch zu Lasten des Dritten. 7. Da die Vorschriften zur Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) nicht auch die Rechte und Interessen Dritter schützen, bestehen für (Dritt-)Haftungsbeschränkungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft keine Besonderheiten gegenüber Haftungsbeschränkungen im Wege individualvertraglicher Vereinbarungen.
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Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
8. Haftungsbeschränkungen aus dem Verhältnis des Prüfers zur geprüften Gesellschaft haben keine Wirkung für Ansprüche aus einem unmittelbar zwischen dem Prüfer und dem prüfungsvertragsfremden Dritten abgeschlossenen Auskunftsvertrag. 9. Kommen im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Anwendung, so sind die allgemeinen Vorschriften, insbesondere die §§ 307 ff. BGB, zu beachten. 10. Die von der IDW-Verlag GmbH herausgegebenen „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“1 sind im Verhältnis des Prüfers zum prüfungsvertragsfremden Dritten nicht zur wirksamen Haftungsbeschränkung geeignet. Die einschlägigen Klauseln halten einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB nicht stand.
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Gegenwärtig vom Stand 1. 1. 2002.
§ 262g HGB (1931)
Anhang: Vorgängernormen des § 323 HGB § 262g HGB (1931)
Anhang: Vorgängernormen des § 323 HGB § 262 g HGB in der Fassung der „Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie“ vom 19. September 1931, RGBl. I, S. 493: § 262 g
(1) Die Bilanzprüfer und, wenn sie sich bei der Prüfung anderer Personen bedienen, auch diese sind zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die sie bei der Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten erfahren haben, nicht unbefugt verwerten. Wer seine Obliegenheiten verletzt, haftet der Gesellschaft für den daraus entstehenden Schaden. Mehrere Personen haften als Gesamtschuldner. (2) Bei Fahrlässigkeit beschränkt sich die Haftpflicht für eine Prüfung auf hunderttausend Reichsmark, auch wenn an der Prüfung mehrere Personen beteiligt waren oder mehrere zum Ersatze verpflichtende Handlungen begangen worden sind; bei Vorsatz gilt dasselbe, wenn mehrere Personen haften, zugunsten der Personen, die selbst nicht vorsätzlich gehandelt haben. (3) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach Abs. 1 Satz 1 besteht, wenn eine Prüfungsgesellschaft Bilanzprüfer ist, auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft und sein Stellvertreter dürfen jedoch die von der Prüfungsgesellschaft erstatteten Berichte einsehen, die hierbei erlangten Kenntnisse aber nur verwerten, soweit es die Erfüllung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats erfordert. (4) Die Haftung nach diesen Vorschriften kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. (5) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
§ 141 AG (1937) § 141 des „Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz)“ vom 30. Januar 1937, RGBl. I, S. 107: § 141 Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers (1) Die Abschlussprüfer, ihre Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft sind zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen nicht unbefugt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verwerten, die sie bei der Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten erfahren haben. Wer seine Obliegenheiten verletzt, ist der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet; mehrere Personen haften als Gesamtschuldner. (2) Die Ersatzpflicht von Personen, die fahrlässig gehandelt haben, beschränkt sich auf hunderttausend Reichsmark für eine Prüfung; dies gilt auch dann, wenn an der Prüfung mehrere Personen
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Anhang: Vorgängernormen des § 323 HGB beteiligt gewesen oder mehrere zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen worden sind, und ohne Rücksicht darauf, ob andere Beteiligte vorsätzlich gehandelt haben. (3) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht, wenn eine Prüfungsgesellschaft Abschlussprüfer ist, auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft. Der Vorsitzer des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft und sein Stellvertreter dürfen jedoch die von der Prüfungsgesellschaft erstatteten Berichte einsehen, die dabei erlangten Kenntnisse aber nur verwerten, soweit es die Erfüllung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats fordert. (4) Die Haftung nach diesen Vorschriften kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. (5) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
§ 168 AG (1965) § 168 des „Aktiengesetzes“ vom 6. September 1965, BGBl. I, S. 1089: § 168 Verantwortlichkeit der Abschlussprüfer (1) Die Abschlussprüfer, ihre Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft sind zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen nicht unbefugt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verwerten, die sie bei ihrer Tätigkeit erfahren haben. Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt, ist der Gesellschaft und, wenn ein Konzernunternehmen oder ein herrschendes oder abhängiges Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Mehrere Personen haften als Gesamtschuldner. (2) Die Ersatzpflicht von Personen, die fahrlässig gehandelt haben, beschränkt sich auf fünfhunderttausend Deutsche Mark für eine Prüfung. Dies gilt auch, wenn an der Prüfung mehrere Personen beteiligt gewesen oder mehrere zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen worden sind, und ohne Rücksicht darauf, ob andere Beteiligte vorsätzlich gehandelt haben. (3) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht, wenn eine Prüfungsgesellschaft Abschlussprüfer ist, auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft. (4) Die Ersatzpflicht nach diesen Vorschriften kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. (5) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
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Literaturverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis Abschlussprüfer 2 f., 9 ff., 31 ff., 206 f. – Beauftragung 9, 11 f., 14 f., 116, 205 – Bestellung 9 ff., 33, 75, 204 ff. – Eigenverantwortlichkeit 135 ff., 191 – gerichtliche Bestellung 15, 32, 206 – Gewissenhaftigkeit 7, 30, 40, 43, 46, 51, 55, 76, 116, 135 ff., 191 – Pflichten 39 ff., 135 ff., 138 ff. – Prüfungsvertrag 10, 12 ff., 32 ff., 205 f. – Rechtsstellung 31 ff., 43, 206 – Unabhängigkeit 10, 135, 215 – Unbefangenheit 10, 135 – Unparteilichkeit 10, 29, 76, 116, 135, 215 – Verschwiegenheit 18, 29, 38 ff., 51, 55, 76, 133, 135, 139 – Wahl 9 ff., 15, 32, 36, 204 f. Abschlussprüfung 2 f., 5 ff., 203 ff. – freiwillige 203 ff. – Funktion 23 ff., 74, 136 f., 196 f., 209 – gesetzliche 5 ff. – Interessenten 23 ff., 76, 136 f., 209 Ad-hoc-Publizität 86 f., 178 f. – Ad-hoc-Mitteilung 86 f., 178 f. – Haftung bei unwahrer 86 f., 178 ff. allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung 169 ff., 186, 215 Analysten 25, 196 Anhang 6, 16, 207 Anlegerschutzverbesserungsgesetz 169 f., 171 ff. Auskunftspflicht 50 f., 67, 77 Auskunftsvertrag 88 ff., 107, 121, 186 f., 189, 191, 196, 198 f., 214, 228 ff., 236 f. – konkludenter Vertragsschluss 89 ff. – Vertrag mit dem, den es angeht 93 f. BaFin 18, 208 BAKred 18, 208 Berater 196, 221 Berufspflichten 40 ff., 76, 139, 175, 185 Bestätigungsvermerk 19 ff., 208 – Adressatenkreis 20, 163 – disclaimer 19 – Offenlegung 20, 208
– Tenorierung 19 – Unterzeichnung 20 – Versagungsvermerk 19 f., 35, 85, 127, 144, 206, 208 – Widerruf 21, 35 Betrug 131 Bilanz 6, 21, 27, 81, 112, 119, 177 Bilanzrechtsreformgesetz 10, 18 f. Bilanzrichtliniengesetz 10, 31, 50, 53, 68, 138 Bilanzsitzung des Aufsichtsrates 21 f., 207, 209 Börsenzulassungsprospekt 81 ff., 85, 118, 161, 173 ff. Buchprüfer 10, 14, 17 f., 163, 191 f., 212 Buchprüfungsgesellschaft 10, 14, 17, 192 f. bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 169 Bundesrat 70 ff., 180 Bundesregierung 71, 181 Bundestag 71 f., 148 Computerbetrug 131 culpa in contrahendo 97 ff., 145 ff., 181 f. culpa levissima 190 Deckungssumme 222, 229 Deliktsrecht 30, 38, 57, 122, 129 ff., 167, 184 ff., 215 disclaimer 19 Dokumentationsfunktion 24 due diligence 17, 148 Erfüllungsgehilfe 191, 199, 225, 232, 236 Europäische Initiativen 68 f. Expertenhaftung 24, 103 ff., 143, 146 f., 152, 162, 184, 199 externe Rechnungslegung 24, 188 – Dokumentationsfunktion 24 – Informationsfunktion 24, 74, 116 – Rechenschaftsfunktion 24, 116 – Sicherungsfunktion 24 – Steuerbemessungsfunktion 24 freiwillige Abschlussprüfung – Anlässe 204
2 f., 203 ff.
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Stichwortverzeichnis – – – – – –
Berichterstattung 206 ff. Bestätigungsvermerk 208 Bestellung des Prüfers 204 ff. Funktion 209 Interessenten 209 Prüfungsbericht 207 f.
Garantenstellung 169 f. Garantie 94, 214 Gehilfen 37, 42, 190 f. Gehilfenhaftung 190 f. Gemeinschaftsprüfung 11 Gesamtschuldner 193 f. gesetzliche Abschlussprüfung 2, 5 ff. – Berichterstattung 15 ff. – Bestätigungsvermerk 19 ff. – Bestellung des Prüfers 9 ff. – Funktion 23 ff. – Interessenten 23 ff. – Prüfungsbericht 16 ff. – Prüfungspflichten 6 ff. Gewinn- und Verlustrechnung 6, 81, 177 Haftungsbegrenzung 78 ff., 217 ff. – Allgemeine Geschäftsbedingungen 231 ff. – Drittwirkung 225 ff. – gesetzliche Regelungen 78 ff., 218 ff. – individualvertragliche Vereinbarungen 224 ff. Haftungsfreizeichnung 217 ff., 225 Haftungsgrundlagen 29 ff., 210 ff. – allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung 169 ff. – Auskunftsvertrag 88 ff. – Bilanzrecht 29 ff. – Deliktsrecht 129 ff. – Garantie 94 – Netzvertrag 127 ff. – Schadensliquidation im Drittinteresse 126 f. – spezialgesetzliche Prospekthaftung 80 ff. – unwahre Ad-hoc-Publizität 86 f., 178 ff. – Verschulden bei Vertragsverhandlungen 145 ff. – Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 95 ff. – weitere Haftungskonzepte 183 ff. IDW 138 ff., 190 – Allgemeine Auftragsbedingungen 231, 234 f., 237 – IDW Prüfungsstandards 139 f. – IDW Prüfungshinweise 139 f.
266
13, 206,
– IDW Rechnungslegungshinweise 140 – IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung 139 f. – IDW-Verlag 13, 206, 231, 234 f., 237 – Verlautbarungen 139 f., 190 IDW-Verlag 13, 206, 231, 234 f., 237 IFAC 138, 140 Informationsfunktion 24, 74, 116 Informationsrecht 35, 52, 55 ISA 140 Jahresabschlussprüfer (s. Abschlussprüfer) Jahresabschlussprüfung (s. Abschlussprüfung) Joint Audit 11 Kapitalanlagebetrug 131 KonTraG 23, 70 ff., 78 Konzernabschluss 8, 47 ff., Konzernabschlussprüfung 8 Kreditbetrug 131 Lagebericht
6 ff., 16 f., 24 f., 117, 159, 207 f.
Management-Letter 22 f., 207, 209 Maßgeblichkeitsprinzip 24 Mitverschulden 194 ff. Netzvertrag
127 ff.
Pflichtprüfung 2, 5 ff. Pflichtverletzung 39 ff., 45 ff., 63, 76, 78, 91, 136, 143, 162, 186 f., 188 ff., 198, 236 f. Privatplatzierung 182 Prospekt 28, 80 ff., 118, 149 ff., 159 ff., 169 ff., 208, 214, 235 Prospekthaftung 80 ff., 169 ff. – allgemeine zivilrechtliche 169 ff., 186, 215 – spezialgesetzliche 80 ff. Prospektpflicht 171 ff., 180, 182 Prospektrichtlinie 83 Prüfungsauftrag 11 f., 14 f., 17, 32 f., 36, 45, 64, 75, 116 f., 206 – Ablehnung 14 – Auftragsbestätigungsschreiben 14, 232 – Kündigung 14 f., 33, 206 – Widerruf 14 f., 206 Prüfungsbericht 16 ff., 207 f. – Adressaten 17, 207 – Einsichtsrecht 18 – Empfänger 17, 207 – Hauptteil 16 – Mindestinhalt 16, 207
Stichwortverzeichnis – Sonderbericht 22, 209 – Teilbericht 22, 209 – Unterzeichnung 16 f. – Vorwegexemplar 22 f., 209 – Zwischenbericht 22, 209 Prüfungspflicht 5 ff. – allgemeine 6 ff. – Einführung 5 f. – spezielle 8 f. Prüfungsvertrag 10, 12 ff., 32 ff., 47, 64, 76 f., 80, 87, 93, 95 ff., 165, 187 ff., 199, 205 ff., 222 ff., 227 ff., 232 ff. – Allgemeine Auftragsbedingungen 13, 206, 231, 234 f., 237 – Inhalt 12 f. – Prüfungsauftrag 11 f. – Rechtsnatur 12 f. – Vertragsschluss 13 f., 32 ff., 38, 65, 205 f. Publikumskommanditgesellschaft 105, 169, 181 Rating-Agenturen 25, 196 Rechenschaftsfunktion 24, 116 Rechtsanwalt 170, 205, 229 Sachwalter 146, 148, 153 ff., 169 Sachwalterhaftung 99, 147 f., 153 ff. Schaden 187 ff. Schadensliquidation im Drittinteresse 126 f. Schadenszurechnung 187 ff. Schuldrechtsmodernisierung 96 ff. Schuldrechtsreform 96 ff., 145, 147 f., 154 ff., 190 Schutzgesetz 130 ff., 185 Selbstbindung ohne Vertrag 185 Sicherungsfunktion 24 Sonderbericht 22, 208 Sperrwirkung des § 323 HGB 30, 55 ff., 88, 111, 132, 149, 186, 210 ff., 216 spezialgesetzliche Prospekthaftung 80 ff. Steuerbemessungsfunktion 24 Steuerberater 108, 110, 170, 205, 212, 229, 236 stichprobengestützte Prüfung 7, 187 Subventionsbetrug 131 summenmäßige Haftungsbeschränkung 221, 227, 237 Teilbericht 22, 208 Testat (s. Bestätigungsvermerk)
Unternehmensbericht 175 Unternehmer 232, 234 ff. Untreue 131 verbundene Unternehmen 30, 37 f., 47 ff., 60 f., 63, 65, 71, 74 ff., 77 ff., 124, 126, 133 f., 221 Verkaufsprospekt 85 f., 180 ff. Verkehrspflichten 184 f. Vermögensschaden 27, 58, 126, 135, 150, 198 Versagungsvermerk 19 f., 35, 85, 127, 144, 206, 208 Verschmelzungsprüfer 63 f. Verschulden 189 f. Verschulden bei Vertragsverhandlungen 97 ff., 145 ff., 181 f. Vertrag mit dem, den es angeht 93 f. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 95 ff. – „Erkennbarkeit“ 104, 107, 123 – Gegenläufigkeit der Interessen 106 f., 111 – gesetzliche Regelung 95 ff. – „Gläubigernähe“ 104 – „Leistungsnähe“ 103, 119 – objektive Abgrenzbarkeit 107 ff., 114 – personenrechtliches Fürsorgeverhältnis 104 ff., 123, 234 – Massengeschäfte 104 f. – Rechtsgrundlage 95 ff. – „Wohl und Wehe“-Formel 103 ff., 123 Vertrauenshaftung 148, 172, 184 Vertreter 153 ff., 193 – Eigenhaftung von 153 ff. – Haftung für gesetzliche 193 Vorlagepflicht 50 f., 77 Vorwegexemplar 22 f., 209 Werbeprospekt 149, 151 f., 170, 181, Wirtschaftsprüfer 1 ff. – Aufgaben 1 ff. – Eigenverantwortlichkeit 191 f. – Tätigkeitsbereiche 1 ff. – Unabhängigkeit 215 – Unparteilichkeit 215 Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 9, 13 f., 17, 191 ff., 205 f., 231 WPK 138 ff., 190 – Berufsrichtlinien 139 – Berufssatzung 138 f., 140 f., 190 Zwischenbericht
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Stichwortverzeichnis
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