Des Aristophanes Werke: Teil 2 Die Wespen. Die Acharner. Die Ritter [Reprint 2014 ed.] 9783111433660, 9783111068121


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German Pages 431 [436] Year 1837

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Des Aristophanes Werke: Teil 2 Die Wespen. Die Acharner. Die Ritter [Reprint 2014 ed.]
 9783111433660, 9783111068121

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Des

AriStoPhanes e r k e.

ttebersetzt »011

Johann Gustav Droysen.

Zweiter

The i l .

1. Die W espen. 2. Die Acharner. 3. Die R itter.

B er l in .

1837.

V e r l a g von V e i t und Comp.

"Schirm Freunde

Adolph

0 eh ö 11.

Die Wespen.

‘Jlnfiopli. II.

A

P e v f o n r n. K l e o b o l d , ein öfter Athener. H a ß k l t o n , sein S o h n .

Sofias

i

5an thiaS

)

zwei Sflat'fn.

Chor der Richter in WeSpengellölt Knaben,

ihre Söhne und Begleiter.

Brodbökerin. An tläger. Labes der Hund Kvdatbcner der Hund Flöten bläseri n Karkinos der Dichter Seine drei S ohne

fliim tn r

Person r«-

Einleitung. L ie b « die Aufführung der WeSpen ist eine alte DidaSkalie, aber leider in sehr verdorbener Gestalt, auf uns ge­ kommen. E s sind verschiedene Versuch« sie zu berichtigen gemacht, verschiedene Folgerungen und Muthmaßungen auf sie gegründet worden. Nach den wahrscheinlichsten Verbes­ serungen lautet sie: D a S S tü c k w u r d e a u f g e f ü h r t u n t e r dem A r c h o n t e n A m e i n i a S durch P h i l o n i deS, i n d e r 89s t en O l y m p i a d e , in de n L e n ä e n ; es e r h i e l t den z w e i t e n P r e i s ; d e n erst en P r e i s P h i l o n i d e s m i t de m „ P r o a g o n " , d e n d r i t t e n L e u k o n m i t den „ G e s a n d t e n . " Ich lasse die vielen Fragen, die sich an dies« wenigen W orte anknüpfen ließen, bei Seite, da sie ohne wesentliche Beziehung auf das Verständniß deS vorliegenden Stückes sind. Auch das E int, da« dem aufmerksamen Leser sogleich auffällt, die doppelte Preisbewerbung des PhilonideS, will ich nur in der Kürze berühren, da die Einleitung zu den Acharnern nähere Auskunft über die betreffenden Verhältnisse A 2

giebt. PhilenideS nehmlich ist zugleich Schauspieler und Dichter, und zwar von so begründetem Rufe, daß ihm AristophaneS sein erstes S tück aufzuführen übergab. ES widerstreitet der Wahrscheinlichkeit, daß der von PhilonideS aufgeführte Proagon von ihm selbst gedichtet sein sollte: man müßte ja annehmen, daß ein vorzüglicher Schauspieler seine M ü h e und Kunst einem fremden Gedicht widmete, wahrend er zugleich einem eigenen den P re is zu gewinnen sich bemühte. D a unter den von AristophaneS gedichteten Komödien ein Proagon genannt wird, so ist eS wahrschein­ lich, daß der in der obigen Didaekalie genannte der Aristopha­ nische ist. Welche G rün de Aristophancs gehabt haben mag, sein eineS Stück so gleichsam zu verschenken? denn es ist ge­ wiß, daß er die Wespen a u f seinen N am en aufführen ließ, während dem Stück unter Philonides N am en der P re is ge­ geben wurde. F ü r jene Seltsam keit lassen sich mancherlei G ründe erdenken: e6 konnte ja Philonides nur unter der Bedingung in den Wespen haben spielen wollen, daß ihm AristophaneS ein Stück schrieb, etwa wie man vor Gericht Reden, von Anderen verfaßt, vortrug, und m it ihnen gleich­ falls den S ie g gewann. Jedenfalls ist die Sache, so auf­ fallend sie auf den ersten Blick erscheint, nach Attischer Weise wohl begreiflich. D ie W espen sind an dem Feste der Lenäen des J a h ­ res ausgeführt. Durch eine berühmte Abhandlung Böckhs ist die schwierige Frage über die Lenäen so gründ­ lich und überzeugend entschieden worden, daß man die R e ­ sultate seiner Untersuchung und namentlich auch, daß die Feier der Lenäen in den Gamelion (im Ganzen dem J a -

nuar entsprechend) fällt, bereits unter die abgemachten Dinge zu rechnen seit zwei Decennien sich gewöhnt hat. Auch würde hier nicht weiter davon zu sprechen sein, wenn nicht in neuster Zeit die ganze Sache von Neuem in Frage ge­ stellt worden wäre. M an hat es undenkbar finden wollen, dass die Athener mitten im W inter Tage lang im kalten Theater gesessen haben sollten. M an würde gegen einen so populären Grund nicht viel einwenden dürfen, wenn nicht zugleich, fast eben so unbarmherzig gegen die armen Athener, die Lenäenfeier dem Poseideon, -er dem December entspricht, zugewiesen worden wäre, in welchem M onat in Athen der fast unaufhörliche Regen dem Publikum gewiß viel lästiger geworden sein würde, ofs im Jan u a r die voraussetzliche K alte; in der Regel ist der W inter, und na­ mentlich der Jan u ar, nicht so gar kalt in Athen, und selten sinkt, nach neueste« französischen Beobachtungen, dauernd die Temperatur bis zu dem Grade hinab, wo unsere Schau­ spielhäuser meistens erst geheizt zu werden beginnen. Frei­ lich könnte eine S telle der WeSpen für jene Meinung an­ geführt werden (V . 265), wo der Chor sägt, „eS scheine Re­ gen kommen zu wollen und die Feldfrucht, soviel davon nicht Frühsaat sei, brauche auch Regen und Nordwind"; denn nach HippokrateS Angabe kann man das erste D rittel des W inters, die Pflüge- und Saatzeit, vom 5. November bis zum 26. December rechnen, woraus denn wohl folgen mag, daß die junge S a a t vor Anfang des Gamelion (der in diesem Olympiadenjahre 42£ mit dem 1. Jan u ar beginnt) aus dem Boden ist. Aber der Chor sagt ja ausdrücklich „was nicht Frühsaat ist"; und meint damit gewiß nicht bloß

die W intersaat im Gegensatz gegen die Sommersaat. Ueberhaupt aber dürften Besiimmungen der A rt, die so sehr von momentanen Verhältnissen abhängen, lieber bei S e ite zu lassen sein. D a s weitere D etail jener Lenäenfrage würde, selbst wenn bedeutendere Einwürfe gegen die Böckhsche A n­ sicht vorgebracht waren, hier keine S telle finden dürfen. — D ie WeSpen gehören sowohl in ästhetischer wie in ge­ schichtlicher Hinsicht zu den interessantesten und schwierigsten Stücken des AristophaneS. D er Dichter gewährt uns in diesem ungemein kunstreich componirten Lustspiel einen Blick in daS In n e re des S ta a te s, und nur zu deutlich erkennt man, wie verw irrt und fieberhaft die Verhältnisse waren, deren Festigkeit und Gesundheit allein der von Außen gefährdeten M acht Athens Nachhaltigkeit und D auer hätten sichern können. ES ist die berüchtigte Richterwuth des Attischen V ol­ kes, die AristophaneS zum Gegenstände des Lustspiels ge­ nommen h a t; um dem Zusammenhang deS Ganzen zu erken­ nen, wenden wir einen Blick auf die Verfassung Athens. D ie gemäßigte Demokratie, wie sie S olon beabsichtigt hatte, wollte die Thätigkeit des souverainen Volkes auf die W ahl und Controlle ihrer Beam teten beschränkt sehen; den Beam teten, die auS den reicheren Klassen gewählt w ur­ den, ihrer Einsicht und Loyalität sollte die V erw altung der laufenden Geschäfte, ihnen auch die Jurisdiction blei­ ben, so daß sich die Gerichtsbarkeit der Volksgerichte u r­ sprünglich auf Appellationen und Beschwerden einschränkte. I n der schnellen Entwickelung der Attischen Demokratie wurden alle diese Verhältnisse gar bald umgestaltet und kurze

Zeit nach dem Ende der Perser-kriege war die reine Demo­ kratie Athens wenigstens theoretisch vollendet; die Bürger, ohne Unterschied deS Vermögens und Standes, wurden zur Theilnahme an den Ehren und Pflichten des Staates beru­ fen, ihre Gesammtheit war nicht mehr bloß die oberste, son­ dern die alleinige Instanz für alle staatlichen Verhältnisse, und die zweideutige Abstraktion, daß bei der Majorität die Vernunft und das Recht sei, begann sich in ihren trauri­ gen Konsequenzen zu entwickeln. Zn feinem Staate der Welt hat die öffentliche Mei­ nung unmittelbarer und ausgesprochener eine gesetzmäßige Herrschaft geübt als in Athen; ein großer Theil der staatli­ chen Institute Athens ist ihrem Wesen nach nichts als die Befragung der öffentlichen Meinung; es geht dieß so weit, daß jährlich einmal darüber verhandelt wird, ob nicht irgend eine bedeutende Persönlichkeit im Staate vorhanden sei, de­ ren man loS zu sein wünschte; wie in constitutionellen M o­ narchie« der König seine Minister, wenn sich die Majorität der öffentlichen Stimme gegen sie wendet, entläßt, so stimmt in Athen das Volk jährlich über den OstraciSmuS. I n demselben Sinne sind die BolkSgerichte constituirt; sie sind ihrer organischen Natur nach von den Geschwornen­ gerichten unserer Zeit wesentlich verschieden.

I n diesen hat

man den Gedanken zu finden geglaubt, daß die Geschwore­ nen gleichsam das Gewissen deS Verklagten repräsentiren, daß sie, die dem Verklagten bürgerlich gleichstehenden, nach gründlicher Kenntnißnahme deS Thatbestandes nach ihrem Gewissen ihr schuldig oder nicht schuldig sprechen. Jene A t­ tischen Volksgerichte dagegen repräsentiren daS souvergine

Bolk selbst, sie geben das Urtheil der öffentlichen Meinung über die vorliegende gerichtliche Frage,

sowohl über die

Schuld wie über die entsprechende Strafe; gegen sie giebt eS keine weiteren Instanzen und Appellationen, über sie kei­ nen Cassationshof, kein Gnadengesuch, ihr Urtheil ist ein souveraineS. Und hier ist der Punkt, von dem aus die ganze ge­ fährliche Entartung dieser Gerichtshöfe begreiflich wird. DaS wesentliche Erforderniß für die Rechtspflege, die Unpartei­ lichkeit, wird wesentlich durch die unabhängige Stellung der Richtenden erzielt; Richtercollegien flehen deshalb möglichst fern von dem Einfluß der Landessouverainetät, und den we­ sentlichen Vorzug der Geschwornengerichte findet man eben in ihrer vollkommenen Unabhängigkeit von der regierenden Macht.

Wenn sich aber, wie in Athen, der Souverain

selbst, da- souveraine Bolk als Gericht constituirt, so ist ja gerade das etwas durchaus Despotisches.

I n allen Proces­

sen, in denen der Staat, seine Ruhe und seine Gesetze ge­ fährdet sind, in denen er selbst als der Verletzte, als Klä­ ger, als Parthei erscheint, in allen Criminalprocessen also sind ja jene Dolksgerichte zugleich Parthei und Richter. Die Verfassung dieser Gerichte im Einzelnen war dem angeführten Princip entsprechend.

Jährlich wurden 6000

Bürger, also'ohngefähr ein Drittel der gesammten Bürger­ schaft zu Richtern oder Heliasten gewählt;

bedenkt man

aber, daß nur Männer über 30 Jahre alt geloost wurden, und daß gerade während der KriegSzeit ein bedeutender Theil der waffenfähigen Bürger außer der Stadt war, so ergiebt sich, daß eS besonders ältere Leute waren, aus denen sich

jene Gerichte zusammensetzte». Diese 6000, in Schaarcn zu 500 vertheilt, wurden nur für die anberaumten Ge­ richtstage durch neue Loosung, bald einzelne, bald vereinte Schaaren, in die verschiedenen Gerichtshöfe geschickt, um dort zu richten. D ie verschiedenen Magistraturen der Stadt hatten die Verpflichtung, die Klagen bestimmter Rubriken entgegen zu nehmen, die Sachen zu untersuchen, die Par­ theien, die Zeugen zu vernehmen, Alles zum Spruch vorzu­ bereiten. D ie so instruirten Sachen wurden dann dem Ge­ richt vorgelegt; Kläger und Verklagter, beide von ihren Freunden und Angehörigen unterstützt, erschienen auf der Tribüne, und versuchten durch alle M ittel der Beredsam­ keit, der Rührung, der Schmeichelei und Bethörung die Stimmung der Richter für sich zu gewinnen; wie reich oder wie vornehm auch jemand war, er mußte persönlich erscheinen, er mußte sich demüthigen vor der Macht der Rich­ tenden; war seine Sache noch so gerecht, er mußte fürch­ ten, durch eine ungeschickte Wendung die gute Stimmung der Heliasten zu verderben, war sie noch so schlecht, er konnte hoffen durch einen günstigen Eindruck auf sie, durch einen wohlangebrachten Witz oder eine glückliche Aufregung ihrer demokratischen Leidenschaften den S ieg davon zu tragen. M an muß den Charakter der Menge kennen, um zu begreifen, wie der gute Athenische Bürger in diesem Ver­ hältniß einer Superiorität, die chm für seine Person sonst durchaus nicht zukam, sich fühlen mochte; es war der größte Kitzel für sein Selbstgefühl, hier im Gerichte reiche und hochadlige Leute zu seinen Füßen zittern oder um seine Gunst buhlen zu sehen; mehr wie in irgend einem staat-

lichen V erhältniß, die Ekklesie nicht ausgenom m en, schwelgte der Athener hier in dem vollen G enuß seiner S ouverainetät. H ierzu kam ein Z w e ite s: seit Perikles Zeit erhielt j t der H eliast für jede gerichtliche S itzun g einen S o ld , der endlich bis auf drei O bolen erhöht w urde; während es sonst den ärmeren B urgern nicht möglich gewesen w äre, ihr täglich Geschäft zu verlassen, drängten gerade sie sich jetzt besonders zu den Gerichten, die ihnen eine angenehme schäftigung zugleich zu dem bequemsten Erwerb ihres U n ­ terhaltes machten. M a n darf annehmen, daß sich W ohlha­ bende gerade in demselben M aaß e von der Theilnahm e an den Loosungen und Sitzungen ausschlossen, und eS gab keine Z w angsm ittel gegen die Geschwornen, die ausblieben, als die Entziehung des S o ld es, der W ohlhabenden entbehrlich w a r; und m it der M enge gemeiner Leute, die sich zu den G erichten drängten, wuchs in denselben die M ajorität der Beschränktheit, der niedrigen G esinnung, der M iSgnnst ge­ gen die Reichen und Vornehm en. Aber nicht bloß galt es, diese zu drücken und zu dem üthigen; m it den meisten peinlichen S tr a fen war C onfiscation des V erm ögens ver­ bunden; diese bereicherten die Staatskassen, ans denen das G ew onnene wenigstens mittelbar den B ürgern wieder zu G u te kam, und die beliebte Phrase, „w enn die Richter nicht condemnirten, so würde kein G eld vorhanden sein, sie ferner zu besolden," mochte selten ihre W irkung verfehlen. S o bildete sich ein CvcluS von Bedingungen und Fol gen, in dem sich die Lust des Richtens in demselben M aaß e steigerte, a ls daS G efühl für Recht und Gerechtigkeit sank. W er sich dem V olke beliebt machen wollte, mußte vor A l­ lem den Gerichten jeden möglichen Vorschub leisten, ihnen

zu thun gebe», sie mit einträgliche» Processe» ködern, ih­ nen Gelegenheit bieten, an hochgestellten Personen ihren demokratischen Neid zu üben. Selbst die Häupter des D e­ mos dünkten sich nicht zu gut, sich mit dem schmachvollen Gewerbe der Sykophantie zu befassen, in dem der muthwillige Ankläger bald durch vermehrte Gelegenheit zu rich­ ten den Dank des Volkes verdiente, bald die Furcht der Reichen benutzte, um Geld zu erpressen; Chicanen, vor de­ nen die Zurückgezogenheit eben so wenig als Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten sicher stellte. S o waren allerdings die Bolksgerichte der rechte Heerd der demokratischen Energie; von hier aus besonder- arbei­ tete die Masse gegen Reiche, Adlige, Gebildete in immer neuem Druck, auf dessen Mehrung oder Abwehr alle inne­ ren Bewegungen Athen- von den Perserkriegen an bis zum Sturz der Demokratie hinauslaufen. D ie Elemente deKampfes sind in den früheren Verhältnissen Athen- und in der Natur geschichtlicher Entwickelungen überhaupt gegeben. D ie Masse de- Volke- hatte nach und nach Rechte gewon­ nen, die Vorrechte de« Adels oder de- Reichthum- gewesen waren; eS waren den sonst Bevorrechteten Pflichten ge­ gen den S taat geblieben, die, früher die Folge und B e­ dingung höherer Rechte, jetzt in keinem Verhältniß mehr mit dem dafür Gewährten standen. Man muß sagen, daß unter Perikles ein gewisse« Gleichgewicht durch die stet­ umsichtige und großartige Weise diese- Staatsmanne- erhal­ ten wurde; unter seiner Verwaltung wurden die oligarchischen Bestrebungen gebrochen, ohne daß die ethischen und materiellen Kräfte, durch welche sie getragen wurden, dem Staate verloren gingen; er löste der Demokratie jede Fes-

sei und Schranke, nur um sie desto freier und entschiedener zu beherrschen. I n dieser steten und energischen Balancirung aber hat­ ten sich die entgegenstehenden Elemente immer schroffer ent­ wickelt; Perikles selbst w ar gegen Ende seines Lebens nicht mehr im S tan d e , beide in ihren Schranken zu halten; er hoffte durch einen Krieg gegen S p a rta , gegen das antide­ mokratische Princip, den erwachenden W iderstreit abzuleiten, und machte durch das M ittel, das er wählte, den Schaden nur gefährlicher. D ie Pest raffte ihn selbst im Ansang des Krieges hin, und dem Kampf der Partheien w ar nun freies Feld gegeben. D er Einleitung zu den R ittern mag eS vorbehalten bleiben, die Grundzüge dieser Kampfe der Partheien wäh­ rend der ersten Kriegsjahre darzustellen. M an darf im Ganzen behaupten, daß, wie heftig sie sich auch im In n e rn anfeindeten, sie doch der Kampf gegen die äußern Feinde vereinigte, und nicht leicht möchten sich schon für jene Zeit sichere Beweise für verräterische auswärtige Verbindungen der Oligarchen, wie sie später so häufig und so solgereich wurden, nachweisen lassen. D er wesentliche In h a lt der Factionen bis zum Ja h re 3 2 2 w ar einer SeitS, die Lei­ tung der Geschäfte und die G eltung der eigenen Partheiansicht zu gewinnen, anderer S e its , sich gegen die Ränke und Anfeindungen der Gegner zu sichern. Natürlich batte die Masse die entschiedenste M ajorität, ihre Führer waren im V ortheil; gegen sie aufzukommen, bedurfte es anderer M it­ tel, als jenen unmittelbar zu Gebote standen. S o bildeten sich die Hetärien, die KlubbS zur gegenseitigen Unterstü-

tzung bei Wahle» und Processen, deren politische Wichtigkeit man erst in neuester Zeit zu erkennen begonnen hat. Kann man auch schon in viel früheren Perioden der Attischen Geschichte ähnliche Erscheinungen nadtweiscn, so erhielten sie doch seit dem Beginn de« Peloponnesischen Krie­ ge« erst ihre festere Ausbildung. I h r gemeinsamer Charak­ ter war die Heimlichkeit; die Theilnehmer waren Verschwo­ rene, sie verpflichteten sich eidlich zur gegenseitigen Hülfe­ leistung mit Rath und That, mit Leib und Leben. Und Gelegenheit zu solcher Hülfeleistung gab e« oft genug. Durch Wahl besetzt wurden mehrere Aemter, deren Wichtigkeit ge­ rade in Kriegszeiten überwiegend war. Die Befehlshaber der Heere und Flotten so wie die Gesandten hatten vor Allen Gelegenheit sich zu bereichern und durch ihre Amts­ führung Ehre und Einfluß zu gewinnen; die öffentlichen Anwälte, die Schatzbeamten konnten ihre Stellung auf hundertfache Weise gewinnbringend und einflußreich machen. Diese Stellen den Mitverschworenen zuzuwenden, waren die Hetärien auf jede Weise thätig; durch Schmeicheleien und Drohungen, durch Versprechungen und Bestechungen Stimmen zu gewinnen, gelang den Bemühungen der He­ tärien, die sich nicht selten durch gegenseitige Zugeständnisse abfinden mochten; daher denn die so auffallende Erschei­ nung, daß Männer von durchaus verschiedener Farbe zu gleicher Zeit als Schatzbeamten, Gesandten, Anwälte und Feldherren thätig waren. Hatten diese nun möglichst viel erpreßt, sich bestechen lassen oder welche Ungerechtigkeit sonst immer begangen, so mussten sie die Rechenschaft fürchten, zu der sie nach Beendigung ihres Amte« verpflichtet waren; die Gegner verfolgten sie mit Processen, oder sie wurden

von denen, welchen sie sonst irgendwie im Wege waren, sykophantischcr Weise beschuldigt: und es war leicht, den D e ­ mos in Angst zu setzen, indem man von Komplott und V e r­ schwörung sprach und unzweiselkaste Absichten auf den Um­ sturz der Demokratie, auf oligarchische Neuerungen, auf E r­ richtung siner Tyranni« dcnuncirte. D a w ar es nun die Thätigkeit der H etärim , die gefährdeten Genossen zu unter­ stützen, in Processen vertheidigend für sie aufzutreten, Zeu­ ge» zu beschaffen, die Ankläger durch Geld abzufinden, die Richter durch gute W orte oder reichliches Geld zu beruhi­ gen; denn wir glauben behaupten zu dürfen, daß nicht erst Anytos im J a h r 4 0 9 Bestechungen der Richter versucht hat. Und wieder in ähnlicher Weise traten die Verschwo­ renen auf, um M änner des Volkes oder einer feindlichen H etärie zu verklagen, und durch gemeinsame Bem ühung, durch falsche Anklage, unwahres Zeugniß, Denunciation ei­ ner organisirtcn Verschwörung und tyrannischer oder oligarchischcr Tendenzen die Gerichte zum Verdammungsurtheil zu treiben, zu dem diese schon aus eigenem Antriebe nur zu geneigt waren. Eine M enge von Verhältnissen trat hinzu, die bezeich­ nete Scheidung zwischen der Masse deS Volkes und, wenn man so sagen darf, den Parlhcic» noch deutlicher hervortre­ te» zu lassen. D ie Masse, wie erregbar und zu jeder Lei­ denschaftlichkeit ausgelegt sie auch w ar, hatte doch jene P as­ sivität, die sie sieter Leitung bedürftig machte; sie war ge­ rade beschränkt genug, um sich durch momentane Eindrücke bestimmen zu lassen, und der Redner, der in gehörigem Wechsel dem Selbstgefühl des Volkes schmeicheln, seine Furcht aufreizen, seine R ührung hervorrufen, ein Lachen

erregen konnte, war deS Erfolg- ziemlich gewiß. S o mußte e- einem, der da- Wort zu fuhren wünschte, vor Allem daran liegen, diese Kunstgriffe der Beredsamkeit zu erler­ nen, die sicheren S ieg versprachen; e- begann die rhetori­ sche Schule, im Gegensatz gegen die praktische Erfahrung früherer Zeit, für eine wesentliche Vorbereitung zum S taat-leben zu gelten. Und gerade da- steigende Bedürfniß schulmäßiger Bildung gab der eigenthümlichen Erscheinung der Sophistik so große Wichtigkeit. D ie Sophistik lehrte, sich der Sprache mit Bewußtsein zu bedienen, sie übte da- seine Gefühl für Wohlklang und Genauigkeit der Rede, sie be­ stimmte die zweckgemäße Reihenfolge der Gedanken, fie be­ obachtete die Eindrücke und berechnete mit psychologischer Kunst, wie sie hervorgerufen, benutzt und auf einen bestimm­ ten Zweck concentrirt werden müßten. M it dieser restectirende» Thätigkeit und der ganzen Reihe von Bedingungen und Wirkungen, die mit ihr zugleich gegeben waren, entwickelte sich ein Verhältniß, wie eS bis dahin wohl noch kaum, we­ nigsten- in unverhältnißmäßig geringerer Ausbreitung be­ standen; e- begann sich der Unterschied von Gebildeten und Ungebildeten geltend zu machen, und mit demselben auf der einen S eite da- Gefühl de- Vorzug-, de- aufgeklärten und in jeder Weise berechtigten Befferwiffen-, der geistigen Überlegenheit einer geistig beschränkten Mehrzahl gegen­ über, auf der andern S eite eine seltsame Mischung von unfreiwilliger Bewunderung und unverhohlenem Aerger, von Mistrauen und Hingebung, von erbitterter Schadenfreude und innerem Kitzel der Eitelkeit, wenn sich jene herabließen. E - lag in der Natur der Sache, daß besonder- die jün­ geren und reichen Leute der neuen Weise angehörten; «-

wurde Jugend und Alter, Reichthum und Armuth zu nem Partheiunterschiede.

ei­

Die Alten, die die schrittweeise

Steigerung der Demokratie mit durchgelebt hatten, bewabhrten au- der Zeit der Perferkriege her noch die alt-Attifische Einfachheit in Tracht und S itte und Lebensart; mit tder Cicadr im Schopf und im selbstgefertigten abgetragennen Kleide saßen sie zu Gericht und Ekklesie, wie sie Perikkles gewöhnt hatte. Die Jungen waren in Allem ihr Widderspiel; sie liebten eS, sich als gebildete Leut« zu zeigen; 'sie trugen feinere Kleider, die sie gern fernher kauften; eS gqalt für vornehm, nicht demokratisch zu scheinen; man stutzerrte in spartanischer Haartracht und spartanischen Schuhen, tdie S itte und Kleidung derer, die man so eifrig bekämpfte, wvar Mode; man dünkte sich etwas mit junkerhaften Gesprächhen über Jagd und Wettrennen, und gewisse unnatürliche Aousfchweifungen, die ursprünglich der Attische» Sitte fremd »wä­ re», begannen zum feinen Ton zu gehören. — Dieß etwa sind die Elemente, die den Aristophanischen WeSpen zum Grunde liegen; vor Allem tritt hier deutlich dder Zwiespalt der alt-Attischen Weise und der Jugend, die Pas­ sivität deS Demos, dessen ewige Angst vor Verschwörungen usnd oligarchischen Umtrieben und das buntverwirrte, ränkesüchtiäge, liederliche Treiben der modischen, gebildete», vornchmthueenden Jugend, die sykophantische Dielgeschästigkeit Einzeln»er und die arge Gewissenlosigkeit der Menge in den Gerichtten deutlichst hervor. Man kann das Stück durchlesen, ohne daran erinneert zu werden, daß eS in die Zeit des Krieges gehört; nickht, daß bloß die öffentliche Stimmung wenig Antheil an beern Kriexge

Kriiege genommen hätte, obgleich auch das schon seit einigen Jathren der Fall gewesen zu sein scheint; e« war wirklich einiige Ruhe eingetreten. S eit dem Vorfall von Pylountd der Gefangmnehmung der Spartanischen Besatzung »om Sphakteria im Sommer 425 dachten die Spartaner ernsstlich an bet»' Abschluß de- Frieden-. Die Vortheile, die ihr ttefflicher Feldherr Brafida- bi-, zum Frühjahr 423 in Thracien im Bereich Athenäischer Besitzungen errungen hattte, gaben ihnen Hoffnung, die Athener Nachgiebiger zu fin­ den.. Zn Athen wär Kleön- Popularität, die im Anfang de- Jahre- 425 bedeutend zu wanken begonnen hatte, durch sein« glücklichen Erfolge bei Pylo- verdoppelt worden; mehr als je beherrschte er den Demo-, auf dessen Hingebung fu­ ßen» er energisch gegen die bedeutendsten Namen der Gegenparthei auftrat. Desto eifriger scheinen die Hetärien ge­ gen ihn gearbeitet zu haben, und man darf vermuthen, daß sie (sich zu gemeinsämer Thätigkeit wider ihn vereinigten; .die Verluste, die man in Thrakien und Makedonien erlitt, mochten auch den Demos, zu «neM Frieden geneigt machen, der .allein weiterer Gefahr^ vorbeugen zu können schien. S o kam im Frühjahr 423 ein Waffenstillstand auf ein Ja h r zu S tande, der Athenäischer S eit- von Nikias, Rikostratv»rid Autokle- beschworen wurde; «S sollten einstweilen die kriegfführenden Staaten behalten, was sie beim Abschluß des Wasffenstillstande- besetzt hatten, in » während desselben über einem definitiven Frieden verhandelt werden. Gerade um diese Zeit fiel die S tad t Skione auf der Challkidike von den Athenern ab und trat mit BrasidaS in Verbindung; al- nun die Botschaft von dem abgeschlosArisfleph. II.

B

fciicu Waffenstillstand kam, weigerte B rastdas die Rückgabe der S ta d t, die doch erst zwei Tage nach dem D atum des Vergleichs übergetreten w ar. Aus den Bericht hiervon w a­ ren die Athener sogleich bereit, gegen Skione zu ziehen ; die S p a rta n e r erklärten, sie würden das für einen Bruch des Waffenstillstandes ansehen, wollten jedoch, obschon sie den, Ausspruche ihres Feldherrn glaubten, die Sache auf dem Wege Rechtens entscheiden lassen. D ie Athener aber mein­ ten, es bedürfe bei so entschiedenem Fall keines weiteren Rechtsspruches; sie waren entschlossen, die Sache sobald als möglich m it den Waffen abzumachen. S ie faßten auf Kleons A ntrag den Beschluß, Skione zu zerstören und die Einwohner zu tödten; sie ließen alles andere ruhen und rü ­ steten sich, dieß sofort zu vollziehen. D er gleich darnach bewerkstelligte Abfall der S ta d t M ende bestärkte sie nur noch in ihrem Zorn und Eifer. Unter N ikias und NikostratoS gingen 50 Schiffe nach der Chalkidike; in kurzer Zeit wurde M ende erobert und geplündert; Skione w ar eng eingeschlossen und die Belagerung der S ta d t währte noch um die Zeit, da die Wespen aufgeführt wurden. Ziem­ lich gleichzeitig m it der Aufführung des vorliegenden S t ü ­ ckes, wenigstens noch vor dem M ärz 422, scheint die V er­ treibung der D elier, angeblich wegen einer religiösen V e r­ unreinigung, bewerkstelligt worden zu sein; Kleon veranlaßte sie, weil man Einverständnisse der D elier m it S p a rta arg­ wöhnte. Kurze Zeit darauf ging Kleon m it neuen T rup ­ pen gen Thracien, dort den Krieg selbst zu führen. W as man auch über Kleons Charakter sagen mag, jedenfalls w ar er in dieser Zeit die Seele des demo­ kratischen Wesens in Atben; man mochte argwöhnen, daß

Niklas den ihm anvertrauten Krieg in Thrakien mit Fleiß nicht schnell und entschieden beendigte, da eS bekannt war, wie sehr er den Frieden wünschte; daß Kleon an seiner Stelle den Befehl erhielt, ist ein Beweis, wie viel man ihm vertraute. Gerade die mit S parta angeknüpften Ver­ handlungen mußten den Hetärie» vollauf zu thun geben, und daß schon jetzt von dieser Seite her ernstlich an B e­ schränkung der Demokratie gedacht wurde, lehrt eine An­ deutung in den Wespen, aus der man ersieht, daß Ver­ ringerung des Richtersoldes vorgeschlagen worden; ja das Hauptmotiv der Wespen ist das Ableiten des gemeinen Mannes von den Gerichten. Gelang e« dergleichen durchzu­ setzen, so war die nächste Folge, daß sich die Aermeren, um ihren Unterhalt zu erwerben, von den Gerichten zurückzo­ gen; die weiteren Wirkungen ließen sich leicht berechnen. Gegen alle solche Umtriebe galt Kleon für den rechten Schützer, und der Chor in den Wespen, sobald er etwas von Verschwörung zu wittern glaubt, läßt sofort Kleon zum Schutz aufruft». S o bestimmt man die Thätigkeit der Hetärien um diese Zeit erkennen kann, so wenig lassen sich deren selbst nachweisen; gerade die Heimlichkeit war ja ihr Charakter und erst spätere Ereignisse, namentlich der Hermokopidenproceß, die Oligarchie der Vierhundert, der Proceß über die Arginusenschlacht und die Constitution der Dreißig, ge­ ben Gelegenheit bestimmte KlubbS deutsicher zu erkennen. Eine Hetärie des NikiaS darf man schon für' diese Zeit mit Bestimmtheit annehmen; und wenn Phaiax, der. tteffliche Schwätzer, mit dem Frühling 422 an der Spitze einer S icMischen Expedition aussegelte, so wird man nicht zweifeln B 2

keimen, daß er durch dieselbe bedeutende Verbindung, die sich später mit der des Mibiades zum Sturz des HyperbolcS vereinigte, getragen wurde.

Schon sonst habe ich die V e r­

muthung geäußert, daß die in dein vorliegenden Stück be­ schriebene vornehme Trinkgesellschaft bei Philoktemon, in die Hafikleon seinen bekehrten Vater führt, gleichfalls eine Hetärie war; dafür spricht nicht bloß der Verlauf des S tr i­

ckes, sondern noch mehr der Charakter der versammelten Per­ sonen; eS sind vornehme aber heruntergekommene Leute, zwei von ihnen finden wir wieder in der Oligarchie der V ie r­ hundert; es wäre auffallend, daß sich unter sechs genannten vier bekannte Leute und zum Theil Parteiführer fanden, und diese doch nur zu einem bloßen Gelag zusammen ge­ kommen sein sollten;

Aristephanes hätte, wenn er bloß

Namen vornehmer und gebildeter Männer gesucht,

den

.M uts, den Alkibiades viel eher nennen müssen. — Eine andere Gesellschaft beschreibt Haßt'leon, um den Vater zu probiren, wie er sich in guter Gesellschaft benehmen w ill; er nennt Klecn, Phanos, Theoros, Aischines, AkestoroS. Man könnte versucht sein, auch hier an eine Hetärie zu den­ ken, und allerdings wissen wir von Phanos, daß er KleonS Helfershelfer war, und von Theeres, dass er ihm auf jede Weise schmeichelte; indessen scheint gerade daß Wesen der Hetärien mit dem Charakter und der Stellung KleonS im Widerspruch. Wohl mögen „hundert bellende Köpfe leckzün­ gelnder Schmeichler sein Haupt umbellen", aber daß er mit diesen sich zur Gegenseitigkeit verschworen,

in heimlichen

Umtrieben agirt haben sollte, scheint mir ganz undenkbar; seine Stellung zum Volk machte alle dergleichen Sachen unnütz; Aristophanes selbst schildert anderweitig daS Volk

als eilten alten schwachen M ann, der sich von seinem LieblingSsklaven Kleon ganz und gar beherrschen läßt. — Bewundernswürdig ist eS. wie diese verschiedenartigen Punkte, die wir nach einander besprochen haben, in den WeSpen zu einem höchst lebensvollen und künstlerisch geschlos­ senen Ganzen vereinigt sind. D er Alte, Kleobold, schon durch feinen Namen charakterisier, wird von feinem Sohne Haßkleon, einem der Zugend Athen«, eingesperrt gehalten; er soll nicht mehr richten. D a kommen die Richter im Chor, al« WeSpen gestaltet, ihren trefflichen alten Eollegen zur S i ­ tzung abzuholen; aber jeden Versuch ihn zu befreien, «ehrt Haßkleon ab. M an vereinigt sich zu einem Wettreden für und wider die Vorzüglichkeit und Würdigkeit deS HeliastenthumS; der Alte spricht in wenig geordneter Weise nur von den äußerlichen und zum Theil ungesetzlichen Annehmlichkeiten seines A m tes; der Sohn weiß in höchst rhetorischer G e­ wandtheit gerade in diesen die Mangelhastigkeit deS ganzen Instituts und die Armseligkeit dessen, was die Richter wirk­ lich erhalten im Verhältniß zu dem, was sie zu erhalten verdienten, herauszustellen. D er Alte wird bekehrt, zur Entschädigung soll er daheim zu Gericht sitzen; ein Hunde­ proceß wird instruirt und höchst lustig abgemacht, ein P ro ­ ceß, dessen wesentlicher In h a lt gegen Kleon gerichtet ist. Nun beginnt die weitere Umwandlung des Alten; er be­ ginnt modische Kleider zu tragen, er wird in die Künste der vornehmen Jugend eingeweiht, er lernt das Benehmen beim Trinkgelag und die Kniffe, mit denen man sich diejenigen, welche man beleidigt und geschädigt hat, vom Leibe hält. Endlich geht er mit seinem Sohne wirklich zu einer vornehmen Gesellschaft, aber trotz seiner angelernten Junker-

Hastigkeit laßt er hier den alten Attischen B auer zum Vorschein kommen; mit grobem aber richtigem Witz höhnt er die vor, nehmen nichtsnutzigen Trinkgesellen. WaS er in Folge des angelernten JunkerthumS Arges und Beleidigendes gethan, fertigt er m it Witzen ab, und der S o h n übernimmt den Schadenersatz für die Fehler, die der Alte durch ihn gelernt hat. Nachdem er die Nacht durch bei seinem Mädchen ver­ jubelt, kommt er endlich, ganz rückgewandelt in die a lt­ fränkische lustige Weise wieder zum Vorschein; er will tan ­ zen in der Weise deS TheSpiS und PhrynichoS, er fordert die Tänzer der Zeit heraus zum W etttanz, und die Karkiner, eine traurige Repräsentation der heruntergekommenen Kunst, sind zur S telle, von dem Tänzer der guten alten Zeit besiegt zu werden. Ich habe die einzelnen M omente so hervorgehoben, wie ich glaube, daß sie in ihrer Folge den allgemeinen S in n des Stückes bezeichnen. Allerdings wendet Aristophanes seinen Witz zunächst gegen den verdorbenen S in n des D e ­ mos, der sich wohl nirgends arger als in der berufenen Richterwuth desselben zeigt; das neue Wesen scheint er ernstlich zu begünstigen, aber nur insofern es im S tan d e ist, jenem Verderben entgegen zu treten und dasselbe von G rund aus zu verwandeln. I s t das erreicht, so giebt er es nicht minder P re is; es soll zu G runde gehen, nachdem es die Rückkehr zu der alten guten Weise vermittelt hat. Wennschon diese letzte Tendenz weniger deutlich herausge­ arbeitet ist, so tritt sie doch hier wie immer als die G rund­ ansicht des Dichters hervor, und bildet den ethischen M ittel­ punkt seiner poetischen Thätigkeit. D a s ist schon von V ie­ len anerkannt werden, nur sollte man nicht darin eine be-

sonders tiefe Weisheit finden wollen; die Attische Geschichte selbst hat sich zu dieser, von AristophaneS gewünschten E nt­ wickelung hingedrängt; aber in der Verwirklichung jener restaurativen Tendenzen hat es sich erwiesen, daß die versuchte Rückkehr zu früheren Zuständen nie mehr als ein Beweis ihrer Unmöglichkeit ist. — Die WeSpen, in dem angeführten Zusammenhange von Ansichten und Tendenzen gedichtet, zeichnen sich wie wenige andere Komödien des Dichter- durch die ungemeine Keckheit und Schalkhaftigkeit persönlicher Beziehungen aus, mit denen er die Anhänger der entgegengesetzten Richtungen, zwischen denen er einen Mittelweg versucht, angreift. DaS Köstlichste der Art ist der schon oben erwähnte Hundeproceß; schon da- ist von unvergleichlicher Wirkung, daß der alte Heliast, sobald er die Thorheit seines bisherigen Treibens hat eingestehen müssen, selbst die Parodie desselben macht; dass aber dieser Proceß selbst nun wieder die Parodie eines wirklich vor­ liegenden, politisch sehr bedeutenden-ist, daß der große Kleon und der tapfere LacheS 4ls Hunde in demselben agiren, daß. eine Haupt- und S taatsaction hier mit dem possirlichsten Ernste durchgenommen und durch einen groben Betrug zu Ende geführt, dem lieben Publikum in einem deutlichen Exem­ pel die wahre N atur Attischer Processe zeigt, — das ist in Wahrheit der Triumph der komischen Kunst. Denn daß mit dem Hunde Labes der berühmte Feld­ herr LacheS, des Melanopos S ohn, gemeint sei, beweiset nicht bloß der anklingende Name und die sonstige Charak­ teristik, sondern auch die Bezeichnung „Labes der Aixon.eer"; aus diesem Demos, der in dem Rufe spitziger und spötti­ scher Reden stände war der Feldherr, wie er denn in dem

nach ihm genannten Platonischen Gespräche dem stichelnden NikiaS etwas piquirt entgegnet: er wolle nicht dar­ aus antworten, damit e6 nicht heiße, er sei ein Aixoneer. Er war ein tapferer Soldat, ein tüchtiger Feldherr, bei gu­ ten Jahren, nicht eben gebildet nach der Weise der Zeit; er galt für sehr reich.

Im Ende dcS JahreS 427 war er

mit CharoiadeS an der Spitze eines Geschwaders gen S icilien gesandt, unter dem Borwande, den Leontinern und ihren Verbündeten Hülfe gegen SyrakuS zu leisten; mit dem Tode des CharoiadeS erhielt er den alleinigen Ober­ befehl.

Der Geschichtschreiber jener Zeit bezeichnet einige

glückliche Unternehmungen, die Laches ausführte, und be­ merkt dann: er sei während deS Winters 42^ nach den An­ griffen auf Himera und die Aeolischen Inseln gen Rhegion zurückgekehrt, dort habe er den Feldherrn Pythodor getrof­ fen, der ihn abzulösen gesendet worden sei; denn die Sicilischen Bundesgenossen hätten in Athen um eine größere Flotte gebeten, da sie mit ihren wenigen Schiffen nicht ge­ gen die Syrakuser ankommen könnten, und diese sich be­ reits ihres Gebiets bemächtigt hatten; so sei Pythodor mit 40 Schiffen gekommen, indem versprochen worden, Sopho­ kles mit noch größerer Macht nachzusenden.

So ist im

ThukydideS keine Spur von ungesetzlichen Erpressungen des Laches, die Anlaß zu dem in Frage stehenden Proceß gewor­ den sind, und von denen selbst AristophaneS Einiges zugiebt. Daß bereits um die Zeit, da Laches zurückberufen wurde/ seine Erpressungen in Athen bekannt waren,

scheint aus

einer Stelle der Acharner, die ja um den Anfang des Jah­ res 425 aufgeführt wurden, hervorzugehen.

Im folgenden

Jahre 424, wissen wir, war Laches indem Attischen Landheere,

mit dem HippokrateS gegen Biotie» zog; er kämpfte dort neben Sokrates, wie Plato an mehreren Stellen bezengt. Auffallend ist, daß ein so namhafter Feldherr unter den Hopliten kämpfte; denn daß er nicht Commandirender war, wie Cicero meint, ist ausgemacht. E s mag dieser Umstand allenfalls die Vermuthung bestätigen, daß der von AristophaneS parodirte Proceß gleich nach LacheS Rückkehr begonnen, ja daß er selbst gerade darum zurückgerufen wurde, eine Meinung, die bereits der Scholiast zu den Wespen B . 240 ausspricht. Der Proceß mag sich immerhin in die Länge gezogen "haben; wenn er zur Zeit der Wespen und vielleicht kurz vor denselben entschieden war, so erhält da­ durch die bezügliche Parodie noch «ine Pointe mehr. Daß der Kläger in diesem Processe Kleon gewesen, geben die Scholiasten an, und AristophaneS selbst läßt eS deutlich genug merken; er nennt den Hund Kydathener und daß Kleon Kydathener war, bezeugt unter andern eine alte Inschrift; er schildert ihn ganz so, wie er auch sonst pflegt, läßt ihn bellend sich anmelden, läßt ihn darüber klagen, daß ihm der andere Hund nichts von seinem Raube abge­ geben, läßt den Gegner ihm vorwerfen, daß er zu Hause sitzend von jedem; waS gebracht wird, seinen Theil fordere oder den Bringenden hinausbeiße u. f. w. Daß LacheS wegen seiner Erpressungen in Steiften verklagt worden, ist schon oben bemerkt; in der Parodie tritt Haßkleon seinem Charakter gemäß zu feiner Vertheidigung auf: jener sei zur Zeit der beste unter den Hunden und befähigt, vielen Schaaftn vorzustehen; er kämpfe für alle und bewahre daHauS, man Müsse es ihm zu Gute haften, wenn er eine Kleinigkeit über Seite gebracht. Dann wird die Käsereibe

aufgerufen, Zeugniß abzulegen, die Käsereibe, die gerade dam als V erw alterin gewesen; sie bezeugt, daß sie kleingerie­ ben habe, waS sie für die S o ld a te n erhalten. Diese A n­ spielung zu deuten, ist in jeder Hinsicht schwierig; unmöglich kann der „ V erw alter der öffentlichen Einkünfte" gemeint sein, da die KriegSkaffe um diese Z eit noch unter den zehn Hellenotamien stand; und doch scheint wieder AristophaneS ei­ nen Einzelnen zu bezeichnen, der das dem LacheS und seinem Heere auszuzählende G eld über S e ite geschafft habe. Ic h behalte m ir vor, anderweitig über diese schwierige F rage zu untersuchen. — W enn nun endlich der Hundeproceß durch jenes seltsame M anöver des Haßkleon zu Gunsten des LacheS beendet w ird, so d arf m an wohl verm uthen, daß bei den» wirklichen Proceß eine analoge Irre fü h ru n g der Richterstatt gefunden h a t; denn es erscheint m ir durchaus w ah r­ scheinlich, daß LacheS freigesprochen worden, mindestens ist er ein J a h r nach den W eSpcn unter denen, die den Frieden m it S p a r ta abschließen, lauter M ä n n ern einer erkennbaren R ichtung; eS wird wohl LacheS bei jenem Proceß Freunde dieser antidemokratischen Richtung gefunden haben, die ihm durchhalfen. — S o viel m ag zur allgemeinen E inführung in diese Ko­ mödie hinreichen; manches Andere findet besser in den ein­ zelnen Anmerkungen einen Platz. Ueber das scenische A r­ rangement, namentlich während des ersten Aktes, zu spre­ chen, wage ich nicht, da ich, um meine Ansicht auszuführen, mich auf gewisse M aschinen einlassen m üßte, die gerade jetzt Gegenstand vielfältigen S tr e ite s sind; ich habe es vorgezo­ gen, allgemeine Andeutung der D ekoration zu geben, um einst gelegener« O rteS das W eitere zu besprechen.

Die Wespen.

E r d e r Se l . Erste Scene. (M itternacht. Zwei Sklaven, S o f i a s und L a n t h t a s , sitzen halb eingeschlafen vor der T h ü r eine- H auses; d a - Gehöft ist wunderlich mit Netzen überspannt, ave Luken und Löcher m it Lumpen verstopft. I m Erkerzimmer de- Hause- sieht man einen schlafenden M a n n .)

S o f ia s . (den 3Eantbia< rü tteln d .)

He du! wie wird dir, armer Junge! Tanthias! X a n th ia S . Der nächtlichen Wacht Ablösung üb' ich mir etwas ein. S o fia s . Und der arme Puckel bezahlt den AblöSzinS am End! Du weißt doch, was für ein Ungethüm wir bewachen, Freund! L a n th ia S . Ich weiß, doch ein Bischen mich ab noch sorgen möcht ich gern. S o fia s . Mcinthalben wag' es; denn eS rinnt mir selber schon Ein süßes Schläfchen über die Wimpern niederwärts. (schläft ein, wankt hin und h#r.)

Fanthias. (nad) einer 'paust, i

D u ! rasest tu wirtlich oder kerybantest du? Sof i as. Ach nein — mich schüttelt ein Weinschlaf vom Sabazios. Tant hi as. lO Ei treibst du wie ich de-WeinsabazioS Kälber aus! Auch gegen mich zog eben über das Augenlied Der Meder ins Feld, der Morgenschlummer Nickekops; Und einen wundersamen Traum hatt' ich dabei. So f i a s . Ich eben so, wahrhaftig, wie noch feinen sonst. 15 Du sage zuerst nur deinen.

v. 8.

„Unter den ausländischen Gottbeilen, die Athen aufnahm, war die Pbrvgiscbe Kvbele und in ihrem Gefolge Sabazios, den Strabo „gewissermaßen das Kind der großen M u tte r" nennt, und die Korybanten, Söhne des Kronos, nach An dem des Helios oder des Zeus. Kvbele mit Rhea vermengt, empfing in dem neugebauten Metroon heilige Verehrung, die Geleiter dagegen wurden auf der Schaubühne verspottet, indem ihren M vfterien bloß Niedrige des Volkes, besonders W eiber (Lvsist. B . 589.) zuschwärmten; weshalb Demosthenes mit Bitterkeit rügt, daß den Aischines seine abergläubige M u tte r geweiht habe. Sabazios

gebort

ein

Zum Dienst der Korvbanten und des begeisterter Tan;

mit

wunderlichen

Kopfdrehungen, wobei man, unter dem Lärm von Hörnern und geschlagenen Schilden und Becken sich mit wüstem Geschrei auf die Brust schlug und den Leib zerstach und wund geißelte. D er Hin und Her nickende S ofias vergleicht Fanthias mit einem kopfnickenden Korybantentanze." Boß. v. 12. D ie Erinnerung an die großen Perserkriege des D arius und Ferres ist den Athenern stets sehr lebendig;

unwiderstehlich

wie die Medisch - Perfische Heeresmacht bewältigt den Guten der Schlaf.

LanthiaS.

(Sin Adler, schien mir’*, schoß Auf den Markt herab, ein gewaltiger, packte mit seinen Klaun Als ob's 'ne Schildkröt' wäre, einen ehernen Schild, Und trug ihn empor bis hoch in des Himmels blaue Höhn, Und warf ihn wieder zur Erde trotz dem KleonymoS. S o f ia s . Da fehlt ja dem guten Kleonymos, Freund, zum Räthsel nichts. 20 Was ist es, wird man künftig fragen beim Trinkgelag, Was ist es für ein Geschöpf, daS wohl zu Wasser und Land, Zu Fuss und Roß hinweg die halbe Schildkröt' wirst? XanthiaS. O weh mir, welch ein Unglück wird mir befchieden fein, Daß ich solchen Traum geträumet? Sofias. Mach' dir keinen Gram, Nichts Hängenswerthes wird e- sein, bei den Göttern nein! XanthiaS. Nichts hängen-wertheS, wenn einer hinweg die Waffen wirst? Doch laß du nun auch deinen hören.

v. 19. Das Griechische nennt eine Schlange, AsptS, was zugleich den Schild bedeutet; um das Wortspiel zu bewahren, er­ laubt sich die Ueberfetzung eine kleine Ungenauigkeit — K l e o n y mo s ist der von AristophaneS so oft verhöhnte, ein großer breitschultriger Mensch, der mit seinem KriegSmuth prahlt, unter den Schreiern für dm Krieg einer der. laute­ sten ist, mit Helwbufch und Wehre umher stolztrt, und »mit eS zur Schlacht kommt, der Erste ist, der seinen Schild wegwirft und davon läuft, (f. Böget B . 1470 ) v. 21. Zu den beliebtesten Amüsements beim Trinken gehörten die Räthsel, die einer dem andern ausgab; fand der gefragte die Losung nicht, so mußte er zur Strafe trinken.

25

S osiaS .

D er ist groß! D enn, Freund, mit des StaatSschiffS gänzlichem B a u hat der zu thun. lanthias. .10 S o erzähl' mir von deS gemeinen Wesens Bauch herauf! Sofias. I m ersten Schlafe schien es mir, als wenn in der Pnyx Ekkleste wäre, Schaafvieh faß dort Schöps bei Schöps, M it seinem S tab e jeder, jeder im schäbigen Flaus. Sodann zu diesen selbigen Schaafen redete, 35 S o schien's, ein Hay, ein AllerweltSschlundsungeheur, Deß' Stim m e der 'nes Schweines glich, das geschnitten wird. TanthiaS. O pfui! Sofias.

W as ist denn! Tanthias. Schweig, o schweig, ich bitte dich! Unerträglich stinkt nach der Gerberkute dieser Traum ! v. 32. E k k le s ie ist Volksversammlung; die Uebersetzung versucht eS, den griechischen Ausdruck zu germanisiren, damit der tri­ viale K lang eines dem Attischen O hr alltäglichen W ortes nicht verloren gehe, v. 33. D er s c h ä b i g e F l a u S ist nicht genaue Uebersetzung für das Griechische Tribonion; statt des HimationS, eines weiten viereckten Tuches, das faltenreich um den Oberkörper gelegt wird, tragen die ärmeren Athener das rauhe und kurze Tribonion, das somit die charakteristische Tracht der Aermern ist, die in Masse die Etkleste und die Gerichte füllen, v. 35. Dieser giergefräßige H av, dieses Ungeheuer, das Alles ver­ schlingt, dessen S tim m e sonst der Dichter m it dem Getös des zerschmetternden Wildbachs vergleicht, ist der Gerber Kleon.

Die W espen.

31

0 c f i a e. Die Bestie nun steht da mit einer Wage, packt S ie voll Keulenhraten, wiegt —

40

Tanthias. Der W aghals! statt das Volk Der Eulenstädter wohl zu berathen, wiegelt er'S auf! S o fia s . Denn schien es mir, als säße Theoros neben ihm W ie ein Vogel Speicherheckling der Kopf, doch Gei'r von Schw anz; Und Alkibiades spräche zu mir mit lallendem R : S ieh , Fleund, den Theolos Speichelleckling, geil von Schwanz. 4f> Xanthias. Gar richtig ist, was Alkibiades lispelte. Sofias. Jst'6 nicht entsetzlich, daß Theoros dergestalt Zum Geier geworden? v. 40. D as unübertreffliche Wortspiel deS Griechischen geht in der Uebersetzung bis auf ein NeineS S p iel der Laute verloren; indem Kldou dem Volk alles Mögliche zu Gute zu thun scheint, verwirtt und verwildert er es nur noch mehr. — Eu­ lenstadter mag als Bezeichnung für die Achener gelten, bei denen die Eulen eine wichtige Rolle spielen, v. 41. T h e o r o S , der in den Acharuern als der betrügllche Ge­ sandte gen Thrakien vorkommt (Achar. B . 134.) wird als Schmarotzer und Schmeichler durchgehechelt, war ahn sicht­ lich eine nicht unbedeutende Person im S taate; er wird von dem Chor der Wespen (418) namentlich zum Schutz gegen die oligarchischeu Umtriebe aufgerufen, er wartet an dm Eingängen zum Gericht, um sich dm Geschwornen dienstbar zu zeigen (599), er ist in der Trinkgesellschast (1236), er fuchsschwänzelt dort um den Kleon, er hält eS mit beiden Partheien, v. 45. Alkibiades machte in seiner wunderlichen Aussprache auS dem TheoroS einen TheoloS, einen Gottgestraften; diesen Scherz mußte die Uebersetzung P reis geben.

32

Di« Wespen

3: dn tbioe.

Nein zum Entzücken. Sofias.

Wie so? L a n t h ia s . W ie so? .IO Daß er, ein Mensch sonst, plötzlich so zum Geier ward. I s t das dir nicht ein deutlich Zeichen, daß dereinst Denselben Theoro« noch der Geier holen wird? Sofias.

Und gab' ich zwei Obolen, ich könnte keinen mir Bedingen, der also deutlich die Träume deutete! Tanthias. (vertretend.)

Wohlan, dem Publikum sag' ich die Fabel des Stückes jetzt; 55 Doch kund und zu wissen thu' ich demselben zuvor noch was. Nichts allzu Wichtiges wolle von uns man sich versehn, Doch wieder auch gestohlene Megarerspäße nicht. Denn in unserem Stück nicht kommen so ein Paar Knechte vor, D ie aus ihrer Kiepe Nüsse werfen au fs Publikum, _________ Auch v. 57. „D ie M egarer standen in dem R uf, nicht die verständigsten zu sein; sich selbst aber hielten sie für die ersten unter den Griechen, worauf ihnen die Pvthjsche Priesterin den Bescheid gab: sie wären nicht die Dritten, titelst die Vierten, nicht die Zwölften, sie wären ganz und gar — nichts. V on die­ sen schlaudummen M egarern gingen lächerliche Schwänke herum, wie in den Acharnern v. 738, besonders waren die Athener, ihre Feinde, in solchen Erfindungen unerschöpflich." Boß. Der alte Komiker EkphantideS sagte: .......................... Megarischer Komödie Lieder laß ich bei S e it; ich schämte mich Ein Megarisch D ram a hier zu spielen, v. 59. Wie e6 in dem Frieden V . 945 mit Gerstensaamen geschieht.

Auch nicht ein Herakles, der da geprellt um's Essen wird, 60 Auch nicht ein Euripides, der da von Neuem geprangert wird; Noch auch, wenn dem Kleon lächelt die Sonne seines Glücks, W ird eben derselbe wieder geduckt und gemuckt von uns. Doch haben wir hier ein Stückchen, das was sagen will, Zwar keinesweges feiner, als ihr selber seid, 65 Doch wahrlich klüger, wie jene platten Komödien. W ir haben nämlich einen Herrn — ihr seht ihn doch, D a oben schläft er, der preisliche H err im Erker dort — D er gab uns aus, zu bewachen seinen B ater, den E r da eingesperrt hat, daß er nicht vor die Thüre geh'. 70 Denn ihm krankt der V ater an einem Uebel sondrer A rt, W ie es keiner leicht erkennen oder errathen wird, D er's nicht von uns hört. Oder rathet einmal umher! AmyniaS da, der S ohn des PronapoS, meint und sagt: „Gewiß ein Spielbold wird es sein." Ist nichts gesagt. 75 S o fia s . J a wohl, er macht von seiner Spielomanie den Schluß. Xanthias. Nein, aber es steckt ein halber Kobold freilich drin. N un sagt da drüben Sofias zum DerkyloS: „Ein Trunkenbold ist'S also." r. 60. Eine sehr beliebte komische Exhibition, da Herakles unzäh­ lige Male in Satyrspielen und Komödien, ja selbst in Tra­ gödie» als tüchtiger Fresser vorkommt, (f. Bögel B. 1581.) v. 61. Wie von Arlstophanes sonst oft, wenige Jahre vor dm Wes­ pen in den Schammi, ja zugleich mit den Wespen im Proag«». v. 62. Wie es in den Rittern geschehen war. v. 74. Die Biographie dieses AmyniaS swobl zn unterscheiden von Ameinias, dem Archon diese« Jahres) giebt der Dichter selbst in gedrängter Uebersicht unten B. 1268. v. 78. Der Name Sofia« ist nicht bloß für Sklaven üblich; wir Aristoph. II.

C

80

S o fia s . Keineswegs; denn das Grad ist das Uebel bei so manchem Ehrenmann.

San thias. Der Skambonide NikostratoS wieder sagt: „so ist's Ein Buß- und Detbold oder ein Tisch- und Gästebold." S of i a s . Beim Cerberus, nichts von Tisch und Bett, Nikostratos; Der da sich die Gäste fäßt und büßt, ist Philoxenos.

Tanthias. 85 Ih r schwatzt da eitel nichtig Zeug; ihr errathet's nicht! Wenn ihr's denn endlich wissen wollt, so schweigt einmal: Denn jetzt erklär' ich euch das Uebel meines Herrn. Er ist ein Richtbold nämlich, wie kein andrer Mensch; Darnach verlangt's ihm, nach dem Richten, und er seufzt, 90 Wenn er nicht mit auf den Geschwornen-Bankcn vorne sitzr. DeS Schlafes sieht er Nächtens drum kein Tütelchen mehr; Und wenn er denn doch ein Weilchen nickt, nachtwandelt ihm Der Geist sofort von hinnen nach der Klepsydra.

kennen mehrere Attische Bürger dieses Namens; der hier ge­ nannte so wie Dertvlos werden wohl stadtbekannte Trinker und wahrscheinlich von guter Familie gewesen sein. v. 81. Nikostratos aus dem Gau der Skamboniden ist aller W ahr fcheinlichkeit nach identisch mit jenem Nikostratos, der von Thukvdides häufig als Strateg genannt wird; für seine po­ litische Stellung ist es charakteristisch, daß er unter denen war, die den Frieden des Jahres 421 abschlössen. — Phi lorenes soll ein ausschweifender Nimm gewesen sein. v. 94. Klepsydra, die Wasseruhr in den Gerichtshöfen, nach der die den Reden zu gestattende Zeit bestimmt wird.

J a ob der Gewohnheit, so zu halten die Bohne des Spruchs, S teht morgens er auf, von den Fingern die drei schon spitz- 95 gefügt, Als sollten sie Räucherpulver ins Feuer zum Opfer streun. Und meiner Seel', wenn er wo für Pyrilampes Sohn An die Thür geschrieben findet: „Söhnchen, wie schön du bist," Gleich geht er und schreibt statt dessen: „Böhnchen, wie schön du bist." J a als der Hahn einst über Abend krähete, ioo D a sprach er: „zu spät erweck' ihn der, er sei beschwatzt, Bestochen von den zur Rechenschaft Geladenen!" Gleich nach der Nachtkost schreit er nach seinen Schuhen schon; Denn läuft er hin, kommt viel zu früh, schläft dort sich noch, An die S äu le fest wie ein Schnaken geschmiegt, ein W e -105 nig aus. Und weil er im Eifer Alle straft mit dem langen Strich, S o bringt er, einer Biene oder Drohne gleich, v. 96. Wörtlicher B oß: „als ob er Weihrauch streuen wollt' am neuen M ond." D er sogenannte Neumond, nach Griechi­ schem Gebrauch der MonatSanfang, der in der Regel mit dem ersten Wtedererschetnen der Mondsichel zusammenfällt, ist eine Art von Festtag, v. 97. P y r t l a m p e S S o h n war D e m o s , einer der schönsten Knaben der S ta d t, unter dessen Liebhabern aus dem P lato­ nischen GorgiaS KallikleS bekannt ist. Den Namen deS geliebten Knaben schrieb man an die Wände (Achar B . 144.). Der Alte wacht auS dem Ange­ schriebenen „Böhnchen", an die Bohnen denkend, mit dmen man eben so wie mit Muscheln, Steinchen, durchlöcherten Metallkügelchen im Gericht abstimmte, v. 100. „Erst gegen Tagesanbruch versammelten sich die Richter; aber dem Ungeduldigen scheint schon am Abend vorher der Habn zu spät zu krähen." Boß. v 106. Zn manchen Processen war außer dem Schuldig oder nicht

D e s WachseS unter den N ageln förmliche Frachten beim A u s Furcht, an Muscheln kennte je ihm M an gel sein, i w H ält er sich da drinnen förmlich eine Austerbank. S o treibt er W ahnsinn und, zur R uh gemahnet, drangt E r nur noch mehr zu richten. D eß ' nun hüten wir, Und halten ihn unter R iegel, dam it er nicht entschlüpft. D en n seinen S o h n bekümmert dieses Uebel sehr; ur> Et versuchte zu A nfang, oh er m it freundlichen W orten ihn Beredete, fürder nicht zu tragen den Richterflaus, Roch wieder dahin zu gehen; doch er w illfahrte nicht; D ra u f wusch er ihn rein und sühnt' ihn, — und d a s hals wieder n ich ts; D r a u f ließ er ihn mit korybanten, — doch mit der Pauk' in der Hand 1-20 Entrann er, stürzt in den N euenhof und richtete. D a er nun m it allen den W eihen nichts gebessert sah, S r fuhr er nach A egina, nahm ihn, legte dort I h n nächtens schlafen im H eiligthum des ASklepioS; Doch am M orgen erschien er bei der B a rre nach w ie vor

v. 1II. v. 118.

v. 122.

v. 1 2 1

noch über die B u ß e, die von dem K lager in der Klageschrift beantragt wurde, abzustim m en; über diese B u ß e w urde verhau dclt, bi- die A lternative zwischen einer härteren oder gelin deren feststand; dann erhielten die R ichter ein W ach-täsel chm , a u f dem sie einen längeren oder kürzeren S tric h m it dem N agel kratzten, je nachdem sie die eine oder am dcre B u ß e wollten. D er alte Kleebold in seiner S tr a f lu fl machte stets den S tric h der härteren S tr a f e , D e r V ers ist a u s der S th en cb o ia des E uripidcs. Orr sühnte ihn, weil er von dem W ahnsinn des R ichtenbehaftet w ar. Auch in den K orybantischen M ysterien glaubte m an H eilung der V errücktheit zn finden. D er N e u e n h o f ist einer der vielen Gerichtshöfe A thens, I n Aegina w ar ein berühm tes HeiligtHum des A sklepios; „K rank e, die im Tem pel des Asklepios schliefen, träu m ten dort ihren G enesungstraum ." B oß. ..W ie im R athhause (R itter B . (>10.) so umschloß in den

Seit jener Zeit nun lassen wir ihn nicht mehr hinaus; 12ö Er aber schlüpfet dennoch durch die Gosse bald, Bald durch den Rauchfang. W ir nun, wo es nur offen ist, Verstopften und verklopften mit altem Lumpenwerk; Der aber schlägt dann ungesehn die Wand hinauf Holzpflöcke sich ein und klettert Dohlengleich hinaus. 130 Nun haben wir aber den ganzen Hof mit Netzen ihm Von allen Seiten rings umspannt und bewachen ihn so. Der Name des Alten heißet übrigens Kleobold — Ja glaubt'« nur — und sein Sohn da oben Haßkleon M it so ’ner hochgenafte» Faltestirnmanier. 135

Zweite Scene. Ha ßk l e o n.

Sofias.

Lanlhlas.

Kleobold.

Haßkleon. (sich oben auf feinem Erker erhebend.)

H e! LanthiaS und Sofias! ihr schlafet wohl?

XanthiaS. O weh, 0 weh! Sofias. Was ist denn? Xanthias. Haßkleon steht auf! Haßkleon. Wird sich denn sogleich nicht einer von euch her scheren? Schnell! Gerichtshöfen den Raum, wo die Richter saßen, ein höl zerneS Gitter (oder Barre) mit einer Flügelthür (KmkliS). Außerhalb dieses BerschlageS war das Ungerveihte." Boß. v. 133. Ueber die Namen f. Einleitung.

140

I n die Feurung ist mir der Alte gekrochen; er mauseschleicht Da umder und schmiegt und durft sich. Du, gieb Acht, daß er Nicht aus der Badekammer entschlüpft durchs Wasserloch! Du aber stemme dich gegen die Thür! S o f ia s .

Wohl, gnäd'ger Herr! iSosiaS stellt sich vor das Wasierloch, Xanthias stemmt sich gegen die Shtir.)

Haßkleon. Was, alle Wetter, was nur der Rauchfang prasseln mag? Holla, wer bist du? Kleobold. laus dem Rauchfang herauskuckend.)



Ich, der Rauch, steig hier heraus! Haßkl eon. 145

150

Der Rauch? von welchem Holz denn? Kleobold. Grünem Feigenholz! H afikleo n. Beim ZeuS, von allem Rauch ist das der beißendste! Du wirst dich doch nicht durchbeißen wollen? wo ist das Brett? Hinunter mit dir! Da drüber deck' ich das Holz dir noch! Da suche dir, Alter, einen andern Weg hinaus! Fürwahr, zu bedauern bin ich, wenn je ein andrer Mann, Daß ich fernerhin soll Rauches Sohn geheißen fein! — Halt, Junge, die Thür zu, stemme tüchtig und beherzt M it dem Rücken dich dagegen. Gleich bin ich selber da. v. 145.

Eine Anspielung auf die Feigenkuker oder Svkopbanten würde hier ebne besonderen W itz sein; hinreichend erklärt

v. 152.

Dieser Bers scheint im Original bedeutend

Haßkleons Entgegnung den Scherz, sein.

corrumpirt zu

Die WeSpen.

39

Und achte wohl des Riegels; auch den Schlüssel drin Bewahre sorglichst, daß er den Bart nicht weg ihm nagt.

155

(er steigt hinunter)

Kleobold. (von Innen an der T h ü r)

Was wollt ihr! laßt ihr mich nicht hinaus, ihr Schlingel ihr, Da ich richten soll? So kommt DrakontideS heute durch! Haßkleon. (der auf die Bühne gekommen ist.)

Und wolltest du dich darüber ärgern? Kleobold. Za, der Gott Hat einst mir in Delphi, da ich zu fragen kam, prophezeit, Daß, ließ ich einen gehn, ich seihst verging' zur Stund'. 160 Haßkleon Bewahr' mich Gott Apollon, welch ein Prophezei'»! Kleobold. Schnell, laß mich hinaus, ich beschwöre dich, eh' ich platzen muß! Haßkleon. Nein, beim Poseidon, Alter, nun und nimmermehr! v. 157. Warum der Dichter gerade den DrakontideS hier nennt \ Die Scholiasten geben an, er sei in vielen Processen ver­ dammt worden; wahrscheinlicher ist cs, daß gerade damals ein wichtiger Proceß für DrakontideS schwebte. UebrigenS war derselbe schon in den letzten Jahren des PerikleS öf­ fentlich beschäftigt; er beantragte, kurz vor Ausbruch des Peloponnesischen Krieges, daß PerikleS den Nachweis über die verwandten Gelder im Prptaneion deponiern sollte; daß er von der oligarchischen Partbei war, beweiset der Umstand, daß er am Ende des Krieges das Gesetz zur Einsetzung der Dreißig in Vorschlag brachte, und wahr­ scheinlich ist der unter denselben genannte DrakontideS von diesem nicht verschieden.

Kl eobol f r . erscheint obenväris on einem der Netze.)

So nag' ich eben fräs frünnc Netz mit fren Zahnen durch! Ha ß k l eon. 165 D u hast ja keine Zäbne! Kl eobol fr. Ach ich armer Wicht! Wie kann ich dich nur hinmorden! Ja ! I h r reicht sogleich Ein scharfes Schwert mir oder — ein Richtertäfelchen. H a ß k l eo n. Auf ein großes Unglück scheint der Alte aus zu sein! Kl eobol fr. Nein, nein, so ZeuS mir helfe, zum Verkaufe nur 170

W ill ich fren Esel treiben mit samt dem Saumgeschirr; Es ist ja Markttag eben. .Haßkleon. Kennt' ich aber nicht Ih n auch zu Markte bringen? Kl eobol fr. Nicht so gut, wie ich! Haßkl eon. Bei Gott noch besser; bring mir fren Esel nur heraus! (Kleobold steigt hinab.)

Xant hi aS. Wie allerliebst scheinheilig sich der Ausflüchte fand, 175 Damit du heraus ihn ließest!

v. 167.

Richtertäfelchcn, von der zu B . 106. beschriebenen Art.

v. 172.

S ta tt des Markttages sagt das Griechische Neumond, denn an Neumondstagen trurdc großer M arkt gehalten.

Haßkleon. Glaub, er angelt sich Doch nichts damit; ich merke seine Kniffe wohl! Zch selber will hineinund den Esel holen gehn, Damit er mir keinen Fuß vor die Thür zu sehen braucht. (Er gebt in den Hof und kommt mit dem aufgefdumtcn Esel zurück.)

Grauthierchen, was weinst du? weil du verkauft mir heute wirst? Geh schneller zu! was stöhnst du, wenn du am Ende nicht 180 Gar einen Odysseus schleppest! XanthiaS. Ja weiß Gott, er trägt Hier unten einen, der sich ihm unter dm Bauch gehängt! Haßkleon. Laß sehn, wer ist'S? XanthiaS. Da dieser! sieh! Haßkleon. Was ist denn das? Wer bist du, Mensch, in der That da? Kleobold. (unter de- Esels Bauch mit verstellter Stimme.)

Niemand, so mir Gott! v. 180.

Der unerschöpfliche Alte kommt hier mit der lustigsten Erfindung von der W e lt; er versucht, stch nach der Ana­ logie des erfindungsreichen Odysseus zu retten; wie der stch unter dem Bauch des zottigen Widders aus der Höhle des geblendeten Kytlopen zu retten suchte, so versucht sich Kleobold hier unter einem armen Esel durchzuschleichen.

v. 184.

N i e m a n d (UtiS) nannte stch Odysseus dem Kyklopen. Der weitere Scherz des Griechischen, das mit demselben W ort etwa unser Langohr bezeichnet, ging in der Uebersetzung verloren.

42

Die Wespen. H 0

1S5

Niemand?

H c C II.

von wo her?

Kl eob el d . Don Ithaka, FortlaufrossenS Sohn! H aß kleon.

Niemand? bei Zeus niemals erfreun sollst du dich deß! Geschwind zieh ihn hervor da! U i wird vergebens gezogen.*

Ei Abscheulicher du! Wie er unter dem Thier sich angehängt hat; ähnlich scheint Er sehr mir dem Füllen dieses AuSträgalgeschöpfS! Kl eobol d. 190 Wenn ihr mich sogleich nicht ruhig laßt, so giebt es Zank ! H a ß t l e o ii.

Warum denn Zant? Kl eobold.

Um des EselS Schatten. H a ßt l eo n. Ja, du bist Ein Taugenichts ohn' Pfiffigkeit, ganz abgeschmackt! K leobold. Ich ein Taugenichts? ich abgeschmackt? D u weißt noch nicht, v. 19*2.

A ls wenn

w ir ^einsehe

sagten, „um

D ie Geschichte dazu ist folgende: ling miethete tragen.

einen

Esel,

fein

des .Kaisers B a r t ."

„ L i n Athenischer J ü n g .

Gepäck

nach

M e g a ra

zu

Itnterroegck in der M ittagsstunde, als die S e n n e

heiß brannte und nirgend ein £ b ta c b w ar, machte er sich einen D er

Schirrn

au-

Eselstreiber

dem

Gepäck a u f

des

widersetzte sich behauptend,

vermirtbet zu Tragen des Gepäckes,

Esels Rucken. der Esel sei

nicht zum Beschatten.

D e r J ü ng lin g a ntw o rtete: er habe den Esel und des EselS chatten zugleich gemiethet. vor Gericht."

B on.

M a n stritt lebhaft und ging

Bei Gott, wie ein Leckerbissen ich b in ; ja kost' mir erst Des alten Heliasten Erb - und Mürbestück!

195

H a ß k l 0 n. Du schieb' den Esel und dich dazu in das Haus hinein. K l e o b o ld. (der hinein geschoben wird.)

O Gerichtscoltegen, helfet m ir! 0 Kleon hilf! Haßkl eo n . Da drinnen hinter verschloßner Thür, da magst du schrein! Du, walze tüchtig Steine vor die Thür zu Haus, Und stecke wieder die Stiften in den Riegel hinein,

200

Und lege den Baum vor, mach' geschwind, und wälze dann Den großen Wafferkübel vor. (die Thür wird so verwahrt.)

Sofias. (unter dem Gesims an der T h ü r arbeitend.)

Mein Kopf! verwünscht! Woher der Stein nur wieder heruntergefallen kam? Tanthia«. Da oben loSgebröckelt hat ihn wohl 'ne Mau«. Sofia«. Ja schöne M au«! sieh nur, da oben bricht ja flink Ein Aukenschlüpfer Heliast durch'« Sim« hervor! (Kleobold erscheint auf dem Dache.)

v. 195. Die Übersetzung ist nicht im Stande, alle die Witze auszubeuten, die der Dichter aus dieser EselSfituation hervorzuzaubern gewußt hat; so sagt er hier: ja koste nur erst, was der alte Heliast (nämlich der Esel, dessen Füllen ja eben der Richtbold ist) unter dem Bauche trägt, das Hypogastrien; dasselbe ist aber zugleich das deltcateste Stück vom Braten (etwa was man jetzt les fous Vy laissent nennt), und fetten Eselsbraten aßen die Griechen sehr gern, v. 206. Unter den Auken: d. i. dem Raume zwischen dem Gesims

205

44

D ie W eSpen.

£ an t h i a s . N ein diese W irthschaft! W ird der A lte nun gar ein S p a tz ? Gleich fliegt er les! W o hab’ ich das N e tz ? wo ist es gleich? Husch! husch! zurück! husch! Haßkleon. W ahrlich, besser wär' eS mir, 210 S k ien e zu observiren a ls den D a ter hier! (der Alte ist zurückgescheucht.)

Sofias. W ohlan, da w ir den A lten nun zurückgescheucht, Und er nirgend wo uns heimlich mehr durchwischen kann, W a s schlafen wir nun nicht noch ein Stückchen ein und aus ? Haßkleon. N e in ! armer Ju n ge, in kurzer Frist, da kommen Her, 2 i5 D ie Gcrichtscollegen, abzurufen den alren N arr'n ! Sofias.

W a s sagst, du H err? noch bricht ja kaum der M orgen an? u iit dem flachtictfcntrn D aäi, nisteten Eidechsen, Mäuse, Schlangen. v. 210. S ki e n c w ar eine S ta d t auf der Chalkidikc, die bis zum F rühjahr 423 den Athenern gehörte ; gerade damals als der Waffenstillstand zwischen Athen und S p a rta abgeschlos sen wurde, nach dem beide einstweilen behalten sollten, w as sie besaßen, fiel die S ta d t Skione, von dem S p a rta ncr - Feldherrn B rasidas beredet, von Athen a b ; dieß war zwei Tage nach dem Abschluß des W affenstillstandes ge­ schehen, also ungültig; dennoch weigerte sich B rasidas die S t a d t aufzugeben, und auf K leons A ntrag wurde be­ stimmt, gegen die S ta d t auszuziehen und die härteste S tr a f e über sie zu verhangen. I m S o m m er 4*23 war die Einschließung der S ta d t vollständig, ein Athenisches Corps setzte die B lolade fort, die den W inter hindurch und noch zur ? e it der W espen wahrte.

Haßkleon. Ja freilich; sie sind wohl später ausgestanden heut; Sonst kommen sie, ihn zu rufen, schon um Mitternacht, In der Hand Laternen, Lieder grölend nach alter Art Altfränkisch - Sidoner - Phrym'choS - Lieblingsarien, M it denen sie ihn abrufen.

220

S o fia s . Wart, wenns nöthig ist, So wollen wir sie mit Steinen begrüßen sordersamst! Haßkleon. Doch, armer Junge, wenn man sich dieses Volk erzürnt, Dieß Volk der Alten, so werden sie wie ein WeSpenschwarm; Denn unter dem Steißbein strecken sie einen Stachel vor, 'um scharfen Stachel; sie schreien, lärmen, springen umher Und schnellen wie knisternde Feuerfunken die Kreuz und Quer. S ofias. Sei unbesorgt; wenn ich Steine nur zu Handen hab, So jag ich den Richter-WeSpenschwarm mit Schanden ab. «Haßkleon geht hinein.

v. 220.

Sofia- und Tanthia- setzen sich und schlafen wie­ der ein.)

Die alten Heltasten aus der guten alten Zeit fingen sich die schönen Arien der früheren Schauspiele; und unter diesen sind mit die berühmtesten die Phöntffen des Phrynichos, deren Choregie ThemlstokleS übernahm; sie feier­ ten den Seesieg dieses Helden und ein Chor Sidontscher Frauen sang in der Hofburg zu Susa mit süßktagenden Gesängen den Untergang der Phönlcischen Flotte.

225

D r i t t e Scene. Der

Eber,

begleitet von Ä u a b n i

mi t Lam pen.

C h o rfü h re r. (an der S p ik e des CherS hereinziehende

230 Mach fort! N ur vorwärts! Komias, schon matt? das mag sich ziemen! Bei Gott so warst du nicht vordem, nein fest wie Hunderiemen; Nun ist ja besser noch wie du Charinadcs bei Wege! (einzelne Alte kommen.)

Ei Strymodor von Konthyle, mein lieber Gerichtscollege! Wo steckt denn noch Euergides? wo noch der Phlyer Chabes? 235 Wer sonst noch fehlt, kommt Alle her, juchheißa, vollen T ra ­ bes, — Von jener Jugendkamradschaft her, da du und ich auf Wacht beid' Zusammenlagen vor Byzanz;

da streiften wir einst

bei

Nachtzeit Stibitzten der Marketenderin höchst psisfig ihren Kübel, Zerschlugen ihn und kochten uns dabei ein Gerichtchen Zwie­ bel. 240 Nun wollen w ir uns sputen! kommt, dem LacheS gilt es heute; Der hat men Geldes-Bienensiock, so sagen alle Leute. v. 234.

Ob die hier genannten Komias, Charinades (Frieden V . 1139.) Strymodor von Konthvle (Demos in der Pandicm s) Cbabes von P hlya (Demos der Kekropis) wirkliche P e r­ sonen und mit den sonst bekannten Namen derselben iden­ tisch sind, weiß ich nicht,

v. 237.

Es ist die Belagerung von Bvzan; gemeint, die im Jahre 477 die Athener von Kimon und Aristides geführt un­ ter Spartanischem Oberbefehl mitmachten; diese alten A ttiker reichen mit ihren Zugendthaten in die glorreiche Zeit der Perserkriege hinauf,

v. 240.

Ueber den Feldherrn

Lachcs und seinen Proceß, der kari-

firt in den Wespen verhandelt wird, ist in der Einleitung

Drum ließ ja Kleon, unser Freund, uns gestern schon entbieten Aus heute srüh, wohlproviantirt auf dreier Tag' mit Wüthe», Um abzustrafen den für das, was er gefrevelt! Auf da! W ir sind, Collegen, eh' eS tagt, mit einem kleinen Lauf da. 245 Kommt eilig, aber lasset uns mit der Lampe wohl umhersehn, Daß nicht, wenn wir an einem Stein uns stoßen, wir'S erst nachher sehn. Knabe. Der Koth da! he Papa! Papa! mußt da nebenher gehn! Chorführer. Da diesen Strohhalm nimm dir auf; kannst den Docht 'mal vorziehn. Knabe. ( M t len Docht mit len Fingern vor.)

Ei, »ein, mit diesem, fleh Papa! kann ich auch ihn vorziehn! 250 Chorf ührer. WaS fällt dir ein! du willst den Docht drücken so mit Nägeln, So theuer wie Oel ist? Dümmster du unter allen Flegeln! Dich freilief» drückt eS nicht, wenn wir'S theuer kaufen müssen! (er prügelt ihn.)

Knabe. Setzt ihr noch einmal uns zurecht, Wetter! mit euren Schmissen, So heißt'S: ihr Jungen, Lampen aus, hurtig auSgeriffen! 255 Dann, Alter, hier im Dunkeln du ohne Licht und Leiter, Trotz einem Rohrspatz plansche dann durch den Dreck dich weiter. gesprochen worden; er hatte auf seinen Feldzügen viele Erpressungen gemacht; „solche Bienen pflegte Kleon zu Tode zu qualmen. (Ritter B . 794.)" Boß. v. 242.

Beim Heroldspruche, der die Bürger zu den Waffen beschied, wurde zugleich mit verkündet, jeder müsse sich auf drei Tage Proviant mitnehmen.

(Chorführer. Ja größre Leute wohl als dich straf ich, wenn's mir einkommt; — Das ist ja recht ein Hausen Dreck, wo mein Fuß her­ einkommt. •2f>0 Und anders kann's nicht sein, eS muß noch von heute Nacht ab Vier ganzer Tage regnen der G ott; sag'6 daß ich's gesagt hab'; Denn sieh, am Lampendocht da sitzt'S voll von Diebeschmaddern, Und wenn das ist, pflegt's Tage lang um und um zu pladdern. Auch thuts den Saaten Noth, die jetzt eben in die Höh sind, •205 Daß Regen kommt und über sie weht ein frischer Seewind. — WaS aber ist in diesem Haus unserm College» Richter Geschehn, daß der nicht kommt, und sieht Hier doch unsre Lichter?

Kein Schlepptau brauchte 's sonst für ihn, nein der erste war er Und stets voran mit Phrynichossang; denn er ist ein wahrer 270 Gesangesfreund. Mein Rath ist drum, etwas Hier zu weilen, Zu rufen ihn mit lautem Lied, ob bei den ersten Zeilen I n Herzenslust er nicht sich Her vor die Thür wird eilen. C h o r. (Strexk-c.)

Wie nur mag es geschehn, daß mir der Greis nicht vor die Thür eilt, ja mich hört nicht? Hat er die Schuh verschmissen? 275 Hat in die Zeh' er im Dunkeln Einen Splitter eingerissen? Und beginnt in den alten Füßen _________ v. 262.

Gar

Bon diesem Wetterzeichen sagt Aratos: Wieder in regnichtcr Nacht entstehn an der Tille der Lampe Diebe.

G ar so was wie Brand zu munkeln? Oder quälen ihn Karbunkeln? Und früher da galt er doch stets für unsern Strengsten, Ließ allein sich nie beschwatzen; Nein, wenn Beklagter in Aengsten Flehte, bückt er so den Glatzen: 280 „An dem Stein kochst du umsonst!" Doch vielleicht um den Schust, der mit geheimchu'ndem Ge­ sicht gestern hieher kam, Pries, „wie er gut Athensch sei, W as er in Sam os gewittert, Dessen bring' er zuerst Bericht her" — Um den Buben vielleicht erbittert Liegt er Fiebergluth durchzittert; Kenn' ihn so ja von Gericht her. gfö Doch, Guter, erhebe dich jetzt; nicht so um nichts nag' D a- Herz dir, laß die Grillen weichen! Einer der Thrakische» Reichen, Erzverräther hat Gerichtstag! I n die Bluturne mit dem! v. 282. Die Schollasten erzählen zur Erklärung be« hier bezeich­ neten Fartuws eine viel früher geschehene Sache. Aus der Stelle selbst ersteht man, daß irgend jemand von ei­ ner angeblichen Verschwörung in Sam os berichtet ha­ ben muß; dieß gewährte den Richtern Hoffnung zu recht gründlichen Criminalproceffen; es mußte ihr bitterlicher Aerger sein, daß sich die ganze Delation hinterdrein als Lüge erwies, v. 287. Erklärung dazu giebt Frieden B . 634: Und ste zwickten von den Bündnem jeden reich' und rechten M ann M it dem steten Lügenvorwurf: der da hängt dem Brasida« au. v. 289. Bluturne, in welche die Stimmen für.Schuldig gethan werden. Äristopl». II.

D

C h o rfü h r er. Geh nach Haus, Zunge, nach Haue! Knabe. O Papa, willst du mir heut wohl, Wenn ich sehr bitte, was schenken? C h o rfü h re r. O ja wohl, Söhnchen; nur sag' mir Was du Schön's weißt dir zu kaufen; Ja du wünschst, Junge, gesteh's nur, D ir ein Spiel Knöchel, ich merk's schon! Knabe. O Papa, nein! doch die Feigen, Wie die süß sind! C h o rfü h re r. So mir Gott, nein, Wenn ihr gleich euch auf den Kopf stellt! Knabe. So mir Gott nein, so geleit' ich dich auch nie mehr! Chorführer Denn ich hab' ja von dem Sold heut im Gericht S>ioch für Drei Brod und das Zubrod Und das Brennholz zu beschaffen; Und du willst noch naschen! Knabe. Doch bedenk, Vater, wenn heut nicht Zu Gericht sitzet der Archen, v. 296.

Die Griechischen Astragalcn sind im Grunde nicbf, was wir Knöcheln nennen; vollkommen entspricht vielmehr das Kinderspiel, das man nach den Anfangszeilen des dabei zu singenden Liedes nennt: Hammel de bufft, de Kat de kratt, de Hund de bitt u. s. w.

Wo, Papa, nimmst tu denn Geld her Zu dem M ittag? oder weißt du, Wo tu Vorrath, wo tu Rath schaffst, Wo tu B ro t schaffst in ter Noth? Chorführer. Ei verwünscht taS! ei verflucht das! I n ter That, ich weiß bis jetzt nicht, Wo ju essen herbekommen! Kn ab e. O warum, M utter, gebarst mich tu, warum nur! Daß ich ach! mein B ro t mit Thränen äße! Chorführer. Zu ter E rte zürnend werf ich Hin den verhaßten Schmuck, den Brotsack! Knabe.

Ach ach! Und ich soll hier verschmachtend verderben!

V ie r te Scene. K le o b o ld . C hor.

Kl eobol t . (au* einer Luke sehend.)

O Freunde! Harmonien hör' ich klingen Bon dieser Luke aus, Und sterbe vor Verlangen! v. 314. Zn diesem und dem folgenden Verse hat Aristophane« Curixideische Floskeln gebraucht.

D 2

310

315

Die Wespen.

O könnt' ich doch den Ausgang finden, Mitsingen! was thu ich? Seht, man hält mich hie eingesperrt, Weil schon längst ich so gern, so gern Möcht' mit euch zu Gerichte zieh«, Dort mein Müthchen zu kühlen! ZeuS, Zeus, o rühre des Donners Gewalt Und verwandle du mich urplötzlich in Rauch, I n ProxenideS oder in SelloS Sohn, Das Pseudokorinthengewächse. O Erhabener, wolle doch gnädig mir sein! O erbarme dich mein! Gott, oder mit sprühendem Blitz schlag' drein Und zerasche mich gleich, Dann hebe mich aus und blase mich ab Und thu mich in Essigbrühe hinein! Ja verstärk' mich zu Stein, zu dem Steine, daraus Bei Gericht man die Muschelchen auszählt!

325. Proxenides und des SelloS Selm Aischines find als Groß­ sprecher und Prahlhänse vielfach verhehlt worden; man nannte sie Rauch (Lege! B. 823. 1126.). Für Aischines ist im Griechischen ein trefflicher Witz beigefügt; Boß übersetzt: „der prahlend sich hebt wie der Baumwein," eigentlich „den SelloS Sohn, den Pseudobaumwein" (eine A rt hochrankenden Weines, dessen Holz beim Brennen sehr qualmt). Unsere Uebersetzung erlaubt sich den Witz anders und noch diffamirender gewendet wiederzugeben, ob­ schon die mitanklingende Beziehung des AischineS auf Ko­ rinth nicht nachweislich sein dürfte. 330.

Das geraschen bringt den alten Kleobold auf die ange­ nehme Anschauung von Aschfischen, die dann, nachdem sie geröstet sind, abgepustet und bei den Attikern mit heißem Essig angemacht werden.

C h o rfü h rer. Wer denn ist'S, der deß' dich hindert, dir die Thür verrie- 335 gelt? sprich! Denn treu und freund dir kennst du mich! K leo b old . Ach, mein Sohn ist'ö! Stille, schreit nicht! denn da gleich im Hause vom Liegt er noch und schläft; drum steuert aus der Brandung euren Zom! C h o r fü h re r. Was zu steuern denn, du Aermster, thut er nun an dir so SchwerrS, Und womit beschönigt E r eS? K leo b o ld . Nicht mich richten läßt er fürder, sprechen nicht mein lie- 340 beS „schuldig", Nein behaglich soll ich leben! Alles, aber das nicht duld' ich! C hor. Ha zu klügeln so erdreistet Dieser Volksbeschwatz-Kleon sich, v. 342. Kleobolds S o h n heißt eigentlich Haßkleon, ist aber ein wahrer Kleon, wie er das B ott zu bethören und einzuschüchtern versucht, nur nach der entgegengesetzten Ten­ denz. Schnell geht es zu einer beliebten Verdächtigung über. Eine der wichtigsten BerwalttmgSpartien in Athen ist die M arine und jede Beziehung zu derselben von höchster Verantwortlichkeit, so daß der R ath nicht nach Ablauf seines Jah res gekränzt wurde, wenn er nicht für den Neubau von Trieren gesorgt hatte; bei BerauSgabung so bedeutender Gelder, wie beim Schiffbau nöthig war, konnte leicht unterschlagen werden, anderer Fährlichkeiten nicht zu gedenken. Um so etwas, meint der Chor, muß Haßkleon fürchten von seinem Vater denuncirt zu werden; und daß er nun ihn einzusperren wagt, ist ein sicheres

Weil du über des Staats Marine Ih m die Wahrheit sagen wurdest. Nimmer hätt' er erfrecht sich dessen, Wär' er selbst nicht 345

Einer der Verschworenen. Chorsu hrer. Und deshalb Freund ist's hoch an der Zeit, daß du irgend dir M itte l und Weg suchst, Wie geheim vor dem (denn er schläft jetzt noch) du zu uns her mögest gelangen. Kl eobol d. Wie könnte das gehn? seht selber umher! denn gern, gern thu ich ja jedes, Ja ich züngle darnach, in die Barren mit euch, in der Hand mein Sternchen, zu treten. Chorführer.

350 Is t nirgend ein Loch da vielleicht, wo du durch dich von I n ­ nen vermöchtest zu bröckeln, Zu entwischen sodann in Lumpen gehüllt, wie der weiland schlaue Odysseus? Kleobold. Nein, alles ist dicht und nirgend ein Loch in der Wand, auch nur für

ne Schabe;

Schnell müßt ihr mir irgend was andres erspähn; denn 'ne Wanze zu werden, das geht nicht. Zeichen dafür, daß Haßkleon irgend einem Complott (f. Einleitung) angebert, mit dem in Uebereinstimmung er Arges beabsichtigt und auf dessen Beistand er, falls er zur Verantwortung gezogen wird, sich verlassen zu können hofft, v. 351.

Odysseus hatte sich um zu kundschaften, kleidet, nach Troja eingeschlichcn. V . 241. Odyssee IV . 24 2.).

als Bettler ver­

(s. Eurlpides Hekabe.

Chorführer. So erinnere dich, wie, zu Felde mit uns, du einmal Brat­ spieße stibitztest Und mit ihnen geschickt von der Mauer hinab dich ließest 355 beim Sturme von NaxoS. Kleobold. Ja freilich, ich weiß! doch es frommt daS nicht! heut ifi's gar anders wie damals; Da war ich noch jung, war meiner gewiß, war sehr V ir­ tuos auf dem Diebstahl; Auch bewachte mich da niemand, zu entfliehn War keine Gefahr, kein Hinderniß da. Doch ein Phalanx jetzt von Geharnischten steht 360 Und bewacht und verlegt mir die Gänge zumal, Ja die zwei an der Thür, die paffen mir auf Wie '»er Katze, die Fleisch in der Küche gemaust, In der Hand de« gewaltigen Bratspieß! Chorführer. Aber heut auch mußt du wieder Rath dir schaffen! ja geschwind! 365 Schon weht, o Bienlein, der Morgenwind! Kleobold. Durch zu nagen hier die Netze scheint da- Beste! Ja ich beginn'! Mag Diktynna mir'S verzeihen, daß ich nage durch Dick und Dünn! v. 355. D ie Insel Naxo« hatte In dem ersten Zahrzehent der A t­ tischen Seeherrschast versucht, fich den Tributzahlungen an Athen zu entziehen; sie wurde von Simon angegriffen und geknechtet Im Jahr 473. klebrigen« ist dem Uedersetzer da« Strategem de« Alten nicht klar, wenn es nicht ein kluge« Davonlaufen mit den gestohlenen Bratspieße» war. v. 368. Diktynna ist Artemis, in so fern beim Jagen Netze ge­ braucht werden.

C h o rfü h re r. Ja, das ist »ach einem Mann, der kühnlich Alles setzt daran! 370 Frisch, den Zahn leg' tapfer an! (der Alte nagt.)

K l eobo ld. Durch mir genagt hab' ich das Netz. Nun schreit mir nicht! sprecht leise, leise! Dorgesehn! daß Haßkleon nur nichts bemerkt von meiner Reise. Chor.

Fürchte nichts, du Guter, gar nichts; Denn sobald der Schuft nur muxet, Soll er lernen, Wie in s Herze tief sich Schmerz beißt, Wie des Lebens letzter Gang schmeckt, Daß er wisse, unverletzlich Sei der Götter Proceß - session!

375

Chor f ühr er . Nun schnell an das Fenster gebunden den Strick! recht fest um den Leib ihn geknotet! 380 Dann laß dich herab, die pochende Brust voll Wagmuth, voll Diopeithes!

v. 378.

Ein

artiger Scherz des Originals ist hier verloren gegan­

gen: dort heißt eS: nicht verletzt dürfen werden der zwei Göttine» — Mysterien erwartet man, und bekommt da­ fü r: Dikastericn. „ D ie Geheimnisse der mystisch verbun­ denen Göttinnen Demeter und Persephone zu entweihen, war TodeSschuld/' Boß. Unsere- Übersetzung hat das matte Wortspiel

hinzugefügt, damit der Klang

des W i­

tzes einiger Maaßen zu Stande käme. v. 380.

D i o p e i t h e s ist ein bigotter und fü r die gute alte Zeit fanatisch eifernder M a n n . (f. Böget B . 988.)

Kleobold. Schon g u t ! wenn die zwei nun achtsam sind und am Stricke mich suchen zu angeln Und empor mich winden in« Fenster hinein, was beginnet ihr dann? ja was dann? sagt.' Chor. W ir vertheidigen dich, wir bieten für dich unerschütterlich eisernsten Much auf, Daß zurück dich nichts, daß zurück niemand dich ziehn soll; wahrlich so thun wir! Kleobold. Zm Vertraun auf euch wag' ich es! Wenn jetzt mir was 355 Menschliche- sollte begegnen, So hebet mich auf und weinet um mich und bestattet mich unter den Barren. Chor, Nichts wird dir begegnen, und fürchte dich nicht! Auf, Theuer­ ster, lasse dich muthig, Nachdem du zuvor andächtig gefleht zu den Göttern der Bäter, hernieder! Kleobold. O Hort, 0 Lyko-, du HeroS nah, dich erfreut ja dasselbe, was mich freut, v. 389. Lptos, der Heros in Wolfsgestalt, ist gleichsam der Schutz­ patron der Gerichte» vor den meisten, vielleicht bei allen Gerichtshöfen war seine Statue, mit Staketen umzäunt; hier pflegten zwischen den Geschwornen und den Partheien die nothwendigen Berabredungen, Bestechungen u. s. w. vorgenommen zu werden; hieher gingen auch die Herren Geschwornen, wenn die Sitzung für die menschlicher Weise nothwendigen Folgen des Lffeus und Trinkens zu lange währte.

390 Der Derurtbelten Noch und Weinen und Flehn und Jam ­ mergeschrei um Erbarmen; Drum kamst du und siedeltest biet ja dich an, um all der­ gleichen zu hören, Und geruhtest von allen Heroen allein, den Jammernden nahe zu weilen. Drum erbarme dich nun, o errette du mich, den dir freundnachbarlichen, hörst du! So w ill ich an deine Staketen auch nie mein Wasser und Wind mehr lassen! (er beginnt sich herabzulassen.)

F ü n f t e öeene. a ß si e on.

Sofias.

2 aIItl) ias.

D ie

B origtli.

H a ß k l eo n. (aus dem Erker.)

395 He Bursch, wach auf! S o fia s . (auffahrend aus dem Schlase.)

WaS giebt es? Haßkl eon. M ir war'S als hört' ich da was sich bewegen! Sofias. Ha, es geht doch der Alte nicht gar uns durch?

Haßkleon. Nein, Himmel und Wetter, hinunter An dem Strick da läßt er sich! Sofias. Bist du verrückt, du Hallunk! nie sollst du mir 'runter.

Haßkleon. Du hinauf! schnell, schnell ! an das Fenster da links, und schlag' auf ihn los mit den Ruthen! Den» er wendet vielleicht sein Hintertheil, wenn er uns steht brauchen die Ruder. Kleobold. (während Sofia- ihn hinaufzieht und Tanthia- von dem andern Fenster aus ihm die Ruthe giebt.)

Und ihr fahrt nicht drein, ihr alle zumal, die ihr heut' noch 400 hoffet zu richten»? O Smikythion! o TifladeS! o Chremon! o PheredeipnoS! Wan» wollt ihr mit beistehn, wenn nicht jetzt! jetzt, eh' man mich weiter hinaufzieht! Chor. (in htftigftm Bewegung.)

Sagt nur, sagt, mi zaudern länger, unsres Zornes Speere zu werft», Die ja gleich, wenn einer sticht in unser Wespennest, sich schärfen! Den da unten, den da unten 405 Euren zorngespitzten Rächer Steckt ihn vor, den wilden Stachel! (sie recken den Stachel am Steiß vor.)

Werst geschwind, ihr tapsten Jungen, eure Jacken ab und lauft, Lauft und schreiet durch die Straßen, zeigt dem Kleon Alle- an, v. 399.

Der Ausdruck „wenden" ist nicht genau; es sollte heißen rückwärts rudern, denn der Alte soll seiner stühern Bewe­ gung entgegengesetzt hinauf in das Fenster zurück.

v. 409.

Höchst seltsam ist dieses Allarmmachen des erboßten ChorS; an Kleon, den Haupthahn, schicken fie die Buben, sie selber schreien die gesammte Bevölkerung auf, vornehmlich

60 410

D ie Wespen.

S agt, er soll geschwinde kommen; Denn eS sei hier ein Vcrräther, Volksverächter, Feind der Freiheit, Hängenswerth, weil er meint Recht sprechen hier soll keiner mehr! H a ßk l e o n .

415 Gute Herrn, erst hört die Sache; aber schreit nur nicht so

sehr! Chorführer. J a bis hoch in den Himmel schall' es! diesen laß' ich nimmermehr! Is t denn dieß nicht höchst entsetzlich, nicht Tyrannis offenbar? S ta dt, o S ta d t! du des Theoros Gotteslasterlichkeit! A ll' ihr sonst, die ihr das Volk speichclleckend führt und anführt — ! Lanthias. 420 Himm el! sieh nur Herr, die führen Stachel am geheimen O r t !

Haßkleon. Za, womit sie Gergiassens Philipp im Gericht durchbohrt! aber den Gottvcrhaßtcn Theores (V. 42.) und die sonsti­ gen Führer des Volks. v. 421. Der Ausdruck des Griechischen, den unsere Ucbersetzung beizubehalten gesucht, hat manche Gelehrte verleitet zu glauben, Gorgias sei der Vater des Philippos; es wird nur das Zusammengehören beider bezeichnet, und aller Wahrscheinlichkeit nach ist Philippos, den der Scholiast zu den Vögeln B . 1700. einen geschwätzigen Redner nennt, mit Nutzen Schüler des Gorgias, des berühmten schönrednerischen Leontiners gewesen. I n der angefübrtkll Stelle der Vögel wird diese „Gorgiasschaft, Philippschast, diese Zungendrescherstppschast, dies Hallunkenvolk, diese Nichts­ thuer an der Gcrichtsuhr" u. s. w. gehörig durchgenom­ men. Auch in den Ackerbauern nahm Aristophanes, in dem Endymion AlkaioS diesen Philippos durch. Wenn der­ selbe Haselant, nach der vorliegenden Stelle zu urtheilen,

Chor. Ja, und wir durchbohre» dich auch!

Auf ihr alle, wen­ det euch! Richtet euch! streckt vor den Stachel! Alle auf ihn los zugleich. Dichtgereihet, sestgeschloffen, ganz von Wuth und Zorn durchjittert, Daß fein künftig er erkenne, welchen Schwarm er sich erbittert! 425 tder Chor stellt sich mit dem Rücken gegen die Bühne, der Stachel starrt vor. Alles ist -um Angriff bereit.)

Tanthia». Wetter! ganz entsetzlich muß das werden, kommt's zum Hand­ gemenge; Und mir bebt da» Herz im Leib' schon, seh ich ihren Sta­ cheln Menge! Chorführer. Los sogleich laß den Mann! doch wonicht, glaub', Gesell, Einer Schildkröte wohl neidest du bald ihr Fell! Kleobold. Heißa nun, ihr GerichtSeollegen, scharfbeherzte WeSpen, schnell ! 430 Ih r, die Einen, fliegt ihm wild in seines Munde» Antipoden; Ih r, die Andern, stecht ihm Antlitz, Hand und Brust und Bauch und Hoden. trennt plötzlich an« bein paus«.)

Haßkleon. Midas! Phryx! zu Hüls! zu Hülfe! Thrax! Masuntias! schnell heraus! (mehrere Sklaven eilen aus dem Kaufe her.)

Packt den Alten, tzßt ihn sicher! liefert ihn an keinen aus! eben jetzt durch einen Proceß zu Grunde gerichtet wor­ den war und nach einigen Jahren in den Vögeln doch wieder als bezeichnender Namen für diese ganze Sötte von Leuten vorkam, so sieht man wohl, daß er ein Mensch von Bedeutung gewesen sein muß.

62

O ie

Wespen.

435 Oder sonst giebt s schwere Fesseln, Prügel viel und wenig B ro d ;

Denn ich merk', waS hier so herumlärmt, ist Strohfeuer und Haferschrot! (der Alte wird ven den Sklaven festgehalten.)

C h o rfü h re r.

Wenn du ihn nicht sogleich mir loslaßt, wirst du zerstochen und zerbissen!

Kleobold. Herr und Heros, hehrer Kekreps, Drachenmann nach dei­ nen Füßen,

Siehst du's an, daß übermannt ich also von Barbaren werde. 440 Die ich wohl, vier Maaß die Kanne, Tag für Tag zu wei­ nen lehrte!

a.

436. I m Text steht: Knistern von Feigenblättern, was Griechen dieselbe Anschauung eines leeren Lärmeus Haderns giebt wie uns

den und

Deutschen Strohfeuer und H a ­

ferschrot. v.

438. Kekrops, einer der Attischen Stammheroen, wird mit Schlangenfüßen abgebildet; darum nennt ihn der Alte einen halben Drachenmann; und das ist im Griechischen zugleich der Name des B . 157. erwähnten DrakontidesW a ru m der nebenbei einen Hieb abbekommt? war er vielleicht von misgestalten B ein en - oder wurde an K e­ krops Bildsäule wie an der des Lykos (oben V . 394.), am Hcfatäon, (Frösche V . 369.)

an

den Stelen

(Vogel

V . 1054.) Aehnlickes verrichtet, wie es den Menschen als unwillkührlicheS Zeugniß der Herzensangst an den B e i­ nen herabzulausen pflegt (Vögel V . 66.) und wie es dem Drakontides auch, der ja jetzt entfallen mochte?

morgen gerichtet werden sollte,

v. 439. „Barbaren, unfreie Nichthellenen; von diesen erkaufte man Knechte, die oft die Namen des Auslandes behielten." Boß. v. 440.

D e r Alte w ill wunder wie gütig gegen die Knechte schei­ nen, er hat ihnen vollauf — zu weinen gegeben.

Chorführer. Hat denn wirklich nun das Alter nicht deS Leides mancherlei? Hier ja sieht man'S; legen nicht an ihren alten Herrn die zwei Gottvergessen selber Hand an? Nicht deSSonst gedenk mit Fleiß, Nicht des WamseS, nicht des PelzeS, den gekauft für sie der Greis, Nicht des Filzes, nicht der Füße, wie er gesorgt bei 445 WinterseiS, Daß sie nicht erfrieren sollten! Habt ihr Schlingel, du und du, Keine Schaum in eurem Antlitz mehr vor seinem alten Schuh? Kleobold. Läßt du noch nicht, läßt du endlich nicht michlos, duHenkershand? Und gedenkst du nicht, wie einst beim Traubenstehlen ich dich fand Und zum Oelbaum hin dich schleppte, und das Fell dir so 450 zerbläute, Daß du gleich verhimmeln konntest; doch den Dank vergißt du heute! — Bitte, laß mich, eh' mein Sohn kommt, lasse du, laß du mich frei. Chorführer. Wart! dafür mit den schönsten Schlägen sollt ihr büßen uns, ihr zwei, Und das gleich, damit ihr lernet, wie ihr umgehn hättet sollen M it gestrengen Ehrenmännern, deren Athem riecht nachBollen. 455 (der Chor tuest as.)

v. 417.

„Altem" stäupt erwartet m an; aber sie haben des allen Herrn alte Schuhe erhallen, und schämen sich nicht, An­ gesichts solcher Wohlthaten Hand an ihren großen Wohl­ thäter zu legen.

64

Oie Wespen.

Haß kl een. Schlag, o TanthiaS, schlag die Wespen fort vom HauS mit deinem Strauch! Tanthias. Ja, ich thu'S schon! Freund, und du bequalme sie mit di­ ckem Rauch! (er schlägt auf die Anrückenden.)

Sofias. (während er Feuer anmacht.)

Wollt ihr weg! da weg zum Henker! wollt ihr weg! schlag zu mit dem Strauch!

460

Xanthias. Schnell noch frisches Aeschines-Holz nach! mußt das Feuer eifrig schüren! Sellriewurzel, Sellos Sohn, nach! immer mehr noch! sollen's spüren! Haßkleon. Meiner Treu, so leicht entschlüpft nicht wärt ihr ihnen heut, ihr Armen, Hätten sie nur was genossen von Philokles letztem Carmen!

465

Cho r. Jst's beim endlich unsren Armen Offenbar nicht, daß Tyrannis Heimlich uns beschlichen hat, uns erpackt? _________ Wenn v. 459.

D e r leichte Witz des Aristophanes ist in der Übersetzung breit geworden; daß Aischines SelloS Sohn der Rauch ge­ nannt wird, ist zu B. 225. bemerkt worden.

v. 462. Philokles war ein tragischer Dichter aus der Familie des Affchvlos, wie es heißt ein geschmackloser und widerwär­ tiger Poet, den man darum Philokles Gatte nannte, s. Vo­ gel B. 285.

65

Die Wespen.

Wenn,

in Wünschen du verwünschter junkerstolzer Zopfamynias,

Don den Gesehen, wie sie die S ta d t sich selber gab, uns drängst hinweg, Ohne V orw and, der uns köderte, Ohne Nachwort, das uns blendete, Herrschend du höchstselbst allein!

470

( - s ia tlf te c n kommt aus die B ühne.) H a ß k l e o n. Jst's

denn gar

nicht möglich daß w ir

ohne Kam pf und

Schrein und W üthen Zum Verhandeln uns vereinen, zun: V e rtra g die Hände bieten ?

C h o r. D u verhandeln? 0 du Volksfeind, gierig nach Tyrannenthum ; Brasidas Erzkumpan, Spartergeck m it Knotenstock, W ollbefranzt rings am Rock, ungekämmter Hängebart!

v. 466. Oben V. 74. wird Ampnias, Pronapos Sohn, als Spieler bezeichnet, V. 1270. ist die Erzählung von seinem ehe­ maligen Schwelgen, seiner jetzigen Verarmung, seiner rup­ pigen Gesandtschaft nach Thessalien, um deren Willen ihn Eupolis Ln den „Stabten” gleichfalls verhöhnte; die An­ gabe über seine Truggesandtschaft scheint eben daher zu stammen; Kratin nahm denselben Ampnias als Schwä­ tzer, Schmeichler und Sykophanten in den Seriphiern durch. Schon seine Haartracht, der auf dem Scheitel zu­ sammengebundene Schopf oder Zopf bezeichnet ihn als einen Lakonisirenden Mann, und das; er das Sprüchwort, „kein Schopfelide, der sich nicht päderaftisch anwespet” bestätigte, lehrt Aristophanes Spott in den Wolken V. 687. Hier nun nennt der Dichter den Haßkleon einen Zopfampnias; auch ihn bezeichnet seine Tracht als einen von der vor­ nehmen Lakonisirenden je u n e s s e , er trägt einen Schopf wie Ampnias, und sein Vorhaben mit dem Vater bestä­ tigt dem Chor, daß er nach der Tvrannis strebe und die väterlichen Gesetze abzuschaffen suche. Aristoph. 11.

g

475

H a ß k l eo ».

Traun, mir besser war'S, mich ganz von meinem Vater los zusagen, AlS mich aller Tag aufs Neu' mit diesen Plagen herum zuschlagen! C ho r. 480 W art ! noch ist die Sache kaum erst eingesäuert und im

Backtrog — Ja, da- heiß' ich mir ein Sprüchwort von dem erzhauSback neu Schlag noch — Kurz und gut, noch thut'- dir wenig; aber wart', wenn erst der Sprecher Alle- dieß au- dir herausquetscht und verhört die Mitverbrecher! H af ikl eon. Werdet ihr, bei allen Göttern, endlich mich von euch entsudeln? 495 Oder sonst den ganzen Tag durch hudf ich euch und lass mich hudeln? Chor. Nimmermehr, so lang von und Noch ein Lump übrig ist, Der du Tyrann ja über uns zu werden strebst! H a ß kl eo n. Alle- ist hier gleich TyranniS,

gleich Verschwörung und Complott,

WaS man irgend hat zu klagen, klein und groß, erbarm sich Gott! v. 480.

D a s Griechische Sprüchwort heißt: „w ir sind nicht mehr bei Epheu und Raute," womit die ersten Beete im G a r­ ten bepflanzt sind.

D e r Chor braucht im Gegensatz ge­

gen das moderne und rhetorische Geschwätzel so ein recht altfränkisch und dem biederen Sandmann eigenthümliches W ort. v. 488.

M a g man das W ort Complott verzeihen als Bezeichnung

Nicht gehört mehr war im Land der Nam e ganzer fünf- 490 jig Jahre; Aber jetzt, kein Pickelhäring ist so ausgebotne Waare, J a , er treibt sich jetzt herum in jeder Bude, jeder Schare! Wenn da einer Karpfen fordert und die Barsche liegen läßt, Gleich beginnt der Barschenhöker nebenbei sein laut Gebräst: „ S e h t der Herr scheint einzukaufen zu der Tyrannis S tif- 495 tungsfest!" Oder kauft man Trippmadam ein zu 'ner Sauce am Klip­ penfisch, Schielt das Peterfllienweib gleich hin und keift höchst höterisch: „ S eh t doch, Trippmadam verlangt er, sicher zum Tyrannentifch; Ei der Herr denkt wohl, Athen bringt S teu er genug zu Sauce und Fisch?"

X a n th ia s . J a da ich Nachmittag« gestern trat bei einem Mädchen ein 500 Und sie an der Thür schon wollte, that sie wild, sing an zu schrein:

„Ob ich HippiaS Tyrannis wollt' in wildem Druck erneun?" Hasskleon. Recht mit Lust ja hören diese, wenn auch meiner Wenigkeit, W eil ich meinen alten V ater gern in Wahrheit sah' befreit Dieser ftühaufstehverläumdungShalSproceßverseffenheit — 505 Wenn man mir da, der ihn gern trotz MorychoS sah’ be­ haglich leben, für die Hetärien oder Klubb«, über die in der Einleitung gesprochen worden, v. 490.

Ein berühmter Gelehrter bezieht dieß au f Verhältnisse zwischen Kimon und Ephialte« um da« Z ahr 457. Die fünfzig Ja h re indeß scheinen eher auf die Marathonische Zeit zu führen; damal« kam ja der vertriebene Tyrann Hippia« mit dem Perserheer gen Attika,

v. 506.

M o r y c h o « ist einer von den bekannten Schlemmern in

E 2

Vorwirft Alubb, Complott, Verschwörung, nach Tyraninsichtlich Streben. Kleobolb. Ja mit vollem Recht ; denn ich, ich möchte nicht gebratne Tauben Nebmen statt des Hochberufes, dessen du mich willst berauben; 510 Ja Muränen nicht noch Aale thun mir im Geringsten gütlich, Süßer schmeckt solch klein Proceßchen auf 'nem Teller ap­ petitlich. Haßkleon. Allerdings gewöhnt dich hast du, dessen einzig dich zu freun; Aber wolltest du nur einmal still ein achtsam Ohr mir leihn, Glaube mir, du würdest einsetzn, wie du um und dünnn dich irrst. Kleobold. 515 Ich als Richter dumm mich irren? Haßkleon. Alter, daß verhöhnt du wirst, Merkst du nicht, und das von Leuten, denen du sklaoen gleich dich beugst — Doch du weißt nicht, daß du knechtest!

Athen, (f. Frieden D . 991.) der ein schönes Haus in der Nähe des Olympischen Tempels besaß und ganz prächtig lebte. Der Komiker P lato sagte in seinem „Echmerzenreich:" O göttlicher MorychoS, glücklich bist du jetzt fürwahr, Und GlauketaS die Butte und LeagoraS, D ie ihr lebt in EauS und B ra u s und an gar nichts weiter denkt. v. 516.

,»d. i. Gerichtsvorstebern, unter denen Kleon war." Bok.

K le o b o ld . Schweig von Knechtschaft! schweig! du leugst! Ich, der über Alle herrsche! H a ß k le o n . D u m it Nichten; H err zu sein Wähnest du und bist ein Sklave! Oder, Vater, wellst verzeih», B ist du Herr hier, waS denn nimmst du Großes aus dem 520 Hellas ein?

Kleobold. S o vernimm! das Urthel stell' ich euch anheim. H a ß kle o n . Und ich wie er! Lasset ihr ihn alle lo» jetzt; Bursch, du reich' ein Schwert m ir her. Zieh' ich m it meiner Red' den Kürzern, gut, das Schwert kann treffe mich; Aber wie,

wenn widrigenfalls nicht du dem Spruch dich fügest? sprich!

Kleobold. Reinen Wein dem guten Geiste trink' ich nimmer ewiglich! 525 Chor. A lter von unsrer Schule du! Schlagendes mußt du, Neues heut Finden, damit du glänzest! H aßkleon. Geh hin und hole m it geschwind das Schreibzeug aus der Stube! K le o b o ld . Nun denkt er gar sich wunder was, beschickt er'S so, der Bube! 530 v. 530.

Richt weil er einen gerichtlichen Brauch mitmacht; son­ dern es ist gewiß nach der Art der jeunesse, nach dem

70

Die Wespen. Chor.

Nicht in der Art des jungen Volks Sei, was du sagst; du siehst ja selbst, W a s für ein Kamps dir vorsteht, Wie's sich um Alles handelt, 535

Wenn, was geschehen nie mag, Dieser zu siegen denket? Haßkl eon. N ur fü r'- Gedächtniß will ich mir, was Gegner sagt, n o tim . K l eob ol d. WaS wurdet ihr sagen, wenn ich nun erläg' im Beweise­ führen ? Chor.

Nütze zu nichts und nicht- mehr werth

540

Wäre der Alten Häuslein dann; Allen ein Spott aus Straß und Markt Hieße man Blättchenmänner uns, 545

Rechts- und Gerichtes Unkraut!

Gebrauch der neuen schulmaßig gebildeten Redner, sich ei­ nige Notizen wahrend des Sprechens der Gegner aufzu­ zeichnen. v. 543.

Blättchenmanner (wörtlich: Iwelgträger) beißen die A l­ ten, insofern sie bet dem Aufzuge der Panathenäen mit dem Oelzweige in der Hand erscheinen. Wenn Haßkleon Recht behält und die Alten künftig nicht mehr zu Gericht sitzen, so sind sie zu nichts mebr nütze als am Panatbenäifchen Fest die Festzweige zu tragen, so sind sie wie Un­ kraut, das Mim, obschon erwachsen aus dem Felde des Rech­ tes und Gerichtes, möglichst bald hinwegschafft.

5 c d) 0 1 r S e e n c. a ß k l e o n imb illc c b o lb ,

dieser mit dem Schwert in der Hand, stellen sich gegeneinander. Der C h o r ordnet sich zum Zuhören.

C h o rfü h re r . Auf, auf! der du unserer ganzen Gewalt Majestät heut hast zu vertheilen, Kühn woll' und gewandt von Beredsamkeit ablegen ein herr­ lich Exempel! K l eo b o l d. Za gleich in den ersten Entraden der Bahn, die wir jetzt wettrennend eröffnen, Entwickl' ich, wie unsre Gewalt durchaus nicht minder denn Königsgewalt ist. Denn wo in der Welt ist glücklicher mehr, glückseliger mehr 550 und gehegter Und gefürchteter je noch sonst ein Geschöpf, wie der Rich­ ter, sogar der bejahrte? Denn zuerst, kaum hat er verlassen das Bett, so warten be­ reits an den Barren Schlankadlige, mächtige Herren auf ihn; und kommt man ein Weniges näher, So reicht er die zierliche Hand mir hin, die vom Golde des Staates stibitzt hat, Und bittet und fleht und verneiget sich Lief und beschwöret 555 mich wimmernd um M itle id : v. 553.

W örtlicher: „Große unb sechsfüßige M änner", womit bei Leibe nicht etwa bie Portiers ber Gerichtsstätte, noch gar „Heroengeschlechter ber Marathonischen Z eit" gemeint sind, sonbern ein Andokibes, Phaiar, Theffalos, Leute von höch­ ster Geburt unb großen Reichthümern, bie sich herabwür­ digen unb abängstigen zu sehen der schabenfrehen to n e n höchstes Vergnügen war.

„O Vater, Erbarmen! o laß dich erflehn, wenn du selbst ja deiner gedacht hast,

Wie ein Amt du verwaltetest, oder im Heer Proviant für die Truppen besorgtest." Denn ob ich in der Welt bin, wüßt' der nicht, wenn ich nicht schon früher ihm durchhalf. Haßkleon.

So soll für den Punkt von den Flehenden dieß zum Gedachtnißzeichen mir dienen. Kleobold. 560 Dann tret' ich hinein, hinlänglich erweicht und des Zorns im Gemüthe beschwichtigt. Doch drinnen, gethan da hab' ich von all dem Beschriebenen nicht das Geringste, Nein höre da alle da6 Flehn und Geschrei um Lossprechung mit Bedacht an. Ja was giebt's noch SüßeS und Schönes, das nicht da ein Richter zu hören bekäme? Denn der Eine beweiset, er sei blutarm, und fügt zu dem wirklichen Elend 565 Sich noch andres hinzu, bis der weinigen gleich er geschil­ dert die eigene Armuth. Ein Anderer trägt ein Geschichtchen mir vor, so ein altes AesopischeS Späßchen. Ein Dritter vielleicht macht Witze, so daß ich im Lachen vergesse den Unmuth. Und gewinnt uns das doch Alles noch nicht, so zieht er die Kinderchen endlich, v. 566. Die Athener lieben es gar sehr, sich einen Schwank er­ zählen zu lassen; Aesopische Fabeln sind dermaliger Zeit ungemcin beliebt und verbreitet gewesen.

Di« Wespen.

73

Die Söhnchen und Töchterchen her an der Hand; ich sitz' einstweilen und höre; Nun kauern sie, flennen sie alle zugleich, und der Vater de- 570 schwört mich mit Zittern Wie 'nen Gott, um der Kinderchen willen doch ihn im Euthynengericht zu befreien: „O wenn je dich des LämmleinS Blöcken erfreut, so erbarm' dich der Stimme deS Söhnleins; Und wieder, ergötzet ein Ferkelchen dich, so bewege dich Töchterchen» Schmeicheln!" Und wirklich die Wirbel gespanneten Zorns, wir lösen sie jetzt ihm ein Wenig. — Nun, heißt da» mächtige Herrschaft nicht und Verachtung 575 gegen den Reichthum? H a ß k le o n . S o notir' ich von dir als Zweites mir auf: die Verach­ tung gfgen den Reichthum. Nun aber das Gute noch, dcks, wie du sagst, dir e« brin­ get, zu herrschen im Hellas! v. 569. Es war eine gewöhnliche Manipulation, um Mitleid zn erregen, daß man Weid und Kind vor dir Richter brachte und sie winseln und betteln lleß. v. 571. D er Uedersetzer hat den Griechischen Ausdruck Euthynen beibehalten, da er ganz technisch ist und durch feinen deutschen Ausdruck seinem wesentlichen Zuhast »ach be­ zeichnet wirb. Jeder Beamtete so wie jedes Collegium mußte, nach beendigtem Amt Rechenschaft legen bei dem Collegium der Cuthynen und Logisten (einer A rt Ober­ rechnungskammer); in dieser Zeit durste jeder Privatmann Beschwerden gegen dir resp. Beamteten vorbringen oder gegen ihre Amtsführung denunciren; geschah dieß, so brachte das genannte Collegium die Sache an ein Gericht: und diese Art von Processen nannte mau Euthyne».

74

D ie M eSp.'tt. £ l c c b o l b.

W enn nemlich die Knaben zur Prüfung stehn, so wird ihr Kleiner besichtigt. Und erscheint OiagroS verklagt vor Gericht, Lossprechung erlanget er eh' nicht, 580 AlS bis er zuvor aus der Niobe uns die schönsten P artiell recitirt hat. Und gewinnt ein Musikus seinen Proceß, so muß er dafür zur Vergeltung M it dem R iem um den M und uns Richtern am End' noch beim Fortgehn blasen 'nen AuSgarrg. Und giebt Jem andem ein Vater, der stirbt, fei» einziges Töchterchen Erbin, v. 578.

Nach Attischem Gesetz verflossen zwei Jah re vor E intritt der M annbarkeit bis zur M ündigkeit der K n a b e n ; dieser Zeitraum vom sechzehnten bis achtzehnten J a b r w ar vor­ zugsweise den Uebungen in den Gym nasien gewidmet, und nach dessen A blauf wurde der Jü n g lin g unter die Epbeben aufgenommen, in das Gemeindebuch seines D em os eingetragen, und nach geleistetem Bürgereide vor dem ver­ sammelten Volke wehrhaft gemacht; cS trat da richter­ liche P rü fu n g (Dokimasie) ein, denn daß nur von einer solchen hier geredet werden kann, versteht sich von selbst. Nach der sehr cerrumpirten Angabe der Scholiasten, die zum Theil auS Aristoteles entnommen ist, scheinen die K naben bei ihrem Uebergange zu den Gvmnasien geprüft worden zu sein, ob sie auch nicht jünger als 15 J a b re und ob sie entwickelt genug seien, den Uebungen der G ym ­ nasien beizuwohnen; und diese P rü fu n g scheint von einer Commission vor Geschworenen vorgenommen zu sein, v. 579. O i a g r o S , ein berühmter Schauspieler, der sich besonders in der Niobe (wahrscheinlich des Sophokles) ausgezeichnet hatte. v. 582. D ie Flöten wurden mit einem Riem en angelegt, (s. Bögel B . 673.) v. 583. Nach Attischem Erbrecht können Töchter nicht erben; sind S ö h n e da, so erhalten die Töchter n ur eine M itgift; sind

Die WeSpen.

75

S o heißt eS: zum Henker mit dir, Testament! wir ach­ ten es nimmer und nirgend; Und zum Henker du Siegel so heilig verwahrt in der dop- 585 pelten Muschel! es gilt nicht! W ir geben die Erbin Tochter an den, der zuvor uns bit­ tend gewonnen. Und wir thun das ohne Verantwortung, kein Amt noch Beamteter weiter. Ha K k l e o n . Ein erhabenes Vorrecht ist'S in der That, das du eben ge­ nannt; und ich preis es; Doch ein Unrecht ist'S, wenn trotz Testament du die Erbin auS so — gemuschelt. Kl e o b o l d . S ind Rath und Gemeind' bei wichtigem Fall zu entschei- 590 den in äußerster Klemme, mir Töchter da, so heißen diese Erbtöchter; bet der Zntestaterbfolge gingen diese mit dem Vermögen an den näch­ sten männlichen Verwandten über, der sie heirathete; durch ein Testament sonnte der Erblasser jemanden zum Ehe­ mann seiner Tochter bestimmen oder vielmehr adoptiren. Gegen solche testamentarische Verfügungen wurde gar oft protestier, wenn die Erbschaft bedeutend w a r; man reichte bet dem Archon eine Klage ein: der Erblasser habe im W ahnsinn, habe gezwungen testirt, das Testament sei untergeschoben u. s. w. v. 585. „Muschel, zur Einfassung, um das Gepräge zu schonen.1’ Boß. v. 586. Alle Ehren und Aemter, selbst der Rach nicht ausgenom­ men, mußten Rechenschaft legen; n u r die Efflesie und die Gerichte sind unverantwortlich, und das bis zu dem Grade, daß von den Gerichten nicht einmal Appellation möglich war. v. 590. Dieser Fall tritt ein bet Evangelien und ähnlichen Ver­ hältnissen; ein ausführliches Beispiel der Art giebt die Ein­ leitung zu den Vögeln.

S o wird dekretirt, die Genossen der Schuld anheim den Gerichten zu stellen. D ann schwört da der Schelm Euathlos und dort Gross­ maul Schreionymos W erffchild: „Verräther an euch nie würden sie, nie! stets kämpften fürs W ohl sie des V olkes!" — Auch vermag kein Redner 'ncn Antrag durch beim Volke zu setzen, der sonst nicht 595 Vorschlug, das Gericht zu entlassen, sobald es in Einer Sache erkannt hat. J a der Erztodtschreier, der Kleon selbst, nur an uns nicht wagt er die Zähne, N ein schüttelt die Hand uns, hütet uns fein, und weht uns die Fliegen vom Kahlkopf, v.

592. E u a t h l o s ist einer von den „jüngern Leuten", wie A ristopbanes in den Holkaden sagt, und wird schon in den Acharnern B . 710. als einer der windigen und anm aßlichen Redner bezeichnet, die gegen die N otabilitäten frü ­ herer Zeit ankämpften. E r hatte seine Rhetorik bei P ro ta g o ra s gelernt und gab d arauf dessen „ K u n st" her­ aus, und auch a u f ihn wird die Anekdote erzählt, daß er den ersten Beweis seiner erworbenen Gewandtheit dadurch abgelegt habe, daß er seinem Lehrer bewies, nichts von ihm gelernt zu haben, und ihm also keinen Lohn schuldig zu sein. — G roßm aul Werfschild ist natürlich Kleonvmos s. oben B . 19. — Beide werden wohl derartige Fähr> lichkeiten vor Kurzem zu bestehen gehabt haben, und sie blendeten dann das thörichte Bvlk durch solcherlei schöne Phrasen. v. 595. J e weniger in einer Sitzung abgemacht wurde, desto häu­ figer mußte Gericht gehalten und den Geschworenen ihr S o ld gezahlt werden; dieß ist dem Athenäischcn B urger der liebste Erwerbsquell, und m an insinuirt sich beim Belke, wenn man in diesem S in n e beantraget, n u r einen Proceß in jeder Sitzung vorzunehmen; dafür erzeigt sich denn die Ekklesie dankbar, indem sie anderen A nträgen eines so braven Redners beistimmt.

Wie d» dessen bisher auch nicht so viel a» dem eigenen Vater gethan hast. Ja Theoros, — und der ist mindestens doch kein schlechte­ rer Mann wie Euphemos — D er kommt mit dem Schwamm und taucht ihn ins Napf 600 und wichst mir die staubigen Stiefeln. Da sieh, von wie süßem, wie herrlichem Glück du mich aus­ schließt und mich zurückhältst, Das du gar als Knechten und Dienstbarkeit dich erfrechst nachweisen zu wollen! Haßkleon. Satt schwatze dich, mußt abtreten ja doch; magst trotz des genommenen Abtritts Dich vergülden hintnäch mit der Munddiarrhoe von der hochehrwürdigen Herrschäst! Kleobold. Doch das süßeste Glück für die trauernde Brust, beitiahe 605 vergaß ich'S zu nennen! Wenn ich komme nach Hau» mit dem Sold vom Gericht, so eilen mir alle entgegen, Liebkosen mich schS», denn ich habe ja Geld; mein Töchterchen aber vor Allen Wischt ab mir den Staub und salbt mir die Füß' und beu­ get sich über mich, küßt mich, Sagt: HerzenSpapa! und sischt aus dem Mund den Triobolos mir mit dem Zünglein. v. 600. Dieser Euphemos, den die Scholiasten zu unserer Stelle einen der am meisten av Schmeichler verschrieenen Män­ ner nennen, scheint sonst nicht weiter genannt zu werden, v. 609. Daß die Athener ihr Stückchen Geld im Munde tragen, wird oft erwähnt und giebt zu unzähligem Scherz Anlaß, (f. Bögel K> 503.)

010 Auch kommt mein Frauchen und liebkost mich und bringet mir Plinzen mit Rührei Und

setzet sodann sich neben mich hin und nöthigt mich: „Alterchen, iß doch!

D a koste doch mal!" Deß' freuet sich dann mein H e rz; nicht brauch' ich m it Bangen Zu achten auf dich und den Schaffner im HauS, wenn er Frühstück endlich mir hinsetzt. In

den B a rt sich brummend mit heimlichen Fluch, ob er nicht was Andres mir einrührt.

015 D a s ist mein Schirm in jeglicher Noth, mein Stecken und S ta b in Gefahren. Und versagst du den Krug mir mit Most, ja so treib' ich den Ochshost W ein mir sogleich her Und strecke mich hin und schenke mir ein, und so wie er die Hörner, die S tirn senkt Und brüllet, so läßt er auf dich und den Krug mit V e r ­ achtung fürchterlich Einen. N un, hab' ich fürwahr nicht große Gewalt, gar nicht viel mindre wie ZeuS selbst, 0*20

D a ich höre von mir, was Zeus von sich selbst? Denn so wie wir Richter da lärmen und schrein, Steht jeder sogleich, der vorbeigeht, still, S a g t: „Himmel und Zeus, wie wettern die Herrn Im

Gerichtshof h eu t!"

Und schleudr' ich den Blitz, so beben und flirrn v. 617.

Der Sckerz mit dem brüllenden und ....enden Ochs-lwft Wein ist im Griechischen prägnanter; dort heißt Esel zu­ gleich ein Trinkgefäß und macht dann dieselben Gesten viel natürlicher.

v. 6*26.

Beben und flirren ist eine falsche Übersetzung; das Ori­ ginal hat ein köstliches Bild, wofür unsre Sprache ein bezeichnendes Wort fehlt. Lockt man Tauben, streichelt man

Und bemachen in Angst sich die adligen Herrn Und die Reichen noch mehr. Auch namentlich du, du fürchtest mich sehr, J a bei Gott, du fürchtest mich; aber verdammt 630 Will ich sein, wenn ich dich fürchte! C hor. Noch nie, noch nie haben wir so Klar und bestimmt reden gehört, Nie so mit Geist und Umsicht! K leobold. O nein; doch unbewachten Wein gedacht er leicht zu lesen, 635 Und wußte doch, wie Meister stets im Reden ich gewesen! Chor. W ie er Alle« besprochen hat Und nicht« vergessen, so daß i ch Selber mich suhlen lernte. Za in der Sel'gen Zuseln, 640 Schien es mir, säß ich richtend, Wonneberauscht vom Vortr die man mit ihrer ganzen feinberechneten Gewandtheit im Weiteren sehr deut­ lich erkennt. Es scheint Haßkleon, eingedenk des obigen donnernden

H a ß k le o n . S o höre mich denn, o Herzenspapa; doch entwölke die S tirn 655 mir ein Bischen! N un rechne zuerst durchschnittlich einmal, nicht haarscharf, nur an den Fingern, W as jegliches Jahr uns bloß an Tribut einkommt von den sämmtlichen Bündnern; Nächstdem auch rechne die Zölle dazu und die allerlei H a­ fengefälle, Reugelder, Verspeicherung, M arktzins, Pacht, Bergwerke, verfallneS Privatgut, W etterus der Richter, seinen V ater als den BlitzezeuS anreden und ihn bittra zu wollen, ein wenig den großen Zorn zu lindern. v. 654. W er gemordet hat, darf nicht den Opfern und Opferschmäu­ sen beiwohnen, und die Eingeweide waren von dem Deli­ katesten beim Opfer. v. 657. Die Bundesgenoffenschast, au deren Spitze seit Aristides Zeit Athen stand, brachte nach desselben Feldherrn Ber­ theilung ein jährliches Geld zusammen zur Fortsetzung der Perserkriege; der Schah, der Anfangs zu Delos deponitt war, wurde von Athenischen Beamten, den Hellenotamten verwaltet und seit 460 auf den Antrag der S am ier nach Athen verlegt; seit jener Zeit gewöhnten sich die Athener, dm Schatz als ihr Eigenthum und die beitragenden B ünd­ ner als ihre Unterchanen anzusehen und zu behandeln. Die Sum m e, Anfangs 460 Talente, betrug zu Anfang des peloponneflschen K rieges.600 und stieg während der ersten zehn Ja h re desselben auf fast 1300. v. 658. Zölle flnd namentlich die der Metökm oder angesiedelten Fremden, zwölf Drachmen jährlich für die Familie, auch sonstige Gewerb- und Personensteuer. H a f e n g e f ä l l e sind Eins vom Hundert. R e u g e l d e r mag mir erlaubt sein, die sogenannten Prytanien zu nennen; nemlich bei jeder Privatsache legten beide Parcheien ein nach dem fBtt* hältniß des SachwertheS bestimmtes Geld nieder, bei einem W erth von hundert bis tausend Drachmen drei DrachAristoph. II.

F

82

2 ic

Wespen.

otti Das Alles zusammen in summa mag zweitausend Talente

betragen. Von diesem .Betrag nun nimm dir einmal den jährlichen Sold für die Richter; Sechstausend Richter, — denn eurer so viel, mehr nicht sind üblich im Lande — Macht, irr' ich mich nicht, im Ganzen aufs Jahr einhun­ dert und fünfzig Talente. Kl eobokh. Kein Zehntel einmal von der Staatseinnahm' kommt also aus Sold der Gerichte? Haßkl eon. 665 Kein Zehntel, du siehst's! und wo in der Welt kommt alle

das übrige Geld hin? Kl eob ol d. lhefrig.)

Zu den Herren von „Nimmer verrath' ich das Volk und ich schirme die Gassenathener Und ich wag' allzeit für die Menge den Kampf' I men,

von tausend bi# zehntausend dreißig u. s. w .;

wer

den Proceß verlor, ersetzte dem Gegner das Reugeld. Die anderen Sachen sind an sich verständlich, und der Ueber; setzer hat es vorgezogen, statt antiquarischer Genauigkeit anschauliche Bezeichnungen zu suchen, v. 66*2.

Aristopbanes Berechnung ist nicht wenig Übertrieben. Er rechnet auf 6000 Richter 150 Talente, d. l). 5,400,000 Obolen, so daß auf jeden Richter im Ja h r 900 Obolen kämen, und, da man für jede Sitzung drei Obolen erhielt, sich dreihundert Gerichtstage ergaben.

Dieß ist zu hoch

gerechnet, da allein für regelmäßige Ekklesien vierzig Tage abgehen; zählt man dazu die außerordentlichen Ekklesien und die Festtage, so darf man mit M eier und Schomann gewiß mehr als Hundert Tage jährlich rechnen, an denen kein Gericht gehalten wurde.

Haßkleon. Ja du hast, Herzvater, sie selber Zu beherrschen dich, mit in den Wahlen ernannt, durch solches Geschwätze berücket.' Und die gehn hin und nehmen Geschenk bei fünfzig Talen­ ten und mehr noch Von den Städten umher, die sie schrecklich bedrohn, eiaschüch- 670 tern zu äußersten Aengsten: „Gebt Geld, gebt Geld, sonst richt' ich die Stadt euch don­ nernd und wetternd zu Grunde!" D» indeß bist froh, von der Herrschaft selbst, die ja dein, zu beknabbern den Abgang. Doch die Bündner, sobald sie eS hören und sehn, wie der übrige Krethi und Plethi An den Hefen sich labt, und die Tiegel beleckt und sich kleckt an dem übrigen Gar-nichtS, Sie achten der Konnosstimme dich gleich; doch an jene da 675 schicken sie eifrigst Wein, Teppiche, Käs, Korbflechten mit Lachs, Seimhonig, Gebackenes, Polster, Trinkschaalen, Gewirk, Goldbecherchen, Myrrh'n, Kleinodien, Fülle des Reichthums; Doch dich, der du herrschest, soviel du zu Land und zu Was­ ser umher dich gekrepelt, Niemand der Beherrschten bedenket dich je auch nur mit ’nmt Stengelchen Knoblauch.

v. 675. Konno« (Konnas) ist der einst vielfach gerühmte, jetzt veraltete und verachtete Musiker, bei dem Sokrates die Zither gelernt hatte. Gelehrte Männer finden hier Beziehung auf das Sprüchworl „Zeus Stimme," womit man etwas Heiliges und Erhabenes bezeichnete.

84

D ie W espen. Kleobold.

6S0 J a freilich, ich ließ drei B ü n d e lte n mir noch letzt bei Cr« charides hohlen! D och mir zu beweisen, wie Knecht ich bin, w a s säumst du damit mir zum Aerger? Haßkleon. Und ist eS die härteste Knechtschaft nicht, daß die, so in W ürden und A m t sind, S i e selber sowohl wie ihr Schm eichlergefolg G eld nehmen und förmlichen D ienstlohn? Und du, wenn du drei O bolen bekommst, bist froh, die ja schon du im S eed ien si, 685 I n den Kriegen zu Land, im B elagerungsdienst dir verdien test m it vielen S tr a p a z e n ! Und dazu noch kommt, w as am meisten mich kränkt, daß du hingehst einem B e f e h l nach, W enn in s H au s dir gekommen ein modischer Geck, ein kuppelte- Chaireassohnlein, • v. 680. E u c h a r i d e 6 ein Knoblauchhändler, v. 683 I n Athen sind nur die untergeordneten S tellen besoldete, und oft genug von S clav en, Freigelassenen oder FreniMiiv gen besetzt; nur die Diener der Behörden, nicht die B ehö r­ den selbst erhalten Lohn. Und wußten sich nun diese durch ihre S tellun g Geld zu verdienen, so w ar es nicht bloß ein juristisches Unrecht, sondern erniedrigte zugleich den Demos, von Lohnarbeitern statt von freien B ürgern, die sich mit der Ehre des Am ts begnügten, beherrscht zu werden, v. 685. Perikles hatte den S o ld für die Truppen eingeführt; der B etrag w ar nach den Umständen verschieden; Seetnippen erhielten in der Regel drei Obolen, Schwerbewaffnete er­ hielten für sich und ihren Bedienten a u f den Tag 12 Obolen. v. 687. CH a i r e a s , den S o h n des Archestratos, nennt Thucydides (V III. 74.) bei Gelegenheit des K am pfes der Demo­ kraten gegen die Oligarchen in S a m o s als jenen zuge
.)

Nun weiter, welche Sache leg ich zuerst ihm vor? Wer hat im Haus unb was für ein Unrecht gleich gethan? Ja, Thratte wegen ehegestern zerbrochnen Topfs! Kleobolb. (auffahrend.)

Halt ein, o Sohn! da- ist ja um fast zu sterbendran! So ohne Barren Sitzung halten wolltest du, Der Heilgen Weihe Erstes, was dem Blick sich zeigt? v. 819. v. 822.

Lykosheiligthum f. o. B . KleonymoS, groß und Wolfsgestalt.

v. 830.

Der alte Richter sprichtmit. Metaphern Eleusinscher M y ­ sterien ; er vergleicht die Barren mit den einleitenden Wei­ hen und Ceremonien, die man zuerst zu sehen bekommt.

830

390. ungeschlacht, wie der HeroS in

96

Di» Wcspm

Haßkleon. Bei Gott! ja Barren fehlen noch! so lauf ich hin Und hohle der Art waS ohne Verzug noch aus dem Ha-uS! WaS hilft'S! Gewohnheit nennt er feine Amme! (4b.)

Siebente Scene. Chor. Kleobold.

Haßkleon. Sofias.

Lanthlas.

Lanthias. (aus dem Hause hervorlauscnd.)

Höh! 835 Daß dich der Geier! solchen Köter zu füttern noch! Haßkleon. (auS der andern T h ü r deS Haufe- kommend.)

Was giebt's denn hier? T a nth ias. Der Labes! der verfluchte Hund! Der v. 936.

D er Name des Hundes würde deutsch etwa Diebisch lau­ ten; doch um jede ungehörige Erinnerung zu vermeiden, ließ der Uebersetzer lieber das Griechische W ort, da- auch an eines bekannten Feldherrn Namen erinnern soll, von dem es nur um einen Buchstaben verschieden ist: s. E in ­ leitung. — Daß sich aus diesem Käsediebstahl des H un­ des ein Proceß entwickelt, ist nach Attischen Rechtsbegrif­ fen nicht so wunderlich, wie es uns erscheint; es wird eine angeblich Lysianische Bertbcidigungsrede für einen Hund angeführt, aus deren Bruchstücken man ersieht, daß jemand eines anderen Hund verklagte, der seine Hündin­ nen, da sie in deS Gegners Garten gekommen waren und Schaden angerichtet hatten, auf sie gehetzt zu Schanden biß; nach Attischem Recht mußte dem Geschädigten ent­ weder der Schaden ersetzt, thuung ausgeliefert werden.

oder der Hund

zur Genug­

Der hat in die Küche sich eingeschlichen, das große Stück Sicilischen Käse sich da genommen und hintergeschluckt! Haßkleon. Das erste Verbrechen also, das ich dem Vater zum Spruch Vorlegen muß! Du aber trittst als Kläger auf. 840 Lanthias. Mein Seel', ich nicht; doch bereit erklärt sich der andre Hund, Die Klage zu machen, wenn sie angenommen wird. Haßkleon. Wohlan so bring' sie beide her! Lanthias. Soll gleich geschehn! (ab.

Sofia- bringt eine geflochtene Hürde heran-.)

Kleobold. Was ist denn das? Haßkleon. Ein Schweineverschlag von Hestia'S Heerb! Kleobold. So bringst du Raub vom Heiligthum?

845

Haßkleon. Nein, nur damit W ir beginnen mit Hestia, falls er hingeöpfert wird! v. 841. Labe- b. H. der Zeldhere Loches Ist ein zu mächtiger Mann, als daß jeder sofort wagen möchte, gegen ihn zu klagen; aber der andere Hund, Kleon, wie in der Anlei­ tung nachgewiesen, wird sich dem unterziehen, v. 844. „Der Stall mit den einzelnen Abtheilungen für die Haus­ siere lag am Heerde, dessen Borsteherin die Göttin Hestia war." Boß. M it Hestia begann man alle Opfer (Bögel B. 865.). Aristoph. Ii.

@

US

L>ie Wespen.

5x l e o b e ( b.

Schnell inquirirt! tmch Spruch und S trafe verlangt mich

sehr! Haßkleon. Nun bringt geschwind die Tafeln her und die Klageschrift! ( einer bolt sie.)

Kleodold.

Weiss Gott, du machst mich mit deinem ew'gen Derschlep: pen todt!

Söo Ich

brauche ja nur in den Sand

hier einige Striche zu zidm.

H aßkle on. Da

sind

sie!

Kleodold.

S o lade vor! Haßkleon. J a gleich! Kl eodol d. W er wird denn wohl Alterst sich stellen?

r. K47.

W enn eine Klage von der betreffenden Behörde entgegen­ genommen war, so wurde sie ibrem Hauptinhalt nach aus eine mit Gyps und

aufgestellt;

bestrichene Helziafel, das

Programm

S a n is ,

und

mußten von der betreffenden Behörde,

die

geschrieben Klageschrift

die beim Gericht

präsidirte, am Gerichtstage zur Stelle gebracht werden. D er Alte meint, das wäre gar nicht nöthig gewesen; ein P a a r Striche in der S a n d gezogen,

die hatten die S telle

eines Programms vertreten können.

Dieß gegen die ge­

wöhnliche Erklärung, die unter der S a n is hier solche Tä selchen versiebt, wie sic zu V . 106. beschrieben worden.

Haßkleon. Alle Geier, wie ärgerlich, Daß ich die Urne» mitzubringen vergessen hab'.' Kleobold. Wo willst dn hin? Haßkleon. Die Urnen holen! Kleobold. Nicht doch, nein! Ich habe ja hier die Krüge, die sind schon gut dazu.

855

Haßkleon. Das geht ja trefflich; AlleS haben wir zur Hand, Was nöthig ist; un« fehlt nur noch die Wasseruhr! Kleobold. (auf den Rachttopf zeigend.)

Wa6 wäre das denn? ist das nicht 'ne Wasseruhr? Haßkleon. Du schaffst dir alles trefflich und mit Attischem Witz! Nun aber bringe man schnell ein Feuer aus dem HauS Und Myrrhenzweige, ingleichen etwas Weihrauch her, Damit zuvörderst wir zu den Göttern opfernd flehn. v. 854; v. 855.

v. 857.

v. 86 t.

Die Urnen, die Steine bei der Abstimmung hinein zu werfen. Unter dm mancherlei Sachen, die Haßkleon (B. 805.) her­ ausgebracht hat, ist auch ein Mtschkrug und Becher, wenn der gute Alte einen Schluck Wein nehmen will, Die Wasseruhr (Klepshdra) war nöthig, um die Dauer der Zeit, die den Rednern für und wieder vergönnt wurde, zu bestimmen. Jedes Gericht wird durch ein Reinigungsopfer oder we­ nigstens durch Räucherung und ein Gebet, das der He­ rold (hier Haßkleon) spricht, eingeweiht.

860

Chor.

Und wir, wir wollen zu euerer Spend Und zu eurem Gebet M it glücklichem Wort einstimmen für euch, Die ihr beide so brav nach dem Hader und Streit Euch friedlich vertraget und einigt. Nun schweigt in Andacht, schweigt in Andacht Alle rings! O PhoiboS Apollo, Pythischer Gott, zum guten Glück Laß d u das Werk, das dieser Hier vor den Thüren jetzt beginnt Uns allen wohl gesegnet sein, Aller Verirrung End', O Helfer, o Paian!

A c h t e Scene. Dit

Vorigen.

Z w e i Hu nd e .

Haßkleon. O Helfer und Herr, nachbarlicher Hort, Thorwart du der Pforten, AgyieuS, Au nimm du die neu dir bereiteten Weihn, die dem Va­ ter ich heute gestiftet; Laß enden in ihm dieß allzugewohnt murrköpfische finstere Wesen, Und flöß an des Wermuths S tatt in daS Herz ihm den Ho­ nig gelinderen Sinnes! O gieb, daß stets er den Menschen hinfort Sanftmüthiglich sei, v. S75.

Ein Bild des Apollon Agvieus, des Straßenschützers, stand auf der Biibnc vor der Mittelthur der Hinterwand.

Daß mehr den Verfolgeten M itleid er Wie den Schädigern schenk', D aß den Flehenden nicht er die Thräne versagt, D aß er, ganz ablegend die Aergerlichkeit, I m Gemüthe den Zorn Austilge, die brennende Nessel! C h o r. G ern flehn wir m it dir; unsern Glückwunsch fügen wir i i o Den, neuen Richtamt deine- Gebete- wegen bei. Denn «ohlgewogea sind wir, Seitdem wir sehen, du liebst da- Volk S o herzlich, wie kein andrer sonst Unter den Jüngeren. 415 (Die Scene ist mit dem Schweineverschlag umgeben, auf der einen Seite sind die beiden Tribünen errichtet, gegenüber Kleobold auf den Geschwornen bänken.)

H assk leo n . (alb prLsidirende Behörde.)

I s t draußen noch ein Heliast, herein, herein! Sobald die Reden begonnen, lassen wir niemand ein! Kleobold. W er ist Verklagter? und auf welche S traf« verklagt? Lanthia«. (alb Schreiber de- Gerichte-.)

I h r Herrn Geschwornen, hört die Klageschrift: „ E s klagt Hund Kydathener wider Labe- von Aixonhain 420 I n Sachen Sicilischen Käse-, daß er ihn allein Gefressen hat. Zur S t r a f : ei» Knittel zwischen die Bein'." K l e ob o ld . Nein, sterb' er de- Hnndetode-, wird er schuldig erkannt? v. 897. Zu r S t r a f e : e« wurde in der Klageschrift meistentheil« die Schätzung der Strafe mit aufgeführt.

j 02

Oie W-spcn

H aß k l eo n . (den Hund auf die Tribüne führend)

Hier ist Verklagter, Labes sein Name, Hund sein Stand. K l e o b ol d . 900 Ein verfluchter Hund! zehn Diebe, die aus dem Aug' ihm sehn! Und wie er die Zähne weiset und meint, mich zu hinter­ gehn! Wo ist indessen der Kläger, der Hund von Kydathen? H und. (wird aus die Tribüne geführt.)

Hau! hau! Haßkleon. Er ist zur Stelle! Kleobold.

(aufstehend.)

Ein zweiter Labes ist ja das, Ein braver Beller, gewandter Lecker von Topf und Faß! Sosias. (als Herold, zu kleobold.) 905

S till, setze Dich! (Z U

Lanthiaö)

T ritt her als Klager, beginne du! (Lanthias tritt auf die Bühne zu dem Hund Kydathener.)

Kleobol d. Wohlan, ich schenke mir etwas ein und nippe dazu!

v. 899.

In

den Attischen Gerichten waren zwei Bühnen errichtet

für die beiden Partheien; dort redeten sie stehend oder saßen sie, wenn sie nicht redeten, neben ihnen ihre B e i­ stände und andere Freunde, welche sich bei den Richtern für sie zu verwenden W illens waren.

Xanthias.

D ie Klage, hochehrwürdige Richter, wisset ihr, D ie ich wider ihn erhoben. Schmählich hat an mir, An dem ganzen Schiffsvolk sich vergangen dieses Thler. Ausreißend hat er ein groß' Stück Käs mit keckem B iß Hinwegsicitirt, verschlungen in Winkels Finsterniß —

910

Kleobold. J a die Sach' ist klarer als der T a g ; denn eben bläs t Der infame Stänker mir einen RülpS durchaus verkäst JnS Angesicht! Xanthias.

Und gab mir nichts, da ich ihn bat! Wie wird nun d er wohlthun an euch und an dem Staat", 915 Der mir dem Hunde selbst nichts hingeworfen hat? Kleobold. Er theilte nicht? Xanthins.

M it mir, mit feinen Kornraden, nicht l v. 907. S e h r artig ist die- Umspringen mit den Personen; hat auch Xanthias vorher versichert, nicht klagen zu wollen, so tritt er doch jetzt nicht etwa als Beistand oder Freund des Hundes mit einer Synegorie, sondern im Namen des Hundes selbst a u f; doch zweifle ich, daß er sich hinter ihn gestellt, seine P fo ten genommen und mit selbigen gesticullrt habe. v. 909. W örtlich: „an dem ganzen Hollah oh" ; das ist der eigentliche R u f der Schiffsleute. A uf den ersten Anblick sieht diese Hin­ zufügung wie eine chicanöse Erweiterung der Klage aus; nichts war antidemokratischer, als sich gegen den gemeinen Haufen, aus dem besonders die Schiffsleute genommeu waren, zu vergehen. Zugleich aber fuhrt es trefflich auf die Verhältnisse des Laches hinüber, der ja Geld nahm und Beute machte, ohne mit dem Schiffsvolke zu theilen.

K le o b o ld . Ein heißer M agen, heiß wie selbst dieß Schlückchen niccht! H a ß k le o n . Bei den Göttern, V ater, fasse nur kein Vorurtheil, 920 Bevor du auch vernommen hast den ander» Theil! K le o b o ld . M ein Freund, die Sach" ist klar, die Sache selber schrceit! L a n th ia s . Nicht sprich ihn steil von allen Hunden weit und breiit I s t dieser Mensch von der ärgsten Selbstgefräßigkeit, D er umher ja steuernd zu allen Krügen jeder S ta d t 925 I n der ganzen W elt die Hefen ausgerüstet hat! K le o b o ld . Und ich indeß Hab kaum für meinen entzweirigen Hafen Rath u n d D rath ! X a n th ia s . D rum mußt du ihn strafen; es heißt ja ein bekannter Satz, Nie ist in einem Busche für zwei Diebe Platz. 930 Nein, laßt mich nicht umsonst gebellet haben heut, Sonst bell' ich nie mehr bis in alle Ewigkeit! v. 920. Im Nichtcreide heißt es unter andern: „ich will den K lä­ ger und den Beklagten beide auf gleiche Weise anhören und mein Urtheil auf den Gegenstand der Klage selbst richten." v. 925. D er höchst picante Doppelsinn des Originals konnte nur durch eine Umwandlung der Beziehungen in der Uebersetzung erhalten werden; trotz aller Bemühungen wollte es nicht gelingen Ausdrücke zu finden, die das außer dem Berse stehende „und ich indeß" vermeiden ließen. v. 928. D er bekannte Spruch heißt: in einem Busch Ist nicht für zwei Rothsinken Platz.

s ie übe Ib. £> Wetter und Welt! ggie vieler Abscheulichkeiten klaget der ihn an! Ein Wetterdieb von Kerl! Du meinst doch auch so, Hahn? Bei Gott, er nicket „ja " mir zu. Herr Thesmothet! Gieb mir den Nachttopf, Junge! ja gieb ihn, Thesmothet! Selbst lang' ihn dir!

9 35

S of i a s . Ich lade die Zeugen jetzt herbei! (der Alte beginnt den Nachttopf zu füllen.)

Die Zeugen vor in Labes Sache! die Tellerreih', Die Feuersorg', Käsreibe, Kelle, Topf zu Brei, Und all' die alte angebrannte Töpferei! (die ehrenhaften Zeugen werden auf Klägers Tribüne gebracht.)

Du pinkelst noch und hältst dir selbst das Weitere auf!

940

Kleobold. Das Weitre dazu wird machen der Hund, ich wette drauf! H a ßk l e0 n. O wirst du niemals enden, rauh zu sein und hart Selbst gegen Verfolgte, bleibst Du ewig von bissiger Art? Kl eobold. (zu Hund Labes)

Tritt auf, vertheidige, rühre! Was verstummst Du, sprich? S 0 si a s. Zu sagen scheint er nichts zu haben, dünket mich! v. 935.

Der vorliegende Handel als Proceß über Diebstahl gehört unter das Präsidium der Thesmotheten; die Vorsitzende Behörde laßt, nachdem die eine Parthei gesprochen, die Klepsvdra von Neuem mit Wasser füllen; darum fordert der Alte hier von dem Sofias, der nun als Thesmothet und Herold zugleich agirt, die Klepsydra, neu sie voll

V. 941.

Der Hund LabcS wird in diesen Nöthen etwas machen, was er nicht lassen kann.

zu

945

Haßkleon. O nein, doch mag ihm etwas AehnlicheS wohl geschehn,, Wie jüngst dem Thukydides, als er mußt' zu Gerichte frrchn; Urplötzlich fuhr ein lähmender Krampf ihm in den Schllund. S o tritt bei Seit', ich will Dich vertheidigen, armer H w nd! (tritt auf die S u ta n e de- Lcades.)

930 Zwar ist es schwer, ein so verunglimpft Thier, ihr Henrn, Vertheidigend zu vertreten, dennoch sprech' ich gern. E r ist so brav, er verfolgt die Wölfe bis in den Tod



Kleobald. E r ist ein Dieb, ein Erzverschworner und im Complottt! Haßkleon. Bei Gott, ist mehr wie irgend ein Hund im Lande bnav, 955 Und höchst befähigt, Führer zu sein für viele Schaaf'! K l e o b o l d.

Was ist

er nütze, wenn er Käse stiehlt und frißt?

Haßkleon. E r kämpft für dich, bewacht das Haus, kurzum er ist Vortrefflich.

Und hat er eine Kleinigkeit entfernt,

Verzeih's — die Zither freilich hat er nicht gelernt! Kl eobol d. 960 Sch

wollt', auch nicht das A B C , so brauchten w ir

Auch nicht zu lesen seines Frevels Vertheidigung hier! v. 947.

B on diesem Proceß des alten Aristokraten Thukydides s. zu Acharn. B . 703.

v. 955.

Schon oben in dem Traum des S o fias heißen die Athener

v. 959.

Dieser brave Laches kann nur kämpfen und das Bater

in der Ekklesie Schaafe. land schützen, die feine rhetorische Bildung, die jetzt Mode und bewundert ist, ist ihm fremd geblieben, v. 261.

Gegen die Klageschrift des K läger- reicht Verklagter ein-Gegenschrift ein.

107

D i« W »sp«n Haßkleon. V e rn im m , G e e h rte r, die Z eu g en au ssag ', d ra u f sie b a u t! T r ic t h er du K äsereibe, ab er rede l a u t ;

(fie wird vorgeführt.)

D u w arst d am als V e r w a lte r in ; a n tw o rte klar, O b du klein g erieb en , w a s bestim m t f ü r die T ru p p en 965 w a r? J a , sagt sie, kurz und k lein ! Kleobold. N e in , nein, sie lü g t, so w a h r — ! Haßkleon. O H öchstverehrter, erb arm ' dich de« unglücksel'gen M a n n '« ! M e in Labe« ist m it G r ä te n auch u n d H eringsschw anz Z ufried en , bleibt auch nicht daheim n u r g a r u n d g a n z ; D och je n e r ist n u r W ächterh u n d , bleibt stet« im H a u « , 970 U nd b rin g et irgend einer w a«, w ill e r vom S c h m a u « Auch seinen A n th eil, sonst ja beißet er ihn h in a n « ! Kleobold. (trocknet sich die T h rän e n .)

O p fu i! w a« soll'« bedeuten, daß ich so tra u rig b in ? M i r geschieht w a« S c h lim m e « ; g e rü h rt, v erw andelt ist m ein S in n ! Haßkleon. J a laß dich e rb itte n , V a te r ! o e rb a rm t euch sein! O richt' ihn nicht zu G ru n d e ! w o sind die K in d elein? (einige junge Hunde werden auf die Tribüne gebracht.)

v. 962. Käsereibe, Verwalterin, s. Einleitung, v. 964. „D er tapfere LacheS brandschatzt doch nicht immer in Athen, auch ist er mit Geringem zufrieden. Kleon aber, der feige zu Hause hockt, schlingt alles Volksgut hinab."

975

Kommt her, ihr Würmchen, mit winselnder Umi'it'enikh lichkeit Fleht an, beschwört, kniet nieder, weinet, schreit! Kleobold. (in höchster Rührung)

Hinab, hinab, hinab, hinab! Haßkleon. Ich steig' hinab!

980 Und wenn in Wahrheit auch schon Manchem dieß „himab'’ Vergeblich Hoffnung gab, ich steige doch hinab!

Kleobold. (sich die Augen reibend)

Zum Henker! Gut ist solches Nippen nimmermehr! M ir macht eS gar, will mich bedünken, die Augen schwer. — Nichts weiter, ich war so sehr beim Schlucken hinterher!

985

Haßkleon. So soll er nicht frei kommen? Kleobold. Zst schwer abzuseyn! Haßkleon. O Bater, wollest eines Beffren dich versehn! Da nimm 'nen Stimmstein, drück' ein Auge zu, sei groß! O Vater, tritt zur Hinterurne, sprich ihn loö! v. 980.

W enn die Richter ihr „hinab" riefen, so konnte das die Parthei glauben machen, sie feien mm ganz überzeugt; und gerade das brauchten die Richter oft, um- die Parthei mit schönster Hoffnung zu täuschen,

v. 983.

D er Alte verleugnet seine R ührung; heißes Getränt gedrängt.

v. 987.

habe

ihm

das

er meint, nur sein

Wasser

Hier ist eine A rt Abstimmung bezeichnet, häufigste ist:

Ln

die Augen

die nicht die

Der Richter hat einen S tein, und zwei

Di« W«sp«n.

109

K le o b o ld . (ausstehend)

Nein», nein! die Zither hab' ich nicht gelernt, o Kind! H a ß k le o n . Woohlan, so führ' ich dich zu der andern herum geschwind! 990 (nimmt ihn beim Arm und läuft mit ihm ein P a a r M ale herum)

K leo b o ld . I s t ' das die Dorderurne? H aß k leo n Freilich! K leobold. Hinein, du S te in ! H a ß k le o n . (für sich»

Er ist betrogen, mußt' ihn wider Willen befrein! K leobold. Nun» laß mich zählen! W ie nur wird entschieden sein? (schauet beide Urnen aus.) H aß k leo n . Balild zeigt eS sich! — Frei bist du, Labe-, frank und frei! Wiäe wird dir, V ater? 995 K leo b o ld . Nachbarin, euer Fläschchen. (sinkt zusammen)

H a ß k le o n . Ei, Kon»»», richt dich auf, mein Vater! K leobold. S ag ' mir eins, o Knab', Ist er wirklich frei! Urnen sind ausgestellt, die vordere für dir Lossprechung/ die andere für die Verdammung.

H a ß k l eon. B ei den G öttern j a ! K le o b o ld . I s t mein daS G rab ! Haßkleon.

O sorge nicht drum, guter V ater, ermanne dich! K le o b o ld . W ie wird von nun an das Bewußtsein quälen m ich: 1000 Los sprach ich einen V erklagten! W as noch w artet m ein? I h r erhabnen G ötter, ernst und groß, wollt m ir's verzeihn; Ic h that es ungern, nicht nach meiner A rt, o nein — ! H a ß k le o n . O kränke dich, V ater, weiter nicht; denn köstlich M ahl W ill ich dir bereiten, dich m it mir nehmen überall 1005 Zu frohem M ahl, Hochzeitsgelag und Festpocal, S o daß du süß hinleben sollst nach eigner W ahl, Und kein Hyperbolos höhnend dich berückt und quält! S o komm herein! Kleobold. Ich steh' zu Diensten, wenn's ge allr. Alle v. 1 3 1 6 . D e r Deutsche leser m ag m ir erlassen, dieß lesbische S p ie l zu erklären, das den Franzosen durch B e ra u g e rs lie b e r geläufig ist.

Da stelle dich hin geschwind und nimm in deine Hand Die Fackel hier, damit ich ihn foppe nach Junkerart, Wie er auch mit mir that, eh' er eingeweihet ward! (die Flötenbläserin stellt sich m it der Fackel hin.)

D ritte

Scene.

Die Vorigen. Haßkleon.

H a ßk l eo n. Ha du.' ha du da! Hurenbock du, alter Knab'! 1365 Du hast wohl Sehnsucht nach den Mädchen im kühlen Grab? Du kommst mir bei Gott nicht ungestraft fort, keinen Fall's! Kleobold. D» genössest gern wohl so ein Gerichtchen aus Pfeffer und Saft? Haßkleon. Noch so zu spotten, der du die Flötenbläserin Den Gästen gestohlen! Kleobold. WaS Bläserin! hat das '»e» Sinn? 1370 Du faselst wie einer, der aus dem Grab gestiegen ist! Haßkleon Wahrhaftig? sieh doch, ist das nicht die Dardanis? Kleobold. Da? da? '»e Fackel für die Götter nach frommem Bnuch! Haßkleon. 'ne Fackel dieß? v. 1367. Der Alle meint, der Sohn bade die Richterwntb, dt ih» früher besessen.

KleoboldJa sieh, Brandmahle hat sie ja auch! Haßkleon. Was aber ist das Schwarze, das in der Mitte sitzt? Kleobold. Das ist das Pech, das, «eil sie brennt, hervor so schwitzt! 1375 Haßkleon. Und dieß da hinten, ei, ist da- nicht ein Popo? Kleobold. DaS ist «in Knorren, der sitzt noch an der Fackel so! Haßkleon. Was schnackst du? da« ein Knorren? Schatz, komm' nur mit mir! Kleobold. O Gott! was willst du beginnen, Mensch? Haßkleon. Sie nehmen dir, Sie mit mir nehmen; denn du, du bist schon spack und spähn, *380 Ein alter Stümper, der nickt mehr kann! Kleobold. Hör' Eines an! Ich war einmal bei den Spielen zu Olympia, Sohn, Da rang in Ehren mit Askondas Ephudion, Obschon er ein Greis war; und mit mächtigem Faustenschlag Traf ihn der Alte, daß der Junge zu Boden lag. *3 3 5 Drum hüthe dich wohl vor einer ähnlichen Puckellast! Haßkleon. Wahrhaftig, deine Olpmpien hast du gut gefaßt! (Flötenbläserm ab.)

v. 1373. Man möge annehmen, daß fie als Sclavin gebrand­ markt war.

V i e r t e Scene. Die Vorigen.

Eine B rodbekcrin.

B r o d h ö k e r i n.

O steh' mir bei, bei allen G öttern beschwör' ich dich! D enn dieser Mensch hier ist es, der m it der Fackel nuiri) 1.390 Halb todt geschlagen, mir für zehn Obolen Brod, D azu noch vier Schaubrod' in den Dreck geworfen bmt! H a ß k le o n . D a siehst du, was du wieder gemacht hast! gar Proceß Bekommt man noch von deinem Trinken! K le o b o ld . Keineswegs, D ie feinen Fabclchen machen Alles wieder gut; 1395 S o , weiß ich, kann ich sie bald beruhigen, leicht und bald Brodhökerin. M ein S eel', es geht dir nicht so hin, F rau M yrtia'n, Ankylions und M u tter Sostrates ehlich Kind, S o zu Grunde gerichtet zu haben mit ihrem ganzen Kram Kleobold. Erst, Weibchen, höre; etwas sagen muß ich dir erst, 1400 Das wird dir gefallen! Brodhökerin. Himmel, nein, du Schuft, mir nicht Kl e ob ol d . D a Aesop einmal spat Abends von einem Gelage kam, D a kam ein frecher, besoffner Hund und bellt ihn an; D a rau f antwortete jener und sprach: o Hund, o H un d ! B ei G ott, wenn du dir anstatt der bösen Zunge B rod 1405 Einkäufen möchtest, schienst du mir ein weiser M a n n !

Brodhökerin. Du verhöhnst niich noch! ich lade dich, wer du auch im­ mer seist, Vor die Marktpolizei, von wegen Schadens an meinem Kram, Und stelle zu Zeugen hier de» Herren Chairephon! Kleobold. Nein höre! vielleicht scheint Folgende- die wa- Recht- gesagt: Einst traten zum Wettkampf LasoS und SimonideS auf; 1410 Da sagte LasoS also: „wenig liegt mir dran!" Brodhökerin. Wahrhaftig, Schuft dn? Kleobold. Ja, und du Herr Chairephon, Paßt recht zum Zeugen für die- quittengelbe Weib, Für diese Ino, die Eoripide- hängt am Bein! (Brodhökmn ab )

v. 1407. Die Marktpolizei sind die Agoranomen, deren fünf im Pträeus und fünfzehn in der Stadt durck's LooS bestellt waren; sie hatten die Aufsicht über dm Markt und allm Waarenverkauf, mit Ausnahme des GetraidehandelS. v. 1408. C h a i r e p h o n ist der Schüler und leidenschastllche Ver­ ehrer des Sokrates, der vor lauter Grübeln und Studiren blaß und abgemagert aussah. Welche weitere malitiöse Anspielung hier versteckt liegt, weiß ich nicht. v. 1411. Lasos und Simonides sind zwei berühmte Dichter aus der Zeit vor den Perserkriegen. v. 1414. -,Jno (Acharner B . 441.) ward von Euripides, wie sie mit Todesbläffe in's Meer stürzte, auf die Bühne gebracht." Boß.

F ü n f t e Scene. Haßtlco».

Kleobold.

Klager.

6 her.

Haßklcon. 1415 S ie h , noch ein andrer kommt da, wie ich vermuthe, Herr, Um dich zu belangen; mindesten« bringt er den Zeugen imit. Kläger. - O weh.' o weh! D u Alter da, ich lade dich hiemit wegen RealIn ju rie n vor! Haßkleon. Realinjurien! Himmel nein! O verklag' ihn nicht! denn jede Genugthuung gewähr' 1420 Ic h gern, die du forderst, und bin dir verpflichtet obei»eii>! Kl eobold. Ic h selber seh' die Sache m it ihm von Herzen gern Vertragen. Ic h bin geständig, daß ich ihn schlug und stieß. Doch komm' zuerst einmal mir her. Ueberläßt du's m ir, W as ich dir an Geld bezahlen für die Geschichte soll 1425 Und dann dir Freund sein, oder sagst du's lieber selbst? Kläger. N ein, sage du's! Proceß und Händel mag ich nicht. Kleobold. E in S ybarite fiel von seinem Wagen einst, Und zerschlug sich seinen Kopf dabei, wer weiß wie sehr, D enn er war mit Pferden umzugehn nicht recht geübt; 1430 D a stand daneben ein guter Freund und sprach zu i h m: „ E in jeder treibe das Geschäft, so er versteht!" S o laufe du auch nur Hin zu Meister P ittalos! _________ Haßv. 1432. P i t t a l o s soll ein brrütimtcr Arzt in Athm gewesen sei». (Acharncr L . 1032.)

Di«

145

Wespen.

Haßkleon. Das ist ja wieder ganz so was von deiner Art! Kläger. Du aber auch bedenke, was er antwortete! Kleobold. Hör' zu! o lauf nicht! Schlug in Sybaris einst ein Weib 1435 Einen Napf entzwei — Kläger. Dessen ruf ich Zeugen an! Kleobold. Da rief der Napf sich Jemanden auch zum Zeugen an; Das Weib von Sybaris aber sprach: bei der Kore, Freund! Wenn du, statt Zeugen aufzurufen, einen Verband D ir schnell besorgtest, hättest du sicher mehr Verstand! 1440 Kläger. Spott' immerhin, bis der Archon vor die Barren ruft! lat.)

Haßkleon. Nicht länger, so wahr mir Demeter helfe, bleibst du hier, Nein, nehmen will ich dich, und hinein — Kleobold. Was machen? Haßkleon.

Was? Hinein dich tragen und weg von hier; sonst wird am End' Noch Mangel gar an Zeugen für alle Klagende! 1445 (er nimmt ihn auf die Schultern.) v. 1438. K o r e , d. h. Jungfrau, wie Persephone genannt wird, v. 1441. Die Klage wegen Realinjurien gehört nicht vor den Ar­ chon, sondern vor die Thesmotheten. v. 1446. Der Scholtast zu dieser Stelle erzählt: Einst kam Aesop Aristoph. I I .

K

Di» Wtspcn.

Klcobold. Einst ward Aesop von de» Delphicru — Haßklco». Wenig liegt mir dran! Kleobolb. Beschuldigt, einen Becher hätt' er dem Gott entwandt; Er aber erzählte jenen, wie der Käfer einst — Haßklev». Ei Wetter! du bringst mich mit deine» ewige» Käfern tun! (bridr o(\)

Chor. (Strophe.)

1455

1450

Ich neid' um solch glückliches LooS Dich, Greis, dir froh gewähret S tatt sauren Sinn'-, saurerern Brod s! Und hat er da erst Beffres geschmeckt, So sieht man ihn bald bekehret Zu Prunk und Lust, wie's jeden kleckt. Vielleicht jedoch sagt er auch nein; Immer ja schwer hälts, sich zu befrei'n Von der Natur, in welcher man steckt — Wiewohl auch das Manniger litt, Und Umgang wirkt sonderlichst mit, Daß sich verwandelt Sinn' und Sttt'. nach Delphi und spottete über die Delpbicr, daß sie kein Ackerland hatten, von dessen Ertrage sie sich nährten, son dem sich von den dem Gott gebrachten Opfern erhielten; das nahmen ilrni die Delphier übel und packten ihm heim­ lich in sein Reisegepäck eine heilige Schade; und als Aesop, ohne es zu wissen, diese mit sich nahm, setzten sie ihm nach, griffen ihn, verklagten ihn des Tempelraubes tind schleppten ihn nach dem Bcrgeehang, von dem hin­ abgestürzt zu werden die Strafe des Tempelraubes war; da erzählte Aesop den Delphier» die Geschichte von dem Mistkäfer, die im Frieden V. 120. angeführt wird.

(G egensirophe.)

Doch wir und rings jeder P atriot, W ir wünschen dir viel Holdes, Und preisen dich b is in den Tod, D u vatertreu', redliches B lu t, O S ohn du des Kleoboldes! Nimm er so fromm, nimmer so gut, S a h ich noch Niemand, Niemandes S in n H at mich enrzückt so, reißt mich so hin! G ab eS denn was im ganzen D isput, D rin nicht für ih n der S ieg sich entschied, D er nichts als den B ater nur mehr Zieren wollt' mit Glück und E hr'!

K 2

1470

V i e r t e r Set. E r s te Scene. X a n t h i a s . C h o r.

TanthiaS. J a beim D ionysos, ungereimte Geschichten doch 1175 H a t uns ein D äm on auf die B re tte r heut gebracht! D e n n unser A lter, nachdem er wer weiß wie lang' gezecht Und die Flöte gehört h a t, über die M aaßen froh dabei, T anzt ohne zu enden schon die ganze N acht hindurch D ie alten H opser, die weiland T hespis aufgeführt; 1180 D ie T ragöden von jetzt, altfränkisch nennt er sie allzumal, Und er w oti's im W etttanz ihnen beweisen in kurzer F rist! v. 1179. Thespis ist der allbekannte Dichter, der sogenannte Erfin­ der der Tragödie, der, wie überhaupt die ältestes T ragi­ ker Athens, besonders dem Tanz in seinen Stückm große Ausdehnung gewährte.

Zweite Scene. Die Vorigen.

Kleobold.

Kleobold. (im Tanzschritt hervortretend)

Wer hat sich gesatzt an deS Hofs Flurchor? TanthiaS. Da kommt ja das Unglück selber hervor! Kleobold. Auf thuet das Thor! Denn der Tanz, mein La»; Hebt schnurstracks an!

1483

LaathiaS. Nein, deine Verrücktheit schnurstracks an! Kleobold. (mit steigender Bewegung)

Die Gelenke gebahren sich, fahren im Takt! Laut schnaubt, laut blast mein' Ras, und es dröhnt M ir der Rückgrat baß! XanthiaS. Nimm Nieswurz ein! Kleobold. Ha! PhrynichoS haut wie ein Hahn mit dem Sporn! 1490

v. 1482. Kleobold zeigt sich in diesen Schlußscene» ganz in der Weise ein« alten Attikers, auch seine Ausdrücke habe» ein alterthümliche« Gepräge; es ist vorauszusetzen, daß er auch in altattischer Tracht „m it der Cikad' im Schopf" erscheint. v. 1490. Auch Phrynichos ist einer von den altberühmte» Trage-

Lanthi a* Fast triffst du ja mich!

Kleobold. Bein bäumr rief! rack! sich gen Himmel empor! Der p.p. klifft, klafft! 3i a n th i as. Sieh dich ordentlich vor!

Kleobold. Nun schwenkt sich gelenk und nun kreiselt behend 1495

I n der Pfanne des Beines Gelenkkopf!

D r i t t e Scene. Die Vori gen.

Haßtleon.

D i r Tänzer.

Haßkl eon. Nichts Gutes, bei Gott, beginnst hu, lauter verdrehtes Zeug! K l e ob o l d . Wohlan, zum Wettkampf lad' und fordr' ich feierlich! Wenn ein Tragöde meint, er tanze schön und gut, S o tret' er im Wettkampf hier mit mir zu tanzen auf! 1500 Kommt einer? he, kommt keiner?

den, ausgezeichnet durch feine orchestische Kunst, wie ein altes Epigramm bezeugt, In dem ee von feine Muse heißt: Gab so viele Gebilde des Tanzes mir, als in dem Pontos Wellen der herbstliche Sturm wechselt in schau riger Nacht.

H aßkleo ii. E in einz'ger, drüben der! Ä l e o b old. W e r ist dvv 5 hot ?

Haßkleon. DeS KarkinoS, vulgo Krabben S oh n , D e r mitreiste.

Kl eobold. D er? den freß' ich auf, so wie er ist! Ich tanz' ihn aus mit der P antom im e: „hinter die O hr'n"! Denn in dieser Tour ist der ein Lum p!

v. 1501. Bon der Familie der Karkinen, die hier durchgenommen wird, läßt sich geschichtlich etwa Folgende- angeben. Schon zur Zeit der THespiS und Phrynichos scheint ein Tragö­ de Karkinos existirt zu haben; dieses Karktnos S o h n war XenokleS, vielleicht derselbe, der die Choregie der -ischyleischen Orestie übernahm. Dessen S o h n ist nach. Grie­ chischer Weise, wie der Großvater, KarkinoS genannt und der mit den im Text genannten S öhnen auftretende Meeresalte. Die Komiker nennen ihn zum S p o tt den S ohn des Theodekte- oder des Thorykios, (f. Frieden B . 775.) E r batte drei (nach andern Angaben vier) S ö h n e; einer von diesen war Tenokles, der Tragödiendichter; die anderen, die sich als Choreuten verm ieteten, wurden wegen ihrer Kleinheit, Beweglichkeit u. s. w. vielfach verhöhnt. UebrigrnS war des XenokleS S o h n KarkinoS wieder Tragö­ diendichter und wohl der bedeutendste aus der Familie; er hielt sich lange in Sicilien am Hofe des Königs Dionysios auf. v. 1501. Auch in unserer Naturgeschichte heißt eine Gattung der Brachyuren, die Seekrabbe, noch Carcinus.

H a ß k le o n . Loch, Aermster du, 1505 D a kommt noch ein andrer Krabbentragöd' daher karkint, DeS vorigen B ruder! Kleobold.

G ut, für Zubrod ist gesorgt! H a ß k le o n . B eim H im m el! nicht- als lauter Krabben giebt es heut! D a kommt ja noch einer von dieser Krabbencrapule her! K le o b o ld . I s t'- eine Spinnenkrabbe oder ein Taschenkrebs? Haßkleon. 1510 D er Pinnenwächter ist er nach seinem Habitus, D er allerkleinste und der die Tragödien fabrickrt! Kleobold. O KarkinoS, du mit Kindersegen beglücktester! W aS doch für ein Schwarm Kahlmäuserchen kam da herangesterzt!

v. 1509. Ich will nicht dafür einstehn, daß ich für die Griechischen Bezeichnungen richtig den Taschenkrebs (cancer) und die Spinnenkrabbe (m aia) genannt habe; der Pinnenwächter, oder wie der heutige Name eigentlich lautet, der pinnoth e re s veterum , wenig größer als eine Erbse, wird von den Alten gerühmt wegen seiner Zuneigung zu der Steck­ muschel, indem fie glaubten, sein Aufenthalt in derselben fei auf gegenseitige Freundschaft und Dienstleistung beider Thiere gegründet.

H aß k leo n . Doch mußt du zu Wetttanz wider sie gehn, du armer Wicht! K leobold. Mach' Essigsauce für sie zurecht, wenn ich sie besiegt!

1515

C h o r. S o lasset denn un-, ihr College» vom Chor, aus dem Weg ein Wenige- gehen, Daß sie ungestört mit gehörigem Platz sich vor unseren Blicken umherdrehn! (folgt ein ausführliche- Ballet.)

Auf, Kinder von Namen so hehre Des mächt'gen Alten vom Meere, Behüpfelt den schimmernden S and, 1520 D e- Meers, des unfruchtbaren, Strand, I h r Krebsen oha' Scheere! Auf, kreiselt die eilige Lenden, M it PhrynichoSländer Schlenk' jeder «in Bein in die Höh', 1525 Daß über den himmelnden Zeh' O ! schrein die Herrn Zuschauer! Auf! kreisle dich, walz' dich herum, und schlag' de- M a­ gens Häusel! Hoch schienst« gen Himmel da- Bein, ja werdet selbst Brummkreisel! Er selbst ja, der Alte des Meers, eu'r Vater kommt ge-1530 krochen,

154

Die WeSpen.

Entzückt ob der eigenen B ru t, ihr zittergeilen Rockekl! Doch

habt

ihr

zu

tanzen Gelüst,

so zieht

hinaus

in

Frieden, Schnell,

schnell;

denn bis dato noch nie ward das gewagt Hiem'eden,

Daß so ein trygödifcher Chor im Tanze u w ’ geschieden! Alle ot».

Die

Acharner.

Personen. Di ka i op oli s, ein Attischer Landmann. Herol d. A m phitheos Gotthalb, ein Unterhändler.

Attischer Ge s a n d t e r , der au- Persien heimkommt. L ü g e n a r t a b a s , des Großkönigs Auge, ein Perser. Chor alter Acharntscher Kohlenträger. DikaiopoliS F r a u . DitaiopoliS Tochter. Keph i so ph o n, Euripide- Sklave. E u r i p i d e s , der Tragödiendichter. Lamacho-, der Feldherr. Ein M e g a r e r . DeS Megarers zwei Töchterchcn. Ein S y k o p h a n t . Eiu B o i ot t e r . Nt karchos, der Sykophant. Ein D i e n e r de- Lamachos. Ein Land mann. Ein B r a u t d i e n e r . Erster Bote. Zweiter Bot e. Verschiedene stumme Personen.

Einleitung. Acharner sind nach Angabe -er Dibaskali« in dem Archontenjahre de« EuthymeneS (oder Enthydemo«) in dm Lenäen, also im Jannar 425, durch Kallistratos aufgeführt; sie erhielten den ersten Preis, Kratino« mit den „Cheimazomenoi" den zweiten, Eupoli« mit den „Nummien" den dritten. — Die Acharner waren da« dritte Stück, da» vom Aristophane« auf die Bühne kam; im Zahre 427 waren feine „Daitaleis" durch Philonide«, in den großen Dio« »ysien 426 feine „Babylonier" durch Kallistratos aufgeführt worden. Sowohl für die Leben-verhältnisse des Dichters, wie für vielfache Anspielungen in den älteren Komödien des Dichter« ist es von Wichtigkeit, zu bestimmen, in welcher Beziehung er zu den Aufführungen der genannten drei ersten Stücke gestanden. Diese Frage ist in den letzten Jahren vielfältig besprochen und auf sehr verschiedenartige Weise beantwortet worden. Ich will versuchen, die Ansicht, zu der ich mich bekenne, in der Kürze darzulegen. I n der ersten Parabase der Ritter, mit denen Aristo-

158

O ic Acharncr.

phanes zuerst selbst auftrat, erklärt der Cher, daß er für diesen Dichter gern die Anapästen spreche: D a er eben ticfelbigen hasset wie w ir, und es waget zu sagen die W ahrheit, Und so höchst hochherzig den Typho selbst angreift und die wirbelnde W indsbraut. Dock da, wie er sagt, wohl mancher von euch ihn besuchte, sich drüber zu wundern Und ihn auszuforschen, warum er denn nicht schon längst für sich selber den Chor nahm , S o , befiehlt er, sollen darüber wir euch aufklären.

Folgen nun die mancherlei Grunde, unter denen hier nicht der genannt wird, den die Parabase der Wolken angiebt, (nach D oß Uebersehung) D enn seitdem hier M änn er, wovor Freud' ist, auck zu re­ den schon, M ir den Tugendreich und den Sau w üstling °) sehr gebilligt schon, D ie ich, weil noch Ju n g fer ich w ar, und nicht durfte M u t­ ter fein, Aussetzt' und ein' andere M aid freundlich auf vom B o ­ den hob, Und dann ihr aufnährtet mit Großmüthigkeit und auferzogt u. s. w.

Also daö erste Stück gab AristophaneS nicht selbst, weil er noch zu jung war, PhilonideS nahm sich desselben an und brachte es unter seinem Nam en auf die Bühne. I n der Parabase der R itter heißt es endlich: der Dichter meine, M a n müsse ja stets erst Ruderer fein, bevor an das S teu er man komme, D an n werde m an Vordecksschiffsmann erst und habe des W indes zu achten, °) Personen aus dem ersten Stuck, den D aitaleis.

Dann trrrbe man Schiffsberr selbst für sich selbst; aus all' de» bezeichneten Gründen, D a bcscheidentlich er, nicht unüberlegt In S ee heut geht mit dem Lustspiel, Laßt raiifdien die Woge des Beifalls ihm u. s. w.

Es scheint nicht unmöglich, hieraus auf eine stufenweis steigende Theilnahme des AristophaneS an den Aufführungen seiner Stücke zn schließen, etwa so, daß er erst im Chor oder in einer untergeordneten Rolle mitagirt habe; sicherer ist, daß der Dichter in den Acharner gleichsam der VordeckSman» gewesen ist, und eS sich hat erproben wollen, wie der Wind der Volksgunst seinem Talent zuwehe. Eben dasselbe bezeichnet int Ganzen die erste Parabase der WeSpen. Der Dichter hatte nach dem glänzenden Erfolg der Ritter (424) seine transcendentale Komödie die „Wolken" (423) aufge­ führt und war damit durchgefallen. JahreS darauf klagt er in den Wespen über dieß Geschick und tadelt daS Publikum ernstlich: erst habe er nicht offenbar aufzutreten gewagt, son­ dern nur unter der Hand, als Helfer anderer Poeten, und wie bei Bauchrednern sei sein« Stimme au» fremdem Mund gekommen, und so habe er viel Lustiges gemacht (also nicht bloss eine, sondern mehrere Komödien und mehrere Dichter werden bezeichnet); dann habe er endlich für sich selber aufführend (mit den Rittern) ungemein großen Ruhm er­ worben, und ohne sich zu überheben oder je seine Kunst zu niedrigen oder ränkevollen Zwecken zu misbrauchen, viel genützt; auch habe er. nicht, als er zuerst für sich sel­ ber den Chor erhalten, Privatleute mishandelt, sondern wie ein Herakles kühn den großen Kleon angegriffen; darauf habe er die wahre Pest des Volkes, die Sophistik, (in den

Wolken) durchgenommen, freilich aber sei daS Stück nicht verstanden worden.

I n anderer Weise erwähnt Aristepha-

nts 421 in dem Frieden seine früheren Kunstleistungen; dort hebt er mehr sein künstlerisches Verdienst hervor, und daß er durch seinen Kampf gegen Kleon der Komödie einen be­ deutenden politischen Inhalt zu geben begonnen habe. Während so in den Stücken nach den Rittern AnstophaneS gern und ausführlich auf frühere Leistungen zurück­ kommt, auch geltend macht, daß die früheren Stücke, wenn auch nicht auf seinen Namen gegeben, doch von ihm seien, berück­ sichtigt er in den Rittern diese früheren Komödien weiter gar nicht, als nur obenhin in jenem oben angeführten Gleichniß; auch von früheren Verhältnissen mit Kleon, von denen in den Acharnern mancherlei zu lesen, ist keine Andeutung; man sieht es, mit jenem Stücke tritt der Dichter zum er­ sten Male, und als läge gar nichts voraus, in der ganzen Mächtigkeit seines Genies vor das Publikum. Wie nun in den Acharnern, die aus dem Jahre vor­ her (425) sind?

Dort beginnt die Parabase mit den

Worten: S e it unser Poet vor euch sich gezeigt an der Spitze trygödischer Chore, Hat er nie an daS Publikum noch sich gewandt, zu verkün­ den, wie trefflich er dichtet; Doch verunglimpft jetzt von der Feinde Geschrei bei den ha­ stig erhitzten Athenern, Daß er unsere S tadt mit Gespött heimsucht und das Volk hohnverselnd beleidigt, M uß förmlich er jetzt antworten darauf u. s. w.

I n dieser Uebersetzung ist --unser Poet" nicht genau; es heißt „unser Lehrer" und der Lehrer oder DidaSkalos der Achar-

Acharner war nach Ausweis der Didaskalien Kallistratos. Dieser also ist verunglimpft worden von de» Feinden, daß er daS Volk beleidige; denn nach der Komödie des vorige» Jahres, den Babyloniern, war gerade das von Kleon als Anklagegrund vorgebracht, daß durch jenes Lustspiel die Athe­ ner in Gegenwart der Bündner verhöhnt worden seien; und die Babylonier hatte gleichfalls Kallistratos aufgeführt. Hieraus scheint sich mit vollkommenster Gewißheit zu erge­ ben, daß Kallistratos mit dem Preis für die Babylonier und Acharner zugleich die Verantwortlichkeit «egen dersel­ ben auf sich genommen hatte, und daß demnach die sämmtlichen widerwärtigen Händel, die Kleon jenen Babyloniern folgen ließ, auf Kallistratos fielen. I n der Parabase der Acharner heißt eS weiter: „der Dichter (der, zwar factisch ein anderer als der DidaSkaloS, doch mit diesem einstweilen sich identificirt) habe sich durch guten Rath nnd weise Mahnung um daS Volk hochverdient gemacht; darum kämen auch die Bündner nach Athen, voll Verlangen, den edelsten aller Dichter zu sehen, und der Großkönig in Persien habe zu der Spartanischen Gesandt­ schaft höchst anerkennend über ihn gesprochen, ja die S p a r­ taner wünschten nur deshalb Aegina wieder zu gewinnen, weil sie damit zugleich jenen Dichter zu bekommen hofften; und woll« das Volk ihm nur günstig bleiben, so mög« immerhin Kleon neue Ränke schmieden, er hoffe ihn doch zu bezwingen." D ie Scholiastcn und Biographen des AristophaneS sind der Meinung, AristophaneS sage dieß alles von sich selber; man darf nicht vergessen, daß sie die Notizen über ihn fast ausschließlich aus derselben Quelle schöpfen, Arisloph. ». L

wie w ir, nämlich ane dem D ichter selbst, und daß somit ihre wie unsere Angaben au f dem V erständniß des D ich ters beruhen. — Und nun sollte Aristophancs von sich m it sol­ chem Preise zu sprechen gewagt haben? er, der vor zwei J a h re n (4 2 7 ) noch verhältnißm aßig jung, zu jung w ar, um für sich selbst einen C hor zu fordern, auf dessen N am en noch kein S tück den S ie g davon getragen, sollte jetzt (4 2 5 ) sich den edelsten D ichter nennen, sich rühm en, daß der (Hrofitönig von ihm spräche u. s. w .? N ein, gerade der A nfang der P arab afe sagt ja deutlich, daß Alles das au f den D idasfalos gehe; der mag, sich rühm end, beginnen: „seitdem ich komische Chöre geführt habe"; jenes „n iem als habe er dem Publikum gesagt, wie trefflich er dichte" kann nim m erm ehr auf A nstophanes gehen, der ja die D a ita leis entschieden nicht sein genannt hat, also höchstens erst einmal in den B abyloniern u nter der H and als D ichter genannt sein konnte. Aber, sagt m an, K allistratos w ar ja kein D ichter, er hatte also vor den Acharnern auch n u r die B abylonier aufgeführt. E s ist w ahr, von ihm ist sonst nicht wie von PhilonideS be­ kannt, daß er selbst Komödien schrieb; aber weshalb m üßte denn gerade das in den spärlichen Ueberlieferungen erhal­ ten sein? und angenom m en, er selbst dichtete nicht, so konnte er ja in ähnlicher W eise, wie Aristophanische Stücke, auch andere aufzuführen schon oft übernommen haben; so soll E upolis bereits m it seinem siebzehnten J a h re Komödien ge­ dichtet und auf die B ü h n e gebracht haben, einem A lter, wo er ganz gewiß nicht fü r sich selber einen C hor erhalten konnte. — W enn endlich in B eziehung a u f die Besißthümer in Aegina manche Ueberlieferungen behaupten, daß A n -

stophanes bereit gehabt habe, so fehlt auch nicht die ver­ ständige Bemerkung eines Scholiasten, daß man von Aristophanes nicht, wohl aber von Kallistratos dergleichen wisse; beide Angaben dürften wohl, selbst die des TheogeneS mit eingeschlossen, aus der betreffenden Stelle der Acharner selbst entnommen sein. S om it scheint eS als gewiß gelten zu müssen, daß, was von persönlichen Verhältnissen in den Babyloniern und namentlich in den Acharnern vorkommt, sich auf Kallistra­ tos bezieht. D a dieser die Stücke, die er unter seinem Namen und mit seiner Verantwortlichkeit gab, zuvor kannte, so ist es seine Schuld gewesen, wenn er Dinge zu spre­ chen über sich nahm, die ihm gefährlich werden konnten; er mußte mit AristophaneS die politische Ansicht, und na­ mentlich den Haß gegen Kleon theilen, wenn er so arge Reden wider jenen öffentlich auszusprechen keinen Anstand nahm. Und daß gerade er die übelsten Folgen davon zu leiden bekam, erhellt aus den angeführten W orten der P a ­ rabase: „der Didaskalos sei von den Feinden verunglimpft, daß er die S ta d t mit Gespött heimgesucht und das Volk hohnverselnd beleidigt habe." W ir wissen Näheres darüber. Dikaiopolis, also Kal­ listratos, der als Protagonist diese Hauptrolle der Acharner spielte, sagt (D . 377.): Desgleichen weiß ich, was ich von Kleon selber jüngst Hab' leiden müssen wegen deS Stück'S von vorigem Ja h r. E r schleppte mich Ln den hochweisen R ath, verläumdete mich, Belangte mich mit Lug und Trug, lohgerberte mich. Wusch mir mit der Gauche seiner W uth den Kopf, so daß Ich fast verkam in dem hochnothpeinlichen Stankgericht.

L 2

Wenn Kallistratos in seiner Rolle das sagte, so mußte er, der es sagte, das erduldet haben; an einen anderen konnte da sicher niemand denken.

I n welcher Weise Kleon in den

Babyloniern durchgenommen worden, ist nicht überliefert; der Skandal war um so ärgerlicher, da gerade die Tribut­ zahlenden (denn es waren die großen Dionysien) mit im Theater waren; dieß griff Kleon als Grund zu einer An­ klage, etwa einer Eisangelie, auf, die er beim Rath ein­ brachte, und aus der sich der verklagte Kallistratos nur mit Mühe rettete. Ganz anders stellt sich die Sache, wenn man auf die Scholiasten und Biographen hört; da ist Aristophanes der Verklagte, ja sie wissen sogar, daß sich Aristophanes mit dem Homerischen Verse vertheidigt habe: Freilich cs saget die Mutter, ich sei sein Kind; doch ich selbst nicht Weiß es, denn niemand wohl weiß selbst den, der ihn erzeugte.

Wenn irgend etwas, so schmeckt dieß nach einem gelehrten Autoschediasma, um so mehr, da es im Grunde doch nicht recht passen würde; es müßte Aristophanes, wenn er als Dichter, und nicht Kallistratos vor den Rath gezogen wäre, sich damit verantwortet haben, daß er, wenn auch als Va­ ter der Babylonier genannt, es doch nicht sei, nicht aber das Stück statt seiner die Vertheidigung sprechen lassen; und, war der Vater nicht bekannt, so hatte die Mutter doch wieder alle Verantwortung über sich.

Neuere sagen:

Kallistratos werde in seiner Herzensangst wohl den wahren Verfasser deS Stücks denuncirt haben; aber warum hat es der Thor denn aufgeführt?

Oder auch: Aristophanes wird

doch nicht so boshaft gewesen sein, ein Stück und die Ver­ antwortlichkeit für dasselbe, wenn es so arge Gefahr brachte, dem KallistratoS aufzubürden; aber wieder, warum hat es der Thor denn aufgeführt, der, wenn er den Preis für je­ nes Stück empfangen wollte, auch die Gefahr für dasselbe übernehmen mußte? Aber mit Allein, was in den Babylo­ niern und Acharnern gegen Andere und namentlich gegen Kleon gesagt war, wird wohl KallistratoS boit Herzen ein verstanden gewesen sein, und er theilte gewiß mit AristophaneS den Wunsch, den der Chor der Acharner D. 300 ausspricht: Bitterlicher haß' ich dich ja, AlS den Kleon, den ich noch Einst zu Sohlleder entzwei schneiden für die Ritter will!

eine Aeußerung, die allerdings vorbedeutend für das Stück des nächsten Jahres, für die „Ritter," gesagt war. So stellt sich als wahrscheinliches Resultat folgendes heraus: KallistratoS erregte, mit den Babyloniern auftretend, die Wuth KleonS in dem Maaße, daß er in die ernstlichste Gefahr gerieth; aber dafür ward ihm die Genugthuung, daß sein Name weithin gepriesen und er namentlich von den Bündnern, deren Sache er vertreten, mit der dankbarsten Bewunderung geehrt wurde. Ob Aristophanes doch als Dich­ ter des Stücks bekannt wurde, geht wenigstens aus den Acharnern nicht hervor; in den Acharnern schrieb Aristopha­ nes mit Rücksicht auf das, was dem KallistratoS in Folge jenes Stückes begegnet war; Imd erst, als der glänzende Erfolg des neuen Lustspiels dem Dichter bewies, wie die Richtung seiner Poesie beim Publikum Anklang finde, trat

er selbst als Didaskalos und Protagonist in den Nititern auf.

Der Erfolg dieses schönen Lustspiels war ungemein;

gegen den mächtigen Kleon gerichtet, der gerade damals auf dem Gipfel der Popularität stand, erhielt das Stück doch den Preis.

Und sollte Kleon, der schon wegen der Baby­

lonier, in denen er nur beiläufig durchgenemmen sein kann, sich so heftig erboßte, sollte Kleon diese über alle Beschreibung heftigen und boshaften Insinuationen still hingenommen ha­ ben? Die Scholiasten vermuthen allerdings das Gegentheil, doch haben sie keine bestimmte Angabe. Ihre Vermuthungen werden sich wohl auf die Stelle der Wespen stützen, welche Aristophanes, im Chor mitspie­ lend, (denn Philonides war Protagonist) selbst gesprochen ha­ ben muß, und welche ohngefahr so lautet (V. 1284): Einigen gefällt es zu behaupten, ich sei ausgesöhnt, Weil ja da der Kleon doch mich endlich in die Enge trieb, Handlich mich sogar incommodirte. Za da's Prügel gab, Lachten die im Trocknen sich befanden, über mein Geschrei, Kümmerten sich nicht um mich, verlangten nur mit anzusehn, Ob ich so mißhandelt noch ein Witzchen an den Hals ihm m irs ; Als ich das gesehen, nun da schwänzelt' ich ein Weniges, Aber jetzt hat sehr betrogen seinen Rebenstock der Pfahl.

Sehr glücklich ist die Vermuthung eines Gelehrten, daß jene Prügelscene wohl im Theater selbst dürste vor sich ge­ gangen sein; denn dort standen die Herren vom Stabe, die Theaterpolicei, gleich bereit, Unziemlichkeiten zu strafen; das mag bei Gelegenheit der „Holkaden" geschehen sein, die Aristophanes wahrscheinlich in den ersten Dionysien nach den Rittern (424) aufführte, und in denen wieder Kleon rnd

Camachos, die sich dem Frieden widersetzten, durchgehechelt wurden. M a n mag hinzunehmen, was der Scholiast zu obi­ ger S telle berichtet, daß Kleon ein Gesetz durchgebracht habe (in Folge der Babylonier), in den großen Dionysien, wenn die B ündner zugegen, Niemanden namentlich zu verspotten; daß dergleichen in den Holkaden doch geschehen, mag die P rügel der H erren vom S ta b e motivirt haben. Manche, sagt Aristophanes, meinten, ich sei hierauf m it Kleon aus­ gesöhnt ; denn da ich das Volk bei meinen Prügeln nur la­ chen und auf neue Witze warten sah, verging m ir die Lust, noch weiter m it jenem Argen zu streiten; deshalb schwän­ zelte ich ein W eniges. D ieß „Schwänzeln" ist m it einem W orte ausgedrückt, das auch anders gedeutet werden kann; es heißt wörtlich: „ich äffte ein W enig," was nach G rie­ chischer Anschauungsweise vorherrschend die äffischen Schm ei­ cheleien bezeichnen dürfte. W ie und wo wird da6 Aristovhanes gethan haben? I n den Dionysien des Ja h re s vor den WeSpen hatte er die Wolken aufgeführt, in denen gerade diejenigen, die Kleon am meisten fürchten und hassen mußte, nämlich die unter dem oberflächlichen Gesammtnamen der Sokratischen Schule begriffene rede- und ränkesüchtige, oligarchisch gesinnte, vornehme und gebildete Jugend Athens durchgenommen wurde. Dieß konnte der demokratische Kleon als eine Annäherung S eitens des Dichters ansehen, während daS Publikum ihn gerade darum verlästern mochte, daß er seine frühere Ansicht geändert und wohl gar dem Kleon sich angeschlossen habe; dieser wird in dem ganzen Stück nicht erwähnt worden sein. Aber, sagen unsere G eg­ ner, in der späteren Bearbeitung der Wolken, die auf unS

gekemrnen ist, und in der Vieles nachweislich wörtlich aus der älteren, selbst mit Verletzung der Zeitverhaltniffe beibe­ halten ist, befindet sich ja eine Stelle gegen Kleon, die of­ fenbar und nach Angabe der Scholiasten aus den ersten Wolken stammt; da heißt es (V. 607 ff.) „daß die Götter ein bö­ se- Gesicht gemacht, als die Athener Kleon zum Feldherrn erkoren, daß Mond und Sonne sich zürnend verfinstert hät­ ten, daß man aber Alle- wieder gut machen könne, wenn man Kleon alles möglichen Unrecht- überführte, auf das Härteste strafte."

Aber Kleon war, so viel wir wissen, nach seiner

Strategie vor Pylo- 425, die hier nicht gemeint sein kann, erst wieder im Sommer 422 Strateg, um gen Thracien gegen BrasidaS zu gehen; daher ist jene Stelle in un­ seren Wolken nicht aus der ersten Bearbeitung, (des Scho­ liasten anscheinend so bestimmte Angabe beruht auf einer ziemlich nahe liegenden irrigen Combination) sondern aus dem Jahre 422, und vielleicht hatte der Dichter die Ab­ sicht, diese neue Bearbeitung in den Dionysien nach den WeSpen 422 wieder auf die Bühne zu bringen, wofür auch das, was in der ersten Parabase der Wespen über die vorjährige Aufführung gesagt wird, sprechen dürfte. Warum das nicht geschehen, weiß ich nicht; jedenfalls wurde auch in den nächsten Jahren noch Einiges in der Umarbeitung der Wolken hinzugefügt. So also hat Aristophanes in der angeführten Stelle der Wespen, wie es scheint, zugegeben, daß er dem Kleon ein Wenig zu Munde gesprochen, und Kleon mag sich selbst gefreut haben, in ihm einen guten Verbündeten zu finden; „aber jetzt hat den Rebenstock der Pfahl betrogen."

Denn

unmittelbar vorhergegangen ist in den Wespen die ärgste Verhöhnung des Kleon in jener Travestirung der Trinklie­ der, die den alten Haß deS Dichters mit neuer Heftigkeit bewährt. — D ie geschichtlichen Beziehungen der Acharner sind min­ der bedeutend als die anderer Komödien. S e it dem S o m ­ mer 431 währte bereits der verheerende Krieg, fast noch in jedem Jah re hatten die Spartaner ihre zerstörenden Einfälle in Attika gemacht, und, was kaum wieder aufge­ baut oder angepflanzt war, stets von Neuem zerstört; so häufte sich in der S ta d t die Menge der vom Lande her­ eingeflüchteten unverhältnißniäßig an, und die Pest mußte in der dicht zusammenhausenden, ihrer gewohnten Nahrungs- und Lebensweise entzogenen, unthätigen und ärmlich lebenden Menschenmenge um desto furchtbarer wüthen. S ie war, nachdem sie einige Zeit ziemlich aufgehört hatte, m it dem Ende deS Jahres 427 von Neuem losgebrochen und währte ein volles J a h r hindurch, bis kurze Zeit vor der Aufführung der Acharner. D er Zweck diese« Lustspiel- ist, da« Volk für den Frieden zu stimmen; und man muß sagen, daß dieß Aristophane« mit der eindringlichsten Kraft gethan hak M it ge­ wähltester Kunst sind die drei Hauptcharaktere der Hand­ lung zu einander gestellt. Dikaiopolis, der die Sache de« Frieden« vertritt, ist ein schlichter Landmann mit geradem Verstände, den da- Krieg-unglück in die S ta d t getrieben hat, und der sich nach feinem G ut und nach der friedlichen Stille dort hinaussehnt; ihn stören die Faxen und Phrasen nicht, welche da auf der Ekklesie von Gesandten und Red-

nern gemacht w erden; er durchschaut alle die unredlichen Kniffe, die die S tä d te r aus Gewohnheit übersehen oder aus verbissener K riegsw uth fü r W ahrheit nehmen. I h m gegen­ über steht die leibhaftige Kriegelust, jener Lamachos, 3fenophaneS S o h n , der so mächtig m it Schild und Helm einherstolzirt, derselbe, der in den „Holkaden" und im „F rieden" wieder als der B e h in d e rn des Friedensabschlusses durchgcnommen w ird. M it der stylissrtesten und schlagendsten G e ­ w andtheit stellt der D ichter im V erlauf des Stückes an dem Beispiel dieser beiden Personen die S egnungen des Friedens und das Unheil des Krieges einander gegenüber, und nichts ist ergötzlicher, als des Einen kriegerische R üstun gen, während der Andere sich zum Dionysischen Schm ause rüstet, und des Andern spottjubelnde Lust, wenn er sich zum S ie g er getrunken hat, während jener verwundet unter lau­ tem Ja m m e rru s dahingetragen wird. Zwischen beiden steht der Chor der Alten von Acharnä, jenem Acharnä, das, der größte Flecken der Attischen Landschaft, dreitausend B ew aff­ nete stellte, und bei dem ersten E infall der S p a rta n e r so furchtbar heimgesucht w a r; seit jener Z elt sind die wackren Acharner vor Allen ergrim m t gegen die S p a rta n e r und je der A nnäherung höchlichst abgeneigt; offenbar w ählt der D ichter gerade sie zum Chor, um durch ihre Bekehrung zum Frieden denselben desto eindringlicher zu empfehlen. D ie F ühru ng des Stückes ist überaus einfach, die Folge der S cenen locker und oberflächlich, ganz nach Aristophani­ scher W eise, der die Energie seiner Kunst nicht in V e r­ wickelungen und Erkennungen, sondern in den Witz der S i ­ tuation setzt und aus der komischer» — ich möchte sagen

Katastrophe, die dem Anfange möglichst nahe liegt, eine Reihe von lustigen Folgen, Hindernissen und Entwickelungen herausspinnt, die sich, obschon vom Chimärischen ausgehend, doch überall an die Wirklichkeit anknüpfen. D aß der Friede vom AmphitheoS gebracht wird, ist die Katastrophe der Acharner; was aus diesem Chimärischen „Friede eines Einzelnen mitten im Kriege" von wesentlichen Verhältnissen und lusti­ gen Situationen herauszustellen ist, wird nach Maasigabe äußerlicher Verständigkeit an einander gereiht, und der Schluß des Stückes ist dann nichts mehr, als die B ethä­ tigung dessen, was als Möglichkeit in jenem Chimärischen vorhanden war. I n diesem Zusammenhange ist die Einheit der alten Komödie zu suchen. Imm erhin mag daneben noch Raum bleiben zu lustigen Ungehörigkeiten und amüsanten Intermezzi, wie denn dem Dichter gewiß nie übel genom­ men wird, mit manchen seiner köstlichen Chorliedern die Entwickelung der Handlung öfter gestört als gefördert zu haben. I n den Acharnern finden wir auch außer den Lie­ dern des Chors D erartiges in großer Ausführlichkeit; nichts ist ergötzlicher als die Kostümirung des DikaiopoliS aus der Jammergarderobe des EuripideS, des Dichters, der gerade damals mit der rasch aufwuchernden Aufklärung für beson­ ders tiefsinnig gehalten und Mode zu werden begann. Schon mochte es mit zum guten Ton gehören, mit Euripideischen Floskeln Gespräche und Reden auszuputzen, und zu seiner großen Dolksrede entleiht Dikaiopolis nicht bloß das Ko­ stüm, sondern auch manches gute W ort von dem erstaunli­ chen Dichter. Einen tieferen Zusammenhang jener unendlich übermüthigen und lächerlichen Scene, etwa mit der Der-

derbniss der Zeit und des Volks u. s. w. glaube ich nicht annehmen zu dürfen. Freilich hat Arisiophanes in späteren Komödien derglei­ chen erfreuliche Beiläufigkeiten gemieden; auch in anderer Beziehung zeigen die Acharner eine größere Freiheit als die meisten übrigen Komödien. Zeit und Raum haben der a l ten Kunst nie viel Sorge gemacht, über solche Regulative möglichster Wahrscheinlichkeit liebt sie es mit jener summa­ rischen Idealität zu täuschen, auf die einzugehen nur der nachrechnende Verstand, der unpoetische, sich sträubt.

Aber

so arg, wie in den Acharnern, hat denselben der Dichter selten zum Besten gehabt, und er versucht es nicht einmal, das zu verdecken.

Er beginnt im Herbst mir einer Ektle-

sie, von der aus Dikaiopolis den Amphitheos gen Sparta gehen und Frieden holen lässt; dieser kommt zurück, ehe die Ekklesie geendigt ist, und gleich darauf zieht Dikaiopolis zu den ländlichen Dionysien hinaus; und kaum verkündet ist der freie Markt, so sind auch schon Megarer und Böoter mit Waaren zur Stelle; gleich darauf ist man zwei Mo­ nate weiter im Frühjahr, im Fest der Anthesterien, um deut­ lich neben der herzlichsten Festlust, die der Frieden gewährt, das blutige Unheil des wieder beginnenden Krieges zu se­ hen. — Noch auffallender ist die vielfältige Veränderung der Räumlichkeiten; wahrend der Anfang des Stückes die Pnyx darstellt, ist um ein Kleines der Schauplatz vor dem ländlichen Hause des Dikaiopolis; und wieder liegt nebman des Euripides HauS, in dessen seltsames Innere man einen Blick thut; und wieder auch Lamachos HauS ist in der Nähe, das eben so wenig wie daS des Euripides in der

Wirklichkeit im Demos Chollidä gelegen hat; endlich aber sieht man gar in den Dionysischen Tempel hinein, wo D ikaiopolis daS festliche Wetttrinken gehalten hat. Man darf überzeugt fein, daß das alles mit möglichst geringen sceni­ sche» Mitteln dargestellt worden; und so hart es unserer verwöhnten Anschauungsweise ankommt, wir werden unS doch wohl von Anfang bis zu Ende dieselbe Dekoration der Bühne zu denken haben, nur mit dem einen Scenenwech­ sel, daß, wenn in das Innere des Dichterhauses oder des Tempels zu sehen ist, daS Enkyklcma sich öffnet. AristophaneS war der thätigen Phantasie seiner Zuschauer gewiß, die lange Gewöhnung hatte sie überdieß mit der Symbolik der Darstellung vertraut genug gemacht, daß sie wußten, jene Seite bezeichne Fernes, diese Heimathliches, jener Strauch eine« Wald und jene Bank die Sitzreihen der Pnyx. Den­ noch habe ich vorgezogen, nicht diese antike Einfalt in den Ueberschriften zu bewahren, sondern zu bezeichnen, welche Sce­ nen der Dichter nicht etwa bei der Aufführung zur Darstel­ lung bringen konnte, sondern beim Dichten im Sinne hatte, wobei freilich wieder (wie auch bei Shakespeare) zu beach­ ten ist, daß der Dichter am Ende doch wieder für die gege­ benen M ittel dichtete. Noch ein Wort von der Uebersetzung dieses Stückes; sie hatte besondere Schwierigkeiten. Erträglich noch war eS mit dem EuripidcS; mußten auch die Anspielungen auf be­ kannte Verse Preis gegeben werden, so wurde deS Man­ nes Pathos im Allgemeinen mit Alexandrinern ausgedrückt, die gerade mitten unter Griechischen Versen abscheulich ge­ nug klingen, um etwas von dem bezweckten Eindruck fühl-

bar zu machen. D iel schlimmer w ar es m it dein M egarer und B ö o te r; der Hauptspaß in diesen beiden Figuren liegt in dem D ialekt, so daß an ein Beibehalten deS allgemeinen Deutsch nicht zu denken w ar. Aber woher einen D ialek t nehm en, der da paßte? die Griechische Sprache hat das schone Recht, alle Dialekte in gleicher W ürde als S c h rift­ sprache gelten lassen zu können, während bei u ns jedes nicht schriftmäßige Deutsch platt und ein Zeichen von U nbildung ist; und doch wieder klingt das Griechisch der B ö o ter und M eg arer dem Attiker wie die Sprache m inder G ebildeter, breit, ohne platt, seltsam, ohne gegen die G ram m atik zu sein. D eß hat ln seiner verdienstlichen Übersetzung den NichtA ttikern in der Regel das breiteste Niedersächsisch in den M u n d gelegt; ihm wagte ich nicht zu folgen. Aber eben so wenig entsprachen Oberdeutsche M undarten dem C harak­ ter Dorischer und Aeolischer Laute. Ic h entschloß mich end­ lich, die durch provinzialen D ialekt modisicirte Aussprache der G ebildeten Sächsischen Landes als G rundlage zu neh­ men, und nach jedesmaligem B edürfniß andere Provinzia­ lismen m it aufzunehmen; was so an bestimmten Localfar­ ben verloren ging, ist vielleicht dem allgemeinen Eindrücke zu G u te gekommen; jedenfalls bedürfen jene S cen en der besondern Nachsicht des Lesenden.

Die Aeharner. B r ft e r Ar t . Erste Scene. (D ie Pnnx in 9ltbcn, mit Sitzen, Bänken «. f. w. zur Volksversamm­ lung cingecicktet. D i k a i o p o l i s in Attischer Landestracht sitzt allein auf einer der Bänke.)

D ika io p o lis. Wie vielerlei Ding nicht hat mir schon mein Herz gekränkt, Doch gefreut wie weniges, herzlich weniges viererlei, Dagegen geärgert Sand-am-Meere-malerlei! Laß sehn! ja was nur freute mich werth der Dergnüglichkeit? Nun ja — mir hüpfte das Herz im Leibe, als ich'S sah — Die fünf Talente, die letzt der Kleon ausgespuckt; v. 3.

Wolf übersetzte: „Sandeshundertdünenmal"; er fügt hinzu: „Gleichzeitige Komiker, wie Eupolis, sagten von einer un­ zählbaren Menge Sandwal, der mistige übertrumpft sie mit dem Zusatz eines berühmten Hügels; — durch Sandmillio­ nendünenmal hätte auch die Sylbenzahl sich eingefunden und der Griechische Rhythmus dazu; aber es schien nicht weniger Aristophanisch, den Hörer so nach hundert noch um tausend zu betrügen."

v. 6.

Ueber diese fünf Talente, die Kleon von den Inselbewohnern erhalten, um sie von gewissen Steuern zu befreien, und den darauf folgenden Proceß, s. Einleitung zu den Rittern.

176

D ie Acharner.

D aS hat mich herzlich vergnügt und ich liebe die Ritterschaft Um diese Geschichte; „w ürdig war sie des GriechenthunnS!" Doch wieder geärgert hab' ich mich in der Tragödie, 10 W o den Aischylos ich m it offnem M au l erwartete; D an n hieß es plötzlich: „Theognis führe den Chor herein!" W ie meint ihr, fiel mir dieser Aufruf schwer aufS Herz! Doch wieder Freude bracht' eS mir, als letzt um das Kalb DexitheoS auftrat und die Böoterweise sang; 15 D afü r verdreht' ich mir heuer fast den H als m it Schaun, D a hervor zum OrthioS, weiß der Himmel, ChairiS schlich! Allein noch niemals, feit ich mich selber wischen kann, S in d so mir die Augenlieder gezwiebelt und gelaugt, W ie heut, wo regelmäßige Volksversammlung soll D on v. 8. Euripides hatte im Telephos gesagt: „Verderben soll e r; das heiß' ich würdig des Griechenthums." v. 10. „Alles wird jetzt in Athen elender und macht dem Vaterlandsfreund gerechten Kum m er, auch der Geschmack und S in n für alles Rechte und Schöne in den Künsten geht verloren. W er noch manchmal hofft, eine aufgefrischte T ra­ gödie des vor dreißig Jahren verstorbenen Aischvlos auf der Bühne zu finden, der findet sich getäuscht durch Stücke ei­ nes neumodischen Schwächlings." Wolf. Theognis, der hier und an einigen andern Stellen als frostiger Dichter bezetchwird, ist aus Xcnophon und Lysias als einer der Dreißig bekannt. v. 11. M it diesem R u f des Herolds wird bei der Aufführung der Tragödien der Beginn eines neuen Stückes bezeichnet, v. 14. DexitheoS ist kein unberühmter Citharöd; die Erklärung dieser Berse hat antiquarische Schwierigkeiten, die ich hier übergeht, v. 16. Orthios ist eine ziemlich vulgäre Gesangsweise, und Chairis, der schlechte M usikant, schon aus den Bögeln (B . 857.) bekannt. v. 19. Regelmäßige Volksversammlungen sind in Athen in jeder der zehn P ry tan ien , in welche das J a h r getheilt ist, viere, und so viel werden wenigstens in der Regel in der

177

O ie Acharner..

$on Morgen an sein und die Pnyx rings leer noch ist.

20

Sie stehn da auf dem M arkt und schwatzen und nehmen flink 23011 dem angestrichnen Seile rechts und links Reißaus. Die Prytanen selber kommen nicht; und kommen sie Zu guter Letzt, da wird's ein Drängen wer weiß wietoll; Hellem Haufen rennen sie nach der ersten Bank,

25

Der eine über den andern; doch daß Friede werd' Im Lande, kümmert keinen was! — O S ta d t! 0 S ta d t! — Ich selbst bin immer der erste zur Ekklesie; Dann sitz' ich hier, und wenn ich so alleine bin, So seufz' ich, gähn' ich, reck' und strecke mich, lüftemich, Kalkulire, jucke mich, schreib' in den Sand, langweile mich, Schau' »ach dem Land' hin, sehne nach dem Frieden mich, Verwünsche die Stadt, verlange nach meinem Gut hinaus,

Pnvp,

am

Abhange

eines

Berges

in

dem

südwestlichen

Tbrilc der S la d t nabe bei dem M arkt gehalten. Nach den in der bitt dargestellten Versammlung zur Sprache kommenden Gegenständen ist die dritte Ekklesie der P rv tanic gemeint. ». 22. „O ft mochten die erhabenen Herrn von Athen lieber außer den Schranken des Versammlungsplatzes mit einander plau­ dern, als ihre wichtigen Geschäfte betreiben. Darum waren immer ein P aar Siadtdiener in Bewegung, um die S tim ­ menden durch ei» mit Mennig gefärbtes S e il auf den weißlichen Mänteln zu zeichnen, und an ihre Pflicht zu er­ innern. Die Sache gab rechts und links zu lachen, übri­ gens blieb es beim Alten."

W olf.

v. 23. Prytanen hießen die fünfzig eben Vorsitzenden Rathsmänner, die, mit ihrem Epistates an der Spitze, die Volksversamm­ lung leiteten. v. 33. Durch die Einfälle der Spartaner waren die Landbewohner gleich in den ersten Jahren des Krieges gezwungen,^ ihre ländliche Wohnung zu verlassen und sich in der überfüllten S tad t so gut sie konnten ein Unterkommen zu suchen. Ucberdicß durch ihr fleißiges und friedliches Leben gar sehr von der ultrademokratischcu Masse der Stadtbewohner »ntcrschie-

Aristvx,,.

11.

M

30

178

D i» Acharner.

Das nimmer lärmte: „Kohlen sonst! Kauft Kohlen! Oel! 35 Kauft Essig, kauft!" da gab eS kein „Kauft, kauft!" es wuchs Da alles von selbst, man kannte da Käufer und Keifer nicht. Drum kam ich heut mit dem Vorsatz her, ohn' Weiteres Zu toben, zwischen zu wettern, die Redner auSzuschmahn, Wenn einer irgend was andres, als von Frieden spricht. — 40 Da sieh, die Prytanen kommen! Mittag ist es jetzt ; Und sagt' ich's nicht, genau so wie ich es prophezeit, Zu der Dorderbank hin drängt und stößt sich Jedermann!

Zwe ite Scene. Prvtanen. Andere V o r s t e h e r der Versammlung. Volk. Herolde. Scytbenwache. Dlkaiopolis. Amphitbeos.

Herold. Nur hinein! nur vorwärts! Vorwärts ihr Bürger, damit ihr inner der Schranken kommt? A mphitheos. 45 Sprach einer schon? den, waren sie doppelt geneigt zum Frieden, der ibnni al­ lein das friedliche und behagliche Leben auf ihrem Gehösl zurückbringen konnte, v 36. D as Griechische Wortspiel dieses Verses liegt in dem Gleich­ klang von „kaufen" und „ S äg e " und in den Wespen V . 697. wird das Sprechen der bestochenen nnd im Einverständniß handelnden Anwälte ein Sägen genannt, v. 44. „Gewöhnliche Worte, wodurch Staatsherolde die müßig ste­ henden und schwatzenden Kekropiden zur Ordnung und in den eingehegten Raum wiesen Dieser R aum wurde immer vor dem Anfang der Verhandlungen von einem Opserdiener durch Umtragung eines geschlachteten Schweinchens entsündigt und zu seiner Bestimmung geweiht: wobei zugleich segnende Gebetsformeln und entsetzliche Flüche des S ta a ts ausgesprochen wurden." W o lf.

gegen Feinde

H e ro ld . Wer will da- W ort? wer will da- W ort? A m ph ith eo » . Ich will eS! H ero ld . Wer teils#?

A m p h ith e o -. Gotthalb! H e ro ld . Bist du ein Mensch nicht! A m p h ith e o -. Rein! Ein Unsterblicher war Amphitheo- (Gotthalb nennen ihn Die Menschenkinder), Demeter- und Triptolemo- Sohn, Deß' Sohn ist Keleo-, Kekeo- führt' ‘Phainareten heim, Die meine Ahn' ist; deren Sohn war Lykino», 50 Deß' Sohn bin ich, unsterblichen Stam m '-. Bon den Göt­ ter» nun Ward mir, mit S parta Vertrag zu machen, allein gewährt. Doch eurem Unsterblichen, Bürger, fehK da» liebe B rod; E - geben mir die Prytanen der S tadt nicht»! — v. 47. Der Griechische Name «giebt an sich die andere Bedeutung, welche sich die Uedersetzung «laubt hat, in der Sprache d « Menschenkind« auszudrücken; denn ohne diesen Doppelsinn, verliert der ganze gloriose Etawmbanw, d « hl« mit köst­ licher Travestirung Euripideisch« Prologe ausgeführt ist. — M an »«zeihe, daß dle B««noth dem L-klno« seine Mlttelsylbe ««kürzt hat. v. 53. „W ill jemand bei diesem drodloS gewordenen Sprößling der Göttin, die da« Brotkorn gab, an da« -esamwte hochmö­ gende Bolk denken, dü« jetzt durch dm Krieg h«untergetowmen war, so hat Aristophane« nicht« dagegen." Wolf.

M 2

180

D ie Acharner.

Prntan. Wmche! Amphitheos. Äöas! 55 £) Keleos und Triptelemos, so verlaßt ihr mich! (Amphitheos wird gesch)leppt.)

D ik a io p o lis . Ih r Herrn Prytanen, ihr verletzt der Ekklesie Recht, Wenn ihr diesen Mann laßt schleppen, der mit dem Hemd die Stadt Vertragen und die Schild an den Nagel hängen will! Herold. Du! sitze ruhig! D ika io p o lis. Nein, bei Apoll, und wieder nein, 60 Wenn ihr heut mir über den Frieden nicht verhandeln laßt!

Dritte

Scene.

Die V o r i g e n ohne A m p h i t h e o s . Der G e s a n d t e , der

216

D ie Acharner.

505 Noch sind ja keine Fremden hier, noch kommen ja Die Tribute nicht, die Bündner nicht von fern und mäh; Nein unter unö sind wir durchaus, recht ausgekafft, Denn die Eingesessenen sind die Spreu der Bürgerschaft. — Die Spartaner also haß' ich ganz; Poseidon mag, 510 Ih r Tainaronsgott, Erdbeben sendend Tag für Tag, Auf ihre Köpfe zusammenstürzen Dach und Fach; Sie legten ja mir auch meinen Weinberg wüst und brach. Indeß — denn lauter gute Freunde hören's an, — Was klagen wir um alles das die Spartaner an? 515 Denn hier die — Stadt, ihr Herrn, die mein' ich nicht, Behaltet mir's, ich meine die Stadt ausdrücklich nicht, — Nein Wichtelmännchen, Lumpenvolk, gewippt und gekippt, und am Lenäenfefte, zwei M onate vor den großen D ionvsien, waren die Bündner mit ihren Tributen noch nicht einpassirt. v. 508.

W enn ich diese S telle recht deute, so hatten die Metoken oder Eingesessenen zu den Leninschen Spielen keinen Z u ­ tritt; dieß ist auffallend, da sie zu diesem Feste

doch die

Choregie übernehmen durften, v. 510.

D er Erderschütterer Poseidon hatte

auf dem Borgebirge

Tainaron im Spartanischen Gebiet einen berühmten Tem ­ pel. Gerade in diesen Jahren wiederholten sich häufig Erdbeben,

und

im

Sommer

vor

der

Aufführung

Acharner waren die Spartaner vom Isthm us,

der

wohin sic

zu einem E infall in Attika bereits vorgerückt waren, we­ gen

vieler

Erderschütterungen

schleunigst

heimgekehrt.

(Thucpd. I I I . 89.) v. 517.

I n der That, eine arge Schilderung attischer Demagogen; sie geben sich für gutes Geld und haben alle Fehler,

die

eine Münze haben kann; sie fuhren das große W o rt und ehrlos

wie sie sind,

Bolk sprechen;

durften sie nicht

einmal

vor dem

ja sie sind gar nicht rechte Bürger,

sie

haben sich durch wer weiß welche Künste in die P hratrien und Geschlechter oder Sippen eingeschlichen; ein Borw urf, der namentlich in Athen ausnehmend häufig ge­ macht wurde, s. Bögel B . 11.

O ie Acharner.

217

Verprägt, verschlissen, ehrlos, falsch hier eingesippt, D ie spürten und schnüffelten jede Jacke von M egara; Und wo so einer einen Hasen, ein Ferkel sah, 5*20 Ein Bischen B ollen, ein Körnchen S a lz , ein Schnittchen Lachs, Gleich war's Megarisch und wurde verkauft desselben T ags. Dergleichen war denn noch gering und heimisch D in g ; A ls aber ein Haufe junger Leut' gen M egara ging Und kottabostrunken da die Hure Sim aitha fing, 525 D a wurden die M egarer bollenwild ob so großen Leids, Und raubten Aspafien zween Huren ihrer S e its. v. 519. „D en von Athen abgefallenen M egarern war alle H andels­ gemeinschaft mit Attika untersagt. Als kurz vor dem Ausbruch deS Peloponnesischen Krieges die S p artaner die Aufhebung diefeS BolkSbeschluffes zu einer Hauptbedingung für die Fortdauer des Friedens machten, gaben die Athe­ ner so wenig G ehör, daß ihr Haß gegen die M egarer noch zu wachsen schien." Boß. v. 524. Es ist ganz im S in n e der populären Komödie, daß sie für den Peloponnesischen Krieg, der nach dem Gang der Griechischen Entwickelungen unvermeidlich war, Gründe erdichtet oder aus dem Tagesgeklätsch aufnimmt, die die ganze folgenreiche Begebenheit auf unbedeutende und wo möglich persönliche M otive zurückführt; während im Frie­ den B . 600» PerikleS Verhältniß zu Phetdkas herhalten muß- wird hier noch eine viel schnödere Geschichte ausgesponnen. W enn die Scholiasten berichten, daß Alkibiades namentlich den R aub der S im aitha veranlaßt habe, so ist an der Richtigkeit der Angabe aus chronologischen Gründen zu zweifeln, aber darum noch keineswegs un­ wahrscheinlich, daß man in Athen selbst trotz dem AlkibtadeS Namen in die Geschichte verflochten hat. v. 525. „K ottabos, ein S p ie l, wo Jünglinge beim Freudenmahl ungemischten Wein aus dem Becher in ein Becken träu­ feln, um aus dem Klatschen zu entnehmen, ob sie geliebt w ürden." Boß. ' v. 527. Die Milesierin Asvasia, die Lehrerin, Freundin und später

218

D ie Acharner.

So kam der Anfang dieses Kriegs gewitterschwer Don den drei Lohnhuren über alle Hellenen her. 530 Denn PeriklcS, der Olympier, jähen ZornS entbrannt, Der blitzte, donnerte, schlitterte wild daS Hellenerland, Gab Kriegsmanifeste recht im TrinklicdSstyl verfaßt: „N icht zu Wasser und Land, nicht in Hafen und Markt, nicht als Wandrer noch Gast, Nie suche noch finde fich hier ein Megarer Ruh noch Rast." 535 Die Megarer drauf, da fie allgemach zu hungern begann, Da lagen sie den Spartanern, die eS von Ferne sahn, Um Widerruf des Hurenvolkebeschluffes an; Allein so oft fie baten, wollten w ir nimmermehr.

D a endlich begann der wilde Lärm von Schild und Speer. 5i0 Nicht sollen hatten fie’S, sagt ihr? sprecht, was sollten sie dann? Nehmt an, ein Lakedamonier kreuzend m it seinem Kahn H ä tt' einem Seriphier ein Hündchen cassirt und bet’ es auv,

Gemahlin des rperikles,

jst dem Deutschen Leser besannt.

Allerdings hatte sie die freiere Lebensweise ihrer Heimath, und edle Athenerinnen vertrauten sich gern dem bildenden Umgänge dieser edlen und geistreichen Frau. D ie Komö­ die stellt es d ar, gehalten hätte. v. 530.

Daß sPerifles Olympier

als ob Aspasia

wegen

genannt

ein förmliches Bordell

feiner gewaltigen Beredsamkeit wurde,

ist bekannt.

Ein

der

berühmtes

Ekolion des Rhodiers Timokreon lautete den von er i kl es gebrauchten W orten ähnlich. E ie sind in der Übersetzung nicht wenig frei und namentlich im Metrischen im Grunde fehlerhaft behandelt; doch schien uns so ein liedmässtger Klang hervorgebracht werden zu können. v. 535.

D er Handel von M egara war vernichtet,

wenn die

Zu­

fuhr nach Athen untersagt war. v. 5 i2 .

Seriphos Athenern

ist

ein

Inselchen im Aegäischen

verbündet.

Wenn

Meere,

den

die Spartaner gegen eure

Verbündeten gethan Hätten, was ihr gegen ihre Freunde

D ie Acharner.

219

Sagt, wärt ihr da still zu Haus gesessen? Ja, schön zu Haus ! Bei meiner Treu', dreihundert Schiffe hättet ihr I n See geschickt, voll wären Märkt' und Straßen hier 545 Dom Lärm der Soldaten, von Trierarchen-Dienstgeschrei, Von Soldeszahlung, PallaSbildervergolderei, Ueberdrangten Speichern, zugescheffeltem Korn und Klei, Behandelten Schlauchen, Ruderriemwerk, Napf und Topf, Oliven, Knoblauch, Netze mit Bollen und Zwiebelkopf, 530 Festkränzen, Stinten, Flötenmädchen, Loch im Kopf, Die Docken voll von Pätschenhobeln, Scheuerscharrn, Bon Nägelhämmern, Ruderkreischen, Steuerknarrn, Von BootSmannSpfeifen, Rudertaktruf und Fanfarn! So hättet ihr gethan; doch nimmer Telephos. 555 Nicht kennet ihr Vernunft, der Thorheit zahlt ihr Schoß! E rste r H a l b chorführ er. Wahrhaftig? 0 des abscheulichen, abgefeimten WichtS! Das uns, du Bettler, zu sagen frechen Angesichts, Das uns zu schmähn, du wenn irgend wer Erztaugenichts! und Stammverwandten, die Megarer, da würdet ihr gleich Krieg und zwar selbst wegen der armseligen Seriphier ange­ fangen haben; und ihr weint, Sparta hätte den Krieg um MegaraS willen nicht anfangen sollen? Der Vergleich ist nicht: wenn ein Spartaner in SertphoS einen Hund, wie ihr in Megara eine Hure, gestohlen hätte; sondern es scheint nur heißen zu können: wenn ein Spartaner in Seriphos, wo sonst, wie auf den meisten kleinen I n ­ seln, Hunde selten sind, einen Hund, etwa einen Lakoni­ schen findet und den eincasfirt und verkauft, d. H. wenn ein vorangegangenes Handelsverbot der Spartaner, wie das der Athener gegen Megara, den Verkauf eines Lako­ nischen Hundes nach Seriphos ungesetzlich machte, u. s. w. Doch scheint die Stelle auch so noch nicht klar, und vielleicht muß emendirt werden, v. 550.

M a n verzeihe, daß die Übersetzung nicht bloß die Bollen, sondern auch die Köpfe der Zwiebeln mit in das Netz thut, wovon der Griechische Text nichts weiß.

Zw eiter

H a l b c ho r s ü hr e r .

560 Nein beim Poseidon, was er sagte, er sagt da nur Was ganz gerecht; von Lügen find' ich keine Spur? Er st er

H a l b c h o r f ü h r e r.

Und sei eS gerecht auch, ist es denn recht, daß er uns das sagt! Doch nicht zur Lust ihm soll es sein, daß er's gewagt! (auf ihn loSdringc,id.)

Zweiter

Halbchorführer. (entgegentretend.)

Hollah! wohin? sogleich zurück! wenn du mir ihn haust, 565 So wirst du gefaßt und fühlst, bei Gott, hier diese Faust! E rs te r

H a l b ch o r.

Heraus Lamachos! du Held blitzenden Blicks! Gergogehelmter du, zu H üls uns! heraus! Hollah LamachoS, Kamrad, Freund, o tonnn! I h r Hauptleute, kommt! ihr Wallposten, kommt, 570

So viel irgend nah ihr weilt! Hülfe, her! O schnell! schnell! denn sehr sind in der Klemme wir!

Zwöltte D ie V o r i g e n .

Lama c h o s

Scene. in höchst fricgmfchcm Auizug.

L a m a ch o s. ( a u - dem H ause)

Don wannen her ertönte mir kriegerisches Geschrei! Wohin zu Hülfe?

Schleudern mein „S tu rm !

S tu rm !"

wohin? Wer weckt die Gorgon' aus ihrem tiefen Futteral? v. 574.

Lam achos

trägt

auf seinem Schilde das Haupt der

D i» Acharncr,

221

D i ka i op ol i s. O Lamachos, Held der Bataille und der Taille du!

575

Chor. O Lamachos, sich, das ist der Mensch, der lange schon Die ganze Stadt mit Schimpf und Schmach begeifert bat! L a m a chos. Was! so zu sprechen hast du Bettler dich erftecht? Dikaiopolis. O Lamachos, o du großer Held, verzeih' mir doch, Wenn ich, ein Bettler, Einiges sprach und schwätzelte! Lamachos. Was sprachst du von uns? Gleich rvird'S gesagt! D i ka io pol i s. Ich weiß nicht mehr! Aus Angst vor deinen Waffen wird mir gar zu schlimm! Ich beschwör' dich, lege den Spuk, den schrecklichen Spuk bei Seit! Lamachos. (legt den Schild ab)

Meinthalben! Gorgone in fchrcckbarster Gestalt. Das Schild wird, wenn man es nicht braucht, in einem Futteral bewahrt. Daß neben dem Hause des Dikaiopolis auch das des Euripides und des Lamachos liegt, ist eine poetische Licenz, wie ste die alte Komödie kein Anstand nimmt {ich zu er­ lauben. v. 575.

Das Griechische Wortspiel in den W orten: „über deine Schaaren und deinen Helmbusch" fügte sich keiner andern als dieser Uebcrsetzung, in der Lamachos einem Garde­ lieutenant ähnlich wird; indessen ist der Begriff der Taille, wenn man darunter nicht bloß die möglichst eng zusam­ mengeschnürten Weichen versteht, den Alten keinesweges fremd.

580

Dikaiopolis.

Bitte, leg ihn umgekehrt mir Hin! LamachoS.

D a liegt er! Dikaiopolis. Schön! nun nimm den Federbusch vom H e lm ! LamachoS. 585 2>a hast du die Plüm e! Dikaiopolis. Und nun halte mir den Kopf, D am it ich vomire; Plüme bringt zum Brechen mich!

L a m a ch o s. Ha Mensch, was beginnst du! mit meiner Plüme willst du spei'n? D enn diese Plüme — Dikaiopolis. N u n von welchem Vogel wird S i e groß denn sein? vielleicht vom Großthugöckelhahn? La ma c h o S. 590 H a Schurke, Tod dir! Dikaiopolis. Nicht doch, LamachoS, nicht Gewalt Gilt'S hier; doch steht der S in n dir auf Gewalt, warum Nothzüchtigst mich du nicht: dein Spieß ist ja berühmt! v. 5 8 6 .

v. 5 8 9.

D ie A lten brauchen gern statt eines D rechm ittelchens oder eines in den M u n d gesteckten F in g ers eine kitzelnde Feder m it erwünschtem E rfo lg . V ortrefflich ist es, daß D ikaio p o lis wieder gutes M u th s ist, sobald der Held seine W affen abg eth an ; denn „ d e r Rock m acht den H elden".

L a m sl chos. Von mir, dem Feldherrn, redest du, du Bettler, so?

Di kai opol i S. Was Bettler! ich ein Bettler!

LamachoS. Nun, was bist du sonst? Di kaiopol iS. WaS sonst? ein braver Bürger, kein Amtsschleicherer, Bielmehr, seitdem eS Krieg ist, ehrlicher Kämpferer; Doch du seitdem Befehls- und GehaltS-Mehrhaberer!

595

Lamachos. Man hat mich gewählt! Dikaiopol iS. Drei Kukuke haben dich gewählt; Darüber im vollsten Ekel hab ich Frieden gemacht, Da ich alle grauen Männer sah in Reih und Glied, 600 Doch junge Gesellen, Leute wie du, die Kreuz undOuer v. 595.

Wörtlich bezeichnet das Griechische einen, der Aemter sucht, in denen er nicht bloß an der Ehre genug hat, sondern Sold bekommt, wie namentlich die Feldherrn, auch Ge­ sandte, StaatSanwalte u. s. w.

v. 601. ff. Zn der Einleitung zu den WeSpen ist darüber gesprochen worden, wie in dieser Zeit die jungen Leute Athens so schnell sich in Besitz der wichtigsten und einträglichsten Aemter setzten; die Komödien wiederholen sehr häufig diese Klage. — Nach Thrakien hin konnte eS manche Gesandtschaft zu schicken geben; die Odryser, die Odomanten, die Edonter, dteOrreStier u. s. w. waren zu beschicken. D ie benannten Personen anlangend baden wir wenige Notizen. T i s a m e n o S ist nach Angabe der Scholiasten ein Fremdling und ein Mensch „für die Peitsche"; des AkestorvS Bater kann er des Alters wegen nicht sein, wohl aber jener TisamenoS, Mechanivns Sohn, den LysiaS in der NikomachoSrede meint; von ihm ist das be-

224

D ie Acharner.

Gen Thrakien bald, drei Drachmen Gesandtensold den Tag, Die Tisamenoö-Phänippe, Schelmhipparchide, Die Geres-Theodore, die Prahldiomei'er, (>05 Bald wieder bei Chares, wieder in Chaonien, Zn Kamarina, in Gela, ins Gelach hinein — Lamachos. Man hat sie gewählt, Mensch! rühmte Gesetz über die Wiederherstellung der Demokratie im Jahre 403, wie er denn selbst unter den zehn Nom o­ theten war, die nach diesem Gesetz zur Revision der S o ­ lonischen Gesetze ernannt wurden. Ueber P h a i n i p p o s sagt der Scholiast: „er war ein Schweinigel," sonst weiß ich von ihm nichts; auch von H i p p a r c h i d e s ist nichts weiter zu sagen; von G e r e s nur, daß der Scheliast ihn einen Liebcrlidmi, einen Kahlkops nennt. T h e o d o r o s der Diomeier scheint derselbe zu sein, der um 415 unter den Hermenverstümmlern und Genossen des EuphiletoS von Teukros denuncirt worden. B ei den E h a o n i e r n , im Norden der den Athenern zugethanen Akarnanier mochte mancherlei zu negociiren fein; im Jahre 430 hatten sie sich mit den Spartanern zu einem Angriff auf Akarnanien vereint, der jedoch mislang; da die Chaonier durch kein weiteres wesentliches Interesse den Spartanern zugethan waren, mochte es Athenischen Legatienen gelingen, bei ibnen etwas zu erreichen.

Unter

Chares

wird man sich

wohl irgend

einenDynasten zu denken haben; doch jede weitere Aus­ kunft über ihn scheint zu fehlen. A ls die Athener von den Leontinern gegen S y r a ­ kus um Hülfe

gebeten nach

Sicilien segelten, war von

allen Dorischen S taaten nur Kam arina gegen S yraku s; erst nach der Aufführung der Acharner ging die S ta d t durch Berrätberei an Syrakus über; Tbucvdides, aus dem diese Angaben sind, berichtet nichts Aehnliches über Gela, doch darf man aus der vorliegenden Stelle anneh­ men, daß die Athener auch mit einer demokratischen P a r thei in Gela in Berbindung standen, ja vielleicht noch mehr.

Ucbrigens war

bis zum Ende des

Jahres 426

Laches der alleinige Feldherr der einträglichen Expedition.

Di ka io pol i s. Aber waS beim ist der Grund, Daß immer ihr, der Himmel weiß, wo Sold empfängt, Bon denen da niemand? «ich an den Chor wendend.)

Ehrlich, Marilades, sprich, Warst je du Gesandter irgendwo, so alt du bist? 610 Er schüttelt den Kopf und ist doch fleißig, brav und klug.' Und du Drakyllos? oder Euphorides? PrinideS? Kennt einer von euch Ekbatana oder Chaonien? Nein, sagen sie! Aber Koisyra's Sohn und Lamacho«, Zu denen noch jüngst ob einiger Zechen und Gläubige 615 Die guten Freunde alle sprachen dasselbe Wort, Wie wenn man des Nachts ein Geschirr hinauSgießt: „weg, hinweg!" Lamacho«. O Demokratie, wenn das noch auSjuhalten ist! Dikaiopolis. Nein, nimmer, falls nicht LamachoS seinen Sold erhält! Lamacho«. So will denn ich mit allen Peloponnesiern Unablässig kriegen, plagen sie, heimsuchen sie, Allüberall zu Wasser und Land, aufs Schrecklichste!

620

Dikaiopolis. So w ill ich denn an alle Peloponnesier, Boi'otier, Megarer förmlich kund und zu wissen thun, M it mir zu handeln und Markt zu halten, m it LamachoS 625 nicht! (»eite ab.)

Aristoph. II.

Parabase D er M a n n da gewinnt m it Reden den S i e g ; ihm gluckt es, das V olk zu bereden F-ür den Frieden. W oh lan , bei S e it ' das G ew a n d , an die Festanapästen zu gehen! S e i t unser P oet vor euch sich gezeigt an der S p itze trygödischer Chöre, H at er nie an das Publikum noch sich gewandt, zu ver­ künden, w ie trefflich er dichtet; 630 Doch verunglimpft jüngst von der Feinde Geschrei bei den hastig erhitzten Athenern, v. 628 ff. Ueber d a- Sachliche dieser P arabase s. Einleitung, v. 630. I n den B abyloniern, dem S tück des vorigen Ja b re s, w ar die Gesandtschaft der Leominer, welche im J ah re 427 nach Athen gekommen w ar, mit durchgenommen w orden; denn an ibrer Spitze stand der berühmte G orgias, der mit sei­ ner neuen K unst zu reden einen wahren Enthusiasm us hervorbrachte. Gewiß aus seinen Reden ist das „vtolenbekränzte A thener" u. f. w., denn solche poetische P ro sa, selche buntschimmernde P rach t der Rede w ar unter den Eigenthümlichkeiten der neuen Weise und mochte um so mächtiger wirken, da die sonst übliche Art sachlich und nüchtern gewesen zu sein scheint.

D aß er unsere S ta d t mit Gespött helmsucht und das Volk hohnversclnd beleidigt, M uß förmlich er jetzt antworten darauf zu den wieder ge­ witzten Athenern. Denn eS meint in der That mein Dichter um euch viel­ fältigen Dank zu verdienen, D er ein Ende gemacht, daß der Fremden Geschwätz nicht mehr euch gröblich berückte, Noch von Schmeichlern ihr ferner euch aufblähn ließ't und 635 wie Gaffenschlaraffen umhersaßt. Denn sonst, wenn daher von den Städten geschickt euch such­ ten Gesandte zu täuschen, „ I h r Diolenbekränzte»" begrüßten fie euch dann gleich; und wie Einer das sagte, S o saßt ihr von wegen der Kränze sogleich stolz auf mit gehobenem Podex. Und wenn Einer denn gar euch schmeichelnden W orts von dem „glänzenden, fetten Athen" sprach, S o gewann mit dem Glanz er sich Alle sogleich, da er fett 640 euch prieS wie die S tin te. — D as that mein Dichter und ist euch drum wohl werth viel­ fältigen Dankes. Und ließ euch sehn in den Städten umher, wie eS dort m it der Demokratie steht. v. 637. Schon P ind ar sang von dem „fetten, veilchenbekränzlen Athen" und die Tragödie hat diese Beiworte nicht ver­ schmäht. Die Athener liebten die Veilchen gar sehr und pflanzten sich Bellchengärtlein am B ru n n en ; s. Frieden B .575. D a« Beiwort „fett" paßt nicht ganz, da der Boden von Attika dürftig ist; desto reicher war da« Land durch Fei­ gen und Llivenpfianzunge», durch Siibergruben und den Honig de« röthlich schimmernden Hymetto«. v. 642. Auch da« ist au« den Babyloniern, in denen die verschie-

Wenn demnach jetzt von den Städten hi eher die TributEinzahlenden kommen, So sind sie, ihr wißt's, voll Verlangen zu schaun den Edel fteii aller Poeten, 17» Der

es wagte, zu euch, dem Athenischen Volk, zu sprechen von dem, was gerecht ist.

Ja, s o weitbin schon hat das Gerücht sich verbreitet von eben dem Wagniß, Dafi der König sogar die Gesandtschaft jüngst ausforschend, die Sparta ihm sandte, Nachfragte zuerst, ob sie, ob wir zur See jetzt mächtiger waren; Und weiter sodann: ob ihnen, ob uns er bitterer sagte die Wahrheit; 50

Denn, fügt' er hinzu, das seien gewiß die bei Weitem vor­ trefflichern Männer Und würden zuletzt auch siegen gewiß, die von ihm sich lie­ ßen berathen. Das ist es, warum die Spartaner denn euch auch jetzt auf­ fordern zum Frieden, Und Aigiua zurück sich fordern von euch; denn glaubet mir, nicht an dem Eiland Liegt ihnen so viel, sie bezwecken ja nur, zu entziehn euch unsern Poeten.

55

Doch lasst nur ihn nicht euch nehmen, damit er hinfort euch redlich verspotte; Er verspricht dann auch, zu belehren euch so, daß stets glück selig ihr sein sollt, Nicht schmeichelnd dem Volk, nicht ködernd mit Lohn, nicht selbstisch beflügelnd, betrügelnd, teilen

Verbündeten

als

eben so

viel

S k la v en

M ü b le des ^einaqogen Eukrates auftraten.

in

der

Schalkkünstclnd auch nicht, lobdünstelnd auch nicht, nein, stets das ihm Nützlichste lehrend. D ann, Kleon, komm nur zum Ringen heran, Und versuche die Ränke, so viel du nur kannst; 600 D enn zum Kampfe Genoß wird Tugend und Recht Zur S e ite mir stehn; nie soll man mich zeih'n, D aß ich unserer S ta d t so diente wie du, Hundsfott und verfluchter H allunke! C h or. (Strophe.)

M use komm, glüh'nde du im Flammenungestüm des Zorns, ub5 kernichte Acharnerin, Gleich wie Gluthfunken rings Eichenkohle knisternd sprüht Hell von dem G ewältiger dem Blasebalg angefacht, 67U W enn du auf die Roste dir zum Backen hast den Fisch gelegt, Anderer die S a u ce dir, die Thasische, im Topfe quirlt, Anderer den Teich dir rührt, — S o ein hellknisterndes, so brennendes, so bäurisch Lied Bring* du uns, deinen Landsleuten, heut! 675 v. 05 i. S p a rta hatte unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges besonders auch die Freiheit für die Insel Aigina gefor­ dert, welche feit mehreren Jahren von Athen unterworfen und in Kleruchien getheilt w ar; daß um 42 f- neue Frie­ densunterhandlungen gemacht worden, ist fönst nicht be­ kannt. v (>05. S tro p h e und Gegenstrophe sind in dem für die Uebersetzung überaus schwierigen BerSmaß aufgelöster Kretiker gedichtet; in der Nachbildung mußten einigt Auflösungen ^ re is gegeben perden, um nur ein leidliches Deutsch zum Borschein zu bringen, v. 072. S o essen die Athener besonders die kleinen Fische gern; übrigens hat die N oth des BerseS, nicht minder als die nicht ganz klare Darstellung, wie die Backfische zubereitet werden, einige Freiheiten in der Übersetzung nöthig ge­ macht, die eher an die heutige A rt der Backfische erinnern dürfte.

Chorf ührer. W ir, die hochbetagten Greise, ernstlich tadeln wir der S ta d t; Nicht wie das, was wir im Seekrieg Großes gethan, ver­ dienet hat, Hegt und pflegt man unser Alter; nein, wir leiden bit­ terschwer. Denn ihr verstrickt uns alte Männer in Processe kreuz und quer, 680 Gebt den jungen Rednerbürschchen uns zum Hohngelächter her, Uns, verlebt schon und verstummt, gleich alten Flöten abge­ nützt, Denen statt des Horts Poseidon nun der Stab ist, der sie stützt. Und vor Alter schwach nur murmelnd stehen wir am Red­ nerstein, Sehen nichts als nur des Rechts Derdreherein, Verdun­ kelein. 685

Doch das Bürschchen Staates-Anwalt, eifrig seinem V o r­ theil nach, Greifet an und trifft mit gewählten, feinen Worten Schlag auf Schlag, Kreuzt die Fragen, schneuzt die Antwort, stellet Fallen allerhanden, N ärrt und zerrt den armen Tithonos, macht so mürb' ihn und zu Schanden. v. 68-4.

B o r Allem wichtig ist den jungen, rednerisch gebildeten und nach Bereicherung im S ta a te begierigen Leuten das A m t der S ta a ts a n w ä lte (£wqyoQu Ich aber, an bcn Backen schlepp' ich köpflingS dich zun» Thor 'naus! Chor. Bei Herakles, eh' den du schleppst, schaff' mich nur erst zuvor 'naus. P ap hl ag oni er . I n den Block, du Schurke, schlag' ich dich! Wurst händl er. Als Deserteur verklag' ich dich! Paphl agoni er. Dein Fell soll aus den Gerbepanzcn! Wurst händl er. Dich schind' ich ab zum Diebesranzeu!

J 7U

Paphlagonier. Dich pflöck' ich breithin über den Boden! W u r s th än dl e r . Dich hack' ich breiktein, erst die Hoden!

v. 366.

v. 369.

Dieser Bers wäre wohl besser dem Demosthenes zn geben mit der wörtlicheren Übersetzung: „M ich, bei Poseidon! gleich nur mit, wenn den du solltest schleppen!" Gerbcpanzen provinziell für Schabebock, aus dem das Le­ der mit dem Schaabeisen enthaar» wird.

Paphlagonier. Die Wimpern reiß' ich dir, du Hund, aus! Wursthandler. Lebendig schneid' ich dir den Schlund ans! Erster Diener. Beim Himmel ja, und nicht zu faul,

375

W ir stecken flugS ihm dann ins M aul Wie Köche Pflöcke, reißen knapp I m Schlund die Lästerzung' ihm ab, Und sehn hinauf in'- Rachenloch Von» Hinterloch,

380

Ob Finnen auch die Sau hat! Chor. Brennenderes, seh' ich, noch wie Feuer giebt eS, Reden, schaamloser noch Als die schaamlofen, die man H ört bei uns!

3g5

Und am Ende geht der Streich Nicht so schlecht. Faß' ihn jetzt, kämm' ihn jetzt, Laß ihn nicht m it halber Schur, D a du ihn recht hast beim Kopf; Denn so du jetzt im vollen Sturme gleich ihn« tüchtig putzt die Nase», Wirst du merken, wie er feig ist; denn ich kenne ja den 390 Hasen! E r s te r D i e n e r . Und da er stets derselbe Schuft ist heut' und gestern, Hinte» und vorn» G ilt er doch für einen Haupthahn, weil er ärndtet frem­ des Korn!

348

D ie R itter.

J a und jetzt die edlen A eh ren , die er von dorr gebracht mid) H au ö, W elken laßt er sie am Blocke, bietet zun, V erkauf sie a u s! P a p h l a g o n i e r. 395 O ich fürcht' mich nicht, so lang noch lebt der R a th und redlich schwitzt, Und der M a n n , der heut d as V olk spielt, drinnen so duscl dämlich sitzt. C hor. Durch und durch ist er doch U nverschäm t; nicht einm al O b der S ch an d ', ob der Angst S e in e Färb' ändert er! 400 W enn ich dich nicht Haffe, w ill ich werden gleich Ä ratitios P fü h l, " W ill ich gleich Chorsingen lernen für des M orsim es T rauer. spiel, v. 393. Die edlen Aebren sind die S p a rta n e r , die Kleen auf Sphakteria gefangen hat und die er den S p a rta n e rn um möglichst hohen P re is zurückgeben will. v. 390. M erkw ürdig ist diese G alanterie gegen bas Volk, das doch übrigens nicht mit besonderer S ch o n u n g behandelt wird. v. 400. Nach der Erklärung der Scholiasten soll hier der alle Komiker K ralin ys gemeint sein, der allerdings stark zu trin ­ ken liebte und seines Alters wegen wohl nicht mehr sei ner Schließm uskeln H err genug sein mochte, um Nach lens nach einem tüchtigen Gelage seinem B ette die u n ­ saubere Überschwemmung zu sparen. Aber denselben K ra tinos nennt der Dichter in der ersten Parabase dieses Stücks mit redlich gemeintem R u hm e, so daß man ge­ neigter sein dürfte, an den jungen eleganten K ratin os zu denken, der als Ehebrecher in den Acharnern B . 849. ge­ prangert w ird; dem als Laken oder P fü h l in seinen ver­ liebten Nächten zu dienen — o pfui doch! v. 401. M o r s i m o s , der schlechte Tragiker au s Aischvles Schule (Frieden B . 787.)

Der hi ja immer bei Jeglichem, was du thust, Saugst wie die Biene aus jeglicher Blume Geld! Wenn du nur, so leicht du’s raubest, solch Genasch aus wieder brachst! Dann sang' ich nichts als immerdar: 405 „Freut euch, freut euch des Lebens!" JuloS Sohn, vermuth' ich, selbst, der alte Blondkopffänger, Sein „Paan hoch" wohl stimmt er an, sein „Bacchus lebe" sang' er! Paphlagonier. M it Unverschämtheit siegt ihr nicht, ja bei Poseidons Fichten, Sonst will ich gleich auf meinen Theil beim Opfermahl 4l0 verzichten! Wursthändler. Ja, ja, bei jedem Backenstreich, so viel ich aller Ende Von Kindesbeinen an empfing, bei jedem Schlag auf die Hände, Zu übertreffen dich darin, gewiß bin ich mir dessen; Sonst hätt' ich umsonst an Abgang mich so dick und groß gefressen!

v. 406.

v. 407.

Auch im Griechischen ist ein Lied aus der guten alten Zeit, ein SimonideischeS, angeführt, da- freilich darnalder rasch lernenden und rasch vergessenden Jugend Athen­ eben so fremd zu werden beginnen mochte, al- un- Deut­ schen dieß Liebling-lied der gemüthlichen Humanität-zeit. J u l o - ist nicht bloß ein unbekannter, Asondern kaum ein Griechischer Name. Mancherlei Borschläge sind gemacht worden, diese Stelle zu verbessern; man könnte daran denken, den au- Thukydide- (V . 19.) bekannten Jolkios erwähnt zu finden.

350

Oie Ritter Paphlagonier.

415 Ei so am Abgang, wie ein Hund! und wagst dich, dummer Geselle, M it Hundefutter genährt, an mich, der gerbt die Hunde feste? W ursthändler.

4*20

Zch kann mit manchem Schabernack aus meiner Kindheit dienen; So führt' ich einst die Köche an, indem ich sprach zu ihnen: ,.Da seht doch Bursche! seht ihr nicht? der Frühling kommt, die Schwalbe!" Da sahn sie hin, ich stahl indeß ein Nierenstück vom Kalbe. Chor. Du allerliebste- Nierenstück, das heiß ich doch gewitzet: Wie „Letsche, bevor die Schwalbe kommt", ein Stückchen Fleisch stibitzet!

425

W ii r st Händl er. Und that ich das, so blicb's geheim; sah's einer gar von den Lümmeln, Flugs nahm ich's hinter den Hodensack, schwur's ab bei allen Himmeln; Drum sprach ein Staatsmann einst zu mir, der's sah, ein großer Denker: v. 416.

Der Uebersetzer folgt hier einer geistreichen Vermuthung von Herrn Fritzsche {xw o xvtff cr J U « ) , obschon die Bulgare nach der einsichtsvollen Bemerkung des Herrn von Leutsch, wenigstens in der Quantität, nicht fehlerhaft ist.

v. 419.

Das ist recht ächt Attisch; man sieht diese hier so lustig misbrauchte Frühlingslust gar reizend auf einer Base dar­ gestellt; drei Männer und ein Knabe schauen nach einer Schwalbe in der Luft, und rufen nach einander die W o rte : „Ich sah eine Schwalbe! da ist sie! ja beim Herakles! es ist Frühling!''

.»Nicht fehle» känn'S, der Junge wird noch einst desVolkes Lenker!" Chor. Gut prophezeit! auch mußt' er wohl zu dieser Deutung greifen, Weil du de» Raub abschwurst, und Fleisch dem Hintern gabst zn steifen! Paphlagonier. Gleich stopf' ich dir und lieber dir gleich mit das freche Keifen; Denn brausend brech' ich über dich, stürz' auf dich wild ge- 430 waltsam! Und thürm' und stürme Land und Meer ineinander unauf­ haltsam. W ursthändler. Gleich zieh' dann ich die Würstchen ein und treib' mit vol­ len Winden In die hohe See, und wünsche dir von Herzen: laß dich schinden! E rste r Die n er. Mich sollst du, wenn du ein Leck bekommst, sogleich an der Pumpe finden! P a p h la g o nier. Du sollst, bei Zeus, mir büßen, daß wer weiß wie viel Talente 435 Dem Volk Du unterschlagen hast! Chor. Re! Segel 'rüber! wende! Ein Süd-, ein Sydkophantenwind bläst herum seine Lende! v. 426. v. 436.

„S o frühzeitige Beweise von Raub, Meineid und Unzucht konnten nicht fehlrathen taffen." Boß. Der Chor bleibt in der schönen Metapher eines arbeiten-

352

O ie R itter.

W u r s t h ä nd l e r . 5lue Potidäa, ich weiß genau, bekamst du zehn Talente! Paphlagonier. W ie so? wie so? tbeimlick) nimm ein Talent und schweige von dem Kram still! Cho r . 440 D er brave M ann nahm'- herzlich gern! D ie S egel los am

Bram spill! Wursthändler. D aS Wetter neiget sich zu End. [Und schönen Dank für dein T alent!] Paphlagonier. Verfolgen will ich dich, Sapperment! M it vier Processen um hundert T alen t! 445

Wursthändler. Und ich mit zwanzig als Deserteur, Um Kaffendefect mit tausend und mehr! Paphlagonier. V on den Frevlern stammst du, sag' ich aus, D ie mit B lu t befleckt der Göttin Haus! den Schiffes- auf die neue Drohung de- Kleon fordert er mit dem „R e ", dem üblichen Schiff-ruf beim Lavtren, auf, demselben eine neue Wendung entgegenzustellen, v. 438. P o tid ä a , die Korinthische, den Athenern unterworfene Pflanzstadt, empörte sich kurz vor dem Au-bruch de- Krie­ ge- und wurde 430 bewältigt; die hier bezeichnete B e­ stechung scheint in die erste Zeit der Belagerung zu ge­ hören. v. 442. Dieser eingeklammerte BerS wag den Uebergang bezeich­ nen, den eine Lücke im griechischen Text nur errathen läßt, v. 447. Z ur Zeit de- Drako versuchte Kylon sich m it Hülfe de-

.W u rsth ä n d ler. D ein Vaters Vater, ich sag' eS, Lch, W ar Leibtrabant — Paphlagonier. B on wem denn, sprich? Wursthändler. D on HippiaS berkemter Frau! Paphlagonier. D u bist ein Schaaf!

450

Wursthändler. D u bist 'ne S a u ! Cho r . S o hau' ihn, hau'! Volks zum Tyrannen in Achen zu m ache»; b tt Adel zog wider ihn und belagerte ihn unter Führung des Alfamio* niden MegakleS auf der B u rg . D er höchste M angel und KylonS Flucht zwang die Belagerten, sich an die Altäre zu flüchten; dort rangen sie mit dem Tode. Die Alkmaioniden forderten sie, mit dem Versprechen, eS solle ihnen kein Leides geschehen, auf, hinweg zu ziehen z nun erschlu­ gen sie sie alle theils auf dem W ege, theils an den Al­ tären, zu denen sie sich retteten. Die Altmaioniden, befleckt mit der Kylonischen Blutschuld, wurden deshalb wiederholentlich aus Athen gewiesen, und noch vor Ausbruch des Krieges hatten die S p a rta n e r dieselbe Forderung wie­ derholt, denn PerikleS war aus dem Geschlechte der Alkmaioniden. v. 448. „D er W ürsthändler giebt seinem Gegner einen gleich gehäs­ sigen Ursprung, an die Tyrannei des PeisistratoS und seiner S ö h n e HtpparchoS und HippiaS erinnernd, die eine Leib­ wache von rüstigen Hausknechten um sich hatten. D es HippiaS G attin hieß M yrsine, M yrtichen; daraus macht der W ürsthändler Byrsine, Riemichen, auf den Namen HippiaS, Roßhard, anspielend. E in Knecht aus der Leib­ wache dieser F rau Riemichen ist Unsers Riemers Ahnherr. Zm Deutschen wird berühmt in bcricrtit verdreht." Boß. A ristoph. I I .

3

P a phlag enier. (geprügelt.)

Au au! au au! Die Verschwemen hau'u mich braun und blau! Chor. Hau' brav den Hund! laß nimmer loS! Zermürb' den Bauch, den geilen Schoop, 455 Ih m Stoß auf Stoß, Ihm das Stofiigsein zu legen! Du allerhöchsthochherzig Fleisch, du allerseelengrößter, Der dl, der Stadt ein Retter kamst, den Bürgern kamst ein Tröster, Wie du den Mann so fein, so klug bewältigt hast mit Schreien. 160 D ie können w ir dich preisen nur so hoch, wie wir uns freuen! Paphlagonier. Die Geschichte, die du gezimmert, war bei Demeter M ir keineswegeS unbekannt; ich weiß genau, M it welchem Beding da genietet und genagelt ist! Chor. (zum W ursthändle.)

O weh, du weißt mit der Wagnersprache wohl nicht Bescheid? Wur st händ l er. 465 M ir keineSwegeö geheim ist, was du in ArgoS treibst! Vorspiegelt er hier, befreunden woll' er ArgoS uns, v. 465.

„Die Argeier waren im Peloponnes die einzigen, die nicht zu den Latedaimomern standen. Unter dem Verwände, sie für die Athener zu gewinnen, dielt sich Kleon im Pelo­ ponnes auf; er schmiedete aber unterdeß ein Lösegeld für die Gefangenen von Ephakteria zu eigenem Vortheil." Bost.

D i, R itter.

355

I m S tillen aber verkehrt er m it den S p artan ern dort; Auch weiß ich, warum man so zusammenbtasebalgt, Weil dort der Gefangenen wegen w as geschmiedet wird! Chor. Vortrefflich, herrlich! GrobschmidtSwaare für Nieterei. 470 Wursthändler. Und wieder die dort possekeln und Hammern her zu uns. — Und giebst du mir Geld, und giebst du mir G old so viel du willst, Und schickst du Freunde m ir über den H alS; du bewegst mich nicht, D en Athenern nicht die ganze Geschichte kund zu thun. Paphlagonier. I c h meiner S e its geh' stehenden Fußes jetzt in den R ath, 475 D o rt meld' ich eurer Aller Verschwörung und Complott Und Zusammenkünfte während der N acht in unsrer S ta d t, Und zu was ihr Altes den M edern, dem König euch ver­ schwurt, Und waS von Boiotien aus zusammengekäset ward. v. 478. ES verdient bemerkt zu »erben, daß in demselben W inter, in dessen zweiter Hälfte die R itter aufgeführt wurden, der P e r­ ser ArtapherneS, der als Gesandter gen S p a rta gehen sollte, in Thrakien aufgefangen und nach Athen gebracht worden war, von wo aus er mit Attischen Gesandten an den Perfischen Hof zurückgeschickt wurde; allerdings moch­ ten vornehme M än n er damals Gelegenheit nehmen, mit dem erlauchten Perser zu unterhandeln, v. 479. Nähere Nachricht über Verhandlungen mit Voiotien giebt ThutvdideS aas etwas späterer Z e it; nemlich gegen den Herbst 424 erklärten sich mehrere Boiotische M änner be­ reit, die heimische Verfassung umzustoßen und Demokratie einzurichten, wenn ihnen S eiten s der Athener Beistand geleistet würde; Demosthenes und HippokrateS leiteten diese Verhandlungen.

3 2

3 56

Die Ritter.

W u r st handle r. 480 Was jetzt in Beiotien wohl der Käse tosten mag? P apblaqonier. Ich will, bei Zeus, das Fell dir über die Ohren zieh»! (ob i

S e c hs t e Scene. WurstHändler. Erster Diener. Chor. E rster D ie n e r. Wohlan, es gilt jetzt, ob du Verstand, ob Herz du hast! Nun kannst du zeigen, ob du wirklich das Fleisch dir einst Neun Hodensack versteckt hast, wie du es selbst erzählst. 485 Denn laufen spornstreichs mußt du ins Rathhaus «»verweilt, Da jener hinein dort toben, sammt und sonders uns Verläumden, und ein fanatisch Geschrei loslasse» wird! Wursthändl er. Ich gehe gleich; erst will ich nur, wie ich geh' und steh', Hier meine Messer und Därme noch bei Seite thu». Chor. (reicht ihm Fett.)

490 Da nimm und schmier' dir erst hiermit die Kehle ein, Damit du dich besser aus den Derläumdungen winden kannst. Wur st händl er . Sehr gut und sehr riugmeistcrlich war fürwahr der Rath.' Chor. (reicht ihm Knoblauch.)

Da nimm und schluck' auch dies hinab. Wu rsthändler. Wozu?

Chor. Damit Du, tüchtig knobelgelaucht, zum Wettkampf rüstiger sei'st. N u » geh' und spute dich! Wursthändler. Ja, das thu' ich! Chor. Vergiß nur nicht Zu beiße», zu zausen, auf die Kappe zu steigen ihm; Und hast du de» Kamm ihm abgefressen, so komm zurück! (Wursthändler und erster Diener nach verschiedenen Seiten ab.)

v. 494.

M it Knoblauch erhitzte man unter andern die Streithähne.

495

Parabase. Chör. So geh' denn mit Gott und vollende das Werk Nach unserem Wunsch; und des Markts Hort Zeus, 500

Er behüte dich treu; und siegreich bald Komm wieder von dort hieher, überdeckt Don unten bis oben mit Kränzen!

505

Doch unseren Festanapästen indeß Wollt leih» eu'r Ohr, Die ihr jegliche Weise der Musischen Kunst Fein kostet mit eignem Geschmacke! Ch or f ü h r er. I n früherer Zeit, wenn einer mich da von den alten Äo mödienmeistern v. 507.

£b wirklich Männer ane dem Ritterstande den Chor die­ ses Lustspiels bildeten, bleibe dahingestellt; jedenfalls er­ klärt es der Chorführer hier ausdrücklich als besondere Gunst gegen Aristophanes, daß er einen ritterlichen Cbor babe, was sonst nicht leicht vorgekommen sei.

Wohl anging drum, vor dem Publikum hier des Gedichts Parabase zu sprechen, S o hat er von uns das schwerlich erreicht. Jetzt aber ver­ dient es der Dichter, Da er eben dieselbigen hasset wie wir, und eS waget, zu sa- 510 gen die W ahrheit, Und so höchst hochherzig den Typho selbst angreift und die wirbelnde W indsbraut. Doch da, wie er sagt, wohl mancher von euch ihn besuchte, sich drüber zu wundern Und ihn auszuforschen, warum er denn nicht schon längst für sich selber den Chor nahm, S o , bestehlt er, sollen darüber wir euch aufklären. E r näm­ lich versichert. Aus Thorheit sei'S nicht eben geschehen, wenn er fern blieb, 515 sondern auS Gründen. Ih m gelte Komödienaufführung für die allerbeschwerlichste Arbeit; Denn so viele bereits mit ihr sich befaßt, sehr wenige» zeig' sie sich dankbar. Dann sah' er ja längst auch ein, wie bei euch Beifall nur ein JahreSgewächS sei, Und wie stets ihr die Dichter von früherer Zeit, wenn sie alt erst werden, verachtet; E r wisse ja wohl, was MagneS erlebt, da ihm Alter den 520 Scheitel beschneite, v. 511. Tvfho, der verheerende Orkan, als D äm on gedacht. r>. 512. Ueber die nächsten Berse ist die Einleitung zu den Achariicrit zu vergleichen, v. 520. M a g n e S der Ikarier ist einer der älteren Komiker, von dem AristophaneS in den folgenden Bcrscn die namhafteren Komödien bezeichnet; es waren die Barbiliste» (Harfen-

D er zuerst für die Chöre, mit denen er stritt, die Trophäen des S ie g es errichtet, D a er Klänge von jeglicher Art euch bot, so Harfen und rauschend Gefieder Und Lydergesang und Mückengesumm und Gequak laubfröschiger M asken! Doch hielt er sich nicht, und im Alter zuletzt — denn nim­ mer geschaht, da er jung war — 525 D a wurde der G reis von den Bretter gezischt, weil Witz ihm und Laune versagte. An Kratin auch denkt er zurück, der sonst hier unter un­ endlichem B eifall fpiclcr), die Begel, die Lyder, die Mucken (richtiger G all­ wespen), die Frösche. Eilfm al, heißt es, errang er den Preis. v. 52b. K r a t i n o s , des Kallimedes S o h n , der größte Komödiendichter der Perikleischen Zeit, der mit kräftigem S p o tt die mächtigen M änn er seiner Zeit und vor» Allen den P erikles selbst heimsuchte; er w ar jetzt über neunzig J a h re alt, aber immer noch lebenslustig und Freund des W eines; ja diese M itleidsredcn des Aristophanes, so heißt es, ver­ anlaßten ihn, daß er sich noch einmal aufraffte und seine herrliche Komödie P v tine (Frau Flasche) verfaßte, mit der er in den nächsten Dionysien (42 J) den ersten P re is er­ rang ; er stellte in derselben dar, wie sich F rau Komödie betrübt, daß ihr sonst getreuer Ehem ann in wilder Ehe mit der Flasche lebe, und wie der alte Dichter aus den S chlingen dieser B uhlerin gerettet w orden; da strömt denn wieder seine Poesie: £> Fürst Apollon, wie ihm der S tro m der W orte fleußt. Die Quellen sprühn, ein' Hippokrene ist sein M u nd , Ein Zliß im Felsenbette, o wie nenn' ich dich recht! Und wenn dir nicht bald einer den M und stopst, beim Apoll, S o überschwemmst du mit deinem Gedicht zur S t u n ­ de noch D a s ganze verehrte Publikum . ,

Wie durch friedlich gebreitet Gefild sich ergoß und zugleich unterwühlend die Wurzeln M it fort wild Eichen und Ahorn riß und gründlichst ent­ wurzelte Gegner; Da sang man nicht- bei vergnügtein Gelag alS: „feigholzsöhlige Doro!" Und: „Zimmerer künstlich gefügten Gesangs", so sehr war 530 jener im Flore, Doch seht ihr jetzt denselben beinah stumpfsinnig, so rühret es keinen, Wie der alternden Leier der Steg los wird und erstorben ihr jeglicher Klang ist Und bereit- aufreißen die Fuge» an ihr; umher nun wankt er, der Alte, Dem KonnaS gleich, mit verwelketem Kranz, vor Durst hin­ schmachtend, — da wahrlich Doch er ob der Siege von früher verdient, in dem Pryta- 535 neion zu zechen, Und nicht zu verkümmern so, sondern geschmückt Dionysen zur Seite zu schauen. Und KrateS sodann — was hatte von euch der Spott und Verhöhnung zu dulden, v. 529.

»Anfang eines ChorliedeS vom Kralinos auf ble Syko­ phanten. D o r o eine komisch erdichtete Göttin der Be­ stechungen, wandelt auf sykophanlifchen Sohlen aus Feigenholz." Boß. v. 534. K o n n a « s. Wespen B. 675. v. 537. K r a t e s trat zuerst als Schauspieler de« Statines auf, dann mit eigenen Komödien, die sich wesentlich von den sonstigen Komödien dadurch unterschieden, daß sie nicht politisch waren und nicht persönlichen Spott enthielten, sondern, mehr nach Weise der Exicharmischen Lustspiele, scherzhafte Geschichten und Situationen vorführten, wie er denn namentlich Betrunkene auf die Bühne brachte.

Der so fröhlich mit wenigem Aufwand oft euch bewirthete, wenn er zum Fest euch M it dem nüchternsten Munde die witzigsten Ding' vorkaute und satt ihr euch lachtet; 540 Doch dieser, beklatscht heut, morgen gepocht, er allein noch halt sich so ziemlich. Das machte nun unsern Poeten besorgt; und dabei noch pflegt er zu sagen: Man müsse ja stets erst Ruderer sein, bevor an daS Steuer man käme, Dann werde man Vordecksschiffsmann erst und habe des WindeS zu achten, Dann werde man Schiffsherr selbst für sich selbst. Aus all' den bezeichneten Gründen, 545 Da bescheidentlichst er, nicht unüberlegt in See heut geht mit dem Lustspiel, Laßt rauschen die Woge deS Beifalls ihm, und begleitet mit Rudergeklatsch ihm Das Jubelgeschrei der lenäischen Lust, Daß er heim heut kehrt mit gehobener Brust, DeS Erfolgs sich bewußt, 550 Hell blickend mit leuchtendem Auge! Ch o r 2. (Strophe.)

Ritterlicher Poseidon, dem Liebe ja des Roßhufs Eisenklang, Rossegewieher kühn und hell, Purpurgeschnäbelt, fahrtenschnell Segelnde Kriegstrieren,

555

v. 551.

P o s e id o n , der Schöpfer des Rosse-, ist der rechte jpott Der Ritter.

Jünglinge, Wettlauf fahrende, Stolz mit dem Wagen jagende Und in den Sand gestürzte, Komm, komm her zu dem Chor, goldnen Tridents Fürst, Sunion» heiliger Hort, Schirm der Delphine, 560 O Geraistier, Kronos Sohn, Du dem Phormion theuerster, Du vor sämmtlichen Göttern auch Jetzt dem Volk von Athen lieb! Chorf ührer 2. (an die Zuschauer.)

Preisen will ich unsre Väter; sie bewährten alle Zeit 565 Würdig sich de- Vaterlandes, würdig der Unsterblichkeit. Denn zu Land in mancher Feldschlacht, in den Schlachten der Trieren, Ueberall und immer siegreich, schmückten sie die Stadt mit Ehren; Nimmermehr von ihnen einer, wenn sie Feinde vor sich sahn, Zählte» sie; der wackre Muth stets war der rechte Wehre- 570 mann; Möcht' vielleicht beim Ringen einer auf den Arm gesun­ ken sein, v. 560.

Auf dem Vorgebirge S u n i o n hatte Poseidon Tempel und Dienst s. Bögel B. 868; auch das Eubötsche Borge­ birge GeraistoS war ihm heilig, v. 562. P h o r m i o n desAsopioS Sohn, der berühmte Seeheld der Athener, der sich schon 439 im Samischen Kriege ausgezeichnet hatte und während des Peloponnesischen Krieges mehrere Seefiege erfocht, ein durchaus unbe­ scholtener und soldatisch strenger Charakter, v. 566. Wörtlicher „würdig des PeploS" f. Bögel B. 827.

Ab den Staub sich schüttelnd sprach er: Nicht gefallen bin ich, »ein! Und von Neuem ward gerungen. — Auch von den Feld. Herrn sonst, beantragt Hat da keiner auf die Speisung und KleainetoS beanfragt; 5,75» Doch wer jetzt den Ehrenplatz nicht, Speisung nicht für alle Zeit M it erhalt, der sagt, er kämpfe nicht. W ir jedoch, zu Wehr und Streit Für die Stadt, die HeimathSgötter, sind wir ohne Sold bereit, Und verlangen weiter gar nichts noch dazu, als dieß allein: Daß, wenn's Fried' einst wird und frei wir aller Krieges Noth und Pein, 580 Nicht ihr'S neidet, wenn des Haarschmuck'S und der S al­ ben wir uns freun. Chor

1.

(G egenstrophe.)

Göttin der Burg, o Pallas, du Schirmerin dieses heiligsten, Dieses an Ruhm, an Kriegsgewalt, An Poesie, an jeder Macht Herrlich begabten Landes, Eile daher und bringe mit

585

v. 5 7 i .

K l e a i n e t o S hatte ein Pscphisma eingebracht, daß den Strategen nicht ohne Weiteres die Speisung im rprytaneion zustehen sollte; wollte ein Feldherr auf diese Ehre antragen, so mußte er erst förmlich die Erlaubniß des KleainetoS einholen. S o nach der Ansicht des Scholiastcn, der vielleicht aus der Stelle selbst nur seine Erklärung entnommen hat. KleainetoS hieß nach ThukydideS der Batcr des Klcon.

v. 575.

E h r e n p l a t z in der Ektlcsie wie im Theater.

Unsere stets;u Krieg und Schlacht Rüstige Kampsgencssin Nike, welche den Chorliedern sich gern naht, Und den Feinden m it uns kühn in den Weg tritt. Jetzt erscheine du hier, denn jetzt Mußt mit allem Bemühen du Diesen Männern den Siegerkranz, Wenn je früher, so heut weihn!

590

C h o rf ü h re r 1. (an die Zuschauer.)

Was wir von unsern Rossen wissen, rühmend werd' auch 595 deß' gedacht; Denn sie sind des Lobes würdig. Mancherlei bei Tag und Nacht Haben sie m it uns bestanden manchen Streifzug, manche Schlacht. Doch was sie zu Lande thaten, ist noch nicht so wundernSwcrth, Als wie sie an des RoffeschiffS Bord tapfer sprangen, Pferd bei Pferd. Eingekauft war Fcldgeräth schon und Proviant und Bollen 600 und Lauchen, Schnell geschaart nun an die Ruder, brauchend sie wie w ir sie brauchen,

v. 589. v. 600.

N I t e , die Göttin Sieg. Die Kriegsbegebenheit, die hier bezeichnet wird, fand wenige Monate vor Aufführung der Nitter statt; ein Athenisches Heer von 2080 Schwerbewaffneten und 200 Reitern landete unter Führung de« Nikis« plötzlich auf dem Korinthischen Gebiet und lieferte dort ein Gefecht, dessen günstiger Aus­ gang besonder« der Reiterei verdankt wurde.

Ruderten sie und wieherten lustig: "hottohoh! man rührt sich nun! ^Besser angefaßt! es schafft nicht! Rappe, willst du schon dich ruhn?" Sprangen bei Korinth ans Ufer, und die Jüngsten scharrten schnell 60f> Lagerstätten mit den Hufen oder brachten Streu zur S te ll'; Fraßen statt des MederkleeeS Krebse dort mit Schaal und Scheere, Die an den Strand gekrochen kamen, oder fischten sie im Meere, Also daß, Theoros sagt es, ein Korintherkrabbe geschrien: „H art, Poseidon, ist's, wenn nicht in Meeres Grund, noch Schlammes Grün, 010 .-Noch zu Wasser noch zu Land' ich mehr den Rittern kann entfliehu."

v. 608.

2 1 ;c o r o 4 ist der au- den Wespen bekannte Schmeichler (f. Wespen B . 43. 1220.) der es mit allen Partheien gehalten zu haben scheint. D er Scholiast meint, Theoros habe sich damals der liederlichen Dirnen wegen rintb aufgehalten.

in Ko

L w e i t e r Ä c t. Erste Scene. Chor. W u r s t h ä n d l r r .

C hor. und junkerlichster der Sterblichen, Sorge mit deinem Fernsein uns gemacht! wohlbehalten du zurückgekehrt, hast du deine Sache durchgekämpft? Wursthändler. Was kann's denn sein, als daß ich da heut Rathsmeister 615 ward! Chor. DaS, ja da- verdient, daß alle jauchzend wir dich begrüßen.

O liebster du W as hast du Und jetzt, da Berichte, wie

v. 615. Sucht man In diesem Berse vergeblich nach einem Witz, so muß sich der Uebersetzcr damit trösten, daß es im Grie­ chischen nicht viel besser ist. Dort steht, daß der Wurst­ händler Nikobulos geworden, was zugleich ein üblicher Name ist (doch von keinem bekannteren M ann jener Zeit) und Rathsbesieger heißt.

Heil dir, der du Herrliches berichtet, ja noch mehr wie das, Herrlicheres hast gethan, sage mir nur AlleS gleich! Herzlich gern, glaub' ich wohl, Weiten Weg auch gehen würd' ich, Das zu hören. Drum, o Guter, Sprich getrost, damit wir alle Uns an dir von Herzen freun?

620

Wursthändler. Ja wohl, was dort geschehn, zu hören, lohnt die Müh! 625 Ich ging von hier ihm nemlich auf den Fersen nach; Wir kamen hin. Losbrechend mit donnerrollendem Wort, Wahrzeichen deutend, wettert er auf die Ritter los, Warf schmetternde Felsenphrasen, nannte Berschworne sie Aufs Zuversichtlichste. Und der Rath, der spitzte das Ohr, 630 Ließ pilzengleich aufschießen in sich die Lügensaat, Schnitt Pfeffergesichter, machte die Stirn wer weiß wie kraus. Kaum merkt' ich, daß sich der Rath es so zu Herzen nahm, Und von seinen Gaunerstreichen sich ganz benebeln ließ, So sprach ich zu mir: „Auf, auf! Kobolde, Kniff und Pfiff, 635 „Alsanz und Schrettel, Butz und Muck und Schabernack, „Und Gasse, die du als Knabe mich erzogen hast, „Nun gebt mir Frechheit und geläufig Zungenspiel „Und unverschämtes Maul". So stand ich gedankenvoll An eine Bank gelehnt; da donnert' rechts bei mir _________ Ein v. 635.

Der Uebersetzer hat hier ziemlich willkührlich den fünf im Griechischen genannten Kobolden Deutsche Figuren substituirt, wie ihm deren aus den Mährchen der Kinderjahre erinnerlich sind; es freut ihn, einige derselben in Grimms Deutscher Mythologie nach ihrem innersten Wesen erklärt wiederzufinden, besonders den Schrettel und den Butz,

v. 639.

Der Donner zur rechten Hand war ein glückliches Zeichen.

(sin Für;.

M it Freuden nah», ich das Zeichen.

Gleich 640

gestemmt M it dem Hinter» gegen's Geländer sprengt' ich es, schrie mit M ach t: » Ih r Herrn vom Rath, gar gute Zeitung bring' ich euch, „Und die Freudenbotschaft will ich zuvor verkündigend „D enn seit dem Tage, daß der Krieg begonnen ist, „Hab' ich die S tinte nie so wohlfeil hier gesehn!" 645 Und augenblicklich klärten sich ihre Gesichter auf, Und es ward mir ein Kranz ob guter Zeitung dekretirt. D a schlug ich schnell in geheimem Antrag ihnen vor: „Um in Masse S tin t' zum Obol erstehen zu können, gleich „B ei allen Gewerken einzufordern ihr Geschirr." 650 D a klatschten sie Beifall, staunten mich offenen M aules an. Als Paphlagonier das bemerkte und wohl begriff, An was für Reden der Rath am meisten Freude hat, D a verlangt er das W ort: „Hochedle Herrn, ich schlage vor, „B ei dieser frohen uns verkündeten Neuigkeit 655 „A ls Freudenopfer der Göttin hundert Rinder zu weihn!" D a nickte wieder der ganze Rath i h m freundlich zu ; Ich aber, da ich mich so vom Rindvieh sah besiegt, v. 641. „Der geweihte Raum Im Scnatgebäude, wo sich der Rath versammelte, war wie die Pnyx mit einem nicht sehr hohen Lattengehege umschlossen, durch welche- ei» Flügel­ thor ging. BI- an da- Gehege zu gehen war jedem er­ laubt; daß aber der Wursthändler in den heiligen Bezirk eindrang, zeigt seine Frechheit." Boß. v. 650. Auf Unkosten der Handwerker sollen die Rach«män»rr allein Stinte haben, v. 658. D a- Griechische hat einen ander- gewendete» Sp aß : „von Kubfladen besiegt" was sprüchwörtlich war von einem Zank um Kleinigkeiten. A risio p h . I I .

Aa

Gleich trumpft' ich ihn mit hundert Rindern aber ab 600 Und rieth, .,der Iagdgettin in Gleichem ein Gelübd „Von tausend Ziegen für morgen anzukündigen, ..Wenn Stecklinge kämen, Hundert für 'ncn OboloS. Da wandte wieder der ganze Rath da- Aug' auf mich; Doch jener wurde, da er'6 vernahm, verdutzt, bestürzt; 65 Drauf schleppten ihn die Prytanen mit den Trabanten fers, Indeß der Rath aufstand und wegen der Stinte schrie! Er beschwor sie, einen Augenblick zu verweilen noch, .•Damit, was der Herold aus ^akedaimon melden will, ..Ih r hört ; denn des Friedens wegen, sagt er, ist er gesandt." ”0 Sie aber schrieen allesammt wie aus Einem Mund: - Was, jetzt den Frieden? weil sie gemerkt, du Iammerkerl, -Daß jetzt bei uns die Stinte wieder billig sind! .,9iichts mehr vom Frieden; mag sich der Krieg so weiter ziehn!’’ Sie schrien darauf den Prntanen zu, die Sitzung gleich (»75 Zu schließen, und sprangen über's Geländer rechts und links Ich rannte voraus und kaufte sämmtliche Sellerie Und sämmtlichen Knoblauch aus, der auf dem Markte war; Dann gab ich davon zur Sauce zu dem Gerichte Stint An die Aermeren unter ihnen umsonst, und erwarb mir Dank. 80 Da überlobten, überklatschten sie alle mich, So daß ich, mit einem Obolen Knoblauch und Sellerie Den gesammten Rath in meiner Tasche, vor euch steh'. Chor.

Alles hast du so vollendet, wie es nur kann ein Glückskindf

v. 665.

«prviaiieii f. Acharner B . 2

wandt ist das Griechische; dort beißt der pfiffige 2 ist er Herr Gelbmann (Pyrrhander); zwar meinen die Scholiaff eil, dieser sei ein ganz anderer Schurke, doch das ist ei­ tel Erfindung. Kleon selbst muß auch spottweise P v r rhander genannt fein; und die Farbe, die der Namen be­ zeichnet, ist feuerroth und wird namentlich auch von ro­ them B a rt- und Haupthaar gebraucht; v.

so war am Ende

Kleon ein Rorhkopf? desto besser, 905. Selbst ohne zu richten oder in der Ekttesie zu sitzen.

Wursthändler. Ich aber schenk' dieß BüchSchen dir und Balsam drin zu heilen, Damit du dir einreiben kannst an deinem Bein die Beulend Paph lagen i er. (schiebt ihn bei Seite.)

Ich such' die graue» Haar' dir ab und mache jung dich wieder.' Wursthändler. (schiebt ihn bei Seite.)

Da nimm den Hasenschwanz und wisch damit die Augen­ lieder ! Paphlagonier. (schiebt ihn bei Seite.)

Und schnaubst du dich, halt' meinen Kopf zum Wischen 910 ich dir nieder! Wursthand ler. (schiebt ihn bei Seite.)

Ich meinen dir! Paphlagonier. (schiebt ihn bei Seite.)

Ich meinen dir! (jum Wursthändler.)

Zur Trierarchie, Schuft, bring' ich dich, Geld aufzuwenden zwing' ich dich! Du bekommst ein Wrack, da kaust du dran, v. 912.

Zu den außerordentlichen Staatslasten (Leiturgien) ge­ hörte die Kriegsschatzung (V . 924 Vermögenssteuer) und der Schiffsausrüstung (Trierarchie), welche reichen B ü r­ gern auferlegt wurde. Der Staat gab Rumpf und Mast, der Trierarch stellte das Geräth und mußte das Schiff in gutem Stand halten.

915

Zahr aus Jahr ein da baust du brau, Dein bischen Geld versaust du dran; Ich bring'S in allen Fällen dazu, Daßsie morschen Mast dir stellen dazu! Chor. Der Kerl, der kocht! spring' zu, Gesell! ßtfs übergeht, vom Feuer schnell Ein Stück zurück! da nimm die Kell', Schäum' schleunig ab sein Drohgebell!

920

Pap hl a g o n ier. D u büßt mir theuer deine Lust, Wenn Vermögenssteuer du zahlen mußt! Ich mache, daß man dich von jetzt M it auf die Liste der Reichen setzt!

925

Wurst händ ler. Kein Drohwort sag' ich dir auf deins, Doch darf ich wünschen, wünsch' ich eins: Die Schüssel Brathecht, brätelnd noch Steht auf dem Feuer; du jedoch I m Begriff, just auf der Rednerbühn' Von M ilet zu sprechen, und für's Bemühn, Wenn's glückt, ein Paar Talent zu zieh'», Gedenkst dir erst noch voll mit Fisch Den Wanst zu füll'n, dann voll vom Tisch Jur Pnyx zu gehn; kaum hast dich gesetzt,

930

935 v. 924.

B ei der Vermögenssteuer (Eisphora) zahlte jede reichere Klaffe größere Procente von Ihrem Vermögen ein; diese S teuer wurde in Kriegszeiten, wenn der Schatz erschöpft w ar, eingefordert,

y. 932.

W a s für eine Geschichte dieß wieder mit M ile t ist, wissen w ir nicht; schon oben V

361 sagt Kleon zum Wurst Händ­

ler: „du wirst die M ilesier nicht mucksen."

So holt dich einer, hastet und hetzt; Und du — das Talent doch willst du fasse», Den Fisch nickt lassen — So stopfst und stopfst und stickst du! Chor. Wundervoll, ganz wundervoll bei Zeus, Apoll, Demeter!

SBelf. Er scheint mir auch im Uebrigen ganz unzweifelhaft Ein wohlgesinnter Bürger, wie mir zu keiner Zeit, Noch keiner unsrer Obolenleute gewesen ist! 945 Doch, Paphlager, daß du dich meinen Freund nennst, zwie­ belt mich; Gleich gieb den Siegelring heraus) du sollst hinfort Nicht mehr Verwalter bleiben! Paphlagonier. Da! doch wisse, Volk» Daß, wenn du mir nicht die Verwaltung läßt, an meiner S tatt Ein andrer dir wird kommen, ein noch viel größerer Schuft! 950 Volk. Das ist ja nun und nimmermehr mein alter Ring! Es steht ja ganz und gar «in ander Zeichen drauf, Ich müßte denn blind sein! Wursthändler. Gieb einmal! was stand denn drauf? Volk. Es war ein schier Stück Rinderbrust mit Blättern drauf.

v. 947.

Klcon führte als TamiaS dm Siegelring des Voltes, f. Einleitung. v. 954. Hier gehen einige artige Witze in der Uebersetzung ganz

Wursthandler.

955 Da6 steht da nicht!

V o lk . Nicht Rinderbrust! was steht da denn? W u rsthä « d ie t\ Ein schnappender Habicht, der von 'nein Stein herunter kreischt. V o lk . O pfui! abscheulich! W u rs th ä n d le r. Was denn? V o lk . Schaff ihn mir aus dem A u g ! Nicht meinen hat er, sondern den des Kleonyrnoö! Nimm diesen von mir und sei Verwalter vom heutigen Tag! Paphlag onier.

900 Noch nicht! noch nicht! ich beschwöre dich!

c Herr,

noch

nicht. Bevor du von meinen Orakeln erst vernommen hast!

verloren. Im Griechischen ist Demos der Name des Volks und heißt zugleich Fett; der Demos Hatte in feinem S ie ­ gel eine Anspielung auf seinen Namen, nämlich im Feigen­ blatt Gebratenes, etwa PoupetonS, von Rindsfett, was eben so gut ein Ponpeton von ochsigem Volk heißen kann. v. 950. KleonS Sinnbild ist der Habicht, der vom Stein wie jener vom Rednerstein, Hermiterfreifcht. v. 958. K l e o n ym öS, der oft gerühmte Werfeschild, der wegen feiner Habgier in den Vögeln V. 289, der Hinier|chlnefer oder die KropfganS genannt wird.

Oie Ritter.

395

W u r s th ä n d le r . Ben meinen gleichfalls! P a p h la g o n ie r . O wenn du diesem Menschen folgst, S o mußt du dich melken lassen von ihm! W u r s th ä n d le r . Und wenn du dem, S o mußt du dich, Herr, noch ganz was anders lassen von ihm! P a p h la g o n ie r . H e rr, meine verkünden, daß beherrschen einst du noch 965 Den gesammten Erdkreis sollst, mit Rosen die S tirn um­ kränzt! W u r sth ä n d le r . Und meine wieder, daß im gestickten Purpurkleid v. 963. 964. Absichtlich sind diese Verse nicht wörtlich übersetzt; sie enthalten so gewaltige Obscönitäten, daß unsere schöne Sprache nicht mit sann. v. 966. „ I m Festtranz sollst du über den ganzen Erdboden herr­ schen oder, wie es später heißt, als Adler im Gewölk schwe­ ben. M it der Rose, der Königin der B lum en, wurden Herrscher bekränzt." Boß. v. 967. „Nicht bloß im Festkranze, sondern zugleich stegprangend im gestickten P u rp u r und auf goldenen Wagen wie ein Persertönig sollst du verfolgen — man denkt wunder was — das Winkelköniglein SmikytheS." Boß. Obschon die Scholien angeben, dieser SmikytheS sei ein Thratischer König, so dürsten dagegen doch wesentliche Bedenken zu erheben sein; wahrscheinlicher ist der in einigen Inschrif­ ten dieser Zeit genannte SmikythoS gemeint, dem als Charakteristik seiner Neigungen der Dichter die weibliche Endung angehängt hat. Die Uebersetzung verliert die eigenthümlich juristische Beziehung in den W orten „und seinen M a n n " , die dem Ganzen erst die rechte Pointe giebt. W ursthändler verheißt erst Königliche Pracht —

M it gekralltem Haar aus golbnem Wagen du hinfort Verfolgen sollst den Smikythoö und seinen — Man»! P ap hl ag oni er . 970 So geh' nun hin, mein Lieber, und hole sie, damit Er sie selber höre! Wursth ä n dl e r . Gleich! Volk. Und hol' du deine auch! P ap h l a g o n i e r . Za gleich! W ll r st h ä n d l er. Za gleich, beim Himmel! V ol k. Nichte ja hindert euch' lPolk setzt sich bequem, die beiden andern ab t

Chor. Preis als herrlichsten TageS Schein Jeder, mag er zur Stelle sein Oder kommen noch hinterdrein, Den, wo Kleon zunicht wird.

975

baun etwas zu richten und zwar einen rechten Kvrtcrbti fen, feine bloße Ehebruchsgeschichte, sondern — v. 971.

Kleon will den Wursthändler fortschicken, um dm

alten

Herrn Volk allein in die Mache zu nehmen, er wird ihn dann schon herumbringen; Wursthändler zögert; Volk fordert auch Kleon auf zu gehen, er merkt etwas; mm will feiner vor dem andern fort, bis Volk von Neuem dazu auffordert; da laufen sie spornstreichs, um wo mög v. 975.

lich jeder vor dem andern wiederzukommen, D ie noch kommen werden, sind die B ün dn er, Monate später die Tribute bringen nisten.

die zwei

zu den großen D ie

D i- R itter.

397

Freilich hört' ich auch alte Leut', Käuze voller Verdrießlichkeit, Auf dem Rechts- und GerechtigkeitSTrödel so raifonniren;

9S0

.-Wenn der Eine so groß nicht wär', ..Gäb'S im Attischen Land umher -N icht zwei wicht'ge Geräthe mehr, „Mörserkeule noch Kelle." Doch zum Staunen auch reißt mich hin S ein höchst lederner Musensinn; Denn eS rühmten die Knaben ihn, S ein e Schulkameraden: t> 977. Diese Deutschen Verse mögen entschuldigt werden, wenn sie nicht gar wohl gerathen sind; sie waren schwierig. — Die Alten, die ächten Hellasten, treue A nhänger de- Kleon, sind gemeint; die haben da vor den Gerichthöfen so ihr Gesprächsel, meinen, der Kleon ist doch so einer, wie ihn die Zeit braucht. B itter genug ist die Bezeichnnng Im Griechischen; dort heißt es das Deigma de- Rechts, denn das Deigma ist der Platz im P ira ie u s, wo die fremden Großhändler die Proben ihrer W aare ausstellen; so stehen denn auch die Heliasten an der Bildsäule des Lvkos vor dem Gerichtshöfe, bereit, mit den Parthelen über ihre Stim m en zu unterhandeln; im Deutschen mag das im­ mer ein Vertrödeln der Gerechtigkeit genannt werden dürfen. — v. 978. D a s Griechische bat genauer: Mörserkeule und Rührkelle; die eine zerstößt die zu großen Stücken — Vermögen, die andere hindert durch fleißiges Umrütteln und Umrüh­ ren, daß die Geschichte nicht anbrennt noch sich Festes ansetzt. Die bloße Kelle im Deutschen dürfte auch paffen; denn daß Kleon dem braven Volke auffüllt, ist ja ein we­ sentlicher Theil seines schönen B erufs. v. 988. Auch diese Berse sind ein wahre- Kreuz für den Uebersetzer gewesen; da- Griechische spielt mit der Dorischen

985

398

Die Ritter. Daß das Greifen er schnell begriff

wo

Auf der Leier; doch was er griff, W ar unrein in der Höh' und T ie f, — Lernte den guten Ton nie; Zagt ihn zürnenden Angesichts Weg der Meister: „des Unterrichts

995

Nichts behält mir der Junge, nichts, Als abscheuliches Greifen!"

hievte Scene. trbor.

Belt.

Papblagvnier.

W u r s t b ä n d l e r , beidc höch>

Iist)ft m it Echristrollen bepaclt.

P aph lagonier. D a steh'! da schau'! ich bring' sie noch nicht all' einmal! W u r st h ä n d l e r. Fast bricht mir das Kreuz! und ich bring' sie noch nicht all' einmal! Volk. Was ist denn das? P a p h l a g o n ier. Orakel! Volk. Alle?

Tonart, die so fein an die oben genannte „feigholzsolige Doro" anspielt und gleichsam geschenkliche Tonart bezeich­ net. Kritischen Gemüthern vorgreifend bekenne ich, daß die ^Übersetzung matt ist gegen das Griechische; aber, liebe Herren, wie macht man es besser ?

Di« Ritter

399

Paphlagonier. Wunderst dich? Bei Gott, ich hab' noch eine ganze Kiste voll!

>00'»

Wnrsthändler. Ich »och ne» Boden und zwei Familienhäuser voll! Vol k. So lass doch sehn! von wem sind deine Orakel denn? Paphlagonier. Bon Bakis meine! Volk. Und von wem sind deine denn? Wursthändler. Von Glanis, welcher ein älterer Bruder von Baki- war! Volk. Nun sag' mir weiter, worauf denn gehn sie?

toio

Paphlagonrer. Auf Athen, Auf Pylos, auf dich selbst, mich selbst, und Alle- selbst! Vol k. Woraus denn gehn die deinigen, Guter? Wursthändler. Auf Athen, Gemüse, Lakedannon, frische Lachsforelln, Mehlverkäufer auf dem Markt allhier mit falschem Maaß, Dich selbst, mich selbst, — ( j u P-rd,a-«ni«r.) im Uebrigen leck' 1015 du mir im Selbst! Vol k. Wohlan, ihr beide, lest mir euer Orakel vor, v. 1003. Baki s, s. B. 123. T l a n i « ist ein fingirtcrProphet.

Auch jene* auf mich selber, da* mich so hoch erfreut, Wie ich dereinst noch Aar in den Wolken werden soll. P a ph l a g o n i e r . So höre denn und leih' mir ein aufmerksame* Ohr! (rollt ein Orakel auf, lieft.)

Acht', Erechteibe, den Pfad der Orakel, so Phoibo* Apollon D ir au* heimlicher Zelle verkündet vom güldenen Dreifuß. D ir zu erhalten gebeut er den heiligen gieriggezahnten Hund, der, knurrend für dich und für dich auch fürchterlich bellend, Täglichen Sold dir beschafft; wenn er’* nicht thut, geht er zu Grunde; 1020 Denn es umkrähen ja ring* ihn mit Haß unzählige Dohlen. 1015

Volk. Ich versteh’ bei Demeter ganz und gar nicht, wa* da* heißt; Wa* soll1* mit Erechteu* und den Dohlen und dem Hund? Paphlagonier. Zch nemlich bin der genannte Hund, ich belle für dich! Du, sagt Apollo, sollst erhalten mich, den Hund! W urstv. IS 13. A a r in den W o lk e n war ein berühmtes Orakel, dessen Aristophanes auch in den D aitaleis und den Vögeln (B . 978) erw ähnt; es lautete: O glückselige S ta d t der Erbeuterin P alla s Athene, B iel noch schauend und vieles erlebend und vieles erduldend W irst du ein A ar in den Wolken dereinst sein immer und ewig. v. 1015. E r e c h t e i d e

heißt das Volk

Könige von A ttika; lichkeit.

nach dem alten heroischen

Orakel lieben diese mysteriöse Feier­

Wursthä iid l er. Nicht das besagt das Orakel; sondern dieser Hund Benagt die Göttersprüche gleich ner Götterthür.

10*25

Ganz deutlich steht bei mir von dem Hund geschrieben. Volk. Was? Laß hören! Doch id) nehme mir zuvor 'nen Stein, Damit mich nicht das Orakel mit seinem Hunde beißt. Wursthändler. Acht', Erechtheide, den Köter, den Cerberus Seelenverkäufer, 1030 Der, mit dem Schwanz fromm wedelnd, dich, sitzt du bei Tafel, belauert Und dein Essen hinweg dir stibitzt, wenn du anderswohin träumst, Und, ohn' daß du es merkst, in die Küche dir hündischer Weise Nächtens sich schleicht und die Grapen, die Hafen, die I n ­ seln dir ausleckt. Vol k. Weit besser, Glanis, bei Poseidon, redest du! 1035 Paphlag o nier. O hochverehrter, höre und entscheide dann! v. 1026. Der Hund giebt dir daS Orakel nicht unverkürzt, fonbmi hat eS benagt, wie ein eingesperrter Hund an der Thür knabbert. v. 1030. Cerber uS, f. Frieden B. 307. v. 1034. DaS Griechische hat zwei Worte, die zugleich Küchengeräth und waritine Verhältnisse bezeichnen; im Deutschen wollte sich das nicht so ergeben. Grapen und Hafen nennt unsre Sprache nach ihrer eigenthümlichen Weise, wteKüch' und Keller, Tiegel und Topf u. s. w gern zusammen; und durch Vermittelung des Hafens spielt sich die Rede vom Küchengerath zu der Seeherrschast hinüber. Aristoph. II.

g c

Siehe, ein Weib, das gebiert in dem heil'gen Athen einen Leo, Der für das Volk wird kämpfen den Kampf mit unzähli­ gen Mücken, Gleich als gält' es die eigene B rut; ihn bewahre dir sorgsam, 1040 Hüthe du sein mit hölzernen Mauern und ehernen Thür­ men! Du verstehst e- doch? V olk. Nein, bei Apollo, nicht ein Wort! Paphlagonier. ES gebeut der Gott dir offenbar, zu bewahren mich; Denn siehe, ich bin dir so einem Leo gleich! Vol k. So bist du im Stillen wohl Herr Leo von Salamis? Wursthändler' 1046 EinS in dem Orakel, das erklärt er mit Fleiß dir nicht, Was allein die eherne Mauer bedeutet und das Holz, Worin dir LoxiaS sorgsam ihn zu bewahren gebot. Volk. Wie hat der Gott denn das gemeint?

v. 1037. Nicht bloß die metrische Sunde in „einen" muß hier um Entschuldigung bitten, noch auffallender könnte meinem Leser der „Leo" sein; wäre nur jedem Tiecks Oktavian mit seinem wunderbar poetischen Eindruck in der Erinne­ rung lebendig, so würde man die Wahl dieser fremden Form wohl billigen, v. 1044. Das Griechische nennt Herrn Antileon, von dem der Scholtast nach beliebter Weise versichert, daß er ein Schurke war; die Uebersetzung hat dafür den bekannten Leo von Salamis nehmen zu dürfen geglaubt.

Die Ritter.

403

W ursth ändl er. Du sollst, o Herr, Ihn stecken in daS Fünflöcherholz, das meint der Gott! Volk. DaS Orakel, dünkt mich, werde bald in Erfüllung gehn!

1050

Paphlagonier. Folge du nicht! denn eS krächzen dir zu misgünstige Krähen; Sondern den Habicht lieb', dich erinnernd im lieben Ge­ müthe, Daß er gebunden dir brachte das Rabengezücht Lakedaimons! Wursthändler. Wahrlich ich sage dir, Volk, Paphlagonier that eS km Rausch nur, O Kekropide, miSrathender du, wie nur dünkt dich die 1055 That groß? Wohl auch ein Weib trägt tüchtige Last, wenn auf ihr der Mann liegt,

v. 1049. Das F ü n flö c h e r h o lz , ein Brett mit fünf Löchern, durch die der Verbrecher Hände, Füße und Kops steckt; noch jetzt steht man einen dergleichen Block unter den pompejanischen Alterthümern, v. 1055. K e k r o p i d e heißt daS Attische Volt nach dem allen HeroS KekropS. „Als beim Wettstreit um Athen Posei> don bestegt ward, verhängte er den Athenern schlechten R a th ; Athene aber gab dem schlechten Rath guten Aus­ gang, daher das Sprichwort: der Athener hat mehr Glück als Verstand." Voß. v. 1056. Dieser Vers ist aus der Keinen ZliaS entnommen; bet dem Wettstreit um Achilles Waffen beschließt man, die Entscheidung, ob OdyffeuS oder AtaS tapferer fei, von den Aussagen der Troer zu entnehmen; man belauscht zwei Mädchen, die darüber streiten; die eine sagt, AiaS ist der

Cc 2

404

Di« Riltcr

Doch nicht taugt sie zum K rieg; wenn sie kriegte, sie kriegte den Durchlauf! P a p h l a g o n i e r. Doch du achte des Spruchs, der dich mahnet an Pyles vor P y lo s : D o rt ist PyloS vor PyloS. — V olk . W as heißet denn dieses vor PyloS? W u r st h a n d l e r. 1060 D a ß Mahnpilen vorweg er sich nährn, die für dich man be­

reitet! V olk . S o soll ich heut gar ungegessen bleiben; denn D e r hat ja meine Pilen mir vorweg genascht! W u r st h ä n d l e r. N u n aber hab' ich hier von unsrer M arin e noch Ein Orakel, drauf du mit allem Fleiße merken mögst! Volk. merke schon: ja laß mich hören, wie ich wohl; Am ersten dem Schiffsvolk seinen Lohn beschaffen kann.

1665 Ich

größte, er hat ja Achilles Leiche vom Schlachtfelds getra­ gen; die andere widerspricht nach dem W illen der Athena mit den von ArlstophaneS gebrauchten W orten. v. 1059. Ein altes Orakel sagt: eS sei ein P y lo s vor P v le e , aber auch gäbe eS ein anderes P y lo s, wie eS denn in der T h at mehrere S tä d te des N am ens giebt. M it vorzüglicher G e­ schicklichkeit weiß der Dichter diese Pvlische G roßthat KleonS bis ins Unausstehliche oft zu widerholen und ihr durch die Langeweile ihre Glorie zu entziehen.

405 Wursthändler. Acht', Aigeide, des Fuchshund« wohl, daß nie dich betrügen M ag Tückwedeler, schnell wie der Wind, listkundig, gewinnsschlau! Weißt du, worauf da« geht? Vol k . Auf Philostrato« denk' ich, den FuchShund? Wursthändler. Nicht so gemeint ist'«; sondern der hier Schiff« stet«, 1070 Geld einzutreiben, schnelle Segler von dir verlangt, I s t dieser; ihm sie zu stellen verbeut dir Loxia«! Vo l k. W ie kann denn eine Trier« FuchShund heißen? Wursthändler. W ie? W eil schnell die Trier« und der Hund desgleichen schnell. v. 1067. A i g e i d e beißt wieder da« Volk nach dem all Attischen König Aigeu«. v. 1069. P h i l o s t r a t o « , nach den Schollasten zu dieser Stelle, und Lyststrat B . 457 eine« Hnrenhause« redlicher Hüter, den man allgemein, wie noch manchen andern, den Fuch«hnnd nannte. v. 1071. Bedurfte man zn Athen mehr Geld al« vorräthig war oder durch regelmäßige Einkünfte einkam, so braucht« man unter andern Mitteln die Argvrologie, d. H. man sendete Schiffe au«, welche von den Bündnern Conttibutionen beschaffen mußten; so war Lyflkle« mit zwölf Schif­ fen an«gefahren (s. B . 133.). Die Expeditton de« Lache« In S i killen (f. Einleitung zu den We«pen) zeigt? in wie großer Verlegenheit man vielfältig durch da« Fehlen de« Mawosensolde« kam und wie wichtige Unternehmungen da­ durch in« Stocken geriethen, daß die Feldherrn nur erst den nothwendigsten Unterhalt schaffen mußten.

1075

Weswegen aber

ist

V olk. zu Hund noch Fuchs gesetzt?

Wursthändler. M it dem Fuchse wird auf Schiffssoldaten angespielt, Weil sie in den Garten Trauben stehlen wie jene. Volk. Gut! Wo aber für diese Füchse den Sold hernehmen, Freund? Wursthändler. Den will ich dir auch verschaffen in ’ner Tage drei. 1080 Aber noch eines vernimm, des Letoischen Sohne- Orakel: Holemu- heißt er dich meiden, du wollest geschnellet denn werden. Volk. Was heißt HolemuS da? Wursthändler. So bezeichnet die Hand er von jenem, Weil stets hohlen und hehlen sie muß, stets hohl er sie hinhält!

1085

Paphlagonier. Nicht recht deutet er's dir! denn mit HolemuS hat ja un­ fehlbar Phoibos Apollo gemeint, Diopeithes verwachsene Hände! Noch ein Orakel jedoch, ein geflügeltes, hab' ich für dich hier, v. 1081. Zw Griechischen ist die Zweideutigkeit mit dem Namen Kyllene in Arkadien gemacht. Boß machte sich dafür Hohlland, was nur nichts von Griechischer Farbe behalt. Ich zog vor, nach Analogie der Achäischen Stadt OlenuS einen Namen zu bilden, v. 1085. D i o p e i t h e s s. Bögel B . 988, einer von den Genoffen des NtkiaS, also Gegner des Kleon.

407

Di« Ritter.

Wie du ein Aar sein wirst und der W elt wirst König und Herr sein! Wursthändler. J a und ich auch, und der W elt und der Meere, de- rothen, des todten,

J a in Ekbatana Richter dazu bei gezuckertein Backwerk! Paphlagonier. Und eS erschien mir ein Traum und ich sah ganz klar, wie 1090 die Göttin Selber auf’s Volk mit 'nein Kännchen herab goß Segen und Reichthum! Wursthändler. Und so mir G ott, auch ich! ich sah ganz klar, wie die Göttin Selbst von der Burg herkam und die Eule, die war ihr zur S eite, Und da goß sie aus d e i n Haupt hin au- silbernen E i­ mern —

Was?

Ambrosia war'-, doch dem knoblakige Lauge!

1095

Volk.

Juchheißaßa!

M ein Lebelang war keiner so klug w ie GlaniS war! Und dessentwegen übergeb' ich mich denn auch Zur Greisenzucht und erneuter Jugendbildung dir! Paphlagonier. Noch nicht, ich beschwör' dich; sondern warte noch, bi- ich Erst Gerste dir noch besorget und dein täglich Brod! #. 1089. Die- todte Meer steht im Griechischen nicht. „ In Ekba­ tana, mitten unter den Persischen Goldbergen (Acharner B. 81.) Richter zu sein und nicht- al< Leckerwerk zu schmausen, «eich eine elyscische Glückseligkeit." Boß. v. 1099. Dieser B rr- ist au« dem Peieu- de- Sophotle-.

1100

S o li. Ic h will von Gerste nichts mehr hören! oft genug Betrogen worden bin ich von dir und Thuphanes! Paphlagonier. G anz frisch gebackne Brode bringen will ich dir! Wursthändler. 1105 Ic h bring dir heißgerührte Küchelchen und dazu G ebratnes; essen und nichts als Essen heißt eS jetzt! Volk. S o sputet euch zu bringen, was ihr gesagt; denn ich W ill dem, der mir am meisten von euch zwei beiden w as Zu G ute thut, die Zügel der Pnyx jetzt anvertraun! Paphlagonier. 1110 Ic h laufe zuerst hinein! Wursthandler. Nein, nein, ich will es sein! (B eide Chor.

1115

Wohl ist dir, o Volk, bestellt D ie herrlichste M acht der W e lt; E s fürchtet dich alle W elt Als H errn und Tyrannen! Doch läßt du dich führen leicht, Vom Hätscheln dich rühren leicht, Vom Trug dich verführen leicht; v. 1103. W ie es bet solchen Getreidespenden zuging, lehrt W espen B . 715. ff. T h u p h a n e s , sagen die Scholiasten, w ar ein Schmeichler des K leon; wenn sie ihn einen Hvpogram m ateus nennen, so mag er etwa solche Schreiberstelle bei der Behörde der Poristen gehabt haben, wie neuer­ dings ähnliches von Nikowachos nachgewiesen worden ist.

Die Redner, die stierst du an, Und sitzend verlierst du dann Den Witz in den Wolken!

11-20

Volk. Witz sitzt wohl in eurem Schopf Nicht dick, wenn ihr ohne Kopf Mich nennt, da ich als ein Tropf M it Fleiß mich nur stelle. Gepäppelt so täglich sein, Das thut mir behäglich fein; Auch halt ich so einen gern, Der stiehlt, mir als meinen Herrn; Hat der sich dann vollgestopft, Leer wird er geklopft.

1125

Chor. Das wäre ja klug gemacht, Wenn wirklich so schlau bedacht; Dein Wesen, wie du gesagt, So pfiffig du triebest, Wenn so mit Bedacht du sie Aufnährtest wie Opfervieh; Käm' Mangel, du hättest denn, Womit du dich rettest; denn Du nähmst dir den Fettesten Und schlachtetest, äßt ihn!

1135

Volk. Ja seht, wie ich schlau und fein JnS Netz sie mir lock' hinein! Sie wähnen so klug zu sei», Auf der N af mir zu spielen; Und thu' ich, als wär' ich blind,

1130

1140

Wohl merk' ich mir, wer sie sind; Dem Dieb wird zu Fell geruckt, Und was der Gesell geschluckt, Das wird denn sehr schnell gespuckt I n den Nachttopf deS Gerichts!

1150

F ü n ft e Scene. C h o r.

P a p h l a g o n i e r Und W u r s t h ä n d l e r von oer« fchiedenen Seiten, jeder mit einem Eßkorbe.

E o lk .

Paphlagonier. Nun scheer' dich zur ew'gen Seeligkeit! Wursthändler. Gleichfalls, du Pest! Paphlagonier. O Volk, ich sitze, bereit, dir was zu Gute zu thun, Hier nun in der That schon lange, ja wer weiß wie lang! Wursthändler. Ich wunder wie lang, langweilig, unvordenklich lang, 1155 Aeonen lang, der Lange lang und länger schon! Volk. Und ich, der ich euch millionenmal so lang erwart', Euch beide verwünsch' ich lange längst und länger längst! W ursthändler. Du weißt, was thun jetzt? v. 1150.

Zm

Griechischen

wird

eine etwas andere M anip ulation

vorgenommen; wie wir den Finger in den M u n d stecken, um zum Erbrechen zu reizen, so will Bolk dem S ta a ts ­ diebe den Stimmstein des Gerichts so appttciren, daß er ausspucken muß. Die Übersetzung bezieht sich daraus, daß nach einer Weise der Abstimmung der vorn stehende Topf der Stimmsteinchen freisprach, verurtheilt. s. Wespen B . 990.

der hinter

stehende

V olk. Weiß ich'S nicht, so sage du's! W u rsth än d ler. Laß auS den Schranken jetzt in die Rennbahn mich und ihn, Damit wir dir um die Wette was zu Gute thun. 1160 V o lk . Gut, leget lo«! P a p h la g o n ie r . Ja gleich! V o lk . Nu, laust! W ursth än d ler. [Nicht laß ich dich vor! (sie drängen sich.)

V olk. Wahrhastig, heut besel'gen mich über die Maaßen sehr Die in mich Verliebten, ich wäre, bei Gott, dem» zu ver­ wöhnt! P a p h la g o n ie r . D a sieh', der zuerst dir einen Stuhl bringt, der bin ich! Wur s t h ä n d l e r . Doch keine« Tisch! der Erst« bin ich damit zuerst! (Belt ft*« fich hinter ben risch.) v. 1165. Wenn gelehrte M änner In der folgenden Stelle nicht sämmtliche anmuchige Eßbarkeiten dem Griechische» ent­ sprechend finde» sollten, so wögen sie gütigst bedenken, daß man, um hier den rechten Genuß zu haben, dem es­ senden Meister Bolk muß nachschwecken können, woraus fich die Nothwendigkeit ergiebt, mindesten« einiger Maaßen bekannte oder verständliche Gerichte aufzutischen.

u65

Paphl ag oni er . Da sieh', ich bring' dir dieses Kümmelbrötchen, ich, Das von heikger Altargerste zu PyloS gebacken ist! Wur sthändl er . Da sieh', ich bring' dir Semmeln, welche die Göttin selbst M it ihrer elfenbeinernen Hand hat ausgekrumt! V ol k. H70 SBie groß, o hehre Göttin, muß dein Finger sein! P ap hl ag oni er . Da sieh', ich bring' dir gerührte Erbsen, gelb und schön, Die Pallas selbst, die Pyloskämpferin, durchgerührt! W urst handle r. O Volk, die Göttin schirmt und segnet dich sichtbarlich, Denn über dich hält sie einen Topf Fleischbrühe hin! Vol k. 1175 Und meinst du, es wäre unsre gute Stadt noch da, Wenn offenbar nicht über uns sie hielte den Topf? P a ph l a g o n i e r . Da diesen Bückling giebt dir die Heererschreckerin! W ur st hän dl er . Die Daterschreckliche dieses Fleisch, im eig'nen Fett Gebraten, diese Kaldaun-Gekröse, Zellgewcb'! Vol k. 'S ist billig, daß sie das Festgewebe mir gedenkt! v. 1170. ES ist nur wenig übrig geblieben von der Semmel. Alle diese schönen Dinge bekommen doppelten Werth, indem sic als unmittelbare Gnadengeschenke der Göttin Athens ge­ schildert werden; dabei wird die ganze reichliche Claviatur ihrer Beinamen in Anwendung gebracht, v. 1180. Das Zellgewebe, (der PeploS) das der Göttin an den Panathenäcn geweiht wird.

Die Ritter.

4 13

Paphlagonier. Tie Gorgohelmige, diesen Zwieback beut sie dir Zu essen, damit uns nicht die Ruderbank so drückt! Wursthändler. (ein Rtbdespeer hinreichend.)

Nimm auch da dieß hier! Volk. Und wozu denn dienen soll Dieß Ribbespeer? Wursthändler. M it gutem Bedacht verehret e« Zu Ribben für deine neuen Schiffe die Göttin dir, Dieweil die Marine sichtlich ihr am Herzen liegt. (giebt ihm Wein.)

Da nimm; 'neu Becher Alten aus geeichtem Faß! Volk. (trinft.)

O Zeus wie süß! der steht in Wahrheit seinen Mann! Wursthändler. Die Blaugeaugte hat in Person ihn abgezapft! v. 1181. Der Grieche hat einen Kuchen, den er Treiber nennt; Kleon offerier den mit dem Bemerken, er werde desto besser die Ruder treiben lassen. Die Übersetzung erlaubte sich, dieß in einen Zwieback zu verwandeln, und es däucht uns eine treffliche Sympathie, daß ein Zwieback, vom De­ mos gegessen, die Ruderer jene monotone Bewegung, die den betheiligten Theil des Körpers in Gefahr bringt einen W o lf zu erhalten, ohne Gefahr für denselben aushalten läßt. Sonst könnte auch ein Windbeutel guten Dienst leisten, v. 1189. Wörtlicher Voß: Nimm auch zum Trunk hier diese Mischung, drei zu zwei, V o lk . Wie würzig, o Zeus doch! wie er die drei aus­ hält so gut! W . Auch hat Tritonia ja besorgt die Drittelung.

ngz

414

Di« Ritter.

P a p h l a g o n ie r . 11SO D a nim m von m einem Apfelkuchen ein Stückchen a n ! W u r s th ä n d le r . Nein, nein, von mir da diesen ganzen Kuchen an! P a p h l a g o n ie r . (läuft zum Korbe.)

Doch Hasenbraten hast du nicht für ihn, wie ich! W u r s th ä n d le r . O weh mir! wo bekomm' ich Hasenbraten her? O Seele, jetzt erdenke 'nen rechten Gaunerstreich! Paphlagonier. (m it dem Hasenbraten.)

1195 Ha, siehst du, armer Schlucker? Wursthändler. Wenig liegt mir dran! Denn jene Herrn da kommen zu m ir her! Paphlagonier. (hinaussehend.)

W er denn, wer? Wursthändler. Gesandte sind'S mit Säcken G eldes! Paphlagonier. W o denn, wo? W u rsthändler. Was scheert es dich denn? Läßt du mir nicht die Fremden fein! (nim mt den Hasenbraten weg.)

O Völkchen, siehst du, Hasenbraten und zwar von mir! Paphlagonier. 1200 O weh! gestohlen hast du, o Schuft, was mir gehört!

Wursthändler.

I n , beim Poseidon, wie du bei PyloS auch gethan! Vol k. (vergnügt.»

R ein sag', w ie kamst du au f den feinen G edanken, sprich! Wursthändler.

D e r Gedanke w ar der G ö ttin , doch die T h a t ist mein! Paphlagonier. Ich hab' ihn gehetzt! Wursthändler.

U nd ich gebraten. Vo l k . (in Alten)

Packe dich! D en n niem and a n d e r-, als der e- m ir vorsetzt, hat den 1905 Dank! Paphlagonier.

W eh m ir V erlo rn en ! übergeschaamlooft w erd' ich, o! Wursthändler.

W aS säumst du noch zu entscheiden, V olk, w er nun von u n D o n größern V erdiensten ist um dich und deinen B auch? Vol k.

Nach welcherlei R echt-gründen kann ich denn über euch S o richten, daß es dem Publikum gerecht erscheint? Wursthändler.

I c h w ill'- d ir sagen; geh' zu meinem Kober hin, Durchsuch' ihn heimlich, inquirir', w as drinnen ist; S o auch P ap h la g o n ier-; dann getrost, du richtest recht! Vo l k.

Laß sehn, w as steht noch d rin '?

1210

Wurst handle r. (den Kober üffnent.)

Papachen, siehst du wohl, 1215 's ist leer der Kober! alles hab' ich ja dir gereicht! Volk. Da dieser Kober hat als DolkSfreund sich bewährt! Wursthändler. Nun komm du auch zu dem des PaphlagonierS her! Nun, siehst du? Vol k. Iden Kober untersuchend.)

Dass dich! alles von guten Bissen voll! Und waS für 'ne» Berg von Kuchen er sich bei Seit' ge­ steckt! 1220 Und bröckelte doch für mich nur so ein Bißelchen ab! Wursthändler. Dergleichen, glaub' mir, hat er dir sonst auch schon gethan! Ein Wenig gab er dir nur von dem, was er bekam! Nun aber lange dir selber selbst das größte Stück. Volk. So stahlst du, Schuft, und führtest mich obenein noch an? 1225 Ich aber gab dir manche Gäbe, manchen Kranz! Paphlagonier. Gestohlen hab' ich, doch ich that'S zum Wohl der Stadt! Volk. Sogleich den Kranz herunter! ich will ihn diesem Man» Hinfort verleihen! _________ Wurstv. 1215. Dieß ist, bäucht mich, der prächtigste Witz von der Welt, daß der Wursthänbler, der nicht« mehr im Kober hat, während Kleon »och viele«, gerade da« zu seinem Vortheil benutzt.

W u r s t h ä n d l e r. Schnell herunter, du Galgenstrick! P a-ph l a g e n Le r. M i t Nichten, Mensch! ein Pythisch Orakel wurde mir, D a s den mir nennet, dem ich allein erliegen soll! Wursthändler. E s nennet meinen N am en, das ist klipp und klar! Paphl agoni er.

D a rü b er werd' ich dich befragen zum Beweis, Wiefern du passest auf der G ottheit ew'gen Spruch. Und zwar zum Ersten will ich versuchsweis' fragen dich: I n welche Schule gingst du, als du Knabe w arst?

1235

Wursthändler. Ic h bin in den Fleischscharr'n unter Tachteln ausgelernt. Paphlagonier. (affectv oll.)

W a s sagst du! W ie der Spruch mir tief ins Herze beißt! G u t! gut! W a s hast du auf der Ringschule zumeist geübt? Wursthändler.

Zu stehlen, abzuschwören, frech ins Gesicht zu fehlt. Paphlagonier. O Phoibos, hehrer H ort! was willst du thun an m ir! 1240 — Und M a n n geworden, welches Handwerk triebst du da? W u r st h ä n d l e r. Wursthandel trieb ich u n d ... v. 1237. D ie gravitätischen Berse desK leon sind entweder au s T ra­ gödien entnommen oder haben deren Farbe; im Deutschen ist erhabene Phraseologie nicht so erkennbar ausgeprägt, daß man nicht gern durch den auffallenden K lang eines Alexandriners dergleichen zu ersetzen erlauben sollte. A riftop h . I I.

D d

P aph l a g e n i er .

Und? W u rs th ä n d le r. Und ließ mich nebenbei . . . .

Paphlagonier. Weh über mein Geschick! O , nicht-, nicht- bin ich mehr! Ein Halmchen Hoffnung t'st'6, drauf stütz' ich jetzt mich noch! 1245 J a , sage mir da- Eine, hast an den Thoren du Wursthandel getrieben, oder wirklich auf dem Markt? Wursthändler. An den Thoren, wo die geräucherten Fische zu kaufen sind. P a p h l agonier. O weh, erfüllet ward de- Gotte- Spruch an mir! Maschinet schnell zurück den Gottverhaßten hier! 1250 Nun lebe wohl, o Kranz! ich scheid' ungern von dir! O Kranz, ein andrer wird gar bald besitzen dich, I m Stehlen größer nicht, vielleicht an Glück denn ich! (Kleon auf die Maschine ob.)

Wursthändler. D u Hella- Hort, ZeuS, dir gebührt der Siegesdanl! E rs te r D i e n e r . Heil dir im Siegerkranze!

Und vergiß nun nicht,

1255 Daß du ein Mann durch mich gewogen: drum bitt' ich dich Um Eine-, lass mich Schreiber Phanos sein bei dir. v. 1246. Kleon stellt mit Fleiß die Frage so, daß der Wurstbäud­ ler sich wohl könnte verfuhren lassen, die falsche Antwort, die jenen retten würde, zu geben, v. 1249. Sogar dieser Bers ist aus einer Euriptdeischen Tragödie; Kleon fordert die Maschinenmeister des Theaters auf, ihre Künste in ^Bereitschaft zu halten; und ihn durch das Enkytlema in- Innere de- Harffes zu schaffen, v. 1256.

Dieser Phanos ist derselbe, der in den Wespen B . 1220.

V o lk . Nu» sag' mir, welchen Namen führst du? W u rsth ä n d ler. Gaffericht, Weil aus den Gaffen ich schlecht und recht mich hab' er­ nährt. V o lk . Dem Gaffericht vertrau' ich also hinfort mich an, 1260 Und der Paphlagoner ist seinem Ermessen anheim gestellt f Wursthändler. Und ich, o Volk, ich will hinfort schön wartm dein, S o da- du gestehn sostfi, keinen gesehn zu haben je, Der'« besser meinte mit dieser, der Gaffenäer Stadt! (fest« ad.)

erwähnt wird. Die antiquarischen Schwierigkeiten, die dieser „Hypograpbeus der Proreff«" enthält, wögen hier unrrörtert bleiben. v. 1-258. Die Übersetzung de« Sternen« ist ungefähr wörtlich, die der Erklärung de« Sternen« absichtlich fälsch. Ledrigen« genügen dir dt«hcr gegebenen Erklärungen dieser Stelle ketne-wege«. v. 1264. T a f f e n ä e r „nennt er die Athener wegen ihre« gedan­ kenlosen Taffen« und Meuleufspemn«". Boß.

Dd 2

Parabafc C h o r. „W as Schöneres kann zum Beginnen „O der zu Schluffe man singen, „A ls der schnell hin stürmenden Rosse Gewaltiger!" Auf LysistratoS nur nichts! Noch ThumantiS wieder mit Willen der heimathlose M ann zum Ziel des Hohns, 1270 W eil ja der, o lieber Apollo, du weißt's, S tetS hungert, mit strömenden Thränen D en Köcher dir flehend berührt I n heil'ger Pytho, seine Noth zu lindern! Chorführer. Auf Hallunken loszuziehen, ist bei G o tt nicht tadelnswerth, 1275 Sondern bringt dem Guten Ehre, wo's mit Einsicht wird gehört. W äre nun ein Mensch, der viele- Schlimme wohl verdient zu hören, 1265

v. 1265. Die drei ersten Lerse sind aus einem Pindarischen Gesänge, v. 1268. L y s l s t r a t o s , s. Wespen B . 787. T b u m a n t i s , ein dünner, verhungerter M ann, der sich mit Wahrsagen durch­ helfen wollte.

S e l b st bekannt, so würd' ich's meiden, einen guten Freund zu stören. Doch den Arignotos kennt ihr, der da zwischen süß und sauer Weiß zu sondern, was auf süß geht, was auf einer» Gassen­ hauer. Selbiger nun hat einen Bruder, gleich ihm an Charakter

1280

nicht, Heißt Ariphrades Hallunke; das zu sein auch, daucht timt Pflicht. Doch es ist der kein Hatlunk bloß, würd' es nicht erwähnen mehr; Nicht einmal ein Erzhallnnk bloß; ungleich weiter bracht' es der. Denn in niedertracht'ger Wollust seinen eignen Mund be­ fleckt er, I n Bordellen feiler Dirnen geile Feuchte züngelnd leckt er, Sudelt ekel sich den B a rt voll, jückt die Lefzen, bis sie sintern, Macht dabei den Polymnestes, hat Oionichos ant Hintern. Wer mir einen solchen Menschen nicht verabscheut gleich der Pest, Nimmermehr aus Einem Becher trinke der mit uns beim ________ Fest! v. 1279. Ueber

A rignotos

B ru d e r mußte

den Citherspicler

Ariphrades dieser B e rs ,

s. Wespen um

B.

einiger

und seinen Widerlichen 1275,

M aaßen



Uebrigens

verständlich zu

werden, sich eine etwas freie ^Übersetzung gefallen lassen; im

Griechischen

heißt cs

von

Arignotos

nach

dem

be­

kannten S pruchw ort: er könne unterscheiden zwischen weiß — und schwarz,

erwartet m an,

aber es

fo lg t: und dem

O rthios, einem bekannten Musikstücke. v. 1 287. KP o l p m n e s t e s gemacht.

von

Kolophon

hatte

Widerliche

Lieder

1285

Chor. 1295 O f t hab' ich in nächtlicher Stille Her mich und hin mich besonnen, Nachgeforscht tiefgrübelnd, woher so wie gar nichts Essen kann KleonymoS. Heißt es doch, wenn selbiger fressend so aufliegt einem Mann, der was besitzt, Kommt er gar nicht fort vom gefüllten B ufe t; Die andern beschwören ihn alle: O Edler, wir flehen dich knieend, Zeuch heim in Frieden, schone nur des Tisches! Chorführer. 1300 Jüngst zusammen, fjeifit es, kamen die Trieren Rath zu

halten; Eine habe dann gesprochen, Alterserste von den Alten: »Habt ihr nicht gehört, ihr Jungfraun, was man vorhat in der Stadt? »Ja es heißt, daß unsrer hundert Einer sich gefordert hat »Gen Karthago, recht ein Schurke, recht ein Giftpilz fin­ den Staat! v. 1297. Bon Kl eonymoS ist bereits an vielen Stellen ge­ sprochen v. 1304. Das Griechische enthält zugleich in dieser Umschreibung den Namen des HyperboloS, des LampenmacherS, der schon jetzt bedeutend im Staat war, nach den Ueberlieferungen zu urtheilen, ein ganz gemeiner Kerl. Nicht nach Chalkedon, wie die gewöhnlicheLesart dieser Stelle lautet, sondern nach Karchedon oder Karthago war des Hyperbolos Absiebt eine Expedition zu machen Denn was sollte man mit hundert Schiffen bet Chaltedont Iwölfe reichten hin, Geld in Masse beizutreiben, hundert Schiffe konnte man nur zu einer großen Expeditton brau­ chen wollen; noch war eine bedeutende Attische Macht von mehr als sechzig Schiffen in Sicilien bei einander; man mochte sich wunder welche Erfolge von ihnen erwarten.

Allen sei das ganz entsetzlich, unerträglich vorgekommen;

1305

Hab' dann eine, die noch niemals trug ’ntn Mann, das Wort genommen: „Helf mir Gott, nie m i r gebieten soll er; muß es sein, so will

„Lieber ich zernagt vom Bohrwurm altern rühmlos hier „M ir und dir,

0

und still, — Edelbarke, nie, ich schwör'S bei allen

Göttern, „Nie, so wahr auS Tannenholz ich bin gefügt und Eichen-1310 brettern! „W ill da« Volk doch, unter Segel laßt uns zum Theseion gehen. „Oder nach der Hehren Tempel, am Attar um Schutz zu flehen! „Nimmer soll, mit uns in See, er unsre Stadt so schur­ kisch narren; „Mag für {ich er, wenn er Lust hat, gleich zu allen Geiern fahren „M it den Kähnen, die zu Dienst schon bei dem Lampen-1315 kram ihm waren!" v. 1309. Zw Griechischen heißt die Freundin der Sprecherin Raufiphante, Raufen’« Tochter, v. 1311. Der TheseuStempel oder der Altar der Sumeniden soll Ihnen, als Hülfeflehenden, Schutz gewähren.

D r i t t e r Act . E rste Scene. Chor.

Wur st h än dl cr .

Wursthändler. Schweigt andachtsvoll! fromm schließet den Mund! laßt ruhen die Zeugenvcrhöre! Auch schließet für heut' alljedeS Gericht, deß' unsere Stadt sich so gern freut! Und die neue, die freudigste Kunde begrüß' frohlockend des Publikums Jauchze»! Chor. O rettendes Licht du dem heil'gen Athen, du der Insel» Erretter und Helfer, 1320 Was bringst du für glückliche Kunde denn mit, drum feiern wir sollen und jubeln? Wursthändler. Ich hab' Hern» Volk frisch auf dir gekocht, aus häßlich in schön ihn gewandelt!

425

Die Ritter.

Chor. Und wo ist er denn jetzt, o Herrlicher du, o du Meister er­ staunlichen Zaubers? W ursthändl er. Er wohnt im violeubekränjten Athen, in der alten, der hei­ ligen Heimath! Chor. Wie kann ich ihn sehn? wie ist er geschmückt? o sage, wie ist er geworden? Wursthändler. Wie er sonst war, al- Aristeides mit ihm und Miltiades aßen 1325 gemeinsam. Gleich sollt ihr ihn sehn; denn ich höre ja schon, wie lär­ mend die Pforten sich öffnen!

Zweite Scene. Durch da- Enk-ttema öffnet sich eine Prachtsceve, Athen darstellend; dort thront B o lk in fchmuckreicker Kleidung der Marathontschen Zeit.

W u rs th ä n d le r.

C hor.

Wursthändler. O begrüßet mit Jauchzen das heil'ge Athen, die alte, dfe wiederstandene, v. 1326. WaS die nach diesen Versen eintretende Verwandlung dem Blick dargeboten habe, ist nicht überliefert. Jedenfalls mußte hier ein erhabener und feierlicher Eindruck erzielt werden, und je mäßiger im Bisherigen die äußere Aus­ stattung dieses Lustspiels war, desto mächtiger mochte hier eine reiche Scenerie wirken. Wie aber das alte Athen

1330 D ie bewunderte, liedergepriesene S ta d t, drin wieder, c Volk

du des Ruhm s, wohnst! Chor. O violenbekränzte, du glänzende S ta d t, neidwürdigste, unser Athen, du! N un zeige mir ih n auch, unseres Lands und aller Hellenen G ebieter! Wursthändler. D o rt kannst du ihn sehn, die Cikad' im H a a r, und ge­ schmückt m it dem Kleide der V orzeit, Vom Gerichtsdienst nicht, von dem B alfam duft nur um ­ w allt glückseligen Friedens! Chor. 1335 Heil, Heil, o du Fürst der Hellenen, dir Heil! Heil uns,

uns allen auch m it dir! Jetzt wieder erscheinest du unserer S ta d t, der Trophäen von M arathon w ürdig! Volk. Vieltheurer M ann, komm' näher! komm', o edler Freund! W ie bin ich dankbar, daß du mich verjüngtest! Wursthändler. Ich?

J a , armer Thor, nicht weißt du, wie du früher warst, dargestellt w orden, ob durch eine landschaftliche Ansicht oder irgend eine Personifikation oder wie sonst, dürfte zu ermitteln unmöglich, zu rnuthmaßen schwer fein, v. 1333. „D ie alten Athener trugen eine goldene Cicade im H aar dusch, als A ndeutung ihres einheimischen Ursprungs; denn auch die Cicade w ar nach dem Sprichw ort ein Landes find.” B oß.

??od) was du th a te t; du hieltest mich sonst wohl für 'neu Gott! V o lk . Was that ich sonst denn? sage mir, wie war ich sonst? W u rs th ä n d le r. Zuerst, wenn einer in der Ekklesie sprach: „O Volk, ich bin dein Herzensfreund, ich liebe dich, Ich sorge für dich, ich rath' allein zu deinem Heil", Wenn einer im Eingang solche Phrasen drechselte, Gleich warst du ganz Entzücken, warfst den Kopf hoch — V o lk .

1340

Lch? W u rs th ä n d le r. Dann drehte der 'ne Nase dir und ging davon. 1345 V olk. WaS sagst du ! D as that man mir, und ich, ich merkte nichts davon? W u rs th ä n d le r. J a , deine Ohren waren bei G ott gleich aufgespannt Wie ein Sonnenschirm, und wieder dann gleich zugemacht! V olk. Nein, war ich wirklich so unverständig, so alt ich war? Wursthändler. Und, meiner Seelen, schlugen dir so zwei Redner vor, 1350 Der eine, neue Dritte« zu baun, der andere, DaS Geld zu Gerichtssold einzubehalten, sicher trug D er für den Sold sprach, über jenen den Sieg davon. WaS hängst du den Kopf so! bist du nicht mehr auf dem Platz?

Volk. 1355 Ich schäme bitter meiner früheren Fehler mich! Wursthändler. D u trägst ja deren nicht die Schuld, drum sorge nicht, Nein die dich verführten so zu thun. Doch sag' mir jetzt, Wenn irgend so ein anschmieriger Anwalt wieder sagt: » Ih r habt, o Richter, fürder nicht das liebe Brod, 1360 „Wenn in diesem Processe nicht auf schuldig wird erkannt'", Was willst du künftig mit solchem Anwalt machen, sprich? Volk. Um den Leib ihn fassen, schleudern ihn den Fels hinab, Nachdem an den Hals ich ihm den HyperboloS angehängt !

1365

Wursthändler. Das heiß' ich einmal noch wacker gesprochen und mit Ver­ stand! Doch weiter nun, wie willst du künftig verwalten, sprich? Volk. Zuerst, ich zahl' an alle Matrosen der Flotte gleich, Sobald sie an Land gegangen, den Sold, und unverkürzt. Wursthändler. Da wird sich manches abgesessne Podexchen freun! V olk. Dann wird hinfort kein Bürger in den Stammrollen mehr,

v. 1359. Der Anwalt, der als Vertreter des Staats angeklagt hat, lockt dem Volk dadurch das Berdammungsurthell ab, daß er sag«: wenn die erschöpften Staatskassen »Ich« durch Confiscationen gefüllt werden, so ist kein Geld zum Rich­ tersold vorhanden, v. 1363. Hvperdolos, s. B. 1304.

Wenn er aufnotirt ist, wieder gestrichen durch Dergunst; Sobald da einer aufgeführt ist, bleibt- dabei!

1370

Wur st hä nd l e r . Schon juckt's dem armen KleonymoS unterm Wehrgehenk! Vol k. Noch wird in der Pnyx Unbärtigen mehr das W ort erlaubt! Wurst händl er . Wo wird da künftig Straton reden und KleistheneS? Volk. Die Bübchen mein' ich, die Herrchen in den Badstüberein, 1375 Die so zusammenfitzend schwätzeln her und hin: »Phaiax ist geistreich! fein Talent half ihm vom Tod! »Ein scharfer Folgern, schlagender Syllogistiker, »Ein Meister in den Sentenzen, ein kecker Tropiker, »Dem Wider-ihu-hetzerer gleich ein EinS-versetzerer!” 1380

v. 137*2. Kleouymos, der B. 1-93 als Fresser durchgenommen ist, der Großsprecher für den Krieg/ der Werfeschild, weiß jedes­ mal, wenn er mit ausziehen soll, durch Vergunst da her­ um zu kommen; da es nun nicht mehr geht, so brennt H ihm unter dem Wehrgehenk, mit dem er in der Stadt herumstolzirt. — Vgl. Frieden, B. 1165. v. 1374. Straton und KleistheneS, s. Acharner B- 120 ff. v. 1375. Zn den Badstübereieu (genauer in den Parfümerien) kamen die eleganten jungen Leute zusammen, wie heutiges Tages in den Kaffeehäusern; der interessante Inhalt ihres Geschwätzes ist die rhetorische Kunst des Phaiax. Dieser, des EraflstratoS Sohn, einer von den Vornehmsten der Stadt, ein höchst gewandter Redner, der einige Jahre später als Strateg und auch sonst einflußreich wurde, hatte uw diese Zeit einen Proceß, der ihm leicht den Tod bringen konnte. Die jungen Herren bewundern jener Zeit nichts mehr, als die schulgerechte rhetorische Kunst, wie sie Phaiax bei seiner Vertheidigung entfaltete. An'ftoph. II.

E e

W ursthändler. Nicht wahr, und du ein leck mir im ... dem Schwätzern? V o lk. Nein, nein, ich will sie sammt und sonders zwingen nur, Statt hier Gesetze vorzuschlagen, auf Jagd zu gehn! Wursthändler. Auf diese Bedingung nimm den Feldstuhl hier, dazu 1385 Den schmucken Knaben, welcher ihn dir nachtragen wird; Und wenn du magst, so kann er dir Feldstuhl selber sein! Volk. Ich glücklicher Mann! die alte Zeit kehrt mir zurück! Wursthändler. So wirst du sagen, wenn ich die dreißigjährigen Verträge dir übergebe! Schnell, Verträge, kommt! (schöne Mädchen, alS leibhaftige Darstellung deS Frieden- treten auf)

Volk. 1390 O ZeuS im Himmel, wie schön sie sind! bei den Göttern, sprich, M ir ist's erlaubt, die durch zu dreißigjährigen? Wo hast du sie denn nur hergenommen? W u r st hä n d l er. Der Paphlager, Der hat sie drinnen versteckt, damit du sie nicht bekamst; Ich aber gebe sie jetzt dir, daß mit ihnen du 1395 Aufs Land hinaus mögst ziehen! Vol k. Doch Paphlagonier», Der mir d as gethan, was willst du dafür ihm Leides thu» ?

Di« Ritt««.

431

W ursthändler.

Nichts Großes weiter, als daß er mein Geschäft bekommt; Wursthandel treiben soll an den Thoren er allein, Soll unterschleisend manschen in Hund- und Eselofleisch, Besoffen auch mit den Gaffenmenschern zanken sich Aus Badehäusern das Seifenwaffer trinken!

t400

Volk. Schön,

Freund, hast du ausgesonnen, was er verdienet hat, M it Huren und mit Badern sich da herumzuschrein. Und deß' zum Lohne lad' ich dich in die Prytanei

Auf jenen Platz, auf dem bisher der Schurke saß! Du folge mir in diesem grünen Feierkleid; Doch jenen andern schleppt mir hinaus an sein Geschäft, Daß dort von den Bündnern, die er gezwackt, er werd' geäfft! — (»De ab unter Begleitung der Chargesange-.)

1405

Berlin, gedruckt bei Johann Friedrich Starcke.