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German Pages 478 [484] Year 1869
DKS
A I M STOI'11 A M I S WERKK
Z WE I T Eli
THEIL.
LEIPZIG DRUCK
VON O I E S E C K K
&
D F. V I i i K N T .
DES
ARISTOPHANES VERKE. r Km: I;*I:TZT vox J OH. G I S T . D U O Y N K N . ZWHITE AH EI,AGE Z WHITER THE1L.
LEIPZIG, VERLAG VON VEIT & COMP. 18 69.
INHALT. Seite
Die Vögel Lysistrate Die Thesmoplioriazusen Die Frösche
1—114 115—186 187—250 251—342
Die Ekklesiazusen
343—406
Plutos oder der Keiclithum
407—478
DIE
Ari.stn]»hanea \\'. A u l l .
VÖGEL
1
rEllSONEN. Hoffegut, 1 K a t h e f r e u n d , / Athenische Bürger. K u k u k , ehedem T e r e u s . Z a u n s c h l ü p f e r c h e n , sein Bedienter. Clior d e r Vögel. Vogel Herold. Ein P r i e s t e r Kin G e 1 e g e n Ii e i t s d i c h t e r. Kin P r o p h e t . M e t o n der Mathematiker E i n A t t i s c h e r K o i n m i s s a r. Ein G e s c t z h i i n d l e r Ein V o g e l B o t e . Ein V o g e l W ä c h t e r . Iris. E i n z w e i t e r V o g e l I l e r o l d. Ein s c h l e c h t e r S o h n . K i n e s i a s der Dithyrambiker. Ein S y k o p h a n t Prometheus Poseidon. Gott Triballos. Herakles. Ein V o g e l K o c h . Kin z w e i t e r B o t e . Melirerestumme Personen.
EINLEITUNG. Die Vögel des Aristophanes wurden in den grossen Dionysien des Arcliontenjalires Cliabrias, im März 4 1 1 , aufgeführt; sie erhielten den zweiten P r e i s , die K o m a s t e i l des Ameipsias den ersten, der M o n o t r o p o s des Phrynichos den dritten. Keine der Aristophanischen Komödien ist in so eigenthümliclier Weise politisch, wie die vorliegende; ohne dass sie bestimmte Verhältnisse oder Persönlichkeiten der Gegenwart zur Grundlage ihrer Composition hat, ist sie durch und durch mit den Interessen des Tages durchwachsen, und das Wesentliche ihres Verständnisses durch die genaueste Kcnntniss gewisser Vorfälle, von denen sie n i c h t redet, bedingt. D e r F r i e d e n zwischen Athen und Sparta 4 2 1 , von dem in der Einleitung zum „ F r i e d e n " gesprochen worden, war durchaus zu Gunsten Athens; Athen erhielt seine alten Ijutcrthanen, mit ihnen seine hauptsächlichsten Einkünfte wieder, reichere denn früher, da die meisten der Staaten den durch Alkibiades verdoppelten Tribut zu zahlen hatten. Sparta's Waffcngenossenschaft
löste sich; T h e b e n , Korintli,
Argos,
Mantinea glaubten sich von Sparta blossgestcllt; es begann eine Reihe von Kämpfen im I'eloponnes, die Alkibiades mit höchster Geschicklichkeit zu Athens Gunsten zu benutzen verstand; durch eine förmliche Propaganda für die Demokratie wusste Athen seinen Einfluss in den Dorischen Staaten zu befestigen. Im Sommer 4 1 6 wurde die Oligarchie in Argos gestürzt, der Staat für Athen und die Demokratie gewonnen. Um dieselbe Zeit wurde die Insel M e l o s , von Dorischer Bevölkerung, Seitens der Athener zur Bundesgenossenschaft aufgefordert,, und da sie ihre Neutralität zu behaupten versuchte, nach einer mühseligen B e lagerung im J a n u a r 4 1 5 überwältigt;
nach der ganzen Rohheit des
Kriegsrechts
der Insel tödten, die W e i b e r
liess Athen die Männer
und Kinder als Sklaven verkaufen.
Trotz des beschworenen F r i e d e n s
mit Sparta sandten die Athener ihren Bundesgenossen im Peloponnes Hülfstruppen zum Kampf gegen Sparta, und die F e s t e O r n e a i , die von den Spartanern den aus Argos Vertriebenen übergeben worden war, wurde im Anfang des J a h r e s 4 1 5 von den Athenern und Argivern gemeinsam erstürmt und zerstört. I*
4
l)ic Vögel.
So f ü h r t e n die Athener mitten im F r i e d e n Krieg gegen Sparta, f ü r sie gefahrlos, f ü r Sparta doppelt v e r d e r b l i c h , da die ungenügende A b w e h r auch die T r e u e d e r e r w a n k e n d machte, die bisher treu gehlieben waren, und die Attische Macht mit jedem Tage d r o h e n d e r emporschwoll. Schon waren die W u n d e n , die dem Athenischen Staat durch die Pest, d u r c h die Kämpfe der ersten zehn Kriegsjahre, durch die Einfälle der S p a r t a n e r und den Abfall so vieler Bundesgenossen geschlagen waren, v e r n a r b t , die Stadt durch die erhöheten T r i b u t e im Besitz neuer und b e d e u t e n d e r Geldmittel, die Bevölkerung im Vollgefühl ihrer demok r a t i s c h e n Macht, kühn durch die unablässige, jetzt, gefahrlose Kriegf ü h r u n g , zu neuen K r i e g e n , die Sold, B e u t e , Ruhm und erweiterte Macht versprachen, bereit. So mindestens die Masse des Volks, namentlich die J u g e n d , an i h r e r Spitze A l k i b i a d e s Vom besten Adel und von bedeutendem Verm ö g e n , mit allen Vorzügen der N a t u r verschwenderisch ausgestattet, ganz im Sinn der Zeit gebildet, in j e d e r Beziehung das lebendige Bild der jungen Zeit, stand er an der Spitze der Bewegungspartei und war d e r eifrigste und radikalste D e m o k r a t , den Athen noch gehabt h a t t e ; j e d e seiner Massregeln hatte die Steigerung der D e m o k r a t i e im Innern, ihre V e r b r e i t u n g nach Aussen zum Zweck oder zur F o l g e ; e r erweckte den K r i e g gegen die oligarchischen Staaten von N e u e m ; es w a r , als wolle er dem Demos alle B a n d e n , die noch etwa h e m m t e n , lösen, um in Mitten der vollkommenen Lösung und Bewegung aller Volkskräfte sein T a l e n t und seine Kraft unentbehrlich zu wissen. E r schien zum H e r r s c h e n g e b o r e n ; wicderliolcntlieh ward er vor dem Volke des S t r e b e n s nach der T j r a n n i s verdächtigt. D a f ü r sprach der P r u n k seines L e b e n s ; mit sieben Wagen war er bei den letzten Spielen zu Olympia gefahren, dort hatte er alle Hellenen als seine Gäste h e w i r t h e t ; — d a f ü r sein übermächtiger Einfluss bei den B u n d e s g e n o s s e n ; nur um seinetwillen war Argos und Mantinea mit Athen im Bündniss, ihm sandte Chios, L e s b o s , E p h e s o s königliche Z e l t e , Opfervieh, morgenländische L e c k e r b i s s e n ; — d a f ü r sein stolzes Verachten alles Herkömmlichen und Bestehenden, sein souveraines B e n e h m e n gegen die Einzelnen des Volks. Aber Alles hing an seinen L i p p e n , wenn er s p r a c h ; was er that und nicht t h a t , war das Gespräch d e r S t a d t ; er stand auf der höchsten Höhe der P o p u l a r i t ä t ; er war der Masse vollkommen gewiss. Schon seit P e r i k l e s ' Zeiten war die E r o b e r u n g Sieiiiens das Losungswort der B e w e g u n g s p a r t e i ; wer damals das P r o j e c t aufgeb r a c h t , wissen wir nicht; P e r i k l e s war entschieden gegen dasselbe gewesen. Nach seinem Tode, sobald sich d e r Staat von d e r Pest nur
Die Vögel.
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cinigermasscn ei'holt h a t t e , wurde die Sache wieder a u f g e n o m m e n ; im H e r b s t 127 kam eine L e o n t i n e r G e s a n d t s c h a f t , an i h r e r Spitze d e r berühmte R e d n e r G o r g i a s , nach Athen, um Hülfe gegen die Dorischen Staaten der Insel zu bitten. Die Athener sagten sie zu, u n t e r dem Vorwande der Stammverwandtschaft, in der That, um den S p a r t a n e r n die Zufuhr aus Sicilien zu s p e r r e n , und zu versuchen, ob sie nicht Sicilien von sich abhängig machen könnten. D e r Kampf auf der I n s e l wurde mit bestem E r f o l g fortgesetzt, der Vorfall bei l'ylos erhöhte die Hoffnungen A t h e n s ; Alles schien erreichbar. Schon meinte man nicht mehr Sicilien allein, die Demagogen redeten dem Volke Grosses vor von den Schätzen K a r t h a g o s ; im F r ü h j a h r 4 2 4 ging das Gerücht, Ilyperbolos werde die Ausrüstung von h u n d e r t T r i e r e n b e a n t r a g e n zum Kampf gegen Karthago. Da beeilten sich die Sikelioten, F r i e d e n unter sich zu machen, che die A t h e n e r mit grösserer Macht erschienen-, die Athenischen F e l d h e r r n mussten den F r i e d e n genehmigen und heimkehren; in der Heimat wurden sie zur Verantwortung gezogen und v e r b a n n t , weil sie sich durch Geschenke hätten zum Abzüge bewegen lassen, statt, wie sie vermocht, die Insel zu erobern. Dies Sicilische P r o j e c t war es, das Alkibiades von Neuem und mit dem höchsten E i f e r betrieb. E s kamen etwa gegen E n d e des J a h r e s 4 1 0 Gesandte der Sicilischen Stadt E g e s t a , um Hülfe gegen die um sich greifende Macht der Dorier in Sicilien zu bitten; sie v e r s p r a c h e n grosse U n t e r s t ü t z u n g , b e d e u t e n d e E r f o l g e ; Athenische Gesandte wurden mit ihnen zurückgeschickt, sich von den Verhältnissen der Insel und den Mitteln der E g e s t a n e r zu unterrichten. Indess hatte in Athen diese Aussicht auf einen Sicilischen Krieg die höchste A u f r e g u n g hervorgeb r a c h t , welche Alkibiades auf jede Weise zu nähren und zu steigern bemüht war; mit Begeisterung sprach man von dem grossen U n t e r n e h m e n , von den F o r t s c h r i t t e n , welche die D e m o k r a t i e , von den E r oberungen, welche Athen machen w e r d e ; schon pflegten sich die J ü n g e r e n in den Feclitschulen und Badestuben, d i e A e l t e r e n in den W e r k s t ä t t e n und Sclienkhäusern zusammen zu setzen, und die Gestalt von Sicilien und den M e e r e n h e r u m und den H ä f e n und den nach A f r i k a zu liegenden Plätzen aufzuzeichnen, um sich davon so gut wie möglich zu unterr i c h t e n ; denn man betrachtete Sicilien schon nicht mehr als den P r e i s und das Ziel des Kampfes, sondern als Operationsbasis, von wo aus d e r Kampf gegen K a r t h a g o geführt, zugleich Libyen und das Meer und die Küsten bis zu den Säulen des H e r a k l e s eingenommen werden k o n n t e n ; Alkibiades aber ward allgemein im Voraus als die Seele dieser grossen Unternehmungen betrachtet.
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Die Vögel. D a k a m e n in d e r M i t t e des M ä r z die A t h e n i s c h e n G e s a n d t e n a u s
E g e s t a z u r ü c k , b r a c h t e n (30 T a l e n t e vorläufige Subsidien Seitens d e r Egestaner, erklärten, dass der Krieg jedenfalls den besten Erfolg haben w ü r d e . A m 19. M ä r z w u r d e E k k l e s i e g e h a l t e n , d e r K r i e g d e k r e t i r t , Alkib i a d e s , N i k i a s u n d L a m a c l i o s zu F e l d h e r r n e r n a n n t .
Am 24. M ä r z
v e r s a m m e l t e sich das Volk von N e u e m , um ü b e r die Mittel und W e g e zu b e r a t h e n ; da t r a t N i k i a s , d e r G r ü n d e r des F r i e d e n s von 4 2 1 , a u f : ,er sei w i d e r s e i n e n W u n s c h zum A n f ü h r e r gewählt, er h a l t e d a f ü r , d a s s man
u n ü b e r l e g t sich in eine R e i h e d e r g r ü s s t e n G e f a h r e n verwickele,
e r f o r d e r e , dass m a n das F r o j e c t a u f g e b e . " W i d e r ihn s p r a c h A l k i b i a d e s : „ L i b j e n und Karthago werde man Italien
seien d e r T r e i s
nehmen,
des K r i e g e s ; i h r e r
d e n P e l o p o n n e s einsehliessen
mächtig können;
Sicilien sei n u r d a s H a n d g e l d ; es h a n d l e sich um eine g r o s s e Z u k u n f t , A t h e n sei w ü r d i g , ü b e r die W e l t zu h e r r s c h e n . " Menge keine Unterstützung,
N i k i a s f a n d bei d e r
u n d die R e i c h e n s e i n e r P a r t e i
wagten
n i c h t sich zu ä u s s e r n , aus F u r c h t vor dein V e r d a c h t , dass sie n u r die K r i e g s k o s t e n m e i d e n w o l l t e n ; d e r K r i e g war und blieb b e s c h l o s s e n . Der
Redner Demostratos
beantragte
u n u m s c h r ä n k t e Vollmacht f ü r
die F e l d h e r r n u n d T r u p p e n a u s h e b u n g bei den B u n d e s s t a a t e n ; g e r a d e während
s e i n e r R e d e e r t ö n t e die A d o n i s k l a g e d e r W e i b e r von d e n
D ä c h e r n u m h e r ; sein V o r s c h l a g w u r d e a n g e n o m m e n .
Sofort w u r d e n
alle A n s t a l t e n zum Seczugc g e t r o f f e n , m a n schickte zu d e n Bundesgen o s s e n u m h e r , m a n stellte die L i s t e n d e r zum Auszug B e s t i m m t e n auf, man
wies das Geld
aus
dem Schatze an.
T l i u k y d i d e s sagt: „Kost-
s p i e l i g e r u n d g l ä n z e n d e r war bis auf diese Zeit n o c h n i e eine Ausr ü s t u n g a u s E i n e r S t a d t mit H e l l e n i s c h e r M a c h t in See g e z o g e n , " u n d : ,,cs w u r d e diese A u s r ü s t u n g wie d u r c h s t a u n e n s w ü r d i g e K ü h n h e i t u n d das Prachtvolle
des S c h a u s p i e l s ,
so d u r c h die U e b e r l e g e n l i e i t
der
K r i e g s m a c h t im V e r g l e i c h zu d e m F e i n d e , dem es g a l t , u n d auch dad u r c h b e r ü h m t , d a s s m a n j e t z t d e n g r ü s s t e n Seezug f e r n h i n von d e r H e i m a t und mit d e r g r ü s s t e n H o f f n u n g f ü r die Z u k u n f t im V e r h ä l t n i s s zu d e r v o r h a n d e n e n M a c h t u n t e r n a h m . " In A t h e n w a r Alles in h ö c h s t e r Bewegung;
schon
theilte
man
im G e d a n k e n
die E r o b e r u n g e n
zu
K l c r u c h i e n a u s , schon schwelgte m a n in d e r H o f f n u n g , von d e n ero b e r t e n K ü s t e n a u s den P e l o p o n n e s gänzlich e i n z u s c h l i e s s e n , auszuh u n g e r n , alles H e l l e n i s c h e in d e r A t t i s c h e n H e r r s c h a f t v e r e i n i g t zu sehen. I n d e s s t r a t e n b e d e n k l i c h e Z e i c h e n e i n ; mau e r z ä h l t e sich in d e r S t a d t , dass d e m S o k r a t e s von seinem G e n i u s U e b l e s geweissagt w o r d e n ; zeichenkundige Männer
und
das O r a k e l
des Amnion
sagten
Böses
v o r a u s ; ein M e n s c h v e r s t ü m m e l t e sich schmachvoll auf d e m A l t a r d e r
Die Vögel.
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zwölf Götter; an dem goldnen Palmbaum zu Delphi, den Athen aus Persischer Beute geweiht, hatten Raben die goldenen Früchte abgehackt; Vieles sonst noch wurde erzählt. Endlich am Morgen des 11. Mai fand mau alle Hennenbilder auf dem Markt mit Ausnahme des einen in der Nähe des Leagorashauses verstümmelt. Auch sonst schon waren Verstümmelungen der Art vorgekommen; man wusste, dass junge Leute, wenn sie Nachts von Gelagen kommend in trunkenen Schwärmen durch die Strassen zogen, gern dergleichen Mutliwillen ausübten; diesmal konnte die Menge der zerstörten Stelen auffallen, es musste sich eine grosse Zahl frecher Hände vereinigt haben, um so vielen Frevel in Einer Nacht zu Ende zu bringen. Und diese thätliche Verletzung der öffentlichen Religiosität durfte um so gefährlicher erscheinen, da eine weitverzweigte Verabredung, wie sie hierzu nöthig war, noch Aergeres fürchten liess. Zwar meinten Einige, die ganze Sache habe nichts zu bedeuten, es sei eben nichts Anderes, als was sonst schon ohne weitere Folgen und Gefahr geschehen sei. Andere gaben zu, dass allerdings das Geschehene mehr denn ein öffentliches Aergerniss, dass es ein besorgliches Zeichen für die beabsichtigte Expedition sei; sie vermutheten, dass die Korinther den Frevel angestiftet hätten, in der Hoffnung, durch ein so böses'Vorzeichen die Gefahr von ihrer Tochterstadt Syrakus abzuwenden. Beide Ansichten fanden wenig Eingang; man schien den Vorfall einer höhern Bedeutung zuschreiben zu müssen; man glaubte nicht anders, als dass es eine Verschwörung zum Sturz der Demokratie sei. Gleich am Morgen nach geschehenem Frevel wurde eine Rathsversammlung gehalten, das Volk zu einer ausserordentlichen Ekklesic berufen, auf den Antrag des Peisandros für die erste Anzeige eine Prämie von 10,000 Drachmen ausgesetzt, dem Rathe Vollmacht gegeben, eine Zahl Inquisitoren ernannt, unter ihnen Peisandros und Charikles. Es erfolgte keine Anzeige, keine Entdeckung; Volksversammlungen folgten schnell auf einander; schon begannen auf der Pnyx die Parteien gegenseitig sich zu verdächtigen; es wurde dekretirt, wer irgend sonst einen Religionsfrevel in Erfahrung gebracht, der könne ihn anzeigen; auf Kle.onymos' Antrag wurde ein neuer Preis von 1000 Drachmen für die zweite Denunciation ausgesetzt. Alles das blieb für den Augenblick erfolglos. Auf den ersten Anblick erscheinen diese Massregeln zweckmässig, gesetzlich und unverfänglich. Allerdings lag es in der Befugniss des Staates, die Religion der Väter in ihren Gebräuchen und Mysterien zu vertreten; man konnte ähnliche Massregeln aus früherer Zeit nach-
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Die Vögel.
w e i s e n ; m a n m o c h t e h o f f e n , d u r c h Anzeige von a n d e r w e i t i g e r Gottlosigkeit den I l e r m o k o p i d e n auf die S p u r zu k o m m e n , oder d i e j e n i g e n k e n n e n zu l e r n e n , von d e n e n m a n sich wohl eines F r e v e l s d i e s e r A r t versehen durfte.
A b e r g e r a d e h i e r i n lag das a u s s e r o r d e n t l i c h G e f ä h r -
liche d i e s e r M a s s r c g e l ; es war n u n aller V e r l ä u m d u n g , allem I ' a r t e i liass u n d S y k o p l i a n t i s m u s T h ü r u n d T h o r geöffnet.
D i e Zahl d e r An-
k l a g b a r e n m u s s t e um so g r ö s s e r sein, j e m e h r die I r r e l i g i o s i t ä t d a m a l s zum g u t e n T o n g e h ö r t e u n d j e weniger b i s h e r noch g e s c h e h e n war, i h r e m U m s i c h g r e i f e n e n t g e g e n zu wirken.
Seit zwei J a h r z e h n t e n u n d
l ä n g e r a r b e i t e t e in A t h e n j e n e A u f k l ä r u n g , die in d e r Sophistik, in d e r u n u m s c h r ä n k t e n D e m o k r a t i e u n d d e r e n politischem U e b e r g e w i c h t u n t e r d e n H e l l e n i s c h e n S t a a t e n N a h r u n g u n d V o r s c h u b f a n d ; die ü b e r l i e f e r t e Religion v e r l o r an G l a u b e n , W e r t h u n d W ü r d e , im b e s t e n F a l l e war m a n gleichgültig g e g e n die G ö t t e r
und deren Dienst.
Bei V i e l e n ,
n a m e n t l i c h den J ü n g e r e n , V o r n e h m e r e n , G e b i l d e t e r e n ging die F r i v o lität bis zum o f f e n b a r e n Spott gegen die a l t h e r g e b r a c h t e n C u l t e , von d e n e n bald nichts als die G e w o h n h e i t ü p p i g e r u n d p r u n k e n d e r F e s t e W e r t h zu b e h a l t e n schien ; u n d w ä h r e n d m a n sich ganz dem s e l b s t i s c h e n G e n ü s s e des M o m e n t s hingab, schien V e r h ö h n u n g und N a c h ä f f e r e i des H e i l i g s t e n d e r schon ü b e r s ä t t i g t e n L u s t n e u e n Reiz zu g e w ä h r e n .
So
die S c h a t t e n s e i t e d i e s e r sonst so g r o s s a r t i g e n , in j e d e r wissenschaftlichen u n d k ü n s t l e r i s c h e n B e z i e h u n g so r e i c h e n J a h r e d e r b e g i n n e n d e n A u f k l ä r u n g ; d a s Gift d e r n e u e n Zeit h a t t e m e h r oder m i n d e r die ges e l l s c h a f t l i c h e n Z u s t ä n d e ergriffen, u n d sich im E i n z e l n e n zu u n z ä h l i g e n F o r m e n von E n t s i t t l i c h u n g ,
E r s c h l a f f u n g u n d Sünde a u s g e b i l d e t ; es
hatte u n g e h i n d e r t weiter f r e s s e n k ö n n e n ; u n d selbst da, wo e n t s c h i e d e n e Opposition g e g e n das N e u e war, zeigte es die Gewalt seines E i n f l u s s e s , indem es zu d e n E x t r e m e n des G e g e n s a t z e s t r i e b u n d i h n e n dieselbe u n n a t ü r l i c h e S t e i g e r u n g mitgab. Diopeithes,
in
der
In d e r p r e i s l i c h e n F r ö m m e l e i
pfäffisch z u d r i n g l i c h e n
Erbärmlichkeit
des des
H i e r o k i e s , in d e r D e i s i d a i m o n i e d e s N i k i a s , in d e m A b e r g l a u b e n , d e r Z a u b e r s u c h t , dem F r e m d g ö t t e r w e s e n , wie es in d e r M e n g e mit j e d e m T a g e m e h r um sich griff, w a r das A b s t e r b e n d e r a l t e n ,
ehren-
w e r t h e n F r ö m m i g k e i t nicht m i n d e r t r a u r i g u n d f ü h l b a r , wie in j e n e r sophistisch m o d e r n e n A u f k l ä r u n g , zu d e r sich d e r g e b i l d e t e r e ,
geistig
r e g s a m e r e , in d e r B e w e g u n g d e r Zeit l e b e n d e Theil d e r A t t i s c h e n Bev ö l k e r u n g offen e r k l ä r t e , und die n u r des j u g e n d l i c h e n oder a d l i c h e n U e b c r n i u t h e s b e d u r f t e , um bis zu j e d e r Art von G o t t v e r l ä u g n u n g und Gotteslästerlichkeit
fortzugehen.
Dinge der Art
müssen in M e n g e
v o r g e k o m m e n s e i n ; u n d die K o m ö d i e , dies ü b e r w i l d e Z e r r b i l d j e d e r
Die Vögel.
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vorhandenen Schwäche oder E n t a r t u n g , stellte diesen gottlosen Sinn der Zeit mit nur noch gefährlicherer Gottlosigkeit an den P r a n g e r . So hatte Eupolis k u r z e Zeit vor dem Hermenfrevel seine Komödie „die B a p t e n " aufgeführt und in derselben den Geheimdienst einer lüderlichen Göttin aus der F r e m d e , wie er von Alkibiades und dessen Genossen gehalten zu werden pflege, auf das Zügelloseste dargestellt. Vergleicht man überhaupt, mit wie unbegrenzter Frivolität u n d e r a s s e m Rationalismus die Komödie alles Göttliche und Heilige in das Niveau alltäglicher Gemeinheit und Armseligkeit hinabzieht, so wird man ein Bild von den sittlichen, den religiösen Zuständen des Attischen Volkes gewinnen, dem diese Art von Festspielen die liebste war. Diesen Zusammenhang muss man festhalten, um einzusehen, wie der Aufruf zu Denunciationen von Iieligionsfreveln wirken konnte. In der T h a t , wäre es das Interesse gewesen, die gefährdete Religion zu schlitzen, es wäre zu Inquisition und Verfolgungen, wie sie sich in ähnlichen Zeiten der arbeitenden A u f k l ä r u n g gräuelvoll genug gezeigt haben, Anlass genug gewesen. E s c h a r a k t e r i s i r t den damaligen Zustand der Religiosität, dass sich die ganze Gefahr sofort gegen eine bestimmte P a r t e i , ja gegen ein Individuum wendete, und dass die Massregel, die alle religiösen I n t e r e s s e n , wenn sie mehr als Vorwand gewesen w ä r e n , in Thätigkeit hätte setzen müssen, nichts als eine politische Bewegung, als ein Staatsstreich wurde, den das souveraine Volk gegen sieh selber ausführt. Nichts Seltsameres als dies souveraine Volk von A t h e n ; stets eifersüchtig auf seine D e m o k r a t i e , stets in fieberhafter A n g s t , wenn der demokratische F e u e r l ä r m , dass Oligarchie und Tyrannis drohe, erhoben w u r d e , überliess es sich blindlings der l a u n e n h a f t e n , selbstsüchtigen und oft unvernünftigen F ü h r u n g der Demagogen; und während nichts höher galt als F r e i h e i t und Gleichheit, übte derselbe Demos schadenfroh den ärgsten und despotischsten D r u c k gegen Reiche und H o e h g e b o r n e ; rücksichtslos wurden Liturgien und Leistungen aller A r t ihnen a u f g e b ü r d e t ; und trotz Reiclithum und Adel streng und selbst ungerecht zu v e r d a m m e n , war d e r Geschworenen höchste Lust. Die Vornehmen griffen zu dem Mittel, welches ihnen am nächsten l a g ; gesellige Verbindungen oder Hetairien wurden zu politischen Klubbs erweitert, mit der Bestimmung, dass sich die Theilnehmer gegenseitig bei W a h l e n und Processen unterstützen sollten. Bald bildeten diese Klubbs eben so viel Cliquen gegen e i n a n d e r ; durch Sykophantismus, Porismus und Demagogenkünste suchten sie einander den R a n g abzulaufen; dann wieder vereinigte sich die eine und andere,
10
Die Vögel,
um eine dritte zu stürzen, oder i r g e n d eine M a s s r e g e l zum e i g e n e n V o r t l i e i l durchzusetzen. So lag in den H c t a i r i e n damals das b e w e g e n d e Element
des
öffentlichen L e b e n s ;
und
während sich die schwachen
R e s t e der alten e h r e n w e r t h e n A r i s t o k r a t i e , zu der sich ein K i m o n oder T h u k y d i d e s bekannt hatte, um N i k i a s sammelten, stand die j ü n g e r e G e n e r a t i o n A t t i s c h e n A d e l s in den H e t a i r i e n des A l k i b i a d e s , Euphiletos
und
mehrerer
Anderer
zusammen.
Das
Phaiax,
entschiedenste
U e b e r g e w i c h t hatte A l k i b i a d e s ; das Sicilische P r o j e c t , dessen Seele
er
w a r , zu dem sich die f ü r ihn begeisterten Bundesgenossen von nah und f e r n sammelten, g a b ihm eine Bedeutung im Staate, w i e sie bis dahin in der A t t i s c h e n D e m o k r a t i e unerhört gewesen war.
E r stammte aus
dem Geschlecht des P e i s i s t r a t o s ; vielleicht war seiner S e e l e der Gedanke der T y r a n n i s nicht f r e m d , vielleicht sollte ihm ein glücklicher E r f o l g in Sicilien zu der letzten Bedingung der T y r a n n i s , die ihm noch f e h l t e , zu e i n e r militairischen Macht verhelfen.
N o c h aber war die
Z e i t nicht g e k o m m e n , und seine G e g n e r s o r g t e n , dass sie nie kam. V e r z w e i f e l n d , ihn um seine M a c h t über die M e n g e , die er mit unwiderstehlicher G e w a l t
b e h e r r s c h t e , bringen
zu
können,
vermochten
sie
nichts a n d e r e s , als d i e M e n g e selbst um ihre M a c h t zu bringen und die G e w a l t des Staates in dem B e r e i c h einer auserlesenen, unter sich einverstandenen, einigen.
gegen
den
Demos
souverainen Oligarchie
zu ver-
M a n darf b e h a u p t e n , dass die ersten energischen A c t e der
O l i g a r c h i e von der Opposition g e g e n A l k i b i a d e s her d a t i r t e n ; an den V o l k s m ä n n e r n , j e n e n banausischen und verbissenen V o r s c h r e i c r n des P ö b e l s , konnten sie hoffen kühne V e r b ü n d e t e zu finden, da A l k i b i a d e s ihrem marktschreierischen G e w e r b e den M a r k t v e r d a r b ; sie konnten darauf r e c h n e n , im V o l k e selbst, da A l k i b i a d e s g e g e n den E i n z e l n e n nie
anders
als rücksichtslos,
hochfahrend und selbst herrisch war,
v i e l e Stimmen g e g e n ihij, aufzubringen und tausend V o r u r t h e i l e , V e r hältnisse und P r i v a t i n t e r e s s e n durch ihn beleidigt zu finden, die, wenn sein persönliches A n s e h e n und seine G e w a l t über das V o l k durch irgend eine Z u f ä l l i g k e i t für den A u g e n b l i c k wirkunglos w a r , sich g e g e n ihn anklagend und v e r d a m m e n d erheben würden. Und'dass ihnen wurde, was sie wünschten, ist d e r Todesstoss für die Attische D e m o k r a t i e gewesen. Jenen Alkibiades Partei,
erwünschten
Anknüpfungspunkt
der H e r m e n f r e v e l ;
welche
drei
Jahre
gab
s o f o r t begann
darauf die R e v o l u t i o n
m a c h t e , g e g e n A l k i b i a d e s zu machiniren.
den
dieselbe der
Gegnern
des
oligarchische Vierhundert
L e i c h t genug mochte
es
sein dem V o l k e e i n z u r e d e n , dass solcher F r e v e l nur S y m p t o m tyrannischer und oligarcliischer B e w e g u n g e n sei; denn beide B e g r i f f e ver-
Die Vögel.
11
wechselte der Demos auf das Wunderlichste; und wenn irgend eine Gefahr der väterlichen Verfassung drohe, so sei ja Alkibiades derjenige, den man vor Allen andern fürchten müsse; es sei ganz in seiner, auch sonst wüsten und zügellosen Art dergleichen zu begehen. So wandte sich alsbald die öffentliche Stimme gegen ihn, und schon die Wahl der Inquisitoren fiel auf solche, die wir mit Gewissheit als Oligarchien bezeichnen können. Indess sammelten sich die Bundestruppen, die Flotte lag segclfertig im Peiraieus, desLamachos Admiralschiff ankerte bereitsdraussen auf der Rhede; noch war keine E n t d e c k u n g , keine Denuneiation erfolgt. Die drei F e l d h e r r » hatten eine ausserordentliche Elkklesie berufen, um den Befehl zur Abfahrt zu empfangen. Das Volk war versammelt. Da trat Pythonikos auf: die Athener seien im Begriff, sich ein grosses Unglück zu bereiten; wenn ihm Sicherheit gegeben werde, so könne er durch Zeugniss darthun, dass Alkibiades mit Anderen in einem Privathause die Mysterien gefeiert habe. Dann brachte er den Sklaven Andromachos vor, der angab, die Mysterien seien von Alkibiades und einigen Verwandten und F r e u n d e n desselben in dem Hause des 'Polytion nachgemacht worden. Bald darauf kam gegen freies Geleit der reiche Teukros, ein Athenischer Metöke, der nach Megara geflohen war, zurück, und denuncirte andere Mysterieuverletzung und f r ü h e r e Ilermenvcrstümmlungen Seitens der Hctairie des Euphiletos; in beiden war Alkibiades nicht genannt. E i n e dritte Anzeige, die der Agariste, nannte Mysterienfeier im Hause des Charmidcs, denen Alkibiades beigewohnt. Eine vierte, die des Sklaven Lydos, dcnuncirtc Mysterienfeier im Hause seines H e r r n Pherekles, bei der ausser Anderen des Andokides Vater Leagoras zugegen gewesen sei. Die meisten der so Denuucirten flohen aus der Stadt; die übrigen wurden festgenommen. Anders stand es mit Alkibiades; seine amtlichc Stellung sicherte ihn vor der gewöhnlichen P r o c e d u r ; es niusste, wenn man ihn treffen wollte, die sogenannte Eisangelie, der Antrag beim Volke, ihn vor Gericht zu ziehen, d u r c h g e d a c h t werden. Das Volk ward bearbeitet, das Geschehene vergrössert, die öffentliche Meinung so aufgeregt, dass man sich von einer förmlichen Klage gegen den F e l d h e r r n den besten Erfolg vorsprach. Endlich brachte der Demagog Androkles die Eisangelie ein: „Alkibiades des Kleinias Sohn von Skambonidai habe eine Hetairic vereinigt, um Neuerungen zu machen, und habe mit derselben im Hause des Polytion die Mysterien gemacht." Diese Eisangelie wurde, um nicht erst die bestimmte Ekklesie abzuwart e n , beim Rath eingegeben, und durch diesen in einer ausser-
12
Die Vögel.
ordentlich
berufenen Versammlung
a n das Volk g e b r a c h t .
In den
V e r h a n d l u n g e n vor dem Volke h a n d e l t e es sich um die F r a g e , ob es d e m V o l k e g u t s e h e i n e , die E i s a n g e l i e g e g e n A l k i b i a d e s a n z u n e h m e n oder zurückzuweisen.
Die P r y t a n e n stellen
von
unterstützt,
seinen F r e u n d e n
die F r a g e , d e r
spricht für Annahme der
Kläger, Klage.
D a n n e r h e b t sich A l k i b i a d e s , v e r t h e i d i g t sich z u n ä c h s t g e g e n die vorg e b r a c h t e n D e n u n c i a t i o n e n und stellt d e r e n W a h r h a f t i g k e i t in A b r e d e nicht um d e r E i s a n g e l i e zu e n t g e h e n ; mit ü b e r r a s c h e n d e r
Wendung
f o r d e r t er g e r a d e wie seine K l ä g e r U n t e r s u c h u n g und s t r e n g e s G e r i c h t ; w e r d e er schuldig e r k a n n t , so wolle e r seine S t r a f e l e i d e n ; finde m a n i h n o h n e S c h u l d , wie er es sei, so wolle e r F e l d h e r r bleiben.
Die
G e g n e r b e g i n n e n f ü r d e n E r f o l g i h r e r M a s s r c g e l b e s o r g t zu w e r d e n ; sie f ü r c h t e n , dass w e n n die Klage a n g e n o m m e n wird und e n t w e d e r in d e r E k k l e s i e oder vor G e r i c h t zur E n t s c h e i d u n g k o m m t , A l k i b i a d e s die S t i m m e n d e r e r , die im l l e e r d i e n s t sind, f ü r sich h a b e n wird, dass auch d a s ü b r i g e Volk, da die B u n d e s g e n o s s e n von d e r g r ö s s t e n A n h ä n g l i c h keit f ü r den F e l d h e r r n sind, d e n s e l b e n nicht zu v e r u r t h e i l e n
wagen
w i r d , um nicht die B u n d e s g e n o s s e n z u r H e i m k e h r oder g a r noch zu A e r g e r e m zu b e w e g e n . Redner,
die,
So v e r a n l a s s e n
ihm im H e r z e n
feind,
Alkibiades'
äusserlieh
Gegner
einige
seiner Sache
an-
h ä n g e n , gegen die A n n a h m e d e r E i s a n g e l i e zu s p r e c h e n ; es sei w e d e r schicklich noch zum B e s t e n des Staates, d e n F e l d h e r r n einem P r o c e s s a u s z u s e t z e n ; das Volk möge b e f e h l e n , dass A l k i b i a d e s f ü r j e t z t in See g e h e u n d d e n Z u g nicht w e i t e r v e r z ö g e r e , n a c h s e i n e r R ü c k k e h r a b e r solle die S a c h e v o r g e n o m m e n u n d e n t s c h i e d e n w e r d e n .
Alkibiades
e r k e n n t sehr wohl die a r g e A b s i c h t dieses V o r s c h l a g e s ; e r stellt d e m Volke v o r , wie u n v e r a n t w o r t l i c h es sein w ü r d e , ihn mit solchen Bes c h u l d i g u n g e n b e l a s t e t als F e l d h e r r a u s z u s e n d e n ; er müsse e n t w e d e r , w e n n er sich nicht v e r t h e i d i g e n k ö n n e , zum T o d e v e r d a m m t w e r d e n , o d e r wenn e r seine U n s c h u l d e r w i e s e n , o h n e F u r c h t vor seinen Verläumdern gegen den Feind gehen können.
E s ist u m s o n s t ; d a s Volk
b e s c h l i e s s t , die E i s a n g e l i e w e g e n d e r H e t a i r i e u n d w e g e n d e r Mystei ü e n v e r l e t z u n g im H a u s e des P o l y t i o n solle bis zu s e i n e r R ü c k k e h r hei Seite gelegt w e r d e n , er selbst sich einschiffen. Die E x p e d i t i o n ging mit d e m E n d e J u n i in See.
I n d e s s gingen
die U n t e r s u c h u n g e n weiter, n a m e n t l i c h s e h e i n t die H e r m e n d e n u n c i a t i o n des T e u k r o s auf b e d e u t e n d e S p u r e n g e l e i t e t zu h a b e n , w e n n s c h o n sie n i c h t d e n n e u l i c h v e r ü b t e n F r e v e l a n g i n g . M i n d e s t e n s e r k l ä r t e n die Inq u i s i t o r e n , l ' e i s a n d r o s a n i h r e r Spitze, d e r b e g a n g e n e F r e v e l sei nicht das W e r k e i n i g e r W e n i g e r , e r b e z w e c k e v i e l m e h r d e n U m s t u r z d e r De-
Die Vögel.
13
mokratio, man müsse weitere Untersuchungen anstellen und sich mit den bisherigen Ergebnissen nicht begnügen. E s begann eine f ü r c h t e r l i c h e Zeit,; wer nur irgend wie beschuldigt war, wurde u n v e r h ö r t e r Sache in Verhaft, g e b r a c h t ; gegen Alkibiades wuchs die E r b i t t e r u n g mit jedem T a g e ; auf ihn wurde Alles zurückgeschoben; wer nur irgend mit ihm b e k a n n t , befreundet-, verwandt war, e r f u h r die Wutli des Volkes; der Staat war in solchem Zustande, dass, sobald der Herold in das Ratlihaus berief, sich der Rath eiligst versammelte, die B ü r g e r aber, welche auf dem M a r k t e zusammenstanden, aus einander l i e f e n , weil j e d e r f ü r seine P e r s o n verhaftet zu werden b e f ü r c h t e t e und in seinem Hause die Sicherheit suchte, die ihm sein H e r d gewährte. Allgemein war die Ueberzeugung, dass dem Geschehenen eine oligarchischc oder tyrannische Verschwörung zu Grunde liege; ins Ungcmcsscne m e h r t e sich der gegenseitige Argwohn, die Zahl der V e r h a f t u n g e n ; die allgemeine A u f r e g u n g war um so heftiger, da sich das eigentliche Verbrechen aus j e n e r Frevelnacht, noch immer auf das Hartnäckigste v e r b a r g . Nun kam am 24. Juli die Nachricht aus Argos, Alkibiades' Gastf r e u n d e hätten dort einen Versuch gegen die D e m o k r a t i e gemacht; ein S p a r t a n c r h c e r erschien auf dem I s t h m u s , man glaubte, sie seien im Einverstiindniss mit den Verschworenen ins Feld g e r ü c k t ; die Stadt war in der f u r c h t b a r s t e n Aufregung. I)a reichte der A t h e n e r Diokleides bei dem Rath eine Denunciation ein, in der er aussagte, die P e r s o n e n zu k e n n e n , welche in j e n e r Nacht die H e r m e n verstümmelt h ä t t e n , es seien i h r e r etwa dreihundert. E r sagte aus: „in der Nacht vom 10. zum 11. Mai sei er ausgegangen, um nach L a u r i o n zu gehen, es sei gerade heller Vollmond gewesen; als er zur Vorhalle des Dionysostempels g e k o m m e n , habe er viele Menschen vom Odeion h e r a b nach der Orchestra zu gehen seilen, habe sich aber vor ihnen gefürchtet und sei in den Schatten der Säulen g e t r e t e n ; von hier aus habe er jene M ä n n e r b e t r a c h t e t , und gesehen wie sie in einzelnen G r u p p e n voYi fünf, zehn, auch zwanzigen d a g e s t a n d e n ; beim Mondlicht habe er die Gesichter der meisten e r k a n n t . Als er p u d e r e n T a g e s von L a u r i o n z u r ü c k g e k o m m e n , habe er g e h ö r t , dass die Herinen verstümmelt w o r d e n ; gleich habe er sich gedacht, dass die That u n f e h l b a r von j e n e n M ä n n e r n geschehen sei. Bereits sei die P r ä m i e ausgesetzt gewesen, er sei deshalb zu einem der Bctheiligten gegangen und h a b e mit ihm einen V e r t r a g geschlossen, dass er gegen eine etwas grössere Geldsumme, als die vom Staat ausgesetzte P r ä m i e was er gesehen, verschweigen werde. Da die Zahlung bis zum vertragmässigen T e r m i n nicht geleistet sei, so mache er diese Anzeige." Zu
14
Dio Vögel.
gleicher Zeit ü b e r r e i c h t e er eine L i s t e von etwa 12 P e r s o n e n , die e r unter j e n e n D r e i h u n d e r t erkannt zu haben b e h a u p t e t e , und an d e r e n Spitze sich zwei d e r a n w e s e n d e n R a t h s m ä n n e r b e f a n d e n . D e r E i n d r u c k , den d i e s e A n z e i g e des D i o k l e i d e s auf die V e r s a m m e l t e n m a c h t e , war a u s s e r o r d e n t l i c h ; P e i s a n d r o s machte den A n t r a g , d a s s d a s G e s e t z g e g e n F o l t e r u n g a u f g e h o b e n , die D e n u n c i r t e n auf die F o l t e r g e b r a c h t würden, damit noch vor A n b r u c h der N a c h t alle T h e i l n e h m e r des F r e v e l s , denn erst IL' waren j a namentlich b e k a n n t , f e s t g e n o m m e n werden könnten. D e r R a t h schrie B e i f a l l ; die beiden R a t h s m ä n n e r setzten sich an den A l t a r und flehten, man möge sie nicht f o l t e r n , man möge sie B ü r g e n stellen l a s s e n und dann vor Gericht ziehen.
Mit M ü h e e r l a n g t e n sie
Gehör und was sie wünschten; sie stellten B ü r g e n und setzten sich sofort zu P f e r d e , um nach dein Isthmus zu den S p a r t a n e r n zu flüchten. D e r R a t h a b e r Hess die ü b r i g e n D e n u n c i r t e n heimlich zur H a f t b r i n g e n ; d a r a u f berief er die S t r a t e g e n und liess b e k a n n t m a c h e n , d a s s a l l e A t h e n e r zu den W a f f e n g r e i f e n , die B ü r g e r in der Stadt den M a r k t , die zwischen den M a u e r n d a s Theseion, die am P e i r a i e u s den I l i p p o d a mischen M a r k t b e s e t z e n , die R e i t e r sich auf das Signal der T r o m p e t e beim A n a k e i o n stellen, der R a t h auf der B u r g , die P r y t a n e n im Tliolos ü b e r n a c h t e n sollten. beiden
flüchtigen
M a n g l a u b t e , die S p a r t a n e r w ü r d e n , von den
R a t h s m ä n n e r n über die ihren A n h ä n g e r n
drohende
G e f a h r unterrichtet, über Nacht von E l c u s i s her einen Angriff auf die Stadt machen.
U n d noch war von den D r e i h u n d e r t , die man als Ver-
r ä t h e r fürchten zu m ü s s e n g l a u b t e , erst der k l e i n s t e Tlieil b e k a n n t ; j a von den A n d e r e n m u s s t e man d a s A e u s s e r s t e e r w a r t e n , weil j a j e d e Z ö g e r u n g ihnen den U n t e r g a n g bringen konnte.
D a z u k a m die N a c h -
richt, auch die B o i o t e r hätten auf der N o n l g r ä n z e ein L a g e r b e z o g e n ; von allen Seiten her schien sich die f u r c h t b a r s t e G e f a h r über Athen z u s a m m e n z u z i e h e n ; man zweifelte nicht, d a s s , hätte nicht D i o k l e i d e s d e n u n e i r t , A l l e s v e r l o r e n gewesen w ä r e ; er ward als R e t t e r . d e r Stadt g e p r i e s e n , d a s Volk zog seinen W a g e n in d a s P r y t a n e i o n , k r ä n z t e und bewirthete ihn dort. Indess
waren die von ihm namentlich A n g e z e i g t e n in V e r h a f t
g e b r a c h t ; es b e f a n d e n sich unter denselben L c a g o r a s , sein Sohn Andokides,
mehrere
ihrer
näheren
und e n t f e r n t e r e n
Verwandten.
Alle
wurden sie in d a s s e l b e G e f ä n g n i s s g e b r a c h t ; mit der N a c h t k a m e n die F r a u e n , M ü t t e r , S c h w e s t e r und K i n d e r zu den I h r i g e n , und b e g a n n e n zu j a m m e r n und zu wehklagen. f a n g e n e n an A n d o k i d e s
und
D a wandte sich E i n e r der
forderte
ihn
auf,
Mitge-
ein G e s t ä n d n i s s zu
m a c h e n : da man ihn allgemein für einen d e r S c h u l d i g s t e n h a l t e , so
15
Die Vögel.
w e r d e m a n ihm g l a u b e n ; e r a b e r w e r d e d u r c h die d a f ü r v e r h e i s s e n e Straflosigkeit
sich
s e l b e r e r r e t t e n u n d ü b e r d i e s die A u f r e g u n g d e r
S t a d t b e e n d e n , auch die A n d e r n , die n u n d u r c h D i o k l e i d e s schuldlos im Gefängniss seien, von w e i t e r e r G e f ä h r d e b e f r e i e n ; ü b e r d i e s seien j a die, mit d e n e n e r sonst in V e r b i n d u n g gewesen, u n d um d e r e n W i l l e n er bish e r seine V e r w a n d t e n v e r n a c h l ä s s i g t h a b e (die H e t a i r i e des E u p h i l e t o s ) , d u r c h T e u k r o s ' Anzeige landesflüchtig o d e r h i n g e r i c h t e t .
Andokides
entschloss sich zu d e r A n z e i g e ; e r sagte vor dem R a t h a u s : e r k e n n e die P e r s o n e n , die den H e r m e n f r e v e l b e g a n g e n ; E u p h i l e t o s h a b e w ä h r e n d eines G e l a g e s die Tliat zu v e r ü b e n in V o r s c h l a g g e b r a c h t , doch er, A n d o k i d e s , sicli dem widersetzt und b e w i r k t , dass sie d a m a l s nicht z u r Ausführung gekommen;
bald d a r a u f h a b e ihn ein Sturz vom P f e r d e
auf das K r a n k e n l a g e r g e w o r f e n , u n d diese Zeit h a b e E u p h i l e t o s benutzt, um seine H e t a i r i e zu ü b e r z e u g e n ; er, A n d o k i d e s , h a b e sich endlich zur A u s f ü h r u n g d e r S a c h e bereit finden l a s s e n ; d a r a u f sei d e r F r e v e l a u s g e f ü h r t , wie ihm n a c h d e r Tliat von E u p h i l e t o s selbst a n d e r n T a g e s gesagt w o r d e n mit dem B e m e r k e n , dass, wenn e r schweige, sie nach wie vor g u t e F r e u n d e sein würden, w e n n a b e r nicht, sie ihm als F e i n d e gef ä h r l i c h e r sein w ü r d e n , als vielleicht gewisse A n d e r e i h r e t w e g e n ihm F r e u n d e werden möchten.
D e s s zur B e s t ä t i g u n g b r a c h t e er das Zeug-
niss von S k l a v e n u n d S k l a v i n n e n bei. D a n u n seine A u s s a g e mit d e r des D i o k l e i d e s in g e r a d e m W i d e r s p r u c h e s t a n d , so dass e n t w e d e r die eine o d e r die a n d e r e l ü g e n h a f t sein m u s s t e , so w u r d e die S a c h e vom R a t h und d e n I n q u i s i t o r e n weiter untersucht", D i o k l e i d e s v o r g e f o r d e r t und scharf i n q u i r i r t ; es w u r d e zur S p r a c h e g e b r a c h t , dass e r die L e u t e im L i c h t e des Vollmondes zu e r k e n n e n g e g l a u b t , da doch in j e n e r N a c h t N e u m o n d g e w e s e n u. s. w.
Bald g e n u g g e s t a n d D i o k l e i d e s , class er
gelogen h a b e , dass e r sich h a b e zur f a l s c h e n A n z e i g e e r k a u f e n lassen, u n d zwar d u r c h d e n P h e g u s i e r A l k i b i a d e s u n d einige A n d e r e , die sich aus d e r S t a d t
flüchteten,
dass diese ihm die N a m e n j e n e r M ä n n e r von
d e r P a r t e i des F e l d h e r r n g e n a n n t h ä t t e n , um d e n s e l b e n zu v e r d e r b e n , dass
man Barmherzigkeit
g e g e n ihn üben m ö c h t e .
E r w u r d e vom
G e r i c h t zum T o d e v e r d a m m t . A n d o k i d e s a b e r n a n n t e als T h e i l n e h m e r an j e n e m F r e v e l a u s s e r d e n b e r e i t s von T e u k r o s D e n u n c i r t e n , welche s ä m m t l i c h h i n g e r i c h t e t o d e r e n t f l o h e n w a r e n , noch vier A n d e r e , die gleichfalls
flüchteten.
Die B ü r g e r a b e r , welche noch seit d e m vorigen
T a g e u n t e r d e n W a f f e n w a r e n , gingen in F r i e d e n n a c h H a u s e . Bei d i e s e r E n t w i c k e l u n g d e r g a n z e n Sache h ä t t e sich d a s Volk b e r u h i g e n k ö n n e n ; u n d a l l e r d i n g s war m a n n u n ü b e r z e u g t , dass die G e f a h r , w e l c h e mit d e m H e r m e n f r e v e l b e g o n n e n zu h a b e n schien, vor-
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Die Yöpcl.
über sei. Aber es trat liier, wie so oft in den Bewegungen der Mcnfre, eine seltsame V e r k e h r u n g ein; man hatte hinter dem Tlcrmenfrevel tiefere Tendenzen g e f ü r c h t e t , und da man sie liier nicht fand, suchte man sie irgend wo sonst, eben weil man sie f ü r c h t e t e ; man hatte auf oligarc.bische oder tyrannische Verschwörung inquirirt und glaubte nicht eher sicher zu sein, als bis diejenigen, welche man f ü r c h t c n zu müssen glaubte, als Opfer gefallen waren. Diese V e r k e h r u n g d e r öffentlichen Meinung bewirkten die Gegner des Alkibiades, nachdem ihnen der Betrug mit Diokleides misglückt war, in ihrem I n t e r e s s e um so l e i c h t c r , da das Volk gegen ihn seit der Zeit der ersten Eisangelie immer argwöhnischer geworden war, und sie, nicht mehr durch die persönliche Ueberlegenheit des grossen M a n n e s b e h e r r s c h t , gegen ihn um so e r b i t t e r t e r und leidenschaftlicher w u r d e n , je tiefer sie sich ihm sonst in E r g e b e n h e i t gebeugt haben mochten. Man ü b e r r e d e t e sich leicht, dass die Spartanischen T r u p p e n auf den Isthmus nicht gegen die B o i o t e r , wie es wirklich war, sondern gegen die Attische Demokratie, und zwar auf Alkibiades' Veranstaltung erschienen s e i e n ; man legte ihm die oligarchischen Bewegungen zur L a s t , die in Argos von seinen G a s t f r e u n d e n gemacht worden w a r e n ; man ging so weit, die V o r n e h m e n , welche bei E i n r i c h t u n g der Argivischen D e m o k r a t i e als Geiseln nach Athen geschickt w a r e n , dem dortigen Demos zur Hinrichtung auszuliefern. E s gehörte in W a h r h e i t die ganze fieberhafte und unverständige Lebendigkeit des Attischen Demos dazu, sich einreden zu lassen, Alkibiadofi wolle jetzt, da er entfernt sei, den Sturz der Verfassung, oder habe je d a r a n gedacht, mit Hülfe der S p a r t a n e r , die er oft und auf jede Weise g e k r ä n k t , geschädigt und gefährdet, sich in Athen zu fördern. Aber das Volk war verblendet, hasste blindlings wie es blindlings folgte, und gab so derjenigen P a r t e i , die k a u m drei J a h r e später die Oligarchie p r o k l a m i r t e , Gewalt gegen den Mann, der Athen in seiner demokratischen Grösse zu beschützen fähig, zu beh e r r s c h e n berufen gewesen wäre. Wie aber dem F e l d h e r r n b e i k o m m e n , d e r , u n t e r den Ilermenf r e v l e r n nicht g e n a n n t , in Sachen der dcnuncirten Mystericnverletzung, so wie wegen CVnspiration zum Umsturz der Verfassung durch Volksbeschluss bis zur l. 1 .endigung des Feldzugs Vertagung erhalten h a t t e ? Seine Gegner sorgten d a f ü r , dass gegen ihn eine neue Denunciation wegen Mysterienverletzung in seinem eigenen Hause beigebracht wurde. Thessalos, des Kimon Sohn, gründete hierauf eine Eisangelie; das Volk nahm dieselbe an, und versetzte dadurch den Feldh e r r n in Anklagestand. Die Salaminische T r i e r e wurde Anfang
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August abgesendet, ihn und die Mitdenuneirten zur Verantwortung nach Athen zu laden; die Abgeordneten hatten den Auftrag, ihm zu sagen, er solle mit ihnen kommen, sich zu verantworten, ohne ihn jedoch fest zu nehmen; dies in der Absicht, um jedes Aufsehen zu vermeiden und namentlich den Bundesgenossen, deren der Feldherr gewiss war, keinen Anlass zu Unordnungen zu geben. Alkibiades folgte Anfangs auf seiner Triere, bald aber ergriff er die Flucht und eilte in den Peloponnes. Umsonst wurden ihm in Athen mehrere Termine anberaumt; da er sich nicht stellte, wurde das Todesurtheil über ihn ausgesprochen, sein Vermögen confiscirt, von den Priestern und Priestcrinnen des Landes der Fluch über ihn ausgesprochen. E r selbst aber wandte sich im Spätherbst nach Sparta, wo er gern aufgenommen wurde; er enthüllte den Spartanern die Pläne der Athener, er zeigte ihnen die Mittel, durch die sie gewiss sein könnten Athens Wacht zu bewältigen; schon mit dem Mai 414 ging auf seinen Rath eine Flotte der Spartaner nach Sicilien, bald darauf ein Landheer nacli Attika. So der Ausgang jener furchtbaren Processe; mit Zuversicht darf man behaupten, dass alle Männer Athens, die berathend oder führend an dem öffentlichen Leben Theil nahmen, in dieser Zeit der Entscheidung für oder wider Alkibiades thätig waren; und dennoch erkennen wir ausser den Denuncirten nur die "Wenigen, welche ihren Namen zur Führung der Sache hergaben; es fehlen uns Nachrichten über jene grosse Zahl von Notabilitäten, die den Staat damals auszeichneten, und die später theils in der Oligarchie der Vierhundert oder als deren Gegner, theils unter den Dreissig-Männern an der Spitze der Angelegenheiten standen; von Aristokrates, von Kallias, von Lykurgos, von Pcrikles' Sohn, von Aristarchos und Theramenes, von allen denen, nach welchen man sich bei einer Haupt- und Staatsaktion zuerst umsehen mochte, wissen wir bei jenen Processen nichts; sie führten ihr Spiel hinter dem Vorhange, es waren dieselben Männer, dieselben Hetairien, die sich nach ausdrücklichen Zeugnissen vereinigten, «Sie Oligarchie zu gründen. F ü r jetzt wussten sie noch unter der Masle der grössten Zuneigung für das Volk zu agiren; erst als sie die Demokratie ihres grossen F ü h r e r s beraubt, und, da nur er de""'Sicilischen Unternehmen Glück und Erfolg sichern konnte, des Staaten' Macht so Wie die Blüthe des Volkes in nur zu sichere Gefahr gebracht hatten, traten sie mit ihren Plänen bestimmter hervor. — Nun endlich zu der Komödie dieses Jahres des Archonten Chabrias. In den Lenäen, etwa im Januar 4 1 4 , hatte Aristophanes seine Komödie Amphiaraos aufgeführt; sicher war sie gegen Nikias gerichtet ; Aristophanes Werke. II. 2. Aufl.
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ist d e n n nicht Nikias, wie weiland A m p h i a r a o s , der Held vor U'lieben ) in dem gleichen Falle, wider Willen in einen Krieg zu ziehen, auf den seine Gegner dringen, und dessen üblen Ausgang er vorhersieht? sind nicht beide b e r ü h m t wegen i h r e r Deisidaiinonie und steten Rücksicht auf Zeichen und V o r b e d e u t u n g e n ? — D a n n folgten im Anfang März die grossen Dionysien, in denen des Ameipsias K o m a s t e n den e r s t e r Preis gewannen. D e r Name des Stückes bezeichnet einen ('bor der nächtlich U m h e r s c h w ä r m e n d c n , die vom Gelage kommen, wie d e r e n A r t aus dem vcrhiingnissvollen Beispiele des Ilermenfrevels b e k a n n t ist; es wäre bei einem Stück dieses J a h r e s , dieses N a m e n s unmöglich, den Gedanken an die Komasten der Mysterienfrevel und der Hermenverstümmelung zu u n t e r d r ü c k e n ; ich glaube, dass Ameipsias eben über jene Frevel ein lustig Spiel gemacht hat, wie es den A t h e n e r n schmecken mochte. — l'hrynichos, d e r in j e n e n Dionysien den dritten Preis davon t r u g , folgte, wie es scheint, d e r entgegengesetzten W e i s e ; wir wissen, wie sehr die f u r c h t b a r e n l'rocesse das gegenseitige Vertrauen erschüttert , wie die F u r c h t vor geheimen oligarchischen oder tyrannischen Umtrieben gerade jetzt einen Indifferentismus gegen das öffentliche Leben h e r v o r g e r u f e n hatte, d e r d e r intriguirenden P a r t e i ausserordentlich Vorschub leistete; es ist mir wahrscheinlich, dass diese t r a u r i g e Verwandlung der Athenischen Weise den Inhalt des M o n o t r o p o s , des E i n s i e d l e r s , g a b , den Plirynichos auf die B h n e brachte. In dem P r o l o g dieses Stückes liiess e s : E i n s i e d l e r ist m e i n N a m e . . . . . ein T i i n o n s l c b e n t'ülir' ich ganz u n d g a r , U n z u g ä n g l i c h , ä r g e r l i c h , ehelos, ohn' W e i l ) u n d K i n d , Clin' L u s t und L a c h e n , u n g e s p r ä c h i g und a l l e i n , Nach eignem Kopf.
Und in einer a n d e r e n Stelle: 0 l i e b s t e r H e r m e s , hiile dich s e h r , d a m i t du nicht H i n f ä l l s t und zerbrichst., u n d ein zweiter Diokleides so, D e r a u c h v e r l ä u m d e n möchte, von dir ein M ä r c h e n s p i n n t . I I e r m e s. Ich werde mich h ü t e n ; auch dem T c u k r o s m ö c h t ' ich n i c h t , Dem b l u t i g e n F r e m d l i n g , neue P r ä m i e n b r i n g e n , I''reund!
Endlich n u n die V ö g e l des Aristophanes.
Süvern hat in seiner
b e r ü h m t e n A b h a n d l u n g das ganze Stück zu einer Allegorie gemacht; es solle die Unsinnigkeit der Sicilischen E x p e d i t i o n veranschaulicht w e r d e n ; die Vögel seien die A t h e n e r , die Götter die Siiartanerniacht 1 , die Opfer gebenden Menschen die Bundesgenossen, welche durch die Seemacht in W i r k l i c h k e i t , durch die L u f t m a n e r in der Komödie abg e s p e r r t würden ; Peisthetairos (Rathefreund), der Stifter des Projectes, sei Alkibiades, mindestens zum Theil, und das E n d e mit d e r Basileia
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die grosse Lehre, dass Alkibiades auf diese Expedition seine Tyrannis gründen werde; denn damals, meint er, sei die Salaminia noch nicht zurück gewesen. Das arme luftige Stück! nicht bloss zu materiell, auch im Chronologischen und im Persönlichen unrichtig ist solche Deutung und reicht am Ende doch nicht zur Erklärung der Einzelheiten aus. Gerade das muss vor Allem aufrecht erhalten werden, dass das Ganze ein vollkommen phantastisches Spiel ist, dass sich alles Wirkliche und Factische durch eine in sicli ganz verständige Consequenz zu lauter Idealität und Ueberspanntheit sublimirt, die doch wieder an allen auffallenden Punkten der Gegenwart dicht dahinstreift. Das Ganze ist wie eine Fata Morgana, die die Wirklichkeiten durch alle diese verzogenen, körperlosen Bilder hindurchschimmern lässt. Man vergegenwärtige sich den Zustand Athens. Alkibiades ist politisch todt, der Feldzug in Sicilien im Gange, ohne bedeutende Erfolge; die Processe haben alle Verhältnisse zerrüttet, man sucht sie zu vergessen. Nun ist es stiller in der Stadt, auch der Parteikampf ist abgestumpft, das Volk mit den heimischen Dingen übersättigt; von Sicilien redet man mit Langeweile; man ist blasirt, man will Neues, neue Projecte, neue Reizmittel des Interesses; je toller desto besser, so amüsirt es doch. Nebenbei ist Athen voll der überspanntesten Hoffnungen; jeder, dem es daheim nicht gefällt, malt sich in der neuen Welteroberung ein Utopien auf seine Weise; jeder speculirt, wie es besser sein müsste, sein könnte; jeder ist ein Weltverbesserer, ein Held, der eine neue Aera gründen wird, ein Narr auf eigene Hand. Das ist die Stimmung, zu der die Vögel der poetische Ausdruck sind. Man wird gegen Sparta kämpfen, — Alltäglichkeiten! man ist gegen Sicilien ausgezogen und wird Hesperien und Libyen erobern, — Kleinigkeiten! man wird Asien und Afrika unterwerfen, Sparta zerschmettern, die ganze Welt demokratisiren, um die Attische Demokratie zu retten, — ewiges Einerlei! es muss radikaler werden, sonst werden die Athener doch stets im Gerichte gaffend sitzen, und in der Pnyx wie Schafe dem Demagogen Leithammel nachblöken und nachlaufen. Dess sind nun zween Attische Ehrenmänner überdrüssig; sie wandern aus, eine bessere Existenz zu suchen; sie kommen ins Land der Vögel, sie beschwatzen diese zur Gründung einer Stadt, von der aus Himmel und E r d e beherrscht wird; Menschen und Götter müssen sich fügen, Vater Zeus selbst die Jungfrau Königthum dem Egoisten als Braut übergeben, und die Vögel sind glücklich. So die Grundlage dieses wunderherrlichen Stückes. Es hiesse die Poesie desselben vollständig zu Grunde richten, wollte man es für 2*
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nichts als eine K a r r i k a t u r zum Sicilischen Feldzuge und zu Alkibiades nehmen. H a t das d e r D i c h t e r gewollt, warum bezeichnet er Sieilien n i r g e n d s ? warum nennt er nicht den Alkibiades, den er nicht mehr zu f ü r c h t e n h a t ? wie sollte der „Alte", der Kathefreund, den schönen und jugendlichen Alkibiades vorstellen? was kann es nützen, wenn dieser seit einem halben J a h r e verdammt und politisch todt ist, ihn noch des Strebens nach d e r T y r a n n i s zu bezüchtigen? u. s. w. W e n n Süvern selbst e r k e n n t , dass in R a t h c f r e u n d auch etwas vom Gorgias stecke, beweist das nicht, dass derselbe gar nicht eine besondere Person, sondern eine allgemeine F i g u r ist, die die sophistische Schlauheit, die P r o j e c t m a c h e r c i , h u n d e r t a n d e r e Eigenthümlichkeiten damaliger Zeit in sich vereinigt? E r und sein Kamerad sind so das Ganze des Attischen W e s e n s ; er „ganz Kopf, ganz Umsicht, ganz Project, ganz Specul a t i o n " ; der a n d e r e , H a n s Hoffogut, ein Attischer Kleinbürger bester Art, immer lustig und voll Spass, nie überrascht, nicht von grosser Courage, ohne eigenen Willen, stets raisonnirend, anstellig zu Allem. Kann es da fehlen, dass man zu beiden F i g u r e n unter den A t h e n e r n Vorbilder, A e h n l i c h k e i t e n , P a r a l l e l n a r r e n in Menge findet? Aber beide, so wie die ganze F a b e l , sind f ü r specielle P e r s o n e n und F a c t a zu allgemein, alles Fact.ische und Persönliche gleichsam aufgelöst zu einem allgemeinen E i n d r u c k , einer Stimmung, einer A t m o s p h ä r e , in der die F a r b e n d e r Wirklichkeit zu e i n e m Lichtton verschwimmen. N u n ist es das W e s e n d e r alten Komödie, dass ihre phantastische W e l t sich mitten in die Alltäglichkeit hineinstellt, und aller E n d e n das H i e r und H e u t seine leibhaftigen Angesichter nebst Arm und Bein, und gewisse a n d e r e Dinge noch h e r d u r c h s t e c k t ; diese gehören dann mit hinein und werden so ordentlich mythisch anzusehen, und wieder d e r Mythos, in den sie hineintappen, wird gerade so täppisch alltäglich wie sie. So in den Vögeln; dass das Vogelreich und die Wolkenstadt und alles W e s e n und T r e i b e n da wieder Athen ist, versteht sich von selbst; was giebt es denn sonst noch in d e r W e l t ? n u r dass es ein T r a u m - A t h e n ist, und man t r ä u m e n d zu wachen meint, alles B e k a n n t e t r a u m h a f t verzogen an sich vorüberschimmcrn sieht, und endlich am Sc.hluss, wenn man erwacht, sich die Augen reibt, u m h e r f ü h l t , endlich sich überzeugt, dass es n u r ein T r a u m war, — ein seltsamer T r a u m ! In demselben sind tausenderlei Dinge des H i e r und H e u t vorgekommen und das W i r k l i c h e ist wie M ä r c h e n , das M ä r c h e n h a f t e wie wahr und wirklich gewesen. D e r Zusammenhang der Dinge ist d a r u m nicht ihr äusserlich fact.isehes Verhalten in und zu d e r Wirklichkeit, nicht eine gewisse mechanische T e n d e n z , die das Kunstwerk zu einem Mittel er-
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uiedrigt, nicht ein schliesslichcs Fabida docet oder das e r k l ä r e n d e W o r t einer Allegorie, sondern eben j e n e Stimmung, jene A t m o s p h ä r e der Wirklichkeit, aus dem das seltsame Bild wie einTraum h e r a u f t a u e h t . Ich muss noch einen Schritt weiter gehen. In der Regel hält man die alte Komödie und namentlich Aristophanes f ü r höchst patriotisch, höchst e h r e n w e r t h , höchst moralisch; man d e n k t ihn sich als sittenrichterlichen E h r e n m a n n , der nur die lachende Maske vorhält, um mit tiefem moralischen E r n s t zu r a t h e n , was allein dem Staate helfen könne u. s. w. Zum Glück genügt das einmalige unbefangene L e s e n einer Aristophanischen Komödie, um zu überzeugen, dass dem nicht so ist. Sofort müsste man gestehen, dass er mindestens sehr zweideutige Mittel zu solchen Zwecken anwendete; v e r l ä u m d e n d , um Verläumder zu züchtigen, gegen die F r e c h h e i t der Demagogen ein noch f r e c h e r e r Sprecher, voll Gotteslästerlichkcit er, der oft den Verfall d e r Religion beklagt, schwelgend in der zotigsten Sittenlosigkeit, über die er so oft moralisirt, ist er durch alle die F e h l e r selbst, die er lustig an den P r a n g e r stellt, so liebenswürdig, geistreich und zeitgemäss, wie er es ist. E s ist ein schlimmes Ding, von dieser A r t des cynischon Spottes Gesinnung zu erwarten, auf deren K o s t e n der Spott selbst n u r möglich ist; es wäre eine morose, abständige und langweilige Komik, die eigentlich nur Moral zu predigen im Sinne hätte, und die Moral selbst wäre doppelt schlimm daran, solche P r i e s t e r zu finden, die da an dem Beispiele und der L u s t des L a s t e r s die Tugend lehren möchten. A b e r ist dagegen nicht das ausdrückliche Zeugniss des Aristophanes selbst? sagt er nicht wiederholentlich, wie er es e r n s t meint? Gewiss sagt er das, aber ä n d e r t die Sache damit nicht. Wie schön sind nicht die P h r a s e n , die etwa H. Heine macht, wie w u n d e r b a r und begeisternd spricht er nicht von Allem Heiligen und G r o s s e n , um es in dem nächsten Augenblick in den Koth zu treten. In Zeiten gesteigerter Civilisation, wenn das Scheidewasser d e r A u f k l ä r u n g alles L e b e n angefressen, wenn man sich über Sitte und Vorurtheil, ü b e r alles U e b e r l i e f e r t e und Substantielle hinwegraisonnirt h a t , wenn in der F ä u l n i s s d e r sittlichen und religiösen Zustände das w u r m h a f t wimmelnde Einzelleben immer beweglicher und b u n t e r durch einander a r b e i t e t , dann sind in der Poesie E r s c h e i n u n g e n wie die alte Komödie möglich und an der Zeit. U n d in solchem L e b e n , in solcher f u r c h t b a r e n Verwirklichung d e r F r e i h e i t steht A r i s t o p h a n e s ; sein schmerzlich tolles L a c h e n und die tiefe Melancholie seines grossen Zeitgenossen E u r i p i d e s sind A u s d r u c k derselben geistigen Zerrissenheit, derselben Verzweiflung.
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ERSTER
v.
1—12.
ACT.
(Waldige Felsenwildniss, vor derselben eine öde Heide.) ( Z w e i A l t e in A t h e n i s c h e r T r a c h t , U o f f e g u t m i t d e r D o h l e , R a a u f d e r H a n d , a n dun M y r r h e n z w e i g , d e m K o r b e , d e m Tippt , d e m g e l ' ä t l i , da.s s i e t r a g e n , al.s A u s w a n d e r e r k e n n t l i c h , k o m m e n v o n s u c h e n u m h e r i r r e n d , d e r e i n e liier d e r a n d r e d o r t , e i n e n W e g
t Ii e f r e u l) d m i t d e r K r ä h e Hrats|)iess, a n d e r e m II;m, der rechten Seite her u n d in d i e K e l s e n h i n a u f . )
Hoffegut. (zu s e i n e r D o h l e . )
Grad' aus, befiehlst du, wo der Tann da 'rtibcrsichtV Ratliefreuml. Dass dich der Henker! meine wieder kräht zurück! Hoffegut. Warum, o Thor du, irren wir also auf und ab! Uni bringen wir uns, und haspeln den Weg doch nimmer ab! Rathefreund. 0 , dass ich der Krähe so, ich Acrmster mich vertraut. Umherzuschweifen mehr denn hundert Stunden Wegs! Hoffogut. 0 dass ich der Dohle so, ich Acrmster, mich vertraut, Mir abzulaufen Niet' und Nagel von meinen Zehn! Rathefreund. Selbst wo in der Welt wir mögen sein, ich weiss es nicht! Hoffegut. Von hier gen Athen, sprich, fändest du dir wohl noch den Weg? Rathefreund. Von hier, beim Himmel, nicht einmal Exekestides! Hoffegut. Zum Geier! v. 1. E r trügt die Dohle, diesen geschwätzigsten aller Vögel, der den Alten zugleich zur Bezeichnung der Laseivität dient. v. 2. Die Krähe ist ein Hoehzeitsvogel; die Krähe auf der Hand wandern Bettler zuin Brauthause und singen ihr zweideutiges Krähenlied; es ist den Athenern geläufig, alte Bettler mit der Krähe umherziehn und mit ihrem unverschämten Singsang betteln zu sehen. v. 11. Weiter unten nennt der Dichter diesen E x e k e s t i d e s einen Karier, Phryniehos im Monotropos schimpfte ihn einen Bastard, einen Hansaffeu. Ist die Bezeichnung Bastard (voH-os) richtig, so konnte Exekestides eines Atheners Sohn von einer Ausländerin sein; und sein Name ist im Geschlecht der Kodriden heimisch Solons Vater, der Ahnherr des Kritias und Plato, führte ihn. Gewiss war Exekestides ein vornehmer und einflussreieher Mann, sonst spräche die Komödie nicht von ihm.
v. 13—31
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Kathefreuml. D e n W e g , G u t e r , f a h r du nur allein. ( S i e t r e n n e n sich, I l o f t ' e g u l d e n Z u s c h a u e r n z u . )
Hoffegut. J a , arg an uns gehandelt hat der vom Vogelmarkt, Der Splittenhöker, der gallensücht'ge Philokrates, Da er sprach, die beiden zeigten uns zu T e r e u s hin, Dem K u k u k , welcher Vogel er unter den Vögeln ist. lind mir die Dohle, E l i r c n - N a r r e t h e i d c s ' Kind, Kür einen Obolos, dem die K r ä h e für drei v e r k a u f t ; Und beide können nun weiter nichts als käuen und sehrein! — (zur Dohle.)
Was schnappst du wieder! willst du gar noch felshinab Hier wo mich s t ü r z e n ? denn es ist j a nirgend hier E i n Weg. Rathcfmuid. Beim Z e u s , auch nicht einmal ein Steig ist hier. ( K r ä h e uuil D ü l i l c w e r f t e n u n r u h i g e r . )
Hoffegnt. I)u! deine K r ä h e , sagt sie vom W e g nicht eben was? Uni ho Iren ml. Beim Zeus, sie kräht jetzt nicht dasselbe wie zuvor! Hofl'cgiil. W a s also sagt sie vom W e g e ? lladiefrciiml. W a s denn a n d e r s , als Sie hätte mit K n a b b e r n bald nun meine F i n g e r weg! (SIE SUCIKMI b e k ü m m e r t w e i t e r . )
HoflVgut. Ist's nicht abscheulich, dass, obsehou uns so verlangt Zu den Geiern zu kommen, und wir dafür so viel gethan, W i r nun den W e g zu finden nicht im Stande sind! D e n n wir, o M ä n n e r , die ihr das Spiel zu sehen kamt, W i r leiden j u s t das Umgekehrte, wie Sakas d o r t ; v. 14. P h i l o k r a t e s ist des Demeas' Solln, der die Expedition von Melos zu linde brachte, die Männer tödten, die Weiber und Kinder verkaufen liess; ob derselbe einen Vogelhandel hatte r es scheint so; gewiss aber hökerte er mit den gefangenen Meliern. v. 15. T e r e u s war mit P r o k n e , der Tochter des Attischen Königs Pandion, vermählt, schändete aber deren Schwester Philomele, worauf die Weiber des Tereus Sohn Itys umbrachten. E r wurde in einen Wiedehopf, Prokne in die Nachtigall, Philomele in die Schwalbe verwandelt. Das Wortspiel des Textes zu bewahren, hat die Uebersetziuig statt des Wiedehopfs den Kukuk gesetzt, welcher Vogel uns auch anschaulicher und durch allerlei Erzählungen geläufiger ist. v. I 7. Von diesem Schwätzer Tharrcleides, wie er griechisch heisst, und seinen Söhnen Asopodoros und Didymachius wissen wir nichts Näheres
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v. 32—51.
D e r drängt sich da, er nicht Bürgers Kind ist, ein; doch wir, Geehrt in Zunft und Gilde, Bürger schlecht und recht W i e die andern Bürger, und von Niemand fortgejagt, Sind aus der Heimath weggeflogen mit Sack und Pack, Sie eben selbst nicht, hassend, die ehrenwerthe Stadt, Als ob sie an sich nicht schön und gross und glücklich sei Und allen geineinsam, drin zu versporteln Hab' und Gut. D i e Cikade hört man zween Monate oder drei In der Linde sclnvirrren, aber die Athener stets Im Gerichte schwirren und wirren all ihr Lebelang. Deswegen gehen wir zwei selbander diesen Gang; Mit Topf und Korb und Myrrhenreis irrwandeln wir Und suchen nach einem unbekümmerten Stückchen Welt, Dort hingestiftet zu leben bis an ein selig End'. Und unsre Reise geht zur Stund' zu Tereus hin, Dem Kukuk, hochstdenselben zu fragen, ob er wohl Dergleichen Ort wo hat gesehn, so weit er flog. (Kriihc u n d D o h l e lixircu den W a l l . )
Ratliefreiiiid. Du! Hoffegut. Was denn? Kalliefreuiul. Mein Krähvogel blinzelt so eben mir Da oben was!
Hoffegut. Auch meine Dohle schnappt mir so
Nach oben hin, als wenn sie mir da was zeigen will! v. 31. Mit diesem Sklavcnnamen S a k a s , der wie P h r y g i e r , Karier u. s. w. die verächtlichste ^Bezeichnung für E i n d r i n g l i n g ist, wird der Tragiker Akestor bezeichnet, der weiland ein guter Freund dos Kleon (Wespen 1251) und schlechter Poet war. Kratinos in den Kleobulinen sagt: „ — — — Akestor Sakas da Muss Prügel bekommen, wenn er nicht kürzer endlich schreibt." v. 33. Ungenau statt „Geschlecht und Stamm", was im Griechischen nicht minder nach einer üblichen Formel klingt wie die Uebersetzung. v. 38. „Allen gemeinsam" ist im Griechischen mit dem politischen Modewort jener Zeit bezeichnet: „durchaus liberal." v. 39. Zwischen den Cikaden und Athenern ist eine gewisse innere Beziehung, die die altfränkischen Bürger gern geltend machen; sie tragen eine goldene Cikade im Schopf; sie meinen, wir und sie sind j a urheimisch im J,;inde. v. 45. Ausdrücklich braucht Hoffegut nicht den Ausdruck für Colonisten: „dort angesiedelt." v. 46. l i i e r wie oben glaubt Hoffegut zu „ T e r e u s " noch „den K u k u k " hinzufügen zu müssen; sonst denken die Athener ihm an den Thrakerfürsten; wie denn umgekehrt Thukydides, von diesem sprechend (II. 29.), ausdrücklieh bemerkt: dieser Thraker sei nicht zu verwechseln mit Tereus, dem Manne von Pandion-s Tochter.
v. 52—64.
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E s ist gewiss nichts anders, es sitzen V ö g e l d r i n ; W i r w e r d e n es wissen, sobald wir einigen L ä r m gemacht. (sie sind indess a u f die Bühiiü g e k o m m e n . )
Rathcfrcnud. Nun weisst du was, F r e u n d ? schlag' mit dem B e i n an einen S t e i n !
Hoffegut. Und du mit dem K o p f , dann wird der L ä r m wohl doppelt sein!
Rathefreund. So nimm 'neu Stein und k l o p f e !
Hoffegut. G a n z wie der H e r r befiehlt. (er k l o p f t an den Feinen.)
Burseli! B u r s e h !
Rathefreund.
W o denkst du h i n ? den K u k u k rufst du B u r s c h ? D e r will statt B u r s c h : K u k u k ! K u k u k ! g e r u f e n s e i n !
Hoffegut.
(er k l o p f t wieder.)
K u k u k ! du lässt anpochen mich zum zweiten M a l ! Kukuk!
(Ein V o g e l mit grossem Schnabel und stellendem S c h w e i f trippelt a u s dem Busch. D i e V o rig011.)
Vogel. W e r ist d a ? wessen R u f w e c k t meinen H e r r n ? (Gegenseitiges Entsetzen, Rathefreund stürzt zu B o d e n , D o h l e und K r ä h e fliegen davon.)
Hoffegut. A p o l l o D r a c l i e n t ö d t e r ! was für ein Schnabel das!
Vogel. 0 weh' mir A r m e n ! V o g e l s t e l l e r sind die z w e i ! (beide g e h e n in einiger E n t f e r n u n g um e i n a n d e r herum.)
Hoffegut. (zu sich selbst.)
W a s ist's denn G r o s s e s ? ist's nicht besser, ich red' ihn a n ? (er goht vorsichtig auf ihn zu.)
Vogel. Tod euch!
Hoffegut.
W i r sind j a k e i n e M e n s c h e n !
Vogel. W a s denn s o n s t ? v. 54. Nach einem Kinderliede, dem antiken „streu Salz auf den Schwanz"; die Kinder singen, wenn sie einen Vogel fliegen sehen: Schlag' dein Bein an einen Stein, Und du fängst dein Vögelein!
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Die Vögel.
v. CS—79.
HofTcgut. Ich heisse Acngsterling, bin ein Libysch Vögelchen! Vogel. D a s ist j a gar nichts! HofTcgut. (mit entsprechender Ge.ste.) Frag' den Zeugen hinter mir! Vogel. (zu UathetYunnd, der sieh wieder ermannt liat. l W a s bist d e n n a b e r du f ü r ein V o g e l ? sagst du's nichtV Kuthcfremul. Ich bin d e r K ü c k e r l i n g a u s dum Ilerz-ini l l o s e n - L a n d ! HoiTegut. D o c h was, bei den G ö t t e r n , bist d u s e l b e r f ü r ein T h i e r ? Vogel. Ich bin ein Vogel S k l a v e ! Hoffegut. W o h l von e i n e m H a h n Besiegt ? Vogel. 0 nein! als aber mein ohmaliger H e r r Z u m K u k u k wurde, da b e s c h w o r e r mich, Vogel mit Zu w e r d e n , damit er einen hätte, d e r ihn bedient. Hoffegiit. Bedarf denn auch ein Vogel noch der Dienerschaft? Vogel. D e r wenigstens, g l a u b ' ich, da er d o c h M e n s c h vor d i e s e m w a r ; D a w ü n s c h t e r a u s P h a l e r o s sich e i n G e r i c h t c h e n S t i n t , So n e h m ' i c h s c h n e l l ' n e n T e l l e r , u n d l a u f n a c h S t i n t e n a u s ; D a n n will e r s e i n e n B r e i , d o c h es f e h l t a n Q u i r l u n d N a p f , So s c h l ü p f ' a n d e n Z a u n i c h — v. 65. Libysch, damit er weit ber zu sein scheint, und Vogel sich nicht zu wundern braucht, dass er ihn nicht erkennt. v. 68. Das Griechische enthält einen reicheren W i l z : zunächst auch ein Vogel von weit her, vom Flusse Phasis, wo die Fasanen zu Hause sind; nun hielt damaliger Zeit der alte Schlemmer Leagoras, des Andokides Vater, Fasanen (Wolken v. 109); zugleich aber spielt das Wort auf Phasis, d. i. Angeberei, an und des FasanenLeagoras Sohlt hatte ja in seiner Herzensangst jene Angeberei wegen des Iiermenfrevcls gemacht. v. 70. „Nach geendigtem Perserkriege hielt man, um zur Heharrlichkeit. im Kampfe aufzumuntern, alljährliche Hahnenkämpfe; der besiegte H a h n hiess Sklave. Die Hähne, noch bei Hcsiod unbekannt, kamen durch frühsten Handel aus Persien zu den Griechen, die mit Vorliebe sie Vögel nannten." Voss. Ist denn der Vogel ein Hahn? er ist so ruppig dekorirt, dass man ihn halten kann, "wofür man will. v. 76. Im Grichischen steht Sardellen oder richtiger Anchovien; die würden hier für deutsche Ohren viel zu vornehm klingen; sie sind in Athen, sagt der Philosoph Chrysippos, ein Bettleressen, und Archestratos singt: Achte du, Koch, die Sardellen für Mist, nur die von Athen nicht, Die Art meint mein Lied, die so schön der lonier Schaum nennt; Wähle dir frisch sie gefangen in heiliger Bucht von Phaleros.
V. 80—94.
Die Vögel.
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Hoffegut. Da bist du gewiss Zaunschlüiiferchen! Zaunschlüpferehen, weisst du was du tliun k a n n s t ? laut' und r u f ' Uns deinen H e r r n her! Vogel. Doch er schläft j a eben jetzt, Da er etwas Myrrhen und Insekten zu sieli nahm. Hofl'egut. Geh', weck' ihn dennoch! Vogel. Zwar ich weiss gewiss, er wird D a r ü b e r ziirnen; doch ich weck' ihn euch zu Lieb'! i a h in d;i.s G e b ü s c h . )
Itatlicfrciind. (ihm liachdiohumi.)
Da.ss dicli der H e n k e r ,
wie du mit Angst mich todt gemacht! Hofl'cgut. 0 weh mir Unglückseligen! 's ist die Dohle mir In der Angst entflohen! ltathefrciind. 0 verzagtes T h i e r c h e n du, Du hast vor Angst sie fliegen lassen! HofTcgnt. Sage mir, Du Messest die Kräh' nicht fliegen, da du zu Boden sankst? Itathcfrciind. Nicht ich, beim H i m m e l ! Hoffegut. W o ist sie d e n n ? Ratlicfrcmid. Sie flog daxon! Hofl'egut". Nicht also liessest d u sie fliegen! o du Held!
Kukuk.
(hinter der Sccno.)
So offne m a n die W a l d u n g mir, hinaus zu gehn! ( t r i t t in t r a g i s c h e m V o g o l o r n a t g r a v i t ä t i s c h v o r . )
Hoffegut. Ihr Götter! welch ein preislich T h i e r ! welch F i t t i g t h u m ! In dem W i n k e n seines F e d e r b u s c h e s welch ein Stolz! v. 93. Der Kukuk ist so befiedert, dass mau nicht erkennen kann, was für ein Vogel er ist; ein mächtiger Schnabel, ein bedeutender Federbusch ist das Hervorstechende in seiner Dekoration.
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Die Vögel.
v. 'J5—108.
Kukuk. W e r sind die, so mich suchen? Hoffegut. Die zwölf Olympier — Ituinirten dich etwas, wie es scheinet! Kukuk. Höhnt ihr mein, Zu sehn so mein Gefieder? F r e u n d e , ja ich war Vor diesem Mensch! Hoffegut. W i r lachen dein nicht! Kukuk. Wessen sonst? Hoffegut. Dein Schnabel war's, der etwas lächerlich uns erschien! Kukuk. So hat mich leider in der Tragödie Sophokles, Hat mich, den Tereus, so entstellet und schiinpfirt! Hoffegut. So bist du T e r e u s ? — sag', ob Vogel oder P f a u ? Kukuk. Ich bin ein Vogel!
Hoffegut. Und deine F e d e r n , wo sind die?
Sind ausgefallen!
Kukuk.
Hoffegut. Wohl in der Zeit der schweren Notli? Kukuk.
Nein, aller Vogel rauhet um die Winterzeit, Und treibt dann wieder neu Gefieder zu seiner Zeit, — Doch sagt, wer seid ihr beide? Hoffegut. W i r ? zwei Sterbliche! Von wannenher?
Kukuk. Hoffegut. Woher die schönen Schiffe jüngst!
v. 96. Dies ist so die Attische Weise: wenn man Jemanden ruft, und er antwortet sein „hier!" oder „suchst du mich ?" u. s w., so entgegnet man ihm nach der Weise unseres „Hehüt' dich Gott" mit Formeln der Art, wie: „die zwölf Olympier mögen dir alles Gute geben." v. 100. Sophokles hatte am Ende seiner Tragödie Tereus diesen in seiner Verwandlung als Kukuk (Wiedehopf) auf die Bühne gebracht, und dessen (iestalt war hier parodirt.
v. 109—127
Die Vögel.
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Knknk. Gcsclivvorne wohl? Hoffegut. Noin abgesehworne, nur um selbst Ungeschoren zu bleiben. Kukuk. W i r d denn jetzt noch solche Zucht Bei euch gezogen? Hoffegut. Auf dem L a n d noch ab und zu. Kukuk. Was also ist es, das liieher euch trieb zu m i r ? Hoffegut. Dich hier zu finden wünschten wir! Kukuk. Weswegen d e n n ? Hoffegut. Weil erstens auch ein Mensch du warst, wie wir vordem, Und Gelder auch wohl schuldig warst, wie wir vordem, Und gern sie auch nicht wieder gabst, wie wir vordem, B a n n aber weil du umgewandelt in Vogelnatur Die Meer' und L ä n d e r überflogest rings umher, Und alles zumal, was Mensch, was Vogel kennet, kennst! D r u m sind wir zwei nun jetzt wie F l e h e n d e dir genaht, Ob du uns 'ne wohlige wollige Stadt wohl nennen wollst, W o man weich und warm in der Wolle sitzen und wohnen kann. Kuknk. Willst du sie grösser als die A t h e n ä e r s t a d t ? Hoffegut. Nicht grösser sie, doch, geht es, grösser wir in ihr! Kukuk. Aristokratisch scheint es, bist du gesonnen, F r e u n d ! Hoffegut. . Ich hasse Ahnen, Adel, all' das beate Zeug! Kukuk. W a s f ü r 'ne Stadt denn wünschet ihr am liebsten euch? v. 126. Im Griechischen steht statt dieses allgemeinen Spasses ein persönlicher: „Mit Nichten, seihst des Skellias' Sohn ist mir ein Gräul." Denn dieser Skellias' Sohn i s t A r i s t o k r a t e s , sein Geschlecht eines der vornehmsten in Athen, er selbst eine Hauptfigur unter den Oligarchen in der Stadt, später einer der Vierhundert.
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Die Vögel.
v. 1 2 8 — 1 5 0 .
Hoffegut. W o die allerwichtigsten Dinge wären folgender A r t : An meine Thür kommt M o r g e n s früh ein guter F r e u n d , Und redet so: „beim Olympischen Zeus beschwör' ich dich, Kommt h e u t e zu mir, du und deine Kindereben, Sobald sie g e b a d e t ; ich hab' 'nen Hoehzeitsschmaus d a h e i m ; Und nimm mir ja nichts A n d e r e s a n ; denn thust du das, So komm auch dann nicht, wenn ich im Unglück dein b e d a r f ! " Kukuk. Beim Himmel, höchst mühsame Geschäfte liebst du dir! W a s aber du ?
Rathel'reuuor. Wo der goldenumloekte Apoll dein lauscht l i n d zu d e i n e m G e s a n g in die L y r a g r e i f t , Und zu d e i n e m G e s a n g d e n u m w a n d e l n d e n C h o r Der Unsterblichen führt; Und es weht von d e r L i p p e d e r H i m m l i s c h e n d i r M i t t r a u e r n d mit dir, Der G ö t t e r selige W e h m u t h ! Rjvtlic f r e u n d . () V a t e r Z e u s ! wie k ö s t l i c h singt d a s V ö g e l c h e n , Wie überzuckert Blatt und Blättchen der süsse Sang! Hoffegiit. He du! Rathefreuiid. W a s willst d u ! Hoffegnl. W i r s t du r u h i g s e i n ! Rathefreuiid. Warum V Hoflfcgut. Zu n e u e n G e s ä n g e n i n t o n i r t d e r K u k u k s c h o n ! Kukuk und Nachtigall. (letztere tiütet den I.oekruf.) Kikuk, kukuk, k u k u k u k u k u k u k ! Io, io, hilio, liiho, Hievor, hierher, mein Mitgefieder allzumal! D i e i h r im s a a t g r ü n e n F e l d d e s L a n d m a n n s u m h e r , Ihr Gerstennäscher, Tausende Tausende schwärmt, I h r S a m e n p i c k c r , im Z u g u n d im F l u g e so g e s c h w i n d , Schwirrend, zwitschernd, helle Stimmchen! Tio, tio. tio, tio, tio, t i o ! U n d die i h r die F u r c h e n h i n a b .
v. 239—270.
Die Vögel.
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Scholl' um Scholle niederduckend, trippeleilig, küehelkluckend, Zirpenden Rufs i r r e t ! Tio, tio, tio, tio, tio, tio, tio! Die im Gärtlein, ihr in E p h e u ' s schwankenden Hanken Naschend, haschend schlüpft, und hüpfelt! Ihr Vögel der Höh', Bcrberitzensehwelger, Schleedornspatzen, 0 geschwinde, geschwinde h i e r h e r auf meinen Ruf! Trioto, trioto, totobrix! Die ihr im Moor, die ihr im Rohr, wo es spinnt und sunnnt und brütet, Spinnen fangt, Fliegen schnappt! Die ihr die thauige Wiese, M a r a t h o n s Seegrund, wo der Klee grünt, wo der Bach rinnt, hütet! Vogel du auch flügelbunt. Rohrdommel, Rohrdommel! Ihr, die am Wogengestade der B r a n d u n g Schwärmet und liinnt mit den Lenzhalkyonen, Kommet, o kommt zu vernehmen die Neuigkeit, Denn es versammeln sich alle Geschlechte heut, Halsausreckende, beinausstreckcnde, Reiher, Kranich, Klapperstorch! D e n n ein Greis kam h e r voll Witz, voll Geist, Voll Staatseinsicht, Staatseinsichtsvoll sein Rath, sein P l a n ! Kommt zu Rath her, k o m m e t alle! Eilet, eilet, eilet, eilet! Torotorotorotorotorotix! Kikabau! lvikabau! Torotorotorotorotorotix! (Pause. Die beiden Männer kommen in den Vordergrund der liühne.)
Riitliefrciind. Du! siehst du was von Vögeln? Hoffegut. Beim Apollo! nichts, Obschon ich nach dem Himmel mich halb blind g e s e h n ! Ratlicfrciind. Wie's scheint, so hat der Vogel K u k u k im Gebüsch Umsonst gekluckt, wie das Birkhuhn, wenn es ein Windei legt. v. 2G9.
In K r a t i n o s N e m e s i s s a g t V a t e r Zeus zur L e d a : E s ruft die Pflicht, o L e d a ; du niusst s o r g l i c h nun I n A l l e m g l e i c h es m a c h e n , wie's die H e n n e macht, Musst auf dem E i e k l u c k e n , bis du m i r und dir H a s t ausgebrütet e i u e n V o g e l schön und bunt.
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v 271—282
Die Vögel. Ein rotlier Vogel. (mit ausgebreiteten Flügeln auf die B ü h n e laufend.)
Torrrrrrotototototix! Ratliefreund. H i m m e l sieh! o s i e h ! da k o m m t j a schon ein Vogel h e r g e k e u c h t ! Hoffcgiil. W e t t e r ! j a , d a s ist e i n V o g e l ! a b e r w a s ? e i n P f a u v i e l l e i c h t V Ratliefreund. (/.um K u k u k , d e r w i e d e r a u s d e i n l i u s c h g e t r e t e n . )
D i e s e r w i r d ' s a m B e s t e n s a g e n . W a s f ü r e i n V o g e l ist d e n n dasV Kukuk. K e i n g e m e i n e r ; h i e r zu L a n d seilt n i c h t i h r a l l e T a g ' so w a s : 's ist e i n W a s s e r v o g e l ! Ratliefreund. Donner! prächtig
flaminenroth
rundum!
Kukuk. W o h l n a t ü r l i c h ; s e i n e s N a m e n s lieisst e r a u c h F l a m i n g o d r u m ! ( k o m m t e i n z w e i t e r , k r ä h e n d e r Vogel ¡¡her d i e T h e a t e r f e l s e n d a h e r s t o i z i r t . )
Hoffegul. Du! o dass dich! Ratliefreund. W a s alarmst du? Hoffegnt. W i e d e r ein Vogel! alle P e s t ! Ratliefreund. M e i n e r S e e l ' ! w e r ist d e r z w e i t e , , d i e s e r V o g e l o h n e N e s t ? " Kukuk. D i e s e r S c h r e i t e r auf eitel S p i t z e n , d i e s e r K r ä h p r o p h e t , o M a n n , Ist d e r H a h n , d e r M e d e r v o g e l ! Hoffegut. M e d e r ? seltsam! sässe dann N i c h t zu D r o m e d a r d e r M e d e r , a u f d e r H e n n e n i c h t d e r H a h n ? ( k o m m t ein d r i t t e r , e t w a s r u p p i g e r Vogel, ein K u k u k . )
v 281. Der H a h n , der Medisohe Vogel, der „Wecker mit röthlichem Fuss", ist den Griechen gar sehr poetisch. F ü r die Sophokleischen Worte, die Aristophanes braucht, mag hier eine Erinnerung an das schöne Pfizersche I.ied auf Deutschland: „Du Wandrer ohne Vaterland, Du Vogel ohne Nest, Du Träumer an der Klippe Hand, W i e ist dein Schlaf so fest." verziehen werden. Der folgende Vers ist eine I'arodie auf einen Aischyleischen Vers, der auf den dicken Silen gesagt ist. v. 282. Der Komiker A n a x i m a n d e r sagt im Tereus, den Athenern sei es ein gross Vergnügen, die Hähne treten zu sehen; sie machten das förmlich zur Belustigung des Volks. Wieder, wie immer, ist der Witz im Griechischen leichter, schlagender, schärfer bezeichnet.
V. 283—297.
Die Vögel.
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Rathefreund. A b e r d e r h i e r auf dem Buscliicht, sag' m i r , sag' mir, wer ist d e r ? Hoft'egut.
W u n d e r G o t t e s ! bist denn du liier n i c h t d e r einzige K u k u k m e h r ? Oder ist's dein D o p p e l g ä n g e r ?
Kukuk. D a s ist d e r des P h i l o k l e s ,
Solin des K u k u k ' s , ich sein G r o s s p a p a ! d e n k ' dir's so, wie f o l g e n d e s : Kallias' Kind war H i p p o n i k o s , Kallias H i p p o n i k o s ' K i n d ! Hoffegut. Kallias also ist d e r Vogel? wie ihm g e r u p f t die F l ü g e l s i n d ! Ratliefreund.
H o c l i g e b o r n e n S t a m m e s wird er von S y k o p h a n t e n a r g g e r u p f t . W i r d von s e i n e n D i r n e n ihm die letzte F e d e r a u s g e z u p f t . Ikommt ein grotesker, watschelnder Vogel.)
Hoffegui. O P o s e i d o n , noch ein Vogel, f e d e r b u n t im P a r a d e s t a a t ! W i e b e n a m s e t wohl sich d i e s e r ? Kukuk. Kropfganz oder Nimmersatt! Hoft'eirut.
Ist d e n n N i m m e r s a t t noch j e m a n d a n d e r s als K l e o n y m o s ? Rathefreund. Ist's K l e o n y m o s , u n d liess nicht längst im Stich d e n F e d e r b u s c h ? Hoffegut.
U e b e r h a u p t auch, was b e d e u t e t s o l c h e r Busch am Vogelvieh? K o m m e n sie zu F e s t und W e t t l a u f ? Kukuk. N e i n , wie K a r i e r sitzen sie J e d e r u n t e r seinem e i g n e n Busch, u u d sah d e r F e i n d sie nie. (die Vögel zeigen sich in v e r s c h i e d e n e n Haufen.)
v. 286 Der Kukuk aus der Pandionis des Aischyleiden Philokles, „ein Nachkomme des ersten Sophokleischen, der zu jenem sieh verhält wie der edle reiche Kallias aus der Marathonischen Zeit zu seinem gleichnamigen E n k e l , der, ein Freund und Beschützer der Sophistik, ein Mann von feinem Ton, dem Vergnügen ergeben, das grosse Vermögen seines Vaters Hipponikos bald an den Mann brachte. P e r Tragiker Philokles (.Wespen v. 475.), hässlieh von Gestalt (Thesmoph. v. 168.xi brachte den Tereus noch einmal auf die Bühne und so verscheusslicht, als hätte er seine Leibesbeschaffeuheit dem geistigen Kinde aufgeprägt." Voss. v. 293. K l e o n y m o s ist der bekannte Grosssprecher für denKrieg, derWerfcschild, zu dieser Zeit einer der cinHussreichsteii Volksmänner, der eifrigsten Verfolger der Hermokopiden. v. 296. Bei Festen putzt man sich zur Pompe (Parade), so gut man nur kann, und beim Wettlauf ist eine Art der Lauf in voller Rüstung'. v. 296. Die Karier werden Erliuder des Helmbusches genannt; sie führen den Krieg nach Art der Guerilla, hinter Hügel und Busch versteckt.
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Die Vogel.
0 Poseidon! siehst
v. 298—313.
Hathefreimd. d u ? Himmel! wie sie dalierschwirr'n kreuz und
quer! Hoffegut. Welche W o l k e n ! 0 Apolion! I m m e r mehr noch! welch ein H e e r ! Nicht zn sehen mehr ist vor ihrem Niedertliegen das P a r t e r r e ! (etwas g e o r d n e t r ü c k t die erste Linie des Oliors lioran.)
Kukuk. Siehst du liier, das ist ein R e b h u h n ; siehst du da ein W a s s e r h u h n ; Siehst du hier den ernsten E n t r i e h ; siehst du da den K a k a d u n ! Hoffegut. W e r denn ist's, d e r h i n t e r h e r l ä u f t ? Kukuk. W e r es ist? ein Sehneiderlein! Hoffegut. (iieht's denn einen Vogel S c h n e i d e r ? Rathefreiiiid. Schneider Vogel wird es sein! Kukuk. Und die E u l e hier!
Hoffegut. W e r bringt denn E u l e n nach Athen h e r e i n ? Kukuk.
Kranich, Amsel, T u r t e l t a u b e , Witzel, Wachtel, Ortolan, Hove, Meise, Edelfalke, Dohle, Kiebitz, Auerhahn, Schnepfe, Trappe, Gruppe, D a u s e h n a r r , Göckelhalin und Singeschwan! Hoffegut. Juehhe, juchhe, die Vügelelien! Juchhe, juchhe, die Amselchen! Wie das piepst und g i r r t und schnattert, wie das r e n n t und schwirrt und flattert! Aber dröhn sie u n s ? sie zischen schnabelgähnend uns entgegen, Blicken dich an, blicken mich a n ! Rathefreiiiid. Selbes scheint mir selber so! v. 304. Im Text wird statt H e r r n Schneiders ein gewisser H e r r S p o r g i l o s , liartscheerer zu Athen, genannt, dessen Badstubc Mode und Versammlungsort der Schöngeister und Nichtsthuer war, etwa wie bei uns Stehcly. Man mag es m i r nicht anrechnen, dass es dennoch eine sylvia sutoria oder Schneidervogel giebt. v. 305. Der liurgfelsen ist voller E u l e n , die der Pallas heilig sind, und das Sprichwort: „es hiessc Eulen nach Athen bringen" selbst bei uns nicht unerhört.
v. 3 1 4 — 3 3 1 .
Die Vögel.
39
Chor der Vögel. (iIuiTlieiiuuHler trippelnd. I
Wo, wo, wo, wo, wo denn ist, der mich gerufen, Wo denn steckt er, wo versteckt er sich denn hie? Kukuk. Ich beschied euch! lange wart' ich! frohe K u n d e gieht es hie! Chor der Vögel. (wie oben.)
Wie, wie, wie. wie, wie denn F r o h e s , wie denn find' ich's, wenn es so ist, Wie denn Neues hat es hie? Kukuk. Kluges, Sichres, Populäres, Süsses, F ö r d c r d e r s a n i s l e s d i r ; Denn zween Männer, feine Denker, sind gekommen und sind hier! Chor. (mit Entsetzen )
Wie! wo! was sagst du! Kukuk. J a ! von den Menschen, sag' ich, kamen zween E h r e n m ä n n e r an, Hrac.ht.cn mit sich Kiel und Kabel zu einem wahren lliesenplan! Chorführer. Ha tlu schuldig allergrösstcn Frevels, seit ich denken k a n n ! Welch ein Graunwort! Kukuk. F u r c h t ' ein W o r t nicht! Chorführer. 0 was hast du mir g e t h a n ! Kukuk. Männer nahm ich, die's nach u n s r e r B r ü d e r s c h a f t verlanget hat — Chorführer. Mensch, du thatest diese Schandthat! Kukuk. Und ich f r e u ' mich meiner T h a t ! Chorführer. Und sie sind schon, sind hie bei u n s ? Kukuk. So gewiss ich bei euch bin! Chor. (Strophe.)
H u ! hu! 0 verrathen, o verloren, o verkauft sind wir! Denn ein F r e u n d , denn ein Blutsfreund, welcher im Getild K o r n pickte mit uns,
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Die Vogel.
v. 332 — 353.
H a t gebrochen d e r Treupflicht uralt R e c h t , H a t gebrochen den Vogeleidsehwur! H a t in die Listen nun mich gclockt, hat in die H ä n d e nun mich g e s p i e l t J e n e m verabscheuten Geschlecht, welches, so lang es in der W e l t ist, Sich j a mir feindselig erwies! (der Chor steht vor der B ü h n e zusammen, die beiden Männer auf derselben, der Kukuk zwischen beiden.)
Chorführer. W o h l d e n n ! hier von diesem Vogel wird nachher die R e d e sein; Doch die beiden, dächt' ich, mtissten erst wir richten und kastei'n. U n d zerreissen und zerfleischen! Rathefreiiixl. Sollt's um uns geschehen sein? Hoffegut. Schuld an allem unsren Unglück bist du einzig und allein! W a r u m f ü h r t e s t du mich hiehcr! Rathefreuiul. F r e u n d , um mit dir hier zu sein! Hoffegut. Ach um Schwerstes zu beweinen! Rathefreuiul. Bitte, lass die Faselei'n! Hoffegut. Faselei'n?
Rathefreuiul. Beweinen wirst du, wenn dir zerhackt die Augen sind? Chor. (Gegenstrophe.)
H u ! hu! N u n zu! nun los, nun drauf und d r ü b e r ! Mit den Flügeln sie umzingelt! Mit d e r Kralle sie gepackt, mit dem Schnabel sie z e r h a c k t ! Jetzt soll euch Schmerzschrei, Tod euch sein, J e t z t sollt ihr zwo uns F r a s s s e i n ! Nicht in der walddunkelen Kluft, nicht im Gewölk hoch in der Luft, Nicht in dem Schoos wogender See, wenn ihr vor uns möchtet entfliehn, F i n d e t ihr euch bergende F l u c h t ! Chorführer. A b e r jetzt kein länger Z a u d e r n ! k r a t z t sie! r u p f t sie! reisst sie klein! Auf, K a k a d u , du führ' den rechten Flügel ins Gefecht hinein!
V. 3 5 4 - 3 7 0 .
Die Vögel.
41
HoflVgul. Muss ich das e r l e b e n ! weh! wohin entflieh' ich? Rathefmmd. Wirst du s t e h n ! Hoffegut. I>ass mich die zerreissen V Kuthefreuml. Thor du, hoffst du ihnen zu entgelin? Hoffegut. Ach, ich weiss es j a allein nicht! Rathefreuurt. Also ratli' ich dir, o Tropf, Bleibe bei' mir, kämpfe mit mir, nimm wie ich 'neu irdnen Topf. Hoffegui. Hilft der Topf was? Rathefreuud. Keine E u l e wagt an Attische W a a r e sich! (setzen licli die T o p f e auf eleu Kopf.)
Hoffegut. A b e r gegen die k r u m n i g e k r a l l t e n ? Kathefreund. Greif zum Bratspiess, so wie ich, Nimm ihn d i r : Gewehr heim F u s s e ! .
Hoffegut. Doch die Augen, sind die n i c h t s ?
Rathefreuud. Nimm 'ne Schüssel, nimm 'ne P f a n n e dir zum H a r n i s c h des G e s i c h t s ! Hoffegiit. Pfiffikus, wie hast du schön strategisch das erdacht! o Lieher, Selbst den Nikias holst mit deinem Rath und Kriegsgcräth du über! isie bewnrt'nen sich aus der Küche und fassen Posto.)
Chorführer. Fallt den Schnabel! Marsch im Sturmschritt! bleibe Keiner n a c h ! Hurrah! Reisset! beisset! k r a l l e t ! kratzet! schlagt zuerst die Schüssel d a ! (Anmarsch des Chors.)
Kukuk. (tritt zwischen die Männer und den Chor.)
Sagt, o sagt mir, warum wollt ihr, alles Wildes schlimmste Brut, Unbeleidigt morden, fressen diese M ä n n e r treu und gut, Meiner Gattin vettersames, vaterlandverwandtes Blut? Chorführer. Sollen die wir etwa gar noch schonen eli'r als Wolf und B ä r ? Oder wer ist ä r g e r F e i n d uns, w e r t h e r unsres Zornes w e r ?
42
Die Vögel.
v. 3 7 1 — 3 9 6 .
Kukuk. Sind sie F e i n d e von N a t u r euch, sind sie F r e u n d e doch im G e i s t ; N u r um euch was W i c h t i g e s m i t z u t h e i l e n sind sie h e r g e r e i s ' t . Chorführer. W i e g e d ä c h t e n d i e was W i c h t i g e s u n s zu sagen wohlgemeint, U n s zu r a t h e n u n v e r f ä n g l i c h seit d e r Väter Zeit u n s F e i n d ? Kukuk. A l l e r d i n g s von F e i n d e n l e r n e t viel d e r W e i s e s p a t u n d f r ü h : Denn die Vorsicht n u r b e w a h r t u n s ; u n t e r F r e u n d e n vviird' es nie D e s s b e d ü r f e n ; doch d e r F e i n d zwingt dich zur W e h r e , selbst bewein t. So zum Beispiel ist d e n S t ä d t e n nicht vom F r e u n d , vom F e i n d g e l e h r t . M a u e r n thiirmen liochgezimiet, Schiffe z i m m e r n k a m p f g e r e c l i t ; Solch ein L e h r e n n u n b e w a h r e t H a b ' und G u t u n d K i n d und K n e c h t . Chorführer. I h r e W o r t e d e n n z u f ö r d e r s t a n z u h ö r e n , wie mir scheint, W ü r d e gut sein; m a n c h e s Kluge l e r n e n k a n n man auch vom F e i n d . Kathefremul. N a c h z u l a s s e n scheint ihr Zorn a l l m ä h l i c h ; tritt den R ü c k z u g a n ! Kukuk. 's ist g e r e c h t auch, u n d wie billig, h a b t ihr mir's zu L i e b g e t h a n ! Chorführer. Und wir t r a t e n , sag' es selber, dir b i s h e r noch nie e n t g e g e n . Kathefreund. M e h r und m e h r f r i e d f e r t i g w e r d e n j e n e ; lass uns ab d r u m l e g e n U n s r e Schüssel, u n s e r n S c h l a e h t h e l m ; D o c h die L a n z e , doch d e n B r a t s p e e r L a s s u n s s c h u l t e r n d auf u n d a b g e h n , I n n e r h a l b des W a f f e n p l a t z e s , Hinterm Schanzkorb, hinterm T o p f w e r k ; F o r t z u l a u f e n p a s s t sich n i c h t ! Hoffegut. M e i n s t d u ? falls m a n n u n u n s t o d t macht, W o zu L a n d w i r d d a n n ein G r a b u n s ? Rathcfreuud. F r e u n d , d e r K e r a m e i k o s wird u n s ; A u s z u w i r k e n u n s ein S t a a t s g r a b , v. 395. Sie sind hier bei de» T ö p f e n , und fallen s i e , so fallen sie unter den Töpfen; dies ist die schönste Vorbedeutung für den Topfplatz ( K e r a m e i k o s ) , dem Platz der .Ehrenbegräbnisse für die im Kriege Gefallenen, denen dort von Staatswegen die Leichenrede gehalten wird, die höchste Höhe des irdischen Bühntes.
v .397—422.
Die Vögel
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Machen Meldung wir beim Feldlierrn, I)ass wir fielen in der Feldschlaelit, Völkerschlacht im L e r c h e n f e l d ! Chorführer. Steht wieder in Reih' und Glied wie zuvor! (¿'wehr ab euer M u t h ! in den Schwanz steckt ihn! (die Vögel stecken den S c h n a b e l u n t e r ihr ticflügel.)
R ü h r t euch! und macht's euch bequem mit dem Zorn! (.sie lüflun sich.)
Ich indess hör' all, wer die M ä n n e r da sind, Und von wannen sie sind, Und in welcher Intention. ( w e n d e t sich /.um K u k u k . )
Nun Kukuk, sprich! an red' ich dich! Kukuk. Und was zu hören, fragst du mich? Chorführer. W e r sind die zwei, wenn dir's b e k a n n t ? Kukuk. 's sind F r e u n d e vom H e l l e n c r l a n d . Chorführer. Welch Ungefähr Bringt sie h e r ? W e l c h Begehr Oder Beschwer F ü h r t sie zu uns Vögeln? Kukuk. D e r Vögel A r t Zugepaart, Zugeschaart Jeglicher F a h r t W ä r e n die zwei g e r n e ! Chorführer. W i e sagst d u ? W a s sprach er und versprach e r d i r ? Kukuk. Unglaublich, U n e r h ö r t e s schier!
v. 399 Im Lerchenfeld, zu Griechisch „inOrncai"; mancher mochte sich grosser Heldenthatcn in jener kleinen Action ohne Blutvergiessen rühmen.
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v. 423—447
Die Vögel.
Chor.
(durcheinander.;
Wie so? wie so? ist's K o n t e r b a n d . Darauf er lauert hier im L a n d ? Hat er sich her an uns gewandt, Zu halten seinen F e i n d e n Stand, Und seine F r e u n d ' im StandV Kukuk. E r bringt dir Ruhm und E h r ' und Preis, Wic's Keiner glaubt und Keiner weiss: E s h e r r s c h e du und dein Geheiss llie drüben, hüben, rings im Kreis; Aufs H a a r stimmt sein Beweis! Chorführer. Ist denn der Alte verrücktV Kukuk. 0 unerhört, wie geschickt! Chorführer. Hat er denn Kopf im G e h i r n ? Kukuk. 0 der ist feiner wie Zwirn! Ganz Kopf, ganz Umsicht, ganz Project, ganz Speculation! Chor. E r rede, rede! r u f ihn h e r ! Schon was du sagst, entzückt mich sehr, Lässt fast empor mich
fliegen.
Kukuk. Auf, du und du! nun nehmet euer Watfenthum, Und hängt in Gottes Namen Alles wiederum, Am heiigen Herd auf in den Tellerküchensclirank. Du wolle das dann, was zu h ö r e n sie verlangt, K u n d thun und sagen.
Rathefreund. Beim Apollo, eher nicht,
Bevor G a r a n t i e n ein gleiches Pactum mir verspricht, W i e mit seiner F r a u schloss j e n e r Affe, j e n e r Wicht, v. 442. „In Gottes Xanten" wörtlich: „mit gutem Glücke," die beginnende Formel für Traktate und Friedensschlüsse. v. 417. Dieser ist nach Angabe des Soholiasten l ' a n a i t i o s einer der wirklichen Hermenverstiinimler, von den Rittern (liiLter v. 24'J.) ein grosser Hansnarre und eine kleine F i g u r ; er hatte eine grosse Frau, die den kleinen .Mann sehr beherrschte; und als er sie einst beim Ellebruch ertappte, schlug sie ihn so lange, bis er den im Text bezeichneten Vertrag mit ihr schloss.
v. 4 4 8 — 4 6 7 .
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Die Vogel.
D e r Messerschmidt: nicht blutig zu beissen, nicht zu roh lim abzuhodeln, nicht zu pflöcken ihm — (mit einer unwillkürlichen Bewegung.;
Kukuk. Den, den?
In k e i n e r Weise!
Rnthefreund. Nein, die Augen mein' ich n u r ! Kukuk. Ich garantir's! Rntliefminri. Damit ich glaube, deinen Schwur! Kukuk. Ich schwöre, so wahr ich Beifall bei den fünf Kritikern, Beim Publikum mir wünsche! Katliefreiiuri. So wünsch' ich mit dir g e r n ! Kukuk. Und werd' ich dir je wortbrüchig, so poche man mich aus! Ein Vog'el Herold. Hört, Volk und Vögel! ein jeder Bewaffnete geh' sogleich Mit summt den Waffen a u s e i n a n d e r und nach Haus, Und j e d e r achte sich, was au die E c k e n wird augeplackt!
Clior. Zu betrüglichen Listen von j e d e r Art erschuf N a t u r die Menschheit! Dennoch verkünde du mir! Denn du thust vielleicht was Gutes kund mir, W e l c h e für u n s du erspäht, Kund mir ein M e h r von Gewalt, Die in meinem bethürten Verstand Unbemerkt ich v e r l o r ; du erkennst's! D e n n es wird, wenn ein Gutes Zu v e r k ü n d e n du weisst, d a s zu Aller Heil s e i n !
Chorführer. D r u m , welch ein Geschäft du zu machen hielier nach eigenen Willens Entschluss kamst, v. 452. F ü n f K r i t i k e r oder K a m p f r i c h t e r entschieden über den P r e i s bei dem W e t t k a m p f der K o m ö d i e u . Mit e i n e n i R i c h t e r siegen ist d a h e r so viel wie besiegt w e r d e n , w o f ü r die Uebereetzung sich e r l a u b t hat, das Auspochen zu n e n n e n .
46
Die Vögel.
v. 4 6 8 — 4 8 1 .
Das melde du dreist, da zuerst nicht wir Abbruch tliun werden dem Pactum! Itnthefrcuud. Schon giihrt, schon geht, beim Zeus, in mir auf der Sermon, den ich ein dir gerührt liah'! Lass mich nur einmal durchkneten ihn noch! Iiursch, bring' mir den Kranz, mich zu kränzen. Mir das B e c k e n geschwind, mir zu waschen die I l a n d ! HolTcg:iit. üiebt's K u c h e n ? oder was meinst du? Ratlicfrennd. N e i n , nein! ich ersann und erdachte mir lang so ein mächtiges 15onibenkarthaunwort, Um B r e s c h e zu legen in euer Gemüth; denn also jammert mich eurer, Dass ihr, doch Herren und Könige sonst
—
Chorführer. W i r ? Könige? wessen? Rntliefrcnnd. Von Allem W a s ist und geschieht, was war und geschah; so von mir, so von dem, so von Zeus selbst; J a , i h r war't älter und früher und eh'r als Kronos, Titanen und E r d e ! Und E r d e ?
Chorführer. Rathefreund.
So ist's, bei den Pfeilen Apoll's! Chorführer. So mir Gott, das wussten wir gar nicht! Ratlicfreuiul. Schulbildung fehlt dir und Weltkenntniss, und du kannst nicht deinen Aesop mehr, Der da sagt, wie b e k a n n t , ein Lerchlein klein sei der eheste Vogel gewesen, Und eh'r denn die Erd'; dann kam qualvoll sein redlicher Vater am Pips um; Und es war danialen die E r d e noch nicht, und es stand fünf T a g e der Todte, v. 4 7 2 . W ö r t l i c h : „ein mastochsiges W o r t . " v. 4 7 8 . Die Fabeln des A e s o p sind das rechte .Xoth- und Hilfshüchlein der Athener, das man gar fleissig studirte uud in den Schulen auswendig lernen liess.
V. 482—49G.
47
Die Vögel.
Bis der Sohn um ein G r a b in Verlegenheit, ihn in dem eigenen H a u p t beisetzte! Hoft'egut.
So liegt denn des Lerchleins Vater gewiss in Kopfingen ehrlich begrabeil. Kukuk.
Nicht wahr, weil eh'r denn die E r d e wir schon und eh'r denn die Götter gewesen, Muss u n s e r , der u r a n f ä n g l i c h e n , auch ohn' F r a g e die höchste Gewalt sein? HoflVgut.
Beim Apollo, so lasse von Stund' an dir dein Schnäbelchen förderlichst wachsen, Denn es wird sein Scepter so leicht Zeus nicht a b t r e t e n dem blinzeln den Zeusig! Rntliefmiiul.
I>ass übrigens g a r nicht Götter vordem die Geschlechte der Sterblichen, sondern Ihr Vögel beherrschtet und Könige war't, d a f ü r giebt's viele Beweise. Ich e r i n n r e zum Beispiel gleich an den H a l m , wie dessen der Welt Regiment w a r ; Und er hat j a die P e r s e r vor Allen beherrscht, vor Dareios und Megabyzos, So dass e r von selbiger H e r r s c h a f t jetzt noch d e r Persische Vogel genannt wird. Hoffegnt.
D r u m krälit und stolzirt er auch jetzt wohl noch wie der grosse, der Persische König, Von den sämmtliehen Vögeln allein aufrecht auf dem Haupte die stolze Tiara. Ratliefreniid.
Und er galt ehmals so viel, so gross, so stark, dass heutigen Tags noch Ob seiner Gewalt
aus f r ü h e r e r Zeit, wenn k a u m er g e k r ä h e t den Weckruf,
v 4 8 2 . „ E r meint die Lerche, die Theokrit (VII, 23.) „Lerche mit buschichter Haube" nennt. Der Busch war des Vaters Grabhügel." Voss v. 483. Kephalai heisst Kopfingen und ist ein Attischer Ortsname; ob das hier einen weiteren Zusammenhang hat, weiss ich nicht. v. 4 9 2 . D i e s schöne Argument beruht darauf, dass der H a h n der Meder genannt wird (s. v. 2 8 1 . ) ; der Meder, d. i. der Grosskönig, beherrschte die W e l t , und Medos hiess nach Aischylos' Persern v. 770 der erste K ö n i g von Asien v 4 9 3 . N u r der „grosse K ö n i g , " wie ihn die Griechen nennen, trägt die Persische Tiara mit dem Diadem aufrecht, die übrigen Perser legen den Spitzkegel ihrer Mütze seitwärts.
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Die Vögel.
Alle Welt
aufsteht
v. 497—511.
und zum T a g w e r k eilt, G r o b s c h m i e d ,
Lohgerber
und Töpfer, Vietiialienhändler
und
Bader
und Koch
und Zitter-
und
Ritterbe-
schildner, D o c h w e r a u s g i n g w i e e i n D i e b in d e r N a c h t , h e i m e i l e t e r
—
Hoflfegut. F r a g e das mich n u r ! D e n n m i r U n g l ü c k s e l i g e m w u r d e j a j ü n g s t so e n t w a n d t m e i n P l t r y g i scher Pelzrock! A u f K i n d t a u f w a r ich g e l a d e n zu G a s t in d e r S t a d t ; da t r a n k i c h ein W e n i g U n d s c h l i e f d a n n e i n ; u n d d i e A n d e r n , e h ' sie zu T i s c h g e h n , k r ä h e t der Hahn
schon;
D a m e i n ' ich, es t a g t , u n d e i l e m i c h h e i m n a c h I l a l i m u s , b i e g e so e b e n V o n d e n M a u e r n h i n a u s , u n d ein G a u d i e b schlägt
mit ' n e m
Knüttel
m i c h ü b e r d e n N a c k e n •. I c h s i n k e , v e r s u c h e zu s c h r e i e n , i n d e s s h a t j e n e r d e n P e l z m i r s t i b i t z e t . Rnthefreuiid. A u c h w a r j a d e r W e i h d a m a l s , w i e b e k a n n t ist, K ö n i g u n d H e r r d e r Geweihten.
Kukuk. Der
Geweihten? Ratliefrenml. Und
lehrte
vor Allen
zuerst
d e n G e b r a u c h , da
er
König und H e r r war. V o r d e m W e i h s i c h im S t a u b e zu w ä l z e n . Hoffegut. Ich selbst, beim Z e u s da ich neulich 'nen W e i h sah, S t a u b w ä l z t e m i c h , u n d wie ich r ü c k l i n g s k a m , d a v e r s c h l u c k e r t ' ich mich und verschluckte D e n Obolen, ich t r a u r i g e r S c h l u c k e r , und t r u g nun die ledige Kiepe nach Hause. Ratliefreinid. Im Aegypterland und Phönikien auch war ehmals König der Kibitz; v. ">01. Eigentlich „zum zehnten" nämlich nach der Geburt, ;tn welchem Tilge das Neugeborne den Namen erhielt; man lud dazu die Freunde und Verwandten; jubeln, essen, trinken, tanzen bis in die Nacht hinein war feine städtische Sitte. v. 503. H a l i m us ist ein Flecken am Strand nicht weit von den langen Mauern; zwischen diesen ist die ganze Nacht durch Verkehr, Helligkeit von den Fackeln und Laternen der aus dem Peraieus Heimkehrenden; vor den Mauern ist es still und dunkel, da lauern die Kleiderdiebe und anderes Gesindel. v. 008. Man begrüsste den Weih, den Frühlingsvogel, indem man sich vor ilnn niederwarf, eine Ehrenbezeugung:, wie sie von den Barbaren dem Grosskönige gezollt wird; folglich ist der Weih König derer, die ihn so anbeten. v. Ü09. Die Athener stecken kleineMünzcn indenMund, um sie nicht zu verlieren.
v. 5 1 2 — 5 2 5 .
49
Die Vügel.
W e n n der Kibitz sein Hepbepitz dort
rief,
da begannen
dir alle
Phönicier Ihr Weizen und Mais, ihr Gersten und Reis in den F e l d e r n der A e h r e n zu schneiden. Hoft'egut. D r u m heisst es aucli jetzt wohl im Sprichwort noch: H e p hep, in das F e l d ihr B e s c h n i t t n e n ! Rathefreund. l ' n d der H e r r s c h a f t herrschten sie also mit M a c h t , dass selbst, wo irgend ein König In den Städten, den Staaten von Hellas w a r , Menelas, Agamemnon und Andre, Auf dem Scepter zugleich ein Vogel ihm sass, tlieilnehmend, wenn e r ein Geschenk nahm. Hoffegnt, Das war in der That noch nicht mir b e k a n n t ; oft h a t es mich W u n d e r genommen, W e n n Priamos so mit dem Vogel verseh'n in den schönen T r a g ö d i e n auftritt, Stellt d e r richtauf und b e t r a c h t e t genau den Lysikrates, ob er G e s c h e n k nahm. Ratliefreuud. Doch am wichtigsten ist vor Allem, dass Zeus, der der W e l t jetzt König und H e r r ist, Mit dem Vogel zu Haupt, mit dem Aar, da steht, als König der K ö n i g e ; ferner Dass Athenen die E u l ' , dass Apollo, des Zeus W o r t f ü h r e r , d e r F a l k e begleitet. Chorfilluer.
Bei D e m e t e r ,
schön a n f ü h r t e s t du dies; doch sprich, weshalb die Begleitung? Ratliefreuud. W e n n ein O p f e r e r kommt, und ihnen sodann in die Hand, wie's Opfergebrauch ist, v 512. Des Rufes wegen nennt die Uebersetzung den Kibitz statt des Kukuks, der im Text steht. Dieser V o g e l erseheint in Aegypten und Phönicien um die Erndtezeit. v. 517. Auf dem Scepter der Könige war als Schmuck ein Vogel gebildet. v. 520. L y s i k r a t e s war ein Feldherr, von dem es h i e s s , die Feinde hätten ihn bestochen. v. 522. Den Bildsäulen jedes Gottes war sein Lieblingsvogel beigesellt, bald auf dem Haupte, bald auf der Hand. v. 523. Aischylos Eumeniden 15 sagt nach der (refflichen Uebersetzung von U. Müller; Zeus, seines Vaters Mund ist Loxias. Aristophanes Werke. II. Aufl. 4
f»0
Die Vögel.
v. S26—554.
D a s Gekrös' hinlegt, dass sie dann vor Zeus selbst selbes Gekröse sich nehmen. Auch schwur kein Mensch bei 'nein Gott damals, bei den Vögeln dagegen ein Jeder, U n d Lampon schwört noch heutigen Tags, wenn er lüget und trügt, bei dem Zeusig. So h a b e n , ihr seht's, euch Alle vor dem als g r o s s , als heilig geachtet, Doch nun als vogelfrei, windig und dumm Und v e r k e h r t und v e r d r e h t ; in den Tempeln sogar Schiesst schmachvoll euch ihr Pfeil jetzt todt; Und der Vogler, er stellt euch schonungslos L e i m r u t h e n und Netz und F a l l e n und G a r n Und Sprenkel und Dolin' und Salz-auf-den-Scliwanz; D a n n tragen sie euch schockweise zu Markt, Und der Käufer betastet euch, feilschet um euch! J a m e h r ; denn es möchte so immer geschehn, W e n n gebraten sie euch vorsetzten beim Mahl; Doch da menget man nun F a r m e s a n , Schnittlauch, Weinessig und Oel, und r ü h r e t auch sonst Noch Sauer und Süss in die Sauce hinein, Giesst kochend sodann, dass es brühet und zischt, Sie hinab auf euch, Auf euch, als wärt ihr Cadaver. Chor. 0 wie hart, o wie hart, o wie härtest W o r t du uns, 0 Mann, gebracht hast! U n s e r e r Väter Vergeh'n, Wie bewein' ich's g'nug, dass' solche Hoheit, Uns von den Ahnen vererbt, Also verkommen, genommen! Weil nun d i c h ein gewogener Gott, Mir ein gnädig Geschicke nun d i c h als R e t t e r h e r f ü h r t , U e b e r g e b e n dir will ich So die Brut, wie mich selbst, hier B ü r g e r r e c h t dir geben. v. S27. E s soll eine uralte Institution des llhadamanthys gewesen sein, nicht den .Namen der Götter zum Schwur zu missbrauchen, statt ihrer die der Vögel zu nennen; das ist jetzt wieder Mode geworden, besonders durch die Sokratiker; man findet die deiben Flüche und Schwüre nicht mehr f e i n , und geht scheinheilig und zärtlich mit den N a m e n der Götter um, an die man doch nicht mehr glaubt. v. 528. L a n i p o n ist ein alter, sehr vornehmer Herr, der die Kolonie gen Sybaris im Jahr 444 führte, den Frieden von 422 mit unterhandelte; ein verschmitzter Priester, der auch in den öffentlicheil Angelegenheiten die fromme Miene zur Schau trug.
v. 555—571.
Die Vögel.
51
Chorführer. Drum sage du uns, was* müssen wir tliun; denn werth nicht ist es zu leben, Wenn wir unsere altunumschränkte Gewalt nicht wiedererwerben, wie recht ist, Rathefreund. Sei, sag' ich zum ersten, 'ne eigne Stadt, sei Eine für sämmtliche Vögel; Und der Luftkreis dann, so weit er nur reicht, und alle der Raum in der Mitten Ummauert mit Back- und mit Luftstein rings, wie das mächtige Babylon weiland. Hoft'egut. 0 Kebviones und Porphyrion, o du neu Babylonischer Thurmbau! Rathefreund. Hat fertig der Bau dann empor sich gethiirmt, so begehret von Zeus ihr die Herrschaft; Wenn er dann nein sagt, nicht willig sich fügt, nicht euch sie zu geben bereit ist, So kündet ihr „heilige Kriege" ihm an, und verbietet den sämmtlichen Göttern, Durch euer Gebiet mit dem Speer richtauf zu den Töchtern der Erde zu schleichen, Wie bisher gar oft sie in Hausfreunds Art abstiegen im Schoos der Alkmene's, Leda's, Semeies; und kommen sie doch und schleichen sich ein in die Kammer, Gleich werden sie dann mit der Plombe versehn, und es hat ihr Paschen ein Ende. An das Menschengeschlecht schickt anderer Seits als Herold irgend 'nen Vogel, Und gebietet, hinfort euch Vögeln allein als ihren Gebietern zu opfern, Nach euch, wie bisher, den Unsterblichen erst; desgleichen sofort zu vertheilen An die Götter je den von den Vögeln, zu dem jedweder der Götter sich eignet; v 559. Ich hätte sagen können: „wie vor diesem die Tochter der Luft that.1' Auch Athen's Bedeutung begann mit dem „Synoikismos" des Theseus, der alle Ortschaften des Landes zu einem Geineinwesen verband. v. 560. Beide sind zugleich Namen für zwei Vögel und für zwei himmelstürmende Giganten. v. 563. Heilige Kriege heissen die, welche um Besitzthum der Götter gekämpft werden, so der vor 40 Jahren gekämpfte, s. Thucyd I. 112
52
Die Vögel.
v. 5 7 2 — 5 8 8 .
So, wenn Aphrodite ihr Opfer e m p f ä n g t , so streue man W i c k e n dem Wippsterz, W e n n Poseidon sein Mastschweinchen empfängt, so koche man Stinte der Möwe, W e n n H e r a k l e s sein Stieropfer empfängt, so empfang' Schniirzkuchen der E n t r i c h , Und sobald Zeus König des Bocks sich erfreut, sei gedacht Zaunkönigs des Schnepprers, Dass f r ü h e r wie Zeus zu gemessen er sein Betthiipferchen gnädig geruh'n mag. Holl'egut. Betthüpfercheu gnädig b e r u h ' n ! o wie süss! ja, d o n n e r e der Gott nur! mich h ü p f e r t ! Kukuk. Doch w i e wird uns als Götter ein Mensch, und nicht als Atzeln erkennen, D a Geflügel wir sind, und mit Flügeln verseh'n? Rnlliefreiiud. Wie v e r k e h r t ! F r e u n d , weisst du von Hermes, D e r , ein Gott, doch flieget, mit Flügeln verseh'n; und ähnlich ihm viele der G ö t t e r ; So fliegt j a Victoria goldenbeschwingt, so flieget der kleine Kupido, Und Iris gleicht, sagt Vater Homer, der geflügelten Taube des W a l d e s ! Kukuk. W i r d uns dann nicht den geflügelten Blitz der im Donnergewölk Zeus senden? Batliefremid. Sieht euch man noch dann mit verblendetem Blick f ü r nichts denn ein windiges Nichts an, Und wie Götter nur die im Olymp, in das F e l d gleich lasst ihr ein Spatzengewölk ziehen Und mit fliegenden Corps Saatpickern die Saat von den F e l d e r n hinweg t.irailliren; Mag Demeter d a n n , wenn sie h u n g e r n , mit Korn die V e r ä c h t e r der Vögel versehen! Hoffegut. Nicht wollen, bei Gott, wird d i e ; gieb Acht! Ausflüchte sich wird sie ersinnen! v 582. Nicht von Tris, der schnellfüssigen Gütterbotin, sagt H o m e r , sondern von Here und Athene (V. v. 778.): Sie dann eilten dahin, gleich schüchternen Tauben am Gange
v. 5 8 9 - 602.
Die Vögel.
53
Rathcfreund. Lasst f e r n e r die Kräh'n gleich allem Gespann Zugochsen im F e l d und am Pfluge Und den Schafen im Klee aushacken das Aug' zum Beweis, dass euer die Macht sei; Mag E h r e n a p o l l , der j a Arztgott ist, sie k u r i r e n ; doch nimmt er Bezahlung ! Hoffegut. N u r lasst mich zuvor mein Ochsengespann in der Eile dem J u n k e r verkaufen. Rathefreuiid. Doch v e r e h r e n sie dich als Gott, als L i c h t , als Zeus, als Himmel und Erde, So soll im Gedeih'n sich die Menschheit f r e u n . Kukuk. 0 beschreibe du solch ein Gedeih'n u n s ! Rathel'rcimd. So sollen zuerst denn die BlUthcn des Wcin's nie mehr H e u s c h r e c k e n zerfressen, D e n n e i n Regiment N e u n t ö d t e r und W e i h n reicht hin, von d e r W e l t sie zu tilgen; D a n n sollen hinfort Blattlaus und Geschmeiss nie wieder die F e i g e n zerfressen, D e n n es schnappet im Nu sie alle zumal ein Zug Kramtsvögelchen rein auf. Wo
aber
bekommen
Kukuk. wir Reichthum h e r ?
denn
am
sehnlichsten
wünschen sie den doch. Hatliefreund. W e r um Golderzgruben die Vögel befragt, dem zeigt man die nächsten und reichsten; W o ein H a f e n , ein M a r k t einträglich zumeist, das verräth man dem Yogelpropheten, So dass kein Schiff denn von Stund an mehr umkommt. Kukuk. W o k o m m e n sie denn h i n ? v. 591. Apollo ist Arzt, s. Plutos v. 10; ob sonst auch Vieharzt, bleibe dahingestellt. In Athen wurden gewisse Aerzte auf Staatskosten gehalten und brauchten dann nicht von den Privatleuten bezahlt zu werden, Apollo dagegen lasst sich tüchtig bezahlen. v. 600. Auch wenn mau ein Bergwerk da oder dort eröffnen will, beachtet man die Vogelschau.
54
Die Vögel.
v. 603—Ulli.
Ratliefreund. Prophezeih'n wird Jedem,
der über
die F a h r t a n f r a g t , ein w i s s e n d e r Vogel:
„ H e u t f a h r e d u n i c h t , d e n n e i n S t u r m z i e h t a u f ; h e u t f a h r e du, g u t e n Gewinn bringt's." Hoffegut. S o k a u f ' ieli e i n B o o t m i r , u n d g e h e z u S e e , u n d b l e i b e b e i e u c h n i c h t länger! RaUiefreuud. Z e i g t ihnen d e n Schatz von b r e n n e n d e m G o l d an heimlichem Orte vergraben Seit ewiger Zeit, nur Vögeln b e k a n n t ;
denn es lieisst: „ k e i n M e n s c h , n u r e i n V ö g l e i 11
W e i s s , w o m e i n S c h a t z ist, w a r ' i c h b e i i h m , " u n d w i e d e r : ,,o w a r ' i c h ein Y ö g l c i n ! " Hoffogut. So verkauf
ich
das
Boot,
kauf
Hacken
und S c h e i t ,
und grabe
die
T ö p f e mit G o l d a u s ! Wo
Kukuk. aber bekommt man Gesundheit her?
d i e j a w o h n t in P e r s o n b e i den G ö t t e r n !
Wenn
sie wohl sich
Ratliefreuiid. befinden, ist das nicht
selbst
die
Gesundheit?
g l a u b e mir, K u k u k , Ein Mensch,
der sich übel befindet, der wird wohl nun und nimmer gesund sein! Kukuk.
W o a b e r b e k o m m e n das A l t e r wir h e r ? das w o h n e t j a a u c h im O l y m p o s ; Soll j e d e r als K i n d schon s t e r b e n ? Ratliefreuiid. 0 n e i n ; gleich legen die Vögel dem L e b e n Noch drei Jahrhunderte
zu! Kukuk. denn das? RaUiefreuud. W i e denn das ? aus eignem V o r r a t h ;
Denn
du w e i s s t :
„fünf Menschengeschlechter
hindurch
bleibt
die heisere K r ä h e . " v. 610. Als Hygieia. v. 616. „Hesiod sagt: Neun Gesehlechte durchleb! die geschwätzige Krähe von Männern Frisch ausdauernder Kraft; und der Hirsch drei Aller der Krähe; Drei Hirschleben hindurch wird der Rab' alt; aber der Phönix Dau'rt neun Rabengeschlecht'; und wie zehn Alter des Phönix W i r schönlockige Nymphen, des Aegiserschütterers Töchter."
leben
V. 617—644.
Die Vögel.
55
Hoffegut. Donner W e t t e r ! Um wie viel glückseliger werden von eucli, denn von Zeus wir Menschen beherrscht sein! Rathefreuiul. J a gesteh mir, um viel! Denn erstens, wir brauchen nicht Tempel wie sie Kostspielig von Quadern und Marmor erbaut, Nicht Dächer von Zink, nicht Thtiren von Gold, Da sie unter Gebüsch, Wachholder und Dorn Gern nisten; es wird für die Hochwiirdigen Von den Vögeln ein Oelbauin irgend geweiht Als heiliger Sitz. Gen Delphi nicht, Noch gar zum Ammonium braucht man hinfort Zum Opfern zu gehn; im Johannisbrotstrauch Und im Erdbeerbusch mit 'nem Körnlein Hanf Und Wicken und Senf zum Geschenke, so fleh'n Mit erhobnem Arm wir sie an, auch uns Zu bescheeren des G u t e n ; das wird uns dann Auf der Stelle gewährt, W e n n ein weniges F u t t e r wir hinstreu'n! Chorführer. 0 himmlischer A l t e r , den sonst ich mir feiud, den freund mir und freundlich ich jetzt w eiss. Nie werd' ich, ich schwör's, freiwillig von dir und von deinem Project mich entfernen!
Chor. Das Herz voll Lust bei deinem W o r t geschwellt. Sei dies mein Drohen, mein Geloben dies: W e n n du mit mir so vereint In unbetrüglich, treu, gerechtsamem Vertrag , Wider die Götter gehst Mir gleich gesinnt, so sollen nicht Die Götter fürder lange F r i s t Unser Scepter schänden!
v. 624. Die Hochwiirdigen sind die Grossgötter unter den Vögeln.
56
Die Vögel.
v 645 — 660
Chorführer. (zu Rathefreund.)
J a so viel mit Gewalt vollbracht sein will, dazu schlachtordnen wir selbst u n s ; Doch so viel mit Verstand r a t h s e h l a g t sein m u s s , das alles v e r t r a u e n wir d i r a n ! Kukuk. Doch nun, bei Gott, ist nicht zum Schlummer noch zum Schlaf, Noch gar zu Nikias-Nicketräumen länger Zeit; W i r müssen h a n d e l n ! Also schnell! Zuerst, beliebt's. Kommt mit hinein in meine Hecke Brüteiiest Zu meinem Seegraslager, meinem Hälmchenhaus, Und n e n n t mir eure N a m e n ! Rathefreuud. Das ist leicht geschehen; Ich heisse meines Namens R a t h e f r e u n d . Kukuk. Und wie d e r ? Hat hefi'ouiid. D e r ? Hoffegut, von K r i a . Kukuk. Seit willkommen mir Denn beide! Rathefreund. Schönsten D a n k ! Kukuk. (bekomplimentirt sie.)
So t r e t e t denn herein! Rathefreund. W i r folgen; keine K o m p l i m e n t e ! Kukuk. Nun, so kommt! (er gellt voran.)
Rathefreund. (zaudernd, sich besinnend.)
Hm, ja, wie ist das — ? halt — ! komm einen Schritt zurück — ! Ich bitte, sag' uns, wie denn ich und dieser hier, Beid' unbeflügelt, mit euch Beflügelten können sein! Sehr gut!
Kukuk.
v. 648. N i k i a s ist der stets v o r s i c h t i g e , stets zaudernde, stets F e i n d e n e r g i scher Massregeln.
57
Die Vögel.
v. 661 — 679.
Kathefreund. Bedenke, was Aesop im F a b e l b u c h Zu aller Nutz und F r o m m e n erzählt, wie einst dem F u c h s Sein Bund mit einem Adler schlecht zu stehen k a m ! Kukuk. Du fürchte nichts; denn eine Wurzel giebt's bei uns. Die ihr nur zu kau'n braucht, und beflügelt seid ihr gleich! Rafhcfreuiid. So wollen wir näher treten. He! du, Xanthias, Und Manodoros, traget unser Gepäck hinein! (die Theaterdiener kommen und packen /.luainmen.'i
Chorführer. 0 K u k u k e h e n , hörst du! Kukuk. W a s giebt es denn noch? Chorführer. J a du führest die Gäste nun mit dir; So bewirthe sie g u t ; doch die Nachtigall klein, d e r Musen Genossin und Liebling, Die locke du h e r , und lass sie mir h i e r , um mit ihr hie draussen zu spielen! Ratlicfreund. F i wohl, Verehrter, thuc so nach ihrem Wunsch, Ja, lock' das Vöglein aus dem F a r r e n k r a u t g e m a c b , Ja, lock' es vor, und lock' es her, ich bitte dich, Damit wir selbst auch mögen sehn die Nachtigall! Kukuk. W e n n ihr es wünschet, muss ich wohl. ( e r r u f t i n (las G e b ü s c h h i n e i n . )
Du, P r o k n e !
komm!
Komm h e r zu uns, und stell' dich unsern Gästen vor! (eine l i e b e n s w ü r d i g e und s c h ö n g e p u t z t e i ' l ö t e n b l ä s e r i n mit einer V u g e l m a s k e tritt verschämt aus dein Gebtisch.)
Ratlicfreund. 0 Zeus in E h r e n ! was f ü r ein schönes Vögelchen! W i e wunderzart und weiss es ist! Hoffegut. Ich versichre dir, Ich wäre g e r n erbötig ihr zu Dienst zu sein. Ratlicfreund. W i e sie blitzt von Gold und Edelstein, wie die P a r t h e n o s ! v. 679. Das Uild der Athene Parlhenos war kunstreich von Gold und Elfenbein gefertigt.
58
Die Vögel.
v.
680-684.
Hoffegut. Ich könnte dich küssen, herzen, Vögelchen wunderhold! Kathefreund. Sie, o Verblendeter, die den Bratspiessschnabel trägt? Hoffegut. Was thut's? wie ein E i wird erst sie der Hülse frei gemacht, Und dann dies kleine, süsse Wesen abgeküsst! Kukuk. So kommt denn herein!
Rathefreuud. Zur guten Stunde mag es sein!
( K u k u k , Rathefreund, Hoffegut ab in den Busch.) v. 6 8 2 . S i e h a t die F l ö t e m i t G u r t e n u m den M u n d g e l e g t , die e r wie E i e r s c h a l e n a b h ü l s e n wird.
v. 685—700.
59
Die Vögel
PARABASE. Chorgesang'.
Lieblichc du, helle, Liebste von alleil mir, Waldes Sängerin Nachtigall, Waldeinsamse Gespielin! Kamst du, kamst du, lässt dich sehn? Bringest süssen Gesang mir mit? Auf, du flötende Meisterin, Friililingsgriissenden Tones froh Führe die Festanapästcn! ( d i e Flotenuaclitigall spielt ein P r ä l u d i u m . )
Chorführer. (zu d e n Z u s c h a u e r u . )
O Mensehen ihr rings, Nachtwandler am Tag, Ilerbstlaub in dem Walde des Lebens, Ihr, Staubes Gebild, ohnmächtiges Müh'n, rulllos traumgleiches Vergebens, Ihr Eintagsfliegen, zum Fliegen zu schwach, ihr zum lebenden Sterben Erles'nen, Hört, hört jetzt uns, die Unsterblichen, an, die ewiglich seiend gewes'nen, Die ätherischen, nimmer ergreisenden, euch Unvergängliches sinnend zum Wohle, Dass von Allem belehrt, was da wallet und hallt meteorisch von Pole zu Pole, Von der Vögel Natur, von der Götter Geburt , vom Styx und vom höllischen Ofen, v. 694. Die grosse Dogmatik der Vogelreligion, knüpft an vielerlei Homerische, Hesiodische, Örph isehe Keminiscenzen an. „ H o m e r singt II. VI 146: Gleich wie Blätter im Walde, so sind die Geschlechter der Menschen. Blätter verweht zu der Erde der W i n d , dann andere wieder Treibet der knospende W a l d , wenn neu auflebet der F r ü h l i n g ; So der Menschen Gcschlecht, dies wächst und jenes verschwindet" Voss, v. 700. Dieser und der folgende Vers heissen wörtlicher'bei Voss: Und der Vögel .Natur und -der Götter Geburt und der Ström' und der Holl' und des Chaos Eecht gründlich erkennt und den Prodikos dann meinthalb hinwünscht, wo Geheul ist P r o d i k o s war in der That ein moderner Naturphilosoph und damaliger Zeit in Athen Mode; alle jene Fragen über den Ursprung der Dinge wurden vielfach von Dichtern und Philosophen ventilirt.
60
Die Vögel.
y. 701—718.
A b f ü h r e n ihr leicht ad absurdum könnt die modernen Naturphilosophen! Denn Chaos und Nacht und E r e b o s war anfangs und des T a r t a r o s Oede, Nicht Himmel, noch E r d e , noch L u f t war d a ; doch in E r e b o s todtcni Geklüfte, Da g e b a r jetzt windesbefruchtet die N a c h t , die schattenbeschwingte, das Urei, Aus dem in der Monde vollendetem Kreis die verlangende Liebe zur W e l t kam, Ihr Kücken mit goldenen Flügeln geschmückt, sie selbst wie die W i r b e l der W i n d s b r a u t ; Sie nun dem geflügelten Chaos gepaart, ausbrütete sie in dem Selioossc Des umschatteten T a r t a r o s unser Geschlecht, und liess es zum ersten das Licht seli'n. Und es ward da d e r Götter Geschlecht nicht ch'r, bis Alles in Liebe sieh mischte; Denn indem sich j e Andres mit Andrem v e r b a n d , ward W a s s e r und Himmel und E r d e So sind wir erwiesener Massen Von den ältesten W e s e n die urältesten. — Dass wir Vögel Kinder
Und der seligen Götter unsterbliche Schaar.
der Liebe, Ist leicht zu erscli'n; denn wir schwärmen ja stets, sind der stete Gedanke Verliebter; Manch Bürsclichcn, das uns abschwor vor der Welt, h a t noch in der Neige der J u g e n d Mit 'nein Vögelchen h i e r , mit 'nem Vögelchen da sein F r e u n d
sich
b e k e h r t und bestochen, Der ein Meiscclien ihm, Zaunschlüpfcrchen ihm, Rothkehlchen-Liebseelchen ihm brachte. Dann f e r n e r entsteht vom Gevögel allein euch Sterblichen jegliches Grösste; So verkündigen wir j a den Wechsel des J a h r s , F r ü h j a h r , F r u c h t z e i t e n und W i n t e r . v. 709. „Im Anfange, wie Philosophen lehren, waren die Urstott'e und Samen der Dinge in blinder Unordnung gemischt, bis Eros den iniiern ¡Streit und Zwiespalt derselben in Liebe und Harmonie löste." Voss. Das isf unter Anderen die Ansieht des Anaxogoras, die Euripides in der Melanippe und sonst populär machte. v. 713. Es war üblich, dass der Liebhaber seinem Knaben allerlei, besonders hübsche Vögel schenkte, um ihn zu gewinnen Erwuchs der Knabe zum Jüngling, so war die Zeit dieser Liebe für ihn vorUber, und er wandte sich zu anderen Neigungen; schönere, reichere Geschenke mochten ihn dann noch einmal verlocken.
v. 719—731
61
Die Vögel
W i r h e i s s e u das F e l d , w e n n d e r K r a n i c h e S c h w ä r m g e n L i b y a w a n d e r t , bestellen, Und
den Seemann
s e i n Schiffssteu'r
in
den Hauch
aufhangen
und
s c h l a f e n am H e e r d e , U n d ein K l e i d d e m Orest sicli w e h e n , damit nicht M ä n t e l er s t e h l e n vor F r o s t muss. W e n n d e r W e i h d a n n w i e d e r im W a l d e sich z e i g t , so v e r k ü n d e t
er:
L e n z ist e r s c h i e n e n ! U n d die F r ü l i l i n g s s c h u r
für d i e S c h a a f e b e g i n n t ; d a n n k o m m e t d i e zwitschernde
Schwalbe,
W e n n der B a u e r d e n S c h a a f p e l z h ä n g t in d e n S c h r e i n , und d e n l i n n e n e n R o c k sich h e r v o r s u c h t . Wir
s i n d a u c h D e l p h i und A m n i o n Z e u s und D o d o n a und P h o i b o s Apollo;
D e n n zuerst s t e t s fragt ihr die V ö g e l um R a t h , und n e h m e t
sodann
das G e s c h ä f t vor, Mag's Kauf und V e r k a u f , mag's t ä g l i c h G e w e i h', mag's H o c h z e i t o d e r Process sein; J a V o g e l b e n e n n t ihr j e g l i c h e s D i n g , das o r a k e l g e m ä s s p r o p h e z e i h e t ; So
nennt
ihr V o g e l das g ü n s t i g e Wort, und V o g e l das s t f l ü t t e r n d e Niesen
U n d V o g e l d e n R u f und V o g e l d e n Puff und V o g e l d e n K i k e l
lind
Kakel. N i c h t w a h r ? ihr b e g r e i f t , w i r , w i r s i n d e u c h d e r wahre O r a k e l a p o l l o !
v. 719. „Die Kraniche, welche im Herbst vom nordischen Strymon her durch Griechenland nach dem wärmeren Libyen ziehen, verkündigten den Griechen die herbstliche Saatzeit, und ihr Gekrächze rief den liegen herbei. Hesiod sagt: Zum Saatpflügen ermahnt dich der liuf, und regnigten Winter Meldet er an." Voss, v. 721. Der Manteldieb, Orestes, der auch sonst von Aristophanes durchgenommen wird, scheint von guter Familie; sein Vater ist Timokrates, sein Bruder Aristoteles, um 426 Strateg und später unter den Dreissig-Männern. v. 725. Der Grieche bezeichnet jede Art Omen und Vorbedeutung mit dem metaphorischen Ausdruck Vogel, da der Vogelflug ein Haupttheil der Vorschau ist. v. 729. Im Griechischen ist ein genauer Kanon der Vogel- d. i. Omenarten; nämlich das g ü n s t i g e W o r t hiess es, wenn zu dem, was man gerade beginnt, ein Glück verkündendes, oder im umgekehrten F a l l ein fluchendes W o r t zufällig gesprochen wird; das N i e s e n galt für ein gutes Vorzeichen; der K u f ist ein plötzlich erschallender Laut, z. Ii. auf einsamen Wegen; der P u f f ist ungenau, es sollte heissen die Begegnung: wenn einem, wie wir sagen, ein Ilase über den Weg läuft und ähnliches. Nun folgt im Griechischen; „Vogel der Diener, Vogel der Esel," nämlich der Diener, der mit gutem oder bösem Namen uns entgegenkommt; zu dem Esel aber gehört eine lange Geschichte; denn als ein ermatteter Esel hinsank und geprügelt wurde und einer sagte: s i e h , E s e l b e r s t e t a u f , so verstanden die Freunde des Kranken in der Nähe das gute Omen: s i e h e , s e l b e r s t e h t a u f .
62
Die Vögel.
v. 7:12-760.
W e n n i h r uns d e m n a c h als G ö t t e r v e r e h r t , So wird euch O r a k e l so viel i h r b e g e h r t , U n d F r e u d e d e r Lieb' ohn' G e f ä h r d ' und B e s e h w e r d ' Und S o m m e r und W i n t e r g e w ä h r t wie b e s c h e e r t . N i c h t gehn wir davon u n d s e t z e n u n s breit H i n h i n t e r die W o l k e n in F ü r n e h n i h e i t , W i e Zeus, wenn es s c h n e i t ; Nein, stets nah', stets t r e u w e r d e n wir sein Euch, eueren Kindern und Kindskindlein, E u c h i m m e r e r f r e u ' n mit Glück u n d Gedeih'n, Mit F r i e d e n u n d J u g e n d u n d K u c h e n u n d Wein, Und F e s t e n u n d T ä n z e n u n d Spassvögelei'n, J a es soll vor G e n i e s s e n , G e d e i h e n , E r f r e u ' n , N i c h t zum A u s h a l t e n sein — So wissen wir euch zu b e g l ü c k e n ! Chor. Muse des W a l d e s , Tio, tio, tio, tio, t r i ! S a n g e s r e i c h e , mit d e r ich T a g e s In wiesigen G r ü n d e n , in waldigen Gipfeln, Tio, tio, tio, tio, t r i ! W i e g e n d mich hoch in g e b r e i t e t e r B u c h e G e l a u b Tio, tio, tio, tio, t r i ! Aus s c h m e t t e r n d e r B r u s t , w e i t h a l l e n d e n Schlages, J a u c h z e des P a n e s die heiligen W e i s e n , J u b l e d e r s c h w ä r m e n d e n M u t t e r des W a l d e s , Totorototototototri! Von w a n n e n gleich d e r B i e n e P h r y n i c h o s l a u s c h e n d e n Ohrs die a m b r o s i s c h e A e r n d t e sich m e i n e s Gesangs H e i m t r u g , die süssen L i e d e r . v. 755. P a n , der Hlvte, ist der Dämon der Mittagsstille; Aischylos nennt ihn in den Persern den reigenliebenden, und in einem angeblich Platonischen Epigramm heisst es:
Pan, wenn er selber die Syrinx bläs't in der Stille des Mittags, Riemengeschlossen das Rohr feucht an die Lippe sich legt, Und um ihn her zu den Liedern behend mit schimmerndem Fasse Tanzen Dryaden des Hains. Hamadryaden, den Chor, v. 75G, Die Mutter des Waldes d. i. Kybele; sie hielt in den Bergen ihren Reigen, ihrem Gefolge schwärmt P a n , der deshalb bei Pindar „der grossen Mutter Gefährte" heisst. v. 759. Mit plötzlicher Wendung bezeichnet der Dichter den Komiker, der zugleich mit den Vögeln seinen Monotropos aufführte, als eineu Plagiarius, der aus seinen Komödien die besten Sachen abschreibt.
v. 7C1 —790.
Die Vogel.
63
Chorführer. izu den Zuschauern.)
W e n n von euch Zuschauern jemand nun mit uns, den Vögelein, Schöne Tage leben möchte, wohl, der komm' zu uns herein; D e n n was u n t e r euch wie Frevel das Gesetz bestrafen soll, Alles das ist u n t e r uns hier schön und gut und ehrenvoll. W e n n bei euch den Vater schlagen Strafe nachzieht olm' Erlass, Ist bei uns es gang und gäbe, dass der Vater olm' viel Spass Angerannt wird, angeranzt wird: „heb' den Sporn auf, willst du was!" T r ä g t von euch j e m a n d ein Brandmal, der als S d a v ' R e i s s a u s genommen, Heisst man ihn als buutgefleckten E d e l f a l k e n liier willkommen. F e r n e r ist jemand ein Phryger, acht, wie Spintharos von Blut, Wird er hier zur Frühlingsscbwalbe von Phileinon's holder Brut. Ist da wer ein Sdav 1 , ein Karier, wie der Exekestides, Gleich sind A h n e n und Agnaten hier ihm E n t e n — anates! W e n n den V e r b a n n t e n eure Stadt sich Peisias' Solin zu verrathen müht, Soll er H e n n e Kratzefuss sein, seines Vaters ac ht Gebrüt, Da bei uns im Ausgekratz-sein Niemand etwas Arges sieht! Chor. Also die Schwäne Tio, tio ; tio, tio, tri! Chorvereinten Sangs dem Apollon Zujauchzend, umrauscht vom gebreiteten Flügel, Tio, tio, tio, tio, t r i ! Reihengeschaart an des Hebros Gestaden hinab; Tio, tio, tio, tio, t r i ! Und es schallte das Lied in die W o l k e n e m p o r ; Hirsche, sie standen zu lauschen im Kreise, W o l k e , sie senkte sich windesstill und leise, Totorototototototri! D e r Olympos hallte wieder; Staunen ergriff da die Götter, die himmlischen Grazien sangen zum Chor, Die Musen mit der Schwäne! v. 767. Viele, die eigentlich Sclaven mit dem Brandzelohen waren, gingeil, ihren rechtmässigen Herren entrannt, nach Athen und wurden dort vornehme Herren. v. 7G9 Viele Knechte in Athen waren Phryger. Spintharos und Philemoii sind uns sonst unbekannt; gewiss waren sie Leute von einiger Bedeutung, da sie Aristophanes hier als gewesene Selaven verdächtigt. v. 77'2 Um als ächter Bürger zu gelten, musste man seine Herkunft von acht athenischen Aeltern, seine Ahnen, seine Verwandtschaft mit der und der P h r a t r i e (Agnaten) nachweisen. v. 7 74. Peisias entweder selbst oder sein Vater, sagt der Scholiast, war unter den Hermokopiden. Wahrscheinlich haben die gelehrten Scholiasten den schlechten Musiker Meies, des Peisias Sohn, mit Meietos, dem Hermokopiden, verwechselt.
64
Die Vögel.
v. 791 — 8 0 6 .
Chorführer. ('/,» den Zuschauern.)
Nichts ist besser, nichts ist süsser, als wie wir beflügelt sein; Wenn von euch Zuschauern E i n e r führte sein P a a r Flügelein, Könnt' er gleich, wenn Hunger ihn am tragischen Chor sicli ärgern liess, Eiligen Fluges heimgeflogen nehmen seinen Früliimbiss, Und gesättigt wieder zu uns herkommen sonder Hinderniss. Wenn ,.ein J u n k e r einen Hintern h a t " und fühlt's zum eignen Schreck, Nun, so wird er's nicht in die Hosen schwitzen, nein er flog hinweg, Kam' wie neugeboren wieder, setzte sich auf seinen Fleck. Wenn „ein Andrer eines A n d r e n " schöne F r a u zu schön geseh'n, Und er sähe deren E h e h e r r n da zu den Rathsherrnbänken geli'n, Wohl, so flog' auch der von hinnen, kam' und süh' und siegte süss, Und in Kurzem säss' er wieder auf dem Platz, den er verliess. J a , geflügelt so zu werden lieiss' ich aller E h r e n werth; Denn Diitrephes, mit Flechtkorbflügeln anfangs nur bewehrt, Ward Phylarche, ward Hipparche, ward aus einem Nichts zuletzt Gar ein Habicht, gar ein Schnapphahn, ist ein Vogel Greif anjetzt! v. 792. Die S c h a u s p i e l e Hilgen um M o r g e n friili a n u n d w ä h r t e n den T a g h i n durch ; die Z u s e h a u e r sassen u n t e r f r e i e m H i m m e l . v. 790. Den schönen Goethisehen V e r s e n zu Liebe, auf welche sich die U e b e r setzung b e z i e h t , ist ein J u n k e r s t a t t des P a t r o k l e i d e s des G r i e c h i s c h e n gesetzt wurden. Dieser P a t r o k l e i d e s K ä c k e r l i n g , wie m a n ihn n a n n t e , that sieh s p ä t e r als S t a a t s m a n n hervor. v. 804. D i i t r e p h e s w a r e i n e r von den R e i c h g e w o r d e n e n , u n d die K o m ö d i e verdächtigte i h n vielfach als E i n d r i n g l i n g . E r h a t t e m i t s e i n e n Korbflasehen viel v e r d i e n t ; er wurde erst B e f e h l s h a b e r e i n e r P h y l e R e i t e r e i , d a n n der g e s a m n i t e n Reiterei, u n d a'girte als solcher noch 4 1 3 . Tliueyil. V I I . 29.
v. 807 — 820.
(55
Die Vögel.
Z W E I T E R ACT. ( l t a t h e f r e u n d . i l o f f e g u t (beide als Vögel decorirt, treten aus dem Busch.)
Rathefreuud. Das war denn das! Reim Himmel, ich liab' mein Lebelang Nichts Lächerlicheres noch gesehn! Hoffegut. W a s lachst du d e n n ? Rathefreuud. 0 dein geschwind gewachsener Doppel-Flederwisch! W e m glaubst du in deiner Fittigung wohl gleich zu sehn? Dem schlechtesten Klüter, vom schlechtesten Maler hingepfuscht! Hoffegut. Und du 'nem Stüsser, der sich abgehäutet hat! Rathefreuud. Das haben wir uns ervogelt, F r e u n d , wie Aischylos sagt, „ D u r c h fremde Kraft nicht, durch der eignen F e d e r n K r a f t ! " Chorführer. W a s müssen wir jetzt tliun? Ratliefreund. E r s t e n s geben wir u n s r e r Stadt 'nen N a m e n hochberühmt und gross; dann opfern wir Den u n s t e r b l i c h e n Göttern. Hoffegut. M e i n e r Ansicht bist du ganz! Chorführer. Sag' an, wie soll der Name d e r neuen Stadt denn sein? Hoffegnt. W o l l t ihr den hochberühmten L a k e d a i m o n i s c h e n ? Soll S p a r t a sein i h r N a m e ?
v 813. In Aischylos' Myrmidonen sagt Achilles vordem Leichnam des Patroklus: Ein Libysch Märchen wird erzählt von einem Aar: Der Aar, zum Tod getroffen mit des Bogens Pfeil, Sah lang des schnellen Pfeils Gefieder an und sprach: Nicht fremde K r a f t war's, meiner eignen Federn Schwung, Die mich erreicht hat. Aristoplianes W e r k e .
II. 2. Auti.
5
66
Die Vögel.
v. 821 - 334.
Rathefreiuid. D a s s sich Gott e r b a r m ! D i e n e u e Stadt, ich sollte sie „ S p a r ' t d a " n e n n e n ? nein, S o l a n g ' ich i r g e n d n o c h ' n e n B i s s e n zu b e i s s e n h a b ' ! Hoffegut. W o soll d e n n a l s o d e r N a m e h e r s e i n ? Chorführer. N u n , e r sei A u s holien W o l k e n und
Meteoreswandelbahn,
So ein Rest d e r U r w e l t . Rathefreiuid. Etwa —
Wolkenkukelheim?
Chorführer. Juchhe, juchhe! W i e schön, wie s i n n r e i c h hast du d e n N a m e n
ausgedacht!
Hoffegiit. Ist e t w a d a s d a s s e l b e
Wolkenkukelheim,
W o T h e a g e n e s seine meisten l ü g e n d e n G r ü n d e hat, U n d Aisehines die seinigen alle? Rathefreiuid. Wahrscheinlich
auch
Sind dort die P h l e g r a f e l d e r , wo die G ö t t e r einst Die Giganten grossprahlhanserisch
niederschmetterten.
Hoffegnt. E i n s c h ö n e r B i s s e n d i e s e S t a d t ! W e r soll d e n n i h r S c h u t z g o t t sich n e n n e n ? wem d e r P e p l o s zu w e i h e n s e i n ? v. 821. Wörtlich und sehr gewandt übersetzt Voss: Etwas von Spart anbinden sollt' ich meiner Stadt ? Xicht meiner Bettstatt, wenn's noch anders Gurten giebt. E r fügt hinzu: „der Boden der Bettstellen bestand aus geflochtenen Spartseilen; diese aber will der K u k u k nicht mehr, weil sie an Sparta erinnern." v. 829. T h e a g e n e s ist ein vornehmer Athener, der W u n d e r wie viel zu besitzen scheinen wollte; er war einer von denen, die den Frieden von 421 beschworen, also auch wohl unterhandelten, obschon bei demselben vor Allem eine „Theagenesschweinerei" zu fürchtcn war, s Frieden v. 907. v. 830. A i s e h i n e s ist nicht des Lysanias Sohn, der bekannte Sokratiker, sondern der Grosssprecher, der Q u a l m , wie sie ihn nennen', (Wespen v. 341) des Sellos Sohn v. 831. Man suchte jener Zeit vielfach die Mythen rationell zu erklären, die mythische Geographie auf der wirklichen Erdoberfläche zu orientiren. Das Phlegrafeld d. i. Brandfeld, wo in der Gigantomachie Zeus mit den übrigen Göttern die himmelstürmenden Riesen niederschmetterte, wurde überall auf der W e l t , bald im Osten, bald im Westen gesucht, nirgend gefunden. Aristophanes meint, die ganze Geschichte ist eine Grosssprecherei zu E h r e n der Olympier. y. 834. In Athen war Athene Schutzgottheit; ihr zu E h r e n wurde in jedem dritten Olympiadenjahr (also auch fünf Monate nach der Aufführung der Vögel) ein Festteppieh, der Peplos, gewebt und auf die Burg gebracht; es war das die herrlichste und schönste Feier Athens.
v. 8 3 5 — 8 5 4 .
Die Vögel.
67
Ratliefreuud. Ich denke, wir lassen Atlienaia in ihrem Dienst. Hoffegut. Wie kann denn eine Stadt bestehn in Zucht und Ehr', Wo eine Göttin so, ein Weib, mit Speer und W e h r Dasteht, indesseil Kleisthenes die Kunkel t r ä g t ! Ratliefreuud. W e r wird die W a c h e haben auf der Pelargischen Burg? Chorführer. Von uns, den Vögeln, einer, nämlich der Persische Hahn, Der überall der allertüchtigste wird genannt Und Ares Küchlein! Hoffegut. 0 du Küchlein, H e r r e m e i n ! Der (¿ott versteht's, „auf eitel hohen Spitzen zu gelm!' ; Ratliefreuud. (zu Hoffegut.j
Nun fort, und steige schnell in die obere Luft hinauf, H a n d l a n g e r e fleissig unsern M a u r e r n ab und auf, Trag' Ziegeln an, hemdsärmlig lösch' den Kalk dann ab, Die Mulde bring' hinauf, die Leiter fall' h e r a b ; Die W a c h e n dann stell' auf, die F e u e r decke zu, Lauf' mit dem Wachtglöcklein und halte Mittagsruh', Send' einen Herold ab zu den Göttern oberwärts, Send' einen auch hinab zu den Menschen unterwärts, Von da hielier an mich — Hoffegut. Und du hier, liebes Herz, Lass dich inzwischen h ä n g e n ! Ratliefreuud. Geh' wohin du m u s s t ; D e n n ohne dich lässt nichts von alle dem sich tliun. v. 838. D i e Verse sind aus Euripides Meleager. K l e i s t h e n e s , der Sohn des Sibyrtios, wird sehr häufig von der Komödie wegen seiner weibisch weichlichen W e i s e durchgezogen. v 839. Der Haupttheil der Burgbefestigung von A t h e n , deren W a c h e sich in dem südlichen F l ü g e l des Propyläengebäudes befand, hiess die Pelargische F e s t e ; Aristophanes machte mit unübersetzbarem Wortspiel daraus die Storchfeste. v. 840. Der H a h n ist gerade so ein trefflicher W ä c h t e r , wie zu Athen es die s i n d , denen die Bewachung der Burg und des Schatzes oben anvertraut wird; denn als Ares seine Schäferstunde mit Aphrodite hielt, stellte er den H a h n zum Wächter, selbiger aber schlief ein und die Liebenden wurden vom Hephaistos überraschl. v. 849. E i n Aufpasser g i n g umher, um zu s e h e n , ob auch keine W a c h e schliefe; er g i n g mit einem Glöcklein, damit sie auch ja wachten, wenn er käme.
68
Die Vögel.
v. 8 5 5 — 8 7 C
Ich aber, den neuen Göttern gleich zu opfern, will Den P r i e s t e r rufen, der die Procession mir führt. (/.u e i n e m T h e a t e r d i e n e r . )
Du, J u n g e , nimm' die W a s s e r k r u k e , nimm den Korb! (alle ab.)
Cliorgcsang. (Strophe.)
Ich bin dabei, stimme bei, Wünsch' und will, dass so es sei; Im küstlichen, festlichen Marschpomp Will ich den Göttern aufziehn, Will zum G e s c h e n k e , zum D a n k e zugleich auch Opfern einen Hammel. Voran, voran, voran, du Pythisch Flötenspiel! Mitblase C'hairis sein Gedudel! (Kin liabu F l ö t e n b l ä s e r spielt eine Litanei.)
( H a t Ii e f r e u i l (i k o m m t z u r ü c k m i t e i n e m P r i e s t e r . )
Ratliefi-eunchl(j|i|'l..
So s p u t e dich doch cndlich! Chor. U n d wie wird es sich lohnen In d e r Stadt hie zu wohnen, Bei d e r L i e b e , d e r W e i s h e i t , den G r a z i e n hold, Bei d e r R u h e , d e r milden, d e r l ä c h e l n d e n R u h ' Stets s o n n e n h e l l e n Blickes! Rathefreimd. (zu Manes.)
W i e schlingelhal't b e d i e n s t du uns, 's ist Zeit, dass du dich r e g e s t ! Chor. 0 g e s c h w i n d e d e n K o r b mit den F e d e r n mir h e r ! Geh' hilf ihm auf die W e g e , V e r r e i c h ihm einige S c h l ä g e ; D e n n e r s c h l e p p t sieh so f a u l wie ein E s e l d a h e r Kathefreiuid. J a M a n e s ist ein F a u l p e l z ! Chor. U n d du leg' das Gefieder D i r in R e i h e n u n d G l i e d e r , H i e r die m a r i n e n , da die t e r r i n e n . H i e r die S i n g f e d e r n , da die S p r i n g f e d e r n , D a s s du j e d e n k a n n s t iS'ach s e i n e r A r t b e f i e d e r n !
92
Die Vögel.
v 1332
-1353.
Rathefreund. Bei allen Geiern, länger seh' ich es nicht mit an, W i e der Mensch sich lierfaulenzert und weiter murmelthiert! (prügelt ibn etwas.)
(Ein ungeralhenei" Sülm knnnnl rlalicr gesclilonrtert.'j Schlechter Sohn. 0 war' ich ein hochhinschweifender Aar, Um des u n f r u c h t b a r Biaurauschenden M e e r e s Wogewiegen Zu überfliegen! Rathefreund. Kein Lügenbote scheinet unser Bote, seht! Schon kommt da e i n e r , der von Aar und Fliegen singt! Sohn. Alle W e t t e r ! Nichts Süssres kann es geben als 'neu gesunden F l u g ! Mich a b e r verlangt es nach den Vogelsatzungen; Mich vöglert's, und ich schwärme schon, und sehne mich, Mit euch zu wohnen, sehne nach Yogelsatzung mich! Rathefreund. Nach welcher AtzungV Manche Yogelsatzung giebt's! Solm. Nach allen, besonders, dass es f ü r schön bei den Vögeln gilt, W e n n einer den eignen Vater schlägt und kratzt und würgt. Rathefreund. In der Tliat, es gilt hier meistens f ü r Mannhaftigkeit, W e n n den eigenen Vater also gleich das J u n g e schlägt. Sohn. D'rum bin ich hergekommen als A u s w a n d e r e r Den Vater zu würgen und zu erben sein Gehöft. Rathefreund. Doch haben wir auch ein alt Gesetz, wir Vögelvolk, Aus g r a u e r Vorzeit, das im Storchenspiegel stellt:
v. 1 3 5 3 . D i e s e n codex c i c o n i a n u s b e z e i c h n e t d a s G r i e c h i s c h e m i t n i c h t ¡ijtcrthümlichem Ausdruck,
minder
Die Vögel.
v. 1854 — 1372.
93
„ N a c h d e m d e r V a t e r A d e b a r die Störchlinge, „Bis dass sie flügge u n d
flugeskundig,
e r n ä h r e t hat,
„So sollen die J u n g e n w i e d e r d e n V a t e r t r e u e r n ä h r ' n . " Solln. E i n schön V e r g n ü g e n , m e i n e r T r e u , wenn k ü n f t i g ich
Nacli e u r e m S t o r c h r e e h t g a r d e n V a t e r noch soll e r n ä h r ' n . Rathefreunri.
Das mein' icli n i c h t ; u n d weil du zu uns w o h l m e i n e n d k a m s t , So will ich dich gleich als Vogel W a i s e befittigen. Docli jetzt, o J ü n g l i n g , lass dir eins g e r a t h e n sein, W a s ich s e l b e r b e t e n musste, d a ich ein K n a b e w a r : „ D u sollst dein'n V a t e r und M u t t e r e h r e n , auf dass es dir W o h l g e h ' aut E r d e n ! " ( e r g i e b t i h m .Schild, S c h w o r t u n d H e l m . )
D a nimm d e n F l ü g e l , d e n I l a h n e n s p o r n Und diesen H e l m b u s c h ; d e n k ' es sei ein H a h n e n k a m m ; N u n sei Soldat u n d hab' an d e i n e r L ö h n u n g g'nug, L a s s d e i n e n V a t e r l e b e n ; u n d v e r l a n g s t du doch N a c h Streit u n d Blut, so geh' n a c h T h r a k i e n , k ä m p f e d o r t ! Solln. J a , beim Dionysos, w a h r zu s p r e c h e n scheinst du m i r !
Ich will d i r f o l g e n ! ItiilliefreuiHl.
Walirlich, du thust g e s c h e u t d a r a n ! ( d e r S o h n d u r c h d i e L u f t .ib.)
(der Poet Kinesias kommt hureinphantasirt.)
Kinesiiis.
H a ! zu des Olymps H i m m e l n h i n a n F l i e g ' ich mit leichtem Fittig, v. 1354. Dasselbe erzählt von den Schwänen Euripides, von den Kaubvögeln Sophokles. Elektra v. 1054 : (Solger) Warum, in Lufthöh'u der verständ'gen Vögel Art Immer beschauend doch, Wie treu jenen sie Speis' erwerben, Von denen sie stammen und Pfleg' empfingen, Zu befolgen verschmähn wir dies, v. 1360. In manchen Gegenden heisst der Strandläufer (tringa) Weisevogel. „In einen Waisenvogel verwandelt, scherzt Ilathefreund, wird er vaterlos und mithin der Vaterpflege überhoben sein." Voss. v. 13G8. In Thrakien lag der Athenische Feldherr Euetion fast schon ein Jahr vor Amphipolis; es scheint dort Mangel an Tmppen gewesen zu sein, da alle Kraft auf Sicilien gewendet war. v. 1371. Dieser Kinesias ist der Athener, des Kitharüden Meletes Sohn, nicht der Thebaner, des Euagoras Sohn. Er ist zugleich Staatsmann und Poet, in beider
94
Die Vögel.
v. 1373 — 1391.
Ich in a n d r e r und a n d r e r Bahn K ü h n e n Gesanges süss und sittig! Rathefreuiid. D e r E d l e braucht, ein B r a u t b e t t F e d e r n zu seinem Flug! Kinesias. U n e r s c h r o c k e n an Leib und Seele vordringend, Mit neu und neuem Lied mich emporschwingend! Rathefreuiid. Sei uns willkommen L i n d e n d u f t lvinesias! W i e mag in diese Nebel schwebein dein Säbelbein'? Kinesias. Ich will hier eine Nachtigall. Philomele süss hier werden! Ratliefreuiid. Hör' auf zu singen! sag' vernünftig, was du willst! Kinesias. Von dir beflügelt will ich nieteorengleich Im Aether schwebend haschen im Wolkenocoan Nach wirbelwindigen, schneebeschwingten L i e d e r c h e n ! Kathefre und. So kann man Liederchen hier in den Wolken g r e i f e n ? Kinesias. Ja! H i e r hängt in Wahrheit, unsre gesaninite M u s e n k u n s t ; Denn die rechten Drucker in Dithyrambos giebt ja so Ein luft- und duftig Dunkel, F u n k e l s t e r n e n n a c h t , Gesanges-Fittig etc; F r e u n d , du weisst es selbst! Rathefreuiid. Ich weiss von nichts! Hinsicht gleich excentrisch, anmasslich und vornehmthuerisrh; in einer Klagerede des J.ysias gegen ihn wegen ungesetzlichen Gesetzesvorschlages heisst e s , er sei alljährlich der Komödie Gespött; und in der That sind über ihn unzählige gute und schlechte Witze gemacht worden. E r war der Dithyrambiker der damaligen Mode, Verderber der Musik, wie Pherekrates in den „Chironen" bezeugt, schwülstig, gorgiastiscli; „er ras't so vernünftig toll." Seine äussere Erscheinung muss lächerlich genug gewesen sein: er war von Natur f e t t , die Komödie s a g t , er trägt hinten und vorn ein Lindenbrct, damit er nicht platzt; er hatte Säbelbcine, was hier gewiss des Gründlichsten dargestellt war. v. 1385. Eigentlich „Liodcrcingaiigcn,'' auf die man sich damals besonders viel übte und zu Gute that. l)ic Ucborsetzung wählte statt dessen Liederchen; sie hätte vielleicht „Uebcrsohriften" sagen sollen, in denen wir heut vielfach den poetischen Inhalt ganzer Gedichte absorbirt sehen. v. 1388. Dies Recept der Dithyramben ist die schlagendste Charakterisirung j e n e r , der Form nach vollendeten, dem Inhalt nach erschöpften L y r i k , von der ein Tragiker jener Zeit gesagt hat, man sähe die Poesi^i vor lauter Adjeetiven nicht.
V.
1392
141-2.
Die Vogel
95
Kinesias. ^ w ä h r e n d Katliefreunil ihn ausputzt.)
Beim Himmel, du weisst es, H e r z e n s f r e u n d ! Das ganze Luftreich geh' ich mit wenigen W o r t e n d u r c h : Idole der schwärmenden, Aetlier durchlärmenden, H a l s a u s r e c k e n d e n Vögel — Ratliefrcuiiri.
Prrr! Kinesias. ^init s t e i g e n d e r E m p h a s e . )
B e r ü h r e n d kaum des Meersaums Schaumes Raum, Möcht' ich wallen mit Windes W e h e n ! Ratlie freund.
Beim hohen Zeus, untenveg's lass deines W i n d e s W e h ' n ! Kinesias.
Bald südlicher Bahn mit den Blicken gewandt, Bald Willen und Wunsch gen des K o r d p o l s Rand, Portlos ätherische F u r c h e n pflügend! l e r b e t r a c h t e t sich s e l b e r . )
Wie gar zu lustig, Alter, du das ersonnen hast! Ratliefreund. [ d i e Ka r b . t t s c h e s c h w i n g e n d , i
Nicht wahr, du freust dich, wenn du den Kittig mich schwingen siehst! Kiuesias.
Das mir, dem berühmten Dithyrambenmeister, mir? Um welchen sich die Stämme reissen jedes J a h r ? Ratliefreuiid.
Du willst hie wohl ansässig werden und einstudir'n F ü r Leotrophides einen k r ä h e n d e n Vögelchor Vom KikerikistammV Kinesias.
Sichtlich ist's, du höhnest mein! „Dennoch j e d o c h " ich ruhe eli'r nicht, glaube mir's, Bis ich tlugeskundig durch die Lüfte schwärmen kann.
T. 1406. „Zur Aufführung der Dithyramben gaben die Choragen die Kosten her (Acharner v. 1150); Dithyrambenmeister ist der von dem Choragen angestellte E i n über des mit Tanz begleiteten Dithyrambengesanges. Jeder der zehn Stämme Athens hielt dem Scholiasten zufolge einen solchen Dithyrambenmeister, und Kinesias macht Anspruch, von ihnen der erste zu sein." Voss. v. 1409. L e o t h r o p h i d e s war ein schlechter P o e t von der Kekropischen P h y l e , woraus das Griechische die Kerkopische, d i. Suhwänzler-Phyle m a c h t ; der wahre Zusammenhang dieser Anspielungen scheint für uns unerkennbar zu sein
9(5
Die Vögel.
v. 1413 — 1424.
(Kill Sykophant kommt herein. hlasirt umlier schnüffelnd, ¡11 ruppiger buntgetiickler Kleiiiung.) Syko]»lmnt. W e r d e n n sind da die b u n t f l ü g l i c h e n V ö g e l H a b e n i c h t s ? Du
flügelspreizende
bunte Schwalbe!
Ratliefreund. K e i n k l e i n e s U n g l ü c k , das da u n s e r s t a n d e n i s t ! E i n Z w i t s c h e r e r O h r e n b l ä s e r k o m m t u n s auf d e n H a l s ! Sykophant. Du
flügelspreizender
bunter Lump noch einmal!
Ratliefreund. E r singt, so scheint's, von s e i n e m M a n t e l ein L u m p e n l i e d ! Ich g l a u b e , m e h r als e i n e S c h w a l b e war' ilnn gut. (mit Ohrfeigengestu*.) Sykophant. W e r ist d e r Mann, d e r die F r e m d e n hier mit F e d e r n v e r s o r g t ? Ratliefreund. Ich bin d e r M a n n ; d o c h s a g e mir, L i e b e r , was dir b e l i e b t ? Sykophant. N u r F e d e r n , F e d e r n ! f r a g e nicht zum a n d e r n M a l ! Ratliefreund. D u w i l l s t wohl n a c h P e l l e n e fliegen g e r a d e s W e g ' s ? Sykophant. Zum T e u f e l , H e r r ! ich bin Sykophant. und I n s e l a g e n t
—
v. 1413. Der Sykophant kommt mit Versen des Alkaios herein: W e r denn sind da die Vögel umher? Kamen vom Weltstrom des Okeanos Penelopen daher, bunt an dem Hals, schwebend auf Fittigenr Der Sykophant sieht prüfend und verdächtig diese ruppigen Vögel des Chors an, die ihm, da sie nichts haben, keine Ausbeute versprechen; dass er Ratliefreund, der oben einem Stösser gleich genannt wird, Schwalbe anredet, liegt in der Armseligkeit des Costümes, das nicht auf Täuschung- berechnet ist. v. 1418. Wörtlicher: „ein Skolion auf seinen Mantel;" denn dessen Lumpen flattern breit auseinander, und dazu sieht er von Flicken bunt aus. v. 1419. Das Griechisch« sagt „mehr als eine Schwalbe" in dem Silin, dass eine ja noch keinen Frühling macht, den er wünschen muss, um nicht länger in seinem Lumpenkleid zu frieren. v. 1422. In Aischylos Myrmidonen ruft Achilles über der Leiche seines Freundes Patroklos: Nur Waffen! Waffen! v. 1423. In Pellene einer Achäischen Stadt, wurden dem Hermes zu Ehren Wettkämpfe gefeiert, in denen der Preis ein Pellenischer Mantel, „die warme Schutzwehr der kalten L u f t " (Pindar Olymp. IX. 97.) war. v. 1424. Die Inseln des Aegäisehen Meeres waren Schutz- und Bundesgenossen von Athen, meist mit der Bestimmung, dass sie in Athen, wenigstens in bedeutenderen Sachen, Hecht nehmen mussten. Gegen die reichen Leute der Inseln war nun besonders Verleumden und Sykophantismus an der Tagesordnung s. Frieden v. 644; namentlich hiess es o f t , sie seien den Spartanern geneigt. Solche Klage brachte denn ein Sykophant zur Sprache, und Hess sich absenden, um den Verleumdeten
97
Die Vögel.
v. 1 4 2 5 — 1 4 4 2 .
Rathefreund. Beim Himmel, H e r r , ein l i e b e n s w ü r d i g e s A m t ! Sykophant. Spion U n e r l a u b t e r D i n g e ; F l ü g e l b r a u c h ' ich d r u m , u m h e r Zu schweifen, zu h o r c h e n , a n z u z e i g e n h ö h e r e n Orts. Rathefreund. Du meinst, mit F l ü g e l n wird's noch s c h n e l l e r u n d h e i m l i c h e r g e h n ? Sykophant. N e i n , n e i n ! d e n P i r a t e n möcht' ich e b e n n u r e n t g e h n , Und hoch mit den K r a n i c h e n , statt des Ballast's einige D e l a t i o n e n im Kropf, mich p r ä s e n t i r e n h ö h e r e n Orts. Rathefreund. l i n d solchem S c h u f t d i e n s t bist du f e i l ? nein, sage mir, Du, noch so j u n g , s y k o p h a n t e s t so die B ü n d n e r s c h o n ? Sykophant. W a s soll ich t l i u n ? d e n Mist zu l a d e n v e r s t e h ' ich n i c h t ! Rathefreund. Beim Himmel, m a n c h e s e h r e n w e r t h e M i t t e l giebt's, W i e ein M a n n wie du sich ehrlich noch sein täglich B r o d Und ohne S c h u r k c n p r o c e s s e s c h m i c d e n e r w e r b e n k a n n . Sykophant. 0 N a r r du, l a s s dein P r e d i g e n u n d beflügele m i c h ! Rathefreund. So möge dich m e i n W o r t beflügeln — Sykophant. Mich, ein W o r t ? W i e geht das a n ? Rathefreund. D u r c h r e c h t e s W o r t zur r e c h t e n Zeit W i r d J e d e r beflügelt ! Sykophant. Jeder? Rathefreund. H a s t du nicht gehört, W i e m a n c h e r V a t e r , halb r u i n i r t schon, i m m e r noch vor Gericht zu laden. D i e s Geschäft ist das hier g e m e i n t e ; es war eintraglich, indem K l ä g e r entweder s i e h von dem r e i c h e n Bündner abfinden liess, oder von der Confiscation der Güter s e i n e n A n t h e i l erhielt. • v. 1442. V o s s s a g t : „ M ü s s i g e B ü r s e h l e i n sitzen in den B a r b i e r s c h o p p e n ; dort trifft sie der V a t e r und filzt sie a u s . " D e r A l t e ist v i e l m e h r über s e i n e n H e r r n S o h n ganz e n t z ü c k t , der sich so v o r n e h m a n l ä s s t , und einst noch e i n m a l e i n so r e i c h e r Aristophanes W e r k e . II. 2. Aufl. 7
98
Die Vögel.
v. 1 4 4 3 — 1 4 6 3
Zu den j u n g e n B u r s c h e n in B a d e r s t u b e n p r a h l t , wie f o l g t : M e r k w ü r d i g , wie D i i t r e p h e s meinen A e l t e s t e n M i t W o r t e n beflügelt für das P f e r d e w e s e n h a t ! D e r N a c h b a r r ü h m t dann, s e i n e r sei zu T r a g ö d i e n V o m h ö c h s t e n S c h w u n g beflügelt, und wolle hoch h i n a u s ! Sykopliant. Von den W o r t e n also wird man beflügeltV Ratlicfrewiri. Allerdings! Durch W o r t e wird d e r e d l e r e Geist dem S t a u b e n t r ü c k t , l ' n d fühlt sich g e h o b e n , steigt e m p o r .
So will denn ich
Auch dich beflügeln, mit 'nein t r e u g e m e i n t e n W o r t , B e k e h r e n zur Vernunft dich,
— Sykoplianl. D a s b e h a l t ' für d i c h ! Katliefrouiid.
W a s willst du d e n n ?
Sykoplianl. Nicht m e i n e s S t a m m b a u m s S c h a n d e s e i n !
S e i t vielen G e s c h l e c h t e r n s y k o p h a n t e t u n s e r H a u s . Beflüg'le drum mich schnell mit den s c h n e l l s t e n F i t t i g e n , Sei's G a l g e n v o g e l o d e r W ü r g e r , damit ich so B e l a u s c h e n , h ö h e r e n Orts b e r i c h t e n , laden, s c h n e l l Zu neuem H o r c h e n
fliegen
kann. Itntliefreniid. Ich v e r s t e h e s c h o n ;
Du willst, dass h i e r b e r e i t s das U r t h e l g e s p r o c h e n sei, B e v o r der V e r k l a g t e sich s t e l l e n k a n n ? Sykopliant. D u v e r s t e h s t mich g a n z ! Ratliefreund. D a n n k o m m t e r h e r , dann gehst du hin, und raubst g e s c h w i n d S e i n A l l e s ihm. Sykopliant. Du weisst B e s c h e i d , V e r e h r t e s t e r ! E s muss so flink das geh'n wie ein K r e i s e l ! M a n n bei der S t a d t , wie D i i t r e p h e s (s. v. 8 0 4 ) werden seinen wegen der b e l l e t r i s t i s c h e n Z u k u n f t , eine S u c h t , minder g r a s s i r t e als die P f e r d o s u e h t ; F l u l o , K r i l i u s und .Mann ist dafür l i e w e i s ; fast j e d e r Gebildete h a t t e , wie m i t poetischen V e r s u c h e n und H i n d e r n i s s e n verbracht, v. 1 4 5 9 . J l i e r i n Athen.
wird. E i n Anderer rülnnt die damals in Athen nicht m a n c h e r andere vornehme bei u n s , ein S t ü c k J a g e n d
v.
99
Die Vögel.
1464—1481.
Ratliefreimd. Freilich flink Wie ein Kreisel, und da hab' ich liier hei meiner Seel' E i n trefflich Flttgelinstitut von flinkem Schwung — (zieht die Karbatselie.)
Sykophant. ü weh, was soll die Knute? Rathefreuiid. Soll dein Flügel sein, Mit dein ich fort dich kreiseln lasse, so flink du k a n n s t ! (prügelt ihn.)
Sykophaiit. Ich geschlagener M a n n ! Rathefreuiid. Du Schuft von Agent, dies Agens d i r ! Du Adelsbürschchen, entadelst du bald hier unsern RaumV Das bringt dir deine höhercn-Orts-Angeberei. — (prügelt ihn h i n a u s . )
Jetzt nehmt die F e d e r n wieder zusammen, lasst uns geh'n! (ab mit den Knechten.)
Chor. (Strophe.)
Viel des Grossen, W u n d e r s a m e n , Manchcs Neue dumm und klug Sahen wir auf manchem Flug-, So ein Baum von fremdem Samen, F e r n von Kühnheim und von Xauien, — Kennt ihr i h n ? Kleonynios, Nützt zu nichts, zu F u s s und Ross E i n B r a m a r b a s feig und gross! F e i g e n zeigt er, L a u b gewinnt er J e d e n Lenz, und je zum W i n t e r v. 1477. Dieser K l e o n y n i o s ist der oben v. u n d F r i e d e n v. (>t>4. g e n a n n t e , der im v e r g a n g e n e n F r ü l i l i n g e sieh bei den HermoUopiilcnproccssen sehr thiitig bewiesen u n d viel E i n f l u s s gewonnen h a t t e ( F e i g e n z e i g t e r , L a u b g e w i n n t e r j e d e n L e n z ) ; er ist ein grosser b r e i t s c h u l t r i g e r Mensch, p r a h l t m i t K r i e g s m u t l i , f o r d e r t K r i e g , stolzirt m i t l l e l m b u s c h und W e h r e u m h e r , und k o m m t es z u r S c h l a c h t , so ist er der e r s t e , der den Schild a b w i r f t ; ob er so jetzt m i t gen Sicilien gewesen u n d da f o r t g e l a u f e n und h e i m g e k e h r t ist, weiss ich nicht. V o n f r e m d e m S a m e n n e n n t i h n der D i c h t e r v c r l ä u n i d c r i s c h e r W e i s e , und das Griechische f ü g t zweideutig hinzu, „ f e r n e r als von K a r d i a h e r , " was zugleich heisst „ f e r n e r als vom M u t h c h e r . " J e d e n f a l l s zeigt der häufige S p o t t der K o m ö d i e gegen i h n , dass er ein volksbeliebter M a n n gewesen sein m u s s ; e r s c h e i n t eine von j e n e n sonderbaren r e p u b l i k a n i s c h e n F i g u r e n gewesen zu s e i n , denen s i e h , w a r e n sie auch ohne anderes T a l e n t als das des l i r a m a r b a s i r e n s u n d der G e m e i n h e i t , die Menge b l i n d l i n g s a n v e r t r a u t , weil sie in i h n e n etwas von v e r w a n d t e r N a t u r s p ü r t . 7*
100
v. 1 4 8 2 - 1 5 0 0 .
Die Vögel.
F ä l l t sein L a u b , der Schlacht entrinnt er Schildlos, ein entlaubter Stamm. (Gegen.strophe.)
K i n B e z i r k in f e r n e n F e l d e n , Liegt am R a n d der Dunkelheit In der L a m p e n e i n s a m k e i t , W o den M e n s c h e n oft sich H e l d e n T r a u l i c h j e t z t und sonst g e s e l l t e n F r ü h und s p a t , n u r N ä c h t e n s Nicht geheuer war
nie:
es, h i e
S o l c h e r Z e i t zu t r e f f e n sie ; T r a f liier N a c h t s d e n H e l d
Orestes
,le ein M e n s c h , s o g l e i c h ihn fässt es, l ' n d \ 0111 S c h l a g g e r ü h r t s e i n b e s t e s O l i e r k l e i d , es ist d a h i n !
Kin M a n n
in t i e f s t e r V e r h ü l l u n g m i t (-¡nein F e l d s t u h l u n d e i n e m S o n n e n s c h i r m u n t e r d e i n A n n , hereinsclileicliend.)
Der Fremde. (ünpsilich, heimlich.)
Still, still! b e h u t s a m ! dass mich Z e u s nur n i r g e n d W o ist d e r R a t h e f r e u n d ?
sieht!
Ratlieireund.
I l e d a ! welch' ein M u m m e n s c h a n z V W e r b i s t du, E i n g e h ü l l t e r V
Der Mann.
(ohne sich umzusehen.1
—
S i e h s t du da h i n t e r m i r
Vielleicht von den Göttern einen?
Rathefreund. B e i den Göttern, nein! W e r b i s t du d e n n ? v. 1 4 8 4 . Nicht minder schön als die Strophe ist der Mythos der Gegenstrophe. W i e oben besehrieben worden (v. 5 0 3 . ) , pflegten neben den Mauern der Stadt und den langen Mauern Nachts Diebe umherzuschlcichcn: phantastisch genug versetzt der Dichter diese Sache in die ferne hyperboräische N a c h t , wo auch sonst Heroen mit den Menschen verkehrten. So einer ist Orestes, zugleich der Agamemnons Sohn, der H e r o s , und der Timokratcs Sohn, der Manteldieb. Nun galt der Glaube, wenn man einen der Heroen mit Augen sähe, so würde man vom Schlage g e r ü h r t ; und vom Schlage der Keule getroffen wird m a n , weun man jenen Orestes, den Manteldieb, dort nächtens trifft.
v.
1 5 0 1 —1 5 1 6 .
101
Die Vögel.
l>cr Mann. — W i e spät am Tage mag es sein? Rathefreund. Wie spät? ich glaube, etwa Nachmittag wird es sein; W e r aber bist du?
Der Mann. Vesper? oder später schon?
Rathefreund. Du kommst mit der Zeit mir albern vor! Der Manu.
-— Was macht der Zeus?
Bedeckt er sich mit Wolken, oder klärt er auf? Rathefreund.
Dass Blitz und Donner
Der Mann. — So enthüll' ich mich getrost!
iinan erkennt dun hohen Titanen Prometheus.)
0 Hcrzens-Prometheus!
Rathefreund. Prometheus.
Stille, stille! rede sacht! Rathefreund.
Was ist dir ?
Prometheus. Still nur! nenne mich nur mit Namen nicht!
Ich bin verloren, wenn mich Zeus hier unten sieht! Doch damit ich Alles von droben dir berichten kann. Nimm diesen Schirm und halt' ihn sorgsam über mir, Wohlausgespannt, damit die Götter mich nicht erspäh'n! Rathefreund.
Hahaha!
Das hast du köstlich prometlieisch ausgeheckt! (er spannt den Schirm über ihn aus.)
So tritt geschwind hier unter und dann, Freund, sprich getrost. Prometheus. (ängstlich uniherschauend, sich auf den Stuhl setzend.)
So höre denn!
Rathefreund. So rede nur; ich höre schon!
Mit Zeus ist's aus!
Prometheus.
v. 1 5 0 3 . G e n a u e r w ä r e s c h o n „ F e i e r a b e n d " g e w e s e n , w ö r t l i c h bezeichnet Griechische „Stierabspaimung."
das
102
Die Vögel.
v
1517 - 1 5 4 0 .
Rathefreund. Ist's aus! seit wann? erzähle doch! Prometheus. Seitdem die Lütte so von euch verbauet sind! Nun wird von keinem Menschen mehr den Ewigen Geopfert, keines Schenkels Duft, kein Räucherwerk Steigt auf zu uns ins Himmelreich seit jenem T a g ; Wir (¡Otter fasten, wie in der Thesmophorienzeit, Da man nichts uns darbringt, l ' n d die B a r b a r e n g ö t l e r s c h a f t Vor H u n g e r heulend, zähnetietschend ihr Kauderwelsch, Droht, Zeus mit Krieg von Norden h e r a b zu überzieh'n, Wenn er nicht sofort der grossen Sperre ein Ende macht. Damit sie ihre Opfergekröse wie sonst bezieh'». Rathefroiind. So giebt es also Barbareilgötter noch Uber euch? Prompt Ileus. Sind's nicht in der That Barbaren, unter deren Zahl D e r Exekestides Eamiliengötter hat? Rathefreund. Wie werden diese G ö t t e r b a r b a r e n denn g e n a n n t ? Prometheus. Triballer heissen sie. Rathefreund. Sehr bedeutsam! sind sie doch T r i e b aller Angst, b e t r ü b t e n Falles F a l l e n euch! Prometheus. So ist es freilich; aber eins noch sag' ich dir: Mit euch Vertrüge abzuschliessen kommen bald Gesandte vom Zeus und von den T r i b a l l e r n im N o r d e n h e r ; D a n n aber lasst euch nur in Nichts ein, ehe Zeus Nicht euch, den Vögeln, wieder das Seepter iibergiebt, Und dir als B r a u t die schöne Basileia giebt. Rathefreund. W e r ist Basileia? Prometheus. Von Gottes Gnaden die schönste Maid, Die dem Vater Zeus verwaltet seinen Donner und Blitz v. 1521. V o n den T h e s m o p h o r i e n heisst der m i t t l e r e Tilg „ F a s t e n ; " wir h ä t t e n zu Deutsch sagen k ö n n e n „ w i e u m l a n g e N a c h t . " v. 1538. Basileia ist das K ö n i g t h u m ; leider lässt sich d a s W o r t n i c h t so übersetzen, dass es b e q u e m eine P e r s o n i f i e a t i o n v e r a n s c h a u l i c h t e .
v. 1541—1559.
Die Vögel.
103
U n d die a n d e r e Wirthsr.linft, reolit ein M ä d c h e n f ü r Alles, F r e u n d , F ü r g u t e Ordnung-, w e i s e n Iiatli, M a r i n e d i c n s t , Staats-Steuer und Steuern, Opferfeste, Richtersohl. Rathefreuud. I)i e g a n z e W i r t h s c h a t t f ü h r t sie i h m ? Prometheus. J a wohl, d u h ö r s t ' s ! W e n n d u sie e r h ä l t s t , so h a s t d u A l l e s , F r e u n d , v o l l a u f ! D r u m Iiin ich h e r g e k o m m e n , d i r d a s k u n d zu t l i u n ; D e n n i m m e r w a r ich ein w a r m e r M e n s c h e n f r e u n d ! Ratliefreuud. D u bist's! V e r m e n s c h l i c h t s i n d wir, seit d u u n s G a r k ü c h e n g a b s t ! Prometheus. D i e G ö t t e r a l l e liass' ich g r ü n d l i e h , wie d u w e i s s t ! Kiithetieiiiid. Hei allen G ö t t e r n , die du hassest, du hassest sie! Prometheus. F i n w a h r e r T i n i o n ! A b e r ich m u s s j e t z t g e h ' n ; so g i e b Mir den Stuhl, den Schirm her, dass, wenn Zeus lierunterspäht, K r mich f ü r einer K a n e p h o r e B e d i e n t e n hält! Ratliefreuud. So geh' mit Gott, u n d s c h i r m e d e n S t u h l g a n g d e i n e r A n g s t ! ( T r o m e t h e u s ab.)
Chor. (Strophe.)
E s ist im L a n d d e r S e h a t t e n s c h e n k l e r E i n T e i c h , wo S o k r a t e s d e r D e n k l e r S i t z t u n g e w a s c h e n , S e e l e n zu h a s c h e n . K o m m t dahin Peisandros eben, Die v e r l a s s e n ihn im L e b e n , v. 1548. D;is Griechische ist an dieser Stelle von vortrefflichem W i t z , den die Uebersetzung nicht einmal anzudeuten vermocht hat; es steht dort: „durch dich braten wir auf Kohlen oder machen wir Bratfische; und zugleich klingt das Wort fast, als hiesse es: durch dich sind wir vermenschlicht." v. 1551. Timon ist der bekannte Menschenfeind. v. 1553. Die Töchter der vornehmen Athener trugen in den Panathenüen die Weihkörbe. Diesen Korbträgerinnen oder Kanephoren gingen die Metöken oder Schutzgenossen mit einem Schirm und Stuhl nach. v. 1555 Wieder folgt hier ein kostbarer Mythos. Die Schattenschenkler sind ein Volk im fernen Rüden, die gegen die Gluthstrahlen der senkrechten Sonne ihre breiten Plaltfiisse aufheben, ausspamien, sich in ihren eigenen Schatten setzen; noch erkennt man eine ferne Beziehung der Sage zu den in sieh selbst versunkenen Indi-
104
T. 1560 — 1572.
Die Vögel.
l)ort zu schauen seine Seel'; Bringt als Opfer ein KameelKalb mit, schneidet ihm den Hals ab, Tritt wie Odysseus gleichen Falls, alr, Und empor mit frischem Muth
fliegt,
W o das Kameel im frischen Blut liegt, Chairephon die F l e d e r m a u s !
( P o s e i d o n mit dem Dreizack. H e r a k l e s mit der L ö w e n h a u t . K n ü t t e l u n d n e u e m M a n t e l , t r e t e n auf.)
T r i b a 11 o s m i t e i n e m
Poseidon. Da oben ist die F e s t e Wolkenkukellieim, D e r unsre Anibassade gilt, bereits zu seh'n! (zu T r i b a l l o s . )
Mein Gott! was machst d u ? links ja hast du den Mantel um! Tin die rechte Seite musst du ihn nehmen, wie es sich schickt! ( T r i b a l l o s tluit d a s . b e d e c k t s i c h d i e g a n z e r e c h t e S e i t e b i s z u r W a d e h i n a b . )
W a s wieder jetzt? Laispodias bist du am E n d e g a r ! 0 D e m o k r a t i e , wohin noch kommen lässt du uns, Kchen l i ü s s e r n ; das srhöii.ste liild f ü r die spekulativen P h i l o s o p h e n , die sieh a u c h u n t e r den S c h a l t e n ilirer e i g n e n D e n l u i n g s a r t hinsetzen und vor den S o n n e n s t r a h l e n der W a h r h e i t g e s c h i r m t sind. Dort u n t e r diesen S c h a t t e n s e l i e n k l e r n seiner Schule, diesen m e d i t i r e n d e n , a b g e hleieliten G e s t a l t e n sitzt S o k r a t e s , l a u e r t wie ein E l i c g c n s c h n e p p e r d a r a u f , Seelen zu h a s c h e n ; das ist seine L i e b l i n g s b e s c h ä f t i g u n g . H i e r schlägt das liild n m ; Seelen zu h a s c h e n oder vielmehr an sich zu l o c k e n k a m Odysseus a n den E i n g a n g der U n t e r w e l t ; d a n n schlachtete er sein O p f e r ; die S e e l e n , die S c h a t t e n der U n t e r w e l t k a m e n , von dein lilute zu t r i n k e n , w o d u r c h sie einige Lebenskraft erhalten. D o r t h i n k o m m t P e i s a n d r o s , seine Seele zu s u c h e n ; dies ist der P e i s a n d r o s l i a l k e n , nicht P e i s a n d r o s E s e l t r e i b e r , derselbe der in dem i l e r m o k o p i d e n p r o c e s s e die so w i c h t i g e Holle spielte und d a n n f ü r den p a t r i o t i s c h e n M a n n g a l t , derselbe, der vier J a h r e s p ä t e r sich a n die Spitze der O l i g a r c h i e der V i e r h u n d e r t s t e l l t e ; schon im J a h r e 4 2 0 h a t t e ihn E u p o l i s in den „ A s t r a t e u t e n " als den feigsten M a n n des H e e r e s g e s c h i l d e r t . - So k o m m t er n u n h i e r , seine S e e l e , d. i. seine C o u r a g e , zu s u c h e n , die i h m schon bei L e i b e s l e b e n a b h a n d e n g e k o m m e n , w ä h r e n d A n d e r e die Seele doch erst beim S t e r b e n verlässt. C h a i r e p h o n der S p h e t t i e r ist j e n e r l e i d e n s c h a f t l i c h e V e r e h r e r des S o k r a t e s , der das O r a k e l in D e l p h i e m p f i n g , S o k r a t e s sei der weiseste der H e l l s e h e n ; ü b e r a l l ein h e f t i g e r M a n n , gewiss aus v o r n e h m e m S t a n d e , u n d wie alle S o k r a t i k e r d e r O l i g a r c h i e g e n e i g t ; auch a l s G e s a n d t e r i m P e l o p o n n e s einflussreich ( S o k r a t i s c h e Briefe 3.). A r i s t o p h a n e s m e i n t : wie h a t der feige P e i s a n d r o s , dieser m e h r als P r o m e t h e u s ängstliche, h e i m l i e h e Mensch, M u t h zu j e n e r k e c k e n S t e l l u n g in den H e r m o kopiderrprocessen e r h a l t e n ? C h a i r e p h o n lieh i h m seine Seele, der wird i h n a u f g e h e t z t h a b e n , i h m m i t E a t h und T h a t z u r H a n d gewesen sein. v. 1571. L a i s p o d i a s w a r ein A t t i s c h e r F e l d h e r r (Thucyd. V I . 105.) m i t i.iit e i n e m m i s s g e s t a l t i g e n Hein.
v.
Die Vögel.
1573—1590.
W e n n d i e G ö t t e r s o l c h e n B a r b a r e n g e w ä h l t zu s o l c h e m A m t ! ( e r b e m ü h t .sich iltsin W i d e r s t r e b e n d e n ito. J a unsern F h h ä r r n woH'nier schon ahnprädiga Am F r i e d e z'hälta ehrbarli, ohn Ilinterkait, Nu aber hie der Athaner wnsclitem Swirreswarm Wie kahn mer's dem ahnprädiga nit ze fintla mähr? Lysistrate. Getrost, bei uns hier setzen wir's desgleichen durch! Lainpito. 's ist gar umsunst, so lang s'an G'fäss im Täkel noch, Noch ihren Schatz voll Siilber achter der Göttin hau. Lysistrate. Auch das, o Liebe, ist bereits wohl vorgesehn. Besetzen werden wir die Burg noch heut am Tag; Den ältesten F r a u e n ist der Auftrag schon ertheilt, Dass, während hier das W e i t r e von uns besprochen wird, Sie unter dem Schein zu opfern, der Burg sich bemächtigen. Lampito. Dess' walt' der hohe Götter Gnäd, als gut du sprachst !
v. 147. Die Athener hatten ihren Sehatz auf der Burg in der Hinterzelle des Athenetempels. Im Anfang des Peloponnesi sehen Krieges waren dort 6 0 0 0 Talente Silber, von denen 1000 Talente zurückgelegt wurden, um für den äussersten N o t h f'all gebraucht zu werden. Erst im Lauf des Archonlenjahres, in dem die Lysistrate auf die Bühne kam, wurde das Geld angegriffen.
v. 181—198.
Lysistrate.
Ljsistrate. So k ö n n t e n jetzt wohl, liebe Lampito, wir gleich Die Sache beschwören, damit sie unverbrüchlich sei? Lampito. J a siiriich den Aid vor, und so schwüni'nicr nach zumal. Ljsistrate. Schön, schön! wo ist die Scythin! (oillu als S c y t h i n mit R o g e n unil S c h i l d bewafl'nute K r a u (ritt v o r . )
He, wo gaffst du hin? H i e r leg' mir aufwärts auf die E r d e (leinen Schild. Nun reiche man auch Schlachtopfer her. Kalonike. Lysistrate, Mit welchem Schwüre lässt du schwörenV Ljsistrate. Welchem Schwur? In Schildesrand, wie's schon in Aischylos lieissen soll, Stieropferschlachtend. Kalonike. A b e r Lysistrate, du wirst Hoch nicht den Schildschwur nehmen, wo es den F r i e d e n gilt? Ljsistrate. W a s soll es sonst f ü r ein Schwur denn sein? Kalonike. W i e war's, wenn wir 'nem weissen H a h n die Kehle k a p p t e n ? Mjrrhine. 0 bleib' doch n u r Mit deinem K a p p h a h n mir vom Leibe! Kalonike. W i e denn sonst Soll unser Schwur sein? Lysistrate. W e n n ' s dir recht ist, sag' ich es. A u f w ä r t s hinstellen einen Kelch wir schwarz und gross, Stieropferschlachten einen Oxhoft Thasierwein, Beschwören in Kelchrand, nie ein Tröpfchen W a s s e r mehr H i n e i n zu giessen. Lampito. Plütz, an Aid! der g'fallt mir g ä r ! v. 188. Aischylos sagt das im Anfang der Sieben gegen Theben; die 195—199 ßind eine Travestirung der Aischyleisehen.
134
Lysistrate.
v. 199—219.
Lysistrate. So reichet also her den Kelch, das Fässchen her! (Kelch und Fass w e r d e n gebracht.)
Kalonike. Ihr liebsten Frauen, was für ein Riese von Ohm ist das Myrrliine. Das Herz im Leib lacht einem, fasst man den nur an! Lysistrate. Nun leg' ihn hin und leg' die Haud an seinen Hahn. ( K a l o n i k e l ä s s t d e n W e i n in d e n K e l c h l a u t e n . )
0 Göttin Ueberredung und du Liebeskelc.il, Empfangt das Opfer, uns den F r a u e n wohlgeneigt! Kalonike. Schönfärben ist das heiige Iilut und sprudelt leicht! Lampito. An Blümi gär, so währ liier Kahstor, wunnikli! Myrrliine. 0 lasst zuerst mich schwören, vielgeliebte F r a u n ! Kalonike. Nein, nein, bei Aphrodite, trifft dich nicht das Loos! Lysistrate. Ihr alle fasset mit den Kelch an, Lampito, Und eine spreche für euch, was ich vorspreche, nach, Ihr andern aber schwöret und verpflichtet euch: ( s i e s t e l l e n sich u m d e n K e l c h u n d b e r ü h r e n i h n m i t d e r e i n e n H a n d . )
Niemals und nirgend weder Hausfreund noch Gemahl — Kalonike. Niemals und nirgend weder Hausfreund noch Gemahl — Lysistrate. Soll mir in Lust und Brunst sich nahen, — Sprich doch nach! Kalonike. (stockend.)
Soll mir in Lust und Brunst sich nahn! Ha fürchterlich, Mir wollen die Kniee zusammenbrechen, Lysistrate! Lysistrate. Will weilen im Hause, unbegattet Nacht und Tag, Kalonike. Will weilen im Hause, unbegattet Nacht und Tag, Lysistrate. Im Safrankleide, schön gesalbt und fein geschmückt, T. 205. Das leichte Fliessen des Opferblutes ist ein gutes Zeichen.
v. 220—238.
Lysistrate. Kalonike.
i m Safrankleide, schön gesalbt und fein geschmückt, Lysistrate. I J a m i t d e r M a n n e n t b r e n n ' in g l ü h e n d e r L e i d e n s c h a f t , Kalonike. D a m i t d e r M a n n e n t b r e n n ' in g l ü h e n d e r L e i d e n s c h a f t ; Lysistrate. D o c h n i e m i t AVillen w e r d ' i c h d e m M a n n zu W i l l e n s e i n , Kalonike. D o c h nie mit W i l l e n w e r d ' i c h d e m M a n n zu W i l l e n s e i n ; Lysistrate. l'iid falls er wider Willen d u r c h Gewalt mich zwingt. Kalonike. Und falls er wider Willen durch Gewalt mich zwingt; Lysistrate. S o will icli's l e i d e n k a l t u n d o h n ' E r w i e d e r u n g . Kalonike. S o will icli's l e i d e n k a l t u n d o h n ' E r w i e d e r u n g ; Lysistrate. N i c h t will d e n E u s s i c h s t e m m e n g e g e n d e s B e t t e s Sims, Kalonike. N i c h t will d e n F u s s ich s t e m m e n g e g e n d e s l i e t t e s S i m s ; Lysistrate. N i c h t will i c h i h m d i e k r u m m e R a s p e l l ö w i n stelin, Kalonike. N i c h t will ich i h m d i e k r u m m e R a s p e l l ö w i n s t e l i n ; Lysistrate. So w a h r i c h d a s g e s c h w o r e n , t r i n k ' i c h d i e s e s W e i n s , Kalonike. So w a h r i c h d a s g e s c h w o r e n , t r i n k ' i c h d i e s e s W e i n s ; Lysistrate. D o c h b r e c h ' i c h d e n E i d , so w e r d e m i t W a s s e r d e r K e l c h g e f ü l l t . Kalonike. D o c h b r e c h ' i c h d e n E i d , so w e r d e m i t W a s s e r d e r K e l c h g e f ü l l t , Lysistrate. Beschwört ihr alle das mit uus? Myrrliine. W i r s c h w ö r e n es! Lysistrate. Wohlan, den T r u n k der Weihe! (sie triukt.)
136
v. 239—260.
Lysistrato. Kalonike. T r i n k nicht Alles aus,
Damit von Anfang her wir gute F r e u n d e sind! l M a n b e g i n n t d i e K e i l t e h e r u m zu t r i n k e n .
Weiberge.schrei hinter der S c e n o . )
Laiupito. Da töw', an J o h l a !
Lysislrate. Hört ihr wohl? wie ich gesagt,
E s sind die F r a u e n , die eben jetzt der Götter Iiurg E r o b e r t haben.
Auf denn, tlieurc Lampito,
Geh hin und sorge bei euch daheim des W e i t e r e n ; Doch lässt du wohl als Geissein diese hier bei uns. W i r aber wollen mit denen auf der Akropolis Uns erst vereinen und die Tliore sperren dann. Kalonike. Doch meinst du, dass die Männer nicht mit vereinter Kraft Anrücken werden? Ljsistrate. Wenig bin ich um die besorgt; Denn keine Drohung, Schwestern, j a kein F e u e r soll Uns dann bewegen, ihnen aufzuthun das Thor, E s sei denn unter der Bedingung, die wir bestimmt. Kalonike. Nein nimmer, bei Aphrodite! hiesse man doch für nichts Uns W e i b e r unbezwinglich sonst und W e t t e r v o l k ! (Alle ab.)
(Der
Chor
der Alten,
die Holzklofceu, Reisig, K o h l e n t ö p f e t r a g e n ; sie r ü c k e n durch die
O r c h e s t r a gegen die B ü h n e an, die als P r o p y l K e n t h o r der A k r o p o l i s deeorirt
Chorführer. F o r t D r a k o fort! schreit' wacker zu, mag auch die Schulter knacken Vom grünen Oelbaum solche L a s t von Kloben auf dem N a c k e n ! E r s t e r Halbchor. J a unverhofft kommt viel und oft W e n n man lange l e b t ; ach, W e r hätt's gemeint, er würde, Freund, Sehn so was sein Lebtag, Dass Weiber, die wir getreu genährt,
v. 261 — 287.
Ijysistrate.
137
Zum eignen Kreuz am eignen H e e r d , D e s h e h r e n Idols sich Meister machen Mir über die Burg sich dreist hermachen, Mit Schlössern, Balken, Bügeln, Die Propyläen verriegeln! Chorführer. D a r u m , Philurg, zur Burg hinauf! nur hurtig nach da oben, Damit wir dort rings um sie her aufschichten diese Kloben, U n d alle, die m i t an diesem Streich gesponnen und gewoben, In E i n e m Scheiterhaufen heut noch gapsen sehn und schwitzen, J a allesammt, zugleich verdammt, F r a u Khodia an der Spitzen! / w e i t e r Halbchor. Solch Weibsgezücht, mich höhnen nicht Soll's, so lang ich lebe! Kam doch vordem selbst Kleomen, D e r zuerst da eindrang, Nicht ungeschoren wieder weg, Und that er auch lakonisch keck, E r lieferte doch sein' Waffen aus, Und zog mit zerrissnem W a m s hinaus, Voll Grint, Schmutz, Zottelhaare, Ungewaschen sieben J a h r e . Chorführer. Also belagert hab' ich den, wahrhaftig einen braven, D e r seine siebzehn Schilde tief die W a c h e n am Thor liess schlafen! U n d diese, die E u r i p i d e s und alle Götter hassen, Die sollt' ich vor der N a s e mir geduldig rasen l a s s e n ? Da wiird' mich nicht mein Siegesmahl in M a r a t h o n schlafen lassen. Erster Halbclior. So bleibt nur noch des Weges hier Uebrig kleine Strecke mir, v. 262. Das hehre Idol ist die missglückte Bezeichnung für die Bildsäule der Pallas Athene, der Schutzgöttin Athens. v. 265. Die Propyläen sind das einzige Eingangsthor in die Akropolis. v. 270. l l h o d i a ist die stadtbekannte Frau des vornehmen Lykon, s. Wespen v. 1331. v. 273. Anfangs hatten die Spartaner den Alkmaioniden zur Vertreibung des Tyrannen Hippias geholfen; aber da sich auf Grund der gestürzten Tyrannis nicht eine Olichargie, sondern unter des Alkmaioniden Kleisthenes Leitung eine Volksherrschaft erhob, so sandten sie ihren König Kleomenes, damit er der Adelspartei unter lsagoras den Sieg verschaffte. Dort wurden die Spartaner belagert und zu, capituliren genöthigt.
138
Lysistrate.
v. 288—318.
I i i e r B u r g hinan die P l a t t e n o c h ; nur f r i s c h d a r a n ! W i r s c h l e p p e n ' s a u c h am E n d ' a l l e i n Ohne V e t t e r E s e l e i n . W e t t e r auch, es k l e m m t die T r a g e mir die S c h u l t e r k u r z und k l e i n . Aber dennoch, frisch v o r a n ! B l a s e t auch die K o h l e n an, D a s s sie h i e r nicht uns noch ausgelm, wo wir uns dem Z i e l e ualin! F u , fu ! A p u ! a p u ! welch' ein R a u c h ! Z w e i t e r llall>ohor. IIu H e r a k l e s , wie qualmet d e r I l e i s s da aus dem T o p f mir her, Und beisst mich g l e i c h 'nein tollen l l u n d in Aug' und S c h l u n d ! D a s ist hei Gott ein A e t n a f e u ' r .Mit ( ' h i k a n e n , hol's der G e i e r , A e t z t e sonst mir nicht so bissig i m m e r noch die A u g e n e i e r ! V o r w ä r t s lasst zur IJurg uns gelin. R a s c h d e r Göttin b e i z u s t e h n ; Oder, L a d i e s , wann, wenn j e t z t nicht, h ä t t e n wir ihr b e i z u s t e h n ! F u , fu! A p u ! a p u ! welch ein I i a n c h ! Chorführer. Gott sei's g e d a n k t , die K o h l e n sind l e b e n d i g noch und h e l l e ! Nicht wahr, wir l e g e n all zuerst die T r a g ' an d i e s e r S t e l l e ? G e s c h w i n d sodann, in's F e u e r f a s s g e s t e c k t die Z ü n d e s t e c k e n U n d a n g e b r a n n t , so stürzen wir auf's 'Thor da los g l e i c h B ö c k e n ; Und lösen nicht a u f u n s e r n I i u f die W e i b e r S c h l o s s und R a m m e n , D a n n F e u e r an's T h o r f r i s c h angelegt, und sie e r s t i c k t in F l a m m e n ! S o legen wir die T r a c h t denn ab. —
E i pfui d e r R a u c h , zum H e n k e r !
Hailoh, wer fasst mir an von euch, ihr S a m i e r - F l o t t e n l e n k e r ! D a s hat nun emilich aufgehört, den P u c k e l mir zu z w e c k e n ! F r e u n d T o p f , nun ist die R e i h ' an dir, die K o h l e n aufzuwecken, A u f dass du schnell mir a n g e b r a n n t h e r r e i c l i s t den Z ü n d e s t e c k e u ! 0 N i k e , h i l f uns ü b e r d i e dort a u f d e r B u r g , die H e t z e n , U n d i h r e m f r e c h e n A b e r w i t z ein S i e g e s d e n k m a l s e t z e n ! (.sie b e g i n n e n F c n e r a n z u l e g e n . )
v. 2 8 8 . Die P l a t t e , g e n a u e r die S t e i l e , bezeichnet den vor dem E i n g a n g der P r o p y l ä e n liegenden P l a t z von bedeutender S e n k u n g . v. 3 3 1 . l i e b e r die E x p e d i t i o n von Sanios s. E i n l e i t u n g . W ö r t l i e h übersetzt heisst e s : wer von euch F e l d h e r r n in Sanios. v. 3 1 7 . D e r T e m p e l der X i k e steht am W e g e zu den P r o p y l ä e n h i n a u f zur Rechten.
v. 319—350.
I.ysistrate.
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(Auf der Biihne, welche die „Platte'- vor der Akropolis bedentot, erscheint der Chor der ultim Weiber.)
Chorfiihrerin. Rauch, wie mich diinkt, seh ich empor qualmen da, theure F r a u e n , Als b r e n n t e dort F e u e r ! E s b r e n n t ! eilet, o eilt! o säumt nicht! Erster Hnlbclior (1er Weiber. Herbei, herbei, l'yrrha, im F l u g ! E h ' L y k e da, Krityla dort Von Grluth erfasst schmählich im Brand umkommt, Ein Opfer der Pflicht und des ernsten Gebots, E i n Opfer der Greise, des grässlichen Tod's! Aber, o Angst, die mich erfasst! werd' ich zu spät nicht helfen? Nein, nein! ich Lab' voll j a den Krug, frisch in der ersten F r ü h e Am B r u n n e n gefüllt unter dem Schwann und dem Geschwätz Und dem Geschirres Klirren, Tüchtig gedrängt von Dirn und Magd, D r i n n e n zu stehn; schnell ihn gebracht L>ass ich nun gleich denen im F e u ' r , M e i n e n G e f ä h r t i n n e n so treu Zur R e t t u n g Wasser t r a g e ! Zweiter Halbclior der Weiber. Ich höre, griesgrämliche N a r r n Von E h e h e r r n stürmen heran Mit Kloben bepackt, j e d e r zu zwei Centnern, Als wären sie Bader, zu heizen ein Bad, Und fürchterlich tobt ihr Drohen dazu: Dass man in F e u ' r müsse die niehtsnützigen W e i b e r b r a t e n ! Doch, Göttin, nein, lasse du nicht uns so in F l a m m e n sterben. Nein, lass mich des Kriegs, lass mich des Weh's endlich befreit Hellas und u n s e r e Stadt sehn! D r u m ward dein Sitz, H e r r i n der Burg, Goldhelrn'ge, von u n s W e i b e r n besetzt, Drum, o du Meeräugige, flehn L a u t wir dich an, hilf, wenn am PJnd' M ä n n e r in B r a n d stecken die Burg, In Gnaden W a s s e r t r a g e n ! (Der Chor der "Weiber hat sieh mit E i i n e r n a u f der B ü h n e aufgestellt.)
Chor der Weiber. H a l t ein! W a s soll denn das, o ihr zum Aergsten arg verwandelt! Nicht M ä n n e r von Geinüth und Herz, so hätten sie nicht g e h a n d e l t ;
140
Lysistrate.
v. 351—371.
Chor der Allen. E i Welt, das kommt j a unverhofft dazwischen uns g e f a h r e n : Ein Schwann von W e i b e r n rings umher, die Thore zu bewahren! (sie m a c h e n e i n e r ü c k g ä n g i g e B e w e g u n g , i
Chor (1er Weiher. W a s d r ü c k t ihr euch vor uns? am End', weil w i r schon viele scheinen? Und doch noch kein Zehntausendtheil von uns ist auf den Beinen! (•hör (1er Alten. H a l'liaidrias, ha, lassen w i r uns das von Weibern s a g e n ? l)a inuss man kurz und klein j a gleich den Knüttel auf ihnen schlagen! Chor (1er Weiber. So setzen wir die E i m e r auch nun alle gleich zur E r d e n , Damit wir, legen sie ITand an uns, durch nichts behindert werden! vsetzen ilie E i m e r w e g . )
Chor der Alten. Bei Gott, wenn ihnen einer nur sogleich ein l ' a a r Backfeigen Nach alter guter Weise giib', da würden bald sie schweigen! Chor der Weiber. Da sieh, da schlag! nun schlage doch! ich halt j a hin den B a c k e n ; Doch sollte dann heim Ilodensack kein Köter mehr dich p a c k e n ! Chor der Alten. Ha, haltst du nicht sogleich das Maul, so rupf' ich dich mir j ü n g e r ! Chor der Weiber. Ja, komm du mir Stratyllen nur zu nah' mit einem F i n g e r ! Chor der Alten. Und kitzle mit der F a u s t ich sie, was thust du mir dann zu Böse? Chor der Weiber. Das Herz dir reiss' icli aus dem Leib und hasple dein Gekröse! Chor der Alten. J a weiser als E u r i p i d e s ist doch kein a n d r e r Dichter, D e n n unverschämteres giebt es nichts als solches W e i b s g e l i c h t e r ! Chor der Weiber. Die Wasserschippe lass zur Hand uns nehmen jetzt, Rhodippe. Chor der Alten. Zu was, du Gottvergessne, kommst du her da mit der Schippe? Chor der Weiber. Und du, du Dürrholz, h e r mit F e u ' r ? um Gluth in dir zu w e c k e n ? v. 361. Wörtlich „wie dem liiipalos", (lern der Dichter Hipponax dergleichen in seinen Gedichten verheissen hatte.
Lysistrate.
V. 372—382.
141
Chor der Alten. Ich, um f ü r deine Schwestern gleich den Holzstoss anzustecken! Chor der Weiber. Und ich, um dir dein F e u e r sogleich zu löschen aller E c k e n ! Chor der Alten. Mir löschen d u ? mein F e u e r du? Chor der Weiber. Du sollst nicht lange r a t h e n ! Chor der Alten. Doch wie, wenn kurz und gut wir dich mit dieser F a c k e l b r a t e n ? Chor der Weiber. Und hast du vielen Schmutz am Leib, gern dien' ich mit 'nem B a d e ! Chor der Alten. 'nem Bade, du Vettel? Chor der Weiber. Bräutgamsbad, du, den i d i mir e r k o r e n ! Chor der Alten. Ist solche F r e c h h e i t je e r h ö r t ? Chor der Weiber. Ich bin j a frei g e b o r e n ! Chor der Alten. Nun endlich stopf ich dir das Maul! Chor der Weiber. So wirst du nie mehr r i c h t e n ! Chor der Alten. Ich b r e n n e dir das I l a a r vom Kopf! Chor der Weiber. Thut, Wässer, eure Pflicht denn. (die W e i b e r begiesseu die Mänuer.)
Chor der Alten. Ich ä r m s t e r Greis! Chor der Weiber. Das war wohl heiss? ( n e u e r Gus.s.)
Chor der Alten. W a s heiss! hör' auf! was soll das, W e i b !
142
Lysislrate.
v. 3 8 4 — 4 0 6 .
Chor der Weiber. Ich begiesse dich! schlag' aus und treib'! Chor der Alten. S t a r r bin ich, klappr' am ganzen Leib! Chor der Weiber. Du hast ja F e u e r genug zu Hand, dran kannst du dich erwärmen!
(der P r o b ul o s mit Ilärtchei'u tritt auf.)
Probulos. Xun kommt zum Ausbruch, was der Weiber Uebermuth, Ihr Paukenlärm, Sabaziosrufen bedeutete, Und jenes Adonishculen auf den Dächern rings, Das ich vorhängst selbst in der Ekklesie hab' gehört V Da rieth der Unglücksredner Demostratos zum Zug Gen Syrakus; drein schrien die Weiber im wilden T a n z : ,,Todt, todt, Adonis!" Wieder rieth Demostratos, Die Schwerbewaffneten aufzubieten auf Zakynth; Und wieder die Weiber trunken auf den Dächern r i n g s : „Klagt, klagt den Adonis!" Endlich überschrie sie doch Der gottverhasste, erzverworfne Rasetoll! Das haben wir von deren verwünschter Singerei! Chorführer der Alten. Wie vollends, erfährst du ihren neuen Frevel erst, Die da ausser anderer Frevelthat uns eben gar Begossen mit ihren Eimern, dass die Kleider wir Abschütteln müssen, gleich, als hätten wir uns bepisst! Probulos. Ja, bei Poseidon's salz'ger Fluth, euch ist es recht; Denn wenn wir selber männiglich unsre Weiber mit Verderben und sie lehren über die Schnur zu haun, So schiesst am Ende solche Tollhaussaat empor. v. 387. R a b a z i o s s. zu W e s p e n v. 8. v. 388. In der Einleitung zu den V ö g e l n ist näher von jener merkwürdigen Ekklesie gesprochen worden. Die W e i b e r sind durch ihre verwünschte Adonisklage während der Ekklesie gleichsam Schuld an dem ganzen Sicilischen Unglück. Thukydides (VIII. 8.) sagt von der Stimmung der Athener bei der Nachricht vom unglücklichen Ausgang der Sicilischen E x p e d i t i o n : „sie wurden gegen die Redner, welche zu dem Seezuge gerathen h a t t e n , aufgebracht, auch zürnten sie auf die Orakeldeutcr und Wahrsager, welche damals durch göttliche Vorzeichen sie in der Hoffnung bestärkt hatten, dass sie Sicilien erobern könnten".
v. 407 -438.
Lysistrate.
W i r gelin j a selbst zum M e i s t e r Goldschmied, sagen i h m : „ M e i n l i e b e r Goldschmied, an dem S c h m u c k , den du gemacht, H a t g e s t e r n A b e n d meinem W e i b c h e n u n v e r s e h n s Beim T a n z d e r Hummel aus d e r F a s s u n g sich g e l ö s t ; N u n hab' ich heut g e n Salamis zu f a h r e n v o r ; D r u m , w e n n du Zeit hast, komm, w e n n F e i e r a b e n d ist, l ud tliu' d e n Hummel m e i n e r F r a u g e h ö r i g e i n . " F.in A n d r e r w i e d e r r e d e t so den S c h u s t e r an, D e n jungen Schuster orthgewandt und flickgesehickt: „ M e i n l i e b e r S c h u s t e r , auf dem einen F u s s e d r ü c k t D i e S a n d a l e m e i n e F r a u da vorn am k l e i n e n Zeh', D e r g a r zu zart i s t ; k o m m in d e r M i t t a g s s t u n d e doch Mit deinem P f r i e m u n d m a c h ' s ihr etwas weiter vorn! : 1 D a s alles ist d e n n endlich n u n so weit g e d i e h n , D a s s mir, dem r r o b u l e n , d e r ich R u d c r k i i e c h t e noch Zu scliaffen hab', und g e r a d e j e t z t noch Geld b e d a r f , D a s W e i b e r v o l k die T h o r e vor d e r N a s e sehliesst! D o c h nützt es nichts h e r u m z u s t c h n .
Brechstangen her!
W i r wollen i h n e n d e n F r e v e l m u t l i schon b ä n d i g e n . ( z u den i n i i s s i g stehemlen H ä s c h e r n . )
Maulaffst du noch, du L ü m m e l ? du, wo gaffst du hin, Der du nichts, bei Gott, als nach d e r K n e i p e zu schielen weisst? Gleich schiebt mir e u r e H e b e b ä u m e u n t e r ' s T h o r I*iieste t r e u zu r a t l i e n nicht die 1'HichtV Jiin ich a u c h ein Weil) g e b o r e n , doch v e r a r g e t mir es nicht. W e n n ich's b e s s e r m ö c h t e m a c h e n , als es ist u n d b l e i b e n k a n n . S t e u e r n m u s s a u c h ich zum K r i e g e , u n s e r Sclioss ist S o h n uml M a n n ; A b e r was. i h r a l t e n S t ü m p e r , r ü h m e t i h r e u c h b e i z u s c h i e s s e n : D e n n , n a c h d e m i h r u n s r e r V ä t e r M e d e r g a b e , wie sie's h i e s s e n . D u r c h g e b r a c h t , so wollt i h r doch n i c h t s wissen von V e r m ö g e n s s t e u e r n . N e i n i h r lasst G e f a h r u n s l a u f e n , g ä n z l i c h auf d e n S a n d zu s t e u e r n . U n d i h r wollt n o c h muxenV K o m m s t du mir zu nah, so sei gewiss, I i i e r , mit d e n H a c k e n s c h u h e n wird d i r e i n g e s c h l a g e n d a s G e b i s s . Clior d e r Alten.
D a s lieisst U e b e r m a a s s des U e b e r m u t l i e s ! G a r noch T o l l e r s c h e i n t das D i n g zu w e r d e n . Immer toller! W e t t e r ! w e h r e n m u s s dem U n s i n n , w e r n u r s e i n e n H o d e n f ü h r t ! H a s c h , die W ä m s e r a b g e w o r f e n , d a s s a m M a n n e s s c h w e i s s m a n s p ü r t . W a s wir M ä n n e r sind! m a u schafft n i c h t s , h a t m a n sich so e i n g e s c h ü r t !
v. G37. D e r K c k r o p s t o c h t c r I l e r s e w u r d e n die .sogenannten A r r e p h o r i c n g e f e i e r t , in denen vier M a d e h e n von etwa aelit J a h r e n K ö r b e m i t dem „ G e h e i m e n " u n d ein F e s t g e w a n d d a r b r a c h t e n — I n A r t e m i s T e m p e l wurde von z e h n j ä h r i g e n M a d e h e u das O p f e r m e h l g e m a h l e n ( : ) > — Ueber das J i r a u r o n i s e h e l-'cst der A r t e m i s s. z. F r i e d e n v. SfjO. Die j u n g e n A t h e n i s c h e n Mädchen wurden dort der ( j ü t l i n geweiht und hiessen „ l i ä r i n n e n " . K e i n A t h e n e r d u r f t e eine F r a u n e h m e n , die n i c h t diese W e i h e e r h a l l e n halte. — Den F e s t k o r b t r a g e n ilie j u n g e n M ä d c h e n auf der g r o s s e n P a n a l h e n i i i s c h e n P r o e e s s i o n , um H a l s uud Brnsl eine F e l g e n s c h n u r . v. 647. „M e d e r g a b e " hiessen die f r e i w i l l i g e n lieisteuern, welche die l i e i e h e n in den Zeiten der P e r s e r k r i e g e gegeben h a t t e n uud aus denen eine K a s s e z u r U n t e r s t ü t z u n g a r m e r liundesgcnossen f ü r den K r i e g gegen die l i a r b a r e u gebildet war
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L y s i s trate.
v. 6 6 0 — 6 8 9 .
Auf denn, o ihr B u r s c h e tlink! Auf, wie wir Leiiisydrion N a h m e n , tla's noch heiss hie schlug. J e t z t gilt's! Jetzt noch einmal, j e t z t v e r j ü n g t euch, j e t z t bcschwingt euch Ganz mit M u t h , und schüttelt Alle A b vom L e i h A l t e r s l a s t ! Chorführer der Allen. L a s s e n heut wir K a u m den W e i h e r n , a u c h n u r e i n e n F i n g e r breit, J a , so ist kein H a l t e n m e h r bei i h r e r B l i t z a n s t e l l i g k e i t ; — W e r d e n auch sich Schifte h a u e n , sie b e t a k e l n wie die hiesigen. Sieh in Seeschlacht üben, ausziehn wider uns trotz A r t e n i i s i e n ; K o m m t es g a r zur R e i t e r e i , streicht u n s r e R i t t e r s c h a f t gewiss: Sie v e r s t e h n von N a t u r das R e i t e n mit und ohne H i n d e r n i s s , K o m m e n niemals aus dem S a t t e l ! Seht die A m a z o n e n an. W e l c h e Mikon malt, zu Rosse k ä m p f e t W e i b da gegen M a n n . A b e r diese h i e r in S u m m a nutss man gleich u n d j e d e n f a l l s G r e i f e n , sie in d e n Block zu k l e m m e n , sie mit i h r e m l a n g e n H a l s ! Clior der Weiber. Weiss Gott! B r i n g s t du mich noch m e h r in Hitze, Gleich d a n n W o r d ' ich dir die Ohren l a u s e n U n d dicli zausen, Bis die N a c h b a r s c h a f t du a u f s c h r e i s t , lustig b r a u n und blau g e k ä m m t ! Auf, ihr W e i b e r , legen wir a u c h eilig ab das O b e r h e m d , D a s s auch wir zu r i e c h e n g e b e n u n s e r hitzig T e m p e r a m e n t ! K o m m m i r doch h e r a n einmal, D a s s ich dir die R i c h t e r l u s t Kriegeslust treib hinaus! D a s s dich! Sagst du noch ein schlimmes W o r t , so w ü t h e n d bin ich,
v. 661. L e i p s y d r i o n w a r ein fester P l a t z m i t ' d e m P a n i e s s g e b i r g e , von wo a u s die A l k m a i o n i d e n gegen den T y r a n n e n l l i p p i a s g e k ä m p f t h a t t e n . v. 669 A r t e m i s i a , die K a r i s e h e F ü r s t i n , k ä m p f t e in der Seeschlaeht bei S a l a m i s gegen die Grieehisehe F l o t t e . v. 673. D e r b e r ü h m t e M a l e r J l i k o n m a l t e A m a z o n e n k ä m p f e i n der Stoa Poikile.
v. 6 9 0 — 7 0 1 .
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Lysislrate.
Iviifr' ich dir wie jenem Aar, die — E i e r fort aus dem Selioss! Chorfiilirerin der Weiber. W a s denn klimmr' ich mich um euch noch? hab ich doch die Lampito, Und das holde Kind von Theben, meine lieb' I s m c m ä ! Meiner Meister wirst du doch nicht, machst du schockweis auch Dekrete^ Du verhasst selbst deinen Nächsten, du benagte Flundergriite! Gestern als zur H e k a t e f e i e r icli den Kindern gab ein Schmüuschen, I.iess ich aus der N a c h b a r s c h a f t auch bitten meinen kleinen Mäuschen Kinen allerliebsten Burschen, einen wackren lioioter A a l ; Von D e k r e t e s wegen — liiess es, — komm' er nicht für dieses Mal! Und ihr lasst von solchen D e k r e t e n ehr' nicht ab, bis nöthigen F a l l s E u c h geschickt ein Bein gestellt wird und ihr fallt und brecht den Hals!
'
v. C00. K i u Adler m u h t e einem M i s t k ä f e r die J u n g e n , und da sieh der M i s t k ä f e r räehen w o l l t e , so l e g t e der Adler die J u n g e n in Zeus S e h o o s ; du k a m der M i s t k ä f e r u n d flog dem Gott um die N a s e , bis er a u f s p r a n g u n d so die E i e r n i e d e r w a r f , s. F r i e d e n v. 129. v. 698. U e b e r die sehünen Hoioleraale s. A e h a r n e r v. 889. E s w a r n a t ü r l i c h des Krieges wegen v e r p ö n t , aus dem feindlichen Hoioterlande n a e h A t h e n zu h a n d e l n
lf)8
Lysislrnle.
/WEITEIi
v. 702—72+
ACT.
Chor der Weiber. 0 du, Polarstern u n s r e r Hoffnung, unsrcs Plans, W a r u m von S o r g e n s t i r n u m w ö l k e t n a h s t du dichV Lysistrato. Enwiird'ger F r a u ' n lieginnen, schnöder Weibessinn I i a u b t allen Mutli m i r , t r e i b t m i c h r a s t l o s h e r u n d h i n ! Chor. W a s sagst d u ? w a s sagst duV Ljsistrate. D i e W a h r h e i t ! die W a h r h e i t ! Chor. W a s ist geschehnV sprichV u n s d e n T r e u s t e n theil' es m i t ! Ljsistrate. Zu s a g e n ist's abseheulie.li, zu v e r s c h w e i g e n s c h w e r ! Chor. O, nicht v e r h e h l ' s d e n n , was f ü r L e i d u n s h e i m g e s u c h t ! Ljsistrate. So sei's mit einein W o r t g e s a g t — es miinnert sie! Chor. 0 Zeus! Ljsistrate. W a s s c h r e i s t du Z e u s a n ? l e i d e r s t e h t es so mit u n s ! Ich m e i n e s T h c i l s , nicht l ä n g e r weiss ich sie z u r ü c k Zu h a l t e n von i h r e n M ä n n e r n ; d e n n sie l a u f e n fort. D i e e r s t e f a n d ich, wie sie g e r a d ' a n einein L o c h , Zur Grotte Paus hinabzusteigen, eifrig g r u b ; E i n zweites W e i b licss sich a n d e r W i n d e d o r t h i n a b ; E i n a n d r e s d e s e r t i r t e ; wieder ein a n d r e s sass S c h o n auf ' n e m S p e r l i n g , W i l l e n s , zum O r s i l o c h o s I l i n a b z u t i i e g e n , als ich sie n o c h b e i m I l a a r ergriff. J e d w e d e r V o r w a n d , n u r n a c h I l a u s zu k o m m e n , w i r d Mir vorgebracht.
S c h o n w i e d e r k o m m t so e i n e d a !
I I c du, wohin so eilig? v. 717. Ilio l'ans Grulli' ist in dem Kelsen der Akropolis, zur Peile (1er Propyläen, v. 718. Die Winde geliört zn dem lirunnen im Tempel des Poseidon Ereehtheus v. 720. O r s i l o c h o s ist ein sonst unbekannter Kuppler.
v. 7 2 5 — 7 4 1 .
Lysistrate.
159
Die Frau. ( d i e eilig v o r ü b e r will.)
Muss nach H a u s e schnell! Die Milesische Wolle, die ich zu I l a u s e liegen liab', W i r d sonst mir ganz von Motten zernagt! Lysistrate. W a s Motten da! Sogleich zurück! Frau. Mein Gott, ich komme ja gleich zurück, Sobald ich sie nur a u f s Bett ein wenig ausgespreizt! Lysistrate. Das Spreizen lass nur und das nach Ilause gehn dazu! Frau. So soll ich die Wolle verkommen lassen? Lysistrate. Ist's nötliig, ja! [die F r a u geht betrübt z u r ü c k .
Zweite Frau. Ich arme F r a u ! o J a m m e r um meinen schönen Flachs, Der noch mit dein Saamen zu Ilause mir liegt! Lysistrale. Die zweite schon! Die will zu ihrem Flachs mit dem Saamen nach I l a u s e fort! N u r wieder zurück, Kind!
Frau. Ach, bei Artemis Fackeln, gleich!
Sobald ich heraus den Saamen liab', bin ich z u r ü c k ! Lysistrate. Nein, lass ihn n u r d r i n ; denn wenn du erst damit beginnst, So haben die a n d e r n W e i b e r auch gleich Lust darnach. (nL>r lier.) ( i e s c h w i n d . d i e d o r t , d i e A t h e n e r b r i n g ' n u n a u c h m i r hei'. I ' n d was sie hin dir h a l t e n , d a r a n fasse sie! (nui-li tlie Atlienrr kommen. von iler (¡¡¡Min fretülirt.)
I h r M ä n n e r von S p a r t a , s t e l l e t h i e r e u c h n e b e n Ihr andern dorthin.
mich.
Achtet, m e i n e r R e d e j e t z t !
Ich bin ein W e i b zwar, a b e r h a b e doch
Versland.
S o v i e l von m e i n e r M u t t e r e i n s t i c h e r l i e f e ; Und m e i n e s V a t e r s und v e r s t ä n d i g e r M ä n n e r In j u n g e n . l a h r c n h ö r e n d l e r n t ' i c h
liath
mancherlei.
S o will ich e u c h d e n n e r n s t l i e h s c h e l t e n W i e i h r ' s v e r d i e i l t , d a s s , da m i t g l e i c h e m
insgemein. Weiheguss
Den heil'geii A l t a r ihr, die S t a m m v e r w a n d t e n ,
netzt
In O l y m p i a , l ' y t h o , in T h e r m o p y l ä , und wo I c h sonst, n o c h s a g e n k ö n n t e , g ä l t ' s d e r N a m e n viel Mit I l e e r e s m a c h t , da's doch g e n u g B a r b a r e n
—
giebt,
Ihr Hellas Söhnen, Hellas Städten V e r d e r b e n
bringt!
D e r e i n e T h e i l d e r H e d e s e i h i e m i t zu K n d ' !
Athener. Doch mich verderben meine leidigen Stanzen
hier!
Lysisl rate. W o h l a n , L a k o n c n , d e n n i c h w e n d e m i c h zu e u c h , Vergesst, ihr, wie d e r L a k o n e l ' e r i k l e i d a s einst H i e r h e r gesendet, als Athens
Schutzflehender
A u f j e n e m A l t a r b l e i c h im I l e r o l d s p n r p u r
sass,
v. 1 1 3 0 . J e n e B e g e b e n h e i t h a t t e sielt im J a h r e 4f>4 z ' u g o t r a g e n ; u n d t i n t e r h e f t i g e m W i d e r s t r e i t e n der von l ' e r i k l e s u n d E p h i a l t e s g e f ü h r t e n d e t n o k r a t i s r h e n J ' a r l e i b e w i r k t e e s K i n t o n u n d d e s s e n a r i s t o k r a t i s c h e F r e u n d e , d Jiss (ho 4 0 0 0 J l o p l i l e n den s e h w e r h e d W i n g t e n S p a r t a n e r n zu H ü l f e g e s e n d e t w u r d e n . l ) i e S p a r t a n e r a l t e r f ü r c h t e t e n , d a s i c h d i e B e l a g e r u n g d e r von den ^Kmpürlen e i n g e n o m m e n e n l i e r o f e s i e i t h o m e in die L ä n g e zog-, g e h e i m e s K i n v e r s l i i n d u i s s d e r A t h e n e r m i t j e n e m , und s c h i e k l e n d i e s H ü l f s h e e r a u f s e h r a u f f a l l e n d e W e i s e h e i m , e i n e l > e g c h e n h e i t die o l l a l s An l a n g des Z w i e s p a l t s z w i s c h e n A t h e n und S p a r t a g e n a n n t w i r d .
v. 1137 — 1 160.
179
Lysistrate.
U m ein H e e r zu
flehen?
Denn Messene war
empört,
Und erdersehütt.crnd suchte zugleich euch heim der
(iott.
Kuch b r a c h t e d a n n v i e r t a u s e n d S t r e i t e r mit S p e e r und Der edle Kimon, u n d gerettet, w ä r e t U n d ihr, a n d e n e n so d i e A t h e n e r
Schild
ihr. wohlgethan,
V e r h e e r t d a s L a n d jetzt, w e l c h e s e u c h so w o h l g e t h a n ! Athener. Sic h a b e n U n r e c h t , weiss es (iott,
Lysistrate!
Lakonicr. W o h l liiin n i e r U n r e c h t - , a b e r n i a i n ! w i e d r a l l d e r
Stoiss!
Lysist rate. So nieinst du T h o r d e n n , e u c h A t h e n e r s p r a c h ' ich f r e i ? Vergesset ihr, wie auch die L a k o n c n i h r e r
Seils,
Da i h r i m S c h a a t T c l l f r o l i n t e t , k a m e n m i t S p e e r u n d
Schild.
Und viele von d e n T h e s s a l i s c h e n M ä n n e r n
mordeten
Und viele F r e u n d ' und K a m p f g e n o s s e n des
Ilippias,
Und, jenes Tags M i t k ä m p f e r euch allein,
hinaus
Sie j a g t e n u n d liefreiten euch, und e u r e m
Volk,
Stalt j e n e s S c h a a f f e l l s g a b e n zurück sein städtisch
Kleid?
Lakonier. N k ' i i m l nit h a u liier t i i o c l i t i g e r F ' n i w e w c s e n
g'sehn!
Athener. U n d ich e i n r e i z e n d e r L e n d c h e n all m e i n L e b e n
nicht!
Lysistrate. W a r u m , da beid' ihr euch e i n a n d e r
wohlgethan,
W a r u m noch K a m p f ? w a r u m d e r Noth nicht längst ein W a r u n i V e r t r a g nicht e n d l i c h ?
Auf, was hindert
Und?
noch?
Lakonicr. M e r h i i b e n ' s W i l l e s , will l i i e r u n s d a s / ' r ü c k nehnia
liin.
Kistelod
I.ysisl rate. W a s meinst, du,
Freund?
Lakouier. D a s P y l o s m a i n 'cli, D a r n a c h m e r l ä n g e s t jihlila, s c h o n u n d g t a s t e l t
han.
v. 1 14(1, Dio lYisisIratiden suchten, um (lio E n e r g i e der in der Stadt zusainmenwoh i ic udon Volksmenge zu brechen, das Volk zum bäurischen Leben zurückzuführen. Als die Alkmaionidcn die IielYeiunj»- der Stadt versuchten, leisteten ihnen die S p a r t a n e r Heistand und bewältigten den T y r a n n e n I l i p p i a s und dessen ritterliche liiindcsiri'iiosseii aus Thessalien. v. t l ä i l . Has u n t e r Kleon eroberte I'ylos war noch im liesitz der Athener, s. o. v. 104. 12*
180
Lysistrutc.
v. 11 ßl — 1 1 8 0 .
Athener. Bewahr' P o s e i d o n ! n i m m e r setzt ihr das mir d u r c h ! Lysistrate. Lasst's ihnen, Lieber! Athener. Wen denn hudeln fernerhin? Lysistrate. Ihr fordert euch statt dessen einen a n d e r n
Platz.
Athener. Ja, folgendes also gebt ihr uns dafür h e r a u s : Zu a l l e r e r s t d e n E c h i n i s c h e n s a i n m t d e n M a l i s c h e n M e e r b u s e n d a h i n t e r , d a n n ilie S c h e n k e l v o n M c g a r a Lakonicr. No, z e u g ' s m e r Z e u s , nit a l l e s , no, d u l i n s i g e r V Lysistrate. So lasst's! um d e r S c h e n k e l willen k e i n e n n e u e n S t r e i t ! Athener. — Ich will j a R e r n b a a r f u s s u n d n a c k t d e n A c k e r b a u ' n ! Lakonier. -
J a , z e u g ' s m e r Z e u s , D u n k ' l a d e n will ich a l l e r T a u ' ! Lysistrate.
S o b a l d i h r e u c h v e r t r a g e n , sollt — i h r ' s w i r k l i c h tliun. D r u m wollt i h r e u c h v e r t r a g e n , so b e s c h l i e s s e t s c h n e l l . U n d gelit u n d t h e i l t es e u r e n B u n d s g e u o s s e n m i t ! Athener. W a s B u n d s g e u o s s e n ! t h e u r e F r a u , sieh u n s r e N o t h ! G e w i s s d i e I S u n d s g e n o s s e n w o l l e n g l e i c h wie wir, Sie wollen
Liebe! Lakonier. W e i s s m e r Zeus, die Spartisclie
Gar ach!
Athener.
J a selbst beim Himmel auch die K a r y s t i e r ! Lysistrate. I h r spracht mit E i n s i c h t .
R e i n i g e n wollet euch d e m n a c h .
W i r F r a u e n l a d e n e u c h zu G a s t h e u t a u f d i e B u r g ; E u c h v o r z u s e t z e n , w a s in u n s e r n K ö r b e n i s t ;
v. llGft. Die liegenden am Malischen Meerlinsen (jenseits der Tlierniopylen) hatte Apis im Jalire 412 von llekeleia ans erobert.
v. 1 1 8 1 — 1 2 1 0 .
181
Lysistrate.
Dort gebt e i n a n d e r Schwur und Eid mit t r e u e m Sinn. Dann sucht sieh j e d e r seine liebe F r a u heraus Und geht mit ihr nach Hause! Athener. J a so kommt geschwind! Lakonier. W o h i n dir's g'fallt! Athener. Brav, bei Poseidon! fort nur, f o r t ! (Uli.'
E r s t e r Hiilbchor «lor Weiber. Bunte Decken, Sclileppenkleider, Festgewänder, Cioldgesclnneide W a s vergnüget meinen Sinn, Mit Vergnügen geh' ich's hin; Allen, dass sie's ihren Kindern Bringen, wenn das Körbchen fein Töchtcrchcn mit trägt im Reilin, Allen sei's freigestellt: Nehmet dreist, was gefällt Drin im Hause, Gross und Kleines; So versiegelt ist da keines, Dass des Schreines Siegelwachs nicht leicht sich lös't., Und, was drin ist, wird erlöst; Späht nur — werdet nichts erspähen, Schärfer sehen Müsstet ihr denn, als ich selbst! / « e i t e r Halbchor der Weiber. Aber wer von euch kein Brod hat Und zu sättigen seine Notli hat Hausgesindes faulen Bauch, Viele kleine Kinder auch, Komm' er und er soll bekommen Semmelchen, wenn klein doch frisch, Brödchen f ü r den feinsten Tisch. W e r von euch, arme Leut', Will und mag, komme heut
all.!
182
Lysistratc.
v. 1211—1234
M i r in's H a u s , v e r s e h n mit S ä c k e n , Kiepeil, R a n z e n , d a s s mit W e c k e n Voll sie s t e c k e n Manes möge für und für N u r — zu n a h a n m e i n e T h ü r , R a t h ' ich, k o m m t in k e i n e m F a l l e , S o n d e r n alle N e h m t in A c h t e u c h vor d e m I l u n d !
(Von dein ünstniahl . »las drinnen gehalten wird, kommt ein etwas angetrunkener I'iener mit »liir Fackel heraus, für die zur Heimkehr .sich ausehickendoii Zei-Iigenessen l'lalz /.u macheu ; die Che re lullten OS sieh bequem gemacht und sperren Iiier und da herumsitzend den Weg.J Diener. Die T h ü r g e ö f f n e t ! A u s dem W e g e ! m a c h e t I ' l a t z ! W a s h u c k t ihr d a ! IIc, soll ich e u c h mit d e r F a c k e l erst Vom l ' l a t z e sengenV r e c h t ein p ö b e l h a f t e r P l a t z ! Chorführer der Allen. Ich thu's so w a h r n i c h t ! a b e r m u s s es d u r c h a u s g e s c h e h n (zliin Publikum.) N u n , e u c h zum V e r g n ü g e n lass ich's ü b e r m i c h e r g e l i n ! (Jhorfiihreriii der Weiber. Und ich d e s g l e i c h e n lass es ü b e r mich mit e r g e l i n . Diener. So sciieert c u c h d o c h ! s o n s t seng' ich euch die I l a a r e vom Kopf! So s c h e e r t e u c h d o c h , d a m i t die H e r r n L a k o n i e r Iii R u h e k ö n n e n vom E h r c i i s c h i n a u s n a c h H a u s e zielin!
(Ein Athener kommt vom (iclag herau.s.) Athener. M e i n L e b e l a n g n i c h t liab' ich solch ein F e s t g e s e h n ! W i e l i e b e n s w ü r d i g wareil s e l b s t die L a k o n i e r ; W i r aber sind beim W e i n die ächtgeistreichen doch! Diener. N a t ü r l i c h , weil wir n ü c h t e r n nie b e i V e r s t ä n d e s i n d ! W e n n m e i n e R e d e bei e u c h A t h e n e r n was v e r m a g , So s c h i c k e n wir u n s r e G e s a n d t e n s t e t s b e t r u n k e n a u s ; D e n n k o m m e n wir j e t z t g e n S p a r t a so mit ntichtrein Sinn,
v. 12.15— 1251!,
I.ysistrate.
183
G l e i c h s p ä h n wir u m h e r , ob's n i c h t s da a u f z u s t ö r e n g i e b t ; U n d was sie etwa s a g e n , n i c h t a n h ö r e n wir's. U n d was sie g a r n i c h t s a g e n , das a r g w ö h n e n wir, U n d m e l d e n , was sie s a g e n , nie, wie sie's g e s a g t ! J e t z t a b e r ist u n s A l l e s r e c h t , u n d s ä n g e wer D a s L i e d vom T e l a m o n h e u t e s t a t t K l e i t a g o r a ' s Lied, W i r w ü r d e n ihn l o b e n , w ü r d e n e n t z ü c k t sein d u r c h und d u r c h ! Diener. (/lim Chor ileu wieder zu.s;.) sind f r i e d f e r t i g e . " Voss. v. 125-i. Die Seeschlacht bei A r t e m i s i u m w a r gleichzeitig m i t dem K a m p f i n den T h e r m o p y l e n .
184
v. 1257 — 1 288.
Ly.sistvule. B o r s t b i i r a glaich, H a u e r die wetza! W i e viel blunite S c h a u m da a n h a a r i Wange^
W i e viel z u m a l r a n n d a s c h e n k e l h i n a b ins G r i i o n ! S t u n d d o c h Volks nit m i n d e r d a r als M e e r s a n d , l'arsavolkes! Wählerin Artamis, Waidpirscheriu, B e n e d e i t e , M a i d l i c h e , sei n a h Beim U r p h e d s w u r , D a s s du in ' l ' r e u a u n s m a n n i g l i J a h r ihm liällst! Nu aher erspröss treu aus treua tielöhniss Allzeit F r e u n d s c h a f t u n s ! Ninnnelir tliu v e r s m e i d i g F u c h s e n W o r t Uns i r r a !
() s e i m e r da, sei nah,
0 M a i d du W ä h l e r i n !
(I.v>j>1 r;illmri;misen.
v. 2.01—2111.
Agatlion. Nehmt hin und b r a u c h t es! nicht misgönn ich's? Mnesiloclios. " n i i l A i i r l t l l n n s M a n t e l u n d ÜUMMIIKUHI III i l e r
11:111*1.> W a s zuerst V
Agatlion. W a s n e h m e n ? erst das K r o k o s r ö c k l o i n zieh' dir an. Mnesiloclios. So wahr A p h r o d i t e , lieblich r i e c h t s nach dein H o d e r i c h ? Agatlion. Rcich das Busenband!
.letzt mach und giirt ihn!
Euripides.
I)a niiiiins.
Mnesiloclios. So hängt mir doch endlich ü b e r die b e i d e n Heine was! Kuripides. S t i r n b a n d und H a a r n e t z fehlen noch. Agatlion. Statt dessen nimm Den Schweinemafien, den ich nächton s e l b e r trag'. Euripides. Heim Zeus, er ist auch ü b e r a u s b e q u e m . Mnesiloclios. Doch wird Kr mir denn passen? Agatlion. M e i n e r Seel, v o r t r e f f l i c h geht's. Kuripides.
Nun einen Kragen!
Agatlion. N i m m da auf d e m B e l i e h e n den. Kuripides. Noch f e h l e n S c h u h e . Agatlion. N i m m da m e i n e e i g e n e n . Mnesiloclios. D o c h w e r d e n sie p a s s e n ? Euripides. T r ä g s t sie g e r n wohl s e h r b e q u e m ? Agatlion. Da siehe du zu! Alles hast du, was du b r a u c h s t , Und so m a s c h i n e schnell m a n w i e d e r mich h i n e i n . (anf dem K n k y k l e m a wieder
hinein.)
v. 2 6 5 — 2 8 0 .
209
Die T h e s m o p h o r i a z n s e n .
Euripides. E i n M a n n g e b o r e n , ist d e r G u t e völlig n u n Kin W e i b zu s c h a u e n !
W e n n d u s p r i c h s t , d a n n weible n u r
Mit d e i n e r S t i m m e r e c h t n a t ü r l i c h ! Mnesiloclios. Wollen sehn! Euripides. So geh von h i n n e n ! Mnesiloclios. Beim A p o l l o nicht b e v o r I)u mir g e s c h w o r e n —
Euripides. Was V Mnesiloclios. Mich r e t t e n zu h e l l e n a u c h
Mit allem F l e i s s e , w e n n mir ein U n g l ü c k w i d e r f ä h r t . Euripides. Ich sclnvör's b e i m H a u s d e s Z e u s , d e m h e i l i g e n A e t h e r d i r ! Mnesiloclios. W a r u m beim H a u s der Ilippokratessölme lieber nicht? Euripides. So b e i d e n G ö t t e r n d e n n , d e n G ö t t e r n a l l z u m a l ! Mnesiloclios. B e d e n k ' i n d e s s e n , d a s s die S e e l e m i r es s c h w o r , D a s s nicht, d e r M u n d s c h w o r ; d e n v e r e i d i g e n will ich n i c h t . Euripides. N u n schnell von h i n n e n ; d e n n d e r V e r s a m m l u n g Z e i c h e n ist B e i m T h e s m o p h o r i e n t e m p e l d o r t b e r e i t s zu s e h n . Ich g e h e g l e i c h f a l l s . (ab.)
( D i e v e r ä n d e r t e S c e n e z e i g t d e n T e m p e l d e r G ü t t i n e n D e m e t e r unil P e r s e p l i o n e u n d d e n P l a t z d a v o r , wo Alnesilochos als F r a u gekleidet von e i n e r S k l a v i n T h r a t t o begleitet auftritt.)
Mnesiloclios. K o m m doch, T h r a t t e , folge m i r ! 0 sieh doch, T h r a t t e , was von d e n b r e n n e n d e n L a m p e n d a D i c k s c h w a r z e W o l k e n von Q u a l m u n d D u n s t in die H ö h e ziehn. v. 271. Dieser Vers ist aus E u r i p i d e s M e l a n i p p e s. F r ö s c h e v. 100. v. 272. Die ( v e r a r m t e n ? ! Sohlte lies I l i p p o k r a t c s w a r e n wegen i h r e r E i n f a l t b e k a n n t s. W o l k e n v. 1004. v. 274. Im H i p p o l y t des E u r i p i d e s v. 612. heisst e s : „ D i e Z u n g e schwor bloss, n i c h t die Seele k e n n t den E i d " ; ein Vers, der viel A e r g e r n i s s gab A r i . s t o p h a n e s W e r k e . II.
2. A u t l .
14
210
Die Tliesmophomzuspn.
v 2S1—315
Ihr gnädig holden Thesmophoren, mit gutem Glück Bei meinem Eingang, meinem Heimgang segnet mich! Du T h r a t t e , nimm den Kober und gieb mir den Kuchen her, Damit ich ihn den beiden Göttinnen opfere. Du hochgepricsene, liebste H e r r i n Demeter, Und Persephassa. lass mich vielfach vieles dir Zu opfern haben, — sonderlich jetzt mich verborgen sein — Und meiner Tochter Püschen linden einen Mann, Der reich und übrigens dumm und recht ein Pinsel ist. Und recht auf den da vorn mich richten Kopf und Sinn! Wo find' ich einen guten Platz, wo die R e d n e r ich Recht deutlich h ö r e ? Thratte, geh' du jetzt bei Seit'; Kein Sklave darf anhören, was gesprochen wird. (Weiber kommen; aus ileni Tempel tritt die Ileroliliu.I Heroldin. Schweigt in Andacht! Schweigt in Andacht! Betet, zu den Göttinnen T h e s m o p h o r e n , der D e m e t e r und der T o c h t e r , und zum Plutos, und zur Amme Kailigencia, und zur E r d e der J u g e n d n ä h r e n d e n , und zum H e r m e s und zu den Charitinnen, diese Versammlung und jetzt vorhabende Zusammenkunft allerschönstens und allerbestens machen zu wollen, wolilerspriesslich der Stadt d e r Athener, glückbringend auch uns F r a u e n . Und die da tliut und spricht zum Besten für das Volk der A t h e n e r und der F r a u e n , diese den Sieg davon tragen zu lassen, darum bittet! Und bittet f ü r euch F r a u e n um alles Gute! I l o c h P a i a n ! Hoch P a i a n ! Guten Abend! Chor. W i r b e d a n k e n uns und beten fromm Zu der Götter Schaar, in Gnaden Nach diesem Gebet zu nahen. Zeus du e r h a b e n e r ! Du mit der Goldlei'r, D e r du im heil'gen Delos weilst! Du, o J u n g f r a u , kampfeskühn Blauäugige, goldenlanzige, In der preiswürdigsten Stadt weilende, komm, o k o m m ! 0 vielnamige du, wildjagende, Leto's Kind, der holdblickenden Sprössling! 0 du hehrer, du Meeres Poseidon, Seeherrschender, o verlass Die im Zorne du schlägst, der Fische H e i m a t h !
v. 3IG—353
Die Thesmophoriazusen.
211
Ihr N e r e i d e n auf spielender F l u t h ! Ihr b e r g d u r c h i r r e n d e n N y m p h e n ! Töne, goldne Leier, Du mit frohlockend zu unserm frommen Gebet! Und darauf jetzt halten wir Rath, wir Athen's Edle, wohlgeborne F r a u e n . Herold in. So rufet an die Götter, die Olympier, So wie die Olympierinnen, und die P y t h i e r , So wie die Pythierinnen, und die Delier So wie die Delieriunen und j e d e n a n d e r n Gott! W e n n irgend jemand bösen l l a t h dem Volk ersinnt Dem F r a u e n v o l k e , oder unterhandeln will Mit E n r i p i d e s und dem M e d e r k ö n i g zur Schädigung D e r F r a u e n , oder Tyrannis sinnet, oder hilft Dem T y r a n n e n zurück zu kommen, oder, die ein Kind H a t untergeschoben, denuuciret, oder wenn Die Magd, die den H a u s f r e u n d eingelassen, dem H e r r n es sagt, W e n n sie ausgeschickt, mit falscher Botschaft wiederkommt, Od'r wenn der H a u s f r e u n d hintergeht mit falschem W o r t Und nicht die Geschenke, die er f r ü h e r versprochen, bringt. Od'r wenn Geschenke 'ne alte F r a u an den Liebsten giebt, Od'r wenn Geschenke die Liebste, den F r e u n d zu verlassen, nimmt, Od'r wenn ein Schenkwirth oder W i r t h i n trügerisch An ihren Nösselt oder Kannen das Maass verfälscht. Die seien m Schanden unterzugehn mit H a u s und Hof Von euch verflucht; euch a n d e r n aber allzumal Viel Segen zu senden, r u f e n wir laut die Götter a n ! Chor. W i r alle flehen, dass an der Stadt, E r f ü l l e n sich an dem "Volke Dies fromme Gehet möge, Und, die besten R a t h ertheilen, Obsiegen m ö g e n ; Die Betrug a b e r e r s i n n e n Und den Eidschwur ü b e r t r e t e n , Den üblich gesetzlichen, Vortheils halber, zu Scliad' und Schand, Oder R e c h t und Beschluss des Volks Umzustürzen gewillet sind,
212
Die T h e s m o p h o r i a z u s e n .
v 354 — 384
Oder heimliche Dinge kund U n s e r m F e i n d u n d zu wissen tliun, O d e r Mediselie Maclit ins L a n d H e r uns r u f e n zu Scliad' und S c h a n d , Die v e r g e h n , die v e r s ü n d i g e n sicli an d e r S t a d t ! 0 a l l m ä c h t ' g e r Zeus, I)ess' wollest walten g n a d e n r e i c h , D a s s G ö t t e r u n s z u r Reite stelin W e n n gleich wir W e i b e r v o l k s i n d ! Hcroldiu. Hört m ä n n i g l i c h ! h ö r t ! (aus hon." Sie wurden, besond e r s der Parabase wegen, so b e w u n d e r t , dass sie zum zweiten Male 'wahrscheinlich in den grossen Dionysien, im März 405) auf die liiihne kamen. Die vorliegende Komödie ist eine der kunstvollsten, geistreichsten und interessantesten, die jemals gedichtet w o r d e n ; und wenn überhaupt von einem Iiangiren künstlerischer W e r k e die Rede sein kann, so darf man die Frösche nach den „Vögeln" das vollendetste W e r k des Aristoplianes nennen. Zu ihrem Verständniss ist eine möglichst lebendige Vcrgegenwärtigung der Verhältnisse nothwendig, innerhalb deren sie gedichtet und von denen ihre Tendenz und ihre Stimmung bestimmt ist. Fast dreissig J a h r e waren seit dem Anfang des grossen Peloponnesischen Krieges verflossen; Athen hatte ihn mit den grössten Hoffnungen begonnen, u n t e r den mannigfachsten Wechselfällen, mit der grössten Anstrengung f o r t g e f ü h r t ; die moralischen und materiellen Kräfte des Staates waren erschöpft; es musste das E n d e nahe sein. Der Krieg war begonnen mit jenem tüchtigen Geschlecht, das in der Perikleischen Zeit herangebildet worden w a r ; die mörderische Pest, die immer neuen Kämpfe, die ungeheure Niederlage in Sicilien hatten jenes alte Kernvolk hinweggeratft. Von den alten wackern Bauern, dieser rechten H o p l i t e n k r a f t des L a n d e s , war wenig mehr übrig; sie waren, zumal seit sich die S p a r t a n e r dauernd in Dekeleia eingelagert hatten und das platte Land b e h e r r s c h t e n , in der Stadt und in die Häfen zusammengedrängt und mehrten nur die Masse „losen Volks" in der Stadt. Das j ü n g e r e Geschlecht war u n t e r den Einflüssen steigender otlilokratischer Ziigcllosigkeit und unausgesetzter Kriegführung herangewachsen und verwildert. Hätte Athen mit grösserem
¿54
Die Kröscho.
G l ü c k g e k ä m p f t , liiitto es den g r o s s e n F e l d l i e r r n , d e r S i c i l i e n zu ero b e r n a u s z o g , nicht v e r b a n n t . h ä t t e es nicht ü b e r das v o r h e r r s c h e n d e S e e w e s e n die L a n d m a c h t v e r n a c h l ä s s i g t , so würde es in j e n e m K r i e g e zu einem M i l i t ä r s t a a t e umgewandelt worden s e i n , und in dem
Wesen
m i l i t ä r i s c h e r F l i r e und Zucht e i n e neue Haltung und die M ö g l i c h k e i t staatlichen
Bestehens gefunden haben.
Krieg nur Zucbtlosigkeit, Amnaassung.
Statl dessen e n t w i c k e l t e unendliche Habgier;
der
man ge-
wöhnte sich an die s t e t e S p a n n u n g , und das A u s s e r o r d e n t l i c h e e r s c h i e n g e w ö h n l i c h ; mit der n a t ü r l i c h e n
Lebendigkeit
des A t t i s c h e n C h a r a k -
t e r s v e r b a n d sich j e n e i m p e r t i n e n t e G l e i c h g ü l t i g k e i t , zu d e r sich d e r todesverachtcnde
Mutli
des K r i e g s m a n n e s
in d e r h e i n i i s c h e n
Ochlo-
k r a t i e so l e i c h t u m g e s t a l t e t e ; Frivolität, war d e r Grnnd/.ug des A t t i s c h e n C h a r a k t e r s geworden.
L u d g e r a d e sie hatte in d e r S o p h i s t i k , die seit
den letzten J a h r e n des l ' e r i k l e s in A t h e n heimisch zu werden b e g a n n , den t r e f f l i c h s t e n V o r s c h u b g e f u n d e n ; das W e r k der A u f k l a r u n g wurde förmlich
systematisch
betrieben
und
d u r c h d r a n g bald alle
Verhält-
nisse des öffentlichen und P r i v a t l e b e n s ; und wie j e n e s alte k e r n h a f t e r e Geschlecht,
so
Frömmigkeit
war
dahin
auch und
die a l t e die
kernhaftc
neue W e i s e
Erziehung,
dem j ü n g e r e n
Sitte
und
Geschlecht
nur zu ä h n l i c h . Herrlich Wagemuth
hatte
d e r Staat
unter
l'erikles geblüht;
mit
kühnem
war u n t e r K l e o n ' s L e i t u n g d e r K r i e g f o r t g e s e t z t .
Nach
s e i n e m T o d e war ein F r i e d e g e s c h l o s s e n ; a b e r die noch u n g e b r o c h e n e T r o t z f ü l l e des B ü r g e r t h u m s f o r d e r t e n e u e n K a m p f , und u n t e r A l k i b i a d e s zog man g e n S i c i l i e n voll s t o l z e r , ü b e r s c b w ä n g l i c h e r H o f f n u n g e n ; es war das l e t z t e M a l , dass A t t i s c h e s V o l k mit v o l l e r f r e u d i g e r K a m p f e s lust
hinauszog.
Hie Oligarchen
daheim b e w i r k t e n A l k i b i a d e s
Ver-
b a n n u n g ; es folgte N i e d e r l a g e a u f N i e d e r l a g e ; die A t t i s c h e S e e m a c h t wurde v e r n i c h t e t , 'Pausende von I i ü r g e r n k a m e n s c h m a c h v o l l um, u n t e r ihnen
der
kühne
Lamachos,
der
Held D e m o s t h e n e s ,
der
wackere
N i k i a s . In m ü h s e l i g s t e r A n s t r e n g u n g e r w e h r t e man sich des nun ü b e r m ä c h t i g e n F e i n d e s , d e r b e r e i t s a u f A t t i s c h e m G e b i e t f e s t e n F u s s gefasst h a t t e , der alle A t h e n i s c h e n B ü n d n e r zum Abfall r i e f , d e r die l e t z t e n R e s t e A t t i s c h e r M a c h t zu e r s t i c k e n drohte.
Die Demokratie
sich
Persischer
selber
nicht
mehr;
unter
Zusicherung
traute
Hülfsgclder
g e w a n n e n die O l i g a r c h e n den U m s t u r z der V e r f a s s u n g , den die V o l k s versammlung selbst dekretirte. auf
der F l o t t e ,
Bürgerkrieg.
diese v e r s a g t e n
Aber
ein T h e i l d e r B ü r g e r s c h a f t w a r
sich d e r N e u e r u n g ;
es d r o h t e
ein
D e r v e r b a n n t e A l k i b i a d e s t r a t an i h r e S p i t z e ; es w a r
sein V e r d i e n s t , dass die O l i g a r c h i e o h n e viel B l u t v e r g i e s s e n a u f g e h o b e n
Die j''rös
Der Todte. W e n n du n i c h t die zwei b a a r zahlest, d a n n kein Wortclieii liirln ! Dionysos. N i m m n e u n Obolen! Der TotHe. L i e b e r lebt' ich w i e d e r a u f ! (wird weiter getragen.)
Xantliias. W i e stolz d e r v e r d a m m t e L u m p sich h a t ! Du solltest m i r ! I c h m a c h e mich auf! (er packt wieder auf.)
Dionysos. D a s lieiss' ich b r a v u n d e h r e n w e r t Ii!
( D i e S c e n e v e r w a n d e l t .sieh, i h r W e i t e r g e h e n z u b e ' / . e i e h n e n . )
Xanlhias. W a s ist d a s h i e r ? Dionysos. D a s ist, so wahr mir Zeus, d e r Teich, V o n d e m e r gesagt. Xantliias. A u c h einen N a c h e n seil ich da! Dionysos. L a s s u n s d e m N a c h e n zu gehn. Cliaroti. Hoiop! angelegt! Xantliias. So w a h r P o s e i d o n , a u c h d e r C'haron ist j a d a ! Dionysos. W i l l k o m m e n Cliaron! A l t e r Cliaron, Gott willkomin'n! Cliaron. W e r will z u r I l u h s t ä t t ' nach des L e b e n s W i r r n und W e h n ,
v. 185. C l i a r o n , der ¡tlte b r u m m i g e Schiffer, ist h i e r s e h r den F ä h r l e u t e n ä h n l i c h , die etwa i n den I l ä f c n A t h e n s oder hei S a l a m i s , d e n e n , die übersetzen w o l l e n , ihre g u t e n D i e n s t e a n b i e t e n , indem sie a u s s c h r e i e n , wohin alles sie f a h r e n werden. F r e i l i c h sind die P l ä t z e , die C h a r o n n e n n t , etwas s o n d e r b a r e r A r ! ; H e r a k l e s S c h i l d e r u n g h a t g e z e i g t , wie schön m a n sich j e n s e i t s das L e b e n der (ieweiheten vorstellt, Cliaron m a c h t d a r a u s ein „ L a n d der g e b r a t e n e n T a u b e n , " was etwa so \ icl besagt als das , . L a n d der E s e l s w o l l s c h u r " des G r i e c h i s c h e n ; dort ist tiefe K i m m e rlsche N a c h t , weshalb A r i s t o p h a n e s das L a n d der K i n i m e r i e r statt der nach dem I l ö l l e n h u n d e g e n a n n t e n K e r b c r i e r n e n n t , was denn n i c h t bloss geographisch mit der i n der L'ebersetrung g e w ä h l t e n B e z e i c h n u n g g e w i s s e r l a n z e n k u n d i g e r N a c h b a r n zus a m m e n s t i m m t . I n T a i n a r o n , dem L a k o n i s c h e n V o r g e b i r g e , g l a u b t e m a n den E i n g a n g zur U n t e r w e l t zu e r k e n n e n 18*
276
Die Frosche.
v. 186—201.
W e r will zu L e t h e s G r u n d , z u m g c b r a t n e n T a u l i e n l a u d , Zu d e n K e r b e r u s s e n , d e n R a b e n u n d G e i e r n , d e m T a i n a r o n ! Dionysos. Ich!
Cliaroii. Schnell hinein gestiegen! Dionysos. W o d e n n g e h t es h i n ?
Zu d e n G e i e r n w i r k l i c h ?
Cliaron.
So m i c h Z e u s , n u r d i r zu L i e b ' ! Jetzt
eingestiegen! Dionysos. Junge! Cliaroii. Sklaven fahr' ich nicht,
Sie h i i t t e n d e n n l e t z t u m L e i b u n d L e b e n m i t g e k ä m p f t ! Xauthias. Ich w a r j a a b e r , w e i s s m i r Z e u s , d a a u g e n k r a n k ! Cliaron. So l a u f u n d l a u f ' n u r h u r t i g r i n g s u m d e n T e i c h h e r u m ! Xantliias. W o soll ich e u c h e r w a r t e n V Cliaroii. Auf d e m V e r s e h m a e h t c s t e i n , Hei d e n
Ruheplätzen! Dionysos. Hast du g e h ö r t ? Xantliias. J a wohl, g e h ö r t !
0 weh! o weh! W a s ist m i r n u r h e u t M o r g e n ü b e r d e n W e g g e r a n n t ! (macht .sich auf den Weg.) Cliaroii. D a s e t z ' d i c h z u m R u d e r ! W e r n o c h mit will, s p u t e s i c h ! (Dionysos .sitzt ;nn Ruder, als schliefe er ein.,: H e d a , was machst d u ? Dionysos. W a s ich m a c h e ? was d e n n sonst, A l s wie d u g e w o l l t , so liab i c h z u m R u d e r m i c h g e s e t z t ! v. 191. Die Griechen haben ein Sprichwort: „der Hanse macht den Lauf um das Fleisch" (er macht den Bratenlauf); kommt er diesmal nicht durch, so ist es mit ihm aus. Den Sklaven, die zur Theilnuhme an der Arginusenschlaeht aufgerufen •waren, wurde die Freiheit verheissen, "wenn sie sich wacker hielten; es war ihr Bratenlauf, denn bestanden sie schlecht, so riskirten sie neue Prügel. Das benutzte Sprichwort von Leib und Leben ist sehr matt gegen das Griechische.
v. 201— 217.
Die Frösche.
277
Chnron. D u wirst dich d o r t h i n setzen, S c h m e e r b a u c b ! Dionysos. Thu's j a s c h o n ! Cliaron. Du wirst die H ä n d e r e c k e n u n d r e g e n ! Dionysos. Thu's ja schon! Cliaron. D u wirst mir k e i n e F l a u s e n m a c h e n , s o n d e r n frisch Dich g e g e n s t ä m m e n und r u d e r n !
,
Dionysos. A b e r wie soll d e n n ich Unkundiger, unseemännischer, unsalaminischer Doch r u d e r n k ö n n e n ?
Cliaron. W i r d sich m a c h e n ! D e n n schlägst du n u r
Kiumal hinein, so h ö r s t du schönsten G e s a n g ! Dionysos. Von wem? Cliaron. Von F r ö s c h e n , S c h w a n e n g e s ä n g e w u n d e r v o l l . Dionysos. Beginn'! Clmron. Hoiop, hoiop!
(eA ungesehener Cher von Fröschen intonirt.)
Frösche. Brekekekex koax koax! B r e k e k e k e x koax k o a x ! I h r Sumpfesvolk, P f ü t z e n b r u t , Zum F l ö t e n k l a n g lasst Gesang, A n s t i m m e n uns u n s e r melodisch M o o r l i e d , Koax! koax! D a s j u b e l n d wir dem N y s a k i n d D e m Gott Dionys im S u m p f e
v. 207. Man rudert nach dem Takt von Liedern oder Pfeifen, v. 210. Ohne die ausdrückliche Angabe des Scholiasten würde man kaum glauben, dass die Frösche unsichtbar beiben. Doch scheint es stets, wenn der Chor ausser in seiner eigentlichen Bestimmung noch beschäftigt wurde (was in der Kunstsprache I'arachoregema heisst') so gehalten zu sein, dass der Chor nicht sichtbar wurde. Ein ähnlicher Fall ist in den Thcsmophoriazuscn v. 102. H".
278
Die F r ö s c h e
v. 218—242.
J a u c h z e n heut wie alle Zeit, • W ä h r e n d im t r u n k e n e n Lustzug H e r zu dem heiligen F a s s f e s t Des Volkes Schwärm wallet zu u n s e n n Musensitz B r e k e k e k e x koax koax! ( d i e F r ü s e l i e s i n g e n m i t s t e i g e n d e r S c h n e l l i g k e i t d e s T a k t e s , so d a s s d e r d i c k e D i u n y s o s a u d i i m m e r r a s c h e r r u d e r n muss.)
Dionysos. Mir f ä n g t derweil mein Ilintertheil Zu schmerzen au, ihr H e r r n Koax! Frösche. Brekekekex koax koax! Dionysos. Ihr freilich meint, was kümmert's uns! Frösche. B r e k e k e k e x koax koax! Dionysos. Hol' e u c h mit eurem kex koax! Ihr seid j a nichts als kex koax! Frösche. Allerdings, du Nas' in Alles! Ist mir doch hold die leierkundige Muse, Hold der Ilonif'nss Pan, der mit der Rohrflöte froh ist, Ist mir doch auch geneigt Apoll d e r Zitherspieler Wegen des Rohrs, zum Steg an der Leier, Das ich ihm feucht im Sumpfe zieh'*! B r e k e k e k e x koax koax! Dionysos. Ich aber habe Blasen schon, Und mein Liebwerthster schwitzt mir schon Und k r a c h t beim nächsten Bücken mit — Frösche. B r e k e k e k e x koax koax! Dionysos. Doch nun ihr sanglustig Volk, P a u s i r t einmal! v. 220. Das F a s s f e s t (oder wie wir die C b y l r e n sonst r i c h t i g e r übersetzen, K a u n c n f c s t s A r h a r n e r v. 107Ii) ist der letzte T a g der Aulliesterien, die dem D i o n y s zu E h r e n etwa im Monat F e b r u a r g e f e i e r t werden. D i o n y s h a t t e seinen grossen T e m pel in dem Tlieil der Stadt, der „ i n den S ü m p f e n " (oder „ i m .Moore") hiess, u n m i t t e l bar neben dem T h e a t e r , i n dem gerade die F r ö s c h e spielen.
T. 2 4 3 — 2 7 0 .
Die Frösche.
Frösche. Lauter noch, Schall es jetzt, wenn je wir sonst Hier an sonnenhellen Tagen, Unter Wasserdost und Kalmus, linkten, hüpften, wassertraten, Froh des taucherischen Gequakes, Oder auch, Zeus Regen meidend, Tief im Grunde Wasserreigen Bunten Lurchentones unkten Unter Blasentrojifenschlag. Brukekekex koax koax! Dionysos. (sie ü b e r s c h r e i e n d . )
Brekekekcx koax koax! Nicht wahr, ich hab's euch abgelernt! Frösche. Uebel würd' uns das gefallen! Dionysos. Uebler m i r noch, wenn ich rudernd, Aus einander berst' am End'! Frösche. Brekekekcx koax koax! Dionysos. So quakt nur zu! was scheert es mich! Frösche. Desto mehr nur wollen sehrein wir, Was nur irgend unsre Gurgel Halten will den Tag hindurch: Brekekekex koax koax! Dionysos. (noch lauter.)
Brekekekex koax koax, Mich so besiegen sollt ihr nicht! Frösche. Aber du auch uns mit Nichten! Dionysos. Aber m i c h noch weniger ihr! Nein so wahr ich! schreien werd' ich, War' es auch den ganzen Tag durch, Bis ich euch in Grund und Boden
279
280
v. 271 —28t.
Die Frösche.
Hab' koaxt! B r e k e k e k e x koax koax! (es erfolgt k e i n e A n t w o r t d e r F r ö s c h e . )
Ich liätt' am E n d ' euch doch das Koaxen abgewöhnt! ( d e r K a h n ist a n g e l a n g t . )
Cliarou. Halt, halt mit R u d e r n ! angelegt! jetzt steig' hinaus! Doch erst das F ä h r g e l d ! Dionysos. Deine zwei Obolen, da! ((Jharon ab.l
( W ä h r e n d d e r F a h r t h a t s i c h d i e S c e n e a l l m ä h l i g v e r w a n d e l t ; m m stellt sie d e n V o r h o f der U n t e r w e l t d a r , in d e r M i t t e d a s H a u s , d a r i n P l u t o n u n d I ' e r s e p h o n e w o h n e n .
Dionysos. He Xanthias! mein J u n g e ! Xanthias! X a n t h i a s ! Xanthias. (aus dem Hintergrunde.)
Juhu! Dionysos. Zu mir her hurtig! Xanthias. (kommt herangetappl.)
Schön willkommen, H e r r ! Dionysos. W a s gab's auf deinem W e g e ? Xanthias. Moor und F i n s t e r n i s s ! Dionysos. Bemerktest du auch die V a t e r m ö r d e r da irgend wo Und die falsch geschworen, von denen er uns gesagt? Xanthias. Ihr nicht? Dionysos. mach dem Publikum zeigend.)
So wahr Poseidon, wirklich seh' ich sie jetzt da auch! Wohlan, was weiter?
Xanthias. Am besten ist, wir schreiten z u ;
Dies ist j a hier die Gegend, wo er sagte, dass Die schrecklichen Thiere k ä m e n . ' Dionysos. Hole der Geier ihn!
V. 285—299.
Die Frösche.
281
Geflunkert liut er, damit ich ängstlich werden sollt', Da er weiss, wie ich streitbar bin und kühn, aus E i f e r s u c h t ; Denn keinen grössern P r a h l e r giebt's als H e r a k l e s . Ich aber wünschte auf irgend was zu stossen, n u r Und einen Kampf zu finden, würdig dieses Wegs. Xantliias. So wahr mir Zeus, da hör' ich allerdings Geräusch! Dionysos. i ängstlich, i
W o ? wo d e n n ? Xanlliia«. Da wo hinter uns! Dionysos. Geh' hinter mir! Xantliias. Nein! Herr, es ist doch wohl da vorn! Dionysos. Gell' jetzt v o r a n ! Xantliias. So wahr mir Zeus, ich seh' ein ungeheures T h i e r ! Dionysos. Wie sieht es a u s ? Xantliias. E n t s e t z l i c h ! alles mögliche wird's! J e t z t ist's ein Ochs! jetzt ist's ein Maulthier! jetzt ein Weib, Ein reizendes W e i b ! Dionysos. W o ist es! Wart', ihr geh' ich zu L e i b ! Xantliias. Doch wieder nicht mehr ist's ein W e i b ! jetzt ist's ein H u n d ! Dionysos. Die E m p u s e ist es! Xantliias. Und es glänzt von F e u e r auch Ihr ganzes Antlitz!
Dionysos. H a t sie auch ein e h e r n B e i n ?
v. 296. „Die E m p u s e , die auch mit einer Blutblase umhüllt vorkommt (Ekkles. v. 1054.), war ein von der Hekate gesandtes Gespenst, das den Reisenden aufstiess, allerlei Gestalt annahm, Mensehenfleiseh liebte, eine L a m i a . " Weloker.
Die Frösche.
v. 300—31 1.
Xanthius. So wahr Poseidon, und das a n d r e von Eselsmist, Ja, glaub's mir nur! Dionysos. W o h i n entflieh' ich! Xantliias. U n d ich, woliin? Dionysos. Beschütze mich, P r i e s t e r , damit ich mit dir heut' zechen k a n n ! (er v e r b i r g t sich.)
Xantliias. (heimlich.)
Wir sind verloren, grosser Herakles! Dionysos. (heimlich.)
R u f mich nicht! 0 Mensch, ich beschwör' dich, r u f mich bei diesem Namen nicht! Xantliias. Dionysos also! Dionysos. Nein, bei dem noch w e n i g e r ! Xantliias. H e r r , geht nur vorwärts! Alles ist jetzt wieder gut! Dionysos.
Was ist?
Xantliias. Getrost, H e r r ! Kommt hervor n u r ! kommt h e r v o r ! W i r dürfen jetzt wohl sprechen mit Hegelochos, Auf Sturmesfiuthcn, seh' ich, r i n n t schon wieder Licht! W e g ist die E m p u s e ! Dionysos. Schwür's beim hohen Zeus! Xantliias. Beim Zeus! Dionysos. Noch einmal schwör's! Xantliias. Beim Zeus! Dionysos. Zum dritten Mal! v. 302. Der Priester des Dionysos sitzt unter den Zuschauern auf dem Ehrenplatz. Der Gott in seiner Angst bittet seinen Priester um Schutz, wie sonst der Priester ihn darum anzuflehen hat. v. 308. Der Schauspieler Hegelochos hatte einen Vers des Euripides (Orest V. 281,) durch unrichtige Aussprache zum lächerlichsten Unsinn verkehrt.
v. 3 1 2 — 3 2 5
283
Die Frösche.
Xanthias. Beim Zeus! Dionysos. ( k o m m t w i e d e r /.um V o r s c h e i n . )
0 W e h und W e t t e r , wie erblasst' ich, da ich sie sah Xanthias. ( a u f 9. In den Thargelien wurden zwei üffenflLeh ernährte Elende getödtet als allgemeines Siilniopfer.
v. 764—7 78.
305
Die Frösche.
ZWEITER
ACT.
( A i a k o s , X a n t l i i a s k o m m e n mit e i n a n d e r , w ä h r e n d m a n i m P a l a s t d e s P l n t o n v o n Z e i t 7.u Zeit l ä r m e n h ö r t . )
Aiakos. So wahr mich Zeus E r r e t t e r , recht ein adlig Blut Ist doch «lein H e r r ! Xantliias. W a r u m denn nicht ein adlig Blut, T)a er in der Welt ja nichts wie Wein und W e i b e r weiss! Aiakos. Und dass er dich nicht geprügelt, da dir doch ins Gesicht Bewiesen wurde, dass du Sklave dich H e r r g e n a n n t ! Xantliias. W a r ' schlecht ihm b e k o m m e n ! Aiakos. 's war ein ächter Sklavenstreich, Den du da gemacht hast, ganz wie sie auch mein J u b e l sind! Xantliias. Dein .Jubel? sprich! Aiakos. Wie im siebenten Himmel bin ich dir, W e n n ich in der Stille fluchen k a n n auf meinen H e r r n ! Xantliias. Nicht wahr, in den Bart dir brummen, wenn du den Buckel voll Bekommen hast und wieder hinaus gehstV Aiakos. F r e u t mich sehr! Xantliias. Und in Alles dich mischen V Aiakos. Weiss mir gar nicht L i e b e r e s ! Xanthias. 0 du Zeus verwandter Seelen! und behorchen, was Die H e r r n mit einander s p r e c h e n ? Aiakos. Bin ganz toll darauf! Xantliias. Und das sogleich denn weiter p l a u d e r n ? A r i s t o p h a n e s W e r k e . I I . 2. A u f l .
20
306
Bio Frösche.
v. 779—798.
Aiakos. Ich? so walir, W e n n ich das 'mal tliun kann, ja so läuft's gleich über bei mir! Xantliias.
ü B r u d e r Herz du! da, schlag' ein und küsse mich Und lass ilicli küssen, und sag' mir ehrlich, H e r z e n s f r e u n d , Beim grossen Zeus, dem uns gemeinsamen P r ü g e l p a t r o n , W a s ist da drinnen f ü r ein G e s c h r e i und Mordskandal Und Ausgeschimpf? Aiakos. Von Aischylos und E u r i p i d e s ! Xantliias.
So! Aiakos. Ks hat ein Streit, ein grosser, grosser Streit sich hier. Bei den Todten erhoben, förmlich A u f r u h r und Crawall — Worüber V
Xantliias.
Aiakos. E s gilt in Betreff der Künste liier ein Gesetz, Dass, wer in einer von denen, die schön und edel sind Von seinen Kunstgenossen allen der Besten ist, Die Ehrenspeisung, die in der Prytanei, dazu Zunächst bei Pluton einen Sitz erhält, — Xantliias. Versteh! Aiakos. Bis ein a n d r e r herkommt, der ih derselben Kunst noch mehr Als j e n e r k a n n ; a b t r e t e n muss er dann den T h r o n . Xanlhias. W a s hat denn aber jetzt den Aischylos aufgestört? Aiakos. E r war es, der den tragischen Thron bisher besass Als u n b e s t r i t t e n e r Meister der Kunst. Xantliias. Und wer denn jetzt ¥ Aiakos. Als drauf E u r i p i d e s hergekommen, t r a t er gleich Vor den Beutelschneidern, Taschendieben, Gaunervolk, v. 7S8. „Die Unterwelt ist Abbild der Oberwelt E i n Athenisches Gesetz bes t i m m t e dem besten unter den M i t k ü n s t l e r n Keköstigung und Vorsitz im P r y t a ncion." Voss.
307
Die Frosche.
V. 799 — 820.
Den Vatermördern und a n d r e m Lumpengesindel auf, Die im H a d e s liier die Menge sind. Als diese nun Sein mancherlei Einwurf, W e n n und Aber, Kniff und Pfiff Gehört, da jauchzten sie, nannten den weisesten Dichter i h n ; So aufgehlasen nahm er den Thron, drauf Aischylos Noch sass, in Anspruch. Xauthias. Trieb man ihn nicht mit Steinen fort? Aiakos. Bewahr', vielmehr schrie laut das Volk, ein Kunstgericht Zu halten, wer v o n ' b e i d e n der grössere Meister sei, — Xauthias. Das Schelmen-Volle? A iakos. Weiss Zeus, man hätt's im Himmel gehört! Xauthias. Und t r a t e n A n d e r e nicht auf Seite des Aischylos? A iakos. Die Zahl der Guten ist liier gering, wie bei euch ja auch. Xauthias. W a s ist denn Pluton nun gewillt dabei zu tliun ? Aiakos. Gleich einen W e t t s t r e i t einzurichten und Kunstgericht Zu halten von Sachverständigen. Xauthias. Aber hat denn nicht Auch Sophokles A n s p r u c h auf den fraglichen T h r o n gemacht? Aiakos. D e r wahrlich nicht; er küsstc vielmehr den Aischylos, Sobald er kam, und drückte herzlich ihm die H a n d ; U n d wieder ihm bot j e n e r an den M e i s t e r t h r o n . Doch will er jetzt n u r , wie Kleidemidcs gesagt, Im zweiten Treffen bleiben, und wenn Aischylos siegt, Dabei es lassen; siegt er nicht, so wird er selbst Mit E u r i p i d e s d u r c h k ä m p f e n den Kampf der Meisterschaft. v. 817. Von Kleidemidcs wussten 'Schon die alten E r k l ä r e r nichts; sie verm u t h e n , er sei Sophokles Schauspieler gewesen; „Sophokles h a t , wie er denn still und geräuschlos ist, sich nicht im lteden sondern im Thun gezeigt, nicht lau! angekündigt, dass er mit Euripides den Kampf fortsetzen wolle, sondern er hat es nur dem Kleidemides, seinem Vertrauten gesagt, durch den es herausgekommen ist." Welcker. ¿0*
308
Die Frosrhe
v. 821—847.
Xanthias. W a s wird's d e n n werdeil? Aiakos. So mir Zeus, in k u r z e r F r i s t L u d an diesem P l a t z l o s b r e c h e n wird des K a m p f e s W u t l i ; Auf einer W a g e wird m a n wiegen die M u s e n k u n s t — Xantliias. N e i n sag', die T r a g ö d i e , förmlich lotii- und q u e n t c h e n w e i s ' ? Aiakos. H e r b r i n g e n sie gleich liichtholz und Kilo f ü r W o r t und Vers, Und Z i e g e l f o n n e n , i h r e l ' a t z e n zu s t r e i c h e n drin, Und Zirkel, Kautel, W i n k e l m a a s s ; denn E u r i p i d e s Verlangt die T r a g ö d i e n d u r c h z u m e s s e n Vers f ü r Vers. Xantliias. Ich k a n n ' s m i r d e n k e n , wie das d e n Alten w u r m e n wird. Aiakos. G e s e n k t e n H a u p t e s s t a r r t ' e r stierwild vor sich hin. Xantliias. W e r wird denn r i c h t e n ? Aiakos. l ) a s e r g a b viel Schwierigkeit, D a hier an k u n s t v e r s t ä n d i g e n L e u t e n M a n g e l ist; Denn selbst die A t h e n e r w a r e n dem Aischylos nicht g e r e c h t . Xanthias. W o h l weil er i h r e r die meisten f ü r Schelm' und S c h u f t e h i e l t ? Aiakos. Und d e n Rest f ü r allzu damisch, um ü b e r Dichtergeist U r t h e i l e n zu k ö n n e n .
E n d l i c h d a n n v e r t r a u t e n sie
Ks d e i n e m H e r r n an, da er d e r K u n s t doch k u n d i g sei. J e t z t a b e r lass uns n u r h i n e i n g e l i n ; d e n n wenn erst Die H e r r n in E i f e r g e r a t h e n , k r i e g e n wir leicht was a b ! (beide all.) Chor. F u r c h t b a r grollen im I n n e r e n wird d e r gewaltige D o n n r e r , Sieht er d e n stiehelgeschwätzigeii F e i n d zum K a m p f d e r E n t s c h e i d u n g Spitzen den Z a h n ; j a er wird in e r s c h r e c k e n d e r W i l d h e i t R o l l e n s e i n e r A u g e n Glutli! D a n n giebt's m i i h n e n u m f l a t t e r t e n Kampf d e r g e h a r n i s c h t e n W o r t e , K e c k l i c h gewitzeltes Spitzengeschwätz, F e i l s p i i h n e d e r W e r k e , W e n n sich d e r M a n n vor des g e n i u s f l a m m e n d e n Alten Rossgleich stampfigen W o r t e n w e h r t !
v. 8 4 8 - 8 7 0 .
309
Die Frösche.
Schüttelnd nackcnuinsträubcnden H a a r s unverkünstelte Mähne, F ü r c h t e r l i c h runzelnd die dräuende Stirn, wird brüllend er schleudern Balkenverklamiriei'te Worte, wie Ribben vom Sohiffskiel Brechend sie mit Kiesenwucht ! D a n n wird zierlich die mundgenialc, die sylbengefeilte Zunge behenden Geschwirrs und mit regsam hämischer Kiefer W o r t e zerknickend, zerstiiekend, zersubtilisiren Riesenarbeit vollster Brust!
(Die
.Srene
h'ilt
/.uerstem,
neMaltet
auch
S o p h o k l e s .
sich
dann
al.Tiiliunal.
I ' l u t u ,
um
ruhig
J > i n y s o s z w i s c h e n
rler s e i n e n ilein
Streile
geiatli.
K u r i p i i l e s
Klirenplat/. einniniml . zuzuschauen,
\Yati-eliaalen
n. s
neben
ihm
entflieh D i e n e r .
mul
A i * c h y.l o s
ein leerer T h r o n ; mit
allerlei
Me.s.s-
\v.
Euripidcs. Aufgeben werd' ich nicht den T h r o n ! spar' deinen Rath. Denn dessen Meister rühm' ich mich in unsrer K u n s t ! Dionysos. Was, Aischylos, schweigst du? H ö r s t du seine Rede d e n n ? Euri]>i(les. Kr spielt den f e i e r l i c h e n zuerst, womit er auch In seinen Tragödien stets zu imponiren pflegt! Dionysos. T o l l k ü h n e r Mensch! nicht sprich mit allzugrossem Mund! Euripidcs. Wohl kenn' ich diesen, habe längst ihn schon erkannt, Den UiigethUmesschöpfer mit dem h o e h m a u r g e n Trotz, Dess' Zunge zaumlos, ungebändigt, ungethort, Unüberreclsam, krachgebälkwortsehmetterlich! Aiscliylos. W a h r h a f t i g , Sprosse j e n e r Gartengöttin du! Und das du mir, du Gassengeschwätzbelauschpoet. Du Bettelheldenschöpfer, L u m p e n j ä m m e r l i n g ! Nicht dir zu F r e u d e sprachst du so! Dionysos.
Halt, Aischylos!
L a s s nicht so grimmig kochen deiner Gallen W u t h ! v. 866. Nach einem Verse des Euripides: „Wahrhaftig, Sprosse jener Wassergöttin du."
310
Die Frösche.
v. 871—893.
Aiscliylos. M i t Nichten, eli' ich k l a r von diesem ilargethaii, D e m Krüppeldichter, welch' ein L u m p er so frech sieh spreizt! Dionysos. E i n Lamm, ein schwarzes Lamm, ihr Bursche, bringt mir schnell! D e n n wilder Orkan steigt wetterwolkenhaft herauf! Aiscliylos. O der du Kretischen I l u r g e s a n g zusammenfeilschst LTnd widernatürliche E h e n einführst in die Kunst — ! Dionysos. O massige dich, höchstwürdiger Meister Aiscliylos. D e m Hagelwetter, a r m e r F r e u n d .Euripides, E n t f l i e h ' in aller Eile, wenn du bei Sinnen bist, B e v o r er mit einem llaupt- und Kernwort grimmig dir D a s Gehirn zerschmettert, dass du den Teleplios d r a u s verlierst! Du aber, Aischylos, nicht mit Grimm, nein, sänftiglicli P r ü f selbst und lass dich p r ü f e n . So sich auszuschmähn W i e I l ü k e r w e j b e r , passt sich doch f ü r Dichter nicht. Du sprühst ja und knatterst gleich wie Eichenbolz im E e u ' r ! Euripides. Ich bin erbötig und versag' es nicht, zuerst Zu zwicken oder mir zwicken zu lassen, wie cr's mag, Die Reden, die Chorgesänge, des T r a u e r s p i e l e s Nerv, Ja, so mir Zeus, den l ' e l e u s auch, den Aiolos, D e n Meleager und sogar den Teleplios! Dionysos. W a s aber gedenkst denn du zu tliun? sprich, Aiscliylos! Aiscliylos. Ich wünsche gar nicht Streit mit ihm an diesem Ort, D e n n nicht mit gleichen Waffen kämpfen wir! Dionysos. W i e so? V. 873. Dell T y p h o , den wilden O r k a n , zu beschwichtigen, opferte man ein schwarzes Lamm. v. 875 Der Kretische Hurgesang' ("wörtlich „Monodien") ist von den alten E r klärern auf mannigfache Weise gedeutet. Widernatürliche E h e zwischen Geschwistern kam z. Ii. vor im Aiolos des; Euripides. J l a n vergleiche auch Wolken v. 1380. v. 881. Nicht das Gehirn, sondern die lahme Telephostragödie, als Inbegriff seiner Gedanken, wird Euripides aus dem Kopf verlieren.
v. 894—916.
I)ic Frösche.
Aischylos. Weil nicht mit mir gestorben nieine Poesie; Mit jenem ist sie's, also, class er zu r e d e n hat. Indessen, da es dir so beliebt, so muss ich schon. Wohlan denn, W e i h r a u c h Damit wir b e t e n vor dem Den Streit zu entscheiden Ihr aber singt den Musen
Dionysos. bringe man mir und F e u e r her, kunstgewandten Kampf, musenkunstverständiglichst; irgend ein hübsches Lied.
(während Altar und Weiliniui-li gebracht und Alles zum Opfer eingerichtet w i r d , siii^t der Chor folgendes Lied.i
Chor. Musen, ihr lauteren, keuschen, des Zeus neun J u n g f r a u n , die ihr beschirmt die ergrübelten feinen Ideen Kunstreich schaffender Männer, so oft sie mit gründlich studirten, Künstlich g e f ü h r t e n Finessen bewehrt sich entgegen im Kampf stelin, Kommet zu schaucn die W u n d e r g e w a l t Beides so mächtigen Mundes, so mächtig F l u t h e u d e n W o r t e s und Versegefiirrs! D e n n der e r h a b e n e Kampf l i e b e r die Meisterschaft, jetzt wird er losgehn! Dionysos. Nun betet i h r auch beide, bevor ihr die Verse sagt! Aischylos. (opfernd.)
Demeter, einst du meines Geistes N ä h r e r i n , 0 lass mich würdig deiner heiigen Weihen sein! Dionysos. Nun nimm und streu' auch du von dem W e i h r a u c h ! Euripides. D a n k e schön! D e n n a n d r e Götter sind's, die i c h a n r u f e ! Dionysos. So? W o h l ganz besondre, n e u e n Schlages? Euripidcs. Allerdings! Dionysos. Wohlan, so r u f e deine b e s o n d e r e n Götter a n ! v. 894. E i n Volksbeschluss hatte bestimmt, dass Aischylos Tragödien auch nach seinem Tode noch aufgeführt werden sollten.
312
Die Frösche.
v. 9 1 7 — 9 4 3 .
Euripides. 0 Aether, raeine Weide, du d e r Zunge Rad. 0 Wissen du, o spürgewisse Nase du, Lasst, was mir vorkommt, mich erweisen als dumm und schlecht. Chor. Auch wir sind ganz ausnehmend gespannt, Von dem Talent der zwei zu hören E i n Poesiescliaugefechte. T r e t e t den kundigen W e g denn a n ! Beider Mund ist kampfeswild schon, Beider B r u s t höchst wagemuthig. Beide leichtgereizten Sinns! W o h l erwarten also lässt sich, J e n e r wird geistreiche Dinge Sprechen, feingeschnitzeltc, Dieser dann Urwaldeswortc Wurzeltief ausreissend sturmgleich Ueberstürzen Die elegante V e r s f a b r i k !
Dionysos. N u n hurtig fangt zu r e d e n a n ; n u r macht mir gute Spässe; Bringt weder Bilder an, noch sprecht, wie j e d e r andre spräche. Euripides. So mag von meiner Wenigkeit, was ich in D i c h t k u n s t leiste Zu allerletzt die Rede sein; erst will ich dem beweisen, Wie P r a h l e r , Haselant er war, mit was f ü r Zeug er täuschte Das Publikum, vom P h i y n i c h o s hübsch dumm ihm vorbereitet! E r s t setzt er einzeln irgend was wer weiss wie tief vermummelt Als Niobe, Achilles hin, F i g u r e n bloss und P u p p e n Und Trauerspiels Aushängeschild, die dann auch nicht 'mal muks'ten. Dionysos. Bewahre, gar nicht-! v. 939. P h r y n i c h o s war ein Schüler des Thespis und führte das voii diesem Begonnene in der W e i s e aus, dass er wohl auch Erfinder der Tragödie genannt wird. Man pries an ihm besonders die Cliorgcsänge, die der H a u p t b e s t a n d t e i l der ältesten Tragödie waren. v. 941. Aischylos hatte Trilogien gedichtet von dem Schicksal der N i o b e , von .Achills Zorn; Aischylos lässt, nachdem der Mutter ihre K i n d e r , dem Helden der Freund getödtet i s t , zum Ausdruck des tiefsten Schmerzes die Trauernden tief verh ü l l t und in sich versunken dasitzen an dem Grabe der K i n d e r , bei der Leiche des Freundes.
V. 944—959.
Die Frösche.
313
Euripides. D o c h d e r Chor, l o s s t ü r m t ' er L i e d auf L i e d e r Olm' U n t e r l a s s , v i e r f a c h e n S t u r m auf j e n e ; doch sie schwiegen! Dionysos. Mir m a c h t e doch das Schweigen S p a s s ; ich h a t t e d r a n V e r g n ü g e n Nicht m i n d e r als am Schwatzen j e t z t ! Eiiripides. D u w a r s t da noch ein Pinsel, Das glaube mir! Dionysos. Ich glaub' es a u c h ! W e s h a l b n u r tliat er dieses? Eiiripides. Diinslmacherei, damit g e s p a n n t die H ö r e r süssen lauschen. W e n n Niobe was sagen wiird'; so schlich und schlich das Schauspiel. Dionysos. K r z s c h u r k c d e r ! dass ich von ihm so ü b e r ' s Ohr g e h a u e n bin! W a s r e c k s t du dich u n d zuckst den M u n d ? Eiiripides. W e i l er zunicht g e z a u s t wird! Dann, wenn e r g e n u g so maulgeaft't, u n d endlich bis zur H ä l f t e Das D r a m a war, so gab's ein zwölf Stück W o r t e büffelinäss'ge, ( i e s t r ä u b t e r M ä h n e , r o l l e n d e n Blicks, f u r c h t w e c k e n d gleich G e s p e n s t e r n , Ganz u n b e k a n n t dem P u b l i k u m , Aischylos. 0 wehe! Dionysos.
Sei doch stille!
Eiiripides. V e r s t ä n d l i c h war kein einziges — Dionysos. W a s soll das Z ä h n e k n i r s c h e n ! Euripides. S k a m a n d r e n u r , F e l s w ä l l e gab's, G r e i f a d l e r , e r z g e t r i e b n e . G e n i e t e t fest auf Schildes R u n d , s t u r z j ä h e s W o r t g e s c h w i n d e l , Dess' Sinn n i c h t leicht zu r a t h e n war. v. 957, Der Scholiast bemerkt, Aischylos sei stark im Nennen von Bergen und Flüssen gewesen; das ist eben so richtig wie verkehrt. Aischylos fasst die grossen Formen der Natur, die hervortretenden Eigenthümliehkeiteu der Länder, die er gesehen oder von denen er gehört, gern in seiner einfach grandiosen Weise auf, lind Schilderungen wie die vom Aetna-Ausbruch, von dem Wege der Feuersignale aus Troja nach Argos, von den Irren der Jo, von den Wanderungen des Herakles sind von dem grossartigsten Eindruck — und voll von geographischen Namen.
314
v. 960—980.
Die Frösche.
Dionysos. So wahr mich Zeus, ich sag' dir, I c h habe lange Zeit einmal geschlafen Nacht auf N a c h t nicht, N a c h g r ü b e l n d , was für ein Vogel denn d e r b r a u n e Streitrosshahn ist! Aischylos. Als Zeichen auf des Schiffes Bug, o wirrer Kopf du, liaiint' icli's! Dionysos. Vom Sohne des Philoxenos, dem E r y x i s verstand icli's! Euripides. U n d passt sich's, dass im T r a u e r s p i e l ein I l a h n auch nur genannt wird? Aischylos. W a s Hinge sind's, Gottloser du, die g a r bei dir g e n a n n t sind! Euripides. Kein R o s s h a h n , liockhirscli, wahrlich nichts von solcherlei Unholden, W i e man in Mederteppiclien wohl sie künstlich sieht gewoben; Vielmehr, sobald aus deiner H a n d die Kunst ich überkommen, Geschwollen hoch von stolzem Pomp und ungeschlachten W o r t e n , So mergelt' ich zuerst sie ab und mindert' ihre Schwere D u r c h kleine Vers' und W a s s e r c u r und Zittwersaam' und Kerbel, Mit Saftehen feinster Psychologie, aus Büchern wohl erlesen; Monologe bekam sie dann, gemischt mit Kcphisophon, zu essen. Nicht schwatzt' ich, was in den Mund mir k a m , nicht mengt' ich All' und J e d e s ; Nein, wer zuerst a u f t r a t , den liess ich gleich den Stammbaum n e n n e n Fiir's ganze Stück. Aischylos. T r a u n besser dir, als liätt' er g e n a n n t den d e i n e n ! Euripides. Sodann von den ersten Versen an, nichts liess ich miissig dastehn, Nein nein, es sprach mir da die F r a u , desgleichen sprach der Sklave, E s sprach der Mann, das Tochterlein, das alte Weib. Aischylos. D a s wagend W a s hast du anders als den Tod d a f ü r v e r d i e n t ! v. 962. W e r der Philoxenossohu E r y x i s gewesen, wissen wir nicht der Scholiast sagt: er werde als mi.ssgestaltet und widerwärtig durchgezogen. Der Vater, ein Schüler des Anaxagoras, ist von Aristophancs einige Jlale genannt. v. 972. „ K e p h i s o p h o n , Knecht des Euripides und Nothknecht bei der F r a u und beim Versemachen." Voss. v. 973. Den Stammbaum der betheiligten Personen sanimt allem Anderen, was andere Dichter in einer kunstvoll geführten Exposition zur Kenntniss des Publikums bringen, macht Euripides mit seinen verrufenen Prologen in der Art ab, dass irgend eine Person ganz trivial den s l a h i s l ausac auseinandersetzt.
v. 981 —997.
315
Die Frösche. , Euripides. Bewahre!
A e c h t d e m o k r a t i s c h w a r e s ja, — Dionysos. D a s l a s s nur l i e b e r , F r e u n d c h e n , D e n n diese Geschichtcn sind fürwahr nicht deine starke Seite! Euripides. D a n n s p r e c h e n hat b e i mir das V o l k g e l e r n t — Aiselijlos. Ja freilich, freilich, U n d so, d a s s cli'r dir m i t t e n d u r c h d e r B a u c h hätt' m ü s s e n r e i s s e n ! Euripides. N a c h R e g e l n der K u n s t zu W e r k e gelin, a b z i r k e l n Zeil' um / e i l e , B e m e r k e n , d e n k e n , sehn, v e r s t e h » , b e l i s t e n , l i e b e n , s c h l e i c h e n , A r g w ö h n e n , l ä u g n e n , h e r u n d hin e r w ä g e n . Aiscliylos. Freilich, freilich! Euripides. D a r s t e l l t ' ich I l a u s und Hof, w o r i n wir l e b e n und wir w e b e n , U n d g a b m i c h so d e m U r t h e i l l ' r e i s , da j e d e r , d e s s e n K e n n e r , Urtheilte über meine Kunst.
N i c h t p a u k t ' ich und posaunt' ich
Trotz a l l e m g e s u n d e n M e n s c h e n v e r s t a n d , n o c h setzt' ich in E r s t a u n e n , Mit K y k n o s , M e m n o n waffenstolz auf S c h e l l e n z a u m e s g a u l c n . A u c h wird m a n s e i n e S c h ü l e r l e i c h t v o n m e i n e n u n t e r s c h e i d e n . S e i n F r ü c h t c h e n ist P h o r m i s i o s , M c g a i n e t o s d e r K e u l n c r , Trompetengrimmbartslanzcnvolk,
ziihneknirschctichtcnbcuger;
A u s meiner Schule Klcitophon, Theramenes, der feine! Dionysos. T h e r a m e n e s ? e i n w e i s e r M a n n , in A l l e m a u s g e z e i c h n e t , v. 992. Aischrlos liebt clfectvollcs Auftreten, impouirende Gestalten. Kyknos der Itiesensohn Poseidons, kämpft gegen Achill, und wirft, um ihn zur Verzweiflung zu bringen, alle Bedeckung mit Holm von sich; er, das Poseidonische Ungeheuer, ringt mit dem Peliden in dem Aischyleischen Stück. In der Trilogic Aithiopis liess Aischylos den Wohn der Eos, den Mcnmon zu Ross auf die Huhne kommen, zum Kampf gegen Achill. v. 994. P h o r m i s i o s , der Mann mit furchtbarem Hart, s. Ekklesiazuscn v. 97, den er nach Spartanischer Mode trug; er war wenige Jahre später in der rerufenen Gesandtschaft an den Perserkönig, die der Komiker Plato in seinen „Gesandten" durchhechelte. — M e g a - i u e t o s , sagt der Scholiast, war einer von denen, die Feldherr zu werden strebten; die Bezeichnung „Kculner" ist willkührlich gewählt, der nicht sichre Text nennt ihn entweder Magnesier oder mit dem Sklavennamen Manes. v. 996. K l c i t o p h o n , der Sohn des Aristonymos, derselbe nach dem ein riatonisches Gespräch benannt ist, war Schüler und Bewunderer des Sophisten Thrasymachos, so wie Theramenes des Prodikos, also beide nach der neuen Mode gebildet.
316
Die Frösche.
v. 998 — 1030.
D e r wenn er in Gefahr g e r ä t h und schon verloren seheinet, Sieh aus der Schlinge weiss zu zielin, kein Chier. sondern Schleicher. Enripides. Ich allerdings hab' J e n e n rings Dergleichen Weisheit eingeimpft, Indem Gedanken und Begriff D e r Kunst ich lieh; so dass denn hier Jetzt j e d e r m a n n philosophirt, Und Haus und F e l d und Hof und Vieh So klug bestellt wie f r ü h e r nie, Stets forscht und sinnt: WarumV wozu? w e r ? wo? wie? was? Wohin kam diess? wer nahm mir das? Dionysos. J a wahrlich, jeder Athener jetzt, sobald er nur sein Haus betritt, Gleich schreit er los auf sein Gesind l ' n d forscht: wo ist der Topf mir hin? W e r hat den Heringskopf stipitzt? Vom vorigen J a h r das T r i n k g e s c h i r r H a t auch das B r e c h e n wohl g e k r i e g t ? W o ist der gestrige Knoblauch hin? W e r naschte den F e i g e n r e s t vom Tisch? Wogegen sonst einfältiglichst Mit offnem Maul duckmeiscrlichst Die guten Kerle glaubten! Chor. „Auch P a t r o k l o s musste sterben."Sprich, wie willst du drauf e n v i e d e r n ? Hüte dich nur, Dass d e r Zorn nicht zügellos Aus der R e n n b a h n fort dich reisse, Da er so schnöder Schuld dich zeihet ; Hüte dich nur, du stolzes Herz, W i d e r ihn mit Zorn zu reden, Nein, mit eingerefften Segeln, N u r am Top ein leichtes Leysäl, v. 999. Das Griechische hier für das Sprichwort: „ K e i n Chier, sondern K i e r , " das um so passender ist, da man dem Theramenes, dem Sohn des H a p i o n , vorwarf, nicht iichter Athener zu sein. y. 1021. Der Vers ist aus den llyrmidonen des Aischylos. v. 1030. W a s man nennt „von Top und Takel treiben!"
V. 1 0 3 1 — 1 0 4 9 .
Die F r ö s c h e .
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Treibe, treibe ganz gelassen. Abzupassen, W e n n du guten F a h r w i n d fassen, F e s t e n Strich gewinnen kannst! Chorführer. Auf, der du von allen Hellenen zuerst nufthürmtest erhabene P h r a s e n Und dem tragischen Spiel Pomp gabst und K o t h u r n , auf, öffne die brausende Schleuse! Aischylos. Es empört mir das Llerz, dass ich s o liier stell', und es kocht mir das Blut in den Adern. Dass ich diesem ein Wort noch entgegenen soll; doch er könnte sich Ich verstummte vor ihm!
g a r noch berühmen, So sag' m i r , was ist's, weshalb man den
Dichter bewundert V Euripiries. Der gebildete Geist, die B e l e h r u n g ist's, und dass wir bessern die Menschen In den Städten. Aischylos. Doch wie, wenn so wenig von d i r sie zu besseren Menschen gemacht sind. Dass du sie vielmehr aus edel und brav umschufst zu den kläglichsten Wichten, W a s glaubst du dafür zu verdieuenV Dionysos. Den Tod, j a den Tod! nicht frage du i h n erst! Aischylos. So b e d e n k e zuerst, wie an Körper und Geist er von mir einst jene bekommen, Voll Adel die B r u s t , voll zwölf Zoll hoch, nicht H a s e n p a n i e r e s h e r o e n . Nicht W T itzelgesehmeiss. nicht Affen des M a r k t s , so wie jetzt man sie sieht, noch Hallunken, Nein, W u r f s p e e r schnaubend und Lanzen und Schwert und des Helms weissbuschiges D r ä u e n Und des Harnisch W u c h t und Schienen und Schild und siebengelniuteten W e h r m u t h ! Euripides. ( f ü r sich.)
Jetzt steigt mir so wahr die Geschichte zu Kopf! Dionysos. ( f ü r sich.)
T a u b macht mich das Waffengehämmer!
318
Die Frösche.
v. 1050—1062.
Enri]>iides. Beim Zeus, denn die Huld Aphrodites war dir versagt stets. Aiseliylos. M a g sie es bleiben! Doch dir in d e r That und den Deinigen h a t sie siel» hold, so hold sich erwiesen, Dass sie endlich dich selbst ins V e r d e r b e n gestürzt! Dionysos. So mir Zeus, das ist die Geschichte! v. 10G7. P a n t a k l e s , den auch Eupolis „den linkischen genannt hat, wird jene lustige Ungeschicklichkeit wohl bei den I'anathenaen begangen haben; er wird Hippareh gewesen sein, also der Vornehmen einer. v. 10G9. Das ist der früher von Aristophanes so gründlich verspottete I.amai hos (s. Aeharner'), der als Feldherr in Sicilien gefallen war. v. 1074. Die Stheneboia liebte den Hellerophon u. s. w. s. Thesmoph. v. 395.
320
Die Frösche.
v. 1079 —1093.
D e n n was du auf F r a u ' n von A n d e r n gesagt, hat selbst dich am E n d e betroffen! Euripides. W a s Schaden denn h a t , du t r a u r i g e r M e n s c h , Stheneboia dem Staate gestiftet V
Aischylos. Dass geachtete F r a u ' n , ilass Gattinnen du von geachteten M ä n n e r n bewogen Zum Schirlingstrank, um der Schande zu Hielin, der sie dein Bellerophon P r e i s gab! Euripides. Und fand ich die Sage von Phaidra denn nicht schon vor? lnib' ich sie erfunden'! 1 Aiscliylos. Wohl fandst du sie vor; doch das Schändliche soll, ja d e r Dichter er soll es verhüllen. Ausführen es nicht, noch der Bühne vei t r a u n ; denn so, wie den Knaben der L e h r e r Da i s t , zu erziehn sie f ü r Tugend und Hecht, so dem reiferen A l t e r d e r Dichter. D r u m müssen wir stets n u r sagen, was frommt. Euripides. Und wenn d u Lykabettosgebirge U n d P a r n a s s i s c h e Höhn in das Ohr uns d r ö h n s t , heisst d a s dann lehren, was frommet. W o man menschlich zu sprechen die Pflicht doch h a t ? Aiscliylos. Armseliger, grossem G e d a n k e n Und erhabenem E r n s t inuss Klang, muss W o r t nothwendig entsprechend geformt sein, Und der Halbgott muss, wie von selbst sich v e r s t e h t , sich e r h a b n e r e r Worte bedienen; E r erscheint ja doch auch weit h e h r e r wie wir und g e s c h m ü c k t e r in seiner Gewandung. Das Alles, von mir wohl weislich erdacht, du hast es verhunzet! Euripides. Wodurch denn? v. 1080. Euripides soll, weil die Komiker ihn fortwährend als Hahnrei verhöhnten und die Unzucht seiner F r a u mit Kephisophon ans Lieht brachten, aus Athen fort nach Makedonien gezogen sein. v. 1082. Dieser Auesserung liegt gewiss eine auffallende stadtkundige Geschichte zum Grunde, die uns aber unbekannt ist.
v. 1094—11(1».
Die Frösche.
3*21
Aiseliylos. Fiir's Erste, du Messest in L u m p e n gehüllt auftreten, die Könige waren, Um des Mitleids wertli sie zu zeigen dem Volk! Enripides. W a s hab' ich damit denn geschadet! Aiseliylos. Drum will niemand von den Reichen hinfort pflichtmässig dem Staat T r i e r a r c h sein, Nein lumpenumhüllt lamentirt er laut, und sagt, dass er bitterlichst a r m sei! Dionysos. Und trügt-, so mir Zeus, doch ein feines Gewand von d e r t h e u e r s t e n Wolle d a r u n t e r , Und kommt, wenn er durch mit den Lumpen sich log, auf dem Fisclnnarkt wieder zum Vorschein. Aiseliylos. F ü r s Zweite, du hast auf Geschwätz sie gelehrt sich zu legon und Zungengewandheit, Die den Ringhof jetzt ganz öde gemacht,, die zu Schanden gemacht das Gesäss hat Der j u n g e n , der zungengenudelten H e r r n , und das Schift'svolk trotzig dem H a u p t m a n n , Und seinem Gebot sich zu weigern v e r f ü h r t ; als i c h noch l e b t e , beim Himmel Da wussten sie nichts, wie nach Zwieback schrein und ihr Hoihio r u f e n zur Arbeit. Dionysos. Ja so wahr mir Apoll, und farzen dabei in des achteren R u d e r e r s Antlitz Und dem L a g e r c u m p a n anseichen den W a m m s , und gelandet den W a n d e r e r hudeln; Jetzt n u r raisoniren, und r u d e r n nicht mehr, H i n f a h r e n und her in die Kreuz und die Quer! Aischylos. W e l c h Uebel denn nicht schreibt h e r sich von ihm? v. 1099. Die Gutschmecker, die für Gaumenkitzel Geld übrig haben, aber dem Staate und ihrer Pflicht sieh entziehen, gehn auf den Fisehmarkt sich Leckerbissen holen, s. Friede v. 986. v. 1105. Der .„achtere" Ruderer ist ein provinzieller Ausdruck, gebildet von „achter," so viel als hinter, was das Hochdeutsche noch in der Form „After" bewahrt hat. Ansto|)liaiic.-i W e r k e . I I .
2. AiiH.
'Jl
322
Die Jrü.vlic,
V. J 110—1135
I l a t er Kuppelnde nicht auf die Bühne geführt, Nicht Schwestern von eigenem B r u d e r stuprirt, Nicht jene, die mitten im Tempel gebiert. Nicht j e n e die „lebt denn, wer lebtV" declaniirtV Das, seht ihr es nicht? das füllte so dicht E u c h die Stadt und den Staat mit Sclnnarotzergczüclit, Volksschmeichlergezücht, Demagogengezücht, Mit dem Schund, der b e t r ü g t und dem Volk stets lügt; Doch die F a c k e l zu tragen im Lauf, wer jetzt Kanns noch bei dem Sinken der T u r n z u c h t ? Dionysos. J a so wahr mir Apoll, und ich lnib' letzt fast An den Panathenii'n mich zu Tode gelacht; Da keucht in die Bahn so ein t r ä g e r Kumpan, Blass, feist und gebückt lahmt hinten er nach Und macht da Grimassen wie toll! so wie das Die K e r a m i e r sahn an den S c h r a n k e n der Bahn, So durchblüun sie ihm Bauch, Brust, Buckel und Arsch, Und er, wie die H a n d ihn so patscht und so klatscht, Mit gewaltigem Krach Ausfurzt er die F a c k e l und flüchtet!
Chor. W i c h t i g e r Handel, mächtiger H a d e r , hitziger Kampf ist aufgeregt! J a zu entscheiden bin ich kleinlaut, W e n n so gewaltig j e n e r dreinhaut, W ä h r e n d sich der versteht zu d r e h e n und ihm geschickte F i n t e n schlägt! Auf und bleibt bei E i n e m Gang nicht; M a n c h e r Angriffspunkt noch beut sich f ü r des Disputes Zwiegcfeclit; v. 1110. So kuppelt in der „ P h ä d r a " die Amme; so begattet l l a k a r e u s seine Schwester Kanake im „Aiolos," so gebahr des Euripides „ A u g e , " und im Polyidos stand: „ W e r weiss denn, ob das Leben nicht ein Sterben ist, und sterben leben"; eine Sentenz, die Euripides auch sonst noch anbrachte. v. 1131. In Athen werden mehrere Feste mit einem Fackellauf gefeiert, namentlich die Panathenäen; die brennende Fackel im möglichst schnellen Laufe zum Ziel oder in des nächsten Läufers Hand zu bringen, erforderte viele Geschicklichkeit; jetzt ist die Uebung so ganz vernachlässigt, dass man selbst die Feste nicht mehr mit gehörigem Anstand feiern kann. Uebrigcns sind die Keramier, da im Kerameikos der Fackellauf gehalten wird, die Aufseher bei dem Spiele, und sie sind befugt, den letzten im Laufe mit den sogenannten „Kerameisclien Schlägen" zu strafen.
V. 113G— 11C2.
323
Die F r ö s c h e .
W a s ihr noch findet euch zu zeihen, Zeigt es, haut und lasst euch hauen W e g e n des Alten, wegen des Neuen, Und bemüht euch, dass ihr recht was F e i n e s und Gescheutes sprecht! Seid ihr aber voll Besorgniss, ob denn auch das Publikum Bildung g'nug hat, aufzupassen Und, was ihr Hohes sagt, zu fassen, Ei, so könnt die Angst ihr lassen; denn man ist nicht mehr so dumm! Alle sind's gediente Leute, J e d e r hat sein Buch und lernt draus, was man jetzt die Bildung heisst; H e r r l i c h schon von N a t u r gewitzet Sind sie so noch zugespitzet! D r u m getrost; wer dorten sitzet, Ist so ganz, dass seinethalb ihr Alles sprechen dürft, voll Geist! Euripides. So werd' ich also gleich an deine Prologe gelin, (zu Dionysos gewaniU.)
Um dergestalt den ersten Theil der Tragödie Zuerst ihm zu kritisiren, diesem grossen Geist! Verworren ist er, wenn er den Thatbestand bespricht. Dionysos. Welch Stück von ihm trifft deine K r i t i k ? Euripides. Gar manches Stück; Zum E r s t e n sag' mir den einmal aus der Orestee. Dionysos. Wohlan denn, sei jetzt j e d e r still! Sprich Aischylos! Aiscliylos. „ 0 Grabeshermes, väterlicher Gewalt getreu, „Sei Retter, sei M i t k ä m p f e r mir, dem F l e h e n d e n ! „In dieses Land gekommen bin ich, heimgekehrt — " Dionysos. Nun hast du in diesem was zu t a d e l n ? Euripides. Dutzendweis'! Dionysos. E s sind im Ganzen der Verse ja doch nicht mehr wie drei! Euripides. E i n j e d e r einzelne hat der F e h l e r ein zwanzig Stück! v. 1157 Diese drei Verse bilden den A n f a n g der C h o e p b o r e n , des zweiten Stückes aus der Tvilogie Orcsteia. 21 *
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v. 11 (',:! —1182
Die Frosclio. Aiscliylos. Du siehst wie er faselt.
Euripides. K a n n mir sclir gleichgültig sein. Dionysos. I c h rath' dir, Aiscliylos, schweige still; sonst siehst du noch Zu deinen drei Schandvcrsen mehr zu Schanden gemacht! Ich diesem schweigen?
Aiscliylos. Dionysos. J a wenn du meinem R a t h e folgst! Euripides.
Gleich hier im Anlauft hast du den tollsten F e h l e r gemacht! Nun, welchen F e h l e r ?
Aiscliylos.
Euripides. Sag' den Anfang noch einmal! Aiscliylos. „Du Grabeshermes, väterlicher Gewalt getreu
"
Euripides. Nicht wahr, es sagt das doch Orestes auf dem Grab Des Vaters, seines todten V a t e r s ? Aiscliylos. Allerdings! Euripides. So meint er denn, dass Hermes, als der Vater fiel G e w a l t erleidend durch des eignen Weibes H a n d In geheimer Arglist, t r e u dabei geholfen h a t ? Aiscliylos. Den H e r m e s der List nicht, sondern den ruhesegnenden. Als Grabeshermes r u f t er ihn an und erklärt zugleich, Dass diese Befugniss väterliches Geschenk ihm sei. Euripides. D a hast du j a ärger, als ich selbst gedacht, gefehlt, W e n n ein väterliches Geschenk die G r ä b e r ihm überwies — Dionysos. So ist er vom Vater wohlbestallter Gräberdieb! Aiscliylos. Dionysos, F u s e l trinkst du wohl an Weines Statt! Dionysos. Jetzt sag' die weiteren! Passe du den F e l d e r n auf!
1183—12ü")
Dio Frösche
325
Aischylos. „Sei Ilclfer, sei Mitkämpfer mir, dem F l e h e n d e n ! „In dieses Land gekommen bin ich, heimgekehrt. — " Euripides. Zweimal dasselbe sagt da der grosse Aischylos! Dionysos. Wie so dasselbe? Euripides. Beachte die W o r t e ; sagt er nicht: „In dieses Land gekommen bin ich, h e i m g e k e h r t ? " H e i m k e h r e n aber ist mit Kommen einerlei. Dionysos. So wahr mich Zeus, wie wenn zum K a c h b a r n einer sagt: Freund,-leih' mir den B a c k t r o g oder auch den Säuertrog. Aischylos. Mit Nichten ist's dasselbe, du haarspaltriger Gesell; d e r Vers ist ohne Tadel durch und durch. Dionysos. Wie so d e n n ? lass mich hören, wie du das sagen kannst? Aischylos. F s kommt ins Land, wer seiner Ileimath nicht entbehrt, W e r ohne weitren Zwang des Schicksals ging und kommt; Doch wer verbannt war, kommt und k e h r e t heim ins L a n d . ' Dionysos. Ganz recht, beim Zeus! was sagst du drauf, E u r i p i d e s ? Euripides. Ich läugne, dass Orest nach Haus' ist heimgekehrt, Denn heimlich kommt er, ohne Genehm der Staatsgewalt. Dionysos. V o r t r e f f l i c h ! wenn ich auch, was du meinst, nicht ganz versteh'. .Jetzt bring' die weiteren Euripides. Verse vor! Dionysos. J a bring' sie vor, Schnell, Aischylos, schnell, und du beachte die F e h l e r d r i n ! Aischylos. „An diesem Grabeshügel, Vater, r u f ich dich, „Vernimm mich, hör' mich — " Euripides. W i e d e r sagt er doppeltes da V e r n e h m e n , hören, was doch durchaus dasselbe ist!
326
Die Frösche.
v. 1206—1227.
Dionysos. E r r u f t j a aber Todte, d u m m e r Kerl, und die E r r e i c h t man doch nicht, wenn man sie dreimal auch beruft! Aiscliylos. W i e machst denn du Prologe? Euripides. H ö r e n sollst du sie; Und sag' ich j e was doppelt, oder findest du Das geringste Flickwort nebenlahmen, so spei' mich an! Dionysos. Wohlan, beginn'! ich habe dann nichts weiter als Zu hören auf deiner Prologe Versgerechtigkeit. Euripides. „Zuerst war Oedipus ein wohlbeglückter Mann — Aiscliylos. Bewahre Zeus! unselig war er, sobald er war; E r , dem, bevor er geboren, ja empfangen war, D e r Gott geweissagt, tüdten werd' er den Vater einst; W i e wäre der zuerst ein wohlbeglückter M a n n ? Euripides. „ D e r beklagenswürdigste aller Menschen ward er dann — Aiscliylos. Bewahre Zeus! nie hat er es aufgehört zu sein! Man denke, wie er, geboren kaum, in Winterszeit In einem Topf wird ausgesetzt, damit er nicht E r w a c h s e n einst dess' M ö r d e r werde, der ihn erzeugt; W i e er dann zum Polybos hingeräth mit k r a n k e m Fuss, W i e er, selbst ein Jüngling, eine- greise Königin, Als seine Gattin heim die eigne Mutter führt, W i e er dann sich selber blendete — Dionysos. Glücklich war er doch, Und hätt' er auch mit E r a s i n i d e s coinmandirt! v. 1207. Es war alte Sitte, den, der in fremdem Lande umgekommen war, dreimal zu rul'en. v. 121.S. So begann der Prolog von Euripides „Autigone." v. 1 227 E r a s i n i d e s war einer der zelm .Feldherren von der Arginusenschlacht; sechs von diesen waren nach Athen zurückgekehrt und unter ihnen wurde zuerst Erasinides verklagt und in Fesseln geworfen; bei ihm begann jener schauderhafte Proeess gegen die hochverdienten J''eldherru, der mit der Hinrichtung aller endigte. — Schauderhaft ist das Unglück und sind die Verbrechen des Oedipus, aber
V. 1 2 2 8 — 1 2 3 7 .
Die Frösche.
327
Euripides. W i e a l b e r n ! aber i c h mache Prologe meisterhaft! Aisehylos. Bewahr' mich Zeus, ilass ich jede P h r a s e dir W o r t f ü r W o r t Durchhecheln sollte! Docli ich mache, will es Gott, Dir alle Prologe jjiit i h r e r alten Leier zu Scliand'. Euripides. Mit der alten L e i e r du meine P r o l o g e ? Aisehylos. Du sollst es sehn. Du dichtest so ja, dass sich alles Mögliche, Selbst alte Leiern, Hundcfelle, Quersäcke Bei dir in die J a m b e n fügen! Gleich beweis' ich dir's! Euripides. Ile, du beweisen! Aisehylos. Allerdings! Dionysos. Beginne n u r ! Euripides. „Aigyptos, wie es viel Gerücht verbreitet hat, w a n n sie noch g r ä s s l i c h e r , w a r e n sie selbst so a r g wie die der F e l d h e r r n der A r g i misen, so wäre A n f a n g s Ocdipus doch g l ü c k l i c h g e w e s e n ; der W i t z ist gesucht u n d 1 rillt n u r z u r H ä l f t e . v. 12.-11. I i i e r beginnt eine Reihe von Spassen m i t derselben P o i n t e , die im (iricchischen durch ein W o r t von der g l ü c k l i c h s t e n V i e l d e u t i g k e i t gebildet wird. Dies W o r t ist L e k y t h i o n , welches zunächst einen k l e i n e n K r u g , den m a n zu ü e l , zu Salben u. s. w. b r a u c h t , d a n n aber a u c h von dem durch einen b e s t i m m t e n E i n schnitt g e l h e i l t e n T r i m e t e r die zweite H ä l f t e Itczeichnet, eben j e n e V e r s h ä l f t e , die n a c h h e r Aisehylos stets a n den E u r i p i d e i s c h e n Anfang- a n s e t z t ; auch der Bedeutung, die bei u n s die „ F e i l e " h a t , ist das W o r t nicht f r e m d ; dazu ist es von ziemlich g e w ö h n l i c h e m K l a n g , etwa wie wenn wir die „ K r u k e " ' sagen. Aisehylos setzt n u n slets an E u r i p i d e s V e r s e : „ v e r d a r b sein L e k y t h i o n , " das heisst: die zweite H ä l f t e seines V e r s e s , und zugleich die E l e g a n z desselben, und zugleich seine K r u k e — u n d zugleich k l i n g t es zu dem p a t h e t i s c h e n A n f a n g des E u r i p i d e i s e h e n P r o l o g s g a n z g e m e i n . I n d e m Aisehylos b e h a u p t e t , dies a n jeden P r o l o g setzen zu k ö n n e n , bezeichnet er die grosse E i n f ö r m i g k e i t a l l e r , so wie die M ö g l i c h k e i t , dass sieh zu E u r i p i d e s D r a m e n ein so c o m m u n c s F a c t u m , w ie das E n t z w e i b r e c h e n e i n e r K r u k e , g a r wohl eignet. — Dies alles i n der Uebersetzung a u s z u d r ü c k e n m u s s t e aufgegeben w e r d e n ; e i n „ O e l g e s c h i r r " wie W e l c k e r , ein „ S a l b g e f ä s s " wie Voss übersetzt, v e r l o r nicht bloss die technische Tiezüglichkeit g ä n z l i c h , s o n d e r n vor a l l e m den g e m e i n e n K l a n g dessen ewige W i e d e r h o l u n g es e i n e m endlich g a n z w i r r e vor den O h r e n werden lässt. W i r miissten u m dem Spass des O r i g i n a l s n a c h z u k o m m e n viel f r e i e r übersetzen, als w i r es u n s zu e r l a u b e n w a g e n ; w i r versuchen es m i t „ d e r a l t e n L e i e r " so weit zu b r i n g e n , als es g e h e n will. v. 12M4. Aisehylos m e i n t n i c h t bloss g e m e i n e W o r t e , sondern a u c h r h y t h m i s c h e N a c h l ä s s i g k e i t e n , die das Deutsche sehr f ü h l b a r a u s d r ü c k t , v. 1237. A n f a n g des Archelaos.
328
Die Frösche
v. 12HS- -125
„Mit seinen fünfzig Söhnen rudersclmellen Kiels „Gen Argos s t e u e r n d " — Aisehylos. Stimmte die alte Leier a n ! Dionysos. W a s ist denn das mit der alten L e i e r ? sie soll-dafür
-
Noch einen Prolog lier, dass er ihn eben so versucht! Euripides. „Dionysos, der, mit Thvrsos und geflecktem F e l l „Geschmückt des Hirsches, u n t e r F a c k e l n im I ' a r n a s s „Im Tanz u m h e r s p r i n g t " — Aiscliylos. Stimmt die alte L e i e r a n ! Dionysos. Weh, weh, die alte Leier fällt schon wieder ein. Euripides. H a t nichts zu sagen; an diesen Prolog nicht soll er mir Die alte Leier anzuhängen im Stande sein! „Ks lebet niemand, der in Allem glücklich ist; „ D e r eine, edlen Blutes, hat zu leben nicht, „ D e r niedren S t a n d e s " — Aiscliylos. Stimmt die alte Leier an! Dionysos. Euripides! Euripides. W a s giebt es? Dionysos. Zieh' die N a u e ein; D e n n schweres W e t t e r bringt die alte Leier d i r ! Euripides. Bewahr' D e m e t e r , dass ich mich darum k ü m m e r e ! Jetzt wird sie im Nu ihm aus der H a n d geschlagen s e i n ! Dionysos. N u r zu, und halte dich j a von der alten L e i e r f e r n ! v. 1242. Anfang der H y p s i p y l e ; der dritte Yers sehloss: — „ u n t e r Dclphischen Mägdelein." v. 1248. Anfang der Stlieneboia: der dritte Vers scliloss: — „pflüget eine reiche Trift."
V. 1 2 5 0 - 1272.
Die Frösche.
329
Euripides. „Auch Kadmos, einst von dannen ziehend aus Sidons Stadt. ..Der Sohn A g e n o r s " —
Aischylos. Stimmte die alte Leier a n !
Dionysos. I)n Armer, k a u f ihm die alte Leier ab, bevor E r uns die Prologe sämmtlich zu Grunde richtet! Euripidcs. Was! Ich sollte dem a b k a u f e n ? Dionysos. W e n n du m i r folgen willst! Euripides. Mit Nichten, da ich noch viele Prologe sagen kann, W o er seine alte Leier nicht anstimmen k a n n ! ,,Pelops, der Tantalcier, auf geschwindem lioss „Gen Pisa k o m m e n d " — Aischylos. Stimmte die alte Leier a n ! , Dionysos. I)a siehst du, wieder hängt er die alte Leier dran! (/.u Ai.sehylus.)
l.ass, Guter, auch jetzt noch, deine geschwind ihm a b ; du kaufst Dir eine neue wieder f ü r einen Obolos! Euripides. Rewahr' mich Zeus, ich n i m m e r ! Viele hab' ich noch! „Oineus in der S c h e u n e " — Aischylos. Stimmte die alte Leier a n ! Euripides. Lass e r s t mich doch zu E n d e sagen den ganzen Vers! „Oineus in der Scheune sammelnd der A e r n d t e reiche F r u c h t , Erstlinge opfernd" —
Aischylos. Stimmte die alte Leier a n !
v. 125G. Anfang des zweiten l'liryxos; der Vers schloss: - - „kam or ins Thebische Getild." v. 1263. Anfang der Iphigenia auf Tanvis; der Vers schlichst: — „ehlieht Oinomaos Kind " v. 1269. Ans dem Oineus, nicht gerade der Anfang des Stücks, v. 1272. Der Vers endete: — „opferte nicht der Artemis."
330
Die F r ö s c h e .
v. I '273— i 2 9 8 .
Dionysos. In Mitten des O p f e r s ? p f i f f man ihm auch das alte L i e d ? Euripides. F r e u n d , lass ihn n u r ; versuchen soll er's 'mal mit d e m : „Zeus, wie es die W a h r h e i t s e l b e r uns b e r i c h t e t h a t "
—
Dionysos. Du v e r l i e r s t ! denn er sagt g l e i c h : „stimmte die alte L e i e r a n ! " W i e eine F e i g e n w a r z e sitzt am Augenlied, So diese alte L e i e r an deinen P r o l o g e n s t e t s ! Doch j e t z t bei den Göttern, wende zu seinen Chören dich. Euripides. W a h r h a f t i g , darthun k a n n ich, dass e r im Chorgesang Vollkommen schwach ist und sich immer wiederholt. Chor. W a s man da wieder vernehmen w i r d ? Ich muss wenigstens grübeln viel, W a s er für F e h l e r dem M e i s t e r M ä k e l n wird, der der (.'höre doch M e h r und schönre g e s c h r i e b e n hat, A l s sonst einer bis j e t z t k a n n ! W u n d e r nimmt es mich drum, wie der M a k e l finden an diesem will, Diesem bakehischcn König; M i r ist bang für den M ä k l e r ! Euripides. Höchst wundersame G e s ä n g e ! zeigen wird es s i c h ; D e n n in E i n s zusammen schlag' ich die L i e d e r ihm allzumal! Dionysos. I c h a b e r nehme mir Steinchen her und zähle nach. Euripides. Phthiot', o Achill, da du h ö r s t von dem M ä n n e r g e m e t z e l , S c h l a g w e h r e n d e Hülfe zu bringen versagst d u ? H e r m e s ehren wir Volk an dem S e e als u n s e r e n A h n h e r r n . S c h l a g w e h r e n d e Hülfe zu bringen versagst d u ? v. 1 2 7 5 . Anfang der klugen ilelanippe. v. 1 2 9 5 . Euripides scheint sich mit jenem stets wieder eintretenden Verse für die „ a l t e L e i e r " entschädigen zu wollen; er m a c h t übrigens ein seltsames Gemenge aus den Stücken des Aischylos Uns fehlt zum vollen Verständniss das Musikalische, das gewiss auflallend und charakteristisch genug hei diesem L a r i f a r i h e r v o r t r a t . — Die ersten zwei Verse sind aus Aischylos M y r n ü d o n e n , v. 1 3 0 0 . wahrscheinlich aus der Iphigenia, v. 1 3 0 3 . wohl aus der T aurischen Iphigenia, v. 1 3 0 5 . aus Agamemnon.
V. 1 2 9 9 — 1 3 2 4 .
Die Frosche.
331
Dionysos. Zwei Schläge, o Aischylos, hast du! Enripides. I)u A t r e u s Sohn, h e h r e r , v e r n i m m , du g e b i e t e n d e r Held der Achaier! Schlagwehrende Hülfe zu bringen versagst du? Dionysos. D r e i Schläge, o Aischylos, sind's jetzt! Enripides. Schweiget f r o m m , die Melissen sie nahe, um der Artemis Tempel zu öffnen! Schlagwehrende Hülfe zu bringen versagst du. F u g zu verkündigen hab' ich der Helden gesegnete Abfahrt, Schlagwehrende Hülfe zu bringen versagst du? Dionysos. 0 Köllig Zeus, was das 'ne Masse von Schlägen ist! Ich will sogleich nur nach dem nächsten Badehaus, Denn von allen Schlägen läuft mir die N i e r e förmlich auf. Enripides. Nein, erst vernimm noch einen zweiten Liedersatz, Auf Tompeten und r a u k e n - M e l o d i e n eomponirt. Dionysos. N u r h e r g e s a g t ; doch singe keine Schlag' hinzu! Enripides. W i e der Danaer zweitlironigen Stolz, der Acliaia Jugend Rummeldebum, Hämische Sphinx, die Gebieterin Hündin gesandt mit Ruinmeldcbuiiimeldebum. F e c h t e n d e r , r ä c h e n d e r Rechte der thürstige Vogel Rummeldebum D e r Meute P r e i s gebend gefrässiger A e t h e r b e f a h r e r Rummeldebummcldebummelderum, W a s sich auf Aias hinstürzet, Rummeldebum. Dionysos. W a s soll das Rummeldebum d e n n ? hast du in M a r a t h o n Die Lieder, oder auf Seilerbahnen wo aufgeschnappt? v. 1311. E i g e n t l i c h nicht ein Tronipctenstüok, sondern nach Melodien der Kithara singt Euripides; indessen haben wir für den K l a n g der Kithara keine liezeichnung und die Trompete ist .allenfalls auch noch im Charakter des Aischylos. v. 1313. Des Enripides Sang ist Parodie eines herrlichen Gesanges aus dem Agamemnon (v. 108.)
332
D i r j'rösclic.
v. 1325 — 1347
Aiscliylos.
Nein, aus dem Schönen in das Schöne hab' ich sie, Mir neu verpflanzet, dass man nicht mit J'hrynichos Mich pflücken sah' auf E i n e r heiligen Musenau'. (auf E i u i p h l o s zeigend. i
D e r aber plündert all' und j e d e n Hurensang, Meletos-Skolien, Karier-Sklaven-Dudelei. Tauz-, Trink- und Grablied! Gleich bewiesen soll es sein. Mau bringe mir n u r ein Leierehen h e r ; jedoch wozu F ü r den die L e i e r ? W o bist du, die du den alten Topf /.um Tanze schlägst! komm, Muse du des Euripides, Zu deren Musik man solche Verse singen muss! ( e i n a l t e s "Weih m i t e i n e m T o p f e t r i t t auf-)
Dionysos.
Ilat diese Muse nicht vor Zeiten gelesbicrt, nicht? Aiscliylos. (unter Begleitung der Topfuiusik.)
llalkyonen, die ihr an ewig rauschenden Meereswellen plaudernd käuzt, Netzend feuchten Getropfs den Schmuck, Mit thauig beperlendem Schwung, der Fittige, — Auch die oben ihr heimlich im Winkelchen E i ei ei ei ei ei eiligen Fingers, ihr Schneiderspinnen, Schlinget die webegespulten F ä d c h e n , Dichterspindeis sinniges Garn, — Wo der Delphin, der Flötenbuhlc, Blattbordiger B a r k e tummelnd tanzt Orakel und Kieles Geleis, — Wcinblutwonne des Rebenstocks, v. 1325. Aischvlos h a t t e mit seinen l i r ü d e r n bei M a r a t h o n , bei S a l a m i s m i t g e f o c h t e n ; er hatte in dem E p i g r a m m , das er ffir sein G r a b b e s t i m m t , n i c h t s von s e i n e r Poesie, n u r seine T h e i l n a h n i e an den P e r s e r k r i e g e n e r w ä h n t . v. 1320. D e r Sinn dieser Antwort seheint n u r der sein zu k ö n n e n , dass Aischvlos zuerst die k i t h a r o d i s e h e Musik (an deren Stelle die Uebersetzung das T r o m p c t c n s t i i c k e i n g e s c h w ä r z t hat) in die T r a g ö d i e e i n g e f ü h r t hat, w ä h r e n d P l i r y n i e h o s ausschliesslich die F l ö t e n , die der U r s p r u n g d e r ' d r a m a t i s c h e n K u n s t mit sich b r a c h t e , a n w e n d e t e ; der Seholiast freilich s a g t , ,.dass P h r y n i c h o s k i t h a r o d i s e h e M u s i k b e r e i t s g e b r a u c h t habe, sei die A n n a h m e A l l e r . " Ueber P l i r y n i e h o s s. oben v. 'J.'i'J. v. 1321). M e i e t o s ist derselbe schlechte Poet, der w e n i g J a h r e später A n k l ä g e r des S o k r a t e s w a r . v. 1 330. Aischylos b r i n g t h i e r ein p r i e a s s e e von I h t r i p i d e i s c h e n P h r a s e n u n d l i h y t h m e n zum V o r s c h e i n , die von gelehrten M ä n n e r n z i e m l i c h alle n a c h g e w i e s e n sind. U m ganz i h r e treffende O h a r a k t e r i s t i c k zu v e r s t e h e n , miissten w i r tiefer in die Y c r s k u n s t der Griechen u n d in ihre Musik e i n g e w e i h t s e i n , als w i r es sind. D e n n o c h ist das K a r i k i r t e des Ganzen auch so f ü h l b a r g e n u g .
v. 1 3 4 8 — 1 3 7 7 .
JVrf. F r ö s c h e .
333
K u m m e r v e r t i l g e n d e s Traubengeloek, Um den Hals, Kind, mir die A r m e wind'! B e m e r k s t wohl du den F u s s ? Dionysos. J a wohl! Aiscliylos. Im Ernst, m e r k s t du den F u s s V Dionysos. J a wohl! Aiscliylos. So schandbar Zeug dichtend erfrecht Meinen Sang zu bemäkeln sich der, D e r in Kyrenens Dutzendinanier Notlizueht treibt mit der Dichtkunst! Diess wären deine Chorgesänge! nun will ich noch Darstellen deiner Monodien Beschaffenheit. O schwarzblickend Dunkel der Nacht, W a s schickst du f ü r einen grausigen T r a u m mir H e r aus schweigendem Ort, Mir des Hades Gesandten. Die unselige. Seele, D e r G r a b n a c h t unhold Kind mir, Gesicht f u r c h t b a r , graunweekend, Schwarzlcicheubahrengewandig, Blutigen blutigen Mord im Blick, An den F i n g e r n mit langen Nägeln V Aber ihr Mägde mir, zündet ein L ä m p c h e n an, Schöpft in E i m e r n mir Tliau der Gewässer, doch wärmt mir das Wasser, Dass abspielen den göttlichen T r a u m ich k a n n ! J a F ü r s t du des Meeres, Ja, das ist's! J a Hausgenossen! Schaut die entsetzliche Greulthat, schaut sie, Mir e n t f ü h r e n d von dem Hof den Kükelhahn ist Glyke fort, wehe! 0 Nymphen ihr, Kinder des Bergs, v. 1 3 5 2 . K y r e n e w a r e i n e a r g e H u r ' , w e l c h e v o n d e n qtiaranie wmuires aus cerjs w e n i g s t e n s zwölf v e r s t u n d . v. 1 3 5 7 . D i e s e M o n o d i e ist w i e d e r e i n e k o s t b a r e K a r i k a t u r , v i e l l e i c h t o h n e H e z i i g l i c h k e i t a u f e i n e b e s t i m m t e E x h i b i t i o u des ü u r i p i d e s .
des
parr
nicht
334
Die Frösche.
v 1378—1412
0 Küclienmagd, greifet sie! Doch i c h armes Kind, ich sass grad' für mich so, Mit Handarbeit fleissig, Des Garns füllige Spindel, Ei ei ei ei ei ei eifrig drehend mit der Iland, Ein Knäuel zu fertigen, Das grauenden Morgens zu Markt Ich wandelnd verhandle; Da entflog er, entflog in den Aetlier er Leichtesten Schwunges der Eittige! Ach Klage mir, Klage mir liess er zurück! Und Thränen, und Thriinen fort und fort Strömen mir, strömen die Wimpern mir! Kreter, Söhne des Ida, auf! Den Bogen ergreifet, mich zu vertheidigen, Die Beine lasst schweifen, das Haus Rings umkreisend umzuspähn! Und du zugleich, holde Maid, Diktynna Artemis, Deine Windhund' am Band komm und zieh' Durch den Pallast überall! Zeus Kind du, doppelgeflammte Fackel Hebend empor in geschwungener Hand, Hekate, leuchte mir vor Zu Glykes Haus, damit ich Dort anstelle Haussuchung! Dionysos. Hör' endlich auf mit Singen! Aiscliylos. Ich hab' auch genug! Zur Wage werd' ich jetzt ihn f ü h r e n ; die allein Giebt schon den Ausschlag über unsre Poesie, Indem das Gewicht sie unsrer Worte zeigen wird. Dionysos. So tretet näher, soll ich doch am E n d e noch So grossen Dichtern käsehökern ihre Kunst! Chor. Wie doch Genies erfindrisch sind! Wieder da dieses Wunderstück, Neu und voller Verwundeiiichkeit,
v. 1413 — 1431
Die Frösche.
W e r denn noch sonst liätt's ausgedacht ? So mir, ich hätte, liiitt' auch einer Mir es berichtet, d e r mit dabei war, Ihm es geglaubt nicht, nein gemeinet, Selber fasele selbes! Dionysos. Wohlan, so stellt euch beid' an die Wageschaalen! Beide. Gut! Dionysos. Und jeder, eine fassend, sage seinen Spruch; Und lasst sie nicht, bis dass ich „ k u k u k " rufe, los. Beide. W i r halten! Dionysos. Sagt jetzt euer W o r t in die Wag' hinein. Eiiri|)i(les. „ 0 w ä r e niemals hingepflogen Argo's Kiel!'' Aisehylos. „Du Strom Spercheios, h e e r d e n r e i c h e Weiden i h r ! " Dionysos. N u n : k u k u k , losgelassen! — Seht, viel tiefer sinkt Des Aisehylos Seite!
Euripides. W a s denn ist der G r u n d d a v o n ? Dionysos*
E r tliat den ganzen Strom mit hinein, wollhändlerisch Den Vers wie Wolle nass zu machen durch und durch, Du aber legtest ein beflügelt W o r t hinein. Euripides. So sag' er ein Zweites und versuch' sich wieder mich! Dionysos. So fasset beide wieder an! Beide. Geschehen! Dionysos. Sprich! Euripides. „ D e r U e b e r r e d u n g Ileiligthum ist kluges W o r t " v. 1422. Das ist (1er erste Vers der Medea. v. 1423. Aus Aisehylos P h i l o k t e t . v. 1431. Aus E u r i p i d e s Antigene.
335
33(5
Bio Frösche.
v. 1432—1450.
Aiscliylos. „Von allen G ö t t e r n n u r d e r T o d mag kein G e s c h e n k . " Dionysos. Los! l o s g e l a s s e n ! — w i e d e r s e n k t sie sich f ü r d e n ! D e n n d e r Uebel s c h w e r s t e s h a t er, d e n T o d h i n e i n g e t h a n . Euripides. Ich U e b e r m l u n g , wahrlich das b e s t g e s p r o c h n e W o r t ! Dionysos. Leicht wiegt die U e b c r r e d u n g , ist voll l e e r e n W i n d ! Doch such' ein a n d r e s dir von den s c h w e r g e w i c h t i g e n vor Dich hinabzuziehen, recht ein gross u n d m ä c h t i g W o r t . Euripides. L a s s sehn, wo hab' ich s o l c h e s ? Dionysos. W o ? ich sage d i r : ..Es hat Achilles jetzt g e w o r f e n zwei und vier!' 1 Doch s p r e c h t ; d e n n übrig ist n u r diese W i i g u n g noch. Euripides. „ D i e eisensclnvere Keule fasst er mit miicht'ger H a n d . " Aiscliylos. ..Denn W a g e n stürzt auf W a g e n , Leieli' auf Leiche d o r t ! " Dionysos. Dich übertölpelt, hat er w i e d e r u m ! Euripides. W i e so? Dionysos. Die W a g e n sanimt d e n L e i c h e n h a t e r h i n e i n g e t h a n , Die ein g a n z e s Schock A e g y p t e r ihm nicht a u f w u c h t e n wird. Aiscliylos. N i c h t l ä n g e r gelt' es Vers um V e r s ; nein, steig' er selbst Mit W e i b u n d Kind und K e p h i s o p h o n in die Schaale d o r t U n d p a c k e seine S c h r i f t e n alle mit h i n e i n ; D a g e g e n sag' ich zwei von m e i n e n V e r s e n n u r ! v. 14H2. Aus Aiscliylos Kiobc. v. 1440. D e r Silin dieses Verses i s t , dii w i r die W e i s e des alten W ü r f e l s p i e l s n i c h t g e n a u k e n n e n , d u n k e l ; a b e r m a n darf wohl g l a u b e n , dass der W u r f von vier, einem u n d einem A u g e , als ein g l ü c k l i c h e r W u r f galt Dionysos m e i n t n i c h t , dass Aiscliylos durch A c h i l l bezeichnet w e r d e n s o l l t e , sondern er schlägt den V e r s wegen seines g u t e n W u r f s v o r ; d c r S p o l l besteht d a r i n , dass E u r i p i d e s in seinen T r a g ö d i e n (in m e h r als einer) Scenen mit w ü r f e l s p i e l e n d e n H e l d e n hat. v. 1442. Aus E u r i p i d e s Meleager. v. 1443. Aus Aiscliylos G l a u k o s . v. 14.00. N a c h diesem Verse ist eine L ü c k e im T e x t , in der P l u t o den V o r s c h l a g
v 1451 — 146G.
337
Die Frösche. Dionysos.
d a r l i e b e L e u t e ! ü b e r d i e - e n t s c h e i d ' ieli n i c h t , D e n n m i r v e r f e i n d e n m ö c h t ' ich alle b e i d e n i c h t ; D e n halt' ich g r o s s als D i c h t e r , j e n e r gefällt mir sehr. Pluton. So f ü h r s t du g a r nicht, was du h i e r gewollt, zu E n d ' ? Dionysos. U n d wenn ich r i c h t e ? rinion. So g e h s t du mit d e m von i h n e n h e i m , F ü r den du stimmst, damit
du d o c h n i c h t v e r g e b e n s
kamst.
Dionysos. Sei h o c h g e p r i e s e n ! — Ihr, v e r n e h m t j e t z t dies von m i r : N a c h einem D i c h t e r k a m ich h e r ! Euripides. Wie so? Dionysos. Damit Die Stadt gerettet ihre Chöre feiern kann. W e r a l s o v o n e u c h j e t z t u n s r e r S t a d t zu r a t h e n w e i s s , W a s i h r z u m H e i l ist, m i t z u n e h m e n g e d e n k ' i c h d e n . E r s t will i c h f r a g e n , w a s i h r v o n A l k i b i a d e s E i n j e d e r d e n k t ; d e n n es liegt mit d e m die S t a d t in W e h n . Em-ipides. W i e ist d e n n i h r e S t i m m u n g ü b e r i h n ? Dionysos. Ja wie? „Sie liebt ihn, u n d sie h a s s t ihn doch, will habeil i h n d o c h ! " N u n a b e r sagt mir, was ihr ü b e r die Sache
denkt?
des Aischylos abgelehnt und den Dionys aufgefordert haben wird, auf Grund des bisherigen Kampfes zu entscheiden. v. 14ö3. „Dionysos spricht hier das Urtheil der Kenner und das des grossen Haufens aus; die ersten lobten Aischylos, die andern zog ihr Geschmack zu Euripides hin." Welcker. v. 14f>9. Das Fest der grossen Dionysien steht in etwa zwei Monaten bevor, und zu demselben braucht die Stadt einen tüchtigen Tragiker. v. 1462. Alkibiades war nach glänzenden Siegen unter dem Jubel des Volks zurückgekehrt; ein unglückliches Gefecht, das während seiner Abwesenheit und wider seinen W i l l e n von seinem Unterfeldherrn geliefert wurde, gab seinen zahlreichen Feinden Anlass, ihn von Neuem zu verklagen; er verliess, da ihm der Oberbefehl genommen wurde, die Flotte, und zog sich auf ein ihm gehöriges Schloss am Hellcspont zurück. E s muss besonders nach dem unglücklichen Ende der Arginusenfeldherrn wieder viel von Alkibiades die Rede gewesen sein; jedenfalls war und blieb er derjenige, in dem das Volk seinen einzigen liettcr erkannte. Alkibiades war einer der Ersten, nach dem die Dreissig ihre Mörder aussandten. v. 1465. Dieser Vers ist von dem Dichter Jon und in Uezug auf Helena gesagt. Aristoplianos W e r k e .
I I . 'J. A u f l .
Ü'J
338
Die l«'rösoho.
v. MG7—1483.
Euripides. D e n B ü r g e r hass' ich, der zu nützen dem Vaterland Sicli lässig zeiget, aber sehr zu schaden schnell, D e r gescheut f ü r sich ist, aber rathlos f ü r den Staat. Dionysos. So wahr Poseidon, schön gesagt! W a s meinst denn d u ? Aiseliylos. E i n Löwenjunges zieh' man nimmer auf im Staat; Ist's aufgezogen, so gehorch' man seiner Art, Dionysos. Bei Zeus dem R e t t e r , hier zu entscheiden wird mir schwer; W e n n der verständig, spricht verständlich der andere. So sagt mir also eure Meinung j e d e r noch In Betreff des Staates, wenn ihr zum Heil ihm eine habt. Euripides. Ich habe solche, und ich will sie sagen! Dionysos. Sprich! Euripides. Sobald man Z u t r a u n schenkt den jetzt Mistraueten, M i s t r a u n den jetzt Vertrauten. Dionysos. W i e ? ich versteh' es nicht! Sprich etwas u n g e l e h r t e r und verständlicher! Euripides. So wir den M ä n n e r n , denen wir, auf die wir jetzt V e r t r a u e n , mistraun, und, die wir mistrauend jetzt Nicht brauchen, brauchen, werden wir g e r e t t e t sein; v. 1471. Der Vers des Aiseliylos ist wahrscheinlich aus einer Tragödie „Zerstörung Ilions". v. 1476. I i i e r folgt im Text eine Stelle, die zwar lächerlich genug-, alter gewiss unächt ist. Euripides. liefliigelte wer den ICleokritos und Kinesias Und höh' ein Windhauch über Meeres Gehreit ihn hin — Dionysos. Ganz lächerlich müsst es aussehn; doch was hat's für Sinn? E u r i p i d c s. Seekämpften sie mit und hätten Essigkruge sie Und sprützten daraus den Gegnern wacker die Augen voll — v. 1480. Man war damals demokratisch; man niistraute den Vornehmen. An Alkibiades kann Euripides nach seiner vorhergehenden Aeusserung nicht gedacht haben; Theramenes, der Anstifter des Processes gegen die Argimisen, muss, nachdem dielleue des Volks sich so schnell und so entschieden ausgesprochen hatte, von seinem Einflüsse bedeutend verloren haben; er ist einer von denen, wclcheu man luistraut,
v. 1484—1499.
339
Die Frösche.
Geht's jetzt mit diesen uns so schlecht, wie sollten wir Zum Gegentheil gewendet nicht g e r e t t e t sein? Dionysos. Brav, brav, P a l a m e d e s ; o du Genie, du weisester! W a s sagst denn du n u n ?
Aiscliylos. Welche M ä n n e r , sag' mir erst,
Gebr aucht die Stadt j e t z t ? b r a u c h t sie die b r a v e n ? Dionysos. Ich dächte g a r ! Die hasst sie g r ü n d l i c h !
Aiscliylos. Doch d e r Schurken f r e u t sie sich ? Dionysos. D a s e b e n auch nicht; doch sie braucht sie, weil sie muss. Aiscliylos. Wie soll denn jemand r e t t e n können solche Stadt, Der nicht d e r Mantel, nicht der Kittel passen will? Dionysos. Ja erfinde was, ob flott sie wieder werden k a n n ! Aiscliylos. Dort werd' ich reden, doch hieniedon mag ich nicht! Dionysos. 0 nicht (loch; sende guten Rath von hier hinauf! Aiscliylos. W e n n F e i n d e s Land sie achten werden wie eigen Land, Und eigen L a n d wie Feindesland, in der F l o t t e n u r Ihr Vermögen, Unvermögen n u r im Vermögen sehn! Dionysos. Brav, b r a v ! nur schlucken die R i c h t e r Alles allein f ü r sich! ohior von denen, die bei der bald eintretenden Veränderung, die Enripides Wunsch verwirklichte, an das linder kamen, einer der Dreissig v. 1481). Palamedes, der erfindungsreiche, der ungerecht v.erurtheilte, war von Euripides zu einer Tragödie benutzt, s. Thesmophoriazusen v. 770. v. 148Ü I i i e r folgen zwei unächte Verse : Hast du es selber oder Kephisophon ausgedacht ? Euripides. Ich selbst mir selbst, doch die Essigkrüge Kephisophon. v. 149G. Perikles sagte den Athenern (Thukyd. I. 134.): „dringen die Feinde zu Lande in unser Gebiet, so fallen wir in das ihre zur See Und nicht stehen sie gleich mit uns, wenn wir auch nur einen Theil des Pcloponnes verheeren, und sie ganz A t t i k a ; denn sie haben kein andres Land,-wir aber vieles theils an Inseln, theils auf dem Festland." Diese Ansicht war in der Gegenwart um so wichtiger, da dem bedeutenden Spartanerheer, das schon seit acht Jahren in Dekeleia auf Attischem Gebiet verschanzt war, die Landschaft bis unter den Mauern der Stadt offen stand. v. 14 99. Der Sold für die jährlich fiOOO Geschwornen frisst von der Staatseinuahiiir so viel weg, dass nichts für die Flotte übrig bleibt.
340
Die F r ö s c h e
v. 1 5 0 0 — 1 5 1 4 .
Pluto». Nun sprich das Urtlieil!
Dionysos. E u e r Urtlieil laute s o : —
„Denn wählen werd' ich den, den meine Seele will!" Euripides. D e r Götter gedenk', bei denen du geschworen hast! Der F r e u n d e treusten heimzuführen, wähle dir! Dionysos. „Die Zunge schwur es", doch ich wähle mir Aischylos! Euripides. W a s hast du gethan, abscheulichster du d e r Menschen! Dionysos. Ich? Ich entscheide, Sieger ist Aischylos! W a r u m denn n i c h t ? En ripides. D e r die schnödeste That du gethan, und wagst mich noch anzusehn? Dionysos. „ W a s ist denn schnöde, wenn's dem Publikum nicht so scheint?" Eurlpides. E l e n d e r , wirklich verschmähst du mich, den Todten, j e t z t ? Dionysos. „ W e r weiss, ob L e b e n nicht in W a h r h e i t Sterben ist", Das Denken T r i n k e n und ein Schaffell unser Schlaf?
Plnton. Geht nun, Dionysos, n u r hinein! Dionysos. Weswegen d e n n ? Pluton. Damit ich euch, bevor ihr reis't, bewirthe! Dionysos. Schön! So wahr, vortrefflich! böse bin ich dir nicht d a r u m ! .
(alle ab.)
v. 1508. E u r i p i d e s sagt im A i o l o s : „ w a s ist denn schnöde, • wenn's B r a u c h e n d e n nicht ao s c h e i n t . " v. 1510. Die Verse des E u r i p i d e s , die h i e r p a r o d i r t sind, l a u t e t e n : W e r weiss denn, ob das L e b e n nicht ein Sterben ist, U n d S t e r b e n h e b e n , u n d das Sterben n u r ein Schlaf.
dem
v. 1 5 1 5 — 1 5 4 0 .
Die Frösche.
341
Chor. W i e doch ein Mann so glücklich ist, D e r den Verstand g e s c h ä r f t sich hat! Ja, man e r k e n n t das überall. D e n n der sich tiefen Sinns bewährt hat, Mit in die Heimath k e h r t er nun, Um zu beglücken Volk und Bürger, Um zu beglücken, die ihm befreundet, Die ihm verwandt sind, Alle, Alle, Mit der e r p r o b t e n E i n s i c h t ! Schön, wer nicht an Sokrates Seite sitzend schwitzt und schwatzt, Sich um die Kunst der Musen lügt, Und sich des Schönsten, was die Tragödie J e erschaffen, selbst beraubt! • J a mit dem hochpreisslichen Getratsche Und mit dem Grau in Grau des F a s e i n s Thätigen Müssiggang zu treiben, Ist f ü r verdrehte Käuze!
i'Pluton. Dionysos.
A i s c h y l o s , k o m m e n a u s d e m H a u s e . "t
r i u t 011. Mit dem herzlichsten Gruss geh', Aischylos, heim, Und e r r e t t e du uns die geliebteste Stadt Mit besonnenem Rath, und weise z u r e c h t Die Verirrten, — und viel sind deren im L a n d ! ( e r r e i c h t hei d e i n F o l g e n d e n d e m A i s e h y l o i j e i n e n S t r i c k , e i n S c h w e r t u n d a n d r e Mordinslruniente.)
D a n n nimm noch diess f ü r Kleophon mit, Und diess f ü r die H e r r n von den Steuern, F ü r Myrmex diess, f ü r Nikomachos diess, F ü r Archenomos dieSs;
v. 1523. Sokrates wird auch in den W o l k e n (v. 1381.) so mit Euripides zusammengestellt; sie gehören nach Aristophanes Meinung derselben verderbliehen Richtung an. v. 1539. N i k o m a c h o s war einige Monate nach dem Sturz der Vierhundert mit der Revision der Solonischeii Gesetzgebung beauftragt worden, die er, statt sie in vier Monaten zu vollenden, nun bereits ins sechste Jahr verlängerte. Von M y r m e x und A r c h e n o m o s wissen wir nichts weiter.
342
v. 1041-156«
l > i e Frösche
Sag ilmeii dabei, dass alle sie schnell Her müssten zu mir, ohn' allen Verzug; Und kämen sie nicht ganz schnell, wiird' i c h . So wahr mir Apoll, sie gebrandniarkt mir Und zusammengeschnürt M i t Leukolophos' Sohn Adeimantos zugleich Schnell unter die Erde befördern! A isehylos. Gern werd' ich es tliuii.
Doch dem Sophokles sei
Mein Thron da von dir zu bewahren vertraut Und zu hüten für mich, wenn ich sollte zurück Je kommen von dort; denn diesen erkenn' An Adel und Kunst als zweiten ich an. Doch sorge, dass nie der abscheuliche Mensch, Der Lügenpropliet, Marktsclireierpoet, Dass er nie sich, und wiird' er gezwungen dazu, Auf den Thron sich zu setzen erfreche! I'llltOII. Auf, leuchtet denn i h r mit dem heiligen Licht Ihm der Fackeln voran, und geleitet zugleich Ihn mit Liedern von ihm, mit Gesängen von ihm, Ihn umrauschend in edelster F e i e r ! Chor. (den Aiscliylos und Dionysos mit Fackeln hiuausgcleitciid.) Freudiges Glück auf den W e g , o verleiht es dem scheidenden Dichter, Welcher ans Licht aufsteigt, Dämonen ihr unter der E r d e ! Gebt auch der Stadt zu der Fülle des Heils heilvollerc Einsicht; Also würden wir ganz frei worden der Fülle des Jammers, F r e i des entsetzlichem Waft'engeklirrs!
Doch Kleoplion kämpfe,
Kämpfe, wer sonst es begehrt, in den Feldern der eigenen Ileimath! ( A l l e all.} v . 1546. G a r sehr m i t l i e c h t hat den v o r n e h m e n A d e i m a n t o s , der d a m a l s e i n e r der F e l d h e r r n der A t t i s c h e n Secmacht w a r , dieser H i e b g e t r o f f e n ; denn er w a r e s , dureh dessen V e r r ä t h e r e i e i n i g e M o n a t e später die Schlacht von A i g o s p o l a m o i v e r l o r e n wurde.
DIE K K K i . I M A / I SKN O'H.K
DTK W l;, I lì l'i I i i l M l i l i S C l l A FT.
PERSONEN. B l e p y r o s , ein Bürgersmann. P r a x a g o r a , seine Frau. Der N a c h b a r . Mehrere F r a u e n , die den C h o r bilden. Heroldin. C l i r e m u s , ein Bürger. Zwei andere B ü r g e r . Ein J i i n g l i y g . Ein M ä d c h e n . Mehrere a l t e W e i b e r . Eine M a g d .
EINLEITUNG. l i e b e r die Zeit der Kkklesiazusen sind wir nicht durch eine Didaskalie unterrichtet ; doch geht wahrscheinlich auf eine derartige Angabe die IS'otiz des Scholiasten zu v. l'.Ki z u r ü c k : Philochoros berichtet, dass zwei J a h r e vorher das Bümlniss der Boioter und Lakedaimonier (soll heissen Athener^ gemacht sei. Der Ausgang des Peloponnesischen Krieges hatte der Macht Sparta'» ein Uebergewicht in den Hellenischen Verhältnissen gegeben, das die Staaten zweiten Hanges mit Recht besorgt machte. Deshalb hatte namentlich Theben durch Unterstützung des T h r a s y b u l und der mit ihm Verbannten zum Sturz der Dreissig und zur W i e d e r h e r s t e l l u n g der Selbstständigkeit Athens mitgewirkt. Dennoch blieb Sparta's Macht in drohendem Uebergewicht, j a sie m e h r t e sich durch eine Reihe glanzvoller U n t e r n e h m u n g e n . Die ehemaligen Bundesgenossen Athens waren unter Spartanische Hoheit g e k o m m e n ; auch die Griechischen Städte Kleinasiens, die zum Theil dem I'erserkönige unterthänig waren, galt es zu gewinnen; dem kühnen Feldzug mit Kyros, dem Prätendenten des Persischen Reiches, mit dem ein Spartanisch-Griechisches H e e r bis in die Nähe von Babylon kam ( 4 0 1 ) , folgte bald die Expedition des grossen Spartanerkönigs Agesilaos, die nichts Geringeres bezweckte, als das Reicli der P e r s e r zu stürzen ( 3 % — 3 9 4 ) . Dieser G e f a h r zu b e g e g n e n , fand die Politik der P e r s e r das sicherste Mittel. Durch den Rhodier T i m o k r a t e s , d e r , reichlichst mit Persischem Golde versehen, nach Griechenland ging, wurde (Anfang des J a h r e s 3!J4) ein Bümlniss zwischen T h e b e n , K o r i n t h , Argos und Athen veranlasst; eine u n b e d e u t e n d e Grenzstreitigkeit der P h o k i e r und L o k r e r brachte den sogenannten Boiotischen Krieg zum Ausb r u c h , in dem (Sommer 3U4) Theben und Athen als offenbare F e i n d e den S p a r t a n e r n gegentibertraten. Die Schlacht von Haliartos machte Agesilaos R ü c k k e h r nothwendig, und nicht ohne Mühe gewann er (Spätsommer 3 9 4 ) über die sänimtlichcn Verbündeten den Sieg von
346
Die Ekklcsiazuson.
Koroneia. Aber um dieselbe Zeit hatten die S p a r t a n e r eine entscheidende Niederlage erlitten; der Athener Konon war mit der Perserflotte. bei Knidos der Spartanischen Seemacht begegnet und hatte sie vollkommen v e r n i c h t e t ; mit dieser einen Schlacht hatte die Gewalt Spartas über die. Inseln und jenseits des Meeres ein E n d e ; überall wurden die Spartanischen Statthalter v e r t r i e b e n , und die I'erserHotte k o n n t e ungehindert durch die Hellenischen Gewässer und zum Istlimos steuern. Dorthin hatte sich der sogenannte Korinthische Krieg zwischen den V e r b ü n d e t e n und den S p a r t a n e r n zusammengedrängt, indem jene von" K o r i n t h , diese von Sikyon aus ihre 'Bewegungen machten. Indess bildete sich in Korinth eine gefährliche Verschwörung zu Gunsten der S p a r t a n e r ; dem Ausbruch derselben kamen die Dcmokratischgesinnten durch ein f u r c h t b a r e s Blutbad ¡ F r ü h l i n g 3 0 3 : zu\or, in Folge dessen Korinth die Verfassung von Argos annahm, die F r e n zen gegen den v e r b r ü d e r t e n Staat aufhob und so mit Argos gemeinschaftlich einen Staat bildete. Vergebens versuchten die S p a r t a n e r von Sikyon aus durch Hülfe Korinthischer V e r r ä t h e r sich der Stadt zu b e m ä c h t i g e n ; und die Mauer von der Stadt zum I l a f e n hinab, die sie zum Tbeil zerstörten, wurde in Kurzem mit Hülfe d e r Athener wieder hergestellt. Zugleich machte I p h i k r a t e s d e r A t h e n e r an der Spitze des leichten Fussvolkes, das er zuerst in solcher Ausdehnung und mit neuer Bewaffnung b r a u c h t e , Einfälle bis nach Arkadien hinein und gewann auf diese Weise der feindlichen Macht immer mehr T e r r a i n ab. Noch cinHiissreichcr war in diesem J a h r e 30:5 die Thätigk e i t der Persischen Seemacht u n t e r P h a r n a b a z o s , an dessen Seite Konon commandirte; man segelte bei Melos vorriiher nach der Spartanischen Küste und besetzte nach deren Verwüstung die nahegelegene Insel K y t h e r i a ; von dort steuerte man nach dem Isthmos, die Verbündeten zu e n n u t h i g e n und ihnen Geld zur F o r t s e t z u n g des Krieges und zur E r r i c h t u n g einer Korinthischen F l o t t e zu zahlen. E n d l i c h ging Konon (im Sommer 303) nach Athen selbst, und begann dort den W i e d e r a u f b a u der im J a h r 4 0 4 zerstörten M a u e r n , die die Stadt mit dem H a f e n v e r b a n d e n ; durch thätige Hülfe der Boioter und a n d e r e r Staaten kam dieses ungemein wichtige W e r k in Kurzem zu Stande. Alles diess veranlasste die S p a r t a n e r den Antalkidas als Gesandten nach Asien zu schicken, um dem Persischen O b e r f e l d h e r r n E r öffnungen wegen eines F r i e d e n s zu machen und so zunächst wenigstens die Persische U n t e r s t ü t z u n g den V e r b ü n d e t e n zu entziehen. E s gelang dem Gesandten, trotz den Gegenvorstellungeil Seitens der V e r b ü n d e t e n , wenigstens soweit, dass der P e r s e r heimlich Ilülfsgelder an Sparta
347
Dio Kkklosuizust'ii zalilte und den K o n o i i „weil e r die S a c h e der P e r s e r v e r r a t h e , " lieliinen l i e s s ( A u s g a n g lies J a h r e s :!D3).
fest-
I n d e s s war die F l o t t e
der
K o r i n t h i e r aus dem K o r i n t h i s c h e n M e e r b u s e n a u s g e l a u f e n , und auch die A t h e n e r daelitcn d a r a n , l'hrasybul um
mit
beantragte
derselben
w i e d e r i h r G l ü c k zur S e e zu v e r s u c h e i l ;
die A u s r ü s t u n g
nach
n a m e n t l i c h in R h o d o s ,
Thracien wo sich
einer Flotte
und eine
den
von 1 0
Inseln
starke
zu
Partei
Regeln,
segeln, gegen
und
Sparta
g e b i l d e t h a t t e , den D e m o k r a t e n Hülfe zu l e i s t e n . I ) i e s s sind
die V e r h ä l t n i s s e ,
a u f w e l c h e sich einige V e r s e
v o r l i e g e n d e n K o m ö d i e (v. 1'.);! ft'.) b e z i e h e n . die
Ekklesiazusen
aufgeführt,
sind:
cter
S i e lassen e r k e n n e n , wann
zwei J a h r e
nach
dem
mit
den
B o i o t e r n g e s c h l o s s e n e n l ü i n d n i s s (lili 1), also im F r ü h l i n g .'JOi', und wie man ¡ nach dem S c h o l i a s t e n zu den F r ö s c h e n v. 4 0 4 ) vermutlien darf, in den l ) i o n y s i e n ; eine Z e i t b e s t i m m u n g ,
mit d e r auch sonst die dort
e r w ä h n t e n V e r h ä l t n i s s e s e h r wohl s t i m m e n . Lieber clie etwaige T e n d e n z der K o m ö d i e ist m a n c h e r l e i worden.
„ R e p u b l i k " aufgestellten Idealstaates
finden
w o l l e n , in dem das V e r -
h ä l t n i s s d e r W e i b e r m a n c h e s A e h n l i c h e mit dem in d i e s e r hat.
gesagt
Mail h a t in d e r s e l b e n eine P a r o d i e des von P l a t o in s e i n e r
E s ist k e i n e F r a g e ,
dass die R e p u b l i k J a h r z e h n t e
Komödi? s p ä t e r ge-
s c h r i e b e n ist, j a es b e z i e h t sich v i e l m e h r P l a t o auf die K o m ö d i e ; wenn e r (V. p. 4 5 2 . 4 5 7 . ) sagt, „ d e r g l e i c h e n G r u n d s ä t z e s e i e n zwar von den K o m i k e r n d u r c h g e n o m m e n worden u. s. w . " Indess ganz ohne ä h n l i c h e Beziehungen
dürfte
zwanzig J a h r e n ,
das S t ü c k
nicht
sein;
es g a b seit den
letzten
in F o l g e der ü b e r a l l t h e o r e t i s i r e n d e n und scliema-
t i s i r e n d e n A u f k l ä r u n g , in A t h e n so m a n c h e r l e i p o l i t i s c h e T h e o r i e n und S p e e u l a t i o n e n , und n a m e n t l i c h war die S p a r t a n i s c h e V e r f a s s u n g , der Einzelnes
in
dem W e i b e r w e s e n in u n s r e r K o m ö d i e ä h n l i c h w a r , so
s e h r als M u s t e r t r e f f l i c h s t e r E i n r i c h t u n g e n a n e r k a n n t , dass m a n u n t e r den
mannigfachen
Oirkeln
besprochen
Constitutionen, sein
mögen,
die in H ö r s ä l e n immerhin
auch
und —
W e i b e r h e r r s c l i a f t , a b e r wohl etwa W e i b e r g e m e i n s c h a f t ,
vornehmen
nicht
gerade
Emancipation
d e r F r a u e n o d e r d e r g l e i c h e n U n s i n n als b e l i e b t e s T h e m a v o r a u s s e t z e n darf.
D e n n was P l a t o in s e i n e r R e p u b l i k a u f s t e l l t , ist n i c h t s w e n i g e r
a l s e i n e i s o l i r t e F a n t a s i e , s o n d e r n durch e i n e l a n g e R e i h e ä h n l i c h e r , a b e r r o h e r e r , z u s a m m e n h a n g s l o s e r e r S p e e u l a t i o n e n v e r m i t t e l t , wovon sich in den a r m s e l i g e n F r a g m e n t e n aus dem damaligen g e i s t i g e n L e b e n G r i e c h e n l a n d s a l l e r d i n g s noch e i n i g e S p u r e n e r h a l t e n h a b e n . A u c h in d i e s e r K o m ö d i e h a t man eine t i e f e p h i l o s o p h i s c h e A b sichtlichkeit
erkennen
wollen:
Aristoplianes
habe
in i h r „die
Zer-
348
Die Ekklesiuzuscn.
Störung der Substanz des demokratischen S t a a t e s , d e r Volksversamml u n g " darstellen wollen. E s stünde da wahrlich der moralisch politische Inhalt in gar keinem Verhältniss mehr zu seiner F o r m , und man müsste dem geschmackvollsten Dichter die grösstc Geschmacklosigkeit a u f b ü r d e n . Oder sollen die L e u t e , wenn das Stück aus ist. sich vor die Stirn schlagen und s p r e c h e n : o wie dumm sind wir? o wie schlecht sind wir? Die a r m e n A t h e n e r fühlen es selbst schon genug, wie tief sie h e r u n t e r g e k o m m e n sind, und die es nicht fühlen, f ü r die am wenigstens ist die lustige Moral des „so e r n s t e n " K o m i k e r s etwas anderes als ein köstlicher Witz. Man sieht es dem Stücke selbst an, in wie kläglichem Zustand damals der einst so herrliche Staat ist, wie Allen das öffentliche Leben eine Last geworden ist, der sich die Menge nur unterzieht, um für das liebe Brod zu sorgen, der sich der Reiche und Gebildete entzieht, um sich wesentlicheren I n t e r e s s e n hinzugeben. Nie hat ein Staat empfindlicher den Rausch politischer Grösse hiissen m ü s s e n , und ein Blick in die Geschichte Athens zeigt, wie diese Gebrochenheit alle Verhältnisse beherrscht und die Kraft p o l i t i s c h e r Bedeutendheit den Athenern f ü r immer dahin ist. So ist es auch der Komödie e r g a n g e n ; einst so jubellaut in dem Drängen und Schreien der P a r t e i u n g e n , ist sie nun stumpf geworden und fristet gleichsam unter der Hand ihr einst so wichtiges politisches Dasein. Ks kann Einem das Herz rühren, wenn man den alten Heros des Spottes, der den Typho bezwang und mit H e r a k l e s m u t b in dem Augiasstall der Attischen Vornehmheit h e r u m f e g t e , in diesen Ekklesiazusen auch noch ein P a a r politische Spitzen und persönliche Angriffe zu Stande bringen sieht, während doch als H a u p t p e r s o n e n arme, gemeine L e u t e mit ihren E h e h ä l f t e n a u f t r e t e n und mit zotigen Witzen ein Publikum amüsiren m ü s s e n , aus dem sich die Gebildeten, die V o r n e h m e n und Reichen verächtlich zurückgezogen h a b e n , um sich den Interessen der Philosophie, den mühsamen U e b u n g e n r h e t o r i s c h e r Schulen, dem trägen Genuss privater Vergnügungen oder d e r Lust des Abenteuerns im Dienst f r e m d e r Staaten hinzugeben. In Beziehung auf die Verhältnisse, welche den U e b e r g a n g zu der mittleren Komödie veranlassten, kann auf die E i n l e i t u n g zum Plutos, der vier J a h r e später auf die Bühne k a m , verwiesen werden. Die Ekklesiazusen gehören trotz ihres scheinbar sehr politischen Stoffes derselben Uebergangsweise a n ; ihnen fehlt die I ' a r a b a s e und auch sonst ist der Chorgesang auf ein P a a r nicht bedeutende P a r t i e e n einges c h r ä n k t , namentlich aber der f r e i e Raum zwischen den einzelnen
349
Die Ekklesiazusen.
S c e n e n nicht für den C h o r v e r w e n d e t .
A l l e r d i n g s hat sie in dem Auf-
g r e i f e n eines S t o f f e s , d e r nach o b i g e r Y e r m u t h u n g aus den I n t e r e s s e n d a m a l i g e r m o d i s c h - l i t e r a r i s c h e r B i l d u n g e n t n o m m e n war, der T e n d e n z d e r m i t t l e r e n K o m ö d i e , w e l c h e sich der i m m e r s t e i g e n d e n T h e i l n a h m e des P u b l i k u m s für t h e o r e t i s c h e und wo möglich l i t e r a r i s c h e D i n g e ans c h l o s s , g l e i c h s a m v o r g e a r b e i t e t ; j a noch b e s t i m m t e r dürfte die W a h l und Ausführung d e r h a n d e l n d e n C h a r a k t e r e und d e r G a n g d e r Handlung dem S i n n e d e r m i t t l e r e n K o m ö d i e e n t s p r e c h e n .
J e d o c h wir sind
zu wenig über das W e s e n d i e s e r K u n s t f o r m u n t e r r i c h t e t , als dass wir b e s t i m m e n k ö n n t e n , in wie weit die E k k l e s i a z u s e n zu ihr zu r e c h n e n o d e r von ihr v e r s c h i e d e n sind. J e d e n f a l l s zeigt sich in v o r l i e g e n d e r K o m ö d i e A r i s t o p h a n e s v o l l e n d e t e r M e i s t e r in s e i n e r Kunst,
als
W i r müssen h i e r w i e d e r h o l e n ,
dass wir n i r g e n d und in k e i n e r l e i W e i s e in dein etwaigen W e r t h des zu G r u n d e
liegenden
Gedankens
das K r i t e r i u m
der
künstlerischen
T r e f f l i c h k e i t finden k ö n n e n ; es würden sonst die s c h ö n s t e n k o m i s c h e n Compositionen
eines Shakespeare
zu einem N i c h t s
heruntersinken.
N u r der e n t s c h i e d e n e M a n g e l an poetischein S i n n k a n n sich so weit v e r i r r e n , dass e r den Heiz und den W e r t h des K u n s t w e r k e s demselben
ausser
s u c h t ; die Kunst hat es nicht mit dem W a s , sondern mit
dem W i e zu tliun, und oft ist sie e i g e n s i n n i g genug, an dem t r i v i a l s t e n I n h a l t i h r e r e i z e n d s t e n und v o l l k o m m e n s t e n F o r m e n zu v e r s c h w e n d e n , o d e r r i c h t i g e r , sie e r h e b t durch ihre M i t t e l auch das G e w ö h n l i c h e zu d e r h e i t e r e n K e g i o n wahrhaft m e n s c h l i c h e n I n t e r e s s e s . In
solcher W e i s e
betrachtet
dürfen die E k k l e s i a z u s e n
s c h ö n s t e n D i c h t u n g e n des A r i s t o p h a n e s gezählt werden.
zu den
E s ist m e r k -
würdig, mit w e l c h e r üppigen L u s t h i e r die v e r s c h i e d e n s t e m m e n s c h l i c h e n C h a r a k t e r e g e z e i c h n e t sind.
S e i n e ganze G r ö s s e a b e r zeigt d e r
D i c h t e r in dem l e i c h t e n und f r e i e n G a n g d e r S c e n e n , und in d i e s e r B e ziehung dürften die E k k l e s i a z u s e n
mit den F r ö s c h e n
und Vögeln in
g l e i c h e r Höhe s t e h e n . E s ist e i n e E r f i n d u n g vom e r s t e n B a n g e , dass die E k k l e s i e , die m a n doch nicht, füglich v o r s t e l l e n k a n n , durch die P r o b e d e r W e i b e r v o l l k o m m e n v o r s t e l l i g g e m a c h t w i r d ; es ist u n a n s t ä n d i g f r e i l i c h , a b e r doch s e h r schön, class an d e r schw e r e n Nothdurft des guten B l e p y r o s sich die E v i d e n z d e r U n b r a u c h b a r k e i t d e r M ä n n e r n e b s t freundn a c h b a r l i c h e n U n t e r h a l t u n g e n a n k n ü p f t ; es ist d e r Gipfel d e r K o m i k , wenn in dem l e t z t e n A k t die a l t e n v e r b u h l t e n W e i b e r e i n a n d e r i h r e n F a n g a b j a g e n , w ä h r e n d sie an d e r dazwischen s p i e l e n d e n Anmuth des kecken
verliebten
Dirnchens
das
reizendste
Gegenspiel
finden.
d i e s e m W i t z d e r S i t u a t i o n liegt die wahre G r ö s s e des A r i s t o p h a n e s .
In
350
Die Kkklesiazusen.
ERSTER
v 1—22.
ACT.
V o r einem b ü r g e r l i c h e n H a u s e ( E s ist d u n k e l ; v o r d e m H a u s e ist e i n e L a t e r n e a u f t f c l i i i n g t . )
Praxaarora. (heraustretend mit Pathos.)
Du scheibentsprossner L a m p e flammenheller Mick, So schön an fernsichtbarer Stelle aufgehängt — Denn deinen Ursprung künd' ich also, dein Geschick, W i e auf der Scheibe du von Töpfers H a n d geformt, An deiner Schnäuze trügst der Sonne Strahlenzier Send' hin des Scheines Zeichen, das b e s p r o c h e n e ! W i r anvertraun es dir allein! mit Recht-, da auch, W e n n wir im stillen Kämmerlein der Liebeslust Reizvollste Hingebungen üben, nah du bist, Und Zeuge wollustneu- und neuen Liebesspiels, Dein Aug' von Keiner ihres Gemachs verwiesen wird Auch leuchtest du nur in die geheimsten Tiefen uns Des Schoosscs, abzusengen, was da H a a r entsprosst-. Und wenn die Hallen voller F r u c h t und Bakchos Nass W i r heimlich öffnen, stehst du uns getreulich bei, Und sagst es niemals weiter, was du initgethan. Drum sollst du auch mitwissen unsre P l ä n e jetzt, W i e sie meine Schwestern gut geheissen am Sehirmenfest! (sie g e h t e i n p a a r S c h r i t t e v o r . )
Doch ist von allen, die kommen sollten, noch keine hier, Obschon es gegen Morgen ist; die E k k l c s i e wird Sehr bald beginnen; während statt der Plätze, die Sphyromachos f ü r uns b e a n t r a g t — wisst ihr noch? — v. 1. D e r A n f a n g p a r o d i r t E u r i p i d e i s c h e und ä h n l i c h e Prologe, v. 18. D a s S e i l i r m e n f e s t (Sk-ira) ist ein W e i b e r f e s t , dessen H a u p t c e r e m o n i e im T r a g e n des weissen S c h i r m s von A t h e n n a c h dem Ort S k i r o s bestand. v. 22. S p h y r o m a c h o s halte ein Gesetz g e g e b e n , n a c h dem e n t w e d e r die F r a u e n von den M ä n n e r n oder die e h r b a r e n F r a u e n von den H e t a i r e n abgesondert im T h e a t e r sitzen sollten. Das m a g i'iir die T r a g ö d i e n gegolten halten, zu denen wohl, wie gewiss nicht f ü r die K o m ö d i e n , Krauen Z u t r i t t h a l t e n . D e r weitere S p a s s , der in diesen Versen in liezug auf einen S c h a u s p i e l e r K l e o m a e h o s und seine f e h l e r h a f t e A u s s p r a c h e eines W o r t e s l i e g e n soll, ist uns u n k l a r .
v. 23—48.
Die Ekklesiazusen.
351
W i r uns der andern versichern müssten unverselm's! — W a s könnt's denn g e b e n ? ob sie noch nicht zusammen sich Genäht die B ä r t e haben, die befohlen sind? Ob ihnen i h r e r M ä n n e r Kleidung u n b e m e r k t Zu nehmen schwer w a r d ? Doch 'ne L a m p e seh' ich da H e r k o m m e n ! Schnell, ich tret' ein Wenig über Seit', Ob's nicht am Filde g a r ein Mann ist, der da kommt!
(Mehrere F r a u e n kommen nach nml nach a n . )
Erste Frau. 's ist Zeit zu g e h e n ; hat der Herold eben doch, Da aus dem Ilaus wir traten, zum zweiten Mal g e k r ä h t ! Fraxagora. Ich meinerseits hab', euch erwartend, die ganze Nacht Gewacht! Doch komm', ich will da auch die N a c h b a r i n H e r a u s mir r u f e n ; leise klopf' ich an die Thür. Damit der Mann es nicht bemerkt. (sie pocht an.)
/ w e i t e Frau. (heraustretend.)
Ich hörte wohl An der T h ü r dich rascheln, da ich die Schuhe schon mir b a n d ; So wenig kann ich schlafen; denn mein Mann (es ist Ein Salaminier, Liebe, dessen F r a u ich bin; Die ganze Nacht durch hat er im Bett mich herumlavirt, So dass ich ihm jetzt erst hier den Mantel genommen hab'! Erste Frau. F ü r w a h r , ich sehe dort j a Klcinareten auch, Auch Philaincten kommen schon und Sostraten! (die G e n a n n t e n kommen.)
Praxagora. Ihr k ö n n t e t euch wohl sputen! Glyke beschwor es ja, Dass, welche zuletzt kommt, uns mit drei Amphoren W e i n Und einem Gerichtchen Z u c k c r c r b s c n es biissen soll! Erste Frau. Smikythions Kleine, siehst du da, die Melistiche, Wie flink in den Männerschuhu sie h e r a n k l a p p t ; und mich dünkt, N i c h t angegriffen kommt vom Manne s i e allein.
352
Die E k k l e s i a z u s e n
v. 4M —72.
/ w e i t e Frau. Des K r ä m e r s Alte, siehst du da, die G e u s i s t r a e In i h r e r Rechten die S t o c k l a t e r n e ; hinter ihr Die Frau' von Philodoretos! dort ( i i a i r e t a d o s F r a u ! Praxagora. Noch a n d r e F r a u e n seh' ich. viele da und dort. Ankommen alle, die in der Stadt was Hechtes sind. Dritte Frau. Mit genauer Notli nur, Liebe, gelang es mir, mich fort Und herzuschleichen; die ganze Nacht d u r c h hustete Mein Mann, da er gestern Sprotten zur N a c h t gegessen hat. ( d i e N c e n e Ii:«t sich a l l i n ä i i g m i t F r a u e n z i m m e r n g e f ü l l t . )
Praxag;om. So nehmt denn Platz, damit ich mich zuerst bei euch — Denn alle, seh' ich, seid ihr beisammen, — erkundige, Ob ihr gethan habt, was am Schirmtest ward beliebt. Erste Frau. Ich allerdings; denn erstens trag' ich Achselhaar, Wie beschlossen worden, dichter als 'neu l l o l l u n d e r b u s c h ; Zum a n d e r n hab' ich, so oft mein Mann zu M a r k t e ging, Den ganzen Leib mir eingeölt, mich tagelang In die Sonne gestellt und so mich tüchtig b r a u n gebrannt. Zweite Frau. Ich ebenfalls. Doch Kamm und Scheere warf ich erst Zum Haus' hinaus, um rauh zu weiden am ganzen Leib Und ganz und gar nicht nach 'ner F r a u mehr auszusein). Praxagora. Doch habt ihr ajjch die Barte, die wir insgesanimt Mithaben sollten, sobald wir uns versammelten V Erste Frau. Bei Hekate, einen allerliebsten hab' ich, seht! ( h ä l t sich e i n e n g r o s s e n i i a r t v o r . )
Zweite Frau. Ich einen, wie ihn E p i k r a t e s nicht besser t r ä g t ! (wie die Vorige.)
Praxagora. W a s sagt denn ihr da? v. 71-. E p i k r a t e s , clor „ B a r t t r a g e r " , ist seit seiner T h e i l n a h m e au der E x p e dition T h r a s v l m l s z u r B e f r e i u n g d e r S t a d t ein volksbeliehter M a n n ; er verstand sieh diese S t e l l u n g trefflieh zu Nutze zu m a c h e n ; seine und P h u r m i s i o s e i n t r ä g l i e h e G e s a n d t s c h a f t a n die H o f b u r g von Susa ist dem K o m i k e r P l a t o Anlass zu e i n e r eigenen K o m ö d i e geworden.
v. 7 3 - 9 4 .
353
Dir Ekklesiazuson.
Dritte Frau. Alle haben sie „ j a " genickt! Praxagrora. Und auch das Uebrige. seh' ich, ist von euch g e t h a n ; Denn Knotenstöcke tragt ihr und L a k o n e r s e l m h ' Und Männermäntel, ganz der Anweisung gemäss. Erste Frau. Ich habe diese Keule, seht, mit hergebracht, Des Lamias' Keule, die ich während des Schlafs ihm nahm! Zweite Frau. Wohl eine von denen, unter deren Last man — p u p t ? Dritte Frau. Sie ist, bei Zeus dem Retter, so gut, wie irgend wer, In des Tausendäuglers Hirtenpelz wohl eingehüllt. Als t r e u e r W ä c h t e r uns zu hüten vor Hütteis F a u s t ! l'raxagora. D r u m auf, und lasst uns auch des W e i t r e n sorgen jetzt., So lang' die Sterne noch am hohen Himmel stelin. Die Volksversammlung, welche, wir zu besuchen uns (rerüstet haben, liebt mit frühem Morgen an — Erste Frau. Bei Zeus, da musst du gleich des Platzes unterm Stein Den P r y t a n e n gegenüber dich bemächtigen! Zweite Frau. Den Knocken Wolle hab' ich, so wahr, mir mitgebracht, Den will ich zupfen, wenn das Volk versammelt ist! Praxagora. Bei versammeltem V o l k ? Du N ä r r i n ! Dritte Frau. J a ! so mir Artemis, Das will ich; hör' ich etwa weniger, was ihr sprecht, W e n n ich z u p f e ? meine Kleinen gelin zu H a u s mir nackt! Praxagora. Da seht mir, zupfen! vergisst du, dass du deines Leibs Die M ä n n e r umher das Geringste nicht sehn lassen d a r f s t ? (ill i h r e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g f o r t f a h r e n d . )
v. 77. V o n d e m Gespenst L a m i a „ s a g t e der K o m i k e r P h e r e k r a t e s : eine K e u l e hellend, f a r z t sie. Dies wird auf der E r s t e n E h e m a n n k o m i s c h a n g e w a n d t . " Voss, v. 80. D e r T a u s e n d ä u g l e r ist der Riese Argos, der die J o hewaclite. v. 87. U n t e r m Stein d. h. u n l e r der liednerluihne auf der P n y x . Aii-it.ipliauc's W e r k e .
(1. •>. A u l l .
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354
Dir Ekklesiazusen.
v. 95 — 120.
W a s Schönes ferner gab' es wirklich, wenn das Volk Bei einander war', und eine zum Uebersteigen sich Aufnähme den Rock und zeigte ihren Fhormisios; Doch setzen wir uns schon früher, so verbergen wir's Mit unsrer Mäntel Faltenwurf. Und hängt sodann Uns vorgebunden um Mund und Kinn der Bart herab, W e r wird uns sehn und zweifeln, dass wir Männer sind? Agyrrhios trägt doch so den B a r t von Pronomos, Und niemand merkt's, obschon er Weib sonst war wie wir; Jetzt aber, siehst du, ist er im Staat vor Allen gross. Deshalb — ich schwör's bei dieses Tages erstem Strahl — Allein deswegen wagen wir dies Wagestück, Ob wir des Steuers irgend wie bemächtigen Uns können, einzig und allein dem Staat zum Heil; Denn ehrlich, jetzt heisst's „ohne Ruder, ohne Wind." Erste Frau. Wie kann der F r a u e n „sehaamverhüllte Weiblichkeit" Zum Volke reden? Praxagora. Ei, am allerbesten wohl! E s heisst ja, wer von unserm jungen Volk zumeist Sich lieben lasse, werde der beste Redner einst; Und eben das ist uns der Schickung nach Beruf. / w e i t e Frau. Vielleicht; doch schlimm ist sicher das „nicht erfahren sein." Praxagora. Wohlweisslich sind wir drum versammelt hier und jetzt, Um vorzuüben, was zu sprechen dürfte sein. Drum liab' die Güte den Backenbart erst unizuthun, Desgleichen alle, die einen Vortrag einstudirt. Dritte Frau. Welch Weib, du Närrin, braucht zum Sprechen Studium? v. 97. F h o r m i s i o s , der mit Epikrates Gesandter gewesen ist, war wegen seiner starken Behaarung auffallend s. Frösche v. 994. v 102. A g y r r h i o s der E m p o r k ö m m l i n g , war seit mehr als zwölf Jahren im Staate einflussreich, und wie man aus Demosthencs Iiede gegen Timokralcs schliossen darf, ein achtbarer Mann. E r hatte die Schmälerung des den Komikern zu zahlenden Lohnes (Frösche v. 372.) und später die Erhöhung des Ekklesiasten-Soldcs beantragt, s. Plutos v. 179. W i e so Agyrrhios, der nicht bloss in der Bartlosigkeit den W e i b e r n ähnlich ist, zu dem grossen Hart des Flötenbläsers P r o n o m o s kommt, weiss ich nicht. v. 109. E i n griechisches Sprichwort heisst: „wo Geld ist, geht das Kuder und blässt der W i n d . "
V.
Die Ekklesiazusen.
121 —135.
355
Praxagora. So nimm den Bart um und verwandle dich zum Mann. Hier leg' ich auch die Kränze h e r ; ich will mich seihst Nun auch beharten, falls ich etwa sprechen muss. Zweite Frau. (laut lachend.)
Nein, süsses Herzchen! sieh nur mal, Praxagora, Wie gar zu lächerlich einem das zu Gesiebte steht! Praxagora. Wie so denn lächerlich?
/ w e i t e Fran. Grade wie wenn als Bart man sich
Gebratne Dintenlisehe hätte vorgehängt! Praxagora. Wohlan! o Priester, trag' die Opferkatz' h e r u m ! Vorwärts, ihr Bürger! Halt' den Mund, Ariphrades! Geh' da hinein und setze dich! W e r verlangt das W o r t ? Erste Frau. Ich! ich!
Praxagora.
Den Kranz hier, setz' ihn auf mit bestem Glück! Erste Fran. Und nun?
Praxagora. Beginn'!
Erste Frau. Zu sprechen, eh' ich getrunken hab'? Pi-axagora.
Hört! t r i n k e n !
Erste Frau. Wozu, du Närrin, liätt' ich mich sonst gekränzt? Praxagora.
Geh' deines Weg's! Du wärst im Stand und sprächst auch dort Solch Zeug!
Erste Frau. Wie d e n n ? sie t r ä n k e n in der Ekklesie nicht?
v. 122. Der Redner kränzt sich. v. 128.. Sonst wird der Platz zur Versammlung mit einem Kerkelopfer goreinigt. Die Weiber nehmen in Ermanglung dessen.eine Katze dazu. Die drei Zeilen der Praxagora enthalten in der Kürze die wesentlichen Formen hei Eröffnung der Versammlung; man vergleiche Acharner v. 43 v. 129. Von dem liederlich geilen Ariphrades s. Wespen v. 1304. Also schon vor dreissig Jahren hat Aristophancs denselben Mann vorgehabt.
Die E k k l e s i a z u s e n .
v
1.W—159
Praxagora. Nein, seilt mir doch! da t r i n k e n ! Erste Frau. J a bei Artemis, Und zwar den r e i n s t e n ! Ilire Beschlüsse wenigstens, So viele sie deren machen, sind, genau besehn, Wie von ganz B e t r u n k e n e n , lauter irr' und wirres Zeug! Sie spenden ja auch, beim Himmel; oder wie so denn sonst Die vielen Gebete, hätten sie keinen W e i n dabei? W i e a n g e t r u n k e n schimpfen sie auf einander los. Und wer's zu toll macht, wird von den Iliischeni zuletzt geschleppt Praxagora. Geh' fort und setz' dich nieder, alberne F a s l e r i n ! Kiste Frau. O Zeus im Himmel! hätt' ich den B a r t mir doch gespurt! Der Durst verbrennt mir Herz und Nieren elendiglich! Praxasrora. Ist eine Andre da, die das W o r t verlangt! / w e i t e Frau. J a ich! Praxagora. Komm, komm und kränze dich. Unser Plan ist jetzt im Gang, Wohlan, Geliebte! sprich nur recht maiinliaftiglich. Mit fester W ü r d e , auf den Stab den Arm gestützt! Zweite Frau. So lieb mir's wäre, nahm' ein K u n d i g e r e r das W o r t Zum F r o m m e n Aller, während i c h still süsse dort. So k a n n ieli's, falls ihr was auf meine Meinung gebt, Nicht leiden, dass Cisternen man in den Sehenken gräbt Ftir's W a s s e r ; dagegen stimm' ich bei den Göttinnen! Bei den G ü t t i n n e n !
Praxagora. Unglückselige, wo hast du deinen Kopf?
Zweite Frau. W a s ist d e n n ? Hab' ich vom W e i n doch nicht ein Wort g e s a g t ? Praxagora. J a a b e r geschworen hast du als Mann bei den Göttinnen, So meisterhaft du auch im Uebrigen m i e t e s t ! v. 155. Sie m e i n ! wühl, ¡11 der W e i n s c h e n k e soll es g a r kein W a s s e r geben. — Sie s c h w ö r t hei den G ö t t i n n e n d. h. hei D e m e t e r u n d P e r s e p h o n e , ein S c l n v n r , den n u r W e i b e r brauchen.
V.
160 — 188.
357
Die Ekklesiazusen.
Zweite Frau. E i — beim Apollo! Praxagora. Schweig' nur schweig'! Um keinen Preis Auch einen Schritt n u r möeht' ich zur E k k l e s i e tliun, Bevor wir nicht mit diesen Dingen im Reinen sind! / w e i t e Frau. Gieb' her den K r a n z ; noch einmal will ich r e d e n ; gieb! Jetzt glaub' ich meines Gegenstands ganz H e r r zu sein. D e n n allerdings, ihr hochverehrte F r a u e n , scheint's — Praxagora. Schon wieder F r a u e n nennst du die Männer, Alberne! Zweite Frau. Das kommt da von dem E p i g o n o s ; wie ich den erblickt, So kam's mir vor, als sprach' ich wirklich zu W e i b e r v o l k ! Praxagora. Hinweg mit dir auch! geh' und setz' dich dort bei Seit'. Selbst r e d e n müssen werd' ich jetzt zu eurem Heil! Den Kranz mir nehmend r u f ' ich erst die Götter an, I)ass sie in Gnaden Sieg verleihen meinem Plan. Dasselbe Hecht, dieselbe Pflicht mit euch hab' ich An diesem Staate. Ernstlich nun bekümmert mich Und d r ü c k t des Vaterlandes Lage das Herz mir gar. Als F ü h r e r nämlich hat es, seh' ich, immerdar Niehtsniitz'gc L e u t e ; ja, war E i n e r Eilum Tag A c h t b a r , so ist er zwanzig Schurke zwanzigfach; Mau r u f t 'neu Andern, ä r g e r treibt der's hundertfach! So misbehaglichem Volk zu lenken seinen Sinn, Ist freilich schwer; wer wohl euch will, ihr fürchtet ihn; W e r ' s übel meint, dem gebt ihr euch demiitliigst hin. Nicht war ein Erwerbszweig sonst die Volksversammlung hier, Nichts gab's von Löhnung, nein den Agyrrhios hielten wir F ü r einen Schuft ; doch seit man hingeht zum Gewinnst, Lobt, wer die drei Obolen bekommen, sein Verdienst; W e r nichts bekommen, sagt, des Todes würdig sei, W e r Volksversammlung macht zur T a g e l ö h n e r n .
v. 167. E p i g o n o s ist sonst wenig bekannt. V. 184. A g y r r h i o s s. o. v 102. „er hatte lange Zeit wegen öffentlicher Gelder im Gefiingniss gesessen."' Voss.
Veruntreuung
358
Dir
Ekklesiazusen.
v. 18!» - 2 0 1 ! .
Erste Frau. B e i Aphrodite schön gesprochen hast du da!
Praxagora. Unscl'ge! Aphroditen nennst du! allerliebst Wär's wirklich, wenn du dergleichen in der E k k l c s i e thät'st!
Erste Frau.
D a würd icli's nicht!
Praxagora. Gewöhn' es hier nicht noch dir a n ! -Als jüngst das Bündniss ward besprochen, lärmte man E s gehe die Stadt zu Grunde, nähmen wir's nicht a n ; J e t z t da es gemacht ist, murrt man laut, und über Nacht Hat, der es empfahl, der Redner, sich aus dem Staub gemacht. In See zu gehen scheint dem Armen wünschenswerth, Dem Reichen aber und dem Landmann höchst verkehrt. I h r seid den Korinthern böse, böse sie auf cuch, Jetzt sind sie brav, brav zeiget jetzt darum auch euch; Dumm ist Argeios — doch der Hieronymos klug! Schon lächelte Rettung, doch es hemmt der Göttin Flug Thrasybul allein, den Niemand doch zu Hülfe rief.
Erste Frau. W i e w:eise der Mann spricht!
Praxagora. J e t z t gefällt dein L o b mir e r s t ! Denn ihr, o Bürger, tragt allein die Schuld davon; Des Staates Gelder braucht ihr auf zu Sold und Lohn, v. 1 9 3 . Das B ü n d n i s s , welches h i e r g e m e i n t i s t , ist das m i t T h e b e n , K o r i n t h und Argos u n t e r P e r s i s e h e r Y e r m i t t e l u n g g e s c h l o s s e n e , w e l c h e m dann der K o r i n thische K r i e g folgte. ( 3 9 4 ) I n K o r i n t h entstanden bald b l u t i g e P a r t e i u u g e n , die die U n t e r n e h m u n g e n der V e r b ü n d e t e n h e m m t e n ; deshalb zürnte Athen a u f K o r i n t h ; die E r m o r d u n g der spartanisch G e s i n n t e n und e r n s t l i c h e r W i d e r s t a n d g e g e n die anrückenden S p a r t a n e r bewährte, dass sie der g e m e i n s a m e n S a c h e treu seien. v. 1 9 6 . D e r S c h o l i a s t m e i n t , dieser R e d n e r sei K o n o n ; um die Z e i t als er den W i e d e r a u f b a u der M a u e r in Athen b e t r i e b ( S o m m e r 3 9 3 . ) waren die b l u t i g e n Aullritte in K o r i n t h , und die darauf folgende V e r s t i m m u n g der A t h e n e r und i h r e Unlust an W e i t e r f ü h r u n g des K r i e g e s mochte als Grund von K o n o n s A b r e i s e angesehen werden. v. 2 0 1 . A r g e i o s k e n n e n w i r n i c h t ; H i e r o n y m o s aber war nach Diodor. X I V . 81. e i n e r von K o n o n s G e n o s s e n ; er w a r , wahrend K o n o n selbst zum P e r s e r könige g e r e i s t w a r , um die I M a u b n i s s zum K r i e g e gegen die S p a r t a n e r m i t P e r sischer S e e m a c h t zu erhalten ( 3 9 4 ) , als B e f e h l s h a b e r bei der H o t t e g e b l i e b e n . S e i n e T h e i l n a h m e an der g l o r r e i c h e n Seeschlacht von K u i d o s m a g dem sonst unbedeutenden Menschen G e l t u n g verschafft haben. v. 2 0 3 . Diese sehr s c h w i e r i g e S t e l l e s c h e i n t sich d a r a u f zu b e z i e h e n , dass T h r a s y b u l , der b e k a n n t e B e f r e i e r der Stadt von der H e r r s c h a f t der D r e i s s i g , in diesem J a h r e m i t vierzig Schiffen den K h o d i e r n , ohne dass sio darum gebeten hatten, zu H ü l f e zog, damit sie sich von der S p a r t a n i s c h e n H e r r s c h a f t b e f r e i t e n D e r D i c h t e r
v. 207—239
Die Ekklesiazuxcn.
359
Stets sorgend, was der eignen Kasse Vortheil bringt, Indess der Staat gleich Aisinios so weiterhinkt. Doch könnt ihr noch euch retten, folgt ihr meinem Rath. Den F r a u e n nämlich mag man, schlag' ich vor, den Staat In Händen geben; sind sie doch am heimischen Heerd In Hausverwaltung, Kassenführung stets bewährt. Mehrere Franeu. Vortrefflich! Herrlich! sprich Verehrter! fahre fort! Praxagora. Dass besser ihre Politik denn unsre ist, Will ich beweisen. Erstens, wie ihr alle wisst, W a r m waschen sie die Wolle nach uraltem Brauch Die Eine wie die A n d e r e ; keine wird man auch W a s andres sehn versuchen. W ü r d e nicht Athen Gar bald gerettet, wollt' es eben darauf sehn Und nicht von E i n e r neusten A r t zur andern gehnV Sie setzen sich beim Kochen, wie in alter Zeit, Sie tragen auf dem Kopfe, wie in alter Zeit, Sic feiern Thesmophorien, wie in alter Zeit, Sie backen ihre Kuchen, wie in alter Zeit, Sie quälen ihre Männer, wie in alter Zeit, Sie halten sich Anbeter, wie in alter Zeit, Sie gehn nach Leckerbissen, wie in alter Zeit, Sie trinken gern ein Schüppchen, wie in alter Zeit, Sic lieben sehr das Lieben, wie in alter Zeit. In deren H a n d lasst, Bürger, des Staates Wohl und E h r ' Uns legen ohn' viel Sprechen und F r a g e n hin und her, Wie sie es machen werden; nein, uneingeschränkt Lasst sie regieren, — voll Vertrauen. Denn bedenkt, Wie erstens sie für unsre Krieger ängstlich sind, Um vor Gefahr zu hüten jedes Mutterkind; W e r f e r n e r sorgt für Nahrungsmittel der Mutter gleich? Sich Geld zu schaffen ist die F r a u an Plänen reich; In ihrem Amt sich täuschen lässt sie nimmermehr, Denn selbst zu täuschen ist sie gewöhnt von Jugend her.
meint, die guten Aussichten, die man durch den Sieg von Kuidos und andere Ereignisse in dem währenden Kriege gewonnen, würden durch derartige Unternehmungen, wie sie Thrasybul beantrage, verzettelt. v. 208. A i s i m o s , der auch in der Rede des Lysias gegen Agoratos genannt wird, war, sagt der Scholiast, ein lahmer dummer Meuseh.
360
Die
Ekklesiazusen
v. 24D—258.
Von A n d e r e m schweig' ich. Geht auf meinen Rath ihr ein, So w e r d e t ihr in F r i e d e n euch des Lebens f r e u n ! Erste Frau. Vortrefflich, lierzenssüsse P r a x a g o r a ! wundervoll! Du W e t t e r w e i b ! wo hast du das so schön gelernt! Praxagora. Zur Zeit der Exile wohnt' ich oben auf der Pnyx Mit meinem M a n n ; da hört' ich die R e d n e r und lernte 's so. Erste Frau. Kein W u n d e r , Schätzchen, dass du so klug bist, so b e r e d t ! So wühlen denn wir W e i b e r stehenden F u s s e s dich Zu unserm F c d h e r r n , falls du tliun willst, wie du sprichst. J e d o c h wenn Kephalos auf dich los mit Schimpfen geht. W i e wirst du ihm antworten in der E k k l e s i c ? Praxagora. Ich werd' ihm sagen, dass er v e r r ü c k t ist! Zweite Frau. Jedermann .Weiss das j a lange: Praxagora. Sei dazu an der Galle k r a n k ! Dritt« Frau. D a s weiss man gleichfalls! Praxagora. Mache schlechte Kannen zwar, Auf's Kannegiesscrn aber versteh' er trefflich sich! Erste Frau. Doch wie, wenn Triefaug' Neokleides dich verschnupft? Praxagora. Dein k a n n s t du s a g e n : sich 'nem Staar in seinen Steiss! Zweite Frau. Doch wenn man dich bei d e i n e r schwachen Seite fasst? Praxagora. So bin ich stichfest; hab' es lang genug g e ü b t !
v. 244. Diese s c h w i e r i g e Stelle bezieht sieh wohl auf die Zeil der D r e i s s i g , wo auf der P n y x keine E k k l e s i e g e h a l t e n , sondern H ä u s e r g e h a m w u r d e n und wo dort die Y o l k s r e d n c r schwiegen. v. 24 U. K e p h a l o s , e i n e r der d a m a l i g e n D e m a g o g e n , ein T ö p f e r von H a n d w e r k , v. 255. X e o k l e i d e s s. Plutos v. 6Go. u n d u n t e n v. 309. v. 257. Bei der s c h w a c h e n Seite, in i h r e n l i e d e n n ä m l i c h .
v. 259—285.
Die Ekklesiazuscn. Dritte Frau.
Eins bleibt nur noch zu erwägen: wenn der Häscher dich Soll schleppen, wie dann? Praxagora. In die Seite stemm' ich beide Arm', Stoss' rechts und links; an den Leib mir kommen soll man nicht Erste Frau. Und packt dich einer, so schrein wir alle: lass ihn los! Zweite Frau. So wäre dies denn wohlerwogen und überlegt! Doch haben wir eins noch nicht bedacht, auf welche Art Nachher beim Handaufheben man sich benehmen soll, Da sonst im Rockaufheben nur geübt wir sind. I'raxagora. Ein schwierig Ding ist's! doch man hebe so die Hand, I)ass bis zur Achsel den einen Arm entblösst man zeigt. — Wohlan so schürzt euch jetzt die Unterkleider auf, Und bindet euch die Lakonerschuhe fest, geschwind, Wie's jede von ihrem Mann geselin, wenn auf's Gericht, Zur Ekklesie oder sonst wohin er gehen will. Wenn ihr mit alle dem sodann in Ordnung seid, So bindet euch die Barte vor. Und habt ihr jetzt Auch sie um Kinn und Backe dicht euch angefügt, So werft die Männermäntel männlich über euch, Die ihr entwandt habt. Endlich nehmt den Stock zur Hand Und wandert, euch drauf stützend hin und singt dazu E i n Lied aus alten Zeiten, so als kämet ihr Herein vom Lande. Dritte Frau. Das ist schön! so lasset uns Denn nur vorausgelm! Denn ich glaube andre Frau'n Noch werden her vom Lande kommen, grades Wegs Zur Pnyx hinauf. Praxagora. So eilet! denn es ist Gebrauch, Dass, wer da nicht frühmorgens auf dem Platz erscheint. Nicht 'mal so viel, ein Strick zu kaufen, nach Hause bringt. ( d i e F r a u e n t r e t e i l z u m C h o r z u . s a i n m e u u n d w a n d e r n in d i e O r c h e a t r a h i n a b . )
362
Die Ekklcsiuzuscii.
v. 286—304.
Chorfülireriu. Jetzt ist es Zeit, fürbass zu gelin, ihr Männer — so vor Allen Zu sagen stets seid stets gedenk, mag's nimmer uns entfallen! Denn die Gefahr war' nicht gering, kam' je es an die Sonnen, Was wir bei Nacht und Nebel jetzt so kühn und fein gesponnen! Erster Halbchor. Ihr Männer, zur Ekklesie hin Lasset uns in Eile zielin; Es droht ja der Thesmothet, Wer, ehe der Frühwind weht, Nicht staubig am Markte steht Mit Sau'rampfennicnen, Mit knoblichem Lauehgcsieht, Dem zahlt er sein Soldchen nicht! Drum, auf, Charitimides, Auf Smikythos, Charmides, Eilt, dränget den Vormann! Und männiglich seht euch für, Dass trotz der Verkleidung ihr Nicht fallt aus der Rolle: E r s t lässt man die Marke sich Einhändigen, setzet sich Dann möglichst zusammen, Dass, wenn es zum Stimmen kommt, Einstimmig, was Allen frommt, Gut heisse die Schwesterschaft — Was sag' ich da — Brüderschaft; So wollt ich auch sagen! Zweiter Halbchor. Pass' auf, es werden jetzt gebutzt Da die Städter, fein geputzt, Die sonst, wo der Lohn gering, Wo, wer zur Ekklesie ging, Nur einen Obol empfing, Heim sassen und schwatzten Gekränzet in .Zierlichkeit, — Jetzt machen sie hier sich breit!
v. 305 - 3 1 1
Die
T'.kklesiazusen.
363
Nie hätte sich, als dem Land Myronides vor noch stand, Der Wackere, jemand Erniedriget, Staatesdienst Zu brauchet als Geldverdienst; Da brachte sich jeder Im Ranzen sein Schlückchen mit, Und Brodes 'nen derben Schnitt, Zwei Zwiebeln als Magenkitt Und etliche Feigen. Jetzt sprechen sie, Mann für Mann, Wenn Ptlicht sie dem Staat getlian, Gleich ihren Triobel an, Taglölmern vergleichbar! v. 305. M y r o 11 y d e s , der wackere F e l d h e r r der P e r i k l e i s e h e n Z e i t , ist ein Muster des t ü c h t i g e n l l o p u b l i k a n i s m u s .
364
Die Ekklesiazusen
ZWEITER
v. 3 1 2 — 3 3 4
ACT.
(Morgendämmerung. Man sieht in ein Haus hinein, wo B1 e Ji y r o s im Betto liegte
ßlepyros. W a s ist d a s ? wo n u r mag sie hingeschlichen seinV E s geht doch schon zum Morgen! zeigt sie nirgend sich? So lieg' ich liier schon ewig — 's ist mir äusserst nah' — Und such' im F i n s t e r n rings nach meinen Schuhen umher U n d meinem M a n t e l ! Kann ich tappend links und rechts Die nirgends finden, so muss ich wohl, — es pocht ja schon Gevatter Stuhlgang k n u r r e n d an die H i n t e r t h ü r — Dies U n t e r r ö c k c h e n muss ich nehmen von.meiner F r a u , E i n f a h r e n schnell in ihre P e r s e r p a n t ö f f e l c h e n ! (stellt auf, zieht sich die Weiberkleiduug au.'l
W o aber gleich ein Plätzchen, wo man ungesehn Hotirte'r 1 acli hei Nacht sind alle Katzen grau! (gellt vorn auf (las Proscenium hin.)
H i e r wird mich jetzt mein Häufchen niemand legen sehn! Ach meine Diunmheit, dass ich mir, so alt ich war, E i n junges Weib nahm! Prügel schoekwcis' bin ich werth! Denn was Gcscheidtes ist's im Leben nicht, weshalb Sie ausgegangen! Doch ich trete mich endlich ab. Isetzt sieh.)
(Ein N a e h b a r kommt aus dem andern llause.)
Xaclihar. W e r ist da? sollte meinen, N a c h b a r Blepyros! Beim Zeus, er ist's auch wirklich selbst! He. sage mir. W a s hast du da so Gelbes sitzen? du bist doch nicht Von Kinesias und seinem gewissen so — begilbt? Blepyros. Das n i c h t , ich hab' n u r beim Hinausgehn meiner F r a u I h r Safranröckehen angezogen, das sie trägt. Xaclibar. W o hast du deinen Mantel d e n n ? v. 331. K i n e s i a s ist Dichter, ist ein 1'"round seiner F r e u n d r , giebt sieh ihnen ganz wie er i s t , — und wenn er sich lieben liisst, wie er es gern tliut, so k a n n er nicht d a f ü r e i n s t e h e n , dass seine hinteren Schliessmuskeln ihre Schuldigkeit thuu.
v. 3 3 5 — 3 5 7 .
365
Die E k k l e s i a z u s e n .
Blepyros. Ich weiss es n i c h t ; So viel ich ihn suchte, f a n d ich ihn doch nicht auf d e m Bett. Nachbar. U n d h a s t du d e n n nicht auch deine, F r a u d a r n a c h g e f r a g t ? Blepyros. J a F r a u ! die H e x e ist j a eben nicht zu H a u s , ist ohn', dass ich's g e m e r k t , durcli's Schlüsselloch entwischt. W e s h a l b ich f ü r c h t e , dass „die A r g e das N e u e liebt". Nachbar. So w a h r P o s e i d o n , also g r a d e so wie mir Ist's dir e r g a n g e n ! D e n n a u c h m e i n e H ä l f t e ist Zum H e n k e r und h a t d e n M a n t e l , den ich t r a g e , m i t ! W e i i n ' s das allein war', a b e r sie hat auch m e i n e S c h u h ' ; Da k ö n n t ' ich suchen wer weiss wie viel u n d f a n d ' sie nicht! Blepyros. So w a h r D i o n y s ! ich meine L a k o n e r ebenso, Im ganzen H a u s ' nicht.
W e i l mich a b e r k a c k e r t e ,
So f u h r ich in m e i n e r F r a u P a n t o f f e l und m a c h t e her, Um nicht in die Decke was zu m a c h e n ; sie war noch frisch. Nachbar. W a s d a s d e n n sein m a g ? ob zum F r ü h s t ü c k sie vielleicht Vor e i n e r F r e u n d i n e i n g e l a d e n ist? Blepyros. Ich g l a u b ' s ; Sie ist am E n d ' auch, k a n n ich sagen, nicht so schlimm. Nachbar. Du legst da e r s t d i r wohl ein K a b e l t a u zu H ä u f ' ? Ich m u s s mich s p u t e n , dass ich in die F k k l e s i e k o m m ' ; W e n n ich n u r d e n M a n t e l f ä n d e , den einz'gen, den ich h a b ' ! Blepyros. Ich auch, sobald ich a u s g e l a d e n ; j e t z t j e d o c h Hält noch 'ne B a c k b e e r ' hinten die Gosse m i r v e r s t o p f t . Nachbar. Doch nicht so eine, wie T h r a s y b u l e n den M u n d v e r s t o p f t ? (ab.) v. 339. I m G r i e c h i s c h e n ist dieser V e r s aus E u r i p i d e s Medea v. 37. v. 357. S p a r t a n i s c h e Gesandte k a m e n (wahrscheinlich E n d e des J a h r e s 393) nach A t h e n , F r i e d e n a n z u b i e t e n ; T h r a s y b u l , e r w a r t e t e m a n , würde gegen sie s p r e c h e n ; er blieb u n t e r dem im T e x t bezeichneten V e r w ä n d e a u s , und die A t h e n e r e r z a h l t e n sich, er sei von den G e s a n d t e n bestochen.
3 66
Die Ekklesiazusen.
v. 85s—380.
Blepyros. So wahr Dionys, es klemmt' sich mir da abscheulich fest! W a s soll ich machen! J a und wiir's nur dies allein, W a s mich so pisakt! Aber wie, wenn ich wieder drauf Muss essen, wo denn hin mit all dem Mist im Leib? Jetzt sperrt mir dieser — was für ein . . . . aner bist du, Kerl? Du Afterbackenbeerianer die Kakademie! W e r holt mir einen Arzt geschwind? ja welchen A r z t ? W e r rühmt der grössten Kennerschaft von Hinten sich? Wohl kann's Amymon; doch vielleicht verlüngnet der's. So rufe man mir geschwind, geschwind den Antisthenes; D e r gute Mann, an seinem Stöhnen merkt man es, Versteht, was ein nothgedrungner Ilintrer sagen will! 0 hehre Eileithyia, hilf in Gnaden, lass Mich nicht zerplatzen, nicht mir den Leib versplintet sein, Dass ich nicht ein Nachtstuhl werde für die Komödie!
( W ä h r e n d e r f o r t f ä h r t zu « I r i u k e n , k o m m t a n s d e r S t a d l F r e u n d C h r e i n e s . )
Cliremcs. Ile du, was machst du? deine Nothdurft doch wohl nicht? Blepyros. I c h ? nein bei Gott nicht m e h r ; ich stehe so eben auf! Cliremcs. Du hast ja deiner F r a u ihr Unterröckchen an ? Blepyros. Im Dunkeln hab' ich's drinnen just in die Hand gekriegt. Von wo denn kommst du eigentlich? Chremes. Von der Ekklcsie. Blepyros. Ist also schon entlassen? Chremes. Freilich, äusserst früh. W a s haben wir da, du lieber Himmel Spass gehabt, Als rings das Rothseil auf die Leute losgespritzt! v. 363. Ucbersetzer weiss wohl, dass die Akademie hier eilten Anachronismus von etwas 8 Jahren enthält. Doch die Xoth war gross 1 v. 366. A m y m o n ist natürlich kein Arzt; er ist ein Itedner, der die bezeichnete Kennerschaft in der Art, wie sie nach v. 112 zum Staatsdienst befähigt, besass. v. 367. , , A n t i s t h e n e s , ein Geizhals, litt an schwerem Stuhlgang." Voss v. 370. E i l e i t h y i a ist die Geburtsgöttin.
v. 381—405.
Die Ekklesiazusen.
Blepyros. So hast du deinen Triobel gekriegt? Chreines. J a Jiätt' ich ihn! Doch kam ich, so mir Zeus, zu spät und schäme mich, Dass ich die Kiepe, siehst du, leer nach Hause bring'! Wie ging das zu?
Blepyros.
Chreines. Ein ungeheurer Haufe Volks Wie nimmer sonst, kam heut mit einem Mal zur P n y x ; Da wir sie sahen, so hielten wir sie alle gleich Für lauter W e b e r ; denn es sah du glaubst es nicht Wie blass von Milchgesichtern heut die Ekklesie; Da bekam denn ich und mancher andre am E n d e nichts. Blepyros. So bekiim' ich nichts mehr, kam' ich jetzt e r s t ? Chreines. Wo denn h e r ? Und wärst du, so wahr, gekommen, als zum zweiten Mal Der Hahn gekräht hat. Blepyros. E i verwünscht! ich armer Kauz! „Und knüpfet sich kein Liebesknoten zwischen mir"' Und einem Triobel? Gänzlich bin ich ruinirt! Was gab's denn aber, dass 'nc solche Menge Volks So früh bereits zusammenlief? Chreines. Nichts kleineres war's, Als dass die H e r r n P r y t a n e n über's gemeine Wohl Zu beratlien in A n t r a g brachten. Gut; da kommt sogleich Zu allererst Triefaug' Neokleides angeschlurrt ; Da fängt das ganze Volk wer weiss wie an zu sehrein: Abscheulich, dass der Kerl zu reden die Freiheit hat, Zu reden gar, wo des Staates Heil verhandelt wird, Der Lump, der selbst nicht seine Wimpern heilen k a n n ! Da schrie er laut auf, sali im Kreis' umher und sprach: Was soll ich t h u n ?
v 387. Statt W e b e r sagt das Griechische Schuhmacher. v. 393. Im Griechischen sind Verse aas Aischylos Myrmidonen parodir
Die Ekklesiazusen.
v. 4 0 C - 434.
Blepyros. Man stosse P o r s t und Laserpitz, Thu' kleine Wolfsmilch dann dazu und rühr' es steif, Und bestreiche damit die Augenlider vor Schlafcngehn, Das hätt' ich, war' ich dagewesen, ihm gesagt. Cliremes. Nach diesem betrat Euaion, der geniale Kopf, Die Bühne, »»angezogen, wie es den Meisten schien; E r selber wenigstens sagte, 'neu Mantel liab' er nicht; Und hielt 'ne höchst populäre Rede folgender A r t : Ihr seht, ich selbst enthehre auch des wahren Wohls, Des Wohls für vier Stateren! Doch ich sag' es euch. Wie ihr des Staats und der Bürger Wohlfahrt machen könnt. Denn leihn um die Zeit der Wintersonnenwende nur Die Walker einen Mantel jedem, der keinen hat, So leidet künftig keiner von uns an Schnupfen mehr; Wer nichts von Bett, Steppdecke, Schlafpelz hat daheim. Der möge reinlich abgebadet schlafen gelin Bei einem Kürschner; der, wenn er ihm in Winterzeit Die Thüre weist, drei Pelze Strafe zahlen nuiss. Blepyros. So wahr Dionysos, herrlich das! und wider ihn Stimmt sicher niemand, fügt er folgendes noch hinzu: Es soll der Yorkosthändler drei Kazionen Brod Tags jedem Armen reichen, oder es geht ihm schlecht; So hätten w i r doch auch von Nausikydes was! Chremes. Nach diesem sprang ein allerliebster junger Mensch, Ein Milchgesicht, dem Nikias ähnlich, auf den Stein, Aivs Volk zu reden, und versuchte darzuthun, Den F r a u e n übergeben müsse man Stadt und Volk. Da gab's ein Klatschen und ein Geschrei, er habe recht! Von den blassen W e b e r n kam es, während die vom Land Dagegen tobten. Blepyros. So wahr, die hatten doch Verstand! v. 409. v. 427. in den v. 429.
E u a i o n ist sonst wenig bekannt. N a u s i k y d e s war ein reicher Mehlhiindler in A t h e n , den auch XenoDenkwürdigkeiten II. 7. (i. nennt, Dieser N i k i a s ist ein E n k e l des lieriilmiten, ein feiner modischer H e r r .
v. 435—453.
IJic Ekklesiazuson.
3G9
(Iii remos. Sic waren nlicr die Minderzahl, indess er laut F o r t f u h r , von den F r a u ' n viel Schönes zu sagen, jedoch von dir W e r weiss wie Schlimmes. Blepyros. W a s denn? Cliremes. Pörstens seiest du Kin Ilallunke, sagte er! Blepyros. Uml was duV Cliremes. Das f r a g e nicht! Sodann ein Betrüger! Blepyros. ich allein? Chrenies. Und. so mir Zeus. Kin Sykophante! Blepyros. Ich allein? Cliremes. Und, so mir Zeus, Der ganze grosse H a u f e ! Blepyros. W e r bestreitet das? Cliremes. Das Weib dagegen, sagt er, sei ein sinniges Und geldbeschaffliclies W e s e n ; f e r n e r schwatzten sie Nicht aus dem Thesmophorion stets das Geheimnis* aus, Wie du und ich, wenn wir mit im Katli sind, jedesmal. Blepyros. Und, weiss mir Hermes, nicht gelogen hat er da! Cliremes. Dann sagt' er ferner, u n t e r e i n a n d e r lieh'n sie sich Goldsachen, Kleider, Trinkgeschirre, Silberzeug, So unter vier Augen, ohne Zeugen, ohne Schrift, Und giiben's redlich wieder, unterschlügen nichts; W i r Männer dagegen, sagt' er, thäten es durch die Bank. Blepyros. So wahr Apoll, trotz aller Zeugen, und schwörcn's a b ! Cliremes. Nicht Sykophanten seien sie, processirten nicht, Anstoiihanes Werke. II. 2. Aufl.
24
370
Die Ekklcsiazusen.
G e f ä h r d e t e n nie die Rulic des S t a a t e s ; k u r z , e r p r i e s N o c h t a u s e n d a n d r e T u g e n d e n sonst an d e m W e i b e r v o l k . Blepyros. W a s wurde denn beschlossen? Clirt'ines. llinen das R e g i m e n t 7A\ ü b e r g e b e n ; es schien, dass dies allein noch nicht In A t h e n v e r s u c h t sei.
Blepyros. Ist es b e s c h l o s s e n ? L'liremes.
Allerdings!
Hlopyros. U n d i h n e n ü b e r t r a g e n all und j e d e s Bing, W a s sonst die B ü r g e r b e s o r g t e n ? (,'hremes. J a , so stellt es j e t z t ! Blepyros. A u c h n i c h t zu G e r i c h t m e h r gell' ich, s o n d e r n nieine F r a u ? Clireiiies. A u c h nicht die K i n d e r e r n ä h r s t du, s o n d e r n d e i n e F r a n ! Blepyros. A u c h nicht den T a g a n g ä h n ' ich k ü n f t i g auf d e r P n y x ? (Iirpines. Nein nein, das alles ist d e r W e i b e r Sache j e t z t ; S t a t t d a zu g ä h n e n , b l e i b s t du d a h e i m im B e t t u n d p u p s t ! Blepyros. F ü r L e u t e u n s e r s A l t e r s a b e r f u r c h t ' ich E i n s : Sie werden, sind des S t a a t e s Z ü g e l in i h r e r H a n d , U n s wider W i l l e n zwingen, i m m e r — Chremes. W a s denn nur? Blepyros. Sie i m m e r zu r e i t e n ! Chremes. K ö n n e n wir es d e n n a b e r n i c h t — ? Blepyros. So g e b e n sie uns kein E s s e n ! Chremes. F r e u n d , d r u m thu' es nur, D a m i t du i m m e r essen zugleich u n d r e i t e n k a n n s t .
v. 4 5 4 — 4 7 1 .
v. 472 — 500.
Die Jikklcsiazusoii.
Blepyros. Doch wider Willen, ein schwerer Dienst! Chreiiics. W e n n ' s aber doch Dem Staat zu gut kommt, muss ein redlicher Mann es tlmn. Auch giebt's ein Sprichwort aus den alten Zeiten h e r : W a s unverständlich wir bcschliessen und verkehrt-, Das wird zu unserm Besten doch zuletzt gekehrt. 0 hehre Pallas und ihr Gotter alle, lasst Auch dies gedeihn! Ich g e h ! Lebwohl.' i ab.J
Hlepyros. Lebwohl auch d u !
(gellt ins Haus.)
(I)or Cliur von iler Ekklusiu /.urüi-kkoininentl.)
Chor. Schreit' vor! geh' fort! Uns nachgefolgt ist doch von dort kein Mann, der uns hier sähe? Kehrt! späht da. dort! Habt, sorglich Acht — \ i c l Schurken giebt's — bewacht die F e r n und Nähe, Damit nicht einer, wer wir sind, noch hinterdrein erspähe! Drum tretet auf mit aller K r a f t und lasst die Tritte schallen; Denn würden wir noch jetzt entdeckt, So brächt' es ewig Schimpf und Schand beim Männervolk uns allen! Deshalb zusammen drücket euch, Umblicket euch bedächtig rings, Und kehrt und späht nach rechts und links, Damit ein Unglück nicht noch jetzt den P l a n uns bringt zum F a l l e n ! Doch eilen lasst uns; sind wir nah doch schon dem Platz gekommen, A on welchem zur E k k l e s i e hin wir u n s e r n Marsch genommen. Seht da das H a u s der hehren F r a u , die uns den P l a n erdacht hat-, Den jetzt des Volks Genehmigung zum Staatsgesetz gemacht h a t ! So b r a u c h e n wir denn, länger nicht zu zaudern und zu bangen, B e b ä r t e t dicht das Angesicht, E s könne j e m a n d uns noch sehn, und uns vielleicht belangen! Wohlan, geschwind! im Schatten hin Kommt, lasst und ziehn, hier längs der Wand, 24* Zur Seite hin den Blick gewandt!
372
v. 501—523.
Die .Ekklesiazusen.
Dann wirft man ab die Mummerei, mit der man sich behangen! Nur vorwärts! Unsre F ü h r e r i n . ich sehe sie ja dorten Auch aus der Volksversammlung schon heimkommen; Schwestern, fort d e n n ! Und lasst den alten Hängebart, der euch das Kinn garniret, Das schmucke Kinn, das lang' genug der Zoddel schon schinipiiret! I P r a x a g o r a tritt auf.)
Praxagora. So weit, ihr werthcn F r a u e n , ist durchaus nach Wunsch Das grosse Werk, das wir beschlossen, uns geglückt; Nun aber schleunigst, ob's der Männer einer sieht. W e r f t ab die H ü n t e l ; geh' der Stiefel seines Wegs; Löst seine Fesseln, schnell die Lakonor Kiemen ihm; Hinweg die Knotenstückc! • {/.ur iJienei'in.i Bringe du den Putz Der F r a u e n hier in Ordnung, während ich in's Haus Zurück behutsam schleiche, ch mein Mann mich hier Erblickt, und ihm den Mantel wieder an seinen Platz So wie die andern Sachen lege, die ich nahm. Chor. (liat s i c h u m g e k l e i d e t . )
Sieh, was du gebot'st, schon ist es geschehn! Du hast nur uns zu belehren, W a s wir Nützliches noch tliun sollen, damit du genau uns folgen dir sehest; Denn ein grösser Genie ist in unserm Geschlecht, dass ich wiisste, noch nie mir begegnet ! Praxagora. So bleibt denn, damit zu dem schwierigen A m t , das ihr m i r , frei wählend, vertraut habt, Ich bei euch allzeit wohlwollenden Rath mag finden. Ihr habet j a dort auch Im Getümmel des Volks, den Gefahren der Pnyx mannhaftesten Mutli mir bewähret!
(Ii 1 e p y r o s k o m m t a u s d e m H a u s e ; a u c h d e r N a c h b a r t i m l e t sieh e i n . )
Blejtyros. Sieh' da! woher so früh, P r a x a g o r a ? Praxagora. Alterchen, Was kümmert's dich'?
Die Ekklesiazusun.
v. 5 2 4 — 5 4 0 .
373
Blepyros. W a s mich das k ü m m e r t ! sehr naiv! Praxagora. Uu meinst doch nicht von einem — JunkerV Blepyros. J e nun, vielleicht Von Einem nicht,! Praxagora. Sogleich zu untersuchen steht Dir frei! Blepyros. J a wie? Praxagora. IIa, ob das Ilaar nach Salben riecht? Blepyros. J a so! und keine tliät' es auch 'mal ungesalbtV Praxagora. Ich wenigstens nie! Blepyros. W a r u m denn gingst du heute früh In aller Stille fort und nahmst mir den Mantel mit? Praxagora. Ks liess mich eine gute F r e u n d i n über Nacht, Die niederkam, liinrufen. Blepyros. W a r da keine Zeit, E r s t mich zu f r a g e n ? Praxagora. Nicht der F r a u in ihren Weh'n Zu Diensten sein? o Lieber — Blepyros. E r s t wird's mir gesagt! Indess, da steckt was hinter! Praxagora. Nein! so wahr ich, nein, Ich lief, wie ich ging und stand, dahin; denn, die mich rief, So schnell ich konnte, sollt' ich kommen, bat sie mich! Blepyros. He, hättest du nicht dein Kleid dir da nehmen müssen? Nein. Nahmst meinen Mantel, warfst mir ein Unterröckchen hin, Und liessest mich nackt wie 'ne Leiche liegen; es fehlte nichts Als class du 'nen Kranz und ein Thränenfläschclien daneben stellst!
374
v. 5 1 1 — 5 5 8 .
Die E k k l e s i a z u s e n .
Praxagora. E s war so kalt, und schwächlich bin ich nur und zart; D r u m warm zu bleiben, nahm ich mir diesen um von d i r ; Du aber, Lieber, lagst behaglich im warmen Bett, Als ich laufen musste. Blcpyros. Und die T.akonerstiefeln, heV Weswegen mussten die denn mit, und der Stock dazu? Praxagora. Um des Mantels E h r e zu retten, wechselt' ich auch die Schuh'. Bemüht dir nachzuahmen, trampst' ich wacker auf Und liess das Pflaster rasseln unter dem Knotenstock. Blepyros. Und bist dafür um 'lie Metze "Weizen ärmer jetzt. Die ich heut verdienen hätte gekonnt in E k k l e s i e ! Praxagora. Sei u n b e s o r g t ; sie hat ein Knäbclien zur Welt gebracht! Blepyros. Die E k k l e s i e ? Praxagora. Nicht doch, sondern die F r a u , zu der ich ging! W a r heut' denn E k k l e s i e ! Blepyros. Dass das W e t t e r ! du wusstest nicht, Dass ich es gesagt dir gestern hab'? Praxagora. Jetzt fällt's mir ein! Blepyros. Und weisst auch von den Beschlüssen nichts? Praxagora. Nein, nicht ein W o r t ! Blepyros. Nimm Platz, und lass es bei Austern und Trüffeln wohl dir sein! E u c h übergeben, heisst es, ist die Stadt — Praxagora.
Zu was?
Zu waschen? Blepyros. Nicht doch, nein, zu verwalten! Praxagora. W a s denn gross? v. 551. liei der G e b u r t eines K n a b e n g a b es reichere Geschenke f ü r die helfenden F r a u e n .
375
Die Ekklesiazuscu.
v. 559 — 584.
Blepyros. Den gesammten Staat mit Allem, was dazu gehört! Praxagora. So wahr Aphrodite, glücklich sein dann wird die Stadt F ü r alle Zukunft! Blepyros. Nu, wie so? Praxagora. Viel Gründe sind's. Nicht wird's den F r e c h e n ferner möglich sein, an ihr Verrucht zu handeln; nichts von falschen Zeugen mehr, Nichts mehr von Sykophanten! Hlepyros. Um Gotteswillen, F r a u ! Nein, mach' es nicht so; nimm mir nicht mein täglich B r o d ! Jiaolibar. Iii-! bist du verrückt, Mann! lass die F r a u doch reden, Mensch! Praxagora. Kein Bcutelschneiden, kein Misgönnen fremden Glücks, Kein Nackt- und Biossgehn, kein Verarmen, keine Noth, Kein Zank der l'arteien, kein Verhaft für fällige Schuld! Nachbar. So wahr Poseidon, grosse Dinge, lügt sie nicht! Praxagora. So klar beweis' ich's, dass du zeugen wirst für mich, Und meinem Mann selbst nichts zu erwiedern möglich ist! Chor. Aecht volksthümlichen freien Sinn's Gilt es dich jetzt zu bewähren K l a r e n Verstandes gewiss, Deine Genossinnen schirmend. Alljedem zum Heil j a erscheinet Deines Munds eindringliche Kunst; und den Bürger Schmückend, das Volk mit dem Glänze Ungezählten lebenerhölindcn Gewinns wird zeigen sie, was sie vermag. Denn Zeit ist's. Noth thut unserem Staat j a in W a h r h e i t irgend ein neues Gestalten! Drum, was empfehlen du willst, Sei es nur nimmer gethan schon, Sei es nur nimmer e r h ö r t !
376
Die E k k l e s i a z u s e n .
v. 585—G01.
Sie hassen es, alte Geschichten Wiederholt zu sehen! Chorführer. Doch zaudere nicht, nein, g e h ' j e t z t auch an das W e r k mit der Schürfe der E i n s i c h t ; Denn j e rascher ein Stück fortspiclt, um so ehr sich gewinnt es des Publikums Beifall. Praxagora. Wohl bin ich gewiss, dass heilsam ist, was ich will d a r l e g e n ; indessen Ob das Publikum auch für den F o r t s c h r i t t ist und nicht in dem alten, gewohnten H e r k o m m e n und Brauch viel lieber verweilt, das ist's, was mich ernstlich besorgt macht. lilepyros. Um den F o r t s c h r i t t sei nicht weiter besorgt; denn es herrscht Fortschreiten und N e u e r n Und Verachten des Altherkömmlichen hier als wahre und einzigr Weisheit! Praxagrora. So spreche denn niemand gegen mich ehr und stör' u n t e r b r e c h e n d den Vortrag, Bis er ganz einsieht, wie der Plan denn ist, und den R e d n e r zu E n d e gehört hat. Wie mir scheint, muss Alles Gemeingut sein, theilnehmeiul ein J e d e r an Allem, Vom Gemeingut Jeglicher leben, und nicht D e r reich sein, J e n e r ein Bettler, Nicht D e r viel F e l d e r besitzen, indess f ü r ein G r a b selbst J e n e m der Platz fehlt, Noch von Sklaven ein H e e r Dem dienen, indess nicht Ein Knecht Jenem gehöret; Nein, Jeglichem werd' ich dasselbe Geschick, und Gemeinschaft Allen bereiten! Blepjros. Wie denn Allen gemein dasselbe Geschick? Praxagora. Du schnappst ja den Kack, eh' er da ist! v. 590. Der seit 1847 in F r a n k r e i c h , seit 1861 in D e u t s c h l a n d technisch gewordene Ausdruck „ F o r t s e h r i t t " hat den Uebersetzer n i c h t veranlassen k ö n n e n , die viele J a h r e ältere A n w e n d u n g desselben an dieser Stelle bedenklich zu finden Auch wird die i e t z i g c F o r t s e h r i t t s p a r l c i nicht m e i n e n , dass hier „ i h r L i e d g e s u n g e n w i r d . "
V. G 0 2 — ( 5 1 7 .
Dil' KUklesiazuscu.
377
Itlepyros. W a s r soll denn der Kack auch gemeinsam sein? Praxagora. Nein, nein, u n t e r b r o c h e n mich hast d u ; Denn ich wollte ja grad' selbst drauf eingehn. So schalt" ich denn erstens den A c k e r Zu Gemeingut lim und das sämmtlirlie Geld und was sonst noch j e d e r Besitz hat. Aus diesem Gemeinsehatz werden wir F r a u n euch M ä n n e r e r n ä h r e n und kleiden, Ihn verwaltend mit Fleiss und mit Sparsamkeit, und Kechnung legend von Allem. Blepyros. Wie aber mit. dem, der Land /.war nicht, doch Silber und Gold und daneben U n e i n r e g i s t r i r t e s Vermögen besitzt? Praxagora. Auch der zahlt's ein zum Gemeinschalz'; W e r es nicht einzahlt, schwört falsch. Blepyros. Meineid hat's eben j a auch ihm e r w o r b e n ! Praxagora. l)ucli wird's gar nicht und in keinerlei Art ihm zu Nutzen gereichen. Blepyros. W a r u m nicht V Praxagora. Aus Armuth tliut kein Mensch mehr was, denn Alle sie haben j a Alles, Brod, Kuchen, Genius', Fleisch, Fische. Gewand, Wein, Kränze, Rosinen und Mandeln; W a s gewinnt er dann nun, wenn er nicht einzahlt? j a denk' es dir durch und belehr' uns. Blepyros. Doch b e t r ü g e n auch jetzt die g r a d e zumeist, die das alles in Fülle besitzen. Praxagora. J a v o r d e m , F r e u n d , so lauge wir noch nach den Satzungen lebten von vordem; Doch j e t z t , wo das Leben gemeinsam ist, was bringt Nichtzalilen für Yortheil? Blepyros. W e n n ein Dirnchen er sieht und ihn liistet darnach und er möclit' in ihr Innerstes dringen,
37«
Die Ekklesiazuspn.
v. 618—632.
So nimmt e r d a v o n u n d g e w i n n t sie sich s o ; so ein M ä u s c h e n beschlät'ern, g e h ö r t d a s Zum G e m e i n g u t a u c h ? Praxagora. "Ja. in Z u k u n f t stellt es ihm frei, sie u m s o n s t zu b e s c h l a f e n ; D e n n g e m e i n s a m m a c h ' ich sie g l e i c h f a l l s s o . dass j e d e zu j e d e m sich hinlegt U n d s c h w ä n g e r n sich lässt von j e d e m , d e r will. IJlCpjTOS. D o c h wie, w e n n sie Alle n a c h E i n e r . N a c h d e r S c h ö n s t e n im L a n d , wie n a t ü r l i c h , g e l i u , und sich i h r e r zu freuen verlangen? Praxagora. So sind S t u m p f n a s i g e , l l ä s s l i c h e s t e t s d e r g e f e i e r t e n S c h ö n e n zur Seite, U n d sobald j e m a n d n a c h d e r S c h ö n e n v e r l a n g t , m u s s erst e r d e r l l ä s s liclien m a n n e n . It]C]),Yl'OS. W i e s t e l l e n j e d o c h wir Alten es a n . w e n n wir erst auf die Hässliclien müssen, D a s s u n s e r e r nicht matt wird, noch b e v o r d a h i n , wo du sagst, m a n sich Praxasrora.
durchliegt?
D a n n s t r ä u b t sie sieh nicht. lilcpyros. Wogegen? Praxagora. G e t r o s t ! nicht ä n g s t l i c h ! sie s t r ä u b t sich d u r c h a u s n i c h t ! IJlepj ros. Wogegen ? Praxagora. Sic wehrt d i r d e n B e i s c h l a f n i c h t , selbst falls es d i r g e h t , wie du f ü r eiltest. ßlepyros. J a , v e r n ü n f t i g e n S i n n hat d a s P l a n c h e n f ü r e u c h ; d e n n g e s o r g t ist so f ü r die Z u k u n f t , D a s s n i r g e n d ein L o c h l e e r b l e i b e .
J e d o c h , wie w i r d es d e n M ä n n e r n ergehen?
D e n n dem H ä s s l i c l i e n w i r d a u s d e m W e g e sie gelm, u n d d a g e g e n dem H ü b s c h e r e n nacligelin. Praxagora. W i e die hässliclien F r a u ' n d e n n d e m s c h ö n e r e n M a n n a u f l a u e r n , so o f t e r vom M a h l e
V. 6 3 » — 6 4 7 .
Die Ekklcsiazusen.
•57'J
H e i m g e h t , so grad' auch warten und spälm iu den Strassen die liässliclien M ä n n e r Nach der hübscheren
Frau.
Die darf alsdann nicht ehr hei dem Schöneren schlafen, Als bis sie sich erst von dem Hässliclien Hess, von dem Winzigen minnen und mannen. Hlepyros. L y s i k r a t e s wird dann die Nase so hoch wie der schönste d e r Jünglinge t r a g e n ! Praxagrorn. J a so wahr mir Apoll, volksthümlich durchaus ist der P l a n ; und die preislichen J u n k e r , Die geschniegelten H e r r n mit beringeter H a n d , wie wird man die (.¡ecken verlachen. Wenn ein F i l z s c h u h t r e t e r da kommt und ihm sagt: „Mach' Platz da und warte gefälligst, Bis mit meinem Geschäft hier f e r t i g , ich dich nachstoppelu zu lassen davon geh'." Blepyros. Doch leben wir dann in Gemeinschaft so. w i e ist man die eigenen Kinder Zu e r k e n n e n im Stand V l'iaxagora. W a s b r a u c h t es denn das? Als Vater j a werden in Z u k u n f t Sie die Männer zumal, die b e j a h r t e r wie sie um ein P a a r Jahrzehnte, betrachten. Hlepyros. 0 , mit F u g und mit Recht auch würgen sie dann von den Alten den ersten, den besten Aus Unkenntnis», da sie jetzt j a doch schon d e n , welchen als Vater sie kennen, D u r c h p r ü g e l n ; warum ihn in Z u k u n f t nicht, wenn man nichts von ihm weiss, behofiren? I'raxagora. Das duldet j a schon sein N a c h b a r nicht. Vordem Hess k e i n e r sich's kümmern, v. 630. Das mag- wohl noch der alte L y s i k r a t e s , der in den V ö g e l n v. 5 2 0 genannt wird, s e i n ; denn es ist doppelt ekelhaft, wenn sich der alte abgeincrgelte Wüstling- noch liebessüchtig in der Schaar feiler Knaben zeigt; s. unten v. 343.
380
Ob ein A n d e r e r
Die Ekklesiazusen
v. 648—660.
Prügel vom Solnie b e k a m ; jetzt niuss, wenn
er
prügeln und sehrein hört. In B e s o r g n i s s , es sei sein Vater in Notli, er dein P r ü g e l n d e n eilen zu wehren. IJlepyros. W a s du sagst, ist sonst g a r nicht so v e r k e h r t ; doch käme zu mir Epikuros, Leukolophas gar, und riete mich an mit Papa, das war' doch entsetzlich! Xucliliar. Doch entsetzlicher noch als das, wie mich d ü n k t ,
war' eins zu be-
zeichnen — lllepyros. Das wäre? Xaclibar. W e n n Aristyllos, weil sein Vater du seist, mit gewürzigem Kuss sich dir nahte! lilepyros. Dann gieht es so rechts links, links r e c h t s was! >¡1 cliltar. Du indessen, du stinkst nach liahunzel! Prnxas'ora. Doch zum Glück kam der schon ehr auf die Welt, als unsere neue Verfassung, So dass es denn nicht mit dem Kuss Notli hat. lilcpyros. Ja, es war' auch grässlich gewesen! Doch das Feld, wer ,soll es in Z u k u n f t b a n n ! Praxagora. Das bestellen die Sklaven; f ü r d i c h bleibt N u r das eine Geschäft, wenn der Schatten sich streckt, dich geschmückt zum Gelag zu begeben. Blepyros. F ü r Bekleidung d a n n , wer sorget f ü r d i e ? denn auch das muss E i n e r doch fragen. Praxagora. F ü r den Anfang habt ihr noch d i e , die ihr b r a u c h t ; und in Z u k u n f t weben wir neue. v. 650. E p i k u r o s und L e u k o l o p h a s sind nicht weiter bekannt, v. 653. „Aristyllos Mund hatte Lesbisehem Griiul gedient, dass dem Hlepyros graut vor seinem Kusse." Voss.
v. 661—674.
nie Ekklesiazusen.
381
Blepyros. Jetzt frag' ich noch eins; wenn nach Urtheil und Recht man ein Strafgeld hat zu erlegen, Wo nimmt man es her? denn es geht doch nicht, vom Gemeingut das zu bestreiten. l'raxagora. Doch Processe zuerst giebt's gar dann nicht. Blepyros. So wird manch einer bankrott gelin! Praxagora. Das hal)' auch ich so gedacht; doch, F r e u n d , sag' selbst, was sollen sie nützen? Blepyros. Sehr viel, ja so wahr mir Apoll, sehr viel! Gleich nenn' ich da eins, zum Exempel Wenn E i n e r 'ne Schuld ableugnet. Praxagora. Woher nur hat der Verleiher zu leihen, Da ja alles zumal doch Gemeingut ist? an den Tag kommt's, dass er gestohlen. Nachbar. Bei Demeter, schön war's, was du da sprachst! Blepyros. Jetzt muss sie mir eins noch erklären. Wenn einer mich schlägt, der berauscht vom Gelag heim kommt, und wegen Mishandlung Mich entschädigen soll, wo nimmt er es h e r ? Ja, da stehen die Weibsen am Berge! Praxagora. Das büsset er ab an der täglichen Kost; wenn wir die ihm gehörig beschneiden, So wird ihm die Lust, an den Prügeln vergehn, die er so mit dem Magen gebüsst hat. Blepyros. Auch stehlen hinfort wird k e i n e r ? Praxagora. Wozu noch stehlen, wenn Alles gemeinsam? Blepyros. Nicht Nachts Jagd machen auf Mäntel?
382
Die Ekklesiaziiscii.
v. 675—688.
Praxagora. B e w a h r , nicht liegst du zu H a u s ' in den F e d e r n , Noch treibst du auf M a r k t tlicli und G a s s e n u m h e r .
Denn es h a b e n
j a Alle, was Notli ist W e s s ' M a n t e l m a n will, d e r gicbt ihn sogleich freiwillig'; wozu d e n n sich z a n k e » ? D e n n er geht gleich drauf zum l i e m e i n s c h a t z hin und holt sich da einen noch b e s s e r n . JJlepyros. Auch W ü r f e l gespielt wird d a n n nicht mehrt 1 Praxagora. Um was noch sollte man w ü r f e l n ? IJlepyros. W i e r i c h t e s t du uns d e n n die H ä u s l i c h k e i t e i n ? Praxagora. Auch sie sei Allen g e m e i n s a m ; D e n n die Stadt wird E i n H a u s b i l d e n , hinweg wird Alles g e b r o c h e n , dass j e d e r Zu dem a n d e r n stets f r e i Z u g a n g hat. IJlcpyros. U n d w e i t e r , wo liisst du denn e s s e n ? Praxagora. Die G e r i c h t s h o f e r s t , d a n n die H a l l e n und S c h a r m , E s s s ä l e da w e r d e n sie sänimtlich. Kiep) ros. Die T r i l m n e darin, was machst du mit d e r ? Praxagora. D a stell' ich die K a n n e n und K r ü g e Und das W e i n f a s s h i n ; da singen zum Mahl die K n a b e n , von j e d e m der M ä n n e r Den p r e i s e n d , d e r k ü h n in d e r Schlacht sich b e w ä h r t , dess' spottend, d e r feige davonlief, D a s s er s c h a a m r o t h nicht sich geselle zum Mahl. Blepyros. Bei Apollo, das scheint m i r v o r t r e f f l i c h ! W i e bringst du d e n n n u n die V e r l o o s u n g e n a n ? Praxagora. Auf den M a r k t hin stell' ich die U r n e Beim H a r m o d i o s b i l d , un b e s c h e i d e d das Volk, u n d lasse sie männiglieh loosen,
v. 6 8 9 — 7 1 6 .
383
I)ic E k k l e s i a z u s e n .
Bis ein j e d e r vergnügt zu dem Richthof eilt, wo die N u m m e r zum E s s e n ihn hinweist. U n d der H e r o l d r u f t : die von N u m e r o A, die werden sich alle gefälligst In die Königshalle begeben zu Tisch; die von B in der Halle daneben, Die von N u m e r o C sind u n t e r der Stadt in der Halle der Mehlmagazine. •Blepyros. Um zu essen V I'raxagora. J a wohl, um zu schwelgen beim Mahl. Blepyros. Wem aber das Loos f ü r den Mittag G a r nicht mit herauskommt, der wird wohl von den a n d e r n zum Geier getrieben? I'raxagora. Nein, nein, das kommt da bei u n s nicht vor, Denn wir setzen von Allem so Jeglichem vor, Dass bespitzt er, das Kränzlein halb auf dem Ohr, lleiinwandelt, sein Stünipflein Licht auf dem Rohr. Und die Weibsen in Gassen und Gassehen, mit Schrein Auf joden der Kommenden stürmen sie ein. Liebkosen und betteln: „bei uns kehr' ein, „ D r i n wartet ein reizendes J ü n g f c r c h e n dein!" „Kommt! r u f t eine andere hoch im M a n s a r d , , „Hier liab' ich ein Dirnclien dir, wunder wie zart „Und wie hold und wie fein; doch sie wird erst dein. „ W e n n zum Imbiss erst du bei mir stiegst ein!" Und den Schlanken, den Schönen, den Zierlichen nach Rennt Krüppel und E k e l mit lautem (.¡dach: „ 0 ihr Feinen, gemach! du, wohin denn so schnell! „Nichts findest zu tlmn du, o schmucker Gesell; „ D e n n d e r Stumpfnas' soll, und der Krüppel, der Lump, „Vor euch, dem Gesetz nach, weiden den Zump; „Nach dem Stiel an der F e i g e doch greift euch indess; „ D e n steift euch indess, „ U n d e r läuft euch indes -\or der T h ü r a b ! " W o h l a n denn, sagt mir, ob es euch gefällt?
v. G89. Die G e r i c h t s h ö f e Athens w a r e n m i t B u c h s t a b e n bezeichnet, u n d die (Ieschwornen zogen aus der U r n e j e d e r ein T ä f e l e h e n m i t dem ] i u e h s t a b e n , d e r sie zu dem betreifenden Gerichtshof hinwies.
884
Die Eklilesiazuscn.
v. 71 7—734.
B l e p j r o s imil N a c h b a r . J a wohl! l'raxagora. I c h 111 nss zum M a r k t e j e t z t — diQ die s t ä r k s t e S t i m m e f ü h r t , Sie m a g als H e r o l d mit m i r g e h n — um, w a s a n Geld U n d G ü t e r n e i n k o m m t , s e l b s t in E m p f a n g zu n e h m e n g l e i c h ; D e n n d a ich e r w ä h l t hin als A r c h o n t i n , ist es P f l i c h t . D a s selbst zu o r d n e n , e i n z u r i c h t e n T i s c h u n d M a h l , D a m i t g e m e i n s a m h e u t ' z u e r s t i h r s c h m a u s e n mögt. Blepjros. So sollen h e u t wir also s c h m a u s e n V Praxagora. Allerdings! Zum Z w e i t e n will ich, d a s s d e n l l u r e n a l l z u m a l Ihr Geschäft gelegt wird!
B l o p j TOS.
Ei warum V Praxagora. D a s ist d o c h k l a r ! D a m i t des J ü n g l i n g s f r i s c h e K r a f t die B ü r g e r i n Geniesse.
N i c h t m e h r soll die S k l a v i n a u f g e p u t z t
Dem freien Weibe Kypris schönste Gunst entziehn; B e i m S k l a v e n s c h l a f e n d a r f sie n u r , ist m e i n G e b o t , F ü r L u m p e n k i t t e l m a g sie r u p f e n i h r e n Scliooss! Blepjros. Juchhe!
Ich folg' j e t z t i m m e r auf dem F u s s d i r n a c h ,
D a m i t m a n m i c h a n s t a u n e , s p r e c h e : Seht doch d a ! Seht u n s r e r F ü r s t i n E h e m a n n ! e r l e b e h o c h ! (Alle ab.)
v. 7 3 5 — 7 5 7 .
Die Ekklesiazusen.
DRITTER
385
ACT.
(Ein B ü r g e r ist beschäftigt seine sieben Sachen aus dem Hause zu schaffen.)
Bürger. Um meine Sachen auf den M a r k t zu schaffen, will H e r v o r ich holen und durchmustern, was ich hab'! Komm' du hervor, Mehlschwinge, schon im schönen Putz, Von aller H a b e du zuerst, komm', stell' dich her, Dass du bemehlstäubt Kanephorendienst versiehst, Wie Wo Wie Die
sonst du manche Kanne Mehl fein schon gesiebt! ist die SesseljungferV P f a n n e , komm' h e r a u s ! schwarz! du könntest schwärzer n i c h t sein, war' in dir P o m a d e gekocht, mit d e r sich das H a a r L y s i k r a t e s färbt!
Stell' dich daneben, K a m m e r j u n g f e r ! komm' nur her, Du K r u k e n t r ä g e r i n , komm' mit deinem W a s s e r k r u g ! Komm, holde Zitterspielerin du, die du mich oft Zur Volksversammlung aus dem Schlaf hast aufgeschreckt, W e n n deine F a n f a r e schon e r k l a n g in tiefer N a c h t ! Der M u l d e n t r ä g e r trete vor! man bringe schnell Die Honigwaben! stellt den Oelzweig dicht dabei! Auch bringt die zwei DreifUsse nebst dem Näpfchen her! Die a n d e r n Scherben und das Gerümpel lasst nur f o r t !
i Ein zweiter Bürger kommt dazu.)
Zweiter Bürger. Ausliefern meine Sachen sollt' ich? müsste ja Ein r e c h t e r N a r r sein und von Sinnen obendrein! So wahr Poseidon, das geschieht nicht! will mir erst Die Sache noch bedenken und bei Licht besehn! Nein, meinen sauren Schweiss und bischen Sparsamkeit v. 737. D e r gute Burger stellt s e i n e S a c h e n a u f , als s o l l t e n sie eine P a n a t h e n ä e n p r o z e s s i o n b i l d e n ; die V e r g l e i c h u n g s p u n k t e sind m e i s t sehr oberflächlich g e w ä h l t und an sich verständlich. v. 7 4 4 . D i e s e K a m m e r j u n g f e r h e i s s t zu D e u t s c h jetzt Servante. v. 7 4 6 . W a s n a c h h e u t i g e n S i t t e n die K a f f e e m ü h l e , war im A l t e r t h u m e die rasselnde H a n d m ü h l e . Aristophanes Werke. II. 2. Auti.
380
Die Ekklesiazuseu.
v. 758—773.
B e d a n k ich mich um n i c h t s und w i e d e r n i c h t s so f o r t Zu sclmieissen, b e v o r ich zugesehn, wie die S a c h e stellt. ulcn Ersten erblickend.) IIu, a l t e r F r e u n d , was wollen deine S a c h e n d a ? Sau', bist du b e i m Ausziehn, dass du all dein H o f und H a u s A u s k r a m e s t , oder b r i n g s t du zu P f a n d s i e ? Erster Bürger. Gott bewahr! Zweiter Bürger. W a r u m so A l l e s in I l c i h ' und G l i e d ? ihr wollt doch n i c h t A u c t i o n s p a r a d e h a l t e n vor H e r r n H i e r o n ? Erster Bürger. B e w a h r e n e i n ! a b l i e f e r n will ich es a u f den M a r k t Dein Y a t e r l a n d e , letztverf'iigtem G e s e t z gemäss. /weiter Bürger. A b l i e f e r n willst d u ? Erster Bürger. Freilich! Zweiter B ü r g e r . So m i c h V a t e r Zeus, Du bist ein N a r r !
Erster Bürger.
Wie so? Zweiter Bürger. W i e s o ? das fragst du n o c h ? Erster Bürger. W a s t h u n ? g e h o r s a m sollt' ich n i c h t den G e s e t z e n s e i n ? Zweiter Bürger. ü T h o r du, w e l c h e n G e s e t z e n ? Erster Bürger. Den angenommenen! Zweiter Bürger. D e n a n g e n o m m e n e n ! was für ein D u m m k o p f bist du d o c h ! Erster Bürger. W a s , i c h ein D u m m k o p f ? Zweiter Bürger. M e i n s t du n e i n ? doch das g r ö s s t e S c h a f Von allen Schöpsen!
v. 7 7 4 - 7 9 0 .
Die Ekklcsiazusen.
Erster Bürger. Weil ich nach dem Gebote tlm]V Denn was Gebot ist, muss ein Biedermann j a doch Vor Allem tliun. / w e i t e r Bürger. W e r recht ein Pinsel ist, gewiss! Erster Bürger. Nicht auszuliefern gedenkst duV / w e i t e r Bürger. H ü t e n werd' ich mich, Bevor ich sehe, was der Mehrzahl Willen ist! Erster Bii rarer. W a s sollen sie anders als vollauf beschäftigt sein Auch auszuliefern ¥ / w e i t e r Bürger. Glauben will icli's, wenn ich es seh'! Erster Bürger. Sie sagen's an allen E c k e n ! / w e i t e r Bürger. Sagen werden sie's! Erster Bürger. Auf, fort zum M a r k t e ! heisst es, — / w e i t e r Bürger. Meissen wird es so! Erster Bürger. Du machst mich todt mit Zweifeln. / w e i t e r Bürger. Zweifeln werden sie! Erster Bürger. Dass dich der Blitz erschlage! / w e i t e r Bürger. Schlagen werden sie dich! Denn glaubst du, E i n e r , ist er nicht von Sinnen, wird Ausliefern? D a s ist nicht bei uns H e r k o m m e n ; nein, Nur nehmen muss m a n ; thun's (loch auch die Götter so. Das kannst du schon an den H ä n d e n i h r e r Statuen sehn; Sobald wir beten, Gutes geben möchten sie uns, So stchn sie da und halten die offnen H ä n d e hin, Als wollten sie nicht was geben, sondern b e k o m m e n was.
387
388
Die Ekklesiazusen.
v. 791 —807.
Erster Bürger. Gottloser Mensch d u ! lass mich thun, was liöthig ist! Die Sachen muss ich zusammen binden. Wo ist der Strick? Zweiter Bürger. So willst du wirklich?
Erster Bürger. So mir Z e u s ! schon liab' ich auch
Die beiden Dreifüss' eingeschnürt! Zweiter Bürger. 0 Dämligkeit, Nicht 'mal noch abzuwarten, was die andren thun, Und dann am Ende aller E n d e — Erster Bürger. W a s zu t h u n ? Zweiter Bürger. Noch 'mal zu warten, dann zu verschieben, hinzuziehn - Erster Bürger. Zu was denn nur? Zweiter Bürger. E r d b e b e n giebt es oder Nachts Ein fallend F e u e r oder ein Wiesel kreuzt den M a r k t ; Dann hat das Bringen rasch ein Ende, du Tölpelgans! Erster Bürger. Da hätt' ich wohl was Rechtes, fand' ich nicht mehr Platz, Wohin ich meine Sachen legte! Zweiter Bürger. F ä n d e s t Platz, Ach, Platz genug, wenn du übermorgen kämst! Erster Bürger. J a schön! Zweiter Bürger. Ich kenne das! so schnell sie mit dem Beschliesseii sind, So schnell zurück geht wieder, was beschlossen ist! Erster Bürger. Hintragen wird m a n ! Zweiter Bürger. Liefern sie doch nicht ab, wie d a n n ? Erster Bürger. Sie werden's, glaub' mir! Zweiter Bürger. Liefern sie doch nicht ab, wie dann?
V. 8 0 8 — 8 2 1 .
Die
Ekklcsiazusen.
389
Erster Bürger. So helfen die F ä u s t e !
Zweiter Bürger. Zieht den Kürzeren ihr, wie d a n n ? Erster Bürger.
Dann lass ich's im Stich! Zweiter Bürger. Verkaufen sie den Fang, wie d a n n ? Erster Bürger. I)ass dich der Henker — Zweiter Bürger. Holt er mich, wie dann, wie dann? Erster Bürger. Dann wohl bekomni's dir!
Zweiter Bürger. Hast du abzuliefern Lust? Erster Bürger. Ja freilich hab' ich! meine Nachbarn, seh' ich ja, Die liefern auch ab. Zweiter Bürger. Freilich auch Antisthenes Eilt abzuliefern; aber es scheint ihm passender, E r s t auszukacken mehr denn dreissig Tage lang. Erster Bürger. Du sollst mir —
Zweiter Bürger. Aber der Singemeister Kallimachos Bringt ihnen — wie viel denn mehr als E h r e n Kallias? Der Gute bringt sich wirklich um all sein Hab' und Gut! Erster Bürger. Du sagst zu Arges! Zweiter Bürger. Was zu a r g ? als ob ich nicht Tagtäglich solches Zeug von Psephismen machen seh'! E r i n n e r s t du dich des Salzdekretes von neulich nicht?
v. 817. Das ist K a l l i a s , des Hipponikos S o h n , aus dem edelsten Geschlecht A t h e n s , einst der reichste unter den Bürgern, dann durch Liederlichkeit und offene Tafel für die Sophisten ( Vögel v. 286.) so heruntergekommen, dass selbst der arme Chormeister Kallimachos noch reicher ist als er v. 821. Attika erzeugte nicht hinreichend Salz für den eignen Gebrauch (Acharncr v. 755); die starke E i n f u h r , dir nöthig war, machte es theuer; ein kürzlich gefasstes Dekret, den Preis herabzusetzen, bewies sich unausführbar und wurde bald abgeschafft.
390 Ja leider!
Die Ekklesiazuscii.
v. 8 2 2 — 8 4 3 .
Erster Bürger.
/ w e i t e r Bürger. Und das saubre Ku]>fcrinünzeiuk'krct, Das wir angenommen, weisst du nicht? Erster Bürger. Weiss Gott, für mich W a r ' s wahre Bittermünze. T r a u b e n liatt' ich grad' V e r k a u f t und hatte von K u p f e r m ü n z e n voll den Mund Und ging von da, mir Mehl zu kaufen, auf den M a r k t ; Und als ich eben meinen Mehlsack unterhielt, Da schrie der Herold, keiner solle fernerhin M e h r K u p f e r nehmen, Silber sei jetzt einzig Geld. / w e i t e r Bürger. Beschwuren neulich nicht wir alle, dass die Stadt F ü n f h u n d e r t Talente Steuer durch den Vierzigsten Bekommen solle, den E u r i p i d e s angesetzt? Sogleich vergoldete j e d e r m a n n den E u r i p i d e s ; Doch als sie die Sache genau besahn und es bald genug Das alte Lied gab, dass es nicht ausreichend war, So vcrschwärzte wieder j e d e r m a n n den Euripides. Erster Bürger. Tasst nicht, V e r e h r t e r ; damals hatten wir das Steu'r, Jetzt aber die F r a u ' n . / w e i t e r Bürger. Vor denen recht erst htit' ich mich, So wahr Poseidon, dass sie mich nicht bepinkeln, F r e u n d ! Erster Bürger. Ich versteh' das Gcschnack nicht! — J u n g e bring' die T r a g e 'raus!
(er packt seine Sac.hen
¡Ulf.)
1 ilic Vorigen. Ileroldin.)
Ihr B ü r g c r i n n c n s ö h n e — denn so heisst ihr jetzt — Auf, eilet zur liegentin, die wir eingesetzt, Damit das Glück des Looses Allen, Mann f ü r Mann, v. 823. A t h e n h a l t e in seiner g r o s s e n F i n a n z n o t h zu dem M i t t e l gegriffen, K u p f e r a u s z u p r ä g e n , das n a t ü r l i c h als Scheidemünze m e h r galt als es W e r t h h a t t e ; es wurde bald wieder abgeschafft. v. 830. D a s Gesetz des E u r i p i d e s , w a h r s c h e i n l i c h eines Sohnes des Adeiniautos, b e s t i m m t e , j e d e r A t h e n e r solle von seinem s t e u e r b a a r e n V e r m ö g e n d r i l t e h a l b JYoeeut a n die S t a d t zahlen, eine B e s t i m m u n g , die n a t ü r l i c h die reichsten l i ü r g e r am meisten gegen sieh h a t t e und d a h e r n i c h t zur A u s f ü h r u n g k a m .
v. 8 4 4 — 8 6 6 .
Die E k k l e s i a z u s e n .
391
V e r k ü n d e n möge, wo er heute speisen k a n n ! E s sind die Tafeln allzumal bereitet schon, Die Küch' und Keller weidlich ausgebeutet schon, Mit Vliess und Teppich aller Sitz bebreitet schon; Man mischt die Becher, reihentlang stehn hinterm Tisch Die Salbenmädchen; schon am F e u e r ist der Fisch, D e r Hase bratet, und der Kuchen im Ofen b a c k t ; Man wickelt Kränze, und die Aschkastanie k n a c k t ; Von jungen Mädchen wird ein Schnepfenklein g e h a c k t ; H e r r Smoios mitten unter ihnen im Kitterputz, E r wischt den F r a u ' n aus ihren Geräthen Hink den Schmutz; H e r r I l i e r o n kommt mit feinem Koller und P u r p u r s c h u h , E r scherzt mit einem andern Jüngling, lacht dazu, Iis liegt daheim Filzschuh und Flausch in guter Kuh! Auf auf, geschwind; man bringt das E s s e n schon hinein! Ihr braucht den Mund n u r aufzumachen, so fliegt's hinein! Zweiter Manu. Da geh' ich freilich auch m i t ' h i n ! W a s soll ich hier, Stehn bleiben, wenn der Beschluss des Volkes so es meint! Erster Mann. Wohin denn, wenn du das Deine nicht ausliefern willst? Zweiter Manu. Zum Schmaus! Erster Mann. Mit Nichten, haben die W e i b e r noch Verstand, Bevor du abgeliefert hast. Zweiter Manu. So thu' ich's! Erster Mann. Wann ? Zweiter Mann. Mein bischen Armuth, Lieber, macht nichts aus. Erster Mann. W i e so? Zweiter Mann. Abliefern wird noch m a n c h e r später, glaube mir's.
v. 853. S m o i o s , wie viele j e n e r Zeit, ein L i e d e r j a n , w a r aus dem l i i t t c r s t a u d e . .Er so wie H e r r J I i e r o n (oder (jicron) m a c h t sieh a n g e n e h m bei den F r a u e n , wie auch s o n s t ; sie h a b e n ihren „ p o l i t i s c h e n H o c k " zu H a u s e g e l a s s e n , den F i l z s c h u h u n d den F l a u s c h n i a n t e l , mit dem m a n zu I i k k l e s i e u n d Gericht g i n g .
392
v. 867—883.
Die Ekklesiazusen.
Erster Mann. Und dennoch willst du zum Schmause gelm? Zweiter Mann. W a s tlmt es mir? Nach K r ä f t e n mit Theil nehmen muss an dem V a t e r l a n d D e r Wohlgesinnte. Erster Mann. Lassen sie dich nicht ein, wie dann? / w e i t e r Mann. So schleich' ich mich doch ein. Erster Mann. Peitschen sie dich hinaus, wie danuV So werd' ich klagbar.
Zweiter Mann.
Erster Mann. Lachen sie dich damit aus, wie d a n n ? Zweiter Mann. So stell' ich vor d e r T h ü r mich auf — Erster Mann. Und thust da wasV Zweiter Mann. Und reiss' den T a f c l d i c n e r n die Speisen aus der Hand. Erster Manu. So komm' nur gleichfalls später! — He da, P a r m e n o n Und Simon, tragt dort meinen Allbesitz f ü r b a s s ! Zweiter Mann. E r l a u b ' ! ich will euch tragen helfen! Erster Mann. Bei L e i b e nicht! Sonst machst du, fürcht' ich, bei der Regentin, wenn ich dort Abliefere, dies g a r geltend als dein E i g e n t h u m ! ( E r s t e r e r mit den Knechten und der T r a g e ab.)
Zweiter Mann. So w a h r mich Zeus, jetzt gilt es irgend eine List. Damit ich mein Vermögen behalten, aber doch Von diesem Gemeinbrei irgendwie mitlöffeln k a n n ! D a ist ein Licht mir aufgegangen! hingeeilt, Dreist hingesessen, mitgegessen, unverweilt! (ab.)
v. 884—911.
Die Ekklesiazusen.
V I E R T E R ACT. ( E i n e A 11 o a m F e n s t e r . B a l d d r a u f e i n M ä d c h e n a n e i n e m a n d e r n F e n s t e i
Alte. D a s s nichts von M ä n n e r n k o m m e n will! Zeit war' es l ä n g s t ! Und ich, wie ein Pfirsich b l ü h e n d rotli und weiss g e s c h m i n k t . D a s K r o k o s r ü c k c h e n a u f g e s t e c k t , da steh' ich n u n U n d stehe massig, t r i l l e r e vor m i r hin ein L i e d L o c k g i r r e n d , damit ich einen, wenn sie Vorübergehn, M i r f a n g e ! Kommt, o M u s e n , auf m e i n e L i p p e h e r , E r s i n n t und singt mir ein J o n i s c h L i e b e s l i e d ! Mädchen. H i n a u s zu g u k e n , H e x e , kamst du mir zuvor! Du glaubtest, d a ich einmal e n t f e r n t war, u n b e w a c h t Die T r a u b e n zu b r e c h e n , lierzuloekcn dir e i n e n Schatz Mit deinem S i n g e n ! ü b e r s i n g e n will ich d i c h ! Und ist d e r Spass alltäglich u n s e r m P u b l i k u m a u c h ; So ist es doch was L u s t i g e s und K o m ö d i e n b r a u c h ! ( e i n A l t e r g e h t uinlier.scliaueml v o r ü b e r . )
Alte. D e n G r e i s da r e d ' dir an und geh' mit ihm bei Seit'! Auf, H e r z e n s f l ö t e n b l ä s e r e h e n , nimm die F l ö t e jetzt U n d dein u n d m e i n e r würdig spiel' ein L i e d c h e n auf! (sie s i n g t z u r F l ö t e . )
W i l l 'mal e i n e r sich süss v e r g n ü g e n , K o m m er in m e i n e m A r m zu l i e g e n ; N i c h t v e r s t e h n es die j u n g e n K ä t z c h e n , S o n d e r n wir, die r e i f e n S c h ä t z c h e n ! N i c h t einmal g e t r e u l i c h e r wie ich G ä b e m i n n e n d hin sie sich Dein E i n e n , T r e u e n ; F l a t t e r n wird sie zu i m m e r n e u e n ! Mädchen. (singt.)
S c h m ä l e n i c h t die j u n g e n M ä d c h e n ! B l ü h t doch die L u s t auf u n s e r n W ä d c h e n , H a u c h t um die weiche H ü f t e , Uns um d e n B u s e n süss G e d ü f t e !
394
Die
Kkklcsiazusen.
v. 912—938.
Doch d u , Suhle, H a s t dich geschniegelt, dich betünchet, Recht wie des Grabes Buhle! Alte. Dass der B e t t g u r t dir reisse. F o r t dir das Kissen unterm Steisse Gleite, wenn schon die Lust blitzt! Dass dir im Bett ein Drache liege, Dass er sich brünstig an dich schmiege, W e n n sich der Mund dir zum Kuss spitzt! Mädchen. Ach! ach! wie wird's werden mit mir? Noch kommt nicht mein G u t e r ! Allein, einsam weil' ich h i e r ; Auch ausging meine Mutter, — (dazwischenredend.)
Wohin, das darf ich nicht erzählen, weiss ich's auch. (singend.J
J a d i c h , Amme, beschwör' ich, Orthagoras r u f hieher, Damit du selbst dich vergnügst, ruf' ihn, erhör' mich! Alte. (singt.)
Schon wollüstest, du Arme dir Mit acht Jonischer Kitzelgier, — (dazwischenredend.)
Mit der Lippe scheinst du's auch zu wollen nach L c s b i e r a r t ! (singend.)
Niemals sollst du mir doch entreissen Meinen Liebsten; ich komm' zuerst! Sollst m e i n Stündchen mir nicht stören noch stehlen! Mädchen. J a sing' so viel du nur willst und guck' wie ein Wiesclehen aus. E s kommt zu dir doch keiner f r ü h e r als zu mir! Alte. J a dich auszuziehn! Mädchen. Tfui, ausziehn d i c h ! das wäre n e u ! Alte. Das nicht!
Mädchen.
W a s brächt' ein altes W e i b auch Neues vor!
V
Die Ekklcsiazusen.
9 3 9 — 9 5 5 .
395
Alte. Mein Alter thut dir k e i n e n Schaden! Mädchen. W a s denn sonst? Vielleicht die Kunzelkratze m e h r ? die Schminke m e h r ? Alte. W a s neckst du mich? Miidchcii. W a s streckst und reckst du den Kopf hinaus? Alte. Ich singe für mich von Epigenes, dem Buhlen t r e u ! Miidchcii. Was hast du ausser dem Alter f ü r 'nen Buhlen t r e u ? Alte. Kr wird es d i r auch zeigen! Kommen wird er bald! Da ist er schon! ( e i n s c h m u c k e r J ü n g l i n g k o m m t v o n fi.'i ii d a h e r , i
Mädchen. Nicht deinetwillen, du Pestilenz! Nichts will er von dir! Alte. Doch, doch, o J u n g f e r Gallensucht! Mädchen. Das wird sich zeigen, tret' ich hier vom F e n s t e r fort! Alte. Auch ich, damit du erkennest, wie ich edler bin! ( b e i d e zielten sich v o m F e n s t e r zurück.")
'Kill J ü n g l i n g k o m m t s i n g e n d daher.)
Jüngling. Dürft' ich Küsse nippen von j u n g e r Lippe, Olm' e r s t einer v e r s c h r u m p f t e n alten Rippe In ekler Lust liebend zu nalin; Nimmer e r t r a g e n k a n n solches der freie M a n n ! Alte. (am Fenster.)
Aechzend sollst du die ekle Lust mir büssen! Keine Charixene wirst du sättigen müssen! Dem Gesetz gemäss also zu tliun,
v. 954. C h a r i x e n e soll eine dumme Hure gewesen sein.
396
Die Ekklesiazusen.
v. 956—988.
F o r d e r t Gerechtigkeit, weil es das Volk g e b e u t ! (für sich.)
Doch geh' ich hin zu horchen, was er denn machen wird. (tritt zurück.)
Jüngling. 0 Götter, fand' ich meine Schöne nur allein, Zu d e r die Sehnsucht mich vorn f r o h e n Becher trieb! Mädchen. (am Fenster.)
Schon übertölpelt hab' ich, altes Weibsen, dich! In dem Wahn, ich bliebe drinnen, ist sie auch hinein! Alte. (AUS (1er I l a u s t h ü r gukend.)
Da ist der Holde selber schon, dess' ich gedacht! Komm, o komm! komm, o komm, süsses L i e b ! Komm herein und süss in meinen A r m e n Sei diese Nacht wach mit mir, T r a u t e r du! Denn unendlich Verlangen, o F r e u n d , L o c k t zu deinen Locken mich; E s bethört Sehnsucht mein Ilerz wonniglich! W i e sie mich quälend hält umfahn! Lass mich! ich Hell' dich, E r o s , an! Gieb, dass E r zu mir ins Bette Diese Nacht sich bette! Jlingling. Komm, o komm! komm, o komm, süsses Lieb, Eilig herab, die P f o r t e mir zu öffnen! Doch kommst du nicht, her in den Staub bett' ich mich! 0 du Herz, wonniglich Lass in deinem Schooss mich rulin, Hiifthinab mit fingernder Hand gleiten mich! W a r u m , Kypris, weckst du f ü r sie mir W a h n s i n n ? Lass mich! ich fleh' dich, E r o s , a n ! Gieb, dass Sie zu mir ins Bette Diese Nacht sich b e t t e ! So herzenstief, wie es gebeut der Sehnsucht heisses W e h e W e h k l a g t ' ich d i r ! Holdeste, drum e r h ö r e mich! ich
flehe!
Mach' auf! o küsse, herze mich! D e n n von d i r leide Schmerzen ich! Du goldner H o r t meiner Gedanken, Biene du des Liedes, Du Kypris Kind, Pflegling der Huldgöttin, du W o n n e u a n t l i t z !
V. 989—1005.
Die Ekklesiazusen.
397
Mach' auf! o küsse, herze mich! D e n n von d i r leide Schmerzen ich! ( w i e e r all d i e T h ü r p o c h t , t r i t t i h m d i e A l t e e n t g e g e n . )
Alte. Was pochst du an? he, willst gewiss zu m i r ? Jüngling-. W i e so? Alte. Du hast an der T h ü r gerissen! JUllglillg. Hol' mich der H e n k e r , wenn — Alte. Weswegen sonst denn kämst du sammt der F a c k e l h e r ? Jüngling. Nein, einen gewissen Phiggäer will ich suchen! Alte. Wen? JUugling. Nicht Deinobulen, welchen du zu erwarten scheinst! Alte. So wahr Aphrodite, magst du wollen oder nicht! (fa.sat i h n b e i m A n n . )
Jüngling. Ks kommen ja heut die Sachen über sechszig J a h r Noch nicht zur S p r a c h e ; aufzuschieben sind die n o c h ; Die u n t e r zwanzig werden diesmal abgemacht! Alte. So war es, Herzchen, unter dem alten R e g i m e n t ; J e t z t ist beschlossen, uns zuerst in B e t r a c h t zu ziehn! Jüngling. J a ziehn, wie im Brettspiel, oder passen, wenn man will! Alte. Beim Schmause gepasst nicht hast du heute, sondern gepocht! Jüngling. D a s versteh' ich gar nicht! Pochen aber muss ich liier! Alte. J a wenn du zuvor an meinem P f ö r t l e i n angeklopft! v. 995. Man sei su nachsichtig und höre etwas wie „deinen Buhlen" heraus, v. 997. Bei der Masse von Processen kam es o f t , dass deren Jahre lang liegen blieben.
398
Die Ekklesiazusen.
v. 1006 — 1 0 2 2 .
Jetzt aber such' ich wirklich gar kein Beutelsieb! ( s i e w i l l mit i h m a b z i e h e n : n a c h e i n i g e m Z e r r e n k o m m t (.ine n o c h a l t e r e A l t e , clie sieh d e s Jünglings bemächtigt.)
Zweite Alte. Ich weiss, mau liebt mich! Doch du wunderst dich, mich hier Vor d e r T h ü r zu finden. Schnell und gieb dein Miiulchen h e r ! Jüngling. ü lass mich, Ilerzc-hen! ich wittre deinen B u h l e n ! / w e i t e Alte. Won? Jüngling. Den besten j u n g e n M a l e r ! Zweite Alte. Sprich, wer wäre das? Jiingling. Der, Liebste, der für die L e i c h e n k a m m e r die Vasen mahlt; Geh', geh', damit er dich draussen j a hier nicht erblickt! Zweite Alte. W a s du willst, ich weiss es, weiss es, — Jüngling. Ich gleichfalls, was du! Zweite Alte. Doch so wahr mich Aphrodite, der ich eigen bin, Ich lasse dich nicht! Jiingling. Mein altes Hexchen, du bist v e r r ü c k t ! Zweite Alte. 0 dummes Zeug! zu meinem Bette f ü h r ' ich dich! Jiingling. Wozu man n u r Ziehstangen f ü r B r u n n e n e i m e r k a u f t ! Man k ö n n t e j a immer ein dergleichen altes W e i b In die B r u n n e n senken, und d r a n herauf die E i m e r ziehn! Zweite Alte. D a s Spotten, ratli' ich, lass daheim! gleich folge mir! Jiingling. Das hab' ich nicht 'mal nötliig, wenn du dem Staate nicht Ein H u n d e r t e l erst von meinem Vermögen niederlegt! v. 1021. W a r jemand zu einer Leistung für den Staat verpflichtet, und er suchte sielt derselben zu entziehen, so konnte durch die gerichtliche l o r i n des Yermügcnstausches ein Anderer dessen Vermögen in Anspruch n e h m e n , mit der Bestimmung, als Besitzer jene Leistung zu machen. So will ja auch die Alte das Yerniögen des jungen Mannes, das derselbe dem Gemeinwohl zu nützen nicht anwenden m a g , für sieh in Anspruch nehmen; aber der J ü n g l i n g fordert, (lass sie erst nach der rechtlichen Form den bestimmten Antheil vorweg deponiren soll.
v. 1023—1041.
Die Ekklesiazusen.
399
Zweite Alte. So wahr Aphrodite, büssen musst du's heut, wie mir's In Junggescllenarmen zu sclilafen wohl behagt! Jüngling. I)a in Altenweiberarmen zu schlafen mir schlecht behagt, So folg' ich nicht und folge gewiss nicht! / w e i t e Alte. Isie z e i g t e i n e S c h r i f t . )
Aber hier! Das wird beim Ilimmel dich zwingeil! Jüngling. Und — was ist denn das? / w e i t e Alte. E i n Volksbcschluss, nach dem du zu mir dich verfügen musst! Jüngling. So lass doch hören, was er besagt! / w e i t e Alte. J a höre zu: Beschlossen haben die Weiber, so ein junger Mann E i n junges Weib will, soll er eli'r sie gemessen nicht, Als bis er der Alten vorgekrustet und ausgekrumt; Doch will er nicht vorkrusten, sondern dem jungen Weib Beischlafen, so soll's den Alten F u g und Rechtens sein, Ilm olm' Engelt an der Ruthe gepackt umherzuzielin. Jiiuglillg. 0 weh, da werd' ich ein wahrer Prokrustes diesen Tag! / w e i t e Alte. Ihr habt gehorsam unsern Gesetzen jetzt zu sein! Jiiuglillg. Doch wie, wenn der Nachbarn einer oder ein guter F r e u n d Jetzt kam' und mich erlöste V Zweite Alte. Pah! kein Mannsperson Hat über mehr als einen Scheffel freie Hand! Jiiuglillg. Und kann man sich nicht frei schwören V / w e i t e Alte. Ränke gelten nicht! v. 1040. Nach Attischem Recht konnte ein Weih nicht mehr als einen Scheffel W e r t h veräussern.
400
Die Ekklesiazusen.
v. 1042—1059.
Jüngling. So gelt' ich mich an als invalid! Zweite Alte. Dann giebt es was! Jüngling. W a s also machen? Zweite Alte. Komin' und folge mir in s Haus! Jüngling. Das ist ja Nothzucht förmlich! Zweite Alte. J a Diomedische! Jüngling. So lass das Brautbett breiten dir auf Rosmarin, Mit Trauersehleifen schmücke dich, leg' neben dich Vier Rebenschösse, zu Häupten hin ein Thränennapf, Weihwasser in lautrer Schaale stelle vor die Thür, — Zweite Alte. Du kaufst am E n d e gar mir wohl 'neu Kranz? Jiingling. J a wohl! Wenn du nur die Lichter ü b e r d a u e r s t ; doch ich glaub', Zusammen füllst du drinnen gleich zu 'nem Häufchen Staub! ( s i e w i l l i h n b i n e i n s c h l e p p e n ; «las j u n g e .Mädchen k o m m t . )
Mädchen. Wo schleppst du hin d e n ? Zweite Alte. Meiner ist's! ich führ' ihn heim! Mädchen. Nicht thust du wohl dran! hat er j a doch das Alter nicht Bei dir zu schlafen, so ein junges Blut! bedenk', E h ' r seine Mutter könntest du sein, als seine F r a u ! Beim Himmel, wollt ihr ernstlich auf diesem Gesetz bestehn, So füllt ihr die Welt mit lauter Oedipussen a n ! (sie b e f r e i t ihn.)
Zweite Alte. Du Erzverruchte! diese Rede hat der Neid Dir eingegeben! warte, du sollst mir büssen, du — ( g e h t w i i t h e n d ab.)
v. 1044. D i o m e d e s der Thraker zwang Fremde, seinen Töchtern zu genügen, bis sie darauf gingen.
v. 1000 — 108(1
401
Die E k k l c s i a z u s c u .
Jüngling. B e i m Z e u s , d e m E r r e t t e r ! G r o s s e s h a s t du a n m i r g e t h a n ! D u H e r z e n s m ä d c h e n , des a l t e n W e i b e s m i c h zu b e f r e i n ! F ü r s o l c h e H u l d u n d G ü t e b r i n g ' ich a u c h z u r N a c h t Hecht einen grossen, warmen, vollen L i e b e s d a n k ! ( w i l l m i t i h r h i n e i n , e i n e n o c h ä l t e r e A l t e t r i t t i h n e n ent^ei*cn. I
Dritte Alte. H e ! du! wohin, du G e s e t z e s ü b e r t r e t e r i n , s c h l e p p s t Du d e n B u h l e n , d e r j a n a c h des G e s e t z e s k l a r e m S p r u c h Zuvor bei mir muss schlafen! Jüngling'. AMi, ich a r m e H a u t ! A u s welchem Loch gekrochen kommst du, R a b e n a a s ! IIa! d i e s e H e x e , g r ä u l i c h e r noch als j e n e w a r ! Hinein!
D r i t t e Alte.
hinein!
(will i h n h i n c h i z o i T u n . )
Jiiljgling. (zum Mädchen.)
l ' m G o t t e s w i l l e n , d u l d ' es n i c h t , I)ass sie m i c h h i n e i n s c h l e p p t ! hilf m i r ! hilf! ^das .Mädchen e n t f e r n t sich.)
D r i t t e Alle. Ich nicht, es s c h l e p p t Das Gesetz hinein dich! Jiingling. K e i n , die E m p u s e s e l b e r ist's, In e i n e b l u t g e s c h w o l l n e B l a s e e i n g e h ü l l t ! D r i t t e Alte. Komm, süsses Bübchen, k o m m geschwind und schwatze nicht! Jüngling'. 0 lass z u v o r m i c h n o c h zum A b t r i t t g e l m , damit Ich d o r t m i c h e r s t e n t s c h r e c k e ; u n d e r l a u b s t d u ' s nicht, So sollst du s e h n , ich m a c h e d i r h i e r v o r A n g s t sogleich Unwiderlegliches!
D r i t t e Alte. Fass' dich! komm, mach' drin Aa! Jüngling.
Viel m e h r , b e f ü r c h t ' ich s e l b e r , w i r d es als ich will! D o c h will ich zwei a c h t b a r e B ü r g e n a n m e i n e r S t a t t Dir stellen!
Dritte Alte.
Lass das Stellen! ( w i l l i h n h i n e i n h o l e n ; e i n e a n d e r e n o c h ä l t e r e A lte k o m m t d a z w i s c h e n . ) A r i s t o p h a n e * W e r k e . I I . ü. A u l l .
402
v. 1081—1099.
Die K k k l c s i a z u s c n .
Vierte Alte. H e d a ! d u ! wohinV W o h i n mit d e r — ? Jüngling. N i c h t ich mit i h r ! sie s c h l e p p t ja m i d i ! Doch, w e r du sein m a g s t , I l e i l u n d S e g e n iiher dich. D a s s du in d e r Notli dich m e i n e r b a r m t — ( e r .sieht s i e j e t z t e r s t a n . }
0 Herakles! O P a n e ! o Korylianten! o Dioskuren!
o!
D i e H e x e ist j a noch w i e d e r viel e n t s e t z l i c h e r ! W a s bist du d e n n , mit E r i a u b n i s s , f ü r .ein U n g e h e u e r ! E i n Afl'o vielleicht, mit lvreid' u n d M e n n i g ü b e r s c h m i e r t v Kin alt G e r i p p e , d a s a u s d e m J e n s e i t s a u f e r s t e h t ? Vierte Alte. D a s S p o t t e n lass und geh' m i t m i r ! « r i t t e Alle. N e i n , g e h ' mit m i r ! Vierte Alte. Dich lass ich n u n und n i m m e r ! D r i t t e Alte. N u n und nimmer ich! ( s i e z.erreu b e i d e im i h m . )
Jüngling. I h r w e r d e t m i c h noch z e r r e i s s e n , v e r w ü n s c h t e A e s s e r i h r ! D r i t t e Alle. Mir, m i r zu folgen, ist d e m G e s e t z nach d e i n e P f l i c h t ! Vierte A l l e . Mit N i c h t e n , s o b a l d ein h ü s s l i c h e r a l t e s W e i b e r s c h e i n t ! Jüngling-. Doch w e r d ' ich v o n e u c h v o r h e r so g a n z u n d g a r r u i n i r t , Sagt an, wie k o m m ' ich a m E n d e zu j e n e r S c h ö n e n d a n n ? Vierte A l t e . Da s i e h e d u zu! A b e r e r s t g i e b t ' s h i e r zu t h u n ! Jüngling. An w e l c h e r von euch, a n w e l c h e r von e u c h d e n n m a n n ' ich m i c h f r e i ? D r i t t e Alte. Du f r a g s t n o c h ?
hielier! Jüngling. A b e r so l a s s a u c h du m i c h los!
H i e l i e r ! zu m i r h e r !
Vierte Alte.
v. 1100—1115.
403
Die E k k l e s i a z u s r n .
Jüngling. J a , w e n n d i e s e l o s mich l ä s s t ! « r i t t e Alte. D i c h lass ich n u n u n d n i m m e r ! Vierte Alte. Nun und nimmer ich! Jüngling. I h r wärt so w a h r g e f ä h r l i c h e F ä l i r l e u t ! D r i t t e Alte. Wie denn d a s ? Jüngling. I h r r i s s e t die L e u t e , die f a h r e n sollten mit euch, e n t z w e i ! Dritte Alte. Sei still und geh' mit mir h i n e i n ! Vierte Alte. N e i n , n e i n , mit m i r ! Jiiugling. Auf d i e s e W i r t l i s c h a f t passt d a s G e s e t z d e s K a n n o u o s , D e n n j e d e b e s o n d e r s m i n n o n u n d m a n n e n m u s s ich doch. Ich k a n n doch nicht als D o p p c l r e i t e r e u c h zwei zugleich D r i t t e Alte. S e h r g u t ; g e n i e s s e v o r h e r ein D u t z e n d Tieitzker n u r ! Jüngling. O weil mir A r m e n ! dicht Iiis a n die T h ü r g e s c h l e p p t H a t m i c h die E n t s e t z l i c h e ! Vierte Alte. N e i n , ich iass' d i r n i c h t s v o r a u s ! Ich s t ü r z e m i c h mit ins H a u s h i n e i n ! Jüngling. Bei d e n
fiOttern,
nein!
's ist b e s s e r e i n e m Ueliel, wie zwei'n v e r f a l l e n s e i n ! Vierte Alte. So w a h r m i c h I l c k a t e , m a g s t du w o l l e n o d e r n i c h t ! Jiingling. D r e i m a l b e k l a g e n s w e r t h ich, d e r ich so m u l s c h e m W e i h Die g a n z e N a c h t d u r c h f r o h n d e n soll u n d d e n T a g d a z u ! U n d bin ich mit d e r k a u m f e r t i g , m u s s ich z u r P h r y n e da,
v. 1104. Das Gesotz der K a n n o n o s b e s t i m m t e , d a s s , w e n n m e h r e r e g e m e i n schai'tlich etwas v e r ü b t h a t t e n , ü b e r jeden besonders gerichtet werden sollte.
2G *
404
Die Ekklesiazusen.
v. 1116—1145.
Die e i n e n Scheffel S c h m i n k e auf i h r e n K i e f e r n h a t ! 0 b i n ich b e k l a g e n s w e r t h d e n n n i c h t ? ein k l ä g l i c h e r , E i n m i s g e s c h i c k l i c h e r M a n n gewiss, h e i m I i e t t e r Zeus, W e n n ich mit s o l c h e n U n g e h e u e r n e n t e r n soll! D o c h h ö r t , begegnet, g a r m i r e t w a s M e n s c h l i c h e * B e i d i e s e r M a t r o s e n h u r e , wenn ich ihr liiff p a s s i r t . So b e g r a b t m i c h dicht a n d e r M ü n d u n g i h r e s H a u p t b a s s i n s , D i e a n d r e a u f m i r lasst auf d e s G r a b m a l s h e l l e r H ö h ' L e b e n d i g v e r p i c h t und i i b e r t h e e r t , bis z u m K n ö c h e l h i n a u f Die b e i d e n F i i s s e f e s t g e k ü h l t mit g e s c h m o l z n e m Blei, Als S t e l l v e r t r e t e r i n e i n e s T h r i i n e n k r u g e s s t e h n ! (ab mit rlen bei'len Alten, i
(Ks kuinnit eine stattliche Dienerin als lierohl. i Dienerin. Heil, Heil dem' Volke! H e i l dir, h o c h g e s e g n e t L a n d ! Dreifaches Heil der H e r r i n , meiner Gebieterin! U n d e u c h , ihr F r a u e n , die i h r d e r T h ü r d o r t n a h e sieht, U n d euch, i h r N a c h b a r n , euch, i h r L a n d e s k i n d e r r i n g s , U n d a u s s e r d e m n o c h mir, d e r t r e u e n D i e n e r i n , Die ich d a s H a u p t , o Zeus, mit k ö s t l i c h s t e n S a l b e n m i r G e s a l b e t h a b e ! Doch u n e n d l i c h k ö s t l i c h e r A l s alles d i e s e s sind die S c h ü p p c h e n T h a s i e r ! D e s s ' B l u m e , sie u m d u f t e t l a n g e Zeit d a s Haupt; D o c h all das a n d r e , schnell v e r b l ü h t , verfliegt im K u ! J a , das S c h ö n s t e , G ö t t e r , d a s A l l e r s c h ö n s t e ist d e r W e i n ! D r u m s c h e n k ' d i r L a u t e r n , d e r e r f r e u t dich die N a c h t h i n d u r c h , W e n n d e n , d e r die s c h ö n(näher s t e Btretend.) l u m e hat, du d i r a u s g e s u c h t ! D o c h , l i e b s t e F r a u e n , sagt m i r doch, wo u n s e r H e r r Zu finden ist, d e r M a n n von m e i n e r G e b i e t e r i n V (J)ior. D u w i r s t ihn, m e i n ' ich, finden, w e n n du h i e r w a r t e n willst. (Blepyro:* kommt.) Dienerin. G a n z r e c h t ! D a k o m m t e r e b e n selbst, zum M a h l zu gelin. O H e r r , du g l ü c k g e p r i e s e n e r , d r e i m a l s e l i g e r ! Blepvros. Wie ich? Dienerin. J a d u , b e i d e n G ö t t e r n , wie k e i n e r d e r M e n s c h e n s o n s t !
v. 1 1 4 6 - 1 1 7 7 .
405
Die Ekklesiazuscn.
W e r k ö n n t e h o c h b e g l ü c k t e r j e zu p r e i s e n s e i n , Als der von m e h r als dreissigtausend und einigen A t h e n e r n einzig nicht bereits gegessen h a t ! Chor. D a s G l ü c k d e s M a n n e s h a s t du d e u t l i c h s t Wohin?
dargethan!
Dienerin.
wohin, H e r r ?
IMepyros, N u n , zu E s s e n will i c h g e h n ! Dienerin. S o wahr Aphrodite, s p ä t e r als kein a n d r e r sonst! J e d o c h b e f a h l m i r d e i n e F r a u zu s u c h e n d i c h , D i c h h i n z u b r i n g e n z u s a m m t mit d i e s e n
Weiberchen.
E s ist vom ( ' h i e r wohl e i n l i e s t c h e n ü b r i g n o c h , V o n den S p e i s e n m a n c h e s .
D r u m so z ö g e r t l ä n g e r n i c h t ;
U n d w e r von d e n H e r r n Z u s c h a u e r n u n s g e w o g e n ist, E n d w e r von den R i c h t e r n n i c h t von lins a b s e h e n will, D e r k o m m e mit uns.
D e n n wir tischen alles auf!
Das sag' gefälligst allen ohne U n t e r s c h i e d , Und übergeh' N i e m a n d e n ; gastfrei lade dir J ü n g l i n g e , G r e i s e , B u b e n , M ä n n e r , w e n du s i e h s t ; D e n n e i n e Mahlzeit wird ein j e d e r m ä n u i g l i c h B e r e i t e t linden, wenn e r h ü b s c h n a c h H a u s e g e h t . (ah.)
Cliorfiilirerin. S o will i c h a u c h n u r m a c h e n , dass i c h zum E s s e n g e h ' ! U n d d i e s e F a c k e l liab' i c h r e c h t z u r r e c h t e n Z e i t . W a s z ö g e r s t du n o c h so l a n g e , willst du d i e s e n i c h t Dahin begleiten?
W ä h r e n d du v o n d e n B r e t t e r n s t e i g s t ,
N a c h s i n g ' ich e i n e n E s s e n s h o f f g e s a n g dir nach. N u r leg' ich erst den R i c h t e r n E i n i g e s noch an's Herz, E r s t d e n F e i n e n , m e i n e r F e i n h e i t e i n g e d e n k f ü r m i c h zu s e i n , D a n n d e n F r e u n d e n g u t e n W i t z e s , W i t z e s h a l b e r für m i c h zu s e i n , A u c h den H e r r n Z u s c h a u e r n
sämmtlich,
durch
und d u r c h f ü r
zu s e i n , I n s b e s o n d r e n i c h t e n t g e l t e n m i c l i ' s zu l a s s e n , dass m i c h h e u t T r a f d a s e r s t e L o o s zu s p i e l e n ; n e i n , (las a l l e s t r e u d e m E i d W o h l e r w ä g e n d , u n s zu r i c h t e n s t r e n g m i t U n p a r t e i l i c h k e i t , N i c h t in e u r e m R i c h t e r a i n t e so zu tliun, wie j e d e M e t z e , W e l c h e nur Gedäclitniss haben für den letzten i h r e r Schätze.
mich
406
Die Ekklesiazusen.
v. 1178—1295.
Erster Halbchor. H o ! hei! Z e i t j e t z t ist's! 0 i h r l i e b e n W e i b e r , wollen wir v e r s ä u m e n nicht den Spass, M ü s s e n zur Mahlzeit hin wir uns e i l e n ; h e b e d r u m im K r e t e r m a a s s I)u u n d du d a s B e i n ! / w e i t e r Halbchor. Ich tliu's schon! Erster Halbchor. Auch die l e e r e n Hauche hier Muss im T a k t d e r S c h e n k e l s c h l e p p e n ! denn* es naht ein A u s t e r — Sprotten — m u r ä n e u — l a n i p r e t e n — b r e g e n — trüffeln — süss und s a u e r — j u n g f e r n h o n i g — silphion — s a h n e n s a u c e n — Schnepfen — fasanen — lerchen — tauben — hahncnkainin—• kalekutter
Hasen-
braten — kälberinilch — Fricassee! D e r du dieses v e r n o m m e n , e r g r e i f In d e r Schnelle dir, schnell dir ein T e l l e r c h e n ! Spute dich u n d nimm ein Stuck — T r o c k e n B r o d , um n a c h z u e s s e n ! / w e i t e r Halbchor. Seht, wie sie sich die F i n g e r l e c k e n ! Ganzer Chor. Auf, s c h l e n k t das Bein, j u c h h e , j u c h e i ! Nun geht's zum Mahl, j u c h l i e i r a s s e i ! J u c h h e i von wegen des Sieges! Juchheissassa! Jucheirassei! (ab.)
v. 1182. Jn einer Komödie des I'lato, die im Jahre 392 a u f g e f ü h r t worden, wird von dem neuen EssgediclU des b e k a n n t e n Dichter P h i l o x e n o s , welches den N a m e n G a s t m a h l f ü h r t e , gesprochen, welches nicht geringen licifall in Athen gefunden zu haben .scheint. E s wäre wohl d e n k b a r , dass diese seltsame Stelle des Aristophanes Beziehung zu jener literarischen Neuigkeit hätte.
PLUTOS üin.K
It ItE I C 1LTIÌ UW
PERSONEN. C h r e m y l o s , i'in a l t e r A c k e r b ü r g e r . Seine Frau. K a r i o n , sein Kueclit. Der R e i c h t h t m l . C h o r a l t e r Ae k e r b ü r g e r . 131 e p s i d e 111 o s. J)ie A r m u t l i . Ein B i e d e r m a n n . Ein S y k o p h a n t . Ein a l t e s W e i b . Ein J u n g ] ing. H e r in e s. E i n P r i e s t e r d e s Zeus.
EINLEITUNG. Dil' Komödie ,,Plutos oder der Iieichtlmm" ist zuverlässigen l'eberlieferungen zufolge von Aristophanes zu zweien Malen auf die Bühne gebracht worden, zuerst im J a h r e 4 n s u n t e r dem Archonten Diokles, sodann im J a h r e des Antipatcr SSM. In letzterer Aufführung bestand das Stück den Wettkampf gegen die „ L a k o n e n " des Nikochares, den „Arfinctos" des Aristomenes. den „Adonis" des Kikoplion, die „Pasiphae" des Alkaios. Die griechischen Scholiastcn der vorliegenden Komödie äussern mehrfach die Ansicht, dass es der ältere „ P l u t o s " sei, den sie comm e n t i r t e n ; diess ist im entschiedensten W i d e r s p r u c h mit dem Stücke selbst, das vielfache Anspielungen aus der Zeit des Arohonten Antip a t e r e n t h ä l t ; auch finden sich einige aus dem ersten Plutos hie oder dort überlieferten Bruchstücke in unseren Texten nicht. Die Meinung f r ü h e m - Philologen, der Ilemsterlmis die grosse Autorität seiner lieistiinmung gegeben hat, als sei der auf uns gekommene Text aus beiden Bearbeitungen zusammengetragen, ist durch neuere Untersuchungen vollkommen widerlegt, worden. W i r dürfen mit Zuverischt annehmen, dass wir den P l u t o s , so wie ihn Aristophanes in seinem letzten Lebenslauf auf die Bühne gebracht hat, vor uns haben. Gewiss ist die erste Bearbeitung der Komödie in vielen und wesentlichen P u n k t e n von der zweiten abweichend g e w e s e n ; doch enthält diese der Hauptsache nach wohl d a s s e l b e ; dass der Iieichthum auch in ihr blind erschien und wieder sehend gemacht w u r d e , ergiebt sich aus den W o r t e n , die der Scholiast des vorliegenden Stückes zu Vers 1 1 5 citirt. Die Vermuthung liegt nahe, dass ähnlich wie in dem „ F r i e d e n " manche S c e n e n , die in der zweiten B e a r b e i t u n g stumpfer, nuissig oder abgerissen e r s c h e i n e n , in der e r s t e n , die alle Vortheile des ersten E r g u s s e s und der unmittelbar zeitgemässen E r f i n d u n g hatte, vollendeter gewesen sein dürften. W e n n H e r r F r a n z R i t t e r in seiner gelehrten Dissertation über den Plutos a u s f ü h r t , d a s s gerade zur Zeit
410
l'lutos oder der llciukthum
j e n e r e r s t e n A u f f ü h r u n g d i e A t h e n e r sieh v i e l f a c h u m r e r s i s e h e Hülfsgelder
b e m ü h t h a t t e n , d a s s A l k i b i a d c s sich d u r c h P e r s i s c h e
Iieich-
t h ü m e r dem S t a a t , d e r sein V e r b a n n u n g s u r t h e i l a u f g e h o b e n , nützlich zu m a c h e n g e w u s s t , d a s s m a n n a m e n t l i c h e r w a r t e t h a b e , n u n w e r d e A l k i b i a d e s mit g r o s s e n S c h ä t z e n h e i m k e h r e n u n d sie in d e m T e m p e l d e r G ü t t i n n i e d e r l e g e n , e n d l i c h d a s s sich auf diese V e r h ä l t n i s s e die E r f i n d u n g des A r i s t o p h a n e s b e z o g e n h a b e , so wage ich s o l c h e n H y p o t h e s e n w e d e r b e i z u s t i m m e n noch zu w i d e r s p r e c h e n . W o h l a b e r darf m a n mit Gewissheit b e h a u p t e n , d a s s A r i s t o p h a n e b zu e i n e r n e u e n B e a r b e i t u n g des „ l ' l u t o s - 1 d u r c h k e i n b e s t i m m t e s politisch-pecuniiires F a c t u m
bewogen
w o r d e n ist.
So r e i c h d a s
vorlie-
g e n d e Stück an p e r s ö n l i c h e n B e z i e h u n g e n u n d A n s p i e l u n g e n i s t , so wenig v e r r ä t l i sich an i r g e n d e i n e m P u n k t e e i n e s p e e i e l l c r e o d e r p e r s ö n l i c h e Absicht des D i c h t e r s .
W a s d e n n a b e r ist die , , I d e e "
der
Koniödie? A u s f ü h r l i c h e r hat sich d a r ü b e r d e r n e u e s t e B e a r b e i t e r des Aristophanes, Herr Bernhard Thierseh, geäussert.
Der g r o s s e K a m p f des
Jonisnms und D o r i s m u s , meint e r , der dem Peloponnesischen Kriege so g r o s s e H e f t i g k e i t u n d so l a n g e D a u e r g e g e b e n , sei e n d l i c h d e n f ü r A t h e n u n s e l i g e n A u s g a n g u n d die E i n s e t z u n g
durch
der Dreissig-
M ä n n e r g e e n d e t w o r d e n ; d a m a l s h a b e die F r e i h e i t d e r a l t e n K o m ö d i e durch
das G e s e t z d e s L a m a c h o s , e i n e s d e r D r e i s s i g , d e n e m p f i n d -
l i c h s t e n Stoss e r l i t t e n J e i d e r wird w e d e r ein s o l c h e s G e s e t z d e s L a m a c h o s in d e n a l t e n l ' e b e r l i e f e r u n g e n a n g e f ü h r t , noch w a r L a m a c h o s von d e n D r e i s s i g - M ä n n e r n ; das G a n z e b e r u h t auf d e r A u t o r i t ä t d e r Schöllschen Literaturgeschichte,
die im E i n z e l n e n
an F e h l e r n
Hin-
zu r e i c h ist). Als nun die F r e i h e i t d u r c h T h r a s y b u l von N e u e m w i e d e r h e r g e s t e l l t w o r d e n , h ä t t e n viele A t h e n e r , e n t w e d e r
an
die K n e c h t -
s c h a f t g e w ö h n t , o d e r des G e w i n n e s h a l b e r sich zu S p a r t a u n d im I n t e r e s s e
dieser Macht Neuerungen gesucht.
gehalten
Aristophanes
h a b e n u n s e i n e n l ' l u t o s von N e u e m auf die B u h n e g e b r a c h t , um d u r c h d e n s e l b e n , da e r ü b e r z e u g t g e w e s e n , A t h e n s M a c h t u n d R u h m
könne
n i c h t w i e d e r a u t l e b e n noch b e s t e h e n , w e n n n i c h t die a l t e W o h l h a b e n h e i t u n d die S i t t e n d e r V ä t e r z u r ü c k k e h u e n , die B ü r g e r v o n d e r S u c h t zu N e u e r u n g e n , die Viele im S p a r t a n i s c h e n I n t e r e s s e w ü n s c h t e n , u n d von d e r A f f e c t a t i o n S p a r t a n i s c h e r Sitte , k u r z vom D o r i s m u s zuführen,
Dieser Ansicht
gemäss
meint
nun
Herr
zurück-
Thierseh,
die
beiden gegen einander gehaltenen F i g u r e n d e r schmutzigen Arniuth und des K e i c h t h u m s seien A t h e n u n d S p a r t a , u n d in d e r P e r s o n d e r A r m u t h w e r d e d e r -Dorismus a u s A t h e n h i n a u s g e t r i e b e n u. s. w.
Der
Chor
I'lulos oder der Keiclulium. s e l b s t sei g a n z z u r V e r h ö h n u n g
411
des S p a r t a n i s c h e n W e s e n s a n g e t h a n ,
o f f e n b a r , d a m i t an ihm d a r g e s t e l l t w ü r d e , wie sieh das A t h e n i s c h e Biirg e r t h u n i in d i e v ä t e r l i c h e W e i s e z u r i i c k w a n d e l n m ü s s e ; d e r R e i c h t h u m selbst
erscheine
a n f a n g s g a n z in s c h m u t z i g e r S p a r t a n i s c h e r
Gestal-
t u n g ; weil e r n ä m l i c h z u r Zeit in H ä n d e n d e r S p a r t a n e r s e i , u n d nach A t h e n z u r ü c k k e h r e n d sich erst u m w a n d e l n solle. phanes
zeigen,
dass
d e r Iiulim
F e r n e r wolle Aristo-
der A t h e n e r nicht wieder aufleben
k ö n n e , wenn nicht d e r Staat w i e d e r reich w e r d e ;
denn der
Reicli-
t l m m w e r d e nicht des C h r e m y l o s , s o n d e r n d e s S t a a t e s wegen w i e d e r hergestellt,
a u c h b l e i b e e r nicht b e i C h r e m y l o s , s o n d e r n w e r d e in
f e s t l i c h e m Z u g e auf die B u r g g e b r a c h t . dass der Koichthum,
E n d l i e h zeige d e r D i c h t e r ,
so l a n g e e r auf S e i t e n d e r S p a r t a n e r g e b l i e b e n ,
b l i n d g e w e s e n , s o b a l d e r a b e r s e h e n d g e w o r d e n , sich zu den Athen e r n b e g e b e n h a b e , die s e i n e r weit w ü r d i g e r s e i e n . N i c h t leicht k ö n n t e g r ü n d l i c h e r m i s s v e r s t a n d e n
w e r d e n ; die un-
s e l i g e S u c h t , in dem k ö l n i s c h e n D i c h t e r w e i t e r e u n d w e i t e r e A b s i e b t e n zu linden, bat H e r r n T h i e r s c l i in ein G e w e b e von I r r t h ü n i e r n verHochtcn. d i e sich u m s o n s t an allen m ö g l i c h e n C i t a t e n a n s p i n n e n , um h a l t b a r zu e r s c h e i n e n .
M a n w i r d sich bei u n b e f a n g e n e m L e s e n
vorliegender
K o m ö d i e ü b e r z e u g e n , d a s s von a l l e n d e n s c h ö n e n D i n g e n dein D i c h t e r n i c h t das G e r i n g s t e in d e n S i n n g e k o m m e n i s t ; s e i n e Absicht
liegt
offen u n d u n v e r h o l e n zu T a g e , g e r a d e so wie sie es m u s s t e , wenn d a s S t ü c k W i r k u n g h a b e n sollte.
A u c h ist die s o g e n a n n t e I d e e
L u s t s p i e l e s g a r n i c h t von so b e s o n d e r e r T i e f e ; m a n d a r f
dieses
behaupten,
d a s s g e r a d e in i h r e r O l i e r t l ä c b l i c h k e i t die V e r f ü h r u n g , n a c h T i e f e r e m zu s u c h e n , g e l e g e n h a b e n mag. D i e Idee o d e r r i c h t i g e r d e r I n h a l t d e s S t ü c k e s i s t , d a s s d e r Gott Iieichthum blind,
wie e r i s t ,
in die I l ä n d e d e r a r g e n
und
ärgsten
M e n s c h e n g e k o m m e n , und dort vollkommen abgenutzt worden, dass er n u n e i n e m g u t e n A l t e n in die I l ä n d e f ä l l t , d e r f ü r seine H e i l u n g sorgt, u n d d a s s e r h i n f o r t , s e h e n d u n d v e r s t ä n d i g , in d e n Besitz d e r g a n z e n Macht gelangt,
d i e ihm s e i n e G e l d m i t t e l v e r s c h a f f e n k ö n n e n ;
eine
E r f i n d u n g , die so billig u n d o b e r f l ä c h l i c h i s t , d a s s sie e b e n so zeitg e m ä s s d a m a l s f ü r A t h e n w a r , wie sie es noch h e u t e f ü r u n s sein d ü r f t e . G e r a d e d a m a l s w a r die M a c h t d e s S t a a t e s von A t h e n g e r i n g ; die W u n d e n , die d e r P e l o p o n n e s i s e h e K r i e g g e b r a c h t , w a r e n zu tief g e w e s e n , a l s d a s s sie s c h o n a u s g e h e i l t s e i n k o n n t e n ; d e r ö f f e n t l i c h e Schatz w a r n i c h t blos e r s c h ö p f t , s o n d e r n es l a s t e t e e i n e b e d e u t e n d e S c h u l d auf ihm;
d i e E i n k ü n f t e w a r e n g e r i n g u n d sie w u r d e n e l e n d
Staatspächter,
Feldherrn, Beamtete,
endlich
verwaltet;
das Volk selbst
mis-
412
Pintos odor der Rrirhthum.
b r a u c h t e die Gelder des S t a a t s , die oft zu den nötlngsten Dingen nicht h i n r e i c h t e n , viele der sonst reichsten H ä u s e r waren v e r a r m t , und ein gleichzeitiger R e d n e r sagt, dass man oft genug Anlass gehabt habe sich zu w u n d e r n , wenn die Verlassenschaft von edlen B ü r g e r n , die man f ü r reich g e h a l t e n , über die E r w a r t u n g gering gewesen sei. J e tiefer Athens Macht g e s u n k e n , je geringer das Interesse f ü r den Staat und dessen W ü r d e bei den B ü r g e r n geworden w a r , desto egoistischer dachte j e d e r an sich und den eigenen Vortheil; sich d u r c h welehc Mittel auch immer zu bereichern, war der einzige Zweck d e r Privaten, und ein F l e c k e n in fast jedem der öffentlichen C h a r a k t e r e j e n e r Zeit, als d e r e n h e r v o r t r e t e n d s t e Leidenschaft man die H a b s u c h t bezeichnen darf. In demselben M a a s s c , als die altbogiitertcu Geschlechter theils durch den langen Krieg, theils durch den häufigen Verfassungswechsel, tlieils durch die ü b e r h a n d n e h m e n d e Sucht zu verschwenden, verarmt waren, hatten Sykophanten, Sophisten, Betrüger, Eindringlinge, E l e n d e j e d e r Art sich zu bereichern gewusst, und wieder n u r der hatte Anseilen und Geltung, der durch Reichthum zu imponiren vermochte. Solchen Zeitumständen wird man vorliegendes Lustspiel allerdings entsprechend linden; man sollte g l a u b e n , dass sie einem Aristophanes Stoff zu der reichsten und schärfsten aller Komödien den Anlass hätten geben müssen, und ein überliefertes Vorurtheil n e n n t diese die vollendetste Arbeit des Dichters. Mindestens die am wenigsten schlüpfrige, die fasslichstc, die nüchternste u n t e r den auf uns g e k o m m e n e n ist sie, wenn man das einen l ' u h m nennen will. Ich b e k e n n e mich ganz zu dem U r t h c i l , das F r . Aug. Wolf über sie in der V o r r e d e zu seiner schönen Uebersetzung der W o l k e n geäussert h a t : „Im l ' l u t o s , sagt er, spricht sich nicht zur H ä l f t e seiner Kraftfülle der e i g e n t ü m l i c h e Geist des Dichters ans; es sei n u n , dass ihn damals höheres A l t e r oder eine s t r e n g e r e T h e a t e r c e n s u r beschränkte, oder dass der P l u t o s uns in einer allzuzüchtigsten B e a r b e i t u n g übrig blieb, oder dass A r i s t o p h a n e s an derselben gar weniger Antheil hatte, als einer von seinen Söhnen, der frostige A r a r o s , u n t e r dessen N a m e n , wie erzählt wird, die spätere Aufführung geschah." Letzteres gründet sich auf eine zweifelhafte L e s a r t in der Inhaltsanzeige des Stückes, die entweder besagt: „Aristophanes lehrte u n t e r seinem eigenen N a m e n zuletzt diese Komödie, indem er durch dieselbe seinen Sohn A r a r o s den Z u s c h a u e r n empfehlen wollte" (indem er demselben etwa die erste Iiolle zu spielen gab), „seine zwei späteren Stücke Kokalos und Aiolosikon liess e r durch ihn auf die Bühne bringen-," oder nach einer a n d e r e n L e s a r t ; „ e r lehrte zuletzt diese K o m ö d i e , und liess, da er seinen Solin A r a r o s den
413
Plutos oder der lleichthum.
Zuschauern empfehlen wollte, durch ihn die beiden s p ä t e r e n Stücke aif die Bühne b r i n g e n . " Schon von den Alten ist benierklich gemacht w o r d e n , dass sich i n Plutos gewisse Eigenthümlichkeiten
der
sogenannten
mittleren
Komödie vorfinden, und in n e u e r e r Zeit hat sich namentlich H e r r Bitter b e m ü h t , das Stück als ganz der Kategorie der mittleren Komödie angehörend nachzuweisen.
E r b e r u f t sich namentlich d a r a u f ,
dass
der Plutos nicht, wie alle f r ü h e r e n Stücke des Dichters , auf gewisse n.elir oder minder politische Verhältnisse
der Gegenwart
bezüglich
gewesen sei, sondern eine in Griechenland und zu aller Zeit v e r b r e i t e t e Leidenschaft allgemein genug durchgenommen h a b e ; dass im P l u t o s keine einzige P e r s o n aus den n a m h a f t e n der Stadt, sondern allgemeine Masken auf die Bühne gebracht w o r d e n ; dass der Styl in
diesem
Stücke sehr weit von der überschwanglichen und auffallenden W e i s e uer älteren Komödie entfernt sei, und decent, gesittet und k u n s t r e i c h nach Weise d e r mittleren e r s c h e i n e ; dass endlich der Chor des P l u t o s ohne l ' a r a b a s e und persitlircnde Gesänge eine Stellung h a b e , wie sie f i r die alte Komödie unerhört sei. H e r r Kitter ist in seinem Urtheilc zu weit gegangen; er hätte l e a c h t e n müssen, dass sich zwischen den beiden, allerdings zu sondernden Kategorien von Lustspielen Mittelstufen befinden, die von ccn Eigenthümlichkeiten beider au sich tragen.
J e n e s Abstumpfen
i n d H i n ü b e r g e h e n der alten Komödie zu neuen F o r m e n lag in den /leitumständen begründet.
Als das Volk
ochlokratiscli
herrschte,
curften die Dichter wagen, gegen Vornehme und Mächtige, gegen den Staat und die Religion das Ausgelassenste und Heftigste ungestraft zu sagen, wenn sie es geschickt t h a t e n ; es gehörte zu dem zügellosen, i b e r m ü t h i g e n und in wilder Lustigkeit verblendeten Volke eine eben io lustige, wilde und überschwängliche Komödie.
Seit dem Sturz d e r
Dreissig war Alles a n d e r s ; das Volk war übersättigt und e r m a t t e t , war Miigeschüchtert, ohne den k e c k e n Trotzniuth f r ü h e r e r Z e i t ; es war 'in p r i v a t e r Sinn, glattere Bildung, selbst ein feinerer Ton d e r Geselligkeit aufgekommen; die groben Witze, die argen Zoten, die f r e c h e n i u s f ä l l e der alten Komödie waren aus der Mode; ü b e r die I n t e r e s s e n les Staates auf der Bühne sprechen zu h ö r e n , hätte jetzt f ü r langweilig gegolten, die Dichtcr mussten a u f h ö r e n , eine Stimme in den ifi'entlichen Angelegenheiten f ü h r e n zu wollen; sie mussten dem zu entsprechen suchen, was der durch die Sophisten und S c h ö n r e d n e r beherrschte öffentliche Geschmack f ü r geistreich, gebildet und interessant hielt.
Dazu k a m , dass man nicht mehr so viel für die Auf-
414
Pililos oder der Heichlluuii,
fülii'ung d e r K o m ö d i e n zu v e r w e n d e n h a t t e , d a s s n a m e n t l i c h d a s k o s t s p i e l i g e E i n ü b e n von t ' h o r g e s ä n g e n , so wie die U n t e r h a l t u n g d e r zahlr e i c h e n C h o r l c u t f i w ä h r e n d des E i n s t u d i e r e n s , u n d i h r e A u s s t a t t u n g f ü r d i e A u f f ü h r j n g a b g e s c h a f f t w e r d e n n i u s s t e ; so d a s s d e r C h o r g e s a n g d e r K o m ö d i e f o r t a n fast g a n z v e r s t u m m t e . Als E i g e n t ü m l i c h k e i t
der mittleren Komödie wird
angegeben,
dass ihre Sujets m e i s t e n t e i l s Erzählungen alter Dichter, des Homer, der T r a g ö d i e , f r ü h e r e r K o m i k e r w a r e n , die travestirt w u r d e n , dass sie n a m e n t l i c h a u c h die p h i l o s o p h i s c h e n u n d r h e t o r i s c h e n S c h u l e n d e r Zeit d u r c h z o g , d a s s sie in d e r Kegel a l l g e m e i n e M a s k e n , e i n f ä l t i g e Bauern , alte W e i b e r ,
Schmarotzer,
K ö c h e u. s. w. a u f f ü h r t e , d a s s
i h r Styl g e m ä s s i g t u n d vom f e i n s t e n A t t i c i s m u s w a r , d a s s d e r C h o r in iIn- die Stelle e i n e r b e s c h a u l i c h e n I ' e r s o n e i n n a h m . E i n z e l n e s h i e n o n findet sich im l ' l u t o s .
In d e r Tliat sind d i e
a u f t r e t e n d e n P e r s o n e n allgemeine F i g u r e n , und der C'hremylos, d e r B l e p s i d e m o s , w e l c h e r zugleich P a r a s i t u n d S y k o p l i a n t ist, d e r g e w a n d t e K n e c h t , d e r e t w a s vom f r a n z ö s i s c h e n K a m m e r d i e n e r an sich h a t , d a s v e r l i e b t e a l t e 'Weib mit i h r e m l e i c h t f e r t i g e n B u r s c h e n , das sind Blask e n , wie sie von d i e s e r Zeit a n d u r c h die m i t t l e r e u n d n e u e r e K o m ö d i e hindurch gehen. D e n Styl im l ' l u t o s d ü r f t e m a n z w a r von d e r ä l t e r e n A r i s t o p h a n i s c h e n W e i s e a b w e i c h e n d f i n d e n ; n a m e n t l i c h fehlt ihm das
dreiste
u n d b l i t z g l e i c h u m h e r f a h r e n d e Spiel des W i t z e s , d e r s c h n e l l e W e c h s e l zwischen höchst Poetischem und platt Gewöhnlichem,
zwischen
den
erhabenst ernstlichen und den crassesten und zotigsten Stellen,
vor
Allem a b e r j e n e Grandiosität
der Conception
der
Darstellung,
mit d e r in d e n f r ü h e r e n S t ü c k e n a u c h d a s d ü m m s t e Z e u g
ausgestattet
u n d d a r u m so u n e n d l i c h l ä c h e r l i c h
erscheint.
und
Der l'lutos
bewahrt
n u n j e n e s - F r ü h e r e n u r in e i n z e l n e n P a r t i e n ; in d e n m e i s t e n ist e r von m a s s i g e r e r , a b g e k l ä r t e r e r , e l e g a n t e r e r S p r a c h e ; in d e r A n o r d n u n g des G a n z e n und d e n M o t i v e n d e r e i n z e l n e n S c e n e n h a t e r von
der
f r ü h e r e n Zeit n u r j e n e O b e r f l ä c h l i c h k e i t u n d L o c k e r h e i t , die o h n e die bedingende l'hantastik der früheren Stücke fehlerhaft, störend, den Z u s a m m e n h a n g u n t e r b r e c h e n d e r s c h e i n t ; E i g e n t ü m l i c h k e i t e n , die v o r A l l e m d e n B e w e i s l i e f e r n , d a s s d a s S t ü c k in j e t z i g e r G e s t a l t
einer
M a n i e r a n g e h ö r t , die sich selbst ü b e r l e b t h a t . D e n n d a s S u j e t ist noch g a n z in d e r W e i s e d e r a l t e n K o m ö d i e ; wie d e n n a u c h d i e e r s t e E r f i n d u n g e i n e r Zeit a n g e h ö r t , in d e r j e n e noch b l ü h t e ;
gerade dicss,
d a s s d e r l i e i c l i t h u m , die A r m u t h
Per-
sonen (nicht Personificationen" sind, dämonische Gestalten, an deren
415
Plutos oder der lieiehlhum. G e s c h i c h t e sich
gewisse V e r h ä l t n i s s e
der Gegenwart
zu e i n e r voll-
k o m m e n e n U m g e s t a l t u n g fort s p i n n e n , ist w i d e r d i e E i g e n t h ü m l i c h k e i t d e r m i t t l e r e n K o m ö d i e u n d a n a l o g •/.. B. mit d e r I d e e des „ F r i e d e n s " . E n d l i c h d e n C'lior a n l a n g e n d , t r e t e n die a u f f a l l e n d s t e n S o n d e r b a r k e i t e n e i n ; das e r s t e A u f t r e t e n d e s s e l b e n ist g a n z im S i n n e u n d in d e r H a l t u n g d e r a l t e n K o m ö d i e , u n d sein l l e r u m z e r r e n mit d e m witzigen Kai-iou h a t alle L u s t i g k e i t und W i M ü l l e d e r b e s s e r n Zeit.
A b e r alle w e i t e r e n G e s ä n g e d e s C h o r s ,
alten
P a r a b a s e , Zwischen-
l i e d e r , S c h l u s s v e r s e u n d was sonst i m m e r , f e h l e n g ä n z l i c h , u n d m e h r f a c h a n S t e l l e n , wo die H a n d l u n g selbst die I l l u s i o n e i n e s z w i s c h c n l i e g e n d e n Z e i t r a u m s , die sie a u s f ü l l e n m ü s s t e n , f o r d e r t ; e r tritt f o r t a n n u r als m i t r e d e n d e l ' e r s o n a u f , u n d k a u m , d a s s e r am S c h l ü s s e d e s Spiels d e n Z u g , d e r d e n I i e i c h t h u m A n a p ä s t e n begleitet.
auf die B u r g f ü h r t , mit
einigen
M a n ist in nicht g e r i n g e r V e r l e g e n h e i t ,
S o n d e r b a r k e i t e n zu e r k l ä r e n .
diese
G u t e H a n d s c h r i f t e n b e z e i c h n e n an m e h -
r e r e n S t e l l e n , dass d o i t C h o r g e s ä n g c f e h l e n ; ist d i e s F e h l e n auf d i e S c h u l d s p ä t e r e r A b s c h r e i b e r zu s c h i e b e n , o d e r liess A r i s t o p l i a n e s s e l b s t die G e s ä n g e a u s ? liei d e r s o n s t i g e n G ü t e d e r H a n d s c h r i f t e n ist E l f t e r e s k a u m zu g l a u b e n ; v i e l m e h r s c h e i n t e s , d a s s A r i s t o p h m e s
selbst
j e n e C h o r g e s ä n g e h i n w e g l i e s s , da sie e i n z u s t u d i e r e n ( d e n n was
wir
h a b e n , ist wohl n u r von dem C h o r f ü h r e r g e s p r o c h e n } g r ö s s e r e n A u f wand f o r d e r t e , als m a n in j e n e r Zeit v o m C h o r a g e n f ü r die K o m ö d i e erwarten durfte.
V i e l l e i c h t v e r d e c k t e w ä h r e n d d e r Z e i t , die
sonst
etwa die P a r a b a s e o d e r a n d e r e C h o r g e s ä n g e g e f ü l l t h a t t e n , d e r V o r h a n g die B ü h n e , o d e r es w u r d e n a c h d e r W e i s e d e r s p ä t e r e n K o m ö d i e ein m u s i k a l i s c h e s Z w i s c h e n s p i e l b e l i e b t . So die H a u p t p u n k t e , von d e n e n d i e B e s t i m m u n g , ob d e r P l u t o s d e r ä l t e r e n o d e r m i t t l e r e n K o m ö d i e z u z u s c h r e i b e n ist, a b h ä n g t .
Irriger
W e i s e zieht m a n B e z i i g l i c h k e i t c n auf b e k a n n t e P e r s o n e n , a n
denen
d e r P l u t o s reich g e n u g i s t , mit h i e r h e r ; d e r g l e i c h e n g e h ö r t nicht auss c h l i e s s l i c h d e r a l t e n K o m ö d i e a n , selbst in d e r s o g e n a n n t e n
neuen
findet sich d e r g l e i c h e n noch vielfach. W o h i n ist n u n v o r l i e g e n d e s L u s t s p i e l zu r e c h n e n V M a n stellt sich ü b e r h a u p t wohl die V e r s c h i e d e n h e i t j e n e r G a t t u n g e n zu f ö r m l i c h v o r ; w ä h r e n d d e r Zeit d e r a l t e n K o m ö d i e s i n d m e h r f a c h S t ü c k e a u f g e f ü h r t , die ganz im Sinne d e r m i t t l e r e n g e h a l t e n w a r e n , wie d e n n d i e s von den „ O d y s s e i s " des K r a t i n o s a u s d r ü c k l i c h b e z e u g t wird. sehr
wohl in
dem P l u t o s e i n e n U e b e r g a n g zu d e r
schenden Richtung, mödie
angehorig,
aber seinem W e s e n
wie d e n n
auch jene
Man erkennt
späterhin
n a c h ist e r d e r a l t e n vier
Dichter,
die mit
herrKo-, ihm
41(!
Plutos oder dor Reichtlnini.
zu g l e i c h e r
Zeit
aufführten,
derselben
alten Komödie
zugerechnet
werden. F r e i l i c h b e w a h r t d e r I ' l u t o s von den e i g e n t h ü m l i c h e n V o r z ü g e n der alteil K o m ö d i e
nicht viel m e h r ,
als was aus d e r s e l b e n auf die
m i t t l e r e und n e u e r e ü b e r g e g a n g e n i s t , ich m e i n e j e n e bewunderungswürdige Vollendung d e r k o m i s c h e n T e c h n i k , j e n e n s c h l a g e n d e n W i t z der S i t u a t i o n , j e n e f r a p p a n t e
und bis aufs H ö c h s t e g e s t e i g e r t e Yiel-
g e s t a l t i g k e i t d e r C o n t r o v e r s e , die von d e r s e l b e n S a c h e die g e s e t z t e n P r ä d i k a t e mit d e r a r t i g s t e n S o p h i s t i k
entgegen-
beweist , vor Allem
a b e r j e n e f e s t e , zugleich s t y l i s i r t e und doch l e i b h a f t i g e Z e i c h n u n g von C h a r a k t e r e n , wie sie sich in wenigen L i t e r a t u r e n w i e d e r h o l t hat.
Das
M e i s t e r s t ü c k in d i e s e r , sonst von A r i s t o p h a n e s m e h r v e r n a c h l ä s s i g t e n als b e n u t z t e n W e i s e
ist die S c l i l u s s s c e n e
des I ' l u t o s ;
diese alte Co-
q u e t t e mit i h r e m J ü n g l i n g ist ein u n ü b e r t r e f f l i c h e s M u s t e r von
feiner
und a n z i e h e n d e r Z e i c h n u n g , j e d e r Zug von d e r s c h ä r f s t e n C h a r a k t e ristik,
die um so b e w u n d e r u n g s w ü r d i g e r i s t , da das Y e r l m l t n i s s der
beiden L e u t e höchst einfach und ohne alle r e i c h e r e n und M o t i v e ist.
gesuchteren
Von n i c h t viel g e r i n g e r e m W e r t h ist die E r z ä h l u n g d e r
H e i l u n g im T e m p e l , mit den wenigen a b e r v o r t r e f f l i c h a u s g e s p a r t e n Z w i s c h e n r e d e n d e r F r a u C h r e m y l o s ; in diesen b e i d e n P a r t i e n i s t ein wahrer Canon
des g e w ö h n l i c h e n W c i b e r c h a r a k t e r s
entwickelt.
ist zu b e k l a g e n , dass d e r D i c h t e r sich nicht ganz in d e r W e i s e
Es eines
C h a r a k t e r s t ü c k e s , wie sie f r e i l i c h erst der n e u e n K o m ö d i e r e c h t a n g e hört,
bewegt hat;
wenn j e n e i d e a l e n P e r s o n e n des l i e i c b t h u m s
der A r m u t h mit d i e s e n w i r k l i c h e n und h a n d g r e i f l i c h e n G e s t a l t e n
und in
e i n e n R a h m e n passen s o l l t e n , so h ä t t e es m i n d e s t e n s e i n e r ganz a n d e r e n , p h a n t a s t i s c h e r e n C o n c e p t i o n b e d u r f t , um h i e r e i n e w a h r h a f t e Einheit
zu e r z i e l e n .
G e r a d e d a s , worin sonst A r i s t o p h a n e s
glück-
l i c h s t e S t ä r k e , die E r f i n d u n g des s o g e n a n n t e n M y t h o s , ist in diesem Z u s a m m e n h a n g e , wie wir ihn h a b e n , u n b e d e u t e n d und nicht im S t a n d e , das S t ü c k z u s a m m e n zu b r i n g e n .
U n t e r den G r ü n d e n , aus denen F r .
Aug. W o l f n a c h d e r o b i g e n A n f ü h r u n g diese S c h w ä c h e n des S t ü c k e s zu e r k l ä r e n s u c h t , v e r m i s s e i c h den h a u p t s ä c h l i c h s t e n : dass n ä m l i c h A r i s t o p h a n e s , sich dem Z e i t g e i s t e a n s c h l i e s s e n d , j e n e g e w a l t i g e und dreiste K o m i k ,
d e r e n e r sonst m ä c h t i g g e w e s e n , dem W e s e n t l i c h s t e n
n a c h P r e i s g e g e b e n h a t , dass ihm von i h r nichts als die M a n i e r
ge-
b l i e b e n i s t , die für d i e s e A r t L u s t s p i e l nicht m e h r p a s s t e , dass e r von dem f r e i l i c h s c h o n v e r t r a g e n e n P r a c h t k l e i d d e r a l t e n K o m ö d i e
den
l e t z t e n G o l d s c h m u c k a b t r e n n t e , und mit e i n i g e n n e u e n F l i c k e n ,
wie
sie d e r v e r w a n d e l t e G e s c h m a c k l i e b t e , e r s e t z t e .
v. 1—21
417
Plutos oder der Reiehthum.
ERSTER
ACT.
Die Soene stellt ein ländliches Gehöft dar, an dem die Strasse vorübcrführt. ( E i n alter, bI i n d e r M a n n langsam u n d unsicher u i n h e r t a p p e n d : hinter ihm her Oh r e m y l o s , g e k r ä n z t , auliu':rk-iani folgend ; hinter diesem sein K n e c h t K a r i o n , das G e p ä c k und n a m e n t lich O p f e r g e r ä t h s c h a f t t r a g e n d , g l e i c h f a l l s g e k r ä n z t ; m a n s i e h t , s i e k o m m e n v o n e i n e m Opfer zurück.)
Karion. (stillestuhond.)
Wie ein kläglich Wesen ist es doch, o Vater Zeus, Bei einem halbverdrehten Herren Sklav zu sein! Hat auch der Diener recht das Allerklügste gesagt, Und gefällt es dann dem Herren, doch nicht so zu tliun, So muss der Diener Plag' und Mühe theilen mit ihm. Denn des eigenen Leibes lässt j a den nicht, der ihn schleppt, Der Dämon Herr sein, sondern den", der uns gekauft. Genug indess von diesem. Aber dem Loxias Der vom goldnen Dreifuss her orakelt feierlichst, Verdenk ich's ernstlich und zum Vorwurf mach' ich ihm, Dass er, man sagt's ja, weiser Seher, weiser Arzt, Als einen Narren meinen Herrn heimziehen lässt, So dass er rastlos hinter einem Blinden läuft, Von dem, was jeder Vernünftige tliut, das (iegentheil. Sonst immer führt den Blinden docli der Sehende, E r aber folgt dem Blinden und zwingt auch mich dazu. (er gellt ihnen w i e d e r n a c h . )
Und obendrein antwortet denn der auch keinen Muck. Ich aber halt's nicht länger aus zu schweigen, Herr, (der wehrt ihn ab.)
Wenn ihr nicht mir sagt, weshalb wir diesem eigentlich Nachlaufen, Herr, sonst kriegt ihr eure Noth mit mir — , (der droht ihm.)
Nein, schlagen, da ich den Kranz noch habe, werdet ihr nicht.
v. 21. Der Lorbeerkranz, den er noch von dem liesuehe in Delphi trägt, macht ihn zu einem geweihten Haupt und sichert ihn vor Prügeln. Aristophanes W e r k e .
II.
2. A u f l .
27
418
P l u t o s oder der Reichtlium.
v. 2 2 — 4 0 .
Cremylos. So nehm' ich dir erst den Kranz vom Kopf, wenn du länger quälst, Um so besser trifft es! Kaiion. P o s s e n ; eli'r nicht hör' ich auf, Bis ihr mir gesagt habt, wer denn eigentlich der da ist. E u c h treu ergeben, frag' ich so, von Herzen treu. Cliremylos. So will ich es nicht dir b e r g e n ; von meinen Sklaven halt' Ich dich f ü r den treusten Diener und den grüssten Schelm. Ich, weisst du, ein gottesfurcht'ger und gerechter Mann, W a r arm und lebte kümmerlich. . Karion. Das weiss ich, H e r r ! Cliremylos. Reich sali' ich andre, T e m p e l r ä u b e r , Rednervolk, Betrüger, Sykopliant.cn, Schurken. Karion. Glaub' es, H e r r ! Cliremylos. Desswegen anzufragen ging ich hin zum Gott, "Wohl überzeugt zwar, dass mir armen M a n n e selbst. Beinah des L e b e n s Tage schon verschossen sind, Jedoch für meinen Sohn noch, — 's ist mein einziger, — Zu erfragen, ob er ä n d e r n sollte seine A r t Und ein Schurke werden, gottlos, heillos ganz und gar, W i e jetzt in der Welt sich fortzubringen nöthig scheint. Karion. W a s kündete Phoibos u n t e r dem heiligen Netze euch? Cliremylos. V e r n i m m ; denn so sprach unzweideutig der Gott zu m i r : v. 2G. Dieses Umschlägen in des alten B r u m m b a r t s S t i m m u n g , so auffallend es erscheint, ist vollkommen richtig und charakteristisch. I h m ist dies nutzlose N a c h laufen endlich selbst ärgerlich und w i d e r w ä r t i g ; darum f ä h r t er erst den Diener m i t dem Aerger a n , der eigentlich den Blinden treffen sollte; damit ist aber auch seine Geduld bei so mühseliger Arbeit e r s c h ö p f t , und es g e w ä h r t ihm G e n u g t h u u n g , die ganze Gcschiclite zu erzählen. v. 39. Dies ist m e h r P a r a p h r a s e als llebcrsetzung. Die S t i m m e des Gottes wurde kund durch die P y t h i a , die lorbeergekränzt auf dem Omphalos sass, dem heiligen Nabclstein, der m i t Binden und I n f u l n , mit kreuzweise zusammengeknoteten W o l l e n f a d e n netzartig (Agrenon) überdeckt w a r , wie es mehrfach auf Vasenbildern erscheint.
V.
41 — G2.
419
Pintos oder der Reichthum.
W e m beim Hinausgelin ich zuerst begegnete, Von dem, befahl er, sollt ich lassen nimmermehr, Sollt ihn bereden, mir nach H a u s zu folgen! Kariou. So! Und wem begegnetet ihr zum e r s t e n ? Chremylos. Diesem d a ! Kariou. So versteht ihr nur des Gottes Meinung eben nicht, 0 Thor, er offenbart euch, auf das Deutlichste, Ihr sollt den Sohn es treiben lassen nach L a n d e s a r t . Chremylos. W i e findest du diesen Sinn d a r i n ? Karion. 's ist klar, er meint Dass auch ein Blinder sehe, nichts sei nützlicher Vorwärts zu kommen in dieser Zeit als Schurkerei. Chremylos. Unmöglich ist es, dass das Orakel das gemeint; E s zielt auf viel was Grösseres.
Möchte dieser n u r
Uns sagen, wer er selber ist, aus welchem Grund, In welcher Absicht er gekommen mit uns hieher, So möchten wir wohl den Spruch erkennen, was er meint. Kariou. [zum blinden Mann.)
Wohlan, so nenne dich lieber selber, wer du bist, ( m i t d r o h e n d e m Crestus.)
Bevor ich weiter mit dir v e r f a h r e ; r e d e schnell! Der blinde Manu. Hol dich d e r Geier, sag' ich! Karion. H a b t ihr verstanden, H e r r . F ü r wen er sich ausgiebt? Chremylos. Nein, das sagt er dir, nicht mir; Denn ungeschickt und gröblich gingst du ihm'zu Leib. (zum blinden Mann.)
Doch wenn ein schlichter B i e d e r m a n n dir etwas gilt, So sage mir — 27«
420
v. 63—76
Pintos oder der Eeiclithum Der blinde Mann. Hol dich der Henker, sag ich! Karion. Herr, Da habt ihr euern Mann und Omen vom Apoll! Chreniylos. (dem Blinden drohend.)
In deinem L e b e n sollst du, bei Gott! nicht lachen m e h r ! Karion. (ebenso.)
Denn sprichst du nicht, so bring ich, Schuft dich schuftig um! ( s i e f a s s e n ihn d e r b v o n b e i d e n S e i t e n . )
Der blinde Mann. (ängstlich.)
Ihr guten Leut', lasst ab von mir! Chreniylos. Ich dächte g a r ! Karion. Nein wirklich was ich sage, ist das Beste, H e r r ! Um werd' ich diesen Menschen bringen erbürmiglich; Ich führ' ihn hin an einen Abhang, geh' und lass' Ihn zurück, damit er hinabfällt und den Hals sich bricht. Chreniylos. J a bring' ihn geschwind hin! Der blinde Mann. Nein, ach nein! Chreniylos. So sprichst du d e n n ? Der blinde Mann. J a wenn ihr hörtet, wer ich bin, so weiss ich wohl, Ihr thätet, mir ein Leides, liesst mich nimmermehr! Chreniylos. Sobald du's wünschest, bei den Göttern, ganz gewiss! Der blinde Mann. So lasst mich los vor Allem! Chreniylos. D a ! wir lassen dich los. Der blinde Mann. (kläglich.)
Nun höret beide; denn es scheint, nun muss ich wohl
421
Plutos oder der Reiehthum.
V. 7 7 — 9 2 .
D a s sagen, was zu bergen ich entschlossen w a r ;
—
I c h bin der Reiehthum! Chremylos. 0 du Aller Abscheulichster D e r Menschen, so verschwiegst du, dass du der Reichthum bist? Karion. D e r Reichthum du? in diesem Aufzug, wie du bist? Chremylos. (um ihn h e r u m l a u f e n d . )
0 Phoibos! o Dämonen ihr! o Götter i h r ! 0 Zeus! was sagst du? Bist du in Wahrheit d e r ? Rüiclitluim.
Ach j a !
Chremylos.
Du bist es selbst?
Keiclitluim.
D e r seibeste! Chremylos. Weswegen denn Gehst du so schmutzig?
Reichtkuiii.
Vom Patrokles komm' ich her, D e r nimmer sich gebadet, seit er geboren ist. Chremylos. W i e aber kamst du zu solchem Unglück?
sag' es mir!
Reichthnm. Das tliat mir Zeus an, weil er den Menschen neidisch ist. Denn als ich noch ein Knabe war, da droht' ich ihm, Nur zu den Gerechten, Weisen und Gebildeten Mich stets zu halten; und da schlug er mit Blindheit mich, Auf dass ich keinen von diesen j e erkennete; So neidisch, so missgünstig ist er den Redlichen! v. 78 „Der R e i e h t h u m Plutos (oder auch Pluton, Reichmacher) genannt, nach Hesiod ein Sohn des Jasion und der Demeter. In der Volkssage war er ein geldspendender Rübezahl, den mau zum Hauskobold gerne aufnahm, aber leicht behandelte Von späteren Mystikern mit Aides, dem Eeiehthumspender und Erdcbefruchter (Pluto) verschmelzt, ward er in den Mysterien zugleich mit Demeter und Persephone angerufen. (Thesmoph. 29C.) Hier aber ist er ein gefangener Rübezahl, ein Untergott, der wie ein Hausknecht fröhnt (v. 769.) und mit einer Ceremonie vorlieb nehmen muss (v. 1 1 9 9 . ) , die ein Hauptgott wie Hermes mit Verachtung von sich weisst (Fried. 9 2 4 . ) . " Voss. v. 84. P a t r o k l e s , wahrscheinlich des Charidenios Sohn und von der Mutter her Sokrates Stiefbruder, schon in den „Störchen" vom Aristophanes als schmutziger Geizhals verhöhnt; solchen Leuten war das öffentliche Bad zu theuer (Wolken 837.)
422
riutos oder der Koichthum.
v.
93—111.
Cliremylos. U n d d e n n o c h wird er g e e h r t n u r von d e n R e d l i c h e n Und Gerechten! Rcklilliuni. F r e i l i c h ist es also! Cliremylos. Sag', wie n u n ? Gesetzt, du w ü r d e s t w i e d e r sehend, wie e h e d e m , So flöhest du wohl die s c h l e c h t e n M e n s c h e n ? Rciclitliiini. Cliremylos. U n d zögest zu d e n G e r e c h t e n ?
Sicherlich!
Reiclitluim. Auf jeden F a l l ; D e n n ich h a b e sie j a seit l a n g e n Zeiten nicht geselin! Cliremylos. K e i n W u n d e r ! e b e n so wenig ich, d e r ich sehen k a n n ! Reiclillumi. N u n lasst mich fort, denn i h r wisset meine G e s c h i c h t e j e t z t ! Cliremylos. N e i n , nein, bei Z e u s ! min h a l t e n wir dich e r s t d o p p e l t f e s t ! Reiclitlium. H a b ' ich es zuvor euch nicht gesagt, ihr w ü r d e t m i r Umstände machen?
Cliremylos. 0 , ich beschwör' dich, h ö r e m i c h !
Y e r l a s s mich n i m m e r w i e d e r ! d e n n so viel du suchst, D u findest k e i n s n M a n n von b i e d e r e m Schlag, wie mich! Beim I l i m m c l , k e i n e n a n d e r n giebt es a u s s e r m i r ! Reiclitluim. D a s sagen Alle, a b e r wenn sie endlich mich D a n n wirklich sich g e w o n n e n und reich g e w o r d e n sind, So ü b e r t r e f f e n sogleich sie Alles an S c h ä n d l i c h k e i t . Cliremylos. So ist es f r e i l i c h ; doch es sind n i c h t Alle s c h l e c h t ! Keiclitluun. Sie sind es Alle allzumal. ( v e r s u c h t sich l o s z u m a c h e n .
Karion. Zum H e n k e r du!
v. 112—131.
423
Plutos oder der Reichthum.
Chremylos. D a m i t du wissest, wieviel d i r Gutes, w e n n bei u n s D u bleibst, zu Tlieil wild, h ö r ' mich a n u n d acht' es wohl! Ich glaube, j a ich glaube, so G o t t m i r h e l f e n mag, Von diesem A u g e n ü b e l zu e r l ö s e n dich, Dich s e h n zu m a c h e n ! Reiclithum. Nimmer, nimmer thue das! Nie mag ich w i e d e r s e h e n d s e i n ! Chremylos. W a s sagtest du! Kariou. Bei Gott, g e b o r e n ist zum E l e n d d i e s e r M e n s c h ! Rcichthuin. E s würde Z e u s mich, sith' e r e u r e r T h o r h e i t mich G e h o r c h e n , ich weiss es, ganz v e r n i c h t e n ! Chremylos. Tliut er's nicht Schon jetzt, da e r also s t o l p e r n d u m h e r dich i r r e n lässtV Reiclithum. Ich weiss es nicht, doch ist mir a n g s t und b a n g vor ihm! Chremylos. Wahrhaftig? o furchtsamster aller Dämonen du! W a s ? g l a u b s t du es w ü r d e Z e u s R e g i m e n t u n d D o n n e r k e i l Noch e i n e n Obolus gelten, wenn du j e einmal Noch s e h e n d w ü r d e s t , wär's a u c h n u r auf k u r z e Zeit! Reichtluim. IIa! s p r i c h so nicht, U n s e l ' g e r ! Chremylos. H ö r ' mich r u h i g an. Ich will d i r beweisen, dass du u n v e r g l e i c h l i c h m e h r Denn Zeus vermagst! Reichthuin. D a s s i c h ? beweisen d u ? Chremylos. Bei G o t t ! (zu K a n o n ^ e w e n d o t . )
Gieb an, w o d u r c h ist Zeus d e r E w i g e n H e r r und E i i r s t ? Karion. D u r c h ' s G e l d ; d e n n d e s s e n h a t e r die F ü l l e ! v. 130. Diese Kateehesation ist ganz in der Weise der damaligen Sophistik, und hat Analogien in anderen Komödien und im Plato.
424
Plutos oder tier Reichthuni.
v. 1 3 2 — 1 1 9 .
Chremylos. Weiter nun: W e r ist es, d e r das Geld ihm schafft? Karioii. Da dieser ist's! Chremylos. Um wessen W i l l e n opfern sie ihm? um diesen doch? Karion. J a wohl, bei Gott, und bitten um Reichthum grade zu. Chremylos. Ist dieser somit U r h e b e r von Allem, könnt' er's nicht, W e n n er wollte, leicht umwerfen, wie er's g e h o b e n ? Reichthum.
Wie? Chremylos. Dass unter den Menschen künftig niemand opferte, Nicht Rinder, nicht F e s t k u c h e n , noch sonst irgend was, W e n n du es nicht so willst? Keichlliinn. W i e so? Chremylos. W i e so? wie k a n n D e n n irgend wer was k a u f e n , wenn du nicht gnädig ihm Zu handeln Geld giebst? also dass du Zeus Gewalt, W e n n er dich behindert, aufzulösen allein vermagst. Reichthum. W a s sagst d u ? sie opferten meinethalben ihm? Chremylos. Ich sag's! Und wahrlich, was den Menschen irgend H e r r l i c h e s Und Schönes und Anmuthiges wird, es kommt von dir. Denn alles A n d r e ist dem Reichthuni u n t e r t h a n . Karion. Ich selber bin j a durch ein kleines Stückchen Geld, Von wegen des nicht gehörig reich sein's nun ein Knecht! Chremylos. Uncl auch die schönen H e t a i r e n von Korinth, so heisst's, v. waren lenden mögen
149. Korinth war wegen seiner Freudenmädchen berühmt; ihrer tausend sie i m H e i l i g t h u m der Aphrodite als Hierodulen, mit der Pflicht, dem W o l zu Dienst zu sein. Dergleichen als „feinste Mode" nach Athen versandt, dort viel Epoche gemacht haben.
v. 150—168.
Plutos oiler der Reiehtlmm.
425
W e n n irgend ein A r m e r i h r e r froli zu werden wünscht, So gönnen sie keinen Blick ihm; doch wenn ein Reicher kommt, So dreh'n und bläh'n sie den Allerwerthsten wer weiss wie sehr! Karion. Und auch die Knaben sollen diess und das W e i t e r e N i c h t um des F r e u n d e s , sondern des Geldes Willen thun. Chremylos. Doch nicht die besseren, sondern n u r die g e m i e t h e t e n ; D e n n die b e s s e r n nehmen gar kein Gehl an. Karion. W a s denn sonst? Cliremylos. D e r einen Zug Jagdhunde, j e n e r ein gutes Pferd. Karion. Sie schämen vielleicht sich, grade Geld zu nehmen, und V e r b r ä m e n mit einem Namen ihren gemeinen Sinn. Clireiiiylos. Gewerbe, Künste, Wissenschaften sind durch dich E r f u n d e n unter den Menschen sammt und sonderlich. D e n n der eine sitzt und schneidet L e d e r und Riem zurecht. Karion. E i n a n d r e r schmiedet, ein a n d r e r wieder ist Schifferknecht. Cliremylos. E i n a n d r e r Goldschmied, hämmert das Gold, das du ihm giebst. Karion. E i n a n d r e r stiehlt die Mäntel, oder bricht ein und diebs't. Chremylos. E i n a n d r e r walkt. Karion. E i n a n d r e r wäscht d e r Schafe Vliess. Chremylos. E i n a n d r e r gerbt. Karion. E i n a n d r e r höckert mit Radies. Chremylos. E i n a n d r e r , e r t a p p t im E h b r u c h , wird, da du fehlst, zerbläut. v. 168. W e i l du ihm fehlst, dass er könnte mit einer hohen Geldstrafe belegt werden, so muss er die selieusyliehe Strafe (k'S Kliehruelis aposieriort', leiden; eine Strafe die nicht bloss des Heims wegen in der Uebersetzung zu einem blossen Zevbläuen geworden ist.
426
Plutos oder der
fleichthum.
v. 160—178.
Reichtliuui. 0 ä r m s t e r ich, u n k u n d i g b l i e b ich dess' b i s h e u t ! Karion. U n d der g r o s s e K ö n i g , hat er d u r c h ihn nicht Stolz u n d M a c h t ? Cliremylos. U n d die V o l k s v e r s a m m l u n g , ist e s durch i h n nicht, d a s s s i e t a g t ? Kanon. U n d w i e ? die T r i e r e n , w e r d e n sie n i c h t d u r c h dich b e m a n n t ? Cliremylos. U n d b e z a h l s t nicht du d i e S ö l d n e r i m K o r i n t h e r l a n d ? Karion. W i r d P a m p h i l o s n i c h t um i h n e r l e i d e n ein s c h w e r e s L o o s ? Cliremylos. U n d B e l o n o p o l e s l e i d e n n i c h t mit P a m p h i l o s ? Karion. U n d A g y r r h i o s , d a n k t er's d i e s e m nicht, d a s s er furzen darf? Cliremylos. W a r ' s nicht um ihn, d a s s P h i l e p s i o s sich auf M ä r c h e n w a r f ? Karion. •Und das Bttndniss mit d e n Ä g y p t e r n , ist's nicht d e i n c t h a l b ?
v. 171. Xur zu richtig ist, dass die Athener in die Ekklesic liefen, nicht aus Interesse für den Staat, sondern um die drei Obolen Ekklesiastensold zu verdienen. v. 174. P a m p h i l o s , ein vornehmer Athener (Lysias gegen Alcib. p. 204. Heck. Aus.) hatte nach der Angahe des Scholiusten aus dem öffentlichen Oelde für sieh genommen, und war deshalb mit Verbannung und Coniiscation gestraft. W a h r scheinlich ein Anachronismus von 25 Jahren. Pamphilos war dieser Zeit als Strateg der Athener gen Aegina gesandt; von den Spartanern eng eingeschlossen bat er um Hülfe; die Kosten eines solehen Zuges hinderten die Ausführung des zu seiner Kettung gemachten Volksbeschlusses, und erst nach fünf Monaten kam ihm E n t satz. — H e l o n o p o l e s ist der Allen bekannte Schmarotzer des Pamphilos, der mit ihm verkümmern wird. v. 170. A g y r r h i o s , ein Emporkömmling, durch die Gunst des Volkes Nauarch nach Thrasybul im Jahre .589, durch zweideutige, Geschäfte für den Staat rcieh, durch seinen lieichthum übermüthig „wie ein vollsatter Esel " Doch nennt ihnDemosthenes in der Hede gegenTimokrates einen edlen, dem Volke wohlgesinnten und fiir das öffentliche Wohl vielfach sorgenden Mann. v. 177. P h i l e p s i o s ist wie Agyrrhios einer der damaligen Staatsmänner, nicht wie die Seholiasten erzählen, ein Possenmaeher; wie die angeführte Rede des Demosthenes lehrt, wurde er wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder verurtbeilt; da wird er bei der V e r t e i d i g u n g Märchen geschmiedet halten, um das Pehlen des Geldes im Sehatz zu erklären. v. 178. Dies liündniss wurde von d e n A e g y p t e r n aufgesucht für jenen Aufstand gegen Persien, dessen Isokrates im Panegyrikos erwähnt, und in Polge dessen sieh ein mehrjähriger Krieg entspann, an dem drei Jahre später auch Cypern Theil nahm.
v. 179—191.
Pintos oder (1er Iieiehthum.
427
Chremylos. U n d Nais, liebt sie nicht den Fliilonides deinethalb? Karion. U n d j e n e Burg des Timotlieos — Cliremylos. F a l l e sie über dich! Also, geschieht nicht Alles durch dich und wieder dich? Du allein bist all- und jeglichen Dinges Grund, fürwahr, Des Gut- und Bösen, Schlecht- und Rechten, das ist k l a r ! Karion. Und auch in den Kriegen siegen die in j e d e r Schlacht, Auf d e r e n Seite dieser die Schaala sinken macht. lteiclitlimii.
Ich wäre mächtig so viel zu schaffen, ich allein? Chremylos. Ja, ja, bei Zeus! und vieles mehr als dies allein, So dass denn dein noch satt geworden k e i n e r ist; Doch an allem Andern bekommt man endlich Uebcrdruss, An Liebe, Karion. Semmel, Cliremylos. Musenkunst, Karion. Und Zuckerwerk. Cliremylos. An Ehre,
Karion. Kuchen,
Cliremylos. Tapferkeit, Karion. Und Feigenschnitt. v. 179. Dieser r i i i l o n l d c s von Hellte war ein eben so reicher wie einfältiger und liederlicher Mcusch, den die Komödie jener Zeit vielfach verhöhnt, so namentlich Arislophcm in einem Stücke, das nach ihm genannt war. Diesem gab sich die Hetäre Nuis h i n , und er missbrauchte sie in der Weise, dass ihn die Verwandten der Xai's mit einem Frocess verfolgten, für den der berühmte Lysias die Anklagerede schrieb. v. 180. T i m o t l i e o s , der Sohn des trefflichen Konon, damals im glänzenden Beginii\scines öffentlichen Gebens; herrisch, kühn, ein Condottiere, der die Söldner, die er w a r b , oft ohne Staatsgelder zu halten wusste: ein Heer müsse sich selber ernähren. E r baute sich mitten in der Stadt eine Art Hurg statt der W o h n u n g , was denn eher nach Tyrrannis, wie nach demokratischer Gleichheit aussehen mochte.
428
Plutos oder der Kciehthum.
v. 192—211.
Cliremylos.
An Ruhm,
Karion.
An R ü h r e i ,
Cliremylos. Am Kommando, Karion. Am Gcmtis'. Cliremylos. D o c h d e i n e r satt geworden ist noch nie ein M e n s c h ; Nein, wenn ein dreizehn schwere T a l e n t e j e m a n d hat, So wünscht e r die sechzehn erst mit r e c h t e r G i e r sich voll, W e n n e r die gewonnen, geht es auf die vierzig los, Sonst sei ihm das L e b e n , sagt er, nicht mehr lebenswerth. Rcitthlliuiii.
(Pause.)
I h r s c h e i n t mir beide s e h r das R e c h t e zu s a g e n ; doch N o c h um eine S a c h e bin ich in S o r g e n ! Chremjlos. Sprich, w a r u m ? Keichthum. W i e j e n e r Gewalt ich, die ihr sagt, ich hätte sie, Nun auch in der T l i a t H e r r werden soll? Cliremjlos. W a h r h a f t i g , jaV D r u m sagt die ganze W e l t j a auch, das A e n g s t l i c h s t e Sei stets der Reichthum. Reiclitluini. Keineswegs, das hat von mir E i n n ä c h t l i c h e r D i e b g e l o g e n ; denn als der einmal E i n b r a c h bei mir, so bot sich ihm nichts zu stehlen dar, D a e r all und j e d e s unter Schloss und R i e g e l f a n d ; D a nannte der Schuft denn meine V o r s i c h t A e n g s t l i c h k e i t . Chremylos. S o b e k ü m m r e dich nun weiter n i c h t ; denn wenn du ein M a n n E n t s c h l o s s n e n Muthes und b e h e r z t zum Handeln bist, So mach' ich baldigst s c h ä r f e r dich als L y n k e u s sehn! v. 210. L y n k e u s , einer der Argonauten, dessen Blick so scharf war, dass er bis in das Innere der Erde sah, was denn die rationelle Weise der Erklärung dahin deutet, dass er sich auf dem Hergbau und das Auffinden der Silbermienen verstanden habe.
v. 211—229.
Plutos oder der Reichthum.
Reichtlium. "Wie wirst du dies a u s f ü h r e n können, du ein M e n s c h ? Chreinylos. G a r gute Hoffnung hab' ich nach dem, was Phoibos seihst D e n Pythischen L o r b e e r schüttelnd mir v e r k ü n d e t hat. Reichtlium. Und j e n e r weiss von der Sache schon? Chreinylos. Ich sag's dir, j a ! Vorsichtig!
Reich t h u m .
Chreinylos. Sei ohne weitrc Sorgen, lieber M a n n ; D e n n ich, gewiss sei dessen, sollt' ich sterben selbst, Durchsetzen will ich's dennoch! Karion. ( .stellt s i c h n e b e n sie.)
W e n n ihr erlaubt, ich auch Chreinylos. Und viele sonst noch werden uns Genossen sein, Die redlich sind, und das liebe Brod fehlt ihnen doch. Rcichtliuiii. P f u i solche Lumpe wählst du zu Genossen uns? Chreinylos. 0 lass sie n u r erst wieder reich geworden sein. (zu K a n o n . )
Du aber lauf und mach' geschwind — -Karion. Wohin denn, H e r r ? Chreinylos. Und r u f e die N a c h b a r n Ackersleute, (du findest sie Im F e l d e gewiss, im Schweisse ihres Angesichts A r b e i t e n ) dass sie ein j e d e r hier in unserm H a u s Mit uns des Reichthums gleich den gleichen Theil empfahn. Karion. Schon wandr' ich, H e r r ; doch dieses Stückchen Opferfleisch, Von den L e u t e n drinnen könnt' mir's einer verwahren wohl! Chreinylos. Das will ich selbst besorgen; l a u f nur, säume nicht, ( K a r i o n ab.)
429
430
P l u t o s oiler d e r l l c i c h t h u m .
v. 2 3 0 — 2 5 8 .
D u a b e r , I i e i c h t h u m , l i e b s t e r a l l e r D ä m o n e n , komm', U n d t r e t e liier mit m i r hinein.
D e n n dies d a ist
D a s H a u s , das heut du mit H a b ' u n d Gut nach H e r z e n s l u s t A u f r e c h t e m oder s c h l e c h t e m W e g voll schaffen m u s s t ! Reichtlium. D o c h ist's mir schmerzlich, 7 bei d e r G ö t t e r M a c h t , so-oft i ' In ein n e u e s H a u s ich w i e d e r komme, b i t t r e r S c h m e r z ! D e s Guten, ach, g e n o s s ich d o r t noch n i m m e r nichts. D e n n wenn ich zu einem s p a r s a m e n M a n n g e k o m m e n bin, Sogleich v e r s c h a a r r t er u n t e r die E r d e mich möglichst t i e f ; U n d kommt d a n n i r g e n d ein E h r e n m a n n , sein F r e u n d , zu ihm, U n d bittet um Vorscluiss, n u r um e i n e W e n i g k e i t , So v e r l ä u g n e t er mich u n d schreit, e r h a b e mich nie gesehn. U n d wieder, wenn ich zu e i n e m P r a s s e r g e k o m m e n bin, So giebt er mich den W ü r f e l n , den losen D i r n e n P r e i s , U n d wirft mich in K u r z e m s p l i t t e r n a c k t zur T h ü r h i n a u s . l'hreinylos. D u kamst, so scheint es, nie zu M ä n n e r n vom r e c h t e n M a a s s ; Ich a b e r bin von diesem C h a r a k t e r a l l e r Z e i t ; Sowohl zu s p a r e n lieb' ich wie kein a n d r e r m e h r , Als a u c h gehörig a u f z u w e n d e n , wenn's n ö t h i g ist. D o c h lass uns e i n g e h n ; d e n n du musst doch m e i n e F r a u U n d m e i n e n Sohn sehn, d e n k ' ich, m e i n e n einzigen, D e n ich nach dir am meisten liebe. Reichtlium. D u bist so g u t ! Cliremylos. W e r sollte die W T ahrheit, T h e u r e r , d i r nicht g e r n g e s t e h n . (Beide ab.)
(Chor (1er L.mrlsleute tritt auf, v o n Karion hereingeleitet.)
Karion. 0 die ihr l a n g mit m e i n e m H e r r n gleich t r o c k e n B r o d g e n o s s e n , Ihr Gaugenossen schlecht und recht, zur Arbeit unverdrossen, K o m m t , s p u t e t euch, u n d m a c h t g e s c h w i n d ! n u n ist nicht Zeit z u w e i l e n ; Die r e c h t e Stund' ist da, die m a n zu n ü t z e n sich m u s s e i l e n ! Chor. U n d siehst du nicht, wie wir b e r e i t s u n s r ü s t i g t u m m e l n h e u t e , So gut. wie's i r g e n d möglich ist f ü r a l t e s c h w a c h e L e u t e .
v. 2 5 9 — 2 7 8 .
Pintos oder der Reichthum.
431
D u a b e r willst, wir sollen gar so schnell wie du noch traben, Eli' wir, weshalb dein H e r r uns herbestellt, e r f a h r e n haben. Karion. U n d hab' ich's dir nicht längst gesagt? 1 du aber willst nicht hören. E r sagt: „Die ihr bisher gelebt in F r o s t und in Beschweren, I h r sollt, von Stund' an dessen frei, gar schön und glücklich l e b e n . " Chor. W a s ist's denn, und von wannen ist's, was er verspricht zu g e b e n ? Karion. E s kam, o Stümper ihr, mit ihm ein Greis hieher geschritten, Voll Schmutz, g e b ü c k t , ohn' H a a r und Z a h n , voll Runzeln und voll Splitten, Ich glaube, so mir Uranos, er ist sogar licschnitten! Chor. 0 Bote du so goldnen W o r t s , noch einmal sag' so Holdes! Nicht wahr, du sagst, g e k o m m e n sei'n mit ihm viel Säcke GoldesV Karion. Von Altersschwächen allerdings genug zu vielen Säcken! Chor. Du meintest wohl, du könntest uns verhöhnen so und necken, Und kämst davon doch unzerbläut von uns und unsren S t ö c k e n ? Karion. So meint ihr denn, dass ich d u r c h w e g , dass ich in Tliat und Wahrheit E i n solcher Schelm sei von N a t u r und spräche nichts als N a r r h e i t ? Clior. W i e ehrlich dieser Schuft sich stellt! mir scheint's, dass dir die Keulen I h r „weh! o wehe!" sehnsuchtsvoll nach Block und Peitsche h e u l e n ! Karion. H a s t als Gesclnvorner wohl geloost die R i c h t e r b a n k des G r a b e s ? W a s säumst d u ? Oharons Zeichen hast du doch k r a f t deines Stabes! v. 2G7. E i n Gelehrter meint, schon damals seien die Juden in die W e l t zerstreut g e w e s e n , und der Reiehthum sei gewiss ein alter reicher Jude. — Karion schwort bei Uranos, dem Seitens seines Sohnes Kronos jene Jüdische Ceremonie in alten Tagen angethan war. v. 27 7. Der leichte W i t z des Griechischen wird in der Uebersetzung wieder gar schwerfällig. Die Greise drohen, als hätten sie über Karion zu richten. Als Geschwornc müssten sie loosen, in welchem der mit verschiedenen N u m m e r n (die der Grieche mit Buchstaben schreibt) bezeichneten Gerichtshöfe sie sitzen sollten; zum Gerichtstage erhielten sie dann einen Stab, der mit der Farbe und N u m m e r ihres Gerichtshofes bezeichnet war, gegen dessen Vorzeigung sie den Richtersold erhalten. Karion sagt n u n : ja wohl seid ihr Richter, und eure Nummer ist die des Grabes, dahin gehört ihr; auch habt ihr euer Zeichen schon, nämlich den Stab, auf den ihr altersschwachen Leute euch stützt und an dem euch der Tlüirhiiler zu selber Stätte, der Charon, der euch in die Unterwelt fahren soll, erkennen wird.
432
Plutos oder der Reichthum.
v. 2 79—301 .
Chor. Dass dich die Pest, Schelm, der du bist! du Schuft von Z u n g e n h e l d e n ! Du spottest uns, und kommst dazu auch noch nicht, uns zu melden, Um wessenthalb dein H e r r uns h e r beschied aus u n s e r n F e l d e n , Die wir, voll Arbeit, ohne gar viel Müsse, dennoch lieber H e r eilten, ohne Naschen manch' Stück ltübenfeld vorüber. Karion. Nicht länger, Leute, berg' ich's e u c h ; den Iieichthum b r a c h t e mit sich Mein H e r r , der rcicli euch machen wird. He, bin icli nun noch witzig? Chor. So ist es wirklich denn an dem, dass jetzt wir werden reich sein? Karion. J a nehmt ihr E s e l s o h r e n an, dem Midas sollt ihr gleich sein! Chor. W i e freu' ich mich und juble laut und will vor F r e u d e n tanzen, W e n n du, o F r e u n d , die W a h r h e i t sprachst im Einzelnen und (ranzen! Karion. (Strophe.)
Nun wahrlich will ich, s c h n e d d e r e n d e n g ! vortanzend euch den Kyklops, Hop! seilt n u r so mit beideni Bein behend in Vor- und l i ü c k h o p s E u c h führen.
(singend.)
„Hop heissa, Kinderchen, über Stock und Stücklein, Ihr, blockend Lämmerwiegenlied, Ihr, m e c k e r n d stänkriger Ziegen Lied, Nun folgt zum Tanz mit trillerndem Schwanz, und leckt an e u c h , ihr Böcklein!" Chor. (Gegcnstrophe.)
W i r aber wieder, s c h n e d d e r e n d e n g ! nachblückend dir Kyklopen, W i r suchen dich den Nimmersatt, in den Bergen u n t e n und o b e n ; Dann, wenn mit der vollen Kiepe, k a u e n d e n Mundes, w e i n e s t r u n k e n Du deine blockenden Schafe treibst, Die Augen dir im Schlafe reibst, Mit eines Mastes g e b r a n n t e m E n d ' das Aug' dir auszutrinken. v. 283. Sie sind arm uud hungrig, und haben doch nicht die schönen Rübenleider am Wege (wörtlicher übersetzt Voss „manch' Jiüschel Isop") geplündert. v. 287. Das ist jener M i d a s mit Eselsohren, dem, was er berührte, zu Gold wurde, und dessen Geschichte nach der wundervollen Grimm'schen Bearbeitung als ein eingebürgert deutsches Märchen gelten kann. v. 298. Der Chor, Philoxenische W o r t e brauchend, wendet die Kyklopengeschichte auf die Blendung des Kiesen durch Odysseus und seine Gefährten.
v. 302—324.
433
Pintos »der (1er líeichthum.
Kanon. ("Strophe.)
So will ich denn die K i r k e jetzt, die Zauber mischt und zaubernd netzt, Die in Korinth Philonides Kain'raden jüngst verführte, Dass sie wie F e r k e l auf dem Fleck Auffressen ihren Mengedreck, Den selbst sie ihnen r ü h r t e . Die will ich tanzen in bester Art, Und grunzend g a r vergnüglich folgt mir wohlgeschaart, Der Mutter nach, ihr F e r k e l ! Chor. (dOKenstroplie.)
So wollen wir dich Kirke jetzt, die Zauber mischt und zaubernd netzt, Die's u n s r e n K a m e r a d e n thät a n s p r e n g e n und einmengen. Dicli g a r vergnüglich greifen schon, Und tanzend den Laertes-Sohn Dich bei den Hoden hängen. Wie einem Hock die Nase dir B e k ü t h e l n ; und japsend sagst du, wie Aristyllos, mir: Der Mutter nach, ihr F e r k e l ! Karion. (Epode.)
Nun aber endlich lasset uns die Schraubereien a n d e n ; Stellt euch in a n d r e r F o r m zu H ä u f ; Ich aber heimlich geh' hinauf, Und stehl' von meines H e r r e n Tisch, Mir etwas Brod und Fleisch und Fisch, Und kauend geh' ich dann hinein, und helf an allen E n d e n ! (ab.)
Chor. (Der (Jhorgesaiif; fehlt.)
( C h r e m y l o d kommt aus dum Hause.)
Cliremylos. (galanter sprechend. >
Grüss Gott, ihr Nachbarsleute! Doch zu grüssen so, v. 303. Dies Bild von Odysseus Aufenthalt bei der K i r k e , die zaubernd seine Gefährten in Schweine verwandelte, bezieht sieh auf des oben (v. 179.) genannten Philonides Geschichte mit der Hetäre, die mit ihren Liebestränken die Leute in wahre Säue verwandelte und zu aller Schweinerei der Liebe verführte. v. 312. L a e r t e s - S o h n , den Odysseus, der jenem Zauber ein Ende macht. „ W i r wollen dich aufhängen wie Odysseus den Melanthios, iOdyss. X X I I . 175.) und dir das Maul schmieren, dass du duftest wie Aristyllos" (Voss). Dieser Aristyllos liess sich lesbisch missbrauchen, wovon ihm der Mund japsend offen stand. A r i s t o p h a n e s W e r k e . 11. 1. Auti.
¿8
434
Plutos oder der Reichthum
v. 3 2 5 — 3 5 0 .
Ist aus der Mode, ist verschimmelt und v e r b r a u c h t ; Lasst euch umarmen, dass ihr so willfährig kam't, So liebenswürdig eilend, so verbindlich gleich! Wollt mir in allem A n d e r n eure Hülfe leihn, Vor Allem, den Gott zu retten, meine Helfer sein! Chor. Getrost! als einen A r e s sollst du sehen mich; E s wäre seltsam, wenn um drei Obolen wir Uns jedesmal bei E k k l e s i e d r ä n g e n h e r und hin, Uns nun den Reichthum selbst uns nehmen Hessen, wir! Clireinylos. Und wahrlich, auch den Blepsidemos seh' ich da Herkommen; k l a r ist's, dass er von u n s r e r Sache schon Etwas gehört hat, also schreitet, eilt er her. ('lor N a c h b a r B l e p n i d e m o * k o m m t . )
lilcpsidemos. W a s ist denn das f ü r eine Geschichte? woher und wie Ist (,'hreniylos plötzlich reich geworden? ich glaub' es nicht! Und doch, bei H e r a k l e s , viel Gerede war davon In d e r B a d e r s t u b e u n t e r den da so sitzenden, Dass dieser Mensch ganz plötzlich reich geworden sei. Doch scheint mir das g a r wunderseltsam, dass er sich, I)a's ihm so gut geht, seine F r e u n d e kommen lässt; W a s hier zu L a n d e nicht Gebrauch ist, tliut der Mensch. Cliremylos. ( f ü r sich.)
J a , unverholen bei den G ö t t e r n sag' ich's ihm. — 0 Blepsidemos, besser wie gestern steht's mit uns! Dess' soll dir Theil sein, da du von meinen F r e u n d e n bist. Blepsidemos. So bist du in Wahrheit, wie sie sagen, ein reicher M a n n ? Cliremylos. Ich werd' es allernächstens sein, so Gott es will; Allein es steckt da in der Geschichte ein H a k e n noch. v. 3 3 2 Uni die drei Obolen Sold für die E k k l e s i e , zu der siel) das arme Volk drängt, und es nicht achtet, wer weiss wie sehr gestossen und gedrängt zu werden. v. 347. Vortrefflich ist das Verhältniss der beiden Männer geschildert. Blepsidemos ist der vornehme, geschäftsgewandte Städter, mit dessen Bekanntschaft sich der Alte bisher viel gewusst haben m a g ; auch jetzt, da er reich geworden, lässt er sieh von ihm imponiren und Blepsidemos behandelt ihn obenhin; bald genug wird er sein Benehmen ändern.
v. 351 —370.
P i n t o s oder der R e i c h t h u m .
435
Blepsideinos. Sprich, welcher — Chreinylos. Nemlich — (er stockt.) Blepsidemos. Schnell o sag' mir, was du meinst! Chreinylos. Wenn wir es recht vollbringen, geht uns stets es gut; Wenn wir's verfehlen, ist es ganz um uns geschehn! Blepsidemos. Das scheint mir eine schlechte Ladung im Schiff des Glücks, Und gefällt mir gar nicht ; denn in demselben Augenblick So überreich sein und zugleich in solcher Angst, — Das sieht so aus, als wäre in der Sache etwas faul! ( i h n m i t rlen M i c k e n p r ü f e n d . )
Chreinylos. Wie? faul da etwas? Blepsidemos. I heimlich.)
Etwa wenn gestohlen du, Aus einem Tempel einiges Silber oder Gold, Und, nun du zurückkommst, das am E n d e doch bereust — Chreinylos. Apollo Fluchabwender! nein, ich nicht, bei Gott! Blepsidemos. Nicht Winkelzüge, Lieber! o, ich kenne das! Chreinylos. Argwöhne nicht, von mir dergleichen! Blepsidemos. Du lieber Gott! So immer reinlich geht's nicht mehr, bei keinem Mann; Dem bischen Vortheil widersteht kein einziger. Chreinylos. Nicht immer reinlich scheint es F r e u n d bei dir zu stehn. Blepsidemos. (zur Seite.)
Wie ganz verwandelt gegen sonst sein Sinn schon ist! Chreinylos. Du siehst vor lauter Galle schwarz, bei den Göttern, Mensch! Blepsidemos. (zur Seite.)
Unsicher ist sein Auge, scheu umher der Blick. Ganz offenbar ist, dass er was begangen hat.
436
Pintos oder der Reichthum.
v. 371—390.
Cluemylos. W a s du murmelst, weiss icli! liätt' ich was gestohlen, du Nähmst deinen Antheil!
Blepsidemos. Meinen Antheil icli —• wovon?
Chremylos. Doch ist es nichts dergleichen, viel was andres ist's! Blepsidemos. W o h l nicht gestohlen, aber g e r a u b t ? Chremylos. Du bist v e r r ü c k t ! Blepsidemos. Auch nichts so — E i n e m u n t e r s c h l a g e n ? (Jhremylos. Nein, o n e i n ! Blepsidemos. 0 Herakles, was endlich, was denn soll man sich Da d e u k e n ? denn das W a h r e willst du nicht gesteh»! (Jhremylos. Du nennst mich schuldig, eh' du ineine Sache liürst. Blepsidemos. Nun, Lieber, ich will die Geschichte dir für ein Weniges In Ordnung bringen, eh' die Stadt davon e r f ä h r t ; Den R e d n e r n stopft man mit einigen Hellern Ohr und Mund. Chremylos. E i wirklich? höchst freundschaftlich, glaub' ich, rechnest du F ü r zween Mienen, die du gebraucht, dann zwölf mir an! Blepsidemos. Schon seh' ich j e m a n d sitzen auf der S ü n d e r b a n k , Den Bittezweig in den Händen, mit seinen Kinderchen U n d seiner F r a u , und g a r zu unterscheiden nicht Von den Herakliden, selbst von denen des Pamphilos nicht. (Jhremylos. Nein, L u m p e n k e r l du! — Aber auch brave L e u t e nur, Und B i e d e r m ä n n e r und Menschen, wie sie müssen sein, Will ich hinfort reich machen! v. 387. „Auch nach seinem Tode wurde Herakles und seine Nachkommen vom Eurystheus verfolgt. Unter Alkmenes Führung erschienen sie in Athen als Sehutzfiehende mit wollenumwundenen Oelzweigen" (Voss). Ob hier ein Tragiker Pamphilos genannt ist, der wie Euripides, Aischylos und andere Dichter die Herakliden als Trauerspiel behandelt, oder der später so berühmte Maler des Namens, der jenen Gegenstand in der Stoa Foikile gemalt hatte, ist nicht deutlich.
T. 391—399.
Plutos oder der Reichthum. Blepsidemos. E i , was sagtest du?
So g l e i c h in M a s s e hast du g e s t o h l e n ? Chremylos. W e t t e r und W e l t ! Du bringst mich um! Blepsidemos. N e i n , du dich selber, wie mir scheint. Chreuiylos. 0 k e i n e s w e g s ; ich habe jetzt, A r m s e l ' g e i ' du, Den Reichthum! Blepsidemos. Reichthum duV wie das? Chreuiylos. Ihn selbst, den Gott Blepsidemos. W o ist e r ? Chremylos. Drinnen! Blepsidemos. Wo? Chreuiylos. Bei mir! Blepsidemos. B e i dir? Chremylos. Ja w o h l ! Blepsidemos. Dass dich d e r H e n k e r ! Reichthum wäre bei d i r ? Chremylos. Bei Gott! Blepsidemos. Du sagst d i e W a h r h e i t ? Chremylos. Freilich! Blepsidemos. B e i der H e s t i a ! Chremylos. Ja bei P o s e i d o n ! Blepsidemos. Schwörst du hei dem auf offner S e e ? Chremylos. W o f e r n ' s noch einen andern P o s e i d o n giebt, bei d e m !
438
V. 4011—415
Pintos oder der Kciilnhum.
Blepsidemos. Und hast noch nicht zu uns, den F r e u n d e n , umhergeschickt? Chreiiiylos. Noch ist die Geschichte nicht so weit. Blepsidemos. W i e so so weit? Um auszutheilen?
Chreiiiylos. Nein, w i r müssen erst ihn Blepsidemos. Was? Chreiiiylos.
Ihn sehend m a c h e n ! Blepsidemos. W e n denn sehend m a c h e n ? sprich! Chreiiiylos. Den Reichthuni, wie vor diesem — auf irgend eine Art! Blepsidemos. So ist er denn wahrhaftig blind? Chreiiiylos. Beim Himmel, j a ! Blepsidemos. Kein W u n d e r ist's dann, dass er zu mir noch nimmer kam! Chreiiiylos. Doch kommen, wenn die Götter wollen, wird er jetzt! Blepsidemos. So müsste man eiligst einen Arzt zu r u f e n gelin? Cliremylos. W e r wäre denn jetzt noch hier in unsrein L a n d ein A r z t ? E s gilt j a da a u c h : keine Batzen, keine K u n s t ! Blepsidemos. ]\Ian müsste doch seh'n! Chreiiiylos. 's ist k e i n e r ! Blepsidemos. I)u hast am E n d e Recht! Chreiiiylos. J a sicher; aber was ich mir schon so überlegt. Ihn hinzubetten in Asklepios ITeiligtlmm. — 's ist wohl das Beste. Blepsidemos. Allerdings, das Beste ist's. N u r säume nicht; dies eine Beste, thu's geschwind!
v. 416 — 432.
Plutos oder der Reichthum.
439
Chremylos. Auch geh' ich schon! Blepsidemos. J a spute dich! Chremylos. Das thu' ich j a !
( W i e e r g e h n w i l l , t r i t t i h m ein W e i b m i t z e r l u m p t e n K l e i d e r n u n d v e r k o m m e n e r Gestalt, d ä m o n i s c h in d e n W e g . )
Das Weib. Ihr Menschenkinder, o ihr Gottverlassene«, Im frechen Herzen Frevellust zu Frevelthat, Wohin? wohin? was flieht ihr? steht! Blepsidemos. Hilf Herakles! Bas Weil). Zu Grunde richten will ich euch schnöd', euch Schnödeste! Ihr wagt ein Wagniss wildest unerhörter Art, Wagt, was noch niemals nirgend, nun und nimmermehr Kein Gott noch Mensch sich wagte! Sterben nitisst ihr drum! Chremylos. W e r bist du? Leichenblässe deckt dein Angesicht! Blepsidemos. Das wird wohl eine F u r i e aus der Tragödie sein, Auch hat sie im Blick so etwas Tolles und Tragisches! Chremylos. Doch fehlen ihr die Fackeln. Blepsidemos. Prügle man sie weg! Das Weib. W e r , meint ihr, bin ich? Chremylos. Eine Hurenwirthin wohl? Ein Weib vom F i s c h m a r k t ? wahrlich sonst ja würdest du Uns nicht so anschrei'n, da wir zu Leid' dir nichts gethan. Das Weib. W a h r h a f t i g ? habt ihr nicht das Grässlichste mir gethan, Da ihr hinweg mich sucht zu treiben von allem Ort!
440
Plulos oder der Reichthum.
v 433—450.
l'hrenijlos. So bleibt j a immer die Schindergrube dir übrig noch! Doch wer du bist, das sagen solltest du jetzt und gleich! »Iis W e i b .
Die bin ich, welche biissen euch noch heute lässt. Weil ihr mich also ganz hinweg zu tilgen sucht! lilepsidcmos. So ist es gewiss die aus der Schenke nebenbei. Die mich mit ihrem K r e t z e r immer zu Schanden macht. Das Weib. Ich bin die A r m u t h , die ich viele J a h r e lang Bei euch gewohnt. (die Umstellenden fahren auseinander.)
lilepsideinog. Apollon! Götter! wohin entfliehen! Chrenijlos.
(ihn festhaltend.)
H a Mensch! was machst du! du erbärmlicher H a s e n f u s s ! Du wirst doch bleiben! lilepMMleiiios. Um keinen P r e i s ! Cliremylos. i ihn festhaltend.)
Gleich bleibst du n u n ! W i r zween M ä n n e r sollten fliehn vor einem WeibV Blepsidemos. (Will sich lo.smaehen.)
D a s ist ja die Armuth, Aermster du! von Allem, was Da lebt und webt auf E r d e n , das Allerscheusslichste! C'hreniylos. Stell' still, ich beschwör' dich, stehe still! Blcpsidenios. Nein! n e i n ! ich nicht! Clireinylos. Ich sage dir, von aller Schuld und Schändlichkeit Die a l l e r u n g e h e u e r s t e thäten wir freventlichst, W e n n wir den Gott im Stiche Hessen und flüchteten Aus F u r c h t vor dieser, statt zu wagen den Kampf f ü r ihn. v. 433. D i e S eh i n d o r g r ü b e ist nicht genau das Griechische, wo mit dem "Worte „der Abgrund" die Felsenschlucht um Areopag bezeichnet wird, in welche Verbrecher hinabgestürzt wurden.
v. 451 — 475.
Pintos oder der Reichthum.
Blepsidcmos. Mit welchen Waffen, welcher Kriegsmacht könnten wir's? Denn welchen Harnisch, welches Schwert und Speer und Schild H a t nicht zu P f ä n d e diese Schnödeste schon versetzt? Cliieiuylos. M u t h ! M u t h ! der Gott allein schon, glaub' mir, wird Trophä'n E r r i c h t e n über die auf den Tod getroffene! Armiitli. Auch n u r zu muxen wagt ihr noch, ihr Verworfensten, Auf frischer That, auf grässliclier Misscthat e r t a p p t ? • Clirenijlojs. U n d du, die du schmachvoll sterben sollst, was schmähest du, Die du uns j a anfielst, da wir dir nichts zu Leid getlian! Arinuth. Mir nichts zu Leid? o bei den Göttern, meint ihr das. W e n n ihr versucht den Keichthum sehend wiederum Zu m a c h e n ? Ohreinylos. (), wie kann es dir zu Leide sein, W e n n allen Menschen Gutes kommt aus u n s r e r H a n d ? Arinuth, H a seht! W a s könntet Gutes ihr erfinden? (!hrei»vlos. Wir? Von d a n n e n dich treiben werden wir aus dem Hellenenland. Arinuth. Von dannen mich t r e i b e n ? W a s f ü r ein grösser Uebel noch, Welch schlimmer Unglück könntet ihr den Menschen tliiin? (Jhreiiijlos. W e n n länger wir säumten, wenn wir verzichteten, es zu t h u n ! Arinuth. Nun g u t ; so will ich euch zuerst die Gründe dafür Darlegen. Falls ich nun beweise, jeden Gut's Sei ich allein euch allezeit Urheberin, Am Leben ihr durch mich allein — W e n n aber nicht, So tliuf mit mir olin' Weitres, wie es euch gefällt. Chreniylos. Du erdreistest dich das auszusprechen, Verruchteste! Armuth, Du lass es dich l e h r e n ; denn ich glaube, sonder Müh'
441
•142
I'lutos oder der Krichthum.
v. 476—434.
W e r d ' ich beweisen, dass du ganz und gar dich irrst, W e n n du meinest, dass die Redlichen reich du machen wirst, Chremylos. 0 Naekenholz und Knüttel, helfet ihr mir nicht? Arinuth. Nicht schrei'n und eifern solltest du, eh' du gehört! Chremylos. W e r möclitc da sich halten, Himmel und Well' zu schrei'n, W e n n er solches Zeug h ö r t ! Armiilli. W e r ? ein j e d e r V e r n ü n f t i g e ! Chremylos. W a s f ü r 'ne Busse dictir' ich in diesem Handel dir, W e n n du verlierest? Arimitli. Welche du willst! Cliremylos, Das nehm' ich a n ! Arimitli. Doch müsset ihr das Gleiche leiden, wenn ihr verliert. Vtlc]isi(lcmos. N u n ? wird dir ein zwanzigfacher Tod hinreichend sein? Chremylos. D e r freilich; uns indessen sind schon zwei genug. Armulli. Den h a b t ihr sicher, nehmt ihn lieher gleich vorweg. D e n n widerlegen wird mich n i e m a n d , nimmermehr. Chor. Nun mtisst ihr sprechen mit klugem Bedacht, um diese zu Boden zu kämpfen, Auf jegliches W o r t mit der Antwort d a ; kleinbei nicht dürfet ihr geben! Chremylos. K l a r e r s t e n s , so glaub' ich zu s e h ' n , ist dies u n f e h l b a r Allen und Jedem, Dass billig es i s t , wenn den Redlicheren von den M e n s c h e n es glücklich und wohl geht, Doch den Schändlichen und Gottlosen davon das E n t g e g e n g e s e t z t e zu Tlieil wird. Dies nun zu bewirken von Herzen bemüht, entdeckten wir einen Gedanken,
V. 495 — 51-1
rilltos oder der Reiihthuni.
443
Der dein Zweck nach schön, timl edel zugleich, und erspriesslich in jegliclicm F a l l ist. W e n n der Kcichthuni nämlich hinfort sehn kann, und nicht mehr blind sich umhertreibt, So wird er sofort zu den Redlichen nur liingelin und sie nimmer verlassen, Doch die Schändlichen und Gottlosen zumal stets fliehn. Dann macht er von Stund' an, Dass alle sie g u t , dass sie reich stets sind, und V e r e h r e r der Götter und fromm sind. Und wahrlich, wer könnte der Menschheit je was Besseres finden, denn dies ist? Blepsidemos. N i e m a n d , selbst bin ich dir Zeuge d a f ü r , nicht frage du diese des Weitren! (üireinjlos. Denn wie sich das menschliche Dasein jetzt uns allen gestaltet und darstellt, Wem muss es am E n d e wie Unsinn nicht, wem nicht, wie Verrücktheit erscheinen? Denn viele, die Schurken in Wahrheit sind, reich sind sie und froh des Besitzes, Den mit Unrecht, gar sie zusammengescharrt; und wieder die Guten und Besten Noth leiden sie, essen ihr kümmerlich Brod, sind d i r fast immer gesellet. Ich behaupte d e m n a c h : ist aus es mit dir, wenn wieder der Keichthum sehn kann, So bringt der, welcher den Weg auffand, den Menschen die köstlichste Gabe. Arm u 1h. 0 leichter ihr, wie kein a n d r e r sonst zu jedem V e r k e h r t e n Bethörte. Ihr G r a u b a r t ' s P a a r , ihr Schwärrnekuinpan in F a s e l n , im Toll- und Verrücktsein! W e n n dieses geschah', was ihr beide verlangt, dess' hättet ihr wahrlich Gewinn nicht. Denn wiird' es dem Reichthuni, wieder zu sehn und wieder sich gleich zu vertlieilen, So würde sich keiner der Menschen hinfort um Kunst und Wissenschaft k ü m m e r n ; Und
wären die zwei so getilgt durch
euch aus dem L e b e n
der
Menschen, wer wird dann
444
H u t o s oder der Reichthum.
v. 515—529.
N o c h schmieden das E r z , noch T r i e r e n e r b a u n , Stellmachern u n d schuistern und schneidern, Noch g e r b e n u n d f ä r b e n u n d Steine b e h a u ' u , noch z i m m e r n u n d waschem und walken, N o c h im F e l d a r b e i t e n „mit f u r c h e n d e m P f l u g , d e n S e g e n d e r Flurein zu ä r n d t e n . " D a i h r leben j a d a n n ohn' A r b e i t k ö n n t , u n b e k ü m m e r t um Alles u n d Jedes! Chremylos.
W i e d u m m ! o wie d u m m ! d e n n das alles z u m a l , so viel du mir ebein da herzählst, D a s liegt d e n n i m m e r d e n D i e n e n d e n o b ! A r u i u l Ii.
U n d woher d e n n h a s t du d i e D i e n e r ? ("lireniylos.
W i r w e r d e n n a t ü r l i c h sie k a u f e n f ü r Geld. Armutli-
W e r b i e t e t sie a b e r zu Kauf aus,, D a j a Geld vollauf auch d e r A n d r e besitzt. Chremylos.
So einer, der was zu Verdienern Als K a u f m a n n a u s T h e s s a l i e n k o m m t , a u s dem L a n d e d e r S e e l e n v e r käufer. Arinuth.
D o c h vor Allem, es wird, das, d e n k ' ich, ist k l a r , kein S e e l e n v e r k ä u f e r h i n f o r t sein N a c h d e r R e c h n u n g , wie d u sie da eben g e m a c h t ; denn wer w i r d , isfc er bereits reich, N o c h h i n f o r t mit des e i g e n e n L e b e n s G e f a h r sich zu s o l c h e m Geschäfte'. verstehen? So d a s s du, g e z w u n g e n zu pflügen, zu sä'n, zu g r a b e n , zu alle d e r Arbeit,, Ins K ü n f t i g e weit m ü h s e l i g e r noch zu l e b e n hast. Clireniylos.
D a s s dich d e r Geier!! Arinuth. A u c h wirst du w e d e r in B e t t e n h i n f o r t (nicht giebt es d a B e t t e n ) z u r R u h ' gelin, • v. 517. Wörtlicher: „um die Frucht der Deo (Demeter) zu gewinnen." Die Uebersetzung gab den Eigennamen auf, um die auffallend poetische Reminiscenz desOriginals beizubehalten v. 523. ,,Die Thessalier galten für Zauberer, Betrüger und Seelenverkäufer." Voss.
v. 5 3 0 — 5 4 7 .
445
Plutos oder der lieiehthum.
Noch in Teppichen r u h n ; wer wird, wenn des Gold's ihm genug ist, wehen noch wollen? Noch mit tröpfelndem Salböl salben das Haupt, w e n n ' d i e Braut hochzeitlich du heimführst. Noch schmücken dich auch mit der farbigen P r a c h t vielfältig gestickter Gewänder; Und doch, was ist denn das Reichsein noch, wenn man das grad' alles entbehret? Doch bei m i r ist alles das, was ihr verlangt, stets leicht zu beschaffen, da immer An d e r Seiten ich sitze dem H a n d w e r k s m a n n , ihn als H e r r i n treibe zur Arbeit, Dass in Mangel und Armutli müh'n er sich muss zu beschaffen, wovon sich erhalten. Chremjios. W a s könntest du jemals Gutes verleih'«, wenn nicht Brandblasen vom Badhaus, Und h u n g e r n d e r Kinderchen J a m m e r n um B r o d , und der keifenden Alten G e k r e i s c h e ? Denn die Unzahl Läus' und Wanzen und Flöh' und Fliegen erwähn' ich dir gar nicht, So viel sind i h r e r , die Nachts dein Haupt umsumsend immer dich quälen, Dich erwecken vom Schlaf, dir schwirren ins O h r : willst h u n g e r n d u ? auf an die A r b e i t ! Und dazu k o m m t , dass statt Mantel und W a m s man Lumpen hat, und statt des Bettes E i n Strohsack dient mit W a n z e n gestopft, der immer den Schlafenden Statt Teppiche modernde Matten man
wach hält, b r a u c h t , statt
schwellender
Kissen zu H ä u p t e n E i n kantiger Feldstein stützet den Kopf, dass gar statt n ä h r e n d e n Brodes Man die W a l d b e e r w u r z e l n verspeis't, statt Gemüs' man sich H e d e r i c h sammelt und Nesseln, Dass zum Schemel man eines zerbrochenen Ahm's H a u p t e n d nimmt, und statt des Backtrogs v 537. „Die Jiadstuben waren im W i n t e r Zuflucht der D ü r f t i g e n . Vom F r o s t erstarret traten sie dem Ofen zu nahe und holten sich Brandblasen." Voss.
446
Plutos «der der Reichthum.
v. 5JR — 5G2 .
In des W e i n k r u g ' s Bauch einsäuert, der auch zerbrochen ist. Hab' i c h in W a h r h e i t Nicht Gutes genüg nach einander gesagt, das dem Menschengeschlechte voii d i r stammt? Armiitli. Doch hast du j a nicht m e i n Leben genannt, das der Bettler verhöhnest du, nieins nicht. (Jhreinylos, W i e ? sagen wir nicht, von dem Bettlerthuni sei die leibliche Schwester die A r n i u t h ? Armiitli. Ihr sagt's, die ihr auch Thrasybulos selbst noch am E n d ' Dionysiosgleicli n e n n t ! Doch ist so nicht mein Leben liesteilt, bei Zeus! nein, wird es auch nie sein, D e n n das Leben des Bettlers, wie du ihn beschreibst, ist gar nichts hallend zu l e b e n ; Doch das Leben des Armen ist sparsam sein und anhaltsam zu der Arbeit, U n d es bleibet ihm zwar auch übrig nichts, doch nie auch hat er zu wenig. Chremylos. Und wie selig entschläft, bei Demeter's Kind, dein Armer, wie du ihn geschildert; W e n n er matt sich geschafft und zu Tode gespart, nichts lässt er dann nach zum Begräbniss. Arniuth. J a versuch' n u r Spott und zieh' mich a u f , misachtend des würdigen Ernstes, Da du nicht einsiehst, wie der Reiclithum nicht, wie i c h stets bessere Männer An K ö r p e r und Geist aufziehe; denn sieh', die von dem sind stets Podagristen, Sclnneerbäuchige H e r r n , dickwadig und trag' und schwimmend im eigenen F e t t e , v. 552. „Die ihr de» Tyrannen Dionysios nicht mehr unterscheidet! könnt von Thrasybulos, der sein Vaterland von den dreissig Tyrannen befreite" (Voss). Doch ist in der That Thrasybulos Leben nicht ganz fleckenrein , er suchte und fand im Dienste des Staates den eigenen Vortheil, er verband sicli mit durchaus berüchtigten Leuten, er beförderte ohne Vorsicht jeden seiner Genossen bei dein Befreiungskampf, und erlaubte sich entschiedene Ungesetzlichkeiten zu seinem und ihrem Nutzen. Vor Kurzem war er auf einem Seezuge gegen Samos gestorben.
v. 563— 578.
Pilltos oder der Reichthnm.
447
Die von mir sind schlank, wie die W e s p e n hellend, und im F e l d e den • F e i n d e n ein S c h r e c k e n . " Chremylos, Mit H u n g e r ja wohl schaffst ihnen am E n d ' du die wespenbehende Gestalt an! Armuth. Und den sittlichen W e r t h nun will ich dir so gleichfalls durchgehn und entwickeln. Denn
bei mir wohnt Kuh' und Gesetzlichkeit; bei dem lieichthum F r e v e l und L a s t e r . (üireinylos, U gesetzlich ist ja der Diebstahl sehr und der E i n b r u c h nächtens beim Nachbar! Armuth. So b e t r a c h t e n wir nun in den Staaten zumal auch die liedner, wie stets, wenn sie arm sind, F ü r des Volkes W o h l f a h r t , für des St'aats Anselm sie gerecht sich bemühen und s o r g s a m ; Doch wurden sie reich von den Geldern des Staats, gleich sind sie Verfechter des Unrechts, Gleich sinnen sie gegen die Menge V e r r a t h , sind F e i n d e des Volks und der F r e i h e i t . Chremylos. In der Tliat, nicht unwahr ist, was du sprichst, ob du schon gar liftmisch und scheel bist; Doch sollst nicht minder du heulen d a r u m und sollst nicht weiter dich spreizen, W e n n du so dumm Zeug aufschwatzen uns willst, bei Gott, dass besser die Armuth W i e der Reichthum sei! Armuth. Und du kannst es am E n d ' mit alle den Flausen und P h r a s e n Mir nicht abstreiten, im Mindesten nicht! Chremylos. Und warum denn f ü r c h t e n dich alle? Annutli, W e i l besser ich sie stets mache; du k a n n s t auf's Deutlichste das an den Kindern Schon seh'n; denn die K i n d e r , sie f ü r c h t e n sich auch vor dem Vater, der über ihr Bestes v. 571. E r s t Schmeichler des Volkes, -werden sie, wenn sie reich geworden, Aristokraten, trotz den Männern von altem Adel.
448
P l u t o s oder der Reiclithum.
v. 5 7 9 — 5 9 5 .
T r e u sorget und wacht; so scluver Ding ist's, zu e r k e n n e n das Gute, das Rechte. ('hreiti)los. W i e ? meinest du d e n n , Zeus wisse am E n d ' nicht auch zu e r k e n n e n das Beste. Und der j a behält sich den Reiclithum vor! Blepsidemns, Und dich, dich schickt er zu uns h e r ! Arinuth. 0 ihr von dem W a h n altkronischer Zeit so gar triefäugigen Geistes, W e n n e i n e r , so ist Zeus arm; den Beweis d a f ü r , den führ' ich dir schlagend. Denn wenn er reich ist, wie kommt's, dass er doch bei seinen Olympischen Spielen, W o er selber sich alles Hellenische Volk nach j e vier J a h r e n versammelt, Fiir die Kampfspiels-Sieger durch Heroldsruf lässt künden, sie seien gekränzet Mit 'nem Oelzweigkranz; — mit 'nein goldenen Kranz miisst' heissen es, wäre der Gott reich. Chremjlos. Nein, dass er zu schätzen den Reichthum weiss, das giebt er damit zu erkennen; Denn weil er ihn spart und das Mindeste nicht sich entschliesset davon zu verwenden H ä l t , da er dem Sieger nur 'J'and aufsetzt, er den Reichthum immer beisammen. Armutli. So willst du denn gar was schlimmeres noch, wie die Armutli selber ihm a n d r e h n , W e n n er reich so k ä r g l i c h , so wenig honett, so schmutzig, so Knecht des Gewinns ist. Clireinylos. So schmetterte Zeus mit dem Blitz dich zunicht, mit dem Oelzweigkranze gekränzet. Armutli. Dass ihr auch nur zu bestreiten mir wagt, als sei nicht jcglicher Segen Von der Armutli euch! v. 582. Die ihr noch i m m e r a n diß alten M ä r c h e n , die noch aus der Zeit des K r o n o s s t a m m e n , und a n Zeus Macht und d e r g l e i c h e n A n d e r e s g l a u b t .
v. 596—613.
449
Plutos oder der Reichthum.
Chremylos. Von der H e k a t e mag man das N ä h e r e d r ü b e r erfahren. Ob h u n g e r n , ob reich sein besser ihr scheint; sie selber j a kann dir erzählen, Dass immer die R e i c h e n , die Reichen allein, ihr monatlich schicken zu essen, Dass aber das arme und dürftige Volk es hinwegreisst, eh' es noch dasteht! Nun hol' dich die P e s t ! und mucksc mir nicht Im Geringsten mir nicht! I)u bekommst nicht Recht, und hättest du Recht! Arinutli.
„ 0 du Argos Stadt! o ihr hört, was er sagt!' 1 Chremylos. R u f Pauso zum Tischkameraden mir her! Arniuth. W a s erleb' ich, o weh! (sie wird hinweggedrängt.)
Chremylos. F o r t , fort! zu den Geiern mit d i r ! schnell fort! Arniuth. W o denn hin! weh, weh! Chremylos. In den Block fort, fort! nicht säum' hier mehr! Schnell, schneller! hinweg! Arinutli. 0 ihr werdet dereinst mich hieher, mich zurück Noch rufen, ihr zwei! Chremylos. W e n n wir rufen, so komm! N u n hol' dich die P e s t ! D e n n lieber wie du ist d e r Reichthum mir, F a h r ' hin! und heul' bis in Ewigkeit! F o r t ! (sie gellt betrübt ab.)
V. 595. Der dreieinigen J l e k a l e (Wespen 327.) opferten die Heichen an Dreiwegen jeden Monat, und kaum war das Opfer hingestellt, so war es von armen Leuten auch schon abgeholt. v. 602. Aus Euripides Telephos. r . 603. P a u s o ist ein blutarmer M a l e r , von dem es hiess, er faste im Monat mehr als dreissig Tage. Acharner v. 849. Soll der Zeuge gegen die Armuth sein soll selbst der reich, werden, und so die Arniuth ihren letzten Zufluchtsort verlieren Ariätophanes W e r k e II. 2. Aufl.
29
450
Pintos oder der Rcichthum.
v. 614-1527.
Blepsideiuos. (hin und her stolzireud.)
Bei den Göttern, ich will als b e g ü t e r t e r Mann Mir es wohl sein lassen bei Speis' und T r a n k , Mit Weib und mit Kind, will, wenn ich von) Bad lleinnvandle behaglich und reinlich und glau, F ü r die Handwerksleut', Und die A r m u t h gnädig pujieii!
Cliruniylos. N u n hat sich unsre alte Vettel weggemacht. Doch ich und du, wir wollen ungesäumt den Gott Zu Bette bringen in des Asklepios Heiligtlmm. IM»'i>si(lemos. Doch lass' uns nicht hier säumen, dass von N e u e m nicht Uns einer kommt und stört in den Vorbereitungen! (hrcni.vlos. Bursch! Karion! he! die Kissen und Decken b r i n g ' h e r a u s , Ihn selbst, den Keichthum, führ' an der H a n d , wie man Blinde muss. Bring' auch das Andre, was zum Opfer gerüstet ist. Chorgesaiijf. i fehlt.)
V. 6 2 8 — 6 4 7 .
Plutos odor der Reiehthum.
ZWEITER
451
ACT.
(Karion tritt auf.)
Karion. Ihr wackren Alten, die ihr am Theseusfest so oft Euch drängen und stossen liesset um ein Stücklein Brod, Wie seid ihr glücklich, o wie selig lebt nun ihr Und Alle, die immer Treu und Redlichkeit geübt! Chor. Was giebts denn Gutes, Bester,.für deine F r e u n d e ? sprichV I)u kommst ja, scheint's, als Bote von recht was Gutem uns! Karion. 's ist meinem H e r r n heut Heil geworden, grosses Heil, Doch grösseres noch dem Reichthum selbst; der Blinde sonst Ist nun entblendet, blickeshell sein Augenstern, l)a ihm Asklepios gnädig war, der Heilende. Chor. Du sagst Wonne mir, du sagst Jauchzen mir! Karion. Nun gilt's zu jubeln, magst du wollen oder nicht! Clior. Jubelgeschrei erschall 1 dem sohnreichen Hort, Dem Asklepios, der Tagsmenschen Stern! (sie machen ein grosses Jubelgesehrei.)
(Chremylos Frau kommt aus dem Hause.)
Frau. W a s soll das Geschrei bedeuten? wird's was Gutes wohl Anmelden? denn darnach voll Sehnsucht sitz' ich schon Seit lange drinnen, und erwarte Karion.da den zurück! 0 geschwinde, geschwind! bring' Wein, o Herrin, und du selbst Trink' auch ein Schüppchen; denn du liebst ein Schüppchen j a ; Denn das Gute, Herrin, alles zusammen bring' ich's dir! v. 628. „Am achten jedes Monats wurden im Tempel des Theseus die Armen mit schmaler Kost, besonders mit Suppen gespeist (Wolken 383.)." Voss. 29*
452
Plutos oder der Reichthum.
Und was denn ist's?
v. S48—669
Frau. Karion. Aus meinen Worten erfährst du's gleich! Frau.
So lass mich hören, was du meinst, und mach' geschwind! Karion. So lass mich reden, dass ich diese Geschichte ganz Von Fuss zu Kopf dir auseinandersetzen kann. Frau. Nur mir's zu Kopfe doch aber nicht! Karion. Das, Beste, nicht, Was nun geschehen ist?
Frau. Nur die ganze Geschichte nicht!
Karion. Sobald wir angekommen waren beim Heiligthum, Den Mann geleitend, den damals Unglückseligsten, Der nun, wenn einer, hochbeglückt und selig ist, So führten wir zum Ersten ihn an das Meer hinab, Und tauchten ihn ein — Frau. Wahrhaftig! glücklich mocht' er sein, Der, alt wie er war, in's kalte Meer ward eingetaucht! Karion. Darauf zum Tempel gingen wir, zum Gott hinein, Und als Gebäck, Voropfer auf Altares Tisch Geweihet worden, Nahrung für Hephaistos Glut, So betteten wir den Reichthum, wie wir mussten, dort; Und von uns ein Jeder flickte seine Streu daran! Frau. War sonst noch Jemand da, um des Gottes Rath zu flehn? Kariou. Der eine war Neokleides, der, ein Blinder, doch Wo's gilt zu stehlen, jeden Sehenden übertrifft; Auch viele sonst noch mit Gebrechen mancher Art Behaftet. Als nun ausgelöscht die Lampen rings, v. 657. In das Meer tauchen ist das Symbol der Reinigung, v. 661!. N e o k l e i d e s , ein triefäugiger Volksführer, marktschreierisch, Veruntreuer öffentlicher Gelder; Ekklesiazusen 255. 399.
T. 6 7 0 - 7 0 1 .
Plutos oder der Reichthum.
453
Und uns zu schlafen anbefohlen des Heiligthums Obhüter, uns ermahnt, wenn einer Geräusch gehört. Zu schweigen, so legten alle wir uns ruhig hin. Und ich vermochte nicht zu schlafen, sondern mir Liess keine Ruh' ein Topf mit Grütze, welcher links Ein wenig stand, zu Häupten eines Mütterchens, Und den zu erschleichen mich gewaltig lüstete. Und wie ich den Blick aufschlage, seh' ich den Priester da Das schöne Backwerk weg vom heil'gen Opfertisch, Die frischen Feigen rauben; und wie er fertig ist, Umwandelt er die Altäre sämmtlich rings umher, Ob irgend wo noch ein Kuchen zurückgeblieben ist. Dann aber weiht er alles das — in den Sack hinein. Und ich, in der Meinung, so zu tliun, sei wer weiss wie fromm, Steh' eilig auf, und flink zu dem Topf mit Grütze hin — Fran. Du verwegenster Mensch, so wenig fürchtest du den Gott? Karion. Ja wohl, bei den Göttern, hatt' ich Furcht, dess eh'r wie ich An den Topf er käme, um das Haupt den Weihekranz; Denn ich hatte das dein Priester zuvor wohl angesehn. Das Mütterchen, als sie das Geräusch von mir bemerkt, Streckt rasch die Hand vor; und da zischt' ich gegen sie Und biss, wie wenn ich eine der heil'gen Schlangen sei. Und schnell zurücke zuckte sie wieder ihre Hand, Und lag, sich tief einhüllend, regungslos und still, Vor Angst misduftend schlimmer wie ein Wi#selchen ; Und ich indessen schlürfte der Grütze viel hinab, Und als ich satt war, legt' ich mich hin, um auszuruh'n. Frau. Und kam der Gott denn nicht zu Euch hin ? Karion. Nein, noch nicht. Nach diesem aber that ich etwas in der That. Spasshaftes. Denn da er eben nahe kam, so liess Ich einen tüchtigen, denn mir war der Bauch so voll. Frau. Gewisslich liess der Gott dich auch drum tüchtig an?
454
Pintos oder der Reichthum.
v. 7 0 2 — 7 2 3 .
Karion. Nein, Sündern Jaso, der ihn so b e g l e i t e t e . W a r d e t w a s rotta, u n d P a n a k e i a w a n d t e sich, U n d hielt sich die N a s o ; W e i h r a u c h weh' ich e b e n
nicht!
Frau. E r a b e r selbst
— ? Karioii. Bei Gott, er achtete dessen nicht! Frau.
E i n r e c h t e r H a u e r ist d e r G o t t , wie du i h n b e s c h r e i b s t ! Kanon. B e i G o t t , d a s n i c h t , K o t h k a u e r oh'r! Krau. Pfui, E k e l du! Karioii. A l s dies g e s c h e h ' n war, hüllt' ich mich nicht ohne F u r c h t T i e f e i n ; u n d j e n e r , 11111 d i e K r a n k h e i t s f ä l l e r i n g s G e n a u zu b e t r a c h t e n , s c h r i t t u m h e r h ö c h s t f e i e r l i c h . D r a u f k a m e i n B u r s c h e , d e r ihm ein s t e i n e r n M ö r s c r c h e n H i n g a b , und e i n e n S t ä m p f e l und e i n S c h ä c h t e l c h e n
—
Frau. Ein
steinernes? Knrion. N e i n , bei Gott, nicht a u c h das S c h ä c h t e l c h e n ! Frau.
W i e a b e r s a h s t du's, 0 du a u s g e f e i m t e r S c h u f t , D a du s a g s t , du w a r s t t i e f e i n g e h ü l l t ! Karion. Durch den Kittel hier; D e n n L ö c h e r hat er, so m i r G o t t , n i c h t w e n i g e . Z u e r s t v o r A l l e m fing er f ü r N e o k l e i d e s an Quacksalbe sorgsam einzurühren, warf hinein V011 T e n i s c h e m L a u c h d r e i K ö p f e , s t i e s s s i e i m M ö r s e r k l e i n , Tliat ferner noch mehr Z w i e b e l n drein und T e u f e l s d r e c k , Und machte das G a n z e dann mit Spliettischem E s s i g a n ; H i e r m i t b e s t r i c h e r d i e W i m p e r n ihm, d i e e r u m g e s t ü l p t , D a m i t es m e h r n o c h s c h m e r z t e ; u n d m i t H e u l e n u n d S c h r e i ' n
v. 702. „ J a s o (Heilchen) und P a n a k e i a (Aerztchcn) Töchter des Asklepios, hier zwei gute Freundinnen des P r i e s t e r s . " Voss. v. 707. Denn er muss ja alles Mögliche, Tränkchen, Pillen, Urin und was gar Aergeres sehen, kennen, kosten.
V. 724—752.
Plutos oder der Reichthum.
455
Von h i n n e n r a n n t e j e n e r ; l a c h e n d s p r a c h d e r G o t t : D a sitze nun, du B e p f l a s t e r t e r , dass du k ü n f t i g schwörst, Ich h i n d e r t e dich zu k o m m e n in die E k k l e s i e ! Frau. W i e so weise docli d e r D ä m o n ist u n d F r e u n d d e r S t a d t ! Knrion. Als dies g e s c h e h n war, setzt' er sicli zu d e m R e i c h t h u m h i n ; Z u e r s t b e f ü h l t e da und d o r t e r ihm d e n Kopf, D a n n nahm er ein r e i n e s L i n n e n t ü c h l e i n , t r o c k n e t e Die A u g e n l i d e r gelind ihm aus.
Panakeia kam
Und hüllte mit einem l ' u r p u r s c h l e i e r r i n g s das H a u p t Und das ganze A n g e s i c h t ilinl ein.- J e t z t pfiff d e r Gott — Da schössen auf einmal zween D r a c h e n vom I n n e r n her. Von u n g e h e u r e r Grösse — Krau. 0 ! du'lieber Gott! Karion. Und s c h l ü p f t e n u n t e r den P u r p u r s c b l e i e r b e h e n d hinein, Und l e c k t e n die Augenlider ihm rings, so schien es m i r ; Und w ä h r e n d du k a u m zehn S c h ä l c h c n W e i n h i n u n t e r t r i n k s t , Stand, d e n k ' dir, H e r r i n , u n s e r R e i c h t h u m s e h e n d auf! Ich a b e r k l a t s c h t e mir in die H ä n d e vor l a u t e r L u s t , Und w e c k t e den H e r r n a u f ; doch d e r Gott, e r war im Nu V e r s c h w u n d e n mit samint den b e i d e n S c h l a n g e n ins Heiligthuni. Die a b e r n e b e n ihm da gelegen, du g l a u b s t es k a u m , W i e alle den R e i c h t h u m h e r z t e n , u n d die ganze N a c h t So f r o h verwacht ward, bis das F r ü h r o t h l e u c h t e t e . Ich a b e r p r i e s u n d d a n k t e dem Gott aus H e r z e n s g r u n d , W e i l « r den R e i c h t h u m w i e d e r s e h e n d w e r d e n Hess, D e n N e o k l e i d e s a b e r b l i n d e r d e n n zuvor. Frau. W i e d e i n e M a c h t so g r o s s doch ist, o Gott u n d H e r r ! Du a b e r sprich, wo ist d e r R e i c h t h u m ? Karion. H i e r sogleich! D a war n u n um ihn ein D r ä n g e n , u n n e n n b a r wie g r o s s ; D e n n alle, die r e d l i c h sonst g e w e s e n u n d k ü m m e r l i c h
v. 72(i. Wenn du etwa gegen Jemanden eine Delation vor dem Volke zu machen angezeigt hast.
456
v. 753—775.
Pintos oder der Reichthum.
Zu leben hatten, grüssten ihn und herzten ihn Und reichten die Hand ihm zum Willkommen, seelensfroh; Die Reichen aber, die Vermögen wunderviel Besassen, nicht erworben auf gerechtem Weg, Die zogen die Augenbraunen, und sahen finster drein. Doch jene folgten rings ihm nach, gekränzt das Haupt, Frohlockend, lachend, scherzend, zwischen durch erklang Der Alten Sohle taktgemäss, im Schritt und Tritt! — Wohlan, ihr Leute allzumal, auf einmal mögt Ihr tanzen nun und springen und euch im Kreise drehn; Denn keiner kommt dazwischen uns, und heult uns an: „Das Brod ist all, kein Krümelten ist im Korbe mehr." Frau. Bei der Hekate, umhängen will ich selber dir Ob guter Botschaft eine Schnur mit Brätzeln, Freund, Der du solches uns verkündet! Karion. Säume länger nicht, Denn nahe sind die Leute vor der Thttre schon. Frau. So will ich hinein, Rosinen und Mandeln auf den Weg Dem neugekauften Augenpaar zu geben geh'n! Karion. Ich aber will den Kommenden dort entgegen geh'n. Cliorgesang.
(beide ab.)
(fehlt.
(Der festliche Zug d e r H e i m k e h r e n d e n . )
Reichthuiu. Und knieend bet' ich dich zuerst an, Helios! Dann dein, du hehre Pallas, vielberühmt Gefild, Und alles Kekropsland umher, das auf mich nahm! Ich aber schäme meines Misgeschickes mich,
v. 769. Rosinen und Mandeln Ist nicht wörtlich, aber nach dem Sinn des Griechischen. „Bin Sklave, wenn er das Haus seines künftigen Herren betrat, ward zum Heerde geführt und mit Feigen, Rosinen, Nüssen und anderem Naschwerk bestreut, womit man andeutete, es sei Fülle alles Guten da, woran er Antheil nehmen sollte." Voss.
776-802.
Plutos oder der Reichthum.
Zu was für Leuten mir es entging, dass ich mich hielt; Die aber würdig meines Umgangs waren, o! Die floh' ich, gar nichts ahndend, ich Unseliger, Als dass ich jenes, dass ich dies nicht recht gethan! Doch alles das nun umgestaltend ganz und gar Will ich in Zukunft zeigen allen Sterblichen, Das wider Willen ich den Schlechten hin mich gab. Chreniylos. Dass dich der Geier! wie lästig diese Freunde sind, Die sogleich sich zeigen, wenn es Einem wohl ergeht! Sie drängen Einen und treten Einem das Hühneraug', Da mir seine Freundschaft jeder jetzt bezeugen will! Wer liess mich heut unangeredet! welcher Schwann Von alten Leuten schloss mich auf dem Markte ein! i Chromylos F r a u k o m m t aus d e m Hauao.)
Frau. 0 liebste Männer, seid mir gegrüsset, du und du! Wohlan, Rosinen und Mandeln, wie es die Sitte ist, Die nehm' und streu' ich auf den Weg dir! Rciclitlmm. Nimmermehr! Denn da ich heut das Haus betrete zum ersten Mal, Und das mit sehendem Auge, so geziemt sich's nicht, Was hinauszubringen, sondern hineinzubringen was! Frau. So nimmst du gar nicht meine Rosinen und Mandeln an? Reichtliuni. Ja drinnen wohl beim Heerde, wie es üblich ist; So meiden wir auch anderweitig burlesken Spass; Denn wahrlich nicht anständig'ist's für den Komiker, Backfeigen und Näschereien unter das Publikum Zu werfen, und es' zum Lachen zu bringen mit solchem Zeug. Frau. Das nenn' ich ordentlich reden! seht, wie Dexinikos Da drüben aufsteht, und nach Feigen greifen will! Chorgesang.
(alle ab.)
(fehlt.) v. 796. Nämlich die Sitte ist, drinnen beim Heerde zu streuen, v. 801. D e x i n i k o s ist sonst unbekannt.
458
Pintos oder der Reichthum.
v. 803 — 828.
D R I T T E R ACT. iKa r i•> 11 kommt aus dem IIüum;.i Karion. Wie süss ist's, Leute, wenn es Einem glücklich geht, Und das, indem man nichts von dem Eignen dazu vertlmt. Denn ein ganzes Heer von Lebensgütern ist in dem Haus Uns eingerückt, ohn' dass wir ein Unrecht brauchten tliun. 's ist so das Reichsein doch ein gar zu süsses Ding! Nun ist das Essspind ganz von Weizen-Broden voll, l ' n d die Krüge süssen, blumenduftigen Weines voll, Und überall von lauter Silber oder Gold Die Kist' und Kasten voll, so dass es ein Wunder ist; Es quillet Oel im Brunnen, Flasche schwillt und Krug Von Myrrhensalbe, von Feigen liocli des Speichers Hau. Und jede Essigkrtike, jeder Tiegel und Topf Ist Erz geworden, jedes Fischbrett, Hackebrett. Schon halb verrottet, blankes Silber ist es nun; Der ganze Rauchfang, plötzlich ward er Elfenbein; Mit goldnen Statern spielen wir ,,G'rad und Ungerad;" Wir Diener wischen uns auch nicht mit Steinen mehr. Nein jedesmal, 's ist angenehmer, mit frischem Lauch. Ein Opfer sehlachtet drinnen eben jetzt der Herr, Ein Ferkel, einen Widder, einen Bock bekränzt. Mich aber trieb der Rauch hinaus, ich vermochte nicht Drin auszuhalten, also biss er die Augen mir.
(Kiu Ii i o il c rm a n n mit seinem Sklaven kommt.) Biedermann. Komm, folge mir, mein Jüngehen, dass zu dem Gotte wir Eingehen!
Chremylos. (aus dem Hause kommend.) He! wer bist du, der da gegangen kommt? Biederniaiiu. Ein früher kümmerlicher, nun beglückter M a n n ! Chremylos. Gewiss der Redlichen einer bist du, wie es scheint!
v. 829—849.
Pintos oder der Reichthum.
459
Biedermann. J a freilich — Chremlyos. Und was wünschest du ? Biedermann. Ich komme her Zu dem Gotte; grossen Glückes ward er G r ü n d e r mir. Denn da ich vom Vater genug Vermögen hatte geerbt, So tlieilte davon ich F r e u n d e n gern, die es brauchten, mit. Indem ich meinte, dass es im Leben nütze sei. Chremylos. Nicht wahr, so schwand dir bald dahin dein Hab' und GutV Biedermann. Vollkommen so! Chremylos. Darauf denn ging's dir kümmerlich? Biedermann. Vollkommen so! da glaub' ich, denen ich zuvor So wohl gethan, da sie es b e d u r f t e n , sie würden mir, Wenn ihrer ich bedürfte, trptie F r e u n d e sein; Sie aber wandten sich weg und thaten als säh'n sie mich nicht! Chremylos. Und lachten dich aus? das kenn' ich schon! Biedermann. Vollkommen so! Schwindsucht in meinem Hab' und Gut r u i n i r t e mich! Chremylos. Doch nicht so jetzt m e h r ? Biedermann. Nein, und nieinen Dank dafür, Wie sich's gebührt, dem Gott zu bringen, komm' ich her. Chremylos. Was aber soll denn dieser schmutzige Mantel da, Bei den Göttern, den dir das Bürschchen nachträgt? sag'mir, F e r u n d ! Biedermann. Auch den dem Gotte nun zu weihen, komm' ich her. Chremylos. So empfingst du y o h l die grossen Weihen in diesem da ? Biedermann. Nein, sondern dreizehn J a h r e lang f r o r ich in ihm. Chremylos. Und da die Schuhe?
460
Plutos oder der Reichthum.
v. 850—871.
Biedermann. Die durchwinterten auch mit mir. Chremylos. Auch diese bringst du, und willst sie weih'n? Biedermann. J a wohl, bei Gott! Chremylos. G a r schöne Geschenke bringest du dem Gotte dar!
(Kiu S y k o p h a u t m i t s e i n e i n Z e u g e n t r i t t a u f . )
Sykophant. 0 weh ich Armer, wie so gar bin ich ruinirt! 0 weh ich Armer, dreimal, viermal, siebenmal, Und siebzigmal, und tausendmal, o weh! o weh! So überstarker Dämon ward mir eingetränkt. Chremylos. Fluchwender Apollon, und ihr Götter allzumal! W a s gar für Unglück ist's, das diesen Mann betraf? Sykophant. ' Ist's nicht zum E r b a r m e n , was mir nun zu leiden ward, Der ich verloren Alles hab', was ich besass, Durch diesen Gott, der wahrlich blind noch wiederum Mir werden soll, wenn's noch in der Welt Prozesse giebt! Biedermann. Ich glaube fast, die Sache deutlich einzuseh'n; Hier ist ein Mann gekommen, mit dem es übel steht, Und scheint derselbe mir von dem schlechten Schlag zu sein! Chremylos. Fürwahr, so geht's ganz recht ihm, wenn er zu Grunde geht! Sykophant. Wo ist der Mann, der allein uns Alle wer weiss wie reich Im Augenblicke machen zu wollen versprach, wenn er Ja.wieder sehend würde? und derselbe hat Nun manchen unendlich mehr noch ins Verderben gestürzt! Chremylos. Und wem denn hat er dies gethan? Sykophant. Mir that er's, mir! Chremylos. So gehörst du unter die Schufte, die Einbruchsdiebe wohl?
v. 872—894.
Plutos oder der lteichthum.
461
Sykophant. Beim hohen Gott, es ist an euch kein gutes Haar! Nicht anders ist es, sondern gewiss, ihr habt mein Geld! (geht in heftigster Bewegung auf und ab.)
Chremylos. Wie patzig, o Demeter, nun der Sykophant Einher da schreitet ! Kariou. Sicher, weil ihm der Magen bellt! Sykophant. Wirst gleich du mir dich eilen, mit zu Gericht zu geh'n? Auf's Rad geflochten und gefoltert, sollst du mir Aussagen, was du gefrevelt! Kariou. Dass dich der Henker gleich — Biedermann. Ja wahrlich, bei Zeus dem Retter, viel des Dankes werth Ist allem Volk der Hellenen dieser Gott, da er Ins Verderben arg die argen Sykophanten stürzt! Sykophant. Ich Armer! warst auch du dabei, dass mein du lachstV Woher denn hast du diesen Festtagsrock, woher? Noch gestern sah ich in einem schäbigen Kittel dich! Biedermann. Was kümmerst du mich, trag' ich hier doch diesen Ring, Den ich dem Eudemos für zwei Drachmen abgekauft! Kariou. Doch ist darin nichts gegen der Sykophanten Biss. Sykophant. Ist dies der frechste Uebermuth nicht? höhnt nur zu! Doch was ihr beid' hier treibet, habt ihr nicht gesagt; Nichts Gutes ist es, weshalb ihr hier beisammen seid! Chremylos. Wahrhaftig! mindestens nicht für dich, das glaube mir! Sykophant, (Bratengeruch witternd.)
Von meiner Habe wollt ihr nun gar tafeln gehnV Chremylos. Dass du doch, so wahr! selbander mit deinem Zeugen da Zerplatztest, ohne dass du was im Bauche hast! v. 885. Zauberringe trug man gegen Krankheiten und den Biss wilder Thiere. Eudemos verfertigte Ringe der Art.
402
Phitos oder der Keiuhthum.
v. 895—910
Sykopliant. Ihr läugnet? drinnen ist, du Aller verruchtester, So was von Bücklingsfischen und g e b r a t e n e m F l e i s c h ! Hli, hti, hü, hü, hft, hü! (er schnüffelt umher.)
Cliremylos. I)u J a m m e r k e r l , was näselst d u ? Biedermann. Vor F r o s t vielleicht; E r h a t j a nichts als diesen Lumpenkittel a n ! Sykopliant» 's ist nicht zu ertragen, Zeus und all' ihr Himmlischen! Die sollen mir so mitspielen! h a ! wie fühl' icli's schwer, Dass ich, so bieder, so F r e u n d des Volks, Schmach leiden m u s s ! Chreinylos. Du, F r e u n d des Volks und biederV Sykopliant. Wie kein a n d r e r m e h r ! Cliremylos. W o h l a n ! so gieb auf meine F r a g e n Bescheid! Sykopliant. Worauf? Cliremylos. Bist du ein L a n d m a n n ? Sykopliant. Hältst du mich f ü r so v e r r ü c k t ? Vielleicht ein K a u f m a n n ?
Chreinylos. Sykopliaut.
Ja, zu Zeiten gab icli's vor! Chreinylos. Nun, F r e u n d , ein H a n d w e r k k a n n s t du wohl? Sykopliant. W a h r h a f t i g nein! Chreinylos. W i e lebst du also und wovon, wenn du nichts b e t r e i b s t ? Sykopliant. Ich bin Geschäftsmann in privaten und staatlichen Geschäften! Cliremylos. D u ? wie kommst du dazu?
v. 90G. U m von dem Heerdienst frei zu kommen.
v . 9 1 1 — 928.
Phitos Oller der Keichthum.
463
Sykophaut. Ich will es so! Chreuiylos. Heisst das nach einem E h r e n m a n n , wenn in Sachen du, W o es nicht dir zukommt, Gauner du, verhasst dich machst? Sykopliant. E s sollte mir nicht zukommen, meiner V a t e r s t a d t Zu nützen, Tölpel, wo und wie ich k a n n und weiss? Chreuiylos. Das hiesse nützen, wenn man mit in Allem r ü h r t ? Sykopliant. 's ist Pflicht dem bestehenden Recht und Gesetz treu beizustelin. Nicht anzusehii, wenn wer auch immer, es übertritt. Chreuiylos. H a t nicht der Staat ausdrücklich Richter eingesetzt, Die dessen walten? Sykophaut. W e r denn soll der Kläger sein? W e r immer will!
Chreuiylos.
Sykopliant. Und Lieber, eben d e r bin ich; So ist die Sache, die ich führe, die des Staates. Chreuiylos. W a h r h a f t i g , einen schuftigen F ü h r e r h a t er d a n n ! Doch mochtest du nicht viel lieber, von Geschäften frei, In Müsse leben? Sykophaut. Leben wie ein f r o m m e s Schaf, W e n n Thätigkeit nicht erst dem L e b e n L e b e n giebt! Cliremylos. Bedenk' dich; noch um lernen solltest d u ! Sykophaut. Nein, und gäbst Du m i r den Reichthuni selber und Battos Silphion. Schnell abgelegt den Mantel!
Chreuiylos.
v. 920. Nach der Attischen i'ormel i . K. bei Aufruf zu K l a g e n gegen Gotteslästerer, gegen Unterschlager öffentlicher Gelder u. s. w . : „es möge klagen, wer immer will." v. 927. B a t t o s war der Gründer der reichen Stadt K y r e n e , die namentlich durch die beliebte Gewürzpflanze berühmt w a r ; Battos S i l p h i o n war eben so sprichwörtlich, wie die Goldberge des Perserkönigs.
464
Plutos oder der Reichthum.
v. 929—943.
Karion. Du, dir sagt e r d a s ! (Ii re.vinlos. Die S c h u h e r u n t e r ! Karion. Du, d a s alles sagt e r d i r ! Sykophaut. (in d r o h e n d e r P o s i t i o n . )
W a h r h a f t i g , k o m m e m i r auch zu n a h e n u r von E u c h W e r i m m e r will! Karion. M e i n L i e b e r , eben d e r bin ich! ( f a s s t ihn u n d ziolit ihn a l l m ä h l i g a i y )
Sykophaiit. 0 weh ich A r m e r , m a n zieht mich a u s am hellen T a g ! Kariou. D u schämst dich nicht, v o n f r e m d e m Geschäft zu n ä h r e n d i c h ! Sykophaiit.
(zu .seinem Z e u g e n . )
D u siehst! G e w a l t ! ich r u f e dich als Z e u g e n a n ! (sein Z e u g e läuft fort.)
(Jhreinylos. J a sieh', da l ä u f t d e r Z e u g e weg, d e n du m i t g e b r a c h t ! Sykophaiit. W e h ' mir, m a n hat mich allein g e f a s s t ! Kariou He! schreist du n u n ? W r eh' mir noch e i n m a l !
Sykophaut. Kariou.
(zum Biedermann.)
G i e b du d e i n e n K i t t e l m i r , D a m i t ich d e n S y k o p h a n t e n damit b e m ä n t e l e ! Biedermann. N i c h t doch, d e m R e i c h t h u m hab' ich ihn j a b e r e i t s g e w e i h t ! Karion. W o k ö n n t ' e r d e n n wohl b e s s e r h ä n g e n zum W e i h g e s c h e n k , Als hier um d e n Dieb, d e n B e u t e l s c h n e i d e r , d e n G a l g e n s t r i c k , D e n R e i e h t h u m ziemt's zu s c h m ü c k e n mit g e w ä h l t e r e m Kleid. Biedermann. W a s a b e r m a c h e n wir mit d e n S c h u h e n ? sage m i r !
v. 937. „Den schäbigten Mantel des Gerechten."
v. 944—959.
465
Plutos oder der Reichthum.
Kariou. Auch diese werden an ihn gehängt; ich nagle gleich Wie einem Oelbaum diesem sie an die freche Stirn. Sykophant. Ich gehe; denn ich erkenn's, ich bin der schwächere Theil. Doch wenn ich einen Mitsykophanten finden kann, Auch nur 'nen Fanten, so will ich diesen mächt'gen Gott Noch seine Busse büssen lassen diesen Tag, Weil er, der Einzelne, offenbar die Demokratie Zu vernichten trachtet, ohne dass der hohe Rath Noch auch die Volksgemeinde genehmigt, was er thut. (er gebt pathetisch ah.)
Biedermann. (¡hin n a c h r u f e n d . )
Wohlan! da du nun mit meiner Montirung ausgeputzt Umher stolzirst, so lauf' geschwind ins Badehaus, Und stell' dich da auf als Flügelmann, und wärme dich! Hab' ich doch selber jene Stelle bisher gehabt! Karion. Doch wird der Badknecht packen ihn gleich am Ilodensack Und hinaus ihn werfen, da ihm der Schuft aus den Augen sieht, Chremylos. Lass uns hinein gehen, dass du dem Gott Dank sagen mögst. Chorgcsaiig.
(Alle ab.)
(fehlt.) v. 945. „Zum Aufhängen der Weihgeschenke wählte man besonders gern den lebenskräftigen Oelbaum, dem es nicht schadete, wenn er überall mit Nägeln beschlagen wurde " Voss
466
P l u t o s oder der R e i c h t h u m .
v. 9 6 0 — 9 7 8 .
V I E R T E R ACT. ( E i ii a l t e n W e i b , geputzt w i e eine j u n g e C o q u e t t e ; ihr w e r d e n K u c h e n nachgetragen.)
Altes Weib. Ihr guten Alten, sagt mir, sind wir wirklich hier Zu dem Haus gekommen, drin er wohnt, der neue Gott, Oder haben wir des rechten Weges ganz verfehlt ¥ Chor. Nein wisse, gekommen bist du recht an die rechte Thür, Du holdes Mägdlein! denn du fragst anmuthiglich! Altes Weib. Wohlan, so rufe von drinnen Jemand ihn mir her!
(Clircniylos kommt aus dem Hause.)
Clircmylos. Nicht nüthig ist's, ich komme selber grad' heraus; Doch wessenthalb du gekommen bist, das sage mir! Altes Weib. Mir ist es hart, unerhört gegangen, Theuerster! Denn seit der Gott hier wieder zu sehen begonnen hat, Hat unerträglich er das Leben mir gemacht! Chremylos. Was ist denn? warst auch du vielleicht Sykophanterin Sonst unter den Weibern? Altes Weib. Nein, bei Gott, das war ich nicht! Chremylos. So sassest du etwa mit zu Gericht am Schöppchentisch? Altes Weib. Du spottest noch! hier brennt's mich tief Verletzte, hier! Chremylos. So sag' geschwind mir, welche Flammen, welche Glut? Altes Weib. Hör' denn! Ich hatte einen lieben Jüngling — , ja! Arm war er, aber heiteren Blickes stets und schön Und liebenswürdig; hatt' ich irgend einen Wunsch,
T. 9 7 9 — 1 0 0 3 .
467
Plutos oder der Reichthum.
So that er Alles, Alles, ach, so lieb, so gut! Und wieder i c h war gern in Allem ihm bereit! Cliremylos. Was war's denn, was er am meisten wünschte jedesmal? Altes Weib. Nicht viel; er war stets allzu bescheiden gegen mich, Nur 'n zwanzig Drachmen bat er dann und wann sich aus Zu einem Mantel, acht zu ein Paar Sandalen noch; Und seinen Schwestern ein Röckchen zu kaufen, oder auch Der Mutter noch ein Mäntelchen, bat der Gute mich; Und Waitzen bat er auch ein Scheffler vier sich aus! Chreinylos. flachend.) Ja, wenig beim Apoll ist's, was du da genannt! Und sichtlich war er allzu bescheiden gegen dich! Altes Weil). Nicht schnöde Habgier, sagt er dann, und schwur er dann, Lässt so mich bitten; nein, die reine Liebe nur, Damit den Mantel von dir ich trage und dein gedenk'! Chreinylos. Du beschreibst mir einen, der dich über die Maassen liebt! Altes Weib. Nun aber, ach! der Abscheuliche, nicht mehr hegt er mir Dieselben Gefühle, nein verwandelt ist er ganz! Denn als ich ihm den schönen Honigkuchen hier Und alle die anderen Süssigkeiten, die auf dem Blech Da liegen, schickte, und dabei ihm sagen liess, Zu Abend wiird' ich kommen — Chreinylos. Nun, was that er da? Altes Weib. Die schönen Sahnekuchen schickt er mir zurück: Ich möchte zu ihm nur nimmer wieder kommen — ! ach Und überdiess noch liess er mir sagen, wie zum Hohn: „Vor alten Zeiten waren stark die Milesier." v. 983. Das ist gar nicht wenig, was der Gute bittet. Da man für jährlich 200 Thaler unseres Geldes damals in Athen ganz honnett leben konnte, so ist ein Geschenk von 5 Thalern für einen sehr feinen Mantel, 2 Thalern für Sandalen, 3 Thalern Getraide und vielleicht 8 Thalern zu Kleidern für die Mutter und Schwestern in der That ganz bedeutend. 30»
468
Plutos oder der Reichthum.
v. 1 0 0 4 — 1 0 2 5 .
Chremylos. Führwahr, man sieht, der Junge war ein feiner Bursch; Sobald er reich wird, munden ihm keine Linsen mehr, Vordem, da er arm war, ass er freilieh, was es gab. Altes Weib. Ja wohl vordem! tagtäglich, o ihr Götter, kam E r so daher gegangen, meiner Tliüren zu — Um dich zu beerben?
Er.meine Stimme!
Chremylos. Altes Weib. Nein, ach nein, nur hören wollt' Chreuiylos. (zur Seite.)
Holen zugleich den baaren Dank! Altes Weib. Und wirklich, wenn er merkte, dass ich bekümmert war, Wie schmeichelt, er dann: „mein Putchen du! mein Täubehen du!' Chremylos. Und bat vielleicht nur um ein neu P a a r Schuh' zum Schluss! Altes Weib. Und als ich einmal zu den grossen Eleusinien fuhr Auf meinem Wagen, und da jemand nach mir sah, So schlug er mich deswegen den ganzen Tag hindurch. So eifersüchtig war mein Jüngling und so gut. Chremylos. Der gute Jüngling schmauste den Braten gern allein! Altes Weib. Und meine Hände, sagt' er, seien wunderschön! Chremylos. Sobald sie zwanzig Drachmen ihm einhändigten! Altes Weib. Und meine Haut, die, sagt' er, dufte wundersüss! Chremylos. Wenn du Thasier ihm einschenktest, das begreift sich schon! Altes Weib. Und ich hätte Augen, ach so mild, so hold verschämt! Cliremylos. Kein Tölpel war der Bursche, sondern verstand es gut, Wie man einer läufischen Alten Kasse leeren muss!
T. 1 0 2 6 — 1 0 4 4 .
P l u t o s oder der R e i c h t h u m .
Altes Weib. Hat nun der Gott wohl Recht gethan, du edler Mann, Der doch sagt, er helfe jedem, dem Unrecht geschieht! Chremylos. Was soll er thun? so sag' es, und gleich geschehen soll's! Altes Weib. Ihn zwingen soll er — bei den Göttern, gerecht nur ist's, Ihn, da ich ihm wohl that, wieder mir auch wohl zu thun; Sonst nichts und gar nichts ihm zu lassen, wäre gerecht! Chremylos. Nicht wahr, er that allnächtlich sonst was er schuldig war? Altes Weib. Ja wohl, und versprach, mich nicht zu lassen mein Lebenlang Chremylos. Ganz Recht; doch jetzt, kaum mehr zu leben scheinst du ihm! Altes Weib. Verfallen Hess mich so der Kummer, Theuerstcr! Chremylos. Verfaulen passt da besser, wie mir scheinen will! Altes Weib. So dass du mich durch einen Ring durchziehen kannst! Chremylos. Ja freilich, wenn der Ring von einem Oxhoft ist! Altes Weib. 0 sieh! o sieh! da kommt mein Jüngling selbst daher, Von dem ich dir eben vorgeklagt und vorgeweint! Zu einem Gelage scheint er zu wandern! Chremylos. Offenbar! Mit Fackeln und Festkranz kommt er ja seines Weges daher.
(Es kommt der J i l n g l i n g im A u f z u g eines nächtlich achwärmenden.)
Jüngling. Ich küsse dich schön!
Altes Weib. (verliebt aufhorchend.)
Was sagt er? Jüngling. 0 du mein alter Schatz, Wie bist du sobald doch grau geworden! Himmel, grau!
470
Plutos oder der Reichthum
v. 1045—1058.
Alles Weib. Ich ärmstes Wesen, diese Schmach! so schmäht er mich! Chremylos. E r scheint dich, Liebe, nach gar langer Zeit zu seh'n? Altes Weib. Was? lange Zeit? und gestern war er ja noch bei mir! Cliremylos. So geht's ihm grad' entgegengesetzt, wie A n d e r e n ; Viel schärfer, scheint es, sieht er, wenn er betrunken ist! Altes Weib. Nein, immer war er ungeschliffen und Uebermuth! Jüngling. 0 Wasserposeidon! Altersgötter ihr allzumal W a s hat sie doch f ü r Runzeln über's Angesicht! Ter leuchtet ihr initder Fackel ins Gesicht.)
Altes Weib. (aufkreischend, lnnwegtrippelnd.)
Ha! Die Fackeln bring' mir nicht zu nah'!
Chremylos. Das sagt sie recht; Denn wenn sie auch ein einziger F u n k e nur erfasst, So flackert sie gleich wie ein alter Segensölzweig auf! Jüngling.
(verbindlich zu der Alten.)
E i willst du ein Spielchen machen mit m i r ; Altes Weib. Nun wo, du Schelm? JUllglillg. Gleich hier; zuerst nun nimm dir Nüsse! Altes Weib. Welches Spiel? Jüngling. Wie viele — Zähne hast d u ?
v. 1055. Dieser Witz ist- acht attisch. Nämlich in dem Fest der Pyanepsien (stellen sie an den Thüren des Apolltempels dergleichen „Fastelabendrutheu" auf, Oelzweige mit Wollflocken umwunden, mit W u r s t , Speck, Früchten etc. behangen; mit der Zeit trocknet der Zweig aus, das F e t t macht ihn desto brennbarer, die Wollflocken fangen leicht F e u e r ; gerade so sieht die Alte aus, die blühende Jugend ist dahin, das'Fett macht siodesto brennbarer, mit Kleidern, Schleiern, Tüchern üppigst behängen, ist die grösste Gefahr, dass die wohlhabende Madame in lirand geräth. v. 1058. E r will rtiit ihr Crerad und Ungerad spielen; er iuusste f r a g e n : wie viele Nüsse hab' ich?
V. 1 0 5 9 — 1 0 7 8 .
Plutos oder der Reichthum.
471
Cliremylos. D a s e r r a t h ' ich a u c h : Sie hat der Zahn' in P a u s c h und Bogen ein drei bis vier! Jüngling. Verloren! noch eine Kuse h a t sie, weiter nichts! Altes Weil). Abscheulichster, dass du vor dem verehrten Publikum So mich zur W a s c h b a n k deiner schlechten Witze machst? Jüngling. W e n n dich einer wüsche, er thät ein gutes W e r k an d i r ! Cliremylos. Nicht doch, sie sieht jetzt wie 'ne Trödelbude aus; W e n n dieses Püschen Schminke abgewaschen wird, So sieht man deutlich alle L u m p e n ihres üesichts. Altes Weib. So alt wie du bist, du scheinst mir nicht bei Sinnen zu sein! Jüngling. So verführt er dich am E n d e gar, liebstreichelt dir Siisskosend die holden Brüste, meint, ich seh' es nicht. Alles Weib. H a ! bei Aphrodite, Unverschämter, nimmermehr! Cliremylos. Bei H e k a t e ! n u n und nimmer, rasend müsst' ich sein! Doch, schmucker Junge, dieser Dame darfst du mir Doch nicht so gram sein! Jüngling. l i e b e r die Maassen lieb' ich sie! Cliremylos. Und dennoch klagt sie über dich! Jüngling. W a s klagt sie d e n n ? Cliremylos. Du seiest, sagt sie, ein f r e c h e r Bursche, sagtest ihr, Sonst seien s t a r k gewesen die Milesier. Jüngling. Ich will mich um s i e nicht streiten mit dir. Cliremylos. W i e meinst du das? Jüngling. Aus wahrer E h r f u r c h t , Herr, vor deinem A l t e r ; denn
472
Pluros oder der Reichthum.
v. 1 0 7 9 — 1 0 9 7 .
Nicht einem Andern hätt' ich so zu thun erlaubt, Nun geh' mit Freuden, und nimm dir dieses Dämchen mit! Cliremylos. Ich weiss, icli weiss schon, was du meinst! du magst mit ihr Nicht weiter leben! Altes Weib. Wer denn ist mein Vormund hier! Jüngling. Nicht weiter mag ich mit dieser zu schaffen habeil, die Seit tausend Jahren durch und durch gestuckert ist. Cliremylos. Und doch, da einmal du zu trinken von diesem Wein Gewürdigt, musst du auch bei der Hefe mit heran! JUngling. Doch ist sie lauter alte, faule Hefe jetzt! Cliremylos. Die Hefenseige macht das alles wieder gut! JUngling. Lass uns hinein gehn; denn ich möchte gern dem Gott Zum Danke diese Kränze, die ich trage, weih'n! Altes Weib. Ich aber möchte gern ihm auch was sagen gelin! So gehe i c h nicht!
Jttngllng.
Chreinyios. Geh' und fürchte dich nicht, sie wird Dich sicher nicht notzüchtigen! Jüngling. Wirklich schön gesagt! Ich aber hab' ihr lange genug das Leck verpicht! Altes Weib. Geh' nur hinein, ich aber folge dir hinterdrein! (.sie hängt sich an seinen Rock.)
Cliremylos. Wie klammerfest, Zeus König! die alte Vettel sich Wie eine Austermuschel an dem Burschen hält! (sie gehen hinein.)
Chorgesang. (fehlt.)
v. 1098—1113.
rlutos oder der Reichthum.
473
F Ü N F T E R ACT. ( H e r m e s schleicht sich a n die T h ü r , pocht tüchtig a n , läuft d a n n g e s c h w i n d z u r ü c k und verstockt sich.)
Karion. (herauskommend.)
Wer pocht da draussen an die Thür? (umherschauend.j
Was war das denn'i Es zeigt sich niemand, sondern nur die Pforte hat In den Angeln knarrend um nichts miauti (er will wieder ins H a u s gehen.)
Hermes. (aus dem Versteck hervortretend.)
Du! Karion! Dich ruf ich, hieib doch! Karion. So, ja so! Du, sage mir, Hast du so eifrig eben an die Thür geklopft? Hermes. Nein, eben wollt ich's; öffnend kamst du mir zuvor. So lauf geschwind und ruf mir deinen Herrn heraus, Dann seine Gemahlin, dann die lieben Kinderchen, Dann sein Gesinde, Knecht und Mägde, den Hund sodann, Dich selber sodann, das Schwein sodann — Karion. Du sag' sodann, Was giebt es sodann? Hermes. Zeus nämlich will, du armer Schelm, In einem und demselben Topf euch allzumal Zusammen quirlen und werfen in den Galgengrund. Karion. Die Zunge schneidet man solcher Dinge Boten aus! Weshalb indessen hat er im Sinne, so mit uns Zu verfahren? Hermes. Weil die schrecklichste aller Thaten ihr v. 1103. Hermes will das Wunder einer göttlichen Erscheinung bezeichnen, gleich als wenn sich seine Ankunft wie durch freiwilliges Pochen an der Thür vorherverkündete,
474
P l u t o s oder der R e i c h t h u m .
v. 1 1 1 4 — 1 1 3 1 .
Gethan; denn seit der Reichthum wiederum zu sehn Begonnen hat, bringt niemand Weihrauch, noch Gebäck. Noch Opfer, noch Lorbeeren, noch das Geringste sonst Uns dar, den Göttern Karion. So mir Gott, und wird's auch nicht Darbringen; denn i h r habt schlecht genug sonst uns bedacht! Hermes. Um die andern Götter kümmr' ich mich zwar weniger, Ich aber selbst komm' um und bin ruinirt — Karion. Wie klug! Hermes. Denn früher liatt' ich stets bei den Schenkwirthinnen umher, Was das Herz sich wünscht, von Morgens früh an, Honigseim, Backfeigen, Weinbrod, was so Hermes essen muss; Nun krummgekauert sitz' icli hungern und habe Rast. Karion. Und nicht mit Recht, da du Strafen geschafft hast oft genug Für so viel des Guten, das du empfingst? Hermes. Ich armer Mann! 0 schöner Kuchen, den man mir sonst am Vierten buck! Karion. „Du sehnst nach dem dich, der dahin ist; hin ist hin!" Hermes. 0 schönste gebratne Nieren, die ich sonst gespeist! Karion. So geniren zum Schlauchsprung, Freund, ins Blaue hinein sie nicht! Hernies. 0 des allerschönsten Eingeweid's, das ich sonst gespeist! (er k r ü m m t sich vor Hunger.) v. 1 1 2 5 . W e i l du sie b e i m P r e l l e n ertappt werden liessest. v. 1 1 2 7 . D e r vierte T a g jedes M o n a t s war e i n H e r m e s f e s t , v. 1 1 2 8 . „ D a s erseholl dem H e r a k l e s v o m H i m m e l , als er vergebens nach seinem H y l a s rief." V o s s . v. 1 1 3 0 . Zu den beliebtesten P o s s e n beim l i a e r h u s f e s t gehörte der S c h l a u c h s p r u n g , bei dem n i c h t m i n d e r l u s t i g e S i t u a t i o n e n zum V o r s c h e i n k o m m e n mochten, wie beim S a c k r e i m e n unserer Z e i t ; m a n sprang m i t den b l o s s e n F ü s s e n auf e i n e n w o h l g e ö l t e n und m i t W e i n g e f ü l l t e n Z i c g o n s c h l a u c h , und es k a m darauf a n , sich oben zu erhalten. D e r W i t z ist bitter g e n u g ; hätte H e r m e s w i r k l i c h im S c h l a u c h s p r a n g m i t g e k ä m p f t , so hätlo er als P r e i s W e i n n e h m e n m ö g e n ; er aber m u s s als Götterbote stets auf und ab z w i s c h e n H i m m e l und E r d e , und sein e i l i g e r L a u f bestand aus f ö r m l i c h e n , toll g e n u g figurirten S c h l a u c h s p r ä n g e n , die i h m f r e i l i c h n i c h t s e i n bringen.
v. 1 1 3 2 — 1 1 5 0 .
riutos oder der Keichthum.
475
Kariou. In die Eingeweide scheint dich der Schmerz hinabzuziehn. Hermes. Und ach die Becher Weines, gleich und gleich gemischt! Kariou. (er dreht ihm den R ü c k e n uud —)
Da trinke den! dann mach' dass du von hinnen kömmst! Hermes. 0 thätest du deinem Freunde einen Gefallen wohl? Kariou. Wenn's etwas ist, wo ich dir zu dienen im Stande bin! Hermes. Wenn du mir ein Brod, ein gehörig ausgebackenes, Zu essen gäbest, und ein Stücklein frisches Fleisch Von dem, so du drinnen opferst! Kariou. Wird nichts ausgebracht! Hermes. Und doch so oft du deinem Herrn ein Geschirrchen stahlst, Stets macht' ich es so, dass du damit verborgen bliebst. Karion. Mit dem Beding, Erzdieb du, dass du was abbekamst; Und Kuchen erhieltst du, ordentlich ausgebackene. Hermes. D u aber assest selbe selbst sodann hinab. Karion. Dieweil von meinen Prügeln du auch nichts abbekamst! Hermes. Vergiss des Vergangnen, „wenn du Phyle genommen hast," Und nimm, bei den Göttern! mich zum Hausgenossen an! Karion. Du willst die Götter verlassen, willst hier bleiben? du? Hermes. J a freilich, da bei euch hier Alles besser ist. Karion. W a s ! überzulaufen dünket dir wohl guter Ton? v. 1140. Das ist die Ekphora s. v. 1009. v. 1143. W i e bei jedem Opfer. ' v. 1146. Nach dem bekannten Amnestiedekret, welches nach der Einnahme von Phyle durch Thrasybul, und dem Sturz der Dreissig-Männer erlassen wurde.
476
" Plutos oder der Reichthum.
v. 1 1 5 1 - 1 1 6 8 .
Hermes. ibi,patria!
J a freilich: ubi bene,
Karion. W a s wärst du uns denn nütze, bliebest du bei uns? Hermes. E r r i c h t e t mich als eurer Thüren Angelhort! Karion. W a s Angelhort! zu angeln giebts liier künftig nichts ! Hermes. Als Gott des Handels!
Karion. Ei, wir sind j a reich; wozu
Noch sollen wir den Krämer-Hermes füttern hier? Hermes. Als Vielgewandten!
Karion. Gewandten? dies am wenigsten!
Nichts gilt Gewandtheit ferner, sondern schlichter Sinn. Hermes. Als treuen F ü h r e r ! Kariou. Nein, der Gott ist sehend jetzt, So dass wir ferner keines F ü h r e r s bedürftig sind! Hermes. So will ich Kampfspielhüter sein! was sagst du n u n ? Das ist dem Reichthum doch gewiss das Schicklichste, Wenn er Spiele stiftet, künstlerische und gymnische! Karion. Erspriesslich ist's, wenn einer viel Beinamen hat, Denn also findet er immer noch sein täglich Brod. Nicht eitel, traun, bemühen sich alle Richtende So eifrig, eingeschrieben in viel Buchstaben zu sein! Hermes. Auf solche Bedingung geh' ich hinein! Karion. So gehe n u r v. 1153. Hermes recommandirt sich hier als einen Gott Bedienten für allerlei je nach seinen verschiedenen Beinamen. Als Hermes Thürhüter steht sein Bild bei der Hausthür. v. 1159. Hermes ist der Führer im Leben und im Tode, v. 1167. Das heisst, für viele der mit Buchstaben bezeichneten Gerichtshöfe, damit sie, wenn sie in dem einen nichts zu thun hätten, in einem andern ihren Richtersold verdienen könnten.
v. 1169—1198.
477
Plutos oder der Reichthum.
An den Brunnen dort und wasche die Eingeweide rein, Damit du gleich dein dienerisch Wesen uns bewährst! (Hermes ab.)
Priester. Wer kann mir, sagen, wo ich Chremylos finden kann? Chremylos. (hervortretend.)
Wie geht es, Liebster? .
Priester. Wie soll es anders gehn als schlecht! Seit dieser Reichthum wieder zu sehen begonnen hat, So sterb' ich Hungers; denn zu essen hab' ich nichts, Ich, der ich Priester des Zeus doch bin, des Rettenden. Chremylos. Was ist die Ursach, bei den Göttern, sage mir's! Priester. Zu opfern hält niemand der Mühe werth! Chremylos.
Wie. so? Priester. Weil All' und Jeder reich ist; freilich dazumal, Da sie nichts besassen, brachte, wer als Handelsmann Heimkehrte, weil er gerettet war, sein Opfer dar, Sein Opfer, wer den Process gewann, und der Opfernde Lud mich, den Priester, auch dazu; nun aber bringt Niemand das Geringste, niemand kommt zum Tempel mehr, Wenn nicht, um dort zu hofiren — an die Tausende. Chremylos. Du nimmst von ihnen doch dafür die Gebühren ein? Priester. So hab' ich denn beschlossen, Zeus dem Rettenden Leb' wohl zu sagen, und zu bleiben hier bei euch. Chremylos. Getrost, denn gut wird alles gehn, so Gott es will! E . ist ja uns hier nahe Zeus der Rettende Von selbst gekommen. Priester. Alles Segens Inbegriff! Chremylos. Wir wollen sogleich ihn weihen — wart' ein wenig nur — Den Reichthum, wo er ehedem geweihet stand,
478
Plulos oder der Eeichthuro.
v. 1193—1209.
Das B i n n e n h a u s d e r Göttin hütend. — N u n wohlan, Bringt aus dem H a u s e b r e n n e n d e F a c k e l n mir heraus, Dass du mit ihnen dem Gott vorangehst! Priester. Allerdings, Das muss geschehen! (Jhreiuylos. Rufe den Reichthum n u r h e r v o r !
(Die Gaben und T ö p f e z u r Weilio w e r d e n zurecht gestellt, man ordnet sieb zum P e s t z u g ; das
alte Weib kommt.)
Altes Weib. W a s soll ich m a c h e n ? Chremylos. Da die Töpfe, mit denen wir Einweihn den Gott, nimm auf den Kopf, und trage sie Andächtig; bunt gekleidet kamst du so ja schon. Altes Weib. Doch warum ich h e r k a m •— Clircinjlos. Alles soll dir bald gescliehn; Dein Jüngling wird zu Abend zu dir kommen, F r a u ! Altes Weib. J a , bei den Göttern, wenn du mir Bürgschaft geben willst, Dass er kommen wird, so trag' ich deine Töpfe gern. Kui'ioii. Ganz anders, wahrlich, sehen diese Töpfe aus W i e andere Töpfe; denn d e r Abschaum pfleget sonst Bei den Töpfen oben abzugehen, hier aber geht D e r rechte Abschaum unten mit den Töpfen ab! (die l'roeession setzt sich in Marsch.)
Chor. Nicht länger demnach ist's hier an d e r Zeit zu v e r w e i l e n ; so lasset ihm nach denn F ü r b a s s uns g e l m ; denn wir müssen ja ihm mit Gesang nachziehn im Gefolge. (Alle ab.)
v. 1193. Das Biiincnhaus ist die etwas freie Uebersetzung f ü r den berühmten Opisthodomos hinter dem P a r t h e n o n , den Ort, wo die Athener ihren Schatz verwahrten. v. 1198. Mit Töpfen weiht man geringe Gottheiten; s. Frieden 902.