Das deutsche Handelsrecht: Ein kurzgefaßtes Lehrbuch des im Deutschen Reiche geltenden Handels-, Wechsel- und Seerechts [8., umgearb. Aufl. Reprint 2018] 9783111660820, 9783111276434


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German Pages 805 [812] Year 1909

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Table of contents :
Vorwort zur achten Auflage
Erklärung der Abkürzungen
Inhaltsübersicht
Einleitung
§ 1. Das Handelsrecht und seine Stellung im Systeme der Rechtswissenschaft
§ 2. Begriff und Zweige des Handels und seines Rechts
§ 3. Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Handdsrechts überhaupt und des Deutschen Handelsrechts insbesondere2
§ 4. Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen
§ 5. Die Literatur des deutschen Handelsrechts
Erstes Kapitel. Die dem Handelsrecht unterworfenen Lebensverhältnisse: Der Handel
§ 6. Begriff der Handelssachen und Grundlage der Systematik derselben
§ 7. Das System der Handelssachen im einzelnen
§ 8. Das System der Handelssachen im einzelnen (Fortsetzung): A. Die Grundgeschäfte
§ 9. Das System der Handelssachen im einzelnen (Fortsetzung): B. Nebengeschäfte
§ 10. Das System der Handelssachen im einzelnen (Fortsetzung): Nebengewerbebetriebe, insbesondere bei Land- und Forstwirtscaft
Zweites Kapitel. Die Personen im Handelsrecht
A. Der Kaufmann
B. Die Persönlidikeitsredite im Handelsrecht
C. Die Hilfspersonen im Handel
D. Die Handelsassoziationen
Drittes Kapitel. Die Handelsgeschäfte
A. Allgemeine Grundsätze über Handelsgeschäfte
B. Von einzelnen Handelsgeschäften
Viertes Kapitel. Das Wechselrecht
A. Einleitung
B. Vom gezogenen Wechsel
C. Vom eigenen Wechsel
D. Internationales Wechselrecht
E. Anhang zum Wechselrecht
Fünftes Kapitel. Das Seehandelsrecht
§ 108. Begriff, Quellen und Literatur des Seehandelsrechts
§ 109. I. Von den Schiffen
§ 109. I. Von den Schiffen
§ 110. Von den Reedern und der Reederei
§ 111. III. Von der Schiffsbesatzung
§ 112. IV. Vom Seefradhtgeschäfte
§ 113. V. Von dem Geschäfte zur Beförderung von Reisenden zur See
§ 114. VI. Von der Bodmerei
§ 115. VII. Von den Seeschäden, insbesondere der Haverei
§ 116. VIII. Von der Bergung und Hilfsleistung in Seenot
§ 117. IX. Von den Schiffsgläubigern
§ 118 . X. Von der Seeversicherung
§ 119. XI. Von der Verjährung im Seerechte
Alphabetisches Sachregister
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Das deutsche Handelsrecht: Ein kurzgefaßtes Lehrbuch des im Deutschen Reiche geltenden Handels-, Wechsel- und Seerechts [8., umgearb. Aufl. Reprint 2018]
 9783111660820, 9783111276434

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Das

Deutsche Handelsrecht. Ein kurzgefaßtes Lehrbuch des

im Deutschen Reiche geltenden

Handels-, Wechsel- und Seerechts von

Dr. Karl Gareis, Geh. Justizrat u. ord. P r o f e s s o r der Rechte in München.

Achte, umgearbeitete Auflage.

Berlin

1909.

J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H.

Vorwort zur achten Auflage. Abgesehen von dem, was bei jeder revidierten und, wie man wenig-stens in der Regel hofft, verbesserten Auflage notwendig ist, wie die Berücksichtigung der seit der letzten Auflage erschienenen neuen Literatur und der neuesten Rechtsprechung ist der nun vorliegenden, achten Auflage dieses Lehrbuches noch manches andere eigentümlich: es hat nicht bloß seine äußere Gestalt verändert, sondern ist auch innerlich gewachsen; soweit es mit der Natur eines Lehrbuches und noch dazu eines, das sich immer noch „kurzgefaßtes" nennt, — weil es eben kein hauptsächlich nur als Nachschlagebuch dienendes Handbuch sein will, sondern ein Buch zum Lernen, also zum völligen Durcharbeiten sein soll, — soweit es also mit der Natur eines solchen Lernbuches sich vereinigen läßt, ist — viel mehr als seither — in die Theorien der juristischen Konstruktion einzelner Rechtsverhältnisse und in die Behandlung von Streitfragen eingedrungen worden; in zahlreichen solchen Fällen wird daher diese Auflage manch einem Material bieten, das er vielleicht in früheren Auflagen vermißt hat; dieses möchte ich unter anderem namentlich von den neuen Erörterungen sagen, welche jetzt dem Tarifvertrag (§ 21), der Theorie der juristischen Person (§ 25), der Darstellung der Handels- und insbesondere Kaufmannsgerichte (§ 4), dem Schrankfachvertrage (§ 60), den handelsrechtlichen Traditionspapieren (§ 44) und dem Rechte der Hypothekenbanken (§ 63) gewidmet worden sind. Dazu kommt die Bearbeitung des reichen, ja überreichen Stoffes, welchen die fruchtbare Reichsgesetzgebung gerade im laufenden Jahre der Wissenschaft zur Durchforschung· und systematischen Verwertung geliefert hat, vor allem die Bearbeitung des neuen Börsenrechts nach dem R G . v. 27. Mai 1908 (§ 49), des neuen Scheckrechts nach dem R G . v. 1 1 . März 1908 (§ 107 a), des neuen Ver-

IV

Vorwort zur achten Auflage.

sicherungsrechts nach dem R G . v. 30. Mai 1908 (§§ 62—64) und der Abänderung· der Wechselordnung· nach dem R G . von demselben T a g e (§ 93 u. a.) — Neuerungen, welche allein schon die Neubearbeitung des sich sonst in manchen Teilen leicht überlebenden Lehrbuchs erheischen würden. Vielleicht vermögen es gerade die zuletzt erwähnten, sehr eingehend verwerteten Tatsachen, das vorliegende Buch aufs neue in der Gunst der Juristen, deren es sich nun schon fast dreißig Jahre erfreuen durfte, zu befestigen. — Für eifrige Unterstützung bei der Korrektur des Druckes und bei der Herstellung des Sachregisters bin ich dem Herrn Rechtspraktikanten Dr. Konrad W e i t p e r t zu Dank verpflichtet. München,

August 1908.

Karl Gareis.

Erklärung der Abkürzungen. A . a. O. = am angegebenen Orte. A b s . = Absatz. A D H G B . = Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch von 1 8 6 1 . A G . = Ausführungsgesetz. Anm. = Anmerkung. ArchBürgR. = Archiv iiir bürgerliches Recht. Herausgegeben von J . Kohler und V . Ring. Berlin, Carl Heymanns Verlag 1888 ff. ArchCivPrax. = Archiv für zivilistische (zivil.) Praxis. Art. = Artikel. AuswandGes. = Gesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897. J . Gnttentagsche Sammlung D R G . Nr. 44. G E A . 2 1 3 . BankArch. = Bankarchiv, Zeitschr. f. Bank- und Börsenwesen. Frankfurt a. M. BankG. = Bankgesetz v. 14. März 1 8 7 5 , G E A . 166, 260. Bd. = Band. BernFrachtUb. = Bemer internationales Ubereinkommen über den Eisenbahnverkehr vom 14. Oktober 1890. ( R G B l . 1892 S. 793—920). G E A . 1 6 0 — 1 6 4 . BinnenSchG. = Reichsgesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 1 5 . Juni 1895, neue Fassung vom 20. Mai 1898. J . Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 36. G E A . 2 4 6 — 2 4 7 . ß o l z e f r . = Die Praxis des Reichsgerichts in Zivilsachen v. R G e r R a t B o l z e . BörsG. = Börsengesetz. G E A . 2 0 3 — 2 0 4 , 2 1 1 . Büschs A . = Busch, Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handels- und Wechselrechts. Berlin, Carl Heymanns Verlag. 1 . Band 1863, letzter (48.) 1888. C B I R w . = Centraiblatt für Rechtswissenschaft. Herausgegeben von Kirchenheim. 188 Iff. Cosack, Lehrb. = Lehrbuch des Handelsrechts von Konrad Cosack. 6. Auflage. Stuttgart, Ferd. Enke, 1903. Denkschr. = Denkschrift zu dem Gesetzentwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgetzes in der Fassung der dem Reichstage gemachten Vorlage; erschienen auch Berlin J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, 1 8 9 7 ; hier zitiert nach den Anlagen zu den Stenographischen Berichten des Deutschen Reichstags. DepotG. = Reichsgesetz, betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Wertpapiere, vom J . J u l i 1896. J . Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 40. G E A . 2 0 3 — 2 0 4 . D J Z . = Deutsche Juristenzeitung, Berlin, Verlag von Otto Liebmann. EinfG. = Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch von 1897. E V O . , auch EisenbVerkO. = Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 26. Oktober 1899. FlößG. = Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei vom 15. Juni 1895. J . Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 36. G E A . 2 4 6 — 2 4 7 . F G G . = Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, v. 1 7 . Mai 1898. J . Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 46. G E A . 2 2 5 — 2 2 6 . Fuchsberger = Das Handelsrecht. Sämtliche Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts und Reichsgerichts mit besonderer Berücksichtigung der in- und ausländischen Landesgesetze usw. nach dem System des H G B . von O t t o F u c h s b e r g e r . Dritte vollständig umgearbeitete und bis auf die Gegenwart ergänzte Auflage. Gießen, Emil Roth, 1899. G. = Gesetz.

VI

Erklärung der Abkürzungen.

G a r e i s B G B . = Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 nebst Einführungsgesetz v. 18. Aug. 1896. Mit Einleitung, kurzen erläuternden Anmerkungen und ausführlichem Sachregister, herausgegeben von Dr. K a r l Garths. Gießen, Emil Roth. Zweite Auflage 1902. Gareis, Enzykl. = Enzyklopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft von K . G a r e i s , 3. Aufl. Gießen, E m i l Roth 1905. Gareis H G B . = Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 nebst dem Einführungsgesetze vom 10. Mai 1897. Unter Ausschluß des Seerecbts. Handausgabe mit Einleitung, erläuternden Anmerkungen und Sachregister herausgegeben von Dr. K a r l Gareis. Dritte Auflage. München 1 9 0 5 , C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung (Oskar B e c k ) ; auch G E A . 2 1 4 — 2 1 8 , 2 1 9 — 2 2 2 . Gareis W O . = Die allgemeine deutsche Wechselordnung nebst den Nürnberger Novellen und dem Wechselstempelsteuergesetz. Textausgabe mit Einleitung über das Wechselrecht samt Formularen und mit erläuternden Noten usw., herausgegeben von Dr. K a r l Gareis. Siebente Auflage. München 1909. C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung (Oskar Beck); auch G E A . 240—242. GB. = Gesetzbuch. G. & F . = Das A D H G B . . . . erläutert von K a r l Gareis und Otto Fuchsberger. Berlin, J . Guttentag 1 8 9 1 . G E A . = Gareis, Einzelabdrucke der deutschen Reichsgesetze, Gießen, Verlag von Emil Roth, Gießen. Die röm. Zahl hinter G E A . bedeutet die Abteilung (Staatsrecht, Privatrecht usw.), die darauf folgende arabische Zahl bedeutet das Heft in dieser Abteilung und die hierauf folgende oder die alleinstehende arabische Zahl die Nummer in der Reihenfolge des Erscheinens dieser Einzelabdrucke überhaupt; ζ. B . G E A , I I 16 [208] ist die Grundbuchordnung; Gewerbeordnung G E A . 1 8 3 — 1 9 0 . GenG. == Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom I. Mai 1889, neue Fassung vom 20. Mai 1898. J . Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 29. G E A . 244 — 245, 2 7 5 . Ger. = Gericht. GerVG. = Gerichtsverfassungsgesetz, Fassung vom 20. Mai 1898. G E A . 2 6 1 — 2 6 2 . GewGG. = Gewerbegerichtsgesetz vom 30. Mai 1 9 0 1 , GmbHG. = Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892, neue Fassung vom 20. Mai 1898. Goldschmidt H B . = Handbuch des Handelsrechts von L . Goldschmidt. Bd. I 1. Aufl. 1864, 2. Aufl. 1 8 7 5 , Bd. I I 1. Lief. 1883, Bd. I 3. A u f l . 1 8 9 1 . GSyst. Goldschmidt, System = System des Handelsrechts mit Einschluß des Wechsel-, See- und Versicherungsrechts im Grundriß von L . Goldschmidt. Vierte verbesserte und durch Einzelausführungen vermehrte Auflage. Stuttgart, F . Enke 1892. Goldschmidts Z. = Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht. Begründet von L , Goldschmidt. Gruchots Beitr. = Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts. Begr. v. Gruchot. Grünhut Z. = Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart, herausgegeben von C. Grünhut, Wien 1874 ff. GUGesch. = Universalgeschichte des Handelsrechts ' von L . Goldschmidt (Bd. I der dritten Auflage des Handbuchs des Handelsrechts von L . Goldschmidt). Stuttgart, F . Enke 1 9 0 1 . Hdbch. = Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts. Unter Mitwirkung von Brunner, Cohn usw. Herausgegeben von W . Endemann.Leipzig, Fues Verlag (R. Reisland) 1 8 8 1 ff. Heilfron, Lehrb. = Lehrbuch des Handelsrechts. Von E d . Heilfron I. B d . 1907. H G B . = Handelsgesetzbuch von 1897. G E A . 2 1 4 — 2 1 8 , Seerecht: G E A . 2 1 9 — 2 2 2 . Holdheim, Monatsschr. = Monatsschrift für Handelsrecht usw., herausgegeben von Dr. Paul H o l d h e i m . H R . = Handelsrecht. K f m G G . = Gesetz betr. Kaufmannsgerichte, vom 6. Juli 1904. GEA. K G e r . = Kammergericht.

Erklärung der Abkürzungen.

VII

K O . = Kankursordnung. G E A . 235—237. K o c h , Μ . & N. = R . Koch, Präsident des Reichsbankdirektoriums. Reichsgesetzgebung über das Münz- und Notenbankwesen, Papiergeld, Prämienpapiere und Reichsschulden. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister, 5. Aufl. Berlin, 1905. J. Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 26. KritVJSch. = Kritische Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschift. München 1859 ff. KunstUrhG. = Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, vom 9. Januar 1907. G E A . Lehmann, Lehrb. = Lehrbuch des Handelsrechts. Von Karl Lehmann 1907. LitUrhG. = R G . betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkurst, vom 19. Juni 1901. J. Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 60. GEA. 3 1 0 — 3 1 2 . Marquardsen, Hdbch. = Handbuch des öffentlichen Rechts, Freiburg 1883 ff. O L G . = Oberlandesgericht. PrivVersUatG. = Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen, vom 12. Mai 1901. G E A . 308—309. „Recht" = Das Recht, Rundschau für den Deutschen Juristenstand, München. R G B l . = Reichs-Gesetzblatt. RGSt., RGZ. = Die Zahlen hinter RGSt. bedeuten Band- und Seitenzahl der Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, beziehungsweise R G Z . die in Zivilsachen, herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofs. (Leipzig, Verlag von Veit & Comp.) RLex. = v. Holtzendorff, Rechts-Lexikon. R O H G . = Reichsoberhandelsgericht; die Ziffern nach R O H G . bedeuten Band und Seiten der Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts, herausgegeben von den Räten des Gerichtshofs (25 Bände). R V f . = Reichsverfassung. RZB1. = Zentralblatt für das Deutsche Reich. S. = Seite, s. = siehe. SA. = (Siebenhaars) Archiv für deutsches Wechsel- und Handelsrecht. SeemannsR. = Seemannsrecht, neues G E A . 3 1 5 — 3 1 8 . SeuffBl. = (Seufferts) Blätter für Rechtsanwendung. Nürnberg. Sebald. SprR. = Spruchrecht zur Handelsgesetzgebung. Ausgewählte höchstrichterliche Entscheidungen in der Systematik des HGB., der W O . usw., herausgegeben von G. F r o m m h o l d und P. K r ü c k m a n n . Münster 1. W . 1908. StrafGB. = Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. G E A . 143—146. Ü V . = Übergangsvorschriften. U W G . = Reichsgesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes, vom 27. Mai 1896. VG. = RG. über das Verlagsrecht vom 19. Juni 1901. J. Guttentagsche Sammlung D R G . Nr. 61. G E A . 310 - 3 1 2 . VersichG. = Gesetz über den Versicherungsvertrag, vom 30. Mai 1908. V R . = Völkerrecht. W B S t W . = Handwörterbuch der Staatswissenschaften, herausgegeben von Conrad, Elster, Lexis, Loening. 2. Aufl. 1898. (Verlag von G. Fischer, Jena.) W O . , A D W O . = Wechselordnung (Allgemeine deutsche Wechselordnung), auch erschienen in der Guttentagschen Sammlung D R G . Bd. 5. G E A . 240—242. W Z G . = R G . zum Schutze der Warenbezeichnungen, vom 12. Mai 1894. Z. = Zeitschrift. ZRpfB. = Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern. J. Schweitzer Verlag. ZB1. = Zentralblatt für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Reichsamt des Innern. ZO. = Zentralorgan für das deutsche Handels- und Wec'nselrecht. Herausgegeben von G. Lohr, dann W . Hartmann. ZPO. = Zivilprozeßordnung, Fassang vom 20. Mai 1898. G E A . 227—234.

Inhaltsübersicht. Einleitung. § § §

I. 2. 3.

§ §

4. 5.

Seite

Das Handelsrecht und seine Stellung im System der Rechtswissenschaft Begriff und Zweige des Handels und seines Rechts Uberblick über die geschichtliche Entwicklung des Handelsrechts überhaupt und des deutschen Handelsrechts insbesondere . . . . Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen Literatur des Handelsrechts Erstes

ι 3 5 ib 29

Kapitel.

Die dem Handelsrecht unterworfenen Lebensverhältnisse: der Handel. § b. § 7. § 8. § 9. § 10.

Begriff der Handelssachen und Grundlage der Systematik derselben . Das System der Handelssachen im einzelnen (Fortsetzung.) A . Die Grundgeschäfte (Fortsetzung.) B. Die Nebengeschäfte (Fortsetzung.) C. Nebengewerbebetriebe, insbesondere bei Land- und Forstwirtschaft Zweites

32 34 36 42 44

Kapitel.

Die Personen im Handelsrecht. A . Der Kaufmann. §11. § 12.

Begriff Arten

46 51

§ 13.

Im allgemeinen

§ 14.

1. Das Recht der kaufmännischen Betätigung im allgemeinen . . .

§15.

2. Das Recht auf einen individuell gestalteten Gewerbebetrieb und

B . Persönlichkeitsrechte im Handelsrecht. 61 Persönlichkeitsrechte im einzelnen:

an diesem

.

.

62 69

Insbesondere: §16. §17. §18.

3. Namen- und Firmenrecht . 4. Das Warenzeichen 5. Das Recht an der eigenartigen Betriebsweise

§19.

6. Urheberrecht im Handelsrecht

.

76 82 86 88

Inhaltsübersicht.

IX

C. Die Hilfspersonen im Handel.

Seite

§ 20.

Im allgemeinen

91

§ 21.

Die Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge

99

§ 22.

Die Handlungsbevollmächtigten

§23.

Geschichtliche Vorbetrachtung

123

§ 24.

Übereinstimmendes und Vergleichendes von den Handelsassoziationen

128

111>

D. Die Handelsassoziationen.

V o n den einzelnen Handelsassoziationen, insbesondere: I. D i e o f f e n e

Handelsgesellschaft.

§ 25.

I. "Wesen und Errichtung

§ 26.

II. Innere Rechtsverhältnisse

§ 27.

III. Äußere Rechtsverhältnisse

§28.

I V . Auflösung der Gesellschaft, Ausscheiden einzelner, Liquidation und Klagenverjährung

§ 29. § 30.

.

. . .

. . .

154

. . .

.

.

156 162

. . .

.

.

170

2. D i e s t i l l e G e s e l l s c h a f t

. . .

3. D i e K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t 4. D i e

§31.

.

. . .

. . .

.

182 .

I. Das W e s e n der Aktiengesellschaft

. . . . .

. . . .

198

§ 32.

II. Die Errichtung der Aktiengesellschaft

§ 33.

I H . Die Organisation der Aktiengesellschaft

§ 34.

I V . Die Herstellung und Erhaltung des realen Substrats der Aktien-

§ 35·

V . Die Rechtsstellung d. Aktionäre innerhalb d. Aktiengesellschaft

.

212 228

gesellschaft § 36.

251

V I . Die Auflösung und Nichtigkeit der Aktiengesellschaft.

§ 37.

5. D i e K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t

§ 38.

6. D i e E r w e r b s - u n d W i r t s c h a f t s g e n o s s e n s c h a f t e n

§ 39.

7. D i e G e s e l l s c h a f t e n 9. V e r s c h i e d e n e

andere

.

.

auf A k t i e n .

271

auf G e g e n s e i t i g k e i t

.

.

.

.

.

311

.

.

337

Gesellschaftsformen

Drittes

265 278

mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g

§ 39a. 8. D i e V e r s i c h e r u n g s v e r e i n e § 40.

190

Aktiengesellschaft.

287

342

Kapitel.

Die Handelsgeschäfte. A. Allgemeine Grundsätze über Handelsgeschäfte. § 41.

Verhältnis zwischen dem allgemeinen bürgerlichen R e c h t und dem Handelsrecht in bezug auf Handelsgeschäfte im allgemeinen .

.

.

§ 42.

Einzelne Eigentümlichkeiten der Handelsgeschäfte überhaupt .

.

.

I. Abschluß der Handelsgeschäfte II. Auslegung und Beweis

345 350 350

. . . .

353

III. Kaufmännische Sorgfalt

354

I V . Beschränkte Vermögenshaftung

355

V . Schadensersatz und Vertragsstrafe

356

V I . Bürgschaft

356

V I I . Preisbildung und insbesondere Zinsen V I I I . Provision ohne Verabredung

. . . .

.

.

. . . .

356 359

X

Inhaltsübersicht.

§ 43.

I X . E r f ü l l u n g der H a n d e l s g e s c h ä f t e .

§ 44.

Seite 359

.

365

X . Die dinglichen W i r k u n g e n

B. Von einzelnen Handelsgeschäften. I.

Warenumsatzverträge.

§ 45.

Vom Handelskaufe

381

§ 46.

B e s o n d e r e A r t e n des K a u f e s : a) n a c h M a ß g a b e der Zahlungsseit

392

§ 47.

(Fortsetzung.) b) n a c h M a ß g a b e der Lieferungszeit u n d n a c h Miß394

gabe des L i e f e r u n g s o r t s § 48.

Fix-, Differenz-, Prämien-, R e p o r t - u n d P r o m e s s e n g e s c h ä f t e

§ 49.

Die Börsentermingeschäfte insbesondere II.

§ 50.

.

.

398 408

Arbeitsgeschäfte. 425.

A l l g e m e i n e Grundsätze ü b e r A r b e i t s g e s c h ä f t e V o n e i n z e l n e n A r b e i t s g e s c h ä f t e n des H a n d e l s :

429

§51.

I. V o m Kommissionsgeschäfte

§ 52.

2. V o m S p e d i t i o n s g e s c h ä f t e

445

§53·

3· V o n d e n G e s c h ä f t e n der H a n d e l s m ä k l e r

452

§ 54.

4. V o n d e n G e s c h ä f t e n der H a n d l u n g s a g e n t e n

§ SS·

5· V o m L a g e r g e s c h ä f t e

§ 56.

6. V o m F r a c h t g e s c h ä f t e

§ 57·

7· V o n

der

461 . . . .

Beförderung von

Gütern

und Personen

auf

den 488

Eisenbahnen § 58.

8. V o m B i n n e n s c h i f f a h r t s r e c h t

§ 59·

9· V o n

den

Verlagsgeschäften

501 und

den

sonstigen

Geschäften

des Buch- u n d K u n s t h a n d e l s § 60.

10. B e s o n d e r e A r b e i t s g e s c h ä f t e des B a n k v e r k e h r s III.

§ 61.

506 515

Gesellschaftsverträge. Die

h a n d e l s r e c h t l i c h e n B e s o n d e r h e i t e n in bezug auf den Gesell519

schaftsvertrag IV.

467 472

Versicherungsgeschäfte.

§ 62.

Versicherungsgeschäft im allgemeinen

521

§ 63.

A. Schadensversicherung

541

§ 64.

B. Summenversicherung V. K r e d i t - u n d

.

559

Zahlungsgeschäfte.

§ 65.

Das Darlehen im Handelsverkehr

§ 66.

D e r K o n t o k u r r e n t v e r t r a g u n d der Giroverkehr

577

§ 67.

Die Akkreditierung

585

§ 68.

Zahlungsgeschäfte

588

I . Geldzahlung

588

I I . Zahlungsauftrag

569

589

I H . Einziehungsauftrag

591

IV. Anweisung

591

V . Schuldübernahme und Forderungsabtretung V I . S k o n t r a t i o n u n d A b r e c h n u n g s s t e l l e n (Clearing) VII. Deckungsgeschäft

595 59^ 600

Inhaltsübersicht.

X J ®eite

VI. D i e S c h a f f u n g u n d V e r w e n d u n g v o n W e r t p a p i e r e n . § § § § §

bg. 70. 71. 72. 73.

Wesen der Wertpapiere Arten der Wertpapiere Entstehung, Umlauf und Untergang der Wertpapiere Inhaberpapiere Orderpapiere . .

. . .

602 608 610 611 618

Allgemeines vom Wechsel Begriff und Stellung des Wechselrechts im Rechtssystem Quellen, Geschichte und Literatur des Wechselrechts. . . Der Wechsel, ein Wert- und Handelspapier . . . . . Arten des Wechsels Die im Wechselverkehr vorkommenden Summen . . . . . Die Wechselstrenge und der Wechselprozeß Das juristische Wesen des Wechsels . Die Wechselfähigkeit

621 622 624 630 630 632 634 637 .641

Viertes

. . . . . . .

Kapitel.

Das Wechselrecht. A . Einleitung. § § § § § § § § §

74. I. 75II. 76. I I I . 77. I V . 78. V. 79. V I . 80. V I I . 81. VIII. 82. I X .

B. V o m gezogenen Wechsel. I. Die Tratte selbst. § 83.

1. Der Zweck der Trassierung

§ § § §

2. Die Bestandteile Im allgemeinen Die Erfordernisse 3. Unvollständigkeit 4. Verpflichtung des

84. 85. 86. 87.

.

.

.

643

.

. .

644 646 650 651

der Tratte. . der Tratte einer Tratte Ausstellers

. . . .

II. D a s I n d o s s a m e n t ( G i r o d e r T r a t t e ) . § 88.

Begriff, Form und Funktionen des Indossaments

653

§ 89.

Arten des Indossaments

657

.

§ 90.

ΙΠ. D a s A k z e p t d e r T r a t t e

§ 91.

I V . D i e Z a h l u n g der T r a t t e V. D i e

§ § § §

92. 93. 94. 95.

§ 96. § 97. § 98. § 99.

,

.

.

,

.

662 671

Regresse.

Von der Regreßnahme im allgemeinen. Übersicht . . . . Der Protest . . . . 1. Regreß auf Sicherstellung mangels Annahme 2. Regreß auf Sicherstellung wegen Unsicherheit des Akzeptanten . . . · . . . . 3. Zahlungsregreß des Inhabers 4. Remboursregreß 5. Besonderheiten der Zahlungsregresse VI. I n t e r v e n t i o n e n

.

§ IOO. V I I . " W e c h s e l v e r j ä h r u n g

.

676 677 684 685 686 688 690 694 700

XXX

Inhaltsübersicht. Seite

§ ΙΟΙ. VIII. W e c h s e l f ä l s c h u n g § 102.

und m a n g e l h a f t e U n t e r s c h r i f t e n

IX. A m o r t i s a t i o n und V i n d i k a t i o n des W e c h s e l s

§ 103.

.

.

702

.

X . V e r v i e l f ä l t i g u n g des W e c h s e l s

704 706

C. Vom eigenen Wedisel. § 104. §105.

I. Vom eigenen Wechsel im allgemeinen II. Erfordernisse des eigenen Wechsels

§ 106.

.

. . . .

710 711

III. Unterschiede gegenüber dem gezogenen Wechsel

§ 107.

712

. 714

D. Internationales Wechselrecht E. Anhang zum Wediselredit.

§ 107 a.

Der Scheck

.716 Fünftes

Das § 108. § 109. § no.

Kapitel.

Seehandelsredit.

Begriff, Quellen und Literatur des Seehandelsrechts . I. Von den Schiffen II. Von den Reedern und der Reederei

§ III.

III. Von der Schiffsbesatzung . . .

§ 112.

I V . Vom Seefrachtgeschäfte

§113. § 114. § 115.

. .

723 .

725

. . .

728 733

V. Von dem Geschäft zur Beförderung von Reisenden V I . Von der Bodmerei

. . .

739

. . . .

745

. . . .

748

VII. Von den Seeschäden, insbesondere der Haverei

751

§ 116. VIII. Von der Bergung und Hilfsleistung in Seenot § 117. §118. § 119.

I X . λ Γ οη den Schiffsgläubigern

757

. . .

.

7Ö0

X . Von der Seeversicherung X I . Von der Verjährung im Seerechte

762 . . . .

767

769

Sachregister

Nachträge. Seite 490ff. A n die Stelle der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO.) v. 26. Oktober 1899, R G B l . S. 557—659, tritt mit dem I. April 1909 die E i s e n b a h n v e r k e h r s -

ordnung v o m 23. D e z e m b e r 1908, s. RGBl. 1909 Nr. 3 S. 93—208. Zu Seite 664 Anm. 2, 682

und

721 vgl. bezüglich

des Wechsel- und Scheck-

protestes die Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 9. Januar 1909, betr. das Verzeichnis der Orte, welche als benachbart im Sinne des Art. 9 1 a der Wechselordnung, sind.

sowie

des § 16 und 30 des Scheckgesetzes anzusehen

R G B l . 1909 Nr. 5 S. 249—258.

Einleitung. § 1· Das Handelsrecht und seine Stellung im Systeme der Rechtswissenschaft. D a s Handelsrecht ist das Sonderrecht des Handelsstandes, es ist ein Teil jener unter den Menschen bestehenden Friedensordnung·, welche man das R e c h t im objektiven Sinne nennt, und zwar ist es jener Teil dieser Friedensordnung·, welcher für diejenige menschliche T ä t i g k e i t , die unter H a n d e l verstanden wird, dem Bedürfnisse nach R u h e und äußerer Sicherheit g e r e c h t zu werden hat, soweit zur Befriedigung· dieses Bedürfnisses besondere Normen notwendig sind. Jene Friedensordnung, die man das R e c h t im objektiven Sinne nennt, wird von der Unterscheidung- der Interessen aus, w e l c h e durch die Gebote und V e r b o t e des R e c h t s geschützt werden sollen, unterschieden in Privatrecht und öffentliches R e c h t und letzteres in Staats- und Völkerrecht 1 ). In den sich hieraus ergebenden drei großen Gruppen von Rechtsvorschrift e n : Privatrecht, Staatsrecht und Völkerrecht, finden sich überall auch Bestimmungen, die den H a n d e l — nämlich die auf den U m s a t z v o n W a r e n gerichtete menschliche T ä t i g k e i t — betreffen; allerdings beziehen sich auf diesen K r e i s menschlicher T ä t i g k e i t und seine A n g e h ö r i g e n auch zahlreiche der einen oder anderen jener drei Gruppen angehörigen Rechtsnormen, die n i c h t n u r den Handel, sondern auch Landwirtschaft, Fabrikbetrieb usw. betreffen, ja g a r nicht eine besondere A r t von Berufstätigkeit zur Voraussetzung haben oder regeln wollen, sondern sich nur auf das L e b e n und Treiben der Menschen und ihrer Gesellschaften im allgemeinen beziehen; unter solchen a l l g e m e i n e n Rechtsnormen, wie ζ. B. 1 ) D i e Gegenüberstellung von öffentlichem und Privatrecht s. bei G a r e i s , A l l g e m e i n e s Staatsrecht, in ν. Μ a r q u a r d s e n s H d b c h . d. öff. R e c h t s , Sj§ J, 3 (Bd. I 1 S. 7 ff.» 11 ff.} und G a r e i s , Enzyklopädie und Methodologie d. Rechts•wissenschaft. 3. A u f l . 1905, § 14, S. 58fr.

G a r e i e , Handelsrecht,

β. Aufl.

1

2

Einleitung.

unter den Nonnen des Eherechts und des Erbrechts, unter dem Verbote des Diebstahls und des Mordes, unter dem Gebote der Einkommensteuer usw. stehen natürlich auch die Handelsbeflissenen, aber es gibt andererseits, wie in jedem anderen Berufe, so auch in dem der Handeltreibenden besondere Interessen, Beziehungen, welche dem Handel e i g e n a r t i g · sind, sich n u r im Handel, so wie sie sind, finden und demnach auch b e s o n d e r e Regelung, mit anderen Worten: ein e i g e n e s H a n d e l s r e c h t verlangen. Unter diesem wird gewöhnlich Handels - Privatrecht verstanden. Normen des Handelsstaatsrechts, zu welchem man eine Anzahl von — den Handel als solchen berührenden — Steuer-, Straf- und Polizeivorschriftßn, sowie die Rechtsnormen der Handelsgerichtsverfassung und des Handelsprozesses zu rechnen hat 1 ), und des Handels-Völkerrechts, ζ. B. Konsularrecht 2 ), Zollverträge 3 ), Prisenrecht 4 ), sind zwar in der Darstellung des Handelsrechts im üblichen Sinne zu streifen, aber den Hauptinhalt des letzteren bilden doch die für den Handel geltenden besonderen Privatrechtssätze; diese gelten entweder nur als Lokalrecht (partikulares Recht, ζ. B. Lokalusance eines einzelnen Ortes oder Gebietes) oder für sehr weite, möglicherweise sogar mehrere Staaten und Reiche umfassende Gebiete; letzteres ist namentlich dann der Fall, wenn die Gleichheit der Ursachen und Voraussetzungen zu denselben Rechtsbedürfnissen und zu der international gleichen Befriedigung dieser Bedürfnisse führt, also zu einem allgemeinen Handelsrechte mehrerer oder aller auf derselben Kulturhöhe oder miteinander im Verkehr stehenden Völker. Gerade unter dem Einflüsse dieses Zusammenwirkens hat sich die Entstehung eines Spezialrechts für den Handel in vielen Beziehungen häufig als Neubildung des bürgerlichen Rechts überhaupt und als bahnbrechend für Vgl. ζ. B. HGB. §§ 4, 7, 8i Abs. 2, 82, 312—319, 363 (Abs. 2) mit 424, auch BGB. § 795, BankG. v. 14. März 1875, insb. in seinen §§ I — 1 1 , 42 ff., BörsenG. und seerechtliche Normen, die unten § 108 angeführt sind. Staatsverwaltungsrecht in Sachen der Aktiengesellschaften s. HGB. §§ 180, 195 Z i f f . 6. Zum öffentlichen Handelsrecht gehören auch die Rechtsregeln über die Kaufmannsgerichte s. unten § 4 Α. II. 2) Vgl. ζ. B. HGB. §§ 530, 685. G a r e i s Institutionen des Völkerrechts. (1901) §46 S. 133 Anm. 7ff„ 134 Anm. iff. Ε. v. U l l m a n n , Völkerrecht (1908) § 56. s) Vgl. ζ. B. HGB. §§ 515, 563, 564. 4) Vgl. ζ. B. HGB. §§ 820 Nr. 2, 848, 849. G a r e i s , Institutionen des V R . § 81 S. 227 Anm. 7, 8. E. v. U l l m a n n a. a. O. § 189.

§ 2.

3

Begriff und Zweige des Handels.

die W e i t e r e n t w i c k l u n g des allgemeinen bürgerlichen R e c h t s eines V o l k e s vorteilhaft bewährt 1 ).

§ *· Begriff und Zweige des Handels und seines Rechts. I. W e n n für einen bestimmten Kreis menschlicher T ä t i g keit andere Rechtssätze gelten sollen als für die übrigen Gebiete und R i c h t u n g e n unserer Betätigung, so ist eine scharfe A b g r e n z u n g des ersteren K r e i s e s notwendig. K a n n man nun auch füglich sagen, das Handelsrecht g e l t e für den „Handel", und dieser sei die den Umsatz von W a r e n vermittelnde T ä t i g keit, so ist mit dieser zweifellos richtigen Feststellung doch das Bedürfnis nach s c h a r f e r A b g r e n z u n g nicht hinreichend befriedigt. D a s positive R e c h t muß selbst die Grenzen ziehen und tut dies auch überall da, wo es ein besonderes Handelsrecht gibt, durch die positive Feststellung des Begriffs der Handelssache (causa mercantilis) (hiervon s. unten § 4 und §§ 6 - 1 0 ) . II. Innerhalb des folglich an dieser Stelle nur ganz allgemein begrenzten Handelsbegriffs lassen sich verschiedene Zweige und A r t e n des Handels unterscheiden. V o r allem ist wichtig die Unterscheidung des gewerblich betriebenen Handels, also des Handelsgewerbes, von den nur gelegentlich vorgenommenen Handelsgeschäften eines Nichtkaufmanns (hiervon siehe unten § 6); n u r im H a n d e l s g e w e r b e und, der heutigen A u f f a s s u n g nach, n u r für dieses hat sich ein besonderes Handelsrecht als Teil des bürgerlichen R e c h t s entwickelt und bewährt, obgleich zeitweilig mitunter auch Geschäfte und B e ziehungen von Nichtkaufleuten dem Handelsrecht unterstellt wurden (s. unten §§ 6, 7). Die Unterscheidung von Land- und Seehandel hat sowohl für das Privatrecht, wie für das öffentliche R e c h t wichtige Konsequenzen (über den Seehandel s. unten §§ 108 ff.). Privatrechtlich ist auch der Unterschied zwischen Distanz- und Platzhandel von B e d e u t u n g (s. ζ. B. unten § 45), und auch der Umstand, daß der Handel als Großoder als Kleinhandel (Engrosgeschäft oder Detailgeschäft) bel) Hierüber s. besonders: J. R i e s s e r , Der Einfluß handelsrechtlicher Ideen auf den Entw. eines B G B . f. d. Deutsche Reich (Stuttgart 1894). Vgl. auch G a r e i s in Büschs Archiv Bd. 29 (NF. Bd. 4, 1874) S. I — I I .

1*

4

Einleitung.

triebeil wird, hat nicht selten eine juristische Bedeutung· (s. unten § 12 II). Wechselrecht (s. unten §§ 75—107) und Seerectt (Seehandelsrecht, s. unten §§ 1 0 8 — 1 1 9 ) sind Zweige des Eandelsrechts im weiteren Sinne, welche eine besonders reicie Entwicklung· und namentlich eine feine juristische Durchbildung ihrer Institute gewonnen haben; diesen beiden Zweigengegenüber steht das Handelsrecht im engeren Sinne, dess;en Mittelpunkt die den sog. eigentlichen Handel (nämlich die Warenumsatzgeschäfte, insbesondere den Kauf) regelnde! Vorschriften bilden; neben diesen stehen die Regeln von den Hilfsunternehmungen des Handels, von Kommission, Spedition, Lagergeschäft, Transportunternehmungen, Assekuranz usw., kurz die Rechtsregeln vom sog·, uneigentlichen Handel (s. unten §§

50—73)·

III. · Von einem anderen Standpunkt aus betrachtet, zerfällt das Handelsrecht in G e w o h n h e i t s r e c h t des Handels und G e s e t z e s r e c h t desselben. In bezug auf das Gewohnheitsrecht, seine Bildung und Geltung 1 ), namentlich im Verhältnis zum Gesetzesrecht, enthält das heutzutage geltende geschriebene Recht Deutschlands keinerlei R e g e l n a b g e s e h e n von der für Konsulargerichtsbezirke und Schutzgebiete geltenden Vorschrift 2 ), daß daselbst in Handelssachen 3 ) die Reichsgesetze usw. nur so weit Anwendung finden, als nicht das dort geltende Handelsg-ewohnheitsrecht ein anderes bestimmt. Der Richter und der Handeltreibende haben die eine wie die andere Gruppe von Rechtssätzen zu beobachten 4 ), die Auslegung und die Anwendung von Rechtssätzen

stehen

in Handelssachen

bürgerlichen Verkehr.

unter

den

nämlichen Regeln wie im übrigen

Die Frage der Rückwirkung neu entstandener Rechtssätze

Über die Entstehung und geschichtliche Bedeutung des kommerziellen Gewohnheitsrechts s. unten § 3 S. 6 u. 7. Über die künftige Geltung des G e w o h n h e i t s r e c h t s überhaupt neben dem B G B . und dem H G B . s. G a r e i s B G B . (Gießen, Emil Roth, 1896), S. X X I I ff., ferner G a r e i s in seinem K o m mentar zum Allg. T . d. B G B . (Berlin, Carl Heymanns Verlag 1900) S. X X X V I ff., auch G a r e i s , Zum Begriff Gerechtigkeit (Gießen, 1907) S. 6, 3 1 . Gareis, Deutsches Kolonialrecht (2. Aufl. 1902) S. 7 6 Anm. 1. *) K o n s G G . v. 7. April 1 9 0 0 § 40 A b s . 1 u. 2 ; SchutzgebG. v. 10. Sept. 1 9 0 0 (nach dem R G . v. 2 5 . Juli 1900) § 3. 3 ) Handelssachen in diesem Sinne sind die von einem Kaufmanne vorgenommenen Rechtsgeschäfte der im § 1 A b s . 2 d. H B G . bezeichneten Art, sowie die A n gelegenheiten, die eines der im § 101 Nr. 3 a, d, e, f des G V G . aufgeführten Rechtsverhältnisse zum Gegenstande haben. (Vgl. S. 1 8 , 19.)

«) Vgl. ZPO. § 2 9 3 .

§ 3· auf

Überblick über d. geschichtl. E n t w i c k l u n g d. Handelsrechts.

besehende

ältere Rechtsverhältnisse

5

wird in modernen Gesetzen durch be-

sondere Bestimmungen für die einzelnen Fälle beantwortet 1 ).

§ 3· Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Handdsrechts überhaupt und des Deutschen Handelsrechts insbesondere2). I. Das Bedürfnis nach einem besonderen Handelsrechte, namertlich nach einem besonderen Handelsprivatrechte neben dem ibrigen bürgerlichen R e c h t e , sowie die B e f r i e d i g u n g dieses Bedürfnisses ist geschichtlich von d r e i Umständen abhärgig" und beeinflußt, nämlich: von der Einwirkung der Rechtszustände aller Völker, die durch Handelsbeziehungen miteinander verbunden sind (internationaler F a k t o r zur Entstehung des HR.), von dem Zustande des sich langsamer entwickelnden allgemeinen R e c h t s (nationaler Faktor), und von der Sitte und A n s c h a u u n g eines besonderen Handelsstaides (kommerzieller Faktor). V a s den ersten dieser drei Umstände anlangt, so macht sich geltend,

daß

der Hardel keineswegs eine eigenartige Beschäftigung einzelner sich abschließender Völker ist, und daß zugleich mit den W a r e n , die der Handel begriffsmäßig umsetzt und üb;r d e Länder und Meere hin bringt, Rechtsanschauungen v o n V o l k zu V o l k getragei werden: _ infolge der Berührung der handeltreibenden V ö l k e r in W a r e n - , Geld- ind Kreditverkehr

machen sich Rechtsbedürfnisse

geltend,

welche

nach

gemeinamtr Befriedigung verlangen, und es gelangen so Anschauungen zum Siege und Rechtisätze zur A n w e n d u n g , die das internationale Element im Handelsrecht eines jidei V o l k e s bilden und in steter W e c h s e l w i r k u n g die Rechtsentwicklung sämtlicler direkt oder mittelbar miteinander in Verkehr stehenden und am internationalen Waren-, Geld- und Kreditaustausch mehr oder weniger stark beteiligten Völker bednflussen *); einer solchen Einwirkung fremder Kulturen, vor allem der althelleiischen, verdankt R o m sein jus gentium und jene Elastizität seines R e c h t s , vermög: deren dieses befähigt war, den Tatbeständen und Bedürfnissen des römischen Handels zi dienen; ohne die Entstehung eines besonderen Handelsrechts bewiißt oder

mbewußt

anzustreben,

blühte

der

römische

Handel

einige

Jahrhunderte,

namentlich als Unternehmung' des Großkapitals, und zwar ursprünglich und vorzugs-

1 Mm vgl. die Übergangsvorschriften im EinfG. z. H G B . v. ro. Mai 1897 Art. 1, 22—28. F e r n e r : K . L e h m a n n , D i e zeitliche Anwendbarkeit der B e stimmuagei des neuen H G B . , Goldschmidts Z. B d . 48 (1899) S. I ff. K . L e h m a n n , Lehrb. § I. R ä u m l i c h e Grenzen ebenda § 12. ί V*l. K . L e h m a n n Goldschmidts Z. Bd. 52 (1902) S. I ff. Über den Zusammenhang hellenischer Rechtseinrichtungen mit römischen s. G U G e s a . S. 78fr., 239, 344, auch folgende A n m .

Einleitung.

6

•weise als überseeische Unternehmung betrieben; die auf diesem Gebiete entstandenen Rechtsinstitute sind vom gemeinen Verkehrsrecht übernommen worden und bilden zum Teil heute noch die wichtigsten Elemente des Obligationenrechts im Handelsverkehr 1 ). Vom Ende des 1 1 . Jahrhunderts an machten sich die beiden anderen die Entwicklung des Handelsrechts beeinflussenden Umstände geltend: von da an trat nämlich neben die teils literarisch gepflegte, teils im Vulgarrecht praktisch erhaltene Tradition des römischen Rechts 2 ) als neuer Faktor die H a n d e l s s i t t e des Handelsstandes 3 ) ; das neue frische Leben, welches der Handel in die durch ihn zur herrlichen Slüte und Macht emporgehobenen Städte Italiens und Deutschlands brachte, verlangte nach neuen Rechtsnormen und schuf sich diese selbst im Wege der Bildung neuen, kaufmännischen Gewohnheitsrechts, der Usance; schon vom 1 1 . Jahrhundert an wurde die Handelssitte mächtig in den romanischen, aber auch in den deutschen lind skandinavischen Emporien und trat dort wie hier zutage sowohl in den Stadtrechten, wie in den Korporationssatzungen der kaufmännischen Schutzgilden und der späteren Innungen; durch Süd- und Mitteleuropa zog mit den Warenzügen das neu entstandene, immer mehr aus lokaler zu universeller Geltung strebende Recht, großenteils von der Lombardei aus, sich überall einbürgernd, wo Handel getrieben ward; so ist auch in Deutschland ein Handelsrecht der Kaufleute schon im Anfange des 1 1 . Jahrhunderts wohlbekannt und als b e s o n d e r e s , auf der Gewohnheit der Kautieute beruhendes Recht von dem sonst geltenden Recht unterschieden 4 ). In

den Stadtrechten

des Mittelalters 5 ), auf

deren Gestaltung der wohl-

') So namentlich die Obligationen des Bankverkehrs — die Skripturobligationen, Grundlagen des Rechts der Inhaber- und Orderpapiere, — das Seedarlehn, die große Haverei, das Stellvertretungsprinzip in den adjektizischen Klagen usw., s. GUGesch. S. 6 9 , 7 7 f f . , 2 3 9 f r . , 3 4 4 . G o l d s c h m i d t Z . Bd.23, 3 8 0 f t . B a r o n ebd. 2 7 , 1 1 9 f r . u.a. Andere Entlehnungen finden sich im westgotischem Rechte ( D a h n in Goldschmidt Z. Bd. 16, 4 0 4 fr., hierzu s. GUGesch. S. 1 1 1 ) ; in mitteleuropäischen Rechtsquellen u. Handelseinrichtungen bürgerten sich zahlreiche Lehnworte aus dem A r a b i s c h e n ein, s. GUGesch. S. 9 7 f r . , die Elemente des Rechts der Wertpapiere finden sich im spätrömischen Urkundenwesen, traditio cartae usw., s. B r u n n e r , Deutsche Rechtsgeschichte I ( 2 . Aufl. 1 9 0 6 ) S. 5 6 4 , S7off. und die dort angegeb, Liter., auch GUGesch. S. 3 8 7 , auch G o l d s c h m i d t Z. Bd. 3 6 S. 1 2 4 . a ) Über das Vulgarrecht s. H. B r u n n e r a. a. Ο. I ( 2 . Aufl.) S. 3 7 8 , GUGesch. S. 9 0 fr. 3 ) Über die Entstehung der Kaufmannschaft als Stand s. L . v. M a u r e r , Geschichte der Städteverfassung Bd. Iff. ( 1 8 6 9 ) S. 3 1 5 f t . (Recht der freien Kaufleute) Bd. I I ( 1 8 7 0 ) S. 2 5 7 f r . (gildae mercatoriae). Vgl. Κ L e h m a n n , Lehrb. S. 1 7 f r . E r n s t M a y e r in den Germanist. Abhandlungen zum 7 0 . Geburtstage Konrad v. Maurers ( 1 8 9 3 ) unter der Überschrift: Zoll, Kaufmanschaft und Markt zwischen Rhein und Loire bis in das 1 3 . Jahrhundert, insbes. S. 4 6 0 f r . — F e l i x D a h n , Kge. d. Germ. V I I I 4 S. 2 3 8 f r . — Das Cap. d. villis v . J a h r e 8 1 2 erwähnt bereits Märkte, eine Abgabe de mercatis (c. 6 2 ) usw. s. G a r e i s , LandgüterO. (1895) S. 53. 57· 4 ) Dies geht aus einer hochinteressanten Anmerkung Notkers (des St. Galler Mönchs -J- 1 0 2 2 ) hervor, G r i m m , Rechtsaltertümer S. 6 1 0 ; G o l d s c h m i d t a. a. O. S. 1 2 5 ; S i e g f r . R i e t s c h e l , Markt und Stadt, Leipzig 1 8 9 7 S. 1 9 1 u. a. ft ) Vgl. L a s t i g , Entwicklungswege und Quellen des Handelsrechts ( 1 8 7 8 ) ; Derselbe in G o l d s c h m i d t Z. 2 3 S. 1 3 8 ; 24 S. 3 8 7 . A l e s s . L a t t e s , diritto commerciale nella legislazione statutaria delle cittä Italiane. Milano 1 8 8 3 . Derselbe, studij di diritto statutario. 1 8 8 7 . M a r g h i e r i . il diritto commerciale italiuno 1 8 8 2 seq. pag. 1 3 seq. GUGesch. S. I i 2 f f „ 1 5 3 f r . , 2 3 7 f r .

§ 3-

Überblick über d. geschichtl. Entwicklung d. Handelsrechts.

7

organisierte Kaufmannsstand Einfluß gewann, und in den eigenen Standesgerichten*) des Handelsstandes und seiner im Inland und im Auslande geschaffenen Korporationen, Landsmannschaften und Gilden kam das Handelsgewohnheitsrecht zur Aufzeichnung und zur praktischen, es wieder weiter entwickelnden Geltung; nicht minder in dem Rechte und Verkehre

der zuerst in Frankreich,

dann auch in

Deutschland, Brabant und Flandern blühenden Wechsel-und Warenmärkte und Messen. J e höher emporblühend sich der Handelsstand in den mittelalterlichen Städten und die Handelssitte in ihnen und im internationalen Verkehr entwickelte, desto mehr war zur selben Zeit die RechtsentVicklung im übrigen zurückgeblieben. Und so gesellte sich denn auch der dritte zur Entstehung des Sonderrechts der Handeltreibenden gehörende Faktor hinzu,

der Zustand eines zurückgebliebenen,

vielfach in erstorbenen Formen versumpften oder in meist mißverstandenen Normen eines fremden Volks und einer entlegenen Zeit gefesselten allgemeinen bürgerlichen R e c h t s : je zurückgebliebener, je weniger praktisch das allgemeine bürgerliche Recht, desto mehr schreit der Handel nach einem Sonderrecht und desto mehr schreitet die Bildung dieses Sonderrechts vor, wenn ein kräftiger, solider Handelsstand festgebaut hinter ihr steht.

IL Das allerorten in Mitteleuropa gleiche Rechtsbedürfnis der miteinander in Handelsverbindung tretenden Kaufleute führte, da gleiche Ursachen gleiche Wirkungen hervorrufen, zu einem vom kosmopolitischen Hauche durchwehten, in den Grundzügen übereinstimmenden Rechte, teils auf dem Wege der einheitlichen Gewohnheitsrechtsbildung (stylus mercatorum, usance), teils auf dem der Entlehnung oder Übertragung. Aber die Übereinstimmung beschränkte sich doch nur auf die Grundzüge, die Grundbegriffe im allgemeinen (etwa wie den Begriff der Tratte, des Eigenwechsels, des Giros, der Aktie, der Kollektivhandelsgesellschaft, des Mäklergeschäfts u. dgl.1 — im einzelnen, in den Modalitäten der Rechtsgeschäfte, in Fristund Formbestimmungen u. dgl., wichen die Rechtsnormen der verschiedenen Handelsplätze innerhalb und außerhalb Deutschlands recht erheblich voneinander ab, in den verschiedenen Platzusancen und Stadtrechten, auch innerhalb Deutschlands selbst, in Markt- und Wechselordnungen, in Gildestatuten und Merkantilgerichtsnormen zeigten die einzelnen Rechtsinstitute eine sehr verschiedenartige Ausgestaltung; diese Zerklüftung und Zersplitterung des Handelsrechts *) Uber Innungsgerichte der Kaufleute, so in Pisa, Florenz u. a. s. GUGesch. S. I 7 0 f f . ; in Deutschland ζ. B . das Admiralitätsgericht in Hamburg i. J . 1 6 2 3 errichtet, das Kommerzgericht in Leipzig i. J . 1682, das Merkantilgericht in Nürnberg u. a. a. O. s. W . S i l b e r s c h m i d t , Die Entstehung der deutschen Handelsgerichte (1894); ferner derselbe in Goldschmidt Z., Beilagenheft zu Bd. 55. L e h m a n n Lehrb. S. 56 u. die dort angegeb. Lit.

8

Einleitung.

in zahllose Partikularrechte, Lokalusancen und Statutarrechte aller Art währte in Italien, in dem Maße der politischen Zersplitterung dieser Halbinsel, bis in das 19. Jahrhundert, in Frankreich aber nur bis zur sog". Ordonnance du commerce („Code Savary") von 1673 und Ordonnance de la marine von 1681; unter Zugrundelegung dieser beiden Dekrete Ludwigs X I V . wurde unter Napoleon I. der Code de commerce (in K r a f t seit 1. Januar 1808) geschaffen, ein Handelsgesetzbuch (in 648 Artikeln zugleich mit dem Handelsrecht im engeren Sinne das Wechselrecht, See-, Konkurs- und Handelsprozeßrecht umfassend), welches teils vermöge direkter gesetzgeberischer Einführung, teils auf dem Wege indirekter Verwertung seines Inhalts die weiteste Verbreitung gewann. Das französische Handelsgesetzbuch wirkte auch auf die Rechtsentwicklung in Deutschland ein; hier war nur für das im Jahre 1794 der Krone Preußens gehörige Gebiet durch die Einführung des „Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten" 1 ) eine wohltuende Rechtseinheit wenigstens hinsichtlich einer Reihe von handelsrechtlichen Verhältnissen erreicht. Sowohl die im Preußischen Landrechte, wie die im Code de commerce ausgesprochenen handelsrechtlichen Normen sind Resultate der Berührung der großen romanischen und germanischen Handelsgruppen vom 1 2 . bis 19. Jahrhundert 4 ).

Im übrigen Deutschland — außerhalb des preußischen Gebietes von 1794 und desjenigen, in welchem die französische Handelsgesetzgebung Eingang gefunden — herrschte in Handelssachen eine immer zunehmende chaotische Rechtszersplitterung; dem römischen und kanonischen Recht, wie der oft unbestimmten allgemeinen Handelsusance — der einzigen Quelle eines gemeinen Handelsrechts auf deutscher Erde — hatten sich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts einige Reichsgesetze zugesellt8), aber diese Spezialgesetze waren an sich von geringer Bedeutung und meist nur polizeirechtlichen Inhalts; in Bayern gab es seit 1785 eine Wechsel- und Merkantilgerichtsordnung, jedoch hatte diese nur subsidiäre Geltang !) Teil Π Tit. 8 Abschn. 7 — 1 5 . ) Dies gilt namentlich auch von den seerechtlichen Bestimmungen des Preuß. Landrechts, in welchen Entlehnungen und Anlehnungen an ältere und auch an fremde Rechte, an das hanseatische Seerecht, ζ. B . „der Ehrsamen Hansesädte Schiffsordnung und Seerecht" (vom 2 3 . Mai 1 6 1 4 ) und an das Landrecht des Herzogtums Preußen (von 1620) usw. nachgewiesen werden können. 3 ) Siehe G o l d s c h m i d t , H B . 2. Aufl. § 8b. 2

§ 3-

Überblick über d. geschichtl. E n t w i c k l u n g d. Handelsrechts.

9

undl ließ in erster Linie die Buntheit d i v e r g i e r e n d e r R e c h t s n o r m e n gelten. Und in der T a t , g r o ß w a r diese R e c h t s verschiedenheit, die in zahlreichen U s a n c e n d e u t s c h e r Einzelstaaten und Handelsplätze z u t a g e trat, in fast unübersehbaren Mairkt-, Meß-, Merkantil-, W e c h s e l - , Börsen-, Bank-, Firmen-, Prokuren-, Assekuranz-, Fallit-, S c h i f f s o r d n u n g e n usw. Schier unerträglich ward diese R e c h t s z e r s p l i t t e r u n g dem deutschen Kaufmannsstande im ι g. Jahrhundert, und „weil das Interesse des Handelsrechts und die N a t u r des Handels m ä c h t i g zu (einheitlicher G e s t a l t u n g drängen, hat die materielle G e meinsamkeit der Bedürfnisse und R e c h t s a n s c h a u u n g e n unter d e n deutschen S t ä m m e n auf diesem F e l d e eher als auf anderen d u r c h Kodifikation ihren A u s d r u c k auch in formaler Einheit g e s u c h t und gefunden" 1 ). III. W i c h t i g e A n r e g u n g e n zur B e s e i t i g u n g j e n e r R e c h t s zersplitterung verdankt D e u t s c h l a n d zunächst den Generalkonferenzen des d e u t s c h e n Z o l l v e r e i n s ; auf der ersten dieser Konferenzen stellte im Jahre 1836

der

württembergische Vertreter

den Antrag,

die Hauptgesichtspunkte zu vereinbaren, von w e l c h e n die Handelsgesetzgebung der einzelnen Staaten auszugehen hätte.

Man

trenntes Vorgehen

innerhalb

der Einzelstaaten

einbarten gemeinsamen Prinzipien; man damals,

dachte

also

zunächst nur an ein ge-

des Zollvereins,

aber

nach

ver-

aber auch daß dieses möglich sei, bezweifelte

man war von der unüberwindlichen Verschiedenheit der Partikular-

rechte zu sehr überzeugt, als daß man auch nur hinsichtlich einzelner Punkte eine Einigung für denkbar hielt! D i e Unrichtigkeit

bald aus der Tatsache, wenige

Jahre

Jedoch ganz ohne F o l g e blieb jene A n r e g u n g nicht.

der erwähnten partikularistischen Uberzeugung aber ergab sich

nachher

daß die in mehreren zum Zollverein gehörenden Staaten hergestellten

Entwürfe

von

Handelsgesetzbüchern

und

Wechselordnungen in der Tat sehr vieles Übereinstimmende hatten und sich teilweise sehr stark aneinander, d. h. w o h l an das hergebrachte oder gemeinsam festzuhaltende R e c h t anlehnten;

dies bewiesen Gesetzentwürfe in Preußen, Sachsen,

Württemberg

Hofackers

(1839—1840

Entwurf),

Braunschweig

und

Nassau.

D a b e i d r ä n g t e sich immer mehr die N o t w e n d i g k e i t eines g e meinsamen V o r g e h e n s auf, und als — allerdings zehn Jahre nach jener ersten A n r e g u n g — wiederum auf einer Zollvereinskonferenz (der achten im Jahre 1846) und wiederum von w ü r t t e m b e r g i s c h e r Seite — der A n t r a g gestellt wurde, behufs B e r a t u n g eines gemeinsamen deutschen W e c h s e l r e c h t s eine Kommission zu berufen, da fand er A n n a h m e . D i e K o m mission trat am 20. O k t o b e r 1847 in L e i p z i g zusammen, am D a h n in Bluntschlis Deutschem Privatrecht, 1864, S. 3 5 9 — 3 6 0 .

10

Einleitung.

9. Dezember desselben Jahres schon war der Entwurf fertig und gelangte sodann allmählich in den einzelnen deutschen Staaten auf dem W e g e der Partikulargesetzgebung (zwischen 1848 und 1862) zur Einführung 1 ) einheitlichen Inhalts: die Allgemeine Deutsche Wechselordnung; dieses Gesetz ist dann durch Gesetz des Norddeutschen Bundes vom 5. Juni 1869 und hierauf durch die Versailler Verträge von 1870 Bundesgesetz und schließlich infolge der Reichsverfassung Reichsgesetz geworden. Das übrige, das eigentliche Handelsrecht in Deutschland zur Rechtseinheit zu bringen, ward nach den Zwischenfällen der Jahre 1848 und 1849, welche übrigens auch zu einer kommissioneilen Beratung eines Entwurfs eines gemeinsamen deutschen Handelsgesetzbuches (Frankfurt a. M„ Dezember 1848 bis März 1849), ja zur Fertigstellung des Entwurfs für einen großen Teil des Handelsrechts führten, wiederum auf einer Zollvereinskonferenz angeregt und wiederum von dem württembergischen Vertreter (20. Februar 1854). Jetzt konnten diepartikularistischen Befürchtungen nicht mehr vorgewendet werden, man erklärte einmütig die Berechtigung der Forderung und die Bereitwilligkeit, zu ihrer Verwirklichung mitzuwirken, seitens aller auf der Konferenz vertretenen Regierungen. Diese wandten die Angelegenheit nun dem verfassungsmäßigen Zentralorgan des damaligen Deutschen Bundes zu; bei der Bundesversammlung zu Frankfurt a. Main brachte Bayern am 21. Februar 1856 folgenden Antrag ein: Die Bundesversammlung wolle beschließen, eine Kommission zur Entwerfung und Vorlage eines „Allgemeinen Handelsgesetzbuchs für die Deutschen Bundesstaaten" niederzusetzen usw. Die Bundesversammlung nahm diesen Antrag am 17. April 1856 an und berief nach den erforderlichen Zwischenverhandlungen und Anzeigen durch Beschluß vom 18. Dezember 1856 die Kommission zum 15. Januar 1857 nach Nürnberg 2 ). ') In Preußen durch Ges. v. 1 5 . Februar 1 8 5 0 , in B a j e m durch Ges. v. 2 5 . Juli 1 8 5 0 usw. s. G a r e i s , W O . 6. Aufl. ( 1 9 0 8 ) S. 55 ff., 7 5 ff., 79 ff. 2 ) A n diesem Tage und Orte trat sie auch wirklich zusammen, konstituierte sich unter dem Vorsitz des bayerischen Justizministers von Ringelmann, erwählte zum rweiten Präsidenten den österreichischen Kommissar Ritter von Raule und zum Referenten den preußischen Kommissar Geheimen Oberjustizrat Dr. Bischoff, vortragenden R a t im preußischen Justizministerium, und nach dessen Tode den Senatspräsidenten des Appellationsgerichts zu K ö l n G O J R . Heimsoeth; die Be-

§ 3-

Überblick über d. geschichtl. Entwicklung d. Handelsrechts.

H

A l s Grundlage der Beratung waren der Konferenz zwei Entwürfe von Handelsgesetzbüchern vorgelegt worden, einer von der k. k. österreichischen Regierung in zwei Redaktionen (eine zu 2 1 2 , die andere"zu 2 1 8 Paragraphen, beide Wien 1 8 5 7 ) und einer von der K . preußischen Regierung (Berlin 1 8 5 7 , Erster T e i l : Entwurf, Zweiter T e i l : Motive).

Die Konferenz, zu der 2 1 deutsche Bundesstaaten Vertreter ge-

sandt hatten, welche teils dem Kaufmannsstande angehörten, teils Rechtsgelehrte waren, auch

legte

ihren Beratungen den preußischen Entwurf zugrunde,

dem österreichischen

fortwährend volle Beachtung zu;

wandte aber

zunächst nahm sie

in Nürnberg, bis zum 2. Juli 1 8 5 7 tagend, eine erste Lesung des Entwurfs (ausschließlich des Seerechts) vor, dann ebenda vom 1 5 . September 1 8 5 7 bis 18. Januar 1 8 5 8 eine zweite;

hierauf siedelte sie, um über das fünfte Buch,

welches

vom Seerecht handelte, zu beraten, nach Hamburg über 1 ). Die

erste Lesung

des Seerechts

fand auf

der Grundlage des preußischen

Entwurfs (vom 26. April 1858 bis 25. Oktober 1859) statt, eine zweite auf Grund des von der Versammlung festgestellten Entwurfs erster Lesung (vom 9. Januar bis 22. August i860). Die dritte Lesung, bedeutend abgekürzt,

begann wieder in Nürnberg

(am

19. November i860) und erledigte ihre Aufgabe, nämlich gegen den Entwurf erhobene „Erinnerungen", auf welche die dritte Lesung nach Beschluß der Regierungen von Osterreich,

Preußen und Bayern eingeschränkt werden sollte, und die Her-

stellung eines Entwurfs des besonderen Eisenbahntrachtrechts in 33 Sitzungen; am 16. März 1861 legte die Kommission der Bundesversammlung ihr W e r k in dritter Lesung abgeschlossen vor; es war in fünf Bücher geteilt, von denen das erste die Rechtsverhältnisse

des Handelsstandes

als solchen

(Kaufleute,

Handelsregister,

-firmen und -bücher, Handlungsbevollmächtigte und -gebilfen und Handelsmäkler) regelt,

das zweite

von

den Handelsgesellschaften,

Arten der Handelsassoziation,

das dritte von zwei anderen

das vierte von den Handelsgeschäften handelt —

diese vier Bücher sind in drei Lesungen festgestellt worden — , das fünfte Buch handelt vom Seerecht nach den Beschlüssen der zweiten Lesung. Zugleich hatte die Kommission auch den Entwurf der später sogenannten „ N ü r n b e r g e r N o v e l l e n zur W O " bei der Bundesversammlung eingebracht; es sind dies Zusätze, welche zur Beseitigung einiger Zweifel in der Durchführung der W O wünschenswert erschienen und innerhalb der Kommission bei Gelegenheit der Beratung des Entwurfs zum A D H G B zu Nürnberg zufolge Bundesbeschluß vom 19. Februar 1857 in den Sitzungen vom 1 . bis 3. März 1858 und am I. und 9. März 1861 vereinbart wurden; sie sind nun in den Text aufgenommen, s. unten § 76 I V a. E . Die Bundesversammlung lud hierauf mit Beschluß vom 8. Mai 1861 sämtliche Bundesregierungen ein, „dem in der Sitzung vom 16. März 1 8 6 1 vorgelegten Entwurf ratungen, über welche ausführliche Protokolle geführt wurden, welche von einem der Schriftführer der Kommission, Dr. Lutz, dem spätem bayerischen Minister, herausgegeben worden sind, wurden am 2 1 . Januar 1 8 5 7 eröffnet. ') Den Vorsitz führte der österreichische Kommissar Ritter v o n R a u l e , das Referat der preußische Kommissar Obertribunalsrat P a p e von Königsberg i. Pr. — derselbe Jurist, unter dessen Vorsitz vom September 1 8 7 4 bis 1888 der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich hergestellt wurde.

12

Einleitung.

eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs baldmöglichst und unverändert im geeigneten W e g e Gesetzeskraft in ihren Landen zu verschaffen".

Der zu Nürnberg und Hamburg· hergestellte Eitwurf wurde sodann auf dem W e g e der Partikulargesetzgebung 'Landesgesetzgebung) als „Allgemeines Deutsches Haidelsgesetzbuch" in den einzelnen deutschen Bundesstaaten — Ausnahmen s. unten S. 13, Anm. 1 — mittels sogenannter Einführungsgesetze, welche zwischen dem Oktober 1861 und dem Dezember 1865 erlassen worden sind, in Gesetzeskraft gesetzt1). IV. In dem nämlichen Jahre, in welchem das Haidelsgesetzbuch auch in denjenigen Staaten, welche sich iuletzt zur Einführung des gemeinsamen Handelsrechts entsclließen konnten, im Kurfürstentum Hessen und in Hamburg, zur Wirksamkeit gelangte, brach der Deutsche Bund zusammer, ihm folgte als kräftigere Einigung der Norddeutsche Bund. Dieser erhob in seiner Verfassung vom 25. Juni 1867 die gemeinsame Gesetzgebung über das Handels- und Wechselrecht zur Bundessache und mittels Gesetz vom 5. Juni 1869 das ADHGB. zum Bundesgesetz des Norddeutschen Bundes. Und in dem nämlichen Jahre, an dessen erstem T a j e das A D H G B . als Bundesgesetz des Norddeutschen Bundes in K r a f t getreten, 1870, vollzog sich der Abschluß jener Verträge (Versailler Verträge), welche der formellen Gründung des Deutschen Reiches unmittelbar vorangingen; mit der Verfassung· des Deutschen Reiches (vom 16. April 1871) ward das Handelsgesetzbuch Reichsgesetz, absolutes gemeines Recht für den ganzen Umfang des Reichsgebiets: das oben erwähnte Einführungsg-esetz des Norddeutschen Bundes vom 5. Jun. 1869 ist für diesen Bund am 1. Januar 1870, für Württemberg, Baden und Südhessen kraft jener Verträge am 1. Januar 1871, für Bayern kraft der Reichsverfassung am 13. Mai 1871 in Kraft und Wirksamkeit als Reichsgesetz getreten. Die Erhebung des A D H G B . zum Bundes-, bzw. Reichsgesetz hatte vitr allem drei juristische Folgen: So für Preußen durch EinfG. vom 24. Juni 1 8 6 1 , in K r a f t seit I. März 1 8 6 2 ; für Bayern Gesetz vom 10. November 1 8 6 1 , in K r a f t seit I. Juli 1 8 6 2 ; für das Königreich Sachsen Gesetz vom 30. Oktober 1 8 6 1 , in K r a f t seit I. Mäiz 1 8 6 2 ; für Württemberg Gesetz vom 1 3 . August 1865, in K r a f t seit 15. Dezember 1 8 6 5 ; für Baden Gesetz vom 6. August 1862, in K r a f t seit I . J a n u a r 1 8 6 3 ; für dis Großherzogtum Hessen Gesetz vom 1. August 1 8 6 2 , in K r a f t seit 1 . Januar 1863 usw.

§ 3·

Überblick über d. geschichtl. Entwicklung d Handelsrechts.

i. Das H G B . gilt hiermit auch in denjenigen Teilen des Reichsgebiets, in •welchen es nicht zu einer partikularen, landesgesetzlichen Einführung gekommen war 1 . Da die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen ( R V . Axt. 2), so sind alle partikularrechtlichen Einführungsgesetze insoweit aufgehoben, als sie von den Bestimmungen des H G B . oder des Reichseinführungsgesetzes abweichen,

es sei

denn, daß die Geltung der Abweichung ausdrücklich vorbehalten ist 2 ). 3. Zufolge der angeführten Bestimmung der Reichsverfassung ist jede Änderung des H G B . auf dem Wege der Landesgesetzgebung ausgeschlossen,

das deutsche

Handelsrecht also, solange die Reichsverfassung es festhält, der partikularistischen Zerstückelung entrückt.

V. Nicht in seinem ganzen Bestände hat sich das Handelsgesetzbuch, seit es Gesetz des Norddeutschen Bundes und dann des Reiches geworden, unverändert erhalten; die Bundesund Reichsgesetzgebung selbst hat Hand an das Gesetzbuch gelegt, um es, wo es notwendig schien, Erfahrungen entsprechend, zu verbessern. Die Abänderungen, welche sich unser Handelsgesetzbuch von 1861 seit 1869 gefallen lassen mußte, sind in vier Gruppen zu überschauen. 1. In bezug auf Aktiengesellschaften (s. unten · §§ 3 iff.) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (s. unten § 37) hat schon ein Gesetz vom 1 1 . Juni 1870 Abänderungen gebracht, hauptsächlich indem es an die Stelle des, wie vom älteren Handelsrechte, so auch vom HGB. von 1861 .aufgestellten Erfordernisses der speziellen Staatsgenehmigung (Privilegierung oder Konzessionierung) ein System von sogenannten „Normativbestimmungen" setzte. Vierzehn Jahre später wurde dieses System zwar nicht fallen gelassen, aber abgeändert durch das RGes. vom 18. Juli 1884, welches die Normativbestimmungen verschärfte. Nachdem im preußischen Jadegebiet das H G B . durch das Bundeseinführungsgesetz Gdtung erhalten, wurde für dasselbe Gebiet durch ein preußisches Gesetz vom 9. März 1870 das hannoversche EinfG. vom n . Mai 1864 nebst den dieses abändernde! und ergänzenden Bestimmungen eingeführt. Im Fürstentum SchaumburgL i p p e tat das H G B . durch das Bundes-EinfG. in Kraft, hierzu erschien eine Ausführmgsverordnung vom 1 1 . Dezember 1869 (s. B ü s c h s Archiv Bd. 18 S. 372 ff.). In den Herzogtümern Holstein und Schleswig gilt das H G B . auf Grund einer k. preußisclen Einführungsverordnung vom 5. Juli 1867 seit 30. September 1867, im Herzogtim Lauenburg auf Grund des EinfG. vom 2 1 . Oktober 1868 seit 1 . Januar l8t9, in Elsaß-Lothringen auf Grund des R G e s . vom 19. Juni 1872. Letzteres ist in der Tat der F a l l hinsichtlich einiger Bestimmungen der E i n f G . vjn Mecklenburg-Schwerin, Bremen und Hamburg (§ 4 des EinfG. vom 5. J u n i 1S69), welche, wie gleich hier bemerkt werden soll, auch durch das neueste R e c h t (Art. 19 des EinfG. vom 10. Mai 1897) in K r a f t erhalten werden, sowie hinsichtlch der weiteneichenden Vorbehalte der §§ 3 B , 5 des EinfG. vom 5. Juni 1869, welche durch das neueste Recht nicht aufrecht erhalten sind.

14

Einleitung.

2. Der vierte Teil des fünften Buchs des A D H G B . (Art. 528—556) ist aufgehoben durch die Seemannsordnung·, ein RGes. vom 27. Dezember 1872, an dessen Stelle seit 1. April 1903 die' Seemannsordnung· vom 2. Juni 1902 getreten ist (s. unten §§ 108, i n ) . 3. Infolge der seit 1. Oktober 1879 in Wirksamkeit befindlichen deutschen Justizgesetzgebung, namentlich wegen der Einführung des Prinzips der materiellen Beweiswürdigung — im Gegensatze zu einer früher herrschenden sog. formalen Beweistheorie — sind aus dem Handelsgesetzbuche einige Vorschriften weggefallen 1 ). 4. Nicht eigentlich Abänderungen, aber direkt in das Recht des HGB. eingreifende Ergänzungen finden sich in einer Anzahl von neueren Reichsgesetzen 2 ). VI. Eine viel weiter gehende Abänderung des ADHGB., ja eine völlige Revision, Umarbeitung und Ergänzung des Rechts dieses Gesetzbuchs ist schon im Jahre 1874 für die Zeit unmittelbar nach dem Zustandekommen eines einheitlichen Bürgerlichen Gesetzbuchs ins Auge gefaßt worden; aber bevor es hierzu kam, ergab sich als zweckmäßig, ja notwendig, die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt und die der Flößerei vorweg und selbständig zu regeln 8 ). Und wie man diese beiden Rechtsstoffe der Stückgesetzgebung des Reiches zugewiesen hat, welche inzwischen auch das Börsen wesen 4 ) und die den Handelsgesellschaften nahestehenden S o sind aufgehoben die Artikel 3 4 — 3 6 (betr. die Beweiskraft der Handelsbücher — an Stelle derselben trat ZPO. § 2 5 9 , jetzt § 286), Art. 3 7 Satz 2 und Art. 39 (Edition der Handelsbücher betr. — ZPO. §§ 2 5 9 , 399, jetzt §§ 286, 434) Art. 7 7 und 78 (Beweiskraft des Tagebuchs und der Schlußnoten der Handelsmäkler betr. — ZPO. § 2 5 9 , jetzt § 286), Art. 7 9 A b s . 2 (Edition des Mäklertagebuchs betr. — ZPO. § 399, jetzt § 4 3 4 ) , Art. 488 und Art. 889 (betr. die Beweiskraft des Schiffsjournals und anderer Schiffspapiere) und Art. 494 (betr. Beweis durch Verklarung — ZPO. §§ 2 5 9 , 260, jetzt 286, 2 8 7 ) , siehe über all' dies das EinfG. zur ZPO. § 1 3 Ziff. 2. 2 ) So in folg. RGesetzen: im Ges. betr. die Löschung nicht mehr bestehender Firmen und Prokuren im Handelsregister, vom 30. März 1 8 8 8 ( R G B l . S. 129), in den G. betr. die Binnenschiffahrt und betr. die Flößerei, beide vom 1 5 . Juni 1 8 9 5 , im Reichsbankgesetz vom 1 4 . März 1 8 7 5 , in der Konkursordnung ζ. B . §§ 109, 2 0 1 , 209, 2 1 0 , jetzt §§ 1 1 9 , 2 1 2 , 2 3 9 , 240, im Börsengesetz vom 2 2 . Juni 1896, in der Gewerbeordnung; in den Gesetzen betr. die Nationalität der Kauffahrteischiffe vom 2 5 . Oktober 1 8 6 7 , 2 3 . Dezember 1 8 8 8 , 1 5 . April 1 8 8 5 , 2 2 . Juni 1 8 9 9 (Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe), 29. Mai 1 9 0 1 usw. s ) Und dies geschah durch die beiden Reichsgesetze v. 1 5 . Juni 1 8 9 5 ( R G B l . 1 8 9 5 S. 3 0 1 bzw. 3 4 1 ) , s. unten § 58. *) R G . v. 2 2 . Juni 1 8 9 6 ( R G B l . 1 8 9 6 S. 157), s. unten § 49.

§ 3'

Überblick über d. geschichtl. Entwicklung d. Handelsrechts.

Gesellschaftsformen:

die „ e i n g e t r a g - e n e n

u n d die „ G e s e l l s c h a f t e n und

Genossenschaften-'1),

mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g " 2 )

diese G e g e n s t ä n d e a b s i c h t l i c h n i c h t d e m

buche

einverleibt

hat,

so

wurde

regelte,

Handelsgesetz-

es auch mit dem

r e c h t 8) u n d mit V e r s i c h e r u n g s r e c h t

15

gehalten.

Verlags-

Zur Revision

des Handelsgesetzbuchs

s e l b s t a b e r stellte d a s R e i c h s j u s t i z a m t

im H e r b s t e

1895

es

an

des J a h r e s

neuen

Rechtsstoffen

einen E n t w u r f nur

das R e c h t

agenten

und

das

Bestand

des

Handelsgesetzbuchs,

grenzung

der

des L a g e r g e s c h ä f t s

darin

behandelten

großen und ganzen unverändert

was

auf,

aufnahm, die

in

der

welchem

Handlungsso

daß

allgemeine

Gegenstände

anlangt,

der Beim

blieb.

Nach verschiedenen kommissioneilen Vorberatungen gelangte, nachdem das größte Gesetzgebungswerk der deutschen Nation, das Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch, durch Kaiserliche Unterschrift am i8. August 1896 vollendet worden war, der Entwurf des neuen Handelsgesetzbuchs sowie der zugehörige Entwurf eines Einführungsgesetzes, zusamt einer erläuternden Denkschrift am 22. Januar 1897 a n den Reichstag 5 ). Die erste Beratung im Reichstage fand am 8., 9. und 10. Februar 1897 statt und endigte mit dem Beschlüsse, den Entwurf einer einundzwanziggliedrigen Kommission zu überweisen 6 ); diese erledigte eine erste Lesung in zehn Sitzungen, eine zweite in sechs Sitzungen und erstattete ihren Bericht dem Reichstage unterm I. April 1897 7 ). Die zweite Beratung des Entwurfs im Plenum des Reichstags 8 ) fand am 5. und 6. April 1897 statt, die dritte Beratung, am 7. April desselben Jahres, endigte mit der einstimmigen en bloc-Annahme des Handelsgesetzbuchs. D a s neue Handelsgesetzbuch, 905 P a r a g r a p h e n umfassend, und

das Einführungsgesetz

hierzu ( 2 8 A r t i k e l )

Kaiserliche Unterschrift am 10. Mai 1 8 9 7 gesetzblatte

1897

Nr. 23

erhielten

die

u n d sind im R e i c h s -

S . 21 gff. verkündigt9).

RG. v. I. Mai 1889 (RGBl. 1889 S. 55), s. unten § 38. ) RG. v. 20. April 1892 (RGBl. 1892 S. 477), s. unten § 39. ) RG. v. 19. Juni 1901 (RGBl. 1901 S. 217), s. unten § 59. *) Das RG. v. 12. Mai 1901 über die privaten Versicherungsunternehmungen regelt die privatrechtliche Seite dieser Geschäfte nicht, wohl aber nun das R G . v. 30. Mai 1908, s. unten §§ 62—64. δ ) Drucksachen d. d. Reichstags, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895—97, Drucksache Nr. 632. Der Entwurf d. HGB. umfaßte 897 Paragraphen, der des EinfG. hierzu 28 Artikel. e ) (Sitzung vom 10. Febr. 1897, Stenogr. Bericht S. 4601.) Die Kommission konstituierte sich bereits am I I . Febr. 1897. ') Drucksache Nr. 735. 8 ) Zu dieser wurden von verschiedenen Seiten Abänderungsanträge gestellt, s. Drucksachen Nr. 743, 748 bis 750, 751—752, 753, 754. 755. 7^3. 7 6 4· 9 ) Diese Nr. 23 ist in Berlin am 21. Mai 1897 ausgegeben worden; mit dem 14. Tage nach diesem Tage, also mit dem 4. Juni 1897, begann die verbindliche Kraft des Einführungsgesetzes; die des HGB. selbst begann nach dem 2 s

16

Einleitung. Ausführungsvorschriften zum H G B . (oder zum B G B . und dem HGB.) sine

ergangen in Preußen

unterm 24. Sept. 1898, in Bayern unterm 24. Dez. 1899,

im Königr. Sachsen unterm 10. Nov. 1898, Württemberg unterm 28. Juli 1899, Baden unterm I I . Nov. 1899, Hessen unterm 20. Juli 1899, Mecklenburg-Schwerin unterm

9. April 1899,

Strelilz

unterm

Sachsen-Weimar

9. April 1899,

10. April 1899,

Mecklenburg-

Oldenburg unterm 1 5 . Mai 1899,

unterm

Braunschweig

unterm 1 2 . Juni 1899, Sachsen-Meiningen unterm 1 3 . Aug. 1899, Sachsen-Altenburg unterm

24. Juni

1899,

Sachsen-Koburg-Gotha

unterm

23. Okt. 1899,

unterm 20. April 1899, Schwarzburg-Rudolstadt unterm I I . Juli 1899,

Anhalt Schwarz-

burg-Sondershausen unterm 29. Juli 1899, Waldeck unterm I I . Dez. 1899, Reuß ältere

Linie

unterm

4. Nov. 1899, Reuß jüngere Linie unterm 10. Aug.

Lippe unterm 27. November

1899, Lübeck

Gesetz v. 30. Okt. 1899,

1899,

Bremen

unterm 18. Juli 1899, Hamburg unterm 29. Dez. 1899, Elsaß-Lothringen unterm 6. Nov. 1899 (Eis. GBl. S. 127).

§ 4·

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen. Wie in allen Angelegenheiten des bürgerlichen Verkehrs so ist auch in denen des Handelsverkehrs die Rechtspflege sowohl zur Entscheidung von Streitigkeiten berufen (sog. streitige Zivilgerichtsbarkeit, dezisive Justiz) als auch mit der Sicherung oder Vorbereitung von Rechtsverhältnissen befaßt (sog. nichtstreitige oder freiwillige Gerichtsbarkeit, Kautelarund Präventivjustiz). A. S t r e i t i g e

Gerichtsbarkeit.

I. W a s die streitige Gerichtsbarkeit in Handelssachen anlangt, so ist bereits (oben S. 7, insbesondere bei und in Anmerkung 1) bemerkt worden, daß die Existenz der kaufmännischen Standesgerichte wie der vom Handelsstande stark beeinflußten Stadtgerichte*) der Entwicklung und Geltendmachung der Handelssitte und des auf dieser sich stetig aufbauenden Handelsrechts als eines Sonderrechts der Kaufleute, sei dieses Gewohnheitsrecht des Kaufmannstandes oder Statutarrecht der Gilden und anderen Korporationen, außerordentlich Art. I Abs. I des letzteren gleichzeitig mit der des B G B . , also am 1 . Januar 1900, nur der 6. Abschn. des I. Buches des H G B . , nämlich das Recht der Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge trat — mit Ausnahme des § 65 — schon am I. Januar 1898 in Kraft. Über den Beginn der Wirksamkeit der angef. Gesetze s. G a r e i s , H G B . 3. Aufl. S. 432, 433 Anm. 1 zu Art. I des EinfG. und die dort angegebene Lit., auch oben S. 5 Anm. 1. J ) „ S o ist das städtische Gericht ursprünglich wesentlich Markt- bzw. Marktpolizeigericht, die Stadt selbst ein Markt, eine Kaufstatt oder Kaufmannsstadt, der Stadtfrieden ursprünglich ein Marktfrieden", GUGesch. I S. 129, 130.

§ 4·

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen.

17

förderlich war. Denn wo Kaufleute in Handelssachen zu Gericht saßen, brachten sie selbstverständlich ihre Anschauungen zur Geltung-, mochte nun jene aktive Beteiligung- der Kaufleute in eigenen kaufmännischen Gerichten, Innungs- oder Handelsgerichten, oder in anderen, städtischen oder staatlichen Gerichten mit gemischter Besetzung stattgefunden haben. Die Entwicklung des kaufmännischen Gerichtswesens war nämlich nicht überall dieselbe, und so war auch zur Zeit der Einführung des A D H G B . der Rechtszustand hinsichtlich der Ausübung der streitigen Ziviljustiz in Handelssachen kein einheitlicher, sondern verschieden, und bei der verschiedenen Bewertung der vorhandenen Einrichtungen in den einzelnen Ländern konnte man sich zu einer einheitlichen Gestaltung der Handelsgerichtsorganisation bei der Einführung des A D H G B . , nicht entschließen. Dieses Gesetzbuch sprach zwar vom „Handelsgericht" und räumte ihm nicht wenige Funktionen gesetzlich ein, fügte sich aber dem vorhandenen verschiedengestaltigen Rechtszustande mit der Vorschrift seines Art. 3: „Wo dieses Gesetzbuch von dem Handelsgerichte spricht, tritt in Ermangelung eines besonderen Handelsgerichts das gewöhnliche Gericht an dessen Stelle." In den meisten deutschen Einzelstaaten wurden mit der Einführung des A D H G B . im Jahre 1861 ff., größtenteils im Anschluß an ältere Institutionen 1 ), besondere Handelsgerichte

errichtet, so in Bayern, im Königreich Sachsen, in Hamborg,

Bremen,

Lübeck, in der preußischen Rheinprovinz, meist nach französischem Muster, außerdem die Kommerz-

und Admiralitätskollegien

zu Danzig

unter verschiedener Ausdehnung

ihrer Zuständigkeit;

richtung

wurden

in Württemberg:

dort

sachen Abteilungen der bestehenden oder Kammern für Handelssachen), barkeit

in

Handelssachen

und Königsberg

usw.,

eigentümlich war die Ein-

statt besonderer Gerichte

für Handels-

gewöhnlichen Zivilgerichte errichtet (Senate denen die Ausübung

zukam.

Wieder

in

der streitigen Gerichts-

anderen

Gebieten

fand

sich

weder die letztere Einrichtung, noch die besonderer Handelsgerichte, und für diese Gebiete

bestimmte

der

Artikel 3 des

Handelsgesetzbuches

von

1861

den

er-

wähnten Ersatz eines Handelsgerichts durch das gewöhnliche Gericht.

Nur in der obersten Instanz des Rechtsganges in Handelsstreitsachen gelangte man verhältnismäßig bald zu einer Einheit: zur Erhaltung und Förderung der in Handelssachen durch die Herstellung und Einführung des A D H G B . von 1861 gewonnenen Rechtseinheit auf dem Gebiete des materiellen *) Siehe oben S. 7 Anm. 1. G a r e i s , Handelsrecht.

8. Aufl.

2

Einleitung.

18

Handelsrechts wurde im Jahre 1869 das Bundes-Oberhandelsgericht zu Leipzig errichtet 1 ). Die Wirksamkeit dieses höchsten Gerichtshofs in Handelssachen, dessen Zuständigkeit als oberste Instanz in Handelssachen sich bald als Reichsoberhandelsgericht über ganz Deutschland erstreckte, war überaus ersprießlich für die Rechtsentwicklung; man kann sagen, daß durch die Judikatur dieses ausgezeichnet besetzten Gerichtshofes das A D H G B . wirklich lebendiges Recht in Deutschland geworden ist in der Zeit vom August 1870 bis Oktober 1879, d. i. bis zum Inkrafttreten der deutschen Reichsjustizgesetze von 1877, insbesondere des GVG., durch welches an die Stelle des Reichsoberhandelsgerichts das Reichsgericht zu Leipzig gesetzt worden ist. Die eben erwähnte, mit dem 1. Oktober 1879 in Wirksamkeit getretene Justizgesetzgebung des Deutschen Reiches kennt keine besonderen Handelsgerichte und die Bestimmung des Art. 3 des HGB. hat somit die ausgedehnteste praktische Anwendung gefunden; es gehören hiernach jetzt im ganzen Deutschen Reich alle handelsrechtlichen Streitigkeiten vor die ordentlichen Gerichte (Amts-, Land-, Oberlandesgerichte, Reichsgericht). Aber: Innerhalb der Landgerichte („bei den Landgerichten") können für deren Bezirke oder für örtlich abgegrenzte Teile derselben, soweit die Landesjustizverwaltung ein Bedürfnis als vorhanden annimmt, K a m m e r n f ü r H a n d e l s s a c h e n gebildet werden. Es ist dies dieselbe Einrichtung, welche, wie vorhin erwähnt, im Königreich Württemberg

schon bestanden

und

sich

dort bewährt

können ihren Sitz innerhalb des Landgerichtsbezirks

hat;

auch

solche

Kammern

an Orten haben,

an

denen das Landgericht seinen Sitz nicht hat, in welch letzterem Falle statt eines Mitglieds des Landgerichts ein Amtsrichter Vorsitzender der Kammer für Handelssachen sein kann.

G V G . §§ ιοο, IIO.

Die Zuständigkeit dieser „Kammern für Handelssachen", welche in der B e setzung mit einem Mitgliede des Landgerichts

als Vorsitzendem und zwei

kauf-

männischen Beisitzern, die zu „Handelsrichtern" ernannt sind 2 ), entscheiden, hängt von dreierlei ab: Norddeutsches Bundesgesetz, betr. die Errichtung eines obersten Gerichtshofes für Handelssachen, vom 1 2 . Juni 1869. B G B l . 1869 Nr. 22 S. 201 ff. Hierzu Verordn. vom 22. Juni 1870. B G B l . 1 8 7 0 Nr. 22 S. 4 1 8 . 2 ) G V G . §§ 109, 1 1 2 ff.

§ 4·

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen.

19

1. davon, daß die Kammer für Handelssachen von einer der beiden Streitpaiteien mit der Sache befaßt wird 1 ); 2. daß es sich um eine den Landgerichten

in erster Instanz

zugewiesene

bürgerliche Rechtsstreitigkeit handelt, und 3. daß diese

Streitsache

eine

Handelssache

kraft ausdrücklicher

gesetz-

licher Verfügung ist (causa mercantilis im technischen, prozessualen und materiellrechtlichen Sinne). Handelssachen in diesem Sinne sind diejenigen Rechtsstreitigkeiten — zur landgerichtlichen Kompetenz

gehörigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten .—, in

denen durch die Klage ein Anspruch 1 . gegen einen Kaufmann aus objektiven, beiderseitigen Handelsgeschäften, 2. gegen

einen Kaufmann

oder Nichtkaufmann aus

einem Wechsel im

Sinne der W O . , 3.

gegen

einen

Kaufmann

oder

Nichtkaufmann

aus

einem

handelsrechtlichen Verhältnisse, ζ. B . Handelsgesellschaftsverhältnis, Etablissementsveräußerung o. dgl. —

spezifisch

Firmenrecht,

alle kraft besonderer Detailvorschrift

des

GVG. § 101 Ziffer 3 a—g — geltend gemacht wird. Die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen erstreckt sich außerdem ( d . h . außer den im G V G . § 1 0 1 angegebenen Fällen) auch noch auf folgendes: a) Sie entscheiden Gerichtsbarkeit,

über Beschwerden

in Angelegenheiten

der freiwilligen

sofern die Entscheidung einem Landgerichte zukommt und bei

diesem eine solche Kammer gebildet ist. F G G . § 30; ferner über Ansprüche nach b) ScheckG. v. I I . März 1908 § 28; c) BörsenG. v. 27. Mai 1908 § 49.

P r o z e ß r e c h t l i c h sind, während früher ein bedeutender Unterschied zwischen dem ordentlichen Streitverfahren und dep Handelsstreitsachen bestand, heutzutage nur in einigen Beziehungen Eigentümlichkeiten hinsichtlich der Gerichtsbarkeit in Handelssachen noch anerkannt; es gilt nämlich: 1. Der Prozeß für handelsrechtliche Streitigkeiten richtet sich nach den Grundsätzen des gewöhnlichen Zivilprozeßrechts, jedoch mit Eigentümlichkeiten für diejenigen Handelssachen, welche Meß- oder Marktsachen sind: die Frist, welche in einer anhängigen Sache zwischen der Zustellung der Ladung und dem Terminstage lieg-en soll (Ladungsfrist), kann, während sie in Anwaltsprozessen mindestens eine Woche, in anderen Prozessen mindestens drei Tage beträgt, in Meß- und Marktsachen bis auf 24 Stunden herabgesetzt werden 2 ), und während sonst zwischen der Zustellung der Klageschrift und dem Termin zur mündlichen Verhandlung im landgerichtlichen Verfahren ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen, im ') Vom Kläger s. G V G . § 102, vom Beklagten s. G V G . § 104. 2) ZPO. § 2 1 7 . 2*

20

Einleitung.

amtsgerichtlichen Verfahren ein Zeitraum von drei Tagfen oder bei auswärtigen Zustellungen ein solcher von mindestens einer Woche liegen muß (Einlassungsfrist), beträgt diese Frist in Meß- oder Marktsachen, gleichviel wo dieselben verhandelt werden, nur mindestens 24 Stunden 1 ); auch besteht ein besonderer Gerichtsstand des Meß- und Marktorts für die daselbst geschlossenen Handelsgeschäfte 2 ) und sie sind Feriensachen im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes 3 ). 2. Der Wechselprozeß ist im allgemeinen als eine besondere Nebenart des Urkundenprozesses im heutigen Rechte ausgebildet, hiervon unten § 80. II. K a u f m a n n s g e r i c h t e . Eine besondere Art von Behörden zur Ausübung einer Gerichtsbarkeit und zwar einer streitigen Gerichtsbarkeit in Handelssachen sind in Deutschland die K a u f m a n n s g e r i c h t e . Ihre Bedeutung ist namentlich insofern groß, als sie in Streitigkeiten über die Konkuirenzklausel and als Einigungsamt bei Streiks tätig sind.

Seit in Deutschland für die Entscheidung von gewerblichen Streitigkeiten zwischen Arbeitern einerseits und ihren Arbeitgebern (Dienstberechtigten im Sinne des B G B . §§ 615 ff., entsprechend den Prinzipalen im Sinne des HGB. §§ 60 ff.) andererseits, sowie zwischen Arbeitern desselben Arbeitgebers besondere Gerichte, nämlich die Gewerbegerichte, nach den Reichsgesetzen vom 29. Juli 1890 und 30. Juni 1901 eingerichtet und tätig sind, verlangten auch die in Handelsgeschäften Angestellten, auf welche die Bestimmungen des GewerbeGG. (nach §81 dess.) keine Anwendung finden, nach Sondergerichten; in steigendem Maße machte sich seit der Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bei den Handlungsgehilfen der Wunsch geltend, zu ähnlichen Einrichtungen zu gelangen, wie die Gewerbegerichte sind, nämlich zu Einrichtungen, welche die aktive Teilnahme von Angehörigen ihres Standes an der Rechtspflege ermöglichen. Diesem Verlangen gegenüber wurden die Bedenken, welche gegen die sich mehrende Zulassung von Sondergerichten bestehen 4 ), entweder überwunden ') ZPO. §§ 2 6 2 , 498, bei Berufung § 520, bei Revision § 5 5 5 ; besondere Frist ist bei Zustellung im Auslande vorgesehen. 2 ) ZPO. § 3 0 (ausgenommen Jahr- und Wochenmärkte). s ) G V G . § 202 Nr. 3, § 203. 4 ) S. über dieselben G a r e i s in der Einleitung zur Ausgabe des K f m G G . in G E A . S. I u. II.

§ 4.

21

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen.

oder nicht beachtet, und die deutschen verbündeten Regierungen hiaben anerkannt, daß für die Entscheidung der aus den Dienstverhältnissen der Handlungsgehilfen entspringenden Streitigkeiten zwischen diesen und ihren Prinzipalen die Einführung e;ines einfachen, schleunigen und billigen Verfahrens vor einem ziuni Teile mit Standesgenossen derselben besetzten Gerichte gfeboten erscheine, und so kam das K f m G G . v. 6. Juli 1904 zxustande, welches seiner ganzen Ausdehnung nach seit dem 1.. Januar 1005 in Kraft ist 1 ). 1. Die auf Grund des K f m G G . v. 6. Juli 1904 einzurichtenden oder bestehenden Klaurmannsgerichte sind als selbständige Gerichte, ebenso wie die Gewerbegerichte umd in ähnlicher Verfassung wie diese aufgefaßt und, wo Gewerbegerichte bestehen, im dsr R e g e l in der Weise an diese angegliedert, daß der Vorsitzende und dessen Sttelkertreter

beim

Gewerbegericht

zugleich

zum Vorsitzenden und zum

stell-

vertretenden Vorsitzenden, sofern sie sich gesetzlich hierzu eignen 2 ), bestellt, auch gemeinsame

Einrichtungen

für die

Gerichtsschreiberei,

den

Bureaudienst,

die

Siitzungs- und Bureauräumlichkeiten u. dgl. getroffen werden 3 ). Die Errichtung

eines Kaufmannsgerichts

erfolgt entweder durch ein kraft

gemeindlicher Autonomie erlassenes Ortsstatut 4 ) oder durch Anordnung der Landesze'ntralbehörde auf Antrag beteiligter Kaufleute oder Handlungsgehilfen 5 ).

Durch

übereinstimmende Ortsstatuten können sich auch mehrere Gemeinden zur Errichtung eiines Kaufmannsgerichts

für ihre Bezirke

vereinigen,

wie denn auch für einen

w«eiteren Kommunalverband ein Kaufmannsgericht errichtet werden kann. 2. Seiner Zusammensetzung nach ist das Kaufmannsgericht als ein doppelt gemischtes Gericht zu bezeichnen, doppelt gemischt, weil es einerseits aus Juristen besteht, nämlich insofern die Vorsitzenden (des Gerichts sowie der Abteiinngen desselben und die Stellvertreter der Vorsitzenden) der R e g e l nach aus dem Kreise demjenigen Personen gewählt werden sollen, welche die Fähigkeit zum Richteramte oder zum höheren Verwaltungsdienst besitzen®), andererseits aber die nichtjuristischen Beisitzer zur Hälfte aus selbständigen Kaufleuten und zur Hälfte aus Handlungsgehilfen

entnommen

sein müssen;

diese beiden Arten von Beisitzern

werden von ihren betreffenden Standesgenossen gewählt, und zwar in getrennten "Wahlen und so, daß neben den Mehrheitsgruppen auch die Minderheitsgruppen ] ) Literatur hierüber: Kommentare zum R G . betr. die Kaufmannsgerichte. A p t ( 1 9 0 5 ) 3. A u f l . ; A r e n d ( 1 9 0 5 ) ; G o l d s c h m i d t (1905); M. v. S c h u l z (1905); systematische Darstellung: H e i l f r o n Lehrb. § 19. 2 3 ) K f m G G . § 1 1 Abs. 1. ) K f m G G . § 9. 4 ) K f m G G . § 1 Abs. 2. GewerbeO. § 142, sie ist obligatorisch nach Gesetz für Gemeinden von mehr als 2 0 0 0 0 Einwohnern, K f m G G . § 2. 5 ) K f m G G . § 1 Abs. 5. 6 ) Ausnahmen kann die höhere Verwaltungsbehörde zulassen. Der Vorsitzende und seine Stellvertreter dürfen weder Kaufleute, noch Handlungsgehilfen sein; aber Vorsteher oder Mitglieder eines verwaltenden oder beschließenden Organs einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes können zum Vorsitzenden eines Kaufmannsgerichts auch dann gewählt werden, wenn die Gemeinde bzw. jener Verband ein Handelsgewerbe betreibt. K f m G G . §§ I I , 1 4 .

22

Einleitung.

entsprechend ihrer Zahl vertreten werden:

es ist demnach die sog. Proportional-

oder Verhältniswahl, welche für die Gewerbegerichte nach dem revidierten Gfwerbegerichtsgesetz *) fakultativ zulässig ist, hier obligatorisch, fakultativ aber ist auch hier das sog. Listenskrutinium, d. h. es kann bei der Proportionalwahl durch das Statut (Ortsstatut) die Stimmabgabe auf Vorschlagslisten

beschränkt werden,

die

bis zu einem statutarisch festgesetzten Zeitpunkt vor der W a h l einzureichen sind 2 ). 3. Die

Zuständigkeit

der Kaufmannsgerichte

erstreckt sich:

a) auf

eine

Streitigkeiten entscheidende Tätigkeit ( s t r e i t i g e G e r i c h t s b a r k e i t ) ; b) 2uf eine vermittelnde und c) auf eine begutachtende amtliche Betätigung, kann aber d) auch auf eine Initiative ausgedehnt werden, insofern diese Gerichte zu Anträgen in Fragen, welche das kaufmännische Dienst- oder Lehrverhältnis betreffen, berechtigt sind 3 ). Zu a. Die Zuständigkeit eines Kaufmannsgerichts schließt in Angelegenheiten der

streitigen Gerichtsbarkeit

dergestalt,

daß ein Vertrag,

die Zuständigkeit durch

der ordentlichen Gerichte

den die Beteiligten

künftige

aus,

Streitigkeiten,

welche zur Zuständigkeit der Kaufmannsgerichte gehören, der Entscheidung dieses Gerichts entziehen möchten, klusive Gerichtsbarkeit Wert des

Streitobjekts

nichtig wäre 4 );

diese mithin unentziehbare und ex-

der Kaufmannsgerichte

umfaßt ohne Rücksicht auf den

die Streitigkeiten a) über den Austritt,

die Fortsetzung

oder die Auflösung des Dienst- oder Lehrverhältnisses sowie die Aushändigung oder den Inhalt des Zeugnisses;

b) über

die Leistungen

aus dem Dienst- oder

Lehrverhältnisse; c) über die Rückgabe von Kautionen, Zeugnissen, Legitimationspapieren oder anderen Gegenständen,

welche aus Anlaß des Dienst- oder Lehr-

verhältnisses übergeben worden sind;

d) über die Ansprüche auf Schadensersatz

oder Zahlung

einer Vertragsstrafe

wegen Nichterfüllung oder nichtgehöriger Er-

füllung der Verpflichtungen unter a bis c, richtiger Eintragungen

in Zeugnisse,

sowie wegen gesetzwidriger oder un-

Krankenkassenbücher

oder Quittungskarten

der Invalidenversicherung; e) über die Berechnung oder Anrechnung der von den Handlungsgehilfen

oder Handlungslehrlingen zu leistenden Krankenbeiträge und

Eintrittsgelder 5 ) und f) über die Ansprüche aus der sog. Konkurrenzklausel 6 ). Zu b.

Eine vermittelnde Tätigkeit kann das Kaufmannsgericht üben, indem

es bei Arbeitseinstellungen — Streitigkeiten zwischen Kaufleuten und Handlungsgehilfen über die Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des „Dienstoder Lehrverhältnisses" — als Einigungsamt auf Anrufen tätig wird 7 ). Zu c.

Begutachtend muß das Kaufmannsgericht tätig werden, wenn es von

einer Staatsbehörde oder vom Vorstand des Kommunalverbandes, für welchen es errichtet

ist,

um

ein Gutachten

über

eine Frage

ersucht wird,

die das kauf-

männische Dienst- oder Lehrverhältnis betrifft 8 ). ') Neue Fassung vom 29. Sept. 1901 § 1 5 . ) K f m G G . § 12. Über die Proportionalwahl s. G a r e i s , Das R G . betr. die K f m G . v. 6. Juli 1904 in G E A . Nr. 326/328 S. 6 u. 7 und die dort angegebene Literatur. 3 4 5 ) K f m G . § 18. ) K f m G G . § 6. ) K r a n k e n V G . §§ 53 a, 65. 6 ) K f m G G . § 5 Nr. 6, vgl. hierzu ganz besonders G a r e i s , Anm. 9 zu diesem Paragraph K f m G G . S. 4. K f m G G . § 1 7 . Auf die Zusammensetzung und das Verfahren des Einigungsamts werden die §§ 63 bis 73 d Gewerbegerichtsgesetzes analog angewendet. 8 ) K f m G G . § 18 Abs. I. Ausschüsse hierfür und statutarische Organisation in dieser Beziehung s. ebenda Abs. 3 bis 5. 2

§ 4·

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen.

23

Zu d. Das Kauimannsgericht ist berechtigt, in den bezeichneten Fragen A n t r ä g e an Reichs- und Staatsbehörden sowie an Gemeindevertretungen usw. -vom sich aus zu stellen 4. Das Verfahren vor den Kaufmannsgerichten richtet sich nach denselben Grundsätzen wie das vor den Gewerbegerichten, mithin nach den Vorschriften der Ziwilprozeßordnung 2 ), soweit nicht in dem Gewerbegerichtsgesetz §§ 27—61 abdeichende Bestimmungen getroffen sind, die nun denn auch auf das Verfahren TOT den Kaufmannsgerichten Anwendung zu finden haben; den anwendbaren Regeln der Zivilprozeßordnung entsprechend können auch die Rechtsmittel angewandt werden, welche in den zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zulässig sind; während aber einerseits gegen die amtsgerichtlichen Zivilurteile die Berufung ohne die Grenze einer summa appellabilis, andererseits gegen Entscheidungen der Gewerbegerichte die Berufung nur zulässig ist, wenn der "Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 100 Mark übersteigt 8 ), setzt die Berufung gegen eine Entscheidung der Kaufmannsgerichte voraus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 300 Mark übersteigt*). Rechtsanwälte werden vor den Kaufmannsgerichten so wenig wie vor den Gewerbegerichten als Prozeßbevollmächtigte oder Beistände zugelassen 6 ). 5. Für das Verhältnis der Zuständigkeit der Kaufmannsgerichte zu der der Gewerbegerichte ist namentlich wegen der nicht stets vollständig sicheren Grenze zwischen Handlungsgehilfen und Gewerbegehilfen (s. unten § 21 I I 1), wichtig, daß in bezug darauf auch die Vorschrift in § 11 der ZPrO. über die bindende K r a f t der rechtskräftigen Entscheidung, durch welche ein Gericht sich für sachlich unzuständig erklärt hat, Anwendung findet. Und wenn bei einem Kaufmannsgerichte eine vor das Gewerbegericht gehörige Klage erhoben wird, so hat das erstere, sofern für die Verhandlung und Entscheidung derselben ein Gewerbegericht besteht, durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen und den Rechtsstreit an das Gewerbegericht zu verweisen; ebenso hat im umgekehrten Falle das Gewerbegericht die Sache an das Kaufmannsgericht zu verweisen, beides unanfechtbar und mit der sofortigen Wirkung der Rechtsanhängigkeit bei dem Gericht, dem die Sache definitiv zugewiesen ist 6 ).

III. B ö r s e n g e r i c h t s b a r k e i t . W i e d e r eine andere, besondere A r t von Behörden zur Ausübung· einer Gerichtsbarkeit besteht an denBörsen; schon das Börsengesetz vom 27. Juni 1896 setzte die Ehrengerichte an den Börsen ein, g e g e n deren Urteile Berufung an die Berufungskammer ergriffen werden kann 7 ). D a s Börsengesetz vom 22. Juni 1896 kennt ferner Börsen Schiedsgerichte 8 ); beide Arten von Gerichten sind auch nach KfmGG. ) KfmGG. ) KfmGG. «) KfmGG. 7 ) BörsenG. S. 186 ff. '8) BörsenG. 2

4

§ 18 Abs. 2, Ausschüsse hierfür usw. s. Abs. 3 bis 5 ebenda. 3 § 16 GewGG. §§ 26 ff. ) GewGG. § 55. 5 § 16. ) GewGG. § 31 gemäß KfmGG. § 16 Abs. 1. § 16 Abs. 2 u. 3. §§ 9—16; Berufung ebenda §§ 17—23. Vgl. L e h m a n n , Lehrb. § 28.

Vgl. L e h m a n n , Lehrb. S. 187.

24

Einleitung.

der neuesten Gestaltung· des Börsenrechts noch vorhanden. Dazu kommen nun nach demneuenBörsengesetzvom2 7.Mai 1908 die Strafkommissionen 1 ). B. F r e i w i l l i g e in

Gerichtsbarkeit

Handelssachen.

Auch zur Erledigung· von Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat schon das Mittelalter eigenartige Einrichtungen geschaffen. Zum Teil hängen dieselben mit den genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Organisationen jenes Zeitalters zusammen; dies gilt insbesondere von den zwei wichtigsten Richtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Handelssachen, dem Beurkundungswesen s), welchem u. a. das Institut der Mäkler nebenbei, nämlich neben seiner Hauptaufgabe, dem Vermitteln von Handelsgeschäften, diente, und dem Registerwesen, der Einrichtung von amtlich oder genossenschaftlich geführten Listen und Mitgliederverzeichnissen, Eintragungen von handelsrechtlich wichtigen Tatsachen in Register, die mehr oder weniger allgemein zugänglich waren. Solche bereits dem mittelalterlichen Rechte bekannte Verzeichnisse u. dgl. hängen, •wie sich wenigstens teilweise quellenmäßig nachweisen läßt 4 ), mit den Matrikeln der Zünfte zusammen und haben demnach ihren Ursprung auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts, denn die Zunftmatrikeln waren] dazu bestimmt, im öffentlichen Interesse die Mitgliedschaft der Zunftgenossen darzutun, namentlich auch um hierdurch den Umkreis derjenigen Personen fest zu bestimmen, auf welche sich die Jurisdiktion der Zunft, die Gerichtsbarkeit der Kaufmannsgilde erstreckte; deshalb wurden diese Register von öffentlichen Behörden geführt und mit öffentlichem Glauben versehen; indem die Zunftmatrikeln diejenigen Personen (zunächst Blutsverwandte und Verschwägerte, dann aber auch andere) als Haus- und Wirtschaftsgenossen nebeneinander stellten und dieselben als zusammengehörig vortrugen, welche ein Gewerbe gemeinschaftlich, und zwar meistens unter Solidarhaft, be-

r

) BörsenG. §§ 7 3 — 8 7 s. hierüber unter § 49 I I I A I. ) Über den Begriff und die Ausdehnung der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit s. G a r e i s , Enzyklopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft. 3. Aufl. (Gießen 1905), § 48 S. 165, § 49 S. 169. 3 ) Beurkundungen von Rechtsgeschäften des Handelsverkehrs nehmen im M A . außer den Mäklern auch die Notare (GUGesch. 1 2 5 , 1 5 1 ) vor, Schiffsschreiber GUGesch. S. 1 5 2 . A l s Beurkundung ist auch die Feststellung des Kurses (Marktpreises) an Börsen zu rechnen, deren Ursprung ebenfalls auf genossenschaftliche Einrichtungen zurückreicht. 4 ) L a s t i g , Florentiner Handelsregister des Mittelalters, Halle 1 8 8 3 , hat diesen Zusammenhang, wenigstens für F l o r e n z , nachgewiesen. Vgl. die von L a s t i g S. 1 0 angeführten Quellen, nun auch GUGesch. S. 2 4 1 . 2

§ 4·

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen.

trieben, übernahmen sie auch die Rolle von Gesellschaftsregistern,

25 zu denen sie

sich allmählich erweiterten 1 ).

I. Die Beurkundungen, welche für den Handelsverkehr von Wichtigkeit sind, werden teils von Gerichten, teils von anderen Behörden oder öffentlichen Organen vorgenommen; die von Privatpersonen vorzunehmenden oder vorgenommenen Beurkundungen scheiden hier, als nicht zur Gerichtsbarkeit gehörig, aus; über kaufmännische Buchführung und Korrespondenz s. § I i . Gerichtliche Beurkundungen erheischt vor allem das Gesellschaftsrecht 2 ); eigenartig ist dem Handel die Beurkundung nach Mäklerrecht mittels Eintragung in Tagebücher und Ausstellung von Schlußnoten 3), ferner die Feststellung und Beurkundung der Börsenkurse nach Börsenrecht 4 ) und Wechselrecht 5 ), die Aufmachung der D i s p a c h e d i e Verklarung 7 ), die Erhebung des Protestes nach Wechselrecht 8 ) und Scheckrecht °). Im übrigen gelten auch für den Handelsstand die für das Beurkundungswesen im allgemeinen bestehenden Einrichtungen und Vorschriften 10 ). Hinsichtlich der Verlautbarung der Heuerverträge s. unter III. II. Im Anschluß an ältere Rechte führte das ADHGB. die H a n d e l s r e g i s t e r als öffentliche Register ein und übertrug die Führung derselben Gerichten, welche es als H a n d e l s g e r i c h t e bezeichnete; diese Gerichte sollen nicht bloß die Eintragungen, die das Gesetz als registerpflichtig vorschreibt n ), sondern auch Bekanntmachungen bewirken, durch welche der 2 ) HGB. §§ 182, ) L a s t i g a. a. O. S. 4, Hilf. 188, 196 Abs. 2. 4 ) BörsenG. v. 27. Mai 1908 § § 29fr. ) HGB. §§ 94 ff. 6 ) W O . Art. 50, 51. e ) HGB. §§ 706, 728, 729, 837 u. FGG. §§ 1 4 9 — 1 5 8 , s. unten § 1 1 5 . 7 ) HGB. §§ 5 2 2 — 5 2 5 , 555, s. unten § 109. 8 ) S. unten § 93. e ) S. unten § 1 0 7 a. I 0 ) BGB. §§ 128, 129, 154. EinfG. Art, 1 4 1 . Formen der gerichtlichen Beurkundung s. FGG. §§ 1 6 7 — 1 8 4 , 198, 200. Zur freiwilligen Gerichtsbarkeit kann auch gerechnet werden die Ernennung von Sachverständigen zur Sicherung des Beweises nach ZPO. §§ 485—494, insbes. § 488 d. ZPO. n) W i e jetzt HGB. §§ 2 (formelle Handelsgewerbe); 13 (Zweigniederlassung); 29 (Firma); 33 (jurist. Person); 53 (Prokura); 106, 1 2 5 , 1 4 3 , 144, 148, 1 5 7 (offene Handelsgesellschaft); 162, 1 7 5 (Kommanditgesellschaft); 195, 198 bis 2 0 1 , 234, 273, 2 7 7 , 280, 284, 289, 293, 296, 304, 3 1 1 (Aktiengesellschaft); 320, 3 2 3 — 3 2 5 , 330, 333 (Kommanditgesellschaft auf Aktien). Eine systematische Darstellung des Registerrechts bietet Theodor C o h n , Das Handels- und Genossenschaftsregister sowie das Verfahren in Vereins-, Muster- und Güterrechts-Registersachen. Mit Mustern. (Berlin 1 9 0 1 . ) Femer H e i l f r o n , Lehrb. §§ 9, 10. l

3

26

Einleitung.

Inhalt der Register in öffentlichen Blättern 1 ) weiterverbreitet wird. Die Eintragung (bzw. auch die Nichteintraguig) bestimmter Tatsachen in jene Register, welche iibrij-ens in mehreren voneinander getrennten Büchern nach Naßgabe näherer Bestimmungen der Einfiihrungsgesetze (Firmei-, Prokuren-, Gesellschaftsregister) sowie besonderer Reichsgesetze (Genossenschafts- 2 ) und Register für Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht) 8 ) zu führen sind, hat teils (I) eine d e k l a r a t o r i s c h e , prozessual wichtige, teils (II) sogar eine k o n s t i t u t i v e , in das materielle R e c h t direkt eingreifende Bedeutung; ersteres (I), die deklaratorische Bedeutung cer Eintragung, ist entweder (a) so vorhanden, daß die Eintragung nur zum einfachen Beweise der Tatsache dient, daß die der Registrierung zugrunde liegende Anmeldung wirklich mit dem eingetragenen Inhalte stattgefunden habe 4 ), oder (b) die Eintragung liefert qualifizierten Beweis derart, daß einerseits (α), solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und nicht bekannt gemacht ist, sie von demjenigen, in dessen Angelegenheit sie eingetragen war, einem Dritten 5 ) nicht entgegengesetzt werden kann, es sei 1) H G B , § IO. Obligatorisch ist hiernach jetzt die Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger und in mindestens noch einem andern Blatte, welches im Dezember bestimmt wird (HGB. § n ) . 2 ) GenG. §§ IO—16, s. unten § 38 und FGG. § 147. 3) GmbHG. §§ 7 — 1 2 s. unten § 39 (vgl. auch § 39 a, Priv. Vers. UntG. § 30) u. FGG. § 148. 4 ) Daß die bei der Anmeldung gemachten Angaben tatsächlich wihr seien, -wird durch die Eintragung nicht bewiesen (R.OHG. Bd. 23 S. 288, RGZ. Bd. 1 S. 243, 244), denn der Registerrichter hat nicht die Möglichkeit und nicht die Aufgabe, die Wahrheit der zur Eintragung angemeldeten Tatsachen objektiv festzustellen. Damit ist aber nicht gesagt, daß der Registerrichter ein Phonograph sei und unter allen Umständen auf dem Standpunkte blinder Kritiklosigkeit stehen bleiben müsse. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Richter eine Erklärung, deren Unrichtigkeit er kennt, oder an deren Möglichkeit er zu zweifeln gerechte Veranlassung hat, nicht registrieren darf. Hierüber und über die Pflicht der Nachweisung gewisser Tatsachen durch öffentliche Urkunden s. G a r e i s , H G B . Anm. 4 zu § 12. Positiv ist zudem bestimmt, daß, wer sich vor dem Registerrichter bei oder gegenüber einer Eintragung darauf stützt, daß er Rechtsnachfolger eines Beteiligten (entweder Universalsukzessor [Erbe] oder Singularsukzessor [Vermächtnisnehmer, Käufer einer Handelsniederlassung o. cgi.]) sei, diese Rechtsnachfolge, soweit tunlich, durch öffentliche Urkunden beweisen muß. HGB. § 12 Abs. 2, s. hierzu G a r e i s a. a. O. S. 35, 36. Die Folgen der falschen Eintragungen in das Handelsregister behandelt unter diesem Titel Hermann L ü h r s (Dissert.), Leipzig 1898. 6 ) Vorausgesetzt, daß ein juristisch relevanter Zusammenhang zwischen der Unkenntnis dieses Dritten und der zur Veränderung in der Rechtssphäre desselben führenden Tatsache vorliegt; s. Denkschrift S. 3154.

§ 4·

Die Gerichtsbarkeit in Handelssachen.

27

denni, daß sie diesem bekannt war, und daß andererseits (ß), wenn die Tatsache eingetragen und bekannt gemacht ist, ein Dritter sie gegen sich gelten lassen muß, es sei denn, daß er sie weder kannte, noch kennen mußte1). Noch weiter geht einerseits die Bestimmung des § 5 des HGB., welche an die Eintragung einer Firma die unwiderlegbare Rechtsvermutung für den Erwerb der Kaufmannseigenschaft knüpft 2 ), und andererseits (II) die konstitutive Bedeutung des Registers, die dann vorliegt, wenn ein Rechtsvorgang gar nicht anders als durch die Eintragung zur Existenz gelangen kann 3 ). Das H G B . vom 10. Mai 1897 ist dem A D H G B . in der Anordnung der Anmeldungen und Eintragungen im wesentlichen gefolgt 4 ), aber es nennt die mit der Führung der Register betrauten Gerichte nicht Handelsgerichte, sondern Gerichte schlechthin oder Registergerichte 5 ); die Register sind ebenso wie die dazu eingereichten Aktenstücke öffentlich, also jedermann zugänglich; ein besonderes berechtigtes Interesse hat nur der glaubhaft zu machen, der eine Abschrift eines zum Handelsregister eingereichten Schriftstückes verlangt®). Das Registergericht hat eine Zwangsgewalt: wer verpflichtet ist, eine Anmeldung'), die Zeichnung einer Unterschrift oder eine Einreichung vorzunehmen, ist hierzu vom Registerg'ericht durch Ordnungsstrafen anzuhalten; sobald es von einem sein Einschreiten rechtfertigenden 8 ) Sachverhalte glaubhafte Kenntnis erhält, hat es dem Beteiligten unter Androhung einer t) H G B . § 1 5 . 2 ) Gegenüber demjenigen, der sich auf die Eintragung einer Firma im Handelsregister beruft, kann nicht der Einwand geltend gemacht werden, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei oder daß es zu den Handelsbetrieben minderen Rechts (s H G B . § 4 Abs. 1) gehöre ( H G B . § 5). 3 ) Vgl. H G B . §§ 200, 3 2 0 Abs. 3 (Entstehung der Aktiengesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien vgl. auch H G B . § 1 7 2 ) , ferner GenG. § 1 3 , GmbHG. § 1 1 ; auch für die Wirksamkeit der Statutänderungen kann die Eintragung konstitutiv sein, vgl. H G B . § 2 7 7 Abs. 3, G m b H G . § 54 Abs. 3, GenG. § 1 6 A b s . 4. Im gewissen Sinne ist auch die Eintragung der formellen Handelsgewerbe nach H G B . §§ 2, 3 konstitutiv und ebenso auch die Firmeneintragung überhaupt für den Schutz der Ausschließlichkeit einer Firma gemäß H G B . § 30. 4 ) H G B . v. 1 8 9 7 §§ 8 — 1 6 ; über die Form der Anmeldungen s. H G B . § 12. Anmeldung der Zweigniederlassung § 1 3 u. F G G . § 1 3 1 . 5 ) Nach dem R G e s . über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 125fr.) sind die A m t s g e r i c h t e für die Führung der Handelsregister zuständig. Weitere Zuständigkeit der Amtsgerichte in Handelssachen s. F G G . §§ 1 4 5 ff. «) H G B . § 9 A b s . 2. 8 ή Siehe S. 25 A n m . 1 1 . ) H G B . §§ 14, 3 1 9 , 2 2 5 Nr. 9.

28

Einleitung.

angemessenen Ordnungsstrafe aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen 1 ). Die unterlassene Anmeldung eines Anmeldepflichtigen wird aber unter Umständen ersetzt durch die richtige Anmeldung Mitbeteiligter 2 ). Zur nichtstreitigen Gerichtsbarkeit gehört auch die Führung der S c h i f f s r e g i s t e r 8 ) ; auch diese, in welche sowohl die Seeschiffe deutscher F l a g g e wie die der deutschen Binnenschifffahrt dienenden (größeren und Dampf-) Schiffe einzutragen sind, werden regelmäßig 4 ) von Gerichten (Amtsgerichten) geführt, Näheres s. unten § 109 II. Den Gerichten,

welche

zur Führung

des Handelsregisters

zuständig sind,

kam nach dem Börsengesetz von 1896 auch die Führung der Börsenregister zu 6 ; nunmehr, da das Börsenregister durch das neue Börsengesesetz vom 27. Mai 1908 abgeschafft ist, kommt die Fähigkeit, Börsentermingeschäfte mit vollverpflichtender Wirkung

abzuschließen,

den

Inhabern

der

im Handelsregister

eingetragenen

Firmen zu6). Die Organe des Handelsstandes (kaufmännische Korporationen, Handelskammern — über diese s. unten § 32 I I I — sind gesetzlich 7 ) verpflichtet, die Registergerichte behufs der Verhütung unrichtiger Eintragungen sowie behufs der Berichtigung und Vervollständigung des Handelsregisters zu unterstützen. Über die formellen Voraussetzungen einer auf die Handelsregister bezüglichen gerichtlichen Verfügung, über den Einspruch hiergegen (nicht Beschwerde), ferner über den Beschluß, durch welchen eine Ordnungsstrafe festgesetzt oder der Einspruch verworfen wird, sowie über die Beschwerde hiergegen, ferner über Löschungen und über das Verfahren bei diesen Maßnahmen der Gerichte enthält

') FGG..J; 132. Die einzelne Ordnungsstrafe darf 300 M. nicht übersteigen. HGB. § 14. Uber den Einspruch s. F G G . §§ 134 ff. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ebenda §§ 13b, 22; Beschwerde — F G G . §§ 1 3 9 — 1 4 4 ; über die Beschwerde gegen das Amtsgericht als Registergericht (s. vorige Anm. 2) entscheidet das Landgericht durch eine Zivilkammer; ist bei einem Landgericht eine Kammer für Handelssachen (s.oben I S . 19) gebildet, so tritt für Handelssachen diese Kammer an die Stelle der Zivilkammer. F G G . § 30. Über Ordnungsstrafen in Handelssachen s. Fritz K e i d e l in Seuff. Bl. 66 (1901) S. 481, 505 ff. 2) 3)

H G B . § 16. L e h m a n n , Lehrb. § 31.

4) Ausnahmsweise, nach Landesrecht, von anderen Behörden, s. L e h m a n n , Lehrb. S. 146 Anm. 5. 5)

BörsG. §§ 5 4 - 6 5 .

e)

Neues Börsengesetz vom 27. Mai 1908 § 53, s. unten § 49.

') FGG. § 126. Ferner Landesverordnungen hierzu, ζ. B. für Bayern die Minist. Bekanntmachung vom 28. Dezember 1902 betr. die Mitwirkung der Handwerkskammern bei der Führung der Handelsregister. Bayer. GVB1. 1903 S. 5·

§ 5-

Die Literatur des deutschen Handelsrechts.

29

das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Bestimmungen 1 ).

III. Im gewissen Sinne kann auch die T ä t i g k e i t der S e e m a n n s ä m t e r , insbesondere die bei der A n - und A b musterung·, zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gerechnet werden 2 ). § 5· Die Literatur des deutschen Handelsrechts. A l s ein Z w e i g der Rechtswissenschaft nimmt die Wissenschaft des Handelsrechts, einwirkend und beeinflußt, Anteil an den Erlebnissen und Errungenschaften der L e h r e vom R e c h t überhaupt; so war es zur Zeit der Alleinherrschaft der romanistischen Konstruktion, so zur Zeit einer unfruchtbaren R e a k t i o n h i e r g e g e n , und so ist es auch heutzutage, da jene G e g e n s ä t z e zu harmonischer A u s g l e i c h u n g g e l a n g t sind8). A b e r neben jener Teilnahme an der Entwicklung der Rechtswissenschaft im ganzen steht die A u s b i l d u n g einer eigenen Fachliteratur des Handelsrechts 4 ); diese entwickelt sich nach verschiedenen R i c h t u n g e n : i. in Monographien, einzelnen A b h a n d l u n g e n und A u f sätzen in Zeitschriften. Unter den Zeitschriften über das Handelsrecht nimmt die von L. G o l d s c h m i d t 1858 gegründete „Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht" den ersten Rang ein 6 ); sie bietet einen zuverlässigen Überblick über die Entwicklung Lehre.

An

des inländischen

sie reiht sich

und ausländischen Handelsrechts und seiner

nun die „Monatsschrift für Handelsrecht und Bank-

wesen, Steuer- und Stempelfragen" (neue Folge der Monatsschrift für Aktienrecht und Bankwesen) 6 );

femer das „Bank-Archiv", Zeitschrift für Bank- und Börsen-

*) F G G . v. 17. Mai 1898 §§ 1 3 2 — 1 4 3 ; über Beschwerden in Handelssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Zuständigkeit der Zivilkammern der Landgerichte bzw. der Kammern für Handelssachen, G V G . §§ 100 ff., s. F G G . § 30 und oben I S. 19 und II bei und in Anm. 1 auf S. 28. а) SeemannsOrd. §§ 5, 13, 18, 122 ff., s. unten § 111 C. Vgl. K . L e h m a n n § 49 S. 263, 264. 3) Über diese drei Epochen in der Geschichte der Handelsrechtswissenschaft s. Goldschmidt in Goldschmidts Z. Bd. 1 S. 1 ff. 4 ) Die Entwicklung des Handelsrechts in den Jahren 1874—1884, sowie dann die von 1884—1894 ist vom Verfasser dieses Lehrbuchs in den von K i r c h e n h e i m herausgegebenen Literaturberichten in systematischer Anordnung dargestellt, s. Zentralblatt f. Rechtswissenschaft, Ergänzungsbände zu 1884 u. 1894 auch unter dem besonderen Titel „Literaturberichte" erschienen. б) Jetzt herausgegeben von Prof. Dr. K . L e h m a n n . Verlag von Ferd. Enke, Stuttgart. 6) Herausgegeben von Justizrat Dr. Paul H o l d h e i m in Frankfurt a. M „ Carl Heymanns Verlag, Berlin.

30

Einleitung.

wesen, Organ des Zentralverbandes des deutschen Bank- und Bankiergewerbes 1 ); seit 1907 die Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht, herausgegeben von D ü r i n g e r , J ä g e r und K ö n i g e . 2.

in Lehr- und Handbüchern.

Von

älteren Darstellungen

gesehen, sind als Hauptwerke in dieser Richtung zu bezeichnen: des Handelsrechts von Heinr. Τ h o l ,

ab-

das Handbuch

·}· 1884 (welches in erster Auflage 1841,

in sechster Auflage 1879 erschien) und die von W . E n d e m a n n (4. Auflage 1887), dann C o s a c k endet).

(6. Auflage 1903) und Β e h r e n d

(leider noch immer nicht voll-

V o n L. G o l d s c h m i d t s (-j- Juli 1897) 2 ) auf breitester juristischer Basis

angelegtem Handbuche des Handelsrechts ist im Jahre 1864 eine erste Abteilung von Band I erschienen,

welche nach einer geschichtlich-literarischen

Einleitung

Regeln und Quellen des Handelsrechts und die Begriffe Handel, Handelsgeschäfte und Ware Auflage

erläutert

der

(§§ 1 — 1 0 9 ) ;

im Jahre 1875

ersten Hälfte dieser Erörterungen;

die 1883 kam,

enthält noch

den Anfang

erschien

hierauf eine zweite

eine hierzu gehörige Lieferung,

der Lehre von der Ware;

in dritter

Auflage erschien 1891, als Band I I. Abteilung bezeichnet: „Universalgeschichte des Handels". Zu nennen ist ferner das große von W . E n d e m a n n herausgegebene Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts (Leipzig 1882/83), an welchem außer dem genannten Herausgeber noch B r u n n e r , Gg. C o h n , G r ü n h u t , Brachmann, Kuntze, König, Klostermann, Lastig, Lewis, Primker, Reatz, R e g e l s b e r g e r , Schott, Schröder, von V ö l d e r n d o r f f , W e n d t , W e s t e r k a m p , W o l f f und der Verfasser d i e s e s Lehrbuchs gearbeitet h a b e n . — Ferner Lehrbuch des Handelsrechts von K a r l L e h m a n n , in 12 Lieferungen 1905—1907, im Verlag von Veit & Comp. Leipzig erschienen. — Lehrb. d. H R . von E d . H e i l f r o n I. Bd. H G B . Buch I u. Η K f m G G . , GmbHG., GmG. und Buchführungslehre enthaltend. Berlin, Speyer & Peters 1907. — Österreichisches Handelsrecht behandeln von C a n s t e i n und P o l l i t z e r . — Zur orientierenden Übersicht können dienen die Darstellungen des Handelsrechts in den neueren Rechtsenzyklopädien, so die Darstellung desselben von H. O. L e h m a n n (-[-) in Κ B i r k m e y e r s Enzykl. d. R W i s s . (2. A u f l . Berlin. O. Häring 1904 S. 613fr.), ferner die Darstellung desselben Stoffes von O t t o G i e r k e in der KohlerHoltzendorflschen Enzyklopädie der Rechtswissenschaft (1904) I S. 8 9 1 — 1 0 2 7 . Das Wechsel- und Scheckrecht G e o r g C o h n ebenda S. 1 0 3 1 — 1 0 7 5 . Das Hypothekenbankrecht F e l i x H e c h t ebenda S. 1 0 7 9 — I I 14. — Ferner der Überblick über das Handels- und Wechselrecht, gegeben von K a r l G a r e i s , in der „Kultur der Gegenwart". Berlin U.Leipzig, B . G . T e u b n e r , Teil II Abt. V I I I Systemat. Rechtswiss. 1906. S. 92 ff. — Literaturübersichten von Langen und Hedemann im ArchBürgR. 1907.

3. in Kommentaren des Handelsgesetzbuchs und der zur Ergänzung desselben erschienenen übrigen Reichsgesetze, auf 1 ) Herausgegeben von Geh. Justizrat Prof. Dr. J. R i e s s e r . Verantwortlicher Redakteur: Rechtsanwalt Max Wittner. Verlag von J. Guttentag, G. m. b. H., Berlin. 2 ) Ihn würdigt M. P a p p e n h e i m in Goldschmidts Z. Bd. 47 (1898) S. I — 4 9 .

§ 5·

Die Literatur des deutschen Handelsrechts.

31

welche an den einzelnen Stellen der Darstellung· dieses Lehrbuchs hingewiesen werden wird. Der Interpretation des neuen Handelsgesetzbuchs dient die D e n k s c h r i f t , mit welcher der vom Bundesrat ausgehende Entwurf des HGB. dem Reichstage vorgelegt wurde (J. Guttentag 1897); ferner S t a u b s Kommentar zum HGB. 8. Aufl. von H. K ö n i g e , J. S t r a n z u. A l b . P i n n e r . J. Guttentag 1906. Der Kommentar von F. Makower, d. i. die 13. Auflage des Kommentars von H. M a k o w e r ( J . Guttentag Verlag) 1907; dann handelsrechtliche Nebengesetze, neu bearbeitet von F. M a k o w e r ; dann K a r l L e h m a n n und V. R i n g (1899 bis 1901), ferner die Kommentare zum HGB. von D ü r i n g e r u. H a c h e n burg (i9ooff.), S. G o l d m a n n (1906), R u d o r f f (1898), F r i t z G u t m a n n (Roßbergsche Verlagsbuchhandlung) 1908 — diese sämtlich ohne Seerecht. Die wechselrechtliche Literatur s. unten § 76, die seerechtliche unten § 108. Ausgaben des Textes des HGB. mit Anmerkungen sind von dem Verfasser d i e s e s Lehrbuchs (Verlag von C. H. Beck, München 3. Aufl. 1905), Litthauer Q. Guttentag, Berlin), Frankenburger, Bäsch, Könige, Danziger u. a. veranstaltet worden. — D i e H a n d e l s g e s e t z e d e s E r d b a l l s , umfassend das Handels-, Wechsel-, Konkurs- und Seerecht aller Kulturvölker. Begründer des Werkes: O s k a r B o r c h a r d t , Berlin. Dritte wesentlich erweiterte und mit Verwertung amtlichen Materials neu bearbeitete Auflage, herausgegeben von J. K o h l e r , F e l i x M e y e r , H e i n r i c h D o v e , H a n s T r u m p l e r und G e o r g M a a s . (R. v. Deckers Verlag. Berlin) 1907. 4. Sammlungen von Entscheidungen in Handelssachen (außer den Sammlungen von zivilrechtlichen Entscheidungen) herausgegeben von O. F u c h s b e r g e r (3. Aufl. Gießen) 1899; K a u f m a n n , handelsrechtliche Rechtsprechung, 6. Bd. 1907; A b r a h a m , Hanseatische Rechtsprechung auf dem Gebiete des Handels-, Versicherungs-, Wechsel- und Seerechts 1901; F r o m m h o l d und K r ü c k m a n n , Spruchrecht zur Handelsgesetzgebung. (Münster i. W . ) 1908.

E r s t e s Kapitel.

Die dem Handelsrecht unterworfenen Lebensverhältnisse: Der Handel. § 6.

Begriff der Handelssachen und Grundlage der Systematik derselben. Das Handelsrecht soll in „Handelssachen" zur Anwendung gebracht werden, während die Vorschriften des BGB. und des übrigen bürgerlichen Rechts erst an zweiter Stelle in Handelssachen zur Anwendung" gelangten1), darum ist der Begfriff „Handelssachen" möglichst genau festzustellen; er ist zuerst prozeßrechtlich entwickelt, heutzutage aber fast ausschließlich für das materielle Recht von Bedeutung·; für dieses sind als Handelssachen nur diejenigen Lebensverhältnisse des bürgerlichen Verkehrs zu betrachten, welche dem H a n d e l s s t a n d e als solchem eigentümlich sind, und diejenigen, welche durch H a n d e l s g e s c h ä f t e begründet werden. Der Handelsstand umfaßt diejenigen Personen, welche ein Handelsgewerbe betreiben, diesen werden die Handelsgesellschaften handelsrechtlich gleichgestellt; in beiden Beziehungen, sowie auch bei der Feststellung des Begriffs der Handelsgeschäfte kommt es darauf an, festzustellen, was „Handel" ist. Der Gesetzgeber kann von dem objektiven volkswirtschaftlichen Begriff des gewerbsmäßig betriebenen H a n d e l s ausgehen und kann dann alle diejenigen Rechtsverhältnisse, welche sachlich zusammengehören und entweder „die den Güterumlauf vermittelnde Erwerbstätigkeit" selbst bilden oder, als sie ermöglichend, stützend und fördernd, zu ihr gehören, dem Handelsrechte unterwerfen. Der Gesetzgeber kann aber auch von dem Begriff des K a u f m a n n s ausgehen und jedes Berufsgeschäft desselben, vermöge der persönlichen Standeseigenschaft des dasselbe Betreibenden, den Regeln des Handelsr

) EinfG. z. HGB. v. 10. Mai 1897, Art. 2 Abs. I.

§ 6.

Begriff der Handelssachen usw.

33

reclhts mterwerfen, und er kann diese Unterwerfung auch auf solche Geschäfte, welche nicht g-erade zum Berufe des sie abschlieüeaden Kaufmanns mit Notwendigkeit, wohl aber zum B e r u f e anderer Kaufleute gehören, ausdehnen. D a s System früher,

des

DHGB.

ist sowohl in der Fassung, die das Gesetzbuch

vom Jahre 1 8 6 1 , hatte, als auch nach der neuesten ein subjektives, aber

mit o b j e k i v e m Ausgangspunkte, wobei der Unterschied zu bemerken ist, daß das Gesetzbucl von 1 8 6 1 die W a h l des objektiven Ausgangspunktes über die subjektive Begrenzung seiner Systematik hinauswirken läßt, was nach dem H G B . von nicht

mehr

der F a l l

ist; nach

Kaufmannibegriff auf

dem letzteren,

den des Handelsgeschäfts,

triebenen Handelsgeschäfts, gebaut:

wie

nach

nämlich

1897

dem ersteren ist der des gewerbsmäßig be-

K a u f m a n n ist, wer gewerbsmäßig

Handels-

geschäfte betreibt oder, was ganz dasselbe bedeutet, ein Handelsgewerbe betreibt (s. unten § 1 1 ) ;

welche

Geschäfte

aber

hierunter fallen, hat der Gesetzgeber

ausdrücklich zu bestimmen, letzteres geschieht durch eine möglichst genaue A u f zählung 1 ). nur,

A b e r alle so charakterisierten Geschäfte unterliegen dem Handelsrechte

wenn sie

entweder unmittelbar zum Betriebe des Handelsgewerbes des sie

abschließenden Kaufmanns gehören (Grundgeschäfte, s. unten §§ 8, ί ο ) , oder von einem Kaufmann im Betriebe seines gewöhnlich auf andere Geschäfte gerichteten Handelsgewerbes

geschlossen

werden

(Nebengeschäfte,

s.

unten

§ 9).

Fehlt

jede Beziehung des Geschäfts zum Handelsgewerbe eines Kaufmanns, so fällt das Geschäft nicht unter das Handelsrecht.

D i e vom H G B . von 1 8 6 1 vorgenommene

Erweiterung, welche, wie erwähnt, vom objektiven Begriffe des Handelsrechts aus vorgenommen wurde,

ist nach

dem H G B . von 1 8 9 7 l i c h t mehr Rechtens, mit

andern Worten, die Kategorie der sog. objektiven oder absoluten Handelsgeschäfte ist gefallen, Geschäfte von Nichtkaufleuten sind nach dem neuen R e c h t e niemals Handelsgeschäfte;

es

kaufmann R e g e l n

des

wenn

es

sich

Handelsgeschäft

um ist,

kann

allerdings

Handelsrechts

ein Geschäft und

dies

vorkommen, in

handelt, kann

nur

daß auch

auf einen

Anwendung kommen,

Nicht-

aber nur dann,

das für den andern Kontrahenten ein dann

eintreten,

wenn

dieser

andere

Kontrahent, also wenigstens der eine T e i l der zwei das Geschäft Abschließenden, ein K a u f m a n n ist.

Die Systematik ist also folgende: I. D e r Handelsstand, für dessen Rechtsverhältnisse in erster Linie das Handelsrecht bestimmt ist, besteht aus den Kaufleuten und den ihnen gleichgestellten, Gesellschaften. II. Kaufleute sind diejenigen, welche Handelsgewerbe betreiben (s. unten § 11). IH. Handelsgewerbe aber sind diejenigen Unternehmungen, welche eines der vom Gesetz ausdrücklich bezeichneten Handelsgeschäfte zum Gegenstande haben: das Gesetz zählt die sog. Grundgeschäfte des Handels auf 1 ). !) H G B . § 1 A b s . 2 Ziffer 1 — 9 s. unten §§ 8, 1 0 . G a r e i s , Handelsrecht.

Θ. Aufl.

3

34

K a p . I.

Die dem Handelsrecht unterw. Lebensverh. usw.

IV. Außer den Grundgeschäften sind aber auch die Gegengeschäfte eines Handelsgewerbebetriebs dem Handelsrechte unterstellt 1 ). V . Erweitert wird der bisher festgehaltene Begfiff des Handelsgewerbes im materiellen Sinne (s. III., IV.) duichi die Anerkennung sog. formeller Handelsgewerbe, nämlich derjenigen gewerblichen Unternehmungen, welche nicht un iihres Gegenstandes willen, wie die unter III. und auch un;er IV. aufgezählten, sondern lediglich aus formalen Gründer dem Handelsrechte sich unterordnen 2 ). VI. Ausgeschieden sind nicht die Geschäfte über unbewegliche Sachen, die das Handelsgesetzbuch früher ohne veätere Unterscheidung unberührt ließ, während nach dem neuen Handelsrechte ein gewerbliches Unternehmen, welches sich mit Immobilien beschäftigt, wenigstens ein formelles Hanidelsgewerbe (s. V.) sein kann; dagegen sind ausgeschieden selbstverständlich alle diejenigen Produktionszweige, w e i d e gar nichts mit dem gewerbsmäßigen Umsatz von Waren zui tun haben, vor allem und ausdrücklich der Betrieb der Laid- und Forstwirtschaft, doch können Nebengewerbe dieser Wirtschaften unter Umständen (s. unten § 10) den Handelscharakter annehmen. In diesen Sätzen I.—VI. sind die Grundpfeiler zu erblicken, auf denen die Systematik der Handelssachen nach dem n) HGB. § 350 s. § 42. 2) HGB. § 3 5 1 ; mithin statt H G B . § 348: B G B . § 343; statt HGB. § 349: BGB. § 771 und statt HGB. § 350: BGB. §§ 766 (Satz i), 780, 781 (Satz 1). ·) G o l d s c h m i d t , Hdbch. d. H R . (1. Aufl.) Bd. I S. 617 Anm. 23; C o s a c k , Lehrbuch S. 454; s. auch oben § 8 S. 40 Ziff. 5. 4 ) HGB. § 104 mit §§ 100—103 verglichen; s. unten § 22. 6 ) Nach BGB. §§ 705—740 oder nach H G B . §§ 335—342. e ) Wegen den Bergwerksgesellschaften s. EinfG. Art. 5 mit Anm. bei G a r e i s , HGB. S. 435. Die modernen Gewerkschaften sind juristische Personen und registerfähig, nicht aber die meisten älteren Gewerkschaften, Gesellenbauvereine, Gesellenschaften u. dgl.

§12.

55

Arten von Kaufleuten.

sowie lie anerkannten Kolonialgesellschaften 1 ) und auch die handelteibenden Innungen und Innungsverbände, die auf Grund der Gewerbeordnung· mit einer gewissen Persönlichkeit ausgerüstet erscheinen. Alle handeltreibenden Vereine sind wie Volkaufleute zu behandeln2). Zu den handeltreibenden juristischen Personen gehören möglicherweise auch Banken, die sog. öffentlichen Banken. Die Unterstellung der Bankinstitute unter das Handelsrecht, gleichviel, ob sie einer Gesellschaft oder einer einzelnen (physischen oder juristischen) Person gehören, ist selbstverständlich. Landesgesetze können dem auch nicht zugunsten der öffentlichen Banken widersprechen, die Vorschriften des Reichsbankgesetzes aber werden durch das HGB. nicht berührt8). Die privatrechtliche juristische Person (der Fiskus) eines der deutschen Bundesstaaten oder des Deatschen Reiches kann ebenso wie eine jede andere privatrechtliche Person ein Handelsgewerbe betreiben und untersteht dann ebenso wie andere Handeltreibende dem Handeigrecht. E s ist jedoch folgendes hierbei festzuhalten: 1 . Jede auf die Ausübung eines H o h e i t s r e c h t s 4 ) gerichtete oder in einer solchen bestehende Tätigkeit scheidet — wegen des Mangels der dem Gewerbe charakteriiiischen A b s i c h t 6 ) — vollständig

aus dem Handelsrechte aus;

hier ist

auch der tusdrücklichen Bestimmungen des H G B . zu gedenken, wonach die P o s t verwaltungen

des Reichs

und von Bundesstaaten nicht als K a u f l e u t e gelten

und ihre Gütertransporte nicht nach dem Handelstransportrechte beurteilt werden 6 ). 2. Unternimmt aber das Reich oder ein Bundesstaat nicht in der Absicht, ein Hoheitsrecht auszuüben, Absicht (s. oben § 7 (Staatsgewerbebetrieb)

S. 34,

sondern 35,

so treten,

hierfür voiliegen (s. oben §§ 7—9),

in einer

§ II wenn

S. 46) auch

dem G e w e r b e

eigentümlichen

einen wirtschaftlichen die

sonstigen

Betrieb

Voraussetzingen

die Normen des Handelsrechts auch gegen-

über diesen Staatswesen in K r a f t ; unter diesen Voraussetzungen finden auf diese Staatswesen- und unter gleichen Voraussetzungen ebenso auch auf die inländischen Kommunalverbände (wie politische Gemeinden, Kreisverbände u. dgl.) die Regeln ') Vgl. unten § 40. ) S. oben S. 53 Anm. 7. s ) EinfG. Art. 2 Abs. 2 ; über die Reichsbank s. oben § 8 S. 38 ff. Es gilt also insbes. auch § 66 des BankG. 4 ) Uber den Begriff der Hoheitsrechte s. G a r e i s , Allg. Staatsrecht §§ 9, ΙΟ ia v. M a r q u a r d s e n s Handbuch d. öffentlichen Rechts Bd. I S. 26 ff. 5 ) S. oben § 1 1 S. 46 auch § 7 S. 34, 3 5 . In betreff der Reichsbank s. Anm. 3 auf dieser Seite und oben § 8 S. 38 ff. e ) H G B . §§ 452, 663, G a r e i s , H G B . § 1 Anm. 3 S. S. Anm. 12 S. 1 0 ; ebenda s. über die Privatpostanstalten. W i e ζ. B . Bayern das Hofbrauhaus München s. M. S e y d e l , Bayer. Staatsrecht Bd. I V . S. 45 Anm. 5. In betreff der öffentlichen E i s e n b a h n e n , auch der S t a a t s e i s e n b a h n e n gilt Sonderrecht, H G B . §§ 4 5 3 — 4 7 3 . 2

56

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

des Handelsrechts, ζ. B. die über Hilfspersonen, Handelsgeschäfte usw. vollständig ebenso wie auf Privatpersonen, mit z w e i Ansnahmen: pflichtig

diese

die Handel gewerbsmäßig betreiben, Anwendung, öffentlichrechtlichen Personen

sind nicht register-

und können ihre Rechnungsabschlüsse in einer von den Vorschriften

der kaufmännischen Inventarerrichtung und Bilanzenaufstellung abweichenden W e i s e verwaltungsrechtlich einrichten 2 ).

I V . Das G e s c h l e c h t der handeltreibenden Persorem ist für deren Rechtsverhältnisse zunächst ohne.iBedeutung, mach Handelsrecht — genauer: nach Handelsprivatrecht, denn mach öffentlichem Handelsrecht bestehen Unterschiede, indem die Frau vom Handelsrichteramte 3), Kaufmannsgerichtsbeisitze 4 ) und Börsenbesuche B ) ausgeschlossen ist 6 ), aber abgesehen hiervon besteht als R e g e l : die unverheiratete Frau (auch die -Witwe wie die Braut) steht handelsrechtlich dem Manns vollkommen gleich. Es ist dies das Resultat einer jahrhundertelangen Entwicklung, während welcher die Frau die Geschlechtsvormundschaft abstreifte, nachdem sie schon durch das Zunftrecht — in beschränktem Maße wenigstens — zu einzelnen Gewerbebetrieben zugelassen worden war 7). Von Einfluß aber ist — auch haiidelsrechtlich — und zwar auch nach dem neuesten Handelsrechte, die E h e 8 ) : die v e r h e i r a t e t e Frau, die ja als Gattin oder Mutter oder in beiden Eigenschaften besondere Pflichten gegenüber ihrer Familie zu übernehmen hat und erfüllen muß, wenn das Familienleben nicht leiden soll, ist insofern gebunden, als ihr der Ehemann den Betrieb eines Handelsgewerbes untersagen HGB. § 36. Erfolgt dennoch eine Anmeldung zum Handelsregister seitens einer solchen Staats- oder Gemeindeanstalt, so ist die Eintragung auf die Angabe der Firma sowie des Sitzes und des Gegenstandes des Unternehmens zu beschränken. 2 ) HGB. § 42; die § § 33, 43—47 gelten aber auch für die ein Handelsgewerbe betreibenden Staatsanstalten. s ) G V G . §§ 1 0 9 — 1 1 6 . 4 ) KaufmGG. §§ 10 Ziff. 1. 6 ) Börsengesetz v. 27. Mai 1908 § 7 Ziff. I. ®) Durch Statut kann das persönliche Erscheinen von Frauen in Generalversammlungen von Aktien- und andern Gesellschaften, deren Mitglieder sie sind, ausgeschlossen sein. K . L e h m a n n , Recht der AktienG. Bd. I I S. 160. 7 ) Geschichtliches s. Β e h r e n d , Lehrb. § 34. 8 ) K . L e h m a n n Lehrb. § 20. Z s c h i m m e r , Einfluß des gesetzl. Güterstands auf Handelsgewerbe der Ehefrau GoldschmidtZ. Bd. 52, S. 485fr. S c h e f o l d , Das selbständige Erwerbsgeschäft der Ehefrau, im ArchzivPrax. Bd. 91 (1901) S. 142fr. B a r o n , Der selbständige Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch eine Ehefrau. Diss. 1902. B e s t g e n , Rechtsstellung einer Ehefrau, welche selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibt. Diss. 1902. D ü c k e r , Die Rechtsstellung einer Ehefrau, welche usw. wie oben. Dissert. 1903.

§ 12.

57

Arten von 1 Kaufleuten.

kann: er kann dies entweder deshalb, weil durch einen solchen Betrieb das gemeinschaftliche eheliche Leben berührt wird und somit eine derjenigen Angelegenheiten vorliegt, in denen denn Manne die Entscheidung zusteht *), oder aus dem Grunde, weil der konkrete Handelsgewerbebetrieb nach Lage der Sache die Frau hindern würde, ihrer Pflicht zur Leitung des gemeinschaftlichen Hauswesens 2 ) nachzukommen oder, auch ihrer etwaigen Pflicht, im Hauswesen oder im Geschäft des Mannes 8 ) zu arbeiten, entgegenstände. Macht der Ehemann von der Befugnis, der Frau den Betrieb eines Handelsgewerbes zu untersagen, Gebrauch, und zwar ohne daß in diesem Verbot ein Mißbrauch seines Rechts läge 4), so bewirkt ein solches Verbot zunächst nur die Verpflichtung der Frau, sich dieser Entscheidung zu fügen und den Handelsbetrieb aufzugeben oder zu unterlassen — nach außen zu aber, Dritten gegenüber, hat ein solches Verbot zunächst k e i n e Wirkung: wenn die Ehefrau trotz jener privaten Untersagung ein Handelsgewerbe betreibt, so gilt (Dritten gegenüber) des Mannes Einwilligung als erteilt, und es ist die Zustimmung des Mannes, welche sonst stets zu Verfügungen der Frau über das Ehegut wie zu allen einzelnen Rechtsgeschäften der Frau — abgesehen von den Fällen der Gütertrennung, des Vorbehaltsguts und der Betätigung der Schlüsselgewalt 5 ) — erforderlich ist e ), zu solchen Rechtsgeschäften nicht erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt; dies gilt nicht bloß vom Betriebe eines Handelsgewerbes, sondern vom selbständigen Betriebe eines jeden Erwerbsgeschäfts überhaupt, welches von einer Ehefrau unternommen wird 7 ). Ist die ehemännische Einwilligung erteilt oder gilt sie als erteilt, so können die Gläubiger der Frau sich nicht bloß an das Vorbehaltsgut oder getrennte Vermögen der Frau halten (persönliche Haftung der Frau), sondern auch an das von der Frau eingebrachte 3) BGB. § *) B G B . § 1354. *) B G B . § 1356 Abs. 1. *) — •worüber nötigenfalls das Gericht entscheiden würde. 6) e)

BGB. §§

1356

Abs.

2.

1426 fr., 1365 ff., 1357.

B G B . § § 1 3 9 5 — 1 3 9 9 , HOS. H 1 2 . 1 4 4 2 . 1 4 4 3 , 1 4 5 2 , 1 4 S 9 — 1 4 6 2 , 1530—1533. 1549. 'J Das erwähnte Genehmigungsprinzip des § 1405 des B G B . ist eine Verallgemeinerung des im Art. 7 des H G B . von 1861 für den Handelsgewerbebetrieb allein ausgesprochenen Gedankens.

58

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

Vermögen 1 ) und, wenn Gütergemeinschaft besteht, auch an das Gesamtg-ut2). Die ehemännische Einwilligung gilt — nach außen zu — immer als erteilt, wenn die Frau tatsächlich ein Gewerbe selbständig· betreibt und nicht Einspruch oder Einwilligungswiderruf des Mannes in das Güterrechtsregister 8 ) eingetragen oder dem Dritten bekannt war 4). Betreibt die Ehefrau ein Handelsgewerbe, obgleich der Mann ihr dieses nicht bloß privatim untersagt hat, sondern dieses Verbot auch in das Güterrechtsregister eingetragen worden ist, so haftet die Frau zunächst vermöge der ihr zustehenden unbeschränkten Handelsfreiheit und Geschäftsfähigkeit ihren Gläubigern vollkommen mit ihrem etwaigen getrennten Vermögen und mit ihrem etwaigen Vorbehaltsgute, zu welch letzterem auch das durch einen selbständigen Erwerbsgeschäftsbetrieb von der Frau Erworbene gehört 5 ); der Mann aber kann, sofern die Voraussetzungen hierzu 6 ) vorliegen, das ihm eingeräumte Kündigungsrecht ausüben und damit vielleicht tatsächlich schon die Beendigung des Geschäftsbetriebs herbeiführen, ζ. B. wenn die Frau wider seinen Willen eine Handlungsagentur 7 ) übernahm. Auf keinen Fall jedoch sind, solange des Mannes Einspruch im Güterrechtsregister eingetragen ist, die Gläubiger der Frau berechtigt, die Nutznießung und Verwaltung zu beeinträchtigen, welche dein Manne am eingebrachten Gute 8 ) gesetzlich zustehen. Betreibt eine Ehefrau ein Handelsgewerbe an einem anderen Ort als an dem Wohnsitze des Mannes und hat der Ehemann sein Verbot zwar in das Güterrechtsregister seines Wohnsitzes, nicht aber in das des Ortes der Handelsniederlassung der Frau eintragen lassen, so haftet den Handelsgläubigern der Frau trotz jenes Eintrags das eingebrachte Gut; die Eintragung des ehemännischen Widerspruchs hätte, um dem Zugriffe der Handelsgläubiger, der Frau das eingebrachte Vermögen zu entziehen, auch in das Güterrechtsregister des für den Ort der Handelsniederlassung zuständigen Gerichts bewirkt werden müssen 9 ). V. Das L e b e n s a l t e r begründet Unterschiede, welche nach dem bürgerlichen Rechte auch in bezug auf die Rechts!) BGB. § 1363. *) BGB. §§ 1438, 1452· BGB. §§ 1558 ff. BGB. §§ 1405, 1435. BGB. § 1367. «) BGB. § 1358. 8 9 ^ HGB. § 84. ) HGB. § 1363. ) Art. 4 des EinfG. zum HGB.

§12.

Arten von Kaufleuten.

59

Stellung· handeltreibender Personen von Bedeutung· sind. Es sind in dieser Beziehung vier verschiedene Verhältnisse zu unterscheiden x ): 1. Ein K i n d (d. i. ein Mensch unter sieben Jahren) betreibt ein Handelsgewerbe. Das ist insofern möglich, als ja zum Begriff des Betreibens (eines Gewerbes als Kaufmann) nichts anderes als das Geben des Namens gehört (s. oben S. 47); aber da das Kind vollkommen geschäftsunfähig ist, kann es weder das Handelsgewerbe (das „Geschäft·' im Sinne der Handelssiedlung) begründen, noch eine einzelne Geschäftshandlung (Willenserklärung) vornehmen 2 ), sondern wird in einem wie im anderen Falle vollständig vertreten durch seinen g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r (Vater, Mutter, Vormund) 8 ); dem Vater bzw. der Mutter des Kindes gebührt der sich aus dem Betriebe ergebende jährliche Reingewinn 4 ), sofern das Geschäft nicht kraft anderer Bestimmung zum freien Vermögen gehört 5 ); der gesetzliche Vertreter des — als Kaufmann, Geschäftsinhaber geltenden — Kindes muß bei der ihm hiernach allein zustehenden Leitung (Oberleitung) des Handelsunternehmens die ihm durch das bürgerliche Recht auferlegten Pflichten erfüllen 6). 2. Ein M i n d e r j ä h r i g e r (im engeren Sinne ein Mensch, der das siebente Lebensjahr, aber noch nicht das eiüundzwanzigste vollendet hat) „betreibt" möglicherweise ein Handelsgewerbe genau ebenso wie ein Kind, d. h. also nur dem Namen nach 7 ), nichtselbständig, nicht mit Abgeben eigener Willenserklärungen, in diesem Falle liegt die Sache ebenso wie im vorigen (unter 1), die Rechtsgeschäfte des Handelsverkehrs werden dann durch den gesetzlichen Vertreter (oder die von diesem angenommenen J

2 ) K . L e h m a n n s Lehrb. § 19. ) B G B . §§ 104, 1 0 5 . ) B G B . §§ 164, 1 6 3 0 , 1 6 8 6 (s. aber 1696, 1 7 0 7 ) , 1 7 9 3 ; zur Begründung eines neuen Erwerbsgeschäfts, nicht aber zur Auflösung eines solchen für das K i n d bedarf der Vater (bzw. die Mutter) der Genehmigung des Vormundschaftsgerich ts (Ordnungsvorschrift), der Vormund bedarf dieser in beiden Fällen. B G B . §§ 1 6 4 5 , 1 8 2 3 . Uber die Stellung des Vormunds zu dem von ihm im Namen des Mündels betriebenen Handelgeschäfte s. C o u r t D J Z . 1904, S. 2 1 2 und hiergegen (beifallswürdig) M a r c u s ebenda S. 3 5 3 . 4 ) B G B . §§ 1 6 5 5 , 1 6 8 6 . Ergibt sich in einem Jahre ein Verlust, so verbleibt der Gewinn späterer Jahre bis zur Deckung des Verlustes dem Kinde. 6 ) B G B . §§ 1 6 5 0 , 1 6 5 1 . e ) B G B . §§ 1 6 4 3 , 1 8 2 1 , 1 8 2 2 , 1 8 1 2 , 1 8 2 5 , 1 8 5 2 u. a. 7 ) S. oben § 1 ] S. 47 (Begriff des Kaufmanns). 3

60

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Vertreter) vorgenommen, und die unter Umständen erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, Gegenvormundes oder Beistandes ist dann ebenso wie im ersten Falle einzuholen. Nur die Eigentümlichkeit besteht hier im Unterschiede vom ersten Falle, daß, wenn der Minderjährige bereits das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, das Vormundschaftsgericht ihn in bestimmten Fällen gutachtlich hören soll 1 ), so vor der Entscheidung über die Genehmigung des Beginns oder der Auflösung eines Erwerbsgeschäfts, also ζ. B. auch einer Handelsniederlassung. 3. Ein M i n d e r j ä h r i g e r (im engeren Sinne wie oben) betreibt möglicherweise ein Handelsgewerbe „ s e l b s t ä n d i g " , d. h. nicht bloß dem Namen nach, wie es zum handelsgesetzlichen Begriff des Kaufmanns gehört, sondern unter eigenem geschäftlichtätigen Eingreifen; hierzu bedarf er aber nicht bloß der Ermächtigung seitens seines gesetzlichen Vertreters 2 ), sondern auch der Genehmigung seitens des Vormundschaftsgerichts 8 ); d a n n aber ist er auch unbeschränkt g'eschäfts- (und prozeß)fähig für alle diejenigen Rechtsgeschäfte, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt, ausgenommen diejenigen Rechtsgeschäfte, zu denen selbst der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf 4 ); der in manchen mittelalterlichen Rechten zum Ausdruck gelangte Grundsatz: „Handel macht mündig·' gilt also nur mit zwei Einschränkungen und immer nur unter der Voraussetzung der erwähnten Ermächtigungen 5 ); aber das Resultat des so vom Minderjährigen betriebenen Handelsgewerbes unterliegt nicht der elterlichen Nutznießung, denn was das Kind durch seine Arbeit oder durch den ihm ausdrücklich 6 ) gestatteten selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt, gehört zum freien Vermögen des Kindes. *) B G B . § 1 8 2 7 Abs. 2. 2 ) B G B . § I I 2 A b s . I. Zurückgenommen kann die Ermächtigung nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts werden. B G B . § 1 1 2 Abs. 2. 3 ) Ohne diese Genehmigung und jene Ermächtigung kann ein Minderjähriger nicht Kaufmann sein und darf, selbst -wenn er tatsächlich ein Handelsgewerbe beginnt, weder vom Registergericht, noch von einem andern Gerichte als K a u f mann behandelt, mit den Standesvorrechten eines solchen ausgestattet oder mit Standespflichten belastet werden. Vgl. C o s a c k , Lehrbuch S. 44. S t a u b (8. Aufl.), Anm. 20 und 2 1 zu § I. 6 *) B G B . §§ 1 1 2 , 1 8 1 4 fr. ) Vgl. C o s a c k , Lehrbuch S. 46. ·) B G B . § 1 1 2 mit § 1 6 5 1 .

§ 13·

V o n den handelsrechtl. Persönlichkeitsrechten im allgemeinen.

gl

4. Ein Minderjähriger ist möglicherweise zwar Kaufmann in dlem an zweiter Stelle erörterten §inne, also nur dem Namen nach und ohne die Ermächtigung zum selbsteingreifenden Befcre;ben des Handelsgewerbes, aber er nimmt dann und wann eine einzelne Rechtshandlung vor, welche im Betriebe des Gewerbes liegt oder liegen kann, — dann ist eine solche nur wirksam, wenn: a) entweder die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zu 'der einzelnen Willenserklärung 1 ) speziell gegeben ist, b) oder nachträglich, aber rechtzeitig die Genehmigung, sei es vom gesetzlichen Vertreter, sei es vom unbeschränkt geschäftsfähig gewordenen Minderjährigen, erklärt wird, c) oder wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, welche ihm zu diesem Zwecke oder zur freien Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind 2 ). Durch den einem Minderjährigen von seinem gesetzlichen Vertreter gestatteten Eintritt in den Dienst eines Kaufmanns wird der Minderjährige nicht selbst Kaufmann, da letzteres nur der ein eigenes Gewerbe Betreibende sein kann (s. oben § 1 1 I S. 46 ff.). Ist ein Minderjähriger für volljährig erklärt, so erlanget er auch in handelsrechtlicher Beziehung die rechtliche Stellung eines Volljährigen 8).

B. Die Persönlidikeitsredite im Handelsrecht. § 13·

Von den handelsreditlidien Persönlidikeitsrediten im allgemeinen. Von den handelsrechtlichen Persönlichkeitsrechten gilt zunächst und im allgemeinen alles das, was von den Persönlichkeitsrechten (Individualitätsrechten) überhaupt gilt 4 ). InsE s wäre denn, daß durch jene Willenshandlung lediglich ein rechtlicher Vorteil erlangt wird, s. B G B . § 1 0 7 . *) B G B . § 1 1 0 . ») B G B . §§ 3 — 5 . 4 ) Uber diese s. G a r e i s , Grundriß zu Vorlesungen über das deutsche bürgerliche Recht (Gießen 1 8 7 7 ) §§ 40 ff.; G a r e i s , in B u s c h A . Bd. 3 5 S. 1 9 6 « · . ; G a r e i s , Enzyklop. §§ 1 7 fr. — G i e r k e , PrivatR. §§ 81 ff. und die dort angegebene Literatur. Ferner: G a r e i s , Das Recht am menschlichen Körper,

62

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

besondere ist auch hier die Anerkennung dieser Rechte durch das positive Recht in den drei.bekannten Richtungen geschaffen, nämlich: a) in der positiv-rechtlichen Anordnung von Maßnahmen, welche zur Feststellung, Konstatierung oder gar Konstituierung des Rechts, mittelbar dabei wohl auch zum präventiven Schutze desselben dienen (ζ. B. Firmenregister, Zeichenrolle u. dgl.); b) in der Gewährung des Schutzes dieser Rechte im bedrohten oder verletzten Zustande, nämlich in der Androhung von Strafen für diese Fälle und in der Statuierung der Pflicht zur Entschädigung oder der Bußeleistung, sonie auch in der Zulassung der ausnahmsweisen Selbsthilfe zu deren Schutz in dei Fällen der Notwehr und des Notstandes; endlich c) in der Anerkennung von Rechtsgeschäften über den Inhalt diesei Rechte oder eines Teils derselben, Negoziabilität, Übertragbarkeit, Vererblichkeit und Einschränkbarkeit derselben. In allen diesen Beziehungen sind die einzelnen Arten dieser Rechte auch im Handelsrecht nicht gleich gestaltet, wie aach hier das Verhältnis der Enttaltung eines vermögensrechtlichen Inhalts zu dem stets vorhandenen personenrechtlichen Kerne 1 ) bei den einzelnen Gruppen ein verschiedenes ist, — all dies wird durch die folgende Einzelbetrachtunj dieser handelsrechtlichen Persönlichkeitsrechte im einzelnen nachgewiesen.

Die handelsrechtlichen Persönlichkeitsrechte im einzelnen2). §

14·

1. Das Recht der kaufmännischen Betätigung im allgemeinen. Das Recht kaufmännischer Betätigung zeigt sich als Recht, einzelne Handelsgeschäfte in dem oben (§ 7 Π Ι 2 S. 36, auch § 9) erörterten Sinne abzuschließen, und als Recht, ein Handelsgewerbe zu betreiben, und in beiden Richtungen ist es nichts anderes, als das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betätigung®); es steht daher unter den allgemeinen Regeln und Voraussetzungen dieses letzteren überhaupt4).

Das Recht, ein e i n z e l n e s Handelsgeschäft abzuschließen — also ein Geschäft, welches, wenn es den Gegenstand eines Gewerbebetriebes bilden würde, dieses zum Handelsgewerbe machen würde, oder ein Geschäft, welches dadurch zum Königsberg 1900, und G a r e i s , Das Recht am eigenen Bilde (Gutachten für den Deutschen Juristentag) 1901, und DJZ. 1902 S. 4 1 2 ff. — L . K u n k e l in ZRpiB. 3. Jahrg. 1907 Nr. 14 S. 289 ff., Nr. 15 S. 3 1 4 0 . !) G i e r k e , PrivatR. I S. 706. 2 ) Viele hier einschlägigen Erörterungen bringt die von A. O s t e r r i e t h unter Mitwirkung von P a u l S c h m i d t und J o s . K ö h l e r herausgeg. Zeitschr. d. Deutsch. Vereins für Schutz des gewerbl. Eigentums, gewerbl. Rechtsschutz und Urheberrecht (13. Jahrgang Berlin Carl Heymanns Verlag 1908). 3 ) G a r e i s , Grundriß (1877) § 4 1 . G i e r k e , PrivatR. § 82 V S. 7 1 3 . *) Diese s. bei G i e r k e , PrivatR. a. a. O.

§ 14.

Das Recht der kaufmännischen Betätigung im allgem.

63

Handelsgeschäft wird, daß es von einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsg-ewerbes abgeschlossen wird oder zu diesem gehört, — das Recht, ein solches Geschäft als vereinzeltes abzuschließen, steht jedermann, der sich durch Verträge überhaupt verpflichten kann, unbeschränkt zu. Aber auch das Recht, ein Handelsgewerbe zu betreiben, steht heutzutage, im Gegensatz zur früheren Gebundenheit an die Innungsmitgliedschaft (Zunftzwang), prinzipiell jedermann zu, insoweit die Gewerbefreiheit, welche, wie jedes Gewerberecht, auch die Konzession und das Monopol, unzweifelhaft auch eine privatrechtliche Seite hat, nämlich die Anerkennung des Betätigungsrechts als subjektives Privatrecht 1 ), zu Recht besteht und maßgebend ist 2 ). Einschränkungen dieses Rechts sind teils durch öffentliches Recht, teils durch Privatrecht geschaffen worden; durch Normen des öffentlichen Rechts vor allem, insofern der Betrieb gewisser Arten von Gewerben, zu denen auch einige Zweige des Handels gehören, von einer ausdrücklichen obrigkeitlichen Genehmigung (Konzession) abhängig gemacht ist 8 ), deren Versagung zum Teil nur aus bestimmten gesetzlichen Gründen verfügt werden kann 4 ); als öffentlich-rechtlich muß auch bezeichnet werden, daß den Angehörigen einiger Berufsstände der Betrieb von Handelsgewerben untersagt ist, so nach Reichsrecht: den Militärpersonen des Friedensstandes und den in Dienstgebäuden bei ihnen wohnenden Hausgenossen, vorbehaltlich der Erlaubnis der Vorgesetzten 5 ), sowie den Reichsbeamten 8 ); öffentlich-rechtlich ist auch, daß einzelnen Personen durch Strafurteil oder infolge eines solchen untersagt wird ') Hierüber s. G i e r k e , PrivatR. S. 260, 7 1 3 — 7 1 6 ; R e h m , Die rechtliche Natur der Gewerbskonzession 1889 S. 22 ff.; J o h . B i e r m a n n , Privatrecht und Polizei (Berlin 1897) S. 30 ff. und die dort angegebene Literatur. 2 ) R o b . ν. L a n d m a n n unterscheidet in seinem Kommentar zur Gewerbeordnung für das Deutsche Reich (5. Aufl. München 1907 C. H. Beck) zwischen der Befugnis, ein jedes Gewerbe zu b e g i n n e n , und dem Recht, ein bereits begonnenes Gewerbe " w e i t e r z u b e t r e i b e n ; in dem letzteren sieht auch v. Landmann ein subjektives, öffentliches und p r i v a t e s Recht, das demjenigen, welcher den Betrieb begonnen hat, nur unter genau bestimmten Voraussetzungen entzogen werden kann und in dessen Besitz es geschützt werden muß. S. 47 a. a. O. 3) GewerbeOrd. §§ 16, 29, 3 1 , 33, 43, 44, 55—64 u. a. *) GewerbeOrd. § 57. Ferner HypothekenbankG. v. 13. Juli 1899 §§ I, 2 u. RG. über die privaten Versicherungsunternehmungen v. 12. Mai 1901, §§ 3—7, 21, J4, s. auch unten § 39a und § 62. 5 e ) Reichs-MilitärG. § 43. ) ReichsbeamtenG. § 16.

64

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

gewisse Gewerbe, ζ. B. das Trödlergewerbe, zu betreiben 1 ). Zu den vom öffentlichen R e c h t ausgehenden, weil wegen des öffentlichen Interesses aufgestellten, Beschränkungen muß auch die Vorschrift des Reichsbankgesetzes zugerechnet werden, durch welche solchen Banken, welche Noten ausgeben, der Abschluß einer Reihe von Handelsgeschäften untersagt 4 ) oder nur innerhalb bestimmter Grenzen gestattet ist 3 ). Hierher gehört auch die gesetzliche B e g r e n z u n g des Geschäftsbetriebs der sog. reinen Hypothekenbanken 4 ). Die Übertretung einer dieser oder anderer öffentlich-rechtlicher Einschränkungen hat weder die Ungültigkeit des abgeschlossenen Geschäfts 6 ), noch die A u f h e b u n g seiner etwa vorhandenen Eigenschaft als Handelsgeschäft zur Folge, jene öffentlich-rechtlichen Verbote sind also privatrechtlich in der R e g e l wirkungslos 6 ). A n d e r s verhält es sich mit den p r i v a t - (nämlich handels-) r e c h t l i c h e n Einschränkungen des Grundrechts auf kaufmännische Betätigung; es gibt fünf Gruppen von Einschränkungen, die kraft Gesetz bestehen: i. Das s t r e n g e V e r b ο t des H a n d e l s b e t r i e b e s : H a n d l u n g s g e h i l f e n 7 ) und Mitglieder des V o r s t a n d e s einer Aktiengesellschaft 8 ) dürfen ohne Einwilligung 9 ) des Prinzipals, letzterenfalls der Gesellschaft, weder ein materielles, noch ein formelles Handelsgewerbe betreiben (Gewerbeverbot), noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde R e c h n u n g Geschäfte machen 10 ). W a s unter Handelsgewerbe zu denken ist, ergibt sich aus den Erörterungen über die Systematik der Handelssachen (oben § 8) 11 ); in einem bestimmten ') GewerbeOrd. § 35. ») BankG. §§ 5, 7, 42. ») BankG. §§ 13, 43, 44. 4 ) HypothekenbankG. v. 13. Juli 1899 § § 5 ff. Hierüber s. unten § 05 I X . 5 ) Dies ist auch angesichts des B G B . § 134 zu sagen, wie bei G a r e i s , Komm. z. Allg. d. R G B . S. 1 6 6 — 1 6 7 dargelegt ist. e ) Anders die Einschränkungen des Börsenverkehrs durch die Vorschriften des Börsengesetzes vom 27. Mai 1908, wovon unten § 49. 7 ) Uber diesen Begriff s. unten § 21. Darauf, ob diese Personen zum Abschluß von Rechtsgeschäften für ihren Prinzipal bevollmächtigt sind, kommt es hier nicht an. 8 ) Hierüber s. unten § 33. 9 ) Diese sowie die nachstehend unter Nr. 2 — 4 aufgezählten Einschränkungen können mithin durch Privatvertrag aufgehoben werden, ebenso die unter Nr. 6, nicht aber die unter Nr. 5 erwähnte. Uber den Begriff Einwilligung s. BGB. § § 182—184. 10 ) HGB. §§ 60, 236. u ) HGB. § § 1, 2.

§ 14·

Das Recht der kaufmännischen Betätigung im allgem.

Hanidelzweige (nämlich dem des Prinzipals) Mittieldng

„Geschäfte machen"

zwischen einem Handelsgewerbebetriebe

(55

bedeutet

ein

einerseits und der Vornahme

eines enzeinen Handelsgeschäfts andererseits, es ist mehr als dies, aber weniger als jjens 1 );

ob das „Geschäftemachen" im Handelszweige des Prinzipals

und

als verboten anzusehen ist,

d&er

muß

als Tatfrage behandelt

Zugriumelegung der im Handelsverkehr geltenden Anschauungen,

gelegen

und

unter

Gewohnheiten

und Gi>räuche beantwortet werden 2 ).

Die zur Beseitigung· dieser Einschränkung· erforderliche Einrwiligung des Prinzipals, welcher, sofern er eine Aktiengesielfechaft ist und es sich um die Ermächtigung von Vorstamdimitgliedern zum eigenen Handelsgewerbebetriebe handelt, hier dircli das den Vorstand bestellende Organ vertreten wird3), kanin mch stillschweigend erteilt werden, und sie gilt gewerbebetiebenden 4 ) Handlungsgehilfen gegenüber als erteilt, wenn denn Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt war, daß er ein Gewerbe betreibt, und der Prinzipal das Fallenlassen jenes Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart hat 5 ). Wird das strenge Verbot des Handelsbetriebes verletzt, so kann der Prinzipal Schadensersatz fordern oder statt dessen verlangen, daß der dem Verbot Zuwiderhandelnde die für eig - ene Rechnung gemachten Geschäfte als für seine, des Prinzipals, R e c h n u n g eingegangen gelter, lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnungbezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung a b t r e t e : diese Ansprüche verjähren in drei Monaten von der Kenntnisnahme des Prinzipals (bzw. der zuständigen Gesellschaftsorgane) an, spätestens aber absolut in fünf Jahren 6 ). Dieses strenge V e r b o t des Handelsbetriebes ') Das Verbot des „Geschäitemachens", wie es in den §§ 60, 236 enthalten ist, ist -veniger streng, als das des Art. 59 des H G B . von 1861 (s. G a r e i s , H G B . Anm. 3 zu § 60). 2 ) H G B . § 346. E s ist dabei nicht bloß die Zusammenstellung der Geschäfte :m H G B . § 1, sondern jedenfalls vor allem die Verschiedenheit der Waren zu erwäjeu; s. G a r e i s , H G B . S. 78. 3 ) H G B . § 236 Abs. 1 Satz 2. 4 ) Eigene „Geschäfte zu machen" ohne besonderen Gewerbebetrieb k.inu der Prinzipal dem Gehilfen wie ausdrücklich so auch stillschweigend gestatten; die Vermutung des A b s . 2 des § 60 bezieht sich jedoch darauf nicht. G a r e i s , H G B . Anm. 6 zu § 60. 6 ) Vereinbart, nicht etwa nur einseitig zu verbieten gesucht hat; s. G a r e i s , H G B . Anm. 7 zu § 60. e ) H G B . §§ 6 1 , 236 Abs. 2 mit den Anm. hierzu bei G a r e i s , H G B . Der Prinzipal, mit dem sein Handlungsgehilfe unter dem Namen eines anderen Börsentermingeschäfte machte, kann die Herausgabe der Gewinne verlangen, die der Handlungsgehilfe # erzielt und aus der K a s s e des Prinzipals erhalten hat. K G Z . B d . 45, S. 3 1 . Uber das Eintreten des Prinzipals s. G a r e i s , Die Verträge zugunsten Dritter ( 1 8 7 3 ) S. 1 9 — 2 2 . G a r e i s , Haudelsreckt.

8. Aufl.

5

G6

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

bindet auch die S t e l l v e r t r e t e r von Mitgliedern des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, nicht aber die Aufsichtsratsmitglieder, welche nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum als Stellvertreter behinderter Vorstandsmitglieder fungieren, noch auch die Liquidatoren einer Aktiengesellschaft 1 ). 2. D a s e i n f a c h e K o n k u r r e n z v e r b o t . Dieses trifft, abgesehen davon, daß es die vorerwähnten (unter i) Personen — Handlungsgehilfen und Aktiengesellschaftsvorstände — n e b e n dem Gewerbeverbote (s. oben) trifft, nur die Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft und die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, mag diese mit oder ohne Aktienausgabe errichtet sein2); die Reaktion gegen eine Überschreitung dieses Verbotes richtet sich nach analogen Grundsätzen, wie die gegen die Verletzung des Gewerbeverbots (s. oben unter 1), ebenso auch der Verbotserlaß und die Verjährung; eigenartig ist aber hier, daß die Geltendmachung der Reaktionsansprüche gegen das rechtswidrig konkurrierende Mitglied nur auf Beschluß der übrigen Gesellschafter und unbeschadet des Rechts, die Auflösung der Gesellschaft wegen jener verbotenen Konkurrenz zu verlangen 3 ), eintritt. 3. D a s V e r b o t k o n k u r r i e r e n der V e r g e s e l l s c h a f t u n g . Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft, persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (auf oder ohne Aktien), sowie Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft dürfen ohne Einwillig-ung der übrig-en Mitglieder (bzw. im letzteren Falle: der Gesellschaft) nicht einer anderen Handelsgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafter angehören; dieses Verbot bezieht sich bei offenen Handels- sowie bei Kommanditgesellschaften nur auf die Teilnahme an einer anderen gleichartigen Gesellschaft, d. h. einer Gesellschaft, welche der gleichen Unternehmung, demselben merkantilen Zwecke dient, wie die auf dem Verbote bestehende. In bezug auf Verbotserlaß und Erhebung der Reaktionsansprüche und deren Verjährung gilt analog das oben (unter 1 und bzw. 2) Gesagte. ') ) 37) als 3 ) 2

HGB. HGB. solche HGB.

§§ 242, 248, 298. §§ 1 1 2 , L13, 1 6 1 Abs. 2, 326. Kommanditisten (s. unten §§ 30, unterliegen dem Konkurrenzverbote nicht; s. H G B . § 1 6 5 . § 1 3 3 s. aber auch § 140.

§ 14.

Das Recht der kaufmännischen Betätigung im allgem.

67

4. Dem Schiffer (Schiffsführer) ist gesetzlich verboten, ohne Einwilligung· seines R e e d e r s für eigene R e c h n u n g Güter zu verladen, widrigenfalls er dem letzteren die höchste am Abladungsorte zur Abladungszeit für solche R e i s e n und Güter bedungene Fracht zu erstatten hat, unbeschadet des Anspruchs auf höheren Schadensersatz'). 5. D e n Gewerbetreibenden ist gesetzlich verboten, mit ihren Arbeitern, denen sie prinzipiell die L ö h n e in Reichswährung zu berechnen und bar auszuzahlen haben, W a r e n kreditierungsverträge abzuschließen und somit, da diese Verträge möglicherweise Handelsgeschäfte wären, in einer gewissen R i c h t u n g die kaufmännische Betätigungsfreiheit beschränkt, und zwar bei Vermeidung der Nichtigkeit solcher Verträge 2 ). 6. Außer diesen verschiedenen kraft des Gesetzes bestehenden Einschränkungen können mit privatrechtlicher W i r k samkeit noch andere Einschränkungen gedacht werden, nämlich solche, welche durch V e r t r a g der Beteiligten aufgestellt werden; ein solcher V e r t r a g ist im allgemeinen bis an die durch die guten Sitten gezogene Grenze wirksam; für einen bestimmten Fall jedoch zieht der Gesetzgeber die Grenze schärfer, nämlich f ü r den Fall, daß ein Prinzipal mit einem Handlungsgehilfen eine Vereinbarung, gewöhnlich die der K o n k u r r e n z k l a u s e l genannt, trifft, durch welche der letztere für die Zeit nach der Beendigung· des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird 3 ); eine solche V e r abredung ist nämlich für den Handlungsgehilfen nur insoweit ') H G B . § 5 + 4 . ) GewerbeOrd. §§ 1 1 5 — 1 1 9 b . Die Gewerbetreibenden sind verpflichte:, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichawährung zu berechnen und bar auszuzahlen; sie dürfen den Arbeitern keine Waren kreditieren (GewerbeOrd. § 1 1 5 Abs. 1 . Abs. 2 Satz 1, Verbot des sog. T r u c k s y s t e m s , hierüber s. R o b . ν. L a n d m a n n , K o m m . z. GewerbeOrd. 5. Aufl. Bd. I I 1907 S. 1 3 1 ff.), — Bestimmungen, an welche sich noch eine Reihe von Detailvurschriften, aber auch von Ausnahmen anschließt; von letzteren ist die eine billige Beschaffung von Lebensmitteln u. dgl. betreffende (Abs. 2 Satz 2 und 3 des § 1 1 5 ) hier hervorzuheben. Verträge, welche dem § 1 1 5 der GewerbeOrd. zuwiderlaufen, sind nichtig (§ 1 1 7 der GewerbeOrd.), Zahlungen mit unzulässigen Surrogaten (tj 1 1 6 ) ungültig usw. ( R . v. L a n d m a n n a . a . O . S. 146 ff.). 3 ) Die Frage nach der gesetzgeberischen Behandlung der Verabredung der sog. Konkurrenzklausel zwischen Prinzipalen und Handlungsgehilfen ist in unseren Tagen ungemein bestritten. Manche wünschen das völlige Verbot einer solchen Vereinbarung oder die Nichtigkeit der Konkurrenzklausel im Verhältnis zwischen wirtschaftlich Stärkeren und wirtschaftlich viel Schwächeren, hierüber s. aber m e i n e Erörterung in DJZ. 1908 Nr. 1 S. 4 1 — 4 6 . — Zuständigkeit der Kaufmannsgerichte s. oben S. 20. 5* 2

GS

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

verbindlich, als die Beschränkung· nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen überschreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung· des Fortkommens des Handlungsgehilfen ausgeschlossen wird (Einschränkung· der sog·. Konkurrenzklausel); als unbillig· faßt das Gesetz ausdrücklich vor allem 1 ) eine Beschränkung· auf, welche auf einen Zeitraum von mehr als drei Jahren von der Beendigung· des Dienstverhältnisses an erstreckt wird 2 ); auch abgesehen hiervon unterliegt eine solche Vereinbarung· gesetzlich mehreren Erschwerungen im Interesse des wirtschaftlich schwächeren Handlungsgehilfen: sie ist nichtig, wenn sie der letztere minderjährig abschließt 3 ); sie bindet den Gehilfen ferner nicht, wenn ihm der Prinzipal durch vertragswidriges Verhalten Anlaß gibt, aus einem gesetzlichen Grunde das Dienstverhältnis sofort 4 ) zu lösen, oder wenn der Prinzipal das Dienstverhältnis kündiget, ohne daß für die Kündigung ein erheblicher Anlaß vorliegt, den er nicht verschuldet hat und ohne daß dem Handlungsgehilfen während der Dauer der Freiheitsbeschränkung das zuletzt von ihm bezogene Gehalt fortgezahlt wird. Ist jene Vereinbarung auf die Leistung einer Strafe zugespitzt und tritt der Fall ein, daß diese Strafe in der Tat vom gewesenen Handlungsgehilfen bezahlt werden muß, so hat es hierbei sein Bewenden, und es kann der Prinzipal weder die Erfüllung der Vereinbarung neben der Strafe, noch einen über diese hinausgehenden Schadensersatz verlangen 6 ); ist die für den Fall des Bruches der Klausel vom Handlungsgehilfen versprochene Strafe unverhältnismäßig hoch, so kann sie auf seinen A n t r a g vom Richter auf einen angemessenen Betrag herabgesetzt werden"). x ) Welche Anhaltspunkte sonst dem Richter bei Ermessen, ob die Klausel Billiges oder Unbilliges verlange, dienen, s. G a r e i s , H G B . Anm. ι zu § 74 und G a r e i s , Vom Begriff Gerechtigkeit, 1907, S. 37 38. 2 ) H G B . § 74 Abs 1 u. 2 ; Analoges gilt nun auch für Gewerbegehilfen nach GewerbeOrd. §§ 1 3 3 f. gemäß EinIG. zu H G B . Art. 9 II. Uber die Frage der Rückwirkung der Vorschrift des § 74 H G B . s. Seuff. Bd. 66 ( 1 9 0 1 ) S. 1 7 8 — 1 8 2 . 3 ) H G B . § 74 Abs. 3, auch dies ins Gewerberecht übernommen; s. vorige Anm. GewerbeOrd. § 1 3 3 f. Abs. 2. 4 ) Gemäß H G B . §§ 70, 7 1 , auch § 75. 5 ) H G B . § 75 Abs. 2, 3. Abweichendes bestimmt B G B . § 340. e ) Nach H G B . § 75 Abs. 2 1. Satz hat B G B . § 343 Anwendung zu inden; H G B . § 348, welcher die richterliche Herabsetzung ausschließt, wenn ein K a u f mann die Strafe im Betrieb eines Handelsgewerbes versprochen hat, könnte schon deshalb nicht Anwendung finden, weil der Handlungsgehilfe nicht Kaufminn im Sinne des H G B . ist. (Arg. H G B . § 1 Abs. 1 und die Erörterungen oben § 1 1 I S . 46.)

§

15-

Dem

Das R e c h t auf einen individuell gestalteten Gewerbebetrieb.

Persönlichkeitsrechte

auf

kaufmännische Betätigung

hafften die besonderen Befugnisse des Kaufmanns sorudeEn Standespflichten an.

Hiervon oben § §

als

solchen,

im sowie

69

allgemeinen seine

be-

II I I I S. 4 7 · — 5 1 .

IS-

2. Dts Recht auf einen individuell gestalteten Gewerbebetrieb und an diesem. (Recht der Handelsniederlassung.)

[. In einer besonderen Richtung· weiter entwickelt wird dais R e c h t der kaufmännischen Betätigung· zu dem R e c h t e a u i einen individuell gestalteten G e w e r b e b e t r i e b und, sofern er geschaffen ist, an diesem. Denn durch die Betätigung der körperl i c h e n und geistigen K r ä f t e in einer bestimmten W e i s e schafft der K a u f m a n n eine Veirbiidung von wirtschaftlichen Elementen, welche zu einer eigenartigen, zunächst vom

ssiner Persönlichkeit

wind m d „laden

als

solche —

ausgehenden äußerlich

und von ihm getragenen

wenigstens



Unternehmung

ein objektives Dasein

führt,

vermöge der tatsächlichen Verknüpfung von geschäftlichen Beziehungen,

Kundichaft,

Ruf

und

Vertrauen

mit

einem

bestimmten

matteri;llen Unterlagen ein gewerbliches Unternehmen

Betriebe

sich zu einem

und

seinen

individuali-

sierten Inbegriff ständiger Lebensverhältnisse verfestigt, besitzt darin sein Schöpfer oder c'essen Rechtsnachfolger eine ökonomisch

wertvolle Grundlage fernerer Er-

D i e s gilt g a n z besonders vorn K a u f mann; e r s c h a f f t sich und besitzt in seiner „ H a n d e l s n i e d e r l a s s u n g " , dem E t a b l i s s e m e n t (mitunter auch „Handelsg e s c h ä f t " oder g e r a d e z u „ G e s c h ä f t " genannt), einen solchen Inbegriff von ständigen Lebensverhältnissen, und man versteht darunter das reale Substrat seines kaufmännischen G e s c h ä f t s betriebs, den „ K o m p l e x aller zu einem bestimmten kommerziellen oder industriellen Z w e c k e vereinigten Produktionsmittel", eine Zusammenfassung v o n S a c h e n (eine universitas bonorum, wie die altrömische taberna), v o n K r ä f t e n , B e werbstitigkeit" ( G i e r k e ) 1 ) .

') Deutsches Privatrecht I S. 7 1 3 . E s stimmt diese Auffassung auch mit der von R o b . ν. L a n d m a n n vertretenen, oben § 14 S. 63 A n m . 2 angeführten überein, zu deren Begründung v. Landmann a. a. O. sagt: ,.Es ergibt sich dies daraus, daß der Gesetzgeber es vermieden hat, der G e w e r b e o r d n j n g rückwirkende K r a f t beizulegen, ferner aus § 143 G e w O . , wonach die Berechtigung zum Gewerbebetrieb, abgesehen von den in den Reichsgesetzen vorkommenden Fällen ihrer Entziehung und von steuergesetzlichen Ausnahmen, weder durch richterliche noch durch administrative Entscheidung entzogen werden kann, dann aus den Bestimmungen in § § 40, 33a, 49, 51 und 53 G e w O . über die Verleihung, Verjährung und Entziehung von Gewerbekonzessionen und die Beseitigung gewerblicher Anlagen. Eingriffe von Privatpersonen in solche R e c h t e begründen unter Umständen einen Entschädigungsanspruch auf Grund des § 823 A b s . I B G B . oder auf Grund des Gesetzes vom 24. Mai 1896 zur B e k ä m p f u n g des unlauteren Wettbewerbes, oder Strafeinschreitungen auf Grund dieses Gesetzes."

Kap. II.

70

Die Personen im Handelsrecht.

Ziehungen (darunter auch ζ. B. die Kundschaft, l'achandalage), Forderungen und Schulden 1 ). Die F r a g e , welche dieser Dingo zur Errichtung oder zum Bestände eines Etablissements gehören, ist nicht allgemein, sondern nur mit R ü c k s i c h t auf die einzeln vorliegende merkantile oder industrielle A b s i c h t und S a c h l a g e ZU beantworten. Auch die Eigenart oder Besonderheit, die Individualisierung,

kann verschieden sein, sie ist bald mehr, bald weniger aus-

geprägt, nicht selten stark entwickelt, möglicherweise schon wegen des Vorhandenseins und der Verwendung oder Ausübung von eigenartigen Rechten, wie ζ. B . von Monopol-

und Bannrechten,

oder von

ausschließlichen

oder von Urheberrechten 2 ), im konkreten Unternehmen 3 ); gesehen

hiervon, bei jedem Handelsunternehmen,

das

Aneignungsrechten

aber sie ist, auch ab-

unter

einer

bestimmten

Firma betrieben wird, wenigstens bis zu einem gewissen Grade faßbar vorhanden. Von juristischer Bedeutung ist der O r t der Handelsniederlassung — hauptsächlich als präsumptiver Vertragserfüllungsort 4 ) und wegen des Gerichtsstandes — und der U m f a n g derselben — hauptsächlich wegen der Möglichkeit des Rechtsübergangs der Handelsniederlassung als solcher.

II. A l s Ort des Etablissements, keineswegs immer mit dem Wohnsitz des das Handelsgewerbe Betreibenden zusammenfallend, ist der Platz anzunehmen, von welchem aus die kaufmännische Leitung des Handelsgewerbes tatsächlich, nicht bloß der Idee nach, sondern praktisch wirksam erfolgt; es ist dies möglicherweise der.Sitz des Kontors, der Sitz der Kasse, nicht gerade der Ort der Warenmagazine oder der Fabrikanlage. Ein K a u f m a n n besitzt möglicherweise mehrere Etablissements zugleich, welche in verschiedenen Verhältnissen zueinander stehen können: entweder sind sie vollkommen selbständig, koordiniert nebeneinander; für den V e r k e h r dieser Etablissements untereinander sind die trassiert-eigenen Wechsel, die domizilierten Eigenwechsel und die Tratten an eigene Order von besonderer praktischer Bedeutung (s. unten Wechselrecht, § 85); oder sie sind einander subordiniert (Filialen, auch mitunter Kommanditen genannt), und in diesem Falle ist die Unterordnung entweder nur eine technische, nicht eine juristisch hervortretende — so das Verhältnis der „ N e b e n e t a b l i s s e *) Vgl. Fr. G r a v e , Das kaufmännische Geschäft (Handelsgeschäft). Bremen 1905 (Kieler Diss.). 2 ) Über all dies s. G i e r k e , PrivatR. S. 7 1 5 — 7 1 7 . s ) Man denke daran, welche hochgradige Individualisierung eine Buchhandlung durch den Verlag der Werke bestimmter Schriftsteller gewinnen kann. Andere Fälle der Individualisierung des Betriebs s. unten §§ 18, 19, in letzterem Paragraphs, besonders eigenartig unter I I I die nach § 2 des R G e s . v. 1 1 . Januar 1876 4 wirksame (unten S. 89—90). ) B G B . §§ 269 Abs. 2, 2 7 0 Abs. 2, 3.

§

1$.

D a s R e c h t auf einen individuell gestalteten G e w e r b e b e t r i e b .

71

m e n t s " zum Hauptetablissement" — , wenn die Mehrheit der Niederlassungen nach außen zu nicht hervortritt, sondern juristisch und insbesondere rechtsverbindlich nur ein Etablissement, das Hauptetablissement, auftritt, o d e r es liegt der Fall einer A b z w e i g u n g vor, durch w e l c h e ein mit einer gewissen juristischen Selbständigkeit operierendes „ Z w e i g e t a b l i s s e m e n t " ins L e b e n g e r u f e n wird, so daß dann v o n dieser Niederlassung aus u n m i t t e l b a r G e s c h ä f t e geschlossen w e r d e n 1 ) . Die Z w e i g n i e d e r l a s s u n g kann eine besondere F i r m a haben, die N e b e n n i e d e r l a s s u n g n i c h t ; hat die Zweigniederlassung keine besondere Firma, so muß, wenn sie an einem anderen O r t oder in einer anderen Gemeinde errichtet ist, die Firma der Hauptniederlassung für sie bei dem für sie zuständigen H a n d e l s g e r i c h t e i n g e t r a g e n werden 2 ). D e r O r t der Niederlassung bestimmt überhaupt den Ort der F i r m e n e i u t r a g u n g 3 ) . D i e w i c h t i g s t e B e d e u t u n g hat der Ort des Etablissements für die B e s t i m m u n g des G e r i c h t s s t a n d e s ; hat jemand ein Etablissement, von w e l c h e m aus unmittelbar G e s c h ä f t e g e schlossen werden, gleichviel, ob Haupt- oder Zweigetablissement (nicht a b e r Nebenetablissement), so können g e g e n ihn alle K l a g e n , w e l c h e auf den G e s c h ä f t s b e t r i e b d e r Niederlassung (und zwar g e r a d e der konkreten Niederlassung, nicht einer anderen desselben Kaufmanns) B e z u g haben, bei dem Gerichte des Orts erhoben werden, wo sich diese Niederlassung befindet4), es g i b t demnach ein forum domicilii des Etablissements, welches mit anderen Gerichtsständen des K a u f m a n n s elektiv konkurriert. Hinsichtlich des V e r t r a g s e r f ü l l u n g s o r t e s s. v o r i g e S. bei u. mit A n m . 4. K e i n e B e d e u t u n g hat die U n t e r s c h e i d u n g verschiedener Etablissements selben K a u f m a n n s für das K o n k u r s r e c h t .

A b s o n d e r u n g s r e c h t 5 ) der H a n d e l s g l ä u b i g e r eines b e s t i m m t e n E t a b l i s s e m e n t s über

Gläubigern

Separationsrecht

eines

anderen

Etablissements

der H a n d e l s g l ä u b i g e r

des-

D i e K o n k u r s Ordnung k e n n t w e d e r ein

eines

desselben

Kaufmanns

Kaufmanns, gegenüber

gegen-

noch

den

ein

Privat-

1) Z P O . § 21. V g l . hierzu W i l h e l m H e y m a n n , D i e Z w e i g n i e d e r l a s s u n g i m deutschen H a n d e l s r e c h t ( L e i p z i g , R o ß b e r g , 1 9 0 7 ) , S . 48 fr. 2) H G B . § § 13, 1 5 . H G B . § 29. «) Z P O . § 2 1 . 5J K o n k O . § 4 - v g l . mit § § 4 7 — 5 2 , s. F r . H e l l m a n n , L e h r b u c h des deutschen K o n k u r s r e c h t s (Berlin, O . Häring 1 9 0 7 ) , S . 1 6 9 ff., B e g r i f f und F ä l l e der A b s o n d e r u n g , unter w e l c h ' letzteren die E x i s t e n z eines H a n d e l s e t a b l i s s e m e n t s sich nicht befindet. F r . O e t k e r , K o n k O . (in G . v. B u c h k a , Fr. O e t k e r u. K . L e h m a n n : C P O . , K o n k O . u. H G B . in alter und neuer Gestalt, B e r l i n , O . L i e b m a n n 1899, S. 1 4 7 ff.

K a p . II.

72

gläubigem desselben.

Die Personen im Handelsrecht.

W o h l aber ist das Etablissement einer Handelsgesellschaft

von den Etablissements der einzelnen Mitglieder einer solchen zu trennen; Konkursverfahren

kann

über

das Vermögen

einer

das

Handelsgesellschaft eröffnet

•werden, „wie wenn es Vermögen eines besonderen, selbständigen Subjekts wäre" — was es nach der hier s. unten § 24 I, § 27 I u. a. vertretenen Ansicht auch wirklich

ist, nämlich Vermögen

einer relativen

juristischen Person;

sich auch in der unmittelbaren Rechtsfolge hiervon,

dies

zeigt

daß als Konkursgläubiger

einer Handelsgesellschaft nur jene Gläubiger auftreten können, denen nach dem H G B . das Gesellscbaftsvermögen

haftet, nicht

aber die Gläubiger der einzelnen

Mitglieder").

III. A b g e s e h e n vom Falle des Konkurses erfreut sich das Etablissement einer juristischen selbständigen Existenz, welche die F r a g e nahelegt, ob dasselbe nicht eine juristische Person sei; diese F r a g e ist, wenn man auch zugeben muß, daß das Etablissement seinen eigenen, von ihm nicht zu trennenden 2 ) Namen führen, seine eigenen, nicht davon zu trennenden Warenzeichen (s. § 17 S. 84 ff.), seinen eigenen Gerichtsstand, sein eigenes Personal, seine eigenen Handelsverbindungen haben kann und in diesen Richtungen sogar vom L e b e n des Etablissementsinhabers unabhängig ist 3 ), zu verneinen 4 ), und ebenso ist die F r a g e zu verneinen, ob es eine wirkliche „Universalsukzession" in ein Etablissement unter Lebenden gibt; aber es gibt einen R e c h t s i i b e r g a n g eines ganzen Handelsetablissements unter Zusammenfassung aller zu demselben g e h ö r i g e r A k t i v a und Passiva"), ja es wird ein solcher U b e r g a n g — auch der Schulden, nämlich eine kumulative Schuldübernahme — sogar gesetzlich vermutet, wenn jemand ein bestehendes Handelsetablissement samt dem bisherigen Namen, der Firma (s. folg. Paragraph) erwirbt und unter derselben Firma — wenn auch mit einem das Nachfolgeverhältnis andeutenden Firmenzusatze — fortführt. Die Geschäftswelt und nun 0 ) auch der Gesetzgeber erblicken in der unter derselben Firma unternommenen Fortführung eines Handels>) Fr. H e l l m a n n a. a. O. S. 586 ff. J . H a r b u r g e r , K o n k O . S. 146. Vgl. K o n k O . §§ 207, 2 0 9 — 2 ( 3 , H G B . § 1 3 1 Nr. 3 u. 5. 2 ) H G B . § 23, s. unten S. 79. 3 ) B G B . §§ 072, 675, auch 168, 1 7 0 — 1 7 3 . 4 ) In neuester Zeit ist diese Frage allerdings bejaht worden von Jules V a l e r y (Prof. d. H R . an d. Univ. Montpellier): Maison de commerce et fonds de commerce (Extrait des annales de droit commercial francais, etranger et international) Paris 1903. 6 ) Max J a k u s i e l , Nutzungsrechte am Handelsgeschäft. Berlin 1906. e ) H G B v. 10. Mai 1897 §§ 2 5 — 2 7 .

§ 15.

Das Recht auf einen individuell gestalteten Gewerbebetrieb.

73

g-eschäfts (Etablissements) die Kundgebung" der bestimmten und als bindend angenommenen Absicht dieses Unternehmers' (Nachfolgers, Erwerbers), in alle Geschäftsbeziehungen des früheren Geschäftsinhabers (Vorgängers, bisherig-en Inhabers, Veräußerers) soweit als möglich einzutreten: das Publikum hat das Recht, anzunehmen, daß der N a c h f o l g e r für die Geschäftsschulden des V o r g ä n g e r s hafte, sofern nicht das Gegenteil in gehöriger Weise bekannt gemacht ist. Regelmäßig ist diese Annahme unter z w e i alternativen Voraussetzungen gesetzlich gerechtfertigt 1 ), nämlich dann, wenn entweder die Tatsache vorliegt, daß der Nachfolger die F i r m a (s. unten § ιό S . 79) fortführt oder wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, wozu namentlich der Fall gehört, daß der Nachfolger die Übernahme der Verbindlichkeiten in handelsüblicher Weise bekannt gemacht hat: die unter der einen oder anderen dieser beiden Voraussetzungen demnach anzunehmende Schuldübernahme ist zunächst eine kumulative, der G e s c h ä f t s v o r g ä n g e r bleibt trotz des Eintritts der Haftung· des Nachfolgers zunächst (s. vorige Seite) noch haftbar, obgleich er aufhört, Gläubiger der Geschäftsforderungen zu sein, wenn er in die Fortführung der Firma eingewilligt hat. Ein d r i t t e r hierher g e h ö r i g e r Fall ist die Konstituierung einer G e s e l l s c h a f t auf der Basis des bisherigen Alleinbetriebs: tritt jemand als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Geschäft eines Einzelkaufmanns ein, so E s ist schon seither (vgl. R G e r . Bd. 2 S. 55, 56) die Auffassung des Handelsstandes und des Publikums überhaupt, aber im Gesetzbuche vor 1897 noch nicht ausgesprochen gewesen, daß, wer ein Geschäft samt der Finna erwirbt und — wenn auch mit einem das Nachfolgeverhältnis andeutenden Firmenzusatze — fortführt, dadurch die ihn bindende Absicht kundgibt, in die Geschäftsbeziehungen des früheren Geschäftsinhabers so weit als möglich einzutreten: das Publikum hat ein Recht, anzunehmen, daß der (neue) Firmeninhaber für die (alten) Firmeuschulden hafte, sofern nichts anderes entgegenstehend rite bekannt gemacht ist. Und es ist und bleibt ein geltender Handelsgewohnheitsrechtssatz, daß in der handelsüblichen Bekanntmachung der Übernahme der Geschäftspassiva seitens des Erwerbers des Geschäfts ein solcher „besonderer Verpflichtungsgrund" erblickt werden muß. Vgl. schon R O H G . Bd. 1 S. 67, Bd. 3 S. 182, B d . 8 S. 383, Bd. 12 S. 160, Bd. 16 S. 1 7 2 . — Passivaübernahme als Vertrag zugunsten Dritter, s. R O H G . Bd. 2 1 S. 2 3 2 , R G e r . Bd. 2 S. 54. G a r e i s , Verträge zugunsten Dritter S. 288 ff.; Schuldübernahme in B G B . §§ 4 1 4 ff., insbesondere bei Übernahme eines ganzen Vermögens § 4 1 9 , — auch hier unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners. — Demnach gibt es zwei Gründe der Haftbarkeit für die früheren Geschäftsschulden: Fortführung der Firma und besonderer Verpflichtungsgrund, insbesondere Bekanntmachung nach § 25 Abs. 3.

74

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

haftet die dadurch geschaffene Gesellschaft, auch wenn sie die frühere Firma n i c h t fortführt 1 ), .für alle im Geschäftsbetriebe entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers, während die Aktiva des Geschäfts den Schuldnern gegenüber als auf die Gesellschaft übergegangen gelten. Abweichendes gilt Dritten gegenüber nur, wenn es im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder dem Dritten von einem Gesellschafter mitgeteilt wurde 2 ). Auch abgesehen von diesem (dritten) Falle ist bei der Fortführung des Geschäfts mit der Firma eine von der Regel des Aktiva- und Passivaübergangs abweichende Vereinbarung einem Dritten gegenüber nur dann wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder von dem Nachfolger oder Vorgänger dem Dritten besonders mitgeteilt worden ist. Die bei einem Geschäftsübergang unter einer der beiden ersten der angegebenen Voraussetzungen anzunehmende Schuldübernahme ist aber, wie g_esagt, nur zunächst eine kumulative, sie wird mit der Zeit zu einer liberierenden, denn es verjähren die Ansprüche der Geschäftsgläubiger gegen den Vorgänger mit dem Ablaufe von fünf Jahren, falls nicht nach den allgemeinen Vorschriften die Verjährung schon früher eintritt 8 ); die Verjährung beginnt im Falle des Firmenübergangs mit dem Ende des Tages, an dem der Nachfolger in das Handelsregister des Gerichts der Hauptniederlassung eingetragen worden ist, im Falle des Vorhandenseins eines besonderen Verpflichtungsgrundes aber mit dem Ende des Tags, an dem die Kundmachung der Übernahme stattgefunden hat; konnte aber der Gläubiger die Leistung erst an einem späteren Zeitpunkte verlangen, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkte. Dasselbe, was bei der Veräußerung eines Etablissements im ganzen durch Vertrag unter Lebenden gilt, ist auch Rechtens, wenn der Ubergang von Todes wegen stattfand, also Erben ein zu einem Nachlasse gehörendes Handelsgeschäft fortführen; nur besteht zugunsten der Erben eine dreimonatliche Uberlegungsfrist, so 1 ) Nach § 24 H G B . k a n n nämlich die neuentstandene Gesellschaft, -wenn sie 'will, den früheren Geschäftsnamen nach ihrer W a h l fortführen oder ihn gegen eine neue Gesellschaftsfirma vertauschen, die Haftung der Gesellschaft für die Vorschulden besteht in dem einen wie im andern Falle. 2 3 ) H G B . § 28. ) H G B . § 26 mit Anm. bei G a r e i s , H G B . S. 5 1 .

§

15-

Das R e c h t au einem individuell gestalteten Gewerbebetrieb.

75

daß die unbeschränkte H a f t u n g der E r b e n für die Geschäftsschulden des V o r g ä n g e r s nicht eintritt 1 ), w e n n die Fortführung· des G e s c h ä f t s vor dem A b l a u f e von drei Monaten w i e d e r eingestellt ist; diese drei Monate b e g i n n e n mit dem Zeitpunkt, in w e l c h e m der E r b e von dem A n f a l l e der E r b s c h a f t Kenntnis e r l a n g t h a t 2 ) ; ist bei dem A b l a u f e der drei Monate aber das R e c h t zur A u s s c h l a g u n g der E r b s c h a f t noch nicht verloren 3 ), so endig-t die Frist nicht v o r dem A b l a u f e der A u s s c h l a g u n g s f r i s t . Was muß

den

dabei,

handelt,

die

werden,

also

Grundstücke

Ubergang

sofern

es

der A k t i v a

sich

um

auf

den Geschäftsnachfolger

anlangt,

so

die Übertragung des Geschäfts unter L e b e n d e n

nach dem Gegenstande der Übertragung erforderliche F o r m gewahrt ζ. B „

wenn es sich um die Übertragung des Eigentums an einem

handelt,

die Vorschrift

der A u f l a s s u n g

beobachtet w e r d e n 4 ) ;

die

Forderungsübertragung (Zession) ist derartig vollständig, daß der bisherige Inhaber aufhört, kann

Gläubiger

der Geschäftsforderungen

mit Wirksamkeit Dritten

weder

in

zu sein,

eine A b w e i c h u n g hiervon

gegenüber nur verabredet werden,

das Handelsregister

eingetragen

und

bekannt

wenn sie ent-

gemacht oder von dem

Vorgänger oder Nachfolger dem Dritten mitgeteilt worden ist.

I m F a l l e des erb-

rechtlichen Übergangs eines Handelsetablissements versteht sich der Übergang der Geschäftsforderungen auf den Erben von selbst. I V . So kann durch die individuelle und individualisierende Geschäftstätigkeit eines K a u f m a n n s ein K o m p l e x von Beziehungen, R e c h t e n und Pflichten, A k t i v e n und Passiven Äußerlich

geschaffen werden,

tritt

das

Namen desselben, Warenzeichen Nachahmung

Eigenartige

der seinen Schöpfer zu überleben imstande ist. und

Zusammengehörige

des Etablissements

im

in der Firma und auch in den von dem Geschäft gebrauchten

hervor,

macht

der Eigenart

sich aber juristisch auch da geltend,

des Betriebs,

durch Anmaßung

w o es durch

der Unterscheidungs-

J ) H G B . § 27. Hierzu s. B o l t e in GoldschmidtZ. B d . 51 S. 413fr. Erich N e l s o n , Die Haftung der Erben eines Handelsgeschäfts für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten. (HGB. § 2 7 . ) Berlin I Q 0 6 . 2 ) Auf den Lauf der Frist findet B G B . § 206 Anwendung: „Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so wird die gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. Diese Vorschriften finden keine A n w e n d u n g , soweit eine in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person prozeßfähig ist." Letzteres ist der Fall, wenn die Ermächtigung zum selbständigen Betriebe eines Erwerbsgeschäfts erteilt ist; s. oben § 12 V S. 60. V g l . auch B G B . § § 1 1 2 , 1651 A b s . 1, ZPrO. § 54, hierzu s. L . S e u f f e r t , K o m m e n t a r z. ZPrO. 10. A u f l .

Bd.

I.

(1907) s)

S.

88.

E s handelt sich dabei wesentlich um den Fall, daß die Ausschlagungsfrist statt der regelmäßigen sechs W o c h e n sechs Monate beträgt, nämlich wenn der Erblasser seinen letzten W o h n s i t z nur i m Auslande gehabt hat oder wenn sich der Erbe beim Beginn der Frist im Aflsland aufhält. B G B . § 1944 A b s . 3. 4) B G B . § § 8 7 3 , 9 2 5 u. a.

76

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

zeichen oder der Unterscheidungsmittel oder sonst durch unlauteren Wettbewerb beeinträchtigt und hiergegen gesetzlich geschützt wird 1 ). §

16.

3. Das Recht am Namen und an der Firma. I. Wie jedes Wesen, welches Rechtssubjekt sein kann, durch seinen Namen individualisiert wird, ein Persönlichkeitsrecht auf seinen Namen und an demselben hat, so steht selbstverständlich auch der Kaufmann unter den Regeln des Namenrechts 2). Sein Handelsgewerbe kann der Kaufmann entweder unter seinem bürgerlichen (Vor- und Familien-) oder unter einem dem Handelsunternehmen (Etablissement, s. § 15 III und IV) eigenen Namen betreiben; in beiden Fällen heißt der Name, unter welchem im Handel das Geschäft betrieben und insbesondere die Unterschrift abgegeben wird, F i r m a 3 ) . Die Firma ist weder eine Sache, noch besitzbar oder ersitzbar 4 ), sondern — sie mag eine P e r s o n a l - (oder N a m e n firma, ζ. B. August Müller) oder eine R e a l - (d. i. Sachfirma, ζ. B. „Versicherungsgesellschaft P h ö n i x o d e r eine g e m i s c h t e Firma (ζ. B. Warenhaus von Rudolf Herzog) sein — wie jeder andere Personenname der Gegenstand eines Persönlichkeitsrechts physischer und juristischer Personen 5), in deren Interesse es ebenso wie in dem des Publikums liegt, daß die seitens der Firma bewirkte Individualisierung zuverlässig und die *) Insofern sind die Erörterungen der drei folgenden Paragraphen trotz der äußerlichen Koordination derselben in U n t e r o r d n u n g unter den § 1 5 zu denken. 2 ) Vgl. G a r e i s , Grundriß ( 1 8 7 7 ) § 4 2 ; G i e r k e , Deutsch. Privatrecht § 8 3 : B G B . §§ 12, 1 3 5 5 , 1 5 7 7 , 1 6 1 6 , 1706, 1 7 1 9 , 1 7 3 6 , 1 7 5 8 , 1 7 7 2 , auch 823. ' ) Geschichtliches über die Firma (ital. ragione, ditta, franz. raison) und das firmare s. GUGesch. S. 243. Beiträge zum Firmenrecht von O t t o O p e t in GZ. B d . 49 S. 51 ff. O l s h a u s e n , Verhältnis des Namenrechts zum Firmenrecht 1900. Unter seiner Firma kann der Kaufmann auch Klagen erheben und verklagt werden; H G B . § 1 7 u. G a r e i s , H G B . Anm. 5 zu § 1 7 . Aber nur Kaufleute, und zwar nur Vollkaufleute (s. oben S. 52) haben Firmenrecht. ROHG Bd. 2 1 S. 27, R G Z . Bd. 14 S. 19, Bd. 24 S. 28. Namen der Minderkaufleute s. oben S. 53 A . 3. 4 ' ) R G Z . Bd. 7 S. 2 8 3 ; Bd. 25 S. 6. 5 ) Trotz des zwischen dem Etablissement und der Firma bestehenden Rechtsbandes (s. H G B . § 23, auch die Erörterungen oben § 1 5 S. 72 ff., unten § 16 S. 79) muß doch obiges festgehalten und sowohl der Gedanke, daß die Firma eine Personifikation des Geschäfts bedeute, als auch der, daß sie ein selbständiger Wertgegenstand, Vermögensrecht, Zwangsvollstreckungsobjekt sei, vollständig feru gehalten werden, R G Z . Bd. 9 S. 106. Das Wesen der Firma erörtert durchaus zutreffend V . E h r e n b e r g in GoldschmidtZ. Bd. 28 S. 25ff. — Uber Firmenrecht u. Etablissementsnamen s. A R . C o n r a d e s (Meppen) in Recht, Jahrgang 6 ( 1 9 0 2 ) S. 9 ff.

§

i6.

Das R e c h t am N a m e n und an der Firma.

77

F i r m a v o r u n b e r e c h t i g t e r Nachahmung· g e s c h ä t z t sei, daher stellt die G e s e t z g e b u n g eine A n z a h l von R e c h t s s ä t z e n fest, w e l c h e zwar als Prinzipien gelten, sich a b e r g e g e n s e i t i g modifizierend durchkreuzen. i . D e r Grundsatz von der W a h r h e i t der Firma: diesem entsprechend darf ein K a u f m a n n , der sein G e s c h ä f t ohne Gesellschafter oder nur mit einem stillen Gesellschafter betreibt, nur seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen V o r n a m e n u n d mit oder ohne nähere zusätzliche B e z e i c h n u n g des Etablissements oder der Person als Firma führen; er darf durch die F i r m a nicht den S c h e i n hervorrufen wollen, daß eine Gesellschaft für die Verbindlichkeiten des G e s c h ä f t s h a f t e ; auf Grund eben dieses Grundsatzes müssen auch die Firmen der Handelsgesellschaften den realen Verhältnissen entsprechen und insbesondere die g e setzlich verlangten Z u s ä t z e ( , . A k t i e n g e s e l l s c h a f t " , „ K o m m a n d i t gesellschaft auf A k t i e n " usw.) enthalten 2 ); eben deshalb ist auch die T e i l u n g der Firma 3) und jede nicht mit einer V e r äußerung des Etablissements v e r b u n d e n e V e r ä u ß e r u n g der Firma v e r b o t e n 4 ) und eine durch v o r g e s c h o b e n e N a m e n erschlichene F i r m a nicht geschützt''''); diesem Grundsatze der W a h r h e i t schließt welche

sich einen

die Vorschrift der Gewerbeordnung an, offenen Laden

ihren Familiennamen Außenseite

oder

mit

haben

mindestens

am Eingange

wonach

Gewerbetreibende,

oder Gast- und Schankwirtschaft betreiben, einem aasgeschriebenen Vornamen an der

des Ladens

oder der Wirtschaft in deutlich les-

barer Schrift anbringen müssen (Firmentafel, Ladenschild); dieser Vorschrift unterliegen auch die K a u f l e u t e ,

welche eine Handelsfirma 9 ) führen, es sei denn, daß

aus der Firma schon der Familienname des Geschäftsinhabers zu ersehen ist, ein Fall,

in welchem

die obligatorische Anbringung der Firma selbst schon genügt.

B e i offenen Ladengeschäften (oder Wirtschaften) der offenen Handelsgesellschaften und

der Kommanditgesellschaften

(mit

oder

ohne A k t i e n )

müssen

die

Namen

der persönlich haftenden Gesellschafter (s. unten § § 25, 30, 37) oder wenigstens von

zweien

derselben

(wenn

die

Polizei

nicht

alle

anzugeben

verlangt)

auf

») H G B . § § [8, 24 A b s . 2. '4 H G B . § § 19, 20, 24 A b s . 2. GenG. v. I . Mai 1889 § 3, G m b H G . v. 20. A p r i l 1892 § § 3, 4, s. unten § 24. Ubergangsbestimmungen für die Firmen der Aktiengesellschaften und der Kommanditgesellschaften auf A k t i e n s. E i n f G . zum H G B . Art. 22 A b s . 2 Ferner: PrivVersUntG. § 18 A b s . 2. 3 ) R O G H . B d . 4 S. 2 6 1 . i ) HGB. § 23/ R G Z . Bd. 9 S. 1. 5 ) R O H G . B d . 4 S. 259, B d . 10 S. 292, Bd. 11 S. 246, vgl. hiermit R G Z . B d . 3 S. 120, w o die Eintragung einer Firma, die keinem Etablissement, keinem Geschäftsbetriebe entspricht, als unzulässig erklärt ist. e ) D i e Firma i m Sinne des H G B . § § 17 fr.

Kap. II.

78

den Ladenschildern,

wie

bei

Die Personen im Handelsrecht. den

vorerwähnten

Gewerbebetrieben,

angegeben

werden 1 ).

2. D e r Grundsatz d e r A u s s c h l i e ß l i c h k e i t der F i r m a : eine neu errichtete Firma inuß sich v o n allen älteren F i r m e n desselben Orts o d e r G e m e i n d e b e z i r k s , v o r a u s g e s e t z t , daß diese e i n g e t r a g e n sind (s. unten 5 S . 79 — 80), deutlich unterscheiden 2 ); das E r m e s s e n des R i c h t e r s und die Handelssitte entscheiden darüber, ob die Unterscheidung' deutlich g e n u g ist, um V e r w e c h s l u n g e n v o r z u b e u g e n , und die Priorität des e r l a n g t e n R e c h t s s c h u t z e s entscheidet f ü r das R e c h t , die F i r m a , mit w e l c h e r eine a n d e r e g l e i c h l a u t e n d ist, f ü h r e n zu dürfen. 3. D e r G r u n d s a t z d e r f r e i e n W a h l der F i r m a : D i e s e r ist, wenn es sich um die E r r i c h t u n g einer neuen F i r m a handelt, nur innerhalb d e r durch den unter 1 e r w ä h n t e n G r u n d s a t z g e z o g e n e n G r e n z e n a n w e n d b a r 3 ) , also in b e z u g auf die A b k ü r z u n g e n der (zweiten oder f o l g e n d e n , nicht des ersten) V o r namen, der S a c h - oder Ortsbezeichnung, der G e s e l l s c h a f t s bezeichnung 4 ), j e d o c h so, daß m e h r e r e F i r m e n (ζ. B . Ü b e r setzungen) f ü r ein und dasselbe G e s c h ä f t 5 ) , sowie eine oder m e h r e r e F i r m e n f ü r m e h r e r e Etablissements desselben I n h a b e r s g e f ü h r t werden k ö n n e n 6 ) ; weiter reicht die Wahlfreiheit, wenn ein Etablissement auf einen neuen E r w e r b e r ü b e r g e h t ; dieser kann zwischen einer neuen F i r m a (wie unter 1) und d e r Erhaltung des b i s h e r i g e n N a m e n s (s. unter 4) mit oder ohne Zusatz wählen, w e n n Einverständnis der B e t e i l i g t e n v o r l i e g t 7 ; ; wird ohne Ä n d e r u n g der P e r s o n des G e s c h ä f t s i n h a b e r s der N a m e desselben o d e r der in der F i r m a enthaltene N a m e eines G e s e l l s c h a f t e r s g e ä n d e r t (ζ. B . durch Verheiratung· d e r G e schäftsinhaberin 8 ) oder E h e l i c h k e i t s e r k l ä r u n g 9 ) oder A n n a h m e an K i n d e s Statt) 1 0 ), so k a n n — a b e r nicht: muß — die bish e r i g e F i r m a f o r t g e f ü h r t w e r d e n , es besteht also auch hierbei

s 3

S. 60.

EinfG. zum H G B . Art. 9. ) H G B . § 30. GenG. § 3 Abs. 2. ) H G B . § 18 Abs. 2. — Beifügung des Namens der Ehefrau R G Z . Bd. 16

4

) ) °) 7 ) 8 ) 0) 10 ) 6

H G B . § 19. K e y ß n e r in Goldschmidts Z. Bd. 2 1 S. 410fr. R O H G . Bd. 20 S. 35, 36. H G B . §§ 22, 24, R O H G . Bd. 10 S. 2 9 1 . B G B . § 1 3 5 S ; bei Ehescheidung B G B . § 1577. B G B . §§ 1 7 3 6 , 1 6 ] 6. BGB. § 1758

§ i6.

Das R e c h t am Namen und an der Firma.

79

Wahlfreiheit 1 ); und ebenso verhält es sich beim Eintritt oder Austritt eines Gesellschaftsmitglieds 2 ). 4. D e r Grundsatz der Ü b e r t r a g b a r k e i t der Firma: Die Firma kann zugleich mit dem Etablissement veräußert 3 ) oder vererbt und dann von dem neuen E r w e r b e r fortgeführt werden, jedoch nicht ohne die ausdrückliche Bewilligung des bisherigen Geschäftsinhabers oder der Erben desselben und nie ohne das Etablissement 4 ); zulässig erscheint, daß der bisherige Geschäftsinhaber das Geschäft verkauft, ohne die Fortführung der seinen bürgerlichen Namen enthaltenden Firma zu gestatten, und alsdann ein neues Geschäft wiederum unter seinem Namen beginnt 3 ); die Übertragung· des Etablissements verleiht dem neuen E r w e r b e r noch nicht das Recht, die bisherige Firma fortzuführen, aber mit dem Firmen- und Geschäftsü b e r g a n g ist der Ü b e r g a n g aller Aktiva und Passiva nun regelmäßig verbunden (s. oben § 15 III S . 72 ff.); die R e g e l der Übertragbarkeit mit den a n g e g e b e n e n Beschränkungen gilt auch von Gesellschaftsfirmen; der Wechsel im Subjekt des Geschäftsinhabers unter Fortführung' des Geschäfts muß nur dann eine Firmenänderung bewirken, wenn entweder der bisherig-e Inhaber die Einwilligung zu verweigern das R e c h t hat und sie verweigert, oder soweit es sich um Formalzusätze e) der bisherigen Firma handelt: die Formalbezeichnungen gehen nicht auf Inhaber über, auf die sie nicht passen, und können, wenn sie auf den N a c h f o l g e r passen, von diesem nicht umgangen werden 7 ). 5. D e r Grundsatz der E i n t r a g u n g s p f l i c h t : J e d e r K a u f mann muß seine Firma und den Ort seiner Handelsniederlassung bei dem Handelsgerichte (Amtsgerichte), in dessen Bezirk die letztere sich befindet, zum Zwecke der EintragungH G B . § 21 K o m m i s s . B e r . S. 17. (Stabilitätsprinzip.) ) H G B . tj 24 (s. oben S. 74 Anm. 1). W e n n aber ein Gesellschaftsmitglied ausscheidet, dessen Name bisher in der Gesellschaftsfirma enthalten war, so kann (aber wiederum nicht: muß) diese zwar fortgeführt werden, aber nicht ohne die ausdrückliche Einwilligung des Ausscheidenden oder seiner Erben. 11GB. § 24 Abs. 2. 3 ) Dabei ist nicht bloß an Verkauf zu denken, sondern auch an Nießbrauch, Facht und ähnliche Übernahmeverhältnisse. S. die ausdrückliche Bestimmung des A b s . 2 d. § 22 H G B . 4 ) H G B . §§ 22, 23. 6 ) R G Z . Bd. q S. R G Z . B d . 25 S. 5. 104. 6 ) H G B . § 20. S. auch § 24. 7 ) H G B . § 22 mit der Anm. bei G a r e i s , H G B . S. 46. 2

«ο

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

in das Handelsregister anmelden 1 ). Das Gesetz bestimmt die Art der Anmeldung· und Eintragung· (auch der Zweigetablissements, wenn solche örtlich vom Hauptetablissement .getrennt sind) 2 ); auch die Anmeldung der juristischen Personen, welche Handel treiben 3 ), ferner die Führung· und Veröffentlichung der Register 4 ). Die Registerpflichtigkeit erstreckt sich auch auf die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Kaufmanns — diese ist von Amts wegen einzutragen — 5 ), auf alle Änderungen und auf das Erlöschen der Firma 8 ); die Tatsache der Eintragung und Veröffentlichung, sowie die der Nichteintrag-ung von Firmenänderungen usw. ist von den bekannten Wirkungen begleitet, welche sich an die Registrierung - überhaupt knüpfen (s. §§4, 12 S. 26 ff., 53 A . 3) Ordnungsstrafen können übrig'ens nicht bloß zur Erzwingung •einer Anmeldung (wie oben ebenfalls § 4) erörtert ist, sondern auch zur Erzwingung· der Unterlassung des Gebrauchs einer Firma gegen Unberechtigte angewandt werden 7 ). Das durch diese Rechtsgrundsätze geschaffene feste Firmenrecht ist privatrechtlich, abgesehen von Feststellungsklagen 8 ) durch zweierlei Klag _ en geschützt: die Klag-e auf Unterlassung der weiteren unbefugten Firmenführung und ferner die K l a g e auf Ersatz des Schadens, welcher aus der unbefugten Firmenführung dem verletzten Berechtigten entstand. Die erstgenannte Klage stützt sich auf das Handelsrecht9), sie setzt keinerlei Schuld, Vorsatz, Arglist oder Fahrlässigkeit voraus, sondern ist schlechthin gegeben, wenn eine Firma in irgendeiner Hinsicht den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (Buch 1 Abschnitt 3) nicht entspricht 10 ). H G B . § 2 9 . Über das Handelsregister s. oben § 4 S 25 ff. Vgl. auch oben § 1 5 S. 7 i f f . ) H G B . §§ 1 2 , 1 3 , 1 5 , 3 0 , 3 7 . ) H G B . §§ 3 3 — 3 5 . Staatliche und inländische kommunale Unternehmungen sind ausgenommen. H G B . § 3 6 s. oben S. 5 6 bei und in Anm. I und S. 5 5 ff. 2

3

4

) HGB. §§ 8 — I i .

6

S. oben § 4 S. 2 7 f r .

HGB. § 3 2 .

) H G B . §§ 3 1 , 3 4 . (Hierzu F G G . § 1 3 1 ) Das R G e s . v. 3 0 . März 1 8 8 8 ist aufgehoben; EinfG. Art. 8 , s. G a r e i s , H G B . S. 5 3 , 4 2 5 . 7 ) H G B . § 3 7 ; hierzu F G G . §§ 1 3 2 - 1 3 9 . 140. 8 ) ZPO. §§ 2 5 6 , 2 8 0 , 5 0 6 . E . G r o ß m a n n , Der Schutz des Firmenrechts. Würzburg 1906. 9 ) H G B . § 3 7 Abs. 2 Satz 1. Ein Anspruch aul Unterlassung besteht aber .auch im Falle des § 8 U W G . (hiervon unten § 1 8 S. 8 7 ft.). 10 ) Ζ. B . weil sie sich nicht deutlich genug von einer andern eingetragenen Firma desselben Orts unterscheidet (HGB. § 3 0 ) , oder weil sie einen nach § 1 8 Abs. 2 verbotenen Zusatz enthält, durch den die berechtigten Interessen eines -andern verletzt werden.

§ 16.

81

Das R e c h t am N a m e n und an der Firma.

lagegen kann eine Schadenersatzklage auf die Vorschriften des Handelsrechts alleiin licht

gebaut

werden;

es

irgemd :in Grad des Verschuldens stehtt

enem

durch

wird nämlich für jeden Schadensersatzanspruch vorausgesetzt,

und unter dieser Voraussetzung

widerrechtlichen Firmengebrauch

oder Namensgebrauch

Be-

schädigen ein Schadensersatzanspruch sowohl auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchsals

auch auf Grund des Reichsgesetzes Zur B e k ä m p f u n g des unlauteren

Wetltbeverbs 2 ),

bzw.

auf

Grund

des

Reichsgesetzes

zum

Schutz

der W a r e n -

bezeachiungen 5 ) zu.

l u c h s t r a f b a r ist der widerrechtliche Gebrauch eines Narneis oder einer Firma, wie der eines gesetzlich geschützten Warelzeichens, aber nur unter der Voraussetzung·, daß der G e b n u c h entweder einen Teil des Tatbestandes des strafrechtlchen Betrug-s bildet oder in der wissentlichen, d. h. im Bewuksein der Rechtswidrig-keit vorgenommenen Anbringung auf Waren, Emballagen oder Geschäftspapieren 4 ) besteht. II Der Kaufmann hat jedoch nicht bloß ein R e c h t auf seiner Namen und an demselben und das besondere R e c h t der Firma (s. 1), sondern, sofern er unbescholten ist, auch ein R e c h t auf einen guten Namen, ein Recht an seinem guten N a m e i ; es gibt eine kaufmännische Ehre (Standesehre) und eine ihre der Firma?). Der rechtliche Schutz der kaufmännischen Standesehre ergibt sich zunächst aus den allgemeinen Normen zum Schutze der Ehre überhaupt 6 ). Hervorzuheben sind

aber w e g e n

des Zusammenhanges

rechte bigende besondere Rechtsnormen:

mit dem Handel und Handels-

l . die Vorschriften

des

Börsenrechts

*) B G B . § 823 („ein sonstiges R e c h t eines andern"). 2) U W G . v. 27. Mai 1896 § 8. S. hierüber unten S. 87 u. G a r e i s in SeufFBl. 1896 S. 41fr. (Systematische Darstellung des R e c h t s des U W G . ) . W e i t e r e Literatur und· Darstellung s. bei K . L e h m a n n , Lehrb. ij 34. — Vgl. auch folgende A n m . 3 ) W Z G . v. 12. Mai 1894 § 14. S. hierüber unten S. 85 fr. Der in § 14 des R G t s . v. 12. Mai 1894 vorausgesetzte Tatbestand der unerlaubten Handlung deckt si:h nicht ganz mit dem in § 8 des U W G . v. 27. Mai 1896 (s. vorige A n m . ) vorausgesetzten: letzterer überragt insofern den ersteren, als er nicht bloß den Mißbraiuh des Namens uud der Firma (und des Warenzeichens) zur Anbringung .auf "Waien, Emballagen und Geschäftspapieren ( § 1 4 des W Z G . v. 12. Mai J894), sondern j e d e A r t der im geschäftlichen V e r k e h r unternommenen widerrechtlichen Benutzuig eines nicht zustehenden Namens oder einer solchen Firma, ja auch den •einer besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts, eines gewerblichen Unternehmens oder einer Druckschrift trifft, andererseits setzt aber dieser letztere § 8 .stets den doppelten (nämlich ein subjektives und ein objektives Moment darlegenden) Nachweis voraus, daß die widerrechtliche Benutzung subjektiv darauf berechnet und objektiv dazu geeignet sei, Verwechslungen mit Namen, Firma oder .Bezeichiiungsweise eines andern hervorzurufen. 4)

S. Wortlaut des angef. § 14 des W Z G . v. 12. Mai 1894. V g l . G a r e i s , Grundriß § 42. G i e r k e , Deutsches FrivatR. § 84. ») Vgl. StrafGB. § § 185 ff.

5)

.Gareis, Handelsrecht.

8. Aull.

6

82

ICap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

über die Ausschließung bescholtener Personen vom Börsenbesuche und über die Bildung und Aufgabe der Ehrengerichte und Berufungskammer der Börsen 1 ); 2 . der besondere Schutz des Kredits und der Möglichkeit des Erwerbs und des Fortkommens, -welchen das (neue) bürgerliche Recht gewährt 2 ); 3 . das besondere Verbot der geschäftlichen Anschwärzung (denigrement) oder der Herabsetzung des Geschäfts im RGes. zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs 3 ); 4 . der handelsrechtliche Schutz der Ehre von und gegen Handlungsgehilfen 4 ); 5 . die handelsrechtliche Bezeugung der (ehrenhaften) Führung auf Verlangen der Handlungsgehilfen 5 ) und im obligatorischen Zeugnis der Lehrlinge 6 ); 6. die handelsrechtliche Ausschließung derjenigen Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, von der Befugnis zui Haltung oder Unterweisung und Anleitung von Lehrlingen 7 ); 7 . die Möglichkeit der Ausschließung eines Mitgliedes einer — als Kaufmann geltenden — Genossenschaft wegen des Verlusts der bürgerlichen Ehrenrechte 8 ). 8 . Vgl. auch KaufmGG. § 1 0 Ziff. 3 , 4 .

§

17.

4. Das Recht am Warenzeichen. I. Zu den Äußerungen und Wirkungen der individuell besonderen Gestaltung· eines Geschäftsbetriebes gehört es auch, daß das in demselben hergestellte Produkt oder die von demselben aus in den Handel gebrachte Ware mit dem N a m e n oder der F i r m a des Produzenten oder des gewerblichen Veräußerers derselben bezeichnet werden 9 ); aber viel älter als dieser Gebrauch ist die Sitte, solche Gegenstände mit einem Z e i c h e n

(Handwerks-

zeichen, Handelsmarke) zu versehen; es reicht diese Sitte wohl bis zu dem uralten Gebrauche der Hausmarken oder Handmale zurück, den wir noch in den Steinmetzzeichen an Gebäuden wie in den Schmiedezeicben an Waffen vergangener Jahrhunderte nachweisen können 10 ). Reichsrechtlich ist die Anwendung und der Schutz der Ausschließlichkeit dieser Zeichen gesetzlich zunächst im Anschluß an das Firmenrecht geordnet w o r d e n n ) , ein Anschluß, von welchem das neuere Recht in Deutschland absieht, BörsenG. v. 2 2 . Juni 1 8 9 6 u. 2 7 . Mai 1 9 0 8 § § 7 , 9 — 2 7 (s unten § 4 9 ) . ) BGB. § 8 2 4 . Schutz gegen illoyale Handlungen: BGB. § 8 2 6 und gegen Schikane: BGB. § 2 2 6 . 3 ) U W G . v. 2 7 . Mai 1 8 9 6 § § 6 , 7 , 11, 1 3 ; hierzu s. Gareis in Bl. f. R A n w . 6 l 2

( 1 8 9 6 ) ' s .

3 7 1 ff·

5 4! s · ° b e n § 1 6 S. 8 f . 10 ) Geschichtliches hierüber s. GUGesch. S. 2 4 2 , GSyst. § 2 9 S. 9 7 fF.; L a s t i g , Markenrecht und Zeichenregister ( 1 8 8 9 ) ; s. hierüber K o h l e r in Goldschmidts Z. Bd. 3 8 S. 5 8 5 ff. *') RGes. über den Markenschutz v. 3 0 . November 1 8 7 4 ; s. G. & F. S. 7 4 bis 1 1 6 ; dieses RGes. trat so außer Wirksamkeit, daß vom 1. Okt. 1 8 9 4 an An-

§

\η.

83

Das R e c h t am Warenzeichen.

indem nach diesem nun nicht mehr nur solche Personen, die eine in ein Handelsregister eingetragene Firma besitzen, sondern alle, die einen „Geschäftsbetrieb mit W a r e n " haben,

also außer

firmenbesitzenden

Kaufleuten

(unter diesen natürlich

auch Fabrikanten und registrierte Landwirte, s. oben § § IO, 12, I) auch K a u f l e u t e minderen Rechts, die keine Firma haben (s. oben § 12, II), Rohproduzenten aller Art, darunter auch die nichtregistrierten Land- und Forstwirte, den Schutz des Gesetzes

für den ausschließlichen Gebrauch ihrer Zeichen erlangen

können.

IL M a t e r i e l l e s R e c h t d e s W a r e n z e i c h e n s c h u t z e s . Zweck des Gesetzes ist, eine Garantie der Ausschließlichkeit des zur Individualisierung der W a r e n gebrauchten Zeichens zu bieten: den) Geschäftstreibenden (nicht mehr bloß dem eine Firma besitzenden, s. oben I a. E.), welcher unter Beobachtung der gesetzlich aufgestellten R e g e l n (s. unten III) die Eintragung eines Warenzeichens zur Unterscheidung seiner Waren von denen anderer für sich durchgesetzt hat 1 ), steht a u s s c h l i e ß l i c h das R e c h t zu, W a r e n der angemeldeten A r t oder deren Umhüllung mit eben diesem Warenzeichen zu versehen, die so bezeichneten W a r e n in V e r k e h r zu bringen und auf Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen od. dgl. das Zeichen anzubringen 2 ). Die meidungen nicht mehr auf Grund dieses, sondern auf Grund des mit diesem T a g e in K r a f t tretenden „ R G e s . zum Schutze der Warenbezeichnungen" v. 12 Mai 1894 (mit kaiserlicher AusführungsV. v. 30. Juni 1894, s. R G B l . 1894 Nr. 22 S. 4 4 1 , Nr. 30 S. 495) angenommen und mit R e c h t s w i r k u n g versehen wurden; auf die noch nach dem R G e s . v. 30. N o v . 1874 in die Zeichenregister eingetragenen W a r e n z e i c h e n fand das R G e s . v. 30. N o v . 1874 noch bis zum 1. Okt. 1898 A n w e n d u n g ; s. § § 24, 26 d. W Z G . v. 12. Mai 1894 Kommentare zum W Z G . v. 12. Mai 1 8 9 4 : J. L a n d g r a f (Stuttgart 1864), A l l f e l d , Kommentar zu den Gesetzen über das gewerbliche Urheberrecht 1904 (München C. H. B e c k ) S. 430fr.; W . G e n t s c h , A . S e l i g s o h n (2. A u f l . 1905), C Gronert, J. L a n d g r a f (1894), R . S t e p h a n , O. M e w e s , F i n g e r (1895), P· S c h m i d , Warenzeichenrecht 1 8 9 9 ; vgl. auch G i e r k e , Deutsches Privatrecht § 84, K . L e h m a n n , H R . § 35. V g l . Carl Heymanns Jurist. Lit.-Blatt Nr. 63 S. 50ft". Entscheidungen in Sachen des Warenzeichenschutzes s. bei O s t e r r i e t h , D i e patentamtl. usw. Entscheidungen und in der Zeitschr. f. gewerblichen Rechtsschutz, 1892 fr. ') Der Schutz einer individualisierten Ausstattung besteht übrigens u n a b h ä n g i g von der Eintragung eines Zeichens; s R G e s . v. 12. Mai 1894 § 15 und R G e s . v. 27. Mai 1896 § 8; hierüber s. unten § 18 S. 87. 2) W Z G . v. 12. Mai 1894 § 12 A b s . 1. Begrenzung dieses Schutzes: 1. im F a l l der L ö s c h u n g R ü c k w i r k u n g der Schutzlosigkeit; 2. die W a h r h e i t besteht unanfechtbar neben dem, wenn auch gesetzlich geschützten Zeichen: keine Eintragung eines andern kann mir meinen Namen rauben oder mir das R e c h t nehmen, diesen und meine Firma und A n g a b e n über die Eigenschaften der W a r e n usw. auf meinen W a r e n anzubringen; s. W Z G . § 13. Andererseits konnte, wenn ein nach dem R G e s . v. 30. N o v . 1874 ausgeschlossenes Warenzeichen bis zum 12. Mai 1894 innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen der W a r e n eines bestimmten Geschäftsbetriebes gegolten hatte, der Inhaber dieses letzteren die L ö s c h u n g der zugunsten eines andern erfolgten Eintragung bis zum 1. Okt. 1895 beantragen. C*

84

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

m a t e r i e l l e V o r a u s s e t z u n g " ist nur, daß derjenige, der den Schutz des Gesetzes für seine Zeichen genießen will, einen Geschäftsbetrieb mit unterscheidbaren W a r e n besitzt, sei es in Deutschland, sei es in einem Staate, in weichein nach einer im RGBl, enthaltenen Bekanntmachung· deutsche Warenbezeichnungen in g-leichem Umfange wie (dortig-e) inländische Warenbezeichnungen gesetzlichen Schutz genießen 2 ). Gewisse Zeichen sind als gesetzlich unzulässig von der schützenden Eintragung ausgeschlossen, von vornherein Freizeichen (d. s. solche Zeichen, welche von den beteiligten Kreisen bereits seither als Bezeichnung einer gewissen Warengattung· schlechthin gebraucht worden sind, so daß sie also nicht mehr geeignet erscheinen für einen bestimmten einzelnen Geschäftsmann als dessen Handelszeichen zu dienen, ζ. B. ein schwarzer Reiter zur Bezeichnung· von Rauchtabaken), auch Staatswappen, Zahlen, Gewichtsangaben, ärgernis- oder täuschungerregende Darstellungen u. dg'I.3), ferner kollidierende Zeichen4) und Zeichen, welche nun zwar gelöscht sind, aber vor noch nicht mehr als zwei Jahren für dieselben oder gleichartige W a r e n eines anderen eingetragen waren (zweijährige Sperrfrist). Daß das Zeichenrecht nach unserem geltenden Rechte systematisch nur als eine Äußerung oder Konsequenz des Rechts an einem individuell gestalteten Gewerbebetriebe (s. oben § 15) aufgefaßt werden darf, ergibt sich aus der notwendigen Bindung desselben an den Gewerbebetrieb, „zu welchem das Warenzeichen gehört", nur m i t diesem zugleich ist das Zeichenrecht negoziabel (s. oben § 13 S. 62), vererblich und überhaupt übertragbar 5 ); und wenn eben dieser Geschäftsbetrieb von dem eingetragenen Inhaber aufgegeben wird, so kann jeder Dritte die Löschung des Zeichens beantragen und dadurch die Beendigung des Rechtsschutzes für dasselbe herbeiführen; abgesehen von diesen und anderen formellen Löschungs*) Die formellen Voraussetzungen s. unten III S. 85. Diese Reziprozitätsbekanntmachung, welche vom § 20 des RGes. vom 30. Nov. 1874 ebenso wie vom neuen RGes. v. 12. Mai 1894 § 23 vorausgesetzt wird, ist in bezug auf die meisten mit dem Deutschen R e i c h e in Handelsverbindung stehenden Staaten erfolgt; s. Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 22. Sept. 1894 R G B l . 1894 s · 44 1 · 3 ) WZG. v. 12. Mai 1894 § 4. Auch die Verwendung des Genfer Neutralitätszeichens in Warenzeichen ist wenigstens vom 1. Juli 1906 an allgemein untersagt nach dem RGes. v. 22. März 1902 (§ 6) R G B l . 1902 S. 125, 126. *) WZG. v. 12. Mai 1894 § § 5, 20 Interessant ist, daß dem Anmelder eines Zeichens eine zivilrechtliche K l a g e gewährt wird für den Fall, daß dieser trotz der durch die Eintragungsbehörde (das Kaiserl. Patentamt) festgestellten Ubereinstimmung seines Zeichens mit einem bereits geschützten eines anderen (nämlich nun Widersprechenden) einen Anspruch auf Eintragung zu besitzen behauptet; hierüber s. § 6 Abs. 2 des angef. G. 5) WZG. § 7.

§ I7. gründen

(s. unten III)

ungemessene

Das Recht am Warenzeichen.



ist ein ζιι dem Geschäftsbetriebe gehörendes Zeichen für

Dauer des Schutzes

fähig,

doch ist

die Anmeldung von zehn zu

zehn Jahren unter Zahlung bestimmter Gebühren zu erneuern 1 ).

III. F o r m e l l e s R e c h t d e s W a r e n z e i c h e n s c h u t z e s . Formell setzt die Erlangung" des Zeichenschutzes eine gehörige Anmeldung zur Eintragung in die öffentliche Zeichenrolle des Kaiserlichen Patentamts voraus 2 ); ein sich um diesen Schutz bewerbender Ausländer muß einen Vertreter im Inlande bestellt haben 3 ). Die erwähnte Zeichenrolle muß dem Gesetz gemäß geführt werden 4 ), hat insofern eine Ähnlichkeit mit einem Grundbuche, als bei einem Ü b e r g a n g des Zeichens der Rechtsnachfolger sein R e c h t der Eintragung des Warenzeichens so lange nicht geltend machen kann, als der U b e r g a n g nicht in die Zeichenrolle vermerkt ist 6 ). D a s Verfahren sowohl der Erteilung, in welchem eine V o r p r ü f u n g stattfindet, als auch das der Löschung ist gesetzlich geregelt 6 ), es ist eine A r t verwaltungsrechtlichen Verfahrens. IV. D i e G e g e n w i r k u n g g e g e n V e r l e t z u n g des W a r e n z e i c h e n r e c h t s besteht in der Gewährung bürgerlichrechtlicher Entschädigungsansprüche und in der Möglichkeit strafrechtlichen Einschreitens (aber nur auf Antrag) 7 ); letzteres setzt Wissentlichkeit der Rechtsverletzung· voraus, während die Entschädigungsklagen auch bei einer infolge grober Fahrlässigkeit begangenen Verletzung des Zeichenrechts g e g e b e n sind: entschädigungspflichtig ist jeder, der wissentlich oder aus g r o b e r Fahrlässigkeit Waren oder deren Umhüllung oder Geschäftspapiere irgendwelcher A r t mit dem Namen oder der Firma eines anderen oder mit einem nach dem R G e s . vom 12. Mai 1894 geschützten Warenzeichen versieht oder dergleichen widerrechtlich gekennzeichnete W a r e n in V e r k e h r bringt oder feilhält; tut er dies wissentlich, d. h. im Bewußtsein der Rechtswidrigkeit der Handlung, so wird er auf — zurücknehmbaren — A n t r a g außerdem mit Geldstrafe von ') W Z G . § 8. ή W Z G . § § 1 , 20 u. Kaiserl. V . v. 30. Juni 1894, R G B l . 1894 S. Gebühren bei der Anmeldung 30, bei Erneuerungen 1 0 Mk.; s. § 2 dess. 4 ••>) WZG. § 23 Abs. 2. ) W Z G . § 3. •') W Z G . § 7 Abs. 6 ) W Z G . §§ 5 — IO. Über die Vorprüfung s. G i e r k e , PrivR. I S. und L e h m a n n , Lehrb. S. 167 Anm. 9. 7 ) Zudem Anspruch auf Beseitigung der widerrechtlichen Bezeichnung auf Vernichtung der gesetzwidrigen Ware; s. W Z G . § 19.

495. Ges. 2. 737 oder

86

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

150—5000 Mk. oder mit GefängTiis bis zu sechs Monaten bestraft 1 ); im Strafverfahren — also nur bei wissentlicher Zeichen-, Namenoder Firmenrechtsverletzung· — kann auf Verlangen des Beschädigten statt der — zivilprozessual zu verlangenden — Entschädigung" auf eine Buße bis zu 10000 Mk. erkannt werden 2 ), und dem Verletzten ist im Strafverfahren die Befugnis der — auf Kosten des Verurteilten erfolgenden — Bekanntmachung" des Urteils zuzusprechen 8 ) . Ausländische W a r e n , die mit einer deutschen Firma

und Ortsbezeichnung

Warenzeichen zur

Einfuhr

versehen

oder

sind,

oder Durchfuhr

mit

einem

unterliegen auf A n t r a g

in

die Zeichenrolle

eingetragenen

bei ihrem Eingange nach Deutschland des Verletzten

und

gegen Sicherheits-

leistung der Beschlagnahme oder Einziehung 4 ).

§

18.

5. Das Redit an der eigenartigen Betriebsweise. I. Die ausgeprägteste Eigenart des Betriebs liegt vor, wenn derselbe auf einer neuen Erfindung beruht und dafür dem Betriebsunternehmer ein Patent erteilt worden ist (hiervon sowie von anderen Fällen der Individualisierung des Betriebs auf Grund von Urheberrechten s. unten § 19), oder wenn die Ausnutzung einer Erfindung" im W e g e des Geheimbetriebs Stattfindet; und zwar wird der Geheimbetrieb sogar dem Inhaber eines darauf bezüglichen Patents gegenüber geschützt, denn die W i r k u n g des Patents tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher zur Zeit der A n m e l d u n g der durch dieses Patent

geschützten Erfindung

diese

bereits

im Inlande in Benutzung genommen

oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte 5 ); ein solcher Erfindungsvorbesitzer ist befugt,

die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen

Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen;

diese Befugnis kann

nur zusammen mit dem Betriebe vererbt oder veräußert w e r d e n ; die Negoziabilität

des Erfindungsvorbesitzes,

wie

es ist also auch

die der Firma und des W a r e n -

zeichens beschränkt und die Veräußerung nur dann gültig, wenn sie zugleich mit der des Etablissements erfolgt 6 ).

Daß der auf solche W e i s e bedingt veräußerliche

W Z G . , hierzu R G S t . B d . 29 ( 1 8 9 7 ) S. 353. W Z G . § 18; Gesamtschuldner s. B G B . § § 421 ff. 3 ) W Z G . § 19 A b s . 2. 4) W Z G . § 17 u. StrafprozO. § 459. b ) PatentG. v. 7. A p r i l 1891 § 5; vgl. G a r e i s , PatentG. v. 25. Mai 1877 (Berlin, Carl Heymann) S 101 — 1 0 7 „Erfindungsbesitz oder -vorbesitz 1 '. e ) Übrigens darf man Firma, Namen, Warenzeichen und Erfindungsvorbesitz darum doch nicht als „ Z u b e h ö r " des Etablissements im gesetzlichen Sinn auffassen; denn nach B G B . § 97 sind Zubehör „ b e w e g l i c h e S a c h e n " , Sachen aber nur körperliche Gegenstände, und dies sind, wie erwähnt, jene Objekte ν ό η Persönlichkeitsrechten nicht; diese Objekte stehen auch n i c h t unter der Herr2)

§ 18.

Das Recht an der eigenartigen Betriebsweise.

87

Betrieb aber Geheimbetrieb sei, geht aus der Existenz des neben demselben bestehenden Patents hervor, das dem Patentinhaber nicht hätte erteilt werden können, wenn die Erfindung offenkundig benutzt, also nicht mehr neu gewesen wäre 1 ). Der Schutz des Geheimbetriebs einer gewerblichen Unternehmung ist übrigens nicht dem Handel oder Handelsrecht als solchem eigentümlich und ist daher hier nur vorübergehend zu erwähnen. Aber es ist hervorzuheben, daß der gesetzliche Schutz, soweit er überhaupt für Geheimnisse besteht 2 ), auch für kaufmännische Geheimnisse — nicht bloß sog. Geschäfts-, sondern auch Betriebsgeheimnisse — gewährt wird, daß auch dem Kaufmanne und dem Handelsstande überhaupt zugute kommt, was das RGes. zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zum Schutz gegen den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen bestimmt 3 ).

II. A b e r auch abgesehen vom Verrat von Geschäftsgeheimnissen kann die Eigenart eines Geschäftsbetriebs als solche durch Unternehmungen des unlauteren Wettbewerbs gestölt und geschädigt werden und wird daher unter gesetzlichen Schutz gestellt, indem das Gesetz neben der Bekämpfung der Schwindelreklame 4 ) und Quantitätsverschleierung 6 ) auch die Anmaßung fremder Unterscheidungsmittel 6 ) und auch die Anmaßung einer eigenen Ausstattung, sofern eine solche innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Kennzeichen gleichartiger Waren eines anderen gilt, mittels Statuierung· der privatrechtlichen Entschädigungspflicht und in bestimmten Fällen sogar mittels Strafandrohung') bekämpft. IH. Bis zu einem gewissen Grade wird ein Schutz des Rechts an der eigenartigen Betriebsweise eines Unternehmers auch durch die gesetzlichen oder vertragsmäßigen Einschränkungen des Rechts anderer auf gewerbliche Betätigung, die Handels- und Konkurrenzverbote, welche Handlungsgehilfen, Gesellschaftsmitgliedern usw. auferlegt sind, bewirkt; hiervon s. oben § 14 S. 64 ff.8). Schaft der auf das Zubehör im gesetzlichen Sinne bezüglichen zwingenden oder dispositiven Rechtssätze, also ζ. B. nicht unter BGB. § 314, sondern die Veräußerung bedarf, um sich auf jene Objekte zu erstrecken, wenn auch nicht gerade immer der ausdrücklichen Erstreckungserklärung, so doch sicher des nachweisbaren und gegebenenfalls auch nachzuweisenden Erstreckungswillens. ' ) PatentG. § 2. Vgl. S c h a n z e (Dresden) im ArchBürgR. Bd. II (1896) S. 26 ff. 2 ) StrafGB. § § 299, 300. 3 ) U W G . § § 9, 10; hierzu Ed. R o s e n t h a l , Unlauterer Wettbewerb, im Handwörterbuch der Staatswissenschaften. 2. Aufl. Bd. VII, auch Separatabdruck (Jena, Gustav Fischer, 1901), ferner G a r e i s in Bl. f. R A n w . 61 S. 321, 337, 353. 369. F i n g e r , Unlauterer Wettbewerb, 1897: RGSt. 29 S. 427. Vgl. auch K o h l e r , Arch. Ziv. Pr. 1888, S. 251, W o l f f im Arch. BürgR. Bd. 13 S. 13. *) U W G . § § 1—4; hierzu G a r e i s in SeuffBl. 61 S. 343 fr. 5 ) U W G . 27. Mai 1896 § 5; G a r e i s in SeuffBl. Bd. 61 (1896) S.370ff. e ) U W G . § 8; G a r e i s a. a. O. S. 377fr. ή WZG. § 15. Über „Ausstattung" s. RGZ. Bd. 40 S. 65, Bd. 54 S. 173. 8 ) HGB. § § 60, 236, 1 1 2 , 113, 161, 326, 74.

88

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

§

19-

6. Die Urheberrechte im Handelsredit. I. Urheber von literarischen oder von künstlerischen W e r k e n oder Erfinder auf dem Gebiete der chemischen oder mechanischen Technik oder origineller Schöpfer im Bereiche des Kunstgewerbes zu sein, ist so w e n i g S a c h e des Kaufmanns als solchen, wie die Urproduktionen (Bergbau, Land- und Forstwirtschaft, Jag-d, Fischerei u. dgl.) es sind. A b e r wie die Erzeugnisse der Urproduktionen an den Kaufmann gelangen und dann in seiner — der zweiten Hand — zu Waren werden, so kommen auch die Produkte der literarischen, der künstlerischen und kunstgewerblichen Tätig-keit und der technischen Erfindungskraft an den Kaufmann und werden von ihm in den Handel gebracht. Unter dem, was man sich als Produkt der literarischen oder künstlerischen oder sonst originell schaffenden Tätigkeit vorstellen kann, ist jedoch zu unterscheiden: das Geistesprodukt als solches, die eigenartige Idee in irgendwelcher sie zum Ausdruck und zu äußerlicher Wahrnehmbarkeit bringender Darstellung einer-, und die körperliche Sache,

welche dem Geistesprodukte,

der Idee, entsprechend

geschaffen oder beschaffen ist, andererseits. Das Geistesprodukt der Erfindertätigkeit, oder chemisch-mechanische Erfindung selbst 1 )

die

chemische

oder

mechanische

eignet sich nicht für den Handel,

ebensowenig das Gebrauchsmuster 2 ) an sich oder das Geschmacksmuster 3 ) an sich, obgleich auch das R e c h t

auf diese negoziabel ist 4 )

und zweifellos auch die In-

haber von Patentbureaux und ähnlichen der Vermittlung von technischen Urheberrechten

dienenden Anstalten

als K a u l l e u t e in Betracht k o m m e n

könneu,

dann

nämlich, wenn sie um der Form ihres Betriebes willen 5 ) (s. oben § 8 S. 41) unter das Handelsrecht fallen.

W e r d e n die körperlichen Gegenstände, w e l c h e auf dem

W e g e patentierter Erfindung hergestellt sind oder brauchs- oder Geschmacksmusters

an

sich tragen,

sind die hierzu verwandten Rechtsgeschäfte, „in Verlag geben"

darauf

angewandt

wird,

wenn wie

die Idee

des geschützten Ge-

in den V e r k e h r gebracht, auch man

mitunter der

auch von Bier-,

W e i n - , Zigarrenverlag u dgl. spricht, keine Verlagsgeschäfte im

so

Ausdruck Milch-,

juristischen

technischen Sinne, sondern entweder gewöhnliche Sachkaufverträge 6 ) oder

und Kom-

missions- 7 ) oder Agenturverträge 8 ). J ) PatentG. v. 7. A p r i l 1891 § § 1 ff. A b e r hinsichtlich der Pateutbureaux s. oben § 8 (S. 42) und G a r e i s , H G B . § 1 A n m . 16, § 2 A n m . 2 S. 12, 15. 2 ) R G e s . v. I . J u n i 1891 § § i f f . 3 ) R G e s . v. I i . Januar 1876 § § I ff. 4 ) PatentG. v. 7. A p r i l 1891 § 6; R G e s . v. 1. Juni 1891 § 7 ; R G e s . v. I I . Januar 1876 § 3. 5 ) H G B . §""2. «) B G B . § § 433 ff., H G B . § § 373 ff. ' ) H G B . § § 383 ff. «) H G B . § § 84 ff.

§ ig.

89

Die Urheberechte im Handelsrecht.

L. Übergehend zu den e i n z e l n e n Gruppen der Urheberrechte, ist zunächst in betreff des l i t e r a r i s c h e n und des k ü i n s : 1 e r i s c h e n Urheberrechts festzustellen, daß das positive Handelsrecht eine bedeutende Gruppe von Geschäften, welche sich nit den Erzeugnissen einer literarischen oder einer künstlerisclen Tätigkeit beschäftigen, als geeignet erklärt, den Gegenstand eines Handelsgewerbes zu bilden, nämlich „die Verlag"sgeschäfte, sowie die sonstigen Geschäfte des Buchoder Xunsthandels" 1 ) (s. oben § 8 S. 40); die Verlagsg'eschäfte sind: a) Verlagsverträge — diese sind gerichtet nicht auf den vollständigen Erwerb des Autorrechts, denn in seinen höchstpersönlichen Teilen 2 ) ist dieses gar nicht übertragbar, aber auf den Erwerb und Gebrauch eines mehr oder weniger ausgedehnten Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts, auf den Erweib und die Verwertung des sog. „Verlagsrechts" (s. unten § 59); b) Geschäfte zur Erreichung der Vervielfältigung· — Vervielfältigungsverträge, die ζ. B. mit Buchdruckereien, xylographischen Anstalten, Klischeefabriken usw. geschlossen werden; und c) Verbreitungsverträge, das sind Geschäfte, die auf die kaufmännische Verwertung der durch die Vervielfältigung gewonnenen Exemplare abzielen. In ähnlicher Weise werden auch die Produkte des photographischen Autorrechts verwertet 3 ). IH. Die handelsmäßige Verwertung der durch G e s c h m a c k s m u s t e r

aus-

gezeichreten und unter Geschmacksmusterschutz stehenden Waren der geschützten kunstgewerblichen Produkte zeigt handelsrechtlich 4 )

nichts

Besonderes;

dagegen

ist die Überleitung der Urheberschaft vom angestellten Urheber auf den GeschäfLsherra eigentümlich 5 ),

und

man kann

darin eine Konsequenz der Eigenart des

») H G B . § 1 Abs. 2 Nr. 8. ) Nämlich bezüglich der unveräußerlichen geistigen Vaterschaft und der an diese gebundenen persönlichen Auszeichnungen, Anerkennungen und andere ähnliche rein individuelle Konsequenzen der Urheberschaft eines literarischen oder künstlerischen Werkes, kraft positiven Rechts aber auch sonst noch in einer Reihe von Beziehungen, s. VG. v. i g . Juni i g o i § 1 Abs. 2 Lit. UrhG. § 1 4 , vgl. auch G a r e i s Anm. 3 zu § 1 des KunstUrhG. in G E A . Nr. 324. a ) Uber die Verlagsgeschäfte s. unten § 5 g ; G a r e i s , H G B . § 1 Anm. 16, 1 7 . Bezüglich der Photographien s. KunstUrhG. §§ 1, 3, 7, 1 5 , 26 ( G E A . Nr. 324). 4 ) Ein Vertrag über Inverkehrbringen widerrechtlicher Vervielfältigungen ist nichtig nach B G B . § 1 3 4 . Die Verletzung des Urheberrechts zieht möglicherweise noch andere Rechtsfolgen nach sich. 5 ) R G e s . , betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen, v. I I . Januar 1876, § 2 (s. auch unten § 2 1 S. 102), § 14, welcher auf §§ 1 8 — 3 6 , 38 des Urheberrechtsgesetzes v. I I . Juni 1 8 7 0 Bezug nimmt; jedoch werden die vorrätigen widerrechtlichen Nachbildungen und die zur widerrechtlichen Ver2

Kap

•90

II.

Die Peisonen im Handelsrecht.

Geschäftsbetriebes erblicken: der Geschäftsherr gestaltet s e i n e n Geschäftsbetrieb u. a. auch dadurch e i g e n a r t i g , daß er einen Künstler darin beschäftigt, der originelle Muster herstellt,

und

das Gesetz faßt dann

den

den Künstler so anstellenden

Fabrikherra als den Urheber jener originellen Muster; er ist es, weil er der Herr des originell gestalteten Etablissements ist 1 ). I V . Auch die handelsmäßige Verwertung

der unter

Gebrauchsmuster-

s c h u t z 2 ) stehenden Gegenstände zeigt handelsrechtlich keine Eigentümlichkeiten; verboten

ist die

ohne Genehmigung

mäßige Verbreitung

der

des Berechtigten

durch Nachbildung

Gegenstände, wobei nicht in Betracht kommt, widrig war oder nicht;

unternommene gewerbs-

hervorgebrachten Gerätschaften

und

ob die Nachbildung selbst rechts-

es ist also auch verboten — und ein darauf gerichteter

Vertrag nichtig 1 ) — Gegenstände,

welche

durch erlaubte Nachbildung —

etwa

weil sie nicht gewerbsmäßig oder weil sie im Auslande hergestellt worden sind und

etwa

dem Berechtigten

entwendet

wurden,

gewerbsmäßig

in Verkehr

zu

bringen oder feilzuhalten 4 ). V . Was von dem Handel mit unter Gebrauchsmusterschutz stehenden Gegenständen gesagt wurde (s. IV), gilt entsprechend auch von dem Handel mit Gegenständen, welche unter Patentschutz'') stehen; verboten ist, ohne Genehmigung des Berechtigten den Gegenstand der Erfindung im Inlande gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen oder feilzuhalten 0 ); dieses Verbot, welches die Nichtigkeit der auf eine solche Verbreitung abzielenden Verträge zur Folge hat, bezieht sich, wenn ein körperlicher Gegenstand patentiert ist, auf jeden i r g e n d w i e hergestellten Gegenstand, der die pantentierte Eigenart zeigt, andererseits aber, wenn ein Verfahren patentiert ist,

nur auf die unmittelbar durch eben dieses Verfahren her-

gestellten körperlichen Gegenstände 7 ),

allerdings aber unter der Präsumtion,

daß

in allen Fällen, in denen es sich um eine Erfindung handelt, welche ein Verfahren zur Herstellung eines

neuen Stoffes zum Gegenstand hat, bis zum Beweise des

Gegenteils jeder Stoff von gleicher Beschaffenheit als nach dem patentierten Verfahren hergestellt gilt 8 ).

Für den Handel ist letztere singuläre — weil gewisser-

maßen den Charakter einer praesumptio doli oder malae fidei annehmende — Vorschrift

als

verkehrbelastend

ebenso

wichtig

wie

die

verkehrbegünstigende

Privilegierung der nur vorübergehend in das Inland gelangten Fahrzeuge 9 ). vielfältigung bestimmten Vorrichtungen nicht vernichtet, sondern auf Kosten des Eigeutümers und nach W a h l desselben entweder ihrer gefährdenden Form entkleidet oder bis zum Ablauf der Schutzfrist amtlich aufbewahrt. Zuerkennung an den Berechtigten kennt das G „ betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst, vom 19. Juni 1 9 0 1 § 43 G a r e i s , Enzyklop. n. Methodol. d. R W i s s . 3. Aufl. 1905. § 18, I V 5. 2 ) R G e s . v. I. Juni 1 8 9 1 ; G i e r k e , PrivatR. § 93. 3 ) B G B . § 134. 4 ) G i e r k e , PrivatR. § 93 Anm. 37. 5 ) PatentG. v. 7. April 1 8 9 1 , G i e r k e , PrivatR. §§ 94—99. e ) Über diese Begriffe s. G a r e i s , PatentG. v. 25. Mai 1 8 7 7 § 4. ') Gierke, PrivatR. § 95 S. 866 Anm. 28, § 96 S. 883. 8 ) PatentG. § 35 Abs. 2 ; hierüber G i e r k e a. a. Ο. § 98 S. 894 und hierzu G a r e i s in den ,.Jahrbüchern f. Nationalökonomie u. Statistik" (von C o n r a d u. E l s t e r ) 2. Folge Bd. X V I (1887/88) S. 68. 69, 3. Folge Bd. I I I ( 1 8 9 1 / 9 2 ) S. 1 0 7 . 9 ) PatentG. § 5 Abs. 3, hierzu G i e r k e a. a. Ο. § 9 6 S. 885, G a r e i s , PatentG. ν. 1877. S. 1 1 2 , 1 1 3 ,

§ 2θ.

91

V o n den Plilfspersonen des Handels im allgemeinen.

C. Die Hilfspersonen im Handel.

§ 2°Von den Hilfspersonen des Handels im allgemeinen.

I. Kein einigermaßen ausgedehntes Handelsgewerbe kann ohne fremde Unterstützung· betrieben werden. Diese Unterstützung· wird entweder von solchen Personen gewähi-t, welche ein e i g e n e s Gewerbe daraus machen, die Unternehmungen anderer zu fördern (Hilfsgewerbe im Gegensatz zur Gewerbshilfe), oder von solchen Personen, welche im Gewerbe desjenigen, dem sie helfen, angestellt, also dessen Bedienstete sind. In dem

ersteren Sinne erscheinen

zahlreiche

gewerbliche Unternehmungen

als Hilfsgewerbe des Handels und zahlreiche Personen,

die a u ß e r h a l b des Ge-

werbes desjenigen, dem sie helfen, stehen, als Hilfspersonen desselben *); der Bankier und Geldwechsler —

so ist

als Vermittler von Geld und K r e d i t — zweifellos

eine Hilfsperson des Warenbändlers, nicht minder aber auch jeder Frachtführer 2 ) und vor allem jede Eisenbahn 3 ), die dem öffentlichen Güterverkehre dient; ebenso sind Hilfspersonen des Handels die Kommissionäre 4 ), die Spediteure 5 ), die Lagerhalter 6 ), die Handlungsagenten 7 ) und die Handelsmäkler") — machen

aus der

alle diese Personen

ihrem Geschäftsbetriebe eigenartigen Unterstützung

ein

eigenes

Gewerbe und sind daher selbst K a u f l e u t e (Prinzipale), deren Geschäfte den Gegenstand besonderer Darstellung in dem K a p i t e l über Handelsgeschäfte bilden müssen (s. unten § § 5 1 — 5 8 , 60, 63). J ) Zu den Hilfspersonen des Handels im weitesten Sinne können selbst solche Personen gerechnet werden, deren Geschäfte und dem Handel geleistete Dienste weder zu einem Handelsgewerbe gehören, noch Handelsgeschäft sind, noch nach Handelsrecht beurteilt werden; in diesem Sinne sind ζ. B . die Postverwaltungen des R e i c h s und der Bundesstaaten Hilfspersonen des Handels, ohne daß sie als K a u f l e u t e angesehen werden, noch auch bei der von ihnen bewirkten Güterbeförderung nach Handelsrecht zu beurteilen sind. H G B . § § 452, 663. Ü b e r die Stellung der R e i c h s - und Staatspostanstalten s. auch oben § 12 S. 55. Das gleiche gilt von den öffentlichen Telegraphen- und Fernsprechanstalten; im gewissen Sinne sind auch Gerichte und Notare Hilfspersonen des Handels, ζ. B . erstere, wenn sie die in einem bestimmten Falle ( H G B . § 196) vorgeschriebene Generalversammlung von Aktionären berufen und leiten, und die Notare, wenn sie Beurkundungen von Beschlüssen einer Generalversammlung vornehmen ( H G B . § 259) oder Proteste im Verkehr mit W e c h s e l n oder S c h e c k s aufnehmen u. dgl. 2 ) H G B . § § 4 2 5 — 4 5 2 (s. unten § 56). s ) H G B . §§ 453-473 (s. unten § 57). 4 ) H G B . § § 3 8 3 — 4 0 6 (s. unten § 51). 6) H G B . § § 4 0 7 - 4 I S (s. unten § 52). e ) H G B . § § 4 1 6 — 4 2 4 (s. unten § 55). H G B . § § 8 4 - 9 2 (s. unten § 54). 8) H G B . § § 9 3 — 1 0 4 . So nennt das BörsenG. v. 22. Juni 1896 (§ 30) die Kursmakler „Hilfspersonen", und daran hat das R G e s . v. 8. Mai 1908 betr. Ä n d e r u n g des Börsengesetzes nichts geändert.

92

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Im G e g e n s a t z e zu den g e n a n n t e n H i l f s p e r s o n e n des Handels, w e l c h e die a n g e f ü h r t e n H i l f s g e w e r b e als P r i n z i p a l e betreiben, stehen die H i l f s p e r s o n e n , w e l c h e G e w e r b s g e h i l f e n sind und sich im D i e n s t e des H a n d e l s g e w e r b s eines Prinzipals als dessen H a n d l u n g s g e h i l f e n o d e r G e w e r b s g e h i l f e n im weitesten S i n n e ang-estellt b e f i n d e n . II. D i e s e letzteren, die H a n d l u n g s g e h i l f e n im weitesten Sinne, kann man nach der A r t d e r zu leistenden Dienste unterscheiden in f o l g e n d e K a t e g o r i e n : 1. wissenschaftlich (akademisch) Gebildete, deren D i e n s t e i n einem n a c h e i g e n e m wissenschaftlichen E r m e s s e n zu leistenden A r b e i t e n bestehen, so arbeiten Juristen und N a t i o n a l ö k o n o m e n als D i r e k t o r e n , Syndizi oder K o n s u l e n t e n v o n Handelsg e s e l l s c h a f t e n , so f o r s c h e n g e l e h r t e C h e m i k e r im D i e n s t e v o n F a r b e n f a b r i k e n usw.; 2. technische G e h i l f e n , deren Dienste z w a r nicht im freien wissenschaftlichen F o r s c h e n u n d Studieren, B e g u t a c h t e n u. dgl. bestehen, w o h l a b e r doch eine g e w i s s e t e c h n i s c h e V o r b i l d u n g v o r a u s s e t z e n : es g e h ö r e n hierher die G e h i l f e n d e r chemischen T e c h n i k und der m e c h a n i s c h e n T e c h n i k , sowie die der chemischmechanischen Handwerke; 3. k a u f m ä n n i s c h e Gehilfen, deren D i e n s t e merkantil-technischer A r t sind und eine m e h r oder w e n i g e r w e i t g e h e n d e k a u f m ä n n i s c h e B i l d u n g voraussetzen, m a g dieselbe nun vorh e r r s c h e n d in W a r e n k u n d e und der ihr e n t s p r e c h e n d e n B e dürfniskunde, K u n d s c h a f t s k u n d e , o d e r m a g sie in der K e n n t n i s d e r B u c h f ü h r u n g und der F ä h i g k e i t d e r K o r r e s p o n d e n z oder d e r K a s s e f ü h r u n g o d e r dgl. b e s t e h e n ; w e g e n dieser notw e n d i g e n V o r b i l d u n g ist tatsächlich die A u s f ü l l u n g einer g e wissen L e h r z e i t erforderlich, und so k o m m t es, daß in diese K a t e g o r i e nicht bloß die A n g e s t e l l t e n , w e l c h e sich im D i e n s t e eines H a n d e l s g ' e w e r b s zur L e i s t u n g merkantil-technischer A r beiten ( „ k a u f m ä n n i s c h e r D i e n s t e " ) g e g e n E n t g e l t verpflichten, sondern auch diejenigen g e h ö r e n , w e l c h e k a u f m ä n n i s c h e Dienste erst lernen, H a n d l u n g s l e h r l i n g e , wie denn nicht bloß die Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnisse zwischen K a u f l e u t e n und ihren H a n d l u n g s g e h i l f e n , sondern auch die S t r e i t i g k e i t e n aus dem L e h r v e r h ä l t n i s zwischen ersteren und ihren H a n d l u n g s -

§ 20.

Von den Hilfspersonen des Handels im allgemeinen.

93

lehrlingen gesetzlich 1 ) der Entscheidung· der Kaufmannsgeri'chte unterliegen; 4. Gesindedienste, welche ohne irgendwelche merkantile Vorbildung geleistet werden können und in rein mechanischen Arbeiten, wie die der Hausknechte, Kutscher, A u s g e h e r u. dgl., bestehen 2 ). H a n d e l s r e c h t l i c h e Normen e i g e n e r A r t bestehen nur für die d r i t t e der aufgezählten Kategorien 3 ), hiervon, nämlich von den Rechtsverhältnissen der Handlung-sgehilfen und der Handlungslehrlinge, wird im nächstfolgenden Paragraphen (unten § 21) gesprochen. III. Die Hilfe, welche dem Prinzipal von Hilfspersonen im Handel g-eleistet wird, kann in einer Einwirkung auf Sachen oder auf Personen bestehen; eine Hilfeleistung, die in Einwirkungen auf eine Person besteht, ist in jedem Falle eine A r t von Stellvertretung im weitesten Sinne, nämlich in dem Sinne, in welchem Stellvertreter des Prinzipals jedermann ist, der seinen Willen dritten Personen g e g e n ü b e r mit der Rechtswirkung geltend machen kann, als habe der Prinzipal selbst seinen Willen in gleicher Richtung geäußert. Die Stellvertretung im weitesten Sinne umfaßt a) die Repräsentation des Prinzipals in einseitigen Handlungen, in Dispositionen über Sachen des Prinzipals (ζ. B . in der Vornahme chemischer Mischungen, Magazinierung, Handlungen, wie sie z . B . § § 4 1 8 , 4 1 9 des H G B . vorsehen) und g e g e n ü b e r Dritten, welche zu letzterem in einem vertragsmäßigen Verhältnis stehen, sowie solchen Personen gegenüber, welche ohne solches Vertragsverhältnis sich in Widerspruch setzen mit rechtlich anerkannten Interessen des Prinzipals, welche der Bedienstete oder sonstige Stellvertreter zu vertreten hat 4 ). Eine solche Stellvertretung >) K a u f m G G . §§ I," 5 Ziff. 1 — 6 , s. oben S. 22. ) Vgl. H G B . v. 1861 Art. 6 5 ; H G B . § 83 und hierzu G a r e i s , H G B . S. 94. EinfG. zum B G B . Art. 95 in allen drei Absätzen: Gesindeordnungen und B G B . im Verhältnis zueinander. 3) H G B . §§ 5 9 - 8 3 . 4 ) In diesem Sinne vertritt den Prinzipal ζ. B . ein Buchhalter, ein Werkmeister oder Schichtmeister, dem der Prinzipal Lehrlinge behufs Anleitung überweist und unterstellt; ein Verhältnis, an welches in Satz 2 des Abs. I des § 81 des H G B . gedacht ist; es vertritt in diesem Sinne den Prinzipal ein Fabrikaufseher, welcher einem unberufen die Fabrikräume Betretenden gegenüber das Hausrecht des Prinzipals wahrt; in eben diesem Sinne ist Stellvertreter des Prinzipals der sog. Besitzdiener oder prokuratorische Detentor, welcher die tatsächliche Gewalt 2

94

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

umfaßt aber ß) auch die juristische Vertretung, nämlich die Vertretung· in R e c h t s g e s c h ä f t e n 1 ) , d. h. bei A b g a b e oder Annahme von einer oder mehreren Willenserklärungen (im Sinne des B G B . §§ 1 1 6 ff.), durch deren Inhalt die eintretende Rechtsfolge zunächst bestimmt wird, mithin in echten oder eigentlichen R e c h t s g e s c h ä f t e n , wie sie die „Vertretung" im Sinne des B G B . (§ 164) im A u g e hat. A u f der Grenze dieser juristischen,

zwischen

jener

tog. tatsächlichen Stellvertretung

(α)

und

nämlich rechtsgeschäftlichen Stellvertretung (ß) steht die Ver-

tretung in solchen Handlungen, bei denen die R e c h t s f o l g e nicht oder wenigstens nicht in erster L i n i e von dem Inhalte einer Willenserklärung bestimmt wird oder davon abhängt, sondern von

der

in erster L i n i e

ins Auge

gefaßten Herstellung

eines rein tatsächlichen Zustandes, dessen Erzielung als das W e s e n t l i c h e

betrachtet

wird (sog. Realgeschäfte)' 2 ). über eine Sache für den Prinzipal in dessen Erwerbsgeschäft im Sinne des B G B . § 8 5 5 ausübt; vgl. auch die ausdrückliche Vorschrift des B G B . § 860. Die Wahrung der Interessen des Prinzipals mittels autoritativen Auftretens eines R e präsentanten in diesen oder ähnlichen Fällen ist unzweifelhaft eine Stellvertretung, ihre Hauptwirkung äußert sie da, wo die vertragsmäßig bindende Hausordnung oder das vertragsmäßig zu wahrende Gesamtinteresse des Etablissements einerseits ein Befehlsrecht des Repräsentanten und andererseits eine Subordination des übrigen Personals oder eines Teils desselben zur F o l g e h a t ; solches liegt vor im R e c h t e des Schiffsbefehls sowohl den R e i s e n d e n gegenüber (s. H G B . § 665), als auch der Schiffsmannschaft gegenüber; s. Seemannsordnung v. 2. J u n i 1 9 0 2 § § 84, 9 1 u. a. E i n e solche Gewalt und Stellvertretung setzt das R G e s . , betr. die Verbindlichkeit zum Schadensersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken usw. herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen (v. 7. J u n i 1 8 7 1 ) , in seinem § 2 voraus; wenn dort von einem „Bevollmächtigten oder Repräsentanten oder einer zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenommenen P e r s o n " die R e d e ist, so ist darunter keineswegs ein zur juristischen Stellvertretung in Rechtsgeschäften berufener Vertreter zu verstehen, aber ein Stellvertreter im Befehlsrecht oder in der Aufsicht, und ebenso verhält es sich mit dem Begriff Vertreter des Prinzipals im H G B . § 7 2 Abs. 1 Nr. 4 ; s. unten § 21 S. 1 0 3 Anm. 3. 1 ) Über den Begriff Rechtsgeschäft s. Z i t e l m a n n , D i e Rechtsgeschäfte im Entwurf des B G B . 1 8 8 9 , ferner D e r n b u r g , Pand. § 9 1 . F r . E n d e m a n n , Lehrb. d. bürgerl. R . § 60. W i n d s c h e i d - K i p p , I . Pand. § 69. E n n e c c e r u s (u. Jäger), L e h r b . d. bürgerl. R e c h t s I . B d . 3 . Aufl. (Marburg 1 9 0 5 ) § 1 3 6 S. 3 3 5 ff. H e l l m a n n , J a h r b . f. d Dogm. B d . 4 2 S. 4 1 3 ft. H o l d e r , K o m m . z. BG15. I S. 2 3 4 . I s a y , D i e Willenserklärung 1 8 9 9 und Jahrb. f. Dogm. B d . 44 S. 4 1 . Alfr. M a n i g k , Anwendungsgebiet d. Vorschr. f. d. R G e s c h ä f t e 1 9 0 1 . Monich, Willenserklärung u. R G e s c h ä f t 1 9 0 0 . G a r e i s , K o m m , zum Allg. T e i l d. B G B . S . 1 0 6 ff. B i e r m a n n , Bürgerl. R e c h t I S. 1 2 8 ff. O e r t m a n n , K o m m . z. Allg. T e i l d. B G B . S . 294 fr., insbesondere dem B G B . s. F i s c h e r - H e n l e , BGB. (7. Auft.) S. 51 ff. 2 ) A l s Beispiele hierfür nennt F i s c h e r - H e n l e , B G B . (7. Aull. S. 5 1 ) u . a . einseitigen Erwerb des Besitzes (§ 8 5 4 ) , Verarbeitung, Verbindung, Vermischung (§§ 946ff.), Aneignung (§ 9 5 8 ) , F u n d (§ 965). E i n e Stellvertretung, nämlich mittels Vornahme der die tatsächliche W i r k u n g erzeugenden Handlung für einen Geschäftsherrn, ist auch bei allen diesen auf der Grenze zwischen den eigentlichen Rechtsgeschäften und den sog. tatsächlichen Dispositionen ebenso wie bei den rechts und links von dieser Grenze liegenden Vorgängen möglich.

§ 20.

Von den Hilfspersonen des Handels im allgemeinen.

95

Die Vertretung" in (eigentlichen) Rechtsgeschäften hat die ihr charakteristische Wirkung, nämlich daß die (ausdrücklich oder nicht ausdrücklich) im Namen des Vertretenen abgegebene Willenserklärung unmittelbar für und gegen den Vertretenen wirkt, nur dann, wenn der diese Willenserklärung Abgebende innerhalb der ihm zustehenden V e r t r e t u n g s m a c h t diese Erklärung abgibt 1 ); die Vertretungsmacht ist aber entweder der Ausfluß eines Rechtsgeschäfts — der V o l l m a c h t — oder einer sie unmittelbar erzeugenden gesetzlichen Bestimmung, kraft welcher ein sog. „ g e s e t z l i c h e r Vertreter" für den. Vertretenen, diesen berechtigend und verpflichtend, zu handeln hat; zwischen der bloß durch Rechtsgeschäft begründeten Vertretungsmacht, also der Bevollmächtigung, wie sie ζ. B . dem Prokuristen oder dem ,.Handlungsbevollmächtigten" (s. unten § 2 2 S. 1 1 6 ) begrifflich zuteil wird, und der bloß auf dem Gesetz beruhenden „gesetzlichen Vertreterschaft", wie sie ζ. B. dem Vater kraft der elterlichen Gewalt oder dem Vormunde für den Mündel gesetzlich zukommt 2 ), aber auch den nicht durch Vertrag berufenen Vertretern von juristischen Personen und Stiftungen nach dem Gesetze zusteht 3 ), kann man sich einen mittleren Fall oder eine Kombination denken; die Vertretungsbefugte der zur Vertretung von H a n d e l s g e s e l l s c h a f t e n 4 ) nach dem Gesetze berufenen Personen, welche durch Vertrag (Gesellschafts- 5 ) oder Dienstvertrag)") in die Stellung gelangt sind, an welche dann das Gesetz die Vertretungsbefugnis als gesetzliche Vertretungsmacht knüpft; hiervon unten § 24 II S. 133. IV. Die zur eigentlichen juristischen Stellvertretung, nämlich zur „ V e r t r e t u n g " des Prinzipals in R e c h t s g e s c h ä f t e n (s. oben III β S. 94) nicht durch das Gesetz, sondern durch Rechtsgeschäft, nämlich durch Erteilung der Vollmacht 7 ), B G B § 164. ) S. oben § 12 V. S. 59 ff. die gesetzliche Vertretung des minderjährigen Kaufmanns. I m übrigen vgl.: B G B . §§ 1630, 1684, 1793fr., 1915. s ) B G B . §§ 26, 30, 86. 4 j Über diesen Begrifl s. unten § 24 S. 128. 5) B G B . § 705. H G B . §§ 105 (hierzu G a r e i s , H G B . Vorbemerkung S. 109, 110), 162, 182. b ) B G B . §§ 611 ff, 675. ? ) Bei F i s c h e r - H e n l e , B G B . Vorbemerkung vor § 164, -wird die Vollmacht (soll wohl heißen: die Erteilung der Vollmacht, wie sich auch § 167 des B G B . ausdrückt) als ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, nach Z i t e l m a n n , D i e Rechtsgeschäfte im Entwurf z. B G B . S. 20fl, G a r e i s , K o m 2

K a p . II.

D6

Die Personen im Handelsrecht.

berufenen Personen heißen, wenn sie zum Betriebe eines Handelsg-ewerbes oder zur V o r n a h m e einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe g e h ö r e n d e n A r t von Geschäften oder zur V o r n a h m e einzelner zu einem H a n d e l s g e w e r b e gehörigen Geschäfte ermächtigt sind, H a n d l u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e . Dies W o r t in dem sprachlich naheliegenden umfassenden Sinne verstanden, muß auch den Prokuristen (hiervon s. unten § 2 2 I S. Ii6) bezeichnen, in einem e n g e r e n und technischen Sinne aber nicht, denn im S p r a c h g e b r a u c h e des Gesetzes wird d e r Prokurist n e b e n dem Handlungsbevollmächtigten koordiniert genannt. Die Erteilung einer Handlungsvollmacht (im weiteren Sinne) und die Anstellung im Dienste eines Kaufmanns als Handlungsgehilfe müssen keineswegs stets verbunden, noch auch stets g e t r e n n t sein; es sind vielmehr dreierlei Fälle denkbar: a) Es ist jemand im H a n d e l s g e w e r b e eines Kaufmanns {Prinzipals) zur Leistung kaufmännischer Dienste g e g e n Entgelt angestellt — also Handlungsgehilfe — u n d zur Vornahme von zum H a n d e l s g e w e r b e g e h ö r i g e n Geschäften — in den oben a n g e f ü h r t e n engeren oder weiteren U m f ä n g e n — -ermächtigt, also zur V e r t r e t u n g des Kaufmanns (Geschäftsherrn) bevollmächtigt, Handlungsbevollmächtigter'). b) Es ist jemand im Handelsgewerbe eines K a u f m a n n s •{Prinzipals) zur Leistung kaufmännischer Dienste g e g e n Entgelt angestellt — also Handlungsgehilfe —, jedoch nicht zur V e r t r e t u n g ermächtigt, also nicht Handungsbevollmächtigter. c) Es ist jemand zur V e r t r e t u n g im engeren oder weiteren U m f a n g e ermächtigt — also Handlungsbevollmächtigter, aber nicht im Handelsgewerbe des Geschäftsherrn als Handlungsgehilfe angestellt, also nicht Handlungsgehilfe. Das zuletzt erwähnte Verhältnis liegt ζ. B . vor, wenn ein Kaufmann seiner Ehefrau Vertretungsbefugnis erteilt, eine ihrem Manne Prokura

gibt,

HandeJsfrau (s. oben § 12 I V S. 56 ff.)

ein Handeltieibender für die Zeit seiner Erholungs-

reise seinen Sohn oder Freund mit einer Prokura ausrüstet, oder wenn er ebenso vorübergehend etwa einen bloß im Gesindeverhältnis (s. oben § 20 I I 4 S. 93) zu ihm

stehenden Markthelfer mit einer Handlungsvollmacht versieht;

dasselbe

mentar zum Allg. Teil d. B G B . S. 1 0 8 ; vgl. auch F i s c h e r - H e n l e B G B . , Vorbemerkung zum 3. Abschn. d. 1. Buches, bezeichnet. Vgl. ζ. B . den im H G B . § 56 geregelten Fall.

§ 20. ist

ider Fall,

97

Von den Hilfspersonen des Handels im allgemeinen.

wenn etwa ein mit dem Geschäftsherrn befreundeter selbständiger

Kauifm.nn eine Vertretung desselben übernimmt.

In allen diesen Fällen (c) fallen

die lunfer den geschilderten besonderen Umständen bevollmächtigten Personen nicht unten cfen Begriff der Handlungsgehilfen (s. oben I I 3 S. 92 f, und unten § 2 1 ) , denm SE sind sämtlich nicht durch einen auf e n t g e l t l i c h e Leistung von kaufmännischen Diensten gerichteten handelsrechtlichen Dienstvertrag in das Geschäft desjenifen, den sie vertreten können oder wollen, aufgenommen; sie können aber zum vertretungsbedürftigen Kaufmanne in einem besimmten, auf die mit der Vertretung zu leistenden Arbeit bezüglichen besonderen Rechtsverhältnisse ζ. B'.. dnem Auftragsverhältnisse 1 ),

einem

stehen,

beliebigen Dienstverhältnisse 2 ), einem

Weirkvirtrage 3 ), einer Gesellschaft 4 ), irgend einem Geschäftsbesorgungsverhältnisse 5 ), und dieses zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten bestehende Reclhts'erhältms ist s c h a r f zu t r e n n e n von dem Vollmachtsverhältnisse, dessen Inhailt — der Umfang der Vollmacht — von dem Inhalte des bestehenden Dienstoder Aiftrags- oder dgl. Schuldverhältnisses keineswegs notwendig oder vollständig abhäng;

(Vgl. B G B . § 168.)

Iben

dieses

gilt aber auch von dem unter a vorangestellten ersten F a l l e :

auch ic diesem Falle ist das Handlungsvollmachtsverhältnis etwas anderes als das Handluigsdienstverhältnis;

es kann sein, daß die Vollmacht — Dritten gegenüber

wenigstens — zu einem bestimmten Geschäftsabschlüsse berechtigt,

welchen der

Prinzipil in concreto dienstlich verboten hat 0 ), und es kann sein, daß das Vollmachts\erhältnis, auf dem die Vertretungsmacht beruht, beendigt ist, obwohl das vielleicht

gleichzeitig

mit dem Vollmachtsverhältnis

noch fortbesteht 7 ); von dem letzteren wird in § 21,

begründete Dienstverhältnis von dem ersteren in § 22

gesprochen 8 J.

Y. Die N a m e n , welche im gewöhnlichen L e b e n zur B e zeichnung- der in Handelsgewerben angestellten kaufmännischen Hilfspersonen, sowie der mit merkantiler Vertretungsmacht ausgestatteten Angestellten oder Nichtangestellten verwendet werden, lassen in der R e g e l nicht erkennen, ob der mit dem Namen Bezeichnete der einen oder der anderen K a t e g o r i e angehört, zu welchen Diensten er berufen sei und, wenn er eine Vertretungsmacht hat, wie weit sie reiche, ja, es kommen im kommerziellen V e r k e h r Titel vor, denen häufig nicht zu entnehmen ist, ob die sie Führenden zur juristischen Vertretung der Firma oder nur zu ganz mechanischen Diensten angestellt sind.

So sind Direktor, Disponent, Kommis, Kassierer, Geschäfts-

2 3 ») B G B . § 662. ) BGB. § 611. ) BGB. § 631. s ) B G B . §§ 705 709. 7 1 0 . ) B G B . § 675. «} Vgl. H G B . § 50. ') Vgl. H G B . §§ 52, 66. 8 ) Das H G B . v. 1 8 6 1 hatte, obgleich sich seine Verfasser über den Unterschied der bei den jeweilig auseinander zu haltenden Rechtsverhältnisse klar •waren, doch nicht ganz scharf das zu Trenuende getrennt; s. G a r e i s H G B . Vorbemerkungen zum 5. Absätze des 1. Buches. 4

G a r e i s , Handelsrecht. 8. Aufl.

7

Kap. II.

98

Die Personen im Handelsrecht.

reisender der Firma, Cargadeur, ja selbst der Lehrling: nämlich

-wenn und

soweit

sie

Handlungsbevollmächtigte,

als ermächtigt gelten, Rechtsgeschäfte für den

Prinzipal abzuschließen, ζ. B. Verkäufe; dagegen sind der Buchhalter, der Korrespondent, der Markthelfer, der Küier, auch der Kommis und der Lehrling keine Handlungsbevollmächtigten, sondern Handlungsgehilfen, nämlich wenn und soweit sie nur zur Vornahme kommerziell-technischer Dienstleistungen, nicht zur juristischen Vertretung

der Firma

beauftragt und ermächtigt sind.

Die rechtlichen Folgen

der einen und der anderen Stellung ergeben sich aus den Erörterungen der beiden folgenden, hierdurch unterschiedenen Paragraphen.

Die Unsicherheit, welche aus dem Mangel feststehender Namen und Bezeichnungen der einzelnen A r t e n von A n g e stellten im Handel f ü r das Publikum entspringt, wird durch das deutsche Handelsrecht 1 ) tunlichst durch folgende B e stimmung'en beseitigt: 1. durch die Schaffung des Rechtsbegriffs der P r o k u r a als einer weitgehenden und nach außen zu unbeschränkbaren Handlungsvollmacht (s. § 22 I); 2. durch die gesetzliche Umgrenzung der Vertretung-sbefugnis der Korrespondentreeder 2 ) und der Schiffer 3 ) (Schiffsführer, Kapitän) 4 ); 3. durch die Unterscheidung der übrig'en A r t e n von Handlungsvollmachten durch deren inhaltliche Ausstattung mittels Bezugnahme auf das im Verkehr Übliche („Gewöhnliche") und durch deren A b m a r k u n g gegenüber den eine besondere Ermächtigung fordernden Rechtshandlungen 5); 4. durch die Einreihung der „Handlungsreisenden" unter die „Handlungsbevollmächtigten 1 ' mit der näheren A n gabe, daß dieselben insbesondere für ermächtig-t gelten 6), den K a u f p r e i s aus den von ihnen abgeschlossenen Verkäufen einzuziehen und dafür Zahlungsfristen zu bewilligen, sowie die Erklärung von Dispositionsstellungen entgegenzunehmen 7 ); Schon durch das H G B . ν. ι S61, besser noch durch das vom 10. Mai 1897. 3 ) H G B . § 493 s. unten § 1 1 0 . ) H G B . §§ 526fr., s. unten § I I I . 4 ) Hierüber und über Schiffsoffiziere im techn. Sinne s. Seemannsordnung v. 2. Juni 1902 §§ 2, 3, 84 fr., HGB. § 481 (Fassung v. 2. Juni 1902). G a r e i s , G E A . Nr. 3 1 5 — 3 1 8 (Neues Seemannsiecht). 5 ) H G B . § 54, s. unten § 22 II. e ) H G B . § 55. Diese Bestimmung ist auf „Stadtreisende" nicht anwendbar. R G Z . Bd. 6 S. 83. (S. unten S. 122.) T ) H G B . § 55 Abs. 3. G a r e i s , Das Stellen zur Disposition (1870) S. 90, 92 und G a r e i s , H G B . Anm. 3 zu § 55. S. auch unten S. 1 2 3 . 2

§ 21.

99

Von den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

5. durch die Rechtsvermutung, daß, wer in einem Laden oder offenen W a r e n l a g e r angestellt ist, für ermächtigt gilt zu Verkäufen und Empfangnahmen, welche in einem derartigen Laden oder W a r e n l a g e r gewöhnlich geschehen 1 ). § 21. Von den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen 2 ). I. Handlungsgehilfen im weiteren Sinne sind alle diejenigen Personen, welche sich in einer merkantil-dienstlichen Stellung im Handelsgewerbe eines Prinzipals befinden (s. oben § 20 I am Ende und ebenda II 3); sie gehören im allgemeinen zu den gewerblichen Arbeitern im Sinne des Gewerberechts 3 ), dessen Vorschriften sie aber nur insoweit unterstellt sind, als sie nicht eine Sonderstellung nach Handelsrecht einnehmen; innerhalb letzterer sind nach dem Zweck ihrer dienstlichen •Stellung zu unterscheiden die Handlungsgehilfen im engeren Sinne und die Handlungslehrlinge. Die Handlungsgehilfen im engeren Sinne sind diejenigen Personen, gleichviel ob männlichen oder weiblichen Geschlechts, welche sich im Dienste eines Handelsgewerbes zum Zwecke der Leistung merkantil-technischer Arbeit g e g e n Entgelt angestellt befinden. Die Grundlage des rechtlichen Verhältnisses zwischen diesen Personen und dem Prinzipal ist der Dienstvertrag im Sinne des bürgerlichen Rechts 4 ), dessen gesetzliche R e g e l u n g — in ihrem zwingenden, wie in ihrem dispositiven Teile — im allgemeinen, d. h. soweit nicht besondere Normen handelsgesetzlich maßgebend oder vereinbart sind, auch für die Dienstverhältnisse der Handlungsgehilfen maßgebend ist. F ü r die Streitigkeiten, welche aus dem Dienstverhältnis zwischen Kaufleuten und ihren Handlungsgehilfen entspringen, ist das H G B . § 56. SeuffBl. Bd. 65 (1900) S. 1 5 . ) Lit. Hugo H o r r w i t z , Das R e c h t der Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge (2. Aufl. Berlin 1905 J . Guttentag Verlag) — eine in allen einschlägigen Einzelfragen trefflich orientierende, daher der Praxis sehr zu empfehlende Schrift. Ferner: H e i l f r o n , Lehrb. §§ 17, 18. P r e n n e r , J . , Der kaufmännische Dienstvertrag nach deutschem Recht. Nürnberg u. Leipzig, 1 9 0 7 . 3 ) Urt. des Kammergerichts v. 30. Juni 1902, R e g e r , Entsch. d. Gerichte usw. Bd. 23 S. 427. R o b . ν. L a n d m a n n , K o m m , z. GewO. (5. Aufl.) Bd. I I S. 5. 4 ) B G B . §§ 6 1 1 — 6 3 0 . 2

7*

100

Kap. II.

D i e Personen im Handelsrecht.

K a u f m a n n s g e r i c h t zuständig", worüber das Nähere oben § 4 A II S . 20 ff. F ü r den Abschluß des Dienstvertrags ist keine besondere F o r m vorgeschrieben, er ist für den Prinzipal unzweifelhaft ein Handelsgeschäft 1 ). Inhaltlich kann sich ein solcher Dienstvertrag möglicherweise auf einen T a r i f v e r t r a g stützen. D e r sog. T a r i f v e r t r a g 2 ) , als

„der M a s s e n v e r t r a g ,

Charakteristikum einbarung

gibt"3),

zwischen

oder

einem

seinem wirtschaftlichen W e s e n nach

der

dem als

oder

heutigen R e c h t e

die ökonomisch mehreren

bezeichnet

des Arbeitsvertrags

und sozial

Arbeitgebern

wirksame

einerseits

und

sein „Vereiner

organisierten oder auch nichtorganisierten Gruppe von Arbeitnehmern andererseits zur Festsetzung der Arbeitsbedingungen" 4 ), ist seiner juristischen Natur nach sehr bestritten; meines Erachtens ist er die zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern und einer Gruppe von Arbeitnehmern vereinbarte Herstellung einer l e x contractus für k ü n f t i g e Arbeitsverträge 5 ); er ist kein Dienstvertrag, sondern soll erst Bausteine zum B a u eines Dienstverhältnisses schaffen; er ist aber auch k e i n V o r v e r t r a g im Sinne eines pactum de contrahendo, zum

Abschluß

eines

denn

es

verpflichtet

anderen Vertrages,

sondern

sich in demselben wenn

und

soweit

niemand überhaupt

jemand sich im Tarifvertrage verpflichtet, nur dazu, gewisse Vertragsbestimmungen in einen Dienstvertrag aufzunehmen, w e n n

es nämlich zu einem solchen k o m m t :

er ist nicht immer ein „ V e r t r a g " im bürgerlich-rechtlichen Sinne,

w e n n er auch

stets eine Vereinbarung oder Verabredung ist; er ist auch keine K o a l i t i o n , keine "Usancenfestsetzung oder Deklarierung,

er ist,

„bindender"

Vertrag im juristischen Sinne,

eine moralisch

bindende K r a f t beigelegt wird.

w i e gesagt,

auch

wenn

auch w o h l

ihm

Juristisch

nicht immer ein regelmäßig

bindend ist der Tarif-

vertrag nur dann, wenn er das ist, was man") einen begrenzten K o l l e k t i v v e r t r a g nennt, 1 ) H G B . § 3 4 3 s. oben S. 42 f. Hinsichtlich der F o r m f r e i h e i t s. H o r r w i t z a. a. O. S. 3 6 ; in Preußen unterliegen schriftliche Dienstverträge den Handlungsgehilfen, wenn der vereinbarte Jabresgehalt 1 5 0 0 M k . übersteigt, einer Stempelgebühr von 1 , 5 0 M k . 2 J D i e Literatur des Tarifvertrags ist, so jung sie ist, bereits recht bedeutend; es sei aus ihr hier nur hervorgehoben; P h . L o t m a r im A r c h i v f soziale Gesetzgebung B d . X V S . I — 1 2 2 ; dann Ph. L o t m a r , D e r Arbeilsvertrag, B d . I 1 9 0 2 S. 7 5 5 — 7 9 9 . S. R u n ' d s t e i n , Die Tarifverträge im französischen Privatrecht. Leipzig 1 9 0 5 . B a u m , „ D i e rechtliche Natur des kollektiven Arbeitsvertrags" in Gruchots Beitr. 1 9 0 5 B d . 49 S. 2 6 1 — 2 7 5 , und B a u m , „ D e r kollektive Arbeitsvertrag vor dem R e i c h s g e r i c h t " in der Zeitschr. „ D a s G e w e r b e g e r i c h t " , B d . 9 S. 2 3 3 ff. H ü g l i n , D e r Tarifvertrag zwischen A r b e i t g e b e r und Arbeitnehmer. H u g o S i n z h e i m e r ebenso, P . O r t m a n n , Zur L e h r e v o m Tarifvertrag in der „Zeitschrift für Sozialwissenschaft", 1 9 0 7 B d . X I S . I — 2 9 . A d o l f G ü n t h e r , D e r Tarifvertrag in München (Einzelschriften des statistischen A m t s der Stadt München, H e f t 7), 1 9 0 8 insbes. S. 3 6 — 8 1 . R o b e r t v. L a n d m a n n , K o m m e n t a r zur G e w e r b e ordnung f. d. Deutsche R e i c h , unter Mitwirkung von D r . Gustav R o h m e r herausgegeben. München (C. H . B e c k ' s c h e Verlagsbuchhandlung) 1 9 0 7 5. A u f l . B d . I I S. 27 ff. und die dort angegebene Literatur. 3

) ) ) e )

4

5

S . B a u m a. dem zuerst angegeb. O. S . 2 6 2 . Ö r t m a n n a. a. O. S. 2 — 3 . „ K o r p o r a t i v e r Arbeitsnormenvertrag" sagt H u g o B a u m in Gruchots Beitr., B d . 49 S. 2 6 3 , 2 6 4 .

Sinzheimer.

§ 21.

101

V o n den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

nämlich λνεηη er abgeschlossen wird zwischen Personen, w e l c h e beim Abschlüsse des Vertrages namentlich bezeichnet sind und persönlich als Kontrahenten hervortreten 1 ); hinzugefügt muß werden, daß alsdann die, bindende K r a f t des Tarifvertrags nach zivilrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden muß und kann und sich diesen entsprechend auch auf alle Personen erstreckt — berechtigend wie verpflichtend — , w e l c h e von den persönlich Verhandelnden und persönlich Abschließenden rechtswirksam

hierbei vertreten werden,

männer

oder Vorstände

von

seien die Vertreter einzelne

Organisationen,

nämlich

oder Vertrauens-

von Vereinen

porationen, denen die Vertretenen als Mitglieder angehören.

oder

Kor-

Fehlt es an solcher

Organisation auf der einen oder der anderen der aus einer Mehrheit

bestehenden

Vereinbarungspartei oder fehlt es an der Vertretungsmacht (bzw. ev. an der diesen Mangel

heilenden Genehmigung)

auf Seite

der

für

eine

Personen, so ist die Mehrheit oder Vielheit von juristisch sonen

juristisch

nicht

gebunden,

der

Tarifvertrag

ist

Mehrheit

handelnden

nicht vertreteneu Per-

dann

ein

„unbegrenzter

Kollektivvertrag'', der politisch oder moralisch binden kann, aber juristisch nicht verpflichtet; er —

als Kollektivvertrag —

„daß er mit dem W i l l e n wird' 1 —

der Kontrahenten

denn als Kollektivvertrag

wird

wird auch dadurch nicht verpflichtend, Bestandteil er

nicht

eines einzelnen Vertrags

Bestandteil

eines

einzelnen

Arbeitsvertrags, sondern nur d i e s e r wird dann verpflichtend, aber allerdings dann mit dem als bindenden Bestandteil unbegrenzten Kollektivverirag —

Auch Kaufleute gehilfen anstellen.

aufgenommenen

Inhalte

des an sich —

als

unverbindlichen Tarifvertrags 2 ).

minderen

Rechts

können

Handlungs-

II. Die P f l i c h t e n 3 ) d e s H a n d l u n g s g e h i l f e n , denen selbstverständlich die R e c h t e d e s P r i n z i p a l s entsprechen, e r g e b e n sich in erster Linie aus dem abgeschlossenen — m ö g licherweise in einer, v o m Prinzipal aufgestellten und vom Gehilfen als lex contractus a n g e n o m m e n e n , G e s c h ä f t s - oder Hausordnung zum A u s d r u c k g e l a n g t e n — g ü l t i g e n V e r t r a g s , sodann aus dem H a n d e l s r e c h t e und endlich aus dem allgemeinen bürgerlichen R e c h t e 4 ) ; im einzelnen b e s t e h e n sie in f o l g e n d e n Verbindlichkeiten: J)

B a u m a. a. O . Uber die Frage der Bindung und der Erzwingbarkeit der Tarifverträge s. A d o l f G ü n t h e r a. a Ο. S. 48 ff. 3) D i e öffentlich-rechtlichen sowie die aus dem allgemeinen bürgerlichen R e c h t e sich ergebenden Pflichten der Handlungsgehilfen gehören nicht in die Darstellung des Handelsrechts; erwähnt sei, daß der Stand der Handlungsgehilfen offiziell vertreten ist a) in den Kaufmannsgerichten, hiervon s. oben und b) in besonderen Ausschüssen im A n s c h l u ß an die Handelskammern ζ. B. nach bayerischem R e c h t s oben § 12 I I a. E . S. 54. W e g e n Nichtanrechnung der öffentlich-rechtlichen Versicherungsrente s H G B . § 63 A b s . 2. U b e r Vorschläge zur A b änderung des § 63 H G B . s. unten S. 108— 109. Ü b e r Haftung der Handlungsgehilfen aus unerlaubten Handlungen entscheidet selbstverständlich das allgemeine bürgerliche R e c h t , aber auch Spezialrecht s. unten A n m 3 S. 105 zu § 21 III. 2)

4)

EinfG. zu H G B

Art. 2 A b s .

I.

Kap. II.

102

Die Personen im Handelsrecht.

i. D e r Handlungsgehilfe hat die vereinbarten merkantilen Dienste und, soweit nicht besondere Vereinbarungen über die A r t und den Umfang" seiner Dienstleistungen getroffen sind, die dem Ortsgebrauche entsprechenden Dienste, und sofern auch der Ortsgebrauch schweigt, die den Umständen nach angemessenen, vom R i c h t e r nötigenfalls an der Hand von Sachverständigengutachten als angemessen festzustellenden Dienste ZU leisten 1 ); in Zweifelsfällen entscheidet die Verkehrsauffassung darauf,

darüber, was

unter

kaufmännischen Diensten

zu verstehen sei;

ob dem Angestellten eine Vertretungsmacht' 2 ) zusteht oder nicht, kommt

es nicht an: der Handlungsgehilfe kann Prokura oder eine andere Art von Handlungsvollmacht (sonstigen)

haben,

und in

den

meisten

Handlungsbevollmächtigten

in

Fällen

sind

die

Prokuristen

der Tat Handlungsgehilfen,

und

d. h. im

Gewerbe des Geschäftsherrn als Bedienstete zur Vornahme merkantiler Arbeit angestellt, aber notwendig ist weder das eine, noch das a'ndere: es gibt Prokuristen und (andere) Handlungsbevollmächtigte, welche nicht im Gewerbe des Geschäftsherrn zu kaufmännischer Arbeit angestellt sind, und umgekehrt:

es gibt zahllose

Handlungsgehilfen (ζ. B . Kontoristen), welche keinerlei Vertretungsmacht besitzen; aber k a u f m ä n n i s c h e Dienste müssen es sein, zu deren Leistung der Handlungsgehilfe, um ein solcher zu sein, angestellt sein muß; oder mechanisch-technischen Personals 3 ),

die Dienste des chemisch-

ferner die der sog. Gewerbegebilfen 4 ),

ζ. B . im be- und verarbeitenden Handwerk, sowie die des Gesindes 5 ) sind keine kaufmännischen Dienste, die hierzu gehörenden Personen sind also keine Handlungsgehilfen. Aber der Umstand, daß ein in einem kaufmännischen Etablissement — and sei es auch nur das eines formellen Handelsgewerbes 6 ) — Angestellter außer seinen kaufmännischen Diensten nebenbei noch andere, ζ. B . gewisse technische Arbeiten zur Erhaltung leicht verderblicher Waren erforderliche, zu verrichten hat, schließt

den Begriff Handlungsgehilfe

nicht aus'),

und andererseits,

wie folge-

2 !) H G B . § 59. ) B G B . § 164 u. oben § 20 I I I S. 95 3 ) So sind die Dienste, welche Chemiker, Ingenieure oder Maschinentechniker in einem Handelsetablissement, in dem sie angestellt sind, zu leisten haben, so wenig wie die künstlerischen Arbeiten der in kunstgewerblichen Anstalten angestellten Maler, Zeichner und Bildhauer (s. RGes., betr. den Schutz der Muster und Modelle vom I I . Januar 1876 § 2 u. vgl. oben § 19 S. 89) kaufmännisch; vgl. R O H G . 9 S. 306, 1 1 S. 387, 1 7 S. 307, 18 S. 232, 2 1 S. 18 u. a.; für den Dienstvertrag dieser Angestellten ist regelmäßig B G B . §§ 6 1 1 — 6 3 0 maßgebend. ·*) Diese, aber nicht die Handlungsgehilfen unterstehen der Gerichtsbarkeit des G e w e r b e g e r i c h t s in ihren gewerblichen Streitigkeiten. S. R G e s . , betr. die Gewerbegerichte v. 29. Juli 1890 §§ 1 ff. Verhältnis zwischen Gewerbegericht und K a u f m a n n s g e r i c h t s. oben § 4 A I I Ziffer 5 S. 23. K f m G G . § 16. — Ivöche und Kellner von Restaurants und Gasthöfen sind regelmäßig keine Handlungsgehilfen. S. R O H G . Bd. 7 S. 300, Bd. 24 S. 270, R G Z . Bd. 1 S. 268. 5 ) Für das Gesinde, auch das im Gewerbebetrieb eines Kaufmanns angestellte oder beschäftigte, gilt Gesinderecht. S. H G B . § 83. EiniG. zum B G B . Art. 95. o) H G B . § 2. S. oben § 8 8. 41 — 42. 7 ) Denkschrift S. 3 1 6 7 . — Treibt ein Land- oder Forstwirt ein kaufmännisches Nebengewerbe, dessen Firma gemäß H G B . § 3 Abs. 2 in das Handels-

§ 21.

Von den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

103

weise, kann sich ein Handlungsgehilfe nicht etwa unter Berufung auf seine Eigenschaft als Handlungsgehilfe weigern, doclh unmittelbar

mit

dem Absatz

seinies Dienstverhältnisses

(nach

solche zwar nicht rein kaufmännische, aber der Waren zusammenhängende,

Ortsgebrauch

führen 1 ). — Beharrliche Weigerung

usw.)

gelegene

eines Handlungsgehilfen,

im Rahmen

Arbeiten seinen

auszu-

Dienstver-

pflichtungen nachzukommen, können den Prinzipal unter Umständen zur sofortigen Entlassung berechtigen 2 ).

Zu den gewöhnlichen kaufmännischen Diensten gehört

Buchführung, Korrespondenz, Kasseführung, Magazinverwaltung u. dgl., aber auch die

geschäftliche Bedienung

des Publikums

im

offenen Laden,

auch

das Ab-

schließen von Geschäften für den Prinzipal und auch das Aufsuchen der Gelegenheit, Geschäfte abzuschließen, oder das Vermitteln derselben (d. i das Zusammenbringen von Vertragsbedürftigen,

die dann abschließen können).

Eine Verpflich-

tung des Handlungsgehilfen, die ihm für Reisen zugewiesenen Spesen wirklich zu verbrauchen — eine Verpflichtung, die unter Umständen zu einem vertragsmäßigen Zecbzwang, handelsgebräuchlichem Sektkneipen u. dgl. führen könnte, — nehmen Gutachten der Altesten der Berliner Kaufmannschaft an für Wein- und Spirituosenreisende, nach H o r r w i t z oben S. 99 angeführte Schrift S. 96, der aber hinzufügt: „Gemeint ist wohl, daß der Reisende das nicht Verbrauchte zurückerstatten muß."

2. J e d e r Handlungsgehilfe ist seinem Prinzipal und dessen Vertreter 3 ) g e g e n ü b e r zu anständigem Benehmen verpflichtet, selbstverständlich schon nach dem allgemeinen bürgerlichen R e c h t , aber mit der handelsrechtlichen Besonderheit, daß Vertrauensmißbrauch, die Untreue im Dienst und erhebliche Ehrverletzungen, deren sich der Handlungsgehilfe g e g e n den Prinzipal oder dessen Vertreter schuldig- macht, den Dienstherrn regelmäßig zur sofortigen Entlassung des Elandlungsgehilfen berechtigen können 4 ). 3. D e r Handlungsgehilfe hat sich des Betriebs eines eigenen Handelsgewerbes sowie des Geschäfteinachens im Handelszweige des Prinzipals (ohne dessen Einwilligung) — bei Meidung· der Schadensersatzpflicht usw., möglicherweise register eingetragen ist, so sind die in diesem Nebengewerbe Angestellten deshalb allein keineswegs schon Handlungsgehilfen, selbst wenn sie neben ihren landwirtschaftlichen oder technischen Diensten nebenbei auch Arbeiten für das kommerzialisierte Nebengewerbe (ζ. B . Gutsinspektoren die Korrespondenz) besorgen — entscheidend muß, wie in dem oben angedeuteten umgekehrten Falle, die Hauptbeschäftigung, die Hauptberufsaufgabe des Angestellten sein. ] ) Nach einem Guiachten der Altesten der Berliner Kaufmannschaft sind ζ. B . die Handlungsgehilfen der Detailgeschäfte der Waschgarniturenbranche zur Reinigung der zum Verkaufe stehenden Waren von Fliegenschmutz verpflichtet, dagegen nicht die in Engrosgeschäfien dieser Branche, s. H o r r w i t z a. a. O. S. 42 Anm. 5. 2 ) H G B . § 72 Abs. I Nr. 2 u. 3. 3 ) Über diesen Begriff s. oben § 20 I I I u. Anm. 4 S. 93. 4 ) H G B . § 72 Nr. 4.

104

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

auch sofortiger Entlassung· — zu enthalten 1 ), hiervon wurde oben § 14 S. 64—66 gesprochen. 4. Der Handlungsgehilfe muß im Dienste, welchen er übernommen hat, während der vertragsmäßigen Dauer desselben treu ausharren 2 ), auch während der verabredeten oder gesetzlich anzunehmenden V e r l ä n g e r u n g derselben 3 ), unbeschadet der gesetzlichen oder vertragsmäßigen Kündbarkeit 4 ) und auch unbeschadet des in besonderen Ausnahmefällen bestehenden Rechts, den Dienst sofort zu verlassen δ). Uber das R e c h t der Kündigung s. unten I V S. 1 1 1 — 1 1 2 . 5. E r hat aber auf Verlangen des Prinzipals den Dienst sofort zu verlassen, wenn der letztere aus einem ihm hierzu berechtigenden Grunde 6 ), wofür das Gesetz — nicht bindende — Beispiele aufstellt 7 ), das Dienstverhältnis ohne Einhaltung· der Kündigungsfrist kündigt. 6. Den Handlungsgehilfen trifft eine besonders ausgesprochene Schadensersatzpflicht für den Fall, daß er durch hervorragend rechts- und insbesondere vertragswidriges B e nehmen den Prinzipal zur objektiv berechtigten sofortigen Entlassung veranlaßte 8 ). 7. Der Handlungsgehilfe hat die in bezug auf seine gewerbliche Tätigkeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses übernommene Verpflichtung, sich gewisser Konkurrenzunternehmungen u. dgl. zu enthalten 9 ), zu erfüllen, sofern sie gesetzlich zulässig· ist 10 ), und insbesondere ev. die f ü r den Fall der Nichterfüllung versprochene Strafe zu leisten 1 1 ); jedoch kommt ihm hierbei zugute, daß mit der Leistung der Strafe der Anspruch auf Erfüllung der Verpflichtung sowie der Ersatz weiteren Schadens ausgeschlossen ') H G B . §§ 60, 6 1 , 174. j H G B . § 72 Abs. I Nr. 2. ) B G B . § 625. Uberhaupt finden die Vorschriften des B G B . über den Dienstvertrag auch auf Handlungsgehilfen Anwendung, soweit nicht das Spezialrecht des Handels ihnen derogiert. EinfG. z. H G B . Art. 2 und oben S. 1 0 0 — 1 0 1 , wo auch das Verhältnis des Dienstvertrags zum T a r i f v e r t r a g erörtert ist. 4 δ e ) H G B . §§ 6 6 - 6 9 . ) H G B . §§ 70, 7 1 , 75. ) H G B . § 70. 7 ) H G B . § 7 2 ; des Richterspruchs bedarf es hierzu nicht von vornterein (s. G a r e i s , H G B . Anm. 2 zu § 70 S. 84 u. 85) — anders in Fällen des § 1 1 7 , s. unten § 26, B . 5. s ) H G B . § 70 Abs. 2. B G B . § 628 Abs. 2, mit B G B . §§ 249ff. 9 ) S. oben §§ 1 3 , 14, S. 53, 55ff. ( H G B . § 74I. Über Geschäftsgeheimnisse und deren Bewahrung durch Handlungsgehilfen s. G a r e i s in Seuff. B l . 1 8 9 6 S 379, auch oben S. 87 Anm. 3. 10 u ) H G B . § 74 Abs. 1 — 3 . ) H G B . § 75 Abs. 2. 2

3

§ 21. ist 1 )),

Von den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

105·

daß auch das richterliche Strafherabsetzungsrecht besteht 2 ) und diese Pri-

vilegien nicht durch Vertrag beseitigt werden können 3 ).

III. Die P f l i c h t e n d e s P r i n z i p a l s , deren Inhalt sich selbstverständlich d e c k t mit den entsprechenden R e c h t e n d e s H a n d l u n g s g e h i l f e n , e r g e b e n sich ebenso w i e die des H a n d l u n g s g e h i l f e n (s. oben II S. i o i f f . ) in erster Linie aus dem dem gesetzlichen Zwangsvorschriften nicht w i d e r s p r e c h e n d e n V e r t r a g e , sodann aus dem Handelsrechte und schließlich a u s dem a l l g e m e i n e n b ü r g e r l i c h e n R e c h t e ; handelsgesetzlich4) treffen den Prinzipal folgende V e r b i n d l i c h k e i t e n : 1. Der H a n d l u n g s g e h i l f e kann v e r l a n g e n , vom Prinzipal persönlich anständig, w e n i g s t e n s nicht u n a n s t ä n d i g behandelt zu w e r d e n ; würde sich der Prinzipal Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen oder unsittliche Zumutungen g e g e n den H a n d l u n g s g e h i l f e n (gleichviel ob männlichen oder weiblichen 5 ) Geschlechts) zuschulden kommen lassen, oder sich w e i g e r n , den H a n d l u n g s g e h i l f e n g e g e n d e r a r t i g e H a n d l u n g e n eines anderen A n g e s t e l l t e n oder eines F a m i l i e n m i t g l i e d s des Prinzipals zu schützen, so würde dies den H a n d l u n g s g e h i l f e n in der R e g e l zum sofortigen Austritte aus dem Geschäfte b e r e c h t i g e n e ). 2. D e r Prinzipal ist a b e r auch zur positiven S o r g e für das körperliche und sittliche W o h l seiner H a n d l u n g s g e h i l f e n verpflichtet, insofern er nach der ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes sowohl die Geschäftsräume, als auch die für den Geschäftsbetrieb bestimmten V o r r i c h t u n g e n und Geräte so einzurichten und zu unterhalten, auch den Geschäftsbetrieb selbst und die Arbeitszeit so zu r e g e l n hat, daß der H a n d l u n g s gehilfe g e g e n G e f ä h r d u n g seiner Gesundheit möglichst g e schützt und die A u f r e c h t e r h a l t u n g der g u t e n Sitten und des A n s t a n d s — diese R e g e l u n g s w e i s e n des menschlichen Handelns HGB. § 75 Abs. 2 Satz 2. Vgl. auch BGB. § 340 im Gegensatze zu BGB. § 3 4 1 Abs. 1. 2 ) BGB. § 3 4 3 . 4 ) HGB. § 7 5 Abs. 3. 3 ) In bezug auf sonstige gesetzliche Pflichten des Prinzipals vgl. entsprechend die A n m . 3 zu oben II S. 1 0 1 . Hinsichtlich der Haftung des Prinzipals aus dem V e r s c h u l d e n seines Handlungsgehilfen ist das allgemeine bürgerliche Recht (s. S t a u b , K o m m . z. HGB. 8. Autl., A . S t r a n z , Exkurs, zu § 58 D. S. 2 5 6 - 2 5 9 ) maßgebend, insbesondere nun BGB. § § 2 7 8 , 276, 831 (auch 7 0 1 — 7 0 3 Gastwirte), außerdem aber auch besonders H a n d e l s r e c h t in den Fällen der §§ 4 3 1 , 457, 4 5 8 , 4 5 9 , 606, auch 4 1 3 d. HGB. (d. s. Fälle des Land- und Seefrachtrechts) und in Fällen des Haftpflichtgesetzes § § I, 2. 5 ) Hierzu vgl. auch BGB. § 825. 6 ) HGB. § 7 1 mit Anm. 2 u. 3 bei G a r e i s , HGB. S. 87.

106

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

namentlich in Rücksicht auf das Geschlecht und das A l t e r der Angestellten als maßgebend genommen — gesichert ist; diese sozial überaus wichtig-e Verpflichtung steigert sich noch bei den gebröteten Angestellten, d. h. denjenigen Handlungsgehilfen, welche in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen •worden sind, denn diesen g e g e n ü b e r hat der Prinzipal auch für gesunde W o h n - und Schlafräume, passende Verpflegung, Erholungszeit und wenigstens für die Möglichkeit zu sorgen, daß der Handlungsgehilfe auch seinen religiösen Verpflichtungen nachkommen kann. Alle diese Verpflichtungen können nicht durch Vertrag im voraus aufgehoben oder beschränkt werden, ihre Nichterfüllung berechtigt •den Handlungsgehilfen regelmäßig (d. h. sofern nicht besondere Umstände

eine

andere Beurteilung rechtfertigen), sofort aus dem Dienste auszutreten 1 ); hat die Nichterfüllung der Pflicht der Sorge für Leben und Gesundheit des Handlungsgehilfen eine Schädigung des letzteren zur Folge,

so ist der Prinzipal

schadens-

ersatzpflichtig nach den Regeln des bürgerlichen Rechts über den Ersatz des durch unerlaubte Handlungen verursachten Schadens 2 ).

3. D e r Prinzipal muß dem Handlungsgehilfen den ihm nach V e r a b r e d u n g oder Ortsgebrauch oder Gesetz als angemessen zukommenden Entgelt leisten 3 ). Man kann in bezug auf den Entgelt, welcher Handlungsgehilfen zu leisten ist, verschiedene Arten von Handlungsgehilfen unterscheiden, nämlich solche, •welche Tantiemen (Anteile am Reingewinn) und solche, welche Provision (Entgelt für die einzeln gemachten Geschäfte, aber ohne Rücksicht auf den Reingewinn) erhalten (s. unten), in beiden Fällen entweder mit oder ohne festes Gehalt, ferner solche, die auf festes Gehalt, mit oder ohne K o s t und Wohnung, gestellt sind, solche, die nur K o s t und Wohnung vom Prinzipal erhalten, und solche, welche nach Tarifen zu honorieren sind, während diejenigen, welche vollkommen unentgeltlich (etwa als Volontärs, mit sehr verschiedenem Range und Tun) im Geschäfte des Prinzipals arbeiten oder nur ganz willkürliche Gegenleistungen vom Prinzipal für ihre Arbeit im Geschäft erhalten (etwa nur Neujahrsremunerationen ohne alle Vereinbarung), oder gar selbst an den Prinzipal dafür, daß sie im Geschäft arbeiten (oder lernen) dürfen, Lehrgeld zahlen, nicht zu den Handlungsgehilfen im Sinuc des Gesetzes 4 ) gehören.

Um den Handlungsgehilfen vor einer für ihn möglicherweise recht unangenehmen Verzögerung der Entlohnung zu schützen, schreibt das Gesetz unabänderlich bindend vor, daß der Prinzipal das Gehalt am Schlüsse jedes (im Dienst ver]

) H G B . §§ 62, 71 Nr. 3. ) H G B . § 62 mit B G B §§ 842—846. ) B G B . §§ 6 1 1 , 6 1 2 ; H G B . §§ 59, 64. 4 ) S. den Wortlaut des H G B . § 5 9 ; s. auch oben (Lehrlinge) S. 1 1 2 ff. 4 3

S. 99, 100 und unten

§ 21.

Von den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

107

brachten) Monats zu zahlen hat, und zwar nicht bloß dann, wenn die Vergütung· nach diesem Zeitabschnitte (Monat) bemessen ist, sondern auch, wenn ein Jahresgehalt vereinbart wurde 1 ). Die Höhe des Entgelts richtet sich nach der Vereinbarung, eventuell nach dem Ortsgebrauche und in Ermangelung eines solchen nach der nötigenfalls mittels Sachverständigengutachtens festzustellenden Angemessenheit. Die Vereinbarung, daß dem Handlungsgehilfen für Geschäfte, die von ihm abgeschlossen oder vermittelt") werden,

eiue Provision vom Prinzipal zu zahlen

ist, hat zur Folge, daß einzelne auf den Handlungsagenten bezügliche Vorschriften auch auf

einen solchen Handlungsgehilfen anwendbar sind;

letzterer kann dann

die Provision, wenn nichts anderes vereinbart ist, immer erst fordern, wenn die im Zweifel am Schlüsse eines jeden Kalenderhalbjahrs vorzunehmende Abrechnung stattgefunden hat, und bei dieser Abrechnung, auch die Mitteilung

eines Buchauszugs

gekommenen Geschäfte fordern kann,

bei welcher der Handlungsgehilfe

über die durch seine Tätigkeit

zustande

sind nur diejenigen Geschäfte zu berück-

sichtigen, welche bis dahin zur Ausführung gelangt sind; Verkäufe, die der Handlungsgehilfe vermittelte oder für den Prinzipal abschloß, im Zweifel erst dann und nur so weit, wenn und wie weit Zahlung darauf eingegangen ist 3 ).

Auch die Hohe

der Provision richtet sich nach der Vereinbarung und in Ermangelung dieser nach der Ortsüblichkeit; sie richtet sich aber nicht nach dem wirklichen Gewinne des Prinzipals, denn sie ist ein fester Satz, den der Prinzipal auch dann zu zahlen hat, wenn er aus dem zustande gekommenen Geschäfte keinen Gewinn macht; es wird also ein Handlungsgehilfe dadurch, daß Provision bedungen ist, noch nicht zum Commis interesse; denn letzterer nimmt nur am Gewinn Anteil, und dies ist der Fall,

wenn dem Handlungsgehilfen eine Tantieme,

ein verhältnismäßiger Anteil

am Reingewinn zugesichert ist; auch in diesem letzteren Falle ist und bleibt der Prinzipal ausschließlich der Geschäftsherr 4 ), und es wird durch eine solche Zusicherung nicht etwa das Handelsunternehmen des Prinzipals zu einem diesem und dem Commis interesse gemeinsamen Gesellschaitsunternehmen; es liegt auch nicht eine stille Gesellschaft vor, denn diese setzt Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters voraus, wobei freilich zu bedenken ist, daß diese Einlage auch in Diensten bestehen kann 6 ).

Der Commis interesse ist und bleibt als solcher Handlungsgehilfe,

wenn auch das Verhältnis zum Prinzipal als ein ρ a r t i a l i s c h e s Vertragsverhältnis aufgefaßt werden kann 0 ), aber nicht als eine Gesellschaft im Sinne des B G B . , — ') Vgl. HGH. § 64 mit dem anderes voraussetzenden B G B . § 6 1 4 Satz 2. 2 ) Uber diesen Begriff s. unten § 54 UDd oben IX 1 am Ende. ") H G B . § 88 mit § 91 Satz 1 auf Grund des § 65. Hinsichtlich der Verhinderung der Ausführung von eingeleiteten Geschäften s. H G B . § 88 Abs. 3. 4 ) Das Dienstverhältnis wiegt vor, s. bayr. Oberstes LGer. SeuffBl. Bd. 62 (1897) S. 1 5 3 fr. Über den Commis interesse s. D e r n b u r g , Das bürgerliche Recht des Deutschen Reichs und Preußens Bd. V I 2 S. 533 Anm. 8. E n n e c c e r u s , Lehrb. d. bürgerl. Rechts (3. Aufl.) 1908 § 395 I 2 S. 1 0 0 2 . 5 ) H G B . § 335 und die Kommentare hierzu, insbes. S t a u b 8. Aufl. (Pinner) S. 1 1 0 1 Anm. 5. *) C r o m e , Die partialischen Rechtsgeschäfte 1897. E n n e c c e r u s , Lehrb. d. bürgerl. Rechts (3. Aufl. 1908) § 395, I 2 b.

108

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

das Dienstverhältnis wiegt vor, auch in jenem partialischen Verhältnisse; ein Gesellschaftsvermögen ist in demselben nicht vorhanden, B G B . § 7 1 8 nicht anwendbar. Dagegen wenn der Anteilberechtigte vertragsmäßig nicht bloß am Gewinn, sondern auch am V e r l u s t e zu partizipieren hat, so nähert sich das Verhältnis dem Gesellschaftsverhältnis, kann auch als solches aufgefaßt werden, wenn der Gesellschaftswille (wenn auch nicht gerade die Brüderschaftsidee, wie K . L e h m a n n 1 ) annimmt, aber doch der Gedanke des sich

sozial Gleichstehens,

den K o b e r ' 2 )

hervorhebt)

nachweisbar vorhanden ist, obgleich es an einem Gesellschaftsvermögen fehlt, was ja

für

die Gesellschaft im weiteren Sinne der gemeinrechtlichen sociatus 3 ) nicht

nötig ist und von dem

freien Schuldveriragsrecht

des B G B .

ebenfalls

ignoriert

werden kann. Es

enthält das Gesetz

partialischen Dienstvertrag 4 ),

keine

besonderen Vorschriften in bezug auf

es ist insbesondere

die Beschränkung,

einen

welche

das

Gesetz bei der Berechnung der Tantieme für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder von Aktiengesellschaften aufstellt, hier nicht maßgebend; unmöglich kann aber die A b s i c h t des Gesetzgebers gewesen sein, in bezug auf V o r l e g u n g der Bücher dem Commis interesse mehr R e c h t e als dem stillen Gesellschafter einzuräumen*').

W i e jeder Dienstverpflichtete, so wird auch der Handlungsgehilfe des A n s p r u c h e s auf das G e h a l t nicht dadurch verlustig·, daß er für eine verhältnismäßig· nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person lieg-enden G r u n d ohne sein V e r s c h u l d e n an der Dienstleistung verhindert wird 8 ). Für den H a n d l u n g s g e h i l f e n k o m m t hierbei aber noch in Betracht, daß, wenn die V e r h i n d e r u n g durch u n v e r s c h u l d e t e s U n g l ü c k h e r b e i g e f ü h r t wurde, jene „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" gesetzlich, jedoch nicht zwing-end, an das Meistniaß von sechs W o c h e n g e b u n d e n ist und daß er, wenn er durch unverschuldetes U n g l ü c k an der L e i s t u n g der Dienste verhindert und ihm für die Zeit dieser V e r h i n d e r u n g B e t r ä g e aus einer K r a n k e n - oder Unfallversicherung zukommen, sich unter keinen Umständen ( — auch wenn er es vorher versprochen haben sollte — ) diese B e t r ä g e auf den G e h a l t oder Unterhalt anrechnen zu lassen braucht. H G ß . § 63. ü b e r diesen Paragraphen, dessen A b s . 2 (nicht aber A b s . 1) zwingendes R e c h t ist, wurde im *) Κ L e h m a n n , Lehrb. S. 195. 4) K o b e r in Staudingers K o m m e n t a r z. B G B . B d . I I (2. A u f l . ) S. 600 Ziflf 4. Daß überhaupt die A b s i c h t der Parteien — bei Vorhandensein desselben Tatbestandes — entscheidend sein muß, betont D e r n b u r g a. a. O. S. 532 unter Hinweis auf 1. 44 D . pro socio, 17, 2. s) K . L e h m a n n 4 ) Denkschrift S. 3169. a. a. S. 3 4 g — 3 5 0 . 5 ) V g l . H G B . § 338 A b s . 2 u. 3 mit B G B . § 7 1 6 u. s. Entsch. d. R O H G , B d . 1 Nr. 58 S. 195, Bd. 17 Nr. 59 S. 277. e) B G B . § 6 1 6 , wozu_ noch die Sondervorschrift des H G B . § 63 kommt, s. unten S. I i i Ziff. 4. U b e r das Verhältnis dieses § 63 zu § 616 B G B . s. G a r e i s , H G B . A n m . 2 u. 3 zu § 63, S. 81, 82.

§ 21.

Von den Handlungsgehilfen und Handluugslehrlingen.

R e i c h s t a g e und außerhalb desselben gesetzgeberischen Neuerung

1 9 0 7 . 0 8

geführt

hätte;

viel verhandelt, ohne daß dies zu einer die verbündeten Regierungen

unterm 22. N o v . 1907 dem Reichstage einen Entwurf vorgelegt,

inhaltlich

10i)

dessen die Bestimmungen

hatten

zur Abänderung des § 63

des A b s . 1 desselben

zwingendes

R e c h t werden sollten, dagegen A b s . 2 desselben Patagraphen dahin geändert werden sollte, daß sich der Handlungsgehilfe den Betrag a n r e c h n e n lassen müsse, welchen er für die Zeit der Verhinderung aus einer K r a n k e n - oder Unfallversicherung erhält. (Solches

bestimmt

auch

BGB. §

und GewerbeO. §

6 1 6

R . -v. Landmann, G e w . O . 5. Aufl. I I S. 3 1 0 unter c.) erste Beratung dieses Entwurfs am 2 3 6 8

11.

u.

13.

Januar

T 3 3 C ,

zu letzterem s.

D e r R e i c h s t a g nahm die vor (StenogrBer. S.

1 9 0 8

2 3 5 6 ,

ff.) und verwies den Entwurf zur Vorberatung in eine K o m m i s s i o n , die X I X . ;

letztere erstattete schriftlichen Bericht (Drucksache Μ 945), der mit dem Antrage schloß, in H G B . § 63 den Absatz I zu belassen wie im H G B . v. 10. Mai

1897,

einen Absatz 2 aber des Inhalts einzufügen: „ D e r Handlungsgehilfe ist n i c h t

ver-

pflichtet,

sich den Betrag anrechnen zu lassen, der ihm für die Zeit der Ver-

hinderung aus einer Kranken- oder Unfallversicherung zukommt" ;

ferner A b s . 3 :

„ E i n e Vereinbarung, welche diesen Vorschriften zuwiderläuft, ist nichtig".

Trotz

lebhaften Widerspruchs seitens der Vertretung der verbündeten Regierungen nahm der R e i c h s t a g in zweiter und dritter Lesung die Anträge der K o m m i s s i o n an, von denen

der vorgeschlagene A b s . 3 den betreffenden T e i l

des

Regierungseutwurfs

geradezu in das Gegenteil umgewandelt hatte, und zwar unter Erhebung auch des A b s . 1 des § 63 wie des A b s . 2 desselben zum zwingenden R e c h t ( A b s . 3).

Der

Bundesrat versagte diesen Beschlüssen seine Zustimmung und somit bleibt es vorderhand bei den Vorschriften des seitherigen § 63, von denen nur A b s . 2 zwingendes R e c h t enthält, A b s . 1 aber dispositives.

4. D e r Prinzipal muß den Handlungsgehilfen während der ganzen Dauer des Dienstvertrages, selbst wenn er ihn nicht beschäftigen kann, im Dienste belassen, und insbesondere dem Vertrage entsprechend besolden, sofern nicht ein gesetzlicher Grund des W e g - oder Ausfalls der V e r g ü t u n g vorliegt; über die K ü n d i g u n g und sonstige Gründe der Endigung des Dienstverhältnisses s. unten IV S. 111 ff. 5. Er hat dem Handlungsgehilfen sofort den Austritt zu gestatten, wenn einer der Gründe vorliegt, aus denen vom letzteren das Dienstverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt werden kann und der Handlungsgehilfe auf Grund hiervon in der Tat gekündigt hat 1 ). 6. Den Prinzipal trifft die Pflicht, dem Handlungsgehilfen denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher letzterem daraus erwächst, daß ihn der Prinzipal durch vertragswidriges Verhalten zur K ü n d i g u n g des Dienstverhältnisses veranlaßte und daß dieses Verhältnis folgeweise aufgehoben wurde 2 ). ') H G B . § §

7 0

A b s . I,

7 1 .

2)

HGB. §

7 0

Abs.

2.

K a p . It.

110

Die Personen im Handelsrecht.

7. B e i der B e e n d i g u n g des Dienstverhältnisses muß der Prinzipal dem Handlungsgehilfen auf dessen Verlangen hin, gleichviel aus welchem Grunde der Dienst beendigt wird, ein schriftliches Zeugnis ausstellen ; dieses Zeugnis hat sich nur über die Art und Dauer der Beschäftigung des Gehilfen auszusprechen,

es sei denn,

daß der letztere die Ausdehnung des Zeugnisses auf die Führung (ζ. B . anständiges und moralisches Verhalten) und die Leistungen (nämlich die handelsgewerblichen) ausdrücklich verlange;

der Handlungsgehilfe kann auch verlangen, daß die Orts-

polizeibehörde das Zeugnis (nämlich die Authentizität desselben, nicht den Inhalt des Führungs- oder Leistungsattests) beglaubige, und zwar kosten- und stempelfrei 1 ).

8. Diese Pflicht, ein wahrheitsgetreues Zeugnis dem Handlungsgehilfen auszustellen, hängt mit der allgemeineren Pflicht des Prinzipals zusammen, das weitere Fortkommen des Handlungsgehilfen wenigstens insoweit sich angelegen sein zu lassen, als dieses dem letzteren nicht unbilligerweise erschwert werden d a r f 2 ) ; daher muß der Prinzipal dem Handlungsgehilfen nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses gewähren 3 ), und deshalb ist auch die sog. K o n kurrenzklausel, durch welche der Gehilfe für die Zeit nach dem Ende des Dienstes in seiner gewerblichen Tätigkeit vertragsweise beschränkt werden soll, wie oben erörtert, nur zeitlich und sachlich eingeengt und bedingt zulässig 4 ). 9. Der Prinzipal muß dem Handlungsgehilfen, ζ. B . dem zu Geschäftsreisen verwendeten, alle Auslagen ersetzen, welche die Leistung der vereinbarungsgemäßen Dienste mit sich bringt, ja er muß diese sog. Spesen auf Verlangen sogar vorschießen 5 ). Die Handlungsreisenden ( H G B . § 5 5

s. unten S. 122 f.) pflegen entweder

„feste Spesen" oder sog. „Vertrauensspesen" zu erhalten;

an den ersteren kann

der Reisende zu seinem Vorteile ersparen (s. jedoch die angebliche Verbrauchspflicht in den oben S. 103 angelührten Gutachten), hat aber auch das Risiko des Mehrbedarfs abgesehen von ganz besonderen, unvorhergesehenen Fällen; die Ausgaben auf Vertrauensspesen hat der Reisende nicht detailliert zu belegen, sondern nur im

allgemeinen

angegeben,

das Ersparte

hiervon

gehört

dem

Prinzipal.

Hierüber das Einzelne s. bei H o r r w i t z a. a. O. S. 96fr.

I V . Das Dienstverhältnis wird beendigt 0 ): 2 ') H G B . § 7 3 . ) Vgl. auch B G B . §§ 3 ) B G B . § 629, Denkschr. S. 3 1 7 0 . 4 ) H G B . §§ 74, 75 u. s. oben § 14 Ziff. 6 ή B G B . § 669. e ) Abgesehen von anderen Gründen, die obligationsveihältnissen überhaupt lühren können;

824, 826. S. 67—68. zur Beendigung von Vertragswie ζ. B . contrarius consensus.

§ 21.

Von den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

111'

1. durch die vollständige Leistung der Arbeit, wenn dass e l b e nur für diese eingegangen w a r , 2. durch Ablauf der vorbedungenen Zeit, sofern nichtetwa eine stillschweigende V e r l ä n g e r u n g aus der vom anderen. T e i l e nicht mit Widerspruch belegten Dienstfortsetzung zu f o l g e r n ist 1 ); die Verlängerung gilt dann als f ü r unbestimmte Zeit vereinbart, unterliegt aber der gesetzlichen Kündbarkeit;3. durch den T o d des Handlungsgehilfen, der Anspruch, auf die Dienste geht nicht g e g e n die E r b e n 2 ) ; 4. durch den von dem Kontrahenten nicht verschuldeten Verlust derjenigen körperlichen oder geistigen K r a f t , welche dem Handlungsgehilfen zur Erfüllung seiner Dienstpflicht nötig ist 3 ); aber mindestens sechs Wochen lang muß, wenn nicht, noch länger vereinbart ist, der Prinzipal dem Handlungsgehilfen, der durch unverschuldetes Unglück an der Leistung seiner Dienste verhindert wird, Gehalt und Unterhalt gewähren 4 ) ;5. durch den Ablauf der Kündigungsfrist im Falle der o r d e n t l i c h e n Kündigung: jedes f ü r unbestimmte Zeit eingegang'ene Dienstverhältnis kann sowohl vom Prinzipal, als. auch vom Handlungsgehilfen für den Schluß eines Kalenderv i e r t e l j a h r e s unter Einhaltung einer sechswöchentlichen Kündigungsfrist g-ekündigt werden 5 ), sofern nicht eine kürzere (aber niemals unter einen Monat herabzusetzende) oder längere, stets f ü r beide Teile gleiche Kündigungsfrist vereinbart worden ist®); dies gilt unabänderlich, und zwar auch dann, wenn das. Dienstverhältnis für bestimmte Zeit so vereinbart worden ist,, daß es in Ermangelung einer vor dem A b l a u f e der Vertragszeit erfolgten Kündigung als verlängert gelten soll. Diese gesetzlichen Beschränkungen der Vertragsfreiheit bleiben jedoch in d r e i Ausnahmefällen außer Anwendung, nämlichr a) wenn der Gehilfe ein Jahresgehalt 5000 M. bezieht;

von

mindestens

B G B . § 625. ) B G B . §§ 673, 675. Dies geht auch aus B G B . § 6 1 3 hervor. Durch den Tod des Prinzipals erlischt das Dienstverhältnis im Zweifel nicht, B G B . §§ 6 7 2 , . 675, G a r e i s , H G B . § 52 Anm. 3, bezüglich des Lehrherrn s. a b e r H G B . § 77 Abs. 4. B G B . §§ 275, 323· 4 ) H G B . § 6 3 ; über das Verhältnis dieses Paragraphen zu B G B . §§ 6 1 6 , 6 1 7 , s. O a r e i s , HGB. Anm. 2—6 zu H G B . § 63 S. 8 i , 82 und über die A n rechnung des Krankengeldes s. oben S. 1 0 8 — 1 0 9 , ebenda auch über die gesetz-gebenden Abänderungsvorschläge v. J . 1908. b 6 ) HGB. § 66. ) H G B . § 67. 2

112

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

b) wenn er für eine außereuropäische Handelsniederlassung· a n g e n o m m e n ist und der Prinzipal vertragsmäßig· für den Fall, daß er kündig-t, die Kosten der Heimreise des Gehilfen .zu tragen hat — den Prinzipal werden in einem solchen Falle die ihm zur Last fallenden Kosten der R ü c k b e f ö r d e r u n g des entlassenen Gehilfen von nicht wirklich g e r e c h t f e r t i g t e n Entlassungen regelmäßig abhalten 1 ); und c) wenn der Handlungsgehilfe nur zu einer vorübergehenden, nicht über drei Monate hinausreichenden Aushilfe 2 ) a n g e n o m m e n war, ein Fall, für welchen jedoch das Erfordernis, daß die Kündigungsfrist für beide Teile gleich sei, ausdrücklich festzuhalten ist; 6. durch die außerordentliche Kündigung, d. i. die augenblickliche Entlassung· oder den augenblicklichen Austritt aus dem Dienste wegen eines die außerordentliche Endigung rechtfertigenden wichtigen Grundes; das Gesetz spricht das Prinzip aus 3 ), k n ü p f t an die außerordentliche Veranlassung a u c h eine außerordentliche Schadensersatzpflicht 4 ), zählt erläuternd, aber weder zwingend, noch erschöpfend eine Anzahl von Fällen auf, in denen eine sofortige Entlassung 5 ) oder bzw. •ein sofortig-er Austritt 6 ) gerechtfertigt sein kann, und setzt die vertragsmäßigen Konkurrenzverbote 7 ) für den Fall außer Wirksamkeit, daß der Prinzipal durch rechtswidriges Verhalten d e m Gehilfen zum sofortigen Austritt b e g r ü n d e t e n Anlaß g a b ; sowie auch für den, daß der Prinzipal den Dienst kündigte, es sei denn, daß für diese K ü n d i g u n g ein erheblicher von ihm nicht verschuldeter Grund vorlag oder daß während der D a u e r •der B e s c h r ä n k u n g dem Handlungsgehilfen das zuletzt von ihm bezogene Gehalt fortbezahlt wird 8 ); 7. durch die besondere Kündig-ung im Falle der Eröffnung' •des Konkurses über das V e r m ö g e n des Prinzipals 9 ). V. Die H a n d l u n g s l e h r l i n g e 1 0 ) unterscheidensich ihrer Über das nicht ganz Zutreffende der Motivierung des § 68 Abs. 2 in der JDenkschr. S. 3 1 7 0 s. G a r e i s , HBG. S. 85, Anm. 2 z. § 68. 2 ) Uber die Anstellung auf Probe s. G a r e i s , HGB. Anm. und § 89 S. 84. 3 ) HGB. § 70 Abs. 1. 4 5 ) HGB. § 70 Abs. 2 neben § 75 Abs. 2. ) HGB. § 72. f ') HGB. § 7 1 . HGB. § 74. 8) HGB. § 759 ) KonkursOrd. §§ 22, 23 mit BGB. § § 6 7 3 - 6 7 5 . H e l l m a n n , Lehrb. -d. d. K o n k R . S. 286 ff. 10 ) Vgl. B l o c h , Der kaufmännische Lehrvertrag. 1898. D u n g e r , K . F., D a s Recht des Handlungslehrlings. Leipzig 1906.

§

21.

V o n den Handlungsgehilfen und

113

Handlungslehrlingen.

A u f g a b e nach von den H a n d l u n g s g e h i l f e n im e n g e r e n Sinne dadurch, daß sie kaufmännische Dienste nicht zu leisten, sondern zu lernen h a b e n ; da man aber, wie das S c h w i m m e n nur im W a s s e r , so auch den D i e n s t nur im Dienste lernt, so steht auch der H a n d l u n g s l e h r l i n g im Dienste seines Prinzipals, der ihm g e g e n ü b e r L e h r h e r r heißt, und g e h ö r t zu den H a n d l u n g s g e h i l f e n im weiteren Sinne (s. o b e n I S. 99), w e n n g l e i c h ihm ein A n s p r u c h auf Entgelt, der dem Handlungsg e h i l f e n (im e n g e r e n Sinne) begrifflich zusteht, nicht (oder w e n i g s t e n s nicht begrifflich) zukommt. M a ß g e b e n d für das Verhältnis zwischen dem Prinzipal als L e h r h e r r n und dem H a n d l u n g s l e h r l i n g e ist in erster Linie der L e h r v e r t r a g . Dieser Vertrag ist juristisch verschieden zu bezeichnet

•werden,

wenn

qualifizieren:

der Lehrherr

sich

er

kann

verpflichtete,

als Auftragsvertrag 1 ) die Ausbildung

des

Lehrlings unentgeltlich zu besorgen; er kann als Dienstvertrag 2 ) bezeichnet werden, •wenn der Lehrherr ein L e h r g e l d beanspruchen k a n n ; ein Werkvertrag ist er nicht 3 ), am besten dürfte er als ein Vertrag e i g e n e r Inhalt

wesentlich

Zwecke

dem,

entnimmt.

von

den

Abgesehen

beiden

hiervon

A r t bezeichnet werden,

Teilen ist

vernünftigerweise

dem Lehrvertrag

der seinen gewollten,

folgendes

eigen-

tümlich :

1. E r setzt auf seiten des L e h r e n d e n den Besitz der bürgerlichen E h r e n r e c h t e voraus — bei M e i d u n g polizeilichen und strafrechtlichen Einschreitens und der NichtVerbindlichkeit des V e r t r a g s für den L e h r l i n g 4 ) . 2. E r muß, um vollwirksam zu sein, schriftlich errichtet sein — andernfalls kann der L e h r h e r r die ihm laut G e s e t z 5 ) oder V e r t r a g g e g e n den L e h r l i n g w e g e n u n b e f u g t e n Austritts zustehenden A n s p r ü c h e gerichtlich nicht g e l t e n d machen®). 3. D a s G e s e t z g i b t für das Lehrverhältnis insofern z w i n g e n d e s R e c h t , als die gesetzlich den ersten Monat der Lehrzeit b e t r a g e n d e P r o b e z e i t , w ä h r e n d w e l c h e r der L e h r v e r t r a g von j e d e m der beiden T e i l e ohne Einhaltung einer K ü n d i g u n g s f r i s t g e k ü n d i g t w e r d e n kann, durch V e r t r a g auf ') B G B . § § 661

ff.

2)

BGB.

§

611.

3)

V g l . K . R o t h e n b ü c h e r , Geschichte des "Werkvertrags nach deutschem R e c h t e (in Gierkes Untersuchungen zur D S t . u. R G e s c h i c h t e , H e f t 87. Breslau 1906), S. 20, 2 1 . i)

§81

HGB. §

81 A b s . 1.

BGB.

§ 1 3 4 ; polizeiliche Erzwingung s. A b s . 2 des

des H G B . ;

strafrechtliche V e r f o l g u n g s. H G B . §

6)

HGB. §

78 A b s .

e)

S. unten S.

115

Schriftlichkeit s. B G B . Q a r e i a , Handelsrecht.

§

82 A b s .

2.

2. bei und in A n m . 6.

HGB.

§

79;

über die gesetzliche

126. 8. A u f l .

θ

114

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

höchstens drei Monate verlängert werden kann, — dis eine längere Probezeit setzende Vereinbarung· wäre nichtig 3 ). 4. Ist die Probezeit ohne Beendigung des Lehrverhältnisses abgelaufen, so besteht das Lehrverhältnis für die im Lehrvertrage festgesetzte, nötigenfalls aus dem Ortsrechte sich ergebende „Lehrzeit" fort; jedoch läßt das Gesetz alsdann die außerordentliche Kündigung nicht bloß in den gesetzlichen Fällen zu (s. oben IV S. 1 1 1 ) , die für das Dienstverhältnis der Handlungsgehilfen als Fälle außerordentlicher Kündigung anerkannt sind 2 ), sondern hebt noch drei besondere Fälle des außerordentlichen Kündigungsrechts der Lehrlinge hervor: a) Vernachlässigung der Lehrherrpflichten in bezug auf Gesundheit, Sittlichkeit oder Ausbildung des Lehrlings 3 ), b) Tod des Lehrherrn (einmonatliche Kündigungsfrist) und c) schriftlich erklärter Berufswechsel des Lehrlings (Endigung des Lehrverhältnisses nach Ablauf eines Monats). 5. Die aus dem Lehrvertrage begrifflich entspringenden Pflichten liegen wesentlich auf Seiten des Lehrherrn; sie bestehen in der Pflicht entsprechender Unterweisung 4 ), in der S o r g e für das leibliche, geistige und sittliche Wohl des Lehrlings 6 ), Pflege des durch unverschuldetes Unglück an der von ihm erwarteten Betätigung eines Lern- und Arbeitsbetriebs verhinderten Lehrlings") und Ausstellung des stets auch über Kenntnisse, Fähigkeiten und Betragen sich aussprechen müssenden Zeugnisses am Ende des Lehrverhältnisses 7). H G B . § 7 7 A b s . 2. ) H G B . § 77 A b s . 3 mit §§ 7 0 — 7 2 . S. oben S. I I I . ») H G B . § 7 7 A b s . 3. 4 ) Ausbildungspflicht s. H G B . § 76, Vertretung des Prinzipals hierbei s. § 7 6 A b s . 2 und § 8 1 ; Gottesdienst s. § 76 Abs. 3 ; Fortbildungsschule s. § 7 6 A b s . 4 und GewerbeOrd. § 1 2 0 ; strafrechtliches Einschreiten gegen nachlässige Lehrherrn s. H G B . § 82 Abs. 1. 6 ) H G B . §§ 62 A b s . 1, 2, 7 6 A b s . I — 4 , 7 7 Abs. 3, 8 2 ; strafrechtliches Einschreiten gegen den Lehrherrn bei Vernachlässigungen, s. HGB. § 82 Abs. I. Hierzu siehe E d w i n K a t z , Die strafrechtlichen Bestimmungen des H G B . (Berlin, J . Guttentag 1 9 0 2 ) S. I ff. 6 ) Obligatorisch sechs Wochen, s. H G B . § 63 (mit § 76 Abs. 1 ) ; so auch oben I V S. I I I . Hinsichtlich der Kranken- u. Unfallversicherung s. oben S. 105 Anm. und A b s . 2 des H G B . § 63. 7 ) H G B . § 8 0 ; polizeiliche Beglaubigung Abs. 2 dess. Paragraphen; nicht erst am Ende der ganzen, etwa bei einem anderen Prinzipal beendigten Lehrzeit. 2

§ 21.

115

V o n den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen.

6. Die Rolle, welche dem Lehrling· inhaltlich des Lehrv e r t r a g s zukommt, ist mehr passiv (er muß sich belehren lassen), a b e r das Lernen setzt doch auch Eigenarbeit voraus, und zwar, da der Handlungslehrling nicht, etwa wie ein Schüler, nur theoretisch lernen soll, Eigenarbeit im Geschäfte des Lehrherin, welcher den Lehrling" zur Arbeitsamkeit anzuhalten hat 3 ). Das Nähere Arbeit

ergibt

über

sich

die vom Lehrlinge zum Z w e c k des Lernens zu leistende

aus

der Natur

Festsetzungen;

häufig werden

Vereinbarungen

getroffen,

und aus den etwaigen besonderen

so ζ. B . in betreff der Aufnahme des Lehrlings in die

häusliche Gemeinschaft 2 ), oder Lehr-

der Sache

neben dem eigentlichen Lehrvertrage noch andere

wegen Zahlung

und Kostgelds,

eines Lehrgelds

oder eines K o s t g e l d s

ja selbst w e g e n Zahlung eines Gehalts für den Fall,

daß (der Lehrling sich als brauchbar erweise und im zweiten T e i l e seiner Lehrzeit s t e h e ; es kann, wie man sieht, ein wirklicher Dienstvertrag als Nebenverabredung neben

dem Lehrvertrage

abgeschlossen werden;

dann ist aber,

dem

Lehrzweck

entsprechend, der Lehrvertrag doch vorherrschend zu erfüllen und der Dienstvertrag in

zweiter Linie

Lehrvertrage dem

maßgebend.

vorliegen

oder

Mag

nun aber auch ein Dienstvertrag neben dem

nicht,

gesetzlichen Handelsbetriebs-

gehilfe (s. oben I I 3 S. 103 3 ),



in jedem Falle steht der Lehrling unter

und Konkurrenzverbote,

und

wie

der Handlungs-

unter der Pflicht, die vereinbarte oder orts-

rechtliche Lehrzeit bei seinem Lehrherrn auszuhalten, sofem nicht ein Grund vorliegt, der zu außerordentlicher K ü n d i g u n g berechtigt (s. oben Ziff. 4 insbes. a — c v o r i g e Seite);

für

kurrenzklausel

zu Lasten

den F a l l

des Austritts aus dem Geschäft kann die sog. K o n -

des Lehrlings

bis an die Grenzen,

durch w e l c h e eine

unbillige Erschwerung des Fortkommens des Lehrlings ausgeschlossen wird 4 ), zur Anwendung

kommen,

Berufswechsels5)

ist

ja

im Fall

der Lehrling

des Austritts gesetzlich

wegen —

formell

einer eigentümlichen

erklärten



Beschränkung

u n t e r w o r f e n : mindestens neun Monate lang darf er nicht in ein anderes Geschäft als Handlungslehrling oder -gehilfe eintreten, anderenfalls wäre er dem verlassenen Lehrherrn zum Ersätze des diesem durch den Austritt entstandenen Schadens verpflichtet,

eine Ersatzpflicht,

für deren Erfüllung jenem

auch

der neue Lehrherr

oder Prinzipal haftet, sofern er von dem Austritt uud der schriftlichen Erklärung des Berufswechsels Kenntnis hatte 6 ). D a s Zeugnis über das Betragen wird erörtert vom O L G . Dresden in Entsch. v. 22. Januar 1902. DJZ. 1903 S. 35. ') H G B . § 76 A b s . 3, 1. Satz. 2 ) V g l . H G B . § 62 A b s . 2. 3)

H G B . § § 76 A b s . 1, 60, 61.

*) H G B . § 76 A b s . 1 mit § § 74, 75. 6) S . oben Ziffer 4 c, H G B . § 78. V g l . H a r n a p p , P., D i e Beendigung des kaufmännischen Lehrverhältnisses (Hannover, 1908). 6) H G B . § 78 A b s . 2. Haftung als Gesamtschuldner s. B G B . § 42 t. Gegen den L e h r l i n g kann der Ersatzanspruch wegen unbefugten Austritts nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich abgeschlossen war. S. H G B . § 76 u. o b e n Ziffer 2 S. 1 1 3 . 8*

116

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

§ 22· Von den Handlungsbevollmächtigten*). Die zur Vertretung des Inhabers eines Handelsgeschäfts in Rechtsgeschäften, insbesondere zu Vertragsabschlüssen in seinem Namen, rechtsgeschäftlich, nämlich durch Erteilung der Vertretungsmacht (Vollmacht) berufenen Personen heißen, wie erwähnt (s. oben § 20 IV S. 95), Handlungsbevollmächtigte im weiteren Sinne; zu ihnen gehören die Prokuristen und die Handlungsbevollmächtigten im engeren Sinne. I. Die P r o k u r a ist diejenige Handlungsvollmacht 2 ), welche a) registerpflichtig, b) Dritten gegenüber nur gesetzlich umschränkt, nicht aber vertragsmäßig mit Wirkung gegen Dritte beschränkbar und c) durch eine nur hier zugelassene Formalbezeichnung kenntlich gemacht ist. Ihre Geschichte reicht nicht weit zurück; sie war noch dem preußischen Entwürfe zum HGB. von 1861 unbekannt; denn die in diesem gesetzlich normierte Großvollmacht des sog. „Faktors" im Sinne dieses Entwurfs war vertragsmäßig mit Wirkung gegen Dritte beschränkbar, die prinzipielle Unbeschränkbarkeit ist aber der, mit Recht auch vom neuen HGB. festgehaltenen 3 ), Prokura im Sinne des HGB. eigentümlich 4 ).

Diese Art von Vollmacht, die bei weitem wichtigste Vollmacht des Handelsverkehrs, kann nur von Vollkaufleuten, nicht von Kaufleuten minderen Rechts erteilt werden 5 ); auch eingetragene Genossenschaften (s. unten § 38) dürfen Prokura nicht erteilen 6 ), und Aktiengesellschaften sollen regelmäßig 7 ) nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats 8 ) Prokuristen bestellen 9 ). Von einem Geschäftsinhaber, der, wie hiermit festgestellt ist, die hierzu erforderliche persönliche Qualität besitzen muß, kann rechtsgeschäftlich die Prokura erteilt werden: durch die ausdrückliche Bezeichnung der Vollmacht als Prokura, ferner *) C o s a c k , Lehrb. § 21. K. L e h m a n n , Lehrb. §§ 39 ff. und die dort angegebene Lit. H e i l f r o n , Lehrb. § 15. 2 ) K. L e h m a n n , Lehrb. § 40. Walter T h o m a s , Die Vollmacht des Prokuristen. Leipzig 1906. s ) Vgl. G a r e i s , HGB. Anm. 1 zu § 48 S. 67. *) Niirnb. Prot. Sitzung v. 4. u. 5. Februar 1857, Prot. S. 74, 75, 86, 87. 5 e ) HGB. § 4. S. oben § 12 S. S3. ) GenG. § 40 Abs. 2. 7 ) Gesellschaftsvertrag oder Generalversammlung kann anderes bestimmen. 8 ) HGB. § 238. 9 ) Sollen, — die Vorschrift ist eine Ordnungsvorschrift, die nur intern, nicht auch Dritten gegenüber wirkt. HGB. § 238 1. Satz, G a r e i s , HGB. ebenda Anm. 3.

§ 22.

Von den Handlungsbevollmächtigten.

117

durch die ausdrückliche. Benennung· des Bevollmächtigten als Prokuristen oder auch durch die A n g a b e der A r t und Weise, wie die Firma geführt werden soll 1 ), nämlich per procura 2 ), oder aber auch sonstwie mündlich oder schriftlich, stets jedoch ausdrücklich (nicht stillschweigend); diese Erteilungserklärung kann, wie die einer jeden anderen Vollmacht, gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder auch einem Dritten gegenüber, dem gegenüber die Vertretung durch den Prokuristen stattfinden soll, erfolgen 3 ); eine vorhergehende, gleichzeitige oder nachfolgende Anstellung des Prokuristen im Geschäfte des Geschäftsinhabers ist zwar häufig, aber keineswegs notwendig; der Prokurist ist nicht notwendig Handlungsgehilfe, das Vollmachtsverhältnis ist von dem Dienstoder Anstellungsverhältnis zu trennen, s. hierüber oben §§ 20, 21 S. 95 ff. und 101. Die vollendete Tatsache der Erteilung der Prokura ist dem Registerrichter anzumelden und von diesem in das Handelsregister einzutragen; an die Eintragung und bzw. an die Nichteintragung der Prokura knüpfen sich alle die Rechtsvermutungen, welche nach Handelsrecht überhaupt von Registrierung, bzw. Nichtregistrierung abhängen 4 ). Die Prokura ist in diesem Sinne registerpflichtig, wenn auch die Registrierung hier keine konstitutive Bedeutung hat. Ihrem Inhalte nach ist die Prokura eine Groß- oder Generalvollmacht, die gesetzlich zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, welche der Betrieb des Handelsgewerbes 8 ) des Geschäftsinhabers mit sich bringt; in dieser ganzen, nur durch das Gesetz selbst abgemarkten (s. unten) Ausdehnung ist die Vollmacht des Prokuristen extern uneinschränkbar: im Ver*) HGB. § 51, insbesondere verglichen mit HGB. § 57 Satz I, welcher den (übrigen) Handlungsbevollmächtigten ausdrücklich verbietet, sich bei der Zeichnung der Firma ihres Geschäftsinhabers eines eine Prokura andeutenden Zusatzes zu bedienen. 2 ) Diese drei Arten der Willenserklärung hebt das HGB. v. 1861 in Art. 41 hervor. 3 ) BGB. § 167. 4 ) S. oben § 4 S. 25 fr. HGB. § § 8 — 16, insbes. § 15. 5 ) Über die Bedeutung der Hervorhebung des Handelsgewerbebetriebs des Bevollmächtigenden s. einerseits T h ö l , H R . § 56 I S. 192 (6. Aufl.) u. B e h r e n d , Lehrbuch d. H R . I S. 364 Anm. 11, andererseits G a r e i s , HGB. § 49 Anm. I u. 4, S. 69.

118

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

hältnis zu Dritten gilt dem Prokuristen ein Verbot des Geschäftsinhabers höchstens wie ein gutgemeinter Rat, den er befolgen, aber auch unbefolgt lassen kann, jedenfalls verpflichtet und berechtigt der Prokurist seinen Geschäftsinhaber extern, auch wenn er verbotswidrig handelt, nach den Grundsätzen der echten und direkten Stellvertretung 1 ) in allen jenen Geschäften 2 ); dabei darf der Prokurist zwar Gehilfen und teilweise Vertreter bestellen, nicht aber seine ganze Prokura selbst übertragen 3 ), er muß die Firma in der gesetzlichen Weise zeichnen4), ohne sie ändern oder den Betrieb einstellen oder auf ihm fremde andere Unternehmungen lenken zu dürfen 5 ). Nach Maßgabe der extern unabänderlichen Abmarkung der Prokura bestehen gesetzlich nach drei Richtungen hin Schranken der Prokura: 1. die I m m o b i l i a r k l a u s e l : zur Veräußerung und Belastung· von Grundstücken ist der Prokurist nur dann ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist 6 ); 2. die K o l l e k t i v k l a u s e l : die Prokuraerteilung· kann an mehrere Personen gemeinschaftlich erfolgen (Gesamtprokura) 7 ), dann kann keine derselben sie allein ausüben; dies muß sich aus dem Handelsregister ergeben s ); 3. die E t a b l i s s e m e n t s k l a u s e l : es kann die Prokura auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen desselben Geschäftsinhabers (ζ. B. des von demselben gegründeten Bankgeschäfts neben der ererbten Weinhandlung) mit nicht bloß interner, sondern auch mit externer Wirkung, also gegen Dritte wirksam, beschränkt werden, vorausgesetzt, daß diese Niederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden 9 ). Im übrigen ist die Prokura, wie erwähnt, extern, d. h. mit Wirkung gegen Dritte nicht beschränkbar, mit Wirkung gegen den Prokuristen aber kann sie durch 1

2 ) B G B . § 164. ) H G B . § 49 Abs. 1, § 50. ) H G B . § 52 Abs. 2. *) Per procura, p. pr. od. dgl. (nebst Firma und Eigennamen), s. H G B . § 5 1 mit Anm. 1 bei G a r e i s a. a. O. S. 7 1 und H G B . § 53 Abs. 2. 5 ) S. Anm. 5 auf voriger Seite. e 7 ) H G B . § 49 Abs. 2. ) H G B . § 48 Abs. 2. 8 ) H G B . § 53 Abs. 1 Satz 2. 9 ) H G B . § 50 Abs. 3 ; eine Verschiedenheit der Firmen im Sinne dieser Vorschrift wird auch dadurch begründet, daß für eine Zweigniederlassung der Firma ein Zusatz beigefügt wird, der sie als Firma der Zweigniederlassung bezeichnet. (Begriff und Bedeutung der Zweigniederlassung s. oben § 15 I I S. 7 1 . ) 3

§ 22.

Von den Handlungsbevollmächtigten.

119

Weisungen des Geschäftsinhabers allerdings eingeschränkt werden, aber der Prokurist ist sowohl dem Dritten gegenüber, wie auch dem Geschäftsinhaber gegenüber berechtigt, von den Weisungen abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der letztere bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde und wenn die Abweichung innerhalb der vom Prokuristen zu bewährenden Sorgfalt l i e g t 1 ) ; schädigt der Prokurist durch Überschreiten der Instruktion seinen Geschäftsherrn, so ist er letzterem, sofern die Überschreitungshandlung auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruht, die er zu vertreten hat, zum Schadensersatze verpflichtet; das so mit dem Dritten abgeschlossene Geschäft gilt aber, und zwar selbst dann, wenn der Dritte wußte, daß der Prokurist hierin eigenmächtig handelte.

Die Prokura kann in jedem Augenblick und ohne A n g a b e eines Grundes, also ganz willkürlich, vom Geschäftsinhaber widerrufen werden 2 ), gleichviel in welchem Verhältnis der Prokurist sonst zu dem letzteren steht; denn dieses Verhältnis, vor allem und wohl regelmäßig ein Dienstverhältnis 3 ), wird durch den Widerruf nicht berührt, und deshalb besteht auch möglicherweise der A nspruch auf die für den Fall plötzlicher und nicht objektiv und gesetzlich begründeter Entlassung vorher vereinbarte Vergütung. Der Tod des Geschäftsinhabers hebt die Prokura nicht auf 4 ) (andere Vollmachtsverhältnisse ebenfalls nicht mit Notwendigkeit, s. S. m Anm. 2, S. 123). Das Erlöschen der Prokura ist registerpflichtig unter dem Rechtsnachteile der sich an die Eintragung und Bekanntmachung des Eingetragenen, bzw. an die Nichteintragung knüpfenden Vermutung; ist die Firma erloschen, aber aus Mangel einer anmeldepflichtigen Person nicht gelöscht, so kann sowohl die Firma, als auch mit ihr die für sie eingetragene Prokura von Amts wegen gelöscht werden 5 ). II. Für alle übrigen Arten von Handlungsbevollmächtigten, also für die Handlungsbevollmächtigten im engeren oder eigentlichen Sinne, besteht weder ein bestimmter Name — sie führen die verschiedensten Bezeichnungen und sind im Geschäftsleben häufig gar nicht nach einem Vollmachts-, sondern nach einem Dienstverhältnis bezeichnet —, noch auch eine An!) B G B . §§ 276, 665, 675. 2 ) H G B . § 52. 3 ) Vgl. oben § 2 1 I I I S. 1 1 ο (Commis interesse); möglicherweise besteht aber auch nur ein einfaches Auftrags- oder Gefälligkeitsverhältnis, ζ. B. wenn der Geschäftsinhaber vorübergehend seiner Ehefrau oder einem Freunde Prokura gab. G a r e i s , H G B . Vorbemerkung vor § 48 S. 66—67 u. s. oben S. 96fr. 4 ) H G B . § 52 Abs. 3. 6 ) H G B . § 3 1 Abs. 2 (statt des R G e s . v. 30. März 1888), s. EinfG. zum H G B . Art. 8 Nr. I.

120

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

meidung oder Eintragung 1 ); negativ ist ihnen gemeinsam, daß sie keine Prokura haben und folgeweise sich bei der Firmenzeichnung jedes eine Prokura andeutenden Zusatzes enthalten müssen. Positiv ist allen den nicht mit Prokura ausgerüsteten Handlungsbevollmächtigten gemeinsam, daß solche von allen Arten von Kaufleuten, auch von solchen minderen Rechts, bestellt werden können, daß ihre Vollmacht dem Umfange nach im Zweifel stets durch das im Verkehr gewöhnlich Übliche bestimmt wird (s. unten), daß die Vollmacht von dem Handlungsbevollmächtigten selbst, so wie sie ihm übertragen wurde, regelmäßig ausgeübt werden muß, also ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht einem anderen übertragen werden darf 2 ), und daß, wenn von einem Handlungsbevollmächtigten die Firma gezeichnet wird, dies mit einem das Vollmachtsverhältnis andeutenden Zusätze (jedoch nicht per procura od. dgl., s. oben) geschehen muß 3 ). Inhaltlich ist die Vollmacht eines nicht mit Prokura versehenen Handlungsbevollmächtigten entweder: a) Generalvollmacht, d. i. Vollmacht zum Betriebe des Handelsgewerbes (im ganzen), oder b) Artvollmacht, d. i. Vertretungsmacht zur Vornahme einer bestimmten zum Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers gehörigen Art von Geschäften (ζ. B. zu Handverkäufen im Laden s. oben § 20 V 5, oder zu Verkäufen auf Reisen s. oben § 20 V 4), oder c) Einzelgeschäftsvollmacht, d. i. Vertretungsmacht zur Vornahme einzelner zu jenem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte. Für alle d r e i Gruppen gelten d i e s e l b e n gesetzlichen Beschränkungen 4 ) (s. unten «) und ist im übrigen und einzelnen der Umfang der Vollmacht durch den ausdrücklichen Hinweis auf das „ G e w ö h n l i c h e " vom Gesetzgeber abgemarkt: die Vollmacht erstreckt sich — dies ist die R e g e l — auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines der2 ) Sie dürfen gar nicht eingetragen werden, früher hiervon abweichende Partikularrechte sind aufgehoben. G a r e i s , H G B . 1 9 0 5 , Vorbemerkung vor § 8 S. 2 8 — 2 9 . 2 3 ) H G B . § 58. ) H G B . 5 7 Satz 2. 4 ) H G B . § 54 A b s . 2.

§ 22.

Von den Handlungsbevollmächtigten.

121

artigen Handelsgewerbes oder die V o r n a h m e derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt 1 ). Diese R e g e l gilt sowohl intern (Verhältnis zwischen Geschäftsinhaber und Bevollmächtigtem), als auch extern (Verhältnis zum Publikum) stets als Rechtsvermutung, sie gilt aber nicht, wenn ihr α) eine g e s e t z l i c h oder ß ) eine v e r t r a g s m ä ß i g errichtete S c h r a n k e e n t g e g e n s t e h t . a) Die vom Gesetze selbst errichtete Schranke der Vert r e t u n g s m a c h t eines nicht mit P r o k u r a versehenen Handlungsbevollmächtigten besteht darin, daß ein solcher zur V e r ä u ß e r u n g oder Belastung von Grundstücken 2 ), zur E i n g e h u n g von Wechselverbindlichkeiten 8 ), ferner zur A u f n a h m e von Darlehen 4 ) oder zur Prozeßführung 6 ) 6 ) nur dann und nur insoweit ermächtigt ist, als ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist; diese Beschränkung b e s t e h t objektiv mit W i r k s a m k e i t nach außen und innen; würde ein solcher Handlungsbevollmächtigter ohne besondere E r m ä c h t i g u n g einen Grundstücksveräußerungsvertrag im Namen des Grundstückinhabers eingehen, so h ä n g t die Wirksamkeit desselben von der Gen e h m i g u n g des V e r t r e t e n e n ab, a b e r im Falle diese nicht zu erlangen ist, h a f t e t auch der Handlungsbevollmächtigte nicht; denn der Dritte mußte wissen, daß der Handlungsbevollmächtigte nicht ohne besondere E r m ä c h t i g u n g den Eigentümer in der a n g e g e b e n e n Weise obligieren konnte 7 ). *) Dieses sehr zweckmäßigen Hinweises, der im Bedürfnisfalle durch geeignete Sachverständigenvernehmung seinen deutlichen materiellen Inhalt gewinnt, bedient sich der Gesetzgeber auch in anderen Fällen. Vgl. ζ. B. BGB. §§ 1 0 4 1 — 1 0 4 3 , 1356 u. a.; vgl. auch HGB. §§ 56, 59, 1 1 6 , 164, auch 346; über Gegenbeweis s. ROHG. Bd. 6 S. 401, Bd. 16 S. 127 ff. 2 ) BGB. §§ 3 1 3 , 873, 925, 1 0 1 2 , 1 0 1 8 , 1090, 1093, 1094, 1 1 0 5 , 1 1 1 3 , 1 1 9 1 , 1199, möglicherweise auch BGB. §§ 1030, 1068, 1085. 3 ) Nämlich Verbindlichkeiten: des Ausstellers eines gezogenen Wechsels (s. "WO. Art. 8, 41 ff., 5Iff., 81 ff.) oder eigenen Wechsels (s. WO. Art. 96ff.), des Indossanten (s. WO. Art. I4ff.), des Akzeptanten (s. WO. Art. 23fr.), des Ehrenakzeptanten (s. WO. Art. 60 u. a.), des Avalisten (WO. Art. 81). Hinsichtlich der Haftung eines Nichtbevollmächtigten im Wechselrecht s. WO. Art. 95. 4 ) BGB. §§ 607—610 (möglicherweise auch BGB. § 700, depositum irreguläre, Depositengelder und Spareinlagen); hierher kann auch die Eröffnung eines Bankkredits gehören, B e h r e n d , Lehrb. § 53 Anm. 9. 5 ) ZPO. §§ soff. «) Nach BGB. § 179. 7 ) Übrigens sind zur Beurteilung eines jeden der denkbaren Fälle des Handelns des unbevollmächtigten Vertreters andere Normen heranzuziehen: in Sachen des Grundbuchrechts die Grundbuchordnung; in Sachen des Wechselrechts die WO. Art. 95, bei Darlehnsaufnahmen möglicherweise BGB. §§ 8 l 2 f f . ; in Sachen des Zivilprozeßrechts ZPO. §§ 89 ff. u. a.

122

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

β) Eine vertragsmäßige Schranke besteht dann, wenn von dem „gewöhnlichen" Umkreise der Vertretungsmacht der einzelnen Gruppen (s. oben) einengend abgewichen wird; eine solche vom „Gewöhnlichen", „Üblichen" abweichende Einengung ist zunächst nur intern wirksam, den Bevollmächtigten dem Geschäftsinhaber g e g e n ü b e r verpflichtend, extern aber dann, wenn der Dritte die exorbitante Beschränkung kannte (etwa zufolge besonderen Benachrichtigungsschreibens oder Zirkulars) oder kennen mußte 1 ) (etwa weil dieselbe stadtkundig und ortsüblich publiziert war od. dgl.). W a s die A r t Hinsicht

die

der Erteilung

der Vollmacht 2 )

gewöhnlichen R e g e l n des

anlangt,

so

finden

in

dieser

bürgerlichen R e c h t s A n w e n d u n g 3 ) ;

die

Bevollmächtigung kann demnach auch ganz formlos erfolgen; in zwei Gruppen von Fällen wird sie nach ausdrücklicher Gesetzesbestimmung

aus

einer konkludenten

Tatsache geschlossen, nämlich in der einen Gruppe von Fällen aus der Tatsache der Anstellung in einem L a d e n , als H a n d l u n g s r e i s e n d e r :

in

im L a d e n oder offenen W a r e n l a g e r S. 99 Ziff. 5 ( H G B . § 56), zuübenden Dienstesfunktion

der

anderen Gruppe

aus

der V e r w e n d u n g

ersteres setzt voraus, daß der zur Vertretung Berufene des Geschäftsinhabers angestellt ist, s. oben

mithin ist;

Handlungsgehilfe

die F o l g e

hiervon

mit ist,

einer daß

im

Laden

aus-

das Publikum

an-

zunehmen das R e c h t hat, er sei ermächtigt zu allen jenen V e r k ä u f e n und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich 4 ) geschehen; bei dieser Bestimmung ist keineswegs

vorausgesetzt,

daß das Publikum den A n -

stellungsvertrag des sich als Vertreter Gerierenden etwa auf seine Rechtsbeständigkeit prüfen oder wenigstens einsehen müsse, sondern es genügt regelmäßig, wenn der Augenschein

(das A u ß e r e

der Persönlichkeit, der Aufenthaltsort,

Stand

am'

Ladentisch oder an der K a s s e u. dgl.) ergibt, daß man es nicht mit einem unbeteiligten Dritten,

einem

Kunden,

sonst einem Unbefugten zu tun hat 5 );

einem Dienstboten

aus

dem Gesinde

stellung und aus dieser die Vertretungsmacht

in den angegebenen Grenzen

dort Ü b l i c h e n gefolgert, aber nur als Rechtsvermutung ( „ g i l t " ) , deutlich wahrnehmbaren A n s c h l a g

oder

aus jenem äußeren Scheine wird die A n -

(etwa ein großes Plakat)

oder durch andere die Zweifel beseitigende Umstände

des

die durch einen

im Geschäftslokal 6 )

ausgeschlossen

sein

kann.

D i e Verwendung als Handlungsreisender, s. oben S. 98 Ziff. 4 ( H G B . § 55), läßt darauf schließen, daß der so Fungierende jedenfalls ein Handlungsbevollmächtigter sei, mindestens eine Einzelgeschäftsvollmacht besitze,

vorausgesetzt,

daß er nicht

„Stadtreisender" ist, sondern als Handlungsreisender zur Vornahme von Geschäften an solchen Orten verwendet wird, an denen sich keine Niederlassung des Geschäftsinhabers befindet; ist diese Voraussetzung gegeben, so tritt im Zweifel die recht-

2) B G B . § !) H G B . § 54 A b s . 3. 166. s ) B G B . § 167. 4 ) V g l . oben S. 121 A n m . I. 5 ) Vgl. B e h r e n d , Lehrb. § 53 A n m . 26. e ) V g l . L a b a n d in Goldschmidts Z. B d . 10 S. 222, B e h r e n d , A n m . 2 9 ; vgl. aber auch v. V ö l d e r n d o r f f , H G B . S. 379.

Lehrb. § 53

§ 22.

Von den Handlungsbevollmächtigten.

123

liehe Vermutung ein, daß der Handlungsreisende insbesondere ermächtigt sei, den K a u f p r e i s 1 ) aus den von ihm abgeschlossenen Verkäufen einzuziehen und dafür Zahlungsfristen zu bewilligen 2 ); klamationen

wegen Mängeln

fügung gestellt werde 3 ) reisenden 4 ) gegenüber,

auch können

an Waren,

unter jener Voraussetzung

Erklärungen,

Re-

daß eine Ware zur Ver-

sowie andere Erklärungen solcher Art dem Handlungswenn er gerade anwesend ist 5 ), abgegeben werden, ohne

daß jedoch durch die Entgegennahme solcher Erklärungen ein Präjudiz der Anerkennung ohne

ihres Inhalts,

daß durch

der Mangelhaftigkeit od. dgl. geschaffen würde 6 ),

das Warten

Reisenden die gesetzliche

oder

auf

die

etwa nahe bevorstehende Ankunft

vertragsmäßige Reklamationsfrist 7 )

und des

überschritten

werden dürfte.

Das Erlöschen der Vollmacht eines Handlungsbevollmächtigten richtet sich nach den Grundsätzen des gewöhnlichen bürgerlichen Rechts s ). Dies gilt namentlich auch von der Frage, welchen Einfluß das zwischen dem Vollmachtgeber und Bevollmächtigten bestehende innere Rechtsverhältnis, nach welchem sich die Vollmacht richtet, in dieser Beziehung auszuüben hat. D e r T o d des Prinzipals hebt den Dienstvertrag im Zweifel nicht auf, also auch das Vollmachtsverhältnis in einem solchen Falle nicht. Doch ist die Vollmacht auch beim Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern nicht aus diesem sich ein anderes ergibt. Die in bezug auf das Erlöschen der Prokura geltenden Grundsätze sind oben S. 1 1 9 erwähnt.

D. Die Handelsassoziationen. § 23· Geschichtliche Vorbetraditung I. Selbstverständlich nicht eigentümlich dem Handel, aber außerordentlich wichtig für ihn ist die Betätigung des menschlichen Assoziationsbetriebs: seit und wo nur immer der Handel gewerbsmäßig betrieben wird, betätigt sich dieser Trieb in ' ) B G B . §§ 433 ff.; hierzu s. G a r e i s , H G B . § 55 Anm. 2. ) H G B . § 55 Abs. 2. ») H G B . § 3 7 7 . *) Ebenso wie an Handlungsagenten (s. H G B . § 87, unten § 54), auch an Versicherungsagenten, s. VersichG. v. 30. Mai 1908 § 43, s. unten § 62 IV b. 5 ) H G B . § 55, hierzu G a r e i s , H G B . Anm. 4 S. 74. 6 ) Hierüber s. ausführlich G a r e i s , Das Stellen zur Disposition (1870), S. 90—92. ') H G B . § 377 und hierzu G a r e i s , H G B . insbesondere Anm. 5, 15 S. 359, 3 6 1 . 8 ) Vgl. B G B . §§ 168 ff., 6 7 3 — 5 7 5 u. a. 9 ) Vgl. K . L e h m a n n , Lehrb. § 54. 2

124

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

mannigfaltiger W e i s e und in ausgedehntem Maße zur Zuweisung von A r b e i t und Kapital an Handelsunternehmungen. A.Möglicherweise nur zu einem einzelnen Handelsgeschäfte, also zu einem v o r ü b e r g e h e n d e n Zwecke, möglicherweise a b e r auch für längere D a u e r und f ü r eine R e i h e von Unternehmungen zieht ein arbeitstüchtiger Kaufmann, dessen Kapitalvermögen für sich allein zu klein wäre, um jene Spekulationen zu tragen, die sein Geist erfindet und sein Wille kühn durchzusetzen wagen möchte, einen ihm vertrauenden Kapitalisten in sein Interesse und in seine Spekulation hinein, er verbündet sich mit einem Manne, der Kapital besitzt und davon Gewinn ziehen möchte, ohne selbst täglich arbeiten zu müssen. — Auf solche wirtschaftliche E r w ä g u n g e n und Verhältnisse wurden schon im Altertum und Mittelalter Assoziationen g e g r ü n d e t , in denen der mit dem f r e m d e n Kapital ausgerüstete Kaufmann die Leitung des Unternehmens in s e i n e r H a n d behält und Dritten g e g e n ü b e r die volle V e r a n t w o r t u n g trägt, während der ihm das Geld oder die W a r e anvertrauende Kapitalist (der commendator, auch socius stans genannt, nach intern wirkender V e r a b r e d u n g auch am Verlust teilnehmen oder denselben, sofern er die in seinem Eigentum verbleibenden Güter betraf, wohl auch ganz tragen mußte. Solche

Geschäftsverbindungen

kamen

wohl

schon

zur Zeit

des

Königs

Hammurabi in Babylonien vor, worauf K . L e h m a n n , Lehrb. S. 3 3 3 , mit Recht hinweist

(ca. 2 2 5 0

vor Chr.);

es

dürfte

sich an den hierher gehörigen Stellen

(Kapitel 1 0 0 — 1 0 7 in Hammurabis Gesetz) um A g e n t u r g e s c h ä f t e handeln, bei denen der Agent (samallü) Anteil am Gewinn, hatte.

Hammurabis

Gesetz,

Ausgabe

von

aber auch ein besonderes Risiko

Kohler

und Peiser (Leipzig

1904)

S. 2 9 fr., S. 1 1 6 fr., Dem

römischen R e c h t

gehört

ursprünglich

jene Gestaltung

des

in R e d e

stehenden Verhältnisses an, bei welcher der das Kapital Anvertrauende der Herr (dominus), derjenige aber, dem das Kapital (oder Gut) anvertraut wird, sein A n gestellter oder Diener (institor) ist, eine Gestaltung, die auch im Nordgermanischen, nämlich im Schwedischen, nachweisbar ist (vgl. Stadtrecht von Visby, dann hanseatisches R e c h t ) 1 ) . Einen andern, eigenartigen Ausgangspunkt zur Entwicklung von (nordgermanischen) Handelsgesellschaften bilden die Wikingerfahrten: Heer-

„Die Verbindung von

und Kauffahrt in den Unternehmungen der Wikingerbanden brachte

den

Betrieb des Seehandels in Gesellschaftsformen mit sich, die sich durch die Wesentlich' ) Vgl. v. A m i r a , Nordgermanisches Obligationenrecht Bd. I S. 6 7 8 — 6 8 0 . K . L e h m a n n , Lehrb. § 65.

§ 23. keit

oder

doch

charakterisieren"; wie

die

Gewöhnlichkeit aber

schwedischen

diese in

125

Geschichtliche VorbetrachtuDg.

die

beiderseitiger

Kapital-

und

Arbeitseinlagen

westnordischen Handelsgesellschaften Form

eines Herrschafts-

waren

nicht

und Dienstverhältnisses

gekleidet 1 ).

Als typisch für die hierher zu stellenden verschiedenen Arten von Partizipationen mag· die C o m m e n d a bezeichnet werden 2), ein zuerst für den See-, dann für den Landhandel sozietätsmäßig umgestaltetes depositum irreguläre 8), welches, gewachsen auf dem Boden des antiken römischen Vulgarrechts, im Mittelalter auf italienischem Boden zahlreiche Gebilde von spekulierenden Gesellschaften hervorrief 4 ): auf dieser Basis steht noch heute die s t i l l e G e s e l l s c h a f t (s. unten § 29) und auch die K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t (s. unten § 30), insofern in diesen Gesellschaftsformen von kapitalistischer Seite zu einem fremden kaufmännischen Unternehmen in spekulativer Absicht eine Vermögenseinlage gemacht wird. B. Möglicherweise aber vereinigen sich mehrere, Kapital oder Arbeit oder beides mitbringend, zu einem Unternehmen, welches k e i n e m von ihnen ein· e i g e n e s , aber auch k e i n e m von ihnen ein f r e m d e s , sondern a l l e n zusammen ein g e m e i n s a m e s Unternehmen ist; so beschließen z . B . die Söhne oder sonstigen Erben eines Kaufmanns, das erfolgreich bestehende Handelsunternehmen ihres Erblassers nicht durch Erbteilung auseinander zu reißen, sondern als ihr gem einsam es Unternehmen unter gemeinschaftlicher Firma fortzusetzen, und die Geschichte des Handels kennt großartige Beispiele, wie bedeutende Handelsfamilien in den italienischen (namentlich lomK . v. A m i r a , a. a. O. Bd. Η S. 8 1 7 3 . , Karl L e h m a n n in Goldschmidt Z. Bd. 62 S. 294 ff. 2 ) S i l b e r s c h m i d t , Die Commenda. 1 8 8 3 . C i c c a g l i o n e , it contratto di commenda. 1886. Vgl. GUGesch. S. 2 4 5 , 2 5 3 u. die dort angef. Literatur; L a s t i g in Goldschmidts Ζ. B . 24 S. 4 3 0 ff. und im Hdbch. § 7 8 Bd. I S. 3 2 9 ; G i e r k e , Genossenschaftsrecht Bd. I S. 9 8 1 ff., Bd. 2 S. 9 1 6 ff, Bd. 3 S. 4 2 3 fr., 8 1 8 ff. *) Analog ist das norwegische hjafelag des Mittelalters s. K . v. A m i r a , Nordgermanisches Obligationenrecht Bd. I I S. 8 2 1 ff.; M. P a p p e n h e i m , A l t nordische Handelsgesellschaften, Goldschmidts Z. Bd. 3 6 S. 85 ff. Aehnlich scheint auch das Rechtsverhältnis der Sendewe (send-ve = Sondergut) im hanseatischen Handel gewesen zu sein; s. S i l b e r s c h m i d t , „Kumpanie und Sendewe", ArchBürgR. Bd. 2 3 S. 1 7 ; F . K e u t g e n , V J S c h r . f. Sozial- und WirtschG. 1 9 0 6 Heft 3, 4. *) Schon v. 10. Jahrh. an; so in Venedig die Collegantia, in Genua u. a. and. O. die Colonna, in Florenz u. a. and. O. die Accomandita, societas per viam accomanditae. Vgl. die in voriger A n m . und bei K . L e h m a n n , Lehrb. S. 3 3 2 — 3 3 3 Anm., angegebene reiche Literatur.

126

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

bardischen) 1 ) und den deutschen Handelsstädten des ilittelalters das Familienband dazu benutzten, die nötigen Kapitalien und A r b e i t s k r ä f t e zusammenzufassen und zusammenzuhalten zur blühenden Entfaltung· ihres Handelsunternehmens, auf dessen Besitz die Kaufmannsfamilie mit so viel Stolz blickt wie die a d e l i g e auf den Besitz ihrer altersgrauen Siammburg-en; und w e n n im späteren V e r l a u f e das B a n d dei V e r wandtschaft, auf der jene E r w e r b s g e s e l l s c h a f t e n ursprünglich beruhten, seine schaffende oder zusammenhaltende K r a i verliert oder g a n z wegfällt, so kann es durch künstliche Verwandts c h a f t s b e g r ü n d u n g (analog der Blutsbrüderschaft) 2 ), durch Fiktion der V e r w a n d t s c h a f t und schließlich durch Gesellschaftsv e r t r a g ersetzt werden. D a s letztgenannte Ersatzmittel gewährt natürlich die verschiedensten M ö g l i c h k e i t e n ; davon dürfte die einfachste die sein, daß die g e m e i n s a m e n Unternehmer den zur E r r e i c h u n g ihres H a n d e l s z w e c k e s erforderlichen Grundstock des V e r m ö g e n s , ζ. B. wenn es sich um E r w e r b durch S e e f a h r t handelt, das Schiff, gemeinsam anschaffen oder sonst g e m e i n s a m machen, ein Verhältnis, aus w e l c h e m zunächst und unmittelbar die R e e d e r e i h e r v o r g e h t (hierüber s. unten 5 110). In der W e i t e r e n t w i c k l u n g dieser Verhältnisse gewinnen besonders zwei juristische E l e m e n t e eine h e r v o r r a g e n d e Wirksamkeit: der die G e m e i n s c h a f t äußerlich zusammenfassende einheitl i c h e N a m e , d i e F i r m a , und die w e i t g e h e n d e S t e l l v e r t r e t u n g - s b e f u g n i s der Beteiligten. U n t e r der Herrschaft dieser Elemente entstand schon vom 11. Jahrhundert an in romaniscaen L ä n d e r n und bald darauf auch auf g e r m a n i s c h e m Boden eine allgemein als c o m p a g n i a 3 ) (d. i. Wirtschaftsgemeinschaft) bezeichnete E r w e r b s g e s e l l s c h a f t , w e l c h e schließlich durch Ausbildung des R e c h t s jener beiden Elemente und der Haftung G U G e s c h . S . 284fr. Max W e b e r , Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter (Stuttg. 1889); hierzu s. aber auch M. P a p p e n h e i n in Goldschmidt Z. B d . 37 S. 255 ff. u. V . R i n g im A i b R . Bd 4 S. 394 fr. 2 ) Vgl. G o l d s c h m i d t in GoldschmidtZ. B d . 35 (1889) S. 344fr. 3 ) Das W o r t ist das mittellat: companium (1. sal. tit. 63, ι [GefTken S 6 1 ] pact. leg. sal. tit. b6 § 2, nach D u Cange I I 4 6 1 ) , zusammengesetzt aus com ( = cum, w e l c h e s dem althochd. gi entspricht) und panis (Brot, dem [ahd.] maz [Speise, Mahlzeit] oder [got.] hlaifs, [ahd.] leip [Brot]), daher compagnon = ginazo, gileip = Brotgenosse, ähnlich niederdeutsch maskopei (maatschappij, niederländsch) für Trinkgesellschaft, dann für Erwerbs- und insbes. Handelsvereinigungen gebraicht; vgl. D i e z , E t y m o l . W B (5. A u s g . 1887) S. 106. S. auch G a r e i s in B e h r e n d s Zeitschr. Bd. 5 S. 591 A n m . 30.

§ 23.

Geschichtliche Vorbetrachtung.

127

deir Mitglieder zur sog. „ K o l l e k t i v - o d e r o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t - ' (hiervon unten § 25) wurde. C. In gewissen Fällen führte der einigende Gedanke, wellcher in jenen beiden Elementen, nämlich in der Firma und in (der Stellvertretung, wirksam wird, bis zu einer k o r p o r a t i v e r Existenz; dies konnte jedoch nicht ohne die direkte Mitwirkung des S t a a t e s geschehen, welche in der Verleihung vom Korporationsrechten und anderen Privilegien bestand; auf solche Weise entwickelte sich geschichtlich die A k t i e n g e s e l l s c h a f t (hiervon unten § 31) in germanischen Ländern aas cer Reederei (s. vorige Seite) oder ähnlichen Erwerbsgermenschaften vermittels der Verleihung des O k t r o i i n romanischen Ländern in ähnlicher Weise oder aus der mit korporativen Rechten und Privilegien 2 ) ausgestatteten Gemeinschaft von Staatsgläubigern, welche dem Fiskus zu bestimmten Unternehmungen Darlehen gegeben hatten 3 ). W a r dem Gemeinwesen der korporative Charakter zuteil geworden, so verstand sich einerseits die Einheit unter der Firma und die Stellvertretung seitens der Vereinsorgane von selbst (s. oben unter B), andererseits konnte (aber nicht mußte) die Beschränkung der Haftung aller Beteiligten auf Anteile eintreten wie sie bei der Kommenda und ähnlichen Partizipationen auf Seiten der dem Geschäftsführenden Beiträge anvertrauenden Kapitalisten vorhanden war (s. oben unter A), und d:ese Anteile konnten schließlich leicht übertragbar, negoziabel werden. Die bisher dargestellen Entwicklungen vollzogen sich im wesen:lichen ziemlich gleichmäßig in deutschen wie in romanischen Landen 4 ); ebendaselbst bürgerte sich auch, wenngleich in geringer Ausdehnung, eine Kombination von Kollektivund Aktiengesellschaft, nämlich die K o m m a n d i t g e s e l l ') Dies nachgewiesen zu haben ist das Verdienst K a r l L e h m a n n s in seiner Schrift r Die geschichtliche Entwicklung des Aktienrechts bis zum Code de commerce" iBerlin .1895), insbes. S. 49 ff. 2 ) Ζ. B. Überlassung von Zöllen und anderen Abgaben, so bei der compera, worüber GUGesch. S. 254, 2 9 1 . 3 ) Entwicklung aus der maona (mahona, von arabisch ma'ühna — subsidium, auxilium. collecta) s. GUGesch. S. 292—298. Über den Zusammenhang zwischen Staatsfinsnzunternehmungen und Aktien Wesen s. auch G a r e i s in Behrends Zeitschrift Bd 5 S. 627. 4 ) Über das englische Gesellschaftsrecht s. aber G ü t e r b o c k , Goldschmidt Z. B d . I S. 360 und G a r e i s in Behrends Zeitschr. Bd. 5 a. a. O.

128

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

s c h a f t auf A k t i e n (hiervon unten § 37), ein; neueren Ursprungs sind in Deutschland die aus besonderen sozialpolitischen Verhältnissen und Bestrebungen hervorgegangenen sog. e i n g e t r a g e n e n E r w e r b s - und W i r t s c h a f t s g e n o s s e n s c h a f t e n (hiervon unten § 38), ferner die um eigenartiger wirtschaftlicher Verhältnisse willen rechtlich geregelte sog. „ G e s e l l s c h a f t mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g " (hiervon s. unten § 39) und die im Zusammenhang mit der Regelung des privaten Versicherungswesens zur Anerkennung gelangten „Vers i c h e r u n g s v e r e i n e auf G e g e n s e i t i g k e i t " (hiervon s. unten § 39a u. §§ 62, 63). § 24. Ubereinstimmendes und Vergleichendes von den Handelsgesellschaften1). Nicht alle im Handelsverkehr auftretenden oder Handelsgeschäfte abschließenden Gesellschaften sind „Handelsgesellschaften" im technischen Sinne und insbesondere im Sinne des H G B . von 1897, sondern nur diejenigen Gesellschaften sind es, auf welche nach der positiven Bestimmung die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften Anwendung finden 2 ), oder die als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuchs gelten 8 ), oder die als Handelsgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbachs gelten 4 ). Daher sind n i c h t hierher zu stellen: die stille Gesellschaft 5 ), die frühere Gelegenheitsgesellschaft 6 ) und jede andere nur unter die Regeln des gewöhnlichen, nicht merkantilen Gesellschaftsrechts 7 ) fallende Assoziation. Es sind demnach als „Handelsgesellschaften" im obigen technischen Sinne anzusehen und hier zu erörtern: j. die offene Handelsgesellschaft 8 ), 2. die Kommanditgesellschaft 9 ), ») V g l . Η e i l f r ο η Lehrb. § 2 2 . ) H G B . § 6 A b s . 1 u. 2. Priv. VersUntG. § 16. 3 4 ) GenG. § 1 7 A b s . 2. ) G m b H G . § 1 3 A b s . 3. 5 ) H G B . §§ 3 3 5 — 3 4 2 ; hiervon handelt § 2 9 S. 1 8 2 — 1 9 0 . e ) Im früheren H G B . in Art. 2 6 6 — 2 7 0 geregelt, nach Iukrafttreten des B G B . aber nicht mehr einer besonderen Regelung bedürfend. G a r e i s , H G B . Vorbemerkung vor § 3 3 5 S. 3 1 3 — 3 1 4 . BGB. §8 705—740. 8 ) H G B . § § 1 0 5 — 1 6 0 (vgl. oben § 2 3 S. 1 2 6 , unten § § 2 5 — 2 8 S. 1 5 4 — 1 8 2 ) . e ) H G B . § § 1 6 1 — 1 7 7 ('gl- oben § 2 3 S. 1 2 5 , unten § 30). s

§ 24·

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

129

3. die Aktiengesellschaft 1 ), 4. die Kommanditgesellschaft auf Aktien 2 ), 5. die Erwerbs- und Wirtschaftsg-enossenschaft 3 ), 6. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung -4 ) und 7. der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 5 ). I. Gemeinsam ist allen diesen sieben Gesellschaften die (mindestens relative) juristische Persönlichkeit, die R e c h t s f ä h i g k e i t und Verpflichtungsfähig'keit 6 ); die Rechtsfähigkeit umfaßt nicht bloß die Fähigkeit, Vermögensrechte nach Handelsrecht zu erwerben, sondern auch alle bürgerlichen Rechte, mit Ausnahme solcher, welche ihrer Natur nach auf die physischen Personen beschränkt sein müssen, wie die Familienrechte; die Fähigkeit, Grundstücke zu erwerben, ist ausdrücklich erwähnt, die Fähigkeit, Erbe zu werden, ergibt sich aus der Rechtsfähigkeit ohne weiteres 7 ), kommt aber doch denjenigen Gesellschaften, welche nur „unter ihrer Firma" Rechte erwerben können, nicht zu 8 ); denn die Firma ist der Name, unter dem der Kaufmann „im Handel seine Geschäfte betreibt" 9 ), und so wenig ein Einzelkaufmann „unter seiner Firma" heiraten oder ein Testament errichten kann, so wenig kann ζ. B. eine offene Handelsgesellschaft als solche eine Erbschaft annehmen oder ausschlag-en10). Darin zeigt sich eben die R e l a t i v i t ä t der Personifizierung bei der offenen Handelsgesellschaft und den übrigen Gesellschaften, welche nur in gewissen Richtungen als Inhaber eigener Rechte anerkannt sind; aber darum darf ihnen !) HGB. §§ 1 7 8 — 3 1 9 (vgl. oben § 2 3 S. 1 2 7 , unten §§ 31—36). ) HGB. §§ 3 2 0 — 3 3 4 (vgl. oben § 2 3 S. 1 2 7 , unten § 3 7 ) . 3) GenG. s. unten § 3 8 (vgl. oben § 2 3 S. 1 2 8 ) . 4 ) GmbHG. s. unten § 3 9 , oben § 2 3 S. 1 2 8 . 6 ) PrivVersUntG. §§ 6 , 15 fr. S. unten § 3 9 a. e ) Dieses ergibt sich für 1. aus HGB. § 124; für 2 . aus HGB. § 1 6 1 mit § 1 2 4 ; für 3 . aus HGB. § 2 1 0 Abs. I ; für 4 . aus HGB. § 3 2 0 mit § 2 1 0 ; für 5 . aus GenG. § 1 7 Abs. 1; für 6 . aus GmbHG. § 13; für 7 . aus PrivVersUntG. § § 15, 1 9 . Gegen Μ e u r e r , Die jurist. Personen nach deutschem Reichsrecht (Stuttgart 1 9 0 1 ) s. durchschlagend S t a u b , Komm. z. G„ betr. d. G. m. b. H. 1 9 0 3 S. 9 4 (Anm. 3 zu § 1 3 ) . E i t z b a c h e r in Goldschmidts Z. Bd. 4 5 S 4 0 fr. 7 ) Vgl. BGB. § 2 I O I Abs. 2 . EinfG. z. BGB. Art. 8 6 . H e l l m a n n , Vorträge u. d. BGB. Allg. T. S. 1 7 . 8 ) Also der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft nicht, während Aktiengesellschaften nach der Fassung des § 2 1 0 des HGB. ohne jene Beschränkung rechtsfähig, daher auch erbfähig sind und dasselbe wird man konsequentermaßen nach der Fassung der einschlägigen Paragraphen (s. oben Anm. 6) auch von den eingetragenen Genossenschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung sagen müssen, ebenso wie von den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit. 9 ) HGB. § 1 7 . 1 0 ) BGB. §§ 1 9 4 6 fr.; vgl. G a r e i s , HGB. S. 1 2 4 . 2

G a r e i s , Handelsrecht.

8. Aufl.

9

Kap. II.

130

Die Personen im Handelsrecht.

der Charakter an „juristischen Personen" nämlich — hier — relativer juristischer Personen nicht abgesprochen •werden. Man sollte sich endlich dazu entschließen, die alte, weder der Gesetzgebung noch der Lebensanschauung entsprechende Theorie von der juristischen Persönlichkeit der Korporation im schroffen Gegensatz zur juristischen Wesenheit einer Gesellschaft aufzugeben 1 ).

Das Irrtümliche

an dieser Auffassung rührt daher,

daß

man Erscheinungen als Unterscheidungsmerkmale aufstellt, auf die es in der Tat nicht ankommt 2 ), und sich unter einer juristischen Person etwas ganz Besonderes vorstellt, ein Etwas, das wie ein Mensch sichtbar und unverkennbar durchs Leben schreiten könne und müsse, gewissermaßen einen menschgewordenen Begriff 3 ), während die juristische Person, unbeschadet der Realität der unter diesem Namen vereinigten sichtbaren Wesen und Verhältnisse, doch nur ein juristischer Begriff ist.

Sie ist ein

juristischer Begriff, dessen wir uns bedienen, um in Kürze eine Anzahl von Eigentümlichkeiten auszudrücken, die mit der sprachlichen Zusammenfassung unter jener Bezeichnung bequemer und übersichtlicher ausgedrückt sind als durch die Einzelaufzählung. Unbestreitbar wird unter einer „Person" ein Wesen verstanden, welches nach der Rechtsordnung Träger (Inhaber) eigener Rechte und Pflichten sein kann. Dies ist beim Menschen der Fall, wenn er kein Sklave ist, und dies ist bei Gruppen von Menschen der Fall, wenn diese Gruppen eigene Interessen haben, die von der Rechtsordnung als i h r e Interessen

anerkannt und geschützt sind 4 ).

Es ist und

bleibt aber immer ein Unterschied: vollkommen, d. h. alle denkbaren, vom R e c h t e überhaupt schützbaren Interessen umfassend ist die Anerkennung d. h. eigenen Interessenfähigkeit nur zugunsten

der Rechts-,

der natürlichen Personen (freien

Menschen) vorhanden, bei allen übrigen als Interessenträgem anerkannten W e s e n ist die Anerkennung nur unvollkommen, relativ; aber bis zu einem gewissen Grade ist sie bei letzteren Wesen vorhanden,

und insoweit sind sie „Personen".

Von

diesem Gedanken geleitet muß man bei allen denjenigen Gesellschaften, denen die Rechtsordnung ein selbständiges Vermögen zuerkennt, mag man sich die Mitgliederschaft als Vielheit oder Einheit νυη Personen denken, und mögen für die Schulden einzelne Mitglieder oder andere persönlich haften oder nicht, den Charakter von „Personen"

in

dem oben angedeuteten Sinne zuerkennen.

In dieser Beziehung

ist es interessant, die Stellung zu untersuchen, welche der Bearbeiter des Gesellschaftsrechts

in

der

8. Auflage

von S t a u b s

Kommentar,

Alb. P i n n e r ,

zu

G i e r k e s Auffassung einnimmt, und wie sich diese zu der von mir im Anschluß an Felix D a h n 5 ) längst gewählten 6 ) Bezeichnung „relative juristische Person" ver') Vgl. die richtigen Gedanken H o l d e r s , Natürliche und juristische Personen (1905), insbes. S. 266 ff. 2 ) So ζ. B . schließt den Korporationscharakter nicht die Anerkennung weitgehender Mitgliedschaftsrechte an den Nutzungen des Vereinsvermögens aus, wie K . L e h m a n n , Lehrb. S. 3 6 9 — 3 7 0 mit Recht gegen M e u r e r , Die juristischen Personen nach deutschem Reichsrecht 1 9 0 1 , hervorhebt. s ) Vgl. R . v. I h e r i n g , Scherz und Ernst in der Jurisprudenz (9, Aufl. 1904), S. 2774 ff. ) G a r e i s , Enzyklopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft (3. Aufl. 1905) S. 1 8 — 2 1 (Wesen der Rechte im subjektiven Sinne), S. 62 (Berechtigungen im Privat- und im öffentlichen Recht), S. 6 4 — 6 7 (Die Subjekte im Privatrecht). 5 ) Felix D a h n , Handelsrechtliche Vorträge. 1 8 7 5 S. 67 ff. e ) Schon in der ersten Auflage dieses Lehrbuches des Handelsrechts 1880

$ 24. hält.

Unter der Stichbezeichnung:

τοη Pinner

131

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw. Rechtsnatur des Gesellschaftsvermögens

(Staubs K o m m e n t a r ,

8. Aufl. A n m . 27 zu § 105)

wird

festgestellt,

daß

T h e o r i e s o w o h l w i e Praxis trotz mancher R ü c k f ä l l e in die romanistischen Sozietätsbegriffe zu der G i e r k e s c h e n Auffassung streben, nach welcher die Gesellschafter eine Personeneinheit bilden, verschiedene

Person

ist,

R e c h t e und Pflichten

die

die

keine juristisch

aber

zu haben.

in

ihrer

von den einzelnen Mitgliedern

Gesamtheit

Man kommt

dann

fähig

zu

ist,

P i n η e r billigt dies auch vollständig — , daß die Theorie von der keit

des

Gesellschaftsvermögens

und

dem

Eigentum

der

ihrer G e s a m t h e i t

die Rechtsprechung beherrschen wird 1 ).

dasselbe,

mit

was

ich

der A n w e n d u n g

der Bezeichnung

gesellschaft als einer r e l a t i v e n j u r i s t i s c h e n P e r s o n will.



und

Selbständig-

Gesellschafter

in

D i e s ist aber genau der offenen Handels-

zum Ausdruck

bringen

D e n n das „relativ" soll eben bedeuten: in gewissen Beziehungen, und zwar

sind das die Beziehungen, w o die „ G e s a m t h e i t " nach der von G i e r k e und

selbständig

dem Resultat

von

anderen

nun

akzeptierten Ausdrucksweise

ζ. B . die „Gesellschafter in ihrer Gesamtheit" oder,

zum W o r t e was

gebrauchten

gelangt,

also

wiederum dasselbe ist,

die Gesamtheit der Gesellschafter als Eigentümer des Gesellschaftsvermögens bezeichnet wird.

Das gesetzliche Charakteristikum

für die Gesamtheit ist aber die

F i r m a : die Brauchbarkeit und bzw. NichtVerwendbarkeit der Firma (gemäß H G B . § 17) gibt an, w i e weit die Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit des Gesellschaftsvermögens reicht, wie w e i t sich mit anderen W o r t e n jene Relativität der Persönlichkeit erstreckt oder nicht, wie denn auch H G B . § 124 deutlich sagt, daß die o. H G . „unter ihrer F i r m a " (und n u r unter dieser) R e c h t e erwerben usw. kann. Nimmt man dies an, so hat man mit jener Qualifikation als relative juristische Person nicht bloß eine sprachlich richtige und durchsichtige Bezeichnung, sondern auch eine folgenreiche Bezeichnung gewonnen, weil man durch die Relativität auf die W e i t e oder Enge der A n w e n d u n g des Firmenbegriffs direkt hingewiesen wird. Hieraus ergibt sich unter anderem auch folgendes: K a n n ein Einzelkaufmann mit seiner Firma in ein offenes Handelsgeschäft eintreten, so kann es auch die offene Handelsgesellschaft;

nun sagt freilich

Staub2)

Eintritt in eine offene Handelsgesellschaft gesetzt werde,

noch

und ebenso P i n n e r 8 ) , daß zum die besondere Fähigkeit voraus-

unter einem fremden Handelsnamen im Rechtsverkehr aufzutreten,

eine Fähigkeit, die der offenen Handelsgesellschaft nicht zukomme und ihr nicht zukommen könne, weil es eine logische Unmöglichkeit sei, daß ein Rechtsgebilde, dessen W e s e n und Eigenart darin bestehe,

daß

zwei Personen

unter

einer

be-

stimmten Firma Geschäfte machen, solche unter einer andern Firma mache. D i e s e logisch® Unmöglichkeit besteht aber nicht, Personen,

sondern eine,

nämlich

wenn man annimmt,

die „relative juristische

daß nicht zwei

Person"

(Gesamtheit)

unter der Firma der offenen Handelsgesellschaft Geschäfte machen: tritt eine offene Handelsgesellschaft (nenne ich sie innere off. H G e s . ) in eine andere offene Handelsgesellschaft —

die äußere offene Handelsgesellschaft —

sie dies als relative juristische Person, § 29 S . 6. A u f l . !)) 2) s))

als Mitglied ein,

als Personeneinheit,

und

so

tut

jene Schwierig-

135 und von da stets in allen A u f l a g e n , ζ. B . 5. A u f l . § 26 S. 160 ft., § 27 S 218, 220, 7. A u f l . § 27 S. 145 ff. S t a u b s K o m m . I. 8. A u f l . ' S . 4 1 7 . S t a u b s Kommentar, 7. A u f l . S. 351 A n m . 23 zu § 105. A . a. O. S. 4 1 6 Anm. 26 und S. 415 A n m . 22. 9*

132

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

keit oder Unmöglichkeit existiert nicht.

Dagegen ergibt sich freilich eine andere

Schwierigkeit bei einer solchen Mitgliedschaft, tretung der —

sagen wir —

nämlich eine,

die

aus

der V e r -

äußeren offenen Handelsgesellschaft, durch ihre Ge-

sellschafter (nach H G B . § 1 2 5 A b s . 1),

zu

denen dann auch die innere offene

Handelsgesellschaft gehören würde, entspringt —

eine Schwierigkeit 1 ),

die durch

eine geeignete Regelung der Vertretungsbefugnis (etwa nach H G B . § 1 2 5 Abs. 2, 3, 4) wohl beseitigt werden könnte.

Unverkennbar tritt die Bedeutung der Existenz

von „relativen juristischen Personen" im Konkursrecht hervor, s. oben § 15 I I a . E . (S.

72

bei Anm. 1.)

Von diesen Gesichtspunkten aus ergibt sich folgende Steigerung: a) Gesellschaften ohne Gesellschaftsvermögen, wie ζ. B. die stille Gesellschaft; b) Gesellschaften im Sinne des B G B . mit Gesellschaftsvermögen nach B G B . §§ 718 ff., hierher gehören auch die „nicht rechtsfähigen" Vereine nach B G B . § 54; c) Gesellschaften unter einem eigenen Firmenrecht, wie die offene Handelsgellschaft nach H G B . § 124, die Genossenschaft nach GenG. § 17 u. a. und d) Gesellschaften mit der vollen Rechtsfähigkeit, soweit solche überhaupt einer nicht natürlichen Person zukommen kann, wie die Vereine nach B G B . §§ 21— 53 und die Aktiengesellschaften nach H G B . § 210. Die Bezeichnung „relative juristische Person" wird füglich auf die unter c genannte Kategorie angewandt werden. Die Verpflichtungsfähigkeit umfaßt nicht bloß die Fähigkeit, aas Rechtsgeschäften verpflichtet zu werden, sondern auch die Möglichkeit, aus unerlaubten Handlungen verpflichtet zu sein, nämlich soweit es sich um die Verantwortlichkeit für einen Schaden handelt, den ein verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatze verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt2). Den Z w e c k haben jene sieben Gesellschaftsformen n i c h t gemeinsam, drei davon haben überhaupt keinen für sie charakteristischen Zweck zu verfolgen, nämlich die Aktiengesellschaft 8 ), Uber diese ganze Frage s. eingehend E i t z b a c h e r in Goldschmidts Z. Bd. 45 S. 40 ff. V g l . hierzu auch P. S c h e u n i n g , Die Führung einer zweiten Firma durch Handelsgesellschaften und ihre .Teilnahme an einer offenen Handelsgesellschaft. Stuttgart 1 9 0 5 . s BGB. § 3 1 . ) H G B . § 2 J O Abs. 2 .

§ 24

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

133

die Kommanditgesellschaft auf Aktien 1 ) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 2 ); — diese Gesellschaften können zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden; eine — nämlich die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft — ist charakterisiert durch den Doppelzweck: Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder (dies ist der Endzweck) und Herstellung eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs (dies ist das Mittel zur Erreichung jenes Endzwecks 3 ); zwei aber: die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft, dienen begriffsmäßig dem Handel: ihr Zweck muß auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet sein4); es kann dies nur eines der gesetzlich δ ) als solche anerkannten Handelsgewerbe sein (s. oben §§ 7, 8 S. 34—40), möglicherweise auch nur ein formelles Handelsgewerbe (s. oben § 8 S. 41 ff.e), nicht aber ein Kleingewerbe (s. oben § 12 S. 52 ff.)7); der Zweck der „Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit" endlich ergibt sich aus dieser Bezeichnung. II. Gemeinsam ist allen Handelsgesellschaften, daß sie g e s c h ä f t s f ä h i g sind, d. h. die menschliche Handlungsfähigkeit kommt selbstverständlich keiner von ihnen zu, aber juristisch wird und ist die Handelsgesellschaft geschäftsfähig wegen des Vorhandenseins von Organen, Menschen, welche die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich v e r t r e t e n 8 ) ; was diese Vertretung in ihrer Richtung und Wirkung nach außen zu, d. h. Dritten gegenüber, anlangt, so wirkt eine Willenserklärung — welche von einem Gesellschaftsorgan innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen der Gesellschaft, wenn auch nicht ausdrücklich in diesem Namen, aber doch unter Umständen abgegeben wurde, welche ergeben, daß sie in deren Namen erfolgen soll — unmittelbar für und gegen die vertretene Gesellschaft,. und es wird die Wirksamkeit dadurch nicht beeinträchtigt, daß der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist9). ») ή ή ή 8 ) ®)

2 HGB. § 320 Abs. 3 mit § 2 1 0 Abs. 2. ) GmbHG. § I. 4 GenG. § 1 . ) HGB. §§ 105, 1 6 1 . HGB. § 1 Abs. 2 Ziff. 1—9. «) Vgl. G a i e i s , HGB. S. 13, 14, i n . HGB. § 4 Abs. 2. G a r e i s , HGB. S. 21—24. Vgl. BGB. §§ 26, 164. BGB. §§ 164, 165 mit HGB. §§ 125 (Vertretung der offenen Handels-

134

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

III. Die den Handelsgesellschaften (nach der Erörterungunter II) gemeinsam zukommende Geschäftsfähigkeit kann und muß aber nicht bloß nach außen zu (d. i. Dritten gegenüber) betätigt werden, nämlich in der Vertretung der Gesellschaft kraft der dem Vertreter zustehenden Vertretungsmacht, sondern sie kann und muß auch n a c h innen zu in Verwendung gebracht werden, nämlich mittels der zweckentsprechenden Verfügung über die der Gesellschaft zustehenden Mittel, menschlichen Kräfte und Sachen, sohin in der geeigneten Anwendung von Arbeit und Kapital zur Erreichung des Gesellschaftszwecks innerhalb der Rechtssphäre der Gesellschaft selbst; diese Verwendung der Geschäftsfähigkeit heißt „Geschäftsführung", und im Gegensatz zu der im weiteren Sinne ebenfalls zur Geschäftsführung zu rechnenden Vertretung nach außen (s. oben unter II) wird sie noch genauer i n n e r e Geschäftsführung genannt. Gemeinsam ist allen Arten von Handelsgesellschaften, daß sie Organe zur Geschäftsführung haben und haben müssen, und zwar sind dies in der Regel dieselben Organe, welche zur Vertretung (nach außen zu) berufen sind 1 ). Die mit der Leitung der Geschäftsführung betrauten Organe müssen für die ordnungsmäßige Buchführung 2 ), rechtzeitige und richtige Aufstellung der Bilanzen8) und soweit öffentliche Bekanntmachung der letzteren oder anderer Zusammenstellungen vorgeschrieben ist4), auch für diese Veröffentlichung sorgen. Die Mehrzahl Aktiengesellschaften,

der angegebenen Arten

von Gesellschaften — nämlich

die Kommanditgesellschaft

auf Aktien,

die

die

eingetragenen

Genossenschaften und die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit — müssen — die Gesellschaften mit beschränkter Haftung können zur Überwachung der Geschäftsführung der Gesellschaft in allen Zweigen der Verwaltung ein besonderes Organ, gesellschaft); 161 Abs. 2 mit 1 2 5 u. 1 7 0 (Vertretung der Kommanditgesellschaft); 3 3 1 mit 2 4 7 u. 2 7 2 (Vertretung der Aktiengesellschaft u. der VersV. a. G.); 3 2 0 mit 1 6 1 , 1 2 5 , 1 7 0 , 3 2 5 (Vertretung der Komm.-Gesellschaft auf Aktien); GenG. § § 2 4 , 3 9 , 5 1 Abs. 2 (Vertretung d. Genossenschaft); GmbHG. § § 3 5 , 3 6 , 52 Vertretung der G. m. b. H . ; PrivVersUntG. § 3 4 . HGB. §§ 1 1 4 — 1 1 7 (Geschäftsführung der offenen Handelsgesellschaft); § § 1 6 1 , 1 6 3 , 1 0 4 (Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft); §§ 2 3 1 , 2 3 5 , 2 4 1 , 2 4 7 (Geschäftsführung der Aktiengesellschaft); § § 3 2 0 Abs. 2 , 3 2 5 mit 1 6 1 , 1 6 3 , 1 6 4 (Geschäftsführung der Komm.-Gesellschaft auf Aktien); GenG. §§ 24. 27, 34. GmbHG. §§ 3 5 , 3 7 , 4 1 . 2 ) HGB. §§ 3 9 — 4 2 s. oben § n III b. 2 S. 4 8 f r . ®) Bilanzen s. oben S. 4 9 , auch § 3 4 VH. 4 ) Ζ. B. GmbHG. § 4 1 Abs. 4 . RBankG. § 8 . HypBG. §§ 2 3 ff.

§ 24.

135

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

den Aufsichtsrat, haben 1 ); in der offenen Handelsgesellschaft und in der Kommanditgesellschaft ohne Aktien

ist

für ein

solches Organ kein Raum,

die Kontrolle

kann von den nichtgesohäftsführenden Mitgliedern selbst 2 ) ausgeübt -werden.

IV. Gemeinsam ist allen Arten von Handelsgesellschaften, daß deren Organe sowohl in der rechtsgeschäftlichen Vertretung (nach außen zu), als auch in der internen Disposition über die Gesellschaftsmittel (sog. innere Geschäftsführung) die B e s c h r ä n k u n g e n einhalten müssen, welche ihnen von höheren Organen der betreffenden Gesellschaft, insbesondere von dem Gesamtwillen derselben auferlegt sind; aber die trotzdem erfolgte Verletzung der Pflicht, solche Beschränkungen zu beobachten, hat, wenn sie nur im Rahmen der dem Dritten gegenüber feststehenden Vertretungsmacht erfolgte, nur der Gesellschaft gegenüber Wirkungen (Schadensersatz oder andere Repressionen gegen den Vertrauensmißbrauch oder die satzungswidrige Willkür des Organs), nicht aber jenem Dritten gegenüber, welcher sich auf die objektiv feststehende Vertretungsmacht verlassen konnte 8 ); in diesen Fällen ist mithin die Beschränkung der Vertretungsmacht nach außen zu wirkungslos, das verbotswidrige Überschreiten der Beschränkung also nur der Gesellschaft gegenüber ein Uürecht des Organs 4 ). V. Gemeinsam ist den Handelsgesellschaften, daß sie einen eigenen geschäftlichen N a m e n haben müssen; dieser wird bei der offenen Handelsgesellschaft und bei der Kommanditgesellschaft (ohne Aktien) als „gemeinschaftliche Firma" bezeichnet und besteht bei diesen Gesellschaften aus dem Namen wenigstens eines der persönlich haftenden Gesellschafter nebst einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden *) H G B . §§ 190, 1 9 2 , 199, 2 4 3 — 2 4 9 (f. d i e A k t G . ) : 3 2 8 (f. die K o m m G a A . ) : GenG. §§ 3 6 — 4 1 ; GmbHG. § 5 2 ; VersichG. § 3 5 . 2 ) H G B . § 1 1 8 f. die Mitglieder der offenen Handelsgesellschaft und § 1 6 6 f. die Kommanditisten. a ) E s verhält sich hinsichtlich der Nichtbeachtung der internen Beschränkungen seitens eines vertragsberechtigten Gesellschaftsorganes ebenso wie hinsichtlich der Nichtbeachtung einer internen Beschränkung seitens eines Prokuristen. S. oben § 2 2 S. 1 1 8 ff. ( H G B . § 5 0 Abs. 1). 4 ) Dies ergibt sich aus H G B . §§ 1 1 4 — 1 1 7 verglichen mit 1 2 6 (für die offene Handelsgesellschaft, auch für die Kommanditgesellschaft gemäß § 1 6 1 A b s . 2 und für die Kommanditgesellschaft auf Aktien gemäß § 3 2 0 Abs. 2 ) ; femer aus §§ 2 3 1 , 2 3 5 A b s . 2 verglichen mit 2 3 5 A b s . I (für die A G . u. V e r s V . a. G.); ferner aus GenG. §§ 24, 2 7 A b s . 2 verglichen mit 2 7 Abs. 1 (für die e. G.) und endlich aus GmbHG. §§ 3 5 , 3 7 A b s . 2 verglichen mit 3 7 A b s . 1 (für die G. m. b. H.) B G B . § 26 A b s . 2 findet auf die durch obige Spezialvorschriften geregelten Handelsgesellschaften keine Anwendung.

Die Personen im Handelsrecht.

K a p . II.

136

Zusätze (wie ζ. B . „& Cie." oder „und Komp.") oder — bei der offenen Handelsgesellschaft — aus den Namen aller persönlich haftenden Gesellschafter 1 ); eine Formvorschrift, wonach die A r t der Gesellschaft in dem Namen oder neben diesem kenntlich gemacht werden soll, besteht bei diesen beiden Gesellschaften nicht, wohl aber für die anderen Gruppen von Handelsgesellschaften: die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien müssen eine „Firma", und zwar in der R e g e l eine Realfirma (s. oben § 16 S. 76f.) haben 2 ), und es muß bei diesen beiden Gesellschaftsarten die Art derselben ausdrücklich durch den formellen Zusatz „Aktiengesellschaft", bzw. „Kommanditgesellschaft auf A k t i e n " bezeichnet sein 8 ); und formal ist auch die Firma der Genossenschaft und die einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gesetzlich gestaltet, bei beiden sind die die Haftung der Mitglieder bezeichnenden Zusätze obligatorisch und streng formell:

die Firma

der Genossenschaft

muß vom Gegenstande des Unternehmens entlehnt sein und entsprechend der Art der Haftung der Mitglieder getragene

Genossenschaft

die

dafür gesetzlich

mit unbeschränkter

bestimmte Bezeichnung:

Haftpflicht",

bzw.

„ein-

„eingetragene

Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht", bzw. „eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht" 4 ), enthalten;

so muß auch

die Firma einer

Gesellschaft mit beschränkter Haftung in allen Fällen diesen ihr charakteristischen eben genannten Zusatz enthalten,

wenn auch im übrigen

das Firmenrecht dieser

Gesellschaftsart mehr Freiheit einräumt: die Firma kann nicht bloß eine Realfirma sein,

sondern sie kann

wenigstens

eines

auch

derselben

die

nebst

Namen einem

der Gesellschafter das Vorhandensein

oder des

den Namen Gesellschafts-

verhältnisses andeutenden Zusätze enthalten, während in die Genossenschaftsfirma niemals der Name von Genossen aufgenommen werden darf; die Namen fremder, d. h. der Assoziation nicht angehörender Personen dürfen weder in die Genossenschafts-, noch in die Firma einer G. m. b. H. aufgenommen werden 5 ).

In der

Firma eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit oder in einem Zusatz zu derselben ist auszudrücken,

daß Versicherung auf Gegenseitigkeit

betrieben wird 6 ).

VI. Die Entstehung einer jeden Handelsgesellschaft setzt z w e i A k t e voraus, die man in ihrem Verhältnis zueinander als Zeugungsakt ^ (A) und als Geburtsakt 8 ) (B) bezeichnen kann: J)

HGB. § 19 Abs. 1 u. 2. HGB. § 182 \bs. 2 Nr. I § 320 Abs. 3. 3) HGB. § 20. Ubergangsbestimmung s. EinfG. Art. 22. 4 ) GenG. § 3 Abs. I nach § 2. Vgl. unten § 381. 5 ) GenG. § 3 Abs. 2. GmbHG. § 4. ·) PrivVersUntG. § 18. 7 ) Vgl. BGB. § § 1923 Abs. 2, 1912. 8 ) Vgl. BGB. § § I, 1923 Abs. 2, 1918 Abs. 2. Die Analogie kann noch weiter fortgesetzt werden: in der Zeit zwischen der Zeugung und der Geburt ent2)

§ 24.

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

137

A. Der erstere dieser beiden Akte besteht bei allen Handelsgesellschaften ausnahmslos in der Schließung· eines Vertrags 1 ), nämlich eines Gesellschaftsvertrags 2 ); man kann in diesem Akte wiederum zwei Vorgänge unterscheiden: a) Die Feststellung des Vertragsinhalts und b) den Beitritt zum Vertrage, oder (mit anderen Worten) a) die Schaffung des Inhalts der — wie zu jedem Vertragsabschlüsse, so auch zu dem des Gesellschaftsvertrags gehörenden — Willenserklärung und b) die Bindung eben dieser Willenserklärung. Die Feststellung des Inhalts des Vertrags (a) kann bei denjenigen Gesellschaften, welche ihrer Natur nach nur auf eine geschlossene und geringe Mitgliederzahl berechnet sind, nämlich bei der offenen Handelsgesellschaft und bei der gewöhnlichen Kommanditgesellschaft, in beliebiger, auch ganz formloser Weise erfolgen und tatsächlich ohne weiteres mit dem Akte des Beitritts (b) zusammenfließen. Dagegen muß bei Gesellschaften mit nicht geschlossener Mitgliederzahl oder solchen, die auf den Beitritt sehr vieler Mitglieder berechnet sind, oder wenigstens sein können, wie die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien und wie die nicht im HGB. geregelten Gesellschaften 3 ) es sind, ein besonderes Gewicht auf die exakte formelle Feststellung des Vertragsinhalts gelegt werden; daher ist bei der Aktiengesellschaft und bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien die formelle Feststellung des Inhalts des Gesellschaftsvertrags („Statuts") als das Werk bestimmt auftretender Personen (nämlich von wenigstens fünf „ G r ü n d e r n " ) und in gerichtlicher oder notarieller „Verhandlung" (nicht bloß Beurkundung) 4 ) ausdrücklich vorgeschrieben 6 ); auch bei der Limitgesellschaft und dem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit bedarf der Gesellschaftsvertrag des Abschlusses in gerichtlicher oder notarieller Form 8 ), und das Statut einer eingetragenen Gestehen die Organe des werdenden Wesens.

S . H G B . §§ 1 9 2 ,

§ § 9 f f „ GmbHG. §§ 6, 7, 8. BGB. §§ 1 4 5 fr. 2 ) B G B . § 7 0 5 , H G B . §§ 1 0 5 , I 0 9 f f „ 1 6 1 , 3 2 0 , 3 2 1 ; GenG. §§ 5ff., i 8 f f . ; GmbHG. § § 2ff. 3 ) E . G „ G. m. b. H. u. VersichV. a. G. 4 ) G a r e i s , H G B . Anm. S zu § 1 8 2 . δ ) H G B . § § 1 8 2 , 3 2 0 A b s . 3, 3 2 1 , 3 2 2 . e ) G m b H G . § 2. PrivVersUntG. § 1 7 .

1 9 6 u. a „

GenG.

1 6 3 , 1 8 2 f f . , 188, 189,

2740.,

138

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

nossenschaft muß wenigstens schriftlich abgefaßt und unterzeichnet sein 1 ). b) Auch der von der Statutenfeststellung zu unterscheidende Akt des Beitritts unterliegt in bezug auf die Formvorschriften in einer ähnlichen Gradation: ganz formlos ist der Beitritt zur offenen Handelsgesellschaft und zur gewöhnlichen Kommanditgesellschaft möglich 2 ); der Aktiengesellschaft tritt man bei entweder durch Übernahme eines oder mehrerer Geschäftsanteile (Aktien) 8 ) oder (wenigstens bedingt) 4 ) durch Zeichnung eines Zeichnungsscheins®); dies gilt auch von dem Beitritt von Aktionären zur Kommanditgesellschaft auf Aktien®); der Beitritt zu einer eingetragenen Genossenschaft setzt die unbedingte Unterzeichnung des Statuts, bzw. die Eintragung in die Genossenschaftsliste voraus 7 ), und ebenso wird zum Beitritt zur Limitgesellschaft die Unterzeichnung des gerichtlich oder notariell abgeschlossenen Gesellschaftsvertrags verlangt 8 ), zur Abtretung eines Gesellschaftsanteils aber, sowie bei Erhöhung des Stammkapitals zur Übernahme einer auf das erhöhte Kapital zu leistenden Stammeinlage ein in gerichtlicher oder notarieller Form geschlossener Vertrag oder bzw. eine in dieser Form abgegebene Erklärung 9 ). Der Erwerb der Mitgliedschaft eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit setzt die Begründung eines Versicherungsverhältnisses mit dem Verein voraus 10 ). B. Als „Vollendung der Geburt" (vgl. BGB. § i) einer Handelsgesellschaft ist der Akt zu bezeichnen, mit welchem sie als solche „in Wirksamkeit tritt", und letzteres ist von dem Augenblick an der Fall, in welchem sie die rechtliche Fähig') GenG. § § S ff., I I . 2 ) G a r e i s , HGB. S. I I I Anm. 6 zu § 105; dort ist auch auf die A u s n a h m e n von der Formlosigkeit hingewiesen, die eintritt, wenn ein Grundstück eingebracht werden soll. BGB. § 313. s ) HGB. §§ 188 (Fall der Simultangründung), 190; spätere Übernahme je nach der Ubertragbarkeit der Aktien. HGB. § § 179, 221 ff. 4 ) Vgl. hinsichtlich der Bedingtheit die Vorschriften des HGB. § 196 und die Möglichkeit der Reduktion bei Uberzeichnung, sowie die Möglichkeit des Scheiterns der Unternehmung. So ζ. B. HGB. § 189 Abs. 3 Nr. 4. δ ) HGB. § § 189 (Fall der Sukzessivgründung), 196; bei späteren Emissionen (Erhöhung des Grundkapitals) §§ 281—283, EinfG. Art. 28. 7 ) GenG. §§ I I Abs. 2 Nr. 1, 15 Abs. 1, 3. 0) HGB. §§ 320—324. 8 ) GmbHG. § 2. 10) PrivVersUntG. § 20. ή GmbHG. § § 5 5 ff.

§ 24.

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

139

keit hat, sich selbst zu berechtigen 1 ) und zu verpflichten 2 ), und durch die Handlungen ihrer Vertreter auch ihre Mitglieder in der nach der besonderen A r t der Gesellschaftsform möglichen Weise zu verpflichten vermag 8 ). a) Diesen A u g e n b l i c k kann bei der offenen Handelsgesellschaft die Gesellschaft insofern selbst für sich wählen und bestimmen, als m i t dem tatsächlichen Beginnen ihrer Geschäfte schon v o r der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister 4 ) die Wirksamkeit der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten vollständig gemäß der dieser Gesellschaftsart überhaupt zukommenden Eigenheit: der Vertretungsbefugnis jedes Mitglieds 5 ) und der persönlichen Haftung jedes Mitglieds als Gesamtschuldner 6 ), gesetzlich 7 ) eintritt 8 ). b) Bei den anderen Handelsgesellschaften ist der Geburtsakt lediglich ein gerichtlicher V o r g a n g , die Eintragung in das Handelsregister (Gesellschaftsregister, bzw. Genossenschaftsregister) beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit die von der Aufsichtsbehörde erteilte Erlaubnis zum Geschäftsbetriebe, welche nur unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen erteilt und versagt werden darf 0 ); auch die offene Handelsgesellschaft und der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit wird in das Handelsregister eingetragen; auch bei ersterer hat die Eintragung die Bedeutung, daß damit die Wirksamkeit der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten beginnt, aber bei ihr hat nicht dieser V o r g a n g allein die a n g e g e b e n e Bedeutung, sondern dieselbe kommt, wie erwähnt; auch einem anderen V o r g a n g e zu, nämlich dem tatsächlichen Geschäftsanfange vor der Eintragung 1 0 ). A u c h bei anderen Gesellschaften kann vor der — obligatorischen — Eintragung der Geschäftsbeginn tatsächlich eröffnet werden; aber bei ihnen hat diese Eröffnung nicht die Bedeutung des Beginns der Wirksamkeit der Geselll)

2 ) S. oben unter I S. 129. S. oben unter I S. 129. Vgl. G a r e i s , H G B . S. 121 Anm, I zu § 123. 6 ) H G B . § § 125, 126. *) S. oben § 4 S. 24. ·) HGB. §§ 128—130. 7 ) Aufschub der Wirksamkeit ist ausgeschlossen nach Abs. 3 des HGB. § 123. 8 ) Ausgenommen, -wenn der Geschäftsbetrieb nur ein f o r m e l l e s Handelsgewerbe ist, was Eintragung nach § 2 anlangt. 9 ) PrivVersUntG. § § 6, 7, 15, 73; Rekurs gegen die Entscheidung s. PrivVersUntG. § 74, hierüber s. unten § 39 a. 10 ) HGB. § 123 Abs. 2. 3)

140

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

schaft als s o l c h e r , d. h. mit den ihr eigentümlichen Haftung^- und Vollmachtsabgrenzungen, sondern wenn vor der Eintragung der Gesellschaft im Namen derselben gehandelt wird, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch (als Gesamtschuldner) 1 ), und in der Kommanditgesellschaft haftet 2 ) jeder Kommanditist, der dem vorzeitigen Geschäftsbeginn zugestimmt hat, für die bis zur Eintragung begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter 8 ). Die Eintragung ist ein Rechtsakt, das Gericht muß sie vornehmen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, und muß sie verweigern, wenn sie nicht erfüllt sind, ein drittes gibt es nicht. Die Voraussetzungen sind gesetzlich aufgestellt, mit anderen Worten: jede Gesellschaft muß, wenn sie die bestimmte Handelsgesellschaftsform erlangen will, diejenigen Voraussetzungen erfüllen, welche gerade für diese bestimmte Form gesetzlich aufgestellt sind ( s o g . S y s t e m der N o r m a t i v b e s t i m m u n g e n ) . Am ausgebildetsten ist dieses System im Rechte der A k t i e n g e s e l l s c h a f t e n : vor der Eintragung in das Handelsregister ihres Sitzes besteht die Gesellschaft als solche nicht, wie bereits erwähnt wurde 4 ), die Eintragung aber ist nur dann rechtlich zulässig (dann aber auch nicht verweigerbar), wenn dem zuständigen Gerichte erbracht ist 5 ): 1. der Nachweis des gesetzlichen Vertragsabschlusses, welcher seinerseits in zwei Nachweisungen besteht, nämlich in dem der „ G r ü n d u n g " im eigentlichen Sinne, d. i. der richtigen Feststellung des Vertragsinhalts (s. oben A a. S. Ι37) β ) und in dem des richtig erfolgten Beitritts zu diesem Vertragsinhalt (s. oben Abs. I, S. 138), d. i. der obligatorischen Aktienübernahme 7 ); 2. der Nachweis der gesetzlich richtigen Organisation (Konstituierung der Gesellschaftsorgane) 8 ); 1 ) So bei der Aktiengesellschaft HGB. § 200, bei der GmbH., Ges. v. 20. April 1892 § I I Abs. 2. Vgl. das GenG. § 13. 2 ) Zwei Ausnahmen vorbehalten: der Fall, daß die beschränkte Haftung des einzelnen Kommanditisten den einzelnen Gläubigern bekannt war, und der Fall, daß das von der Gesellschaft betriebene Gewerbe nur ein formelles Handelsgewerbe nach § 2 des HGB. ist, die Eintragung also formell zur Handelsnatur vorausgesetzt werden muß; HGB. § 176. ä ) HGB. § 176. Daß es hierbei darauf ankommt, ob der Kommanditist dem Geschäftsbeginne zugestimmt habe oder nicht, ist neu im HGB. v. 1897 angeordnet. S. hierüber G a r e i s , HGB. S. 156 (Anm. 1 zu § 162) u. S. 165 (Anm. 1 zu § 176). 4 ) HGB. § 200. S. Β b vorige Seite. *) HGB. § 195. «) HGB. §§ 182—187. ? ) HGB. §§ 188—190, 195 Abs. 2 Nr. 3, 196. 8 ) HGB. §§ 182, 187, 191, 193, 202 („Gründung"); §§ 182 Abs. 2 Nr. 4, 190 Abs. 3, 192, 195, 201, 231—242, u. a. (Vorstand); §§ 190, 192, 195, 243—249; u. a. (Aufsichtsrat); §§ 182 Abs. 2 Nr. 5, 196, 197, 250 ff. (Generalversammlung); §§ 192 Abs. 2, 193, 194, 266, 267 (Revisoren).

§ 24. 3.

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

der Nachweis

14:1

der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung des Gründungs-

hergangs 1 ) ; 4. der Nachweis der gesetzlichen Einzahlung 2 ) und 5. wenn

der Gegenstand

des Unternehmens

der staatlichen

Genehmigung

bedarf, der Nachweis dieser 3 ). sind

analoge

Nachweise, wie bei der Aktiengesellschaft, dem Gerichte zu erbringen 4 ).

B e i der Errichtung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien

Ebenso

ist die Errichtung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung von der Eintragung und diese von der Erfüllung von Normativbestimmungen abhängig gemacht, nämlich von den bei der Anmeldung zu erbringenden Nachweisen, der Aktiengesellschaft geforderten entsprechen 6 ).

welche

den bei

Auch die Erwerbs- und Wirt-

schaftsgenossenschaft kann nur dann eingetragen werden, wenn bei der Anmeldung die Erfüllung

der Normativbestimmungen

nachgewiesen

wird 6 ).

Weit

geringer

sind die Ansprüche, welche das Gericht bei der Anmeldung von offenen Handelsgesellschaften und von gewöhnlichen Kommanditgesellschaften erhebt; es handelt sich in diesen Fällen nur um die Schaffung der Grundlagen, auf welchen das für das Publikum wichtige System von Rechtsvermutungen

in betreff der Schulden-

haftung aufgebaut werden kann und muß 7 ); demnach muß die Anmeldung jeder dieser beiden Gesellschaften die Persönlichkeit der Mitglieder feststellen und Firma, Sitz und Zeit

des Geschäftsbeginns enthalten,

und in

diesen Beziehungen

muß

das Handelsregister stets der Wahrheit entsprechend klar gehalten werden 8 ); die Verabredung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunkt als dem der Eintragung ihren Anfang nehmen solle, ist Dritten gegenüber unwirksam,

weil

sonst die Gesellschaft zum Nachteile des Publikums ganz willkürlich beschließen könnte, auf welche ihrer Schulden sich

die

Mitglieder erstrecke und auf welche nicht.

persönliche Gesamtschuldhaft

ihrer

Rechtlich wie der Geburtsakt ist die

Eintragung in das Handelsregister erfolgreich: a) bei jener offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft, deren Gewerbe erst durch die Eintragung zum Handelsgewerbe wird, also ein nur formelles Handelsgewerbe ist9), dann tritt nämlich die Gesamtschuldhaftung bzw. die beschränkte Haftung der Mitglieder mit der Eintragung handelsrechtlich ein 10 ), und b) bei der Kommanditgesellschaft, hier wird nämlich die begrenzte Haftung des Kommanditisten nur dann auf den gewollten Einlagebetrag eingeschränkt und demnach diese Gesellschaft das, was sie sein will, wenn die Eintragung vollzogen ist;

beginnt sie

Kommanditist,

aber

der

ihre Geschäfte v o r

diesem Zeitpunkte,

dem Geschäftsbeginne zugestimmt

hat —

so haftet jeder Ausnahmen

vor-

behalten, s. oben S. 140 Anm. 2 — , wie ein persönlich haftender (Komplementär), die Gesellschaft ist also ») 2 ) 3 ) 4 ) 0) «) ') werden. ") 10 )

dann,

den Konsens

aller

bei der Geschäftseröffnung

H G B . §§ 1 9 2 - 1 9 4 . H G B . §§ 195 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3. H G B . §§ 180 Abs. 2, 195 Abs. 2 Nr. 6. H G B . §§ 320 Abs. 3, 3 2 1 — 3 2 4 . GmbHG. §§ 8, 9, mit §§ 3 — 7 . GenG. §§ I I , 1 2 , mit §§ 2 — 9 . H G B . § 1 5 ; zudem kann die Anmeldung mittels Ordnungsstrafe erzwungen H G B . § 14. FreiwGerG. § 1 2 3 . 9 H G B . §§ 106, 107, 108, bzw. §§ 162, 1 7 2 . ) H G B . § 2. S. G a r e i s , H G B . S. 1 4 — 1 5 .

142

K a p . Π.

D i e Personen im

Handelsrecht.

vorausgesetzt, Dritten gegenüber keine offene Kommanditgesellschaft, sondern eine offene Handelsgesellschaft.

VII. Wie die Entstehung· einer jeden Handelsgesellschaft, so muß auch deren Endigung in das Handelsregister eingetragen werden, aber die Eintragung dieser letzteren Tatsache hat nirgends jene konstitutive (oder hier: ausschließend destruktive) Bedeutung, welche der Wirkung der Eintragung bei jenen Gesellschaften analog wäre, die vor der Eintragung ihrer Entstehung nicht als solche bestehen können, sondern hier entspricht die Eintragung analog nur der der Eintragung der offenen Handelsgesellschaft: die Anmeldung zur Eintragung kann durch Ordnungsstrafe erzwungen werden 1 ) und die Unterlassung der Anmeldung und der Eintragung hat die Wirkung, daß die Endigung des Gesellschaftsverhältnisses (also auch der auf demselben beruhenden Vertretungsmacht der einzelnen Gesellschafter, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer usw.) von demjenigen, in dessen Angelegenheiten die Endigung einzutragen war (also vor allem sämtlicher Gesellschaftsmitglieder), einem Dritten nicht entgegengesetzt werden kann, es sei denn, daß die Endigung diesem bekannt war. Die Handelsgesellschaften sterben an den wirksam gewordenen A u f l ö s u n g s g r ü n d e n , nicht an der Registrierung ihrer Auflösung. Unter den denkbaren Auflösungsgründen gibt es drei, welche bei jeder der sieben Formen der Handelsgesellschaft tödlich eingreifen können: 1. der Ablauf der im Gesellschaftsvertrage bestimmten Zeit2), 2. der Auflösungsbeschluß der Gesellschaft 3 ) (die sog. Dissoziation) und 3. die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft 4 ). *) S . oben S . 1 4 1 A n m . 7. 2 ) H G B . § § 2 9 2 N r . I ( A k t i e n G . u nach § 320. A b s . 3 auch K o m m a n d i t G . auf A k t i e n ) ; 1 3 1 N r . 1 (Offene H a n d e l s G . und nach § 1 6 1 A b s . 2 auch K o m manditG.); G e n G . § 7 9 ; G m b H G . § 0 0 N r I . PrivVersUntG. § 42. s ) Nämlich qualifizierter Generalversammlungsbeschluß (Dreiviertelsmajorität usw.) bei der A k t i e n G . u. K o m m a n d i t G . auf A k t i e n nach H G B . § § 2 9 2 N r . 2 , 3 2 0 , sowie bei der eingetragenen Genossenschaft G e n G . § 7 8 und bei der G m b H . § 6 0 N r . 2 ; bei der offenen Handelsgesellschaft ein Beschluß nach H G B . § § 1 1 6 A b s . 2 , 1 1 9 A b s . 1 oder 2 mit B G B . § 7 0 9 und ebenso auch bei der gewöhnlichen Kommanditgesellschaft. VersG. § 43 4 ) H G B . § § 2 9 2 N r . 3 (mit 3 2 0 ) , 1 3 1 N r . 3 (mit 1 6 1 ) ; G e n G . § § 1 0 1 , 9 8 , 9 9 ; G m b H G . § 6 0 N r . 4 nach dem E i n f G . zum H G B . A r t . I i X V I . PrivVersUntG. §§ 4 9 — 5 2 . Registerpflichtigkeit der K o n k u r s e r ö f f n u n g s. H G B . § 3 2 mit § 6 und

§ 24.

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

143

Diese drei Gründe, welche übrigens nicht die ausschließlichen Todesursachen der Handelsgesellschaften sind ] ), heben die Gesellschaft unmittelbar von Rechts wegen auf, ohne daß ein gerichtlicher Ausspruch oder eine gerichtliche Entscheidung dazu — abgesehen von Fällen der prozessualen Bestreitung des tatsächlichen Bestehens des Auflösungsgrundes — nötig wäre; andere Auflösungsgründe aber verlangen s t e t s eine gerichtliche Einmischung, in deren Ermangelung die Gesellschaft — wenigstens formell — fortbesteht, selbst wenn die Endigungsursache objektiv vorliegt, so die Kündigung einer offenen Handelsgesellschaft durch einen Gesellschafter 2 ) und die völlige Erreichung oder Vereitelung des Gesellschaftszwecks 8 ); wegen gesetzwidriger, das Gemeinwohl gefährdender Beschlüsse oder Handlungen können zwei Arten der Handelsgesellschaften, nämlich die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gerichtlich oder verwaltungsgerichtlich zur Auflösung gebracht werden 4 ). Der Tod eines einzelnen Mitglieds ist nur bei der offenen Handelsgesellschaft als unmittelbar wirkende Endigungsursache gesetzlich erwähnt und kann auch da als solche durch Vertrag ausgeschlossen sein 6 ); einer Genossenschaft kann der Tod eines Mitglieds verhängnisvoll werden, wenn dadurch die Zahl der Genossen unter sieben herabsinkt, weil dann das Gericht die Auflösung aussprechen kann®). Macht sich ein Auflösungsgrund nur in der Person eines einzelnen Mitglieds geltend, so kann die Gesellschaft gerettet werden, selbst wenn der Grund derart ist, daß er die Gesellschaft ihrer Art nach zu vernichten drohte 7 ). hierzu s. G a r e i s , HGB. Anm. 2 zu § 159 S. 147 u. 148. Hierzu s. KonkursO. (Fassung v. 20. Mai 1898) §§ 207—212. HGB. §§ 292 Abs. 2, 131 Nr. 4—6, 133; GenG. §§ 80, 81; GmbHG. §§ 61, 62. s ) HGB. §§ 131 Nr. 6, 133 (ebenso urie HGB. §§ 117, 127; s. G a r e i s , HGB. Anm. 2 zu § 117 S. 117—118, Anm. 1 zu § 127 S. 127. • 5 ) Vgl. aber BGB. § 726, hierzu die in voriger Anmerkung angegebenen Paragraphen; das GmbHG. § 61 setzt hier einen qualifizierten Klagantrag und gerichtliche Entscheidung voraus. 4 ) Nach näherer Bestimmung des GenG. § 81 (mit Preuß.G. vom 28. Mai 1890, GS. S. 135), GmbHG. § 62. 6 ) HGB. §§ 131 Nr. 4, 137, HO. e ) GenG. § 80. So der Konkurs über das Vermögen eines oflenen Handelsgesellschafters HGB. § 131 Nr. s, die Ausschließung eines solchen nach HGB § 133, die ein-

144

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Die F o r t s e t z u n g - einer einmal in den Zustand der Auflösung·, d. i. in die Wirksamkeit eines Auflösungsgrundes geratenen Handelsgesellschaft ist — abgesehen von den nur individuell wirkenden Gründen der Endigung des Gesellschaftsverhältnisses 1 ) — nur ausnahmsweise möglich 2 ); die Totalveräußerung des V e r m ö g e n s einer Aktiengesellschaft im ganzen wird vom Gesetzgeber nicht als F o r t s e t z u n g aufgefaßt 3 ), wie die U m w a n d l u n g einer Kommanditgesellschaft auf A k t i e n in eine reine Aktiengesellschaft 4 ), sondern wie die Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung 5 ), auf die Voraussetzung gestellt, daß die Gesellschaft a u f g e l ö s t sei, jedoch unter gesetzlicher A b änderung der sonst eintretenden Konsequenzen dieser Tatsache: bei jener Totalvermögensveräußerung 0 ), insbesondere in den Fällen der Verstaatlichung oder der Kommunalisierung 7 ) des Unternehmens und in denen der Gesellschaftsfusionierung 8 ) kann nämlich der Wegfall der Liquidation (s. unten VIII) vereinbart werden, die Firma einer solchen Gesellschaft erlischt seitige Kündigung nach HGB. § § 1 3 3 — 1 3 5 ; — Rettung der Gesellschaft s. HGB. § § 140, 141. M ü l l e r - E r z b a c h , Die Erhaltung des Unternehmens, s. Goldschmidts Z. Bd. 61 S. 357. ]) Diese wenigstens möglicherweise auf das Individuum eingeschränkt wirkenden Gründe bei der offenen Handelsgesellschaft s. vorige Anm.; bei der Kommanditgesellsch. HGB. § 161 Abs. 2 mit § 177 (Tod eines Kommanditisten hat die Auflösung der Gesellschaft nicht zur Folge). 2 ) Die offene Handelsgesellschaft und die Gesellschaft mit beschr. Haftung können von den Gesellschaftern selbst nach Eröffnung des Konkursverfahrens noch fortgesetzt werden, nämlich dann, wenn das Verfahren nach Abschluß eines Zwangsvergleichs aufgehoben oder auf Antrag des Gemeinschuldners eingestellt wird, s. HGB. § 144 u. § 60 Abs. 1 Nr. 4 d. GmbHG. nach der Fassung des EinfG. z. HGB. Art. 11 X V I . V o n der Kommanditgesellsch. gilt in dieser Hinsicht dasselbe wie von der offenen Handelsgesellschaft. Aber der über eine eingetragene Genossenschaft eröffnete Konkurs kann nicht durch Zwangsvergleich aufgehoben und erst, wenn mit dem Vollzüge der Schlußverteilung begonnen wurde, eingestellt werden, wozu die Zustimmung der bei letzterer berücksichtigten, möglicherweise auch noch anderer Gläubiger erforderlich ist. GenG. § 116. ®) Wenn aber zum Zwecke der Totalvermögensveräußerung oder der Fusion eine Aktiengesellschaft aufgelöst, dieser Zweck aber nicht erreicht worden ist, so kann die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen werden, s. HGB. § 307 mit Anm. I, hierzu b e i - G a r e i s , HGB. S. 280, 281. *) H G B . 5)

§§

332-334.

GmbHG. § § 80, 81. e ) HGB. § § 303 ff. Hinsichtlich eines Übereinkommens, wodurch der Versicherungsbestand eines Unternehmens — also auch eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit — in seiner Gesamtheit oder in einzelnen Zweigen mit den darauf bezüglichen Reserven und Prämienüberträgen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden soll, s. PrivVersUntG. § § 14. 43, 44. 8) HGB. §§ 305, 306. ') HGB. § 304.

§ 24·

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

145

in solchen Fällen nur dann sofort, wenn keine Liquidation, vielmehr der sofortige Totalübergang des ganzen Unternehmens an Staat, Gemeinde od. dgl. eintritt 1 ); abgesehen von derartigen Vereinbarungen kann sogar eine Übertragung der Firma, jedoch ohne den für Aktiengesellschaften charakteristischen Formalzusatz „Aktiengesellschaft" 2 ) stattfinden. Die Veränderung der Haftungsart der Mitglieder einer Genossenschaft 8 ) setzt ebensowenig wie die Umwandlung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine Aktiengesellschaft 4 ) die Annahme einer Auflösung der Gesellschaft voraus, wenn auch in den Ballen, wo die Haftung der Genossen reduziert wird, der Sicherheit der Gläubiger wegen, die bei einer Verteilung des Genossenschaftsvermögens im Falle der Auflösung· maßgebenden Vorschriften beobachtet werden müssen. VIII. Die Auflösung einer jeden Handelsgesellschaft führt naturgemäß zur A u s e i n a n d e r s e t z u n g der Gesellschafter in Ansehung ihrer Ansprüche an das Gesellschaftsvermögen 6 ); doch kann diese Folge der Auflösung erst dann eintreten, wenn die laufenden Geschäfte der Gesellschaft beendigt, ihre Schulden berichtigt und ihre Forderungen eingezogen worden sind, das Aktivvermögen der Gesellschaft festgestellt und, soweit möglich, in bares Geld umgewandelt ist. Dieses zu erreichen, ist der Zweck eines Zwischenaktes, der sich zwischen die Auflösung der Gesellschaft und die Auseinandersetzung der Gesellschafter — regelmäßig, aber nicht immer — drängt6), gewissermaßen ein begrenztes „Leben nach dem Tode" 7 ) bildet und L i q u i d a t i o n heißt. Der Laie spricht von „Liquidation" vorzugsweise dann, wenn die Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkurses aufgelöst worden ist, der Gesetzgeber aber nennt die konkursrechtliche Beendigung der Geschäfte nie Liquidation, sondern läßt letztere im technischen Sinne gerade nur außer dem Falle des Konkurses eintreten 8 ). Die Liquidation besteht in der Umsetzung des reinen Aktivvermögens der Gesellschaft in Geld und umfaßt alle rechts) ) *) ·) 7) ") ]

2

HGB. § 304, G a r e i s , HGB. Anm. 6 zu diesem Paragraphen. HGB. § 20 s. oben S. 136. 3 ) GenGes. §§ 143—145. 5 ) Vgl. BGB. §§ 730 ff. S. vorige Seite Anm. 4. RGer. Bd. 31 S. 47, s. unten § 28. Vgl. HGB. §§ 145 (161 Abs. 2), 294 Abs. 2, GenG. § 87, GmbHG. § 69. Vgl. HGB. §§ 145 Abs. 1, 2 9 4 Abs. 1; GmbHG. § 66.

G a r e i s , Handelsrecht.

8. Aufl.

10

146

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

geschäftlichen Handlungen, welche nach der Auflösung· der Gesellschaft zur Herbeiführung dieser Umsetzung notwendig oder zweckdienlich sind, also nicht bloß die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger, die Einziehung der Gesellschaftsforderungen und die Bezahlung der Gesellschaftsschulden, sondern auch den Abschluß neuer Geschäfte (ζ. B. nicht bloß Realisationsveräußerungen, sondern auch Deckungseinkäufe), soweit solche zur Beendigung der schwebenden Geschäfte (ζ. B. einer Handelsoperation in dem oben § 8 A S. 37 fr. erörterten Sinne, zur Erfüllung von übernommenen Aufträgen usw.) erforderlich sind1). Die (handelsrechtliche) Liquidation tritt nicht nur dann nicht ein, wenn über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet ist (s. oben), sondern auch dann nicht, wenn die Gesellschafter eine andere Art der Auseinandersetzung rechtsgültig vereinbart haben; eine solche „andere Art der Auseinandersetzung" wäre ζ. B . der Totalverkauf des ganzen Gesellschaftsunternehmens als Ganzes (mit Ubergang aller Aktiva und Passiva und Teilung des Erlöses dieses Verkaufs unter den Gesellschaftern), ferner die Übertragung des Gesellschaftsvermögens an eine andere Gesellschaft, oder die Naturalteilung des Vermögens, oder die Umwandlung der Gesellschaft in eine andere Gesellschaftsart 2 ). Ob

ein Ersatz

andersetzung lösung

der Liquidation

rechtlich

zulässig

ist,

begriffenen Gesellschaft ab:

der Kommanditgesellschaft ist ein einen

e i n s t i m m i g e n Beschluß

durch eine solche andere Art der Auseinhängt bei

von

der

Art

der in

der

Auf-

der offenen Handelsgesellschaft und bei

derartiger Ersatz zulässig, setzt aber immer

sämtlicher bei

der Auflösung der Gesellschaft

vorhandenen Gesellschafter, bzw. deren Erben voraus, denn es ist ein unentziehbares Mitgliedschaftsrecht

eines jeden Gesellschafters, zu verlangen,

daß — ab-

gesehen vom Falle des Konkurses — die ordnungsmäßige handelsrechtliche Liquidation eintrete; dieses Mitgliedschaftsrecht auszuüben, steht, wenn die Gesellschaft durch Kündigung 3 )

seitens

des Gläubigers

eines Gesellschafters oder durch Er-

öffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst worden ist, jenem Gläubiger oder bzw. dem Konkursverwalter des zuletzt erwähnten Gesellschafters an Stelle

der betr. Schuldner

Ersatz der Liquidation

durch

zu;

deshalb kann in diesen Fällen der

eine andere Art

Zustimmung dieses kündigenden Einzelgläubigers,

der Auseinandersetzung nur mit bzw. dieses Konkursverwalters

') R G Z . Bd. 4 S. 61 („neue Geschäfte"), R G Z . Bd. 5 S. 8 („laufende Geschäfte"), R G Z . Bd. 7 S. 1 1 9 . 2 ) R G Z . Bd. 3 1 S. 47. V g l . G a r e i s , H G B . Anm. 1 zu § 1 4 5 . ») H G B . §§ 1 4 1 . MS-

13s,

§ 24. beschlossen

147

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

werden 1 ).

Auch

bei

der Auflösung einer Aktiengesellschaft (sowie

einer Kommanditgesellschaft auf A k t i e n ) ist die handelsrechtliche Liquidation



abgesehen v o m Falle des K o n k u r s e s über das V e r m ö g e n der Gesellschaft —

die

R e g e l ; jedoch gestattet das Gesetz auch hier eine A u s n a h m e : wenn nämlich von der Generalversammlung äußerung

im

die Verwertung

des Gesellschaftsvermögens

ganzen beschlossen worden ist,

durch Ver-

wozu mindestens eine Dreiviertels-

majorität des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals gehört 2 ), so kann (nicht

muß)

in

gesetzlich bestimmten Fällen —

aber nur in diesen —

zugleich

beschlossen werden, daß die Liquidation unterbleiben, die Geschäfte also ununterbrochen

von

dem

das Gesellschaftsvermögen Ubernehmenden fortgesetzt werden

sollen; diese Fälle sind: 1. die Verstaatlichung nehmens

oder

die Kommunalisierung

des

Gesellschaftsunter-

;

2. die Fusion der Gesellschaft mit einer anderen A k t i e n - oder K o m m a n d i t gesellschaft auf A k t i e n , d. i. die Veräußerung des Gesellschaftsvermögens an eine der

letzteren Gesellschaften

gegen Gewährung

von A k t i e n

der

übernehmenden

Gesellschaft 4 ); 3. der F a l l der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine G. m. b. H. 5 ).

Bei Auflösung· einer eingetr. Genossenschaft, einer G. m. b. H. und einer VersichG. a. G. kann — außer im Falle des Konkurses — die handelsrechtliche Liquidation nicht umgangen werden. W e r zur Besorgung· der Liquidation und demnach während des Liquidationsstadiums zur Vertretung der in der Auflösung begriffenen Gesellschaft berufen sei, hängt von der A r t der Gesellschaft ab; im allgemeinen läßt sich nur folgendes feststellen: je nachdem bei einer Handelsgesellschaft mehr die Eigenart eines V e r e i n s oder die einer G e s e l l s c h a f t , beide Begriffe im Sinne des B G B . genommen 6 ), vorherrscht, sind zur Liquidation entweder die normalen Handlungs- oder Vertretungsorgane (der Vorstand 7 ) oder andernfalls die sämtlichen Gesellschafter) 8 ) regelmäßig berufen („geborne Liquidatoren"). Ersteres ist der Fall bei der Aktiengesellschaft 9 ), ') H G B . § 1 4 5

§ 145·

A b s . 2 u. für d. Kommanditgesellsch.

§ 161

A b s . 2 mit

2)

H G B . § 303. H G B . § 304. IIGB. §§ 305—317. D i e merkwürdige Fortsetzung trotz der A u f l ö s u n g s. oben b e i A n m . 2 S. 144 u. G a r e i s , H G B . § 307 A n m . I S. 2 8 7 — 2 8 8 . A n fechtung des Generalversammlungsbeschlusses in Fällen der § § 3 0 3 — 3 0 6 s. H G B . § 308, unten § 36 I I I a. E . 5 ) G m b H G . § § 80, 8 1 . V g l . K . L e h m a n n , Lehrb. S. 448, 449, s. auch unten § 36 H I . 0) Einerseits B G B . § § 21 ff„ 4 8 — 5 3 und andererseits 705 ff., 7 3 0 — 7 3 5 . 7) B G B . § 48. ») B G B . § 730. ») B G B . § 295. 3)

4)

10*

148

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

der eingetragenen Genossenschaft 1 ) und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung· 2 ); letzteres bei der offenen Handelsgesellschaft 3 ) und, soweit· es sich um die persönlich haftenden Gesellschafter handelt, zweifellos auch bei den Kommanditgesellschaften auf und ohne Aktien; bezüglich der Kommanditisten ist so viel sicher, daß sie bei der Liquidation durch einen von ihnen gewählten Vertreter mitwirken, wenn sie Aktionäre sind 4 ), andernfalls könnte man zweifelhaft werden infolg'e der Vorschrift des Gesetzes, wonach sie nicht zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sind 5 ); allein diese Vorschrift schließt doch nicht aus, daß den Kommanditisten im Liquidationsstadium umfangreichere R e c h t e zuwachsen, als sie während des normalen Lebens der Kommanditgesellschaft hatten 6 ), und daß es bei der Gleichstellung mit der offenen Handelsgesellschaft in dieser Hinsicht sein Bewenden hat 7 ). Anstatt der hiernach gesetzlich berufenen (sog. gebornen) Liquidatoren können aber in allen Fällen durch Beschluß der Gesellschafter oder durch den Gesellschaftsvertrag andere Personen z^ur Liquidation berufen sein 8 ), g e k o r n e Liquidatoren 9 ), so daß also die vorerwähnte gesetzliche Bezeichnung der Liquidatoren nur eine Dispositivvorschrift des Gesetzgebers ist. Die einen wie die anderen Liquidatoren, gekorne wie geborne, können aus wichtigen Gründen auf Antrag eines B e teiligten durch einstimmigen Beschluß oder durch das Gericht abberufen und auch ersetzt werden (gerichtliche Liquidatoren); bei Aktiengesellschaften wird vorausgesetzt, daß der Antrag auf Abberufung oder auf gerichtliche Bestellung von Liquidatoren entweder vom Aufsichtsrat oder von Aktionären gestellt ist, welche zusammen Anteile von mindestens dem zwanzigsten Teile des Grundkapitals besitzen, und zwar schon seit mindestens sechs Monaten 1 0 ); dasselbe gilt von den Liqui!) GenG. § 83. *) GmbHG. § 66. H G B . § 146. ) H G B . § 3 3 1 , wie die Erben eines verstorbenen Gesellschafters s. H G B . § 1 4 6 Abs. 1 S. 2. 5 ) HGB. § 170. e ) v. C a n s t e i n , Lehrb. d. österr. H R . Bd. I S. 5 9 5 Anm. 3 1 . ή Denkschrift z. R V o r l . ( § § 1 7 0 — 1 7 5 mit 1 5 9 A b s . 2 ders.) S. 3 1 9 7 . 8 ) H G B . §§ 1 4 6 (mit 1 6 1 A b s . 2), 2 9 5 , 320, GenG. § 8 3 , GmbHG. § 66. e ) v. C a n s t e i n a. a. O. S. 594. 10 ) H G B . §§ 1 4 6 (Abs. 2, 3), 1 4 7 , 2 9 5 (Abs. 2, 3), Zuständigkeit des Amtsgerichts s. F G G . § 1 4 5 A b s . l ; über das Verfahren s. ebenfalls F G G . § 1 4 6 und M a k o w e r ( 1 3 . Aufl.) S. 286. 4

§ 24.

149

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

datoren einer Genossenschaft und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung", nur daß bei letzterer Gesellschaft die Geschäftsanteile der Antragsteller mindestens den zehnten Teil des Stammkapitals bilden müssen, und bei der Genossenschaft der Antrag, wenn nicht vom Aufsichtsrate, von mindestens dem zehnten Teile der Genossen ausgehen muß. Kommen

und

Gehen

der

Liquidatoren

ist

registerpflichtig:

die

ersten

Liquidatoren einer Aktiengesellschaft sind durch den Vorstand, die späteren Änderungen in den Personen der Liquidatoren durch die Liquidatoren a n z u m e l d e n ; bei der offenen Handelsgesellschaft haben sämtliche Gesellschafter die Pflicht, die Liquidatoren und jede Änderung in dem Bestände derselben zum Handelsregister anzumelden 2 ); der bisherigen Firma der Gesellschaft ist (als „Liquidations-" oder „Stralzierungsfirma") ein das Vorhandensein des Liquidationszustandes anzeigender Zusatz beizufügen 3 ).

Die Zuständigkeit der Liquidatoren richtet sich sachlich nach dem Zwecke der Liquidation, wie er oben (S. 145 f.) g e schildert wurde 4), und das Publikum ist berechtigt, anzunehmen, daß die Liquidatoren zur Vornahme aller einschlägigen gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretungshandlungen berechtigt sind, und zwar im Zweifel (d. h. wenn nichts anderes registriert ist) kollektiv 6 ): eine Beschränkung des U m f a n g s der Befugnisse der Liquidatoren ist Dritten g e g e n ü b e r nicht wirksam, wohl aber den Liquidatoren selbst gegenüber, wenn die Beschränkung von den Gesellschaftern (im Konkursfalle von den Gläubigern) einstimmig beschlossen worden ist 6 ). A l s besondere Pflichten der Liquidatoren sind hervorzuheben: 1. die Verpflichtung der richtigen und rechtzeitigen A u f ') H G B . § 296 (nähere Formvorschriften s. Abs. 2, 3, 4); analog nun § 82 des GenG. (nach der Fassung des EinfG. zum H G B . v. 10. Mai 1897 Art. 1 0 V I I I ) , § 67 des GmbHG. (nach der Fassung des Art. 11 X I X desselben EinfG. und VersichGG. § 447. 2 ) H G B . § 148. 3 ) H G B . § 1 5 3 ζ. B . „ A u g . Müller & Cie. in Liquidation". H G B . § 298 Abs. 1 : „Maschinenbaugesellschaft Herkules, Aktiengesellschaft in Liquidation". 4 ) Neben den sich hieraus ergebenden allgemeinen Pflichten stehen die unten (s. nächste Seite) hervorzuhebenden besonderen Pflichten: I. Bilanzaufstellung (und zwar Anfangs-, Jahres- und Schlußbilanz). II. FirmenzeichDung (Liquidationsfirma). Hl. Gläubigeraufforderung (dreimal). 5 ) H G B . §§ 1 4 9 — 1 5 1 , 298, GenG. § 85. GmbHG. § 68. Die Zahl der Liquidatoren ist bei der Genossenschaft nach einer Seite hin begrenzt; es müssen hier wenigstens zwei Liquidatoren bestellt werden, GenG. § 83 Abs. 2, § 85. e ) H G B . § 1 5 2 mit § 146, für Liquidatoren der Aktiengesellschaft s. H G B . §§ 298 Abs. 2 u. 3, 2 3 5 (jedoch kein Konkurrenzverbot §§ 236, 298 1. Satz und keine Prokura, § 298 1. Absatz), GenG. §§ 26, 27, 29, 89, GmbHG. §§ 36, 37, 7 1 .

150

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Stellung- der Bilanzen, und zwar der Eröffnungs-, Jahres- und Schlußbilanzen 1 ); die strengeren Grundsätze der Aktiengesellschaftsbilanzen kommen bei der Liquidation nicht zur Anwendung 2 ); 2. die Pflicht der Firmenzeichnung nach Maßgabe besonderer Formalvorschriften 8 ) und 3. die Gläubigeraufforderung 4 ). W o ein Aufsichtsrat besteht, hat er auch die Tätigkeit der Liquidatoren zu überwachen, wie denn überhaupt die Organisation einer jeden Handelsgesellschaft während der Liquidation fortbesteht, sofern nicht der Zweck der letzteren und das Vorhandensein besonderer Liquidatoren ein anderes ergibt 8 ). Grundstücke, welche sich im Vermögen der liquidierenden Gesellschaft befinden, können von den Liquidatoren nunmehr aus freier Hand veräußert werden, es wäre denn, daß die Personen, deren Anweisungen die Liquidatoren zu befolgen haben, die — früher gesetzlich vorgeschriebene — öffentliche Versteigerung des Immobiliars verlangen 6 ). Zur Liquidation (wenigstens im weiteren Sinne) gehört auch die schließliche Vermögensverteilung: bei der offenen Handelsgesellschaft, sowie bei der Kommanditgesellschaft kann diese sofort, nachdem sich das zur Verteilung zu bringende Aktivum herausgestellt hat, tatsächlich vorgenommen werden, ja es kann schon während der Liquidation das sich als entbehrlich ergebende Geld vorläufig verteilt werden 7 ); nicht so bei den anderen Handelsgesellschaften, welche bich dem Typus der Vereine nähern und daher, wie diese8), nicht eher zur Verteilung des Vermögens schreiten können, als bis das sog. S p e r r j a h r (gesperrtes Jahr) abgelaufen ist; demnach darf H G B . §§ 1 5 4 , 299, GenG. § 89 (mit EinfG. z. H G B . ) § 7 1 . ) H G B . § 299 A b s . 2 1. Satz mit G a r e i s Anm. 3 u. 4 hierzu; vgl. auch unten § 3 6 Η ι. 3 ) S. Anm. 3 auf voriger Seite. 4 ) H G B . § 2 9 7 ( = B G B . § 5 0 Abs. 1), GenG. § 8 2 , G m b H G . § 65. Vgl. unten § 3 6 I I 3. 6 ) H G B . §§ 1 5 6 , 294 A b s . 2 ; hierzu G a r e i s , H G B . A n m . 6 zu § 266 u. Anm. I u. 3 zu § 2 9 4 , GenG. §§ 87, 90; G m b H G . §§ 69, 7 3 . e ) H G B . §§ 1 4 9 , 1 5 2 ( G a r e i s , H G B . S 1 4 1 Anm. 2), GenG. § 89 (nach dem EinfG. z. H G B . Art. 1 0 I X im Gegensatz zu dem seither. A b s . 2 des § 87), G m b H G . § 70, vgl. auch schon B G B . § 49. 7 ) H G B . § 1 5 5 ; im Streitfalle aber ist die Verteilung auszusetzen, A b s . 3 desselben Paragraphen. 8 ) BGB. § 51. 2

§ 24.

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

151

die Verteilung des Vermögens einer Aktiengesellschaft 1 ), einer Kommanditgesellschaft auf Aktien 2 ), einer eingetragenen Genossenschaft 3 ) und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung 4 ) n u r erfolgen, wenn seit dem Tage, an welchem die gesetzlich vorgeschriebene 5 ) öffentliche A u f f o r d e r u n g an die Gläubiger zum drittenmal stattgefunden hat, ein Jahr verstrichen ist; meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die B e r e c h t i g u n g zur H i n t e r l e g u n g vorhanden ist, für den Gläubiger zu h i n t e r l e g e n ; ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Verteilung des V e r m ö g e n s nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist 6 ). Unter Umständen können m e h r e r e Verteilungen nacheinander notwendig werden 7 ). Das V e r h ä l t n i s , in welchem das V e r m ö g e n unter den Gesellschaftern schließlich zu v e r t e i l e n ist, bestimmt sich nach der Gesellschaftsart und dem V e r t r a g e ; so bei der offenen Handelsgesellschaft nach dem Verhältnis der Kapitalanteile, wie sie sich auf Grund der Schlußbilanz 8 ) ergeben 9 ), bei der Aktiengesellschaft nach dem Verhältnis der Aktienbeträge 1 0 ), sofern nicht mehrere Gattungen 1 1 ) von Aktien mit verschiedener B e r e c h t i g u n g vorhanden sind; sind die Einzahlungen nicht auf alle Aktien in demselben Verhältnisse geleistet, so werden die auf das Grundkapital geleisteten Einzahlungen erstattet und ein Uberschuß nach dem Verhältnisse der A k t i e n b e t r ä g e verteilt; reicht das vorhandene V e r m ö g e n zur Erstattung der Einzahlungen nicht aus, so haben die Aktionäre den Verlust nach dem Verhältnisse der Aktienbeträge zu tragen, die noch ausstehenden Einzahlungen sind, soweit es hierzu erforderlich ist, einzuziehen 12 ). Bei der ein·) H G B . § 3 0 1 . 2 ) H G B . § 3 2 0 A b s . 3 mit § 3 0 1 . 4 ) GenG. § 90 A b s . 1. ) GmbHG. § 7 3 . 5 ) S. oben S. 149 Anm. 4 I I I und auf S. 1 5 0 Anm. 4. e ) H G B . § 3 0 1 (mit 3 2 0 Abs. 2), GenG. § 90 Abs. 2 und GmbHG. § 7 3 A b s . 2, letztere beiden Gesetzesvorschriften nach dem EinfG. z. H G B . Art. ΙΟ X bzw. Art. 1 1 X X I . 7 8 ) H G B . § 3 0 2 Abs. 4. ) S. oben S. 1 5 0 Anm. 1. 9 ) H G B . § 1 5 5 ; bezügl. der Kommanditgesellschaft ebenso nach H G B . § 1 6 1 A b s . 2. 10 ) H G B . § 300, ebenso auch bezügl. der Kommanditgesellschaft auf Aktien nach H G B . § 3 2 0 A b s . 3. 12 " ) HGB. § 214. ) H G B . § 3 0 0 A b s . 3. 3

152

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

getragenen Genossenschaft sind Überschüsse, welche sich über den Gesamtbetrag· der Guthaben der Genossen hinaas ergeben, nach Köpfen zu verteilen, sofern der Grundvertrag nichts anderes bestimmt 1 ). Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung bildet in Ermangelung anderer Vereinbarung der Geschäftsanteil den Maßstab der schließlichen Vermögensverteilung 2 ). Ist die Liquidation beendigt, so muß das Erloschen der (Liquidations-)Firma v o n den Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden 3 ); findet eine Auflösung der Gesellschaft

ohne

handelsrechtliche

Liquidation

statt,

so obliegt die A n m e l d u n g des Erlöschens der Firma entweder den Gesellschaftern, bzw. bei den sich

dem Vereinstypus

nähernden Handelsgesellschaften

standsmitgliedern 4 ), oder es findet Konkursrecht 5 )

den V o r -

Anwendung.

D i e Bücher und Geschäftspapiere einer aufgelösten Handelsgesellschaft werden einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung g e g e b e n ; dieser wird in Ermangelung einer Verständigung durch das Gericht bestimmt, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hatte 6 ).

D i e Dauer der obligatorischen A u f b e w a h r u n g

(zehn Jahre) ist für die Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf A k t i e n besonders bestimmt'),

im übrigen

ergibt

B e i der offenen Handelsgesellschaft ditisten) und deren Erben Einsicht

sie

sich

behalten

aus der allgemeinen R e g e l 8 ) .

die Gesellschafter (und K o m m a n -

(nicht aber andere Rechtsnachfolger)

und auf Benutzung

der Geschäftspapiere und Bücher 9 );

das R e c h t Aktionäre

auf und

Gläubiger von Aktiengesellschaften haben dieses R e c h t nicht, es wäre denn, daß ihnen das Gericht Einsicht besonders gestattet 10 ). statt der Liquidation ganzen

eine andere A r t

Gesellschaftsunternehmens

Naturalteilung

oder Übertragung

und des

Vereinbaren

der Auseinandersetzung, Teilung

des Erlöses

ganzen Unternehmens

die Gesellschafter ζ. B . Verkauf des

Verkaufs

des oder

an eine andere Ge-

sellschaft oder Umwandlung in eine solche 1 1 ), so finden, solange ungeteiltes Vermögen vorhanden ist, stets im Verhältnis zu Dritten die für die Liquidation maßgebenden Vorschriften entsprechende

Anwendung 1 2 ).

l ) GenG. § 91. *) G m b H G . § 72. 3 ) H G B . § 157 A b s . 1 (mit § 161 A b s . 2), 302 A b s . I (mit § 320). A n a l o g GenG. § 87 und G m b H G . § 73. 4 ) H G B . § § 304 A b s . 3, 305, 306, Fortsetzungsanmeldung § 307 A b s . 2. 5 ) K o n k O . § § 207, 208, H G B . § 31. 6 ) H G B . § 1 5 7 A b s . 2 (mit § 1 6 1 ) . Hierzu F G G . § 145 (Amtsgericht). ' ) H G B . § 302 A b s . 2. Hierzu F G G . § 145 (Amtsgericht). 8 ) H G B . § 44 A b s . 1 u. 2. 9 ) H G B . § 157 A b s . 3, auch G m b H G . § 62. 10 ) H G B . § 302 A b s . 3 (Amtsgericht) nach dem F G G . n ) Zu Auseinandersetzungen ohne Liquidation ist die Zustimmung des Privatgläubigers, bzw. des Konkursverwalters eines Gesellschafters in zwei bestimmten Fällen erforderlich; s. H G B . § 145 A b s . 2 s. unten § 28 C S 179. 12) H G B . § § 158, 302 A b s . 4 (mit Freiw.Ger.G. § 145 A b s . 1), 303, 307. U b e r Konkurseröffnung bei noch vorhandenem ungeteiltem V e r m ö g e n s. K o n k O r d . § § 207 A b s . 2, 209 A b s . 2.

§ 24.

Übereinstimmendes und Vergleichendes usw.

153

IX. Ist eine Handelsgesellschaft zufolge fehlerhafter Errichtung und durch unzulässige Eintragung in das Handelsregister zu einer Scheinexistenz gelangt, so tritt deren Beseitigung entweder von Amts wegen oder auf Antrag Beteiligter ein. Jede Eintragung im Handelsregister, welche wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, kann und soll dem Registergerichte Veranlassung geben, die Löschung zu bewirken 1 ). Daneben besteht selbstverständlich die Möglichkeit der nach dem bürgerlichen Rechte sich richtenden Nichtigkeit und Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts der Errichtung der Gesellschaft 2 ); zudem stellt das positive Recht noch besondere Fälle auf, in denen gewisse Rechtsakte, welche mit der Errichtung einer Gesellschaft zusammenhängen, nichtig sind 3 ). Bei denjenigen Handelsgesellschaften, welche sich dem Typus des Vereins nähern, ist jedem Gesellschafter, sowie jedem Mitgliede seines obersten geschäftsführenden, sowie seines beaufsichtigenden Organs für den Fall, daß der Gesellschaftsvertrag nicht die nach dem Gesetze wesentlichen Bestimmungen enthält oder daß eine derselben nichtig ist, eine Nichtigkeitsklage gegeben; mit anderen Worten, jede der eben erwähnten Personen kann alsdann im W e g e der Klage beantragen, daß die Gesellschaft für nichtig erklärt werde 4). Bei gewissen — zwar an sich die Nichtigkeit der Gesellschaft nach sich ziehenden, aber doch geringfügigeren — Fehlern der Errichtung einer sich dem Typus des Vereins nähernden Gesellschaft, ζ. B. bei Verletzung des Firmenrechts oder der Vorschriften über den Sitz der Gesellschaft u. dgl., kann aber eine Heilung auf einem außerordentlichen W e g e herbeigeführt werden, nämlich auf dem W e g e eines General1

) F G G . §§ 1 3 2 , 142, 144, u. ebenda § 143, s. das Verfahren dieser Löschung. ) B G B . §§ 1 1 7 — 1 4 4 . Über den Begriff und die Arten der Fehlerhaftigkeit eines Rechtsgeschäfts nach dem B G B . s. H e l l m a n n a. a. Ο. I S. 1 1 3 ff. 2

3 ) S. ζ. B . H G B . § 209. Andere fehlerhafte Ereignisse im Gesellschaftsleben s. H G B . 2 7 1 u. F G G . § 144 Abs. 2. 4 ) Hinsichtlich einer Aktiengesellschaft s. H G B . §§ 309, 3 1 1 . F G G . § 144 Abs. 1 u. 3, hinsichtlich Kommanditgesellschaften auf Aktien dieselben Paragraphen gemäß H G B . § 320 Abs. 3 ; hinsichtlich der Genossenschaften s. EinfG. z. H G B . Art. ΊΟ X I , die neuen §§ 94—97 des GenG.; hinsichtlich der G. m. b. H. ebenfalls nach dem EinfG. z. H G B . u. zwar nach Art. I I X X I I ; die dem GmbHG. neu hinzugefügten §§ 7 5 — 7 7 .

154

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

Versammlungsbeschlusses, liche S t a t u t e n ä n d e r u n g

w i e w e n n es sich um

eine

gewöhn-

handelte1).

Von den einzelnen Handelsgesellschaften insbesondere: 1. D i e

offene

Handelsgesellschaft2). §

25.

I. Wesen und Errichtung. D e r rechtsgeschichtlich durch A u s b i l d u n g des F i r m e n r e c h t s und des Stellvertretungsprinzips m ö g l i c h g e w o r d e n e n und schon seit dem 11. Jahrhundert n a c h w e i s b a r e n 3 ) offenen Handelsgesellschaft 4 ) ist dreierlei (kumulativ) charakteristisch: 1. daß zwei oder mehrere P e r s o n e n ein H a n d e l s g e w e r b e 6 ) (über diesen B e g r i f f s. oben §§ 7 [S. 34, 35], 11, S. 46, 47) eines Vollkaufmanns 6 ), wenn auch nur ein formelles 7 ), betreiben, und zwar 2. unter einer gemeinschaftlichen Firma 8 ), und 3. daß nach M a ß g a b e der hierin als zwingendes R e c h t anzusehenden Norm des Gesellschaftsvertrags 9 ) bei keinem der Gesellschafter die H a f t u n g g e g e n ü b e r den Gesellschaftsg l ä u b i g e r n 10) i r g e n d w i e b e s c h r ä n k t ist, vielmehr extern jeder Gesellschafter für alle V e r b i n d l i c h k e i t e n der Gesellschaft als Gesamtschuldner (solidarisch) l l ) und persönlich (d. i. mit seinem 1 ) Uber die Begründung dieses Auswegs s. G a r e i s , Anm. 1 zu HGB. § 310; für Aktiengesellschaften s. HGB. § 310, für Kommanditgesellschaften § 320 Abs. 3, für eingetragene Genossenschaften s. EinfG. z. HGB. Art. 10 X I § 95 Abs. 2, für GmbH. s. EinfG. z. HGB. Art. 11 X X I I § 76. 2) Lit. C o s a c k , Lehrb. §§ 105—110. L e h m a n n , Lehrb. §§ 55—64. H e i l f r o n , Lehrb. §§ 23—28. 3) Vgl. L a s t i g im Hdbch. Bd. 1 § § 75, 78, 80 ff. (compagnia palese); B e h r e n d , Lehrb. § 63 Anm. 1. GUGesch. S. 271 ff. Vgl. auch oben § 23 S. 125 und Anm. 3 auf derselben Seite. 4 ) Auch Kollektivgesellschaft, französisch societe en nom collectif (Code de commerce art. 20), mitunter auch kurzweg Handelskompagnie od. dgl. genannt. 5 ) HGB. § I Abs. 2 Nr. 1—9, § § 2, 105 mit Anm. 2 bei G a r e i s , HGB. Über den hier obligatorischen Zweck des Unternehmens s. a. oben § 24 I S. 132. e ) HGB. § 4. S. oben § 12 Η S. 52. ') HGB. § 2. S. oben § 8 S. 4 0 - 4 1 . 8) HGB. § 19 Abs. I, § 105. S. auch oben § 16 S. 76 ff. u. § 24 V S. 135 ff. 9 ) G a r e i s , HGB. Vorbemerkung vor § 105 S. I i i , 112. 10 ) Gegenüber den Mitgesellschaftern kann die Haftung vertragsmäßig beschränkt werden, s. unten S. 156, 157. " ) HGB. § § 105, 128. BGB. §§ 421 ff.

Offene Handelsgesellschaft.

§ 25.

Wesen und Errichtung.

155

ganzen Vermögen) haftet — eine Bestimmung·, welche durch eine e n t g e g e n g e s e t z t e V e r a b r e d u n g nicht mit W i r k u n g g e g e n Dritte ausgeschlossen werden kann. Die offene Handelsgesellschaft entspringt stets aus einem V e r t r a g e , nämlich dem Gesellschaftsvertrage, und die für diesen geltenden R e g e l n des gewöhnlichen bürgerlichen R e c h t s 1 ) finden auch auf die offene Handelsgesellschaft A n w e n d u n g , soweit nicht das positive Handelsrecht Abweichungen vorschreibt 2 ); letztere haben ihren Grund in der größeren Geschlossenheit (Firmenrecht, relative juristische Persönlichkeit) und in der regelmäßig durch das wirtschaftliche Bedürfnis geforderten längeren Dauer dieser Gesellschaftsart im Vergleich mit den nichthandeltreibenden Gesellschaften. Aus der prinzipiellen U n t e r o r d n u n g des die offene Handelsgesellschaft b e g r ü n d e n d e n V e r t r a g s unter das allgemeine bürgerliche R e c h t ergibt sich vor allem, daß für den Abschluß des V e r t r a g s keine besondere Form vorgeschrieben ist. Die Notwendigkeit, von der sonst für genügend erachteten Formlosigkeit abzuweichen und eine gesetzlich bestimmte Form zu wählen, liegt vor: a) wenn ein Gesellschafter sich in jenem V e r t r a g e verpflichtet, ein Grundstück in die Gesellschaft einzubringen — dann muß, wenn dieser Gesellschafter verpflichtet sein soll, das Eigentum an dem Grundstück auf die Gesellschaft zu übertragen, der V e r t r a g gerichtlich oder notariell b e u r k u n d e t w e r d e n 3 ) ; und b) wenn die Gesellschafter die ihnen obliegende obligatorische Anmeldung· zum Handelsregister nicht persönlich bei dem Gerichte bewirken — dann müssen sie sämtlich 4 ) die A n m e l d u n g mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte 5 ) schriftlich errichten und in einer öffentlich beglaubigten Form ebenso dem Gerichte einreichen, wie diejenigen Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, mangels persönlichen B G B . §§ 705—740. Die Gesellschaft ist hiernach auch als ein G e s a m t h a n d v e r h ä l t n i s zu konstruieren. S. auch unten § 27 S. 163, 164. H G B . § 105 Abs. 2. s ) B G B . § 3 1 3 mit § 128, und mit EinfG. Art. 1 4 1 , 1 4 2 . Ebenso ist der Fall der Übertragung des gegenwärtigen Vermögens oder eines Bruchteiles desselben nach B G B . § 3 1 1 zu behandeln. 4 ) H G B . § 108. 6 ) H G B . § 106.

156

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

Erscheinens vor Gericht, die Firmenzeichnung in öffentlich b e g l a u b i g t e r Form einzureichen haben 1 ). Ü b e r die Vorschrift und B e d e u t u n g der R e g i s t r i e r u n g 2 ) der offenen Handelsgesellschaft und über deren Entstehung überhaupt s. oben § 24 V I Α und B S . 137 und 13g.

§ 2t. II.

Innere Rechtsverhältnisse.

W e l c h e R e c h t e und Pflichten das einzelne Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft g e g e n ü b e r den anderen Mitgliedern derselben haben soll, richtet sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrage 3 ); denn sie ist vor allem eine G e s e l l schaft. Daß die offene Handelsgesellschaft eine „ G e s e l l s c h a f t " sagt K . Lehmann, L e h r b . S. 281, u n z w e i d e u t i g

sei, ergibt sich,

aus § 105 A b s . 2, — hierauf

ist zu sagen: gewiß ist die offene Handelsgesellschaft eine Gesellschaft, aber 1. dies schließt nicht aus, daß sie unter ihrer Firma R e c h t e erwirbt usw. (HGB. § 124), also in dem oben S. I 2 9 f f . erörterten Sinne eine juristisiche Person ist, nämlich eine

relative

juristiche

Person,

s. oben und 2., aus H G B . § 105 A b s . 2, kann

trotz des „unzweideutig" Lehmanns die Gesellschaftsnatur nicht gefolgert werden; denn mit gleichem R e c h t e würde dann aus § 161 A b s . 2 gefolgert werden können, daß

die

Kommanditgesellschaft

eine

offene

Handelsgesellschaft sei, aus § 407

A b s . 2, daß der Spediteur ein Kommissionär sei u. a.

D e r Gesellschaftsvertrag ist bis an die Grenze der Gültigkeit der V e r t r ä g e überhaupt und bis an die Grenze der Sittlichkeit insbesondere 4 ) s o u v e r ä n : so können ζ. B. über die Arbeitsbeteiligung der Gesellschafter, sowie über Nichtmittragen von Verlust oder über verschiedenes Maß des Verlust1 ) H G B . § § 108, 12, und was die Beglaubigung anlangt, EinfG. zum B G B . Art. 1 4 1 ; G a r e i s , H G B . § 12 A n m . 2. 2) H G B . § § 1 0 6 — 1 0 8 . 12 (Form d. Anmeldung), 13 (Zweigniederlassung), 14 (Ordnungsstrafen), 15 ( W i r k u n g der Bekanntmachung) und hierzu noch die besondere W i r k u n g der Registrierung eines formellen Handelsgewerbebetriebes nach § 2 d. H G B . G a r e i s , H G B . A n m . 4 zu § 2, S. 15 und oben § 8 S. 40 bis 41 und § 24 V I S. 136. 3) H G B . § 109; in zweiter Linie stehen sodann die dispositiven Vorschriften der § § 1 0 0 — 1 2 2 d. H G B . und in dritter Linie die des gewöhnlichen bürgerlichen Rechts. 4) B G B . § § 134, 1 3 8 ; unzulässig ist auch ein Verstoß gegen das öffentliche R e c h t ζ. B . willkürlicher Ausschluß (anders s. unt. S. 172 ff.). S t a u b , K o m m . z. H G B 8. A u t l . S. 451 A n m . 5 zu § 1 1 9 . Änderungen des Gesellschaftsvertrags in Punkten desselben, bezüglich deren nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrage selbst ein Majoritätsbeschluß als maßgebend bezeichnet ist, können der Minderheit nicht oktroyiert werden. So ist die Streitfrage zu beantworten, bezüglich deren S t a u b 8. A u f l . a. a. O. von C o s a c k (§ 1 1 0 I 1 a) und M a k o w e r (I 216) abweicht.

Offene Handelsgesellschaft.

§ 26. Innere Rechtsverhältnisse.

157

t r a g e n s etwa zugunsten der vorzugsweise mit A r b e i t beteiligten Mitglieder in durchaus wirksamer W e i s e Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrage getroffen sein. Nur muß der Gesellschaftsv e r t r a g das Wesen eines solchen festhalten und darf nicht, wenn er eine Gesellschaft b e g r ü n d e n soll, eine dem Wesen der G e s e l l s c h a f t widersprechende Bestimmung enthalten; demnach kann zwar einerseits vereinbart werden, daß, wenn ein bestimmtes Mitglied infolge der extern nicht zu beseitigenden persönlichen H a f t u n g einen Vermögensnachteil über eine bestimmte Höhe hinaus erleiden sollte, die übrigen Mitglieder ihm diesen ersetzen; ja es kann auch die gänzliche B e f r e i u n g eines Mitgliedes von jedem finanziellen Verlust intern verabredet werden, und es ist eine solche konventionelle Privilegierung eines Mitgliedes keineswegs notwendig eine Schenkung, sondern möglicherweise die wirtschaftlich ganz angemessene Gegenleistung f ü r wichtige Dienste, die das so ausgezeichnete Mitglied der Gesellschaft etwa vermöge besonderer Kenntnisse, technischer Erfahrungen, patentfähiger Erfindungen u. dgl. geleistet oder vertragsmäßig zu leisten hat, aber es ist andererseits mit dem W e s e n der Gesellschaft nicht zu vereinigen, daß ein Mitglied von jedem Gewinne ausgeschlossen sein soll, u n d ebensowenig, daß ein Mitglied g a r keinen Betrag, auch nicht einen Dienst also 1 ), an die Gesellschaft zu leisten haben soll 2 ). Wird, was demnach vollkommen zulässsig ist, vereinbart, daß ein Gesellschafter nicht über seine Einlage hinaus intern haften soll, so nimmt dieser Gesellschafter im Innern der Gesellschaft die Stellung eines Kommanditisten ein 3 ), wenigstens was jene H a f t u n g anlangt, während im übrigen seine R e c h t e im Gesellschaftsleben verschieden g e r e g e l t sein können, wie denn überhaupt die G e s c h ä f t s f ü h r u n g durch Vert r a g einem oder mehreren der Mitglieder zugewiesen und diese darin an vereinbarte Grenzen in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht g e b u n d e n sein können, freilich, ohne daß BGB. § 706 Abs. 3. ) Der „Löwenvertrag" (die societas leonina) ist also in dem Sinne zulässig, daß einem Mitgliede die Verlustgefahr intern abgenommen werden kann, nicht aber in dem Sinne, daß ein Mitglied, wie in der Fabel der Esel, von jedem Gewinn ausgeschlossen ist, der „Esel" wäre vielleicht Schenker, der Schenkungsvertrag ist aber kein Gesellschaftsvertrag. Vgl. E n n e c c e r u s , Lehrb. d. Bürgerl. R. 3. Auil. 1908 § 395 I 2a S. 1002. 8 ) HGB. § 161. 2

158

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

dieser Bindung" nach außen hin volle Wirkung· zukommen kann A. Ist im Gesellschaftsv ertrage nichts anderes bestimmt, so hat das Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft folgende P f l i c h t e n gesellschaftsrechtlich zu erfüllen: 1. Jeder Gesellschafter hat seinen vereinbarten Beitrag rechtzeitig zu leisten 2 ); handelsrechtlich ist bei Geldeinlagen die von Rechts wegen vom T a g e der Pflichtigkeit der Einzahlung an laufende Verzinsungspflicht eigentümlich 8 ). Entsteht durch die Saumseligkeit weiterer Schaden, so ist auch dieser von ihm zu ersetzen 4 ). 2. Bei Erfüllung der gesellschaftlichen Verpflichtungen hat der Gesellschafter für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt 6 ). 3. Hat ein Gesellschafter Geld für die Gesellschaft eingenommen, und liefert er dies nicht rechtzeitig an die Gesellschaftskasse ab, oder entnimmt er unbefugt Geld aus dieser Kasse, so tritt die gesetzliche Verzinsungspflicht ebenfalls von Rechts wegen und ohne Mahnung von dem T a g an ein, an dem die Ablieferung hätte geschehen sollen oder das Geld entnommen worden ist6). H G B . § 1 2 5 mit § 126 einer- und § § 1 1 4 — 1 1 9 andererseits. ) B G B . § 706. Vertretbare oder verbrauchbare Sachen (vgl. H G B . v. 1 8 6 1 Art. 91) sind nach B G B . im Zweifel in das gemeinschaftliche Eigentum der Gesellschafter einzubringen, nach H G B . § 124 aber in das Eigentum der Gesellschaft. E s bedarf jedoch, um dies zu erreichen, desjenigen Übertragungsaktes, welcher nach der Natur des Gegenstandes zur Rechtsübertragung erforderlich ist, also bei Fahrnis der Übergabe (BGB. §§ 929 ff.) und bei Grundstücken der Auflassung (BGB. §§ 925 fr., 873 ff.). Die Bedeutung der Inventarisierung (HGB. v. 1 8 6 1 Art 91 Abs. 2) ist nach ZPO. § 286 Sache der richterlichen Würdigung. 3 ) H G B § 1 1 1 . Zinsfuß gesetzlich 5 °/ 0 ; s. H G B . § 352, auch im Falle des § 1 2 1 Abs. 2 Satz 2 mit Anm. 4 bei G a r e i s , H G B . S. 1 2 2 . Zur Erhöhung seiner Einlage oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter — abgesehen von den Wirkungen des § 1 2 0 Abs. 2 H G B . — weder nach B G B . , noch nach H G B . (ohne besonderen Vertrag) verpflichtet. B G B . § 707. J ) H G B . § i n , mit Anm. 3 u. 4, hierzu bei G a r e i s . H G B . S. 1 1 6 . 5 ) B G B . § 7 0 8 ; dies ist hier deshalb hervorzuheben, weil es zweifelhaft sein könnte, ob der geschäftsführende Gesellschafter nicht vielleicht nach H G B . § 347 für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen habe; die obige Regel, von der freilich der Vertrag abweichen kann, ergibt sich aus Abs. 2 des angef. § 347. G a r e i s , H G B . Anm. 3 hierzu, S. 326 und Denkschrift S 3 1 8 0 . (D. I I S. 82.) Der präsumtive Ausschluß der Kompensation von günstigen und ungünstigen Folgen des Handelns eines Gesellschafters versteht sich auch ohne besondere gesetzliche Vorschrift wie sie Art. 94 des H G B . v. 1 8 6 1 enthielt. S. Denkschr. a. a. O. e ) H G B . § i n und wegen des weiteren Schadens s. oben Anm. 4. 2

Offene Handelsgesellschaft.

§ 26.

Innere Rechtsverhältnisse.

159

4. J e d e r Gesellschafter hat das gesetzliche oder vertragsmäßig" e — erweiterte oder eingeschränkte — Konkurrenzverbot zu beobachten 1 ), hiervon s. oben § 14 2 S. 66; von dieser Verpflichtung, welche mit dem Beginne der Liquidation der Gesellschaft erlischt 2 ), kann ein Beschluß der Gesellschafter entbinden 8 ). 5. J e d e r Gesellschafter hat sich, soweit der Gesellschaftsv e r t r a g nichts anderes bestimmt, mit der Führung der Geschäfte der Gesellschaft sorgfältig zu befassen 4 ), sich aber auch aller derjenigen Geschäftsführungshandlungen zu enthalten, zu denen er nicht zuständig ist5), und insbesondere derer, g e g e n welche mit R e c h t von anderen Gesellschaftern Widerspruch erhoben ist 6 ). 6. K e i n Gesellschafter darf seinen Gesellschaftsanteil ohne Zustimmung der anderen an einen Dritten abtreten oder einen Dritten ohne jenen Konsens in die Gesellschaft aufnehmen 7 ). 7. Im Falle des ungünstigen Abschlusses der R e c h n u n g eines Geschäftsjahrs hat jeder Gesellschafter den auf seinen Anteil entfallenden Verlust zu tragen 8 ). B . Vorbehaltlich anderer Vertragsfestsetzung stehen jedem Mitgliede einer offenen Handelsgesellschaft folgende R e c h t e gesellschaftsrechtlich zu: 1. J e d e r Gesellschafter hat, rechtzeitige Rechnungsablage vorausgesetzt 9 ), g e g e n die Gesellschaft Anspruch auf: а) Ersatz der Aufwendungen und Auslagen, die er in Ge') HGB. § 1 1 2 . Wegen des Begriffs „Handelszweig" und „gleichartig" s. G a r e i s , H G B . Anm. ι u. 2 zu § 1 1 2 S. 1 1 7 . 2 ) R O H G . 21 S. 1 4 5 . s ) Hinsichtlich der Reaktion gegen das Überschreiten jenes Verbots, welche nur auf Beschluß der Gesellschafter eintreten kann ( H G B . § 1 1 3 A b s . 2), s. oben § 1 4 S. 66, 6 7 . Möglicherweise tritt auch Auflösung der Gesellschaft oder Ausschließung des ungetreuen Gesellschafters ein. H G B . § 1 1 3 A b s . 4 mit §§ 1 3 3 , 1 4 0 . 4 ) H G B . § 1 1 4 A b s . I mit dem oben unter Nr. 2 u. A n m . 3 S. 1 5 8 hierzu Gesagten. б ) H G B . § 1 1 4 A b s . 2 mit § § 1 1 5 , 1 1 7 . e ) H G B . § 1 1 5 A b s . I u. 2, auch §§ 1 1 6 u. 1 1 7 . ' ) E s gilt auch für die offene Handelsgesellschaft vollständig das, was B G B . § 7 1 7 bestimmt. Verschieden von dem hiermit Verbotenen ist die Heranziehung eines Unterbeteiligten oder stillen Gesellschafters, welcher keine eigenen Rechte gegen die Gesellschaft selbst gewinnt. S. R O H G . Bd. 2 3 S. 1 2 1 , 1 2 2 ; R G Z . B d . 1 S. 76 ff., Bd. 25 S. 88. Hinsichtlich des Beitritts von Erben eines Gesellschafters s. nun H G B . § 1 3 9 . 8 ) H G B . § 120. Die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern ist aufgeschoben s. unten S. 1 6 0 A n m . 2. 9 ) Vgl. R O H G . Bd. 1 6 S. 48 u. Bd. 2 2 S. 180, 1 8 3 .

160

K a p . II,

Die Personen im Handelsrecht.

sellschaftsangelegenheiten machte und die er nach seinem sorgfältigen Ermessen den Umständen nach für erforderlich halten durfte, — hierzu gehört den Umständen nach auch die Abnahme von Verbindlichkeiten, die er unter denselben Voraussetzungen übernahm; b) Ersatz der Verluste, welche er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus Gefahren, die mit ihr untrennbar verknüpft sind, erlitten hat, und c) Zahlung von Zinsen (5%, wenn nichts anderes vereinbart ist) aus den der Gesellschaft vorgeschossenen oder für sie von ihm aufgewendeten Geldern vom T a g e des Vorschusses, bzw. der Aufwendung an 1 ). Diese Ansprüche richten sich gegen die Gesellschaft, können aber auch, wie jede andere Gesellschaftsschuld, gegen jeden einzelnen Gesellschafter geltend gemacht werden2). 2. Jeder Gesellschafter hat Anspruch auf Vergütung (Honorierung) für seine für die Gesellschaft vorgenommenen Arbeiten, Dienstleistungen und Bemühungen, vorausgesetzt, daß eine solche Vergütung ausdrücklich vereinbart oder den Umständen nach die Dienstleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten war8), namentlich wenn und weil sie nicht kaufmännischer Art und nicht ohne besondere Berufsbildung auszuführen war4). 3. Jeder Gesellschafter hat einen Dividendenanspruch, der sich richtet: a) auf Kapitaldividende 5 ) (4 °/0e) oder weniger)') und b) auf Personal- oder Arbeitsdividende 8 ), verteilbar nach ») H G B . § 1 1 0 . 2 ) H G B . § 128, anders R O H G . Bd. 1 3 S. 1 4 4 ; hierzu s. jedoch wegen des Ausschlusses des Rückgriffs w ä h r e n d der Dauer der Gesellschaft das mit R ü c k sicht auf den hier nicht anwendbaren § 426 des B G B . in D. I I S. 94 und bei G a r e i s , H G B . Anm. 1 zu § 128 S. 1 3 0 — 1 3 1 Gesagte, Der Geltendmachung des Regresses eines exequierten Gesellschafters gegen einzelne andere Mitglieder der Gesellschaft während der Dauer der letzteren dürfte übrigens in der R e g e l auch B G B . § 707 ( = H G B . v. 1 8 6 1 Art. 92) entgegenstehen. 3 ) BGB. § 612. *) Der präsumtive radikale Ausschluß der Honorierung, welchen Abs. 3 des Art. 93 des H G B . v. 1861 ausgesprochen hatte, findet sich im neuen H G B . nicht. S. hierzu G a r e i s , H G B . Anm. 1 zu § n o S. 1 1 5 — 1 1 6 . 5 ) H G B . § 1 2 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 mit § 1 2 0 Abs. 1. e ) Abweichend vom B G B . s. vorige A n m . ; diese 4 °/ 0 belasten jedoch nicht das Konto der Gesellschaft, wenn kein Gewinn gemacht wurde (im Gegensatze zu Art. 106 des H G B . v. 1 8 6 1 ) ; vgl. H G B . § 2 1 5 Abs. 1 . 7 8 ) H G B . § 1 2 1 Abs. t Satz 2. ) H G B . § 1 2 1 Abs. 3.

Offene Handelsgesellschaft.

§ 26. Innere Rechtsverhältnisse.

Jßl

Köpfen, der aber stets (d. h. bei a und b) voraussetzt, daß ein wirklicher Gewinn sich am Schlüsse des Geschäftsjahres ergibt 1 ), und der nicht auf sofortige und vollständige A u s zahlung-, sondern, zunächst wenigstens, nur auf Gutschrift des ermittelten Jahresgewinnanteils gerichtet ist2). 4. J e d e r Gesellschafter hat ein gewisses begrenztes Ge'derhebungsrecht 8 ), nämlich bis zu 4 °/0 seines für das letzte Kalenderjahr festgestellten Kapitalanteils, sowie das Recht, die Auszahlung seines den bezeichneten B e t r a g (jene 4 °/0) übersteigenden Anteils am Gewinne des letzten Geschäftsjahres zu verlangen, sofern die Ausübung dieses Rechts nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht. 5. Jeder Gesellschafter ist, sofern nichts anderes im Gesellschaftsvertrage bestimmt ist4), zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft nach innen und außen zu berechtigt 6 ); ein Recht, welches mit voller W i r k u n g g e g e n Dritte nur unter Eintragung in das Handelsregister eingeengt oder aus8 geschlossen ), g e g e n den Willen des einzelnen Gesellschafters diesem nur durch eine auf A n t r a g aller übrigen Gesellschafter erlassene gerichtliche Entscheidung aus einem wichtigen Grunde, insbesondere wegen grober Pflichtverletzung oder wegen Unfähigkeit entzogen werden kann 7 ). Näheres über die A u s übung und Einschränkung dieses Rechts s. oben § 24 II und ΠΙ S. 1 3 3 ffGeschäftsjahr, nicht notwendig Kalenderjahr. s ) H G B . § 120 Abs. 2 Satz 1. ) H G B . § 122. ) H G B . §§ 1 1 4 Abs. 2, 125 Abs. I, letzter Halbsatz. 6 ) Vgl. oben S. 1 3 4 f. und H G B . §§ 1 1 4 Abs. 1, 125 Abs. 1 ; und zwar ist es im Zweifel nicht Kollektivberechtigung, sondern Einzelberechtigung, jedoch mit Vetorecht eines jeden (§ 1 1 5 Abs. 1 ) ; . ist Gesamtvertretung vereinbart, so gilt im Zweifel das Einhelligkeitsprinzip (§§ 1 1 5 Abs. 2, 1 1 9 Abs. i), jedoch mit Ausnahme des Gefahrfalles (§ 1 1 5 Abs. 2 1. Halbsatz); Unterschied zwischen gewöhnlichem Betrieb und außergewöhnlichen Handlungen, s. § 1 1 6 Abs. I u. 2. Prokuristenbestellung und -abberufung § 1 1 6 Abs. 3. «) H G B . § 1 2 5 . 7 ) H G B . §§ 1 1 7 , 1 2 7 . Es besteht aber hierin ein wichtiger Unterschied zwischen dem (neuen) Handelsrechte und dem B G B . insofern, als nach dem ersteren die Vertretungsbefugnis nicht durch einfachen Beschluß der übrigen Gesellschafter (wie nach B G B . § 7 1 2 Abs. 1), sondern nur durch Richterspruch entzogen werden kann. Denkschr. S. 3 1 8 5 . (D. Η S. 93.) Auch insofern besteht ein Unterschied, als nach dem B G B . § 7 1 5 die Vertretungsmacht, wenn sie in Verbindung mit der Befugnis zur (internen) Geschäftsführung erteilt worden ist, nur mit dieser entzogen werden kann, während dieser Zusammenhang nach H R . nicht besteht. Denkschr. a. a. O. Der Gesellschafter kann seinerseits die Geschäftsführung kündigen nach B G B . § 7 1 2 Abs. 2. 2

4

G a r e i s , Handelerecht. 8. Aufl.

11

162

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

6. Jeder Gesellschafter hat Stimmrecht: es ist ein mit dem W e s e n der offenen Handelsgesellschaft zusammenhängendes, a b e r immerhin bis zu einem gewissen Grade durch V e r t r a g modifizierbares Prinzip, daß es für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen 1 ) Gesellschafter b e d a r f ; es kann aber das Einhelligkeitsprinzip statutarisch durch das Majoritätsprinzip ersetzt sein 2 ). 7. Jeder Gesellschafter hat licher Kontrolle 3 ).

das R e c h t ständiger persön-

§ 27. III. Äußere Rechtsverhältnisse. I. Die offene Handelsgesellschaft ist wie alle andern (echten) Handelsgesellschaften rechtsfähig 4 ) (s. oben § 24 I, S. 129), aber diese R e c h t s f ä h i g k e i t ist (wie ebenfalls oben, S. 129 ff., erwähnt) beschränkt auf den Umkreis der Rechtsverhältnisse, für welche oder innerhalb deren Handlungen u n t e r d e r F i r m a 5 ) v o r g e n o m m e n werden, eine Einschränkung, welche ihren A u s d r u c k in der Bezeichnung der offenen Handelsgesellschaft als einer „relativen (d. h. nur in gewissen B e ziehungen anzunehmenden) 6 ) juristischen Person" findet. *) Also wenn die Befugnis zur Geschäftsführung nicht allen, sondern nur einigen der Gesellschafter kollektiv zusteht, nur der geschäftsführenden, sofern die Handlung im gewöhnlichen Betriebe liegt, andernfalls aber aller (§§ 115 Abs. 2, 119). 2 ) HGB. § 119 Abs. 2 wie BGB. § 709 Abs. 2. 3) Nach Maßgabe näherer gesetzlicher Bestimmung, die nicht dem Handelsrechte eigentümlich, sondern allgemein besteht; BGB. § 716 = HGB. § 118, mit Anm. 3 hierzu bei G a r e i s , H G B . S. 118. 4 ) HGB. § 124; über die Kontroverse wegen der Persönlichkeit s. G a r e i s , HGB. Anm. I zu § 124 S. 122, 123. und die dort angegebene Literatur. 6) Uber die Firma der offenen HGesellschaft s. HGB. § 19 u. oben § 16 S. 77, § 2 4 V S. 135 f. Die geschichtliche Bedeutung der Firma für diese Gesellschaftsform s. oben § 23 I Β S. 125, 126 und die praktische s. u. a. unten S. 169, V bei und in Anm. 9 u. 10. e ) Die Streitfrage, ob die offene Handelsgesellschaft eine juristische Person sei oder nicht, wird nicht, wie Karl Lehmann an dem oben S. 72 Anm. 2 angegebenen Orte (s. Buchka-Oetker-Lehmann) S. 244 annimmt, vom HGB. nun dadurch erledigt, daß nach dem § 105 Abs. 2 die Vorschriften des B G B . über die Gesellschaft auf die offene Handelsgesellschaft Anwendung finden sollen, soweit nicht usw. — diese Streitfrage ist vielmehr in der oben § 2 4 1 S. I30f. erörterten Weise zu beantworten: Die offene Handelsgesellschaft ist eine relative juristische Person. So schon F. D a h n , Handelsrechtliche Vorträge, 1875 S. 67 ff. Vgl. die oben S. 129 angeführte Literatur. Uber die für die h i e r vertretene Ansicht vollbeweisende Behandlung der offenen Handelsgesellschaft im K o n k u r s e s. oben § 15 Η a. Ε. S. 72 bei Anm. 1.

Offene Handelsgesellschaft.

§ 2 7 . Äußere Rechtsverhältnisse.

163

„Unter ihrer Firma" kann sie auch dingliche Rechte an Grundstücken erwerben'), vor Gericht klagen (die Gesellschaft des gewöhnlichen bürgerlichen Rechts — B G B . § 705 — kann letzteres nicht) 2 ) und verklagt werden 3 ), und es kann eine Zwangsvollstreckung gegen das Gesellschaftsvermögen direkt gerichtet werden, vorausgesetzt, daß ein vollstreckbarer Schuldtitel, der gegen die Gesellschaft selbst gerichtet ist4), vorliegt. Die relative juristische Persönlichkeit und die damit zusammenhängende Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens beginnt schon mit der tatsächlichen Geschäftseröffnung 5 ) v o r der Eintragung, sofern nicht letztere wegen des nur formell-handelsrechtlichen Charakters des vorliegenden Gesellschaftsunternehmens notwendig vorausgehen muß, damit die Gesellschaft überhaupt als HandelsgesellVgl. Grundbuchordnung vom 2 4 . März 1 8 9 7 § 33 Abs. 2 . Gesellschaften, die nicht rechtsfähig sind, können nicht unter ihrem Namen Grundstücke erwerben; letztere können niemals auf den Namen eines nicht rechtsfähigen Vereins oder einer nicht wenigstens als relative juristische Person geltenden Gesellschaft eingetragen werden, sondern nur auf den Namen der Mitglieder oder einzelner derselben. 2 ) Nicht rechtsfähige Vereine (also: Gesellschaften ohne Korporationsrecht, die aber — möglicherweise wenigstens — Vereins-, d. i. Gesellschaftsvermögen im Sinne von BGB. § 7 1 8 besitzen) sind als solche prinzipiell nicht parteifähig im Prozesse ( F i s c h e r - H e n l e , BGB. Anm. 2 zu § 5 4 ) , eine Ausnahme s. aber folgende Anmerkung. 3 ) V e r k l a g t werden können übrigens auch die nicht rechtsfähigen Vereine des allgemeinen bürgerlichen Rechts, also die Gesellschaften in dem in voriger Anm. angedeuteten Sinne unter ihrem Namen, wie wenn sie rechtsfähig wären, und ebenso kann auf Grund eines gegen einen nichtrechtsfähigen Verein ergangenen Urteils die Zwangsvollstreckung in das Vereinsvermögen erfolgen, kraft neuerer Bestimmungen der revidierten ZPO. § § 5 0 , 7 3 5 und der KonkO. § 2 1 3 . Vgl. F i s c h e r - H e n l e , BGB. Anm. 2 zu § 5 4 . 4 ) Gegen die Gesellschaft selbst: — damit ist ein wichtiger Unterschied gegenüber der Haftung des Vermögens einer Gesellschaft des gewöhnlichen bürgerlichen Rechts festgestellt; bei der letzteren ist die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen (nämlich das ungeteilte gemeinsame Vermögen der Genossen, BGB. § § 7 1 8 , 7 2 8 u. a.) auf Grund eines gegen sämtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels möglich, auch wenn n'cht eine Gesellschaftsschuld, sondern eine andere Gesamtschuld dieser Gesellschafter, ζ. B. eine Bürgschaft' derselben nach BGB. § 769. zugrunde liegt. Das Gesellschaftsvermögen einer offenen Handelsgesellschaft aber kann wegen einer solchen Privatschuld der einzelnen Gesellschafter, und sollten sie sich diese auch alle zusammen gemeinsam aufgeladen, jedoch nicht als Gesellschaftsschuld z u t r a g e n haben, n i c h t in Anspruch genommen werden. „Der nach außen wirksamen Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens, insbesondere der Zulassung eines besonderen Gesellschaftskonkurses ( K O . § 2 0 9 ) , welcher nur zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dient, entspricht es, daß das Gesellschaftsvermögen überhaupt dem unmittelbaren Zugriffe der Privatgläubiger der Gesellschafter entzogen wird, selbst wenn für die Schuld alle Gesellschafter haften. Bilden ζ. B. dieselben Personen mehrere offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften, so dürfen nicht die Gläubiger der einen Gesellschaft das Vermögen der anderen in Anspruch nehmen." Derfkschr. s

·

3183—3184. 6)

Über Eröffnungshandlungen s. R O H G . Bd. I S. 1 3 2 , 2 6 1 , Bd. 7 S. 4 3 1 ,

Bd. 1 2 S. 4 0 7 — 4 1 3 , Bd. 1 3 S. 3 7 5 , Bd. 15 S. 4 2 6 f r .

11*

164

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

Schaft gelten kann'). Dieselbe Eigenschaft der Gesellschaft und die sich daran anschließende Selbständigkeit des Vermögens, welches vollkommen von der Rechtssphäre der einzelnen Gesellschafter getrennt gehalten wird, tritt in zahlreichen Vorschriften des Gesetzes hervor 2 ); daß eine Verfügung des einzelnen Gesellschafters über seinen Anteil an den zum Gesellschaltsyermögen gehörenden Gegenständen und der Zugriff der Privatgläubiger eines Mitglieds auf solche Gegenstände unzulässig sein muß, ergibt sich übrigens auch aus dem dem neuen Gesellschaftsrecht überhaupt zugrunde liegenden Prinzipe der g e s a m t e n H a n d und hat eine Reihe von praktischen Folgen 3 ). II. D a m i t ein R e c h t s g e s c h ä f t 4 ) die d i r e k t die G e s e l l s c h a f t berechtigende

und

ist, a b g e s e h e n

d a v o n , daß d a s s e l b e n o t w e n d i g unter d e r F i r m a

verpflichtende

Wirkung·

erzeugen

kann,

abgeschlossen

sei und

in das B e r e i c h der unter der F i r m a a b -

schließbaren G e s c h ä f t e fallen muß, n o t w e n d i g , daß es v o n e i n e m zur V e r t r e t u n g der G e s e l l s c h a f t B e r e c h t i g t e n , sei dieser nun ein „geborener

Vertreter"



p r ä s u m t i v sind dies alle G e s e l l -

s c h a f t e r — o d e r ein „ b e s t e l l t e r V e r t r e t e r " , d. i. ein P r o k u r i s t oder sonstiger Handlungsbevollmächtigter, abgeschlossen wird5). Im

Gesellschaftsvertrage

ist

die

Anordnung

einer

Gesamt-

v e r t r e t u n g , ferner die einer A r b e i t s t e i l u n g n e b e n der G e s a m t v e r t r e t u n g , ferner die der g l e i c h z e i t i g e n M i t w i r k u n g e i n e s b e stellten V e r t r e t e r s , oder dieses,

mehreren sowie

schafters kann

von

nämlich

geborenen

insbesondere

von der

der

eines die

ist

Dritten

neben

möglich6);

Ausschließung

Vertretung7)

Gesellschaft

Prokuristen,

Vertretern

einem

aber

eines

registerpflichtig nicht

alles

Gesellund

entgegengesetzt

w e r d e n , w e n n es n i c h t in das H a n d e l s r e g i s t e r e i n g e t r a g e m und ') HGB. §§ 2, 123 Abs. 2. Hierzu s. ausführlich oben § 8 S. 4|I und § 24 V I S. 138 ff. BGB. §§ 718 -722, 725; s. auch oben § 25 Anm. 2 S. 155.. Vgl. G a r e i s , HGB. § 124 Anm. 1 — 8 (S. 124—126) und § 129 Anm. 1 — 4 ; :s. auch unten S. 166 ff. s ) Vgl. vorige Anm., auch Denkschr. 3184 (D. II. S. 90) und s. unten S. 167 fr. Durch die in Konsequenz des genannten Prinzips aufgestelltem Vorschriften des Gesellschaftsrechts des allgemeinen bürgerlichen Rechts wurcde eine Reihe von besonderen Regeln des seitherigen Handelsrechts, insbesondtere die Art. 1 1 9 — 1 2 1 , überflüssig. 4 ) Von der Fälligkeit, aus unerlaubten Handlungen verpflichtet zu werden, ist oben § 24 I S. 129t. gesprochen worden. 6 ) Von der Vertretung und Vertretungsmacht sowie von den beschiränkten Wirkungen der Beschränkungen ist oben § 24 II bis IV S. 133—135 gesprochen worden. e ) HGB. § 125 mit Anm. 1 — 7 ; hierzu bei G a r e i s , HGB. 128—1:29. ' j Über die (nur gerichtlich mögliche) Ausschließung eines Mitgliedes von der Vertretung der Gesellschaft s. HGB. §§ 117, 127 mit der Anm. bei GJareis, HGB. S. 120, 129, 130, u. s. oben § 26 Β 5 S. 161 mit Anm. 7.

Offene Handelsgesellschaft.

§ 27. Äußere Rechtsverhältnisse.

165

bekannt gemacht ist oder dem Dritten trotz des Mangels dieser Bekanntmachung doch bekannt war 1 ). Hat eine offene Handelsgesellschaft mehrere Haupt- oder Zweigniederlassungen, die unter verschiedenen Firmen betrieben werden, so ist eine Beschränkung der Vertretungsmacht der einzelnen Mitglieder auf den Betrieb der einen oder anderen dieser Niederlassungen ebenso wie in dem analogen Falle diese Einschränkung der Prokura rechtlich zulässig2). III. Die Gesellschaftsschulden lasten auf dem Gesellschaftsvermögen 8 ), aber es haftet, wie erwähnt 4 ), auch jeder einzelne Gesellschafter den Gläubigern 6 ) rechtsnotwendig 8 ) als Gesamtschuldner') persönlich 8 ), und zwar nicht etwa bloß subsidiär, sondern ganz nach Wahl des Gläubigers auch in erster Linie, und diese prinzipale Gesamtschuldnerhaftung des einzelnen Gesellschafters wird nach der Konkursordnung 9 ) erst dann zur nur s u b s i d i ä r e n Haftung, wenn sowohl über das Vermögen der Gesellschaft, als auch über das des betreffenden Gesellschafters der Konkurs eröffnet ist. Folglich sind die Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen diejenigen Gesellschafter, über deren Vermögen nicht gleichfalls der Konkurs eröffnet ist, nicht auf den Ausfall beschränkt, den die Gesellschaftsgläubiger im Konkurse erleiden, und es wird die Geltendmachung der vollen Ansprüche von Gesellschaftsgläubigern gegen zahlungsfähige Gesellschafter keineswegs durch die Eröffnung des Gesellschaftskonkurses gehindert oder beschränkt 10 ). Ist aber der Konkurs über das Privatvermögen eines Gesellschafters eröffnet, so können darin die Gesell.schaftsgläubiger, wenn das Konkursverfahren über das Gesell.schafts vermögen eröffnet ist, Befriedigung nur wegen desjenigen Betrags suchen, für welchen sie in dem letzteren Ver') HGB. § 125 Abs. 4 mit HGB. § 15. ) HGB. §§ 126 Abs. 3, 50 Abs. 3; vgl. oben § 22 S. 118. ») HGB. § 124. ") S. oben § 25 S. 155fr., § 26 S. 159. 5 ) Auch wenn sie selbst Gesellschafter sind; s. G a r e i s , HGB. § 128 und •oben § 26 S. 160, e ) HGB. §§ 128, 130, auch § 28. BGB. §§ 421fr. 8 ) D. h. mit seinem ganzen Vermögen BGB. § 241 (nicht „in Person" im Sinne des § 267 d. BGB.). ®) KonkursOrd. § 212. l0 ) Vgl. Denkschr. S. 3186 (D. II S. 96). Aber es steht möglicherweise die Verjährungseinrede den Gläubigern entgegen; s. HGB. § 159, G a r e i s , HGB. Anm. 2 hierzu S. 151. 2

166

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

fahren keine Befriedigungerhalten haben; bei den Verteilungen im Konkursverfahren über das Privatvermögen sind die Anteile auf den vollen Betrag der Gesellschaftsforderungen zurückzubehalten, bis der Ausfall bei dem Gesellschaftsvermögen feststeht Die Gesellschaft hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gerichte, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat 2 ); das Gericht, bei welchem ein einzelner Gesellschafter wegen einer Gesellschaftsschuld auf Grund der Gesamtschuldhaft verklagt werden kann, wird nach den für den Gerichtsstand dieses Beklagten maßgebenden Vorschriften bestimmt 3 ); und wie zur Zwangsvollstreckung gegen das Gesellschaftsvermögen — wie erwähnt — ein gegen die Gesellschaft 4 ) gerichteter vollstreckbarer Schuldtitel erforderlich ist, und ein gegen einen einzelnen Gesellschafter gerichteter nicht genügt, so ist zur Zwangsvollstreckung gegen das Vermögen eines einzelnen Gesellschafters ein gegen diesen gerichteter Schuldtitel erforderlich und ein gegen die Gesellschaft als solcher gerichteter Titel hierzu nicht geeignet 6 ). Der Klage aus einer Gesellschaftsschuld kann der damit belangte Gesellschafter diejenigen Einwendungen entgegensetzen, welche in seiner Person begründet sind, andere Einwendungen aber nur insoweit, als sie von der Gesellschaft selbst erhoben werden können 6 ); kann die Gesellschaft das Rechtsgeschäft, aus welchem ein Mitglied derselben nun vermöge des Gesamtschuldverhältnisses in Anspruch genommen wird, anfechten, ζ. B. wegen Irrtums 7 ) oder wegen unrichtiger Übermittlung 8 ) oder wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung 9 ), so kann der beklagte Gesellschafter zwar nicht selbst die Anfechtung vornehmen, wohl aber eine dilatorische Einrede geltend machen, *) KonkOrd. § 2 1 2 . Im übrigen finden auf die bezeichneten Forderungen die Vorschriften der §§ 64, 65 der KonkursOrd. entsprechende Anwendung. 2 3 ) H G B . § 106. ZPO. § 1 7 . ) ZPO. § 2 2 . 4 ) H G B . § 1 2 4 A b s 2 u. s. oben S. 1 6 3 . 6 ) H G B . tj 1 2 9 A b s . 4. Vgl. G a r e i s , H G B . Anm. 4 hierzu, S. 1 3 2 . e ) Andererseits hat sowohl ein rechtsverbindliches Anerkenntnis der Gesellschaft als auch ein gegen sie ergangenes rechtskräftiges Urteil die Wirkung, daß die Gesellschaftsschuld als solche nicht bloß der Gesellschaft gegenüber, sondern auch den einzelnen Gesellschaftsmitgliedern gegenüber festgestellt ist; so Denkschr. S. 3 1 8 4 . 7 8 ) B G B . §§ 1 1 9 , 1 2 1 , 1 2 2 . ) B G B . §§ 120, 1 2 1 , 1 2 2 . 0) B G B . §§ 1 2 3 , 1 2 4 .

Offene Handelsgesellschaft.

§ 27. Äußere Rechtsverhältnisse.

167

er darf nämlich die Erfüllung so lange verweigern, als der Gesellschaft das R e c h t zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zug r u n d e liegende R e c h t s g e s c h ä f t anzufechten 1 ); ebenso gewährt das Gesetz dem w e g e n einer Gesellschaftsschuld als Gesamtschuldner in Anspruch g e n o m m e n e n Mitgliede eine aufschiebende Einrede in dem Falle, daß der Gesellschaft ihrerseits eine F o r d e r u n g g e g e n den klagenden Gesellschaftsgläubiger zusteht, welche von der Gesellschaft zur A u f r e c h n u n g 2 ) geltend g e m a c h t werden könnte, wenn sie beklagt wäre; auch in diesem Falle kann der beklagte Gesellschafter die Befriedigung des klagenden Gesellschaftsgläubigers insolange verweigern, solange sich der Gläubiger durch A u f r e c h n u n g g e g e n eine fällige F o r d e r u n g der Gesellschaft befriedigen kann; hat die Gesellschaft bereits vor der Inanspruchnahme des Gesellschafters seitens des Gesellschaftsgläubigers über die ihr g e g e n letzteren zustehende F o r d e r u n g verfügt, so hat der beklagte Gesellschafter kein R e c h t mehr, die B e f r i e d i g u n g zu verweigern, vorher aber hat er die erwähnte aufschiebende Einrede 3 ). Auch im übrigen wird die F r a g e nach der Aufrechenbarkeit von F o r d e r u n g e n der und g e g e n die Gesellschaft und von F o r d e r u n g e n der und g e g e n die Gesellschafter durch die von dem Prinzip der gesamten Hand geleiteten Vorschriften des gewöhnlichen bürgerlichen R e c h t s beantwortet 4 ). IV. D e r Gesellschaftsvertrag bindet auch die außerhalb der Gesellschaft stehenden Personen und insbesondere auch die Privatgläubiger der einzelnen Gesellschaftsmitglieder, nämlich insofern, als sie die zum Gesellschaftsvermögen g e h ö r e n d e n Sachen und F o r d e r u n g e n oder Anteile der Mitglieder am Gesellschaftsvermögen 5 ) nicht ohne weiteres zum Zwecke ihrer ') HGB. § 129 Abs. 2. Der Gesellschafter wird also in dieser Beziehung so gestellt wie nach BGB. § 770 Abs. 1 der Bürge; s. Denkschr. S. 3185f. (D. II. S. 94. 95·) ·) BGB. §§ 3 8 7 - 3 9 6 . 3 ) HGB. § 129 Abs. 3. Auch in dieser Beziehung (vgl. obige Anm. I) ist die Rechtsstellung des Gesellschafters so geregelt, wie es im BGB. § 770 für die Bürgschaft vorgesehen ist. Denkschr. S. 3186. Wegfall von Beschränkungen der Aufrechnung bei Auflösung der Gesellschaft s. unten Anm. I S. 168. 4 ) Das Aufrechnungsrecht ergibt sich aus dem Schema auf S. 168 (in welchem G. die Gesellschaft, M. das Mitglied derselben, D. den Dritten bedeutet). 6) Ausgenommen sind Ansprüche aus der Geschäftsführung, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann (BGB. § 717) und Ansprüche auf einen Gewinnanteil nach allg. bürgerlichem Rechte (BGB. § 725).

168

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

B e f r i e d i g u n g o d e r S i c h e r s t e l l u n g in A n s p r u c h n e h m e n k ö n n e n ; aber

um

zu

ihrer D e c k u n g

zu g e l a n g e n ,

k ö n n e n sie das sie

h i n d e r n d e g e s e l l s c h a f t l i c h e B a n d zerreißen bietet

ihnen

ihnen

wie

das

vom

außerordentliche allgemeinen

vom Handelsrecht, von deren

Bedingungen,

gläubiger sechs

bürgerlichen

letzterem

zugestanden

das Mittel

Kündigungsrecht, Rechte2),

hierzu

welches so

auch

allerdings unter erschwerenwird®).

Hat

ein

Privat-

e i n e s G e s e l l s c h a f t e r s , n a c h d e m i n n e r h a l b d e r letzten

Monate

eine

Zwangsvollstreckung

in

das

bewegliche

Schema. O . klagt gegen D . wegen GForderung; aufrechenbar ist hiergegen: GSchuld D. g. G . (BGB. § 387). Nicht aufrechenbar ist hiergegen: § 719 Abs. 2). D . klagt gegen G . wegen GSchuld; derung G . g. D.

Privatforderung D . g. M . (BGB.

aufrechenbar ist hiergegen:

GFor-

Nicht aufrechenbar ist hiergegen: Privatforderung M . g. D. 4 ). D . klagt gegen M . wegen GSchuld; forderung M. g. D . Nicht

aufrechenbar ist hiergegen:

aufrechenbar ist hiergegen: GForderung aufschieb. Einrede (HGB. § 129 Abs. 3).

Privat-

G . g. D . ,

aber

Nicht aufrechenbar ist hiergegen: Privatforderung anderer M . g. D · (BGB. § 422 Abs. 2). D. klagt gegen M. wegen Privatforderung; Privatforderung M. g. D .

aufrechenbar ist

hiergegen:

Nicht aufrechenbar ist hiergegen: GForderung G . g. D., auch nicht pro rata (BGB. § 719 Abs. 1). M.

klagt gegen D- wegen Privatforderung; Privatforderung D · g. M ·

aufrechenbar ist

Un4 aufrechenbar ist hiergegen: GSchuld D . g. G g. M., wegen HGB. § 128 und B G B . § 387).

hiergegen: (weil

auch

') Da mit dem Wegfall dieses Bandes, also mit der Auflösung der Gesellschaft, jene hindernde Zusammenschließung wegfällt, ist dann auch Aufrechnung zwischen Forderungen der Gesellschaft und Privatfordeningen des Gesellschaftsschuldners gegen ein (gewesenes) Gesellschaftsmitglied nicht mehr unzulässig, nämlich soweit die Gesellschaftsforderung dem Mitgliede bei der Auseinandersetzung überwiesen worden ist, denn damit hört sie in diesem Sinne ja auf, eine Gesellschaftsforderung zu sein. ») BGB. § 725. ®) H G B . § 135, welcher das Kündigungsrecht zwar zeitlich einschränkt (sechs Monate), im übrigen aber die Kündigung im Vergleich mit Art. 126 d. HGB. v. 1861 in doppelter Hinsicht (s. die beiden folgenden Anm.) erleichtert. *) R O H G . Bd. 6 S. 419, R G Z . Bd. 11 S. 116.

Offene Handelsgesellschaft.

§ 27. Äußere Rechtsverhältnisse.

169

Vermögen 1 ) des Gesellschafters — gleichviel von wem 2 ) — ohne zufriedenstellenden Erfolg versucht worden ist, die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er (jener Privatgläubiger) die Gesellschaft sechs Monate vor dem Ablaufe des Geschäftsjahrs 3 ) für diesen Zeitpunkt kündigen 4 ); vorausgesetzt wird dabei, ebenso wie nach allgemeinem bürgerlichen Rechte, daß jene Pfändung und Uberweisung auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels 6 ) erlangt werde, und gleichgültig ist, ob die Gesellschaft, die sich übrigens ihren Fortbestand durch besonders beschlossene Ausscheidung jenes schuldnerischen Mitglieds retten kann6), für bestimmte oder für unbestimmte Zeit eingegangen ist 7 ). V. Jeder Neueintretende haftet für die Schulden und Vorschulden der Gesellschaft und zwar ist hierbei zu unterscheiden: Wird durch den Eintritt des Associ£s die Gesellschaft erst geschaffen, so kann die Haftung des Neueintretenden mit Wirkung gegen Dritte abweichend geregelt werden, wenn die abweichende Vereinbarung in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder von einem Gesellschafter dem Dritten mitgeteilt worden ist8). Tritt aber in eine bereits bestehende offene Handelsgesellschaft ein neuer Associe ein, so kann die Haftung, welche gesetzlich von dem letzteren für alle vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft — ohne Unterschied, ob die Firma 9 ) eine Änderung erleiden muß, erleidet oder nicht — übernommen werden muß, Dritten gegenüber nicht durch entgegenstehende Vereinbarung (auch nicht, wenn diese registriert oder mitgeteilt würde) ausgeschlossen oder eingeengt werden 10 ). ') G a r e i s , HGB. § 135 Anm. 3. *) G a r e i s , ebenda Anm. 4. 4 3) Keine Kündigungsfrist s. BGB. § 725. ) HGB, § 135. 6) ZPO. §§ 700, 708—710, 794 u. 858. ·) HGB. § 1 4 1 . η HGB. §§ 1 3 1 Nr. I, 132, 134. ή HGB. § 28 mit Anm. 1—6, bei G a r e i s , HGB. S. 53; vgl. auch oben § ! 5 S. 74, 75. *) Vgl. oben § 16 (Finnenrecht) S. 79. 10 ) HGB. § 130. Dies ist nicht bloß dann der Fall, wenn der Neu? eintretende als offener Gesellschafter (nach dem Ausdrucke oder der sonst festgestellte! Willensmeinung der Beteiligten) eintreten soll, sondern auch dann, wenn er als Kommanditist (s. unten §§ 30, 37) eintritt, in welch letzterem Falle die Haftung auf den Betrag seiner Einlage beschränkt ist. S. HGB. §§ 28, 1 7 1 .

170

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

§

28.

IV. Auflösung der Gesellschaft, Ausscheiden einzelrer, Liquidation und Klageverjährung. A. A u f l ö s u n g · . I. Von den Gründen, aus denen das Gesellschaftsveriältnis endigt, von der Verschiedenheit ihrer Wirkungsweise uid der sich daraus ergebenden Einteilung der Auflösungsgrüide ist bereits im allgemeinen gesprochen worden, s. oben § 14 V I I S. 142—145. Im Anschluß daran und in Ergänzung cer für alle Handelsgesellschaften aufgestellten Erörterungen Et von der Auflösung der offenen Handelsgesellschaft insbesondere zu sagen: Die Auflösungsgründe sind: a) g e s e t z l i c h e und b) r i c h t e r l i c h e . Alle gesetzlichen wirken so, daß durch sie die Geselschaft aufgelöst wird, tatsächlich und von Rechts wegen (ipso jure); eine richterliche Entscheidung kann und bzw. muß d.es auf Antrag in jedem Falle des Eintritts eines solchen Auflösungsgrundes feststellen. Die sog. richterlichen (manchmal auch willkürliche genannt) aber bedürfen zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit nämlich zur Auflösung der Gesellschaft, stets einer gerichtlichen Entscheidung, sie wirken nur mit Hilfe dieser (ope jadicis), weshalb man sie auch richterliche Auflösungsgründe nennen kann. Zu a. Die g e s e t z l i c h e n Auflösungsgründe sind die drei bereits oben S. 142 ff. erörterten, als absolut tödlich wirkend bezeichneten Tatsachen — Zeitablauf 1 ), Dissoziationsbeschluß und Gesellschaftskonkurs 2 ) — und ferner als eigenartige Endigungsgründe dieser Gesellschaftsform: der Tod eines einzelnen Gesellschafters und die Eröffnung des Konkurses § 134.

S. aber stillschweigende Fortsetzung Denkschr. S. 3 1 8 9 f.

der Gesellschaft B G B . 724,

HGB.

2 ) Zwangsvergleich nicht, s. K o n k O . §§ 1 7 3 8 . u. vgl. R G Z . Bd. 16 S. 2 ff. Über die Fortsetzung der Gesellschaft nach Abschluß eines Zwangsvergleichs, sowie nach beantragter Einstellung des Konkursverfahrens s. H G B . § 1 4 4 u. oben § 2 4 V H S. 1 4 4 - 1 4 5 ·

§ 28.

Auflösung der offenen Handelsgesellschaft usw.

171

ü b e r das V e r m ö g e n eines solchen 1 ); der Tod eines Gesellschafters bewirkt aber nur dann den U n t e r g a n g der Gesells c h a f t von selbst, wenn nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein anderes sich ergibt 2 ); ist letzteres nicht der Fall, wird also die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so h a t der Erbe 8 ) des verstorbenen den übrigen Gesellschaftern d e n Todesfall ohne Verzug anzuzeigen und bei Gefahr auf V e r z u g die von dem Erblasser bei Lebzeiten dieses, sei es k r a f t gesetzlicher 4 ), sei es k r a f t vertragsmäßiger 5 ) Geschäftsführrungspflicht zu besorgenden Geschäfte so lange fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge treffen können. Zunächst und insoweit noch Geschäfte in gemeinschaftlichem Interesse zu besorgen sind, gilt also die Gesellschaft als noch bestehend, und dasselbe ist der Fall, wenn die Gesellschaft durch Eröffnung des Konkurses über das V e r m ö g e n eines Gesellschafters aufgelöst w i r d ; in dem einen wie in dem anderen dieser beiden Fälle sind übrigens auch die übrigen Gesellschafter in gleicher W e i s e zur F o r t f ü h r u n g der von ihnen zu besorgenden Ges c h ä f t e verpflichtet®). Als befugt, die Geschäfte fortzuführen, gilt übrigens in allen Fällen gesetzlicher Auflösungsgründe vermutungsweise jeder nicht von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter zu seinen Gunsten so lange, bis er von der Auflösung Kenntnis erlangt hat oder erlangt haben muß, und zwar wird die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis 7 ) hierin ebenso behandelt wie die vertragsmäßige 8 ). Zu b. Die Fälle der r i c h t e r l i c h e n Auflösung der offenen Handelsgesellschaft setzen sämtlich eine K ü n d i g u n g o d e r einen A n t r a g (eine Kündigungsklage) voraus. W a s die K ü n d i g u n g anlangt, so besteht das im römischen R e c h t anerkannte willkürliche K ü n d i g u n g s r e c h t eines jeden Gesell!) Vgl. BGB. §§ 727, 728. Andere in der Person eines Gesellschaftsmitglieds auftretende Ereignisse, wie ζ. B. Dispositionsunfähigkeit (s. HGB. v. 1861 Art. 123 Ziffer 3), können nun nur zu einer richterlichen Auflösung Anlaß geben (hiervon s. unten und HGB. §§ 132, 133, BGB. § 723 Abs. ι Satz 2), ebenso die Tatsache, daß der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist; anders BGB. § 726. 2 ) H3B. § 131 Nr. 4 , BGB. § 7 2 7 . 8 ) Siad mehrere Erben vorhanden, s. BGB. § 2038. 4 5 ) H J B §§ 1 1 4 , 1 1 5 . ) Nur diese nach B G B . §§ 727, 729. ") HGB. § 137. In betreff der Registrierung s. HGB. § 32. 8 ') ΗΓτΒ. §§ i i 4 , l i s . ) BGB. §§ 727. 729·

172

Kap. I L

Die Personen im Handelsrecht.

schafters für die Mitglieder einer auf b e s t i m m t e Zet eingegaogenen offenen Handelsgesellschaft nicht 1 ); nach dem Handelsrecht ist jeder Gesellschafter zunächst verpflichtet, die volle vertragsmäßige Dauer — vielleicht eine Reihe von J a h r zehnten — bei der Gesellschaft auszuhalten, es müßte denn sein, daß ein wichtiger Grund, über dessen Vorhandensein oder Triftigkeit — wenn nicht alle Gesellschafter darüber einig sind und somit die Auflösung gemeinsam beschießen, Nr. 2 des § 1 3 1 des H G B . — nur eine richterliche Entscheidung Klarheit und Sicherheit schaffen kann, den Gesellschafter zum Sprengen der Gesellschaft im W e g e der Kündigung berechtigt. Im einzelnen ist dabei folgendes im Auge zu behalten: 1. Ist die Dauer der Gesellschaft nicht durch den Vertrag bestimmt, die Gesellschaft also auf unbestimmte Zeit eingegangen worden, oder ist sie auf die Lebemszeit eines der Gesellschafter gestellt oder nach dem Ablauf der vertragsmäßig besimimten Zeit durch stillschweigende Fortsetzung der Gesellschaft verlängert worieni, so kann die Kündigung zwar ohne Angabe eines Grundes, aber nur nach etwa vorhandener näherer Vertragsbestimmung in bezug auf Kündigungszeit und -ternin oder in Ermangelung solcher Vertragsvorschrift nur für den Schluß eines Kaienterjahres erfolgen und muß mindestens sechs Monate vor diesem Zeitpunkt erfolgei2). 2. Ist über die Zulässigkeit der Kündigung, insbesondere über die Tragweite des von einem Mitgliede geltend gemachten Kündigungsgrundes Streit allsgebrochen — und dies kann nicht bloß in den unter 1 erwähnten Fällen, sondern auch dann der Fall' sein, wenn die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen worden ist8) — so kann in Ermangelung einer friedlichen Einigung aller Gesellschaftsmitglieder nur die gerichtliche Entscheidung den Streit heben und gegebenenfalls die Auflösung der Gesellschalt aussprechen4). 3. Neben den Fällen, in denen eine vertragsmäßig verabredete6) Kündigungsfrist und -zeit oder in denen die vom Gesetze6) angeordnete Kündigungsfrist und ' ) Übereinstimmend C o s a c k , Lehrbuch S. 514, § 109, 1. Hinsichtlich der Gesellschaft des gewöhnlichen bürgerlichen Rechts s. BGB. § 72 χ. 2 ) HGB § 132 mit § 134. 3 ) HGB. § Ϊ 3 1 Nr. 6, Denkschr, S, 3187, verglichen mit HGB. §§ 1 1 7 , 127 (hierzu s. Denkschr. S. 3 1 8 1 , D. II S. 97, verglichen mit S. 86). Das Gericht hat in diesem Falle zu prüfen, ob „die wesentlichen Voraussetzungen, unter welchen der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen wurde-1, vorhanden oder noch vorhanden sind; es wird die Auflösung aussprechen, wenn es findet, daß dies nicht oder nicht mehr der Fall ist (vgl. v. H a h n , Komm, z. HGB. Bd. 1 S. 427), sei es, daß die Erreichung des Zweckes oder Rentabilität unmöglich geworden ist (ROHG. Bd. 12 S. 102), sei es, daß das Zusammenarbeiten der Gesellschafter wegen Unverträglichkeit einzelner bis an die Grenze der Unmöglichkeit schwer geworden, weil Vertrauensmißbrauch, grobe Injurien u. dgl. vorkamen, RGZ. Bd. 24 S. 127, ROHG. Bd. 9 S. 30, Bd. 4 S. 381, Bd. 1 1 S. 265. *) Vertragsmäßige Verabredung der Kündigung und Kündigungsmodalitäten bleiben der Gesellschaft freigestellt; 3. C o s a c k , Lehrbuch S. 516 bei und mit Anm. 10 u. 11 zu § 109, 5 ) HGB. § 133. ·) HGB. § 132.

§ 28.

Auflösung der offenen Handelsgesellschaft usw.

173

-zeit beobachtet und eingehalten werden muß, gibt es auch Fälle, in denen, wie das Gesetz sagt, „ohne Kündigung" die Auflösung der Gesellschaft gerichtlich ausgesprochen wird. Der Unterschied zwischen diesen letzteren Fällen, die man im Gegensatz zu den übrigen — den Fällen der o r d e n t l i c h e n Kündigung — die der a u ß e r o r d e n t l i c h e n Kündigung nennen kann, besteht nicht bloß darin, daß für letztere ein „wichtiger Grund" vorliegen muß, sondern auch darin, daß Kündigungszeit und -frist nicht eingehalten zu werden brauchen und der „wichtige Grund" nicht bloß dazu ausreichen muß, die Auflösung der Gesellschaft zu motivieren, sondern auch dazu, die s o f o r t i g e Auflösung zu begründen, d.i., wie das Gesetz sich ausdrückt, die Auflösung „ohne Kündigung". Ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter (nicht der Antragsteller selbst) eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grobfahrlässig verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen Pflicht unmöglich wird. Das Gericht kann aber auch aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag die Auflösung aussprechen1). Das außerordentliche Kündigungsrecht eines jeden Gesellschafters kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder dem Gesetze zuwider eingeschränkt werden2). 4. S t a u b 8 ) meint, unter Nr. 6 des § 131 seien zwei ganz in sich verschiedene Auflösungsgründe unter einer Nummer zusammengestellt, die K ü n d i g u n g , von welcher § 132 noch handelt, und die g e r i c h t l i c h e E n t s c h e i d u n g ; letztere trete ein, wenn ein Gesellschafter aus einem wichtigen Grunde die Auflösung verlangen kann, § 133. Es besteht aber doch eine Beziehung zwischen den beiden in Nr. 6 zusammengestellten „Auflösungsgründen"; die gerichtliche Entscheidung kann nämlich sowohl in Fällen des § 1 3 2 als auch in Fällen des § 1 3 3 eintreten und eintreten müssen; in ersteren dann, wenn über die formelle Zulässigkeit der Kündigung, ihre Zeit oder ihre Form Streit unter den Gesellschaftern entsteht und demnach ein richterlicher Entscheid hierüber erforderlich ist; die materielle Rechtfertigung der Kündigung kommt in diesen Fällen allerdings nicht in Frage, also auch nicht zur richterlichen Entscheidung, aber man mtiß bedenken, daß der Gesellschaftsvertrag die Kündigungsfrist und den Kündigungstermin abweichend vom Gesetz (§ 132) regeln, allerdings nicht das Kündigungsrecht ganz aufhebeD oder derart einschränken kann, daß es den guten Sitten zuwiderläuft (K. L e h m a n n , Lehrb. S. 318, RGZ. Bd. 20 S. 94, vgl. BGB. § 723 Abs. 3), und daß gerade auch darüber eine Meinungsverschiedenheit unter den Gesellschaftern bestehen kann, und diese wird selbstverständlich zum gerichtlichen Austrag gebracht werden können. In den Fällen des § 1 3 3 aber kann sich Streit und Urteil sowohl auf die formelle als auch auf die materielle Zulässigkeit der Kündigung (in letzterer Hinsicht, sofern der einerseits behauptete, andererseits bestrittene wichtige Grund der Auflösung richterlich zu prüfen ist) beziehen. Die gerichtliche Entscheidung ist nur dann n i c h t erforderlich, wenn in Fällen des § 132 keine Meinungsverschiedenheit über die formelle, in Fällen des § 1 3 3 , d. h. wenn ein Gesellschafter aus einem wichtigen Grunde die Auflösung verlangt, eine Meinungsverschiedenheit weder über das formelle, noch über das materielle Begründetsein dieses Verlangens vorhanden ist, mit andern Worten,

s

2 HGB. § 133 Abs. 1 u. 2. ) HGB. § 133 Abs. 3. ) S t a u b s Kommentar 8. Aufl. S. 500 Anm. 20 zu § 1 3 1 .

174

Kap. Π.

•wenn •— letzterenfalls —

Die Personen im Handelsrecht.

die Gesellschafter sämtlich einig darüber sind,

daß die

Gesellschaft aufzulösen ist, was natürlich dem Falle von Nr. 2 des § 1 3 1

gleich-

kommt (Dissoziationsbeschluß). 5. Ein besonderer Fall von Kündigung ist der der Kündigung durch einen Privatgläubiger

eines Gesellschafters 1 ) —

ein Fall,

von

welchem oben § 2 7 IV

S. 1 6 7 fr. gesprochen worden ist.

II. Die Auflösung der offenen Handelsgesellschaft muß in das Handelsregister eingetragen werden 2 ), und zwar, wenn sie durch Konkurseröffnung über das Gesellschaftsvermögen herbeigeführt ist, von Amts wegen 3 ), in den anderen Fällen des Untergangs der Gesellschaft auf pflichtmäßige Anmeldung sämtlicher Gesellschafter 4 ). B. A u s s c h e i d e n

eines

Gesellschafters.

I. In allen denjenigen Fällen, in welchen die Auflösung aus Gründen eintritt, welche nur die Person eines einzelnen Gesellschafters betreffen, kann unter bestimmten Voraussetzungen an die Stelle der Auflösung der ganzen Gesellschaft das Ausscheiden jenes einzelnen Gesellschafters — unter Fortbestand des Gesellschaftsverhältnisses zwischen den übrigen Gesellschaftern — treten; diese Voraussetzungen des Fortbestandes der Gesellschaft unter Ausscheiden eines einzelnen sind je nach den einzelnen Gründen des letzteren verschieden: а) Ist die ordentliche Kündigung 5 ), der Tod 6 ) oder der Privatkonkurs 7 ) über das Vermögen des Gesellschafters der Grund der Auflösung der Gesellschaft, so ist Voraussetzung, daß im Gesellschaftsvertrage der Fortbestand der Gesellschaft für den Fall des Eintritts eines dieser Ereignisse bereits vorgesehen ist 8 ); alsdann scheidet der Gesellschafter, in dessen HGB. § 135· Über die Bedeutung der Registrierung s. oben § 24 V I I S. 1 4 2 . 3 ) H G B . § 3 2 , K o n k O . §§ 7, 3 8 ; eine Art von Amts wegen eintretender Registrierung findet statt, wenn anzunehmen ist, daß der Tod eines Gesellschafters den Untergang der Gesellschaft herbeigeführt hat; s. H G B . § 1 4 3 Abs. 3. 4 ) H G B . § 1 4 3 A b s . 1 und hierzu G a r e i s , Anm. 2 S. 1 4 1 . б ) H G B . § 1 3 1 Nr. 6, § 1 3 2 , s. oben S. 1 7 1 f. e ) H G B . § 1 3 1 Nr. 4, s. oben S. 1 7 0 f., hierzu s. aber auch H G B . § 1 3 9 , unten S. 1 7 6 . 'J H G B . § 1 3 1 Nr. 5, s. oben S. 1 7 0 Anm. 2. 8 ) W e n n dies nicht der Fall ist, so bleibt den verbleibenden Gesellschaftern, um das Gesellschaftsunternehmen fortzusetzen, nichts anderes übrig, als einen neuen Gesellschaftsvertrag und dadurch eine neue Gesellschaft zu schließen; die Liquidation der alten Gesellschaft kann dabei durch ihren einstimmigen Beschluß umgangen werden. S. H G B . § 1 4 5 mit A n m . I u. 2 bei G a r e i s , H G B . S. 1 4 2 .

§ 28.

Aullösung der offenen Handelsgesellschaft usw.

175

Person jenes Ereignis eintrat, mit dem Zeitpunkt, in welchem mangels einer solchen Bestimmung des Gesellschaftsvertrags die Gesellschaft aufgelöst werden würde, aus der Gesellschaft aus, die, abgesehen etwa von einer in der Firma notwendig werdenden Änderung 1 ), äußerlich unverändert fortbesteht 2 ). b) Ist eine außerordentliche Kündigung (s. oben S. 172, 8 173) ) der Grund der Auflösung, so ist Voraussetzung des Fortbestandes der Gesellschaft ein Antrag der verbleiben wollenden übrigen Gesellschafter — die Ausschließungsklage -— und der diesem entsprechende gerichtliche Ausspruch, daß das Mitglied, in dessen Person der die Auflösung objektiv rechtfertigende Umstand eintrat, ausgeschlossen werde und sei, die Gesellschaft aber unter den übrigen Mitgliedern fortbestehe; für die Auseinandersetzung 4 ) zwischen letzterer und dem ausgeschlossenen Gesellschafter ist diejenige Vermögenslage der Gesellschaft entscheidend, welche im Zeitpunkte der Erhebung der Ausschließungsklage bestand 5 ). c) Ist die seitens eines Privatgläubigers eines Gesellschafters erwirkte Pfändung und Anteilsüberweisung der Grund der drohenden Auflösung 6 ), so können die übrigen Gesellschafter, auch wenn dies im Gesellschaftsvertrage nicht vorgesehen ist, beschließen und demgemäß jenem Gläubiger erklären, daß die Gesellschaft unter ihnen fortbestehe; alsdann scheidet jener verschuldete Gesellschafter allein aus, und zwar mit dem Ende des Geschäftsjahres, es müßte denn sein, daß über das Vermögen desselben bereits der Konkurs eröffnet ist, ein Fall, in welchem der Zeitpunkt dieser Tatsache als der des Ausscheidens gilt und die erwähnte Erklärung der beschlossenen Fortsetzung der Gesellschaft nicht dem Gläubiger, sondern dem Konkursverwalter gegenüber abzugeben ist7). d) W i e

die Kündigung

des Gesellschaftsverhältnisses

gläubiger eines Gesellschafters im Falle des H G B . § 1 3 5 anlangt

(also

betr. Ausscheidung,

der Fall zu behandeln,

Auseinandersetzung,

daß der Ehemann einer Frau,

durch einen Privat-

ist,

was die Wirkung

ev. Fortbestehen),

auch

welche sich als Mitglied

2 H G B . § 24 A b s . 2. ) H G B . § 1 3 8 . Vgl. analog B G B . § 7 3 6 . ) HGB. § 133. Über Ausschluß s. aber auch oben S. 1 5 6 A n m . 4. 4 ) Über die Auseinandersetzung überhaupt s. oben § 24 V I I I S. 1 4 5 f. 6 ) H G B . § 1 4 0 , B G B . §§ 7 3 7 fr. e ) H G B . § 1 3 5 , s. oben S. 1 6 7 fr., 1 7 4 Ziff. 5. i) H G B . § 1 4 1 . V g l . hierzu K . L e h m a n n i. Arch.Ziv.Prax. Bd. 86 S. 3 1 5 , G a r e i s , H G B . A n m . 2 zu § 1 4 1 . 3

176

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

einer offenen Handelsgesellschaft zu von ihr in Person zu bewirkenden Leistungen im Gesellschaftsvertrage verpflichtet hat, auf Grund des B G B . § 1 3 5 8 dieses Vertragsverhältnis kündigt.

Vgl. K . Lehmann, Lehrb. S.

318.

Das Ausscheiden eines Gesellschafters maß zum Handelsregister angemeldet werden 1 ). IL Die Mitgliedschaft innerhalb einer offenen Handelsgesellschaft wird zwar vom Handelsrechte prinzipiell als eine höchstpersönliche Rechtsstellung aufgefaßt, dennoch ist es möglich, daß der Gesellschaftsvertrag die Bestimmung enthält, es solle beim Ableben eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen E r b e n fortgesetzt werden, und er darf dann die gesetzlichen Folgen dieser Fortsetzung nicht ausschließen 2 ); unmöglich aber kann der Gesetzgeber den Erben eines Gesellschafters, die vielleicht nicht entfernt dessen Geschäftskenntnis u. dgl. besitzen, zumuten, bei dieser Fortsetzung der Mitgliedschaft die volle Gesamtschuldhaftung ihres Erblassers, wie sie das Gesetz den Mitgliedern der offenen Handelsgesellschaft auferlegt 8 ), auf sich nehmen oder andererseits auf jegliche Anteilnahme an der Gesellschaft verzichten zu müssen; einen vortrefflichen 4 ) A u s w e g aus diesem Dilemma schlägt der Gesetzgeber ein: es kann in dem a n g e g e b e n e n Falle der Erbe sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abh ä n g i g machen, daß ihm unter Belassung des bisherigen 5 ) Gewinnanteils die Stellung eines K o m m a n d i t i s t e n , nämlich eines nur mit einer bestimmten Vermögenseinlage — also beschränkt — den Gesellschaftsgläubigern g e g e n ü b e r haftenden Mitglieds 6 ), eingeräumt und als diese Vermögenseinlage ' ) H G B . § 1 4 3 A b s . 2, und oben § 24 V H S. 1 4 2 . ) H. S t a u b , Die Vereinbarung der Fortsetzung der offenen Handelsgesellschaft mit den Erben eines Gesellschafters ( G r u c h o t s Beitr. Jahrg. 4 2 S . 6 1 1 ff.). S. auch Anm. I auf folg. Seite. s ) H G B . § 1 2 8 , s. oben S. 1 5 4 , 1 6 5 . 2

4 ) Vgl. S t a u b , Krit. Betrachtungen, Vortrag 1896, S. 2 5 , K . L e h m a n n in Arch. Ziv. Prax. Bd. 86, S. 3 1 5 , G a r e i s , H G B . S. 1 3 8 Anm. l zu § 1 3 9 . b ) In dieser Beziehung (nämlich rücksichtlich des Gewinnanteils) ist jedoch, während sonst, wie erwähnt, das Kommanditistenrecht des Erben nicht durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden darf, eine anderweite Bestimmung durch den Vertrag zulässig, was von Wichtigkeit ist, weil möglicherweise der nun verstorbene Gesellschafter eben nur wegen seiner persönlichen Tüchtigkeit oder sonstigen Eigenschaften einen gewissen (höheren) Gewinnanteil erhielt. A u c h der umgekehrte Fall ist denkbar. e ) HGB. § 161 auch § 3 7 .

s. unten § 30, auch oben § 23 S. 1 2 3 f., § 24 S. 1 2 9 f.,

§ 28.

Auflösung der offenen Handelsgesellschaft usw.

177

(Kommanditeinlage) der auf diesen 3 ) Erben fallende Teil der Einlage des Erblassers anerkannt und in Anrechnung· gebracht werde; sind die übrigen Gesellschafter damit nicht einverstanden, so kann der Erbe ohne Beobachtung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft erklären 2). Ob ein Erbe in der Gesellschaft verbleiben will oder nicht, hat er®) innerhalb dreier Monate, vom Zeitpunkte der Kenntnis des Erbschaftsanfalls an gerechnet, zu erklären 4 ).

Scheidet der Erbe innerhalb dieser 6 ) Frist aus der Gesellschaft

aus, oder löst sich diese während dieser Zeit — aus irgend welchem Grunde — auf, oder wird dem Erben seinem Wunsche gemäß die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt, so haftet er für die bis

dahin entstandenen Gesellschafts-

schulden nur nach Maßgabe der die Haftung der Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten betreffenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts 6 );

macht er aber, ohne

die Erbschaft des verstorbenen Gesellschafters auszuschlagen, von dem ihm handelsgesetzlich 7 ) zustehenden Rechte nicht oder wenigstens nicht rechtzeitig Gebrauch, so trifft ihn — wie jeden der Voraussetzung

anderen neueiutretenden Gesellschafter — eben unter

des vertragsmäßigen Verbleibens

in der Gesellschaft 8 ) — die

unbeschränkte Haftung für alle Gesellschaftsschulden, gleichviel, ob sie vor oder nach dem Erbfalle 9 ) entstanden sind 10 ).

III. Dem Begriff einer Gesellschaft entsprechend, wurde bisher angenommen, daß von einem Fortbestehen einer Gesellschaft dann nicht die Rede sein könne, wenn nicht wenigstens zwei Gesellschafter beim Ausscheiden eines oder mehrerer Mitglieder (s. oben S. 174) übrig bleiben 1 1 ); dabei wird es, soweit es sich um eine Forderung der Rechtslogik handelt, auch in Zukunft sein Bewenden haben, aber eine davon verschiedene Frage ist die, ob die Gesetzgebung unter Umständen 1 ) Bei Vorhandensein mehrerer Miterben hat jeder derselben sein Verbleiben oder Ausscheiden für sich und für seinen Anteil zu erklären und präjudiziert durch sein Verhalten der Rechtsstellung der übrigen Miterben nicht. 2 ) Die Sprengung der Gesellschaft kann in diesem Falle eine wirtschaftliche Folge dieses Verhaltens sein, ist aber nicht juristisch notwendig. 3 ) S. obige Anm. i . 4 ) Auf die Berechnung dieser Frist wird B G B . § 206 angewandt. Ist bei dem Ablaufe der drei Monate das R e c h t der Ausschlagung der Erbschaft noch nicht verloren, — ein Fall, der auch bei der Erbenhaftung im Falle einer Geschäftsübernahme vorgesehen ist, s. H G B . § 27 mit G a r e i s , H G B . Anm. 4 hierzu, S. 5 1 , B G B . § 1944 Abs. 3, — so endigt jene Erklärungsfrist nicht vor dem Ablaufe der Ausschlagungsfrist. 6 ) Oder der verlängerten — , s. vorige Anm. «) B G B . §§ 1967, 1 9 7 s ff' ) H G B . § 1 3 9 Abs. 1 , 2, 3, § 142. 8 ) H G B . § 1 3 9 , Eingangsvermerk des Abs. I. 9 10 ) BGB. § 1922. ) Denkschr. S. 3 1 8 8 f. ll ) Protokolle der Nürnberger Konferenz S. 249 ff., 1009 ff., R O H G . Bd. τ I S. 160, R G Z . Bd. 7 S. 1 2 1 , Bayer. Oberst. L G . Entsch. Bd. 1 0 S. 460. G a r e i s , Handelsrecht. 8. Aufl. 12

178

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

dem einen von zwei bisherigen Gesellschaftern gestatten kann, das Gesellschaftsunternehmen, welches bisher von diesen zwei Gesellschaftern betrieben wurde, unter Ausschließung· des andern, der sich pflichtwidrig benommen hat, ohne Liquidation fortzusetzen; und diese Frage ist gesetzlich bejaht warden 1 ): besteht eine offene Handelsgesellschaft, sei es von A r f a n g an, sei es infolge späteren Ausscheidens, nur aus zwei Mitgliedern, so kann das eine, wenn in der Person des anderen eine der Voraussetzungen vorliegt, unter denen bei einer größeren Anzahl von Gesellschaftern die Ausschließung aus der Gesellschaft zulässig wäre, auf seinen Antrag voir. Gerichte für berechtigt erklärt werden, das Gesellschaftsunternehmen dadurch zu retten, daß es das Geschäft der (tatsächlich gewesenen) Gesellschaft mit Aktiven und Passiven übernimmt, ohne daß, abgesehen von dem Falle, daß der Name des ausgeschlossenen Gesellschafters in der Firma enthalten ist und die Einwilligung zur Fortführung desselben in diesem Falle verweigert wird, die Firma eine Änderung· erfahren müßte. A u f die Auseinandersetzung finden die für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft geltenden Regeln entsprechende Anwendung. A l l dies, also die Rettung des Unternehmens durch Übernahme des einzigen Verbleibenden und die Vorschrift der Auseinandersetzung,

wie eben erwähnt,

findet

auch dann Anwendung, wenn ein Privatgläubiger des einen der zwei vorhandenen Gesellschafter nach Erwirkung der Pfändung und der Anteilsüberweisung die A u f hebung des Gesellschaftsverhältnisses herbeiführt 2 ),

und femer auch dann,

wenn

über das Vermögen des einen der beiden Gesellschafter der Konkurs eröffnet wird; einer gerichtlichen Erklärung der Berechtigung des Ubernehmenden bedarf es in den beiden zuletzt erwähnten Fällen nicht 8 ).

C. L i q u i d a t i o n . Nach der wirklich erfolgten, nicht durch eine unter Umständen zulässige posthume Fortsetzung wieder rückgängig gemachten Auflösung der Gesellschaft findet regelmäßig die Liquidation statt; von ihren Voraussetzungen, Einzelheiten und Wirkungen ist oben § 24 VIII S. 145—152 gesprochen worden; sie fällt weg, wenn Konkurs über das Vermögen J ) HGB. jahung führten, 2 ) HGB. ') HGB.

§ 142. Die gesetzgeberischen Erwägungen, welche zu dieser Bes. G a r e i s , H G B . Anm. 1 zu § 1 4 2 S. 140, 1 4 1 . §§ 1 3 5 , 1 4 2 A b s . 2, s. oben S. 1 6 7 fr. §§ 1 3 1 Nr. 5, 1 3 8 , § 1 4 2 A b s . 2 u. 3 ; s. auch oben S. 1 7 0 8 .

§ 28.

Auflösung der offenen Handelsgesellschaft usw.

179

der Gesellschaft eröffnet ist 1 ); sie kann wegfallen, wenn die Gesellschafter dies durch die Wahl einer anderen Art von Auseinandersetzung· (s. oben S. 146—147) einstimmig" beschließen 2 ), aber dieser Beschluß bedarf — und dies ist neu — in dem Falle, daß die Gesellschaft zufolge Kündigung des Privatgläubigers eines Gesellschafters 3 ) oder durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines solchen 4 ) aufgelöst ist, stets der Zustimmung jenes Privatgläubigers, bzw. des Konkursverwalters 6 ). Uber Schlußverteilung und über Aufbewahrung der Bücher und Geschäftspapiere der Gesellschaft s. ebenfalls oben § 24 VIII S. 152. D. V e r j ä h r u n g

von K l a g e n

gegen

Gesellschafter.

Gegenüber der strengten Gesamtschuldhaftung, welche die Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft, rechtsnotwendig Dritten gegenüber, trifft, einerseits und angesichts der durch die Registrierung der Auflösung· des Gesellschaftsverhältnisses gesetzlich erstrebten und regelmäßig auch erreichten Öffentlichkeit der Gesellschaftsbeendigung andererseits ist es billig, die Gesellschafter gesetzlich vor der Gefahr zu behüten, noch lange Jahre nach der Auflösung der Gesellschaft durch Klagen aus ihrer gesellschaftlichen Haftung belästigt zu werden; die Gesellschaftsgläubiger haben ja gerade vermöge jener Publizität Anlaß genug, rechtzeitig ihre Forderungen geltend zu machen, auch gegen die einzelnen Gesellschafter, und soweit verlletzt es ihr verständig gewahrtes Interesse wohl nicht, daß das Gesetz die Frist der Verjährung der Klagen von Gesellschaftsgiäubigern (gegen Gesellschafter aus Gesellschaftsschuilder) — unter Abkürzung der sonst etwa maßgebenden Fristen des allgemeinen bürgerlichen Rechts 5 ) — auf f ü n f J a h r e festsetzt, ohne hierdurch diejenigen Ansprüche gegen 1) H 5 B . § 1 4 5 . 2 ) H 5 B . §§ 1 4 5 Abs. 1, 158, und hierzu Anm. I u. 2 bei G a r e i s , H G B . S. 14:2, I4>. Mit dem vollständigen Aufhören einer solchen Gesellschaft ohne Liquidation geht die Parteirolle derselben in einem schwebenden Prozesse auf die sämtlichen früheren Gesellschafter als Streitgenossen über, und der Prozeß bleibt für uind gejen alle Streitgenossen anhängig. R G e r . 46 S. 39. 3 ) HS-B. §§ 1 3 5 , 1 4 1 Abs. 1, s. oben S. 1 4 6 — 1 4 7 . 4 5 ) H S B . § 1 3 1 Nr. s, § 1 4 1 . ) H G B . § 145 Abs. 2. 5 ) Soweit das B G B . maßgebend ist, kommt nur die regelmäßige 30jährige Frist als h.er ausgeschlossen in Betracht; denn im übrigen kennt das B G B . nur die kürzerei Fristen von zwei und vier Jahren. 12*

180

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

die Gesellschaft, welche schon in einer kürzeren 1 ) Frist verjähren, (lediglich) der fünfjährigen Verjährung· zu unterwerfen; der außerordentlichen fünfjährigen Verjährung unterliegen weder Klagen der Gesellschafter untereinander (auch licht, wenn sie auf Regreßansprüchen aus Gesellschaftsverhältiissen beruhen), noch auch Klagen Dritter oder eines Gesellschifters gegen die Gesellschaft (sei es, daß eine solche Klage während des Geschäftsbetriebs dieser oder nach demselben, aber während noch ungeteiltes Vermögen vorhanden ist, erhoben wird), noch auch Klagen der Gesellschaft gegen einen ausgeschiecenen Gesellschafter, sondern nur Klagen D r i t t e r gegen ein G e s e l l s c h a f t s m i t g l i e d aus einer G e s e l l s c h a f t s s c h u l d 2 ) ; wird aus letzterer gegen die Gesellschaft selbst geklagt, so kann die hier in Rede stehende handelsrechtliche fünfjährige Verjährung 3 ) nicht entgegengehalten werden; die Einrede setzt voraus, daß eine wirkliche Gesellschaft bzw. wirkliche Mitgliedschaft zu einer solchen bestand; fand gar kein gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb statt, sondern sollte die Eintragung einer Gesellschaftsfirma nur einen Einzelbetrieb maskieren, so kann der beklagte Geschäftsinhaber die Einrede der kurzen Verjährung von fünf Jahren nach H R . nicht vorschützen4). S. die vorige Anmerkung a. E . ; B G B . §§ 196 Abs. 1 Nr. 1 — 1 7 (zwei Jahre), 196 Abs. 2, 197 (vier Jahre). Ueber die nicht glückliche Fassung des § 159 (wie des Art. 146 des H G B . v. 1 8 6 1 ) s. v. H a h n , H G B . S. 480 u. G a r e i s , H G B . Anm. 4 zu § 1 5 9 S 1 5 1 — 1 5 2 . 2 ) Mithin nur Klagen aus der Gesamtschuldhaftung nach H G B . §§ 128 bis 1 3 0 ; s. oben § 27 I I I S. 1 6 5 — 1 6 7 . s ) — des H G B . § 159. Ist die Gesellschaft bereits aufgelöst, so kann von K l a g e n gegen sie keine R e d e mehr sein, weil der Beklagte nicht mehr vorhanden wäre; ist noch ungeteiltes Vermögen vorhanden, so können, die Gesellschaftsgläubiger ihre Befriedigung aus diesem suchen und die Teilhaber jedenfalls nach B G B . § 755 verklagen; ob in einem solchen Falle die gewesenen Gesellschaftsmitglieder, welche als Teilhaber am noch vorhandenen unverteilten V;rmögen in Anspruch genommen werden, die außerordentliche fünfjährige Verjährung des Handelsrechts entgegensetzen können, hängt von dem Rechtsgrundä des Anspruchs ab: ist dieser ein Geschäft der gewesenen Gesellschaft, ζ. B. eine von ihr s. Z. ausgegangene Bestellung einer nun noch vorhandenen Maschire, so kann der verklagte Teilhaber die Einrede der Verjährung gemäß H G B . § 159 geltend machen; ist aber der Anspruch aus der Verwaltung, Verwendung ode: Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes n a c h der Auflösung der Gesellschaft ent-, standen, ζ. B . wegen einer nach der Auflösung notwendig gewordenei Reparatur der erwähnten Maschine, so kann die Verjährung nicht nach § 1 5 9 geltend gemacht werden, denn es liegt alsdann keine Verbindlichkeit der Gesellschaft vor; s. über die Motivierung dieser Auffassung und der Streichung des seitherigen Art. 147 des H G B . v. 1 8 6 1 G a r e i s , H G B . Anm. 1 zu § 1 5 9 S. 1 5 0 — 1 5 1 . 4

) R G Z . Bd. 55 S. 1 5 4 ,

156.

§ 28.

Auflösung der offenen Handelsgesellschaft usw.

181

D i e s e Einrede der V e r j ä h r u n g besteht nur zugunsten und im Interesse der Gesellschaftsmitglieder, und zwar nur solcher, deren Mitgliedschaft b e e n d e t ist, sei es, weil die Gesellschaft aufgelöst worden, sei es, weil der Gesellschafter ausgeschieden ist; — in beiden Fällen beginnt die fünfjährige Frist mit dem E n d e des Tages, an welchem die eine, bzw. die andere Tatsache, die Auflösung, bzw. das Ausscheiden in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen worden ist; wurde aber der eingeklagte Anspruch des Gläubigers g e g e n die Gesellschaft erst nach der E i n t r a g u n g der einen, bzw. der anderen dieser Tatsachen fallig, so beginnt die V e r j ä h r u n g mit dem Zeitpunkte der Fälligkeit 1 ). Die Einrede der (fünfjährigen) V e r j ä h r u n g steht auch den Mitgliedern einer durch Eröffnung des K o n k u r s e s ü b e r das Gesellschaftsvermögen aufgelösten Gesellschaft zu; dies war früher nicht der Fall; denn es fehlte an einer Bestimmung über den Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist, ein Mangel, dem nun durch die auch für Handelsgesellschaften eingeführte Registerpflichtigkeit der Konkurseröffnung abgeholfen ist 2 ); nun entspricht es der Billigkeit, auch wenn die Gesellschaft durch Konkurseröffnung aufgelöst wurde, den Gesellschaftern die außerordentliche Verjährungseinrede des Handelsrechts zu gestatten, da ja deren H a f t u n g für die Gesellschaftsschulden insofern verschärft ist, als sie nach dem n e u e n R e c h t e 3 ) nur dann eine auf den Ausfall beschränkte, also subsidiäre H a f t u n g wird, wenn auch über das V e r m ö g e n d e s betreffenden Gesellschafters der K o n k u r s eröffnet ist. Ist a b e r letzteres der Fall, so ist die V e r j ä h r u n g gehemmt, bis deir Aisfall im Gesellschaftskonkurs feststeht 4 ). F ü r die H e m n u n g , U n t e r b r e c h u n g und W i r k u n g der V e r j ä h r u n g gellten überhaupt die Vorschriften des allgemeinen b ü r g e r lichen S-echts, auch im Falle der hier erörterten außerordentlichem handelsrechtlichen Verjährung 8 ); nur das ist — ab") IGB. § 159 Abs. 3; BGB. §§ 198—200. 1GB. § 32 mit §§ 6 u. 159 Abs. 2. ®) IGB. § 128 mit KonkO. § 201 s. oben § 27 III S. 148!. u. G a r e i s , HGIB. Aim. 3 zu § 128 S. 131. «) IGB. §§ 202, 205. 5 ) Hemmung s. BGB. §§ 202—207, Unterbrechung s. BGB. §§ 208—217, Wir!kung s. BGB. §§ 222 ff. Daher sind besondere handelsrechtliche Normen, wie sie At. 148, 149 enthielten, nun, abgesehen von obigen Scblußbemerkungen,

182

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

weichend vom allgemeinen bürgerlichen Rechte — aus Billigkeitsgründen besonders vorgeschrieben, daß die Unterbrechung der Verjährung gegenüber der aufgelösten Gesellschaft (ζ. B. durch Anerkennung seitens der Liquidatoren) 1 ) auch gegenüber denjenigen Gesellschaftern wirke, welche der Gesellschaft zur Zeit der Auflösung angehört haben2), während die gegenüber einem einzelnen Gesellschafter eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht auch eine Unterbrechung der Verjährung gegenüber einem anderen Mitgliede derselben Gesellschaft ist3). Schuldete die offene Handelsgesellschaft einen Saldobetrag aus einem

anerkannten

Gesellschaftsschuld

Rechnungsabschlüsse, befindet, welche

unter

durch

dessen

Einzelposten

sich

eine

ein Pfandrecht oder eine Hypothek

gesichert ist, so kann der Berechtigte sich, soweit sich sein Saldoguthaben und das Pfand decken, gegen

an das Pfand oder die Hypothek halten, auch wenn Klagen

die einzelnen — gewesenen — Gesellschaftsmitglieder nach H G B . § 159

verjährt sind4).

§

2. D i e s t i l l e

29.

Gesellschaft5).

I. Auf demselben Grundgedanken, auf welchem das Gewohnheitsrecht die commenda in romanischen Ländern im Mittelalter autgebaut hat — s. § 23 I Α S. 125 —, steht, wie erwähnt, auch die deutschrechtliche stille Gesellschaft; sie ist keine nach außen zu geschlossene und mit einem eigenen Namen auftretende Assoziation 6 ), sondern eine gewöhnliche nicht mehr nötig; insbesondere ist die Ausschließung der Privilegien von Minderjährigen, Bevormundeten und diesen gleichbehandelten Personen nicht mehr nötig, da das B G B . eine allgemeine Hemmung der Verjährung zugunsten der bezeichneten Personen überhaupt nicht mehr kennt, sondern nur unter besonderen Voraussetzungen eine Hemmung oder Verlängerung der Verjährung bei Ansprüchen gegen Geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen eintreten läßt (BGB. §§ 204, 206, 207), was natürlich auch bei der oben erörterten fünfjährigen Verjährung gilt. B G B . § 208. *) H G B . § 160. 3 4 ) B G B . g 425, Denkschr. S. 3 1 9 3 ) B G B . § 223 mit H G B . § 356. 5 ) H G B . §§ 3 3 5 — 3 4 2 . Lit.: H e i l f r o n , Lehrb. g 50. W . R e t t i g , Die stille Gesellschaft im Verhältnis zur Gesellschaft des B G B . Berlin 1902. E . L ü b b e r t , Die rechtliche Natur der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung. Goldschmidts Z. Bd. 58 S. 464 fr. K . L e h m a n n , Lehrb. §§ 65, 67. C a s a c k , Lehrb. § 1 1 2 . e ) Sie ist also keine „Handelsgesellschaft" in dem oben § 24 erörterten technischen Sinne dieser Bezeichnung; trotzdem aber ist ihre Darstellung an d i e s e r Stelle des Systems sowohl des geschichtlichen Werdegangs wegen, als auch um des Verständnisses des Rechts der Kommanditgesellschaft (s. folg. Paragraph) willen, gerechtfertigt, ja geboten.

§ 29.

183

Die stille Gesellschaft.

Gesellschaft im Sinne des bürgerlichen Rechts 1 ); Befugnisse und Berechtigungen im Innern dieser, nur ein sog. internes Vertragsverhältnis bildenden Assoziation ergeben sich zunächst aus dem Vertrage und dem gewöhnlichen bürgerlich-rechtlichen Gesellschaftsrechte 2 ); das Handelsrecht greift abweichend von dem letzteren nur in einzelnen, allerdings wesentlichen Punkten ein. Die stille Gesellschaft besteht immer nur aus zwei Vertragschließenden; davon ist der eine ein Kaufmann (selbständiger Inhaber eines Handelsgewerbes, auch „Komplementär" oder Geschäftsinhaber genannt), 3 ) der zur Verstärkung seines Betriebs- oder Anlagekapitals, zur Erweiterung seines Geschäfts u. dgl. eine Vermögenseinlage, regelmäßig einen Geldbetrag, von einem anderen, nämlich „dem stillen Gesellschafter", unter besonderen Eigentümlichkeiten annimmt; durch die letzteren unterscheidet sich die „stille Gesellschaft" von einem Darlehen, dessen Vorhandensein hier zunächst angenommen werden könnte; es sind aber hauptsächlich folgende Unterschiede, welche die Stellung des stillen Gesellschafters von der eines Darlehensgläubigers unterscheiden: i. Der stille Gesellschafter erhält von dem eingezahlten Kapital, welches übrigens, wie beim Darlehen, in das Eigentum des Empfängers, hier also des Kaufmanns, dem es der stille Gesellschafter gibt, übergeht 4 ), nicht feste Zinsen, wie der Darlehensgläubiger gewöhnlich, sondern Gewinnanteile 5 ), d. h. wenn der Komplementär Gewinn macht; *) B G B . §§ 7 0 5 — 7 4 0 . Jedoch darf nicht übersehen werden, daß das Gesellschaftsrecht des B G B . zum Teil auf einer a n d e r n Grundlage steht als das R e c h t der stillen Gesellschaft im Handel; denn das B G B . läßt im Zweifel eine Vermögensgemeinschaft, ein Gesellschaftsvermögen, gebunden nach den Grundsätzen der g e s a m t e n H a n d , aus den Einlagen der Gesellschafter werden (BGB. § 7 1 8 ) , während die Einlage des stillen Gesellschafters nur i n d a s V e r m ö g e n d e s G e s c h ä f t s i n h a b e r s ü b e r g e h t ; auch gesteht das Handelsrecht die Befugnis zur Geschäftsführung (im Gegensatz zum B G B . § 709) dem stillen Gesellschafter nicht zu, regelt das Kündigungsrecht im Anschluß an die offene Handelsgesellschaft (s. H G B . § 3 3 9 Abs. 1) und nimmt (im Gegensatz zur Regel des B G B . § 7 2 7 ) dem Tode des stillen Gesellschafters die das Gesellschaftsverhältnis auflösende Wirkung ( H G B . § 3 3 9 Abs. 2). Daß aber auch nach neuestem R e c h t ein Gesellschaftsverhältnis (im Sinne einer societas oder wenigstens eines partiarischen Verhältnisses in technischem Sinne) ohne Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens (im Sinne des B G B . § 7 1 8 ) denkbar und praktisch möglich ist, •wurde bereits oben S. 1 0 7 zu § 2 1 I I I 3 erwähnt. 2 3 4

9 ) S. vorige Anm. ) Näheres s. unten bei A n m . 5 — 7 S. ) H G B . § 3 3 5 , s. auch Anm. 1 oben.

) H G B . §§ 336, 3 3 7 .

184.

184

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

2. tragi: der stille Gesellschafter in der R e g e l die Gefahr, sein hingegebenes Kapital ganz oder teilweise einzubüßen; er partizipiert auch am Verluste, vorausgesetzt, daß dies nicht ausgeschlossen w i r d 1 ) ; 3. hat er auch R e c h t e der Kontrolle u. dgl. 2 ), welche dem Darlehensgläubiger nicht zustehen. Zum Wesen des zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Komplementär bestehenden Vertragsverhältnisses gehört außer dem Grundelemente des Gesellschaftsbegriffs 3 ) — V e r pflichtung zur F ö r d e r u n g der Erreichung eines gemeinsamen Zwecks — : a) daß die Einlage nicht etwa nur zu einem bestimmten einzelnen Geschäfte, wie bei einer sog. Gelegenheitsgesellschaft 4 ), sondern zum Zwecke der Beteiligung an dem ganzen Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers, g e g e b e n wurde und bestimmt sei; ferner b) daß der Geschäftsinhaber Kaufmann, wenn auch nur K a u f m a n n minderen R e c h t s 8 ) oder nur Inhaber eines formellen Handelsgewerbebetriebs 6 ) oder eine als K a u f m a n n geltende Handelsgesellschaft 7 ), sei und c) daß die Einlage nicht ein gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen werde, sondern in das V e r m ö g e n des Geschäftsinhabers übergehe 8). II. R e c h t s v e r h ä l t n i s s e

nach

außen

zu.

E s versteht sich nach dem Gesagten von selbst, daß die stille Gesellschaft keine eigene Firma hat, sondern daß der Geschäftsinhaber das Unternehmen der stillen Gesellschaft 1 ) Der Ausschluß der Verlustbeteiligung ist jetzt gesetzlich (§ 336 Abs. 2) ausdrücklich zulässig; nach der Ansicht des Reichsoberhandelsgerichts und des Reichsgerichts war das sog. pactum capitis salvi schon nach dem HGB. v. 1861 mit dem Begriffe der stillen Gesellschaft nicht von vornherein unvereinbar. ROHG. Bd. 12 S. 100; RGZ. Bd. 3 S. 8—9, Bd. 27 S. 16, 17. *) HGB. § 338. 3 ) Die Unterschiede gegenüber dem Gesellschaftswesen des BGB. s. Anm. I auf voriger Seite. 4 ) Diese, die sog. a conto meta-Gesellschaft, wurde durch das HBG. v. 1861 Art. 266—270 besonders geregelt, unterliegt aber jetzt nur den allgemeinen Regeln des Gesellschaftsrechts; BGB. §§ 705fr., G a r e i s , HBG. S. 313 Abs. 2. 5 e ) HGB. § 4, s. oben § 12 S. 52fr. ) HGB. § 2, s. oben § 8 S 41 ff. ') HGB. § 5, s. oben § 24. S. 128, also insbesondere auch eine offene Handelsgesellschaft. RGZ. Bd. 30 S. 33. 8 ) HGB. § 335 Abs. 1 mit G a r e i s , HGB. Anm. 5 hierzu S. 315, s. auch oben Anm. I S. 183.

§ 29-

Die stille Gesellschaft.

185

unter s e i n e r Firma betreibt, ja, diese darf eine das Verhältnis einer Gesellschaft andeutende Firma oder Firmenbeifügung nicht um des Vorhandenseins der stillen Gesellschaft willen — möglicherweise aber aus einem anderen Grunde 1 ) — annehmen und führen; aus den Geschäften, welche im Betriebe des Gesellschaftsunternehmens von ihm geschlossen werden, wird nur er selbst berechtigt, bzw. verpflichtet. Zu einem Auftreten für das Handelsgewerbe nach außen zu ist der stille Gesellschafter ebensowenig· wie zu interner Führung" der Geschäfte — ohne besondere Bevollmächtigung, bzw. Beauftragung, also kraft des Gesellschaftsverhältnisses an sich — berechtigt, noch auch verpflichtet; für die außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses stehenden Dritten, insbesondere für die Gläubiger des Handelsgewerbes des (Komplementärs) Geschäftsinhabers, ist der stille Gesellschafter zunächst soviel wie gar nicht vorhanden. Anders liegt die Sache, wenn das Vorhandensein mit Wissen und Willen der Beteiligten kundgemacht wird; denn dann tritt unter Umständen wenigstens, und namentlich wenn durch diese der Tatbestand eines Kreditauftrags 2 ) geschaffen oder die Gesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft umgeschaffen ist, eine direkte Haftung des stillen Gesellschafters den Geschäftsgläubigern gegenüber ein. Aber auch abgesehen von solchen umgestaltenden oder kundbar machenden Vorkommnissen, hat das den Geschäftsinhaber und den stillen Gesellschafter umschließende Band doch auch für und gegen Dritte Bedeutung, nämlich vor allem: i. insofern, als die in das Geschäft eingebrachte Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Inhabers dieses ') Ζ. B. weil die Firma übernommen (s. HGB. § 22, s. übrigens hierzu G a r e i s , HGB. Anm. 1 zu § 22 und oben § 16 S. 79) oder weil ein Kommanditist (s. HGB. §§ 19 Abs. 2, 161 ff.) vorhanden i s t Möglich ist sogar, daß der Name des stillen Gesellschafters in der Firma des Komplementars enthalten ist, ohne daß dadurch die stille Gesellschaft unter allen Umständen in eine offene umgewandelt und der stille Gesellschafter den Gläubigern des Geschäfts als Gesamtschuldner haften müßte, denn es ist ζ. B. möglich, daß der seitherige Inhaber oder Mitinhaber, dessen persönlicher Name in der Firma enthalten ist, sich von der Führung der Geschäfte zurückzieht, jedoch als stiller Gesellschafter beteiligt bleibt. S. Denkschr. S. 3196f., 3228 f. Aber die Andeutung eines Gesellschaftsverhältnisses darf nicht beigefügt werden, wo nicht der Firmenübergang sie rechtfertigt. S. HGB. § 18. 2 ) BGB. § 178. W e i d e m a n n , Der Kreditauftrag, Goldschmidts Z. Bd. 53 S. 429fr. Vgl. Denkschr. S. 3229, aber auch B e h r e n d , Lehrb. I S. 689fr. und S t a m m l e r , i. Arch. Ziv. Prax. Bd. 69 S. Iff.

186

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

G e s c h ä f t s übergeht und somit den Gläubigern desselben haftet, soweit ein solches V e r m ö g e n diesen überhaupt haftet 1 ); ferner 2. insofern ein Privatgläubiger des stillen Gesellschafters unter derselben Voraussetzung, unter welcher ein solcher eines offenen Gesellschafters die Gesellschaft sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen kann 2 ); und 3. insofern die Gläubiger im K o n k u r s e des Geschäftsinhabers verlangen können, daß der stille Gesellschafter seine Einlage, soweit sie den B e t r a g des auf ihn fallenden Anteils am Verlust nicht übersteigt, unberührt in dem V e r m ö g e n des Konkursschuldners beläßt; soweit sie aber diesen seinen Verlustanteil übersteigt, lediglich als gewöhnliche Konkursforderung geltend mache und nicht etwa vorwegnehme 3 ), soweit sie aber bei der Eröffnung des K o n k u r s e s noch rückständig ist, noch nachträglich bis zum B e t r a g e , welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Konkursmasse einzahle 4). Man sieht hieraus, daß der Gesellschaftsvertrag doch kein reines Internum zwischen den zwei Beteiligten ist, sondern auch nach außen — den Gläubigern g e g e n ü b e r — recht erhebliche W i r k u n g e n zeigt, s. übrigens auch noch unten I V . III. R e c h t s v e r h ä l t n i s s e

nach innen

zu.

Zwischen den beiden Gesellschaftern, nämlich dem Geschäftsinhaber und dem stillen Associ6, entscheidet der V e r trag, dessen charakteristischer Inhalt erörtert ist (s. oben unter I); er wird formlos abgeschlossen 5 ) und bestimmt regelmäßig, wie hoch die Einlage und wie groß der Anteil des stillen Gesellschafters am Gewinn und am Verluste sein soll; ist dies nicht vereinbart, so gilt ein den Umständen angemessener Anteil als bedungen 8 ); es kann aber, wie erwähnt, H G B . § 3 3 s A b s . 1. *) H G B . § 3 3 9 mit § 1 3 s ; s. oben S. 167fr., 175. 3 ) H G B . § 3 4 1 A b s . 1. Eine Erweiterung dieser Verpflichtung s. unten S. 188, 1 8 9 gemäß § 3 4 2 . ") H G B . § 3 4 1 A b s . 2. 6 ) Selbstverständlich wird der Vertrag nicht zum Handelsregister angemeldet, die stille Gesellschaft darf nicht eingetragen werden. G a r e i s , H G B . S. 2 7 f f . , Vorbemerkung zu §§ 8 ff. 6 ) H G B . § 3 3 6 mit Anm. 1, bei G a r e i s , H G B . S . 3 1 6 .

§ 29-

187

D i e stille Gesellschaft.

auch vereinbart werden, daß der stille Gesellschafter am Verluste gar nicht beteiligt sein soll, nicht aber ist sein Ausschluß vom Gewinne zulässig·1). Die Berechnung - von Gewinn und Verlust findet, wenn nichts anderes vereinbart ist, am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahrs statt, und unter der gleichen Voraussetzung" ist der dem stillen Gesellschafter zufallende Gewinn diesem auszubezahlen; es kann aber auch verabredet werden, daß der Gewinn stehen bleibe 2 ). A m Verluste nimmt der stille Gesellschafter nur bis zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil; bezogenen Gewinn braucht er, auch wenn später Verluste eintreten, nicht wieder zurückzuzahlen; aber der Defekt, welchen ein früherer Verlust in die Einlage gerissen hat, muß zunächst aus späterem Gewinne gedeckt sein, bevor es zur Auszahlung eines Jahresgewinns kommen kann. W a s die oben (I 3 S. 184) erwähnten stille Gesellschafter

Kontrollrechte

zwar in normalen Verhältnissen

während und persönlich

von

dem Gange

anlangt,

nicht das R e c h t ,

der Geschäfte des

so hat der sich fort-

Gesellschaftsunter-

nehmens zu unterrichten, die Bücher, Briefe u. dgl. einzusehen und sich aus ihnen Übersichten

über

den Stand

des Unternehmens

und Vermögens

sondern er muß sich, weitergehende Zugeständnisse

zu

machen 3 ),

des Geschäftsinhabers

selbst-

verständlich vorbehalten, damit begnügen, beim Jahresschlüsse die Bilanz, von der er Abschrift verlangen kann, kennen zu lernen und auf ihre R i c h t i g k e i t nach den Büchern und Papieren zu prüfen; aber in außerordentlichen Umständen — wichtige Gründe

vorliegen,

sagt

das

Gesetz



kann

jederzeit den Geschäftsinhaber gerichtlich zur Enthüllung

der stille

wenn

Gesellschafter

der Geschäftslage, V o r -

legung der Bücher und Papiere usw. zwingen lassen 4 ).

IV. Die E n d i g u n g einer stillen Gesellschaft kann im allgemeinen durch dieselben Gründe herbeigeführt werden, aus denen überhaupt Gesellschaftsverhältnisse enden 5 ): erschöpfende Erreichung oder Vereitelung des Gesellschaftszwecks 6 ), gegenseitige Ubereinkunft, Ablauf der vereinbarten Dauer (sofern nicht die Fortsetzung beschlossen ist, was auch 0 A b s . 2 des § 336 d. H G B . , vgl. auch R O H G . B d . 9 S. 36. R O H G . Bd. 13 S. 65. D e r nichterhobene G e w i n n vermehrt aber keineswegs ohne weiteres den Geschäftsanteil des stillen Gesellschafters, es müßte dies besonders vereinbart sein. H G B . § 337 A b s . 3. Anders bei der offenen Handelsgesellschaft, s. H G B . § 120. Bezüglich der Kommanditgesellschaft s. H G B . § 167 und unten § 30 S. 195 bei A n m . 2 u. 3. 3 ) V g l . B G B . § 7 1 6 , hier ausgeschlossen durch H G B . § 338 A b s . 2. 4) H G B . § 338 A b s . 3. Zuständig ist auf Antrag des stillen Gesellschafters das Amtsgericht nach § 145 des F r e i w G G . 5) B G B . § § 7 2 3 — 7 2 8 . B G B . § 726. 2)

188

K a p . XI.

D i e Personen im Handelsrecht.

stillschweigend geschehen kann), Eröffnung des Konkurses über das Vermögen, sei es des stillen Gesellschafters, sei es des Komplementars 1 ), ferner bei Gesellschaften von unbestimmter Dauer Kündigung seitens eines der Gesellschafter (unter Beobachtung einer mindestens sechsmonatlichen Kündigungsfrist und nur für den Schluß des Geschäftsjahres) 2 ), aus wichtigen Gründen, über deren Vorhandensein das richterliche Ermessen entscheidet, ζ. B. wenn der Komplementär geschäftsunfähig wurde, kann auch die sofortige Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses verlangt werden 3 ); ebenso kann ein Gläubiger des stillen Gesellschafters, wie erwähnt 4 ), um Befriedigung aus dem Auseinandersetzungsanteil seines Schuldners zu finden, die Gesellschaft kündigen. A u c h der Tod kann die stille Gesellschaft endigen, aber — in A b w e i c h u n g vom allgemeinen bürgerlichen Rechte — gesetzlich nur der des Geschäftsinhabers, nicht der des stillen Gesellschafters 5 ). D i e Auseinandersetzung hat der Geschäftsinhaber, bzw. dessen Erbe in allen Fallen, in denen nicht das Konkursverfahren Änderungen vorschreibt, zu bewerkstelligen;

was

dabei

dem

stillen Gesellschafter zukommt,

kann

dieser in Geld

ausbezahlt verlangen; die Gesellschaft kann auch noch eine A r t Nachspiel haben, nämlich schwebende Geschäfte, deren Beendigung vielleicht erst nach Jahren nach der Endigung der Gesellschaft eintritt; in solchen Fällen hat der Komplementär, wenn er sein Geschäft

ohne

den stillen Gesellschafter fortführt,

zwei Unternehmungen zu führen,

gewissermaßen

denn er muß die aus der Zeit der Gesellschaft

herrührenden Geschäfte, w e l c h e zur Zeit der A u f l ö s u n g schweben, abwickeln und buchen mit R ü c k s i c h t darauf, daß der stille Gesellschafter noch teilnimmt an dem Gewinne und, sich

aus

wenn dies nicht ausgeschlossen ward,

diesen

während dessen

Geschäften noch nach

ergibt;

am

Schlüsse

auch an dem Verluste, eines

jeden

der Gesellschaftsauflösung jene Geschäfte

kann der stille Gesellschafter R e c h e n s c h a f t über

die inzwischen

der

Geschäftsjahres, schweben,

beendigten

Ge-

schäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und A u s k u n f t über den Stand der noch schwebenden Geschäfte fordern.

Wie erwähnt, ist die Eröffnung des Konkurses über V e r m ö g e n des Komplementars ein Grund zur A u f h e b u n g Gesellschaftsverhältnisses; in diesem Falle konkurriert, gleichfalls bereits angedeutet wurde (s. oben S. i86f.),

das des was der

2) H G B . § § 339, 132, ') B G B . § 728 mit H G B . § 339. 134. 3) B G B . § 7 2 3 ; H G B . § 339 A b s . 1 Satz 2. S. auch oben S. 184, 185. 4 ) S. oben S. 168, 169, 186 ( H G B . § 135 mit § 339 A b s . 1 Satz 1). 6 ) D i e Erben des stillen Gesellschafters bleiben also, wenn nichts anderes vereinbart wird oder nicht v o n dem Kündigungsrechte Gebrauch gemacht werden kann, im Gesellschaftsverhältnis zum K o m p l e m e n t ä r , H G B . § 339 A b s . 2 in A b weichung vom B G B . § 7 2 7 .

§ 29-

Die stille Gesellschaft.

189

stille Gesellschafter mit den Gläubigern des Komplementars, dergestalt, daß er seine Einlage, insoweit sie den Betrag des nach dem Gesellschaftsvertrage ihn treffenden Teiles des Verlustes übersteigt, als Konkursgläubiger n e b e n , jedoch nicht v o r den anderen Konkursgläubigern des Komplementars fordern kann*). Nun liegt die Möglichkeit vor, daß der Komplementär und der stille Gesellschafter, sobald sie den Zusammensturz des Unternehmens voraussehen, durch geheime Vereinbarung unter sich das Verhältnis auflösen und daß dabei der Komplementär dem stillen Gesellschafter die ganze.Einlage des letzteren oder wenigstens einen Teil derselben unter Zurückdatierung der Auflösung, zur Benachteiligung der Gläubiger, welche ein Recht auf die in das Eigentum des Komplementars übergegangene Einlage haben, vor Eröffnung des Konkurses zurückzahlt oder erläßt. Derartigen Kollusionen tritt das Gesetz durch die Bestimmung entgegen, daß der Konkursverwalter, wenn auf Grund einer innerhalb des Jahres vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Komplementars getroffenen Vereinbarung zwischen dem letzteren und dem stillen Gesellschafter diesem die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil am Verluste ganz oder teilweise erlassen worden ist, diese Handlungen anfechten kann, gleichviel, ob die Rückgewährung oder der Erlaß unter Aufhebung der Gesellschaft stattgefunden hat oder nicht; bei dieser Anfechtung, auf welche die Vorschriften der Konkursordnung über die Geltendmachung und Wirkung der Anfechtung im übrigen Anwendung finden2), braucht der Anfechtungsberechtigte die Absicht der Gesellschafter, Konkursgläubiger zu benachteiligen, weder zu behaupten, noch zu beweisen; andererseits aber ist entgegen der Anfechtung der Einwand und der Beweis dem stillen Gesellschafter offen gelassen, daß der Konkurs des Komplementars in Umständen begründet sei, die erst nach der Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses der Einlage eingetreten sind, daß also mit anderen Worten eine Kollusion nicht stattgefunden habe 3 ). H G B . § 3 4 1 , gegenüber K o n k O . §§ 1 6 , *) K o n k O . §§ 3 ) HGB. § 342.

35-37.

51.

190

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Die stille Gesellschaft wird stets nur von zwei Kontrahenten geschlossen; beteiligen sich mehrere Personen an dem Gewerbebetrieb eines Kaufmianns mit Gewinnanteil usw., so bestehen mehrere stille Gesellschaften, und es ist dann das Verhältnis einer jeden einzelnen derselben zum Komplementär besonders (als besonderes Gesellschaftsverhältnis) in Betracht zu ziehen.

§

3. D i e

30.

Kommanditgesellschaft1).

I. Die Kommanditgesellschaft ist eine k u n d b a r g e m a c h t e , nach außen zu als „Handelsgesellschaft" auftretende „stille Gesellschaft"; dem französischen R e c h t e in ihren H a u p t bestimmungen entnommen und erst nach verschiedenen Schwankungen bei der B e r a t u n g des H G B . (zuerst statt 2 ), dann) neben der dem älteren deutschen Handelsrechte bereits bekannten „stillen Gesellschaft" in das Gesetz aufgenommen, hat sie vor letzterer den Vorteil voraus, daß das Publikum die Größe des Einlagekapitals erfährt, folglich danach den Kredit zu bemessen vermag, welchen es dem U n t e r n e h m e n zuwenden will, und daß hierdurch folglich einerseits die Sicherheit des Publikums gefördert, andererseits die Kreditwürdigkeit des Unternehmens geklärt werden k a n n ; gleichzeitig wohnen jedoch dieser Gesellschaftsform Gefahren ( T ä u s c h u n g des Publikums durch nur nominelle Einlagen und dgl.) inne, welchen durch besondere Kautelen und Normativbestimmungen des Gesetzes tunlichst b e g e g n e t werden muß und durch die deutsche Gesetzgebung in der T a t b e g e g n e t wird. Der Kapitalist, welcher sich in der stillen Gesellschaft, wo er „stiller Gesellschafter" heißt, an einem H a n d e l s g e w e r b e beteiligt, das unter der Firma des K o m p l e m e n t a r s von diesem betrieben wird, beteiligt sich in der Kommanditgesellschaft., wo er „Kommanditist" heißt, an einem Handelsgewerbe, welches H G B . § 1 6 1 — 1 7 7 . Lit.: R e n a u d , Das Recht der K . ( 1 8 8 1 ) ; W e n d t im Hdbch. Bd. I S. 428fr. ( 1 8 8 1 ) ; B e h r e n d , Lehrb. §§ 85fr.; E h r e n b e r g , Beschränkte Haftung des Schuldners nach See- und Handelsrecht (1880); M a x S c h w a l b in Goldschmidts Zeitung Bd. 34 S. 3 3 8 f r , ; T u c h a t s c h , Die IC. (1894); K . L e h m a n n , Lehrb. §§ 65, 66. C o s a c k , Lehrb. § m . Heilfron, Lehrb. § 29. 2 ) Der preußische Entwurf z. H G B . von 1 8 6 1 hatte unter dem Namem. „stille Gesellschaft" eine Gesellschaftsform anerkannt, weJche im wesentlichem, nichts anderes war als die jetzt im H G B . sog. Kommanditgesellschaft; Geschichtliches und Nachweisungen s. G a r e i s , H G B . Vorbemerkung zum 2. Abschnitt de:s 2. Buches, S. 1 5 3 , 1 5 4 .

§ 3°.

Die Kommanditgesellschaft.

191

der Gesellschaft selbst, der Kommanditgesellschaft, gehört und von dieser unter einer Gesellschaftsfirma betrieben wird; denn zum Begriffe einer Kommanditgesellschaft gehören: a) zwei Arten von Mitgliedern, nämlich: ein oder mehrere Gesellschafter, welche sich nur mit Vermögenseinlagen 1 ) beteiligen („Kommanditisten"), und ein oder mehrere Mitglieder, bei denen die Beteiligung nicht in dieser Weise beschränkt ist („persönlich haftende Gesellschafter", Komplementare), und b) ein unter gemeinschaftlicher Firma betriebenes Handelsgewerbe, an welchem jene doppelte Art von Beteiligung stattfindet. Auch wenn mehrere Kommanditisten an diesem Handelsgewerbe beteiligt sind, besteht doch nur eine Gesellschaft, das Verhältnis jedes einzelnen derselben zu dieser kann besonders geregelt sein; sind aber mehrere Komplementare in der Kommanditgesellschaft, so ist in bezug auf diese eine offene Handelsgesellschaft vorhanden, d. h. die Kommanditgesellschaft ist in diesem Falle dies und eine offene Handelsgesellschaft zugleich; aber auch wenn nur ein Komplementär vorhanden ist, finden auf diese Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung, soweit nicht — der abweichenden Natur der Kommanditgesellschaft entsprechend — gesetzlich ein anderes vorgeschrieben ist2). II. Die Entstehung der Kommanditgesellschaft setzt Vertragserrichtung 3 ) (d. i. der oben S. 137, 138 unter Α erwähnte Zeuguagsakt) und die auf Anmeldung 4 ) hin bewirkte Ein') Diese brauchen nicht gerade in Geld zu bestehen ( R G Z . Bd. 2 S. 306), aber der im H G B . § 1 6 1 gewählte Ausdruck „Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage" weist doch darauf hin, daß die Einlage der Kommanditisten in einer bestimmten Geldsumme ausgedrückt sein muß. S. Denkschr. S. 3 1 9 4 und G a r e i s , H G B . A n m . 3 zu § 1 6 1 S. 1 5 5 . 2 ) H G B . § 1 6 1 (Abs. 2). Man darf aber hieraus doch nicht den Schluß ziehen, diese Gesellschaft sei eine Abart oder Unterart der offenen Handelsgesellschaft. Vgl. oben § 26 S. 1 3 9 — 1 4 0 . 3 ) H G B . § 1 6 3 ; über die Notwendigkeit und Tragweite der Vereinbarung s. G a r e i s , H G B . A n m . 1 zu § 1 6 3 S. 1 5 8 . Über die Frage der Form der Vertragserrichtung s. oben § 2 5 S. 1 5 5 f. 4 ) Form und "Wirkung der Anmeldung und Eintragung richten sich nach H G B . §§ 1 2 — 1 5 u. nach den gemäß H G B . § 1 6 1 A b s . 2 anzuwendenden V o r schriften von der offenen Handelsgesellschaft; aber der Inhalt der Anmeldung wird gesetzlich anders bestimmt; denn sie muß außer den in H G B § 106 A b s . 2 vorgesehenen Angaben die Bezeichnung der Kommanditisten und den Betrag der Einlage eines jeden von ihnen enthalten; dies ist hauptsächlich wegen der auch nach außen zu vorhandenen Haftbarkeit des Kommanditisten wichtig. S . H G B . § 1 7 1 A b s . I, § 1 7 2 ; jedoch ist bei der öffentlichen Bekanntmachung der Eintragung nur die Zall der Kommanditisten anzugeben, nicht Name, Stand, .Wohnort und

192

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

tragung· in das Handelsregister (d. i. der ebenfalls bereits oben S. 138 f. unter Β erwähnte Geburtsakt) voraus; die Anmeldung und die durch sie erwirkte Eintragung hat hier nicht bloß diejenige Bedeutung, welche ihr bei der offenen Handelsgesellschaft zukommt 1 ), sondern noch die besondere Bedeutung, daß von ihr den Gläubigern gegenüber die beschränkte Haftung der Kommanditisten in dem oben S. 191 erörterten Sinne abhängt 2 ). Die Anmeldepflicht erstreckt sich auch auf die Zweigniederlassungen. A u c h 3 ) bei der Kommanditgesellschaft gilt, daß diejenigen Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich bei dem Gerichte zu zeichnen, oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen haben. Wie die ursprüngliche Festsetzung, so ist auch eine etwaige spätere Erhöhung oder Herabsetzung einer Einlage durch die sämtlichen Gesellschafter (auch die Kommanditisten) zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, und zwar unter Angabe des Betrags, um welchen die Einlage erhöht oder reduziert wird; dagegen wird dieser Betrag in der öffentlichen Bekanntmachung ebensowenig genannt wie die ursprüngliche Höhe der Einlage 4 ); ausgeschlossen ist die Verhängung von Ordnungsstrafen zur Erzwingung der zum Handelsregister des Sitzes 5 ) der Gesellschaft zu bewirkenden Anmeldung einer Reduktion oder einer Erhöhung der Einlage, da die Gesellschafter bei diesen Maßnahmen möglicherweise nur ihr Verhältnis u n t e r e i n a n d e r ändern, das Verhältnis nach außen zu, insbesondere den Gläubigern gegenüber, unverärdert bestehen lassen wollen 6 ). Einlagebetrag derselben. H G B . i) 1 ( 2 Abs. 2, hierzu s. Denkschr. S 3 1 9 4 und G a r e i s , H G B . Anm. 2. zu § 162 S. 1 5 7 . Dasselbe gilt auch, wenr ein K o m manditist in eine bestehende (offene oder andere) Handelsgesellschaft tintritt oder aus einer solchen ausscheidet (HGB. § 1 6 2 Abs. 3). *) H G B . §§ 106, 107, 1 2 3 u. die Anm. hierzu bei G a r e i s , H J B . 2 ) H G B . § 1 7 6 ; hierzu s. oben Anm. 2 u. 3 auf S. 140. 3 ) Hinsichtlich der offenen Handelsgesellschaft s. H G B . § 108 u. tben S. 1 5 6 mit Anm. 2 daselbst. 4 ) H G B . § 1 7 5 Satz 2 u. s. Anm. 4 auf voriger Seite. 5 ) Dagegen kann die Anmeldung am Sitze der Zweigniederlassung erzwungen werden, wenn die Eintragung der Änderung bei der Hauptniederlassung bewirkt ist. e ) H G B . § 1 7 5 1. Satz. Über den Einfluß der Eintragung bzw. Niciteintragung dieser Änderungen nach außen hin s. übrigens unter I I I auf Seite 103 u. H G B . §§ 1 7 2 . 174.

§ 30.

Die Kommanditgesellschaft.

193

III. Die Stellung· der Kommanditg-esellschaft n a c h außen zu wird durch den Hinweis auf die Rechtsfähigkeit dieser echten Handelsgesellschaft bezeichnet, s. oben § 24 I S. 129 1 ). Geschäftsfähig wird die Gesellschaft durch die Vertretungseitens der Komplementare, die der Kommanditgesellschaft gegenüber ganz dieselbe Stellung einnehmen wie die Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft dieser gegenüber, während die Kommanditisten gesetzlich zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt sind 2 ). Für die Gesellschaftsschulden haftet den Gesellschaftsgläubigern nach ihrer Wahl: 1. das Gesellschaftsvermögen, also die einbezahlten Einlagen, die eingebrachten Gegenstände, die Anschaffungen und sonstigen Vermögensmehrungen der Gesellschaft, 2. das ganze Vermögen eines jeden einzelnen Komplementars, denn dieser haftet wie ein Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft 3 ), und 3. die noch nicht geleistete Einlage eines jeden Kommanditisten; denn jeder Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage u n m i t t e l b a r 4 ) , und zwar so, wie diese Höhe im Handelsregister angegeben oder ihnen in handelsüblicher Weise, ζ. B. durch Zirkular, kundgemacht oder ihnen durch die Gesellschaft selbst mitgeteilt worden ist 6 ). Die Gesellschaftsgläubiger können sich also an die ihnen in bestimmter Weise kundgewordene Einlage eines jeden Kommanditisten halten: ein Erlaß, eine Stundung oder die Rückzahlung der Einlage kann zwar unter den Gesellschaftsmitgliedern mit interner Wirksamkeit vereinbart werden, eine derartige Vereinbarung

unwirksam,

und

aber den Gläubigern gegenüber ist die vollzogene Zurückzahlung der

Einlage hat zur Folge, daß sie — den Gläubigern gegenüber — als noch nicht geleistet gilt und demnach Gegenstand der Haftung diesen gegenüber ist; ebenso verhält es sich mit Gewinnanteilen, die ein Kommanditist entnimmt, während sein

HGB. § § 1 2 4 , 1 6 1 Abs. 2. ) Die Vorschriften der §§ 1 7 0 — 1 7 7 des H G B . sind im Gegensatze zu denen der §§ 1 6 4 — 1 6 9 (s. unten Anm. 5 S. 194) zwingender Natur, aber trotz H G B . § 1 7 0 ist nicht ausgeschlossen, daß ein Kommanditist in der Gesellschaft die Stellung eines Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten hat; denn eine der Bestimmung des Art. 1 6 7 Abs. 3 des H G B . v. 1 8 6 1 analoge Vorschrift findet sich im HGB. v. 1 8 9 7 nicht. . * ) HGB. § 1 2 8 nach § 1 6 1 Abs. 2. 4 ) HGB. § 1 7 1 Abs. 1 Satz I ; durch diesen Satz wird eine vielbehandelte Streitfrage beseitigt. G. & F., HGB. S. 296 Bern. 36 und die dort angegebene Literatur. Denkschr. S. 3 1 9 5 . 5 ) HGB. § 1 7 2 Abs. 1 u. 2. 2

G a r e i e , Handelsrecht.

8. Aufl.

13

Kap. Π.

194

Die Personen im Handelsrecht.

Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage gesunken ist, oder soweit durch die Entnahme des Gewinns der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert ist; aber was ein Kommanditist arf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezogen hat, braucht er in keinem Falle zurückzuzahlen1). In derselben Weise haftet auch jeder in eine, offene oder andere, Handelsgesellschaft neu eintretende Kommanditist für alle vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft Dritten gegenüber unabänderlich, und gleichviel, ob eine Änderung der Firma dabei eintritt oder nicht2). Eine Reduktion der Einlage ist denkbar, aus wirtschaftlichen Gründen vielleicht dringend notwendig, aber Gläubigern gegenüber ist auch der bestmotivierte Reduktionsbeschluß unwirksam, solange die Herabsetzung nicht in das Handelsregister des Gerichts, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat 3 ), eingetragen ist 4 ); aber anch diese Eintragung kann Gläubiger nicht beeinträchtigen, deren Forderungen zur Zeit der Eintragung schon begründet waren, sie brauchen die Reduktion nicht gegen sich gelten zu lassen, sondern können sich an die volle ursprüngliche Einlage halten.

IV. Die innere Seite des Verhältnisses der Kommanditisten untereinander und zu den Komplementaren richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrage, wie dies auch bezüglich der inneren Verhältnisse der offenen Handelsgesellschaft — s. oben § 26 S. 156 ff. mit Anm. 3, 4 S. 157 Anm. 1—3 und S. 158 — der Fall, und das Gesetz beschränkt sich in d i e s e r Hinsicht 8 ) auf einige dispositive Vorschriften, deren Eingreifen durch den ursprünglichen Gesellschaftsv ertrag oder durch spätere Vereinbarung jederzeit ausgeschlossen werden kann; diese nachgiebigen — von dem für die offene Handelsgesellschaft ebenfalls dispositiv geltenden Rechte abweichenden — Vorschriften beziehen sich 1. auf die Geschäftsführung; von dieser sind nämlich die Kommanditisten regelmäßig ausgeschlossen; sie können auch keinen Widerspruch gegen eine Handlung eines Komplementars erheben, vorausgesetzt, daß diese nicht über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgeht 6 ); auch bei der Bestellung oder Abberufung eines Prokuristen — Handlungen, 2 1) HGB. § 172 Abs. 3—5. ) HGB. § 1 7 3 . ) Hinsichtlich der Anmeldung am Sitze einer Zweigniederlassung s. oben S. 192 Anm. $ u. G a r e i s , HGB. Anm. 3 zu § 29 und Anm. 4 zu § 1 3 . HGB. § 174. 6 ) Die Vorschriften der HGB. §§ 164—169 sind (nach § 163) nicht zwingend, sondern nachgiebiger Art, aber die Vorschriften der §§ 1 7 0 — 1 7 7 sind der Privatänderung entzogen. S. oben S. 193 Anm. 2. e ) Das Hinausgehen über den gewöhnlichen Betrieb würde der widersprechende Kommanditist nötigenfalls zu b e w e i s e n haben. Über die Formel: „es sei denn" (s. HGB. § 164) s. P l a n c k , BGB. Vorbemerkung zum I. Buch, S. 44. 8

§ 30.

Die Kommanditgesellschaft.

195

bei deren ersterer, wenn nicht G e f a h r auf Verzug· ist, die Mitwirkung· aller g e s c h ä f t s f ü h l e n d e n Gesellschafter (Komplementare) erforderlich ist 1 ) — haben die Kommanditisten nicht mitzuwirken, es sei denn, daß sie durch V e r t r a g zur G e s c h ä f t s f ü h r u n g berufen sind. 2. Ü b e r die H ö h e und A r t der Einlagen entscheidet selbstverständlich wie bei der offenen H a n d e l s g e s e l l s c h a f t der V e r t r a g , und ebenso wie in dieser v e r m u t u n g s w e i s e am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahres auf G r u n d der Bilanz Gewinn und V e r l u s t des Jahres zu ermitteln und auf j e d e n Gesellschafter sein A n t e i l daran zu b e r e c h n e n ist, ebenso hat es auch in der K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t für jeden Gesellschafter zu g e s c h e h e n ; allein der einem Kommanditisten hiernach zukommende G e winn wird dem Kapitalanteile desselben nicht w i e dem offnen Gesellschafter und dem K o m p l e m e n t ä r , w e n n nichts anderes v e r e i n b a r t ist, immer w i e d e r und stets zugeschrieben, sondern nur so lange, als dieser Anteil den B e t r a g der b e d u n g e n e n E i n l a g e nicht erreicht; die Z u s c h r e i b u n g zum Kapitalanteil e r f o l g t also, a b g e s e h e n von anderweiterer V e r e i n b a r u n g , nur, wenn e n t w e d e r die laut Gesellschaftsvertrag' (oder N a c h t r a g hierzu) zu leistende Einlage noch nicht vollständig e i n g e b r a c h t ist — das F e h l e n d e wird in diesem Falle eben durch den G e w i n n e r g ä n z t — oder wenn der Kapitalanteil durch V e r lust unter den B e t r a g der v e r t r a g s m ä ß i g zu leistenden Einlage h e r a b g e s u n k e n ist — auch in diesem Falle wird der A u s f a l l eben durch die Gutschrift des Gewinnanteils ergänzt. Abg e s e h e n von diesen beiden Fällen und von besonderer V e r e i n b a r u n g (unter allen Gesellschaftern), bildet der nicht erh o b e n e Gewinnanteil eines Kommanditisten nicht eine M e h r u n g seines Kapitalanteils, sondern — entsprechend der kaufmännischen A u f f a s s u n g 2 ) — nur eine g e w ö h n l i c h e , fest zu verzinsende B u c h f o r d e r u n g des Kommanditisten, w e l c h e bei der B e r e c h n u n g des im neuen G e s c h ä f t s j a h r e auf diesen fallenden Gewinns außer B e t r a c h t bleibt, mit w e l c h e r er aber auch nicht am Verluste der Gesellschaft partizipiert; an dem letzteren nimmt er nur bis zum B e t r a g e seines Kapitalanteils und seiner noch rückständigen E i n l a g e teil 3 ). l)

2) Denkschr. S. 3194 a. Ende, 3195. H G B . §§ 116 Abs. 3, 164 1. Satz. H G B . § 167. Vgl. die Behandlung des einem stillen Gesellschafter zufallenden Gewinnanteils, oben § 29 III S. 187 bei und in Anm. 2. 13* 3)

Kap. II.

196

Die Personen im Handelsrecht.

3. Was die Gewinnverteilung anlangt, so ist die für die offene Handelsgesellschaft aufgestellte Regel 1 ), wonach die Verzinsung der Kapitalanteile mit 4 °/0 (Kapitaldividende genannt, s. oben S. 160 f.) nur erfolgt, soweit der Jahresgewinn wirklich reicht, auch bezüglich der Kapitalanteile der Kommanditisten präsumtiv anzuwenden 2 ); die Personal- oder Arbeitsdividende kommt den letzteren jedoch nicht in dem Maße zu wie dem persönlich haftenden Gesellschafter in dieser und in der offenen Handelsgesellschaft, sondern es kommt in dieser Hinsicht ganz auf die Umstände des eineinen Falles an: für die Berechnung des Gewinnes, welcher den Betrag von 4 °/0 der sämtlichen Kapitalanteile übersteigt, und ebenso für die Berechnung des Verlustes gilt — rechtsnachgiebig — „ein den Umständen nach angemessenes Verhältnis der Anteile als bedungen" 3 ). 4. Das Recht der Gelderhebung, welches das Gesetz dem Mitgliede der offenen Handelsgesellschaft einräumt 4 ), steht dem Kommanditisten nicht zu; denn ein solches Recht würde den Kommanditisten in die Lage versetzen, eine besondere Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern wegen der durch die Ausübung dieses Rechts bewirkten — unzulässigen — Verminderung seiner Einlage auf sich nehmen zu müssen, während die übrigen Gesellschafter ein berechtigtes Interesse daran haben, daß die Einlage, welche ja die einzige Leistung der K o m manditisten bildet, ungeschmälert dem Gesellschaftsunternehmen diene; der Kommanditist hat also nur Anspruch auf Auszahlung des ihm gehörenden Gewinnes, kann aber auch diese nicht verlangen, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung es würde 5 ). Andrerseits braucht er aber den bezogenen Gewinn nicht etwa wegen späterer Verluste zurückzuzahlen. 5. Unter dem Konkurrenzverbot, welches die persönlich haftenden Gesellschafter gesetzlich beschränkt 6 ), steht der Kommanditist nicht; nur die gegen den unlauteren Wettbewerb gerichteten Vorschriften 7 ) beschränken ihn in dieser Hinsicht wie jeden anderen Geschäftsmann. 6. Die dem Kommanditisten zustehenden Kontrollrechte gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft sind eng begrenzt, nur die sog. papierne, nicht die sog. persönliche Kontrolle steht ihm zu, wie dem stillen Gesellschafter, ab-

^ H G B . § 1 2 1 Abs. 1. ) Nach H G B . § 168 Abs. t gilt H G B . § 1 2 1 Abs. I u. 2 auch für Kommanditisten als dispositive R e g e l , nicht aber Abs. 3 des § 1 2 1 . 3 ) H G B . § 168 Abs. 2. 4 ) H G B . § 1 2 2 ; s. oben S. 1 6 1 Nr. 4. 6 ) H G B . § 169. «) H G B . §§ 1 1 2 , 1 1 3 (s. oben S. 66 ff. 7 ) S. oben § 18 S. 87 ff. 2

§ 3°·

Die Kommanditgesellschaft.

197

gesehen von etwaigen aus besonderen wichtigen Gründen beantragten und gerichtlich angeordneten Maßregeln außerordentlicher Kenntnisnahme 1 ).

V. Die E n d i g u n g einer Kommanditgesellschaft tritt, abgesehen von e i n e m Falle, genau aus den nämlichen gesetzlichen und richterlichen Gründen ein wie die Endigung der offenen Handelsgesellschaft, s. oben § 28 S. 170ff.; die erwähnte Ausnahme ist der Fall des Todes eines Kommanditisten: die rein kapitalistische Beteiligung eines solchen Gesellschafters läßt die Persönlichkeit desselben vermutungsweise als so gleichgültig für die Gesellschaft erscheinen, daß sein Hinscheiden diese nicht in ihrer Existenz zu berühren braucht 2 ); dasselbe ist der R e g e l nach selbstverständlich auch von der eintretenden Geschäftsunfähigkeit eines Kommanditisten zu sagen 8 ). Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Kommanditisten ist ebenso wie die des Konkurses über das Vermögen eines Komplementars ein gesetzlicher Auflösungsgrund4), kann aber zufolge Gesellschaftsvertrag oder Beschluß der Gesellschafter ihre auflösende Wirkung verlieren 5 ), selbst wenn durch das Ausscheiden des falliten Kommanditisten nur noch ein Gesellschafter — Komplementär — übrig bleiben sollte6). Mit der Liquidation der aufgelösten Kommanditgesellschaft verhält es sich wie mit der Liquidation der offenen Handelsgesellschaft 1 ). Auch die Aufbewahrung der Bücher und Geschäftspapiere richtet sich nach den entsprechend bei der offenen Handelsgesellschaft geltenden Regeln 8 ), und was die Verjährung der Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft anlangt, so kommt die besondere fünfjährige Verjährung (s. oben S. 179 fr.) auch dem wegen Gesellschaftsschulden direkt in Anspruch genommenen Kommanditisten zugute9). 3 ) HGB, § 166 verglichen einerseits mit § 118 (persönliche Kontrolle des offenen HGesellschafters, worüber oben § 26 Β 7 S 162 Anm. 3), andererseits mit § 338 (Kontrollrechte des stillen Gesellschafters, worüber oben § 29, X S. 184, I H S. 187 mit Anm. 3 u. 4.

) HGB. § 177. ) Diese Tatsache dürfte (anders bei der offenen HGesellschaft s. oben S. 171 Anm. I ) kaum zu einer richterlichen Auflösung Anlaß geben. Vgl. HGB. §§ 161 Abs. 2, 131, 133. 2

3

) HGB. §§ 161 Abs. 2, 131 Nr. 5. ) HGB. §§ 161 Abs. 2, 131, 138, 141 Abs. 2. e ) HGB. § 142, s. oben S. 178. ') S. oben § 28 (S. 178) und § 24 V I H S. 145—152 und was die Befugnis des Kommanditisten bei der Liquidation anlangt, s. oben S. 148 mit Denkschr. S. 3197. 8) HGB. §§ 157, 161 Abs. 2. 9 ) HGB. § § 1 5 9 , 161 Abs. 2. 4

5

198

Kap. II.

4. D i e

Die Personen im Handelsrecht.

Aktiengesellschaft1). §

31·

I. Wesen der Aktiengesellschaft. I. Es ist bereits darauf aufmerksam gemacht worden, daß die eine Mehrheit von Personen einigende Kraft, welche in dem Gebrauch einer gemeinschaftlichen Geschäftsfirma und in der praktischen V e r w e n d u n g des Prinzips der direkten Stellvertretung liegt, bis zur Bildung von Korporationen führte, und zwar unter der notwendigen Mitwirkung des S t a a t e s auch zu derjenigen Vereinigung wirtschaftlich produktiver Kräfte, welche man A k t i e n g e s e l l s c h a f t nennt, und welche man ihrem Wesen nach als die reinste Form der Realassoziation bezeichnet 2 ). Faßt man die Art und Weise, wie der Staat sich aktiv bei der Entwicklung einer solchen Vereinigung verhielt, ins Auge, und beschränkt man die Betrachtung auf die Entwicklung

des Aktiengesellschaftsrechts

in Deutschland,

so hat man

drei Perioden zu unterscheiden: I. Die erste Periode umfaßt die Zeit, während welcher die ausdrückliche und in jedem Falle besonders zu erteilende S t a a t s g e n e h m i g u n g — liche Anerkennung, Privilegierung der einzelnen Vereinigung —

ausdrück-

zur rechtlichen

Entstehung einer Aktiengesellschaft als solcher erforderlich war; in diese Periode ') Lit.: Achilles R e n a u d , Das Recht der Aktiengesellschaften 2. A u f l . (Leipzig 1875); P r i m c k e r in Endemanns Hdbch. Bd. I §§ lo6ff. S. 471fr. und die dort angegebene Literatur; Karl L e h m a n n , Das Recht der Aktiengesellschaften Bd. I 1898, Bd. II 1.904 (Berlin, Carl Heymanns Verlag), ein namentlich durch seine rechtsgeschichtliche und rechtsvergleichende Fundierung hervorragendes Werk. Von den einzelne Fragen des Aktienrechtes behandelnden Werken sei hier das über viele Details aufschlußgebende große von Herrn. R e h m in Straßburg i. E. genannt: „Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, Gesellschaften m. b. H., Kommanditgesellschaften auf Aktien, eingetragenen Genossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Hypotheken- und Notenbanken und Handelsgesellschaften überhaupt nach deutschem und österreichischem Handels-, Steuer-, Verwaltungs- und Strafrecht". 1903. Vgl. ferner: R . P a s s o w , Die wirtschaftliche Bedeutung und Organisation der Aktiengesellschaft (Jena 1907); dann die Kommentare zu den Aktiennovellen s. Anm. 2 und 3 S. 199, und zum HGB. v. 1861 and 1897. Zahlreiche und wichtige Fragen auf dem Gebiete des Aktienrechts erörtert die von Rechtsanwalt Paul H o l d h e i m (Frankfurt a. M.) herausgegebene Wochenschrift für Aktienrecht und Bankwesen, Steuer- und Stempelfragen (Berlin 1892), seit 1897 unter dem Titel „Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen, Steuerund Stempelfragen", herausgegeben und red. o. R A n w . Dr. H e i l b r u n n , 16. Jahrgang 1907. Auch das „Bank-Archiv" bringt sehr viele und bedeutende Abhandlungen in bezug auf das Aktiengesellschaftsrecht. Lit. s. ferner: C o s a c k , Lehrb. § § 1 1 9 — 1 2 1 ; K . L e h m a n n , Lehrb. § § 69—94 (Lit- S. 367 Anm. 3); H e i l f r o n , Lehrb. §§ 30—48, R . u. F. E s s e r , Die Aktiengesellschaft, 3. A u f l . (Berlin 1907). *) Vgl. S. 201. Über die Geschichte des Aktienrechts s. oben § 23 I C S. 127f., insbes. Karl L e h m a n n s Untersuchung.

§ 3 t.

Wesen der Aktiengesellschaft.

199

fällt auch noch die Hertschaft des ADHGBuchs in seiner unveränderten ursprünglichen Fassung ( 1 8 6 1 — 1 8 7 0 ) '). 2. Die zweite Periode (1870—1884) wird durch die Herrschaft des Reichsgesetzes, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom. I i . Juni 1870, charakterisiert; diese sog. Aktiennovelle von 1870 verfügte: die den Rechtsbestand der erwähnten Gesellschaften als solcher begründende handelsgerichtliche Eintragung hängt von der gerichtlich festzustellenden Erfüllung der gesetzlichen Normativbedingungen ab (System der Normativbestimmungen — s. oben § 24 S. 140 —• an Stelle des der Staatsgenehmigung) 2 ). 3. Die dritte Periode begann mit der Wirksamkeit der Aktiennovelle von 1884, nämlich dem Reichsgesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 18. Juli 1884 s ), welches bestimmte: die den Rechtsbestand der Aktiengesellschaft als solcher begründende regisitergerichtliche Eintragung hängt von der gerichtlich festzustellenden Eintragung der gesetzlichen Normativbedingungen ab, welche letztere gemäß den an die sog. „Prospekttheorie" streifenden Grundsätzen einer gesetzlich adoptierten „ P r ü f u n g s t h e o r i e " aufgestellt sind. Diese Novelle suchte einem sehr verbreiteten Verlangen zu entsprechen, welches aus der Wahrnehmung hervorging, daß die Normativbestimmungen der Aktienaovelle von 1870 ebenso wenig wie das in der ersten Periode aufgestellte Erfordernis der Staatsgenehmigung imstande waren, das Publikum vor Übervorteilungen, Gründungsschwindel usw. zu bewahren. Es ergab sich nämlich die leichte Umgehbarkeit jener Normativbestimmungen, namentlich in den Fällen, in welchen die Gründer selbst noch die von jener Novelle geforderten Konstatierungs- und Genehmigungsbeschlüsse faßten und damit die Gesellschaft in einer später nicht mehr zu heilenden Weise von vornherein schädigten. Diese und andere Mißstände hatten den Reformgedanken nahe gelegt, während man über die Mittel und Ausdehnung der Reform ganz verschiedener Ansicht war; manche gingen so weit, daß sie verlangten, es solle das ganze Institut des Aktienrechts sachlich eingeschränkt und nur für gemeinnützige öffentliche Unternehmungen der politischen Gemeinden, der Distrikts- oder Kreisverbände usw. zugelassen werden; andere wünschten eine Änderung des Aktienrechts in dem Sinne, daß ähnlich wie im englischen Rechte eine bestimmte Anzahl von Gründern zur Entstehung einer Aktiengesellschaft gesetzlich gefordert und diese verpflichtet werden sollen, die ökonomische Grundlage der zu gründenden Gesellschaft in einer zu veröffentlichenden Urkunde (Programm, Prospekt, daher „Prospekttheerie") bekannt zu geben, für deren Wahrheit und Vollständigkeit die sie unterzeichnenden Gründer persönlich, solidarisch und binnen gesetzlicher Frist unentlastbar haften müßten; wieder andere riefen wenigstens nach einer Vermehrung der Haftung von Gründern und Emittenten, sowie nach einer Festigung und Ausdehnung der MitJ ) Über die Stellung des Staats zu den sich bildenden Aktiengesellschaften in dieser Periode s. Karl L e h m a n n (1895) a. a. O. S. 82fr. 2 ) Das angeführte Gesetz v. 1 1 . Juni 1870 wurde erläutert herausgegeben von Wilh. E n d e m a n n (Berlin 1870) und Hugo K e y ß n e r (Berlin 1873). 3 ) Von den zahlreichen zu dieser Novelle erschienenen Kommentaren seien hier die von O. Freih. v o n V ö l d e r n d o r f f (Erlangen 1885), Viktor R i n g (1. Aufl. Berlin 1886, 2. Aufl. 1893), Julius P e t e r s e n und Wilh. Freih. v o n P e c h mann (Leipzig 1890) erwähnt.

200

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

gliedschaftsrechte der Aktionäre 1 ). Den zuletzt angedeuteten Wünschei kam die Aktiennovelle vom 18. Juli 1 8 8 4 am nächsten; den durch die Novelle von 1 8 7 0 geschaffenen Boden, nämlich das System der Normativbedingungen, verliei sie nicht, legte aber in den Mittelpunkt dieses Systems die haftungsschvangere Prüfung des gesamten Griindungshergangs (daher „ P r ü f u n g s t h e o r i e") uid huldigte der Prospekttheorie nur in bezug auf Gründervorrechte, Apports uid Etablissementsübernahmen, d. i. in den Fällen der sog. qualifizierten Gründurg.

A u f dem Standpunkte der Novelle vom 18. Juli 1884 ist das H G B . von 1897 in allen prinzipiellen Dingen stehen geblieben; Veränderungen, die wohl sämtlich als Verbesserungen zu begrüßen sind, brachte es — abgesehen von dem an die Landwirtschaft, namentlich den Zuckerrübenbau, gemachten Zugeständnisse, daß den Aktionären, neben den Kapitaleinlagen, wiederkehrende nicht in Geld bestehende Leistungen auferlegt werden können 2 ), und abgesehen von einigen R e g e l n über Verstaatlichung 8 ), Kommunalisierung und sonstige Fortsetzung des Unternehmens einer aufgelösten Gesellschaft 4 ) — wesentlich nur in redaktioneller Hinsicht 5 ) und in bezug auf mehr formell als materiell wirksame Verwaltungsmaßregeln®). Hinsichtlich derjenigen Aktien, welche zum Börsenhandel zugelassen werden sollen, ist durch das Börsengesetz der Prospektzwang mit strenger Wahrheitshaftung der Emittenten eingeführt 7 ). *) Über die Reformbestrebungen s. G a r e i s in S c h m o l l e r s Jahrb. Bd. 8 S. 4 2 3 f r . , R e n a u d in BuschA. Bd. 45 S. iff., Viktor R i n g , AktienG. 2. Aufl. 1 8 9 3 S. 12ff. Vgl. auch G a r e i s , Die Börse und die Gründungen, nebst Vorschlägen zur Reform des Börsenrechts und der Aktiengesetzgebung (Berlin 1 8 7 4 ) , — Vorschläge, die, wie ich nun konstatieren darf, größtenteils durchgedrungen sind, freilich erst nach mehr als zwanzig Jahren im HGB. v. 1 0 . Mai 1 8 9 7 — , teilweise auch im Börsengesetz v. 2 2 . Juni 189b und — aber auch noch nicht vollständig — im Börsengesetz v. 8 . Mai 1 9 0 8 , s. meine Vorbemerkung zum Börsenrecht unten § 49. 2) HGB. §§ 2 1 2 , 216. 3) HGB. § 3 0 4 . 4) HGB. §§ 3 0 3 , 305ff. 5 ) Die redaktionellen Verbesserungen sind sehr bedeutend, vor allem die Umstellung im System des H G B . : Das Aktiengesellschaftsrecht ist nun nicht erst hinter das Recht der Kommanditgesellschaften auf Aktien, sondern vor dasselbe gestellt; s. Gar e i s , HGB. S. 1 6 8 . e ) Ein Überblick über die Neuerungen des HGB. v. 1 8 9 7 im Verhältnis zum bisherigen Rechte (von 1 8 8 4 ) s. G a r e i s , HGB. S. 1 6 6 — 1 6 9 . Für Österreich s. das sog. Aktienregulativ v. 2 0 . September 1 8 9 9 (Goldschmidts Z. Bd. 4 9 S. 3 0 8 f f . ) und Waither L a n d a u e r , Das österr. Aktienrecht, Wien 1 9 0 0 ; hierüber Bruno M a y e r in Goldschmidts Z. Bd. 5 0 S. 2 7 2 . 7) Schon durch das Börsengesetz v. 2 2 . Juni 1 8 9 6 § § 3 6 , 4 3 fr., Bekanntmachung des Bundesrats v. 11. Dez. 1 8 9 6 (RGBl. S. 7 6 3 ff.) und ebenso auch noch durch das neue Börsengesetz v. 8 . Mai 1 9 0 8 (Fassung v. 2 7 . Mai 1 9 0 8

§ 31·

201

Wesen der Aktiengesellschaft.

II. Unverändert ist auf allen Entwicklungsstufen des Aktienrechts das i n n e r e juristische W e s e n der Aktiengesellschaft geblieben: sie ist die echte Realassoziation 1 ), eine Gesellschaft, für deren Schulden nur das Gesellschaftsvermögen und nicht ein einzelnes Mitglied mit seinem Vermögen haftet 2 ); so wenigstens nach den auf dem europäischen Kontinent ü b e r e i n s t i m m e n d herrschenden Rechten. Diesen entsprechend liegt das Wesen der Aktiengesellschaft (societ0 anonyme des französischen Rechts, c. d. comm. Art. 29, 33 s., niederländisch de naamlooze vennootschap genannt) in folgenden drei Momenten: a) einer Gesellschaftsfirma 3 ) — nämlich einer in der Regel dem Gegenstande des Unternehmens entlehnten Sachfirma 4 ) mit dem nun pflichtmäßigen Formalzusatz ,.Aktiengesellschaft" —B), unter welcher diese Gesellschaft als korporativ organisierte reine Realassoziation selbständig Geschäfte macht8); b) einem Grundkapital 7 ), welches aus der Zusammenlegung R G B l . S. 215) § 36, insbes. §§ 45—49, s. auch unten § 32 S. 2 1 7 . unten § 3^ A 6 S. 253.

Vgl. auch

*) S. G a r e i s in Behrends Zeitschr. Bd. 5 S. 574. 2 ) T-otz der zahlreichen persönlichen Haftungen, welche das Aktiengesetz von 1884 und nun das H G B . von 1897 auferlegt, ist die Ausschließung des persönliche! Einstehens für die Schulden der Gesellschaft doch noch stets eine ganz wesertliche Eigenschaft der Aktienunternehmung ( H G B . §§ 178 letzter Halbsatz, 2 1 1 = 2 1 3 ) ; denn die zahlreichen durch das Gesetz nun mit persönlichen Haftungen belasteten Beteiligten — wie Gründer, Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte, emitterende Bankhäuser usw. — haften nicht für die Schulden der Gesellschaft, sonlem für die Sorgfalt ihrer Prüfung, für die Wahrheit ihrer Erklärungen usw. persönlich. S. H G B . §§ 2 0 2 — 2 0 6 , 208, 209. Nur in e i n e m Falle haften nach dem H G B . v. 1897 Aktionäre persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, nämlich dain, wenn und soweit sie den Vorschriften des Gesetzes zuwider Zahlungen (ζ. B. die unrechtmäßige Zurückzahlung ihrer Einlage) von der Gesellschaft empfangen haben; auf den gutgläubigen Empfang von Dividenden oder Zinsen bezieht sia diese strenge Haftungsvorschrift nicht; sie hat ihren Grund nicht im Vertrage, ondern die Haftung ist hier die Folge eines bewußt gesetzwidrigen Handelns;im Rechte der Kommanditgesellschaft auf Aktien war sie schon vorher ( H G B . -v. 861 Art. 197, v. 1884 Art. 198). Diese Haftung verjährt in fünf Jahren und wird in Konkurse der Gesellschaft durch den Konkursverwalter in Anspruch genommen ( H G B . § 2 1 7 ) .

')) De einigende Bedeutung dieses Namens s. oben § 23 S. 1 2 5 f., § 24 V s.

135*. *) S.oben § 1 6 I S. 76. δ

) HrB. § 20 und EinfG. Art. 22 A b s . 2 (Übergangsbestimmung).

e

) S.oben § 24 I und I I S. 129,

' ) R n g , AktGes. S. 1 5 3 f r .

133.

202

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

von Einzahlungen und E i n l a g e n s e i t e n s mehrerer 2 ) hervorg e g a n g e n ist, und c) der Zerlegung dieses Grundkapitals in Aktien (actions3), shares 4 ), auch Aktienanteile) in der Weise, „daß Mitglieder5^ der Gesellschaft zunächst diejenigen und nur diejenigen sind, welche die Zahlung eines oder mehrerer solcher Teile leisten oder versprechen, während ein und dieselbe Person oder Firma sich mit mehreren Teilen beim Grundkapital beteiligen oder in die R e c h t e mehrerer ursprünglicher Aktionäre eintreten und daher mehrfach Mitglied des Vereins sein kann" 6 ). Daß die Aktiengesellschaft ein Handelsgewerbe oder Handelsgeschäft betreibe, gehört, wie erwähnt, n i c h t zum Begriffe der Aktiengesellschaft, das Gesetz sieht sogar den Fall ausdrücklich vor, daß den Gegenstand des Unternehmens einer Aktiengesellschaft der Erwerb von Grundstücken bilde 7 ). Erheischt

das moderne Aktienrecht die staatliche Genehmigung auch nicht

mehr zur Entstehung einer Aktiengesellschaft als solcher8), so kommen doch auch Die Einlagen können bestehen: a) in Kapitalanlagen, die stets in Geld ausgedrückt sein müssen HGB. §§ 180, 182, 211, 218 u. a. s. unten § 35 Eingangs;, aber möglicherweise nicht mittels Barzahlung, sondern durch sog. Apports, Illationen (HGB. § 186) geleistet werden, und b) daneben in •wiederkehrenden, nicht in Geld bestehenden Leistungen. (HGB. § § 212, 216). Sämtliche Einlagen sind festgelegt durch HGB. § 213. 2) Mindestens (zu Anfang) fünf, s. HGB. § 182. 3) Das Wort kommt in dieser Beziehung zuerst in den Niederlanden vor, S. K . L e h m a n n , Entwicklung S. 9, R . E h r e n b e r g , in Conrads Jahrb. 3. F. Bd. 3 S. 8 1 1 ; in Italien nannte man die Anteile an den montes (monti, Kapitalassoziationen) loca oder luoghi, auch partes; die Bezeichnungen „partie", „part" und „portion" finden sich in älteren skandinavischen, französischen und holländischen Handelsrechtsnormen, wurden aber vom Anfang des siebzehnten Jahrhunderts an allmählich überall durch das Wort „Aktie" verdrängt, das aus dem Niederländischen kommt, es ist ursprünglich ein Handelswort bei der ost- und westindischen Kompagnie in England, wie auch in Frankreich (Sperander 1727); schon in Ludwigs englisch-deutschem Wörterbuch 1716 als deutsch verzeichnet. K l u g e , Etymol. W B . 5. A u f l . 1894 S. 8. Nicht unwahrscheinlich dürfte sein, daß die Bezeichnung eines Anteilrechts durch das Wort Aktie unmittelbar aus der römisch-rechtlichen Bezeichnung eines klagbaren Rechts im subjektiven Sinne (actio, wie in „actionem dabo" u. dgl.) hervorging, und daß die Schule der holländischen Praktiker, Zeitgenossen der großen holländischen Welthandelskompagnien, an der Entstehung dieses Sprachgebrauchs beteiligt war. Hierzu s. C o l e n b r a n d e r in Goldschmidts Z. Bd. 50 S. 383 ft. 4 ) Shares, dies in England die Bezeichnung für Aktie von Anfang an; s, K . L e h m a n n , Entwicklung S. 10, 23, 28. 5 ) Sie hießen in Italien im 15. Jahrh. luogatarii und maonesi, maonenses (s. oben S. 127 Anm. 3, vgl. GUGesch. S. 292, 295), in Holland zu Anfang des 17. Jahrh. actionnisten, in Frankreich vom Ende des 17. Jahrh. an actionnair ( K . L e b m a n n , Entwicklung S. 8 ff.). e ) R e n a u d , R . d. AktGes. § 5 S. 75. *) HGB. § 207 Abs. 5. 8) S. oben § 23 S. 127 u. § 31 S. 198 I 1.

§ 3ΐ·

Wesen der Aktiengesellschaft

203

jetzt ncDch besondere staatliche Privilegierungen von Aktiengesellschaften rechtlich in Betaracht: n. die gewerbspolizeiliche Genehmigung — wenn der Gegenstand des Unternehmens der Aktiengesellschaft nach den Vorschrilten der Gewerbeordnung einer staaüiclen Genehmigung bedarf, ζ. B. der Betrieb einer Schießpulverfabrik 1 ), Gasbereitumgsanstalt1), Talgschmelzen 1 ) usw., oder die Anlegung von Dampfkesseln 2 ) u. dgl. —

bei der Anmeldung

der Gesellschaftsgründung

oder

einer Kapitals-

erhöhung ist die diese Genehmigung enthaltende Urkunde vorzulegen 3 ); 2. die Erlaubnis malen

des Bundesrats zur Ausgabe von Aktien unter dem nor-

gesetzlichen Minimalbetrag

im Falle

eines gemeinnützigen Aktienunter-

nehmens, das einem besonderen örtlichen Bedürfnisse entspricht4); 3. die Erlaubnis Aktien lichen

des Bundesrats

zur Ausgabe solcher abnormer (s. Nr. 2)

für ein bedingungslos vom Reiche, Korporation

einem Bundesstaat oder einer öffent-

garantiertes Unternehmen5)



auch

diese Privilegierungen

(Nr. 2 und 3) sind bei den erforderlichen Anmeldungen dem Gerichte urkundlich nachzuweisen; 4.

die Übernahme

der Garantie

eines bestimmten Ertrags

einer Aktien-

gesellschaft durch das Reich oder einen Bundesstaat.

III. Die A k t i e n 6 ) sind die Teile, in welche das Grundkapital (Einlagekapital) nach dem g-esetzlichen Begriff und W e s e n der Aktiengesellschaft zerlegt sein muß, die Einheiten, aus denen die Masse des Grundkapitals so zusammengesetzt ist, daß unter jeder einzelnen A k t i e ein gezeichneter (d. i. durch Subskription versprochener) oder ein eingezahlter B e t r a g verstanden wird, welcher einerseits als Haftungsanteil, andererseits als bedingter, befristeter und beschränkter Eorderungsanteil gegenüber der Gesellschaft besteht; aus einer A k t i e {d. i. aus der gesetz- und statutenmäßigen Einheit eines Gesellschaftsanteils) dürfen nicht mehrere Bruchteile einer solchen Partizipation, nicht mehrere Gesellschaftsanteile gemacht werden; dieses ist der Sinn der gesetzlichen Bestimmung: die A k t i e n sind unteilbar 7 ); es wird unter A k t i e auch das GewOrd. § 16. R . v. L a n d m a n n , GewOrd. I S. 149 fr. GewOrd. § 24 (hierzu s. R . v. L a n d m a n n , GewOrd. X S. 199 fr.) mit Bekanntmachung des Bundesrats v. 5. August 1.890 ( R G B l . S. 163), abgedruckt bei R . v. L a n d m a n n , GewOrd. I I S. 614fr. Über den Gewerbebetrieb durch Aktiengesellschaften überhaupt s. R . v. L a n d m a n n I S. 53 ff. 3 ) HGB. § 195 Nr. 6, § 284 Nr. 4. *) H G B . § 180 Abs. 2, s. unten. 5 ) HGB. § 180 Abs. 2 1. Satz, s. unten S. 188. e ) Über die Aktien und Interimsscheine, ihren Inhalt, ihre Abtretung, den Nießbrauch daran und über ihre Amortisation und Kaduzierung s. E r n s t J a c o b i , Die Wertpapiere im BGB. (Jena 1901) §§ 62—66. ') HGB. § 179 Abs. I. — Über deutsche Aktien in ausländischer Währung s. R . R o s e n d o r f f im Bank-Archiv Bd. I S. 145. Hiergegen aber wohl mit R e c h t G. A . Z i t e l m a n n in DJZ. 1902 S. 75.

204

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

R e c h t verstanden, welches durch den Eintritt in die Aktiengesellschaft erworben wird 1 ), und endlich auch das Papier, die Urkunde, welche den Gesellschaftsanteil und das ihm entsprechende R e c h t in einer mehr oder weniger (s. die verschiedenen Arten der Aktien) leicht übertragbaren und negoziablen Weise bezeugt; ohne die Ausstellung von solchen Urkunden (Aktien) ist die Aktiengesellschaft keineswegs unmöglich 2 ), es sind auch Aktiengesellschaften denkbar, bei denen Anteilsrechte zwar in der gesetzlichen Weise als Mitgliederstellen abgegrenzt und auf einen B e t r a g von mindestens iooo Mk. nominell gestellt sind, über die aber keine Papiere (Aktien oder Urkunden) ausgegeben werden 3 ). A b e r die Ausgabe solcher Papiere ist der gewöhnlichste Fall; die rechtsverbindliche Ausfertigung derselben ist bezüglich der Unterzeichnung gesetzlich erleichtert, kann aber nach Vereinbarung auch komplizierter gestaltet werden 4 ); in keinem Falle aber können Anteilrechte — es mögen darüber Papiere (Aktien oder Interimsscheine) ausgestellt sein oder nicht — vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister mit W i r k samkeit gegenüber der Gesellschaft übertragen oder die Papiere vorher ausgegeben werden 5 ). Verschieden

von

den Aktien sind

die mitunter von Gesellschaften ausge-

gebenen G e n u ß s ch e i n e e ) : sie sind entweder Beurkundungen über reine Gläubiger rechte (nicht aber über die Mitgliedschaft oder Urkunden, in denen die mit Prioritäts') Vgl. K . L e h m a n n , Beiträge zur Lehre von den Erwerbsgründen des Aktienrechts in Goldschmidt Z. Bd. 51 S. 373 ff. 2) RGZ. Bd. 34 S. 115, Bd. 52 S. 423. Vgl. K . L e h m a n n , A k t R . S. 197, 198 und in seinem Lehrb. S. 381; C o s a c k , Lehrb. S. 587 bei Anm. 20; S t a u b , HGB. S. 623 Anm. i o und I I . 3) Man denke ζ. B . an eine Simultangründung, bei welcher aus besonderen Gründen die Beteiligten strengste Geschlossenheit der Mitgliederzahl beschließen und festhalten wollen. Unterbleiben kann die Ausgabe von Aktienbriefen nur dann, wenn alle Mitglieder (Aktionäre) damit einverstanden sind. S. unten S. 219. 4 ) HGB. § 181. δ ) HGB. § 200. Weder verbriefte, noch unverbriefte Anteilsrechte sollen nach der Meinung des Gesetzgebers, dem „aus allgemeinen wirtschaftlichen Gründen die Zulassung eines Handels mit Anteilen an einer noch nicht ins Leben getretenen Gesellschaft als bedenklich erscheint" (Denkschrift S. 3202), den Gegenstand spekulativer Veräußerung bilden. Hierüber s. G a r e i s , H G B . Anm. 5 zu § 200 S. 191. e ) Die rechtliche Natur der G e n u ß s c h e i n e untersucht B. K l e m p e r e r in einer Dissertation unter diesem Xitel, über welche K . L e h m a n n in Goldschmidts Z. Bd. 49 S. 355ff. berichtet. Vgl. K . L e h m a n n , Lehrb. S. 383 bei und in Anm. 5; W . O r t m a n n , Der Genußschein (Diss.). Borna-Leipzig 1903; D. F u h r m a n n , Genußaktien und Genußscheine. Wien 1907; auch unten § 32 S. 219 Anm. I und unten § 35 S. 266 Anm. 4.

§ 31·

Wesen der Aktiengesellschaft.

205

aktien verbundenen Dividendenvorrechte (s. unten S. 208) in der Weise von Präsentationspapieren inkorporiert oder besonders verbrieft sind; s. hierüber RGZ. Bd. 49 S. 10—16. Aktien könnten die Genußaktien nnr dann sein, wenn sie als Beurkundungen der Mitgliedschaft aufgefaßt werden können, dann muß aber dem Genußscheininhaber1) Stimmrecht zukommen (HGB. § 252).

Man hat zu unterscheiden: A . A r t e n , B. G a t t u n g e n , nämlich: A . A r t e n : Inhaberaktien und Namenaktien. Die Aktien als Urkunden, auch Aktienbriefe, Aktienscheine genannt, können auf den Namen des Beteiligten lauten, Namenaktien, oder auf den Inhaber (au porteur) gestellt sein 2 ); die letzteren können durch einfache Ubergabe der Papiere übertragen werden 8 ), die ersteren in der R e g e l mittels Indossament (Giro)4) oder in einer anderen, den Ubertragungswillen rechtswirksam ausdrückenden Weise, ζ. B. durch U b e r g a b e des Papiers mit einer diese erläuternden Begleiturkunde (Abtretungserklärung oder sog·. „Zession"), übergehen, ein Ubergang, der freilich zunächst nur die W i r k u n g hat, daß der Erwerber die Eintragung seines Erwerbs im „Aktienbuch" (die Umschreibung in diesem) verlangen kann; die Namenaktien werden nämlich unter genauer A n g a b e des Inhabers nach besonderer gesetzlicher Vorschrift 5 ) in ein besonderes Buch, das Aktienbuch, welches der Vorstand zu führen hat, eingetragen, und in diesem Buche muß, wenn der Ü b e r g a n g der Aktie auch der Gesellschaft gegenüber voll rechtswirksam sein soll, diese Rechtsveränderung auf v o r g ä n g i g e Anmeldung· und Nach Weisung hin vermerkt werden 6 ); es gibt aber solche Namenaktien, welche nicht ohne weiteres auf diese A r t überS t a u b , HGB. S. 625, 626. ή HGB. § 179. Erst das HGB. v. 1897 enthält die Vorschrift, daß, wenn im Gesellschaftsvertrage nichts darüber bestimmt ist, ob die Aktien auf den Inhaber oder auf Namen lauten sollen, sie auf Namen zu stellen sind, und daß im Gesellschaitsrertrage die auf Verlangen eines Aktionärs eintretende Umwandlung seiner Aktien von der einen Art in die andere vorgesehen sein kann. HGB. § 183. Inhaibeipapiere s. § 72. 3) BGB. §§ 929, 935. Die Außerkurssetzung ist unzulässig, und zwar auch wenn es sich um Inhaberaktien handelt, die vor dem 1. Januar 1900 ausgegeben worden sind. S. EinfG. zum HGB. Art. 26. 4! Auch wenn sie nicht an Order lauten; vgl. K . L e h m a n n , Lehrb. S. 406, 407. lit. s. ebenda S. 406 Anm. 2. Über die Indossierung s. HGB. §§ 222 Abs. 3 223 Abs. 2, 224 und die angeführten Art. d. W O . δ! HGB. § 222 Abs. 1. e> HGB. § 223. Bei einer solchen Eintragung ist die Aktiengesellschaft zur Prifung der Legitimation des Anmeldenden wohl berechtigt, aber nicht verpflichtet. HGB. § 223 Abs. 2.

206

Kap.

Π.

D i e Personen i m

Handelsrecht.

tragen werden können, sondern zur Übereignung· an andere statutengemäß der Zustimmung der Gesellschaft bedürfen, und zwar bei Meidung der Nichtigkeit des Übergangsakts, v i n k u l i e r t e („gebundene") Namenaktien in diesem Sinne, und der Gesellschaftsvertrag kann bestimmen, welches Gesellschaftsorgan in einem solchen Falle die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern hat, es sei denn, daß es sich um den Ü b e r g a n g sog. Kleinaktien (s. unten) handelt: vinkulierte Kleinaktien können nämlich nur mit Zustimmung des A u f sichtsrats und der Generalversammlung und nur mittels einer die Person des Erwerbers bezeichnenden, gerichtlich und notariell beglaubigten Erklärung (und Umschreibung im Namenbuche) übertragen werden 1 ). Hinsichtlich der Feststellung des Nominalbetrags, auf welchen die einzelne A k t i e zu lauten hat, d. i. der sog. Stückelung oder Appointierung, bestimmt das Gesetz zunächst 2 ) ohne Unterschied zwischen Namen- und Inhaberaktien: es müssen die einen wie die andern auf einen B e t r a g von mindestens iooo Mark gestellt sein 3 ), sofern nicht eine der gesetzlich zugelassenen Ausnahmen eintritt: diese A u s nahmen — die Zulassung sog. „ K l e i n a k t i e n " — beziehen sich allerdings nur auf Namenaktien und sind: i. D e r Bundesrat kann für ein gemeinnütziges Unternehmen im Falle eines örtlichen Bedürfnisses die A u s g a b e von Namenaktien zu einem B e t r a g e unter iooo Mark, jedoch HGB. tragung

§

2 2 2 A b s . 4.

von Kleinaktien

Die Abänderung

an die Zustimmung

der Bestimmung,

der Gesellschaft

unzulässig, ein Satz, den früher das G e s e t z ausdrücklich aussprach. Art. 2 1 5

Abs.

Denkschr.

7,

S. 3 2 1 4

den das H G B . a. E n d e .

v.

1897

daß die

gebmden

H G B . v.

kann

nicht

b l o ß für

bestehende,

den

rechtsverbindlich

auferlegt werden

sollen

(3GB.

S. Fall

anderen

es sein, sofern den A k t i o n ä r e n •wiederkehrende, nicht in

Leistungen

ist

1861

aber als selbstverständlicl w e g l i e ß .

Diese V i n k u l i e r u n g

der A u s g a b e v o n K l e i n a k t i e n statutarisch angeordnet sein, sondern aich in F ä l l e n , und sie m u ß

Über-

sei,

Geld

§

212);

in letzteren F ä l l e n kann durch das Statut b e s t i m m t werden, daß dii G e s e l l s c h a f t , es mag sich u m Groß- oder um K l e i n a k t i e n handeln, ihre Zustimimng zur Ü b e r tragung der A n t e i l s r e c h t e

nur

aus

wichtigen,

nötigenfalls durch

richterliches

Er-

messen anzuerkennenden Gründen verweigern darf; die Frage, welches Gesellsclhaftsorgan in dieser B e z i e h u n g zur Vertretung ab,

der G e s e l l s c h a f t berufen ist, hängt

ob es sich um Groß- oder K l e i n a k t i e n h a n d e l t ;

gesetzlichen

Bestimmung

des

HGB.

§

222

Abs. 4

entscheidet das Statut oder die allgemeine R e g e l 2)

A u s n a h m e n s. unten I — 3

3)

HGB.

letzterenfalls sein

Bewenden

des H G B . §

dlavon

iat es bed

der

ersteremfalls

231.

auf dieser und der folgenden Sdte.

§ 1 8 0 A b s . 1 , dazu A n m . 2 u. 3 b e i

Gareis,

H G B . S.

172—173.

§ 3ΐ·

Wesen der Aktiengesellschaft,

207

zum mindesten 200 Mark Nominalbetrag·, zulassen 1 ). Man wollte durch diese Ausnahme auch dem kleinen Kapital unter besonderen Umständen die Anlagen in Aktien ermöglichen, um damit gemeinnützigen Unternehmungen, wie etwa Sekundäreisenbahnen, Straßen, Kanälen, Gas-, Wasser-, Bade-, Tramway-, Waschanstalten u. dgl., zu dienen 2 ). 2. Der Bundesrat kann genehmigen, daß Namenaktien von unter 1000 Mark, aber mindestens 200 Mark Nominalbetrag für solche Unternehmungen ausgegeben werden, für welche das Reich oder ein Bundesstaat oder ein Provinzial-, Kreis- oder Amtsverband, oder eine sonstige öffentliche Korporation auf die Aktien einen bestimmten Ertrag bedingungslos und ohne Zeitbeschränkung gewährleistet hat 3 ). Man nimmt nämlich an, daß eine derartig garantierte Kapitaleinlage nach menschlicher Voraussicht so gesichert ist, daß man keinen Grund hat, dem Kleinkapital den Zutritt zu verweigern. 3. Vinkulierte Namenaktien — nämlich solche Namenaktien, deren rechtsgeschäftliche Übertragung an die Einwilligung der Gesellschaft gebunden ist (s. oben) — dürfen ebenfalls auf einen Nominalbetrag von weniger als 1000 Mark, jedoch nicht unter 200 Mark gestellt werden 4 ). Aktien, welche u n t e r dem gesetzlich zulässigen Nominalbetrag von 1000 Mark, bzw. in den Ausnahmefällen 200 Mark ausgestellt sind, sind nichtig; ihre Emission verpflichtet die Ausgeber gegenüber den Besitzern solidarisch für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden 5 ). ') HGB. § 180 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 2 Nr. 6, § 284 Abs. 2 Nr. 4. Richterliche Prüfung der Gemeinnützigkeit? nein, s. G. & F . S. 312, 330 u. G a r e i s , HGB. Anm. 15 zu § 195 S. 1 9 1 . And. Ans. R i n g , AktGes. S. 164 if. *) Über den Begriff „Gemeinnutzen" s. G a r e i s , HGB. Anm. 4 zu § 180 (S. 1 7 1 — 1 7 3 ) . ') HGB. § 180 Abs. 2 Satz 2. ') HGB. § 180 Abs. 3. Der Gesetzgeber nimmt an, daß die doppelt erschwerte Form der Übertragung einen die Gefahr übertriebener Aktienspekulation ausschließenden festeren Anschluß des Aktionärs an die Gesellschaft tatsächlich •verbürge. Die Aktien, welche auf Grund bundesratlicher Genehmigung in den oben erwähnten Ausnahmefällen emittiert worden sind, müssen aus ihrem Wortlaute die erteilte Genehmigung ersehen lassen, und ebenso muß aus den vinkulierten Nameaaktien, welche unter 1000 Mark emittiert sind, hervorgehen, welchen Beschränkungen die Aktionäre in bezug auf die Form einer Übertragung ihrer Rechte und in bezug auf die Zustimmung der Gesellschaft zu derselben unterworfen sind. H G B . § 180 Abs. 4, Strafandrohung s. § 314 Nr. 5. 3 ) HGB. § 209.

208

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

In betreff der Aktien der auf Aktien gegründeten Versich erungsgesellschaften besteht, sofern es sich um die A p pointierung handelt, nun keine besondere Bestimmung" mehr 1 ) (wohl aber hinsichtlich der Einzahlung· bei einer Grundkapitalerhöhung einer Versicherungsgesellschaft) 2 ). B. G a t t u n g e n : Es können mit den Aktien Rechte, namentlich hinsichtlich der Zinsen und Dividenden, der A n teile am Gesellschaftsvermögen, der Bezugsrechte u. dgl. in verschiedenem Maße verbunden sein; daraus ergeben sich (schon nach dem Sprachgebrauch der Novelle von 18848)) verschiedene G a t t u n g e n von Aktien. Namentlich besteht ein Gattungsunterschied zwischen Stammaktien und Prioritätsaktien: Stammaktien sind solche, welche durch Übernahme eines Teils des ursprünglichen Grundkapitals der Gesellschaft erworben werden; sie können auch „Aktien der ersten Emission" heißen; ihnen stehen die A k t i e n späterer Emissionen g e g e n über; letztere sind häufig durch Vorrechte g e g e n ü b e r den Stammaktien ausgezeichnet; doch ist die Zusicherung von Rechten auf den Bezug von auszugebenden Aktien, wenn sie vor dem Beschlüsse auf Erhöhung des Grundkapitals erfolgt ist, der Gesellschaft g e g e n ü b e r unwirksam und auch nachher nur unter Vorbehalt des allen Aktionären nun gesetzlich zustehenden (wenn nicht durch den Erhöhungsbeschluß ausgeschlossenen) Bezugsrechts rechtlich möglich·1). Die mit besonderen Vorrechten (namentlich Dividendenvorrechten) ausgezeichneten Aktien werden privilegierte oder Prioritätsaktien genannt — nicht zu verwechseln mit Prioritätsobligationen, welche Darlehensobligationen, nicht aber Geschäftsanteile sind6). A n Bedeutung verloren hat jetzt die Unterscheidung· ') Anders nach dem früheren Art. 207 a der Aktiennovelle v. 1870. H G B . § 278.

2)

3 ) Art. 209a Ziff. 4, Art. 2 1 5 A b s . 5, Art. 2 4 8 ; auch Art. 1 7 5 . S . nun H G B . 1897 § § 185 (mit A n m . 2 hierzu bei G a r e i s , H G B . S. 178), 189, 2 5 2 . 4 ) Früher Art. 2 1 5 a 1. A b s . , nun § 283 mit § 282 A b s . I u. 2. D i e V o r schrift des § 283 A b s . 1 über die Zusicherung von R e c h t e n auf den Bezug n e u auszugebender A k t i e n findet jedoch auf eine vor dem Inkrafttreten des H G B . erteilte Zusicherung keine A n w e n d u n g (EinfG. A r t . 28). In bezug auf ältere B e z u g s rechte s. R i e ß e r in Goldschmidts Z. Bd. 38 S. 1 1 4 ff. und R G Z . Bd. 27 S. 1 ff. Hinsichtlich der jetzigen Behandlung des Bezugsrechts s. G a r e i s , H G B . A n m . 1 und 2 zu § 282 und A n m . 2 zu § 283.

v.

5 ) Hierüber s. G o l d s c h m i d t , D e r Lucca-Pistoja-Aktienstreit, 1859. Bekker in Goldschmidts Z. B d . 16 S. 32. F . M e i l i , D i e Lehre von den Prioritätsaktien,

1874.

R G Z . Bd. 21

S. 26, B d . 20 S. 10, Bd. 21

S. 33, 65.

( A n letzterem

Orte

§ 31.

209

W e s e n der Aktiengesellschaft.

von „liberierten" und „nicht liberierten" Aktien, dadurch, daß die Emission nicht voll einbezahlter Inhaberaktien Verboten ist und daß die Verpflichtung1 des Aktionärs, zu den Zwecken der Gesellschaft beizutragen und zur Erfüllung· ihrer Verbindlichkeiten zu kontribuieren, f e s t durch den Nominalbetrag der Aktie begrenzt wird1), sofern nicht vertragsmäßig 2 ) ein höherer Betrag· geleistet werden muß: von der Leistung des Nominalbetrag-es, bzw. des Üb er-pari-Ausgabepreises können weder die Aktionäre, noch deren Rechtsvorgänger befreit werden3), und die Unter-pari-Emission ist gesetzlich ausgeschlossen. Allerdings ist es zulässig, daß die Einzahlung auf eine Aktie nach Maßgabe des Vertrags in Teilzahlungen geleistet wird, aber unzulässig ist die Liberierung des Zeichners und die Aktienemission von Inhaberaktien vor der Volleinzahlung4). Dagegen können Namenaktien vor der vollen Leistung der Einzahlungen nun allerdings ausgegeben werden, der Betrag der geleisteten Einzahlungen muß auf den Namenaktienbriefen angegeben sein8), und man kann diese als liberierte Aktien bezeichnen, wenn keine Einzahlungen mehr darauf zu machen — weil alle geleistet — sind. Interimsscheine (auch Promessen, Aktienzertifikate genannt) — das sind Urkunden, welche über das Anteilsrecht eines Aktionärs vor der Ausgabe der Aktien ausgestellt werden 6 ) — ersetzen bis zu einem gewissen Grade die noch nicht hergestellten Aktien, sie dürfen aber nur auf Namen lauten — Inhaberinterimsscheine sind nach dem jetzigen s. auch über stempelpflichtige Anschaffung, welche bei einer Gattungsumwandlung vorliegen kann. V g l . unten § 4 7 . ) Sind einer oder mehreren Gattungen von A k t i e n Dividendenvorrechte statutenmäßig eingeräumt, so erhalten die so privilegierten Aktionäre im Falle die Gesellschaft Reingewinn zu verteilen hat, vor den anderen Aktionären die bedingt zugesicherte Dividende vorweg, möglicherweise aber außerdem noch — mit oder nach den nicht privilegierten Aktionären — , w e n n ausreichender Gewinn vorhanden ist, eine Super- oder Extradividende, s. unten § 3 5 B. H G B . §§ 2 1 1 ,

209.

2

) H G B . § 1 8 4 A b s . 2.

3

) HGB. § 221

mit A n m . 1 — 3 , hierzu bei G a r e i s , H G B . S. 2 1 6 .

4

) H G B . § 1 7 9 A b s . 3. In betreff der früheren Streitfrage, ob V e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t e n , bei denen die Einlage zum T e i l in W e c h s e l n geleistet ist, A k t i e n ausgeben können, s. S t a u b S. 6 2 2 A n m . 4. Ü b e r das Erfordernis der Einzahlung s. auch § 3 2 I V S. 2 2 5 u. § 3 4 Β I I bei A n m . 3 u. 4 S. 2 5 6 . 6

) H G B . § 1 7 9 A b s . 4 mit H G B . § 3 1 4 Nr. 2 (Strafandrohung).

e

) H G B . § 1 7 9 mit G a r e i s , H G B . A n m . 5 S. 1 7 1 .

G a r ei β, Handelsrecht.

8. Aufl.

14

210

K a p . XI.

Die Personen im Handelsrecht.

deutschen Rechte 1 ) nichtig — sie dürfen so wenig· wie die Aktien vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ausgegeben werden und stehen auch, was die Appointierung anlangt, unter denselben R e g e l n wie die Aktien selbst: auch diese Anteilscheine dürfen normal nicht •unter iooo Mark auf das Stück lauten, es sind aber auch für sie die gesetzlichen Ausnahmen 2 ) (Genehmigung des Bundesrats, vinkulierte Namenpapiere) zulässig. I V . Das wesentlich erforderliche Grundkapital der Aktiengesellschaft ist, wie erwähnt, derartig zerlegt und gegliedert, daß eine Mehrheit von physischen oder juristischen Personen sich mit Anteilen (Aktien) daran beteiligen kann; hieraus zu schließen, daß eine solche Mehrheit von Personen zum W e s e n der Aktiengesellschaft gehöre und diese zugleich eine Kapitalsund eine Personenvereinigung darstelle, wäre jedoch irrtümlich; freilich wird regelmäßig eine Mehrzahl, meistens sogar eine große Anzahl von Aktionären in einer Gesellschaft vorhanden sein; gesetzlich ist aber eine bestimmte Anzahl oder überhaupt eine Mehrzahl von Mitgliedern nur für das Gründungsstadium erfordert, denn der Inhalt des Gesellschaftsvertrags (Grundvertrags, Statuts) muß durch mindestens fünf Personen, welche Aktien übernehmen, festgestellt werden 3 ). Da die Rolle dieser, mindestens fünf, Personen sich nicht durch den ganzen Bestand der Aktiengesellschaft hinzieht, die notwendigen Organe der Aktiengesellschaft — abgesehen von der Generalversammlung — nämlicb Vorstand und Aufsichtsrat, keineswegs notwendig aus der Zahl der Aktionäre zu bilden sind4), so ergibt sich, daß eine Personenmehrheit nicht als der Aktiengesellschaft wesentlich aufzufassen ist 6 ); das wesentliche Substrat ist vielmehr nur ein reales, nämlich das Einlage(Grund)kapital; auf diesem stehend, ist die Aktiengesellschaft eine echte juristische Person, Subjekt von eigenen Rechten und Pflichten, in der rechtlichen Möglichkeit, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden und mit einem eigenen Gerichtsstande8). Da alle diese Eigentümlichkeiten der Aktiengesellschaft wegen

*) Nach dem noch in Österreich geltenden A D H G B . (Art. 223 Nr. 3) und nach dem schweizerischen Obligationenrecht (Art. 636) sind Interimsscheine auf den Inhaber gültig. S. K . L e h m a n n , A k t R . Bd. I S. 214. 2 ) HGB. § 180 1. Abs. s ) HGB. §§ 182, 187. 4 ) Vgl. unten S. 237, 244. 6 ) Vgl. unten S. 277. e ) H G B . § 210 ZPO. § 17. Uber die Streitfrage von der juristischen Person s. Lit. bei R i n g , A k t R . S. 295 fr.; K . L e h m a n n , A k t R . I S. 227 ff., 239 ff.; K . L e h m a n n , Lehrb. S. 369, 370 und in Goldschmidts Z. Bd. 52 S. 324;

§ 31.

211

Wesen der Aktiengesellschaft.

ihrer vermögensrechtlichen Grundlage, ihres realen Substrats zukommen, muß die Gesetzgebung neben den Grundsätzen über Errichtung 1 ), Verfassung (und Geschäftsführung) 2 ) und Endigung 3 ) der Aktiengesellschaft auch besondere Grundsätze über die Herstellung und Erhaltung jenes realen Substrats — der Kapitalgrundlage — und damit der Aktiengesellschaft selbst als einer Realassoziation aufstellen 4 ).

V. Die Aktiengesellschaft steht als rechtsfähiger Verein im Sinne des B G B . auch unter den Vorschriften dieses Gesetzbuchs, welche für diese Gesellschaft insoweit — subsidiäre — Geltung· haben, als die aktienrechtlichen Bestimmungen im Stiche lassen und aktienrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegenstehen 6 ). C o s a c k , Lehrb. § 1 1 4 S. 5 5 5 , 5 5 6 ; G a r e i s in Behrends Z. Bd. 5 S. 574 ff. und oben § 24 I S. 1 2 9 f f . ; D a h n , Handelsrechtl. Vorträge S. 7 6 ; P r i m k e r im Hdbch. § 1 3 3 . Über die Besteuerung der Aktiengesellschaft s. F . H e c h t , im Finanzarchiv von Schanz, 7. Jahrgang ( 1 8 9 1 ) Bd. 2 S. 1 ff. Ausländische Aktiengesellschaften s. R G Z . Bd. 22 S. 1 4 7 . ') S. unten § 32 S. 2 1 2 ff. 2 ) S. unten § 33 S. 228 ff. und § 35 S. 265 ff. 3 ) S. unten § 36 S. 270 ff. 4 ) S. S. 2 0 1 A n m . I u. 2 und § 34 S. 2 5 1 ff. 5 ) Die subsidiäre Anwendbarkeit des allgemein-bürgerlichen Vereinsrechts auf die Aktiengesellschaft vertritt S t a u b in den von ihm selbst herausgegebenen Auflagen seines H G B . und polemisiert daher ausdrücklich gegen die von P i n n e r in seinem Aktienrecht (Berlin 1899 S. 3) vertretene entgegengesetzte Ansicht, wonach in rein gesellschaftlichen Fragen die subsidiäre Anwendung des B G B . ausgeschlossen sein soll. Die Begründung, die P i n n e r seiner Ansicht gibt, nämlich durch den Hinweis darauf, daß die aktienrechtlichen Vorschriften des H G B . als vollständige Regelung eines in sich geschlossenen Instituts zu betrachten seien, nennt S t a u b (7. Aufl. S. 542) „willkürlich, denn Art. 2 des Einf.G. zum H G B . , der auf die subsidiäre Anwendung des B G B . verweist, bezieht sich auf das ganze Handelsgesetzbuch". Die Unterscheidungen, die nun P i n n e r , indem er in dem nun von ihm bearbeiteten Teile des S t a u b s c h e n Kommentars (8. Aufl. S. 617) seine alte Ansicht vertritt, detailliert bringt, scheinen mir doch zu beweisen, wie richtig es war, daß S t a u b die Pinnersche Grenzenziehung eine willkürliche nannte; denn daß B G B . § 31 auf Aktiengesellschaften anwendbar, B G B . §§ 29 und 43 aber nicht anwendbar seien, und zwar ersteres, „weil die Frage nicht aktienrechtlich", letzteres, weil die Normen vereinsrechtlich seien, sind Annahmen, deren Begründung an eine petitio principii angrenzen dürfte. Übrigens handelt B G B . § 43 gar nicht von der „Auflösung" eines Vereins, sondern von der „Entziehung der Rechtsfähigkeit", eines Ereignisses, nach welchem der Verein immer noch als „rechtsunfähiger Verein" im Sinne des B G B . § 54 fortbestehen könnte. Die Entscheidungen des Reichsgerichts betreffend die Anfechtung von Zeichnungen wegen Betrugs rechtfertigen sich richtiger Ansicht nach aus der Natur des Vertrags zugunsten Dritter (hierüber s. unten § 32 S. 2 2 0 Anm. 4, 2 2 1 , G. & F . H G B . S. 323, 3 2 4 B e m . 2 2 ; S. 408 Bern. 1 7 2 und G a r e i s , Verträge zu Gunsten Dritter, 1 8 7 3 , S. 243) einer-und der Natur der Betrugseinrede (vgl. B G B . § 1 2 3 Abs. 2) andererseits. Richtig ist zweifellos das Prinzip, das auch P i n n e r anerkennt, daß auf reinaktienrechtliche Verhältnisse die aktienrechtlichen Spezialrechtsnormen anzuwenden sind; aber soweit letztere fehlen, wie ζ. B . für die Frage der Erfordernisse einer gültigen Willenserklärung, sind — auch im Gebiete des Aktienwesens — die bürgerlich-rechtlichen Normen anzuwenden, wie dies auch S t a u b und M a k o w e r annehmen. So G a r e i s im Bank-Archiv V I I . Jahrgang, S. 27, 28.

14*

212

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

§ 32· II. Die Errichtung der Aktiengesellschaft 1 ). Während das englische Recht schon die im Entstehen begriffene, die werdende Aktiengesellschaft zu der die Rechte eines Aktienvereins gewährenden Registrierung gelangen läßt2), gestattet das deutsche wie das französische Recht erst die Eintragung der fertigen, vollkommen fundierten und konstituierten Gesellschaft, und an diese Eintragung knüpft es die Verleihung der Rechtsstellung eines Aktienvereins als eines rechtsfähigen Vereins, wie oben bereits (S. 139 f.) erwähnt wurde, nach dem System der Normativbestimmungen. Dabei sind die zur Entstehung der Aktiengesellschaft gehörenden zwei Akte, die oben (S. 136 f.) als Zeugungsakt (A) und Geburtsakt (B) bezeichnet worden sind, die Schließung des Vertrags (A) und die gerichtliche Eintragung (B) und ebenso die Vorgänge innerhalb der ersteren (A), nämlich (a) die Feststellung des Vertragsinhalts (Errichtung des Statuts) und (b) der die Mitgliedschaft begründende Beitritt voneinander zu unterscheiden. I. Der Nachweis des Vertragsabschlusses.

a) Die Feststellung des Vertragsinhalts. Unter den zuletzt erwähnten Vorgängen ist der erstere (a) die Gründung im engeren Sinne. Schon das Aktiengesetz vom 18. Juli 1884 hat diesen Vorgang in der Absicht geregelt, diejenigen Mißstände auszuschließen, welche daraus entstehen, daß Personen, die der Gesellschaft nicht beitreten, den Vertragsinhalt entwerfen und die sich dabei wirtschaftlich bietenden Chancen, ζ. B. eine Werterhöhung des von der Gesellschaft zu übernehmenden Etablissements oder eine Preissteigerung der Anteilsrechte, vorweg für sich ausnützen, und zwar mehr oder weniger heimlich und nicht selten zum Schaden der ' ) A . S i l b e r n a g e l , Die Gründung der Aktiengesellschaft nach Schweiz., franz. u. engl. Aktienrechte. Berlin 1 9 0 7 . 2 ) Vgl. O p p e n h e i m in Goldschmidts Z. Bd. 2 7 S. 4 1 7 ff., B e h r e n d s Z. Bd. 5 S. 5 7 4 ff. Über das neueste englische Recht den Rechtszustand in Österreich, wo das sog. Aktienregulativ vom gilt, s. K . L e h m a n n , Lehrb. S. 386 Anm. 3.

deutschem, G a r e i s 111 sowie über Jahre 1 8 9 9

§ 32. neugegründeten

(ζ. B . ü b e r g T i i n d e t e n )

d a s G e s e t z die „ G r ü n d e r " den V e r t r a g s i n h a l t wähnten stellen1),

in

ihr I n t e r e s s e

für

und

Gesellschaft: es zwingt

(mindestens fünf Personen),

jener

gerichtlichen Aktien2)

213

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

oben

oder

(S.

Haftungen3)

l ä n g e r e Zeit

ihrer G r ü n d u n g b i n d e n 4 ) ;

134

notariellen zu

bei

welche

A n m . 4)

Verhandlung übernehmen,

nachhaltig

und

ernst

erfest-

welche an

das

denn in j e n e r s o l e n n e n V e r h a n d l u n g

s c h o n , d e r e n T a g g e r i c h t l i c h zu r e g i s t r i e r e n u n d zu v e r ö f f e n t lichen

ist 6 ),

muß

nicht

bloß

die

Übernahme

A n z a h l von Aktien, sondern auch der B e t r a g zu w e l c h e m verschiedene

die G r ü n d e r diese A k t i e n Gattungen

in

dem

irgendwelcher (Emissionskurs),

übernehmen, und

oben

(S. 208)

technischen Sinne der Berechtigungsunterschiede w e r d e n , a u c h die G a t t u n g

der von j e d e m

nommenen Aktien angegeben

wenn

erwähnten ausgegeben

der Gründer

über-

werden6).

Der in dieser obligatorischen Verhandlung festgestellte Gesellschaftsvertrag unterscheidet sich demnach von einem lediglich das Verhältnis der Gründer untereinander regelnden Gründungsvertrage (oder besser Griindungs v o r vertrage), durch welchen ein gemeinschaftliches Handeln zum Zwecke der Gründung einer Aktiengesellschaft verpflichtend verabredet wird, ζ. B. die Errichtung eines sog. Syndikats oder Gründerkonsortiums behufs Ausarbeitung von Prospekten, Lancierung der Aktien, welche im Börsenhandel untergebracht werden sollen u. dgl.; die Rechte und Pflichten der Gründer untereinander bestimmen sich nach diesem — formlosen — Syndikatsvertrage, auch die Frage, ob ein Beitritt Fremder, ein sog. Unterkonsortium stattfinden soll 7 ); würde einer der Gründer im Namen der zu gründenden Aktiengesellschaft ein Rechtsgeschäft schon vor deren Eintragung abschließen oder vornehmen, so würde er die Rechtsfolgen dieses eigenmächtigen oder jedenfalls verfrühten Handelns vollständig selbst zu tragen und daraus persönlich und, wenn mehrere handeln, als Gesamtschuldner zu haften haben 8 ). D e r von den Gründern solenn festzustellende Gesellschaftsv e r t r a g (im G e g ' e n s a t z zu d e m e b e n e r ö r t e r t e n

Gesellschafts-

J ) Über den Begriff „Feststellen" und die Art der Feststellung s. G a r e i s , HGB. Anm. 5 zu § 182 S. 175. G. S e n f t n e r , W i e lautet der Gesellschaftsvertrag einer Aktiengesellschaft? Berlin 1907. 2 ) W i e viele, bestimmt das Gesetz nicht. HGB. §§ 202 ff.; Prospekthaftung der Gründer s. § 203 mit Anm. I bei G a r e i s , HGB. S. 202, ferner Börsengesetz in der Fassung vom 27. Mai 1908 §§ 45—49. s. auch oben § 31 I a. E. S. 200 Anm. 7 und S. 201 Anm. 2. 4 ) HGB. § 182; die Gründer haben auch bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister mitzuwirken. HGB. § 195. 6 ) HGB. §§ 198, 199. e ) Abs. 1 des § 182 des HGB. v. 1897; über die juristische Bedeutung des Wortes „Aktienübernahme" s. G a r e i s , HGB. § 188 Anm. 3 S. 181. ') BGB. § 717. 8 ) HGB. § 200; Gesamtschuldner s. BGB. §§ 421 ff.

214

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

[vor-]vertragfe) muß einen gesetzlich bestimmten Inhalt — den sog", u n b e d i n g t - n o t w e n d i g e n I n h a l t (s. unten a) — haben und kann außerdem noch mancherlei andere Festsetzungen enthalten oder nach sich ziehen (willkürliche Festsetzungen), von denen aber einige derart sind, daß sie nur dann die gewollte rechtliche Wirkung haben, wenn sie in den Gesellschaftsvertrag selbst aufgenommen sind — das ist der sog. b e d i n g t - n o t w e n d i g e V e r t r a g s i n h a l t , s. unten b (S. 215). a) Der bei j e d e r Aktiengesellschaftserrichtung vom Gesetz geforderte, also der unbedingt-notwendige Inhalt besteht darin, daß der Gesellschaftsvertrag über folgende Punkte ausreichende und bindende Bestimmungen treffen muß 1 ): 1. eine dem Gesetz entsprechende, durch den Zusatz „Aktiengesellschaft" besonders gekennzeichnete Firma (s. oben S. 77 und 201) 2 ) und die Angabe eines im Inlande gelegenen Orts als Sitz der Hauptniederlassung der Gesellschaft 8 ); 2. den Gegenstand des Unternehmens 4 ); 3. die Höhe des Grundkapitals und der einzelnen Aktien; 4. die A r t der Bestellung und Zusammensetzung des Vorstandes ; 5. die Form, in welcher die Berufung der Generalversammlung der Aktionäre geschieht 5 ); 6. die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen; zweckmäßigerweise ordnet das Gesetz eine Zentralisation der Publikationen von ' ) H G B . § 1 8 2 A b s . 2 Nr. 1 — 6 mit G a r e i s , H G B . Anm. 8 — 1 6 hierzu. Hinsichtlich der Rechtswirkung eines Mangels im absolut-obligatorischen Vertragsinhalt s. einerseits H G B . § 1 9 5 (das Registergericht darf die Eintragung nicht beschließen, -wenn der Vertrag nicht dem Gesetze entspricht) und andererseits H G B . §§ 3 0 9 , 3 1 0 — Antrag auf Nichtigkeitserklärung, aber auch Möglichkeit der Heilung des Mangels. 2 ) Firma s. H G B . § 2 0 und hinsichtlich der bedingt vorgeschriebenen R ü c k wirkung s. EinfG. Art. 2 2 A b s . I u. 2 ; vgl. auch unten § 3 7 S. 2 8 2 , I V 2. s ) Über den Sitz der Gesellschaft s. G & F S. 4 2 4 , 4 2 7 ; Gerichtsstand s ZPO. § 1 7 . E s können übrigens auch Aktiengesellschaften im Deutschen Reiche registriert werden, die ihren Sitz im Auslande haben; dann hat aber die deutsche Registrierung nicht die konstitutive Bedeutung wie für deutsche Aktiengesellschaften, sondern es muß das Bestehen der Gesellschaft als solcher und unter Umständen die staatliche Genehmigung der Registergerichte nachgewiesen werden. H G B . § 2 0 1 1. A b s . Über den Ort der Generalversammlung s. unten S . 2 3 2 . 4 ) Über dieses s. H G B . § § 1 8 0 A b s . 1, 2 1 0 A b s . 2, 2 7 5 , 3 0 8 — 3 1 1 . Gebundenheit der Aktiengesellschaft an den Zweck; R G Z . Bd. 25 S. 1 5 8 . 6 ) H G B . § 1 8 2 A b s . 2 Nr. 5, § 2 5 5 .

§ 32.

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

215

Aktiengesellschaften an; denn alle Bekanntmachungen derselben, welche durch öffentliche Blätter erfolgen sollen, sind in den „Deutschen Reichsanzeiger" einzurücken; sollen noch andere Blätter hierzu verwendet werden, so hat diese der Gesellschaftsvertrag zu bestimmen (S. 2 1 5 Ziff. 7). Daß ein Aufsichtsrat zu bestellen sei, braucht der Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich zu bestimmen; die Bestellung dieses Organs ist obligatorisch neben dem Vorstande 1 ) und muß vor der Anmeldung erfolgt sein, da ja diese von allen Mitgliedern des Aufsichtsrats mit vorgenommen werden muß2). Notwendig ist ferner, daß der Gesellschaftsvertrag, wie sich schon aus der Vorschrift der Feststellung desselben in gerichtlicher oder notarieller Verhandlung ergibt, datiert sei 3 ). Gesetzlich erforderlich ist endlich die Bildung eines Reservefonds, dem gewisse Einnahmen obligatorisch zuzuwenden sind4). b) Zum b e d i n g t - n o t w e n d i g e n Statuteninhalt (s. oben S . 214) gehören folgende Bestimmungen: I. die Beschränkung des Aktienunternehmens auf eine gewisse Zeit5); 2. die Ausgabe von Inhaberaktien8); 3. Bestimmungen, nach welchen eine Umwandlung von Aktien hinsichtlich ihrer Art (Namen-, Inhaberaktien) für zulässig erklärt wird7); 4. die Ausgabe von Aktien über pari (die Emission unter pari ist verboten) 8 ); der durch die Ausgabe über den Nominalbetrag erzielte Agiogewinn fließt in den Reservefonds 9 ); 5. die Gewährung verschiedenartiger Rechte für einzelne Gattungen von Aktien, insbesondere betreffs der Zinsen oder Dividenden oder des Anteils am Gesellschaftsvermögen, und die Festsetzung des Zeitpunktes, von welchem an Bauzinsen nicht mehr zu zahlen sind 10 ); 6. die Verpflichtung der Aktionäre zu nicht in Geld bestehenden Leistungen, ζ. B. zu Rübenlieferungen 11 ); 7. die Bestimmung von öffentlichen "Blättern neben dem Reichsanzeiger für vor') HGB. § 190. *) HGB. § 195. 8 ) Der Tag der Feststellung ist gerichtlich zu registrieren und zu veröffentlichen, s. HGB. §§ 198, 199; auch im Zeichnungsschein anzugeben, ebenda § 189. 4 ) HGB. § 262. Hiervon unten § 34 Β IH. 5 ) Wenn der Ablauf einer bestimmten Zeit ein gesetzlicher Auflösungsgrund sein soll, so muß diese Zeit nach HGB. § 292 Nr. 1 im Gesellschaftsvertrage bestimmt sein; vgl. auch HGB. § 198 Abs. 2. e ) HGB. § 183 Abs. I (s. oben S. 205 Anm. 3); s. hierzu G a r e i s , HGB. Anm. 1 S. 176. ') HGB. § 183 Abs. 2. Uber Zwangsumwandlung s. G a r e i s , HGB. Anm. 5 S. 1 7 6 — 1 7 7 . 8 ) HGB. § 184 Abs. 2. 9 ) HGB. § 262 Nr. 2. 10 ) Früher Art. 209 a Ziff. 4, Art. 175 u. 175 a, nach HGB. v. 1897 § 185, s. oben S. 208 Anm. 3 und Bauzinsen betr. HGB. § 2 1 5 Abs. 2. " ) HGB. § 2 1 2 ; s. unten S. 265, 266 bei und mit Anm. 1, 2 und 3.

Kap. Π.

216

Die Personen im Handelsrecht.

geschriebene Bekanntmachungen der Gesellschaft 1 ); 8. die Festsetzung von Vertragsstrafen für den Fall verspäteter Einzahlung von Aktienbeträgen2); 9. Abweichungen in bezug auf die Art der Aufforderung zur Einzahlung von Aktienbeträgen3); 10. Festsetzungen, -wonach über gewisse Gegenstände die Generalversammlung der Aktionäre nicht schon mit einfacher Stimmenmehrheit — über Statutenänderung nicht mit Dreiviertelsmajorität —, sondern nur mit einer größeren — bei Statutenänderung (außer bei Kapitalsreduktion oder Gesellschaftsauflösung) auch kleineren — Majorität oder unter anderen Erfordernissen Beschluß fassen kann4); für Wahlen können im Gesellschaftsvertrag andere Bestimmungen getroffen sein 6 ); I I . Festsetzungen über das Stimmrecht innerhalb der vom Gesetze selbst unabänderlich gezogenen Grenzen6), über die Bedingungen und die Ausübung des Stimmrechts, insbesondere auch die Vorschrift der Aktienhinterlegung bei der Generalversammlung'); 12. Zuständigkeit und Pflicht zur Einberufung einer Generalversammlung8); 13. Festsetzung eines geringeren als den zwanzigsten Teil des Grundkapitals erreichenden Aktienbesitzes als Voraussetzung des Rechts, die Berufung einer Generalversammlung zu verlangen9); 14. Zulassung der Emission neuer Aktien behufs Kapitalserhöhung einer Versicherungsgesellschaft10); 15. Bestimmung über Abgabe von Willenserklärungen für die Gesellschaft, wenn nicht stets sämtliche Vorstandsmitglieder hierbei mitwirken müssen, oder wenn der Aufsichtsrat die Gesellschaftsvertretung durch einzelne Vorstandsmitglieder oder Prokuristen anordnen können soll 11 ).

Von ganz besonderer Wichtigkeit aber sind diejenigen hypothetisch-obligatorischen Vertragsfestsetzungen 12 ), welche unter dem Namen „ q u a l i f i z i e r t e Gründung" zusammengefaßt werden. Die Aufnahme derartiger Festsetzungen in das Statut der Gesellschaft ist vom Gesetz unter der Androhung der Unwirksamkeit der nicht aufgenommenen Ver]

) HGB. § 182 Abs. 3 1. Satz; hierzu s. ζ. B. HGB. §§ 289 Abs. 2, 297. *) HGB. § 218 Abs. 2. Die Ansicht, daß eine Kaduzierung der Aktien wegen Säumnis bei der Einzahlung nur dann zulässig sei, wenn sie im Statut als Vertragsstrafe besonders vorgesehen ist ( C o s a c k , Lehrbuch, S. 594 Nr. 8 a), entbehrt- der Begründung; vgl. P e t e r s e n u. P e c h m a n n , Aktiengesetz (1890) S. 158—159. S t a u b , Komm. S. 742 fr. K . L e h m a n n , Lehrb. § 83 Ziff. 2 S. 408 fr. ») HGB. § 218 Abs. 3. 4 ) HGB. §§ 251 Abs. I, 256 Abs. 2 ; Statutenänderung s. HGB. § 275; Kapitalsreduktion insbes. § 288; Gesellschaftsauflösung § 292 Nr. 2. 6 ) HGB. § 251 Abs. 2. 6 ) HGB. § 252 Abs. 1 mit Anm. 1—4, bei G a r e i s , HGB. S. 240, 241. ') HGB. §§ 252 Abs. 2, 255 Abs. 2, 3. «) HGB. § 253 Abs. 1 u. 3. ·) HGB. § 254. 10 ) HGB. § 278. " ) HGB. §§ 232 Abs. I und 2, 198 Abs. 2. ls ) Nicht zum hypothetisch-obligatorischen Vertragsinhalte gehören die möglicherweise im Statut enthaltenen Bestimmungen über Berufung anderer Personen als der Vorstandsmitglieder zur Liquidation (HGB. § 295), sowie über Vertretungsbefugnis der Liquidatoren; HGB. § 298 Abs. 3, auch 198 Abs. 2 (registerpflichtig).

§

32.

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

217

e i n b a r u n g e n g e g e n ü b e r der Gesellschaft gefordert 1 ). Mit erhöhter B e d e u t u n g b e s t e h t für die qualifizierte G r ü n d u n g die Deklarationspflicht der G r ü n d e r zu Recht 2 ), e i n g e s c h ä r f t durch s c h w e r e kriminelle Strafandrohungen 3 ). F ä l l e der qualifizierten G r ü n d u n g sind: 1. die Zusicherung besonderer V o r t e i l e (avantages particuliers) an einzelne Aktionäre 4 ); 2. die A n r e c h n u n g von A p p o r t s (apports en nature), d. s. Einlagen, w e l c h e v o n den A k t i o n ä r e n auf das Grundkapital zu leisten sind und nicht in B a r z a h l u n g bestehen (bekanntlich wurden durch die unkontrollierte A n r e c h n u n g von Sacheinlagen, sowie durch Ü b e r n a h m e von zu h o c h taxierten Etablissements sehr viele Ü b e r g r ü n d u n g e n und B e n a c h t e i l i g u n g e n herbeigeführt) 5 ); 3. die Ü b e r n a h m e von vorhandenen oder herzustellenden G e s c h ä f t s a n l a g e n (ζ. B . Handelsetablissements, F a b r i k e n u. dgl.) oder sonstiger V e r m ö g e n s s t ü c k e (ζ. B. Häuser, Rohmaterial) seitens der zu errichtenden Gesellschaft 6 ). In den g e n a n n t e n Fällen 1 — 3 muß die Person des B e rechtigten, bzw. des K o n t r a h e n t e n , der G e g e n s t a n d der Einlage, der B e t r a g der für sie zu g e w ä h r e n d e n A k t i e n , der G e g e n s t a n d der Ü b e r n a h m e und die V e r g ü t u n g hierfür ausdrücklich und speziell in dem G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e f e s t g e stellt w e r d e n . In dem Falle der Ü b e r n a h m e v o n A p p o r t s und von Etablissements statuiert das Gesetz, indem es sich der P r o s p e k t t h e o r i e nähert, eine b e s o n d e r e Deklarationspflicht: denn in diesen Fällen h a b e n die Gründer in einer von ihnen zu unterzeichnenden E r k l ä r u n g die U m s t ä n d e darzulegen, welche ihnen die H ö h e der für die E i n l a g e n und Ü b e r n a h m e n H G B . § 186 A b s . 4. H G B . § 202; hierzu kommt die börsenrechtliche Prospekthaftung nach Börsengesetz, sofern die Zulassung der A k t i e n zum Börsenhandel beantragt wird; s. oben § 31 I 3, S. 200 Anm. 7. 2)

3) H G B . § 3 1 2 , auch BörsenG. § 88, hierzu s. Edwin K a t z , Die strafrechtlichen Bestimmungen des H G B . (Berlin 1902) S. 9 fr., S. 48 ff. 4 ) H G B . § 186 A b s . 1. Vgl. L y o n - C a e n und R e n a u l t , droit comm. Bd. 2 S. 5 1 5 ff.; G a r e i s , H G B . § 186 Anm. 1 u. 6. ") H G B . § 186 A b s . 2. e ) Über den Unterschied zwischen a) Anrechnung von apports (Sacheinlagen) und b) Übernahme yon Vermögensstücken (a und b, die übrigens auch kombiniert, auch in Verbindung mit Bareinzahlung vorkommen können, R G Z . Bd. 51 S. 386 bis 392) s. L e h m a n n , Lehrb. S. 391.

218

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

gewährten Gegenleistungen gerechtfertigt erscheinen ließen; hierbei haben sie insbesondere auch die dem Erwerb der Gesellschaft vorausgegangenen Rechtsgeschäfte, welche auf denselben hingezielt haben, sowie die früheren Erwerbs- und Herstellungspreise aus den letzten zwei Jahren und im Falle des Ubergangs eines Unternehmens auf die Gesellschaft die Betriebserträgnisse aus den letzten beiden Geschäftsjahren anzugeben — eine Vorschrift, durch welche der Überschätzung und Übergründung, die durch Scheingeschäfte maskiert werden könnte, vorgebeugt werden soll1). 4. Zu den Fällen qualifizierter Gründung gehört auch die Festsetzung eines sog. Gründerlohnes; der Verschleierung dieses Gründerlohnes in Apportsübernahmen usw. tritt die Gesetzgebung durch die Vorschrift entgegen, daß von den Einlagen und sonstigen auf das Grundkapital anzurechnenden Ubernahmen gesondert der Gesamtaufwand in dem Statut festzusetzen ist, welcher zu Lasten der Gesellschaft an Aktionäre oder an andere Personen als Entschädigung oder Belohnung für die Gründung oder für deren Vorbereitung vereinbarungsgemäß gewährt werden soll2). Dem Registergerichte sind alle Verträge, die der qualifizierten Gründung zugrunde

liegen oder zur Ausführung

betreff

der Apports

bericht, von

und

derselben geschlossen wurden, ferner der in

der Etablissementsübernahmen

in welchem auch die wesentlichen Umstände

welchen

die Angemessenheit

Gegenstände gewährten Beträge —

der

zu erstattende Gründer-

dargelegt

werden müssen,

für die eingelegten oder übernommenen

objektiv —

abhängt"), und eine genaue Be-

rechnung des Gtündungsaufwandes in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift bei der Anmeldung vorzulegen*).

Neben jenem fakultativen Vertragsinhalte, welchen man als hypothetisch-obligatorisch bezeichnen kann, ist selbstverständlich auch ein rein fakultativer Vertragsinhalt denkbar, welcher Bestimmungen über solche Verhältnisse trifft, von denen das Gesetz nicht verlangt, daß sie in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, ζ. B. Bestimmungen über Be*) H G B . § 1 9 1 . Über die Natur des Illationsvertrags s. R G Z . Bd. 2 S . 3 0 3 , Bd. 2 1 S. 2 4 4 , Bd. 2 4 S. 2 2 . G i e r k e , Genossenschaftstheorie S. 1 3 1 ΑΓ., 5 2 o f f . ; R i n g , AktGes. S 209 ff., 2 4 8 , 368, 48, G & F S. 3 1 9 , 404. Anfechtung von Apports RGer. Bd. 24 S. 14. 2 ) H G B . § 1 8 6 A b s . 3. Über Gründungsausgaben s. S t a u b , DJZ. 1 9 0 3 . S· 76, 7 7 , s. auch unten S. 2 2 6 Anm. 2. 8 . ) HGB. § 191. 4 ) H G B . § 195 A b s . 2 Nr. 2.

§ 32·

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

219

vollmächtigste, die nicht Vorstandsmitglieder sind, über Zweigniederlassungen, Revisoren usw. b) Die Aktienübernahme 1 ). Die Aufstellung des Statuts, also die Herstellung des Wortlauts des Gesellschaftsvertrags mit dem den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Inhalte, g e n ü g t nicht, die Eint r a g u n g in das Handelsregister und damit die E n t s t e h u n g der Aktiengesellschaft zu veranlassen; das Gesetz verlangt vielmehr, daß diejenigen, welche den Inhalt des Gesellschaftsvertrags in der vorgeschriebenen gerichtlichen oder notariellen V e r h a n d l u n g festgestellt haben, sofort ihre Mitgliedschaft in bezug auf die zu g r ü n d e n d e Gesellschaft erklären, d. h. Aktien übernehmen, und legt ferner darauf unterscheidenden W e r t , ob die Gründer sofort a l l e Aktien übernehmen oder auch noch anderen Personen den Zutritt zur Gesellschaft offen lassen. Hierauf b e r u h t die Unterscheidung zwischen S i m u l t a n g r ü n d u n g und S u k z e s s i v g r ü n d u n g 2 ) : a) Die S i m u l t a n g r ü n d u n g besteht darin, daß sämtliche Aktien durch die Gründer selbst übernommen werden, so daß die Gründer selbst für die Volleinzahlung aller Aktien unliberierbar haften und demnach unter sich die Gesellschaft auch finanziell vollkommen fertigstellen; es kann dies schon bei der Feststellung des Gesellschaftsvertrags geschehen, kann aber auch noch nachher in einer besonderen gerichtlichen oder notariellen V e r h a n d l u n g unter A n g a b e jener B e t r ä g e bewirkt werden, welche die einzelnen Gründer noch— d. h. außer den von den Gründern in jedem Falle zu übernehmenden Aktien 3 ) — zu übernehmen 4 ). Die Aktienübernahme, mit deren theoretischer Konstruktion sich K . L e h m a n n , A k t R . Bd. I S. 3 2 5 eingehend beschäftigt, fällt weder mit der Aktienausgabe, noch mit der Aktienzeichnung zusammen: letztere ist eine A r t der AktienÜbernahme, aber nicht die einzige; s. G a r e i s H G B . § 1 8 8 A n m . 3 . Die Aktienausgabe kann möglicherweise unterbleiben; s. oben S. 204 Anm. 3. Die Aktienzuteilung, gleichviel, ob eine Zeichnung stattfindet oder nicht, und gleichviel, ob Aktien (Aktienbriefe) ausgegeben werden oder nicht, ist stempelpflichtig nach dem Reichsstempelgesetz vom 3. Juni 1906 ( R G B l . 1906 S. 6 9 5 ff.) §§ 2 — 6, Tarif Nr. 4. Th. R e i s , Zeichnung und Übernahme von Aktien (mit einer Einführung von J . K o h l e r , Berliner jurist. Beiträge), Berlin 1 9 0 7 . — Hinsichtlich der sog. „Genußscheine" s. R G Z . 3 0 S. 1 6 ; R i n g , AktGes. S. 3 8 7 , 6 5 5 und die oben § 3 1 S. 204 Anm. 6 sowie unten § 3 5 S. 2 6 6 Anm. 4 angegebene Lit. 2 ) Vgl. G a r e i s in Schmollers Jahrb. Bd. 8 S. 4 3 0 fr. 3 ) H G B . § 1 8 2 A b s . 1... 4 ) H G B . § 1 8 8 . Die Übernahme der Aktien durch die Gründer selbst ist

220

Kap; Π.

D i e Personen im Handelsrecht.

b) Die S u k z e s s i v g r ü n d u n g · . W e n n die Gründer nicht alle Aktien, in welche nach dem Gesellschaftsvertrage das Grundkapital zerleg! wird, selbst übernehmen, sondern es darauf abgesehen haben, daß das Publikum in größerer oder geringerer Ausdehnung· an dem Aktienunternehmen durch Zeichnung· von Aktien sich beteiligten soll1), so liegt der Fall der sog. Sukzessivgründung vor. Während im Falle der Simultangründung die Gesellschaft als errichtet gilt, sobald sämtliche Aktien durch die Gründer übernommen sind2), muß im Fall der Sukzessivgründung der Errichtung der Gesellschaft die auswärtige Zeichnung der übrigen Aktien (d. i. desjenigen Teils, welchen die Aktionäre nicht übernommen haben) vorangehen, denn der A n m e l d u n g behufs der Eintragung in das Handelsregister muß unter allen Umständen der Nachweis beigefügt sein, daß alle A k t i e n übernommen sind, sei es von den Gründern (Simultangründung), sei es teils von den Gründern, teils von anderen Aktionären (Sukzessivgründung) 3 ). Zur S u k z e s s i v g r ü n d u n g gehört: i. die Ausstellung der Z e i c h n u n g s s c h e i n e , 2. die Herstellung eines A k t i o n ä r s v e r z e i c h n i s s e s , 3. eine g e r i c h t l i c h g e leitete G e n e r a l v e r s a m m l u n g . 1. Der Z e i c h n u n g s s c h e i n 1 )

enthält die schriftliche Erklärung des A k t i e n -

zwar kein Anschaffungsgeschäft im Sinne des Reichsstempelgesetzes v. 29, Mai 1895 R G Z . B d . 31 S. 1 7 ; aber nach dem Gesetz vom 27. A p r i l 1894 und nun v o m 3. Juni 1906 ist auch w i e die Zuteilung der A k t i e n auf Grund vorhergehender Zeichnung, so auch die bei Errichtung einer Aktiengesellschaft stattfindende Ü b e r nahme der A k t i e n durch die Gründer und die Ausreichung von Wertpapieren an den ersten Erwerber stempelpflichtig. R G B l . 1894 S. 376, 396, 497. RGBl. 1906 S. 720. *) D i e Aufforderung zur Subskription muß wahrheitsgetreu sein, betrügerische Vorspiegelungen können zur Strafe führen, s. BörsenG. § 75 und hierzu E d w i n K a t z , D i e strafrechtl. Bestimmungen d. H G B . (Berlin 1902) S. 48 ff., ferner H G B . § 203 u. a., s. unten § 44 S. 233 A n m . I. 2) H G B . § 188 A b s . 1. *) H G B . § 195 A b s . 2 Nr. 1 u. 3. 4 ) H G B . § 189. D i e Rechtsnatur der Aktienzeichnung ist bestritten, die einen, voran K . L e h m a n n , Aktienrecht B d . I S. 347 ff., und Lehrb. S. 3 9 6 — 3 9 8 , halten sie sowohl bei Simultan-, w i e bei der Sukzessivgründung für einen einseitigen A k t , den einseitigen A k t des Beitritts zum Statut, eine A r t „Statusakt" (Lit. s. bei L e h m a n n S. 396 A n m . 3 und S. 398 A n m . 5), die anderen (s. b e i K . L e h m a n n , Lehrb. S. 397 A n m , 5) für einen Vertrag. Das R i c h t i g e ist die Annahme eines Vertrags zugunsten Dritter, nämlich zugunsten der künftigen A k t i e n gesellschaft, geschlossen zwischen dem Zeichner und demjenigen, der die Zeichnung annimmt (meist Gründer), unter der Bedingung, daß die Aktiengesellschaft, w e l c h e aus der Zeichnung berechtigt werden soll, wirklich zur Existenz kommt, v g l . G a r e i s , Verträge zugunsten Dritter, 1873, S. 224 ff. (keine K r e a t i o n ! ) , G a r e i s , unten § 41 III, auch G a r e i s , Grundriß d. d. bürgerl. R e c h t s § § 101 I I , I i i ) . V g l . auch o b e n § 31 S. 2 1 1 A n m . 5 u. unten S. 2 2 1 .

§ 32·

221

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

subskribenten, aus welcher die Beteiligung desselben nach Anzahl, A r t und Gattung der Aktien hervorgehen muß;

das Gesetz verlangt,

daß dieser Schein in zwei

gleichlautenden, als Originale geltenden Exemplaren ausgestellt werde, welche enthalten müssen: den unbedingt- und (gegebenenfalls) auch den bedingt-notwendigen Inhalt (s. oben S. 2 1 4 ff.) und das Datum des Gesellschaftsvertrags; ferner Namen, Stand und Wohnort der Gründer, im Falle der Ausgabe verschiedener Gattungen von Aktien den Gesamtbetrag einer jeden Gattung, zeichneten Aktie zahlungen.

den Emissionskurs

(pari oder über pari) und den Betrag

der

der festgesetzten

geEin-

Ist vereinbart, daß die Subskription ihre verbindliche K r a f t verlieren

soll, wenn die Errichtung der Gesellschaft nicht bis zu einem vertragsmäßig bestimmten

Zeitpunkte beschlossen

ist, so muß auch

Zeichnungsschein ausdrücklich genannt sein. diesen Bestimmungen hervorgeht,

das Maß

dieser Zeitpunkt in

dem

Der Zeichnungsschein soll, wie aus der Verpflichtungen des eintretenden

Aktionärs enthalten; jede nicht im Zeichnungsschein enthaltene Beschränkung ist der Gesellschaft gegenüber unwirksam, und Zeichnungs'scheine, welche den gesetzlichen Inhalt nicht vollständig in sich schließen oder außer der erwähnten Terminsbestimmung

die Verpflichtung des Unterzeichners

zeitlich

oder

anderswie

be-

schränken, sind nichtig; trotz einer aus diesem Grunde sich ergebenden Ungültigkeit ist der Zeichner der Gesellschaft unter gewissen Umständen dennoch wie aus einem gültigen Zeichnungsscheine verpflichtet: dann nämlich, wenn der Zeichnungsschein wenigstens ersehen läßt, daß der Zeichner sich an der Aktienunternehmung mit einer bestimmten Anzahl näher bezeichneter Aktien derselben beteiligen will, der Zeichner aber auf Grund dieser Erklärung in der die Errichtung beschließenden Generalversammlung mitgestimmt oder später als Aktionär Rechte ausgeübt oder Verpflichtungen erfüllt hat, und wenn zudem der Gesellschaftsvertrag in das Handelsregister eingetragen Exemplare

ist.

Die Ausstellung

vom Subskribenten

werden, ist, juristisch betrachtet, der Gesellschaft zu werden

des Zeichnungsscheins,

dessen

den Gründern oder dem Vorstande

die bindende Erklärung des Willens,

mit bestimmt bezeichneten Rechten

beide

ausgehändigt Mitglied

und Pflichten;

insofern diese Erklärung seitens der Gründer oder des Vorstandes (als Promissaren) angenommen wird,

entsteht ein e c h t e r V e r t r a g z u g u n s t e n

eines

Dritten,

nämlich zugunsten der erst mit der Eintragung zur Existenz gelangenden, folglich zur Zeit der Subskription noch nicht existierenden Aktiengesellschaft, welche aus der Subskription auf Erfüllung

der damit übernommenen Verbindlichkeiten des

Zeichners klagen kann 1 ). Von den beiden'Exemplaren des Zeichnungsscheins ist das eine dem Handelsgerichte zu übergeben, das andere bleibt bei den Akten der Gesellschaft. 2.

Das

Aktionärsverzeichnis2).

Die

Gründer

sind

im

Falle

der

Sukzessivgründung verpflichtet, ein Verzeichnis der sämtlichen Aktionäre herzustellen und dem Registergerichte bei der Anmeldung der Gesellschaft einzureichen. Dieses Verzeichnis auf

letztere

muß

geschehenen

die

auf jeden Aktionär entfallenden Aktien, sowie die

Einzahlungen

genau

angeben

und

νοιί

sämtlichen

Gründern in beglaubigter Form unterschrieben werden. ') G i( F S. 324, 408. Vgl. auch R G Z . Bd. 30 S. 95. unten S. 2 2 6 — 2 2 7 . 2

) H G B . § 195 Ziff. 3.

Vgl. oben S. 2 1 1

und

222

Kap. Π. 3. D i e

gerichtliche

Die Personen im Handelsrecht. Generalversammlung.

Sobald das Aktionärs-

verzeichnis und die übrigen der Anmeldung des Gesellschaftsvertrags behufs der Eintragung in das Gesellschaftsregister beizulegenden Schriftstücke bei dem Gerichte, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, eingelaufen sind, findet im Fall der Sukzessivgründung Einmischung

in die

ein A k t

der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die gerichtliche

Gründungsverhandlungen

selbst, statt 1 ): jenes Gericht hat

nämlich — unter Beobachtung der für die Berufung der Generalversammlung der betreffenden Gesellschaft überhaupt geltenden statutarischen Vorschriften 2 ) — alle in dem übergebenen Verzeichnis aufgeführten Aktionäre zu einer von ihm selbst zu leitenden Generalversammlung zu berufen. zu verwechseln

mit einer konstituierenden

vorhergegangen

sein und

findet

Diese Generalversammlung ist nicht Generalversammlung;

ohne gerichtliche

Einmischung

letztere muß statt.

In der

konstituierenden Generalversammlung muß gesetzlich der Aufsichtsrat 3 ), vertragsmäßig möglicherweise auch der Vorstand gewählt werden;

die Anmeldung

setzt

diese Gesellschaftsbehörden bereits als bestellt voraus 4 ), und in der gerichtlichen Generalversammlung haben sich Vorstand und Aufsichtsrat über die Ergebnisse der ihnen rücksichtlich der Gründung obliegenden Prüfung 5 ) zu erklären.

Nach deren

Erklärungen über qualifizierte Gründung usw., nach der Beratung hierüber findet die Abstimmung der Aktionäre über die Errichtung der Gesellschaft statt.

Diese

Abstimmung bewirkt nicht die Existentwerdung der Aktiengesellschaft als solcher — diese entsteht erst mit der Eintragung in das Handelsmuster — , sondern die Begründung eines bindenden Sozietätsverhältnisses und die Bindung der nicht notwe idig im Aktiengesellschaftsverhältnis stehenden MitgUedc. des Vorstands und des Aufsichtsrats; bis zu dieser Beschlußfassung über die Errichtung der Gesellschaft kann jedes Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats die Unterzeichnung der Anmeldung zurückziehen.

In bezug auf die zur Errichtung der Gesellschaft

erforderliche Stimmenmehrheit ist zu unterscheiden zwischen einem den in den Zeichnungsscheinen zugrunde gelegten Gesellschaftsvertrag einfach akzeptierenden und

einem

denselben

wesentlich

modifizierenden Beschlüsse;

letzterenfalls

nämlich dann, wenn die Essentialien des Statuts (s. oben S. 2 1 4 — 2 1 5 Ziff. I — 6 ) oder

der hypothetisch-obligatorische Vertragsinhalt abgeändert,

insbesondere bei

einer qualifizierten Gründung die desfallsigen statutarischen Festsetzungen zu Lasten der Gesellschaft erweitert werden sollen — ist die Zustimmung a l l e r erschienenen Aktionäre erforderlich;

andernfalls muß die der Errichtung der Gesellschaft zu-

stimmende Mehrheit mindestens ein Viertel sämtlicher in dem Verzeichnisse aufgeführten Aktionäre 9 )

umfassen und der Betrag

Vierteil des gesamten Grundkapitals darstellen; erreicht wird, gilt J

die Errichtung

als

ihrer Anteile

mindestens

ein

aber auch wenn diese Mehrheit

abgelehnt,

wenn ein Teil der Aktionäre

) H G B . § 196. Vgl. G a r e i s in S c h m o l l e r s Jahrb. Bd. 8 S. 4 3 1 , 4 3 2 . ) H G B . § 197. ) H G B . § 190 Abs. I (Fall der Simultangründung), Abs. 2 (Fall dler Sukzessivgründung). 4 ) H G B . § 192, § 195 Abs. 2 Ziff. 4. 5 ) S. unten Ι Π S. 223 f. Vgl. G & F S. 322fr., 4 1 3 . e ) Nicht (Singular-)Rechtsnachfolger derselben, denn Anteilsrechte können vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister mit Wirksamkeit gegenüber der Gesellschaft nicht übertragen werden, H G B . § 200 Abs. 2. 2

8

§, 32.

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

223

Appoits einbrachte oder besondere Vorteile zugesichert erhielt ( H G B . § 186, also eine qualifizierte Gründung, s. oben S. 2 1 6 ff., vorliegt) und sich die Mehrheit der von anderen Aktionären abgegebenen Stimmen gegen die Errichtung erklärt. einem

Vertragsbeschluß

Aktionäre

erforderlich;

ist

nur

einfache

im übrigen

findet

Stimmenmehrheit

der

die Beschlußfassung

Zu

erschienenen

nach den Vor-

schriften "des betreffenden Gesellschaftsstatuts statt. II. Der Nachweis der Konstituierung.

Der Anmeldung behufs der Eintragung in das Handelsregister müssen die Urkunden über Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats beigefügt sein 1 ). Aus dieser Vorschrift ergibt sich, wie bereits auch aus der Tatsache, daß die Anmeldung von sämtlichen Gründern und Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats unterzeichnet, sowie der Hergang der Gründung schon vor der Anmeldung durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats geprüft sein muß, als Eigentümlichkeit des deutschen Aktienrechts, daß nur die vollkommen konstituierte Aktiengesellschaft zur Eintragung gelangen kann. Welcher Art die Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats sein müssen, schreibt das Gesetz nicht vor; jedenfalls müssen sie geeignet sein, die Legitimation der erwähnten Gesellschaftsorgane vollständig zu beweisen, und den Anforderungen des Statuts entsprechen 2 ). Uber Zusammensetzung und Kompetenz des Vorstands3) und des Aufsichtsrats 4 ) s. unten § 33 II und III. III. Der Nachweis der gesetzlichen Prüfung.

Dem Registergerichte sind bei der Anmeldung gesetzlich vorgeschriebene Berichte einzureichen, in denen der Hergang der Gründung samt allen Angaben, die sich auf die Zeichnung und Einzahlung des Grundkapitals u. dgl. beziehen, einer genauen Prüfung unterzogen werden. Diese Prüfungsberichte sind legelmäßig von den Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zu erstatten. Es liegt in dieser Vorschrift eine der w:chtigsten Neuerungen der Aktiennovelle von 1884, welche man eben deshalb als der „Prüfungstheorie" huldigend be») 2 ) 3 ) 4 )

HGB. HGB. HGB. HGB.

§ 1 9 5 Nr. 4. § 1 8 2 Abs. 2 Nr. 4. §§ 2 3 1 ff. §§ 190, 243 ff.

224

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

zeichnet. Da auf diese Prüfung ein ganz entscheidendes Gewicht gelegt wird, so sind die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, sofern sie selbst unmittelbar mit einem Geldinteresse an der Gründung beteiligt erscheinen, nicht wohl geeignet, ausschließlich diese Prüfung vorzunehmen; daher bestimmt das Gesetz, daß, wenn Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zugleich Gründer sind oder sich durch Uberlassung eines Vermögensobjekts an die Gesellschaft oder durch Ausbedingung eines persönlichen Vorteils an der dadurch qualifizierten Gründung beteiligen, die Prüfung außerdem noch durch besondere Revisoren stattfindet, welche von den Handelskammern oder einem ähnlichen für die Vertretung des Handelsstands berufenen Organ 1 ) oder in Ermangelung eines solchen durch das Gericht (Amtsgericht) bestellt werden, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat2). Die Prüfung hat sich nicht bloß auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu erstrecken, welche von den Gründern in betreff der Zeichnung und Einzahlung des Grundkapitals, sowie in betreff der einzelnen Aktionären gewährten besonderen Vorteile, der qualifizierten Gründungen (s. oben S. 216) und des Gründerlohns gemacht sind, sondern auch — und hierin ist eine bedeutungsvolle Neuerung des HGB. von 1897 zu begrüßen — auf die Angemessenheit der für die eingelegten oder übernommenen Gegenstände gewährten Beträge. Aber nicht nur dann, wenn Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder selbst in einer der angegebenen Arten an der Gründung finanziell beteiligt sind, sondern in j e d e m Falle von Sacheinlagen (apports en nature) von Aktionären oder von Übernahme von Anlagen durch die Gesellschaft, gleichviel von wem, hat — von nun an — die Prüfung durch jene b e sonderen Revisoren stattzufinden 3 ). ') Vgl- p r e u ß . G. über die Handelskammern vom 24. Februar 1 8 7 0 und 1 9 . August 1 8 9 7 (neuer Text 1 8 9 7 S. 3 5 5 ) mit Gesetz vom 2. Juni 1 9 0 2 (Ges. Sammlung 1 9 0 2 S. 1 6 1 ) . Neben den „Handelskammern" bestehen in Preußen kaufmännische Korporationen, nämlich in Berlin, Stettin, Magdeburg, Tilsit, Königsberg, Danzig, Memel und Elbing und ein Kammerg.-Kollegium in Altona. S. G. v. 29. August 1 8 9 7 § 4 4 und hierzu das angef. ZusatzG. v. 2. Juni 1 9 0 2 , B a y r . K g l . Verord. y. 2 5 . Februar 1 9 0 8 (G. u. V B 1 . 1908 S. 69), die Handelskammern und Handelsgremien betr., s. auch oben S. 48. 2 ) H G B . § 1 9 2 ; zuständig ist (letzterenfalls) das Amtsgericht, s. F G G . 3 ) G a r e i s , H G B . § 1 9 2 Anm. 6.

§ 32.

D e r Prüfungsbericht von

ist in zwei Exemplaren,

unterzeichnet 1 ),

den Prüfenden

225

D i e Errichtung der Aktiengesellschaft.

herzustellen,

schriftlich

und

eigenhändig

ein Exemplar ist der Handels-

kammer, wenn sie die Revisoren ernannte, einzureichen 1 ).

Bevor dieses Erforder-

nis als erfüllt angesehen werden kann, müssen die etwa aufgetauchten Meinungsverschiedenheiten den Gründern falls

durch

Revisoren die

über den Umfang der von

endgültigen Entscheid ernannt

hat

seitens

der Stelle oder Behörde,

nötigen-

welche die

(also in der R e g e l Handelskammer oder Amtsgericht) 2 );

nämliche Stelle hat auch die Höhe der Auslagen und der Vergütung festzu-

setzen, Die

zwischen Gründern und R e v i s o r e n

zu gebenden Aufklärungen und Nachweise erledigt sein,

auf

welche Revisoren — von

strenge Haftung, welche

die

mit

nun

an — gesetzlich Anspruch

der Prüfung

haben 3 ).

betrauten Personen für die

Wahrheit und Vollständigkeit ihrer dem Amtsgericht einzureichenden, sowie (bei Sukzessivgründungen)

der Generalversammlung

nehmen haben, gehört zu den stärksten Säulen,

zu erstattenden Berichte zu übervon welchen die Sicherheit des

Aktienrechts getragen wird.

IV. Der Nachweis der gesetzlichen Einzahlung.

Sämtliche Gründer und sämtliche Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder haben bei der Anmeldung· die Erklärungabzug-eben, daß auf jede Aktie der eing-eforderte Betrag· bar eing-ezahlt und im Besitze 4 ) des Vorstands sei, soweit nicht andere als durch Barzahlung· zu leistende Einlagen auf die Aktien gemacht sind; das Gesetz statuiert die V i e r t e l s d e c k u n g · als das Minimum der obligatorischen Einforderung·; die Einforderung· muß mindestens ein Viertel des Nominalbetrags, und im Falle einer Uberpari-Emission neben jenem Viertel auch den Betrag umfassen, um welchen der Emissionskurs den Nominalbetrag übersteigt. Als Barzahlung gilt nur die Zahlung in deutschem Gelde 6 ), in Reichskassenscheinen 6 ), Unterzeichnung s. B G B . s. § 1 2 6 ; schriftliche Berichterstattung s. H G B . § 1 9 3 (dazu A n m . 6 bei G a r e i s , H G B . ) und gegebenenfalls Nachweis, daß der Prüfungsbericht der Revisoren bei den zur Vertretung des Handelsstandes berufenen Organen eingereicht sei. 2

) H G B . § 194 A b s .

8 4

I.

) H G B . § 1 9 4 Abs. 2 hierzu A n m . 4 u. 5 bei G a r e i s ,

HGB.

) Über Besitz des Vorstandes s. unten § 34 A S. 2 5 1 A n m . 4.

6 ) H G B . § 1 9 5 Abs. 3 ; s. auch unten § 3 4 S. 256. Über G e l d s. Münzgesetz v. 9. J u l i 1 8 7 3 , Art. 9, Art. 1 4 §§ 1 — 4 ; K o c h , Μ. & N . S . 83, 88, s. unten § 43 Ziff. 3. e ) R e i c h s k a s s e n s c h e i n e s. R G e s . v. 30. A p r i l 1 8 7 4 ( R G B l . S. 40) und v. 26. Mai 1 8 8 5 ( R G B l . S. 1 6 3 ) ; L a b a n d , Staatsrecht d. Deutschen R e i c h e s (4. Aufl.) § 7 5 S. 1 5 4 ; Z o r n , Staatsrecht des Deutschen R e i c h e s 2. A u f l . § 3 3 B d . 2 S. 3 4 5 , 3 4 7 ; A r n d t , Verfassung des Deutschen R e i c h e s , 3. Aufl. 1 9 0 7 S . 108 fiF., 1 9 1 — 1 9 2 . S. auch unten § 43 Ziff. 3.

G a r e i s , Handelsrecht.

8. Anfl.

15

226

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

sowie in gesetzlich zugelassenen Noten deutscher Banken 1 ). Die gesetzlich geforderte Bareinzahlung wird nicht durch Hing a b e eines Schecks ersetzt, auch darf der gesetzlich geforderte Barbetrag nicht durch A b z ü g e für A u s g a b e n vermindert sein2). V. Oer Nachweis staatlicher Privilegierung in besonderen Fällen.

W e n n der Gegenstand des Unternehmens aus öffentlichrechtlichen Gründen einer staatlichen Genehmigung bedarf, wie ζ. B. ein öffentliches Eisenbahnunternehmen, so ist dem Handelsgerichte zugleich mit der Anmeldung behufs der Eintragung in das Handelsregister auch die Konzessionsurkunde vorzulegen 8 ). Hat der Bundesrat in einem der gesetzlich zulässigen Fälle 4 ) die A u s g a b e von Aktien unter iooo Mk. gestattet, so muß dem Handelsgericht auch die desfallsige Verfügung. des Bundesrats bei der Anmeldung vorgelegt werden. — Sind sämtliche vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen (I—IV bzw. V) erfüllt, ist diese Erfüllung durch gerichtlichen Beschluß festgestellt, so erfolgt die Eintragung in das Handelsregister und damit die richterliche Kreierung der Aktiengesellschaft als solcher, die gesetzliche Erhebung eines bloßen Sozietätsverhältnisses zu dem mit juristischer Persönlichkeit ausgerüsteten Aktienvereine 5 ). Eine Rechtsnachfolge in dem Sinne, daß

der Aktienverein

eintrete in die Rechtsverhältnisse einer Rechtsvorgängerin,

nämlich der „errichteten, aber noch nicht eingetragenen Gesellschaft", liegt nicht v o r ; denn die von letzterer, d. h. ihren handelnden Mitgliedern geschaffenen Verhältnisse sind eben doch schon Verhältnisse des Aktienvereins, nämlich des entstehenden, und zwar a) soweit Verbindlichkeiten in Frage kommen, durch Schuldübernahme seitens der Aktiengesellschaft, -wenn sie zur Existenz gelangt ist, den vorher Gesetzlich zugelassen sind die Noten der R e i c h s b a n k , der B a y r i s c h e n Notenbank, der S ä c h s i s c h e n Bank zu Dresden, der " W ü r t t e m b e r g i s c h e n Notenbank und der B a d i s c h e n B a n k ; bezüglich der B r a u n s c h w e i g i s c h e n Bank s. K o c h , Μ. & N . S 201, nun Verzicht v. 14. Dez. 1905, R G B l . 1906 S. 4 6 1 , 462; im übrigen s. K o c h a. a. O. S. 145. S. auch unten § 43 Ziff. 3. 2 ) Uber die notwendigen Ausgaben im Gründungsstadium s. S t a u b , HGB. A n m . 19 A b s . 2 zu § 195 S. 674, auch A n m . 4 zu § 200, S. 6 8 1 — 6 8 2 (s. auch oben S. 218 A n m . 2), wobei jedoch das hier oben betr. Vertrag zugunsten Dritter und die Schuldübernahme Gesagte in Betracht zu ziehen ist. s ) R . v. L a n d m a n n , Kommentar zur Gewerbeordnung, I S . 143 ff. (Verzeichnis der genehmigungspflichtigen Anlagen nach GewO. § 16.) — Richterliche Prüfung der Konzessionspflicht? J a : R i n g S. 2 5 3 ; M a k o w e r S. 215. Nein: G & F S. 330, 422; S t a u b , H G B . S. 673 A n m . 14 zu § 195; G a r e i s , H G B . S. i q i Anm. 15 zu § 195. 4 ) H G B . § 180 A b s . 2. V g l . R i n g S. 164 fr. u. s. oben S. 188. 5J H G B . § 198, s. oben S. 193 fr.

§ 32.

Die Errichtung der Aktiengesellschaft.

227

handelnden Personen abzunehmen, und b) was die Berechtigungen anlangt, aus Verträgen zugunsten Dritter, nämlich der entstehenden Aktiengesellschaft, zu erklären, wie auch die Rechte aus den Aktiensubskriptionen s oben § 31 V S. 2 1 1 Anm. 5 und § wird,

32 I

S. 2 2 1 ,

eine

Konstruktion,

die

mit Unrecht

meist

übersehen

so auch in den sonst durchaus beifallswürdigen Ausführungen bei S t a u b ,

H G B . 8. Aufl. I S. 6 8 1 — 6 8 3 .

Nicht wesentlich für diese Rechtsfolgen, aber gesetzlich vorgeschrieben ist die gerichtliche Veröffentlichung des eingetragenen Gesellschaftsvertrags in öffentlichen Blättern 1 ). Der zu veröffentlichende Auszug muß enthalten: 1. den

obligatorischen Vertragsinhalt 2 ),

den bedingt-notwendigen Vertrags-

iDhalt größtenteils 3 ) und die besonderen Vereinbarungen einer qualifizierten Gründung4), sowie in allen Fällen das Datum des Statuts; 2. den Namen, Stand und Wohnort der Gründer und die Angabe,

ob die

Gründung eine Simultangründung sei; 3. den Namen, Stand und Wohnort der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats; 4. die Mitteilung,

daß von den mit der Anmeldung eingereichten Schrift-

stücken, insbesondere von dem Prüfungsberichte des Vorstands, des Aufsichtsrats und der Revisoren

bei

dem Gericht 5 )

oder, wenn die Vertretung des Handels-

standes die Revisoren ernannte, auch bei dieser Einsicht genommen werden kann.

Wie die Gründung, so ist auch jeder spätere Beschluß der Generalversammlung, welcher eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags ist oder herbeiführt, registerpflichtig und zu veröffentlichen 6 ), ebenso die Errichtung einer Zweigniederlassung 7 ). Registerpflichtig und unter die Regeln des gesetzlichen Prüfungssystems gestellt ist auch die sog. N a c h g r ü n d u n g ; man versteht unter einer solchen den Abschluß von Verträgen seitens der Aktiengesellschaft, nach welchen diese vorhandene oder herzustellende Anlagen, welche dauernd zu ihrem Geschäftsbetriebe bestimmt sind, oder unbewegliche Gegenstände 2 !) H G B . § 199 mit H G B . §§ 10, 1 1 . ) S. oben S. 2 1 3 fr. s ) Nämlich Ziff. 1 — 5 , s. oben S. 2 1 $ ; H G B . §§ 182 Abs. 2 u. 3, 183, 185. 4 ) S. oben S. 2 1 6 f.; H G B . § 186. 6 ) H G B . § 199 Abs. 2. Über die Anmeldung und Eintragung, Veröffentlichung und Einsichtnahme s. H G B . §§ 8 — 1 2 ; F G G . §§ 1 2 5 — 1 3 0 . S. auch oben S. 223 f. Über die Stempelpflicht der Aktien s. oben S. 208, 209, 2 1 9 Anm. I. «) H G B . §§ 2 7 4 - 2 7 7 . 7 ) Form und Inhalt der Anmeldung einer Zweigniederlassung s. H G B . § 2 0 1 . Bei der Anmeldung von Zweigniederlassungen ausländischer Aktiengesellschaften ist das Bestehen der Gesellschaft und, sofern der Gegenstand des Unternehmens oder die Zulassung zum Gewerbebetrieb im Inlande der staatlichen Genehmigung bedarf, auch diese bei der Anmeldung nachzuweisen.

15*

228

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

für eine den zehnten Teil des Grundkapitals übersteigende "Vergütung· erwerben soll, vorausgesetzt, daß diese Verträge innerhalb zweier Jahre 1 ), von der Eintrag-ung- der Gesellichaft an gerechnet, abgeschlossen werden. Da durch solche Verträge eine U b e r g r ü n d u n g der Gesellschaft, d. h. ein verhängnisvolles Mißverhältnis zwischen dem wirklichen Werte der Apports oder übernommenen Anlagen einerseits und dem berechneten Werte oder der für jene gewährten Gegenleistung andererseits herbeigeführt und damit die Unsolidität des ginzen Gesellschaftsunternehmens veranlaßt werden kann, so wild zur Gültigkeit der sog. Nachgründungsverträge eine vom Aufachtsrate vorzunehmende Prüfung, ein qualifizierter Genehmigungsbeschluß der Generalversammlung (mit mindestens Dreiviertelmajorität, ja wenn der Erwerbsvertrag schon im ersten Jahre nach der Gründung beschlossen wird, eine Mehrheit von mindestens ein Viertel des gesamten Grundkapitals), urd die Einreichung der Vertragsurkunde, des motivierten Aufsichtsratsberichts und des Generalversammlungsbeschlusses zum Handelsregister verlangt 2 ). Bei einer quasi-Nachgrüidung (d. i. der innerhalb zwei Jahren nach der Eintragung erfolgende Abschluß von Ubernahmeverträgen, welche zur Ausführung einer vor der Errichtung der Gesellschaft von den Gründern getroffenen Vereinbarung abgeschlossen werden) haften die Gründer und Gründungskomplizen3) wie aus der Gründung selbst 4 ). § 33-

III. Die Organisation der Aktiengesellschaft. Die Aktiengesellschaft hat ordentlicherweise vier Organe nötig: die Gründer, die Generalversammlung, den Vorstand und den Aufsichtsrat, zu denen als fünftes und außerordentliches Organ die Revisoren kommen. I. Die Gründer. Diese sind diejenigen Aktionäre, welche das Statut festgestellt haben oder welche andere als durch Barzahlung zu !) H G B . § 207. ®) Ausgenommen sind die Fälle gewerbsmäßigen sowie des im W e g e der Zwangsversteigerung vorgenommenen Erwerbs von Grundstücken. H G B . § 207 1. A b s . s ) H G B . 8 202 A b s 4, s. unten § 34 S. 2 5 2 , 2 5 3 . 4 ) H G B . § 208.

§ 33-

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

229

leistende Einlagen machen. Mindestens fünf Gründer sind zur Errichtung· des Gesellschaftsvertrags gesetzlich erforderlich 1 ). Abgesehen von der begriffbestimmenden Tätigkeit der Gründer und von der ihnen obliegenden Zeichnung von Aktien (und zwar aller Aktien bei Simultangründung, eines Teils der Aktien bei Sukzessivgründung), kommen den Gründern folgende Aufgaben zu: I. sie haben die Anmeldung mit zu unterzeichnen und einzureichen 2 ); 2. sie haben in den Fällen der qualifizierten Gründung einen detaillierten Gründungsbericht zu erstatten und die darauf bezüglichen Urkunden vorzulegen usw. 3 ); 3. sie haften für die Richtigkeit und Vollständigkeit aller ihrer Angaben, welche sie in der Anmeldung oder im Gründungsberichte bekunden, insbesondere rücksichtlich der Zeichnung und Einzahlung des Grundkapitals sowie rücksichtlich der Übernahme bei qualifizierten Gründungen. Die Haftung ist eine solidarische, d i. eine Gesamtschuldnerhaftung im Sinne des bürgerlichen Rechts 4 ); unbeschadet der Verpflichtung zum Ersatz des sonst etwa entstandenen Schadens, haben sie selbst insbesondere einen an der Zeichnung des Grundkapitals fehlenden Betrag zu übernehmen, fehlende Einzahlungen zu leisten und jede Vergütung, welche nicht als Gründungsaufwand im Berichte oder in der Anmeldung erwähnt wurde, aus ihrem persönlichen Vermögen zu ersetzen; stellt sich heraus, daß die Gesellschaft durch fingierte oder überschätzte Apports bei der qualifizierten Gründung von den Gründern böslicherweise 6 ) geschädigt ist, so sind die sämtlichen Gründer solidarisch zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet, eine Verbindlichkeit, von welcher ein Gründer sich nur durch den Exzeptionsbeweis befreien kann, daß er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angabe oder die bösliche Schädigung weder gekannt habe, noch bei Anwendung der Sorgfalt eines o r d e n t l i c h e n Geschäftsmanns habe kennen müssen 6 ). 4. Die Gründer haften solidarisch für den Ausfall an Einzahlung, welcher durch die Zahlungsunfähigkeit eines Aktionärs entsteht, vorausgesetzt, daß sie bei der Annahme der Beteiligung desselben seine Zahlungsunfähigkeit kannten 7 ). 5. Dieselben solidarischen Haftungen, welche die Gründungsvorgänge, wie erwähnt (s. 3 und 4), den Gründern aufbürden, treffen sie auch in den Fällen der sog. Nachgründung8).

Hervorzuheben ist hier, daß auch die Gründer persönlich und als Gesamtschuldner haften, wenn sie vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt haben, sowie daß die 2 ) BGB. § 195, s. oben S. 140. *) H G B . § 182 Abs. i , §§ 187 ff. 3 ) H G B . § 1 9 1 , s. oben S. 2 1 8 f. 4 ) BGB. §§ 421 ff„ 427, 4 3 1 . 5 ) Uber den Begriff „böslicherweise", bösliche Handlung, bösliche Schädigung ROHG. Bd. 1 7 S. 3 0 1 , RGZ. Bd. 1 S. 22, Bd. 7 S. 127 fr. Vgl. auch v. V ö l d e r n d o r f f a. a. O. S. 1 1 5 ; R i n g S. 307; S t r ö l l , AktGes. S. 3 7 ; G a r e i s , HGB. § 202 Anm. 6 S. 200, 201. ®) HGB. § 202. Uber die börsenrechtliche Prospekthaftung der Gründer s. Börsengesetz §§ 4 5 — 4 9 ; G a r e i s , HGB. § 203 Anm. 1 S. 1 9 2 — 1 9 3 . ') HGB. § 202 Abs. 3. Uber die Neuerung in bezug auf den entscheidenden Zeitpunkt der Kenntnis der Insolvenz s. G a r e i s , HGB. Anm. 7 zu § 202 S. 2 0 1 . 8 ) HGB. § 207; hiervon oben S. 227 f.

230

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Gründer für die Wahrheit und Vollständigkeit der ihnen obliegenden Berichte und Deklarationen auch strafrechtlich zu haften haben 1 ). II. D i e G e n e r a l v e r s a m m l u n g · . A. In dieser kommt der Wille und das gesellschaftliche Recht der einzelnen Aktionäre zur Geltung, darum gewährt jede Aktie mit Notwendigkeit das Stimmrecht, und um den Einfluß des einzelnen Aktionärs in das richtige Verhältnis zu seiner Kapitalbeteiligung zu setzen, ist bestimmt, daß das Stimmrecht nach den Aktienbeträgen auszuüben ist, freilich init der gesetzlich zulässigen Schranke, daß die Ausübung des Stimmrechts für die Besitzer mehrerer Aktien durch einen Höchstbetrag von Stimmen oder in Abstufungen oder nach Gattungen limitiert werden kann 2 ). Somit sind jedenfalls alle Aktionäre in der Generalversammlung stimmberechtigt und üben in derselben durch Beschlußfassung diejenigen Rechte aus, welche ihnen als Gesellschaftsmitgliedern in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in betreff der Führung der Geschäfte, der Prüfung der Bilanz und bei der Gewinnverteilung zustehen. Wegen der Wichtigkeit dieser Rechte und der Abstimmungen in der Generalversammlung statuiert das Gesetz die Bestrafung zweier besonders definierter Delikte, nämlich des Stimmenverkaufs und der Erschleichung von Stimmrechten. Des Stimmenverkaufs macht sich schuldig, wer sich besondere Vorteile dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei einer Abstimmung in der Generalversammlung von Aktionären in einem gewissen Sinne stimme3), und wegen Stimmenerschieichung wird bestraft, wer in der Generalversammlung die Aktien eines anderen, zu dessen Vertretung er nicht befugt ist, ohne dessen Einwilligung zur Ausübung des Stimmrechts benutzt, oder wer die Aktien eines anderen gegen Entgelt leiht und für diese das Stimmrecht ') H G B . § § 200, 3 1 3 . 2 ) H G B . §§ 250, 2 5 2 . J . H a s e l b e r g e r , Das Stimmrecht der Aktionäre. München 1906. s ) H G B . § 3 1 7 bedroht mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark oder Gefängnis bis zu einem Jahre. Ebenso -wird derjenige gestraft, der besondere Vorteile dafür gewährt oder verspricht, daß jemand bei einer Abstimmung in der Generalversammlung nicht teilnehme. (Vgl. K o n k O . § 24.3.) Uber die Bestrafung des Stimmenkaufs s. Ed-win K a t z , Die strafrechtlichen Bestimmungen des H G B . (Berlin 1 9 0 2 ) S. 39 ff.

§ 33·

Ώίε Organisation der Aktiengesellschaft.

231

ausübt, sowie derjenige, welcher hierzu durch Verleihung· der Aktien wissentlich mitgewirkt hat 1 ). Die Generalversammlungen lassen sich einteilen in ordentliche und außerordentliche; als ordentliche Generalversammlung ist diejenige anzusehen, in welcher die Jahresbilanz mit Gewinn- und Verlustberechnung vom Vorstande vorzulegen ist 2 ), und ferner jede ordentlicherweise von den Statuten geforderte Versammlung, während als außerordentliche die bei besonderer Veranlassung zu berufenden Versammlungen bezeichnet werden können 3 ). Die Generalversammlungen können ferner eingeteilt werden in gerichtlich geleitete (erforderlich bei der Sukzessivgründung) 4 ) und in reine Gesellschaftsversammlungen; ferner in konstituierende Vorgründungs- 5 ), in Gründungs-8) und in Nachgründungsversammlungen 7 ), denen sämtlich die ordentlichen, gewöhnlichen Generalversammlungen gegenüberstehen.

B. Die Berufung· der Generalversammlung erfolgt ordentlicherweise durch den Vorstand, außerordentlicherweise nach Maßgabe des Gesetzes oder des GesellschaftsVertrags auch durch andere Personen 8 ). Die Berufung muß erfolgen 9 ): a) in den im Statut ausdrücklich bestimmten Fällen, b) in den gesetzlich bestimmten Fällen 10 ) und c) so oft es im Interesse der Aktiengesellschaft erforderlich erscheint. Die Berufung muß ferner erfolgen, wenn Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals darstellen, die Zusammenberufung in der gesetzlich bestimmten 11 ) Weise verlangen; der Gesellschaftsvertrag kann dieses Recht an den Besitz eines geringeren Anteils am Grundkapitale knüpfen, nicht aber an die Voraussetzungen eines größeren ' ) HGB. § 318 bedroht mit Geldstrafe von 10—30 Mark für jede Aktie, jedoch nicht unter 1000 Mark. Nach zwei Richtungen hin wird durch § 318 des HGB. v. 1897 die Strafbarkeit (im Vergleich zu der nach Art. 249 f. des HGB. v. 1861 gegebenen) ausgedehnt; nämlich a) auf die Fälle, daß die fremden Aktien zur Ausübung eines der Rechte benutzt werden, die das Gesetz einer Minderheit von Aktionären zugesteht (HGB. § § 254, 264, 266, 268, 295, 309, s. unten § § 35· 36), und b) auf die Fälle, daß mittels Stimmenerschieichung ein Beschluß der Generalversammlung angefochten (HGB. § 271) oder die Klage auf Erklärung der Nichtigkeit der Gesellschaft erhoben wird (HGB. § 309). Vgl. unten § 36. Über die Strafe der Stimmenerschleichung s. Edwin K.atz a. a. O. S. 42 ff. 2)

HGB. § § 260—266.

Ζ. B. nach HGB. § 246 Abs. 2 und § 240. 6 ) HGB. g [90. HGB. § 196, s. oben S. 222. e ) HGB. § § 188, 196. 7 ) HGB. § 207. 8 ) HGB. § 253. Berufung durch das Gericht s. HGB. § 196. 9 ) E. J a c o b i , Die Pflicht zur Berufung der Generalversammlung Aktiengesellschaft (a. d. Festschr. f. Felix Dahn, Breslau 1905). 10 ) Ζ. B. HGB. § § 190, 196, 240, 254, 360. " ) HGB. § 254. s)

4)

einer

K a p . II.

232

Die Personen im Handelsrecht.

Kapitalanteils. Die zu diesem Verlangen legitimierte Aktionärfraktion kann bei Weigerung· des um Berufung angegangenen Vorstands handelsgerichtlich selbst mit der Berufung betraut werden. Der Aufsichtsrat hat ebenfalls das Recht, eine Generalversammlung zu berufen, und zwar jederzeit, und ist verpflichtet, dieses Recht auszuüben, so oft dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist1). Den O r t der Generalversammlung bestimmt entweder das Statut oder dasjenige Organ, welchem die Berufung zusteht, letzteres

wird

aber in der R e g e l

an den im Statut notwendig 2 ) zu nennenden Sitz der Gesellschaft die Generalversammlung einzuberufen haben®). Die Form, in welcher die Zusammenberufung der Aktionäre zur Generalversammlung,

gleichviel, von

wem

diese

Gesellschaftsvertrage bestimmt werden 4 ).

ausgeht, zu erfolgen hat, muß vom Aber zwingendes Recht

jeder Aktionär, der eine Aktie bei der Gesellschaft hinterlegt, briefliche Einladung soll stets

verlangen

unter Bekanntgabe

Uber Gegenstände,

welche

kann 6 ).

Die Berufung der

des Zwecks

nicht

auf

derselben

ist nun,

eine

Generalversammlung

(Tagesordnung)

der Tagesordnung

daß

persönliche

oder

geschehen.

mindestens

eine

Woche 6 ) vor dem Tage der Generalversammlung angekündigt sind, können keine Beschlüsse gefaßt werden, ausgenommen der Beschluß auf Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung;

auch zur Stellung von Anträgen und zu Ver-

handlungen ohne Beschlußfassung bedarf es einer Ankündigung nicht.

Das Ge-

richt kann (aber nicht muß), wenn eine Aktionärfraktion, welcher das Recht zukommt, die Berufung einer Generalversammlung zu verlangen 7 ), die Ankündigung einer bestimmten Tagesordnung fordert, hierzu ermächtigen;

geschieht dies,

hat

also eine Aktionärfraktion die Berufung einer Generalversammlung oder die A n H G B . § 246 Abs. 2. ) S. oben S. 2 1 4 Ziff. 1 bei Anm. 3. ) Hierüber s. v. V ö l d e r n d o r f f im ArchBürgR. Bd. 4 S. 170. K.. L e h m a n n , Lehrb. S. 4 1 3 . 4 ) H G B . § 182 Abs. 2 Nr. 5, § 2 5 5 : Berufung mindestens zwei Wochen vor der Versammlung und wenn im Gesellschaftsvertrage die Ausübung des Stimmrechts von einer vorgängigen Hinterlegung der Aktien abhängig gemacht ist, so muß die Frist derartig bemessen sein, daß für diese Hinterlegung, die übrigens auch bei einem Notar stattfinden kann, mindestens zwei Wochen frei bleiben. In anderen Fällen darf kein Aktionär, der sich spätestens am dritten Tage vor der Versammlung angemeldet hat, von der Teilnahme an derselben ausgeschlossen werden (HGB. § 255 Abs. 3). ?) H G B . § 257 mit Anm. 1 . u. 2 bei G a r e i s , H G B . S. 245. Uber den Ort der Generalversammlung s. G a r e i s , H G B . § 182 Anm. 1 0 S. 1 7 5 . Mit den Erfordernissen der Berufung einer Generalversammlung beschäftigt sich R G Z . Bd. 34 S. i n . e ) Ausnahmsweise mindestens zwei Wochen, dann nämlich, wenn es sich um qualifizierte Generalversammlungsbeschlüsse handelt. H G B . § 256 Abs. 2 Satz 2 u. 3 mit H G B . § 196 Abs. 5 (Einstimmigkeit); ferner H G B . §§ 207, 2 7 5 , 279, 288, 292 Nr. 2, 303 Abs. I, 304 Abs. 2 ; ferner § 196 Abs. 4, 205, 276. G a r e i s , H G B . § 2 5 1 Anm. 3. Berechnung der Frist bei obligatorischer Aktienhinterlegung s. H G B . § 256 Abs. 2 1. Satz. 7 ) H G B . § 254 Abs. 2. s

3

§ 33·

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

233

kündigung eines bestimmten Gegenstandes gerichtlich durchgesetzt, so ist zugleich mit der Einberufung, bzw. der Tagesordnung auch die gerichtliche Ermächtigung zu veröffentlichen 1 ).

C. Die Tätigkeit der Generalversammlung: a) In formeller Hinsicht: W e r die Generalversammlung — als Vorsitzender — zu leiten habe, bestimmt der Gesellschaftsvertrag oder ein Beschluß der Generalversammlung selbst; bei der die Errichtung beschließenden Generalversammlung im Falle der Sukzessivgründung leitet das Gericht die Verhandlungen; über die Führung des Vorsitzes in einer auf Antrag einer Minderheit berufenen Versammlung kann das Gericht Bestimmung treffen. In der Sitzung ist rechtzeitig, nämlich schon vor der ersten Abstimmung, eine Präsenzliste aufzustellen, die der Vorsitzende zu unterschreiben hat; ebenso ist die gerichtliche oder notarielle Protokollierung der Verhandlungen (nicht bloß der Resultate derselben, der Beschlüsse) obligatorisch, und zwar bei Vermeidung der Ungültigkeit der Beschlüsse: für die sog. qualifizierten Generalversammlungsbeschlüsse ist zudem die Eintragung in das Handelsregister vorgeschrieben 2 ); auch abgesehen hiervon, ist von dem Protokoll eine öffentlich beglaubigte Abschrift unverzüglich vom Vorstande zum Handelsregister einzureichen 8 ); auch muß über die Beschlüsse der Generalversammlung jedem Aktionär, der es verlangt und ') HGB. § 254; Kosten s. ebenda Abs. 4. 2 ) Qualifizierte Generalversammlungsbeschlüsse sind vor allem diejenigen, welche unmittelbar auf Abänderung des Gesellschaftsvertrags gerichtet sind; die Abänderung hat keine Wirkung, bevor sie beim Amtsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen worden ist (HGB. § 277 Abs. 3), die Eintragung hat daher in allen Fällen der Statutenänderung konstitutive Bedeutung, wie im Falle der Errichtung nach § 200; dies gilt von allen Fällen der Erhöhung des Grundkapitals mittels Ausgabe neuer Aktien (HGB. §§ 278, 280, doch kann die Anmeldung und Eintragung des Beschlusses über die Erhöhung des Grundkapitals aufgeschoben werden bis zur Anmeldung und Eintragung der erfolgten Erhöhung; s. HGB. § 285); das Obige gilt auch von einem Beschlüsse der Reduktion des Grundkapitals s. HGB. §§ 288 bis 291 mit § 277 Abs. 3. Ebenso hat der Beschluß, daß das Vermögen der Aktiengesellschaft als Ganzes an das Reich, einen Bundesstaat oder einen inländischen Kommunalverband übergehen soll, keine Wirkung, bevor die Eintragung beim Registergerichte stattgefunden hat; aber mit der Eintragung gilt der Ubergang des Vermögens einschließlich der Schulden als erfolgt, und die Firma der Gesellschaft erlischt (HGB. § 304). 3 ) Die Beobachtung dieser Vorschrift kann vom Registergerichte Ordnungsstrafen erzwungen werden, s. HGB. § 14 und FGG. §§ 132 ff.

mittels

234

Kap. Π.

eine

Aktie

bei

geschriebenen

der

Brief

Die Personen im Handelsrecht. Gesellschaft

Die Beschlußfassung —

hinterlegt

Mitteilung- g e m a c h t

hat,

durch

ein-

werden1).

in der G e n e r a l v e r s a m m l u n g

erfolgt

s o f e r n n i c h t durch das G e s e t z 2 ) oder d u r c h eine dem G e -

setz nicht w i d e r s p r e c h e n d e 8 ) B e s t i m m u n g

des S t a t u t s für g e -

wisse G e g e n s t ä n d e eine v e r s t ä r k t e M a j o r i t ä t oder die Erfüllung n o c h a n d e r e r E r f o r d e r n i s s e v e r l a n g t ist (ζ. B . die A n w e s e n h e i t einer b e s t i m m t e n A n z a h l v o n A k t i o n ä r e n einzelner G a t t u n g e n „einfache

von A k t i e n

Stimmenmehrheit"

in

oder die V e r t r e t u n g

der Majorität)

(sog. „ a b s o l u t e



durch

Majorität"),

und darunter ist nun g e s e t z l i c h 4 ) die M e h r h e i t der a b g e g e b e n e n S t i m m e n zu v e r s t e h e n , also mindestens eine S t i m m e mehr als die H ä l f t e

der

abgegebenen

Parteien vorhanden

sind,

Stimmen,

mindestens

und

wenn

nur

eine S t i m m e

zwei

mehr

als

die a n d e r e P a r t e i hat 6 ); die S t i m m e n der sich der A b s t i m m u n g enthaltenden,

aber

mitgerechnet,

denn

anwesenden diese

Aktionäre8)

Stimmen

sind

werden

eben

nicht

nicht

ab-

gegeben. D i e Grundsätze, nach w e l c h e n sichtsratsmitglieder) können

durch

erwähnten

den

bei W a h l e n

die S t i m m e n m e h r h e i t Gesellschaftsvertrag

Gesetzesregel

aufgestellt

zu

(ζ. B . der A u f berechnen

abweichend

τοη

ist, der

werden7).

l ) HGB. §§ 258, 259, 257 1. Satz. Das Gesetz enthält Formvcrschriften über die Herstellung des Protokolls und über die erforderlichen Belege desselben; HGB. § 259 Abs. 2—4. Mehr als einfache Majorität fordert das Gesetz in den Fällen der §§ 196 Abs. 5 (Einstimmigkeit aller erschienenen Aktionäre), 207, 275, 279 (mit 267), 288, 292 Nr. 2, 303 Abs. 1, 304 Abs. 2 des HGB. (in allen diesen Fällen mindestens drei Vierteile des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals); die Stimmenthaltungen werden auch hier nicht mitgerechnet; besondere Qualifikationen der Majorität sind verlangt in den Fällen des HGB. §§ 196 Abs. 4, 205, 276, eine besondere Minderheit im Falle des HGB. § 270. 3 ) Gesetzlich verbotene Mehrerfordernisse s. im Falle d. HGB. § 196 Abs. 6, § 254 Abs. I u. 2, § 266 Abs. 1 u. 2, §§ 268, 269, 271. 4 ) HGB. § 251; vgl. hiermit den weniger deutlichen Schlußsatz vom Abs. I des § 32 des BGB. Für das Handelsrecht, wenigstens für das Aktiengesellschaftsrecht ist durch obige Bestimmung des § 251 eine vielerörterte Streitfrags erledigt, über welche B e h r e n d , Lehrb. § 122 Anm. 17 (Bd. I S. 826 ff.) uid R i n g , Aktiengesetz S. 63, 409 ff. zu vergleichen ist. Vgl. Denkschr. S. 3204 t 6 ) Ζ. B. 17 von 33 (abgegebenen Stimmen von 43 anwesenden Aktionären) gegen 16 Stimmen. e) In dem Beispiele der vorigen Note: zehn; vgl. unten Anm. 3 S. 236, Fall des § 243 des HGB. 7 ) HGB. § 251 Abs. 2. Hiernach kann also für Wahlen ζ. B. de relative' Mehrheit als genügend angenommen werden. Vgl. G a r e i s , HGB. Anm. j zu § 251.

§ 33·

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

235

Inneerhalb der durch die Gesetzgebung gezogenen Schranken 1 ) bestimmt der Gesellschaftsvertrag, welche Förmlichkeiten bei den Beschlußfassungen der Generalversammluingen zu beobachten

und an welche Bedingungen das Stimmrecht und

dessen Amsübung gebunden sein sollen; gesetzlich verlangt ist jedoch die schriftliche Fornn der Vollmacht von Vertretern der Aktionäre in der Generalversammlung und die

Stimmenthaltung

eines jeden an dem betreffenden Beschluß auf Grund

eines individuellen Rechtsverhältnisses interessierten Aktionärs 2 ).

b) In bezug auf einzelne Gegenstände versammlungsbeschlüsse ist hervorzuheben:

der

General-

1. Zur Errichtung der Aktiengesellschaft ist eine Generalversammlung nur im Falle der Sukzessivgründung erforderlich 3 ). In den Fällen der Simultangründung hat die Gesetzgebung keine Veranlassung, auf eine Generalversammlung zu dringen, das eigene Interesse wird die alle Aktien übernehmenden Gründer veranlassen, die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen 4 ). 2. Eine Statutenänderung kann in keinem Falle ohne Generalversammlungsbeschluß vorgenommen werden, und zwar unterliegt ein solcher Beschluß allen Formalitäten, unter denen das Statut seine rechtliche Bedeutung erhält"). Dies gilt namentlich von drei besonders wichtigen Fällen der Statutenänderung, nämlich der Grundkapitalserhöhung 6 ) der Grundkapitalsreduktion') und der Fusion 8 ), sowie auch in den Fällen der Nachgründung 9 ). Die Änderung des Gesellschaftsvertrags, insbesondere auch die Fusion bedarf nicht einer gewöhnlichen Majorität, sondern einer Mehrheit von Dreivierteilen des in der Generalversammlung vertretenen Grundkapitals 10 ). Die Zustimmung zu einer Nachgründung muß, wenn diese im ersten J a h r e nach der Eintragung der Gesellschaft vereinbart HGB. §§ 2 5 1 , 258 fr., s. oben S. 2 1 3 f.; Stimmrecht s. HGB. § 2 5 2 , s. oben S. 2 3 0 und unten S. 267. 2 ) HGB. § 252 Abs. 2 u. 3. s ) HGB. § 19b. Die Vorversammlung zur Wahl des Aufsichtsrats s. HGB. § 1 9 0 Abs. 2, ev. auch des Vorstandes s. HGB. § 190 Abs. 3. *) Aber Wahl des Aufsichtsrats und Feststellung des Statuts sowie Übernahme der Aktien in solenner Verhandlung; s. HGB. §§ 188 Abs. I u. 2, 1 9 0 Abs. I. 6) HGB. § 274. Nur redaktionelle Änderungen können dem Aufsichtsrate übertragen werden; s. HGB. § 274 Abs. I Satz 2. e ) HGB. §§ 2"8 ff., s. unten § 34 Β V. I S. 259 ff. ') HGB. §§ 288 ff., s. unten § 34 Β V. S. 2 6 1 ff. 8 ) HGB. §§ 305 ff., s. unten § 36 III 2 S. 2 7 5 ff. 9 ) HGB. § 2 0 7 s. oben § 32 S. 2 2 7 fr. 1 0 ) HGB. §§ 2 7 5 , 303, 306.

236

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

wird, mindestens ein Vierteil des g-esamten Grundkapitals, wenn im zweiten mindestens drei Vierteile des in der Generalversammlung· vertretenen Grundkapitals repräsentieren 1 ). 3. Eine qualifizierte Beschlußfassung der Generalversammlung· ist zur Rechtsgültigkeit von Verg-leichen oder Verzichtleistungen erforderlich, welche die der Gesellschaft aus der Gründung· zustehenden Ansprüche betreffen 2 ). 4. Die Generalversammlung hat Wahlen vorzunehmen, und zwar: a) Sie wählt den Aufsichtsrat, wie sie auch zum Widerruf des Mandats eines Aufsichtsratsmitglieds zuständig· ist8). Es ist dies jedoch die einzig-e Wahl, welche dem Gesetze nach notwendig-erweise der Generalversammlung zusteht. b) Die Wahl von Revisoren 4 ), Liquidatoren 5 ), Beamten und Vorstandsmitgliedern kann durch den Gesellschaftsvertrag zur Aufg'abe der Generalversammlung gemacht werden. 5. Der Generalversammlung steht die oberste Kontrolle der sämtlichen übrigen Organe prinzipiell zu; sie hat daher die vom Vorstande gesetzlich"), von anderen Organen statutenmäßig zu erstattenden Berichte entgegenzunehmen und diesen entsprechend geschäftsleitende Beschlüsse zu fassen, so ζ. B. in bezug auf die Jahresbilanz, ferner zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen Gesellschaftsorgane 7 ). 6. Die Generalversammlung kann die Auflösung der Gesellschaft beschließen, jedoch bedarf dieser Beschluß einer Mehrheit von drei Vierteilen des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals; außer dieser Mehrheit kann der Gesellschaftsvertrag auch noch andere Erfordernisse dieser qualifizierten Beschlußfassung aufstellen 8 ). ') H G B . § 2 0 7 A b s . ι u. 3. ) H G B . § 205 s. unten § 3 5 0 f. ) H G B . §§ 190, 2 4 3 . Der Widerrufsbeschluß bedarf, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht anders bestimmt, einer Mehrheit, die mindestens drei Vierteile des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Diese Fassung läßt es nun als unzweifelhaft erscheinen, daß die sich der Abstimmung enthaltenden, aber anwesenden Aktionäre bei der Berechnung des maßgebenden Teils des Grundkapitals nicht zu berücksichtigen sind; s. oben Anm. 6 S. 2 3 4 . Über die erforderliche Majorität s. die Reichstagsverhandlungen v. 6. April 1 8 9 7 Stenogr. Ber. S. 5 5 S I ff. 5 H G B . § 266. ) HGB. § 295. 6 ) H G B . §§ 260, 3 1 4 . 7 ) H G B . §§ 260, 2 6 3 — 2 6 5 , 268. 8 ) H G B . § 2 9 2 Nr. 2. S. oben S. 1 4 2 Anm. 3 u. s. unten S. 2 7 1 f. 2 3

§ 35·

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

237

c) Die Beobachtung· aller materiellen und formellen Vorschriften,' welche das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag in bezug auf die Gültigkeit eines General versammlungsbeschlusses aufstellt, wird der Aktiengesellschaft besonders eingeschärft durch die Festsetzung von A n f e c h t u n g s r e c h t e n , welche ausdrücklich teils den Aktionären einzeln (als sog·. Einzelrecht), teils Aktionärfraktionen (Minoritätsrecht) zustehen. Über die Einzelrechte und die Fraktionsrechte 1 ) s. unten § 35 A I S. 267 ft., II S. 268 ff. III. Der Vorstand. Nach dem Gesetze, wie nach der Handelssitte ist dieser das zur Vertretung der Gesellschaft nach außen zu berufene, das handelnde Organ der Aktiengesellschaft; seine Organisation ist im einzelnen ungemein verschieden 2 ); bald besteht er aus einer einzigen Person (dem „Direktor"), bald aus mehreren („Direktion", „Direktorium", „Vorstand", „Vorstandschaft" usw. genannt), mitunter ist er in zwei Organe gegliedert, von denen das eine (Direktion, engerer Ausschuß) nur die laufenden oder weniger bedeutenden Geschäfte zu fuhren hat, das andere Organ („weiterer Ausschuß", Gesamtdirektion, General dire ktion, auch „Verwaltungsrat" genannt) aber zum Mithandeln berufen ist, sobald es sich um größere Engagements der Gesellschaft handelt usw. In allen Fällen ist der Vorstand diejenige Behörde des Aktienvereins, welche berufen ist, den Verein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, ohne daß diese Vollmacht mit Wirkung gegen Dritte eingeschränkt werden, ja auch ohne daß seitens der Aktiengesellschaft die Tatsache, daß ein Dritter die Kompetenzüberschreitung kannte, diesem Dritten entgegengehalten werden könnte.

W i e bereits erwähnt 3 ), ist die Bestellung des

Vorstands schon im Vorstadium der Gesellschaft erforderlich, da die Anmeldung behufs der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister vom Vorstande zu unterzeichnen ist.

Zur W a h l des Vorstands ist mitunter die Generalversammlung,

häufiger aber der Aufsichtsrat zuständig; wählbar sind nur natürliche Personen, auch Nichtaktionäre, auch die Mitglieder des Aufsichtsrats; letztere verlieren hierdurch aber die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat 4 ). Entscheidend darüber, welche Behörde und welche Personen „ V o r s t a n d " im Sinne des Gesetzes seien, ist die Eintragung im Handelsregister; wem daselbst die Vertretung der Gesellschaft nach außen 1) HGB. §§ 271 ff. Vgl. ROHG. Bd. 18 S. 341, Bd. 20 S. 210. — Uber die Vertretungsmacht des Vorstands einer Aktiengesellschaft s. K . L e h m a n n in Bankarchiv Bd. I S. 143. 3 ) S. oben S. 223 (§ 32 II). 4 ) Vgl. HGB. § 248 Abs. 1. 2)

238

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

ü b e r t r a f e n ist, der ist Vorstand 1 ), und die als Mitglieder des Vorstands angemeldeten und e i n g e t r a g e n e n P e r s o n e n haben die Aktiengesellschaft gemeinsam (kollektiv) zu vertreten und bei Willenserklärungen, insbesondere zur Zeichnung des Vorstands für die Gesellschaft sämtlich mitzuwirken — wenn nicht anderes darüber vereinbart, angemeldet und e i n g e t r a g e n ist 2 ). Im einzelnen ergibt sich hierbei: a) H a t e n t g e g e n der Eintragung und ohne solche eines von den mehreren Vorstandsmitgliedern allein die Gesellschaft vertreten, so sind die von diesem Mitglied allein vorg e n o m m e n e n Rechtshandlungen -- sofern es sich nicht um bloße Ausführungshandlungen des kollektiv Beschlossenen handelt 3 ) oder der Vorstand dieses Mitglied nicht zur Vorn a h m e des betreffenden Geschäfts seinerseits (im Interesse der Arbeitsteilung) ermächtigte, wozu ihn nun das Gesetz autorisiert — 4 ) ungültig, können jedoch durch ausdrückliche oder stillschweigende G e n e h m i g u n g seitens der übrigen gültig werden 5 ). b) Ist die Vorstandschaft, wie oben als möglich angedeutet, in einen engeren und weiteren Ausschuß gegliedert, so ist für die F r a g e der Vertretungsbefugnis die E i n t r a g u n g in das Handelsregister maßgebend; sind die Mitglieder beider Ausschüsse als v e r t r e t u n g s b e f u g t eingetragen, so sind sie alle, jedoch nur gemeinschaftlich (kollektiv) — von der im Interesse der Arbeitsteilung ermöglichten Einzelermächtigung durch den Vorstand selbst abgesehen — zur V e r t r e t u n g ermächtigt. Ist nur der engere Ausschuß oder der „Direktor" als „Vorstand" oder als v e r t r e t u n g s b e f u g t eingetragen, so handelt H G B . §§ 1 8 2 Nr. 4, 195 A b s . I u. 2 Nr. 4, 1 9 8 Abs. 1 u. 2, 2 0 1 Abs. I. 2 3 4 . 2 ) H G B . §§ 2 3 2 , 1 9 8 Abs. 2, 2 3 4 . Das Wirken der Vielheit ist hier diametral anders geregelt als bei der offenen Handelsgesellschaft: bei letzterer ist von der Einzelmacht eines jeden der mehreren Vertreter ausgegangen ( H G B . § 1 2 5 Abs. 1), durch Vertrag kann aber die Gesamtvertretung (HGB. § 1 2 5 Abs. 2 Satz 1) und die von dieser ausgehende ausnahmsweise Einzelermächtigung ( H G B . § 1 2 5 Abs. 2 Satz 2) eingeführt werden; bei der mehrköpfigen Vorstandschaft einer Aktiengesellschaft geht das Gesetz von der Gesamtvertretung, dem Einhelligkeitsprinzip, aus ( H G B . § 2 3 2 Halbsatz 1), läßt aber die statutarische Einführung der Einzelmacht zur Gescbäftsteilung zu (HGB. § 2 3 2 A b s . 1 Halbsatz 2) und auch die vom Vorstand ausgehende Einzelermächtigung ( H G B . § 2 3 2 A b s I Satz 2). 3 ) R O H G . Bd. 6 S. 3 9 4 , 3 9 5 ; Bd. 1 2 S. 34. 4 ) H G B . § 2 3 2 Abs. 1 Satz 2, s. obige Anm. 2. 6 ) R O H G . Bd. 3 S. 1 8 3 ; Bd. 16 S. 36.

§ 33-

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

239

dieser a l l e i n und vertritt allein und vollständig die Gesellschaft, selbst dann, wenn er durch Statut (oder auch laut — unzulässiger — Eintragung· im Handelsregister) für gewisse Fälle, besondere Geschäfte u. dgl. an die Zustimmung· des anderen Organs, des weiteren Ausschusses u. dgl., gebunden wäre; jede Einschränkung der Vertretungsbefugnis des als solchen eingetragenen Vorstands ist dritten Personen gegenüber wirkungslos 1 ); zwar hat das Gesetz, und zwar schon die Aktiennovelle von 1884, eine gesetzliche Beschränkung der Kompetenz des Vorstands statuiert: die Bestellung eines Prokuristen kann, sofern nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß der Generalversammlung ein anderes bestimmt ist, nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vom Vorstande vorgenommen werden; aber auch diese Einschränkung der Vertretungsbefugnis des Vorstands hat, obwohl sie unmittelbar vom Gesetze statuiert ist, Dritten gegenüber keine rechtliche Wirkung, sondern bindet die Vorstandsmitglieder nur intern, d. h. nur der Gesellschaft und dem Reg'isterrichter gegenüber 2 ). c) Ist im Gesellschaftsvertrage festgestellt und demgemäß in das Handelsregister eingetragen 8 ), daß jedem einzelnen Vorstandsmitgliede die selbständige Vertretung der Gesellschaft zusteht, so hat jedes einzelne Vorstandsmitglied die volle Vertretungsmacht Dritten gegenüber und ist nur wegen der gesetzlich auferlegten Pflicht zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns bei der Geschäftsführung zur Berücksichtigung der Geschäftsführung der übrigen Vorstandsmitglieder verpflichtet. d) Enthält der Gesellschaftsvertrag nicht die eben erwähnte Selbständigkeitserklärung der einzelnen Vorstandsmitglieder zur gesonderten Vertretung der Gesellschaft, verbleibt es also bei der hier gesetzlichen Regel der Kollektivvertretungsmacht, so kann doch durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt und muß dann demgemäß registriert werden, daß die Vorstandsmitglieder, wenn nicht mehrere zusammen handeln, *) HGB. § 23s Abs. ι u. 2; vgl. schon R.OHG. Bd. 6 S. 131 ff.; Bd. 14 Bd. 19 S. 335, 336. ) Art. 234 des früheren Rechts und nun HGB. § 238, vgl. hierzu G a r e i s , HGB. Anm. 3 S. 228. 3 ) HGB. § 198 Abs. 2. S.

89 2ff;

Kap. II.

240

Die Personen im Handelsrecht.

in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung· der Gesellschaft b e f u g t sein sollen; der Gesellschaftsvertrag· kann auch den Aufsichtsrat ermächtigen, einzelnen Vorstandsmitgliedern die Befugnis zu erteilen, die Gesellschaft allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zu vertreten 1 ). e) Zu einer gewissen passiven Vertretung" ist trotz des bestehenden Gesamtvertretung"sgrundsatzes doch jedes einzelne Vorstandsmitglied ermächtigt; es g e n ü g t nämlich, wenn der Gesellschaft g e g e n ü b e r eine Willenserklärung abzugeben ist, die A b g a b e g e g e n ü b e r einem Mitgliede des Vorstands 2 ). f) Ebenso wie die erste Vorstandsbestellung ist auch jede Ä n d e r u n g in der Zusammensetzung des Vorstands zur Eint r a g u n g in das Handelsregister anzumelden und kann dritten Personen, wenn sie nicht eingetragen ist, nur dann entgegengesetzt werden, wenn die Gesellschaft beweist, daß der Dritte die Ä n d e r u n g in der Zusammensetzung kannte, als er mit dem betreffenden Vorstandsmitgliede geschäftlich verkehrte 8 ). Entscheidend ist in allen diesen Beziehungen die Eint r a g u n g bei demjenigen Amtsgericht, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Vertretungsbefugnis erstreckt sich auf die Prozeßführung 4 ) und dauert rechtsvermutlich Dritten g e g e n ü b e r so lange, als das Handelsregister die Entziehung nicht anzeigt; sie kann jedoch zu jeder Zeit und ohne A n g a b e eines Grundes entzogen werden, wie überhaupt die Bestellung als Vorstandsmitglied jederzeit widerrufen werden kann, jedoch nur von dem hierzu berufenen Geschäftsorgane (nach V e r t r a g : Generalversammlung, Aufsichts- oder Verwaltungsrat), nicht von den übrigen vertretungsbefugten Vorstandsmitgliedern 6) und unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden V e r t r ä g e n . W a s von den Mitgliedern des Vorstandes in bezug auf deren Vertretungsbefugnis gilt, das gilt auch für die Stellvertreter derselben®). ») ) ») 4 ) s. ZPO. 6 ) e j 2

HGB. § 232 Abs. 2. HGB. § 232 Abs. I 1. Satz u. Abs. 2 1. Satz. HGB. § 234 mit § 15. ZFO. § 472 (Eidesleistung), auch § 474. In bezug auf Zustellungen § 1 7 1 Abs 2 u. 3 ; GBO. § 33. ROHG. 14 S. 89 fr. HGB. § 242. RGer. 24 S. 84.

§ 33·

241

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

Von der Vertretungsbefugnis nach außen verschieden ist die dienstliche Stellung der Vorstandsmitglieder nach innen; der zwischen den Vorstandsmitgliedern und der hierzu berufenen Vertretung der Gesellschaft abzuschließende Dienstvertrag, von dem Vertrage mit Handlungsbevollmächtigten wesentlich verschieden1), (mit etwaigen Nachtragsverträgen) kann eine Besoldung feststellen2), ferner eine Kündigungsfrist, deren Nichtbeachtung seitens der Gesellschaft diese zwar nicht zur Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses — denn dies ist schlechthin widerruflich —, wohl aber zu Entschädigungsleistungen und Konventionalstrafen für den Fall einer in Rücksicht auf den Dienstvertrag unmotivierten Entlassung verpflichten3). Durch den Vertrag können auch Beschränkungen der Handlungsbefugnis des Vorstands vereinbart sein; solche ebenso wie die aus Generalversammlungen hervorgegangenen Beschränkungen und die Dispositionen der höheren Geschäftsorgane verpflichten das Vorstandsmitglied dienstlich und ebenso wie die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften gegebenenfalls zum Schadensersatz, wenn aus der Nichtbeachtung Schaden entspringt 4 ), nicht aber haben sie Dritten, d. h. außerhalb der Gesellschaft stehenden Personen gegenüber rechtliche Wirkung 5 ). Letzteres gilt auch von der gesetzlichen Beschränkung in bezug auf Erteilung der Prokura. Zum Widerruf der dienstlichen Bestellung ist die Generalversammlung, auch der Aufsichtsrat, wenn dieser wahlberechtigt, befugt, letzterer auch zur Suspendierung der Vorstandsmitglieder 6 ); zur Ordnung der Dienstvertragsverhältnisse mit einem entlassenen Vorstandsmitgliede ist aber der Vorstand selbst als ermächtigt anzusehen. Dem Vorstande kommt die Exekutive des Gesellschaftswillens und die ganze Geschäftsführung nach Maßgabe des Statuts und der Beschlüsse der dem Vorstande vorgesetzten ROHG. Bd. 13 S. 179 ff.; Bd. 19 S. 62 ff. ) Wird eine Tantieme (Anteil am Jahresgewinne) gewährt, so ist dieselbe yon dem nach Abzug aller Abschreibungen und Rücklagen verbleibenden Reingewinne gesetzlich (HGB. § 237) zu berechnen; s. hierzu G a r e i s , HGB. § 237 Anm. 1. Über Tantifemeberechnung s. übrigens auch RGZ. Bd. II S. 160ff. und H. P e m s e l in Monatschrift f. H R . und Bankwesen, Jahrg. 7 S. 237 ff. (auch separat erschienen). Über die sog. Tantiemengarantie s. E r l i n g h a g e n , DJZ. 1902 S. 25 (anders R e h m , ebenda 1901 S. 491 und 1902 S. 46). s 4 ) HGB. § 231 Abs. 3 RGZ. Bd. 7 S. 77. ) HGB. §§ 235 Abs. 1, 241. B e ) HGB. § 235 Abs. 2. ) ROHG. Bd. 14 S. 86. 2

G a r e i e , Handelsrecht.

8. Aufl.

16

242

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

O r g a n e zu; jedes seiner Mitglieder hat hierbei die S o r g f a l t eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden 1 ). Jedoch kann der Vorstand — wie jeder Aktionär — gesetz- oder statutenwidrige Generalversammlungsbeschlüsse mittels g e richtlicher K l a g e anfechten 2 ). Den Mitgliedern des V o r standes sind Geschäfte für eigene oder fremde R e c h n u n g in dem Handelszweige der Gesellschaft, sowie der Betrieb eines Handelsgewerbes und die Teilnahme an einer anderen Gesellschaft als persönlich haftende Gesellschafter nunmehr 3 ) ebenso wie den Handlungsgehilfen verboten 4 ). Im einzelnen stellt die Gesetzgebung besondere Vorschriften für das Verhalten des Vorstands in folgenden besonders wichtigen Fällen fest: 1. Infolge der vom Gesetz angenommenen Prüfungstheorie obliegt den Mitgliedern des Vorstands (neben den anderen hierzu berufenen Organen) die Prüfung des Gründungshergangs, die Erstattung des schriftlichen Prüfungsberichts und die zivilrechtliche, wie auch strafrechtliche H a f t u n g für die Wahrheit und Vollständigkeit ihrer geschäftlichen Darlegungen 5 ), ferner 2. die Anmeldung des Gesellschaftsvertrags und der übrigen behufs der Eintragung ins Handelsregister erforderlichen Tatsachen 6 ). 3. D e r Vorstand hat von jedem Generalversammlungsbeschluß eine beglaubigte Abschrift zum Handelsregister einzureichen 7 ). 4. Den Vorstand trifft in erster Linie die S o r g e für die Erhaltung des Grundkapitals als des realen Substrats der Aktiengesellschaft 8 ). 5. Der Vorstand ist verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die erforderlichen B ü c h e r der Gesellschaft geführt werden 9 ); zu H G B . § 2 4 1 A b s . 1. Beweislast s. S t r ö l l S. 6 9 ; R i n g S. 648. 649. *) Über dieses Anfechtungsrecht s. unten § 3 5 S. 2 6 7 fr.; H G B . §§ 2 7 1 bis 2 7 3 , 2 4 1 A b s . 4 mit Anm. 14 bei G a r e i s , H G B . S. 2 3 1 . 3 ) H G B . § 2 3 6 , s. oben § 14 S. 64 f. 4 ) S. oben § 2 1 S. 1 0 3 . Härten, welche aus diesem verschärften Geschäftsverbote entspringen, wird der Vertrag zu vermeiden wissen. Rückwirkende Kraft hat das verschärfte Verbot nur teilweise, EinfG. Art. 2 7 . Gareis, HGB. § 236 Anm. 1. 6 ) H G B . §§ 1 9 2 , 204, 2 4 1 , 3 1 2 — 3 1 3 . Zu dem letztgenannten Paragraphen s. Edwin K a t z , Die strafrechtlichen Bestimmungen des H G B . (Berlin 1902), S. 9 — 3 9 . e ) H G B . § 1 9 5 , s. auch § 3 2 oben S. 2 1 2 — 2 2 6 . ') H G B . § 2 5 9 Abs. 5. S. hiervon unten in § 34. H G B . §§ 2 3 9 , 38 ff.

§ 33·

Organisation der Aktiengesellschaft.

243

den für den Handelsbetrieb erforderlichen Büchern kommen hier noch die Zeichnungsscheine, das Aktionärsverzeichnis, die notariellen oder gerichtlichen Urkunden über die Statuten und Generalversaminlung-sbeschlüsse und bei Emission von Namenaktien das Aktienbuch. 6. Der Vorstand muß binnen statutenmäßiger Frist (jedoch nicht später als sechs Monate nach Abschluß des Geschäftsjahrs) und in Ermangelung einer statutenmäßigen Frist innerhalb der ersten drei Monate für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung, sowie einen den Vermögensstand und die Verhältnisse der Gesellschaft entwickelnden Bericht (Rechenschafts-, Geschäfts- oder Jahresbericht) dem Aufsichtsrate und mit dessen Bemerkungen der Generalversammlung vorlegen 1 ). Für die Aufstellung der Bilanz sind besondere, die Durchsichtigkeit der Darstellung möglichst fördernde Vorschriften gegeben und von den Vorstandsmitgliedern aufs genaueste zu beobachten 2 ). 7. Dem Vorstande obliegt die Berufung der ordentlichen und auch (ev. neben anderen Organen) der außerordentlichen Generalversammlungen unter Beobachtung der hierfür vorgeschriebenen Fristen und Förmlichkeiten 3 ). 8. Den Vorstand treffen besondere Pflichten, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder von Verlusten betroffen wird, welche die Hälfte des Grundkapitals oder mehr vernichten; im ersteren Fall ist jedes einzelne Mitglied zum Antrag auf Konkurseröffnung zuständig, ebenso wenn sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Der Vorstand hat in solchen Fällen ohne Verzug die Generalversammlung einzuberufen und dieser hiervon Anzeige zu machen4). 9. Der Vorstand haftet der Gesellschaft aus seinen Erklärungen in bezug auf die Gründung und aus der Geschäfts') HGB. § 260 Abs. 2; rechtzeitige Vorlegung (mindestens zwei "Wochen vorher), Erzwingungsmittel: Ordnungsstrafen HGB. § 3 1 9 u. FGG. §§ 1 3 2 ff. 2 ) HGB. § 261 s. unten § 34 Β. V I I S. 263 f. (Bilanzvorschriften.) ") HGB. §§ 2 5 3 , 254, 255, 240. Hierzu s. A . A r n o l d , D i e Aufschlußpflicht von Vorstand und Aufsichtsrat gebenüber der GenVers. (München 1907). 4 ) HGB. § 240; hierzu § 3 1 9 HGB., welcher eine Ordnungsstrafe androhen läßt, in bezug auf deren Verhängung die FGG. §§ 1 3 2 ff. maßgebend sind. Uber den Konkurseröffnungsantrag s. KonkO. §§ 207, 208. 16*

244

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

führung fünf Jahre lang 1 ). Eine Decharge (Entlastung), welche vor Ablauf der Verjährungsfrist von der Generalversammlung beschlossen wird, hat im Zweifel nicht die Bedeutung· eines Verzichts der Gesellschaft auf die rechtliche Verfolgung ihrer eventuellen Ersatzansprüche. Die Haftung der Vorstandsmitglieder besteht in besonders schweren Fällen der Verletzung der ihnen obliegenden Sorgfalt, nämlich bei Verschleuderung des Gesellschaftsvermögens, eigentümlicherweise auch unmittelbar zugunsten der Gesellschaftsgläubiger 2 ); alsdann kann nämlich der Ersatzanspruch von den letzteren direkt gegen die solidarisch haftenden Vorstandsmitglieder geltend gemacht werden, soweit ihnen nicht die Gesellschaft Befriedigung gewährt, und die so in Anspruch genommenen Vorstandsmitglieder können sich in den erwähnten Fällen ihrer Verpflichtung den Gesellschaftsgläubigern gegenüber nicht dadurch entziehen, daß sie sich auf einen Verzicht der Gesellschaft berufen oder die sie belastende Vermögensverschleuderung aus einem Generalversammlungsbeschlusse rechtfertigen 8 ). 10. Der Vorstand ist, wenn nichts anderes bestimmt ist, zur Liquidation berechtigt und verpflichtet4). 1 1 . In formeller Beziehung ist der Vorstand zur Zeichnung der Gesellschaftsfirma in der Weise verpflichtet, daß die zeichnenden Mitglieder zu der Firma der Gesellschaft oder zu der Benennung des Vorstands (ζ. B. Direktion) ihre Namensunterschrift hinzufügen5). Doch ist diese Vorschrift lediglich eine Ordnungsschrift; es genügt, um die Gesellschaft durch die Vertretungshandlung zu berechtigen oder zu verpflichten, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß das Geschäft als für die Gesellschaft geschlossen gelten soll6). H G B . §§ 206 (zu §§ 2 0 2 — 2 0 4 ) , 2 4 1 Abs. 5. ) Das tritt ein, wenn entgegen dem Gesetz an die Aktionäre Einlagen zurückgezahlt oder Zinsen oder Dividenden ausbezahlt oder eigene Aktien von der Gesellschaft erworben, beliehen oder eingezogen, Aktien vor Vollzahlung emittiert, Gesellschaftsvermögen verteilt, Grundkapital zurückbezahlt oder Zahlungen trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Uberschuldung geleistet worden sind. H G B . § 2 4 1 mit G a r e i s , Anm. 4 — 1 1 hierzu S. 2 3 0 . 3 ) H G B . § 2 4 1 A b s . 4. 4 ) i>. oben § 24 S. 1 4 5 ff., H G B . § 2 9 5 . V g l . R G Z . Bd. 24 S. 7 0 ff. 6 ) HGB. § 233. Vgl. H e r g e n h a h n in ArchBürgR. Bd. 8 S. 5 6 — 6 6 , s. auch §§ 1 9 5 , 2 0 1 , 2 3 4 . e ) BGB. § 164. 2

§ 33-

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

245

1 2 . E i n e b e s o n d e r e V e r p f l i c h t u n g · ist d e m V o r s t a n d e , d. h. den Mitgliedern

d e s s e l b e n , in s t e u e r r e c h t l i c h e r B e z i e h u n g · a u f -

erlegt durch das Reichsstempelgesetz

vom

bis 6 6 u n d T a r i f n u m m e r 9 d e s s e l b e n

Gesetzes.

3. Juni 1 9 0 6 §§ 6 3

Die Aktiengesellschaften, ebenso die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die G. m. b. H. haben nämlich nach § 63 des erwähnten Gesetzes vom 3. Juni 1906 bei Aufstellung der Jahresbilanz eine besondere Aufstellung anzufertigen, aus der zu ersehen ist die Summe der gesamten Vergütungen (Gewinnanteile, Tantiemen, Gehälter, Tagegelder, Reisegelder usw. [Absatz 3 Tarifnummer 9]), die den zur Überwachung der Geschäftsführung bestellten Personen (Mitgliedern des Aufsichtsrats) seit der letzten Bilanzaufstellung gewährt worden sind. Der Steuersatz beträgt acht vom Hundert, doch sind von den Steuern befreit Autstellungen, nach denen die Summe der sämtlichen an die Mitglieder des Aufsichtsrats gemachten Vergütungen (§ 6 3 ) nicht mehr als 5 0 0 0 Mk. ausmacht. Übersteigt dit Gesamtsumme der Vergütungen 5 0 0 0 Mk., so wird die Abgabe nur insoweit erhoben, als sie aus der Hälfte des 5000 Mk. übersteigenden Betrags gedeckt werden kann. Werden Tagegelder im Betrage von mehr als 50 Mk. für den Tag bezahlt, so ist der Mehrbetrag als versteuerbare Tantieme zu betrachten. Reisegelder, die den Betrag der baren Auslagen übersteigen, werden ebenfalls als Tantiemen betrachtet. Nach § 64 desselben Gesetzes obliegt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe dem Vorstande, den persönlich haftenden Gesellschaftern bzw. den Geschäftsführern der in § 63 genannten Gesellschaften. Die Abgabe ist von der Gesellschaft zu Lasten der zum Bezüge der Vergütungen berechtigten Personen zu entrichten, und zwar nach § 65 durch Verwendung von Vordrucken, die vor dem Gebrauche vorschriftsmäßig abgestempelt sind, oder von Stempelmarken nach näherer Anordnung des Bundesrats. Dem Bundesrate steht auch die Bestimmung darüber zu, ob und in welchen Fällen die Entrichtung der Abgabe ohne Verwendung von Stempelzeichen erfolgen darf. Bei Nichterfüllung der vorbezeichneten Verpflichtung werden die Mitglieder des Vorstandes, die persönlich haftenden Gesellschafter bzw. die Geschäftsführer der Gesellschaft mit einer Geldstrafe belegt, welche das Zwanzigfache des hinterzogenen Stempels beträgt. (§ 6 6 des Stempelgesetzes vom 3 . Juni 1 9 0 6 . ) Aufsichtsrat1).

IV. D e r

Die Bestellung· sprünglichen

eines Aufsichtsrats,

Fassung

des

w a r , ist b e r e i t s d u r c h die N o v e l l e v o n Voraussetzung worden.

der

welche nach

Handelsgesetzbuchs

Entstehung

1870

der

eine

notwendige

einer A k t i e n g e s e l l s c h a f t

D a ß die N o v e l l e v o n 1 8 8 4

ur-

nur fakultativ ge-

und das H G B . von 1 8 9 7 an

d e m E r f o r d e r n i s der K o n s t i t u i e r u n g eines A u f s i c h t s r a t s festhält, ist u m so b e g r e i f l i c h e r , als die D u r c h f ü h r u n g d e r P r ü f u n g s t h e o r i e g e r a d e in d e m A u f s i c h t s r a t einen b e s o n d e r s k r ä f t i g e n H a l t

findet.

*) Adolf C a h n , Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft (Berlin U.Leipzig 1 9 0 7 ) . — S t i e r - S o m l o , Fr , Die Reform des Aufsichtsrais der Aktiengesellschaft (Goldschmidti Z. Bd. 53 S. 20 ff.).

246

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

W a s die Zusammensetzung des Aufsichtsrats anlangt, so bestimmt das Gesetz, daß derselbe aus 'wenigstens drei von der Generalversammlung der Aktionäre — nicht vom Vorstande, nicht notwendig aus der Zahl der Aktionäre — zu wählenden Mitgliedern bestehen müsse.

Die W a h l des ersten Aufsichtsrats gilt nur für die

Zeit bis zur Beendigung der ersten Generalversammlung, welche nach dem Ablauf eines Jahres

seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zur Be-

schlußfassung über die Jahresbilanz abgehalten wird; später kann der Aufsichtsrat nicht für eine längere Zeit als bis zur Beendigung derjenigen Generalversammlung gewählt werden,

welche

über

die Bilanz für das vierte Geschäftsjahr nach der

Ernennung beschließt; das Geschäftsjahr, in welchem die Ernennung erfolgt, wird hierbei

nicht mitgerechnet 1 ).

Durch qualifizierten Beschluß der Generalversamm-

lung — nämlich, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht anders bestimmt, durch Beschluß einer Mehrheit, die mindestens drei Vierteile des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt8) — kann die Bestellung eines jeden Aufsichtsratsmitglieds zu jeder Zeit widerrufen werden.

Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats

muß bereits vor der Anmeldung vorgenommen worden sein, denn diese muß, wie von sämtlichen Gründern und Vorstandsmitgliedern, so auch von den Mitgliedern des Aufsichtsrats

unterzeichnet sein;

auch müssen die Namen der Aufsichtsrats-

mitglieder mit dem vom Registergericht zu veröffentlichenden Auszuge des Statuts bekannt

gegeben werden 3 ).

Eine Vergütung

darf

den Mitgliedern

des

ersten

Aufsichtsrats für die Ausübung ihrer Tätigkeit nur durch einen Generalversammlungsbeschluß

bewilligt

werden,

welcher — bei

Meidung

der Nichtigkeit — nicht

früher gefaßt werden kann als in derjenigen Generalversammlung,

mit deren Be-

endigung die Zeit, für welche das betreffende Mitglied gewählt ist, abläuft.

Soll

die Vergütung, welche den Aufsichtsratsmitgliedern für ihre Tätigkeit werden soll, eine Tantieme des Jahresgewinns sein, so ist sie nicht bloß so wie die den Vorstandsmitgliedern

zukommende

(s. oben S. 24] Anm. 2), nach Vornahme

sämtlicher

Abschreibungen und Rücklagen, sondern auch nach Abzug einer für die Aktionäre bestimmten, mindestens vierprozentigen Dividende zu berechnen. Eine statutarische Honorierung des Aufsichtsrats kann von der Generalversammlung stets mit einfacher Stimmenmehrheit herabgesetzt werden 4 ). Uber die Versteuerung der den Aufsichts') H G B . § 243 Abs. 2 u. 3. Das H G B . v. 1897 hat die Fassung des Art. 1 9 1 Abs. 2 u. 3 verlassen, weil letztere zu dem Mißstande führte, daß die Aufsichtsratsmitglieder in einem Zeitpunkt ausscheiden müssen, in dem die Möglichkeit von Neuwahlen durch die ordentliche Generalversammlung nicht besteht (Denkschrift S. 3209). 2 ) H G B . § 243, Bekanntmachung jeder Änderung in den Personen des Aufsichtsrats schreibt H G B . § 244 vor (s. folgende Anm.). Die Majoritätsberechnung wie im Falle des § 2 5 1 s. oben S. 234, 235, G a r e i s , H G B . Anm. 4 u. 5, S. 227. — Amtsniederlegung von Aufsichtsratsmitgliedern s. F . C. Z i t e l m a n n in Goldschmidts Z. Bd. 52 S. 31 ff. ®) HGB. §§ 195, 199. Jede Änderung in der Zusammensetzung des Aufsichtsrats ist vom Vorstande zu veröffentlichen und die Bekanntmachung dem Registergerichte einzureichen ( H G B . § 244), aber eingetragen in das Handelsregister werden die Namen der Aufsichtsratsmitglieder nicht. 4 ) H G B . § 245. R o b e r t G o l d s c h m i d t , Zur_Berechnung der Tantiemen des Aufsichtsrats, Goldschmidts Z. Bd. 58 S. 208. Uber die den Aufsichtsratsmitgliedern wenig Gunst entgegenbringenden parlamentarischen Beratungen über diesen Paragraphen s. Reichstagsberichte 1897 S. 5557 ff., 5 5 7 8 — 5 5 8 2 , G a r e i s ,

§ 33·

247

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

ratsmitgliedern zukommenden Tantieme nach R G . v. 3. Juni 1 9 0 6 s. oben S. 2 4 5 § 3 3 Π Ι Ziff. 1 2 .

Der Aufsichtsrat soll eine wesentlich überwachende, die Tätigkeit des Vorstands kontrollierende Behörde sein; um Kollusionen mit der zu kontrollierenden Behörde möglichst zu vermeiden, ist neben den Beschränkungen in bezug auf die Wahlperiode und in bezug auf die Honorierung ausdrücklich bestimmt, daß die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zugleich Mitglieder des Vorstands oder dauernd Stellvertreter derselben sein, auch nicht als Beamte, etwa Direktoren oder Prokuristen, die Geschäfte der Gesellschaft führen dürfen. Nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von behinderten Mitgliedern des Vorstands bestellen 1 ); während dieses Zeitraums und bis zur erteilten Entlastung des Vertreters darf der letztere eine Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats nicht ausüben. Scheiden aus dem Vorstande Mitglieder aus, so dürfen dieselben nicht vor erteilter Entlastung in den Aufsichtsrat gewählt werden 2 ). D i e Zuständigkeit des Aufsichtsrats umfaßt: 1. die allgemeine Kontrolle der gesamten Geschäftsführung, daher das R e c h t sich jederzeit von dem Gange der Angelegenheiten der Gesellschaft zu unterrichten, die Bücher,

die Kasse und die Wertbestände

der Gesellschaft zu kontrollieren,

und die Pflicht, die Jahresrechnung, Bilanzen und Gewinnverteilungs Vorschläge zu prüfen und darüber der Generalversammlung zu berichten.

D a das überwachende

Organ nicht zugleich verwaltendes und darum selbst zu kontrollierendes Gesellschaftsorgan sein kann,

so ist als R e g e l festzuhalten,

daß der Aufsichtsrat nicht

in die Verwaltung selbst hineingezogen, nicht Verwaltungsrat werden darf.

Auch

haben die Mitglieder des Aufsichtsrats keine Substitutionsbefugnis 3 ). 2. D e r Aufsichtsrat hat zugleich mit den Mitgliedern des Vorstands den Hergang der Gründung zu prüfen und darüber einen Bericht zu erstatten,

für dessen

Wahrheit und Vollständigkeit die einzelnen Mitglieder haften 4 ). H G B . S. 2 3 3 u. 234, über Abschreibungen und Rücklagen ebenda Anm. Γ zu § 2 3 7 S. 2 2 7 , 228. ') H G B . § 2 4 8 ; das Verbot eigenen Handelsbetriebs findet auf solche nur vorübergehend Vorstandsgeschäfte führende Aufsichtsratsmitglieder keine Anwendung. 2 ) H G B . § 248 Abs. 2. 3 ) H G B . § 246. Hinsichtlich der Erzwingung der Berichte durch Ordnungsstrafen, s. H G B . § 3 1 9 Abs. 1 und F G G . § § 1 3 2 fr. Über die Ausdehnung der Aufgaben des Aufsichtsrats auf das Gebiet der Geschäftsführung s. die gesetzlichen Vorschriften der H G B . § § 2 4 7 , 2 7 1 , 2 7 2 (unten Ziff. 9 u. 10) u. vgl. G a r e i s , H G B . Anm. 3 zu § 246 S . 2 3 5 . 4 ) H G B . § § 1 9 2 — 1 9 4 , 204, 205, 206.

248

Kap. II.

I)ie Personen im Handelsrecht.

3. Eine besondere Prüfungspfiicht liegt dem Aufsichtsrat ob im Falle von Nachgründungen;

auch hier muß der Prüfungsbericht dem Registergericht

ein-

gereicht werden 1 ). 4. Die Aufsichtsratsmitglieder haben die Anmeldung mit zu unterzeichnen und bei Sukzessivgründungen § 32

S. 222)

sich

in der gerichtlichen Generalversammlung

berichtlich

über

den

Gründungshergang

usw. zu

(s. oben erklären.

Hierbei kann jedes Mitglied des Aufsichtsrats bis zur Beschlußfassung der Generalversammlung seine Unterschrift der Anmeldung zurückziehen 2 ). 5. Der Aufsichtsrat hat das R e c h t und die Pflicht, die Generalversammlung zu berufen, so oft ihm dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint 8 ). 6. Zur Bestellung eines Prokuristen ist die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich, sofern nichts anderes statutarisch oder von der Generalversammlung beschlossen ist 4 ). 7. Durch Vertrag (Statut) können dem Aufsichtsrate noch weitere Funktionen auferlegt werden (nicht aber die Führung von laufenden Geschäften) 6 ). 8. Auch in der Liquidation hat der Aufsichtsrat die gesamte Geschäftsführung zu überwachen;

auf

seinen Antrag kann die Ernennung von Liquidatoren durch

den Richter erfolgen 6 ). 9. Um die Haftungen der Vorstandsmitglieder ohne weiteres wirksam werden zu lassen, räumt das Gesetz dem Aufsichtsrate das Recht ein, Generalversammlung,

und wenn

auf Beschluß der

die eigne Verantwortlichkeit der Aufsichtsrats-

mitglieder in Frage kommen würde, auch ohne, ja selbst gegen den Beschluß der Generalversammlung die Klagen zu erheben und die Prozesse zu führen, mittels deren

die Ansprüche

der Gesellschaft aus

der Gründung,

der Geschäftsführung

und der Liquidation gegen die einzelnen haftenden Mitglieder zur Geltung gebracht werden 7 ). 10.

Die Repräsentation

der Aktiengesellschaft kommt

dem Aufsichtsrate

außer dem soeben, unter Ziff. 9, erwähnten Falle auch noch dann zu, wenn es sich darum handelt, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit den Vorstandsmitgliedern zu vertreten 8 ), und ferner dann, wenn die Anfechtungsklage wegen eines gesetz- oder statutenwidrigen

Generalversammlungsbeschlusses

von Vorstandsmitgliedern erhoben wird; in diesem Falle ist nämlich der Aufsichtsrat Vertreter der beklagten Gesellschaft; erheben Dritte oder einzelne Vorstandsmitglieder die Anfechtungsklage,

so wird

die beklagte Gesellschaft durch den

Vorstand und den Aufsichtsrat vertreten 9 ).

Die Haftung· der Mitglieder des Aufsichtsrats, welchen nachgewiesen wird, daß sie bei der ihnen gesetzlich 10 ) obliegenden Prüfung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns verletzt haben, ist zwar eine Gesamtschuldhaftung, J

) ) 6 ) e ) ^ ») 10 ) s

HGB. HGB. HGB. HGB. HGB. HGB. HGB.

2 § 207. ) H G B . §§ 195, 196. 4 § 246 Abs. 2. ) H G B . § 238, s. oben S. 237 f. § 246 Abs. 3, s. aber auch Anm. 3 auf voriger Seite. §§ 294, 2 9 5 ; s. auch oben § 24 S. 148, 149. 8 § 247. ) H G B . § 247 Abs. I. §§ 2 7 1 , 272, s. G a r e i s , H G B . Anm. I zu § 272. §§ 192, 1 9 3 , 204.

§ 33·

Die Organisation der Aktiengesellschaft.

249

sofern die Mitglieder des Aufsichtsrats untereinander in Frage kommen, jedoch nur subsidiär, nämlich nur für den Ersatz des Schadens, welcher von den primär haftenden Gründern, Gründungskomplizen und Emittenten nicht zu erlangen ist, und verjährt in fünf Jahren 1 ). Eine besondere Haftung ruht auf den Aufsichtsratsmitgliedern im Falle der Fusion 2 ); wissentlich falsche Angaben der Aufsichtsratsmitglieder können überdies strafrechtliche Ahndung nach sich ziehen3). V. D i e R e v i s o r e n . i. Gesetzliche Revisoren. Ein besonderes Revisionsorgan, wie es fremden Gesetzgebungen, namentlich der englischen, bereits längest bekannt ist, in Deutschland einzuführen, wurde die Gesetzgebung durch die Prüfungstheorie veranlaßt. Soll die Prüfung und die sich daran reihende persönliche Haftung der Aktiengesellschaft Sicherheit gewähren, so genügt in den gewöhnlichen Fällen, daß den Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats die Prüfung des Hergangs der Gründung, sowie die zivil- und strafrechtliche Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prüfungsberichts aufgebürdet wird. Allein unter zwei besonderen Voraussetzungen genügt diese Aufbürdung dem genannten Zwecke nicht, nämlich: dann, wenn Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats zugleich Gründer sind und demnach ihr eignes W e r k kontrollierend zu prüfen hätten, sowie dann, wenn eine qualifizierte Gründung vorliegt, bei welcher Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Gesellschaft ein Vermögensstück überlassen oder sich einen besonderen Vorteil (wie Gründerlohn u. dgl.) ausbedungen haben 4 ). In dem einen wie in dem anderen Falle fordert die Herstellung der vollen Unparteilichkeit des prüfenden Organs die Einschiebung einer neuen Prüfungsbehörde; das Gesetz, nämlich die Aktiennovelle von 1884 und ihr folgend das HGB. von 1897 (§ 192 Abs. 3), gibt dieser Behörde einen Ursprung, der auf fremdem Gebiete liegt, auf dem des öffentlichen Rechts: ' ) HGB. § 206. ή HGB. § 306, s. unten § 36 3 ) HGB. § 3 1 2 — 3 1 5 . Hierzu stimmungen des HGB. (Berlin 1902) 4 ) HGB. §§ 186, 192, s. oben

HI s. S. S.

2 S. 275 und § 34 Β V I S. 2 5 9 t Edwin K a t z , Die strafrechtlichen Be9 ff. 216 f.

250

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

das staatsrechtlich zur Vertretung" des Handelsstands berufene Orgfan (nämlich die H a n d e l s k a m m e r n o d e r die Handels- und Gewerbekammern, kaufmännischen Korporationen u. dgl.) hat amtlich Revisoren zu ernennen, welche den Gründungshergang bei den in ihrem Bezirk errichteten Aktiengesellschaften in den angedeuteten Fällen persönlicher Interessiertheit von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern zu prüfen haben. Die auf diese A r t bestellten Revisoren haben den Prüfungsbericht in derselben Weise zu erstatten wie die Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder. Sollte es in dem Bezirke, in welchem die zu gründende Aktiengesellschaft ihren Sitz haben soll, an einem amtlichen Organe für die Vertretung des Handelsstands fehlen, so muß nicht mehr, wie es nach der Aktiennovelle von 1884 der Fall war, der Vorstand selbst in Verbindung mit dem Aufsichtsrate, sondern das Gericht die gesetzlich erforderlichen Revisoren ernennen. Hierüber sowie über den Prüfungsbericht s. oben S. 223 f. 2. Gerichtliche Revisoren. Das Gesetz räumt einer Aktionärfraktion unter besonderen Voraussetzungen ein Enqueterecht ein, welches darin gipfelt, daß durch das Gericht (Amtsgericht), in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, Revisoren ernannt werden, welche Bücher, Schriften, Kassenbestand und Wertbestände der Gesellschaft zu prüfen und darüber einen amtlichen Bericht zu erstatten haben 2 ). Hiervon s. § 35 S. 268. 3. Gesellschaftliche Revisoren. A u c h die Generalversammlung einer Aktiengesellschaft kann Revisoren bestellen, nämlich zur P r ü f u n g der Bilanz oder zur P r ü f u n g von V o r g ä n g e n bei der Gründung; es genügt zu diesem Beschlüsse die einfache Mehrheit der abg e g e b e n e n Stimmen 3 ). Die A u f g a b e dieser Revisoren hängt von dem Beschlüsse der Generalversammlung ab; möglicherweise ist die Einrichtung schon im Statut getroffen und näher festgestellt. VI. V e r w a l t u n g s r a t u n d Handlungsbevollmächt i g t e , H a n d l u n g s g e h i l f e n und a n d e r e H i l f s p e r s o n e n . *) S. oben § 3 2 S. 2 2 4 Anm. I. ) H G B . § 266, vgl. schon Aktiennov. v. 1 8 8 4 Art. 2 2 2 a. 3 ) H G B . § 266 A b s . 1 mit § 2 5 1 , s. oben S. 2 3 4 mit Anm. 4, 5 und 6. 2

§ 34·

Substrat der Aktiengesellschaft.

251

Außer den I — V erwähnten Gesellschaftsorganen haben die Aktiengesellschaften je nach ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und Ausdehnung eine Menge fakultativer Organe beratender, stellvertretender und ausführender Natur. Hierher gehört ein V e r w a l t u n g s r a t , der sich als solcher vom Vorstande dadurch unterscheidet, daß ihm die nach außen zu unbeschränkbare Vertretungsbefugnis mangelt — vom Aufsichtsrat aber dadurch, daß ihm die ausschließliche Aufgabe der Uberwachung fehlt, denn ihm sind auch Aufgaben der Gesellschaftsexekutive, Beschlußfassungen über vorzunehmende Handlungen der Geschäftsführung usw. übertragen. Darüber, ob wirklich ein Verwaltungsrat bestellt, oder ob der sog. Verwaltungsrat ein Teil des Vorstands ist, entscheidet nicht der Name, sondern die Zuständigkeit und die Eintragung im Handelsregister (s. oben S. 2 3 7 f . ) . Das Gesetz überläßt es dem Statut oder den Generalversammlungsbeschlüssen, den Wirkungskreis eines etwaigen Verwaltungsrats festzusetzen und gegenüber dem des Vorstandes sowie des Aufsichtsrats abzugrenzen, eine nicht leichte und darum häufig höchst unvollständig gelöste Aufgabe.

Die Ernennung· von Handlungsbevollmächtigten sowie von Handlungsgehilfen für die Aktiengesellschaft ist regelmäßig Sache des Vorstands; nur hinsichtlich der Bestellung eines Prokuristen ist der Vorstand an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden, sofern nicht Statut oder Generalversammlungsbeschluß hiervon entbindet1). Die Befugnisse der Bevollmächtigten richten sich nach der ihnen erteilten Vollmacht, im Zweifel nach Maßgabe des gewöhnlichen Umfangs der ihnen übertragenen Geschäfte 2 ). § 34·

IV. Die Herstellung und Erhaltung des realen Substrats der Aktiengesellschaft. Die Aktiengesellschaft ist eine Realassoziation, kein einzelnes Mitglied haftet persönlich für die Schulden dieser Gesellschaft 3 ); es kommt deshalb vor allem darauf an, die reale Basis, die vermögensrechtliche Grundlage dieser Assoziationsform sicherzustellen. A. Vor allem handelt es sich um die Herstellung der Vermögensunterlage bei der Errichtung der Gesellschaft. Das Gesetz verlangt in dieser Beziehung, daß auf die einzelnen Aktien ein bestimmter Betrag bar eingezahlt und im Besitze 4 ) 2 ) H G B . § 54, s. oben § 22 S. 1 2 0 . H G B . § 238, s. oben S. 239. ) S . oben S. 2 0 1 , insbes. Anm. 2 , das Prinzip und die Ausnahme. A . H a u t l e , Der Gläubigerschutz im Aktienrechte. Berlin 1907. 4) Wenn auch nur in mittelbarem Besitze nach B G B . § 8 6 8 ; aber es muß das Bargeld wirklich im — wenigstens mittelbaren — Besitze des Vorstands sein, der s

252

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

des Vorstands sei, und zwar mindestens ein Vierteil des Nominalbetrags usw. (s. oben § 32 S. 225), und setzt diese Forderung· mittels des ihm eigentümlichen Systems der Deklarations- und Prüfungstheorie durch, indem es einfach verlangt, daß die gesetzmäßig erforderliche Einzahlung in der Anmeldung a u s d r ü c k l i c h d e k l a r i e r t werde und daß für diese Erklärung bestimmte Personen, vor allem die sie unterzeichnenden sämtlichen Gründer, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, ebenso wie für die Erklärung, daß alle Aktien gezeichnet sind, p e r s ö n l i c h , d. h. mit ihrem ganzen Vermögen h aften. Herstellung und Stützung der r e a l e n Basis mittels p e r s ö n l i c h e r Haftungen — diesem Grundzuge des modernen Aktienrechts entsprechend haften: 1. die G r ü n d e r 1 ) für die Richtigkeit und Vollständigkeit in der oben wiederholt angedeuteten 2 ) strengen Weise und großen Ausdehnung. 2. Es haften G r ü n d u n g s k o m p l i z e n , und hierunter sind zu verstehen: a) die Empfänger von Vergütungen, welche im Gründungsberichte verheimlicht wurden, wenn sie zur Zeit des Empfangs wußten oder nach den Umständen annehmen mußten, daß die Verheimlichung beabsichtigt oder erfolgt war. Durch diese Vorschriften sollen Schädigungen vermieden werden, welche der Aktiengesellschaft dadurch zustoßen könnten, daß die Gründer scheinbar keinen Gründerlohn nehmen, wohl aber das Gesellschaftsvermögen durch Zuwendungen an vertraute Komplizen, die mit den Gründern hinterher den erlangten Vorteil teilen, schmälern; die Haftung eines solchen Komplizen setzt voraus, daß derselbe partieeps fraudis ist 3 ); b) ebenso haftet jeder Dritte als Gründungskomplize, welcher zur Verschleierung des Gründungsaufwands wissentlich beigetragen hat4), und darüber zu entscheiden hat, an 'welchem Orte der erforderliche Barbetrag aufbewahrt werden soll, die Anlage als depositum irrigulare bei einer Bank genügt nicht, weil sie dem Vorstande nur ein Forderungsrecht, nicht Besitz, schaffen würde, s. oben § 3 2 I V S. 2 2 5 , 2 2 6 ; S t a u b , H G B . S. 6 7 4 , M a k o w e r , H G B . I S . 4 1 0 . ») H G B . § 1 8 2 A b s . 1, § 1 8 7 ; s. oben § 3 3 I S. 2 2 8 . 2 ) S. oben S. 2 2 5 ( H G B . §§ 1 0 1 , 1 9 3 , 1 9 5 , auch 3 1 3 ) und S. 2 2 8 f. ( H G B . §§ 202, 207). ») H G B . § 2 0 2 A b s . 4 Nr. I Halbsatz I. 4 ) H G B . § 2 0 2 A b s . 3 Nr. I Halbsatz 2.

§ 34·

Substrat der Aktiengesellschaft.

253

c) bei qualifizierten Gründungen jedermann, welcher zu einer durch Einlagen und Übernahmen bewirkten böslichen Schädigung des Gesellschaftsvermögens wissentlich mitgewirkt hat 1 ). 3. Es haften E m i t t e n t e n , E m i s s i o n s h ä u s e r und A n n o n c e n i n s e r e n t e n : wer eine öffentliche Ankündigung einer zu gründenden oder innerhalb der letzten zwei Jahre gegründeten Aktiengesellschaft erläßt, um Aktien derselben in den Verkehr zu bringen, haftet der Aktiengesellschaft als Gesamtschuldner neben den Gründern und Gründungskomplizen, wenn: a) die Angaben der Gründer über Zeichnung oder Einzahlung des Grundkapitals oder über qualifizierte Gründungen unrichtig waren und der Ankündigende nachweisbar die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben kannte oder kennen mußte, oder b) eine böswillige Schädigung der Gesellschaft mittels Einlagen oder Übernahmen stattfand und der Ankündigende dieselbe kannte oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns kennen maßte2). 4. Die Mitglieder des V o r s t a n d s haften der Gesellschaft aus der von ihnen vorzunehmenden Prüfung als Gesamtschuldner, jedoch subsidiär nach den unter Ziffer 1—3 genannten Personen 3 ). Vgl. oben S. 223^, 243 f. 5. Ebenso wie die Vorstandsmitglieder haften die Mitglieder des A u f s i c h t s r a t s . Vgl. oben S. 224, 247 f. 6. Es haften diejenigen, welche in einem Prospekt, auf Grund dessen Aktien zum Börsenhandel zugelassen sind, unrichtige Angaben gemacht haben, für Schadensersatz nach näherer Bestimmung des Börsengesetzes 4 ). B. Ist die Aktiengesellschaft unter Beobachtung der gesetzlichen Vorsichtsmaßregeln gegründet und damit für die *) H G B . § 202 A b s . 4 Nr. 2. Über den Begriff „bösliche Schädigung" s. G a r e i s , H G B . Anm. 6 zu § 202 S. 200, 2 0 1 , auch oben S. 2 2 9 Anm. 5. 2 ) H G B . § 203. Strafbarkeit s. H G B . § 3 1 3 Nr. 2 ; hierzu auch BörsenG., Fassung v. 2 7 . Mai 1908 §§ 88, 89; über jene Strafandrohungen s. Edwin Κ a t z (a. a. O. oben S. 2 2 0 ) S 1 7 f., S. 48 ff. Uber die Verantwortlichkeit der Emissionshänser s. K . L e h m a n n , A k t R . I S. 4 7 3 ff. 3 ) H G B . § 2 0 4 ; Strafbarkeit § 3 1 4 . 4 ) BörsenG. §§ 4 5 — 4 8 , s. auch oben § 3 1 I a. E . (S. 200) u. § 32 (S. 2 1 7 Anm. 2). V g l . Verhandlungen des I. Bankiertages 1 9 0 2 S. 20.

254

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Herstellung· der realen Basis im Griindungfsstadium gesorgt, so handelt es sich darum, diese letztere dauernd zu erhalten. Hierzu dienen im einzelnen folgende Maßregeln: I. Das V e r b o t der Z a h l u n g von Z i n s e n an die Aktionäre. Die Aktiengesellschaft darf nur dasjenige unter die Aktionäre verteilen, was sich nach der jährlichen Bilanz als reiner Gewinn ergibt 1 ); mit anderen Worten: sie darf den Aktionären nur D i v i d e n d e n bezahlen, nicht Zinsen von bestimmter Höhe versprechen oder ausbezahlen, denn durch die letzteren würde die Gesellschaft verpflichtet und dabei möglicherweise das Gesellschaftskapital abgeschwendet werden. Der Reingewinn ergibt sich nach den Grundsätzen der Bilanzaufstellung und erst nach Füllung des Reservefonds. Zur Erhebung der Dividenden dienen Dividendencoupons (s. unten §§ 69, 72), auch C o u p o n s 2 ) schlechthin genannt, d. s. Legitimationszeichen, welche die Aktiengesellschaft emittiert, um die Auszahlung und den Bezug der Dividenden sich, bzw. den Dividendenberechtigten, zu erleichtern, und Talons 2 ), d. s. Legitimationszeichen, welche die Aktiengesellschaft den Aktionären zum Zweck des Bezugs von Dividendencouponbogen übergibt. Hinsichtlich des Verbots des Zinsengebens ist jedoch einschränkend zu bemerken: 1. Zulässig ist eine b e d i n g t e Zusicherung von Zinsen an Aktionäre einzelner Emissionen gegenüber denen anderer Emissionen; so kann bedungen werden, daß, wenn überhaupt Gewinn gemacht wird, folgeweise Dividenden verteilt werden können, zuerst ein bestimmter Prozentsatz hiervon an die Inhaber von Prioritätsaktien (s. oben S. 208) als Dividende zu zahlen sei, während der übrige Gewinn unter die Inhaber von Stamm- und Prioritätsaktien als Dividende, bzw. Superdividende verteilt wird. 2. Zulässig sind ferner „ B a u z i n s e n " , d. h. es können für einen statutenmäßig bestimmten Zeitraum, welchen die H G B . §§ 2 1 3 — 2 1 5 . Darauf, daß Reingewinn erzielt und verteilt werde, steht weder einem Aktionär, noch einem Dividendenscheinbesitzer als solchem ein klagbares Recht zu; dies gilt auch in betreff sog. Nachbezugsrechte. R G Z . 1 4 S. 170. Uber das dem Besitzer eines Dividendencoupons zustehendeRecht s. ferner R G Z . 15 S. 96 ff. Die dispositive Vorschrift einer vierprozentigen Verzinsung (neu H G B . § 2 1 4 A b s . 2 u. 3) bei ungleichen Einzahlungen steht mit obigem nicht in Widerspruch. ») S. § 63 I I I 4.

§ 34·

Substrat der Aktiengesellschaft.

255

Vorbereitung des Unternehmens, ζ. B. bei Eisenbahnaktiengesellschaften der Bau bis zum Anfange des vollen Betriebs, erfordert, den Aktionären Zinsen von bestimmter Höhe bedungen werden'). II. F e s t i g u n g d e r b e s t e h e n d e n A n s p r ü c h e durch Ausschluß der L i b e r i e r u n g , durch das Verbot der Ausgabe von Inhaberaktien vor Volleinzahlung2) und durch Ausschluß oder Beschränkung von V e r z i c h t l e i s t u n g e n , D e c h a r g i e r u n g e n und liberierenden V e r g l e i c h e n gegenüber Verpflichtungen der Aktionäre 3 ). Durch die Subskription übernimmt jeder einzelne Aktionär eine bestimmte Verpflichtung zur Einzahlung der auf die Aktie eingeforderten Beträge; hierdurch soll ja eben das Grundkapital geschaffen werden; zahlt er diese Beträge nicht rechtzeitig, so kann selbstverständlich die Aktiengesellschaft gegen ihn auf Einzahlung klagen, und er hat dann zudem Verzugszinsen und ev. Konventionalstrafen zu zahlen 4 ); es kann aber auch das sog. Kaduzierungsverfahren eintreten, welches zur Verlustigerklärung des Aktienrechts des übrigens für den restierenden Betrag verpflichtet bleibenden Aktionärs und auch zur Kraftloserklärung der über das Aktien- und Anteilsrecht ausgestellten Urkunden (Aktien- oder Interimsschein) führt; ist dieses Verfahren einmal eingeleitet, so muß die K a d u z i e r u n g der nicht eingezahlten Aktien erfolgen 5 ), d. h. nach einer erneuten, mindestens dreimal unter Androhung des Ausschlusses und unter Beobachtung besonderer gesetzlicher Formalitäten und Fristen 6 ) publizierten Aufforderung muß der säumige Gesellschafter seiner Anrechte aus der Zeichnung der Aktie und der geleisteten Teilzahlungen verlustig erklärt werden, er bleibt aber der Gesellschaft trotzdem wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft erleidet, persönlich verpflichtet; ist von dem ausgeschlossenen Gesellschafter der eingeforderte Betrag nicht gezahlt, so findet ein R e i h e n r e g r e ß (regressus per ordinem, nicht per saltum) gegen diejenigen Personen statt, welche früher im Besitze der kaduzierten Aktie waren. 2 ) HGB. § 179 Abs. 3. HGB. § 215 Abs. 2. 4 ) HGB. § 218. ) HGB. § 221. 5 ) S. K . L e h m a n n , Das Recht dex Aktiengesellschaften Bd. H S . 131, 132. e ) HGB. § 219. 3

256

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

Für diese Reihenfolge der subsidiären Haftung· der früheren Aktionäre ist vor allem das Aktienbuch (bei Namenaktien), schließlich der Zeichnungsschein und das bei der Anmeldungeinzureichende Aktionärsverzeichnis maßgebend. Die Haftung des Vorgängers wird immer erst dann effektiv, wenn der Nachmann nicht zur Zahlung zu veranlassen war, und ist auf die innerhalb zweier Jahre auf die Aktie eingeforderten Beträge beschränkt. Der zahlende Rechtsvorgänger des säumigen Gesellschafters erhält eine an Stelle der kaduzierten Aktie ausgestellte Urkunde (Ersatzaktie)1), welche die bereits geleisteten Teilzahlungen und den eingeforderten Betrag umfaßt. Ist von keinem Rechtsvorgänger die Zahlung zu erlangen, so kann die Gesellschaft das Anteilsrecht zum Börsenpreise oder in Ermangelung eines solchen durch öffentliche Versteigerung verkaufen 2 ). Durch diese Maßregel sucht die Gesetzgebung zu bewirken, daß die Verbindlichkeiten, welche durch die Subskription der Aktien übernommen wurden, wirklich zur Bildung eines Grundkapitals der Gesellschaft führen; daß aber dieses Grundkapital in der Tat kassamäßig sich bilde, wird einerseits durch die bereits erwähnte Vorschrift der V i e r t e l s d e c k u n g in minimo 3 ), andererseits durch den A u s s c h l u ß d e r A u f r e c h n u n g bei allen den Aktionären obliegenden Zahlungen bewirkt 4 ). Die Haftungen der Gründer, Gründungskomplizen und Emissionshäuser 6 ), sowie die subsidiäre Haftung des ersten Vorstands und Aufsichtsrats e ) sind festgelegt durch die Vorschrift, daß Vergleiche und Verzichtleistungen auf die aus diesen Haftungen entspringenden Ansprüche der Gesellschaft erst nach Ablauf von fünf Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister und nur mittels qualifizierten ' ) H G B . § 2 1 9 Abs. 4 ; (in einem anderen Sinne ist „Ersatzaktie" die •wegen Beschädigung oder Verunstaltung einer Aktie an deren Stelle zu erteilende, neue Urkunde; s. H G B . § 2 2 9 u. A n m . 1 hierzu bei G a r e i s , H G B . S. 2 2 2 ) . Über die im einzelnen bestrittene und — wegen der Unsicherheit der gesetzlichen Ausdrücke: „Rechtsvorgänger" einerseits und „neue A k t i e " andererseits (s. K . L e h m a n n , Recht der AktGes. Η S. 1 3 3 ) — nicht ganz klare Regelung der Kaduzierung überhaupt s. K . L e h m a n n , Lehrbuch S. 408fr. 2 ) H G B . § 2 2 0 Abs. 3. S t a u b , H G B . I S. 7 4 7 . s ) H G B . § 195 A b s . 3, s. oben § 3 2 I V S. 2 2 5 . *) H G B . § 2 2 1 , hierzu R G Z . vom 29. Sept. 1 9 0 1 , Bank-Archiv Bd. I S. 1 0 3 . 6 e ) H G B . § 2 0 3 , s. oben S. 2 5 3 . ) H G B . § 204, s. oben S . 2 5 3 .

§ 34·

Substrat der Aktiengesellschaft.

257

Beschlusses der Generalversammlung· zulässig; sind: eine Minderheit von 20 Prozent des Grundkapitals genügt, um den liberierenden Vergleich oder Verzicht auszuschließen (ist der Haftungspflichtige zahlungsunfähig, so kann ein Rücktritt der Gesellschaft von den ihr zustehenden Ansprüchen schon vor Ablauf jener fünf Jahre beschlossen werden, wenn hierdurch das Konkursverfahren abgewendet oder beseitigt werden soll1)). Durch V e r j ä h r u n g gehen die Ansprüche der Gesellschaft aus der Gründung erst in fünf Jahren, die aus der Namenaktiensubskription fließenden Regreßansprüche schon in zwei Jahren unter: erstere Frist läuft von der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, letztere von dem Tage an, an dem die Übertragung des Anteilrechts zum Aktienbuche der Gesellschaft angemeldet ist 2 ) III. D e r o b l i g a t o r i s c h e Reservefonds. Eine direkt der Erhaltung der Vermögensgrundlage der Gesellschaft dienende Maßregel ist die Vorschrift der Errichtung eines Reservefonds 3 ). 1. Der Zweck dieses Reservefonds ist ausschließlich die Erhaltung des Grundkapitals auf der statutenmäßigen Höhe. 2. Die Quellen des Reservefonds sind: a) mindestens der zwanzigste Teil des jährlichen Reingewinns, insolange der Reservefonds den zehnten oder den im Statut bestimmten größeren Teil des Grundkapitals nicht übersteigt; b) der Agiogewinn bei Aktien-Emissionen über pari; c) der Betrag von Zuzahlungen, welche^ ohne Erhöhung des Grundkapitals von Aktionären gegen Gewährung von Vorzugsrechten für ihre Aktien geleistet werden, soweit nicht eine Verwendung dieser Zahlungen zu außerordentlichen Abschreibungen oder zur Deckung außerordentlicher Verluste beschlossen wird 4 ). 3. Die Art der Anlage des Reservefonds ist vom Gesetz nicht bestimmt, es ist jedenfalls darauf Gewicht zu legen, daß derselbe so angelegt werde, wie sein Zweck es erfordert. 2 *) HGB. § 20s 1. Satz. ) HGB. §§ 206, 220 Abs. 2. ) HGB. § 262. 4 ) HGB. § 262 Nr. 3. Über die Bedeutung dieser erst bei der Revision des HGB. i. J. 1897 eingefügten Bestimmung s. G a i e i s , HGB. Anm. r zu § 262 S. 249. Über Zahlungen ä fonds perdu, s. DJZ. 1902 S. 91. Gareis, Handelsrecht. 8. Aufl. 17 3

258

K a p . XI.

Die Personen im Handelsrecht.

4. Es ist zulässig·, daß neben dem gesetzlich erforderlichen Reservefonds noch andere Reservefonds in der Gesellschaft bestehen, die verschiedenen Zwecken (ζ. B . Deckung· von Iiisagio) dienen können, aber den obligatorischen Reservefonds nicht beeinträchtigen dürfen 1 ). Ist der R e s e r v e f o n d s in der gesetzlich erforderlichen Höhe vorhanden und infolge der statutarischen Bestimmungen darüber hinaus auf mehr als den zehnten Teil des Aktienkapitals angewachsen, so darf vermittels Änderung des Statuts der überschießende B e t r a g f ü r einen anderen Zweck v e r f ü g b a r gemacht werden. I V . V e r b o t d e r A k t i e n a m o r t i s a t i o n u n d des E r w e r b s e i g e n e r A k t i e n . Da die A k t i e als Forderung der Gesellschaft und als Teilbetrag des Grundkapitals ein activum vorstellt, welches den Gesellschaftsgläubigern haften soll, so ist die Erhaltung des Aktienkapitals als Aktienkapital erforderlich und darf weder durch Statutenänderung (hiervon s. unter V), noch durch Verwaltungsmaßregeln geschädigt werden 2 ). D a s Gesetz verbietet in letzterer Hinsicht, а) daß e i g e n e A k t i e n von der Gesellschaft in ihrem regelmäßigen Geschäftsbetrieb erworben oder zum Pfand genommen werden. Diese Vorschrift ( H G B . § 226) ist in erster Linie eine Ordnungsvorschrift (— „soll" —), welche nicht statthat, wenn der Erwerb lediglich in Ausführung einer Einkaufskommission, somit für fremde R e c h n u n g geschieht; es haften aber für die Nachteile, welche aus der Nichtbeachtung dieser Vorschrift entstehen, die dabei pflichtwidrig handelnden Gesellschaftsorgane zivilrechtlich für Schadensersatz, möglicherweise auch strafrechtlich 8 ). Verschärft ist das a n g e g e b e n e Verbot im Falle des Erwerbs von Interimsscheinen; solche können 4 ) von der Aktiengesellschaft auch nicht f ü r fremde R e c h n u n g erworben oder zum Pfände genommen werden, und das gleiche gilt von eigenen Aktien, auf welche der Nennbetrag oder, falls der Ausgabepreis höher ist, dieser noch nicht voll geleistet ist 6 ). D e r Fassung und dem Geiste Über Reservefonds s. N e u k a m p in Goldschmidts Z. B d . 3 8 S . 1 0 ff. 8 ") R G Z . Bd. 28 S. 4 5 — 5 9 . ) H G B . §§ 2 4 1 , 242, 2 4 9 , 3 1 2 . *) Uber die Redewendung „kann weder •— noch — * (Abs. 2 des § 2 2 6 ) im Gegensatze zu „soll" (Abs. I dieses Paragraphen) s. G a r e i s , H G B . A n m . I and 6 zu § 2 2 6 S. 2 1 9 . б ) Letzter Satz des § 2 2 6 , neu, wegen § 1 7 9 Abs. 4.

§ 34-

259

Substrat der Aktiengesellschaft.

der neuen Gesetzesbestimmung entspricht es, auch das R e portieren eigener Aktien der Gesellschaft zu untersagen 1 ). Da es dem Vorhingesagten zufolge doch immerhin möglich, ja in Fällen außerordentlicher Art, nämlich außerhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebs gelegenen Fällen und ebenso im Effektenkommissionsgeschäft rechtlich durchaus zulässig ist, daß eine Aktiengesellschaft eine Anzahl ihrer eigenen Aktien erwirbt und -wenigstens eine Zeitlang besitzt, so ist die Frage interessant und aufzuwerfen, in welcher Rechtslage sie sich als Inhaberin eigener Aktien befinde; über diese Frage s. C o s a c k :n dem Gießener Festschrift von 1907 S. log—-135 und die dort angegebene Literatur, namentlich R e h m , Die Bilanzen usw. s. oben S. 198 Anm. I und R u n k e l - L a a g s d o r f f , Die Folgen des Erwerbs eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft (Leipzig 1906). Auszugehen ist jedenfalls davon, daß die Mitgliedschaftsrechte während dieses Aktienbesitzes ruhen, vgl. K . L e h m a n n s Besprechung der Ruikel-Langsdorffschen und der Cosackschen Abhandlung in Goldschmidts Z. Bd. 5) S. 630 und Bd. 61 (1908) S. 506.

Das Gesetz verbietet ferner: b) die A m o r t i s a t i o n

(Einziehung von Aktien),

außer:

1. wenn die Amortisation unter Beobachtung der für Rückzahlung oder Reduktion des Grundkapitals bestehenden Vorschriften trfolgt, oder 2. wenn ediglich aus dem bilanzmäßigen Reingewinn und in Ubereinstinmung mit dem Statut oder mittels Ankaufs (ebenfalls aus dem verfügbaren Reingewinne) amortisiert wird 2 ). V. G a r a i t i e e n d e r G e s e l l s c h a f t s g r u n d l a g e b e i Statutenäiderung8). Die Maßregeln, welche das Gesetz enthält, um % s reale Substrat des gesellschaftlichen Unternehmens aiacl bei Statutenänderungen zu sichern, beziehen sich auf drei verschiedene Verhältnisse 4 ): 1. Die K - . p i t a l s e r h ö h u q g . Eine solche soll 5 ) (abgesehen von Versichenngsgesellschaften, für welche der Gesellschafts*) Vgl. v.. V l d e r n d o r f f S. 5 1 3 ff., R i n g S. 378, 379. Über das Reportgeschäft s. unten 48 I I I . 2) H G B . § 27 (die Amortisation im Sinne dieses Paragraphen ist etwas ganz anderes alls & im Sinne des § 228, nämlich als die Kraftloserklärung einer einzelnen ablhamdegekommenen Aktie), s. G a r e i s , HGB. § 227 Anm. I u. 2 S. 220. s ) Hieiütoer IGB. §§ 274 ff. und die Erörterungen oben § 33 S. 235 f. 4 ) V o n dlenFalle der N a c h g r ü n d u n g , welcher sich möglicherweise auch ohne Statutenäindeing vollziehen kann (s. HGB. §§ 207, 208), ist oben § 32 am Ende S. 2t27 f. gespehen. Die Fälle der Statutenänderung, welche die Beendigung des GesenisclafTtsvhältnisses bezwecken (wie Fusion u. dgl.), sind unten § 36 erörtert. 5 ) „Soll"' (stt „kann" oder „darf") bedeutet, daß die Übertretung der Vorschrift nicht diie Ichtigkeit zur Folge habe. Hierüber s. G a r e i s , HGB. Anm. 1 zu § 2 7 8 .

17*

260

K a p . Π.

Die Personen im Handelsrecht.

vertrag· ein anderes bestimmen kann) 1 ), nicht vor der vollen Einzahlung" des bisherigen Grundkapitals erfolgen, sofirn sie durch Ausgabe neuer Aktien erreicht werden soll. Stehen nur noch unbedeutende Beträge von der vorher zu leistenden Einzahlung· auf die älteren Aktien aus2), oder soll die Kapitalserhöhung· auf einem anderen W e g e als auf dem der Aktienemission erreicht werden, ζ. B. durch Annahme einer Schenkung oder durch eine mittels Abstempelung" der Aktien bestätigte Zuzahlung der bisherigen Aktionäre (d. i. Erhöhung des Nominalbetrags), so ist die Erhöhung des Grundkapitals nicht durch die Rückstände gehindert. Der Erhöhungsbeschluß sowie die ausgeführte Erhöhung des Grundkapitals ist registerpflichtig 8 ), das Gesetz schreibt die analogen Belege wie bei der Gründung als Beilagen der Anmeldung 4 ), sowie die analoge Veröffentlichung 5 ) vor, gestattet aber die Verbindung der Anmeldung und Eintragung der erfolgten mit der Anmeldung uad Eintragung der erst beschlossenen Erhöhung 6 ). Außer diesen allgemeinen und formellen Vorschriften kommt bei der Kapitalserhöhung noch folgendes in Betracht: Um zu verhindern, daß die Kapitalserhöhung in unbilliger Weise nur einer Clique zugute komme, ist im neuen deutschen Aktienrecht ein weder durch den Gesellschaftsvertrag, noch durch einen v o r dem Erhöhungsbeschlisse gefaßten Generalversammlungsbeschluß zu beseitigendes p r o p o r t i o n a l e s B e z u g s r e c h t jedes einzelnen seitherigen Aktionärs der Gesellschaft gesetzlich anerkmnt, welches nur durch den Erhöhungsbeschluß selbst ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte; für die Zuteilung lind den Emissionskurs neuer Aktien ist nänlich in erster Linie der Beschluß der Generalversammlung über die Kapitalserhöhun; maßgebend, ') Uber die Versicherungsaktie s. P e m s e l in Goldschmidls Z. Bd. 36 S. 40, 4 1 . 2 ) H G B . § 278 Abs. I Satz 3. s ) H G B . § 280, auch § 277. Der notwendige Inhalt dei Erhöhungsbeschlusses ergibt sich aus H G B . § 278 und für den Fall einer durch Übernahme von Apports qualifizierten Erweiterung der Gesellschaftsbasis aus HGB. § 279. *) H G B . §§ 2 8 1 , 284; hier ist wie bei der Sukzessivgründung der Z e i c h n u n g s s c h e i n mit einem gesetzlich bestimmten Inhalte obligatorisch, s. oben § 32 I b S. 220, 2 2 1 . 6 ) H G B . § 284 Abs. 5. Die Kapitalserhöhung ist auch btim Registergerichte der Zweigniederlassung anzumelden, und ebenso ist die Piblikation des Emissionskurses der neuen Aktien auch in dem durch den Sitz der Zweigniederlassung bestimmten öffentlichen Blatte erforderlich; aber die bei dir Anmeldung am Sitze (Hauptniederlassung) der Gesellschaft abzugebende Erklämng über die Deckung des bisherigen Grundkapitals und die Nachweisungen iber die Vollziehung der Einzahlung sind beim Registergerichte der Zweigniederlassung nicht einzureichen. «) H G B . § 285.

§ 34·

Substrat der Aktiengesellschaft.

261

keine frühere und auch keine statutarische Bestimmung; in eben diesem Beschlüsse ist auch der Mindestbetrag festzusetzen, unter welchem die Ausgabe nicht erfolgen darf; teilt dieser Beschluß die neuen Aktien zu, so hat es dabei sein Bewenden; teilt er sie nicht zu, so tritt das proportional gleiche Recht aller Aktionäre des bisherigen Grundkapitals ganz und voll in "Wirksamkeit; um alle diese Aktionäre davon zu verständigen, muß die Kurspublikation in den Gesellschaftsblättern erfolgen; um die Geltendmachung der Bezugsrechte zu beschleunigen, aber doch nicht zu sehr zu beengen, kann eine Frist für die Ausübung dieser Rechte bei jener Publikation bestimmt werden, die jedoch nicht unter zwei Wochen betragen darf 1 ). Nicht selten wurden früher schon bei der Ausgabe der ersten Aktien (Stammaktien) einer Aktiengesellschaft den Subskribenten oder Abnehmern dieser Anteile von vornherein für den Fall der künftigen Ausgabe neuer Aktien ßezugsrechte (Bezugsvorrechte) in bezug auf diese statutarisch zugesichert; die Spekulation beschäftigte sich, die Zukunftsaussichten einer Aktienunternehmung ausnützend, mit den diesen Bezugsrechten innewohnenden oder ihnen beigelegten Werten, wie auch mit den Anteilsrechten einer werdenden Gesellschaft; die Gesetzgebung ist jedoch der allzuweit und ins unsichere vorgreifenden Agiotagespekulation nicht günstig 2 ), sie will wenigstens die Gesellschaft selbst nicht davon beeinflussen lassen, und deshalb ist, wie die Anteilsrechte vor der Registrierung der Gesellschaft mit Wirksamkeit gegenüber der Gesellschaft·1') nicht übertragen, Aktien und Inhaberscheine vor diesem Zeitpunkte bei Meidung von Nichtigkeit und Strafe 4 ) nicht ausgegeben werden können, jede vor dem Erhöhungsbeschlusse gegebene Zusicherung von Bezugsrechten unwirksam der Gesellschaft gegenüber; in Zukunft können Bezugsrechte überhaupt nur unter Vorbehalt des proportionalen Bezugsvorrechts aller Aktionäre zugesichert werden 5 ).

2.. Die K a p i t a l s r e d u k t i o n . Eine solche kann wirtschaftlich aus verschiedenen Gründen notwendig - oder wünschenswert sein, wegen günstiger, wie auch wegen ungünstiger Finanzlage der Gesellschaft, juristisch ist dies zunächst gleichgültig·; es kann beabsichtig! sein, durch Abstoßung eines Teils des Grundkapitals der durch Geschäftsrückgang geschaffenen Lage gerecht zu werden, vielleicht um für die verbleibenden Anteile die Unternehmung rentabler oder überhaupt erst rentabel zu machen 6 ); es kann beabsichtigt sein, i) HG3. § 282 mit § 278. «) Vgl G a r e i s , HGB. § 200 Anm. 5. s ) HG3. § 200 Abs. 2 ; gültig aber ist unter den Kontrahenten ein Vertrag, durch welchen sich ein Aktiensubskribent einem anderen verpflichtet, die von ihm gezeichneten Aktien letzterem zu übertragen; eine Teilung des Aktienrechts ist mch wie vor der Eintragung ausgeschlossen. HGB. § 179; ebenda Anm. I, bei G a r e i s , HGB. «) HGJ. § 314 Nr. 3. 5 ) H G i . § 283, hierzu Anm. 2 bei G a r e i s , HGB. § 282 S 260, 2 6 1 ; R i e ß e r in Soldschmidts Z. Bd. 38 S. 1 1 4 fr.; Abs. I des HGB. § 283 hat nach Art. 28 EinG. z. HGB. keine rückwirkende Kraft. β ) E. l e i s t , Die Sanierung der Aktiengesellschaften. Berlin, 1905.

Kap. Π.

262

Die Personen im Handelsrecht.

einen Teil des Grundkapitals in einen der freien Verfügung des Vorstands im Gesellschaftsspekulationsinteresse unterliegenden oder wenigstens nicht am Gewinne teilnehmenden Spezialfonds oder einen Reservefonds umzuwandeln u. dgl., in jedem Falle setzt die teilweise Rückzahlung des Grundkapitals, sowie die Amortisation der Aktien aus dem Grundkapital — nicht zu verwechseln einerseits mit der Amortisation der Aktien aus dem Reingewinne und andererseits mit der Kraftloserklärung abhanden gekommener Aktien — s t e t s eine Änderung des die Höhe des Grundkapitals angeben müssenden Gesellschaftsvertrags voraus. Darum ist diese Maßregel für die Gesellschaftsgläubiger wichtig; die Verschiedenheit in den Ursachen, sowie in der Ausführungsart ist aber so bedeutend, daß zur Orientierung aller Beteiligten die Angabe des Zwecks und die Art und Weise der Ausführung der Reduktion 2 ) in den Beschluß der Kapitalsreduktion aufzunehmen und mit diesem zum Handelsregister anzumelden ist; zur Sicherung der Gläubiger verlangt das Gesetz ferner die dreimalige Veröffentlichung in bestimmten Zeitungen unter Aufforderung der Gläubiger, sich zu melden, die besondere Mitteilung an bekannte Gläubiger 3 ) und die Beobachtung einer einjährigen Wartefrist (des „gesperrten Jahres"); letzteres ist auch bindend in bezug auf die Befreiung von der den Aktionären obliegenden Einlagenleistungspflicht 4 ). Ist die Kapitalsreduktion durchgeführt, so muß auch diese Tatsache (besonders) von allen Vorstandsmitgliedern zum Handelsregister angemeldet werden 5 ). 3. D i e Ä n d e r u n g d e s G e g e n s t a n d e s d e r U n t e r n e h m u n g . Eine solche kann von der Generalversammlung Vgl. H G B . § 2 2 7 (Einziehung von Aktien) andererseits), s. oben S. 2 5 9 A n m . 2

einerseits und H G B . § 228

2

) Die Reduktion kann ζ. B . durch Verminderung der Zahl der Aktien (Einziehung von diesen) oder durch Herabsetzung des Nennbetrags derselben (jedoch nicht unter die durch H G B . § 1 8 0 gezogenen Grenzen) geschehen, und dabei kann Umtausch oder Abstempelung oder Zusammenlegung von Aktien u. dgl. bestimmt und für den Fall der Versäumung eine Kraftloserklärung von Aktien angedroht und bzw. ausgesprochen -werden. H G B . § 290. s ) Die sich nicht meldenden Gläubiger verlieren dadurch ihre Forderungen nicht, können aber der Reduktion nicht widersprechen; vgl. H G B . § 3 0 1 Abs. 2. Sicherheit ist den sich Meldenden zu leisten, wenn die Befriedigung zurzeit untunlich oder die Verbindlichkeit streitig ist. 4

) H G B . § 289.

5

) HGB. § 291.

§ 34·

Substrat der Aktiengesellschaft.

263

nur durch einen qualifizierten Beschluß (Dreiviertelsmajorität des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals) herbeigeführt werden, eine obligatorische Vorschrift, neben welcher der Gesellschaftsvertrag noch andere Erfordernisse für die Gültigkeit eines solchen, das wirtschaftliche Wesen einer Gesellschaft tief ergreifenden Beschlusses aufstellen kann1). Wie jeder andere, die Abänderung des Inhalts des Statuts betreffende Generalversamxnlungsbeschluß erhält auch einer der erwähnten Beschlüsse seine rechtliche Wirkung erst von der Eintragung in das Register bei demjenigen Handelsgerichte an, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat 2 ). VI. M a ß n a h m e n b e i V e r l u s t e n und K r e d i t e r s c h ü t t e r u n g . Geht aus einer Bilanz hervor, daß die Hälfte des Grundkapitals in Verlust geraten ist, so muß der Vorstand unverzüglich die Generalversammlung berufen und dieser davon Anzeige machen. Es wird dann Sache der Generalversammlung sein, etwa durch Erhöhung· des Grundkapitals u.dgl. den Zusammensturz der Gesellschaft zu verhüten 3 ). Sobald Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt oder sich aus einer Bilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt, obliegt dem Vorstande der Antrag auf Eröffnung des Konkurses 4 ). VII. B i l a n z v o r s c h r i f t e n 5 ) .

Auch in den hinsichtlich

') Gegenstand des Unternehmens HGB. § 182 Abs. 2 Ziff. 2 und hierzu S t a u b , HGB. S. 637, 638, auch G a i e i s , HGB. Anm. 11; ferner HGB. § 275 Abs. 2. Vgl. oben S. 2 1 4 Anm. 4. Hier sei auch an die Erörterungen über den Begriff „Gegenstand" erinnert, s. R. S o h m , Der Gegenstand, Leipzig 1 9 0 5 ; J. B i n d e r , Der Gegenstand, Goldschmidts Z. Bd. 59 S. I ff. *) HGB. § 277. s ) HGB. 240. Ordnungsstrafe HGB. § 3 1 9 , hierzu FGG. §§ 1 3 2 fr. 4 ) S. oben § 33 Π Ι Nr. 8 S. 243 mit Anm. 4 ebenda. 6 ) HGB. §§ 40, 2 6 1 . Hierzu s. Hauptwerk: Die Bilanzen der Aktiengesellschaften usw. von Dr. Hermann R e h m , 1903 (s. oben S. 198 Anm. 1). Ferner: Die Bilanzen der Aktiengesellschaften und der Kommanditgesellschaft auf Aktien, von Hermann Veit S i m o n , fünfte, völlig umgearbeitete und vermehrte Aufl. (Berlin, J. Guttentag, 1900). Ferner: Die Bilanzwerte, was sie sind, und was sie nicht sind, von Dr. R . F i s c h e r , Rechtsanwalt in Leipzig (Teil 2 des I. Bandes der „Aktien- und bilanzrechtlichen Schriften", von demselben), Leipzig, Dieterichsche Verlagsbuchhandlung (Theodor Weicher), 1908. — Uber die Prüfung der Bilanz, sowie Gewinn- und Verlustrechnung durch den Registerrichter s. A. R . Theodor C o h n (Rybnik O.-Schl.) in Recht 1902 S. 3 8 1 ff. — Über „Bilanz" und „Saldo" im allgemeinen s. oben S. 49.

264

Kap. Π.

Die Personen im Handelsrecht.

der Aufstellung-, Prüfung- und Veröffentlichung· der Bilanz gesetzlich und statutengemäß bestehenden Vorschriften können Maßregeln erblickt werden, die der Erhaltung des realen Substrats der Gesellschaft dienen; denn diese Vorschriften verfolgen insgesamt den Zweck, die Bilanz möglichst wahr und durchsichtig zu gestalten und folgeweise die Vermögensgrundlage in ihrer wirklichen Stärke oder Schwäche erscheinen zu lassen. Selbstverständlich dürfen alle Wertobjekte in die Bilanz nur mit dem Werte des Zeitpunkts, für welchen die Bilanz aufgestellt wird, aufgenommen werden, Wertpapiere und Waren also, welche einen Börsen- oder Marktpreis haben, höchstens zum Kurse des Tages der Bilanzaufstellung1), sofern dieser Preis aber den Anschaffungs- und Herstellungspreis übersteigt, höchstens zu letzterem. Ebenso sind andere Vermögensgegenstände höchstens zu dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis 2 ) anzusetzen; dagegen besteht eine erleichternde Ausnahme in bezug auf dauernde Anlagekapitalien; diese dürfen zum Anschaffungs- oder Herstellungspreise selbst bei gesunkenem Werte eingestellt werden, sofern eine dieser Wertminderung entsprechende Quote abgeschrieben oder als Erneuerungsfonds zu Lasten der Gesellschaft bilanziert wird 3 ). Die Bilanzen müssen mit einem Saldo abgeschlossen werden und sind vom Vorstand aufzustellen und rechtzeitig vorzulegen4), vom Aufsichtsrat und möglicherweise auch von Revisoren zu prüfen6), von der Generalversammlung zu genehmigen und alsdann zum Handelsregister einzureichen sowie in öffentlichen Blättern bekannt zu machen 6 ). Genauer: des Tags, f ü r welchen, nicht gerade a n welchem die Bilanzaufstellung erfolgt, z . B . 3 1 . Dezember, wenn die Arbeit der Bilanzenichtung für diesen Tag auch vielleicht erst im Februar oder März des nächsten Jahres gemacht wird, s. H G B . § 2 6 0 A b s . 2. 2 ) Über die Berücksichtigung von Generalunkosten § 2 6 1 Nr. 4.

des Geschäfts s. H G B .

s ) H G B . § 2 6 1 Nr. 3. Über Herstellungspreis s. R o b . E s s e r I I in Goldschmidts Z. Bd. 3 4 S. 3 2 7 fr.; S t a u b § 7 zu Art. 1 8 5 a, Η . V . S i m o n S. 3 4 8 ff. 4 ) S. oben § 3 3 S. 2 4 3 , H G B . §§ 260, 2 6 1 , Erzwingung durch Ordnungsstrafen, s. H G B . § 3 1 9 , F G G . §§ 1 3 2 ff. Über Saldo s. oben S. 49 bei und in Anm. 4. 6 ) H G B . § 2 6 0 A b s . 2 (Vorlage an den Aufsichtsrat und dann an die Generalversammlung), § 264 (Vertagung bei Bemängelung der Bilanz), § 2 6 5 (Prüfung durch Revisoren).

0) H G B . § 265 und die A n m . hierzu bei G a r e i s ,

HGB.

§ 35·

Rechtsstellung der Aktionäre innerhalb der Gesellschaft.

§

265

35-

V. Rechtsstellung der Aktionäre innerhalb der Gesellschaft. Die Rechte und Pflichten der Mitglieder einer Aktiengesellschaft (Aktionäre) werden teils durch das Gesetz, teils durch den innerhalb der gesetzlichen Schranken freien Gesellschaftsvertrag bestimmt. Die P f l i c h t e n des Aktionärs bestehen wesentlich in der Haftung mit denjenigen Anteilen, welche die einzelnen Aktionäre durch die Zeichnung von Aktien 1 ) oder durch den Erwerb derselben (nach Maßgabe des Gesetzes) übernommen haben: die oberste Grenze dieser Geldhaftung bildet der Nominalbetrag der Aktie, in den Fällen einer Uber-pari-Emission der Betrag, für welchen die Aktie ausgegeben wurde 2 ); demnach haftet der Aktionär für die Einzahlung seines Aktien-pari- oder Uberpari-Betrags nach Maßgabe des Gesetzes und der Statuten, teils direkt, teils subsidiär (s. § 34 S. 251 f., 255 f.); unterläßt der Aktionär die richtige und rechtzeitige Einzahlung, so treffen ihn die im Gesetze oder Statut hierfür vorgesehenen Rechtsnachteile 3 ),· hinsichtlich der Liberierung s. oben Seite 209 f., 255 f. Neben den obligatorischen Kapitalseinlagen kann aber — vermöge einer vom neuen HGB. hauptsächlich um der Rübenzuckerfabriken willen eingeführten Neuerung — im Gesellschaftsvertrage den Aktionären noch die Verpflichtung zu wiederkehrenden, nicht in Geld bestehenden Leistungen (ζ. B. zum Rübenbau in einer bestimmten Ausdehnung) auf') Vgl. KammergerE. v. 26. Juni 1902, Bank-Archiv Bd. I S. 167 u. 186. Über die Frage der Zusammenlegung von Aktien s. DJZ. 1902 S. 179, 499 und 547 if. und die dort angeführten Urteile, auch L a b a n d , ebenda S. 229 ff.; ferner Reichsgerichtsentscheidung v. 15. Oktober 1902 (DJZ. 1902 S. 547), wonach ein Generalversammlungsbeschluß des Inhalts, daß die Aktien derjenigen Aktionäre, die das Bezugsrecht nicht ausüben, im Verhältnis von 4 : I zusammenzulegen seien, zu beanstanden ist. Α. A. L a z a r u s in DJZ. 1903 S. 77, 78. HGB. § 211. Uber den Anteil an der Vermögensminderung s. RGZ. Bd. 33 S. 17, 18. Eine nachträgliche Erhöhung der Haftung oder des Verlustanteils könnte nur mit Zustimmung aller derjenigen Aktionäre beschlossen werden, welche damit belastet werden sollen. 3 ) HGB. §§ 218, 219 (Kaduzierung); über die Rechtsnatur des Kaduzierungsbeschlusses s. RGZ. 27 S. 51 ff. und K. L e h m a n n , Recht der AktienGes. Bd. II S. 131fr., auch oben § 34 II S. 255 f., HGB. § 220 (Reihenregreßpflicht sukzessiver Inhaber einer Aktie), § 221 (Ausschluß der Aufrechnung und der Retention). G a r e i s , HGB. Anm. 3 zu § 221.

266

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

erlegt werden 1 ); diese exorbitante Verpflichtung· kann nur im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder in einem Nachtrage hierzu, welcher die Zustimmung aller hiervon betroffenen Aktionäre voraussetzen würde, auferlegt werden; ferner muß diese Verpflichtung aus den Aktien oder Interimsscheinen der betreffenden Gesellschaft nach Art und Umfang ersichtlich sein und setzt endlich voraus, daß die Übertragung der Anteilsrechte — nämlich derjenigen, an welche jene besondere Leistungspflicht geknüpft ist — an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist, welch letztere allerdings statutengemäß gehalten sein kann, die Zustimmung stets zu erteilen, wenn nicht ein wichtiger Verweigerungsgrund vorliegt 2 ). Übrigens ist nicht ausgeschlossen, daß dem Aktionär für die ihm obliegende Leistung eine Vergütung bezahlt werde, welche nicht unter den Gesichtspunkt einer vielleicht unzulässigen Gewinnverteilung, sondern unter den einer Preiszahlung (so ζ. B. der wegen des Zusammenhanges mit der Gewinnberechnung von der Generalversammlung festgesetzte Rübenpreis) zu stellen ist 3 ). Die R e c h t e des Aktionärs sind teils V e r w a l t u n g s r e c h t e , teils F o r d e r u n g s r e c h t e . A. Was die V e r w a l t u n g s r e c h t e anlangt, so beschränken sich dieselben: a) auf die positive Mitverwaltung: Recht der Teilnahme an der Generalversammlung, Stimmrecht 4 ); b) oder sie äußern sich negierend: Anfechtungsrecht; c) oder sie stehen zum positiven und zum negativen Mitverwaltungsrecht und zu den Forderungsrechten in einem Unterstützungsverhältnis, so das Recht auf Aushändigung der Aktie, auf Eintragung oder Umschreibung im Aktienbuch 6 ). Die positiven Mitverwaltungsrechte beziehen sich auf die Führung der Geschäfte, die Prüfung der Bilanz, die eventuelle Festsetzung einer Gewinnverteilung, *) E . E b e r t , Die Nebenleistungsaktiengesellschaft. Leipzig 1904. ) H G B . §§ 2 1 2 , 2 7 6 . Durch die Zulassung von solchen Leistungsverpflichtungen, die übrigens nicht bloß 'wiederkehrende, sondern auch einmalige sein können, ist viel Streit beseitigt worden; vgl. L i p p m a n n in Goldschmidts Z. Bd. 39 S. 1 2 6 ff. und derselbe in der Festgabe der Rechtsanwaltschaft d. K G e r . f. W i l k e ( 1 9 0 1 ) S. 3 2 1 ff. 3 ) HGB. § 216. 4 ) Über die Rechte aus Genußscheinen s. R G e r E . vom 1 7 . Juni 1 9 0 1 , BankArchiv Bd. I, S. 5 0 und die oben S . 204 und S. 2 1 9 angegebene Literatur. 5 ) HGB. § 222. 2

§ 35· möglicherweise

Rechtsstellung der Aktionäre innerhalb der Gesellschaft. auch

auf Wahlen,

267

und können nur in der Generalversammlung

geltend gemacht werden 1 ); in dieser steht dem Aktionär ein statutenmäßig mehr oder weniger weit ausgedehntes Stimmrecht zu (s. oben § 33 II S. 230, 235).

Das

Verbot des Stimmenkaufs 2 ) und das der Stimmenerschieichung 3 ) soll dazu beitragen, daß in den Generalversammlungen der W i l l e der Aktionäre unverfälscht zur Geltung komme.

Neben

dieser

a l l g e m e i n e n Bedeutung

und Anwendung der Stimm-

berechtigung steht aber noch die b e s o n d e r e Verwertung des dem Aktionär zustehenden Rechts

auf Sitz und Stimme in der Generalversammlung in folgenden

gesetzlich hervorgehobenen Einzelfällen zu:

L Das Einzelredit des Aktionärs zur Anfechtung· von Generalversammlungsbeschlüssen (Anfechtungsrecht als Individualrecht) 4 ). Jeder Aktionär, welcher in einer Generalversammlung g e g e n einen daselbst gefaßten Beschluß oder g e g e n die A b h a l t u n g der Generalversammlung 5 ) Widerspruch zum Protokoll erklärt hat, sowie jeder in der Generalversammlung nicht erschienene Aktionär, welcher sich darauf beruft, daß diese Versammlung nicht gehörig einberufen oder deren Tagesordnung nicht gehörig angekündigt war, oder darauf, daß er zu dieser Generalversammlung unberechtig'terweise nicht zugelassen worden sei, kann eine Anfechtungsklage erheben. Die Klage ist gerichtet auf Ungültigkeitserklärung des gefaßten Beschlusses und muß sich gründen auf eine Gesetzes- oder Statutenverletzung (eine Meinungsverschiedenheit über eine wirtschaftliche Frage kann für sich allein zu einer gerichtlichen Ungültigkeitserklärung nicht führen und daher zur Begründung der K l a g e nicht ausreichen, es wäre denn eine offenbare Statutenverletzung dabei mit untergelaufen); doch kann eine Anfechtung auch darauf gegründet werden, daß durch den Beschluß Abschreibungen oder Rücklagen 6 ) über das nach dem Gesetze oder nach dem Gesellschaftsvertrage statthafte Maß hinaus angeordnet seien, jedoch müssen, wenn dieser Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, die Anteile des anfechtenden Aktionärs oder der die Anfechtungsklage erhebenden Aktionäre mindestens den zwanzigsten Teil des Grundkapitals ausmachen. Richtige Beklagte ist dieser Anfechtungsklage gegenüber die Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, sofern dieser nicht selbst klagt, oder durch den Aufsichtsrat, letzteres dann, wenn vom

') H G B . § 250, s. oben § 33 II S. 230. Vgl. Hermann Veit S i m o n , Die Vertretung eigener und fremder Aktien in Generalversammlungen (in Festgabe der RAnwaltschaft des K G . für W i l k e S. 257 fr.). 2 ) H G B . § 317, s. oben § 33 bei Anm. 2 S. 230. 3)

HGB. § 318, s. oben § 33 bei Anm. 1 S. 231.

4)

HGB. § 271, hierzu s. Entscheidung d. R G . v. I I . Mai 1901, Bank-Archiv Bd. 1 S. 68. — Ferner: G. B a c h m a n n , Die Sonderrechte des Aktionärs (Zürich 1902), Goldschmidts Z. Bd. 52 S. 618. 6) e)

R G Z . Bd. 30 S. 51.

Abschreibungen und Rücklagen hierzu Anm. I), 245, 261 Nr. 3.

s. HGB. §§ 237

(mit G a r e i s ,

HGB.

268

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht

Vorstand oder von Vorstandsmitgliedern1) geklagt wird, "welche damit die Annullierung eines Generalversammlungsbeschlusses herbeiführen können, dessen Ausführung dem Vorstande zukommen würde, ohne daß dieser durch die Generalversammlung vor den Folgen einer rechtswidrigen Handlungsweise gedeckt wäre2).

Die Anfechtung· zeichnet sich prozessualisch durch folgende Eigentümlichkeiten aus: a) Zuständig ist immer das Landgericht, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat3). b) Die Anfechtung kann nur binnen einem Monate von dem Tage der Beschlußfassung an erfolgen und die mündliche Verhandlung über die Anfechtungsklage nicht vor Ablauf eben derselben Frist anberaumt werden 4 ). c) Eigentümlich ist ferner die obligatorische Kumulierung mehrerer Anfechtungsprozesse, welche ein und denselben Generalversammlungsbeschluß zum Gegenstande haben 5 ). d) Das Gericht kann auf Verlangen anordnen, daß der Gesellschaft Sicherheit zu leisten sei8). e) Der Vorstand hat die Tatsache der Erhebung einer Anfechtungsklage und den Termin zur mündlichen Verhandlung gehörig zu veröffentlichen, und die der Klage entsprechende Ungültigkeitserklärung, welche auch gegenüber den nicht prozessierenden Aktionären rechtswirksam ist, zum Handelsregister einzureichen7). — Wird dieses Anfechtungsrecht böslich mißbraucht und dadurch die Gesellschaft geschädigt, so haften die Anfechtungskläger als Gesamtschuldner für den Schadensersatz 8 ). II. Minderheitsredite 9 ). i. Das Enqueterecht einer Aktionärfraktion. Aktionäre, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, können verlangen, daß das Amtsgericht 10 ), in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, ') Der Staatsanwaltschaft steht die Erhebung dieser Klage nicht zu ( G a r e i s , HGB. § 271 Anm. 4). Im übrigen s. FGG. §§ 126, 132. 2 ) HGB. §§ 2 7 1 , 241 Abs. 4. Vgl. oben § 33 H S . 236, I H S. 2 4 1 , Apm. 4, IV S. 247 f. 8 ) HGB. § 272 Abs. 2 Satz 1 . ") HGB. § 271 Abs. 1, § 272 Abs. 2 Satz 2. B ) HGB. § 272 Abs. 2 Satz 3. e ) HGB § 272 Abs. 3 mit ZPO. § χ 13. ') HGB. § 272 Abs. 4, § 273 Abs. 1, § 319, und FGG. §§ 132 fr. 8 ) HGB. § 273 Abs. 2. Über bösliche Handlungsweise s. G a r e i s , HGB. § 202 Anm. 6 u. und oben § 33 S. 229 Anm. 5. 9 ) HGB. §§ 266, 254, 269, 264, 295. Vgl. L u b s z y n s k i , Welche Rechte hat die Minderheit der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft? (Berlin 1892.) 10 ) HGB. v. 1897 (vorher Landgericht) und FGG. § 145.

§ 35·

Rechtsstellung der Aktionäre innerhalb d e r Gesellschaft.

269

zur Prüfung eines Vorgangs bei der Gründung oder der Geschäftsführung innerhalb der letzten zwei Jahre Revisoren ernenne, unter der Voraussetzung, daß: a) ein in der Generalversammlung gestellter Antrag auf Prüfung abgelehnt, b) Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- oder Statutenwidrigkeiten dem Gerichte glaubhaft gemacht, c) die Aktien der Antragsteller gerichtlich deponiert und deren mehr als halbjähriger Besitz nachgewiesen, und d) die etwa verlangte Kaution seitens der Antragsteller hinterlegt wird. Durch dieses R e c h t , die gerichtliche Bestellung von R e v i s o r e n zu verlangen 1 ), soll eine erhöhte Sicherheit der Aktionäre und die Durchsichtigkeit der gesamten Geschäftsführung in jedem Augenblick erreicht werden, selbst w e n n eine geschlossene Majorität sich der P r ü f u n g widersetzen sollte. s. oben § 33 V S. 249 f. 2 ).

Da

der K r e d i t

Uber die Tätigkeit der Revisoren der Aktiengesellschaft

durch eine

mutwillig herbeigeführte E n q u e t e ebenso wie durch eine frivole Beschlußanfechtung geschädigt werden kann, so sind nicht bloß die erwähnten Voraussetzungen statuiert, s o n d e r n auch die gesamtschuldnerische H a f t u n g für den Ersatz des durch den ungerechtfertigten Revisionsantrag

dem Gesellschaftsvermögen

böslicherweise

zuge-

fügten Schadens gesetzlich vorgesehen®).

2. Das Ersetz klagerecht einer Aktionärfraktion. Als Minoritätsrecht, welches Aktionären, deren Anteile zusammen wenigstens den zehnten Teil des Grundkapitals darstellen4), rechtlich ebenso wie einer einfachen Majorität gesetzlich zusteht, kömmt auch ein Klagerecht der Gesellschaft gegen Gründer, Gründungskomplizen, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder und Emissionshäuser in Betracht. Es trägt nicht wenig zur

Sicherung

der

Gesellschaftsinteressen

bei,

daß nicht

bloß

einer Majorität,

sondern unter bestimmten Voraussetzungen (Aktiendeposition, Nachweis des längeren Besitzes der A k t i e n , ev. auch Kautionsbestellung) 5 ) auch einer Minorität das R e c h t zusteht, die Haftklagen aus dem Griindungsstadium zu erheben.

R i c h t e t sich die

K l a g e gegen die Vorstandsmitglieder, so ist der Aufsichtsrat, werden Aufsichtsratsmitglieder verklagt,

so sind besondere, in der Generalversammlung gewählte, im

Notfalle vom Gericht auf Antrag ernannte Bevollmächtigte mit der F ü h r u n g des Prozesses betraut 6 ). zu bewahren, ') Gericht 2 ) 3 ) 4 ) e )

U m den K r e d i t der Gesellschaft vor frivolen Erschütterungen

ist auch hier der entsprechende Schadensersatzanspruch gegeben 7 ).

H G B . § 266 A b s . I — 4 . V o r der Ernennung der Revisoren hat den Vorstand und den Aufsichtsrat zu hören. Hierzu s. auch H G B . § 267 A b s . I u. 2. H G B . § 267 A b s . 3. δ H G B . § 268 A b s . I (früher f ü n f t e r Teil). ) H G B . § 26g. 7 H G B . § § 268, 247. ) H G B . § 269 1. A b s .

das

Kap. Π.

270

Die Personen im Handelsrecht.

3. Das Recht einer Aktionärfraktion, die B e r u f u n g " einer Generalversammlung sowie eine bestimmte Tagesordnung für dieselbe zu verlangen (s. S. 231 § 33 II bei Anm. 1 1 ebenda). Dieses Recht ist gesetzlich an den Besitz von 5 °/0, statutenmäßig möglicherweise auch eines geringeren Anteils, am Grundkapitale geknüpft'). 4. Das Recht einer Minorität, die Bilanz zu b e m ä n g e l n und die Beschlußfassung über die Bilanz zu vertagen. Die Minderheit, welche dieses durchsetzen will, muß mindestens ein Zehnteil des gesamten Grundkapitals besitzen2). 5. Eine Aktionärfraktion, welche den zwanzigsten Teil des Grundkapitals in Aktien besitzt, und zwar seit mindestens sechs Monaten, kann im Falle der Liquidation — entgegen dem Statut oder dem Majoritätsbeschlüsse — verlangen, daß die Ernennung der Liquidatoren durch den Richter erfolge 8 ). B. Die F o r d e r u n g s r e c h t e des Aktionärs als solchen — im Gegensatze zu seinen Verwaltung'srechten — beziehen sich auf Kapital- und Gewinnanteile 4 ) und auf den Bezug neuer Aktien (Bezugsvorrechte) 6 ); die Übertragbarkeit der Aktien richtet sich nach der Art derselben. Der verhältnismäßige Anteil 8 ), welchen der Aktionär am Gesellschaftsvermögen hat, wird erst nach Auflösung der Gesellschaft liquid und kann erst nach Ablauf des gesperrten Jahres, von der richtig bekannt gemachten Auflösung der Gesellschaft an, zur Auszahlung gelangen. Der Anteil an dem Gewinne, das Recht auf die Dividende, auch auf die dementsprechende Zustellung von Dividendencoupons und -talons, ist kein Zinsrecht 7 ), 'sondern nur ein Recht am Reingewinne, vorausgesetzt, daß die Verteilung eines solchen von der Generalversammlung HGB. § 254. ) H G B . § 264, s. oben § 3 3 I I u. I I I S. 2 3 0 fr. ) H G B . § 295 Abs. 2 mit RGes. über die Angel, d. freiw. Ger. vom 1 7 . Mai 1 8 9 8 § 1 4 5 . Vgl. oben § 24 V I I I S. 148. 4 ) Vermögensverteilung s. H G B . § 300, auch §§ 3 0 1 , 302 ebenda. Gewinnverteilung s. H G B . § 2 1 4 auch § 2 1 3 ebenda. Über die Dividendenrechte und ev. Dividendenvorrechte s. oben § 3 t B S . 208. 6 ) H G B . §§ 2 8 2 , 2 8 3 . e ) „Anteil" s. G i e r k e , Genossenschaftstheorie S. 3 2 7 . Dividendenrecht R G Z . 9 S. 30, 2 2 S. 1 1 3 , 2 4 S. 2 0 5 . Über den Anteil am Kapitalvermögen s. R G Z . Bd. 3 3 S. 1 7 , 18. 7 ) * H G B . § 2 1 5 , s. oben § 34 Β I S . 2 5 4 . Über Coupons s. oben § 3 4 ebenda und unten § 63 Π Ι 4. 2

s

§ 36.

Auflösung und Nichtigkeit der Aktiengesellschaft.

271

beschlossen w i r d A u ß e r dem b e d i n g t e n R e c h t auf Dividende, S u p e r - und Extradividende kann dem einzelnen A k t i o n ä r allerdings auch noch ein R e c h t auf s o g . Bauzinsen zustehen 2 ). D i e in g u t e m Glauben e m p f a n g e n e n Zinsen und Dividenden braucht der A k t i o n ä r nicht zurückzuerstatten 3 ); doch haben im Falle g e s e t z w i d r i g e r V e r m ö g e n s v e r t e i l u n g die hierdurch g e s c h ä d i g t e n G e s e l l s c h a f t s g l ä u b i g e r nicht bloß ein K l a g e r e c h t g e g e n die Gesellschaftsorgane, w e l c h e die V e r t e i l u n g gesetzw i d r i g v o r g e n o m m e n haben, sondern auch g e g e n die widerrechtlich bereicherten Aktionäre, insoweit sie von letzteren W i e d e r l a g e n zur Ersetzung des g e s c h m ä l e r t e n Grundkapitals f o r d e r n können 4 ). Ein Dividendenvorrecht, w e l c h e s zugunsten einer G a t t u n g von A k t i e n besteht, kann bei S t a t u t e n ä n d e r u n g nicht ohne einen in g e s o n d e r t e r A b s t i m m u n g g e f a ß t e n Zustimmungsbeschluß der A k t i o n ä r e jener G a t t u n g beeinträchtigt w e r d e n 6). §

VI.

36.

Auflösung und Nichtigkeit der Aktiengesellschaft.

I. Endigungsgründe. V o n der A u f l ö s u n g der A k t i e n g e s e l l s c h a f t im allgemeinen und von den drei s o g . gesetzlichen A u f l ö s u n g s g r ü n d e n : 1. q u a l i f i z i e r t e r G e n e r a l v e r s a m m l u n g s b e s c h l u ß 6 ) , 2. Z e i t a b l a u f 7 ) und 3. K o n k u r s e r ö f f n u n g 8 ) , ist bereits widerholt g e s p r o c h e n worden (insbesondere § 24 V I I S. 142 f.). *) Natur und Entstehung des Rechts auf eine Dividende s. R G Z . Bd. 22 S. 114. Bauzinsen s. HGB. § 215 Abs. 2 und oben S. 254 f.; Superdividende und Extradividende s. oben (Gattungen von Aktien) § 31 S. 208 Anm. 5. 3) HGB. § 2 1 7 . 4 ) Klagerecht gegen Vorstandsmitglieder s. HGB. § 241 Abs. 3, 4, 5; ungerechtfertigte Bereicherung s. BGB. §§ 8i2ff. Im übrigen vgl. R e n a u d , R . d. Akt.Ges. S. 671fr.; R i n g , AktGes. S. 517 ff., 650. 5 ) H G B . § 275 Abs. 3, § 278 Abs. 2; Gattungen, Prioritätsaktien u. dgl. s. oben § 31 S. 208 f. e ) HGB. § 292 Abs. 1 Nr. 2; s. oben § 33 Π Nr. 6 S. 236 bei Anm. 8. 7) H G B . § 292 Abs. 1 Nr. I Registerpflicht auch in diesem Falle s. HGB. § 293. Über die trotzdem erfolgende Fortsetzung s. oben § 24 V I I S. 144 bei Anm. 2. 8) HGB. § 292 Abs. I Nr. 3, s. oben § 33 III Nr. 8 S. 243 bei Anm. 4. Nach der Konkursordnung (neue Fassung) §§ 207, 208 kann die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der AktGes. von jedem Konkursgläubiger, jedem Mitgliede des Vorstands und jedem Liquidator einzeln beantragt werden; das Konkursgericht hat dem Antrage stattzugeben, wenn er vom ganzen Vorstande oder im Liquidationsfalle von allen Liquidatoren gestellt wurde; ist dies nicht 2)

272

K a p . Π.

Die Personen im Handelsrecht.

Es sind noch andere Auflösungsgründe denkbar, die nicht an sich, aber in ihren Folgen 1 ) das Gebiet des Handelsrechts berühren; polizeiliche Verbote greifeji den handelsrechtlichen Bestand einer Aktiengesellschaft nicht direkt an, fuhren aber mittelbar die Auflösung der Gesellschaft herbei. Eine K l a g e auf Auflösung der Gesellschaft steht weder einem einzelnen Aktionär, noch auch einer Minorität zu. Durch Amortisation aller Aktien (d. i. W e g f a l l aller Mitglieder) wird die A u f l ö s u n g der Gesellschaft bewirkt (nicht aber durch die Vereinigung aller Aktien in einer Hand) 2 );, die Veräußerung des Vermögens einer Aktiengesellschaft im ganzen wird vom Gesetzgeber als eine besondere A r t der Auflösung aufgefaßt, bei welcher von der Durchführung der Liquidation abgesehen werden kann 3 ). II. Die Liquidation der Aktiengesellschaft steht im wesentlichen unter denselben Grundsätzen wie die Liquidation der Handelsgesellschaften überhaupt, wie auch die A u f g a b e n der Liquidation im wesentlichen bei allen dieselben sind4). „ G e b o r n e " Liquidatoren sind hier die Mitglieder des Vorstands 6 ); sie können aber nach Vertrag oder richterlicher Ernennung durch gekorne oder bzw. richterliche Liquidatoren ersetzt sein®). Von ihren Aufgaben ist hier im einzelnen folgendes zu bemerken: 1. Für den Beginn der Liquidation und weiterhin für den Schluß eines jeden (Kalender- oder des Geschäfts-)Jahres haben die Liquidatoren eine Bilanz aufzustellen, welche der Generalversammlung rechtzeitig vorzulegen und in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern unverzüglich bekannt zu machen und registerpflichtig ist 7 ). 2. Bei der Durchführung der Liquidation haben die Liquidatoren die Rechte und Pflichten des Vorstands, unterliegen aber wie der Vorstand der Überwachung der Fall, so ist der Antrag nur dann zuzulassen, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung glaubhaft gemacht wird. ») HGB. § 292 Abs. 2. 2 ) S. oben § 31 IV S. 210 f. (vgl. RGZ. Bd. 22 S. 116). And. Ansicht R i n g , Akt.Ges. S. 655, 656. 3) HGB. §§ 303—306, hiervon unten HI. Vgl. auch oben § 24 V I I S. 144 ff. mit Anm. 8, S. 236. 4) S. oben § 24 V I I I S. 145 ff., vgl. auch oben § 28 C S. 178. 6) HGB. § 295. e) Hiervon oben § 24 a. a. O. S. 147 ff. nach H G B . § 295 u. R G . über die FGG. § 145. Registerpflicht der Liquidatoren s. oben S. 149 (HGB. § 296). ') H G B . § 299 mit den dort angeführten Paragraphen. S. ferner oben § 24 V I I I S. 149f. unter I und die Zwangsvorschriften des HGB. § 3x9 mit FGG. v. 17. Mai 1898 § § 132 fr.

§ 36.

Auflösung und Nichtigkeit der Aktiengesellschaft.

273

seitens des Aufsichtsrats 1 ); die Teilnahme an Konkurrenzunternehmungen ist den Liquidatoren nicht untersagt 2 );

zur Ernennung eines Prokuristen sind die Liqui-

datoren nicht befugt 3 ), die trotzdem erfolgte Prokuraerteilung wäre nichtig. 3. D i e Liquidation hat auch hier mit der Verteilung 1 ) der nach Tilgung der Schulden vorhandenen Aktiva unter die Mitglieder zu endigen.

Zur Sicherung der

Gläubiger dient die dreimalige öffentliche Aufforderung in den Gesellscbaftsblättem; eine

besondere Aufforderung

bekannten

der den Liquidatoren aus den Büchern oder sonst

Gesellschaftsgläubiger

ist

hier

nicht

vorgeschrieben 5 );

unterlassen

Gläubiger es, sich zu melden, die bekannt sind, so ist der Betrag ihrer Forderung, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für die Gläubiger zu hinterlegen; letzteres hat auch in Ansehung der schwebenden und streitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu

geschehen,

soweit

nicht die Verteilung

deshalb aus-

gesetzt oder den Gläubigern Kaution gestellt wird 8 ). 4. Die Verteilung der restierenden Aktiva

darf

erst

nach Ablauf des ge-

sperrten Jahres erfolgen, s. oben § 24 V I I I S. 150, 151. 5. Nach beendigter Liquidation diese Tatsachen durch

die

und Ablegung

der Schlußrechnung 7 )

hierzu bestimmten Zeitungen

von

sind

den Liquidatoren

bekannt zu machen und die Bücher und Papiere der liquidierten Gesellschaft zehn Jahre lang an einem gerichtlich bestimmten sicheren Orte aufzubewahren 8 ). 6. Die Liquidatoren haften für die sorgfältige Ausführung privatrechtlich

(für Schadensersatz

persönlich

der Liquidation

als Gesamtschuldner) 9 )

und straf-

rechtlich 10 ).

III. Außerordentliche Auflösungsfälle: Totalübergang, — Verstaatlichung-, — Fusion. Eine Mehrheit von mindestens drei Vierteilen des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals kann — gegebenenfalls unter Erfüllung der übrigen für dieses Vorkommnis aufgestellten Erfordernisse — be*) H G B . § 298 A b s . 2. Firmenzeichnung s. oben § 24 S. 149 A n m . 3, S. 150 Ziff. 2 ; Kollektivvertretung s. H G B . § 298 Abs, 3 und oben S 149 Anm. 5. Hinsichtlich der freien Grundstücksveräußerung s. oben S. 150 bei A n m 6 u. Denkschr. S. 3 1 9 1 . 2 ) H G B . § 298 1. Satz, unbeschadet ihrer Haftung, wie unten Nr. 6 erörtert. s ) HGB. § 298 A b s . 4. 4 ) H G B . § 360; sie erfolgt nach dem Verhältnisse der Aktienbeträge unter Berücksichtigung der bestehenden Vorzugsrechte und der gemachten Einzahlungen; nach dem Verhältnis der Aktienbeträge wird auch der Verlust repartiert; über all dies s. H G B . § 300 A b s . 2 u. 3 mit G a r e i s , H G B . Anm. I — 4 zu § 300 u. oben § 24 V I I I S. 1 5 1 , 152. 6 ) H G B . § 297 mit G a r e i s , H G B . A n m . 3 hierzu. 0) H G B . § 301. 7 ) Über den Entlastungsbeschluß s. R G Z Bd. 34 S. 57. 8 ) H G B . § 302 A b s . I und 2 (vgl. oben § 24 V H I S. 152). Einsichtsrechte s. A b s . 3 ebenda; zuständiges Gericht (Amtsgericht) s. F G G . §§ 132 ff., 145. Stellt sich nachträglich noch weiteres der Verteilung unterliegendes Vermögen heraus, so hat auf Antrag eines Beteiligten das Amtsgericht des Sitzes der Gesellschaft die bisherigen Liquidatoren emeut zu bestellen oder andere Liquidatoren zu berufen. Uber die Geschichte und Bedeutung dieser in A b s . 4 dem § 302 d. H G B . beigefügten Vorschrift s. G a r e i s , H G B . A n m . 5 zu diesem Paragraphen, S. 281. ") H G B . § § 241, 298 A b s . 2. Ό) H G B . § § 314, 315, 319. G a r e i e , Handelsrecht.

8. Aufl.

18

274

K a p . II.

D i e Personen im Handelsrecht.

schließen, daß das V e r m ö g e n der Gesellschaft im ganzen, also A k t i v a und Passiva derselben zusammen, veräußert und auf diese W e i s e das Gesellschaftsvermögen ohne völlige Zerreißung des Unternehmens verwertet werden soll. Ein solcher Beschluß wird stets als Auflösung der Gesellschaft behandelt, zieht aber Modifikationen der Liquidation oder den W e g f a l l dieser nach sich; kommt es in einem solchen Falle zu einer liquidationsähnlichen Abschließung der Geschäfte, so beschränkt sich die A u f g a b e und Zuständigkeit der Liquidatoren auf diejenigen Geschäfte und insbesondere Rechtshandlungen, welche zur Ausführung der beschlossenen Maßregel gehören; zur Sicherung der Gesellschaftsgläubiger ist aber vorgeschrieben, daß die Ausantwortung des Vermögens an den Ubernehmer nur unter Beobachtung der für die Verteilung desselben unter die A k tionäre geltenden Vorschriften stattfinden dürfe, also Gläubigeraufgebot und Sperrjahr 1 ). In drei besonderen Fällen einer solchen Totalveräußerung, nämlich im Kalle der sog. V e r s t a a t l i c h u n g (s. unten bei A n m . 3 u. 4) (oder Kommunalisierung),

ferner

im F a l l e

der

folgende Seite) und im Falle der U m w a n d l u n g G. m. b. H.

(s.

S.

276)

kann

der

völlige

sog. F u s i o n (Verschmelzung s. einer Aktiengesellschaft in eine

Wegfall

der

Liquidation

verein-

bart werden; dann ist es Sache des Vorstands, die Uberleitung des Unternehmens an den übernehmenden Staat, Kommunalverband oder Verein u. dgl. zu b e w i r k e n ; unter

den

genannten Voraussetzungen,

nämlich in allen Fällen,

in w e l c h e n ein

Totalübergang ohne Liquidation stattfindet, geht die Firma der Aktiengesellschaft sofort unter, sobald jene Uberleitung und die hierzu gehörende Eintragung in das Handelsregister — Liquidation statt,

die des Erlöschens der Gesellschaft —

bewirkt ist; findet eine

so besteht die Firma zunächst fort, als Liquidationsfirma, ja es

kann, abgesehen von jenen beiden benannten Fällen, sogar ein Ubergang der Firma auf

den Totalübernehmer

vereinbart

werden,

jedoch

ohne

den für die A k t i e n -

gesellschaft als solche charakteristischen Formalzusatz „Aktiengesellschaft"®). I. V e r s t a a t l i c h u n g .

Der qualifizierte Generalversammlungsbeschluß,

nach das Vermögen einer Aktiengesellschalt als ganzes — ζ. B. eine Eisenbahn von dem R e i c h e ,

einem Bundesstaat oder einem inländischen

übernommen werden soll, des Amtsgerichts,

erlangt erst W i r k u n g ,

wo—

Kommunalverband

wenn er in das Handelsregister

in dessen Bezirke sich der Sitz der Gesellschaft befindet, nach

vorgängiger formeller Anmeldung 8 ) eingetragen ist; die Eintragung jenes Beschlusses hat hier konstitutive B e d e u t u n g : mit ihr gilt der Vermögensübergang einschließlich der Schulden als erfolgt, und die Firma der Gesellschaft ist erloschen 4 ). ') H G B . § 2) H G B . § 3) H G B . § s. oben § 24 S. R d. A k t G e s . Η 4) G a r e i s ,

303 mit § § 297, 3 0 1 . 303 A b s . 2, § 304 1. S „ § 20. 304 A b s . 3, 4. Ü b e r Verstaatlichung und Kommunalisierung 144', 145, 147 und S t a u b , H G B . S. 1014 fr.; K . L e h m a n n , S. 538. H G B . § 304 A n m . 5, 6 S. 284, 285.

§ 36. 2. F u s i o n 1 ) . Vermögen

275

Auflösung und Nichtigkeit der Aktiengesellschaft. Der qualifizierte Generalversammlungsbeschluß,

der dieses beschließenden Aktiengesellschaft

wonach das

als ganzes — mit oder

ohne Liquidation — an eine andere Aktiengesellschaft oder an eine Kommanditgesellschaft auf Aktien Auflösung

gegen Gewährung von Aktien übergehen soll, führt zur

dieser Gesellschaft, andererseits aber zur Erhöhung des Grundkapitals

der übernehmenden Gesellschaft; für die letztere kommen demnach die oben § 34 V I S. 259 f. erörterten Grundsätze2) über Kapitalserhöhung in Anwendung, jedoch mit erleichternden Modifikationen: letztere bestehen darin, daß die Volleinzahlung des

bisherigen Aktienkapitals

des Zeichnungsscheins,

der übernehmenden Gesellschaft,

die Berücksichtigung

die Ausstellung

der Aktienbezugsrechte,

die Ein-

reichung des Aktionärverzeichnisses und die verbindliche Erklärung der erforderlichen Barzahlung

nicht verlangt werden;

Gesellschaft gegen

solche

da nun der Umtausch von Aktien der einen

der anderen erzielt wird,

genügt zum Nachweise der

Deckung des erhöhten Kapitals die Einreichung des von der Generalversammlung der aufgelösten Gesellschaft genehmigten Vertrags über die Vermögensübernahme; der

erwähnte Umtausch

bei

einer Zusammenlegung

der Aktien wird aber unter Umständen ebenso wie der von Aktien

behufs Kapitalsreduktion

(s. oben § 34

V 2 S. 2 6 1 f.) praktisch nicht ohne Aktieneinrufung unter dem Präjudiz der Kraftloserklärung durchführbar sein;

daher gestattet der Gesetzgeber diese Maßregel und

die Verwertung der an die Stelle der für kraftlos erklärten Aktien tretenden neuen Aktien für Rechnung der Beteiligten dem übernehmenden Aktienvereine 3 ).

Unter-

bleibt in einem solchen Fusionsfalle vereinbarungsgemäß die Liquidation, so gilt, wie im analogen Falle der Verstaatlichung, schon mit der registerrichterlichen Eintragung

des von dem Vorstande der aufzulösenden Gesellschaft eingereichten Be-

schlusses

der auflösenden Generalversammlung der Übergang des Vermögens der

Gesellschaft, einschließlich der Schulden derselben, als erfolgt, aber es muß dieses Vermögen durch die übernehmende Gesellschaft doch g e t r e n n t verwaltet werden; auch bleibt der bisherige Gerichtsstand der aufgelösten Gesellschaft zunächst bestehen, und die Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft haben ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung erst wenn

aus

dem zu ihren Gunsten getrennt verwalteten Vermögen;

diese Gläubiger von der übernehmenden Gesellschaft zur Anmeldung

ihrer Ansprüche dreimal richtig 4 ) aufgefordert sind und seit dem dritten Aufgebote das gesperrte Jahr verstrichen ist, darf die getrennte Verwaltung aufgehoben und die beschlossene Vermögensverschmelzung wirklich vollzogen werden; dafür haften den Gläubigern der aufgelösten Gesellschaft die Mitglieder des Vorstands und die des Aufsichtsrats als Gesamtschuldner, letztere jedoch nur, soweit die schädigende verfrühte Vereinigung der Vermögen beider Gesellschaften mit ihrem Wissen und ohne ihr Einschreiten erfolgt 5 ). *) Über Fusionsfälle s. oben S. 146 ff. und vgJ. K . L e h m a n n , R . d. Akt.Ges. I I S. 5 2 3 und derselbe in Goldschmidts Z. Bd. 50 S. 4 1 ; S t a u b , H G B . S. 1 0 2 3 ff. 3 η H G B . §§ 2 7 8 — 2 8 7 . ) H G B . § 305. 4 ) H G B . §§ 306 Abs. 5 , . 2 9 7 , 3 0 1 . 6 ) H G B . § 306 1. Abs. Uber die trotz der Auflösung vorzunehmende F o r t s e t z u n g der Gesellschaft, dann nämlich, wenn der Zweck der Auflösung (Totalveräußerung oder Fusion) nicht erreicht wurde, s. H G B . § 307 und oben § 24 V I I S. 144 ff., insbesondere Anm. 5 S. 144. Jfl*

276

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

3. U m w a n d l u n g der A k t i e n g e s e l l s c h a f t in eine G m b H . D i e Form der letzteren G e s e l l s c h a f t ist für m a n c h e Untern e h m u n g g e e i g n e t e r als die der A k t i e n g e s e l l s c h a f t , es konnte a b e r v o r dem Inkrafttreten der G m b H G . doch nur die der A k t i e n g e s e l l s c h a f t g e w ä h l t werden, so daß es sich nun empfiehlt, letztere in die nun m ö g l i c h e g e e i g n e t e r e F o r m umzuwandeln; ohne b e s o n d e r e gesetzliche B e s t i m m u n g für diesen Fall w ä r e eine solche U m w a n d l u n g nur dadurch möglich, daß das V e r m ö g e n der A k t i e n g e s e l l s c h a f t nach § 303 H G B . veräußert und der A b l a u f des S p e r r j a h r e s a b g e w a r t e t w e r d e n müßte, wodurch der wirtschaftliche F o r t b e t r i e b selbstverständlich s c h w e r g e s c h ä d i g t , ja oft u n m ö g l i c h g e m a c h t w e r d e n w ü r d e ; G m b H G . § 80 e r m ö g l i c h t aber, daß ohne diese Umw e g e und S c h w i e r i g k e i t e n aus einer A k t i e n g e s e l l s c h a f t eine G m b H , wird, die das V e r m ö g e n der g e w e s e n e n A k t i e n gesellschaft als d a s s e l b e R e c h t s s u b j e k t — nur in einer andern F i g u r e n f o r m 1 ) — innehat and den B e t r i e b u n g e s t ö r t fortsetzt. (Vgl. auch unten § 37 I V Ziff. 11 S. 286, 287.) Bei dieser Umwandlung sind — nach S t a u b , G. m. b. H. S. 535 ff. — fünf Hauptakte zu unterscheiden: I. die Gewährung der Beteiligungsmöglichkeit an alle Aktionäre der umzuwandelnden Gesellschaft; 2. die Auflösung der letzteren Gesellschaft nach Aktienrecht 2 ); 3. die Genehmigung der Beteiligungsbilanz; 4. die formgerechte Errichtung der G. m. b. H. und 5. die Registrierung der letzteren. Möglicherweise liegt ein Grund vor, den Totalveräußerungsbeschluß rechtlich anzufechten; gegen wen soll aber die Anfechtungsklage, wenn dies der Fall ist, gerichtet werden können, da der gegebene Beklagte 3 ), die Gesellschaft, deren Generalversammlung den anfechtbaren Beschluß faßte, nicht mehr existiert? Das Gesetz beantwortet diese Frage durch die ausdrückliche Bestimmung, daß die Anfechtung gegen die Rechtsnachfolgerin der aufgelösten Gesellschaft, also gegen die übernehmende Gesellschaft oder juristische Person zu richten ist 4 ). Scheitert die Totalveräußerung, erfolgt ζ. B. die Anmeldung der im Falle 3 zu errichtenden G. m. b. H. zu spät5), so bleibt die Gesellschaft aufgelöst und tritt in Liquidation; es kann aber nach HGB. § 307 eine Fortsetzung eintreten, eine Rekonstruktion in eine lebendige Gesellschaft. S t a u b , a. a. O. S. 543 Anm. 39.

I V . Nichtigkeit der Errichtung einer Aktiengesellschaft b e w i r k t eine E n d i g u n g des tatsächlich oder scheinbar vor*) Uber die juristische Konstruktion dieses Vorgangs s. RGZ. Bd. 55 (1904) S. 126, 127, G a r e i s , DJZ. 1904 S. 512 u. HGB. S. 157 Anm. 3. zu § 162; s. auch unten § 39 Η a. Ε. Anm. 5 S. 318. 2 ) HGB. §§ 256, 259, 274, 292; s. S t a u b , GmbHG. Anm. 4 zu § 80. 3 ) HGB. §§ 272, 508. 4 ) HGB. § 308 mit Anm. 3 bei G a r e i s , HGB. S. 289. 6 ) GmbHG. § 80 Abs. 5.

§ 36.

277

Auflösung und Nichtigkeit der Aktiengesellschaft.

handenen Gesellschaftsverhältnisses, welche in ihren Wirkungen der Aufhebung· gleichkommt. Fehlt es an einem der w e s e n t l i c h e n Requisite der Errichtung der Gesellschaft, so ist eine solche überhaupt nicht vorhanden 1 ); auch ohne daß ein Urteil dies ausspräche, ist, wenn ζ. B. der Gesellschaf tsvertrag überhaupt fehlt, oder nur von zwei oder drei Personen errichtet wurde, oder nicht in gerichtlicher oder notarieller Verhandlung festgesetzt ist, die Nichtigkeit anzunehmen, also keine Gesellschaft ins Leben getreten; dies steht außer Zweifel, es mag nun eine Eintragung in das Handelsregister stattgefunden haben oder nicht. Freilich, wenn eine Registrierung der ,. Gesellschaft" vorliegt, so hat diese wenigstens eine Scheinexistenz, und diese Scheinexistenz kann nicht vollständig ig-noriert werden, der Verkehr fordert vielmehr, daß selbst nach der Eintragung der Nichtigkeit die im Namen der „Gesellschaft" mit Dritten vorgenommenen Rechtsgeschäfte für wirksam gehalten werden und die Aktionäre die versprochenen Einzahlungen wenigstens so weit zu leisten haben, als zur Erfüllung der eingeg'angenen Verbindlichkeiten erforderlich ist2). Abgesehen hiervon aber handelt es sich dann darum, entweder a) auch diese Scheinexistenz zu beseitigen und die Eintragung zur Tilgung zu bringen, oder b) aus der Scheinexistenz eine wirkliche Gesellschaft von unanfechtbarem Wesen werden zu lassen. Zu a. Die Beseitigung auch des Scheins einer Aktiengesellschaft kann α) durch die jedem Gesellschafter, aber auch jedem Mitgliede des Vorstands und des Aufsichtsrats zustehende Klage auf Nichtigkeitserklärung wegen Mangels oder wegen Nichtigkeit eines der wesentlichen Requisite des Gesellschaftsvertrags erfolgen; die Klage ist gegen die Gesellschaft selbst zu richten, diese wird dabei wie im Falle der Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses vertreten und, wie in diesem Falle, so ist auch hier das Landgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat; das die Nichtigkeit der Gesellschaft aussprechende Urteil hat nicht konstitu2

H G B . § 1 8 2 A b s . ι u. 2. ) H G B . § 3 1 1 mit G a r e i s , H G B . Anm. 1 — 3 hierzu S. 2 9 1 ,

292.

278

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

tive, sondern nur deklaratorische 1 ) Bedeutung·, ist aber registerpflichtig· 2 ); die Eintragung der Gesellschaft kann jedoch ß ) wenn die Voraussetzungen dieser Nichtigkeitsklage vorliegen, auch von Amts wegen durch das Registergericht 3 ) sowie γ) auf V e r f ü g u n g des Landgerichts von dem das Handelsregister führenden Amtsgerichte gelöscht werden 4 ). Zu b. Um aus der Scheinexistenz eine wirkliche Gesellschaft von tadellosem Bestände werden zu lassen, gibt es an und für sich а) kein anderes Mittel, als eine völlige Neuerrichtung unter Beobachtung aller Normativbestimmungen und Erfüllung aller Erfordernisse der Gesellschaftserrichtung; allein, wenn ß) die 1 die Nichtigkeit bewirkenden Mängel nur die B e stimmungen über die Firma oder den Sitz der Gesellschaft, den Gegenstand des Unternehmens, die Bestellung der Zusammensetzung des Vorstands, die Form der Gesellschaftspublikationen oder die der Berufung der Generalversammlung betreffen, ist eine Heilung gesetzlich vorgesehen; es wird nämlich alsdann fingiert, daß die — nicht bestehende — Gesellschaft eine Generalversammlung halten könne, und unter dieser Fiktion wird alsdann die Heilung des Mangels durch einen allen gesetzlichen Vorschriften über Statutenänderung entsprechenden Beschluß dieser Generalversammlung herbeigeführt 6 ).

5. Die

§ 37· Kommanditgesellschaft

auf

Aktien6).

Die Anteilrechte von Kommanditisten (s. oben § 30 S. i9of.) können nach dem wirtschaftlichen Ermessen der Beteiligten die Form und das Wesen von Aktien annehmen, und so entsteht diejenige Kombination, die man Kommanditgesellschaft auf Aktien (KonnnG. a. Akt.) nennt 7 ). Das Eigenartige dieser nicht sehr häufig angewandten, aber doch nicht zu J ) Dies muß auch angesichts der Sonderbestimmungen des § 3 1 1 Abs. 2 u. 3 (s. oben bei voriger Anm.) festgehalten werden; denn diese Vorschriften sind eben nur Sonderbestimmungen, praktische Notbehelfe, welche eine in Liquidation befindliche Aktiengesellschaft fingieren. 2 ) HGB. § § 309 (mit 2 7 2 , 2 7 3 ) , 3 1 1 . Denkschr. S. 3 2 2 3 . 3

4 ) FGG· § § 6 ) HGB. § ) FGG- §§ 142, 144. 143. 144. 310. ) C o s a c k , Lehrb. § 1 2 3 ; K . L e h m a n n , Lehrb. § 9 5 ; Heilfron, Lehrb. § 49.

б

') HGB. §§ 320-334·

§ 37·

Die Kommanditgesellschaft auf Aktien.

279

entbehrenden Gesellschaftsform besteht in der Verknüpfung des Prinzips der Kapitalansammlung· mittels Kreierung beschränkter Anteile (Aktienprinzip) einerseits mit dem Grundsatze der persönlichen Haftung· einzelner, welche in erster Linie zur Leitung berufen sind und gewissermaßen die monarchische oder aristokratische Spitze bilden gegenüber der kapitalistischen Masse (d. i. der Gesamtheit der Aktionäre); es sind aber auch in der Kommanditgesellschaft auf Aktien notwendig zweierlei Mitglieder, wie in der gewöhnlichen K o m manditgesellschaft — s. oben § 30 I S. 191 — : Komplementare und Kommanditisten, erstere haften persönlich, letztere sind Aktionäre; mehrere Komplementare in derselben Gesellschaft stehen unter sich im allgemeinen wie die Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft, die Kommanditisten aber stehen untereinander und zur Gesellschaft selbst in demselben Verhältnis wie die Aktionäre in der Aktiengesellschaft. Das Gesetz regelt diese Gesellschaftsform nach folgenden Gesichtspunkten: I. Die persönlich haftenden Gesellschafter unterliegen den für die Κ ο m m an d i t g e s e l l s c h a f t geltenden Vorschriften, sowohl was das Verhältnis untereinander 1 ), als auch zur Gesamtheit der Kommanditisten (Aktionäre), als auch was das Verhältnis zu Dritten anlangt, in letzterer Hinsicht aber insbesondere, was die Vertretung der Gesellschaft nach außen zu und die innere und äußere Geschäftsführung anlangt. II. Die K o m m a n d i t i s t e n sind mit Einlagen auf das in Aktien zerlegte Grundkapital der Gesellschaft beteiligt, und nur mit diesen Einlagen; für sie gilt also, da sie nichts anderes als Aktionäre sind, das A k t i e n g e s e l l s c h a f t s r e c h t ; dieses gilt aber — nach dem neuesten R e c h t e — ü b e r h a u p t für Kommanditgesellschaften auf Aktien 2 ), soweit nicht die oben unter I hervorgehobenen Beziehungen der Komplementare in Dies steht nicht in Widerspruch mit dem oben Gesagten; denn nach HGB. § 161 Abs. 2 gilt ja für die Kommanditgesellschaft überhaupt das Recht der o f f e n e n H a n d e l s g e s e l l s c h a f t , soweit in dem HGB. §§ 1 6 2 — 1 7 7 nicht ein anderes vorgeschrieben ist; das in diesen vorgeschriebene Andere bezieht sich aber nur auf die Kommanditisten mit einziger Ausnahme der präsumtiven Regelung der Gewinnverteilung. HGB. § 168. 2) Über die neue prinzipielle Behandlung und die Gründe der früheren Regelung s. G a r e i s , HGB. Vorbemerkung S. 299—301.

280

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Frage kommen. Soweit wird auch in der den Weg· zum Wesen dieser Gesellschaftsform weisenden Bestimmung· des Gesetzes 1 ) nur das hervorgehoben, daß mindestens ein Gesellschafter dieser Assoziation den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt hafte, während die übrigen sich nur mit jenen Einlagen beteiligen; das G r u n d k a p i t a l aber muß immer vollständig, wie bei der Aktiengesellschaft, in Aktien zerlegt sein, nicht bloß das Kommanditistenkapital (im Sinne des nur von Kommanditisten aufgebrachten Kapitals); damit ist aber weder gesagt, daß in der Kommanditgesellschaft auf Aktien nur dieses in Aktien zerlegte Grundkapital als Anlage- und als Betriebskapital in Verwendung sein könne — es können von Komplementaren Vermögenseinlagen 2 ) vertragsgemäß zu machen sein und gemacht werden, welche außerhalb des in Aktien geteilten Grundkapitals bleiben und „variable Kapitalanteile" der Komplementare sind oder bilden —, noch auch ist mit· jener Charakterisierung des Grundkapitals gesagt, daß nicht auch Komplementare mit Aktien am Grundkapital beteiligt sein können ; es ist vielmehr möglich, daß letzteres der Fall ist, wie es auch, wie gesagt, möglich ist, daß von Komplementaren Vermögenseinlagen gemacht werden, die nicht auf das Grundkapital erfolgen 8 ). III. Nach außen zu ist die KommG. a. Akt. eine juristische Person und „Handelsgesellschaft" wie die Aktiengesellschaft; sie hat als solche ihre Rechte und Pflichten; daß (mindestens) ein Gesellschaftsmitglied unbeschränkt haftet (der Komplementär), hindert die Annahme der eigenen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft keineswegs 4 ); aber es rechtfertigt, daß an die Komplementareigenschaft die Zuständigkeit des Vorstands in den wichtigsten Dingen gesetzlich geknüpft wird6). Der Gesamtheit der Kommanditisten innerhalb der KommG. a. Akt. kommt die Eigenschaft einer juristischen Person nicht zu, sie ist nicht eine Korporation in einer Korporation, sondern eine H G B . § 320. ) A u f Gewinne der aus solchen Einlagen gebildeten Kapitalanteile bezieht sich H G B § 3 2 9 , s. unten S. 284, 2 8 5 . 3 ) V g l . H G B . § 3 2 2 A b s . 2, auch § 3 2 9 A b s . 1. 4 ) Sonst müßte ja auch ein einzelner Mensch seine Rechtsfähigkeit verlieren, •wenn ein anderer für seine Schulden als Bürge ohne Einrede der Vorausklage haftet. 5 ) H G B . § 3 2 5 . Juristische Person s. H G B . § 2 1 0 mit H G B . § 3 2 0 Abs. 3 . V g l . auch G B O . § 3 3 A b s . 2. 2

§ 37-

Die Kommanditgesellschaft auf Aktien.

281

zu einer Generalversammlung geeinte Interessenten- oder besondere Mitgliedergruppe innerhalb der alleinigen juristischen Person, der K o m m G . a. A k t . selbst 1 ); als eine Besonderheit ist es anzusehen, daß diese Gesamtheit der Kommanditisten g e g e n die Komplementare und diese g e g e n jene Prozesse führen kann 4 ). V o n der Vertretung der Gesellschaft als solcher, wie von der internen Führung der Geschäfte derselben sind die Kommanditisten sowohl in ihrer Gesamtheit als auch einzeln ausgeschlossen, d. h. als solche, womit nicht gesagt ist, daß dem einen oder dem anderen der Kommanditisten eine Handlungsvollmacht oder Prokura übertragen werden kann. A b e r die Kommanditisten können einer Geschäftsführungshandlung der Komplementare Widerspruch entgegensetzen, wenn diese über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgeht; ein Handelsgewerbe braucht übrigens dieses Unternehmen nicht zu sein, die K o m m G . a. A k t . ist vielmehr selbst dann — wie die Aktiengesellschaft — eine Handelsgesellschaft, wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht in dem Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Denn es findet prinzipiell das R e c h t der Aktiengesellschaft auf die K o m m G . a. A k t . als solche Anwendung. I V . Die Eigentümlichkeit der Kommanditgesellschaft auf Aktien g e g e n ü b e r der Aktiengesellschaft besteht in dem Vorhandensein mindestens eines den Gesellschaftsgläubigern u n b e s c h r ä n k t haftenden Gesellschafters neben den nur mit Einlagen auf das in Aktien zerlegte Grundkapital der Gesellschaft beteiligten Kommanditisten, sie macht sich vor allem in dem erwähnten Eingreifen zahlreicher für die Kommanditgesellschaft aufgestellter Vorschriften geltend, s. oben II und III S. 279, 280, namentlich im Hinblick auf die Geschäfts1 ) Vgl. ζ. B. Rechtsersch einungen, -wie bei S t o b b e , Hdbch. d. d. PrivR. Bd. 1 (3. Aua.) § S3 IV oder im Preuß. L R . Π 7, § 2 4 . *) HGB. § 328 Abs. 2. — Die übrigen von C o s a c k , Lehrb. § 123 I I S. 644, f ü r die juristische Persönlichkeit der Kommandilistengesamtheit angeführten Punkte (Nr. I — 4 ) erklären sich aus der Annahme der juristischen Persönlichkeit der KommG. a. Akt. im ganzen, die von mir stets behauptet "wurde und wird und auch in S t a u b , HGB. zu Art. 173 einen Vertreter, in C o s a c k a. a. 0 . S. 645 aber einen Gegner gefunden hat. — Nicht rechtsfähige Vereine können nach BGB. § 54 nur als Gesellschaften im Sinne des BGB. behandelt werden, nach den neuen § § 50 Abs. 2, 57 d. ZPO jedoch gleichwohl verklagt werden; hier aber — im H G B . § 328 Abs. 2 — kann eine nicht zur juristischen Person ge-

282

K a p . IX.

D i e Personen im Handelsrecht.

führung- und Vertretung der Gesellschaft, außerdem aber in folgenden Einzelheiten: τ. Die Komplementare haben sich bei der übrigens sowohl als Simultan-, wie als Sukzessivgründung 1 ) denkbaren und jedenfalls dem System der Normativbestimmungen unterworfenen 2 ) und von der gerichtlichen Eintragung 3 ) abhängigen Errichtung der Gesellschaft als G r ü n d e r 4 ) zu beteiligen und im gesellschaftlichen Geschäftsleben die in der Aktiengesellschaft den Mitgliedern des Vorstandes zukommende Stellung 5 ) einzunehmen, unterliegen jedoch nicht den strengen Konkurrenzbeschränkungen dieser Vorstandsmitglieder 6 ), sondern den weniger weitgehenden Konkurrenzverboten der offenen Handelsgesellschafter 7 ). 2. Die F i r m a der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist (nach dem neuen HGB.) wie die der Aktiengesellschaft in der R e g e l von dem Gegenstande des Unternehmens zu entlehnen und muß die Bezeichnung „Kommanditgesellschaft auf A k t i e n " enthalten 8 ); diese letztere Vorschrift findet auch auf die beim •wordene Interessentengrappe — kraft einer v o m Aktiengesellschaftsrechte direkt ausgehenden Sonderbestimmung — unter ihrer gesetzlich geregelten Vertretung (Aufsichtsrat oder gekorne Vertreter) sowohl klagen, als auch verklagt werden. 1) H G B . § § 1 8 8 — 1 9 0 , 196, s. oben § 32 I b S. 2 1 9 f. Bezüglich des Inhalts der Zeichnungsscheine bei Sukzessivgründungen s. H G B . § 323. 2 ) S. oben § 2 4 S. 1 4 0 . D i e zu den Normativbestimmungen gehörende Erklärung der erforderlichen Barzahlung müssen die Komplementare entsprechend den Verhältnissen abgeben; s. § 3 2 3 A b s . 2 mit G a r e i s , H G B . A n m . 2 hierzu auf S. 2 9 7 . s ) H G B . § 200, s. oben § 32 S. 226. B e i der Eintragung sind statt der Vorstandsmitglieder die Komplementare und die etwaigen Einschränkungen ihrer Vertretungsbefugnis anzugeben. H G B . § 323 A b s . 4. 4 ) Gründer s. H G B . § § 1 8 2 , 1 8 6 , 1 8 7 , 1 9 1 (hierüber oben § 3 2 S. 2 J 2 f f . ) und 3 2 1 , 3 2 3 , 3 2 5 . Sind weniger als fünf Komplementare im Gründungsstadium vorhanden, so müssen sich, um die gesetzlich (s. H G B . § § 1 8 2 A b s . 1, 1 8 7 ) als Minimum erforderliche Fünfzahl der Gründer zu füllen, ein oder einige K o m m a n ditisten an der Gründung beteiligen; nicht ausgeschlossen ist dadurch, daß sich später die Zahl der K o m p l e m e n t a r e durch neueintretende vermehrt. V g l . L e h m a n n , Lehrb. S. 453. D i e Gründer sind im Zeichnungsscheine zu bezeichnen nach näherer Vorschrift des § 3 2 3 d. H G B . 6 ) H G B . § § 3 2 1 A b s . 2, 3 2 3 (Eintragung der Komplementare statt der Vorstandsmitglieder ausdrücklich). e) H G B . § 2 3 6 (wie H G B . § § 60, 6 1 , von Handlungsgehilfen); s. oben § 3 3 I I I bei A n m . 4 S. 2 4 2 . ' ) H G B . § § 1 1 2 , 1x3, 3 2 6 ; Schadensersatzanspruch und Selbsteintrittsrecht nach § 236 A b s . 2, gemäß H G B . § 326 A b s . 2 ; Einwilligung zum Eigenbetriebe s. ebenda A b s . I ; Verjährung ebenda A b s . 3. 8 ) H G B . § 20, vgl. oben (Akt.-Gesellsch.) § 3 2 A n m . 2 S. - 2 1 4 und auch § 24 S. 1 3 6 .

§ 37·

Die Kommanditgesellschaft auf Aktien.

283

Inkrafttreten des HGB. von 1897 (1. Januar 1900) für eine Kommanditgesellschaft auf Aktien eingetragene Firma Anwendung, wenn die Firma aus Personennamen zusammengesetzt ist und nicht erkennen läßt, daß eine Kommanditgesellschaft die Inhaberin ist 1 ). 3. Der u n b e d i n g t - o b l i g a t o r i s c h e Vertragsinhalt muß die vom Gesetze bei der Aktiengesellschaft vorgesehenen Angaben (HGB. § 182 Abs. 2), statt der auf den Vorstand bezüglichen (Nr. 4 ebenda) aber Namen, Vornamen, Stand und Wohnort eines jeden Komplementars ersehen lassen2). 4. Der b e d i n g t - o b l i g a t o r i s c h e Vertragsinhalt muß außer den Fällen der qualifizierten Gründung usw. wie bei der Aktiengesellschaft auch diejenigen Vermögenseinlagen ersehen lassen, welche von Komplementaren nicht auf das Grundkapital gemacht sind, diese müssen nach Art und Höhe im Gesellschaftsvertrage festgesetzt werden; eben dieser muß auch nicht nur jeden zugunsten eines Kommanditisten (Aktionärs), sondern auch jeden zugunsten eines Komplementars bedungenen besonderen Vorteil unter Bezeichnung der Berechtigten ersehen lassen 8 ). 5. Erfolgt die Errichtung der Kommanditgesellschaft auf Aktien im W e g e der Sukzessivgründung, so ist auch hier die gerichtlich geleitete Generalversammlung nötig, und an dieser dürfen auch alle Komplementare teilnehmen; die der Errichtung zustimmende Mehrheit muß mindestens ein Vierteil der in dem Verzeichnis aufgeführten Kommanditisten umfassen; der Betrag ihrer Anteile muß mindestens ein Vierteil des nicht von den persönlich haftenden Gesellschaftern übernommenen Grundkapitals darstellen 4 ). 6. Eine etwaige N a c h g r ü n d u n g (s. oben § 32 a. E. S. 227 f.)B) verlangt einen besonders qualifizierten Generalversammlung-sbeschluß6). 7. Der Generalversammlung der Kommanditisten kommt eine andere Stellung zu als der der Aktionäre einer Aktien3

) 4 ) 6 ) e )

EiufG. HGB. HGB. HGB. HGB.

2 Art. 22 Abs. 2. ) HGB. § 322. § 322 Abs. 2 u. 3. § 323 Abs. 3, vgl. mit HGB. § 196 Abs. 3. § 207. § 324 mit G a r e i s , HGB. Anm. 2 u. 3 hierzu S. 305.

284

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

gesellschaft; sie ist nur die Versammlung- einer Gruppe oder Partei und hat keinen Raum für die Komplementare, selbst dann nicht, wenn diese Aktien besitzen; dafür sind aber auch die Beschlüsse einer solchen Generalversammlung· erst dann als Beschlüsse der Kommanditgesellschaft auf Aktien anzusehen, wenn die Komplementare zustimmen 1 ). 8. Der Aufsichtsrat ist nicht bloß Kontrollbehörde, sondern — in noch größerer Ausdehnung· als schon bei der Aktiengesellschaft — Exekutivorgan; er ist das gegebene Ausführungsorgan der Kommanditistenversammlung 2 ). Über die Versteuerung einer Tantieme der Aufsichtsratsmitglieder nach R G . v. 3. Juni 1906 s. oben § 33 I I I Ziff. 12 S. 245.

9. Fällt ein gesonderter Gewinn auf eine nicht auf das Grundkapital erfolgte Vermögenseinlage der Komplementare 3 ), so muß die Auszahlung unterbleiben, solange die Gesellschaft an einer Unterbilanz leidet, welche die nicht in Aktien bestehenden Kapitalanteile der Komplementare übersteigt 4 ); denn würde, während eine Unterbilanz von solcher Höhe besteht, Gewinn ausbezahlt, so würde der Fall eintreten, daß das Nettovermögen der Gesellschaft nicht mehr imstande ist, den Gläubig-ern der Gesellschaft die erforderliche Sicherheit zu bieten, welche aber dann noch vorhanden ist, wenn das außerhalb des Aktiengrundkapitals stehende Extravermögen, ζ. B. ein besonderer Reserve- oder Erneuerungsfonds, von dem Defizit nicht überragt wird; ist aber die Unterbilanz größer als die Summe der nicht in Aktien bestehenden Kapitalanteile der Komplementare, so ruht auch die diesen sonst wie den offenen Handelsgesellschaften gesetzlich 5 ) zustehende Befugnis, aus der Gesellschaftskasse Geld bis zum Betrage von 4 °/0 des für das letzte Jahr festgestellten Geschäftsanteils zu erheben. Übrigens muß auch von dem ganzen auf die persönlich haftenden Gesellschafter fallenden Gewinn, also auch von dem aus ihren außergrundkapitalischen EinHGB. § 327; um bloß Parteibeschlüsse zu sein, also um ζ. B. die Revision herbeizuführen oder die Gesellschaftsvertreter aus Gründung oder Geschäftsführung verantwortlich zu machen, bedürfen sie der Zustimmung der Komplementare nicht s., ebenda Abs. 3. 2 ) HGB. § 328, vgl. auch oben S. 281 Anm. 2. 3 ) S. oben S. 280 bei und in Anm. 2. 4 ) HGB. § 329 Abs. I mit G a r e i s , Anm. I hierzu S. 309 des HGB, & ) HGB. § 320 Abs. 2 mit § 122 Abs. 1 s. oben § 26 Β Nr. 4 S. 1 6 1 .

§ 37·

D i « Kommanditgesellschaft auf A k t i e n .

285

bringungen fließenden, der gesetzliche Abzug· von mindestens 5°/o für den Reservefonds g-emacht werden, solange dieser den zehnten oder den statutarisch bestimmten höheren Teil des Grundkapitals nicht überschreitet 1 ). io. Die E n d i g u n g des Gesellschaftsverhältnisses tritt nicht nach den in dieser Beziehung· für die Aktiengesellschaft, sondern grundsätzlich nach den für die Kommanditgesellschaft hierin geltenden Vorschriften ein (s. oben § 30 V S. 197), und zwar sowohl was die Auflösung der ganzen Gesellschaft, als auch was das Ausscheiden eines einzelnen Gesellschafters anlangt 2 ); allein in beiden Richtungen sind neben dieser grundsätzlichen Gleichbehandlung doch einige Abweichungen vorgeschrieben, nämlich: a) D i e Eröffnung des K o n k u r s e s über das V e r m ö g e n eines Kommanditisten hat zwar in der Kommanditgesellschaft ohne A k t i e n " ) , nicht aber in der auf A k t i e n die A u f l ö s u n g gesetzlich zur F o l g e ; es bedarf also in letzterer nicht eines besonderen Ausscheidungs- und Fortsetzungsbeschlusses, um die Gesellschaft zu retten, sondern der in K o n k u r s geratene Aktionärkommanditist scheidet von selbst aus 4 ). b) D i e Gläubiger eines Aktionärkommanditisten haben nicht das den Gläubigern eines gewöhnlichen Kommanditisten

wie

eines offenen Handelsgesellschafters be-

dingt zustehende R e c h t , die Gesellschaft zu kündigen 5 ). c) F ü r die K ü n d i g u n g durch die Kommanditisten sowie für ihre Zustimmung zur A u f l ö s u n g der Gesellschaft ist ein Beschluß der Kommanditistengeneralversammlung erforderlich,

welcher mindestens drei Vierteile des bei der Beschlußfassung

vertretenen Grundkapitals umfaßt; ein ebenso qualifizierter Beschluß ist zur Stellung des Antrags auf A u f l ö s u n g der Gesellschaft durch gerichtliche Entscheidung erforderlich ; für beide Fälle kann der Gesellschaftsvertrag auch noch' andere Erfordernisse der Beschlußfassung aufstellen 6 ). d) Das Ausscheiden von Komplementaren kann außer dem F a l l e der A u s schließung 7 ) nur stattfinden, soweit es im Gesellschaftsvertrage für zulässig erklärt ist, diese Bestimmung gehört also zum hypothetisch-obligatorischen Vertragsinhalt 8 ). e) Die Auflösung der Gesellschaft und das Ausscheiden eines Komplementars ist von allen Komplementaren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden 9 ). 1)

H G B . § 329 A b s . 2 mit § 262 Nr. 1 ; vgl. oben § 34 I I I b S. 257. H G B . § 330 A b s . J. s ) H G B . § 161 A b s . 2 mit § 131 Nr. 5. 4 ) H G B . § 330 A b s . 2 einerseits und B G B . § 728 mit K o n k O . § 28 andererseits. Uber das Vermögen einer Kommanditgesellschaft auf Aktien findet sowohl im Falle der Zahlungsunfähigkeit, als auch in dem der Uberschuldung ein selbständiges Konkursverfahren statt, worüber K o n k O . § § 2 0 9 — 2 1 2 spricht. 6 ) H G B . § § 135, 161 A b s . 2 einer- und § 330 A b s . 2 andererseits. 0) H G B . § § 292 Nr. 2, 330 A b s . 3. 7 ) H G B . § 140, s oben § 28 Β b S. 1 7 5 . 8 ) H G B . § 330 A b s . 4 mit Denkschrift S. 3227. 9 ) H G B . § 330 1. A b s . In betreff der Mitwirkung der Erben eines verstorbenen Komplementars gilt H G B . § 143 A b s . 3. 2)

286

K a p . II. f) Liquidatoren

Generalversammlung

sind

D i e Personen im Handelsrecht.

die Komplementäre

gewählte Personen,

und

eine oder mehrere von der

-wenn das Statut nichts anderes verlangt.

Gerichtliche Ernennung oder A b b e r u f u n g von Liquidatoren kann die Generalversammlung, aber auch jeder K o m p l e m e n t ä r beantragen 1 ).

I i . Besondere Rechtssätze sind erforderlich für den Fall, daß eine Kommanditgesellschaft auf A k t i e n in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden soll 2 ), ein Vorgang, der im wesentlichen darin besteht, daß die Komplementare als solche wegfallen, die Mitgliedschaft sich also nur aus beschränkt haftenden Aktionären zusammensetzt; in dem U b e r g a n g hierzu liegt selbstverständlich eine Gefahr sowohl für die Gesellschaft als für deren Gläubiger; deshalb sind Vorsichtsmaßregeln vorgeschrieben; diese sind dadurch grundsätzlich angeordnet, daß die für Abänderungen des Gesellschaftsvertrags einer Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften hierher bezogen sind; eine Liquidation findet nicht statt, es ist auch keine Auflösung der Gesellschaft, kein Wechsel im Subjekte der Rechte und Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft auf Aktien, sondern nur ein W e c h s e l im Rechtsgewande oder in der Rechtsform des Subjekts, also kein U b e r g a n g des V e r m ö g e n s mittels oder auf Grund eines Übertragungsgeschäfcs anzunehmen 3 ). Demgemäß

setzt der Umwandlungsbeschluß

eine Mehrheit voraus, w e l c h e

mindestens

auf Seiten der Kommanditisten

ein Vierteil des nicht auf A k t i e n der

Komplementare fallenden Teils des Grandkapitals darstellt; er ist registerpflichtig 4 ), muß die zur Umwandlung erforderlichen Maßregeln, insbesondere der Firma, sowie die A r t

der Bestellung

und Zusammensetzung

ebenfalls anzumelden sind, festsetzen.

des Vorstands, dessen Mitglieder

D e r Zeitpunkt der Geburt der jungen,

aus

der vorangegangenen Kommanditgesellschaft auf A k t i e n hervorgegangenen A k t i e n gesellschaft register

ist

in

dem A u g e n b l i c k e

zu erblicken;

Aktiengesellschaft

sowie

sein

Amt

der Eintragung

diese Eintragung damit

zu beginnen,

versammlung vorher genehmigte jüngste —

derselben in das Handels-

erfolgt ist, hat der Vorstand der daß er die von der General-

nicht über zwei Monate alte — Bilanz

in den Gesellschaftsblättern veröffentlicht und die Gläubiger der Gesellschaft dreimal aber

zur A n m e l d u n g auch

einzeln;

ihrer Ansprüche den

sich

auffordert, und zwar öffentlich,

daraufhin

Meldenden

hat

er

bekannte

Befriedigung

odler

H G B . § 331, verglichen mit H G B . § § 146, 161 A b s . 2. Uber Umwandlung einer Kommanditgesellschaft auf A k t i e n in eine A k t i e n gesellschaft und die Registereintragung s. Beschluß des Bayr. Oberst. L G . vo>m 27. Oktober 1900 SeuffBl. B d . 66 ( 1 9 0 1 ) S. 1 3 1 . 3) Ä h n l i c h im F a l l e der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eime G. m. b. H. § 80 vgl. oben § 24 V I I S. 144 bei A n m . 5 und insbes. § 36 Π Ι 3 S. 276, auch unten § 39. 4) H G B . § § 332, 333, s. dort auch die formellen Modalitäten der A n meldung, Urkundenvorlage, Bilanz, Zweigniederlassung u. a. betreffend. 2)

§ 38. Sicherheitsleistung

287

D i e Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. zu

gewähren.

E s steht nichts im W e g e ,

daß die Vorstands-

mitglieder die früheren Komplementäre sind und daß der Aufsichtsrat unverändert dieselbe Zusammensetzung Aktien;

aber

zeigt

alle Mitglieder

wie

in der Zeit

der Kommanditgesellschaft aut

dieser beiden Behörden

der nunmehrigen A k t i e n -

gesellschaft haften den Gesellschaftsgläubigern für die Beobachtung aller erwähnten Umwandlungsvorschriften

als Gesamtschuldner,

nur unter der Voraussetzung,

die Aufsichtsratsmitglieder freilich

daß eine Gläubigerschädigung aus einer mit ihrem

W i s s e n oder ohne ihr Einschreiten erfolgten Zuwiderhandlung

§

entsprang 1 ).

38.

6. Die E r w e r b s - und W i r t s c h a f t s g e n o s s e n s c h a f t e n . („Eingetragene

Genossenschaften".)

I. Wesen, Arten und Errichtung. Nicht aus Bedürfnissen und Anschauungen des Handels, sondern auf anderen wirtschaftlichen Gebieten ist das, was man „Genossenschaften" nennt, entstanden. S o vielgestaltig· auch in verschiedenen Zeiten und namentlich Wirtschaftsperioden der Begriff „ G e n o s s e n s c h a f t " gefaßt, und so mannigfaltig auch die Z w e c k e sein mögen, denen das juristische W e s e n der Genossenschaften in den Jahrhunderten dient, in welchen man dasselbe beobachten kann, immer ist hier eine organische V e r b i n d u n g von Vielheits- und Einheitsinteressen und von Vielheits- und Einheitsrecht eigentümlich 2 ); dieser Charakter läßt sich w i e an den ältesten uns bekannten Genossenschaften des germanischen Rechts, an den Markgenossenschaften mit ihren den Interessen der einzelnen dienenden A l l m e n d e n 3 ) , so an den neuesten Genossenschaften, nämlich den unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen

mit

der juristischen Signatur

„eingetragener

Genossenschaften"

auftretenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nachweisen. die

modernen Genossenschaften,

sind

D i e letzteren,

aus Bestrebungen hervorgegangen,

welche

darauf abzielen, den Arbeiter und Kleinkapitalisten wirtschaftlich zu stärken. in England

und Frankreich

diese sozialpolitischen Bestrebungen zu

Wie

besonderen

Gesellschaftsformen und innerhalb derselben zu eigenartigen ökonomischen Unternehmungen führten 4 ), so auch in Deutschland 5 ): hier war es zuerst das preußische Gesetz

v o m 27. März 1807

und dann

das auf denselben rechtlichen Grundlagen

1) H G B . § 334. 2 ) O. G i e r k e , D i e Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung (Berlin 1897) S. 306 fr. u. a. a. St. ' ) G i e r k e a. a. Ο. S. 3 2 ° f f 4 ) Victor A i m e H u b e r , Soziale Fragen I, I V , V (Rochdaler Pioners), VII (Nordhausen 1863, 1866, 1867, 1869). Über die Rechtsformen dieser ausländischen Genossenschaften siehe G a r e i s in Behrends Z. B d . 5 S. 574 fr., S. 6 1 3 fr. 6 ) In Deutschland geschah dies hauptsächlich durch das verdienstvolle Mühen von Herrn. S c h u l z e (Schulze-Delitzsch, des „Vaters und Leiters des deutschen Genossenschaftswesens", geb. 1808, gest. 1883) und von Friedr. W i l h . Heinrich

288

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

aufgebaute Gesetz des Norddeutschen Bandes (später Reichsgesetz) vom 4. Juli 18681), wodurch die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in ihrer juristischen Eigenart ermöglicht und geregelt wurden 8 ). Die Einsicht in einzelne Mängel dieses Gesetzes und der nach und nach weiter reichende und tiefer in die Bedürfniswelt eindringende Blick des Gesetzgebers führte nach vielen Zwischenarbeiten zu einer Revision der deutschen Genossenschaftsgesetzgebung, deren Resultat das Reichsgesetz, betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, vom 1. Mai 1889s) ist; dieses Gesetz hat einzelne Abänderungen und Einschaltungen durch ein Reichsgesetz vom 12. August 1896 4 ) und durch das Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche vom 10. Mai 1897 5 ) erhalten.

Inhaltlich dieser Gesetze ist die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft eine eigenartige, gesetzlich g-eordnete Assoziation, welcher kraft besonderer Gesetzesbestimmung die Eigenschaft eines Kaufmanns im Sinne des HGB. 6 ), sowie eine eigene R a i f f e i s e n (geb. 1818, gest. 1888). Ersterem danken die Genossenschaften hauptsächlich die gesetzliche Fundierung des Genossenschaftswesens überhaupt, auf des letzteren Mühen ist die Existenz einer besonderen, dem landwirtschaftlichen Grundbesitze dienenden Art der Genossenschaften, nämlich die Existenz der genossenschaftlichen Darlehnskassen (sog. Raiffeisensche Kassen) zurückzuführen. Vgl T h e o d o r K r a u s , Die Organisation der ländlichen Darlehnskassenvereine (System Raiffeisen). Neuwied a. R h . 1894. 1 ) Dieses ist auf Grund der Reichsverfassung sodann in Südhessen, Baden und Württemberg eingeführt worden (RGes. v. 16. April 1871;, in Bayern durch das RGes. vom 23. Juni 1873, und trat mit dem 1. August 1873 im Umfange des ganzen Deutschen Reiches als Reichsgesetz in Geltung. Die Lit. der älteren Genossenschaftsgesetze s. Goldschmidt S y s t . S. 32 u. G a r e i s , H R . 3. Aufl. S. 203, 204. 3 ) (RGBl. 1889 Nr. 11 S. 55—93.) G o l d s c h m i d t , in seiner Z. Bd. 37 S. 23 ff. Dieses Gesetz ist eines von den besonderen Reichsgesetzen, durch welche die Kompetenz des Reichsgerichts als letzte Instanz in einer durch Landesgesetz nicht abzuändernden Weise festgestellt wird. GenG. § 155. EinfG. zur GVG. § 8 Abs. 3. Systematische Darstellungen: J e s s e n b e r g e r , Die eingetragenen Genossenschaften nach dem Reichsgesetze vom 1, Mai 1889 und der Novelle vom 12. August 1896 (Würzburg 1897); G i e r k e , Deutsches Privatrecht (I 1895) §§ 75· ™t' i n H o l t z e n d o r f f - K o h l e r , Enzykl. I S. 966 ff.; C o s a c k , Lehrb. §§ 124—126; K . L e h m a n n , Lehrb. §§ 105—112; H e i l f r o n , Lehrb. §§ 59—72. Vgl. auch S o h m , Die deutsche Genossenschaft (1889). Kommentare zum RGes. v. I. Mai 1889 von: Friedrich B o n s c h a b (München 1899), J o e l (1890), M a u r e r , 2. Aufl. besorgt von F. B i r k e n b i h l (1898), M e r z b a c h e r (1900), P a r i s i u s (1895), P a r i s i u s , L. u. C r ü g e r , H. (6. Aufl. 1908), P r o b s t (1889), R i c h t e r (1901, з. Aufl.), Max R o s e n t h a l (1900), S c h n e i d e r (1889), Z e l l e r (1894). Formularbuch zum Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Praktische Anleitung für die Führung des Genossenschaftsregisters и. den Verkehr mit dem Registergericht. Von Ludolf P a r i s i u s u. Dr. Hans C r ü g e r , 3. Aufl.. bearbeitet von Dr. Hans C r ü g e r (Berlin 1900). Statistik usw. s. B l ä t t e r f ü r G e n o s s e n s c h a f t s w e s e n , herausg. von dem Anwalte der Gen. Berlin Über österr. Genossenschaftsrecht (G. v. 9. April 1873) s. v. C a n s t e i n , Lehrb. §§ 32, 33; P o l l i t z e r , Lehrb. § § 8 2 — 8 7 ; S t r o ß (1887); 4 ) RGBl. 1896 Nr. 29 S. 695. 5 ) Art. 10 d. EinfG. z. HGB. RGBl. 1897 Nr. 23 S. 437. 0) GenG. § 17 Abs. 2.

§ 38.

289

D i e Erwerbs- uud Wirtschaftsgenossenschaften.

Firma (Realfirma, s. oben § 16) zukommt, die sich durch gesetzliche Zusätze auszeichnen muß1). Außer dem äußerlichen Kennzeichen der erwähnten Firmenzusätze besteht das Eigenartige der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in dreierlei: 1. in der Eigenschaft, daß die Mitgliederzahl der Genossenschaft (mindestens sieben) nicht geschlossen ist2), sondern sich täglich ändern kann, ohne daß dadurch die Existenz der Genossenschaft rechtlich beeinflußt würde, es wäre denn, daß die Zahl unter sieben herabsänke, ein Fall, in welchem Auflösung eintritt 3 ); 2. im Zwecke; dieser ist ein entfernterer — der Endzweck: nämlich Förderung des Erwerbs der Wirtschaft ihrer Mitglieder — und ein näherer, nämlich das Mittel zur Erreichung des Endzwecks: Einrichtung und Durchführung eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs (Genossenschaftsbetriebs) 4 ); dieser ist nicht sich selbst Zweck, wie es der Betrieb einer offenen Handelsgesellschaft oder Aktiengesellschaft ist, sondern er hat der wirtschaftlichen Existenz und Selbständigkeit der Genossen zu dienen, und darin liegt der Hauptwert der Genossenschaften: die Genossen suchen durch die Genossenschaft die Vorteile des Großbetriebs und sonach die Konkurrenzfähigkeit sich zu erringen und zu erhalten; das Gesetz zählt eine Anzahl von Beispielen genossenschaftlicher Unternehmungen auf, welche den Begriff deutlich illustrieren, nämlich Vorschuß- und Kreditvereine 5 ), Rohstoffvereine, Absatzgenossenschaften, Verkaufs- oder Magazinvereine, Produktivgenossenschaften, Konsumvereine®), Vereine zur Beschaffung von Gegenständen der landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebe und zur Benutzung derselben auf gemeinschaftliche Rechnung (ζ. B. Vereinigung für lokomobile Dampfmaschinen, Dreschmaschinen u. dgl.) und Vereine zur Herstellung von Wohnungen. l ) GenG. § 2 ; s. unten S . 2 9 0 , 2 9 1 , oben § 24 V S. 1 3 5 . 3 ) GenG. § 80. . 2 ) GenG. § § 1, 4. *) GenG. § I. D i e Zweckbestimmung gemäß Gesetz, und zwar der E n d z w e c k und das Mittel hierzu, ist so wesentlich, daß bei deren Mangel Auflösung eintreten kann; s. § 8 1 d. G e n G . δ ) GenG. § I Ziff. I und wegen der Kreditgewährung GenG. § 8 A b s . 2 . e ) F ü r diese gelten einige Sonderbestimmungen nach dem R G e s . v. 1 2 . A u g u s t 1 8 9 6 , GenG. §§ 8 A b s . 4, 3 1 , 3 2 , s. unten § 38 I I I 2 S. 2 9 8 .

G - a r e i s , Handelsrecht.

8. Aufl.

19

290

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

3. Die dritte wesentliche Eigentümlichkeit der eingetragenen Genossenschaften ist die gesetzlich geregelte Haftung der Mitglieder den Genossenschaftsgläubigern gegenüber. Früher, nämlich nach dem preußischen Genossenschaftsgesetz von 1867 und dem norddeutschen Bundes-, bzw. deutschen Reichsgesetze vom 4. Juli 1868, war nur e i n e A r t von Haftung der Genossen, nämlich die Solidarhaft den Genossenschaftsgläubigern gegenüber, möglich, das Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889 kennt aber drei Haftungsarten, und hiernach sind drei Arten von Genossenschaften zu unterscheiden: 1. Genossenschaften, deren Mitglieder für die Gesellschaftsschulden mit ihrem ganzen (persönlichen) Vermögen, und zwar der Genossenschaft selbst gegenüber, sowie den Genossenschaftsgläubigern gegenüber unmittelbar (Recht des direkten Einzelangriffs) haften, e i n g e t r a g e n e G e n o s s e n s c h a f t e n mit u n b e s c h r ä n k t e r H a f t p f l i c h t gesetzlich genannt, d. s. demnach Genossenschaften mit unbeschränkter und direkter Haftpflicht der Genossen den Gläubigern und der Gesellschaft gegenüber, hier nun der Kürze wegen „Solidargenossenschaften" genannt, deren Mitglieder „Solidargenossen" 1 ). 2. Genossenschaften, deren Mitglieder zwar mit ihrem g a n z e n Vermögen, aber nicht unmittelbar den Gläubigern der Genossenschaft verpflichtet sind, sondern nur dafür haften, der Genossenschaft die zur Befriedigung der Genossenschaftsgläubiger erforderlichen Nachschüsse zu bieten, — gesetzlich: „ e i n g e t r a g e n e G e n o s s e n s c h a f t e n mit u n b e s c h r ä n k t e r Ν a c h s c h u ß p f l i c h t " genannt, hier der Kürze wegen „Nachschußhaftgenossenschaft", ihre Mitglieder, „Nachschußhaftgenossen" genannt: charakteristisch ist die unbeschränkte Deckungspflicht und das Fehlen des direkten Einzelangriffs, also nur Umlagepflicht, aber unbegrenzt 2 ). 3. Genossenschaften, deren Mitglieder zwar sowohl direkt den Genossenschaftsgläubigern, als auch der Genossenschaft haften, aber in jedem P'alle nur für eine im voraus beschränkte Summe, — gesetzlich: „ e i n g e t r a g e n e G e n o s s e n s c h a f t mit b e s c h r ä n k t e r H a f t p f l i c h t " genannt; diesen, — hier ') GenG. § 2 Ziff. I, §§ 119—125. 2 ) GenG. § 2 Ziff. 2, §§ 126—130.

§ 3&·

291

Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.

der Kürze wegen ,.Limitgenossenschaften", deren Mitglieder „Limitgenossen" genannt, ist die im voraus beschränkte Summenhaftung eigentümlich, es ist aber der Einzelangriff nicht ausgeschlossen 1 ). Welche Art von Haltung gemeint und gewollt ist, muß jeder Genossenschaft an die Stirne geschrieben und außer allem Zweifel sein, weshalb nicht bloß das Statut,

der Gesellschaftsgrundvertrag,

genaue

Festsetzungen

hierüber

enthalten,

sondern auch der oben bereits als obligatorisch bezeichnete Zusatz zur Firma genau in der erwähnten Weise des Gesetzes angeben muß, welche Haftung die Genossen auf sich genommen haben 2 ).

Die Umwandlung einer Solidargenossen-

schaft in eine Nachschußgenossenschaft,

sowie die einer dieser beiden Arten in

eine

vorgesehen,

Limitgenossenschaft ist

Schranken

zulässig, welche

gesetzlich für die

jedoch

Vermögensteilung

im

nur innerhalb

der

Auflösungsfalle (der

Sicherheit der Genossenschaftsgläubiger wegen) gezogen sind 3 ).

Daß die Errichtung der eingetragenen Genossenschaft sich nach dem System der Normativbestimmung-en mit konstitutivwirkender Eintragung in ein besonderes, vom Amtsgerichte 4 ) zu führendes Register 5 ) vollzieht6), ist bereits (s. oben § 24 S. 141 f.) erörtert worden. Die Normativbestimmungen sind: 1. Es muß ein dem Gesetze entsprechendes S t a t u t schriftlich 7 ) errichtet sein, welches, entsprechend dem Statute einer Aktiengesellschaft, die vom Gesetz als unbedingt notwendig geforderten Bestimmungen enthalten muß, außerdem aber auch einen bedingt-notwendigen und einen rein fakultativen Inhalt haben kann (vgl. oben § 24 VI S. 137 und § 32 S. 2 1 3 f.). Zum unbedingt-notwendigen Vertragsinhalte 8 ) gehören hier auch Bestimmungen über die A r t der Haftung der Genossen, ob Solidar-, Nachschuß- oder Limithaftpflicht, über „Geschäfts') GenG. § 2 Ziff. 3, §§ 1 3 1 - 1 4 2 . ) GenG. § 2 Abs. 1, auch oben S. 136. ) Hinsichtlich der Umwandlung überhaupt s. H G B . §§ 1 4 3 — 1 4 5 . 4 ) F G G §§ 147. Η » · 6 ) GenG. §§ 10, 1 3 , 156, 159. Die Führung des Genossenschaftsregisters und die Anmeldungen zu demselben hat der Bundesrat durch eine sachlich eingehende Bekanntmachung vom 1 1 . Juli 1889 ( R G B l . 1889 S. 1 5 0 — 1 6 7 ) auf Grund des § 1 6 1 Abs. I des GenG. v. I. Mai 1889 geregelt und in der Anlage hierzu auch das Formular für die Liste der Genossen festgestellt (a. a. O. S. 165 ff.). 6 ) E s besteht strenge Anmeldepflicht, auch hinsichtlich der Zweigniederlassungen und der Liquidatoren GenG. §§ 1 1 , 14, 1 5 7 , 159. Bei den Limitgenossenschaften ist die Anmeldung und Veröffentlichung der Haftsumme und der Uebernahme neuer Geschäftsanteile seitens der Limitgenossen besonders vorgeschrieben. GenG. §§ 1 3 1 ff., bei Umwandlungen § 145. Die rechtmäßige Anmeldung und die vom Gesetze mit konstitutiver Bedeutung ausgerüstete gerichtliche Eintragung in das Genossenschaftsregister kann nicht erfolgen, bevor die Normativbestimmungen erfüllt sind I) GenG. § 5. ") GenG. §§ 6, 7. 19* 2 3

K a p . II.

292

Die Personen im Handelsrecht.

anteile" (sog". „Stammanteile"), wovon der Betrag· zu mindestens io°/o fixiert einzahlbar sein muß, über Bilanzenaufstellung und -prüfung, über Bildung eines Reservefonds und über die Haftsummen in den Limitgenossenschaften 1 ). Zum bedingt-notwendigen Statuteninhalte gehören Bestimmungen über eine Zeitbeschränkung der Genossenschaftsexistenz, Bindung der Mitgliedschaft an einen bestimmten Wohnsitz, Abweichung· des Geschäfts- vom Kalenderjahre 2 ) und Ausdehnung des geschäftlichen Verkehrs auf Nichtgenossen, soweit eine solche Ausdehnung überhaupt zulässig ist8). Aber

die Zulässigkeit

willkürlicher Statutenfestsetzungen

ist insofern be-

schränkt, als nicht bloß die Nonnen über Rechtsverhältnisse der Genossenschaft nach

a u ß e n gesetzlich festgelegt sind, sondern auch in i n t e r n e n Beziehungen

der Genossenschaft das Statut nur da von den Bestimmungen des Gesetzes abweichen darf, wo dies vom Gesetze selbst ausdrücklich zugelassen ist 4 ).

Von besonderer

Wichtigkeit sind in diesen Beziehungen die statutenmäßigen Feststellungen über die Geschäftsanteile und die Einzahlungen auf diese, sowie die Festsetzungen über die Haftsumme in den Limitgesellschaften; die Gesetzgebung hat allen Grund, die Zulassung von Statutenänderungen, welche eine Schmälerung des Geschäftskapitals 5 ) oder gar eine Reduktion der Haftsummen in den zuletzt erwähnten Genossenschaften herbeiführen könnten,

mit äußerster Vorsicht zu behandeln und von bestimmten

gesetzlichen Bedingungen abhängig zu machen 9 ). Das Statut ist nach Maßgabe des Gesetzes auszugsweise zu veröffentlichen, ebenso unterliegen Statutenänderungen der Registerpflicht und der Veröffentlichung, ebenso auch die Errichtung von Zweigniederlassungen').

Die konstituierende Registrierung setzt ferner voraus: 2. daß das Statut nicht bloß ein auf dem Papiere stehender Vertrag·, sondern der wirklich abgeschlossene Grundvertrag der Genossenschaft sei oder werde, mit anderen Worten: daß auf Grund des Statuts B e i t r i t t s e r k l ä r u n g e n erfolgt sind, der Vertrag also wirklich vereinbart (nicht bloß entworfen, projektiert) ist, und zwar von mindestens sieben Genossen 8 ). Der Beitritt erfolgt stets durch Unterschrift und Registrierung 9 ). Die Beitrittserklärungen der Solidargenossenschaften müssen gesetzlich die ausdrückliche Bemerkung enthalten, *) GenG §§ 1 3 i f f . 2 ) Wohnsitz und dessen Aufgeben s. GenG. § 8 Nr. 2, § 6 7 ; Geschäftsjahr s. GenG. § 8 Nr. 3, §§ 1 2 , 19, 65. 3 ) GenG. § 8. Besondere Bestimmungen für Kredit- und Konsumvereine s. ebenda Abs. 3 u. 4. 4 5 ) GenG. § 18 Satz 2. ) GenG. § § 16, 22. GenG. §§ 1 3 1 f t . 8 ') GenG. §§ 1 2 , 1 4 , 16, 22, 1 3 1 f r . ) GenG. §§ 4, 9, 1 1 . 9 ) GenG. §§ 1 1 , 1 5 . K l a g e auf Beitritt s. R G Z . Bd. 30 S. 95.

§ 38.

Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.

293

daß die einzelnen Genossen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft dieser, sowie unmittelbar den Gläubigern derselben nach Maßgabe des Gesetzes mit ihrem ganzen Vermögen haften 1 ); bei den Nachschußgenossenschaften muß jene obligatorische Bemerkung ausdrücken, daß die einzelnen Genossen mit ihrem ganzen Vermögen verpflichtet sind, der Genossenschaft die zur Befriedigung der Gläubiger derselben erforderlichen Nachschüsse nach Maßgabe des Gesetzes zu leisten 2 ) haben; bei der Limitgenossenschaft bedarf die Übernahme eines zweiten oder weiteren Geschäftsanteils einer besonderen schriftlichen Erklärung neben der Beitrittserklärung 3 ). 3. Die Organisation wird bei der Anmeldung insoweit vorausgesetzt, als der Vorstand und der Aufsichtsrat bestellt sein müssen 4 ). II. Organisation. 1. Der V o r s t a n d ist dasjenige Genossenschaftsorgan, durch welches die Genossenschaft aktionsfähig im Verkehre wird; was ihn juristisch zum Vorstande macht und im Zweifel als entscheidend anzusehen ist, das ist nicht der Name Vorstand — er kann auch Direktion, Ausschuß od. dgl. heißen, und es kann neben dem einen, dem engeren Ausschuß, ein weiterer Ausschuß, ein Verwaltungsrat od. dgl. fungieren —, entscheidend ist auch nicht die innere genossenschaftliche Geschäftsführung, sondern die sich aus dem Statut oder aus dem öffentlichen Genossenschaftsregister ergebende Befugnis, die Genossenschaft rechtsgeschäftlich in einer Dritten gegenüber unbeschränkbaren Weise zu vertreten 5 ); der Genossenschaft steht es frei, im Statut zu bestimmen, wie viele Personen den Vorstand bilden, ob sie Gehalt erhalten sollen oder nicht, und wer diese Personen wählen oder ernennen solle, — nur das Minimum (der Vorstand besteht aus mindestens zwei Mitgliedern), ferner die unbedingte Widerruflichkeit der Bestellung (unbeschadet vertragsmäßiger Entschädigungsansprüche), das Erfordernis der Mitgliedschaft und die bei Statutschweigen anzunehmende Wahlbefugnis der Generalversammlung wird vom Gesetze bestimmt 6 ). 2 GenG. § 120. ) GenG. § 1 2 7 . ) GenG. §§ 9, 10, 1 1 . 5 ) Vgl. oben S. 1 3 3 , 1 3 5 , u. 237 ff.

4

3

) GenG. §§ 1 5 , 1 3 7 .

β) GenG. §§ 24 fr.

294

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Die Aufgaben, die Rechte und Pflichten des Vorstands und seiner Mitglieder werden in verschiedener Art geregelt, nämlich: a) durch das Gesetz in einer unabänderlichen Weise — Dritten gegenüber (s. oben S. 1 3 4 ff.); b) durch das Gesetz in einer abänderlichen Weise — den Genossen und der Genossenschaft gegenüber; c) durch

ausdrückliche

Bestimmungen

eines

Dienst- oder Arbeitsvertrags

(Anstellungs- oder ähnlichen Vertrags), und d) durch

stillschweigend

angenommene,

aus

der Natur

des Dienst- und

Arbeitsverhältnisses abgeleitete Bestimmungen, zu welchen im Zweifel die gesetzlich ausgesprochenen Kompetenzen gehören, und zwar sowohl die unter a als die unter b angedeuteten.

Es ist davon ausgegangen, daß sich Auftrag (inneres Ver-

hältnis) und Vollmacht (äußere Vertretungsbefugnis) im Zweifel decken, so daß das Vorstandsmitglied, wenn nicht eine Spezialvorschrift des Statuts oder der Generalversammlung anders bestimmt, die Gesellschaftsangelegenheiten intern führen darf und soll, soweit seine äußere Vertretungsbefugnis reicht, und umgekehrt, mit der Beschränkung der Unbeschränkbarkeit Dritten gegenüber.

So bestimmt sich das

innere Dienstverhältnis im Zweifel nach dem gesetzlich geregelten äußeren Vertretungsrechte, den Fall interner Bindung abgerechnet. Schon im Vorleben der Genossenschaft beginnt die Tätigkeit des Vorstands; der Vorstand muß früher als die Genossenschaft selbst — nämlich als die e i n g e t r a g e n e Genossenschaft — vorhanden sein, er hat die Anmeldepflicht; wie die ursprünglichen Mitglieder des Vorstands, so sind auch alle späteren Abänderungen in dem Bestände desselben und auch die Bestellung von Stellvertretern registerpflichtig 1 ). Während des geschäftlichen Lebens der Genossenschaft hat der Vorstand das ganze Recht und die volle Pflicht, die Geschäfte zu führen in dem oben a—d angedeuteten Umfange und Maße; als besondere Pflicht obliegt ihm gesetzlich die Sorge für die Buchführung und Bilanzenziehung nebst der Einreichung der Jahresbilanz zum Genossenschaftsregister, eine Pflicht, welche bei Limitgenossenschaften auf die genaueste Angabe der Zu- und Abgänge in den Geschäftsguthaben und in den Haftsummen der Mitglieder gesetzlich ausgedehnt ist;

ferner die Pflicht, für

die Evidenthaltung des Genossenverzeichnisses und der gerichtlich

geführten Ge-

nossenliste zu sorgen, ferner bei den angeordneten Revisionen die Einsichtnahme des Revisors vorschriftsmäßig zu ermöglichen, die besondere Pflicht, Gewinnanteile und Geschäftsguthaben nur nach Maßgabe des Gesetzes und Statuts auszubezahlen, bei Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig

die Eröffnung des Konkurses

zu beantragen,

die gerichtliche Bestellung eines Revisors gegebenenfalls zu beantragen und überall die Sorgfalt eines

ordentlichen Geschäftsmanns

anzuwenden, —

all dies

unter

persönlicher und solidarischer Haftung (verjährbar erst in fünf Jahren) und unter strafrechtlicher Ahndung der im Gesetze besonders aufgezählten Pflichtverletzungen 2 ). Uber die Vorstandstätigkeit im Nachleben der Genossenschaft s. oben § 24 V I I I S. 149, auch unten V I S. 307 f. !) GenG. §§ 3 — I i , 18, 28, 29, 3 5 ; vgl. auch oben § 24 I V S. 1 3 5 . *) GenG. §§ 30, 3 3 , 34, 63, 6 1 , 99, 160.

§ 38.

Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.

295

2. Der A u f s i c h t s r a t , nach dem Genossenschaftsgesetze von 1868 nur ein fakultatives Organ, ist nun obligatorisch, und zwar sowohl im Vorstadium 1 ) als im Nachleben 2 ) und selbstverständlich während des ganzen geschäftlichen Lebens der Genossenschaft 8 ); er soll die Korrektheit der genossenschaftlichen Geschäftsführung wahren helfen (daher ist ihm auch der Revisionsbericht mitzuteilen und eine Erklärung hierüber von ihm abzugeben 4 ) s. S . 299) und die Interessen der Genossen gegen die etwaigen Versehen oder Verstöße von Vorstandsmitgliedern zu vertreten; die Stellung dieses Kontroll- und Garantie organs ist in der Genossenschaft deshalb analog dieselbe wie die des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft und wie die des Aufsichtsrats in der Kommanditgesellschaft auf Aktien 5 ). Das Gesetz überläßt die Festsetzung der Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats über das gesetzliche Minimum von drei hinaus dem Statut, ebenso die Normierung der Abstimmungen innerhalb des Aufsichtsrats, verbietet aber Tantiemen des Aufsichtsrats 0 ), legt der Generalversammlung unveräußerlich das Recht bei, die Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen und — mittels Dreiviertelsmajorität der erschienenen Genossen — zu entlassen und setzt die Genosseneigenschaft der Aufsichtsratsmitglieder als Requisit und die Inkompatibilität der Mitgliedschaft des Aufsichtsrats mit den eigentlichen Aktionsvollmachten der Genossenschaft fest 7 ). Unter den dem Aufsichtsrate außer der Kontrolle obliegenden Aufgaben ragen besonders hervor: die von der Generalversammlung beschlossene Prozeßführung gegen Vorstandsmitglieder, die Abschließung von Verträgen mit dem Vorstande, die Genehmigung von Genossenschaftskrediten an Vorstandsmitglieder, sowie von Bürgschaften derselben, die Suspensionsbefugnis gegenüber denselben 8 ) — all dies mit derselben Sorgfaltspflicht, wie sie dem Vorstande obliegt, und unter denselben Strafandrohungen 9 ).

3. Ein gesetzlich gefordertes Organ der Genossenschaft ist die G e n e r a l v e r s a m m l u n g der Genossen; in ihr erblickt die Gesetzgebung das oberste Organ der Genossenschaft und sucht daher ihre Zuständigkeit und ihre Beschlüsse mit besonderen Garantien zu umgeben 1 0 ); in ihr hat jeder Genösse mindestens eine Stimme,

darf aber von seinem Stimmrechte dann keinen Gebrauch machen,

wenn es sich um seine Liberierung oder Dechargierung oder um einen Vertrags-

*) ) 6 ) e ) 8 ) 10 ) 4

GenG. § 1 1 Ziff. 3, Anmeldung zum Register. 3 GenG. § 83 A b s . 3. ) GenG. §§ 9, 3 6 — 4 1 . GenG. § 63. Vgl. GenG. § 38 mit H G B . § 246, s. oben § 33 I V S. 245 ff. GenG. § 36 Abs. 2. ') GenG. § 37. GenG. §§ 39, 40. °) GenG. §§ 4 1 , 146. GenG. §§ 4 8 — 5 2 , 1 5 1 .

Kap. II.

296

Die Personen im Handelsrecht.

abschluß der Genossenschaft mit ihm handelt; die gesellschaftlichen Rechte, insbesondere in bezug auf die Prüfung des Geschäftsresultats, können die Genossen nur dadurch ausüben, daß sie sich ihres Stimmrechts in der Generalversammlung bedienen 1 ), und wenn sie hier nicht durchdringen, sondern in der Minorität bleiben, möglicherweise durch Anfechtung eines Beschlusses einer Generalversammlung; die Anfechtung ist aber nur unter denselben Voraussetzungen zulässig, wie die durchaus analog geregelte Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft 2 ). Die Berufung der Generalversammlung steht dem Vorstande, ferner dem Aufsichtsrate zu, kann aber nach dem Statut außerdem auch noch anderen Personen zustehen 8 ); ein Zehntel oder nach dem Statut auch ein noch geringerer Prozentsatz der Genossen kann die Einberufung der Generalversammlung fordern; hierfür sowie für die Art der Berufung enthalten Gesetz und Statut wesentliche Formvorschriften 4 ). Der Gegenstand lungen

muß

d e r B e s c h l u ß f a s s u n g " in G e n e r a l v e r s a m m -

rechtzeitig·

vor

der Versammlung·

angekündigt

w e r d e n (außer b l o ß e n G e s c h ä f t s l e i t u n g s a n g e l e g e n h e i t e n u. dg-1.); alle B e s c h l ü s s e s i n d zu p r o t o k o l l i e r e n , die auf die O r g a n i s a t i o n der Genossenschaft bezüglichen

oder das Statut

abändernden

sind a u ß e r d e m n o c h r e g i s t e r p f l i c h t i g · 5 ) . Zur Zuständigkeit der Generalversammlung gehört kraft des Gesetzes notwendig: jede Statutenänderung, ferner die Prolongation der auf Zeit errichteten Genossenschaft"), die Genehmigung der Bilanz und Festsetzung der Dividenden und Verlustanteile 7 ), die Fixierung der Maximalhöhe von Anleihen der Genossenschaft und von Spareinlagen bei derselben, sowie der Grenzen der Kreditgewährungen an Genossen 8 ), die Festsetzung der Höhe und Verfallzeit von im Statut nur generell obligatorisch gemachten Einzahlungen auf die Geschäftsanteile der Genossen 9 ), die W a h l des Aufsichtsrats 10 ), der Beschluß über freiwillige Auflösung der Genossenschaft 11 ), der Beschluß der Umwandlung der Genossenschaft in eine andere Genossenschaftsart 1 ®) — die beiden zuletzt erwähnten Beschlüsse sind qualifizierte Beschlüsse, sie setzen mindestens Dreiviertelsmajorität und Registrierung der Beschlußfassung voraus. 4. O b eine G e n o s s e n s c h a f t a u ß e r den n o t w e n d i g e n O r g a n e n auch

noch

ein

oder

mehrere

fakultative

Organe



nur

nicht einenProkuristen oder Generalhandlungsbevollmächtigten, ») GenG. § 43. ) GenG. §§ 51 (Fassung des Abs. 1 u. 2 nach EinfG. z. HGB. vom 10. Mai 1897 Art. 10, V) und 52. Für die Anfechtungsklage der Genossen gelten auch prozessual dieselben eigentümlichen Normen, welche die Anfechtungsklage der Aktionäre und Aktionärkommanditisten auszeichnen (GenG. § 5 1 = analog HGB. §§ 271, 272; auch die entsprechende Frivolitätsfolge ist angedroht (GenG. § 52 = analog HGB. § 273 Abs. 2). Das oben § 35 A I S. 267 f. Dargestellte ist analog auch hier von Bedeutung. ») GenG. §§ 44, 36. *) GenG. § 6 Zifl. 3, §§ 44—47· 6 e ) GenG. §§ 46, 47, 16, 51. ) GenG. § 16. 7 8 ) GenG. § 48. ) GenG. § 49. ») GenG. § 50. 10 12 ) GenG. § 36. « ) GenG. § 78. ) GenG. §§ 144, 145. 2

§ 38.

Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.

297

denn solche dürfen von der Genossenschaft nicht bestellt werden — ] ) haben soll, und eventuell wer sie anstellt, bevollmächtigt und beauftragt, und welcher Geschäftskreis ihnen zug-ewiesen werden soll, bestimmt das Statut, — wenn dieses es weder tut, noch verbietet — die Generalversammlung, und wenn auch diese eine solche Einrichtung· weder trifft, noch ausschließt, der Vorstand, für dessen Obliegenheiten ein allgemeines Substitutionsverbot, wie es den Aufsichtsrat bindet 2 ), nicht besteht; der Vorstand kann also im Zweifel und gemäß seiner pflichtmäßig

sorgfältigen Erwägung Handlungsbevollmächtigte

und Beamte nach Bedarl

anstellen; ihre Befugnis bestimmt sich, wie das Gesetz sich ausdrückt, „nach der ihnen daß

erteilten Vollmacht", sich

befugnis

d. h. es

gilt auch hier das oben erwähnte Prinzip,

das innere Dienstverhältnis

im Zweifel nach der äußeren Vertretungs-

richtet.

von Mitgliedern

Die vom Gesetze (GenG. § § 3 5 , 3 7 ) erwähnten „Stellvertreter des Vorstands"

sind,

wenn ordnungsmäßig bestellt,

als Glieder

des Vorstands, nicht als Handlungsbevollmächtigte zu behandeln.

III. Für die i n n e r e n V e r h ä l t n i s s e der Genossenschaft ist, soweit nicht das Gesetz bindende Vorschrift enthält, das Statut maßgebend: es darf dies vom Gesetze nur so weit abweichen, als dies ausdrücklich erklärt ist. Im einzelnen kommen vier Verhältnisse in Frage. 1. Geschäfts-, Gewinn- und Verlustbeteiligung der Genossen. Für die interne Stellung der einzelnen Genossen in der Genossenschaft ist, abgesehen von der Haftungsart überhaupt, vor allem der Geschäftsanteil, sowie die Höhe der auf diesen gemachten oder geschuldeten Einzahlungen von Bedeutung: denn die Gewinnverteilung und ebenso die Verlustrepartition erfolgt — wenn nicht ein anderer Maßstab vom· Statut aufgestellt und die Gewinnauszahlung nicht ganz oder zeitweilig wegen noch nachwirkender früherer Verluste, durch welche das Guthaben noch vermindert ist, ausgeschlossen ist —, nach Verhältnis der gemachten Einzahlungen, bzw. nach dem Verhältnis des aus Zu- und Abschreibungen zum, bzw. vom Geschäftsanteil ermittelten Geschäftsguthabens 8 ). Zinsen von ') GenG. § 4 2 A b s . 2. Würde eine Genossenschaft einen Prokuristen anmelden, so müßte der Registerrichter diese Anmeldung zurückweisen; sollte eine Genossenschaft — gegen das Gesetz — einen Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetriebe angestellt haben, so ist derselbe je nach der Sachlage entweder gar nicht bevollmächtigt oder als nur zu einzelnen, zu Arten oder Gruppen von Geschäften ermächtigt anzusehen. ! ) GenG. § 38 A b s . 4. 8 ) Streit über die Mitgliedschaft einer e. G. R G Z . Bd. 68 S. 90.

298

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

bestimmter Höhe dürfen für letzteres nicht vergütet werden; Mehreinzahlungen berechtigen nicht dazu, andere Genossen im Falle des Verlusts deshalb in Anspruch zu nehmen, weil sie nicht mehr als die geschuldeten Einzahlungen geleistet haben, — diese beiden Bestimmungen können nicht durch das Statut geändert werden 1 ). Ein Solidargenosse darf nicht auf mehr als e i n e n Geschäftsanteil beteiligt sein2), ebenso ein Nachscbußgenosse 8 ); dagegen bildet der Geschäftsanteil in Limitgenossenschaften nicht das Maximum, sondern das Minimum der haftenden Beteiligung der Limitgenossen; die Haftsumme der einzelnen Limitgenossen darf nicht niedriger als der Geschäftsanteil sein und muß bei der Errichtung der Genossenschaft durch das Statut bestimmt werden 4 ); es kann aber durch das Statut die Beteiligung· der Limitgenossen auf mehrere Geschäftsanteile bis zu einem im Statut anzugebenden Maximum, welches auch für zedierte Stammanteile gilt, gestattet werden; danach erhöht sich auch die Haftung; aber bevor der eine (vorangehende) Geschäftsanteil erreicht ist (d. h. durch Einzahlungen oder durch Zuschreibungen vom Gewinne gedeckt ist), darf der betreffende Genösse nicht zu einem weitern Geschäftsanteile zugelassen werden 5 ). Abgesehen von den Einlagen und der Gewinn- und Verlustbeteiligung besteht die Geschäftsbeteiligung der Genossen in den in der Generalversammlung ausgeübten Rechten 6 ). 2. Daß die G e s c h ä f t s f ü h r u n g auch nach ihrer inneren Seite Sache des Vorstands ist, wurde erwähnt — oben S. 294 —; ihr Resultat muß in der gesetzlich angeordneten Aufstellung und Veröffentlichung der Bilanz sichtbar werden 7 ). Eigenartigen Beschränkungen der Geschäftsführung ist eine besondere A r t der Genossenschaft unterworfen, nämlich der K o n s u m v e r e i n ; dieser darf im regelmäßigen Geschäftsverkehr Waren nur an seine Mitglieder oder deren Vertreter verkaufen; um die Beobachtung des Verbots des KonsumWarenverkaufs an Nichtmitglieder, eines Verbots, von welchem GenG. §§ 7, 19, 20, 2 1 . V g l . hierzu P r o b s t , GenG. a. a. O. S . 3 7 . s 4 j GenG. § 1 1 9 . ) GenG. § 1 2 6 . ) GenG. § § 1 3 1 — 1 3 2 . ) GenG. §§ 1 3 4 — 1 3 8 . Wegen der Ersatzansprüche s. GenG. §§ 90, 1 4 2 . e ) Über die Bilanz s. GenG. §§ 7 Nr. 3, 19, 3 3 , 38, 48, 7 3 , 89, 99, 106, 1 3 9 ; vgl. S. 49, 2 6 3 , 264. 7 ) GenG. §§ 7 (Ziff. 3), 19, 3 3 , 38, 48, 89, 99, 106, 1 3 9 . 2

5

§ 38.

Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.

299

übrigens die eigentlichen landwirtschaftlichen BetriebswarenKonsumvereine befreit sind, zu sichern, ist ein landespolizeilich zu ordnender Legitimationszwang für die Mitglieder angeordnet und die Ausgabe von Marken (als Legitimationszeichen oder Yereinsgeld) oder sonstiger nicht auf den Namen lautender Anweisungen oder Wertzeichen, welche anstatt baren Geldes die Mitglieder zum Bezüge der Waren berechtigen sollen, den Konsumvereinen und den mit diesen wegen Warenabgabe an Mitglieder in Verbindung· stehenden Gewerbetreibenden untersagt; die Übertretung· dieser Verbote hat aber nicht die Ungültigkeit der Veräußerungsgeschäfte, sondern die Strafbarkeit der Veräußerer, der Legitimationsschwindler und bzw. der Vorstandsmitglieder zur Folge 1 ). 3. Die Bildung und Verwaltung" eines R e s e r v e f o n d s . Jede Genossenschaft muß einen Reservefonds haben, über dessen Bildung das Statut Bestimmungen enthalten muß2). 4. Die R e v i s i o n . Es ist eine der bedeutendsten Neuerungen des Gesetzes vom 1. Mai 1889, daß die Einrichtungen und die Geschäftsführung einer jeden Genossenschaft mindestens in jedem zweiten Jahre der Prüfung durch einen der Genossenschaft nicht angehörenden sachverständigen Revisor unterworfen werden müssen. Die somit obligatorisch gewordene Revision erstreckt sich notwendig· auf alle Zweige der Verwaltung der Genossenschaft und begründet für den Revisor einen Anspruch auf Kostenersatz und Mühebelohnung· (nach dem Zeitaufwand); über -das Wie der Revision kann der Reichskanzler Normen aufstellen: der Vorstand hat dem Revisor zweckentsprechend an die Hand zu gehen und dem Registerrichter eine Bescheinigung der stattgehabten Revision, dem Aufsichtsrat und der Generalversammlung aber den Revisionsbeiicht vorzulegen 3 ). Der Revisor ist entweder durch das Gericht oder durch eine dem Gesetz entsprechend gestaltete und durch die Zentralbehörde des betreffenden Bundesstaats, ev. durch den Bundesrat des Deutschen Reichs, privilegierte R G e s . vom 1 2 . August 1896 ( R G B l . S. 695); die Vorschriften des Art. 1 dieses Gesetzes sind als §§ 8 (Abs. 4), 20, 3 1 , 32, 9 1 , 92, 1 5 2 — 1 5 4 in das neuredigierte Genossenschaftsgesetz (Fassung vom 20. Mai 1897, R G B l . 1897 S. 8loff.) aufginommen. 2 3 ) GenG. § 7 Ziff. 4. ) GenG. §§ 5 3 , 62—64.

300

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Die Personen im Handelsrecht.

Vereinigung- von Genossenschaften („Revisionsverband") 1 ) zu bestellen; die Revision durch Verbandsrevisoren soll die R e g e l bilden, gerichtliche Revisoren fungieren nur für solche Genossenschaften, welche einem den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Verbände nicht angehören; die gerichtliche Bestellung muß vom Vorstande beantragt werden und setzt das einzuholende Einverständnis der höheren Verwaltungsbehörde in bezug auf die Person des Revisors voraus. IV. N a c h a u ß e n stellt sich die "Genossenschaft, wie oben § 24 S. 129 ff. erörtert, als eine (relative) juristische Person dar und gilt als Kaufmann im Sinne des HGB., soweit das Genossenschaftsgesetz keine abweichenden Vorschriften enthält; im Grundbuche oder Hypothekenbuch wird sie unter ihrer Firma als Grundeigentümerin oder bzw. Gläubigerin vorgetragen 2 ). Die Vertretung der Genossenschaft Dritten gegenüber ist normal Sache des Vorstandes, ausnahmsweise des Aufsichtsrats. Außer diesen zwei Organen der Gesellschaft können zur Vertretung der Genossenschaft nach außen in Betracht kommen: Spezialbevollmächtigte und Artbevollmächtigte (nicht aber Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigte), Stellvertreter der Vorstandsmitglieder und Bevollmächtigte der Generalversammlung in Prozessen der Genossenschaft gegen Aufsichtsratsmitglieder 3 ). Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet nicht bloß das Genossenschaftsvermögen, sondern unter allen Umständen auch der einzelne Genösse, dieser jedoch verschieden je nach der Art der Genossenschaft (s. oben § 38 I S. 290 f.): j. der Solidargenosse solidarisch und mit seinem ganzen Vermögen, 2. der Nachschußgenosse mit seinem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den Gläubigern, sondern nur der Ge' ) Uber die Revisionsverbände, deren Berechtigung, Generalversammlung und deren Rechtsentziehung s. GenG. § § 55·—60. Strafbestimmung s. § 1 5 0 ebenda. 2 ) Vgl. § 3 8 I I I S. 2 9 3 — 2 9 4 , auch Preuß. Grundbuchordnung v. 5. Mai 1 8 7 2 § 10. G S . S . 4 4 8 . Eine Erwähnung in der G B O . § 3 3 wird durch GenG. § 26 A b s . 2 überflüssig. — GenG. § 1 7 . 3 ) GenG. § 39 A b s . 3 ; hinsichtlich der Vertretung der Genossenschaft s. im allg. oben § 3 8 I I I S. 2 9 3 — 2 9 4 , auch § 24 I I u. I V , S. 1 3 3 u. 1 3 5 .

§ 38.

Die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.

301

nossenschaft; es haftet dieser für die zur Befriedigung der Genossenschaftsgläubiger erforderlichen Nachschüsse; 3. der Limitgenosse haftet der Genossenschaft und deren Gläubigern, letzteren also auch direkt und innerhalb seiner Haftpflicht, also solidarisch, aber beides nur bis auf eine im voraus beschränkte Summe. Allgemein und ohne durch Statut oder sonstigen Vertrag abgeändert werden zu können, gilt, daß Neueintretende auch für die vor ihrem Eintritt eingegangenen Genossenschaftsschulden zu haften haben, — selbstverständlich innerhalb der aus der Art ihrer Haftung (s. oben 1 —3) sich ergebenden Grenzen. Von größter praktischer Bedeutung für das Verhältnis der Genossenschaft zu Dritten ist die F i x i e r u n g des den Genossenschaftsgläubigern zur Befriedigung dienenden Genossenschaftsvermögens, sowie die der Mitgliedschaft der haftenden Personen. Deshalb schreibt das Gesetz vor, daß das Genossenschaftsvermögen unter keinen Umständen vor Tilgung oder Deckung der Schulden, noch auch vor Ablauf eines Jahres — des sog. g e s p e r r t e n Jahres, wie im Aktienrecht, s. oben § 34 S. 262 und § 36 S. 273 — seit dem T a g unter die Genossen verteilt werden darf, an welchem die Gläubiger zum drittenmal öffentlich zur Meldung aufgefordert werden 1 ). Aus dem nämlichen Grunde kann eine Herabsetzung des Geschäftsanteils (s. oben S. 297, 298) oder der auf denselben zu leistenden Einzahlungen sowie eine Verlängerung der für die letzteren festgesetzten Fristen bei a l l e n d r e i Arten der Genossenschaften nur unter Beobachtung der oben erwähnten Bestimmungen, welche für die V-erteilung des Genossenschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebend sind, erfolgen 2 ), und das gleiche ist zu beobachten, wenn in den Limitgenossenschaften die Haftsumme herabgesetzt werden soll 3 ). Eben deshalb darf das Genossenschaftsvermögen nicht durch eine Zinspflicht zugunsten der Geschäftsguthaben ohne wirklich vorhandenen Gewinn belastet werden 4 ), und bei der 2 3 ») GenG. § 90. ) GenG. § 22 Abs. 1 . ) GenG. § 1 3 3 . ) GenG. § 2 1 , vgl. H G B . § 2 1 5 , oben S. 2 5 4 — 2 5 5 .

4

302

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

Umwandlung von Genossenschaften in Genossenschaften anderer Art ist stets auf das Vorhandenbleiben des haftenden Kapitals Gewicht zu legen; daher schreibt der Gesetzgeber, wo durch den Artwechsel eine Reduktion des letzteren eintreten würde oder könnte, die Beobachtung der eben erwähnten Kontrollmaßregeln auch in diesen Fällen vor, also Gläubigeraufforderung, Schuldentilgung· oder Deckung, Sperrjahr, Registrierung usw. 1 ). V. Endigung des Genossenschaftsverhöltnisses. A. Entsprechend dem Begriffe der ,.nicht geschlossenen Mitgliederzahl" kann das Genossenschaftsverhältnis für einen e i n z e l n e n Genossen endigen, ohne daß die Genossenschaft im ganzen hierdurch eine Existenzerschütterung erfährt — vorausgesetzt, daß wenigstens sieben Genossen verbleiben 2 ). Ein solches „Ausscheiden einzelner Genossen", wie das Gesetz es nennt, kommt als aus fünf verschiedenen Anlässen eintretend in Betracht, nämlich: i. Aufkündigung seitens des einzelnen Genossen, welcher ausscheiden will. Jeder Genösse hat das Recht, mittels Aufkündigung seinen Austritt aus der Genossenschaft zu erklären: die Aufkündigung findet nur zum Schlüsse eines Geschäftsjahrs statt und muß mindestens drei Monate vorher schriftlich erfolgen; durch das Statut kann eine längere, jedoch höchstens zweijährige Kündigungsfrist festgesetzt werden 3 ). Die Aulkündigung muß vom Vorstande zur Liste der Genossen dem Registergerichte vorschriftsmäßig angezeigt und dort entsprechend eingetragen werden, und zwar mit der das Ausscheiden begründenden Tatsache, welche auf einseitigen Antrag vorzumerken ist. Von Vormerkung, Vormerkungsversagung und Eintragung hat das Gericht die Genossenschaft zu benachrichtigen 4 ). Hinsichtlich bei Anm. 2.

des

Ausscheidens

infolge Wohnsitzwechsels

s. oben

S. 292

An das Ausscheiden eines Genossen, welches übrigens durch die Tatsache, daß sich binnen sechs Monaten danach die ganze Genossenschaft auflöst5), vollkommen rückgängig gemacht wird, reiht sich normal die Auseinandersetzung auf GenG. §§ 1 4 3 — 1 4 5 . •) Auseinandersetzung mit ausscheidenden Genossen (GenG. § 73) Bd. 68 S. 1. s ) GenG. § 65. 4 ) GenG. §§ 6 9 — 7 1 . Vgl. hierzu bei Solidargenossenschaft § 1 2 5 . 6 ) GenG. §§ 75, 96, 1 2 5 . Hierzu R G Z . Bd. 30 S. 37.

RGZ.

§ 38

Die Erwerbs- lind Wirtschaftsgenossenschaften.

303

der Basis der momentanen Bilanz; das sich hieraus ergebende Geschäftsguthaben des ausscheidenden Genossen ist binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden auszuzahlen (seine K l a g e darauf verjährt in zwei Jahren); an R e s e r v e f o n d s und sonstiges Genossenschaftsvermögen hat der Ausscheidende keinen A n spruch, wohl aber an den sich aus der (bei seinem Ausscheiden) aufzustellenden Bilanz ergebenden Gewinn, der im Zweifel nach Maßgabe seines Geschäftsguthabens berechnet wird. Austrittsgeld ist unzulässig 1 ). Ergibt sich aus der Bilanz nicht ein Gewinn, sondern ein Defizit, ein Passivsaldo der Genossenschaft, so hat der Ausscheidende den ihn daran treffenden Anteil (im Zweifel nach der Kopfzahl der Genossen) vereinbarungs- und statutengemäß an die Genossenschaft zu bezahlen. A b e r auch d a r ü b e r h i n a u s kann z e i t l i c h die H a f t u n g des Genossen sich erstrecken, und zwar mit folgenden Unterscheidungen: a) Ist der Einzelangriff gestattet, also die Genossenschaft eine Solidar- oder eine Limitgenossenschaft, so haftet der Ausscheidende den ihn einzeln angreifenden Gläubigern für die bis zum Zeitpunkte seines Ausscheidens von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten gemäß der übernommenen Haftungsart und unter folgenden Voraussetzungen: a) Das Einzelausscheiden des A n g e g r i f f e n e n muß nicht durch Genossenschaftsauflösung inzwischen ganz r ü c k g ä n g i g gemacht sein 2 ).

ß ) Es dürfen nicht seit dem Ausscheiden des dem Einzelangriff ausgesetzten Genossen bis zur Eröffnung des Konkurses z w e i J a h r e oder mehr verflossen sein 3 ). γ) Es muß aber von der Vollstreckbarkeitserklärung der konkursrechtlichen Nachschußberechnung (s. unten S. 309 f.) an ein Zeitraum von sechs Monaten 4 ) verflossen sein. ») RGer. Bd. 3 3 S. 66. 2 3 ) S. Anm. 5 auf voriger Seite. ) GenG. § 1 2 5 . 4 ) GenG. § 1 2 2 . Der nicht schon v o r der Konkurseröffnung ausgeschiedene, sondern zu dieser Zeit noch der Genossenschaft angehörende Solidar- oder Limitgenosse kann schon vor Ablauf jener sechs Monate, nämlich schon nach d r e i Monaten mit der Einzelklage angegriffen werden; nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschußberechnung für vollstreckbar erklärt ist, können die Gläubiger, soweit sie bisher nicht befriedigt sind, die einzelnen Genossen in Anspruch nehmen. Gesetzliche Aktionenzession zugunsten der Zahlenden s. GenG. § 1 2 4 . In betreff der Anwendung der zunächst nur auf

304

K a p . II.

Die Personen im Handelsrecht.

) BörsG. § 94. BörsG. § 95. Maßgebend für die Erhebung der Börsensteuer ist nunmehr das R G „ betreffend die Ordnung des Reichshausbalts und die Tilgung der Reichsschuld, vom χ. Juni 1906 (RGBl. 1906 S. 620), das R G . wegen Änderung einiger Vorschriften des Reichsstempelgesetzes, von demselben Tage ( R G B l . 1906 S. 615) und die Bekanntmachung, betreffend die Fassung des Reichsstempelgesetzes, vom 7. Juni 1906 ( R G B l . 1906 S. 695), abgedruckt G E A . Nr 3 1 9 S. 3 fr. 4 ) Über die Handelsmäkler s. unten § 53, und vgl. ReichsstempelG. § 1 1 Ziff. j . 5 ) ReichsstempelG. Tarif Nr. 4 a, b. R G B l . 1906 S. 7 1 9 — 7 2 2 , Näheres, Ermäßigungen und Befreiungen ebenda (auch G E A . Nr. 3 1 9 S 24ff.). Ermäßigungen für das Arbitriergeschäft s. § 47 I I oben S. 397, 398.

§ $0-

425

A l l g e m e i n e Grundsätze über Arbeitsgeschäfte.

2. Gesetzlich verboten bleibt, aber ist nunmehr, wenn doch vorkommend, als strafbar und dazu als bürgerlich rechtlich v o l l k o m m e n wirkungslos und unverbindlich bezeichnet,

der

Börsenterminhandel

in

Getreide

und

in

Erzeugnissen

der

Getreidemüllerei ( § § 65 ff.). D i e möglichste Unterdrückung dieser A r t von Börsenterminhandel ist durch eine Menge von Detail-, insbesondere Strafvorschriften angestrebt,

das

Rückforderungsrecht

bezüglich

des

auf

Grund

Getreide-Börsentermingeschäfts Geleisteten zeitlich beschränkt

eines

Andererseits ist aber (in § 67) ein legitimes, handelsrechtliches, lieferung

gerichtetes

verbotenen

(§ 66). auf R e a l -

sog. handelsrechtliches Lieferungsgeschäft in Getreide

und

Getreidemüllereiprodukten ausdrücklich anerkannt. 3.

D e r Börsenterminhandel

nehmungen ist nicht mehr Genehmigung

in A n t e i l e n v o n Bergwerks-

gesetzlich

des Bundesrats

verboten,

abhängig ( § 6 3 ) ;

sondern ein

von

ohne

und Fabrikuntereiner

solche

besonderen

Genehmigung

abgeschlossenes Börsengeschäft erzeugt keine Verbindlichkeit, jedoch ist die R ü c k forderung

des Geleisteten

bleibt unwirksam

ausgeschlossen;

aber eine bestellte Sicherheit ist und

(§ 64).

4. V o m Bundesrat

kann

wie

der Handel in Industrieaktien

Börsenterminhandel an jeder anderen W a r e v e r b o t e n 5'J Börsentermingeschäfte

in W a r e n

so auch

der

in w e l c h e n

der

werden.

(und Wertpapieren),

Börsenterminhandel weder gesetzlich, noch durch den Bundesrat verboten ist, werden - v o l l w i r k s a m , wenn sie von den Β örsentermingeschäfts fähigen* untereinander abgeschlossen werden. 6. D e r Börsenterminhandel in Wertpapieren steht unter der besonderen V o r schrift, daß die in Geld oder Wertpapieren bestehende, von einem Börsentermin«eschäftsunfahigen ( § 53) einem Börsenberechtigten formell geleistete Sicherheit zu R e c h t besteht und von letzterem in Anspruch

genommen werden kann

(§ 54).

7. D i e A u f r e c h n u n g mit Ansprüchen aus rechtsunwirksamen (nicht verbotenen) Börsentermingeschäften ist für zulässig erklärt (§ 56).

Diese Aufrechnung

sowie

die Inanspruchnahme der bestellten Sicherheit ist auch dann zulässig, wenn gegen einen Anspruch

aus Börsentermingeschäften

zum Börsenterminhandel

in W a r e n

oder Wertpapieren,

die

zugelassen sind (§ 50) der Spiel- oder Differenzeinwand

erhohen werden sollte 1 ).

II.

Arbeitsgeschäfte. §

50.

Allgemeine Grundsätze über Arbeitsgeschäfte. W e d e r das Altertum, dehnang

die

noch das deutsche Mittelalter kannte in großer A u s -

auf Grund von Vereinbarungen

gegen Entgelt zu leistende

Arbeit

freier M e n s c h e n 2 ) ; erst die Wirtschaft der neueren Zeit ist vorzugsweise auf diese Arbeit gebaut, und der Handelsstand hat zu dieser Veränderung nicht wenig bei*) U b e r die Besserungen s. Oberlandesgerichtsrat Dr. N e u k a m p im B a n k Archiv 1908 V I I . Jahrg. S. 2 0 9 — 2 1 1 . 2 ) Daß übrigens das deutsche R e c h t selbständig ein Werkvertragsrecht entwickelt hat, dessen Sätze auch nach der Rezeption des fremden R e c h t s in verscniedenem Umfange in einzelnen Rechtsgebieten fortgegolten haben, hat K a r l R o t h e n -

426

K a p . III.

D i e Handelsgeschäfte.

g e t r a g e n ; trotzdem haben sich im Handelsverkehr eigenartige, vom übrigen R e c h t a b w e i c h e n d e Vorschriften bezüglich der Arbeltsverträge nur in geringer Ausdehnung •entwickelt, sondern es fügt sich der kaufmännische V e r k e h r hierin regelmäßig den N o r m e n des gewöhnlichen bürgerlichen R e c h t s . die

im

Handel

Dienstvertrage 1 ), sich

vorkommenden

zunächst

die

Grundsätze

ferner' gegebenenfalles die v o m W e r k v e r t r a g e 2 ) und,

um eine Geschäftsbesorgung

•eines Werkvertrags Auftrage3).

Diesem entsprechend gelten für

Arbeitsgeschäfte

auszuführen

handelt, ist,

auch

welche die

inhaltlich

vom

sofern es

eines Dienst- und

entsprechenden

Grundsätze

vom

A l s Besonderheit des Handelsrechts ist nur folgendes hervorzuheben:

I. D i e wichtigsten gewerbsmäßig betriebenen Arbeitsgeschäfte des Handelsverkehrs sind in besonderen Abschnitten des H G B . geregelt, nämlich die Geschäfte der

Handlungsagenten

Speditions-,

das

und

Lager-

der

und

Handelsmäkler, das

ferner

Frachtgeschäft;

das

Personen- und

der

beförderungsgeschäft

der Binuenschiffahrtsunternehmer

geschäft

Eisenbahnen,

Kommissions-,

Güter-

"beförderungsgeschäft

•durch

öffentlichen

das

das

und

und

ebenso

Waren-

das Arbeits-

der Seeleute unterliegt der R e g e l u n g durch besondere G e s e t z e 4 ) ;

besondere

•Grundsätzen

des

gesetzliche

Normen,

gewöhnlichen

Gewohnheitsrecht

geregelt

sondern



abgesehen

bürgerlichen R e c h t s —

sind

die Verlagsgeschäfte 6 )

nur

das

Personen-

von

nicht

allgemeinen

durch Vertrag

und

und die Arbeitsgeschäfte

des Bankverkehrs, unter denen das Geschäft der Übernahme sog. offener Depots 6 ) «ine hervorragende R o l l e spielt. Π.

Die

wichtigsten

nicht

gewerbsmäßig

betriebenen,

aber innerhalb der

Handelsgewerbebetriebe vorkommenden Arbeitsgeschäfte des Handelsverkehrs sind die der Handlungsbevollmächtigten und der Handlungsgehilfen (s. oben § § 2 0 — 2 2 S . 91 ft.); w i e diese, assoziationen

so sind auch die Arbeitsverträge der Organe von Handels-

(Vorstandsmitglieder,

Direktoren,

Geschäftsführer

usw.)

in

einem

audereu Zusammenhange vom Gesetze geregelt und dort ( § § 24 ff. S. 128 ff.) erörtert. Hier

sei

auch

an

das

oben

erörterte

Verhältnis

zwischen Arbeitsvertrag

T a r i f v e r t r a g (oben § 21 I S. 99ff.) und die Gerichtsbarkeit der gerichte

bezüglich

und

Kaufmanns-

der aus Dienstverträgen entspringenden Streitigkeiten (oben

§ 4 A I I S. 19) erinnert.

III. Die Arbeit wird im Handelsverkehre regelmäßig nicht ohne Entgelt geleistet, sondern bezahlt. Die Höhe des Preises der Arbeit (d. i. des Lohns, des Gehalts od. dgl.) hängt regelmäßig von der Vereinbarung·, unter Umständen von der Ortsb ü c h e r , Geschichte des Werkvertrags nach deatschem R e c h t e ( G i e r k e ,

Unter-

suchungen zu D. St. und R G e s c h . 87. Heft, Breslau 1906) nachgewiesen. >) B G B . § § 6 1 1 — 6 3 0 . 2 ) B G B . § § 631 ff.; die fabrikmäßige Be- oder Verarbeitung von W a r e n für andere — der Fall des § 2 Nr. 2 des H G B . kann Gegenstand eines solchen sein {s. oben § 8 Nr. 2 S. 38, das H G B . enthält keine besonderen Grundsätze über diesen Arbeitsvertrag); über das dem W e r k v e r t r a g eigentümliche Wandlungs- und K ü n d i g u n g s r e c h t s. B G B . § § 6 3 4 — 6 3 6 , 649. 3 ) B G B . § § 663, 6 6 5 — 6 7 4 gemäß B G B . § 675. 4 ) Binnenschiffahrtsgesetz v. 15. Juni 1895, Seemannsordnung v. 2. Juni 1902. 5 ) S. unten § 59. e ) S. unten § 60.

§ 50.

Allgemeine Grundsätze über Aibeitsgeschäfte.

427

üblichkeit oder von veröffentlichten Tarifen ab 1 ). Während das gewöhnliche bürgerliche · R e c h t nur an bestimmte Umstände die Vermutung knüpft, daß eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gelte, nämlich dann, wenn die Dienstleistung „den Umständen nach" nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist 2 ), so nennt das Handelsrecht diese Umstände geradezu: sie liegen in der Ausübung des Handelsgewerbes durch einen Kaufmann; j a es spricht das Handelsrecht, wenigstens wörtlich genommen, gar nicht von einer Vermutung, sondern gewissermaßen von einer gesetzlichen Pflicht; denn wer in der Ausübung seines Handelsgewerbes — also stets ein Kaufmann 3 ) — einem anderen (es sei dieser ein Kaufmann oder nicht) Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision, und wenn es sich um Aufbewahrung — gleichviel ob in einem öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten oder beim Geschäftsbesorger selbst — handelt 4 ), Lagergeld nach den am Ort üblichen Sätzen fordern 5 ). IV. Auf Arbeitsgeschäfte bezieht sich die bedingte Antwortepflicht unter dem Rechtsnachteil der Annahme des Vertragsabschlusses: wenn einem Kaufmann, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringt, wie ζ. B. einem Kommissionär, Spediteur, Handlungsagenten usw.6), ein Antrag 7 ) auf Besorgung solcher Geschäfte von jemand zugeht, mit dem er in Geschäftsverbindung steht 8 ), so ist er verpflichtet, unverzüglich zu antworten, wenn er ablehnen will; denn sein Schweigen gilt gesetzlich als Annahme des Antrags; das gleiche gilt, wenn einem Kaufmann ein ') Über Taxen und Tarife bez. der Vergütung s. Abs. 2 des B G B . § 6 1 2 , ferner GewO §§ 37, 76, 79. Eisenbahnfrachtsätze sind amtlich limitiert und überwacht. Die Löhne der gewerblichen Arbeiter sind in Reichswährung bar auszuzahlen (Verbot des Trucksystems, GewO. §§ 1 1 5 — 1 1 9 ) . E i n während einer Seegefahr vereinbarter Berge- und Hilfslohn kann wegen erheblichen Übermaßes angefochten werden; überhaupt unterliegt die Vereinbarung dieser Art von Arbeitsbelohnung besonderen gesetzlichen Beschränkungen; s. H G B . §§ 7 4 1 , 7 4 5 — 7 4 7 . 2 ) BGB. § 612. 3 ) Auch Kommissionäre und Spediteure; s. G a r e i s , H G B . § 354 Anm. 6. 4 5 ) R G Z . Bd. 1 S. 286. ) H G B . §§ 354, 420. 6 ) H G B . § 1 Nr. 2, 6, 7. ^ Offerte, „Auftrag", s. R e g e l s b e r g e r in Endemanns Hdbch. Bd. 2 § 247 Anm. 1 7 ; G a r e i s , H G B . § 362 Anm. 3. 8 ) Ζ. B . von einem Landwirte, der den Kaufmann regelmäßig mit dem Verkaule seiner Produkte betraut. H G B . § 362.

428

K a p . III.

Die Handelsgeschäfte.

Antrag· über die Besorgung von Geschäften von jemand zugeht, dem gegenüber er sich zur Besorgung" solcher Geschäfte erboten hat. Treu und Glauben, und dementsprechend auch das Gesetz1), verlangt, daß der Kaufmann, auch wenn er den Antrag ablehnt, die mitgesandten Waren auf Kosten des Antragstellers, soweit er für diese Kosten gedeckt ist und soweit es ohne Nachteil für ihn geschehen kann, einstweilen vor Schaden bewahre. V. Für Arbeitsgeschäfte wird die Feststellung· des Maßes der Sorgfalt, für welche ein Kaufmann einzustehen hat, besonders wichtig 2 ). Im Gefolge eines Arbeitsvertrag-s — auch eines handelsrechtlichen — finden sich ferner eigenartige Haftungen für fremde Handlungen ein, so die Haftung desjenigen, der eine Fabrik (oder ein Bergwerk, einen Steinbruch oder eine Gräberei) betreibt, wenn ein Bevollmächtigter oder Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder der Arbeiter angenommene Person durch ein Verschulden in Ausübung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat 3 ); hierher gehören ferner die Fälle des Transportrechts, in denen der Eisenbahntransportübernehmer bis an die Grenze der höheren Gewalt und insbesondere für seine eigenen Leute zu haften hat 4 ). VI. Eine eigentümliche Rechtsfolge hat jener Arbeitsvertrag, zufolge dessen ein Künstler (Zeichner, Maler, Bildhauer od, dgl.) in einem Kunstgewerbebetriebe mit der Herstellung origineller Geschmacksmuster beschäftigt ist, nämlich die, daß das Urheberrecht an diesen Mustern und Modellen, welche von jenem Künstler im Auftrage oder für Rechnung ') H G B . § 362 Abs. 2. s ) H G B . §§ 347 mit 203, 429, 653 und im Vergleich zum B G B . § 2 7 6 ; Herabsetzung der Haftung, gesetzlich s. Abs. 2 des § 347 H G B . und G a r e i s , Anm. 3 hierzu, S. 326. ®) Haftpflichtgesetz v. 7. Juni 1 8 7 1 § 1 ; hierzu s. E g e r , Reichshaftpflichtgesetz (5. Aufl. 1900); H i l s e , Haftpflicht der Eisenbahnen (1889). *) Haftung der Eisenbahnen s. H G B . §§ 456, 4 5 8 ; weniger streng, nämlich nur für die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers, haften andere Frachtführer und die Binneuschiffahrtsunternehmer, s. H G B . § 429; Binnenschiffahrtsgesetz § 58 s. G a r e i s , H G B . S. 402 A n m . 3, 420 Anm. 4. Über Haftungen von Eisenbahnbetriebsunternehmungen nach Landesrecht s. Einführungsgesetz z. B G B . Art. 10S und die dadurch in Geltung erhaltenen Landesgesetze s. F i s c h e r - H e n l e , B G B . Anm. I zu Art. 105 (7. Aufl. S. 1 3 4 3 ) .

§ 51 ·

Vom Kommissionsgeschäfte.

429

d e s Eigentümers der gewerblichen Anstalt a n g e f e r t i g t werden, diesem letzteren und nicht dem Künstler selbst zusteht, wenn -nicht der V e r t r a g anderes bestimmt 1 ). VII. Die B e e n d i g u n g des durch den A r b e i t s v e r t r a g g e schaffenen Rechtsverhältnisses, die A u f h e b u n g oder sonstige E n d i g u n g des Arbeitsvertrags hat handelsrechtlich im allgem e i n e n nichts Eigenartiges; nur auf folgende P u n k t e ist b e sonders aufmerksam zu m a c h e n : ι. Ist mit dem A r b e i t s v e r t r a g e die Erteilung einer V e r -tretungsbefugnis, Vollmacht, verknüpft, so wird durch den einseitigen Widerruf dieser allein das Arbeitsverhältnis regelmäßig nicht beendigt 2 ). 2. Die Widerruflichkeit eines A u f t r a g s wird im Handelsv e r k e h r e nicht selten durch eigenartige Gewohnheiten und •Gebräuche eingeschränkt oder a u s g e d e h n t ; so können ζ. B. die Verkäufer und Käufer die von ihnen den Börsenmäklern erteilten A u f t r ä g e während der Börsengeschäftszeit willkürlich widerrufen oder in den Preissätzen abändern, jedoch mit Ablauf d e r Börsengeschäftszeit werden die A u f t r ä g e unwiderruflich 8 ).

Von einzelnen Arbeitsgesdiäften des Handels. §

5i.

1. Vom Kommissionsgeschäfte4). 1. B e g r i f f und A b s c h l u ß . Auf der Grenze zwischen den W a r e n u m s a t z g e s c h ä f t e n und den Arbeitsgeschäften stehend und gewissermaßen den U b e r g a n g von jenen zu diesen bildend, *st das g-ewerbliche Kommissionsgeschäft nach der A u f f a s s u n g •des neuesten Handelsrechts 5 ) der Arbeitsvertrag, inhaltlich ') R G e s . v. I i . Januar 1876 § 2, s. oben § 1 9 I I I S. 8 9 t . 8 ") Vgl. H G B . §§ 52, 2 3 1 Abs. 3. ) So C o s a c k , Lehrb. S. 343. 4 ) Lit.: G r ü n h u t , Das Recht des Kommissionshandels (Wien 1879) und • G r ü n h u t im Hdbch. Bd. 3 S. 1 5 7 ; W e b e r in Bd. 44 S. 2 9 ; R i e ß e r , Bank-ilepotgesetz (2. Aufl. 1906); C o s a c k , Lehrbuch § 43 S. 1 7 6 ; G a r e i s , H G B . •(1905) S. 366fr.; Denkschr. S. 3 2 5 l f f . ; K . L e h m a n n , Lehrb. §§ 1 8 9 — 1 9 4 ; Λ. W e i d m a n n , Das Kommissionsgeschäft (Systemat. Darstellung der Bank«. Warenkommission). (Charlottenburg-Berlin, Selbstverlag.) 1908. 5 ) H G B . § 383. Das H G B . v. 1 8 6 1 beschränkte die dem Kommissionär obliegende Geschäftsbesorgung nicht auf Ein- und Verkäufe, sondern dachte sich -diese auf alle Arten von Geschäften, die auftragsgemäß im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung geschlossen werden können, anwendbar, allerdings mit der nun nicht mehr bestehenden Beschränkung, daß diese Geschäfte, nämlich die auf-

430

K a p . III.

Die Handelsgeschäfte.

dessen sich ein Kaufmann innerhalb seines Gewerbebetriebs •verpflichtet, Waren oder Wertpapiere im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen (Kommittenten, Auftraggebers — dieser mag Kaufmann oder Nichtkaufmann sein —) zu kaufen oder zu verkaufen. Die Übernahme von Einkäufen und von Verkäufen bildet fortan allein die selbständige Grundlage des Kommissionsgewerbes, aber es ist damit doch nicht ausgeschlossen, daß ein Kommissionär auch andere Geschäfte kommissionsweise schließt, noch auch, daß ein anderer Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes dann und wann ein Geschäft in der bezeichneten Weise, nämlich als Kommissionär, abschließt 1 ); im letzteren Falle ist die Kommission ein Nebengeschäft des durch einen anderen Handelsgewerbebetrieb zum Kaufmanne gewordenen Übernehmers der Geschäftsbesorgung; mag die Kommission, wie im letzteren Falle, ein Nebengeschäft (s. oben § 9 S. 42) oder, wie vorangestellt, ein Grundhandelsgeschäft (s, oben § 8 S. 40 Nr. 6) sein und in diesem Falle den Übernehmer zum Kaufmanne machen, in einem wie im anderen Falle lassen sich nach der Natur der aufgetragenen Geschäfte (sog. Ausführungsgeschäfte) echte (eigentliche) und unechte (uneigentliche) Kommissionsgeschäfte unterscheiden; die ersteren sind Einkäufe und V e r käufe, welche der Kommissionär „kommissionsweise", d. h. „im eignen Namen; aber für Rechnung seines Kommittenten" abzuschließen übernimmt2), sowie der kommissionsweise Abschluß getragenen Geschäfte („Ausführungsgeschäfte") Handelsgeschäfte seien. — Über die Geschichte des Kommissionsgeschäfts, insbesondere den geschichtlichen Zusammenhang desselben mit der commenda (s. oben § 23 S 124 f.) s. GUGesch. S. 259^ 262, 3 3 1 , auch L e p a in Goldschmidts Z. Bd. 20 S. 438fr. Geschichtliches s. auch bei v. A m i r a , Nordgerm. Oblig. R . I S. 687; bei Louis L e w i n , Kommissionsgeschäft im Hansagebiet (Berlin 1887). !) H G B . § 406. 2 ) Zu den echten Kommissionsgeschäften gehört demnach die „ K o n s i g n a t i o n " , , d. i. die exportierende Verkaufskommission, namentlich die überseeische (s. R O H G . B d . 5 S. I i , Bd. 8 S. 32, 1 1 9 , Bd. 22 S. 77), sowie der P a k o t i l l e v e r t r a g , d. i. der Vertrag, in welchem sich Seeleute verpflichten, die in ihren Koffern mitgenommenen Waren für Rechnung von Auftraggebern an überseeischen, mehr oder weniger genau angegebenen Orten zu verkaufen (s. G r ü n h u t , Kommissionsgeschäft S. 47 Anm. 13). Über den Unterschied zwischen Verirauf und Verkaufskommission s. R G Z . Bd. S S. 84; ebenda S. 85 s. auch das sog. I n d e n t g e s c h ä f t , einen im asiatisch-europäischen Verkehre vorkommenden Vertrag, inhaltlich dessen ein in Indien bestehendes europäisches Handlungshaus einem eingeborenen Händler europäische Waren zu einem in der Landesmünze ausgedrückten Preise zu liefern verspricht (Importverkauf, Lieferungsgeschäft).

§ Si.

431

Vom Kommissionsgeschäfte.

eines Lieferüngsvertrags (Werkvertrags) über eine nicht vertretbare bewegliche Sache, welche aus einem von dem Unternehmer zu beschaffenden Stoffe herzustellen ist1). Die unechten (uneigentlichen) Kommissionsgeschäfte können kommissionsweise übernommene Transportgeschäfte, Assekuranzgeschäfte, einzelne Bankgeschäfte, ζ. B . das Einziehungs- (oder I n k a s s o g e s c h ä f t , usw. sein; allein die Einkaufs- und Verkaufskommission bildet nicht bloß das bei weitem wichtigste aller Kommissionsgeschäfte, sondern es liegt in der Tat nur für diese ein gesetzgeberisches Bedürfnisvor, den Betrieb von Kommissionsgeschäften als selbständige Grundlage der Kanfmannseigenschaft anzuerkennen 8 ); denn die Versicherungskommission, existiert wohl kaum als ein selbständiger Geschäftszweig, und auf die Versicherung für fremde Rechnung

finden überdies die Rechtssätze vom Kommissionshandel keineswegs

ohne weiteres Anwendung, sondern ζ. B . seehandelsrechtliche Vorschriften und die des VersichUntG. v. 30. Mai 1908 3 );

der Hauptfall der Kommission im Güter-

transporte wird gesetzlich als Spedition 4 ) bezeichnet

und ist besonders geregelt

(s. unten § 52 S. 445 ff.)· Der kommissionsweise Abschluß vön Bankiergeschäften wird regelmäßig selbst ein Bankiergeschäft im Sinne des Gesetzes 5 ) und ist überdies regelmäßig

mit

der

gewerbsmäßigen Übernahme

kommission verbunden"). —

von Ein-

und Verkaufs-

Das buchhändlerische Kommissionsgeschäft

gehört

zu den Verlagsgeschäften (s. unten § S9). — Übrigens kann jede gewerbsmäßig betriebene Übernahme der Besorgung von Geschäften in eigenem Namen, aber für Rechnung eines Auftraggebers den Charakter eines formellen Handelsgewerbes gewinnen, wenn das Unternehmen derart ist, daß es bach Art und Umfang einen i a kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert 7 ).

Der Kommissionär im Sinne des HGB. ist — begrifflich wenigstens — nicht der juristische Stellvertreter seines Auftraggebers, denn er schließt das ihm übertragene (sog. AusfÜhrung"S-)Geschäft nicht im Namen des letzteren, sondern im eigenen Namen, als sein Geschäft ab 8 ) und wird folgeweise aus demselben allein als Käufer, bzw. Verkäufer usw. dem Dritten gegenüber verpflichtet und berechtigt 9 ), aber erschließt nicht als sog. Proper- oder Eigenhänder, sondern auftraggemäß für fremde Rechnung·, nämlich für Rechnung seines Auftraggebers ab, und deshalb hat er diesem den Nutzen des ) H G B . § 4 0 6 Abs. 2. *) So Denkschr. S. 3251. s ) S. unten § 127. HGB. § § 7 8 1 — 7 8 3 , 8 0 6 — 8 1 1 . (S. Denkschr. a. a. 0.> und unten §§ 62 fl., Versieh.-Vertrags-G. v. 30. Mai 1908 §§ 7 4 — 8 0 . *) HGB. §§ 4 0 7 — 4 1 5 . 6 ) HGB. § I Nr. 4 ; hierzu G a r e i s , HGB. Anm. I I . · ) Vgl. S. 4 3 2 fr. Anm. 3. 7 ) H G B . § 2 ; hierzu G a r e i s , H G B . S. 13—15 und oben § 8 S. 4 0 f f . e) Entscheidend ist die Absicht, nicht der Ausdruck; s. R O H G . Bd. 2 S. 402, Bd. 20 S. 310. ®) HGB. § 392, s. jedoch Abs. 2 dieses Paragraphen u. unten S. 441 Anm. I u. 2. l

432

K a p . III.

Die Handelsgeschäfte.

Geschäfts zuzuwenden 1 ), kann ihn aber auch mit den Pflichten und Lasten aus dem Geschäfte belasten. Der Kommissionär ist nicht Mäkler (s. unten § 5 3 ) ; denn er vermittelt begrifflich nicht, sondern kontrahiert selbst, und zwar im eigenen Namen; hierdurch unterscheidet er sich vom Handlungsagenten, der sowohl vermitteln als im Namen des A u f t r a g g e b e r s abschließen kann und dabei zudem in einer regelmäßigen und dauernden geschäftlichen Beziehung zu einem bestimmten oder einigen wenigen Handelshäusern steht (s. unten § 54). Systematisch "betrachtet ist im Sinne des B G B . das Kommissionsgeschäft ein Dienstvertrag, welcher eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstande hat 2 ). Letztere Auffassung ist bestritten,

es steht ihr einerseits die herrschende

Ansicht, das Kommissionsgeschäft sei ein Werkvertrag, andererseits die, es sei eia Vertrag eigener Art, gegenüber (vgl. K . L e h m a n n , Lehrb. § 789 Ziff. 6 S. 803, 804).

Die Meinung, dafl das Kommissionsgeschäft ein Werkvertrag sei, soll durch

die Vorschrift des H G B . § 396 gestützt sein, nehmen R i m p l e r (Die gesetzliche Haftung des Kommissionärs, Diss. 1 9 0 1 ) und K . L e h m a n n (Lehrb. S. 804) an. Dies dürfte wenigstens iür den Regelfall der Kommission nicht zutreffen; darauf, wann und ob überhaupt eine Vergütung verdient sei, kommt es gewiß nicht so sehr an als auf die Haftungsverschiedenheit: der Unternehmer (im Werkvertrage) haftet für die Herstellung { B G B . § 631)·

der versprochenen,

der Kommissionär

aber

für den E r f o l g

seiner Arbeit

haltet keineswegs für den Erfolg seiner

Bemühung; findet er trotz Bemühung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Nicht notwendig der Urheber selbst, s. VG. § 48, auch VG. §§ 39, 40, oder Erben des Verfassers nach LitUrhG. § 8 innerhalb der 30 bzw. 10 Jahre des LitUrhO. § 29. 4 Nicht notwendig Buch- oder Kunsthändler (s. Begründung des RgEntw. des VC·. Reichstagsdrucksachen 1901 Nr. 97 S. 60), wenn aber solcher, dann Kaufminn, dann Handelsgeschäft nach HGB. § 1 Abs. I und Abs. 2 Nr. 8, s. oben t! 8 S. 41.

508

K a p . III.

D i e Handelsgeschäfte.

liefert ist, entsteht eine A r t dinglicher Wirkung·, nämlich das g e g e n D r i t t e 1 ) wirksame ausschließliche Vervielfältigungfsund Verbreitungsrecht, welches das „ V e r l a g s r e c h t " im e n g e r e n Sinne (besonders in dem des V G . ) g e n a n n t wird. Es sind zu unterscheiden: 1. V e r l a g s v e r t r ä g e mit V e r l a g s r e c h t ( V o l l v e r l a g s v e r t r ä g e ) ' 2 ) ; 2. V e r l a g s v e r t r ä g e ohne V e r l a g s r e c h t s. unten III; 3. V e r l a g s v e r t r ä g e mit unvollständigem V e r l a g s r e c h t , — an B e i t r ä g e n zu Zeitungen oder sonstigen periodischen Sammelwerken·''); 4. Κommissionsverlag'sVerträge 4 ) und 5. literarische einseitige W e r k v e r t r ä g e 5 ) . II. D e r V o l l v e r l a g s v e r t r a g . O b g l e i c h in diesem der V e r t r a g s w i l l e auf V e r s c h a f f u n g des V e r l a g s r e c h t s gerichtet 6 ), der Umfang· der R e c h t e , die dem V e r l e g e r g e w ä h r t werden 7 ), weit a u s g e d e h n t ist und diesem von der A b l i e f e r u n g des W e r k e s an die A u s ü b u n g der S c h u t z b e f u g n i s s e g e g e n Dritte -selbständig zusteht 8 ), ist selbst der V o l l v e r l a g s v e r t r a g nicht auf Ubertrag-ung des U r h e b e r r e c h t s selbst gerichtet, sondern eben nur auf die Einräumung der laut V e r t r a g nach D a u e r und U m f a n g in g e w i s s e Grenzen g e f a ß t e n B e f u g n i s zur V e r vielfältigung und V e r b r e i t u n g : das U r h e b e r r e c h t als solches bleibt n e b e n dem V e r l a g s r e c h t , nur e i n g e e n g t durch dieses, bestehen 8 ). A b g e s e h e n hiervon e r g e b e n sich aus dem Ver2 ) S. unten II. 3) V G . V G . § 9 A b s . 2. 4 1 — 4b, s. unten I V . H G B . § § 3 4 3 — 4 0 O (Kommission), B G B . § § 6 1 1 — 6 3 0 , 675 (Dienstvertiag), Begründung zum E n t w . d. V G . S. 5 9 — 6 0 , siehe unten V . 5) V G . § 4 7 und Begründung S. 9 0 — 9 1 ; s. unten V I . 8 ) Vgl. V G . Vgl. L i t U r h G . § 1. ' ) V g l . V G . § 8. §9. ") Das Fortbestehen des Urheberrechts als solchen, auch wenn ein Verlagsvertrag errichtet ist, zeigt sich in folgendem: a) D i e höchstpersönlichen Äußerungen der Autorschaft — das R e c h t der geistigen Vaterschaft — der mit derselben verbundene Anspruch auf eine Prämie, Ehre, Qualifikation u. dgl. bleiben dem Urheber vollkommen und werden durch das Verlagsrecht überhaupt nicht berührt; b) sobald das Verlagsrecht mit Beendigung des Verlagsverhältnisses erlischt, dehnt sich das Urheberrecht wieder zur vollen Geltung aus; c) wenn der Verleger mehr Exemplare als der Verlagsvertrag ihm gestattet, veröffentlicht, so begeht er ein Nachdrucksdelikt, nicht bloßeine Vertragsverletzung (LitUrhG. § 15); d) der Verfasser behält während • des Bestehens des Verlagsverhältnisses die Ausübung des Urheberrechts in der Richtung gegen Dritte derart in der Hand, daß er gegen jemand, der das W e r k nachdruckt, Schadenersatz und eventuell auch Bestrafung verlangen k a n n ; e) nach der positiv rechtlichen Bestimmung der Gesetze (LitUrhG. § 14 u. V G . § 2), welche dem Autor das Übersetzungsrecht, das Dramatisierungsrecht, bzw. Novellierungsrecht, bei W e r k e n der Tonkunst das R e c h t der Vervielfältigung und Verbreitung für die 4)

§ 59·

Die Verlagsgeschäfte uud die sonstigen Geschäfte usw.

509

trage: ι. Pflichten des Urhebers: Der Urheber eines literarischen oder künstlerischen Werkes usw. (s. oben), ist zur vertragsmäßigen Herstellung 1 ) und rechtzeitig-en'2) Lieferung des der Vervielfältigung zu unterwerfenden Werkes (Manuskriptes, Originals) verpflichtet. Liefert er das Werk zwar dem Verleger, zugleich aber auch einem anderen, einem zweiten Verleger, zur Vervielfältigung und Verbreitung, so macht sich der letztere, sowie auch der Urheber selbst, des verbotenen Nachdrucks schuldig, sofern es sich nicht um die Ausübung eines der gesetzlich 8 ) oder laut Vertrag vorbehaltenen Rechts des Urhebers handelt. Bearbeitung eines "Werkes der Tonkunst zuspricht, soweit sie nicht bloß ein Auszug oder eine Übertragung in eine andere Tonart oder Stimmlage ist; f ) es verbleibt dem Autor das Recht einer Gesamtausgabe nach Ablauf von 20 Jahren gemäß VG. § 2 ; g) ebenso das Recht der Verfügung über unentgeltlich gelieferte Beiträge zu Sammelwerken nach Ablauf eines Jahres gemäß VG. § 3; sowie h) das Recht auf fernere Auflagen, wenn der Vertrag nichts anderes bestimmt (VG. § § 5> l7)' i) UQ ter allen Umständen verbleibt dem Verfasser das Recht, Änderungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen nach VG. § 12. Die Vorschriften des VG. über Rechte uud Pflichten der beiden Parteien des Verlagsgeschäfts können durch Vereinbarung abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen des VG. festgestellt werden, mit Ausnahme a) der oben (S. 508) erwähnten dinglichen Wirkung des Vollverlagsvertrags und b) der konkursrechtlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses nach VG. § 3b. Es ist also für den Inhalt des Verlagsvertrags in erster Linie die Vereinbarung (abgesehen von diesen beiden Punkten) entscheidend, die nach den Gebräuchen des Buch- und Kunsthandels auszulegen ist (vgl. HGB. § 346, aber nur: unter Kaufleuten, s. oben § 42 II S. 353), welche letztere teilweise kodifiziert sind in der sog. Verlagsordnung des Börsenvereins deutscher Buchhändler v. 30. April 1893. ') Über Druckfertigsein s. VG. § 10. 2 ) Rechtzeitigkeit der Ablieferung: bei bereits vollendeten Werken: sofort, VG. § II Abs. 1; später: nach Zweck: ij 11 Abs. 2 Satz 1; im übrigen: nach Herstellungszeit VG. § 11 Abs. 2 S. 2. ' ) Gesetzlich stehen dem Verleger a) Beschränkungen entgegen, die sich aus den dem Autor auch bei Bestehen eines Verlagsvertrags bleibenden Befugnissen ergeben, s. oben S. 508 Anm. 9; b) zudem ist das Verlagsrecht des Verlegers insofern begrenzt, als er, wenn es ihm für ein Einzelwerk übertragen ist, dieses nicht zu einem Sammelwerk verwenden darf, noch auch umgekehrt, außer soweit eine solche Verwendung trotz des Bestehens des Urheberrechts jedermann nach LitUrhG. §§ 19—33 zustehen würde (VG. § 4'). Das Verlagsrecht wird ferner c) abgesehen von diesen Beschränkungen begrenzt durch die im Zweifel anzunehmende Zahl von herzustellenden Abzügen (1000 Stück nach VG. § 5 Abs. 2): d) ist das Recht zur Veranstaltung mehrerer Auflagen eingeräumt, so steht im Zweifel jede davon unter dem alten Recht (VG. § 5 Abs. I Satz 2); e) eine Begrenzung des Verlagsrechts liegt auch in der gesetzlichen Einrechnung einer Anzahl von Freiexemplaren, Zuschußexemplaren und Ersatzexemplaren gemäß VG. §§ 6 u. 7 ; f ) Änderungen darf der Verleger an dem W e r k selbst, an dessen Titel oder Urheberbezeichnung keineswegs vornehmen (VG. § 13, LitUrhG. § 9). Er darf sich nur solche Änderungen erlauben, für die der Verfasser seine Einwilligung nach Treue und Glauben nicht versagen kann (VG. § 13 Abs. 2); g) bei Neuabzügen von Sammelwerken hat der Verleger ein Streichungsrecht bezüglich

510

K a p . III.

Die Handelsgeschäfte.

2. Pflichten des Verlegers. Dieser ist dem Urheber gege,nüber verpflichtet, das Werk so zu vervielfältigen und nach Möglichkeit zu verbreiten (zu vertreiben), wie der Vertrag und die Handelssitte es vorschreiben 1 ). Er ist verpflichtet, die ganze vereinbarte Auflage vertragsmäßig, auch rechtzeitig·2) herzustellen und in den Buchhandel zu bringen, aber er darf die Anzahl der vertragsmäßig oder nach Handelssitte herzustellenden Exemplare nicht ohne Zustimmung des Autors überschreiten3). Ist das Verlagsrecht auf Zeit übertragen, so fordert Treu und Glauben, daß der Verleger nur so viel Exemplare herstelle, als in der vereinbarten Zeit vernünftigerweise in Verkehr gebracht und verkauft werden können (s. unten 3, b). Zar Übertragung seiner Rechte ist der Verleger befugt, soweit nicht die Übertragung durch Vereinbarung zwischsn dem Verfasser und dem Verleger ausgeschlossen ist, doch geht das erworbene Verlagsrecht auf die Geschäftserben des Verlegers über und kann vom Verleger auch unter Lebenden auf einen anderen Verleg-er übertragnen werden, jedoch wenn der Vertrag nur über einzelne Werke geschlossen wird, nicht ohne die — übrigens nicht grundlos zu verweigernde — Zustimmung des Verfassers 4 ) und unter fortdauernder Haftung des Verlegers für die übernommene Vervielfältigung urd Verbreitung n e b e n der von seinem Rechtsnachfolger übernommenen Haftung für die Erfüllung der aus dem Verlagsvertrage sich ergebenden Verbindlichkeiten 6 ). Nicht wesentlich ist dem Verlagsvertrage die Verpflichtung des Verlegers, an den Urheber Honorar zu bezahlen, einzelner Beiträge nur im Einverständnis mit dem Herausgeber, und h) >ei Wegfall des Zweckes kann der Verleger das Vertragsverhältnis zwar kündigen, aber der Anspruch des Verfassers auf die vereinbarte Vergütung bleibt crotz der Kündigung bestehen (VG. § 18). ') V G . § 14. 2 ) V G . § 15. η V G . §§ 5, Ib. 4 ) V G . § 28: Fordert der Verleger den Verfasser zur Erklärung über die Zustimmung auf, so gilt diese als erteilt, wenn nicht die Verweigerung von dem Verfasser binnen zwei Monaten nach dem Empfange der Aufforderung cem Verleger gegenüber erklärt wird. 5 ) Der Verleger und sein Rechtsnachfolger haften dem Verfasser j i einem solchen Falle als Gesamtschuldner ( B G B . §§ 4 2 1 ff.). Die Haftung der Rechtsnachfolger erstreckt sich aber im Zweifel nicht auf eine bereits begrüncete Verpflichtung zum Schadensersatz. V G . § 28. Pflicht zur Rückgabe des Originäs u. dgl. VG. § 2 7 .

§ 59·

Verlagsgeschäfte und die sonstigen Geschäfte usw.

51 L

Freiexemplare 1 ) oder andere Leistungen 2 ) zu gewähren; sind dergleichen Verpflichtungen vereinbart, was auch stillschweigend geschehen und somit auch aus den Umständen gefolgert werden kann 8 ), so hat sie der Verleger genau dem Vertrage entsprechend zu erfüllen. 3. Endigungsgründe. Eigenartig ist, daß das Vertragsverhältnis, abgesehen von anderen Ursachen seines Endes, ausfolgenden Gründen endigt: a) wenn die vertragsmäßige Zahl der A u f l a g e oder Abzüge vergriffen ist 4 ); b) wenn die Zeit abgelaufen ist, — der Verleger darf die nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit etwa noch vorhandenen Abzüge nicht mehr verbreiten 6 ); c) wenn ein gesetzliches 6 ), d) wenn ein vertragsmäßiges 7 ) Rücktrittsrecht geltend gemacht wird; e) bei zufällig-em Untergang des abgelieferten Werkes 8 ); f) beim Tode des Verfassers oder bei sonstiger unverschuldeter Unmöglichkeit der Vollendung des Werkes 9 ), und g) beim Konkurse des Verlegers 1 0 ). III. V e r l a g s v e r t r ä g e ο h n e V e r l a g s r e c h t . Möglicherweise bildet den Gegenstand eines auf Vervielfältigung und Verbreitung gerichteten Werkvertrages ein literarisches oder tonkünstlerisches Werk, an dem kein Verlagsrecht besteht^ ') Nach dem VG (§ 25) ist diese Verpflichtung eine dispositiv-gesetzliche: bei Werken der Literatur auf 100 Exemplare eins, aber mindestens fünf und hÖCh§ttiis fünfzehn, auch (auf Verlangen) Aushängebogen; bei Werken der T o n kunst ; übliche Zahl; bei Sammelwerken Sonderabzüge. 2) So gesetzlich nach VG. § 26, Vorzugspreis für den Verfasser. Für die Honorarzahlung, deren Fälligkeit und deren Wegfall s. VG_ §§ 22, 18, 23, 24. 5 ) VG. § 29 Abs. 3. *) VG. § 29 Abs. 1 u. 2. ") Die Geltendmachung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts steht dem Verleger zu I. wegen zu später Lieferung des Werkes seitens des Autors (Schadensersatz, Rücktritt und Verzugsfolgen richten sich nach VG. §§ 30 und 37, B G B . 3 4 6 — 3 5 6 und 8 1 2 ff.); 2. wegen (sonstiger) Vertragswidrigkeit nach VG. §§ 31 und 38. Dem Verfasser steht ein Rücktrittsrecht zu a) wegen Vertragswidrigkeit des Verlegers gemäß VG. § 32, b) wegen ausdrücklicher oder stillschweigender Ablehnung neuer Auflagen seitens des Verlegers nach VG. § 17 mit VG. §§ 37 und 38 und ferner c ) wegen veränderter Umstände — gesetzliche clausula rebus sie stantibus nach .VG. § 35 mit § 37. ' ) VG. § 38. 8 ) VG § 33, wobei zu bemerken ist, daß der Ablieferung des Werkes in dieser Beziehung die Tatsache gleichsteht, daß sich der Verleger in Annahmeveraug befindet. ®) BGB. § 275 und für den Fall teilweiser Ablieferung VG. § 34. t 0 ) KonkO. § 17 und VG. § 36 mit § 37. Das Recht des Konkursverwalters, die Erfüllung abzulehnen, kann nicht durch Vertrag von vornherein ausgeschlossen werden.

512

Kap. III.

Die Handelsgeschäfte.

ζ. B. Gesetzestexte, solche Vorträge, deren Abdruck allgemein gestattet ist, oder literarische Werke nach Verlauf von 30 Jahren nach des Urhebers Tod usw.1). In einem solchen Falle kann selbstverständlich die Verpflichtung der Verfasser(Autor-)partei2) auch nicht auf Verschaffung des Verlagsrechts gerichtet sein, wohl aber ist sie auf eine gewisse Offenlegung und Selbstbeschränkung gerichtet; denn einerseits haftet, wenn die Autorpartei 2 ) arglistig verschweigt, daß das Werk bereits anderweit in Verlag· gegeben oder veröffentlicht worden sei, diese Partei dem Verleger nach den Grundsätzen der Gewährleistung wegen Rechtsmängel 3 ), und andererseits hat sich diese Partei selbst der Vervielfältigung und Verbreitung so zu enthalten, wie wenn an dem Werk ein Urheberrecht bestände, eine Selbstbeschränkung, welche wegfällt, wenn seit der Veröffentlichung" durch den Verleger sechs Monate verstrichen sind4). Dem Verleger verbleibt in einem solchen Falle die Befugnis, das von ihm veröffentlichte Werk gleich jedem Dritten von neuem unverändert oder mit Abänderungen zu vervielfältigen, es sei denn, daß nach dem Vertrage die weitere Vervielfältigung von der Zahlung einer besonderen Vergütung abhängig geiqacht sei5). IV. V e r l a g s v e r t r ä g e mit u n v o l l s t ä n d i g e n V e r l a g s r e c h t e ; solche werden abgeschlossen über Lieferung von Beiträgen zu Zeitungen, Zeitschriften oder zu sonstigen oeriodischen Sammelwerken 0 ); die Dauer des Schutzes der Ausschließlich keit ist hierbei im Zweifel auf ein Jahr beschränkt, dagegen die Zahl der herzustellenden Abzüg'e dem Verleger unbeschränkt, die Abänderlichkeit der ohne Namen des Verfassers erscheinenden Beiträge dem Verleger in üblichei Weise gestattet, die Pflicht, dem Verfasser einen Abzug vorzulegen, .sowie die, ihm Freiexemplare oder zu einem Vorzugspreise Abzüge zu überlassen, existiert bei Zeitungen im Zweifel nicht, ein Anspruch auf Vervielfältigung und Verbreituig des Beitrags oder auf Schadensersatz wegen Nichterfülluig steht der LitUrhG. §§ ιό 17 (jedoch, nicht Abi. 2 d. § 17), 29ft'. Man denke ) ScheckG. § 1 5 . ) K u h l e n b e c k a. a. O. S. I I . ) ScheckG. § 2, welcher die Anstalten und Personen aufzählt, denen die passive Scheckfähigkeit zukommt, ist nur Ordnungsvorschrift. 4 ) ScheckG. §§ 1 5 , 16. ·>) Einrederecht nur wie nach W O . Art. 82 u. B G B . § 7 9 6 nach ScheckG. § 18. e ) ScheckG. § 2 0 ; die außer Europa oder auf einer der genannten Inseln zahlbaren Schecks verjähren in sechs Monaten; die Verjährung beginnt gegen den Inhaber des Schecks stets mit dem Ablaufe der Vorlegungsfrist, gegen jeden Indossanten, wenn er, bevor die K l a g e gegen ihn erhoben worden ist, gezahlt hat, mit der Zahlung, sonst mit der Klagerhebung. 2 3

§ 1 0 7 a.

Der Scheck.

721

drücklich durch die W o r t e „nicht an Order" oder gleichbedeutende ausgeschlossen ist (Rektascheck), oder wenn er den Inhaber als Zahlungsempfänger oder g a r nichts darüber angibt, an wen zu zahlen sei (Inhaberscheck s. oben ΙΠ a 3). 4. Auch die Erhebung' des Protestes mangels Zahlung· richtet sich nach den einschlägigen Grundsätzen des Wechselrechtes, und zwar so, daß auch durch Postbeamte 1 ) der Protest aufgenommen werden kann; doch kann nach dem Scheckrecht der Nachweis der rechtzeitigen V o r l e g u n g auch geführt werden 1. durch das sog·, private Präsentationsattest, d. i. durch eine auf den Scheck gesetzte, von dem Bezogenen unterschriebene und den T a g der V o r l e g u n g enthaltende Erklärung des Inhalts, daß der Scheck nicht bezahlt werde, und 2. durch die Bescheinigung der Abrechnungsstelle (s. oben S. 597 f., 7 1 9 A n m . 1). daß der Scheck vor dem Ablaufe der Vorlegungsfrist eingeliefert und nicht eingelöst worden sei. 5. Wie nach Wechselrecht besteht auch nach Scheckrecht die Notifikationspflicht 2 ), der Bereicherungsanspruch 3 ), die Quittungspflicht 4 ), die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Unterschrift 5 ), die gleiche beschränkte Anfechtbarkeit der Zahlung nach Konkursrecht 0 ) und die Möglichkeit der Kraftloserklärung· des abhanden gekommenen oder vernichteten Papiers nach durchgeführtem A u f g e b o t s v e r f a h r e n ; die Aufgebotsfrist muß beim Scheck mindestens zwei (sonst sechs) Monate betragen 7 ). V . Es unterscheidet sich aber der Scheck vom gezogenen Wechsel nach deutschem Rechte vorzugsweise in folgendem: 1. D e r Scheck muß auf ein Guthaben ausdrücklich Bezugnehmen, der Wechsel nicht 8 ). 2. D e r Scheck kann auch auf den Inhaber gestellt sein9). 3. D e r Scheck kann nicht domiziliert sein 10 ). 4. Der Scheck kann nicht auf einen bestimmten Zahlungstag, auch nicht auf eine bestimmte Frist nach Sicht, noch auch auf eine Messe gezognen sein, sondern nur auf Sicht gestellt werden, muß aber innerhalb einer bestimmten Frist (Vorlegungsfrist) zur Sicht gebracht, vorgelegt werden, 1

) ) ) e ) 8 ~l 10 ) 2

l

W O . 1908 ScheckG. § ScheckG. § ScheckG. § ScheckG. § ScheckG. §

Art. 87 ff., s. oben S. 680 bei und mit A n m . 4. 3 1 7 , W O . Art. 45 ff. ) ScheckG. § 2 1 , W O . Art. 83. 1 3 , W O . Art. 39. ·">) ScheckG. § 2 3 , W O . Art. 7 5 , 7b. 24, K o n k O . § 34 ScheckG. § 27. 1 Ziff. 2, § 3. "·) S c h e c k G . § 4, aber W O . Art. 4 Ziff. 3. 6, aber W O . Art. 24, 43.

G a r e i s , Handelsrecht.

8. Aafl.

46

Kap. IV.

722

Das Wechselrecht.

ohne daß jedoch der Ablauf der Vorlegungsfrist auf das Recht des Bezogenen zur Zahlung- Einfluß hätte 1 ). 5. Inlandschecks (s. oben III d 1) können nicht in Duplikaten ausgestellt werden 2 ). 6. Der Scheck duldet kein Akzept 3 ). 7. Nach Ablauf der Vorlegungsfrist ist der Scheck widerruflich4). 8. Der Scheck kann und unter Umständen muß statt zur Zahlung zur Verrechnung gebracht werden, s. oben III b 26). 9. Der Scheck soll nur auf passiv-scheckfähige Personen gezogen werden, d. s. Banken und die zu Zahlungsgeschäften besonders (nach Maßgabe des Gesetzes und ihrer Satzungen) qualifizierten Anstalten, Genossenschaften und Sparkassen (s. das ScheckG.) 6 ). 10. Der Scheck unterliegt, wenn er nicht schon v o r dem auf ihm angegebenen Ausstellungstag in Umlauf gesetzt ist, der Wechselstempelsteuer nicht7). '-) ) 4 ) ") 3

ScheckG. ScheckG. ScheckG. ScheckG. ScheckG.

§§ 7, 1 1 , 1 3 . W O . Art. 4 Ziff. 4. § 9, anders WO. Art. 66 ff. § 10, anders W O . Art. 2 1 ff. § 13 Abs. 3. ») ScheckG. §§ 12, 14.. 7 §§ 2, 25. ) ScheckG. § 29.

Fünftes

Kapitel.

Das Seehandelsrecht. § 108. Begriff, Quellen und Literatur des Seehandelsrechts. I. Die Gesamtheit der Rechtsregeln, welche sich auf die zweckentsprechende Verwendung der zum Erwerbe dii'-^h die Seefahrt bestimmten Schiffe beziehen und die Rechtsverhältnisse regeln, in 4enen sich diese Schiffe gemäß ihrer Bestimmung befinden, und die diese in irgendeiner Weise zum Gegenstand oder zur Grundlage haben, heißt Seehandelsrecht (mitunter auch Seerecht im engeren Sinne); es bildet dies einen Teil des Seerechts (im weiteren Sinne), welches nicht bloß die eigenartigen Rechtsverhältnisse der Seehandelsschiffe (Kauffahrteischiffe), sondern auch die der übrigen Meerschiffe behandelt, wie ζ. B. die der Kriegsschiffe, der zur Seefischerei bestimmten Schiffe, der Walfischfänger, der Nordpolfahrer und anderer auf Entdeckungs- oder sonstigen wissenschaftlichen Exkursionen befindlichen Meerschiffe, ferner der nur zum speziellen Privatgebrauche des Eigentümers bestimmten Vergnügungsschiffe usw. Im Seerecht (in beiderlei Bedeutung) lassen sich öffentliches Und Privatrecht unterscheiden und haben sich eigi irrige Rechtsinstitute entwickelt, die von großer Bedeutung für das Rechtsleben der Völker geworden sind und zum Teil auch Einfluß auf das Binnenrecht 1 ), vor allem auf das Binnenschifffahrtsrecht 2 ) gewonnen haben 3 ). 1 ) D i e W i c h t i g k e i t der Institute des See-Privatrechts erhellt u. a. auch daraus, daß ein beträchtlicher T e i l der Handelsrechtsinstitute des Altertums wie des Mittelalters im S e e v e r k e h r entstanden und — wenn überhaupt — nur allmählich auf den Binnenverkehr übertragen worden ist. G o l d s c h m i d t ( G U G e s c h . S. 2 8 ) verweist zum B e l e g e dieser seiner Wahrnehmung auf die aetio exercitoria (s. unten § i i o ) , das receptum nautarum, das foenus nauticum (1. 5 D . de naut. foen. 2 2 , 2), auf die commenda (s. oben § 23 S. 1 2 5 ) , die Prämienversicherung, den Aktienverein (maona der Genuesen, s. oben S. 1 2 7 , 2 0 2 A n m . 5 ) ; „sogar der heutige W e c h s e l brief (cambio trajettitio terrestre) dürfte seine charakteristischen Gruudr^-rkmale aus der Übertragung des Seedarlehnsbriefs (cambio trajettitio maritimo) . den B i n n e n - G e l d v e r k e h r empfangen h a b e n " . G U G e s c h . a. a. 0 . A n m , 42, — D e n genetischen Zusammenhang zwischen R e e d e r e i und Aktiengesellschaft tut Karl L e h m a n n au dem oben § 2 3 S. 1 2 6 angegebenen Orte nach. 2 ) S. oben § 58 S. 4 7 0 ff. 3 ) Auf Lebensverhältnisse im S e e v e r k e h r beziehen sich auch einzelne dafür

4G*

Kap. V.

724

Das Seehandelsrecht.

II. Q u e l l e n d e s S e e r e c h t s . Frühzeitig· fanden schon Aufzeichnungen von Seegebräuchen statt, häufig· wurden Privatarbeiten und seegerichtliche Urteile mit gToßer Autorität umgeben, und sehr bedeutend wirkte auch die Entlehnung (Rezeption) fremden Rechts im internationalen Seeverkehr. A l l dies gilt namentlich von der Sammlung der Urteile (Weistümer) des Seegerichtshofs von Oleron (bei L a Rochelle), (roulles) des jugements 1 2 . Jahrhundert

la charte d'Oleroun, auch rolles

de la mer, in ihrem ältesten Teile vielleicht noch dem

angehörig 1 ),

vom

Seerecht von Amalfi, vom Consolat del mar

(einer Privatsammlung seerechtlicher Weistümer aus der Praxis der Seehandelsinnung und bzw. die Mitte

des Seegerichts von Barcelona, Gewohnheitsrechte,

des 1 3 . Jahrhunderts hinaufreichen,

die bis iu

namentlich

in einer italienischen

späteren Fassung, mit hohem Ansehen weit verbreitet) 2 ),

vom iog. Wisbyschen

Seerecht (ebenfalls Privatsammlung verschiedener alter Seerechte, 15. Jahrhundert) 1 ') und von den verschiedenen hanseatischen Seerechten (Schiffsordnungen vom 1 3 . bis 17. Jahrhundert) 4 ).

Größere formale Einheit wurde zuerst in Frankreich durch Ludwigs X I V . Ordonnance touchant la marine von 1681, welcher der Code de commerce (liv. II) von 1808 folgte 6 ), sodann in Österreich (1774) und Preußen (schon 1727, dann im Allgemeinen Landrecht II. 8. §§ 1389 ft".), endlich durch das ADHGB. 6 ) (V. Buch. Vom Seehandel) geschaffen 7 ). besonders geltende Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen R e c h t s , so die über Seeverschollenheit (BGB. §§ 16, 18), die über das Seetestament (BGH. § 2 2 5 1 ) , die über das Marinetestament (EinfG. •/.. B G B . Art. 44). ') GUGesch. S. 2 3 3 . 2 ) Vgl. R . W a g n e r in Goldschmidts Z. Bd. 29 S. 4 1 3 ft'.; GUGesch. S. 207 ft. Uber Genua s. S c h a u b e in Goldschmidts Z. Bd. 32 S. 490; Pisa s. S c h a u b e in S c h m o l l e r s Forschungen Bd. 8 (1888). 3 ) Vgl. W a g n e r in Goldschmidts Z. Bd. 27 S. 393ft". und d e r s e l b e , Seerecht I S. 68; L e h m a n n , Lehrb. S. 20. 4 ) Hierüber s. GSyst S. 2 3 7 f r . ; L a b a n d in Goldschmidts Z. B d . 7 S. 296ft".; R . W a g n e r Goldschmidts Z. Bd. 27 S 3 9 3 f t . ; GUGesch. S. 177ft'·, u · a . a . O . Ä

) Vgl. oben § 3, insbesondere S. 8. S. oben § 3, insbesondere S. 1 1 ft. ) Dieser Teil unseres H G B . , welcher in Osterreich nicht eingeführt worden ist, wurde durch die reichsgesetzliche Revision des H G B im Jahre 1897 wenig berührt, ist infolge des Wegfalls des 3. Buches zum 4. Buche geworden, die einzelnen Abweichungen sind in meiner in der Sammlung G E A . Η 25 [219, 22*2] erschienenen Ausgabe des Seehandelsrechts — nun §§ 474—905 des H G B . — besonders hervorgehoben; dazu kommt nun das R G . betr. Abänderung seerechtlicher Vorschriften des H G B vom 2 Juni 1902. Auf die Rechtsverhältnisse des Seehandels beziehen sich noch zahlreiche andere Reichsgesetze neben dem H G B . , vor allem die unter dem Titel „Neues Seemannsrecht" G E A . 3 1 5 — 3 1 8 von mir zusammen herausgegebenen Reichsgesetze: Seemannsordnung ν 2. Juni 1902 ( G E A . Η 34), das G. betr. die Verpflichtung der Kauffahrteischiffe zur Mitnahme heimzuschaffender Seeleute von demselben Tage ( G E A . I I 35), das G. betr. die Stellenvermittelung lür Schiffsleute ( G E A . I I 36), ferner das angeführte R G . betr. 7

§ III. neuesten,

ioS.

Von

Begriff, Q u e l l e n und L i t e r a t u r des Seehandelsrechts. der

ausgedehnten

Literatur

des

Seerechts

das d e u t s c h e S e e r e c h t b e h a n d e l n d e n W e r k e

seien

erwähnt:

725

hier

nur

die

Emil Β ο y e η s ,

Das D e u t s c h e S e e r e c h t ( N e u b e a r b e i t u n g v o n L e w i s S e e r e c h t ) B d . I 1 8 9 7 , B d . I I 1902, K o m m e n t a r , deutsche 1904;

private

Schaps,

s. G o l d s c h m i d t s Z. Seerecht Das

(mit

Deutsche

B d . 59

Ausnahme Seerecht

S. 338;

des

Sieveking,

(Kommentar)

1906;

Leo,

( H a m b u r g ) , D e u t s c h e s Seehandelsrecht ( M ü n c h e n , J. S c h w e i t z e r V e r l a g , von H. M a k o w e r s

K o m m e n t a r des H G B . ( 1 2 . A u f l . ) :

unter Z u g r u n d e l e g u n g der F a s s u n g v o m der seerechtlichen Nebengesetze· 1 J. Guttentag,

10. M a i

RA.

Seeversicherungsrechts)

„Buch I V

Das

Leipzig Martin,

1902) und (Seehandel)

1 8 9 7 und unter B e r ü c k s i c h t i g u n g

herausgegeben von L G R a t E . L o e w e .

Berlin,

190ο1).

§

ιο9·

I. Von den Schiffen. I. Das H G B . faßt den Begriff der Kauffahrteischiffe, für welche es Normen enthält, e n g auf: es versteht darunter lediglich die z u m E r w e r b d u r c h d i e S e e f a h r t b e s t i m m t e n Schiffe2). A b ä n d e r u n g seerechtlicher V o r s c h r i f t e n des H G B . b e i d e auch v. 2, Juni 1902 ( G E A . I I 3 7 ) , dann das G. betr. das F l a g g e n r e c h t der K a u f f a h r t e i s c h i f f e v o m 22. Juni 1 8 9 9 und 29. M a i 1901 ( G E A . I I 38) und die K a i s . V e r o r d n u n g betr. Zeigen der N a t i o n a l f l a g g e durch K a u f f a h r t e i s c h i f f e ( G E A . I I 39). Hierzu k o m m t das See-Unfallversicherungsgesetz v. 5 . J u l i 1900 ( G E A . I I I 14). L i t . K n i t s c h k v , D i e S e e G G . d. D . R e i c h s 3. A u f l . v. O . R u d o r f f. J. Guttentags S a m m l u n g Nr. 19. — P e r e i s , L . , D i e Seemannsordnung v. 2. Juni 1902 und ihre N e b e u ge-setze. B e r l i n , Mittler & S o h n , ferner S e m l e r s unten S. 7 3 7 A n m . 4. D e u t s c h e s öffentliches S e e r e c h t s. L a b a n d , S t a a t s R . § 80 4. A u f l . B d . 3 S . 2 4 4 — 2 5 0 ; l J e r e i s , D a s öffentliche S e e r e c h t des D e u t s c h e n R e i c h e s , 1901 und Z o r n , S t a a t s R . § § 5 1 — 5 4 B d . 2 S. 8 2 2 — 9 0 9 , 9 7 7 . ') S e e r e c h t l i c h e A b h a n d l u n g e n in G s y s t . § § 140, 146, 149, 1 5 4 . Ferner sind b e s o n d e r s h e r v o r z u h e b e n ; V. E h r e n b e r g , B e s c h r ä n k t e H a f t u n g des S c h u l d n e r s nach S e e - u. H d l s r . ( 1 8 8 0 ) ; H e c k , D a s R e c h t der großen H a v e r e i (1889). B u r c h a r d , B e r g u n g und H i l f e l e i s t u n g i n S e e n o t ( 1 8 9 7 ) ferner die in ilas S y s t e m des gesamten Handelsrechts e i n g e f ü g t e n seerechtlichen .Erörterungen, so von C ο s a c k in seinem L e h r b u c h des H a n d e l s r e c h t s (6. A u f l . Stuttgart, E n k e 1903) und e b e n s o die v o n K . L e h m a n n in seinem L e h r b . d. H R . ( L e i p z i g , V e i t & C o m p 1 9 0 5 — 1 9 0 7 ) und die dort a n g e g e b e n e Literatur. E i n e n K o m m e n t a r zu den strafrechtlichen B e s t i m m u n g e n des F l a g g e n g e s e t z e s v. 22. Juni 1 8 9 9 , s o w i e zum Seestrafrecht § § 9 3 — 1 2 7 der S e e m a n n s o r d n u n g v o m 2. j D n i 1902 enthält der K o m m e n t a r v o n E d w i n Κ a t ζ zu den strafrechtlichen B e s t i m m u n g e n des H G B . 2. A u f l . , B e r l i n 1902, J. Guttentag, S . S 2 — 1 1 9 . «) H G B . § § 4 7 4 , 484. Sind F i s c h d a m p f e r S e e s c h i f f e ? R G Z . B d . 32 S. 104. G . & F . S . 8 8 2 — 8 8 4 ; L e w i s , K o m m . S. 10. V g l . unten § 1 1 6 . S e e r e c h t ist auf Flußschiffahrt n i c h t (auch nicht analog) a n w e n d b a r (vgl. R O H G . B d . 6 S. 396 ff.; R G Z . B d . 5 S. 8 l ) . — A b e r A u s d e h n u n g durch landesrechtliche E i n f G . s R G Z . lid. 34 S . 37 u. a „ und nun durch B S c h G . v. 1 5 . Juni 1895 in einzelnen B e ziehungen, s. unten. Ü b e r den B e g r i f f Seefahrt s. R G e r . B d . 13 S. 69. Die ausschließlich zur F a h r t auf H a f f e n ( K u r i s c h e s , F r i s c h e s H a f f usw.), s o w i e zur Fahrt in K ü s t e n g e w ä s s e r n b e s t i m m t e n S c h i f f e sind n i c h t Seeschiffe im Sinne des H G B . ; allein es Enden auf sie und b z w . auf die F a h r t e n innerhalb jener G e w ä s s e r eine R e i h e v o n N o r m e n des öffentl. S e e r e c h t s e b e n s o w i e auf Seeschiffe, b z w . Seefahrten im S i n n e des H G B . A n w e n d u n g ; s. G . & F . S. 882 ff.

Kap. V.

726

Das Seehandelsrecht.

Die Erbauung" eines solchen Schiffes ist regelmäßig" Gegenstand eines besonders gestalteten Arbeitsvertrags, welchen der Bau- oder Schiffsherr (Besteller) mit einem Schiffsbaumeister (Annehmer) abschließt, und über welchen in der R e g e l eine besondere Urkunde, mitunter der Mählbrief oder die Zerte genannt, ausgestellt wird; für die Verpfändung eines im Bau begriffenen Schiffs sowie für die Zwangsversteigerung eines solchen bleiben auch g e g e n ü b e r dem neuesten Deutschen Reichsrechte die Landesgesetze in Kraft 1 ). Das fertige Schiff wurde früher mit einem Zeugnisse (sog". Beilbrief oder Bielbrief) seiner Größe, Heimat usw. nach amtlich beschrieben, ein Zeugnis, an dessen Stelle nun durch Reichsrecht die Ausstellung" des Zertifikats tritt, durch welches die Eintragung" in das Schiffsregister und das Flagg"enrecht des Schiffs (s. unten II) bewiesen wird. II. Alle deutschen Kauffahrteischiffe haben als Nationalflagge die deutsche F l a g g e zu führen 2 ); zur Führung dieser F l a g g e wird jedoch vorausgesetzt, daß sich das Schiff in dem ausschließlichen Eigentume deutscher Staatsangehöriger 3 ) befinde, sowie daß das Schiff in das (öffentlich geführte, amtliche) Schiffsregister seines Heimatshafens (Registerhafens) eingetragen (s. oben § 4 Β II S. 27) und darüber das Zertifikat ausgestellt sei. Die Eintragung" und das Zertifikat muß die gesetzlich geforderten Tatsachen angeben, darunter den Rechtsgrund, auf welchem die Erwerbung des Eigentums des ganzen Schiffs und der einzelnen Schiffsanteile (Schiffsparten) beruht. Die Eintraguug der Schiffe in das Schiffsregister darf erst dann geschehen, •wenn das Flaggenrecht und die zur Eintragung erforderlichen Tatsachen glaubhaft nachgewiesen sind; jedoch sind solche Schiffe von nicht mehr als 50 Kubikmeter Bruttoraumgehalt zur Ausübung des Rechts, die Reichsflagge zu führen, auch o.me Eintragung in das Schiffsregister und ohne Erteilung des Zertifikats berechtigt. Auch die zur Schiffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmten und hierzu verwendeten Schifte sind in Schiffsregister einzutragen (welche >) EinfG. z. H G B . Art. 20. ) R G e s . y. 22. Juni 1899, Fassung v. 29 Mai 1 9 0 1 , s. oben S. 724 Aura. 7 (GEA.), s. L a b a n d , Staatsrecht des Deutschen Reiches (4. Aufl.) § 80 I. Uber die Schiffsregister s. oben S. 2 7 ; vgl. K . L e h m a n n , Lehrb. § 3 1 . 3 ) Den deutschen Reichsangehörigen sind in dieser Beziehimg gleich zu achten solche juristische Personen, eingetragene Genossenschaften und Aktengesellschaften, welche ihren Sitz im Reichsgebiet haben, sowie diejenigen Kommanditgesellschaften auf Aktien, welche im Reichsgebiet ihren Sitz haben ind deren persönlich haftende Gesellschafter sich sämtlich im Besitz der Reicliaangehörigkeit befinden. R G e s . v. 22. Juni 1899 § 2. !

§ 109.

V011 den Schiffen.

727

von dem zur Führung des Handelsregisters zuständigen Gerichte geführt werden), und zwar Dampfschiffe und andere Schiffe mit eigener Triebkraft dann, wenn ihre Tragfähigkeit mehr als 15 Tonnen, andere Schiffe, wenn ihre Tragfähigkeit mehr als 20 Tonnen beträgt 1 ); über die Eintragung wird der sog. Schiffsbrief ausgestellt 2 )

III. Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, was man unter Schiffszubehör : t ), Schiffsbesatzung· 4 ), Schiffsmannschaft 5 ), seeuntüchtigen (entweder reparaturunfähigen oder reparaturunwürdigen) Schiffen 0 ) zu verstehen hat; mit der Bezeichnung: „europäische Häfen" will das Gesetz 7 ) da, wo es dieselben den nichteuropäischen gegenüberstellt, auch die nichteuropäischen Häfen des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres treffen. IV. Bei der Veräußerung eines Schiffs oder eines Anteils am Schiff (Schiffspart) kann die nach den Vorschriften des bürgerlichen R e c h t s zum Eig-entumsübergang· erforderliche Ü b e r g a b e durch die unter den K o n t r a h e n t e n getroffene Vereinbarung ersetzt werden, daß das Eigentum sofort auf den Erwerber ü b e r g e h e n soll8). (Doch ist eine derartige Vereinbarung nicht als Form der R e c h t s ü b e r t r a g u n g aufzufassen 0 ).) W i r d ein Schiff oder eine Schiffspart veräußert, während das Schiff auf der Reise sich befindet, so ist im Verhältnis zwischen dem Veräußerer und Erwerber in E r m a n g e l u n g einer anderen Vereinbarung· anzunehmen, daß dem Erwerber der Gewinn der laufenden Reise g e b ü h r e oder der Verlust derselben zur Last falle 10 ). BSchG. §§ U 9 — 1 2 9 . J BSchG. § 125 Abb. 2. 3 ) HGB. § 478. 4 ) HGB. § 481 und entsprechend BSchG. §§ 3, 5, 21. •">_) Seemanns-O. §§ 2, 3, GEA. Π 34. BSchG. 21—25, G E A · " 1 9 U9 6 )· Seemannsrecht s. GEA. 315—318. HGB. § 479. Vgl. unten § 111 Anm. 6 S. 736. Uber Seetüchtigkeit des Schiffes s. C r o m e in Goldschmidts Z. Bd. 28 S. iff.; ferner W i t t m a a c k , H., Die Seetüchtigkeit des Schiffes beim Frachtvertrag. Goldschmidts Z. Bd. 53 S. 337ff. Wertberechnung im Falle des HGB. § 479 s. R O H G . Bd. 12 S. 402. HGB. § 483. 8 ) HGB. § 474; R O H G . Bd. 4 S. 309, 310. RGZ. Bd. 7 S. I I . (Vgl. ebenda auch das hierin wesentlich übereinstimmende englische Recht, Erklärung des transfer in den bills of sale.) 9 ) Lewis im Hdbch. Bd. 4 S. 38. Beurkundung der Veräußerung s. HGB. $ 475 und vgl. R O H G . Bd. 24 S. 45, 47. Vgl. auch G. & F. zu diesem Art. 440 'des HGB. v. 1861. 10 ) HGB. § 476. Vorausgesetzt wird dabei, daß die Veräußerung v o l l z o g e n wurde; s. R O H G . Bd. 24 S. 47. 2

Kap. V.

728

Das Seehandelsrecht.

V. Ein segelfertiges Schiff kann wegen solcher Schulden, die nicht zum Behufe der anzutretenden Reise kontrahiert wurden, nicht mit Arrest belegt, noch auch im W e g e der Zwangsvollstreckung versteigert werden1). §

"ο-

ΙΙ. Von den Reedern und der Reederei. I. Der R e e d e r ist der Eigentümer eines ihm zum Erwerbe durch die Seefahrt dienenden Schiffs2). Kein Reeder ist demnach der Staat in bezug auf seine Kriegsschiffe, ebensowenig ein Schiffseigentümer, welcher ein Schiff nur zum eigenen Gebrauche, zu wissenschaftlichen Exkursionen, zum Vergnügen u. dgl. verwendet, ebensowenig, wer ein fremdes Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt für seine Rechnung verwendet, doch soll dieser letztere (sog. Ausrüster) im Verhältnis zu Dritten wie ein Reeder haften3). II. Eigentümlich a u s g e d e h n t einerseits und eigentümlich e i n g e s c h r ä n k t andererseits ist die Haftung des Reeders (und ebenso die dieser, wie erwähnt, gleichgestellte Haftung des Ausrüsters); a u s g e d e h n t : war schon nach römischem Rechte die juristische Verantwortlichkeit des Reeders eine weitreichende (nämlich ang'esichts der actio exercitoria und der actio in factum de recepto), so fügte das spätere (romanische) Seerecht noch die Haftung des Reeders für alle vom Schiffer oder von der Schiffsmannschaft in Ausübung ihrer Dienstverrichtung (jedoch nicht etwa bloß gelegentlich derselben) begangenen rechtswidrigen Schädigungen hinzu4); e i n g e s c h r ä n k t aber ist jene HOB. § 482. ) H G B . § 484. „ R e e d e r " abgeleitet von niederdeutsch: reden, engl, road, altnord. reidi = (reiten) bereiten, zurüsten, ausrüsten. Über den Begriff „Reeder· 1 auf Grund der obigen gesetzlichen Definition und insbesondere den Begriff „Seefahrt" s. Rudolf W a g n e r in Bindings Hdbch. a. a. O.; ferner Richard S c h r ö d e r in Goldschmidts Z. Bd. 32 S. 63, 81 ff.; K . L e h m a n n , Lehrb. § 2 2 ; Literatur s. ebenda und in GSyst. § 1 4 3 S. 62. Vgl. ferner R G Z . Bd. 13 S. 68 u. G. & F . zu Art. 450 des H G B . v. 1 8 6 1 . Dem Reeder entspricht bei der Binuenschiffahrt der „Schiffseigner"; s. BinnenSchG. § 1. *) H G B . § 5 1 0 . BinnenSchG. § 2. Ausrüster und Reeder heißen im röm. R . „exercitor navis" —· über die actio exercitoria s. GUGesch. S. 77 u. a. — und sind auch dort gleichgestellt. L e w i s , Komm. S. ΙΟΙ ff. Gewerbsmäßigkeit jener Verwendung verlangt Richard S c h r ö d e r in Goldschmidts Z. Bd. 32 S. 81 ff. Hiergegen C o s a c k a. a. O. S. 23 und L e h m a n n a. a. O. S. 100. Vgl. G. & F . zu Art. 477 d. H G B . v. 1 8 6 1 . 4 ) GUGesch. S. 339, nun H G B . § 485. 2

§ I TO.

Von den Reedern und der Reederei.

729

Haftung·, insofern der R e e d e r , wie schon in älteren S e e r e c h t e n 1 ) , statuiert ist — und im Binnenschiffsverkehr der Schiffseigner — , in gewissen Fällen nicht persönlich, d. h. nicht mit seinem ganzen Vermögen

(Privat-

oder

sondern nur mit der

Landvermögen,

fortune

(Schiffsanteil) und der durch

de

1. bei A n s p r ü c h e n

fortune

de

diese

terre),

d. i. seinem S c h i f f e

die S e e f a h r t verdienten

(bzw. dem Frachtanteil) haftet 2 ); tritt nach deutschem R e c h t e

mer,

Fracht

beschränkte Haftung"

ein 8 ):

auf Ersatz

des S c h a d e n s

aus

einem,

wie eben erwähnt, vom R e e d e r zu vertretenden V e r s c h u l d e n einer Person der Schiffsbesatzung· 4 ); 2.

bei

Ansprüchen

aus

Rechtsgeschäften,

welche

S c h i f f e r innerhalb seiner gesetzlichen K o m p e t e n z abgeschlossen hat — , insofern statt,

eine A u s n a h m e

der

als solcher

findet hiervon

jedoch

als der R e e d e r und bzw. der S c h i f f s e i g n e r für

die F o r d e r u n g e n der zur Schiffsbesatzung· g e h ö r i g e n Personen aus den Dienst- und H e u e r v e r t r ä g e n



und ebenso für

die

B e i t r ä g e zur Genossenschaft für die S e e - U n f a l l v e r s i c h e r u n g — nicht nur mit Schiff und F r a c h t , sondern p e r s ö n l i c h haftet 5 ); 3. bei A n s p r ü c h e n auf V e r t r a g s e r f ü l l u n g , wenn der V e r trag vom R e e d e r eingegangen als solchem zu erfüllen wäre,

worden aber

ist und vom S c h i f f e r

nicht

oder

nicht

richtig

erfüllt wurde. Die B e s c h r ä n k u n g persönliche

Haftung

der H a f t u n g

tritt jedoch

zessiert

stets ein,

und wo

die

volle

den R e e d e r

') GUGescb. S. 340 Anm. 25. ) Man nennt das vom deutschen H G B . (und schwedischen Seerechte) angenommene System der Haftung des der See anvertrauten Vermögens das „Exekutionssystem" ( E h r e n b e r g , Beschr. Haftung S. 1 3 ) im Gegensatz zu dem vom französisch., belgischen und holländischen Rechte adoptierten „Abandonsystem" und zu den nach englischem und spanischem Rechte geltenden gemischten Systemen; s. L e w i s im Hdbch. a. a. O. § IO Anm. 5 — I I . G. & F . a. a. O. Vgl. oben § 42 IV S. 355. — Bei der Verantwortlichkeit in Fällen von Schiffszusammenstößen wirkte teilweise eine germanische Rechtsanschauung nach; s. B r u n n e r , Berliner Akadem. Sitzungsberichte 1890 Bd. 3 5 ; GUGesch. S. 339, 345. Über die im Seehandelsrecht bebonders wichtige Unterscheidung von ..Schuld" und „Haftung" s. G a r e i s , REnzvkl. 3. Aufl. (1905) S. 1 0 2 und die dort angegeb. Lit. 3 ) H G B . § 486. BinnenSchG. §§ 4, 5. R G Z . Bd. 1 0 S. 2 0 ; Bd. 1 3 S. 1 1 3 , Lit, s. bei G. & F . zu Art. +52 des H G B . v. 1 8 6 1 . 4 ) Einem Schiffseigner, dessen Schiff infolge Verschuldens einer Person der Besatzung eines anderen ihm gehörenden Schiffes beschädigt worden ist, steht gegenüber dem Schiffsvermögen, welches aus diesem letzteren Schiff und seiner Fracht gebildet wird, kein Anspruch auf Schadensersatz zu. R G Z . Bd. 45 S. 50. 5 ) Die Ausnahme (nun H G B . § 487) ist aus Humanitätsrücksichten eingeführt worden; hierzu s. See-UnfallversicherungsG. v. 5. Juli 1900 § 1 1 1 , R G B l . 1900 S. 757. 2

Kap. V.

730

Das Seehandelsrecht.

bzw. Schiffseigner bei einer Vertragserfüllung· ein Verschulden oder eine besonders übernommene Garantiehaftung· trifft. III. R e e d e r e i . A n den zum Erwerbe durch Seefahrt dienenden Schiffen besteht nicht selten ein mit eigenartigen Rechtsfolgen ausgestattetes Eigentum (Miteigentum) mehrerer, welche M i t r e e d e r (früher auch „Schiffsfreunde"j heißen und eine eigenartige Gesellschaft bilden, die sog. R e e d e r e i . Das Schiff, welches einer Reederei gehört, wird samt Zubehör (ähnlich wie das Grundkapital einer Aktiengesellschaft in Aktien, das Bergwerk einer Gewerkschaft in Kuxe) geteilt gedacht, so daß Teilrechte am Schiffsvermögeu (sog·. S c h i f f s p a r t e n ) entstehen, häufig 100, 120, auch 360 und mehr Parten eines Schiffs, welche sich in größerer oder geringerer Anzahl (oder auch in Bruchteilen) in den Händen verschiedener Teilhaber befinden können. Auf diese A r t entsteht eine Assoziation, welche in der Grundlage eine Realassoziation ist, sich aber in den Fällen, in welchen der Reeder (und entsprechend auch jedes Mitglied der Reederei) persönlich — jedoch nicht notwendigsolidarisch einer für mehrere — für die durch das Schiffsvermögen nicht gedeckten Schulden haften muß, als eine Personalassoziation darstellt, und deren juristische Natur sehr bestritten ist. IV. Zur Errichtung der Reederei ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben; eine Reederei ist überall da anzunehmen, wo ein m e h r e r e n Personen g e m e i n s c h a f t l i c h zustehendes Schiff von diesen zum Erwerbe durch die Seefahrt f ü r g e m e i n s c h a f t l i c h e R e c h n u n g - verwendet wird 1 ). Der Fall, daß das Schiff einer Handelsgesellschaft (ζ. B. einer offenen Handelsgesellschaft oder einem Aktienverein) gehört, fällt nicht unter das Recht der Reederei. Für die Angelegenheiten der Reederei sind die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags, sowie die Beschlüsse der Mitreeder maßgebend 2 ). Abgesehen hiervon gelten gesetzliche Dispositivbestimmungen: Bei der Beschlußfassung entscheidet die M e h r h e i t d e r S t i m m e n . Die Stimmen werden nach der Zahl und Größe H G B . § 489.

H G B . § 490·

§ I ίο.

Von den Reedern uud der Reederei.

731

der Schiffspartei] gezählt. Die Stimmenmehrheit für einen Beschluß ist vorhanden, wenn der Person oder den Personen, welche für den Beschluß gestimmt haben, zusammen mehr als die Hälfte des ganzen Schiffs gehört 1 ). E i n s t i m m i g - k e i t sämtlicher Mitreeder ist erforderlich zu Beschlüssen, welche eine Abänderung· des Reedereivertrags bezwecken, oder welche den Bestimmungen des Reedereivertrags entgegen oder dem Zwecke der Reederei fremd sind'2). In vielen Seerechten des Mittelalters und auch noch der neueren Zeit war der Minorität der Mitreeder das Recht g'esetzlich eingeräumt, „das Schiff auf ein Geld zu setzen", d. h. die in der Minderheit g-ebliebenen Mitreeder konnten die Majorität zwing'en, die Schiffsparten der Minorität zu einem bestimmten Preise zu übernehmen oder letzterer die ihrig-en zu überlassen. Diebes sog. ..Setzungsrecht'· 3 ) besteht partikularrechtlich noch in MecklenburgSchwerin (hier durch Reichsrecht 1 ; ausdrücklich zugelassen), außerdem aber nur dann, wenn der Vertrag dies ausdrücklich feststellt. Verschieden von dem Setzungsrecht ist eine A b a n d o n n i e r u n g des Teilrechts zur Vermeidung von Nachzahlungen: eiij Mitreeder kann nämlich in gesetzlich bestimmten Fällen (aber auch nur in diesen) sich von den durch die Majorität beschlossenen Einzahlungen dadurch befreien, daß er seine Schiffspart ohne Entgelt aufgibt; diese Fälle sind: der Majoritätsbeschluß, daß eine neue Reise unternommen, ferner der, daß nach Beendigung einer Reise eine Reparatur des Schiffs vorgenommen, endlich der, daß ein Gläubiger voll befriedigt werde, welchem die Reederei nur mit Schilf und Fracht haftet — immer vorausgesetzt, daß der von dieser Abandonnierungsbefugnis Gebrauch machende Mitreeder innerhalb dreier Tage nach dem Tage des ihn majorisierenden Beschlusses oder (wenn er bei der Beschlußfassung nicht anwesend und auch nicht vertreten war) innerhalb dreier Tage nach der Mitteilung dieses Beschlusses den Abandon den Mitreedern oder dem Korrespondentreeder durch gerichtliche oder notarielle Urkunde anzeigt; alsdann fällt die aufgegebene Schiftspart den übrigen Mitreedern zu, im Zweifel nach Verhältnis ihrer Schiffsparten 5 )

Die Verteilung- des Gewinns und Verlusts geschieht, wenn nichts anderes vereinbart ist6), nach der Größe der Schiffsparten. *) H G B . § 4 9 1 . Requisite eiues gültigen Reedereibeschlusses, Bezahlung von Reedereischulden auf Grund eines Reedereibeschlusses s. R G Z . Bd. 9 S. 1 3 6 . *) H G B . § 492. R O H G . Bd. 8 S. 342, Bd. 1 5 S. 149. Einstimmigkeit s. H G B . § 506. 3 ) L e w i s im Hdbch. Bd. 4 S. ül ff. 4 ) R G e s . v. S . J u n i 1869 § 4 (BGBl. S. 379) u. nun EinfG. z. H G B . Art. 19. 5 ) H G B . § 5 0 1 . Vgl. auch oben § 44 S. 3 7 1 . L e w i s , Hdbch. B d . 4 Τ . 1 8. Die dem Schiffer obliegende Sorgfalt hat sich auch auf Prüfung der Geräte der Stauer zu erstrecken; R G Z . Bd. 1 0 S. 2 1 . Sorgfalt s. Γ ' ·'/.. Bd. 1 5 S. 1 5 9 . Uber die Verproviantierung der

Seeschiffe s. Bl. f. RAnw. Bd. 63 (1898) S. 91 ff.

5 ) Im Heimatshafen s. H G B . § 526. W i t t i c h , Zur Auslegung des § 526 des H G B . in Goldschmidts Z. Bd. 57 S. 1 6 1 .

Kap. V.

736

Das Seehaudelsrecht.

handlungen, welche die Seereise betreffen, der vollberechtigte juristische Vertreter des Reeders 1 ); der Reeder kann für diese Fälle die Vertretungsbefugnis des Schiffers nicht mit Wirkungg e g e n Dritte beschränken, es müßte denn sein, daß er beweist, daß dem Dritten die Beschränkung bekannt war 2 ). Durch die innerhalb seiner gesetzlichen Kompetenz vom Schiffer vorgenommenen Rechtshandlungen wird nicht er, sondern sein R e e d e r verpflichtet. Diese Kompetenz erstreckt sich auf die Ausrüstung, Verproviantierung, Bemannung (in dieser Beziehung schon im Heimatshafen), Erhaltung des Schiffs, die hierzu notwendige Aufnahme von Darlehen (eventuell g e g e n Verbodmung des Schiffs) 3 ), im äußersten Notfalle sogar auf den Verkauf des Schiffes 4 ) (Spezialvollmacht ist aber zur Eing-ehung· von Wechselverbindlichkeiten und ähnlichen persönlich verpflichtenden Kreditgeschäften erforderlich) 6 ). III. P f l i c h t e n d e s S c h i f f e r s . Derselbe hat das Interesse seines Reeders nach bestem sachverständigen Ermessen in allen mit seiner Anstellung·, dem Schiffe und der Reise zusammenhängenden Beziehungen zu wahren (s. oben unter I). Im einzelnen ist er demgemäß verpflichtet, sich rechtzeitig von der Seetüchtigkeit seines Schiffes zu überzeugen®), das nötige Personal (soweit dies nicht der Reeder besorgt) anzunehmen, die Ladung und Stauung der Güter zu überwachen 7 ), das Schiff nicht zur Unzeit zu verlassen 8 ), das Tagebuch (unter genauer Beobachtung der gesetzlichen Detailvorschriften) führen zu lassen"), „den guten Wind nicht zu verliegen" {d. h. die Abreise nicht unnötig zu verzögern) 10 ); er darf keine Güter für eig-ene Rechnung· laden 11 ) und muß, wenn die Reise von Unfällen betroffen wird, eine ordnungsmäßige Verklarung') HGB. § § 527 ff. und entsprechend BinnenSchG. § 15. H G B . § 531 und entsprechend BinnenSchG. § § 1 7 — 1 9 . 3 ) HGB. § 528. BinnenSchG. § 16. Über Ausdehnung der obigen Befugnisse s RGZ. Bd. J 3 S. 83. 4 ) HGB. § 530. Konsularische u. gerichtliche Erlaubnis, wobei nach F G G . v. 17. Mai 1898 § § 145 ff. das Amtsgericht zuständig ist, andernialls s. KonsularG. v. 8. November 1867 § 37. 5 ) HGB. § 529; vgl. BinnenSchG. § 15 Abs. 2. 6 ) H G B . §§ 5 1 3 — 5 1 5 ; BinnenSchG. § 8. Über die Seetüchtigkeit des Schifles s. oben S. 727 Anm. 6 HGB. § 514; BinnenSchG. § 8; R O H G . Bd. 19 S. 263; RGZ. Bd. 10 S. 21. 8) H G B . § 5 17. e ) H G B . § § 519 — 521. 10 ) HGB. § 51b (BinnenSchG. § 9). 11 ) HGB. § 544; s. oben § 14 S. 67, Koukurrenzverbot. 2)

§ Iii.

Von der Schiffsbesatzung.

737

ablegen. (Man versteht unter „ V e r k l a r u n g " oder „Seeprotest" eine vom Schiffer unter Zuziehung von Schiffsmannschaft v o r Gericht — eventuell vor dem Konsulat — abzugebende und von der zuständigen Behörde sofort aufzunehmende A u s s a g e über Unfälle auf der Reise, eine Berichterstattung, welche neben dem Zweck einer R e c h e n s c h a f t s a b l a g e dem einer A r t Beweisführung zum ewigen Gedächtnisse dient 1 ).) I V . R e c h t e d e s S c h i f f e r s . D e m Schiffer steht der Anspruch auf die vertragsmäßig - e G a g e (nicht aber auf sog. Kaplaken, auf Primage oder Gratifikation seitens der Befrachter usw.)2), ferner die ang'egebene V e r t r e t u n g s b e f u g n i s (s. S. 735f.) und nach Maßg-abe der Seemannsordnung die Handhabung der Disziplin über die g e s a m t e Schiffsmannschaft zu. V . E n d i g u n g d e s S c h i f f e r v e r h ä l t n i s s e s . D e r Freidienstvertrag läuft seinem Inhalte entsprechend ab, außerdem aber durch die Entlassung, w e l c h e kraft eines — durch V e r trag· nicht zu beseitigenden — R e c h t e s vom R e e d e r jederzeit willkürlich, jedoch unbeschadet der Entschädigungsansprüche verfügt werden kann. D a s Gesetz enthält Detail Vorschriften über die W i r k u n g der Entlassung je nach deren Veranlassung 3 ). C. V o n der Schiffsmannschaft 4 ). D e r Schiffsmann tritt in den Dienst eines bestimmten Seeschiffes durch den gesetzlich an eine Form nicht gebundenen Heuervertrag, einen Dienstvertrag· 5 ), welchen der Schiffsmann mit dem Schiffer (mitunter auch mit dem Reeder) abschließt und durch den er sich zum Schiffsdienst auf bestimmte Zeit, für eine gewisse Reise usw. g e g e n Entgelt, nämlich V e r pflegung, Zahlung des Lohnes (sog. „ H e u e r " , Gag-e) usw. verpflichtet. Niemand darf sich im Deutschen R e i c h e heuern HOB. § § 522, 525, 555. Verklarung ist auch bei der Binnenschiffahrt vorgeschrieben; s. BinnenSchG. § § 11 — 1 4 . Über die Verklarung s. auch F G G . §§ 145 ff. (Amtsgericht). HGB. § 543. Kaplaken (ursprünglich Tuch zu einer Kappe, pariiie cappales, droit de chapeau, haUmoney) s. K . L e h m a n n , Lehrb. S 197, 250 Anm. $ u. im Sinne von Frachtanteil Anm. 9; ferner L e w i s in v. Holtzendorfl's RLex. 3. Aufl. Bd. 2 S. 434. Primage s. G a r e i s ebenda B d . 3 S. 158. *) HGB. § § 545—555, hiervon §§ 547, 548, 549 u. 553 in neuer Fassung und 553a u. 553b neu eingeschoben durch G. v. 2. Juni 1902 (GEA. 3 1 5 — 3 1 8 ) ; BinnenSchG. § 20. *) Begriff s. oben S. 727, 734 f. u. Seemanns-O. § 2. BinnenSchG. §§ 2 1 — 2 5 . Uber die neue Seemannsordnung (v. 2. Juni 1902) in ihren juristischen Neuerungeu s. R . S e m l e r (Hamburg) in der DJZ. 1902 Nr. 13. δ ) Κ . H a e r l e , Der Heuervertrag, Tübingen 1906. G a r e i s , Handelsrecht.

8. Aufl.

47

738

ICap. V .

Das

Seehandelsrecht.

lassen (d. h. als Schiffsmann in Dienst treten), bevor er sich über Namen, Heimat und Alter vor einem Seemannsamte 1 ) ausgewiesen und von diesem ein Seefahrtsbuch ausg-efertigt erhalten hat. Ist diese Voraussetzung·, welche gesetzlich näher bestimmt ist, erfüllt und dann der Heuervertrag zwischen dem Dienstherrn (Schiffer oder statt dessen seinem Reeder) und dem SchifFsmann abgeschlossen, so hat der Schiffer die Musterung (Anmusterung) zu veranlassen. Man versteht unter dieser Musterung die amtliche Verlautbarung des mit dem Schi'ffsmann geschlossenen Heuervertrags vor einem Seemannsamte; die Verhandlung hierüber wird von diesem A m t e (welches im Auslande das Konsulat ist) als „Musterrolle" ausgefertigt; diese muß den wesentlichen Vertragsinhalt, Leistung· und Gegenleistung, in gesetzlich bestimmter Form angeben; in das Seefahrtsbuch, welches der Schiffer während der Dauer des Dienstverhältnisses des Schiffsmanns aufzubewahren hat, wird vom Seemannsamt ein als A u s g a n g s - oder Seepaß dienender Vermerk über die Anmusterung eingetragen. Das Gesetz regelt genau die R e c h t e und Verpflichtungen der Schiffsmannschaft, mit Rücksicht auf die verschiedenen Eventualitäten einer Seereise 2 ), nicht ohne diese Bestimmungen durch Strafandrohungen zu verschärfen 8 ). Über Pakotillev e r t r a g s. oben S. 430 A n m . 2 4 ). Die Heuer ist, sofern keine andere Vereinbarung getroffen ist, in der R e g e l erst nach Beendig - ung- der R e i s e zu bezahlen. D e r R e e d e r haftet für die Heuer nicht bloß mit Schiff uiid Fracht, sondern persönlich 5 ). Die Dienstleistungen werden im einzelnen durch den Vertrag, die Natur der Sache und die Notlage bestimmt. W i r d das Dienstverhältnis beendigt, so muß der Schiffer abermals eine Musterung, nämlich die Abmusterung, veran' ) Seemannsämter mit den durch die Seemannsordnung ihnen zugewieseneu Befugnissen und Obliegenheiten sind im R e i c h s g e b i e t e die landesrechtlich, in den Schutzgebieten die v o m Reichskanzler hierzu bestellten Behörden, im A u s l a n d e die K o n s u l a t e des R e i c h s für Hafenplätze. V g l . Z o r n , Staatsrecht d. Deutscheu R . B d . 2 S . 5 8 2 ff., s. auch oben § 4 Β I I I S . 2 8 . 2 ) Seemanns-O. § § 2 7 — 8 3 . 3 ) Disziplinarbestimmungen Seemanns-O. § § 8 4 92, Strafbestimmungeu ebenda §§ 9 3 — 1 2 7 . Hierzu auch S t r G B . § 2 9 8 . 4 ) Seemanns-O. §§ 8 7 — 8 9 (Erlaubnis d. Schiffers erforderlich). 5 ) H G B . § 4 8 7 (s. oben S . 7 2 9 A n m . 5).

ί; 1 1 2 .

Vom Seefrachtgeschäfte.

739

lassen; diese besteht in der gesetzlich näher g e r e g e l t e n V e r l a u t b a r u n g der B e e n d i g u n g des Dienstverhältnisses seitens des S c h i f f e r s und der aus dem D i e n s t e scheidenden M a n n s c h a f t v-or dem zuständigen S e e n i a n n s a n i t e (in der R e g e l desjenigen H a f e n s , in welchem das Schiff liegt). A u c h die Abmusterungwird im S e e f a h r t s b u c h und in d e r Musterrolle v e r m e r k t 1 ) . §

112.

IV. V o m Seefradhtgeschäfte2). 1. D e r S e e f r a c h t v e r t r a g ( B e f r a c h t u n g s v e r t r a g ) ist d e r wesentlich zweiseitige, formlos a b g e s c h l o s s e n e V e r t r a g , durch den sich der eine Teil, nämlich der V e r f r a c h t e r (d. i. der R e e d e r oder dessen V e r t r e t e r , der S c h i f f e r ) dem anderen T e i l e (d. i. dem B e f r a c h t e r ) g e g e n ü b e r geg-en E n t g e l t (nämlich g-egen Zahlung der S e e f r a c h t , „ F r a c h t " ) verpflichtet, Güter, w e l c h e zum T r a n s p o r t ü b e r g e b e n werden, über S e e nach n ä h e r e r Bestimmung· zu transportieren. sich

Der Frachtvertrag entweder

zur B e f ö r d e r u n g von G ü t e r n

bezieht

a) auf das Schiff im ganzen oder einen verhältnismäßigen Teil oder einen bestimmt bezeichneten R a u m des S c h i f f s — B e f r a c h t u n g en bloc (diese A r t wird als die R e g e l a n g e s e h e n ) — oder b) auf einzelne G ü t e r ( S t ü c k g ü t e r ) — B e f r a c h t u n g en cueillette 8 ). W i r d das Schiff im ganzen oder zu einem verhältnismäßigen Teil oder w i r d ein bestimmt b e z e i c h n e t e r R a u m des S c h i f f s v e r f r a c h t e t ( „ g e c h a r t e r t " ) , so kann j e d e P a r t e i verl a n g e n , daß ü b e r den V e r t r a g eine schriftliche U r k u n d e (sog. Chartepartie, von carta partita) errichtet werde 4 ). 2. Die R e c h t e und Pflichten des V e r f r a c h t e r s und des B e f r a c h t e r s richten sich in erster Linie nach dem zwischen beiden *) Seemanns-O. 22 ff. 2 ) C o s a c k , Lehrb. § 93; G i e r k e iu Kohler-Holtzendorffs Enzyklopädie I S. 1 0 1 5 ; K . L e h m a n n , Lehib. §§ 207 2 1 2 . Hierzu L e w i s im Hdbch. Bd. 4 S. 1 2 3 ff. Vgl. auch Fr. V o i g t , Untersuchungen zum Zweck der Ausgleichung der Verschiedenheit der in den Seestaaten geltenden Havarieglosse- und Seefrachtrechte (Jena 1S82V (Vgl. Goldschmidts Z. Bd. 29 S 327 ff.) — G. & F . S. 985 ff. (Ebenda auch Rechtsgeschichtliches.) 3 4 ) H G B . § 556. ) H G B . § 557 (nicht im BinnenSchG.).

47*

740

Kap. V.

Das Seehaudelsrecht.

abgeschlossenen Fraclitvertrag-e. Für den Fall mangelnder oder mangelhafter Vertragsbestimmungen ordnet das Gesetz die Rechtsverhältnisse wesentlich in Ubereinstimmung mit älteren Handelsgebräuchen. Der Verfrachter haftet wie im Landtransportrechte der Frachtführer, nämlich für den Schaden, welcher durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn 1 ), daß der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten. (Vgl. hiermit oben § 50 S. 477. 479 f·2)·) Verlust und Beschädigung, welche aus einem mangelhaften Zustande des Schiffs entstehen, der aller Sorgfalt ungeachtet nicht zu entdecken war, müssen demnach vom Verfrachter nicht vertreten werden. F ü r Kostbarkeiten, Kunstgegenstände, Geld und Wertpapiere haftet der Verfrachter nur dann, wenn diese Beschaffenheit oder der W e r t der Güter bei der Abladung dem Schiffer angegeben ist8). Der Hauptverpflichtung des Verfrachters entspricht dessen Anspruch auf Zahlung der Fracht; für diese Zahlung haftet zunächst der Befrachter, jedoch wird durch die Annahme der Güter der Empfänger verpflichtet, nach Maßgabe des Frachtvertrages oder des Konnossements, auf Grund dessen die !) Über die Formel ..es sei denn s. oben S. 194 Anm, 6 ( P l a n c k , B G B . I S. 44). *) H G B . § 606 (im Gegensatze zu Art 607 des H G B . von i 8 b i ) . Der Entwicklungsgang war folgender: Die ursprüngliche, sehr strenge Haftung aus dem römischen receptum nautae wurde durch die mittelalterliche romanische Rechtsbildung allmählich beseitigt, man ließ den Verfrachter weniger streng haften, aber die neuere Rechtsbildung war zur strengen Haftung des römischen Rechts, welches dem römischen Großhandel zur See durchaus angemessen war, zurückgekehrt, H G B . v. 1861 Art. 607. Vgl. GUGesch. S. 341 ff. Allein das neueste Recht ist — mit Ausnahme des Eisenbahnfrachtrechts wieder weniger streng geworden, zunächst für den Binnenschiffsverkehr, wo die Haftung des Frachtführers bis zu der des Kommissionärs ( H G B . § 390 s. oben S. 435 ff.) abgeschwächt ist (s. BinnenSchG. § 58), und außerdem eine Reihe von Schäden gesetzlich aufgezählt sind, für welche der Binnenschiffsführer nicht zu haften hat; s. BinnenSchG. — G E A . Η 19, 196 — § 59 Ziff. 1 - 5 (analog nun H G B . v. 1897 § 459 Ziff. 1 — 5 ) , § 60 (analog § 460). Vgl. oben S. 407. Uber die Haftung des Reeders aus dem Frachtverträge s. „ R e c h t " 1902 S. 367. Uber das Konnossement s. oben § 44 ( X , 6) S. 370 und die dort angegebene Literatur, insbes. nun Ernst J a c o b i § 48. 8 ) H G B . § 607 = BinnenSchG. § 58 Abs. 4 , nach der Fassung vom 20. Mai 1898, EinfG. z. H G B . Art. 12 V I .

§ i[2.

Vom Seefrachtgeschäfte.

741

Empfangnahme geschieht, die Fracht nebst allen Nebengebühren, sowie das etwaige Liegegeld zu bezahlen, die ausgelegten Zölle und übrigen Auslagen zu erstatten und sonstige Verpflichtungen aus dem Frachtvertrage zu erfüllen. Der Verfrachter hat die Güter gegen Zahlung der Fracht und gegen Erfüllung der übrigen Verpflichtungen des Empfängers auszuliefern1). Wenn die Fracht nach Maß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen ist, so ist im Zweifel 2 ) anzunehmen, daß Maß, Gewicht oder Menge der abgelieferten und nicht der eingelieferten Güter für die Höhe der Fracht entscheiden soll. Außer der Fracht können Kaplaken, Prämien u. dgl.3) nicht gefordert werden, sofern sie nicht ausbedungen sind. Die gewöhnlichen und ungewöhnlichen Unkosten der Schiffahrt, als Lotsengeld, Hafengeld, Leuchtfeuergeld, Schlepplohn, Quarantänegelder, Auseisungskosten u. dgl., fallen (als sog. kleine Haverei, s. unten S. 752 II) in Ermangelung einer entgegenstehenden Abrede dem Verfrachter allein zur Last, selbst wenn derselbe zu den Maßregeln, welche die Auslagen verursacht haben, auf Grund des Frachtvertrags nicht verpflichtet war4). Zur Sicherung der Forderung der Fracht sowie der übrigen Gebühren hat der Verfrachter ein P f a n d r e c h t an den Gütern, welches analog dem Pfandrechte des Frachtführers gestaltet ist5). 3. Eingehende Vorschriften enthält das HGB. in betreff der Rechte und Pflichten bei Einnahme der Ladung 6 ) (ζ. B. Verbot der Deckladung, mit Ausnahmen), in betreff der Ladeund bzw. Uberliegezeit und des Liegegeldes 7 ), des Rücktritts des Befrachters vor Antritt der Reise gegen Zahlung der ») H G B . § 6 1 4 A b s . 2. 2 ) Im Zweifel, nach H G B . § 6 2 0 (wie BinnenSchG. § 62), s. aber R G Z . Bd. 14 S. 1 1 7 . ®) S. oben S. 7 3 7 Aura. 2. 4 ) H G B . § 6 2 1 ; BinnenSchG. § 6 5 ; H G B . !j 4 4 0 ; BinnenSchG. §§ 26 (mit 4119), 66. — Absonderungsrecht im Konkurse s. K o n k O . § 49 Ziff. 8. s ) H G B . §§ 6 2 3 ff. «) H G B . §§ 560, 566, entsprechend BinnenSchG. §§ 28ff. Irrtümliche Verladung auf ein an einen anderen Bestimmungsort gehendes Schiff s. R G Z . Bd. I S. 4. '') H G B . §§ 5 6 7 fr. = BinnenSchG. § 28.

742

Kap. V.

Das Seehandelsrecht.

Fautfracht 1 ), in betreff der L ö s c h u n g 2 ) und in betreff einer R e i h e von Eventualitäten, von denen der S e e t r a n s p o r t b e t r o f f e n w e r d e n kann 3 ). W a s die L a d e z e i t

anlangt

so hat der Schiffer, wenn das Schiff im ganzen

gechartert ist, sobald er zur Einnahme der Ladung fertig und bereit ist, dies dem Befrachter anzuzeigen. zeit.

Mit dem auf die Anzeige folgenden T a g beginnt die Lade-

Uber die Ladezeit hinaus hat der Verfrachter auf die A b l a d u n g noch länger

zu warten, wenn es vereinbart ist ( U b e r l i e g e z e i t ) .

Für die Ladezeit kann, so-

fern nicht das Gegenteil bedungen ist, keine besondere Vergütung verlangt werden. Dagegen

muß

der

gütung ( L i e g e g e l d )

Befrachter

dem

Verfrachter

gewähren, welche

für die Überliegezeit

eine Ver-

im Zweifel durch richterliches Ermesseu

bestimmt wird 4 ). Ist die Dauer der Ladezeit durch Vertrag nicht festgesetzt, so wird sie durch die ortlichen Verordnungen des Abladungshafens und in deren Ermangelung durch den daselbst bestehenden Ortsgebrauch bestimmt ( — bei der Binnenschiffahrt durch das Gesetz) 3 ).

Besteht auch

ein solcher Ortsgebrauch nicht, so gilt als Ladezeit

eine den Umständen des Falls angemessene Frist. Ist eine Uberliegezeit, beträgt eine

die Überliegezeit

nicht aber deren Dauer durch A'ertrag bestimmt,

vierzehn Tage 6 ) —

bei

der Binnenschiffahrt

so

höchstens

Woche7). Ist eine W a r t e f r i s t ,

d. i.

die Zeit, während welcher der Verfrachter auf

die Abladung (d. i. die Vollendung der dem Befrachter obliegenden des Frachtguts

zur Einladung)

zu warten hat,

vertragsmäßig

Verbringuiig

vereinbart,

so wird

der Verfrachter durch die Verhinderung der Lieferung jeder Art von L a d u u g zum längeren ohne

Warten nicht verpflichtet, sondern ist gegebenenfalles befugt, die

die

volle Ladung

anzutreten,

sofern

der

Befrachter

nicht vom

Reise

Vertrage

zurücktritt, und es gebührt dem Verfrachter, ebenso wie im Falle er auf Verlangen des Befrachters die R e i s e ohne die volle bedungene Ladung antritt,

nicht allein

die volle Fracht und das etwaige L i e g e g e l d , sondern er ist auch berechtigt, insoweit

ihm

durch

die Unvollständigkeit

der Laduug die Sicherheit

für die volle

Fracht entgeht, die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern.

Außer-

dem sind ihm die Mehrkosten, welche ihm infolge der Unvollständigkeit der L a d u n g etwa erwachsen, durch den Befrachter zu erstatten 8 ).

») H G B . § § 580 ff.; BinneuSchG. § § 34 (V 3 ), 3. '-) H G B . § § 592 ff. Hierzu siehe R O H G . B d . 5 S. 131 ff., 372, lid. 115 S. 227 ft'., B d . 19 S. 2 8 2 f f . ; R G Z . B d . 14 S. 9, 1 1 5 . — BinnenSchG. g 4b. ·*) So ζ. B . H G B . § § 628 ff., entsprechend BinnenSchG. § 67. 4) H G B . § § 5 6 7 , 568, entsprechend BinnenSchG. § § 2 9 — 3 4 , jedoch i m BinnenSchG. feste Ladezeiten nach dem Ladungsgewicht (bis zu 30000 kg z w e i Tage, bis zu 50000 drei, bis zu 100000 vier usf., jedoch abändernd Vereinbarung und Regierungsverordnung vorbehalten). BinnenSchG. § 29 6)

S. vorige A n m . H G B . § § 568, Bd. 12 S. 130, B d . 18 BinnenSchG. § e)

s)

4 569, Berechnung S. 303 ff. 31.

der Frist s. ebenda § 573 u. ROHfcr.

H G B . § § 5 7 6 — 5 7 8 : BinnenSchG. § 33.

§ 112.

743

V o m Seefrachtgeschäfte.

F a u t f r a c h t 1 ) ist der Frachtbetrag, welchen der vom Vertrage zurücktretende Befrachter

zu

zahlen hat.

Der Befrachter ist nämlich berechtigt,

vom Vertrage

zurückzutreten, und zwar a) v o r Antritt der R e i s e : gegen Zahlung der halben Fracht (d. i. die eigentliche Fautfracht) und gegen Erstattung der K o s t e n usw.; b) n a c h Antritt der R e i s e : gegen Zahlung der ganzen Fracht und Erstattung der

Kosten.

(Vgl.

jedoch

unten Ziff. 5 :

Endigung

des

Vertrages

ohne

Entschädigung.) B e i Stückgutfracht kommt keine gesetzliche Ladezeit, mäliige Betracht,

oder

ortsübliche Lade-

im Zweifel

wohl

(oder

vielleicht

die Analogie

der

sogar

für

den

sondern nur vertrags-

auch Überliege-)Frist Chartervertrag

in

geltenden

ge*etzlichen Normen-).

4. Außer der Chartepartie ist dem Seefrachtverträge noch eine andere Urkunde eigentümlich, nämlich das K o n n o s s e ment· 1 ), ein Waren- und Orderpapier (selten Rektapapier), welches der Schiffer 4 ) nach Beendigung· jeder einzelnen A b ladung dem Ablader ohne V e r z u g g e g e n R ü c k g a b e des etwa bei der Annahme der Güter erteilten vorläufigen Empfangscheins in so vielen Exemplaren auszustellen hat, als der A b lader verlangt. Alle Exemplare des Konnossements müssen von gleichem Inhalt sein, dasselbe Datum haben und ausdrücken, wie viele Exemplare ausgestellt sind. Dem Schiffer ist auf sein Verlangen von dem Ablader eine mit der Unterschrift des letzteren versehene Abschrift des Konnossements zu erteilen 5 ). Mit Zustimmung des Abladers kann das Konnossement auch über Güter ausgestellt werden, die zur Beförderung übernommen, aber noch nicht abgeladen sind6). Auf Verlangen des Abladers ist das Konnossement, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist, an die Order des Empfängers ') Wahrscheinlich von ,,faute de fret" = Mangel an Schiffsfracht; H G B . § 580. ( V g l . BinnenSchG. § 36.) '') R O H G . Bd. 12 S. 128 ff. Zeitbestimmung durch den Richter, s. H G B . § 590 und hierzu F G G . § § 145 ff 3) V g l . oben S. 369, 370, 477, 619. I h m entspricht im Binnenschifffahrtsverkebr der S c h i f f s - L a d e s c h e i n (BinnenSchG. § § 71 ff.), der h i e r a u f Verlangen des Absenders vom Frachtführer auszustellen ist. — Eine besondere, in neuerer Zeit gebräuchlich gewordene, im H G B . aber nicht normierte A r t von Konnossementen bilden die sog. durchgehenden (through bill of lading), hierüber s. S c h l o d t m a n n in Goldschmidts Ζ. B d . 2τ S. 384 ff·; L e w i s im Hdbch. a. a. Ο. S. 1 8 4 — 1 8 6 ; R G Z . B d . 10 S. 31. 4 ) Oder ein anderer dazu ermächtigter Vertreter des R e e d e r s ; s. R G Z . B d . 2 S, 128, Bd. 20 S. 53, nun aber H G B . § 642 neuer A b s . 4. 3) H G B . § 642, mit neuem A b s . 5.

744

K a p . V.

Das

Seehandelsrecht.

oder lediglich an Order zu stellen. Im letzteren Falle ist unter der Order die Order des Abladers zu verstehen. (Das Konnossement kann auch auf den Namen des Schiffers als Empfänger lauten1).) Das Konnossement muß enthalten 2 ): i. den Namen des Schiffers; 2. den Namen und die Nationalität des Schiffs (ähnlich auch im Ladeschein beim Binnenschiffahrtsverkehr) 3 ); 3. den Namen des Abladers; 4. den Namen des Empfängers (Destinatar, engl, consignatary) 4 ); 5. den Abladungshafen; 6. den Löschungshafen oder den Ort, an welchem Order über denselben einzuholen ist; 7. die Bezeichnung der abgeladenen Güter, deren Menge und Merkzeichen 5 ); 8. die Bestimmung in Ansehung der Fracht; 9. den Ort und den Tag· der Ausstellung; 10. die Zahl der ausgestellten Exemplare. Das Konnossement ist entscheidend für die Rechtsverhältnisse zwischen .dem Verfrachter und dem Empfänger (Destinatär, Konsignatär) der Güter; insbesondere muß die Ablieferung der Güter an den Empfänger nach Inhalt des Konnossements erfolgen. Der Schiffer ist verpflichtet, im Löschungshafen dem legitimierten Inhaber auch nur e i n e s Exemplars des Konnossements die Güter auszuliefern, und als legitimiert gilt derjenige, an welchen die Güter nach dem Texte des Konnossements abgeliefert werden sollen, oder an welchen dasselbe, wenn es ein Orderkonnossement ist, indossiert wurde8). 5. Aufgelöst wird der Vertrag, ohne daß ein Teil zur Entschädigung verpflichtet wäre, wenn vor Antritt der Reise ') H G B . § 644, ebenso L a d e s c h e i n nach BinnenSchG. § 72 möglicherweise Meldeadresse (s. ebenda A b s . 3). s) BinnenSchG. *) H G B . § 643. § 72 A b s . 2. 4 ) Begriff des E m p f ä n g e r s ; Prokuraindossament des K o n n o s s e m e n t s s. S c h a p s in Goldschmidts Z. B d . 42 S . 4 1 1 ff. 5 ) D o c h ist auch die K l a u s e l „Inhalt unbekannt·' und ähnlich ( „ n o t responsible for marks brands and n u m b e r s " ) zulässig — wie auch nach BinnenSchG. § 73 — und danach die Haftung verschieden, H G B . §§ 6 5 4 — 6 5 7 . Vgl. R O H G . B d . ί S. 200, B d . 3 S . 19, B d . 6 S . 3 4 1 , B d . 1 2 S . 3 6 9 ; „quality unknown" R G Z . B d . 4 S. 87. A n d e r e K o n n o s s e m e n t s k l a u s e l n und Rechtsprechung hierüber sind zusammen& F · zu gestellt bei G a r e i s , H G B . 2. Teil ( B e c k , Nördl. 1889) s · ' 4 ° u a t l Art. 645 und 656 d. H G B . von 1 8 6 1 . Ü b e r K o n n o s s e m e n t s k l a u s e l n überhaupt s. nun Max P a p p e n h e i m in der D J Z . 1903 S . 4 2 f. e) H G B . § § 6 4 5 , 6 5 1 ; hierzu s. A n m . 2 u. 3 (zu § 6 5 1 ) bei G a r e i s , H G B . G E A . I I 25, 2 1 9 / 2 2 2 . Ü b e r die Hinterlegungspflicht des Schiffers s . H G B . $ 646. — Dingliche W i r k u n g der U b e r g a b e s. oben § 44 S. 3 7 0 ff., insbesondere S· 3 7 2 , 3 7 3 ; H G B . § 4 5 0 ; B i n n e n S c h G . § 72 (auch beim Rektaladeschein).

§ 113.

Von dem Geschäfte /!ur Beförderung von Reisenden zur See.

745

Schiff oder Ladung· durch Zufall verloren oder zugrunde geht; auch darf jede Partei vom Vertrag· ohne Entschädig-ung-spflicht zurücktreten, wenn vor oder während der Reise K r i e g s g e f a h r droht, das Schiff mit Embargo belegt oder für die Dienste des Reiches oder einer fremden Macht in Beschlag genommen, durch V e r f ü g u n g von hoher Hand an der Reise verhindert ist od. dgl., oder ein Aus- oder Einfuhrverbot hindernd im W e g e steht 1 ). Wenn nach Antritt der Reise das Schiff durch einen Zufall verloren geht (HGB. § 628 Abs. 1 Nr. 1), so endet der Frachtvertrag. Jedoch hat der Befrachter, soweit Güter geborgen oder gerettet sind, die Fracht im Verhältnis der zurückgelegten zur ganzen Reise zu zahlen ( D i s t a n z f r a c h t ) . Die Distanzfracht ist nur so weit zu zahlen, als der gerettete W e r t der Güter reicht 2 ). §

11

3-

V. Von dem Gesdiäfte zur Beförderung zur See.

von

Reisenden

I. Wie der Frachtvertrag zur Beförderung von Gütern sich entweder auf Befrachtung en bloc oder anf Einzeltransporte bezieht, so kommt auch zum Zwecke der Beförderung von Personen zur S e e vor: 1. daß das Schiff im g a n z e n oder zu einem Teil oder dergestalt, daß eine bestimmte Zahl von Reisenden befördert werden soll8), einem Dritten (ζ. B. einer Auswanderungsunternehmung) verfrachtet (gechartert) wird —, in diesem Falle kommen die im vorigen Paragraphen erläuterten Grundsätze von der Charterung eines Schiffes usw. insoweit zur Anwendung, als die Natur der Sache dieselbe nicht ausschließt 4 ); *) H G B . § 629. Entsprechendes bestimmt BinnenSchG. §§ 08, 69. 2 ) H G B . § 630 (RGZ. Bd. 1 3 S. 122). Vgl. BinnenSchG. §§ 64, 71 (Abs. t neue Fassung). 3 ) H G B . §§ 676, 6 7 7 ; R O H G . Bd. 22 S. 206. 4 ) Uber Auswanderungswesen s. R V f . Art. 4 Nr. I. GewO. § 6. H G B . Art. 678 und nun R G . v. 9. Juni 1897 ( R G B l . S. 463), G E A . I I 26 ( 2 1 3 ) mit den auf Grund des § 2 1 dieses Gesetzes über das Auswanderungswesen v. 9. Juni 1897 vom BundesTat beschlossenen Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der Auswacderungsunternehmer und ihrer Agenten, vom 14. März 1898 (RGBl. 1898 S. 39 bis 56), ferner den vom Bundesrat auf Grund des § 36 desselben Gesetzes be-

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K a p . V.

Das Seehandelsrecht.

2. daß der Verfrachter mit einem einzelnen Reisenden einen Ü b e r f a h r t s v e r t r a g abschließt; — in bezug auf diesen Überfahrtsvertrag enthält das Gesetz 1 ) einzelne besondere Vorschriften. II. Der Überfahrtsvertrag, ein formlos 2 ) abzuschließender Konsensualvertrag, entscheidet über die Rechtsverhältnisse zwischen dem Verfrachter und dem Reisenden; zur Abtretung· der aus dem Vertrage erlangten Rechte an einen Dritten ist der Reisende nur dann befugt, wenn sein Name nicht in dem Üb er fahr tsver trage genannt ist. Für das Maß der Rechte und Pflichten aus dem Vertrage ist dieser selbst, möglicherweise unter Hinzuziehung des Reglements des Schiffes, auch der die Schiffsordnung betreffenden Anweisungen des Schiffers 3 ), auslegungsweise und hinsichtlich der Auswandererbeförderung mitunter zwangsweise auch das Gesetz maßgebend. Das letztere enthält namentlich Bestimmungen über Rücktritt des Reisenden vom Vertrage (analog der Fautfracht, wenn vor Antritt der Reise geschehen)4), über Vertrag-saufhebung (analog den Aufhebungsgründen des Güterbeförderungsvertrags) 5 ), über die Folgen des Zeitverlustes weg-en Ausbesserung- eines Schiffes") und über den Transport der Reiseeffekten 7 ) — an letzteren hat der Verfrachter ein Pfandrecht zugunsten des Überfahrtsgeldes, solange die Sachen an Bord zurückbehalten oder deponiert sind. III. Besondere Vorschriften von privatrechtlicher Bedeutungsind für denVertrag zur überseeischen Auswandererbeförderungerlassen, sämtlich im Interesse der Reisenden: i. Den Auswanderern darf nicht die Verpflichtung auferlegt werden, den Beförderungspreis oder einen Teil desselben oder ihnen geleistete Vorschüsse nach ihrer Ankunft am Beschlossenen Vorschriften über Auswandererschiffe, ( R G B l . S. 57—92).

ebenfalls vom 14. März 1898

G o e t s c h , R G . über das Auswanderungswesen v. 9.Juni 1897,

2. Aufl., Berlin 1907. 2 >)) Doch H G B . darf § 664 derff.Unternehmer die Beförderung von Auswanderern nach außerdeutschen Ländern nur befördern auf Grund eines vorher abgeschlossenen schriftlichen Vertrags. AuswandG. § 22. 3 4 5 1 H G B . § 065. ) H G B . § 667. ) H G B . §§ 668—670. «) H G B . § 6 7 1 . ') H G B . §§ 6 7 2 — 6 7 5 . Vgl. H G B . § 465 (oben S. 495). VO. § 34. BinnenSchG. § 77. Hierzu auch StrGB. § 297.

§ 1 1 3 . Von dem Geschäfte zur Beförderung von Reisenden zur See.

747

stimmungsorte zu zahlen oder zurückzuerstatten oder durch Arbeit abzuverdienen; ebensowenig· dürfen sie in der Wahl ihres Aufenthaltsorts oder ihrer Beschäftigung· im Bestimmungslande beschränkt werden 1 ). 2. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Auswanderern an dem zu ihrer Einschiffung" oder Weiterbeförderung" bestimmten Orte bei jeder nicht von ihnen selbst verschuldeten Verzögerung" der Beförderung" von dem vertragsmäßig· bestimmten Abfahrtstag an ohne besondere Vergütung Unterkunft und Verpflegung zu gewähren 2 ). 3. Falls die Verzögerung länger als eine Woche dauert, hat der Auswanderer, unbeschadet der ihm nach dem bürgerlichen Rechte etwa zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz, das Recht, von dem Vertrage zurückzutreten und die Rückerstattung des Überfahrtsgeldes zu verlangen 11 ). 4. Die Rückerstattung des Überfahrtsgeldes kann auch dann verlangt werden, wenn der Auswanderer oder einer der ihn begleitenden Familienangehörigen vor Antritt der Reise stirbt oder nachweislich durch Krankheit oder durch sonstige außer seiner Macht liegende Zwischenfälle am Antritte der Seereise verhindert wird4). Die Hälfte des Überfahrtsgeldes kann zurückverlangt Werden, wenn der Auswanderer vor Antritt der Reise vom Vertrag aus anderen Gründen zurücktritt5). 5. Wird das Schiff durch einen Seeunfall oder einen anderen Umstand an der Fortsetzung der Reise verhindert oder zu einer längeren Unterbrechung derselben genötigt, so ist der Unternehmer (AuswandG. § 1) verpflichtet, ohne besondere Vergütung den Auswanderern angemessene Unterkunft und Verpflegung zu gewähren und die Beförderung AuswandG. § 22 Abs. 2. G E A . II 26 (213). ) Ebenda § 27. ·') AuswandG. § 28. 4 ) Ebenda § 29 Abs. 1. Das Gleiche gilt, wenn in Fällen des § 26 Abs. 2 die Verhinderung im überseeischen Ausschiffungshafen eintritt, rücksichtlich des den Weiterbetörderungskosten entsprechenden Teiles des Uberfahrtsgeldes. (§ 29 Abs. 2.) § 26 bestimmt: Der Verkauf von Fahrscheinen an Auswanderer zur Weiterbeförderung von einem überseeischen Platze aus ist verboten. Dieses Verbot findet jedoch keine Anwendung auf Verträge, durch welche der Unternehmer (§ 1) sich zugleich zur Weiterbeförderung vom überseeischen Ausschifiungshafen aus verpflichtet. s ) AuswandG. $ 29 Abs. 3. 2

748

K a p . V.

Das Seehandelsrecht.

derselben und ihres Gepäcks nach dem Bestimmungsorte so bald als möglich herbeizuführen 1 ). 6. Vereinbarungen, welche den unter 2—5 aufgezählten Bestimmungen (der §§ 27—30 des Auswanderungsgesetzes) zuwiderlaufen, haben keine rechtliche Wirkung 2 ). §

H4-

VI. Von der Bodmerei. I. Bodmerei 3 ) ist eine dem Seerecht eigentümliche A r t von Darlehen 4 ); das Eigentümliche besteht zunächst darin, daß zur Sicherung des Darlehens das Schiff (oder die Fracht oder die Ladung oder mehreres hiervon) verpfändet — verbodmet — ist und für die Rückzahlung des Darlehens haftet, und daß die Rückzahlung regelmäßig nur im Falle glücklicher Vollendung einer bestimmten einzelnen Seeunternehmung· (Bodmereireise), für welche das Darlehen gegeben wurde, g-efordert werden kann, daß — mit anderen Worten — der Bodmereigläubiger (Bodmerist) die Gefahr der Bodmereireise insofern trägt, als er das Darlehen nicht zurückfordern kann, wenn die verbodmeten Gegenstände auf der Bodmereireise untergegangen sind. (Nach älteren germanischen Rechten stand die Pfandsache auf Gefahr des Gläubigers 5 ).) ') Ebenda § 30. Diese Vorschrift findet sinngemäße Anwendung auf die Weiterbeförderung vom überseeischen Ausschiffungshafen aus (!j 26 Abs. 2), s. die Anm. 4 auf voriger Seite. 2 ) AuswandG. § 3 1 . 3 ) Abgeleitet von niederdeutsch. „bodem" (Boden), der K i e l . — Lit. s. R . S c h r ö d e r im Hdbch. Bd. 4 I §§ 46, 4 7 ; C o s a c k , Lehrbuch § 72 S. 3 1 7 ; B e h r e n d im R L e x . unter „Bodmerei"; G. & F . S. 1075 ft". 4 ) K e i n Versicherungsvertrag, so mit Recht B e s e l e r , D. P r i v R . § 25b S. 1049. — Nach den Motiven zur KonkO. §§ 47, 48 (neue Fassung) sind die Bodmerei und die Verpfändung eines Schiffs als Fälle eines K o n v e n t i o n a l p f a n d e s aufzufassen; das konkursrechtliche Absonderungsrecht des Bodmeristeu steht außer Zweifel. 5 ) Die Bodmerei ist ein unter dem Einflüsse des erwähnten Rechtsgedaukeus aus dem älteren S e e d a i l e h e n umgebildetes Kreditgeschäft des späteren Mittelalters; mit dem im hellenischen und römischen Verkehrsleben eine mächtige R o l l e spielenden antiken Seedarlehen {foenus nauticum), bei welchem Kapital u. Prämie (Zins) nur bedingt (nämlich unter der Bedingung glücklicher Reise, salva navi, sanis euntibus et redeuntibus u. dgl.) zurückzuzahlen resp. zu bezahlen waren, verband sich die vertragsmäßige Verpfändung des Schiffs und der Ladung und mit dieser Verpfändung jener germanische Rechtsgedanke. Zahlreiche Modifikationen haben die antike Einrichtung freilich umgestaltet, im wesentlichen aber blieb dieselbe, wie im Altertum, so im Mittelalter in den italienischen Seestädten ein überaus wichtiges Spekulationsgeschäft, dessen Betrieb auch den überseeischen

ij 114.

Von der Bodmerei.

749

It. Das deutsche Handelsgesetzbuch regelt nur die sog". N o i t b o d m e r e i oder eigentliche Bodmerei, d. i. diejenige, well che vom S c h i f f e r (Schiffskapitän) als solchem in den gesietelich normierten Fällen eingegangen wird; uneigentliche Bodmerei ist a) V e r b o d m u n g des Schiffes durch den R e e d e r , wellcler ein Darlehen zum Zwecke des Baues, der Ausrüstungo d e r der R e p a r a t u r des Schiffes aufnimmt (sog. „Beilbriefdarlelen"), oder b) V e r b o d m u n g der L a d u n g durch den B e f r a c h t e r zum Zwecke der Revalierung der überseeischen W a r e n s e n d u n g (sog. „Respondentia", „Großavantureivertrag") u n d lichtet sich nach dem allgemeinen bürgerlichen Rechte 1 ). ILL D e r (eigentliche) Bodmereivertrag (französisch: contratt i la grosse) ist ein Darlehensgeschäft, welches von dem S c h i f f e r („Bodmereinehmer") als solchem kraft der gesetzlich ihm erteilten Befug-nisse unter Zusicherung einer Prämie (entweder Zeitprämie oder Reiseprämie) und unter V e r p f ä n d u n g von Schiff, Fracht und L a d u n g oder von einem oder mehreren dieser G e g e n s t ä n d e in der A r t eingegangen wird, daß sich d e r Gläubiger („Bodmereigeber", Bodmerist) wegen seiner A n s p r ü c h e nur an die verpfändeten (verbodmeten) Gegenstände halten kann, und zwar nach A n k u n f t des Schiffes an d e m Orte, wo die Reise enden soll, für welche das Geschäft «in g e g a n g e n ist (Bodmereireise) 2 ). 1. Die Befugnis zur A u f n a h m e eines Bodmereidarlehens s t e h t dem Schiffer n u r in gesetzlich ausgesprochenen Notfällen zu 3 ); die Prämie ist, in ihrer Höhe unbegrenzt, von d e r V e r e i n b a r u n g abhängig 4 ). 2. Zur E i n g e h u n g des Bodmereivertrags ist die Ausstellung einer bestimmten Urkunde, nämlich des B o d m e r e i b r i e f s , und schließlich auch den inländischen Verkehr mit Wechselbriefen zur Folge hatte. GUGesch. S. 55, 78, 86, 239, 346 ff. Geschichtliches auch bei Bernhard M a t t h i a ß , Das Foenus nauticum. Würzburg 1881. Über die bürgerlichrechtliche Verpfändung von registrierten Schiffen .·>. BGB. §§ 1259—1272. Gestrichen ist sowohl Art. 701 des HGB. v. 186τ, als auch der ganze zehnte Abschnitt des BinnenSchG. v. 15. Juni 1895 (§§ 1 3 1 —137). ersterer weil den Landesgesetzen die dort vorbehaltene Zuständigkeit gegenüber dem BGB. nicht mehr zukommt, letzterer weil statt dessen nun BGB. §§ 1259 ft". und das RGes. über die Zwangsversteigerung usw. v. 24. März 1897 §§ 52, 91,

105 fr., 162, 169 gilt. 2

) ) Notfalls 4 ) 3

HGB. § 679. Vgl. E h r e n b e r g , Beschr. Haftung S. 42 ff., 179 ft·. HGB. Art. 680. Hierzu konsularische oder gerichtliche Bestätigung des usw., HGB. § 686 mit FGG. §§ 145 ff. (Amtsgericht). HGB. § 681.

-730

Kap. V.

Das Seehandelsrecht

erforderlich; der Bodmereibrief, auch Seewechsel g-enajnnt, muß vom Schiffer ausgestellt werden (— ohne diesen ESrief würde dem Gläubiger nur das Recht eines gewöhnlichen Darlehensgläubigers zustehen —) und einen g-esetzlich bestimmten Inhalt haben 1 ). Auf Verlangen des Bodmereigebers ist der Bodmereibrief, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist, an die Order des Gläubigers oder lediglich an Order (nämlich — stillschweigend — des Bodmereigebers) zu stellen; lautet er an Order, so kann er durch Indossament übertragen werden, worauf alsdann die Grundsätze vom Indossament 2 ) Anwendung' finden, mit der Maßnahme, daß der Einwand,, der Schiffer sei zur Eingehung des Geschäfts überhaupt oder in dem vorliegenden Umfange nicht befugt gewesen, auch gegen den Indossatar zulässig ist8). 3.. Die Fälligkeit der Bodmereischuld tritt, sofern nicht der Bodmereibrief anderes bestimmt, — wenn überhaupt die Bodmereireise angetreten und vollendet wurde 4 ) — im Bestimmungshafen der Bodmereireise und am achten Tage nach der Ankunft des Schiffes daselbst ein5); von da an laufen Verzugszinsen, wenn nicht Zahlung erfolgt oder von vornherein Zeitprämien paktiert sind; die Zahlung muß an den durch den Bodmereibrief (bzw. dessen Giro) legitimierten Gläubiger geschehen, eventuell durch öffentliche Hinterlegungersetzt werden6). Wird zur Zahlungszeit die Bodmereischuld nicht bezahlt, so kann sich der Gläubiger aus den verbodmeten Gegenständen befriedigen, dies geschieht nach den für die Zwangsvollstreckunggeltenden Vorschriften 7 ). Die K l a g e ist zu richten in Ansehung- des Schiffes und der Fracht gegen den Schiffer oder Reeder, in Ansehungder Ladung vor der Auslieferung gegen den Schiffer, nach der Auslieferung gegen den Empfänger, sofern dieselbe sich ' ) HGB. § § 682, 683; S c h r ö d e r an dem S. 748 angegeb. Orte S. 252.. Ernst J a c o b i , Wertpapiere ( 1 9 0 1 ) S 2 4 0 , 3 1 7 f r . , vgl. auch oben § 73 S. 619'. 4 ) Vgl. HGB. §§ 3 6 3 — 3 6 5 , siehe auch oben § § 8 8 f f . 3 ) HGB. § - 6 8 4 . Vgl. oben § 7 3 S. 6 1 9 ff. s ) HGB. § 687. Anderenfalls s. HGB. § 698. HGB. § § 6 8 8 , 6 8 9 . 7 ) RGes. v. 2 7 . März 1 8 9 7 § § Ib2fl.

§ 115.

Von den Seeschäden, insbesondere der Haverei.

751

noch bei ihm oder bei einem anderen befindet, welcher sie für Ihn besitzt. Der Gläubiger kann von seinen Rechten nicht zum Nachteil eines dritten Erwerbers, welcher den Besitz der verbodmeten Ladung· im guten Glauben erlangt hat, Gebrauch machen 1 ). 4. Wurden die verbodmeten Gegenstände durch große oder besondere Haverei (s. folg. Paragraphen) zur Befriedigung des Bodmereigläubigers unzureichend, so trägt der Bodmereigläubiger den hieraus entstandenen Nachteil, — es wäre denn, daß den Schiffer eine Schuld an dem Eintritte der G e f a h r trifft (ζ. B. wegen willkürlicher Deviation, d. i. Veränderung der Reise)' 2 ). § "δVII. Von den Seeschäden, insbesondere der Haverei. I. Jeder Schaden, welcher einem Schiffe oder dessen L a d u n g oder beiden infolge einer der Gefahren, von denen die Seeschiffahrt bedroht ist, zustößt, wird „ S e e s c h a d e n " genannt. In diesem weiten Sinne umfaßt das Wort alle Wertverminderungen, welche Schiff oder Ladung erfahren, ja selbst den Gesamtuntergang von Schiff oder Ladung oder beiden; in diesem weiten Sinne wird das Wort im Seeversicherungsrechte von Bedeutung (s. § 118). Eine viel engere Bedeutung hat das Wort H a v e r e i 3 ) , auch Havarie (avarie, average); dieses bedeutet niemals Totalverlust der Schiffsladung oder Totalverlust des Schiffs, niemals den Gesamtuntergang von Schiff und Ladung; Haverei umfaßt daher stets nur Schäden und Kosten, welche dem Schiffe oder dem Frachtgut in der Zeit zwischen der Abladung· und der vollendeten Löschung erwachsen sind, ohne daß ein Totaluntergang in obigem Sinne eintrat. J e n e Schäden, welche man Haverei nennt, sind entweder a) solche, welche nur das Schiff, 2 ) HGB. §§ 690, 093. ') HGB. § 696. Das Wort wird abgeleitet v. ital. insbes. genues. u. spät-lat. avaria (16. Jahrh.), dieses aus arabisch: awär — beschädigte W a r e von arab. auvara = beschädigen. Lit. und Gesch. s. R . S c h r ö d e r an dem S. 748 angegeb. Orte S. 259fr.; G. & F. S. 1090fr.; C o s a c k , Lehrb. d. H R . § § 143, 144; K. L e h m a n n , Lehrb. § 2 1 7 und die unten S.'754 Aran. 8 u. S.. 755 Anm. 5 angeucb T -'teratur. 3)

752

Kap. V.

Das Seehandelsrecht.

b) solche, welche nur die Ladung" treffen — jede dieser Havereien heißt P a r t i k u l a r h a v e r e i , p a r t i k u l ä r e oder b e s o n d e r e Haverei — oder c) solche, welche Schiff und Ladung z u g l e i c h treffen; Haverei dieser A r t ist vom R e e d e r und Ladungsempfänger, nämlich von den beschädigten Eigentümern (oder als Eigentümer hier angenommenen Personen) gemeinsam zu tragen, jedoch nach verschiedenen Verhältnissen: a) o r d i n ä r e oder k l e i n e Haverei heißen diejenigen Schäden und Kosten, welche Schiff und Ladung zu u n g l e i c h e n Teilen zu tragen haben; diese werden nach den neueren Seerechten 1 ) einfach als Lasten der Seereise aufgefaßt, die der Verfrachter zu tragen hat, wenn nichts anderes verabredet wurde; ß) e x t r a o r d i n ä r e oder g r o ß e Haverei 2 ), auch H a v a r i e g r o s s e , „ g e m e i n s c h a f t l i c h e H a v e r e i " genannt; diese umfaßt alle diejenigen Schäden und Kosten, welche in bestimmter Wertproportion („zu gleichen Teilen", nämlich nach Maß der von jedem an seiner Sache erlittenen Beschädigung) wegen der g e m e i n s a m e n Gefahr, in welcher Schiff und Ladungsich befinden, gemeinsam von den Eigentümern von Schiff und Ladung zu tragen sind — kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen, welche-sich analog den seerechtlichen, auch im R e c h t e der B i n n e n s c h i f f a h r t finden3). II. Es ist Sache des positiven Rechts, im einzelnen zu bestimmen, was zur kleinen und was zur großen Haverei gehört; denn das allgemeine Prinzip: — zur k l e i n e n Haverei (petty average) gehören diejenigen Kosten und Unkosten, welche zur Beförderung der Reise, zum Besten des Schiffs und seiner Ladung am Ladung-splatz, auf der Reise oder am Löschungsplatz gewöhnlich verwendet werden müssen, — r e i c h t zur Scheidung der einzelnen Fälle nicht aus. Dem deutschen R e c h t e gemäß bleiben als kleine Haverei zu tragen alle Kosten, welche nicht zur großen oder besonderen Haverei gehören; folglich vor allem die Abgaben, die das Schiff J) § § 189, schmidts 2) ,)

So ζ. B. auch nach dem norwegischen Seegesetze v. 20. Juli 1893 190 (s. M. P a p p e n h e i m u. K . J o h a n ß e n im Beilageheft zu GoldZ. Bd. 43 S. 102 ff.). S c h r ö d e r a. a. O. S. 263fr. Vgl. hierzu HGB. §§ 7 1 6 ^ BinnenSchG. §§ 78—91 (Fassung v. to. Mai 1897).

§ 115-

753

Von den Seeschäden, insbesondere der Haverei.

entrichten muß, sowie ferner Anker-, ordinäre Lotsen- und Quarantäne-, Hafen-, Leuchtfeuer-, Brückengelder, auch außerordentliche Unkosten, wie besondere Lotsengelder, Auseisungskosten, Schlepplohn. Diese, die kleine Haverei, wurde nach früherem R e c h t in Ermangelung- besonderer Vereinbarung von den Reedern zu einem Drittel, von den Empfängern zu zwei Dritteilen getragen, und zwar von letzteren nicht nach dem Wert der W a r e , sondern nach der Zahl der Schiffslasten u. dgl.; nach den heutigen Rechten fällt die g-anze kleine oder ordinäre Haverei zu den Kosten der Seefahrt und ist, wie die für die Reise schlechthin notwendig erwachsenden Auslagen, von dem \ r erfrachter zu tragen 1 ). III. i. Die p a r t i k u l ä r e oder b e s o n d e r e Haverei um· faßt Schäden, welche durch Verschulden oder Zufall entstehen und entweder die Ladung· oder das Schiff allein betreffen, aber nicht zur kleinen und nicht ausdrücklich zur großen Haverei gehören; durch die eben genannten Quellen dieser Schäden 2 ) — Verschulden oder Zufall — wird auch zugleich angedeutet, wer dieselben zu tragen hat: den zufällig entstandenen Schaden trägt der Eigentümer, den verschuldeten der Schuldige, oder wer für diesen zu haften hat (Schiffer, Verfrachter, Reeder). 2. Nach besonderer gesetzlicher Bestimmung 3 ) werden nicht als große Haverei, sondern als besondere Haverei angesehen : a; die Verluste und Kosten, welche, wenn auch während der Reise, aus der infolge einer besonderen Haverei etwa nötig gewordenen Beschaffung von Geld entstehen; b) die Reklamekosten, auch wenn Schiff und Ladung zusammen und beide mit Erfolg reklamiert werden (diese Bestimmung bezieht sich auf Fälle, in denen das Schiff ungerecht angehalten oder aufgebracht wurde); c) die durch Prangen verursachte Beschädigung des Schiffs, seines Zubehörs und seiner Ladung, selbst wenn, um der Strandung oder Nehmung zu entgehen, geprangt worden ») S. auch 0) 3)

Vgl. H G ß . § 621, und siehe S c h r ö d e r im Hdbch. Bd. 4 I § 48 Anm. 13. oben S. 740, 741. H G B . § 701 = BinnenSchG. § 78 Abs. 3. HGB. § 707.

G a r e i e , Handelsrecht.

8. Aufl.

40

754

Kap. V.

Das Seehandelsrecht.

ist (dem Prangen, d. i. dem übermäßigen Ansetzen von Segeln oder der übermäßigen Anstrengung· der Segel, steht das abnorme Anstrengen der Dampfmaschine juristisch ganz gleich) 1 ). 3. Als ein Fall besonderer Haverei kann auch der durch Z u s a m m e n s t o ß z w e i e r o d e r m e h r e r e r S c h i f f e (abordage) 2 ) entstandene Schaden in Betracht kommen. 1st der Zusammenstoß durch ein Verschulden der Besatzung (zu welcher auch der Lotse gehört, wenn er nicht Zwangslotse ist)8) herbeigeführt, so ist der Reeder dieses Schiffs — sachlich, nämlich mit Schiff und Fracht 4 ) — verpflichtet, den durch den Zusammenstoß dem anderen Schiff und dessen Ladung· zugefügten Schaden zu ersetzen, unbeschadet der Deliktsobligation, welche die schuldige Person trifft5). Erfolgte der Zusammenstoß durch Schuld von Besatzungsmitgliedern b e i d e r Schiffe, so hängt die Verpflichtung zum Ersätze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, wie weit der Zusammenstoß vorwiegend von der einen oder der anderen Besatzung" verursacht worden ist; erfolgte er durch Zufall, so hat jeder Reeder den ihn treffenden Schaden zu tragen 0 ); für den von einem Zwangslotsen schuldvoll durch Zusammenstoß herbeigeführten Schaden haftet der Reeder des von diesem geführten Schiffs nicht'). 4. B e r g u n g " und H i l f s l e i s t u n g · in S e e n o t s. § 110. IV. G r o ß e o d e r g e m e i n s c h a f t l i c h e H a v e r e i (general average, avaries grosses, avaries communes) bedeutet nach deutschem Rechte 8 ): Vgl. M e i e r im Zentralorgan f. H.- u. W R . Bd. 6 S. 467 ff. *) K . L e h m a n n , Lehrb. § 2 1 8 . R . P r i e n , Der Zusammenstoß von Schiffen. Berlin 1895. G. H o e k e l , Schadensersatzpflicht des Reeders beim Zusammenstoß von Schiffen, Goldschmidts Z. 52, 1 7 1 ff. ') RGZ. Bd. 7 S. 25, Bd. 1 9 S. 3, 1 3 , 17. 4 ) S. oben S. 728 f. § 110 I I , insbes. S. 729 Anm. 5 a. E. 5 ) HGB. §§ 734, 736, 7 3 9 ; dieselben Regeln gelten auch für die Β i n n e u s c h i f f a h r t , BinnenSchG. § 92. Hierzu die Rechtsvermutung des HGB. § 7376 ) HGB. § 7 3 5 ; §§ 734, 7 3 5 kommen zur Anwendung, gleichviel ob sich eines der Schiffe oder beide in der Fahrt oder im Treiben befanden oder vor Anker oder am Lande vertaut lagen. 7 ) HGB. § 7 3 8 ; hierzu RGZ. Bd. 19 S. 13, s. aber RGZ. Bd. 7 S. 24, Schiffs- und Statutenkollision s. RGZ. Bd. 29 S. goff. 8 ) HGB. § 700 Abs. 1. Entsprechend BinnenSchG. §§ 7 8 — 9 1 . Vgl. U l r i c h , R . , Große Haverei I. Bd., 2. Aufl., Berlin 1903, ferner S c h r ö d e r an dem S 752 Anm. 2 angegeb. Orte ij 30. Beginn der Gefahren s. RGZ. Bd. 9 S. 1 0 6 .

§ 115-

755

Von den Seeschäden, insbesondere der Haverei.

a) alle Schäden, welche dem Schiff oder der Ladung- oder beiden zum Zwecke der Errettung· b e i d e r aus einer g"em e i n s a m e n Gefahr 1 ) von dem Schiffer oder auf dessen Geheiß vorsätzlich 2 ) z u g e f ü g t worden sind, b) sowie auch die durch solche Maßregeln ferner verursachten Schäden, ingleichen c) die Kosten, welche solcher Schäden wegen a u f g e w e n d e t wurden. Die große Haverei wird von Schiff, Fracht und L a d u n g gemeinsam g e t r a g e n : der gesamte Schaden, welcher die g r o ß e Haverei bildet, wird auf das Schiff (nebst Zubehör), die L a d u n g und die Fracht nach Verhältnis des W e r t s und des B e t r a g s desselben verteilt 3 ). Die Havereiverteilung tritt nur ein, wenn sowohl das Schiff als auch die Ladung·, und zwar jeder dieser Gegenstände entweder ganz oder teilweise, wirklich g-erettet worden sind 4 ). Diese Repartition des eingetretenen Schadens auf die von der gemeinsamen Gefahr Bedrohten, aber durch die schädigenden Maßregeln Geretteten hat ihre älteste gesetzliche Wurzel bekanntlich im hellenisch-römischen Rechte, an welches sich die späteren R e c h t e mit mehr oder weniger Abweichungen anlehnten 5 ). W ä h r e n d das römische Gesetz aber eine beschränkte Anzahl von Fällen jenes gemeinsamen Repartitionsverfahrens anerkennt, ist das Anwendungsgebiet desselben heutzutage verschiedenartig· erweitert. So umfaßt das deutsche Recht 0 ) den Seewurf, das Mastenkappen, das !) Wirkliche Gefahr s. R O H G . Bd. . Marktpreis 304. Marktwechsel 648, 6b6. Materialanschaffungsverträge 43. Matrikeln der Zünfte 24. Mecklenburg-Schwerin 13. Meldeadresse 744. Menschenleben, R e t t a n g v o n 7 5 9 . Merkantilgericht 7. Meß- und Marktort, Gerichtsstand 29. Messen, Märkte 7. Messen, Kosten des 362.

Meßwechsel 648, 6bt>. Militärversicherung 528. Minderjährige 59. Minderkaufleute 52. Minderungsklage 391. Mitreeder 730. Mittelwerte 363. Möbeltransporteur 473. Modellschutz 88 ff. Mohadrae contractus 570. M o r a t o r i e n im Wechselrecht 715. Mortifikationsschein 534 Anrn

Mühlenwerke 38. Mündeldepot 517 ff. Münzen 303. Münzgesetz 3Ü3. Musterrolle 738. Musterschutz 88 ff.

124.

Normalsätze 496. Notadresse 694. Notare 2 3 Ä n m . , 91 A n m . , Notbodmerei 749. Notenbanken 364.

155,203 u.a.

Notifikationspflicht im Wechselrecht 693.

Notker b. Notleidende Wechsel 694. Notzurückbehaltungsrecht 379. Novation 589 Anm. Novellisierungsrecht 508 Anm. Nürnberger Konferenz (von 1S57 fi.) 11. Nürnberger Novellen 628. „Nur zur Verrechnung" 718. „Obligationen" b Anm., 571 ff„ bi4 ff. Octroi 127. Offene Depots 515. Offene Handelsgesellschaft siehe H a n d e l s g e s e l l s c h a f t , offene.

575.



537.

Nachschuf5prämie 537. Nachsichtwechsel 048. Namenrecht 76. Namenscheck 718.

Nassau 9. Nautisches Versehen 552, 735. Nebenetablissement 71. Nebengeschäfte 42. Nebengewerbe 35. Nebengewerbebetriebe 44. Nebenleistung s-Aktiengesellschaft 265 ff. Niederlassung 69. Nochgeschäft 406. Norddeutscher Bund 12. Nordgermanisches 124, Nordische Handelsgesellschaften

Offerte 3 5 ° · Option 406. Orderpapier bi8.

Nachgeschäfte 406. Nachindossament 660. Nachnahme 393. Nachschüsse i m L o m b a r d bei Versicherungen 341,

Sachregister.



A r t e n 6 t 8.



Amortisation



Umlauf

620.

619.

Orderscheck 718. Ordnungsstrafen i m F i r m e n r e c h t 80. Ordonnance de la marine (von i b 8 i ) 8, 7 2 4 .

Ordonnance du commerce (von 1073) 8, 7 2 4 .

Ort der Generalversammlung 232.

Alphabetisches Sachregister.

Ort der Niederlassung 70. — der Protestaufnahme 682. — der Wechselpräsentation 603 ff., 073, auch pag. X I I (Nachtrag).

Österreich 11. Pakotillevertrag 430. panni cappales 737 Anm. Papiergeld 363. Papiere (Wert-) — — — — — — — — —

Blanko- 609. einfache 608. Geld- 608. gezogene 608. Inhaber- bio. Namen- 609. Order- 610, 618. trassierte 608. Rekta- 609.

Partialobligationen 573. Partiarisches Vertragsverhältnis 107.

Partikulares Recht 2. P a r t i z i p a t i o n e n im Handel des Altertums usw. 6, 123 ff., 748 Anm.

Partizipationsformen 342. Passagiergut 473. 495Passagiervertrag 745 ff. Patentbureau 88. Patentrecht 88 ff. Pendenztheorie vom Wechsel 640. Pensionsanstalten 560 ff. Personalarrest 634. Personalfirma 76. Personen im Handelsrecht 46.

Personenbeförderung d. Eisenbahnen 490, 499.

785

Pfandrecht im Handelsrecht 377 ff. — — — — —

der Eisenbahnen 489, 499. des Frachtführers 48b. des Kommissionärs 439. des Spediteurs 4 5 1 . seerechtliches 7bo.

Pfandveräußerung 377. Pferdebahnen 40. Pflichten des Käufers 383. — der Kaufleute 50.

Photographiedruck 40. Platzhandel 3. Platzkarte 501. Platzkauf 387, 392. Platzwechsel 631. Police 533 ff- 553· — offene 763. — taxierte 763. — vorläufig taxierte 763.

Policerückkauf 5bs. Polizeiliche Beschränkungen 63. Post 55. 473· — als Wechselpräsentant 663, 680, 7 2 1 .

Postbeamte als Protestbeamte 680. — als zum Inkasso bevollmächtigt 674. — als Scheckprotestbeamte 721 mit 680 Anm.

Postnachnahme 393. Postprotest 629, 680, b8i. Postscheck 71b Anm. Postverwaltungen 55, 473. Prämie, Rechtsnatur derselben 407. — im Versicherungsgeschäft 5 2 1 , 537.

Prämienanleihe 572, bis. Prämienassekuranz 526, 527. Prämiengeschäfte 404. — einfache 405.

Personenbeförderungsvertrag 40. — zusammengesetzte 405. Personenrecht des Handelsrechts 4b ff. Prämien-Inhaberpapiere 572, 615. Personenversicherung 522, 527. Prämienreserve 532, 562 ff. Personifikationstheorie vom Wechsel Prangen 753. 638. Pränumerationskauf 393. Persönlichkeitsrechte 507 ff— im Handelsrecht 61 ff.

Pfandbriefe 576 ff. Pfandbriefmaximum 578. Pfandleiher 358. Pfandrecht 377, 487. Gar« is, Handelsrecht, ö. Auii,

Präsentation des Wechsels zur Annahme 662. — Attest beim Scheck 7 3 1 . — zur Zahlung 671.

Präsentationsfnst 664.

50

78«

Alphabetisches Sachregister.

Präsentationspflicht Vir» Wechsel 664 ff. Preis 364. Preisbildung, freie 35b. Preßbestechung 423. Preußen 8, 16. Preußisches Landrecht 8. Prima im Wechselrecht 707. Primage 737. Prinzipal 91, 94, 97, 105. Prioritäten 208. Prioritätsaktien 208. Prioritätsobligationen 208, 573. Prisenrecht 2, 373. Privatrecht 1, 2. Proben von Waren 459. Probezeit für Lehrlinge 1 1 3 . Produktenbörse 408. Prokura 98. — Begriff 116. — Erteilung 1 1 6 . — Geschichte 116. — Löschung 119. — Registerpflichtigkeit 119. — Schranken 118. — Widerruf 119. Prokuraindossament 658. — des Konnossements 744. Prolongation des Wechsels 649. Prolongationsgeschäft 402. Promespengeschäft 407. Proportionalwahl 21. Protest, Arten 678 ff. — Beamte 674, 680, 721. — Begriff 678. — Erlaß 683. — Form t>8o. — Interventionsprotest 680. — Kontraprotest 683. — mangels Annahme 678. — mangels Zahlung 679. — Notierung 682. — Sicherheitsprotest 679. Protestbeamten-Inkasso 674. Protesklausel, negative 683. Provision ohne Vereinbarung 359. — der Handlungsgehilfen 107,

Prozeß in Handelssachen 28. Prüfungsrecht des Registerrichters 25. Qualität von Waren 361. Quantität von Waren 362. Quantitätsverschleierung 87. Quellen des Seerechts 724. Quittungsscheck 594 Anm.

[ I ; j Ι

I

I

Ranzionierung 756. Ratenwechsel 648. Realassoziationen 128. Realfirma 76. Realgeschäft 94. Realisationsgeschäft 37. R€cepiss£ 371. Receptum nautae 723, 740. Recht der Betätigung 62. — der Handelsniederlassung 69. — Handelsgeschäfte abzuschließen 62. — Handelsgewerbe zu betreiben 62. Rechtsvermutungen über Handelsgeschäfte 43. Reeder 728. — Haftung 552. Reederei 120, 519. — Konkurs ? 733. Reedereibeschlüsse 731. Refaktien 363, 451. Register 24 fl. Registergerichte 24 ff., 80. Registerrichter 25. Registrierung 24 ff., 726, 727. Regreß im Wechselrecht tyb f. — Arten 676. — Begriff 676. — mangels Annahme 67b, 684. — auf Sicherstellung 077, 684, 685. — Sekuritätsregreß 677. — Remboursregreß 677, b88. — Zahlungsregreß 677, 686. Regreßsumme 633. Reich 55. Reichsanzeiger 25 Anm., 215. Reichsbank 38«". Reichsbankgeschäfte 38, 39, 515, 517. 574. 584. 591. 592. Reichsgesetzgebung 10, 12.

7

Alphabetisches Sachregister.

Reichsjustizgesetze 14. Reichsoberhandelsgericht 17 ff". Reichskassenscheine 364. Reichsstempelabgabe 424. Reisende im Handel 98.

Reisendenbeförderung 40. Reisegepäck 495. Reklamationspflicht 388. Reklamekosten im Seerecht 753.

Rektaindossament 657. Rektascheck 718. Relative jurist. Person 129«". Remboursregreß 677, 688. Rentenversicherung 559 ff. Reparaturunfähiges Schiff 727. Reparaturunwürdiges Schiff 727. Reportgeschäft 402, auch 259. Repräsentationstheorie 369. Respekttage 672. „Respondeat superior" 552. Respondentia 749. Retentionsrecht 378. Retourrechnung 690. Revalierung 601. Revalierung-Deckung 622, 033. Revalierungsklage 633. Revalierungsklausel 045. Revier- und Türkengefahr 706. Revision des HGB. 15 f. Ricambio s. Rückwechsel.

Ricorsa s. Rückwechsel. Right of stoppage in transitu 482. Rimesse 690. Ringe 520. Ristorno 707. Ristornogebühr 767. Rollfuhrleute 473. Römisches Recht 5, 6, 755 u. a. Rübenzuckerfabriken, A.-G. 215, 265, 266.

Rückfahrkarten 501. Rückprämie 405. Rückversicherung 527. — im Seerecht 764.

R ü c k w e c h s e l 688, 691, i>92.

Rügepflicht 38«. Russischer Kalenderstil 672.

Sacheinlagen 217 ff. Sachfirma 76. Sachhaftung 355. Sachsen 12, 16. Sachversicherung 536. Safe 516. Saldo 49, 264. Sammeldepot 517. Sammelladeverkehr 451. Sammelwerke, literar. 509. Schadensersatz 35s. Schadenversicherung 522,527,54 Schaumburg-Lippe 13. Scheck 579, 5S4. — Arten 7 1 8 f. — Begriff 7 1 6 . — Bestandteile 7 1 7 , 7 1 8 . — Erfordernisse 7 1 7 , 7 1 8 , 7 1 9 . — gekreuzter 584, 594. — roter 584, 594. — weißer 584, 594. —duplikate 722. —fähigkeit 7 1 6 . —ioimulare 594. —protest 7 2 1 . —recht 7 1 6 . —regreß 720. —verkehr 39, 583.

Scheinwechsel 652. Schiebung 402 ff. Schiedsklausel 391. Schiff, Eigentum 727. Schiffahrtsverträge 2, 11. Schiffe 723. 725· Schiffer 98, 733. Pflichten 736. — Rechte dess. 7 3 7 . — gewöhnliche 53.

Schiffs-Anteil 726. —brief 7 2 7 . — baa 726. —besatzung 733 ; — Verjährung ih Forderungen 767. —dienst 745. —direktor 732. —disziplin 7 3 7 . —disponent 732 50*

788

Alphabetisches Sachregister.

Schiffseigner 502, 728 f. —freunde 7 3 0 ff. —führet 98, 734. —funktionäre 7 3 5 . —gläubiger 728 f., 736, 759 ff., 767. —haftung 728 ff., 760 ff. —jungen 7 3 5 . —kapitän 734, 735. —ladeschein 743. —mannschaft 727, 7 3 5 . —Offiziere 7 3 5 . —part 727,

730,

732;

— Eigentum

an . . . 728, 729. —Pfandrechte 760. —reeder 728. —registrierung 726. —Schreiber 23 Anm. >—tagebuch 736. •—Veräußerung 727. —verkauf 727. *—Vermessung 726. —Verpfändung 749. —Versicherung 549. -—Verteidigung 75b. —Zubehör 727. ScMepplohn 753. Schleppvertrag 473. Schleppschiffahrt 40, 473 Anm. Schleppschiffahrtsuntemehmer 40. Schluß auf fest und offen 405. Schlußnote, abgabepflichtig 424, 457, auch 397.

Schlußnoten 457. — Versteuerung 4 5 7 .

Schrankfachgeschäft 51b. Schuldgrund 352. Schuldversprechen, abstraktes Schuldübernahme 596.

352.

— bei Firmenveräußerung 72, 79.

Schutzgebiete 4. SchwedischeHandelsvereinigungen 124.

Schweigen

als Annahme 3 5 1 .

— auf Anträge 427.

Schwindelreklame 87. „secundum scripturam" 606 Anm. Seedarlehen 527.

Seefahrt 725. Seefahrtsbuch 738. Seefrachtgeschäft 739 ff. Seehandelsrecht 723. Seemannsamt 28, 738. Seemannsordnung 14. Seemannsrecht, neues (GEA. 3 1 5 ) 724. Seenot 757· Seeprotest 737. Seerecht 4. n . 7 2 3 · Seeschaden 751. Seeschiffe 725. Seetriftige Güter 757. Seetüchtigkeit 727, 736. Seeversicherung 527, 549, 702. Seewurf 755. Segelfertigkeit 728. Sekunda im Wechselrecht 707. Selbsteintritt des Kommissionärs 4 4 1 . — des Mäklers 459.

Selbsthilfeverkauf 384· Selbstmord 565. Selbstverlag 514. Selbstversicherer 763. Sendeve 125 Anm. Sensale s. Mäkler. Sensarie 460. s. e. & o. 5 8 1 . Setzschiffer 734. Setzungsrecht 330ff.,374, 731. Sicherheitsprotest 679. Sicherheitsregreß 677, 684. Sichtwechsel 648. Signieren von Waren 367. Simultangründung 219, Sklaverei, Versicherung gegen 528. Skontoplätze 597. Skontration 59b. Skripturobligation 606. socius stans 124. Solawechsel 707. Sonderrecht des Handels 1 ff. Sonderrechte der Kaufleute 47. —

von Aktionären 266 ff.

211

Anm.,

Sonntage im Wechselrecht 672. Sorgfalt, kaufmännische 354.

208,

Alphabetisches Sachregister.

Sortimentshandel 514. „S. P." 696. Spareinlagenvertrag 570. Spargeld 576. Spargeldeinlage in der Versicherung

Steuermann 734. Stille Gesellschaft 182. Äußere Rechtsverhältnisse 184. Auseinandersetzung 188. Endigung 187. Innere Rechtsverhältnisse. 186. Kontrollrecht der stillen Gesellschalter 184. Wesen 1 2 5 , 182.

565.

Sparkassen im Scheckrecht 722. Sparkassenbücher 57b. Sparkassengeschäft 40. Spediteur 40. — Begriff 445.

789

Stille Gesellschaft, kundgemachte 343. Stillschweigen 315. Stoppage in transitu 482.

— Geschäfte 447.

Strafen im Firmenrecht 81.

— Pflichten 447.

— im Zeichenrecht 84.

— Rechte 450.

Stralzierungsfirma 149. Strandamt 757 ff. Strandtriftige Güter 757. Strandungsort 757 f. Strandvogt 759. Streitige Gerichtsbarkeit 16 ff. Stromschiffahrt 472. Stückgütervertrag 503, 739. Stylus mercatorum 7.

Speditionsgeschäft 445. Speditionsprovision 450. Spekulation ä la baisse 37, 397 ff.. 403. — ä la hausse 37, 397 ff., 403.

Spekulationsgeschäft 37. Spekulationsverein 342. Spesennachnahme 452. Spesenverbrauch 103. Spezifikationskauf 385. Spieleinrede 401, 413, 414, 418 if. 42S.

Spinnereien 38. „Spitzen" 412.

(überschießende

Aufträge)

Sprungregreß 684, 689, 690, 720. Staaten (als Geschäftstreibende) 47, 55. Staatskommissar (HypothB.) 578. Staatsrecht 1, 2, 53.' Stadtgemeinde, handeltreibend 47, 80. Stadtreisende 98, 122. Stadtrechte, deutsche 6. Staffelmethode 580, 581. Stahlkammerfach-Vertrag 51 b. Standesehre 81. Stapelung 468. Stellage 406. Stellgeschäft 406. Stellvertretung im Handel 93, 349.

Stellzettel 372. Stempelsteuer

s. Börsensteuer und

Wechselstempelsteuer.

Sterbekassen 560. Sterbetaler-Gesellschaften 560.

Subskription von Aktien 2-20. — von Anleihen 5 7 1 .

Sukzessivgründung 220. Summendepot 517. Summenversicherung 522, 527. Summenversprechen 522, 528. Superdividende 208. Syndikate 520 Tagebuch der Mäkler 459, 4 1 1 fl.

Tageskauf 395. Tag Wechsel 031.

Taler stücke 363. Talons $72. Tantieme 107. — Berechnung 24b. — Steuer 245 ff. — des Commis interesse 107 ff. — des Aufsichtsrats einer A.-G. 245, 246, 247. —

des Vorstandes 241 Anm. 2.

einer

Tarifvertrag 100. Tausch 37. Taxierte Police 542. Teilindossamente 661.

A.-G.

usw.

790

Alphabetisches Sachregister.

tel quel 353. Termingeschäft 395. Termingeschäfte, „freie" 4 1 9 . Theaterverlag 508 ff. Tierarzt, bei Viehversicherung 5 5 5 . T o d des Prinäpals m ,

Unfallversicherung von

Unlauterer Wettbewerb 76, 81, 87. Unterscheidungszeichen einer Firma 7 6 , 82 ff., 8 7 .

Unterschriften, mangelhafte 7 0 3 . Unterspediteur 452. Unterversicherung 542, 543.

114.

Todbrief 534 Anm. Totenpfennig-Gesellschaften 5bo.

Urheberrecht, künstlerisches 89.

Tonti, Lorenzo 560.

— literarisches 89.

Tontinenvertrag 560. Tradition 374. Traditionspapiere 368. Transfer, Erklärung in bills of sale 7 2 7 . Transportpapiere 368, 370. Transportversicherung 549, 552. Transportversicherungs-Police bo8. Transportzwang der Eisenbahnen 4 9 1 . Trassant 649. Trassat 650.

Urheberrechte

Urkunde, deklaratorische 602. —



Bestandteile^644. Erfordernisse 646 ff.

Urkundenprozeß 635 fl., 675. Usancen 4 ff., 7. —

7b6.

„Verbundene Leben"

bei

Lebens-

versicherung 5 6 1 .

Vereinigung

zu einzelnen Handelsge-

schäften für gemeinschaftliche Rechnung 3 4 2 .

Vereinsrecht im Aktienrecht 2 1 1 Verfallzeit beim Wechsel 6 7 1 . Verfolgungsrecht 482. Verfrachter, Begriff 7 3 9 . I



Anm.

Pfandrecht desselben 7 4 1 .

— Pflichten desselben 7 3 9 .

gegen 5 2 8 , ! — Rechte desselben 7 3 9 . I Verfugung von hoher Hand 7 4 5 , 766.

Überfahrtsvertrag 746. U b e r g a b e von Wertpapieren 372.

Ubergang

89, 508.

Verarbeitung, fabrikmäßige 38. V e r b o t des Handelsbetriebs 64.

Zweck 0 4 3 .

Tresorfächer 516. Treuhänder 578. Trödelvertrag 570. Trödler 52, t>4. Troquieren 382. Trucksystem 07 Anm. Trusts 520, 521. Türkengefahr, Versicherung

der Börsen 4 2 4 .

Valuta 632, 702. Vaterschaft, geistige

— unvollständige 6 5 0 . —

dispositive 3 6 8 .

— konstitutive 6 0 2 , 6 0 4 .

an eigene Order 648.



im Handelsrecht 88,

S06.

Trassiert-eigener Wechsel 650. Tratte 621, 626, 643, 644. —

Handlungs-

gehilfen 1 0 8 ff.

einer Handelsniederlassung

7 2 ff- 7 9 ·

Uberliegezeit 741. Ubersetzungsrecht 508. Uberversicherung 542, 547, 764.

Verhältniswahl 21. Verjährung im Seerecht

767—768.

— im Wechselrecht 7 0 0 .

V e r k a u f , Selbsthilfe- 384.

Verkehrsordnungen

der Eisenbahnen

489. —

der Buchhändler

514.

Umschreibungsaufträge 594. Umwandlung von Gesellschaftsformen

Verklarung 737. Verkörperung von Forderungen Verlagsgeschäfte 40, 506.

Unfallversicherung 528, 567 ff.

Verlagsrecht 89.

— im Seerecht 7 6 4 .

1 4 4 ff.



Arten derselben 5 0 b .

605.

Alphabetisches Sachregister.

Verlagsverträge 89. —

mit unvollständigem 50b, 508, 5 1 2 .

Verlagsrecht

— ohne Verlagsrecht 508, 5 1 1 .

V e r l e g e r , Begriff 507. — Geschäfte 40, 506 ff. — Pflichten 5 1 0 . — Rechte 508. V e r l e t z u n g über die Hälfte 365.

V e r m i t t e l u n g , Begriff 454.

Verrechnungsscheck 584, 718. V e r s e n d u n g der Ware 367.

Verschlossene Depots 515. Versdiller Verträge (von 1870) 12. Versicherer,

Pflichten 536 fr., 550 ff.

Versicherter 546. Versicherung

auf Gegenseitigkeit 38,

526. — für fremde Rechnung 546. — gegen Prämie 38, 526.

— gegen Rekrutierung 528.

Versicherungs-Agenten 123, 5312. —anstalten 525 ff. —geschäfte 5 2 1 , 5 2 5 ; — im Getreidehandel 4 1 6 . —gesellschaften 525 (auch 337). —riickkauf 565. —schein 5 3 3 . —summen 542. —verein auf Gegenseitigkeit 337 ff., 526. —vertrag, Gesetz betr. d e n — 1 5 , 525. —-wert 541 ff.

V e r s i c h e r u n g s g e s c h ä f t s. Versicherung.

Versteigerung, öffentliche 361, 385. Verträge zugunsten Dritter bei Lebensversicherung 555, 556. V e r t r ä g e zugunsten Dritter 221, auch 2 1 1

Anm.

V e r t r a g s s t r a f e 354 ff. Vertragstheorie

vom "Wechsel 639.

Vertrauensspesen JIO. Vertretung 95. — durch Handlungsgehilfen s. Vollmacht.

— in Rechtsgeschäften 94, 95. „Verzug" 383, 413 fr. Viehhandel 390. Viehmästung, gewerbliche 44.

791

Viehtreiber 473. Viehversicherung 527, 549, 5 5 5 5 5 · Viking er 124. Vinkulant 393. Vinkulationsgeschäft 393, 592 Anm. Visby 124. Vis m a j o r 448, 479 ft, 492, 493, 683, 740.

Völkerrecht 1, 2, 373. Volksversicherung 530. Vollkaufleute 62«. V o l l m a c h t von Handlungsgehilfen 92 ff., 95, 99, 1 1 6 ff. -— im Wechselrecht 703.

Vollmatrosen 735, 737· Vollverlag 508. Vorauszahlung 393. Vorbörse 409 Anm. V o r l e g e f r i s t beim Scheck 7 2 1 ,

722.

V o r m u n d im Handelsrecht 59.

Vormundschaftsgericht 00. Vorprämie 405. V u l g a r r e c h t , römisches 6, 125.

Waisenversicherung 560 ff. Wandlungsklage 391. W a r e 37, 360 u. a. Warenhandel 37. Warenpapiere 368. Warenproben 459. W a r e n u m s a t z Verträge 381.

Warenzeichen 75, 82 ff. Warrantordnung 371. Warrants 3 71· W a r t e f r i s t 742. — bei Pfandverkanf 3 7 7 .

W e c h s e l auf Schuld 644. „ W e c h s e l " , Arten desselben 630. — an eigene Order 648. — eigener 630, 7 1 0 . — Formalbezeichnung 646, 647. — gezogener 6 2 1 , 626, 6 3 1 , 643. — Negoziabilität bog, 630, 653. — trassiert eigene 650. — Wesen, juristisches 637 ff. — zahlbar a placire 649.

Wechselamortisation 704, 705 f.

792

Alphabetisches Sachregister.

Wechselanweisung

647.

—arrest 634.

Werkverträge, S08, 514.

—aussteller 622, 6 5 1 .

Wertpapiere 37, 602, bo5_

—ausstellung durch Schiffer 98, 73b.



Arten 608.

— b l a n k e t t 651.



Begriff 605. Entstehung 610.

—brief 619, 625, 630 ff.



—bürgschaft 626, 631, 652.



Kreation 610.

— d e c k u n g 622, 633



Umlauf 610.

—duplikate 706. —fähigkeit 714.

641;

literarische

einseitige

— Untergang 610. —

von

Ausländem

Wertträger, formale 360. —

materielle 360.

—fälschung 702.

Westgotisches R e c h t 6 A n m .

—formulare 621.

Wettbewerb, unlauterer 76, 82, 87.

— k l a g e 636.

Widerruf eines Auftrags 429

—klausein 625, 645, 647, 650.



— k o p i e n 707, 709, 7 1 2 .

Widerruflichkeit von Aufträgen 429.

— k u r s 688, 691.

Winkelbörsen 409, 410.

—messen 7, 626. — Ordnung,

Wisbysches Seerecht 724.

Allgemeine

Deutsche

10,

627, 628.

Witwenversicherung

560 ff.

Wucher 356.

—Ordnungen 627.

Württemberg 9, 12, 16.

—platze 066. —prozeß 29, 635, 675. — r e c h t 4, 9, 6 2 1 ; —

der Vollmacht 123.

York-Antwerp-Rules

756.

— Geschichte 624;

internationales 7 1 4 ;



systemat.

Stellung 622 ff.

„Zahlbar allerorten" im Wechselrecht 636, 712.

—regreß 676.

Zahlstellenwechsel 665 ft·., 680 ff.

—regreßsumme 033.

Zahlung der Tratte 6 7 1 .

—rembours 644.

Zahlungsauftrag 589.

—Schuldner 634, 674. —Stempelsteuer 64b, 654; —

Abände-

Zahlungsempfangsbefugnis der Protestbeamten 674. Zahlungsgeschäfte 58S.

rung 646 Anm. —strenge 634.

Zahlungshalber, Hingabe 589.

— s u m m e 632, 647, 7 1 1 .

Zahlungsmandat 589.

—theorien 637.

Z a h l u n g s o r t des Wechsels b3 1.

—unterschritt 649.



—urkunde 621, 624, b47.

Zahlungsregresse

—Vervielfältigung 706.

Zahlungszeit 631.

—Verjährung 700.



—verkehr 621, 043.

beim Wechsel 671.

Zeichenrecht 82 ff.

—Vindikation 704.

Zeichnen der W a r e 367.

—Zahlung 6 7 1 .



Weightnotes 371.

von Mustern 428.

Zeit der Protestaufnahme 682. 37.

Weiterveräußerungen, 43, auch 37. Werkvertrag

677.

Zeichen 82.

—verschreibung 647.

Weiterveräußerung

im Wechselrecht 673.

113, 425.

Zeitgeschäft 395. gewerbliche

Zeitversicherung 561. Zerte 726. Zession der Mitgliedschaft 305.

793

Alphabetisches Sachregister.

Zettelbanken 573. Zettelgeschäft 573. Zeugdruckereien 38.

Zeugnis der Handlungsgehilfen 110. — der Handlungslehrlinge

114.

Zinsenwechsel 632. Zinseszinsen 357, 580. Zinsfuß 357. 35«. Zinsvorschriften 356 ff. Zinsversprechen an Aktionäre 254 ff., 2 7 0 ff. Zinszahlen 580 Anm. Zirkularkreditbrief 587. Zivilprozeßordnung i8ff„ 22, 28., 6 1 6 ff., 635 fr, 705, 706 u. a.

Zollpapiere 475. Zollverein, deutscher 9. Zollvereinskonferenzen 9.

Zollverträge 2. Zug um Zug 392. Zunftmatrikel 23 ff. Zurückbehaltungsrecht 378 ff.

Zusammenstoß von Schiffen 754.

Zuschußexemplare 509. Zwangslotse 754. Zwangsversicherung 529. Zwangsversteigerung

749-

von Schiffen

Zwecke der Handelsgesellschaften 132. Zweige des Handels 3.

Zweigetablissement 71. Zweikäufetheorie 403 Anm. Zweiprämiengeschäft 406. Zweiseitige Handelsgeschäfte 348. Zwischenspediteur 452.

C. Schulze & Co., G. m. b. Η , Gräfenhainichen.

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m. b.

Berlin W . 35.

Sas 23urgcrltd)c 3ied)t Seutfd)(anbe mit

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Dr. Hermann fitting, ®ef)· Quftijrat unb orb. ürofeffor ber £Recf)te $u §atle. Stritte, oöHifl umgearbeitete gtufloge. 8». $ret§ 5 3«. 50 syf., geb. in ganj Seinen 6 2Ji.

$anbel$gefefcbud). SJJit ben ergänjenben ißorfdjriften J)c§ ©ürgeritcfjett © e f c p u ^ ö uni) Erläuterungen. S3on weit. Suftisrat

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Qn Serbinbung mit unö D r . 21. Goljn, £anbrtd)tcr herausgegeben υοη D r . 21. 2Jloffe,

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$rei§ geb. in ganj Seinen 3 27i.

^ u i f e t t i e g , 23er(ag§bud)f)artb(ung,

m. b. ξ)., 93erlin W. 35.