Das deutsche Handelsrecht: Ein kurzgefaßtes Lehrbuch des im Deutschen Reiche geltenden Handels-, Wechsel- und Seerecht [4., durch einen Anhang verm. Aufl. Reprint 2020] 9783112380543, 9783112380536


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German Pages 935 [940] Year 1893

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Das deutsche Handelsrecht: Ein kurzgefaßtes Lehrbuch des im Deutschen Reiche geltenden Handels-, Wechsel- und Seerecht [4., durch einen Anhang verm. Aufl. Reprint 2020]
 9783112380543, 9783112380536

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Lehrbücher des

Deutschen Neichsrechtes. IV.

Das Deutsche Handelsrecht ßarl Harris.

Vierte, durch einen Anhang vermehrte Auflage.

Berlin.

I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung.

Das

Deutsche Handelsrecht. El« kurzgefaßtes Lehrbuch bet

im Deutschen Reiche geltenden

Handels-, Wechsel- und Seerechts. Systematisch dargeftellt auf Grund der Deutschen Rrtchigesetze, unter RerLckstchttgung der eiaschUkgkgen

Literatur und der Rechtssprechung, insbesondere der Gntscheidungea de, Retchsoderhaadelsgerlcht» und de» Reichsgericht»

von

Dr. Kart Kareis, orb. Prof, der Rechte in Königsberg t./Pr.

Kierte, neu durchgrarbettetr und vielfach verLudertr Auflage, Vermehrt durch etueu Lnhang, euthalteud:

DeS Reich-gesetz, betreffe«d die Gesellschaften «it beschränkter Haft»«-.

Berlin.

I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung. 1893.

Borwort z«r erste« Auslage. Die Aufgabe, welche die Verlagsbuchhandlung und dann ich selbst mir gestellt, als es sich um die Abfassung dieses Merkchens handelte, ist nach Ziel und Methode im Wesent­ lichen dieselbe, welche sich meine verehrten Herren Kollegen Fitting und Dochow stellten, als sie demselben Verleger die von ihnen verfaßten Lehrbücher des Civilprozeßrechts und beziehungsweise des Strafprozeßrechts lieferten, hier natürlich angewandt auf die Verbreitung der Kenntniß des deutschen Handelsrechts. Wenn meine Kraft nicht ausreichte, es diesen Vorbildern gleich zu thun, so war doch mein Wille, dem Handelsrecht denselben Dienst zu leisten, welchen Fitting dem Civilprozeßrecht und Dochow dem Strafprozeßrecht er­ wiesen, ernstlich genug, um vor der Ausführung des gepinnten Unternehmens nicht zurückzuschrecken; ich unternahm die Aussührung, obwohl ich nicht verkannte — und jetzt nach Vollen­ dung des Versuches noch weniger verkmne —, daß der­ selben außerordentliche Schwierigkeiten im Wege stehen, die hauptsächlich in dem Materialüberfluffe ihren Gmnd haben, der die Erreichung der Aufgabe hier in gewiß viel größerem Maße erschwerte, als da, wo es sich um die Darstellung des mit dem 1. Oktober 1879 erst in Wirksamkeit tretenden Prozeßrechts handelte; denn der von mir behandelte Stoff ist bekanntlich in einer überaus reichen Literatur längst auS-

führlich bearbeitet, eine langjährige Rechtsprechung hat zur Klärung derselben wesentlich beigetragen, und neben den um­ fangreichen und verschiedenartigen Gesetzen hat sich das Ge­ wohnheitsrecht ordnend und sichtend Rechtsregeln geschaffen. Lehrbücher, Monographien, Präjudizim, verschiedenartige Gesetze, Usancen — welche Fülle des Stoffes bieten sie nicht insgesammt dar! Ebm diese Fülle, diese Ueberfülle macht die Bearbeitung eines „kurzgefaßten Lehrbuches" einerseits schwierig, anderer­ seits aber, wie ich glaube, erwünscht, nenn nicht gar noth­ wendig. Als kurzgefaßtes Lehrbuch hat dieses Werkchm eine ganz andere Bestimmung, als diejenige der Werke T h ö l' s und Goldschmidt's und auch Endemann's ist; meine Absicht geht angesichts dieser Werke dahin, deren Studium zu fördern; denn mein Werkchm beabsichtigt lediglich die Einführung in das Reich des wiffmschaftlichm Handels­ rechts und soll demnach nur die Einleitung zum wiffenschaftlichm Studium der größerm handelsrechtlichm Werke selbst bildm; es ist darum in erster Linie dm das Handels­ recht zum ersten Male studirmdm Rechtskandidaten, dm auf die Kenntniß des geltenden Handelsrechts angewiesenm Kaufleuten und solchm praktischen Ju­ risten gewidmet, welche sich in das ihnm bisher etwa aus Berufsgründm ferner liegmde Handelsrecht einen Einblick und Ueberblick verschaffen wollm. Dazu kommen zwei Um­ stände, welche vielleicht auch dm Blick älterer Juristen auf mein Werkchm lmkm: ich habe mich bemüht, auch diejmigm handelsrechtlichm Stoffe, derm Recht zur Zeit noch der eingehmdm Kodifikation mlbehrt (wie das Dersicherungs-

Vorwort zur ersten Auflage.

VII

recht, das Recht einer großen Anzahl von Bank- und Börsen-

geschäften u. s. w.), nach dem Stande der heutigen Doctrin

und Rechtsprechung in Kürze darzustellen, und ich war ferner

bestrebt, auf die Entscheidungen des Reichs-Oberhandels­ gerichts überall, wo es mir nur irgmd möglich war, ge­ ziemende Rücksicht zu nehmen und die aus den Entscheidungen abzunehmmden und für das System wesentlichen Rechts -

grundsätze an geeigneter Stelle systematisch einzureihm.

(Die Entscheidungen der ersten vier Bände sind nach der

zweiten Auflage derselben citirt) Gar nicht verhehle ich mir, daß mein Merkchen im

Ganzm wie in einzelnen Theilen Mißverständnissen aus­ gesetzt sein wird, daß der Praktiker vielleicht mehr Präju­ dizien, oder ausführlichere Mittheilungen der Entscheidungen,

der Theoretiker mehr Historisches, mehr Dogmatisches, mehr Literaturnotizm u. s. w. überhaupt oder an einzelnen Stellen gewünscht hätte; angesichts der etwaigen nicht befriedigten

Wünsche bitte ich dm ebm geschildertm Zweck des Buches im

Auge zu behaltm; allerdings macht meine Arbeit — und das muß sie thun — Anspruch auf eine gewisse Vollständig­

keit in der Beherrschung des Stoffes, aber doch nur in dem

Maße, in welchem dies bei der Aufgabe eines „kurzgefaßtm Lehrbuches" möglich und nöthig ist.

DaS bisher Gesagte ist auf das Handelsrecht im engeren Sinne zunächst zu beziehm; es gilt aber analog auch vom

Wechselrecht

und vom Seerecht.

Meine Arbeit ist

weit davon entfernt, die Präjudiziensammlungen, die Kommmtare, die großm Handbücher und wechselrechtlichm Spezial­

werke, wie die von Thöl, Renaud, O. v. Wächter, Kuntze, Hartmann u. A>, oder die seerechtlichm Werke

(s. unten S. 558) *) irgend zu ersetzen, wo es sich um ein­ gehende und motivirte Behandlung der Streitfragen handelt. Ich verweise deshalb auch hierin stets und ausdrücklich auf die Spezialliteratur. Aber das vorliegende Werkchen soll auch auf den Gebieten des Wechsel- und des Seehandelsrechts einleitend und einführmd wirken, wie auf dem des engeren Handelsrechts. Und gerade auf diesen Gebieten scheint mir den nicht seltenen Erfahrungen nach ein einleitendes, die Grund begriffe und Grundregeln klar und auch dem Laien ver­ ständlich darstellendes Werk durchaus nöthig; denn an dem Mangel der in den größeren Werken regelmäßig voraus­ gesetzten elementaren und merkantilen Kenntnisse — haupt­ sächlich auch im Gebiete des Börsen-, Wechsel- und Seerechts — scheitert häufig das Studium der größeren Werke und Fachschriften. Selbstverständlich ist nicht bloß der in den Hauptquellen unseres Stoffes, nämlich dem Allgemeinen Deutschm Handels­ gesetzbuch und der Allgemeinen Deutschm Wechselordnung mthaltme Stoff systematisch verarbeitet, sondern ebenso auch das Material dargestellt, welches die zahlreichen übrigen einschlägigm Neichsgesetze bieten, z. B. das Gmoffmschaftsgesetz, die Aktimnovelle, das Postgesetz, die Gewerbeordnung, die Seemannsordnung u. s. w. Auch damit hoffe ich Studirendm wie juristischen und kaufmännischen Praktikem einen guten Dienst zu thun, wenigstens ist dies mein Wunsch und mein Streben. Gießen, November 1879.

ßart Harets.

Vorwort zur zweiten Auflage.

IX

Borwort z»r zweite» Auflage.

Gegenüber der freundlichen Aufnahme, deren sich die erste Auflage dieses kurzgefaßten Lehrbuches «freute, hielt

ich mich verpflichtet, Alles zu thun, was in meinen Kräften

stand, um den von verschiedenen Seiten an mich gelangten Wünschm nach einzelnen V«befferungen ob« Ergänzungen

zu entsprechen; nicht in allen Punktm war es mir möglich, diesen Wünschm nachzukommen: so vor Allem nicht dem von ein« Seite «hobmm V«langm nach einleitmdm historischm

Abschnitten; durch diese würde nämlich, selbst wmn sie noch so summarisch gehaltm wären, das Lehrbuch eine Ausdeh­

nung «haltm, welche es des Prädikates „kurzgefaßt" — und das will es ja sein und bleibm — unwürdig machen

müßte; auch liegt eine solche Erweiterung nicht im Plane d« B«lagsbuchhandlung, und die übrigen Lehrbüch« dies«

Ausgabe (Fitting, Dochow, Liszt) mtbehrm derselbm ebmfalls.

Dies hinderte mich jedoch nicht, da, wo ich eine ge­

schichtliche und insbesond«e rechtsgeschichtliche Bemerkung für absolut nöthig zum Verständniß des geltmdm Rechts hielt,

dieselbe voranzustellen.

And««seits habe ich in dies« Auf­

lage mich bemüht, das Buch für Lernende wie für Praktik« in höh«em Grade brauchbar zu machm durch V«mehrung

d« Lit«aturangabm und durch Einschiebung ein« Anzahl

«läutemd« Anm«kungm; daß die Rechtsprechung des Reichs-

X

Vorwort zur dritten Auflage.

gerichts (citirt mit R) allerorten und vollständig berücksichtigt wurde, darf ich als ebenso selbstverständlich bezeichnen, wie die Verflechtung des seit 1880 durch die Reichsgesetzgebung geschaffenen Rechtsstoffs im System dieses Lehrbuchs; dadurch und in Folge des Fortschritts der Wissenschaft wurde die radikale Abänderung einzelner Partien des Buches, ja auch die Einschiebung einiger neuer §§ erforderlich. Dies gilt namentlich von der ausgedehnten Berücksichtigung des Rechts des Bankoerkehrs und ganz besonders von der eingehenden Darstellung des Geschäftsverkehrs der Reichsbank, von der Berücksichtigung des Abrechnungswesens (Clearing) u. dgl. Möge das kurzgefaßte Lehrbuch des Handels-, Wechsel- und Seerechts auch in dieser etwas veränderten — ich hoffe zu seinem Vortheil verändertm — Gestalt Beifall in den Kreisen der Rechts- und Handelsbeflissenen, der Studirenden und der juristischen wie der kaufmännischen Praktiker finden. Gießen, im März 1884.

ßark Harri».

Borvart zur dritte« Auflage. Bei der Bearbeitung der dritten Auflage glaubte ich an den Grundsätzen festhalten zu sollen, welche mich in der Herstellung der zweiten Auflage leiteten: die Literatur suchte ich auch hier in einer Weise zu berücksichtigen, daß es jedem Benutzer meines Merkchens ein Leichtes werden soll, jeweilig die neuesten, die wichtigsten und von da aus die überhaupt vorhandenen Bearbeitungen des Stoffes kennen zu lernen

Vorwort zur vierten Auflage.

XI

und beziehungsweise ausfindig zu machen, und die Recht­

sprechung ist insoweit zur Kenntniß gebracht, als es nach der Intention eines derartigen Lehrbuchs meines Dafürhal­

tens möglich und nöthig ist.

Hierdurch und bei dem Umstande,

daß die Darstellung des Aktiengesellschaftsrechts nach der

Novelle vom 18. Juli 1884, welche der zweiten Auflage nur als Anhang beigegeben werden konnte, nun selbstverständlich

in das Lehrbuch eingefügt ist, hat fich der Umfang des Letz­

teren gegenüber der vorigen Auflage verändert, — abgesehen

auch von anderweiten räumlichen Neuerungen, die im Einzel­ nen durch Neuredaktionen, Einschiebungen und Streichungen bewirkt wurden.

zweiten

Auflage

Da ich alle mir seit dem Erscheinen der kundgewordenen

Befferungsvorschläge

in

dieser Bearbeitung nach Kräften berücksichtigt habe, darf ich mir gestatten, mich hier auf die Wiederholung des am Schlüsse des Vorworts der vorigen Auflage ausgesprochenen Wunsches zu beschränken.

Tegernsee, August 1888.

gart Garels.

Lomort zur vierte« Auflage. Die vorliegende, wie man sieht,

nicht volle 4 Jahre

nach dem Erscheinen der dritten Auflage nothwmdig ge­

wordene neue Auflage darf als eine neu durchgearbeitete, in vielen Beziehungm veränderte bezeichnet werden.

Die

Veränderungen liegen nicht bloß in der Berücksichtigung der

seit dem Erscheinen der vorigen Ausgabe veröffentlichten Entscheidungen des Reichsgerichts an den einschlägigm Stellen

Vorwort zur vierten Auflage,

XU

und in einer ausgedehnteren Verweisung auf die neuere und

neueste Literatur, sondern cs habm ganze Abschnitte eine

völlige Neubearbeitung, veranlaßt durch Aenderung der Ge­

setzgebung und — mehr noch — durch Fortschritte in der wissenschaftlichen Ergründung dogmatischer und geschichtlicher

Verhältnisse des Handelsrechts, erfahren müssen. War Ersteres

z. B. auf Grunddes Genossenschaftsgesetzes vom 1. Mai 1889 er­ forderlich, vermöge dessen die einschlägigen §§. (früher §§.31-34,

jetzt §§. 37—40) vollständig neuredigirt werden mußten, auch

roegen Aenderung der Geschäftsnormen der Reichsbank u. A. nothwmdig, so hat von Werkm der Literatur namentlich Gold­ schmidts hervorragend wichtige und großartig gefaßte Universal­

geschichte des HR. Bd. I umgestaltend einwirken müssen; in

Folge hiervon habm z. B. die Erörterungm über Geschichte der Handelsgesellschaften und über die des Wechselrechts bebeutenbe Veränderungen erfahren.

Freilich konnte die ge­

schichtliche Entwicklung nur andmtungsweise dargestellt werben, — Zweck, Umfang und Anlage dieser Lehrbücher machtm manche

starke

Beschränkung zur Pflicht.

Aber

anregm,

zum Weiterforschm auffordern kann auch eine kurze Notiz,

und die Aufgabe war vielfach, durch die Verweisung auf ein Hauptwerk einen Fingerzeig für die weitere Beschäftigung

und in das eingehmdere Material zu gewährm.

Diese Be­

merkung gilt natürlich nicht bloß von dm historischm An-

gabm, fonbem auch von dm für die Erkmntniß des geltmdm Rechts wichtigen Darstellungm und Verweisungen.

Im

Uebrigm darf ich auf die Vorreden zu dm vorausgehenden Auflagm verweism.

Königsberg, April 1892.

ßark Harris.

Anyatts-Aeverstcht.

Si*IeitttÄg.

§. 1. Die Stellung des Handelsrechts im System der Rechts­ Seite wissenschaft 1 §. 2. Zweige deS Handelsrechts und der Handelswiffenschaft überhaupt Handelsrecht als allgemeines, partikulare- und gemeines Recht §. 4. Geschichtliche Entwicklung des kontinentalen Handels­ recht- überhaupt §. 5. Entstehung, Einführung und Uebersicht deS Inhalt- des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuche-

12

§. 3.

16

8888

§. 6. Handelsgerichte und Handelsprozeß §. 7. Auslegung und Anwendung der Handelsrecht!. Normen §. 7a. Literatur..................................................................................

14

Erste- Lapttel. Nie durch das Kaudet-recht gere-ekteir FerhäNulsse: der Kündet. I. Systematik der Handelssachen überhaupt

...

49

§. 9. II. Rechtsgeschäfte über unbewegliche Sachen §. 10. III. Uebersicht der Handelsgeschäfte

...

52 53

§. 8.

Zweites Lapttel. Nie ’Sfctfeueu i« Kundetsrecht. (Personenrecht des Handelsrechts.) §. 11. Uebersicht §. 12. A. Das Recht, Handel zu treiben

67 68

XIV

Inhalt. Seite

§. 13. B. Das Etablissement................................................. 71 §. 14. Die Firma und die Marke.................................... 76 §. 14a. Das Handelsregister................................................. 84 C. Der Kaufmann. I. Einzelpersonen als Kaufleute. §. 15. 1. Begriff, Arten, Rechte und Pflichten der Kaufleute 87 §. 16. 2. Die Handelsfrau.................................................. 93 §. 17. 3. Minderjährige als Kaufleute................................ 98 II. Die Hilfspersonen im Handel. §. 18. Von den Hilfspersonen imHandel überhaupt... 99 §. 19. Der Prokurist.............................................................. 104 §. 20. Der Handlungsbevollmächtigte.................................... 108 §. 21. Die Handlungsgehilfen............................................ 117 §. 22. Die Handelsmäkler............................................. 121 III. Die Handelsassoziationen. §. 23. Von den Handelsafsoziatione.n überhaupt ... 132 1. Die offene Handelsgesellschaft. §. 24. I. Wesen und Errichtung........................... 138 §. 25. II. Innere Rechtsverhältnisse...................... 142 §. 26. III. Aeußere Rechtsverhältnisse...................... 158 §. 27. IV. Auflösung der Gesellschaft und Liquidation 172 §. 28. 2. Die fülle Gesellschaft....................................... 186 §. 29. 3. Die Kommanditgesellschaft.......................... 193 4. Die Aktiengesellschaft (Novelle vom 18. Juli 1884). §. 30. I. Wesen der Aktiengesellschaft......................... 203 §. 31. II. Errichtung der Aktiengesellschaft..................... 217 §. 32. III. Organisation derselben.................................. 235 §. 33. IV. Die Herstellung und Erhaltung des realen Substrats der Aktiengesellschaft..................... 263 8- 34. V. Rechtsstellung der Aktionäre innerhalb der Aktiengesellschaft........................................... 278 §. 35. VI. Endigung der Aktiengesellschaft..................... 285 §. 36. 5. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (Novelle vom 18. Juli 1884)............................................ 291

Inhalt.

XV Seite

6. Die Erwerbs- und WirLhschaftsgenossenschaften. §. 37. I. Wesen, Arten und Errichtung....................... 308 §. 38. II. Organisation und innere Rechtsverhältnisse . 320 §. 39. III. Aeußere Rechtsverhältnisse der Genoffenschaft. 331 §. 40. IV. Endigung des GenoffenschaftsverhältniffeS u.

Liquidation................................................................. 335 §. 41. Die Gelegenheitsgesellschaft (Der Spekulationsverein) 348 §. 41a. Anhang zu §§. 23—41 (Andere Affociations- und Participationsformen)....................................................... 352

Drittes Lapitel.

Iie Hvjette des KandetsverKehrs. (Sachenrecht des Handelsrechts.) A. Waare und Geld. §. 42. Begriff der Waare.................................................................356

§. §. §. §.

43. 44. 45. 46.

Beschaffenheit und Bestimmtheit der Waare . . . 359 Quantität der Waare............................................................361 DaS Geld................................................................................. 363 Werth und Preis der Waare...........................................365

B. Besitz. §. 47. Bom Besitz int Allgemeinen.................................................369 §. 48. Besitzerwerb durch Mittelspersonen................................ 371 §. 49. Besitzerwerb durch Zeichnen (Signiren, Markiren) der Waare................................................................................. 373 §. 50. Besitzerwerb an Waaren durch Uebergabe von Waarenpapieren.......................................................................................375 C. Eigenthum. §. 51. Dom Eigenthum im Allgemeinen......................................380 §. 52. Bom Eigenthumserwerb durch Tradition und dem Schutz des Eigenthums......................................................382 D. Pfand- und Retentionsrecht. §. 53. Kreditsicherung durch dingliche Rechte im Handels­ recht überhaupt...................................................................... 387

XVI

Inhalt. Seite

§. 54. Das Konventionalfaustpfand............................................. 388 §. 55. Das Retentionsrecht....................................................... 392

viertes Lapttel. Ate KandetsgeschLste. (Obligationenrecht des Handelsrechts, Vertragsobligatimen.)

A. Allgemeine Grundsätze über Handelsgeschäfte.

§. 56. Eigenthümlichkeiten der Handelsgeschäfte überhaupt. I. Formales und billiges Rechte............................. 399 II. Solidarhaft . ........................................................ 402 III. Sorgfalt..................................................................403 IV. Schadensersatz und Vertragsstrafe........................ 404 V. Arrha....................................................................... 405 VI. Freiheit der Preisbestimmung im Vertrage . 405 VII. Beweis von Handelsgeschäften............................. 408 VIII. Stellvertretung in Handelsgeschäften.... 410 IX. Entgeltlichkeit............................................................ 412 X. Anfechtbarkeit............................................................ 412 §. 57. Die Abschließung der Handelsgeschäfte. I. Vorverhandlungen.................................................. 413 II. Bindende Offerte und Annahme......................... 415 III. Form............................................................................ 420 IV. Schuldgrund............................................................ 420 V. Verträge zu Gunsten Dritter............................. 422 §. 58. Die Erfüllung der Handelsgeschäfte. I. Erfüllungsort.............................................................422 II. Erfüllungszeit............................................................ 424 III. Erfüllungsobjekt........................................................ 425 B. Von einzelnen Handelsgeschäften.

§. 59. §. 60.

I. Waarenumsatzgeschäfte. Vom Handelskäufe überhaupt........................................ 427 Besondere Arten des Kaufes: nach Maßgabe der Zahlungszeit....................................................................... 449

Inhalt. §. 61.

§. 62.

§. §. §. §. §. §. §.

6.3. 64. 65. 66. 67. 68. 69.

§. 70. §. 71. §. §. §. §. §. §.

72. 72a. 72b. 73. 74. 75.

§. §. §. §. §.

76. 77. 78. 79. 80.

XVn

Seite Besondere Arten des Kaufes: nach Maßgabe der Lieferungszeit........................................................................ 451 Fix, Differenz-, Prämien-, Report- und PromessenGeschäfte.................................................................................... 454 II. Arbeitsgeschäfte. Allgemeine Grundsätze über Arbeitsgeschäfte ... 471 Das Kommissionsgeschäft......................................... 477 Das Speditionsgeschäft.............................................. 489 Das Frachtgeschäft......................................................... 499 Das Frachtgeschäft der Eisenbahnen insbesondere . 521 Das Frachtgeschäft der Postanstalten insbesondere . 532 Das Frachtgeschäft der Telegraphenanstalten insbe­ sondere ......................................................................................... 538 Das Verlagsgeschäft................................................... 542 III. DaS Versicherungsgeschäst...................................548 IV. Kreditgeschäfte. Darlehen und das Depositum im Handelsverkehr . 561 Die Lebens- und Rentenversicherung....................... 574 Der Lotterievertrag................................................... 582 Kontokurrentvertrag und der Giroverkehr.... 589 Akkreditirung .......................................................................599 V. Zahlungsgeschäfte. I. Geldzahlung.................................................................. 601 II. Zahlungsmandat............................................................. 603 III. Jnkaffomandat............................................................. 605 IV. Anweisung (Assignation)............................................ 606 Checks.............................................................................. 608 V. Schuldübernahme und Session................................. 611 VI. Skontration und Abrechnungsstellen (cleaiing) 612 VII. Deckungsgeschäft . . . .............................................618 V. Verkehr mit Werthpapieren. Wesen der Werthpapiere........................................................ 620 Arten der Werthpapiere........................................................ 629 Entstehung, Umlauf und Untergang der Werthpapiere 631 Jnhaberpapiere......................................................................... 633 Orderpapiere............................................................................... 644

Inhalt.

XVIII

Fünfte» Lapttel.

An» Mechf«trechl.

Seite

A. Einleitung. §. 81. §. 82.

1. Allgemeines vom Wechsel............................................ 649 II. Begriff und

Stellung

des Wechselrechts

in

Rechtssystem....................................................................652

§. 83.

III. Quellen, Geschichte und Literatur des Wechse-

§. 84.

IV. Der Wechsel, ein Werth- und Handelspapier.

rechts............................................................................... 654

§. 85.

661

V. Arten des Wechsels........................................................ 662

§. 86.

VI. Die beim Wechselverkehr betheiligten Perforier

§. 87.

VII. Die im Wechselverkehr vorkommenden Summer

665

.

672

....

672

§. 88. VIII. Die Wechselsirenge und der Wechselprozeß .

§. 89.

§. 90.

IX. Das juristische Wesen des Wechsels

664

X. Wcchselfähigkeit..............................................................677

B. Vom gezogenen Wechsel.

I. Die Tratte an sich. §. 91.

1. Zweck der Tratte..............................................................679 2. Bestandtheile der Tratte

§. 92.

Im Allgemeinen......................... ..... .............................

§. 93.

Die Erfordernisseder Tratte..................................

683

§. 94.

3.Unvollständigkeit der Tratte....................................

688

§. 95.

4. Verpflichtung desAusstellers

690

II §. 96.

681

......

Das Indossament (Giro) der Tratte

Begriff, Form und Funktionen des Jndossa ments................................................................

691

§. 97.

Arten des Jndoffaments.............................

697

§. 98.

III. Das Accept der Tratte..............................

§. 99.

IV. Die Zahlung der Tratte ......

704

715

V. Regreß. §. 100. Von der Regreßnahme im Allgemeinen.

Uebersicht

722

§. 101. Der Protest................................................................................725 §. 102.

1. Regreß auf Sicherstellung Mangels Annahme

.

732

§. 103. 2. Sekuritätsregreß, — Regreß auf Sicherstellung

wegen Unsicherheit des Acceptanten........................... 734

Inhalt.

XIX Seite

§. 104. 3. Regreß Mangels Zahlung............................................ 736 §. 105. (Fortsetzung.) Gemeiner Regreß und Regreß mittels Rückwechsel, Rechtsmittel.................................................. 741 §. 106. (Forts.) Besonderheiten der Regreßnahme Mangels Zahlung.................................................................................... 745 §. 107. VI. Intervention................................................... 748 §. 108. VII. WechselverjLhrung.............................................. 755 §. 109. VIII. Wechselfälschung u. mangelhafteUnterschriften 759 §. 110. IX. Amortisation und Vindikation des Wechsels 761 §. 111. X. Vervielfältigung des Wechsels........................765 §. §. §. §.

112. 113. 114. 115.

C. Vom eigenen Wechsel. Im Allgemeinen................................................................... 770 Erfordernisse des eigenen Wechsels................................. 771 Unterschiede gegenüber dem gezogenen Wechsel . . 773 D. Internationales Wechselrecht.......................................774

Sechste, Lapttrl. Pcks Keerecht. §. 116. §. 117.

A. Einleitung. I. Begriff und Eintheilung des SeerechtS ... 778 II. Quellen und Literatur deS Seerechts ... 780

§. §. §. §. §. §. §. §. §. §. §.

B. Seehandelsrecht. I. Von den Schiffen.............................................. 784 II. Von den Rhedern und der Rhederei .... 788 III. Von dem Schiffer und der Schiffsmannschaft . 796 IV. Güterbeförderung zur See...................................... 803 V. Personenbeförderung zur See.................................811 VI. Don der Bodmerei........................................... . 813 VII. Vonden Seeschäden, insbes. der Haverei. . 817 VIII. Vonder Bergung u. Hilfsleistung in Seenoth 825 IX. Vonden Schiffsgläubigern............................. 829 X. Von der Seeversicherung.............................832 XI. Von der Verjährung im Seerecht .... 840

118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128.

Abs. = Absatz. AKomm.Gesellschaft — Aktienkommanditgesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien. AfbR. Archiv für bürgerliches Recht. Herausgegeben von I. Kohler und V. Ring. Berlin, Carl Heymann's Verlag 1888 ff. Anm. — Anmerkung. Art. = Artikel des allgemeinen beutschen Handelsgesetzbuches. BA. -- Busch's Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handels- und Wechselrechts. Berlin, Carl Heymann's Verlag. I. Bd. 1863, letzte? (48.) Bd. 1888. Bd. — Band. BR. — Betriebsreglement für die Eisen­ bahnen Deutschlands. CBl. — Centralblatt für Rechtswissen­ schaft, herausgegeben von v. Kirchenheim. 1881 ff. CO. — Centralorgan für das deutsche Handels- und Wechselrecht, herausge­ geben v. G. Löhr, dann W. Hartmann. CPO. — Civilprozeßordnung. EinfG. — Einführungsgesetz. G & F — Gareis und Fuchsberger, DasADHGB.,Berlin,Guttentag,1891. GenG. — Genossenschaftsgesetz. GS. — Gesetzsammlung. GVG. — Gerichtsverfassungsgesetz. GSyst. = System des Handelsrechts mit Einschluß des Wechsel--, Seeund Versicherungsrechts im Grundriß von L. Goldschmidt. Dritte Ausl. Stuttg. Ferd. Enke. 1891. GUGesch. — Goldschmidt's Universal­ geschichte des Handelsrechts. 1. Lief. Stuttgart, Verlag von ^ecb. Enke. 1891. ' Auch unter dem Trtel: Hand­ buch des Handelsrechts. Von L. Goldschmidt. Dritte völlig um­ gearbeitete Auflage. Erster Band. Geschichtlich - literarische Einleitung und die Grundlehren. Erste Ab­

I *

theilung: Universalgeschichte des Handelsrechts. 1. Lief. 1891. GZ. — (Goldschmidt's) Zeitschrift für das gesammte Handelsrecht, herausi gegeben von L. Goldschmidt, v. Hahn, ' Keyßner, Vaband und E. Sachs. StuttI gart, Verlag v. Ferd. Enke. 1858 ff. Grünhut'sZ. Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart, herausgegeben von C. Grünhut. Wien. 1874 ff. HA. — Hirth's Annalen des Teutschen Reichs (München, G. Hirth's Verlag). Hdbch. = Handbuch des Deutschen Han­ dels-, See- und Wechselrechts. Unter Mitwirkung von Brunner, Cohn, Gareis, Grünhutu. A. herausgegeben von W. Ende mann. Leipzig, FueS' Verlag (R. Reisland), 1881 ff. HGB. = ADHGB = Allgemeines deut­ sches Handelsgesetzbuch (s. §. 5). HR. — Handelsrecht. Komm. — Kommentar. KV. — Kritische Vierteljahrsschrift von Pözl, dannA.Bechmannu M. Seydel. München 1859 ff. KonkO. — Konkursordnung. Marquardsen's Hdbch. — Handbuch des öffentlichen Rechts. Freiburg 1883 ff. Nov. — Novelle. R. = Reichsgericht.*) RG. = Reichsgesetz. RLex—v.Holtzendorff'sRechts-Lexiton. ROHG. —"Reichsoberhandelsgericht. *) s. — Jahrhundert. sf. = seculi finis @nbe d. Jahrhunderts. S. — Seite, oder Siehe. SA. — (Siebenhaar'sj Archiv für deut­ sches Wechsel- und Handelsrecht. StrGB. — Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. StrS. — Entscheidung in Strafsachen. V. = Verordnung. Vgl. — Vergleiche. WO = Wechselordnung (s. §§. 5, 83). WR. — Wechselrecht. Z. = Zeitschrift.

*) Die in den Anmerkungen ohne weiteren Zusatz angeführten römischen und arabischen Zahlen bedeuten Band und Seite der „Entscheidungen des Reichsober­ handelsgerichts, herausgegeben von den Räthen des Gerichtshofs". lHiervon sind 25 Bde. erschienen; Bd. I- IV sind nach der zweiten Auflage angeführt.) Die in den Anmerkungen mit R bezeichneten Citate bedeuten Band und Seite der „Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen. Herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofs". Leipzig, Verlag von Veit & Comp. Bd. 11880. (Hiervon sind hier 27 Bände berücksichtigt.)

Einleitung. §• i.

Die Stellung des Handelsrechts im System der Rechtswissenschaft. Das Handelsrecht ist ein Theil jener unter den Menschen

bestehenden Friedensordnung, welche man das Recht im ob­ jektiven Sinne nennt.

ordnung im

Wie es die Aufgabe dieser Friedens­

Allgemeinen ist, durch Gebote und Verbote,

welche von staatlicher Autorität getragen sind, dem störend sich geltend machenden Egoismus der Einzelnen diejenigen

Schranken zu setzen, ohne welche ein gedeihliches Zusammen­ leben der Menschheit nicht möglich wäre, so hat das Handels­

recht die Aufgabe, für ein besonderes Gebiet menschlicher Thätigkeit, nämlich das des Handels, dem Bedürfnisse nach

Ruhe und äußerer Sicherheit gerecht zu werden, soweit zur

Befriedigung dieses Bedürfnisses wendig sind.

besondere Normen noth­

Nach Zeit und Ort, Kulturhöhe und Volks­

eigenthümlichkeit ist dieses Bedürfniß im Einzelnen sehr ver­

schieden, immer aber und überall handelt es sich um den äußeren Schutz von Interessen, im Handelsrecht wie in

jedem anderen Theile des objektiven Rechtes.

Denn die

Menschen haben ihrer Naturanlage und ihrer Kultur ent­ sprechend

Interessen an gewissen Beziehungen zu den

Gareis, Handelsrecht.

4. Aufl.

1

Einleitung.

2

Sachen, auf deren Genuß oder Benützung sie ihr Leben anweist oder hindrängt, sowie Jnteressm an gewisien Be­ ziehungen zu Personen, von benot sie Handlungen oder

Unterlaffungm

aus irgend welchem Grunde in

nehmen oder fordern.

Anspruch

Alle Interessen aber, deren das Leben

in reichster Mannigfaltigkeit unzählige erzeugt und fordert, und

zu bereit Schutz jene Friedensordnung Vernunft- und natur­ gemäß *) erforderlich ist und besteht, sind entweder Interessen

der Einzelnm, nämlich der sogen. Privatpersonen (Privat­

interessen) oder Interessen der öffentlichen Gemeinwesm, in welchen, der Entwicklungsgeschichte der Menschheit zufolge,

die Einzelnm stehm und dm äusseren Schutz finden oder wmigstms suchm (Jnteressm der Gemeinwesm, öffmtliche

Jnteressm).

Bon dieser Unterscheidung der Interessen geht

man aus, wmn man das ganze objektive Recht überhaupt eintheilt in a) Privatrecht, auch bürgerliches Recht oder Civilrecht genannt, und in

b) öffentliches Recht. Das Gemeinwesm, in dessen Interesse die Rormm des

öffmtlichm Rechts bestehm und wirksam sind,

* In obigen SOorlen liegt dieAnerkennungdes »Gesetzes der Immanenz": Jede-einzelne Lebens­ verhältniß hat seinen ihm eigen­ thümlichen Zweck und damit auch seiiübesondereS objektiv gegebenes wirthschaftliches oder ethisches WesensNatur der Sache); daspositioe^Recht ist äußere Entfaltung undAnerkennungder denLebensverhältniffm immanenten Rechts­

ist mtweder

normen. So Goldschmidt in seinem Hdbch. I, §. 84, 2. Ausl. S. 302 und GUGesch. S. 33. Hiermit stammt auch I. Koh­ ler's Satz überein: „Die Natur eines Rechtsinstitüts kann nur auS seiner Funktion in der menschlichen Kulturwrlt richtig erkannt werden." Jahrb. f. Dogm. Bd. 26 (1888) S. 1,184.

Das Handelsrecht.

§. 1.

8

der Staat im Verhältniß zu dm seiner Macht unter«

worfenen Personen und Sachen oder eine Mehrheit von Staaten in ihrem Verhältnisse untereinander;

die

in

letzterer Hinsicht die Staatm selbst berechtigenden und verpflichtmdm Rechtssätze bestehm um der Jntereflmgemeinschast

willen, welche zwischm dm Staatm selbst unlmgbar vor­ handen ist, und bilden das Völkerrecht, — währmd die die Einzelinteressm eines der vorhandmm herrschmdm Ge-

meinwesm schützmdm

Normm das

Staatsrecht ebm

dieses einzelnm öffmtlichm Gemeinwesms sind.x)

Nebm einander bestehm demnach privatrechtliche, staats­ rechtliche und völkerrechtliche Normm, und das ganze Ge­

biet mmschlicher Bethätigung wird durch sie berührt; sie greifen ein in das familiäre, wie in das geistig produziermde Leben der Einzelnm, nammtlich aber in das wirthschaftliche

Lebm derselbm; in letzterer Hinsicht sehm wir die Schranken setzmde und dadurch Willkür einschränkmde, wie Freiheit

gewährmde Wirkung der Mormen auf dem Gebiete der Urproduktionm

(wie Jagd,

Bergbau, Fischerei,

Ackerbau,

Viehzucht u. s. w.), ebmso aber auch auf dem der Industrie (Hausindustrie, Handwerk, Fabrikwesm) und dem des Han­ dels in allm feinen Zweigm. Versteht man unter Handel, wie hier einstweilm und vorbehaltlich näherer Feststellung dieses Begriffs durch das

positive Recht (s. unten §§. 8—10) der Kürze wegen voran-

1 Die dogmatische Unterschei­ dung zwischen ösfentl. u. Privat-R. s. G a r e i s „Allgem. Staatsrecht" in Marquardsen' s Hdbch. d. offen«. R. 1883.

§§. 1, 3. Bd. 1,16.7 ff., 11 ff. und Gareis Encyklopädie und Methodologie der Rechtswiffenschaft, 1887, §. 14.

Einleitung.

4

gestellt werben soll, die ben Umsatz (Austausch) der Waaren (b. s. die auf dem Wege vom Produzenten zum Konsumenten

befindlichen Güter ober sachlichen Mittel der Bedürfnißbefriebigung) vermittelnde menschliche Thätigkeit, so ist Handels­

recht im Allgemeinen die Gesammtheit aller Rechtsnormen,

welche im Interesse dieser Thätigkeit ober auf dem Gebiete

derselben jene Schranken ziehm, die dem objektiven Rechte überhaupt Gebote

eigenthümlich

sind.

Den Zweck der einzelnen

und Verbote nach der vorangestellten allgemeinm

Rechtsunterscheidung auch hier ins Auge gefaßt, ergiebt sich

die Eintheilung des Handelsrechts in

Handels-Privatrecht (auch Privat-Handelsrecht genannt),

Handels-Staatsrecht und Handels-Völkerrecht.1 2) Die Eigenart derjenigen Thätigkeit,

welche man ben

Handel nennt, reicht jedoch in keiner dieser Richtungen so

weit, daß auf diese Thätigkeit nur besondere Rechtssätze

Anwendung finden könnten oder Dar müßtm; es steht viel­ mehr der Handel auch unter der Herrschaft solcher privat-, staats- und völkerrechtlicher Normen, welche auch auf andere Lebensthätigkeiten (z. B. Urproduktionen, Fabrikwesen u. s. w.) und andere Lebensbeziehungen (z. B. Polizei- und Kriegs-

roefen, strafrechtliche, Erb- und Familienverhältnisse) An­

wendung zu finden haben; namentlich in der Auffassung des modernen Kultur- und Rechtsstaates liegt begründet, daß keine Thätigkeit ben Menschen vollständig aus den Rechts-

1 Ueber Handelsrecht als Theil des öffentlichen Rechts s. Gold­ schmidt Hdbch. d. HR. §. 1 zu

Anm. 2 — 6 und GUGesch. S. 1,2. Endemann HR. 4. Aufl., §. 3. Thöl HR. 6. Aufl. S. 1.

Verhältnissen der Uebrigen herausreiße und in einen gänzlich anders normierten Stand dränge. Nach eben dieser Auf­ fassung steht vielmehr dem Grundsätze der Rechtsgleichheit entsprechend auch Derjenige, der gewerbsmäßig oder vereinzelt Handelsgeschäft betreibt, prinzipiell unter der Herrschaft desjenigm bürgerlichen und öffentlichen Rechts, welchen auch die übrigen Staatsgenoffen und Gesetzesunterthanen unter­ stellt sind. I. Dies gilt namentlich auch von dm privatrechtlichm Beziehungm, so daß das Handels-Privatrecht also nur derjmige Theil des objektiven Privatrechts ist, welcher die in der Handelsthätigkeit bestehmdm oder daraus mtstehenden privatrechtl'chen Beziehungm regelt, soweit diefeiben eigenthümlicher Natur sind. II. Das Handels-Staatsrecht — ein Theil des Verwaltungsrechts2B) — umfaßt alle die Normm, welche dm Handel fördemd, sichemd, einschränkend oder belastmd treffen vom Standpunkte der Jntereffm des Staates oder der Gesellschaft.3) Ihm gehören zoll- und stmerrechtliche. GUGesch. S. 2, insbes. Anm. 4—6. 8 Die Hervorhebung der „Ge­ sellschaft" neben dem Staate ist bedmtungsvoll; eine nicht geringe Anzahl von Maßregeln der Han­ delspolizei ist nicht im ldirektm) Jntereffe des öffentlichen Gemein­ wesens „Staat", unter welchem wir die herrschenden Gemeinwesen und deren Theile (also Reich, Staat, Provinz, Kreis, politische Gemeinde und öffentliche Korpo­ rationen) verstehen, erlassen und

wirksam, sondern im Jntereffe der Gesellschaft und ihrer Theile, worunter das auf dem Staats­ gebiet produzierende und konsu­ mierende Volk in seiner wirthschaftlichen Zusammengehörigkeit (alsodieBerufsklaffen,dieStände und die sozialen Assoziationen, sämmtlich ohne Rücksicht auf den Staatsverband gedacht) zu ver­ stehen ist. Die Rechtsnormen, welche im Jntereffe der Gesell­ schaft erlassen sind und gelten, haben sich, soweit sie nicht zu-

6

Einleitung.

straf- und prozeßrechtliche, sowie zahlreiche polizeiliche Vorschriften an.3 *) Dem öffmtlichen Handelsrecht stnd ferner alle diejenigen Bestimmungen des Handels-Gesetzbuchs und anderer der Hauptsache nach privatrechtliche Gesetze beizuzählen, in welchen eine kriminelle Ahndung oder eine Ordnungsstrafe im öffent­ lichen Jntereffe angedroht wird;3'') sowie eine Anzahl von gleich Privatrecht sind, unter dem 15. Juli 1879, 22. Mai 1885 Namen und Rahmen des Staats­ und 21. Dezember 1887. Von rechts mit entwickelt, wie denn strafrechtlichen Normen, die sich auch der Ausdruck „öffentliche auf den Handel beziehen, sind Interessen" trotz des mindestens hervorzuheben: das Reichsgesetz, zeitweise möglichen Widerspruchs betr. den Wucher, vom 24. Mai zwischen Staats- und Gesell­ 1880 und das Reichsgesetz gegen schaftsinteressen zur Bezeichnung den verbrecherischen u. gemeinge­ beider Arten dieser Interessen fährlichen Gebrauch von Spreng­ gebraucht wird. Es muß darum stoffen (Dynamitgesetz) vom 9. auch hier gestattet sein, den Aus­ Juni 1884; — ferner die §§. druck Handels-Staatsrecht in dem 209—214 der Konkursordnung weiteren, auch einen Theil des vom 10. Februar 1877. Gesellschaftsrechts umfassenden 8b Z. B. Art. 26, 45, 89, Sinne zu gebrauchen. Vgl. hier­ 129, 135, 154, 155, 171, 249 ff., über Gareis, Encyklopädie und 251. Ferner : die zur Ausführung Methodologie der Rechtswiffen- der internationalen Reblausschäft, 18Ö7 S. 41, 47, 52 ff. Konvention v. 3. Nov. 1881 und Ders., Institutionen des (RGBl. 1882 S. 125) erlassenen Verordnungen vom 4. Juli 1883 Völkerrechts, 1888 S. 154. 8* Von deutschen Gesetzen, (RG.Bl. 1883 S. 153), 7. April welche öffentliches Handelsrecht 1887 RGB. 1887 S. 155, 23. in diesem Sinne bilden, sind Aug. 1887 (RGBl. S. 431), hier zu erwähnen: die Reichs­ 15. April 1889 (RGBl. 1889 gesetze über die Wechselstempel­ S. 203); die RG. betr. den Ver­ steuer vom 10. Juni 1869 und kehr mit Nahrungsmitteln, Ge4. Juni 1879 (hiervon s. unten nußmitteln und Gebrauchsqeaen§. 92), die Reichsgesetze über die ständen, vom 14. Mai 1879 u. Reichsstempelabgaben vom 1. 29. Juni 1887, mit V. s. Juli 1881 und 29. Mai 1885 RGBl. 1879 S. 145, RGBl. (f. unten §§. 22, 60): die Reichs­ 1887 S. 276, RGBl. 1891S. 11. gesetze über den Zolltarif vom das RG. betr. die Anfertigung

Das Handelsrecht.

§♦ 1

7

Reichsgesetzm, welche sich auf dm Seehandel beziehm und unten (§. 117) zusammengestellt sind.

m. Das Handels-Völkerrecht,*) d. s. diejenigm Normen des Völkerrechts, welche sich im Jntereffe der Staatm (d. i. wegen der Jnteresiengemeinschaft einiger oder aller Staatm) auf den Handel beziehm, hat sowohl in seinen gewohnheitsrechtlichen, wie in feinen rechtsnothwmdigm, als auch in seinen vertragsrechtlichm Normen eine un­ gemeine Bedeutung für dm Handel. Man dmke z. B. an die Normm des Kriegsrechts, über die Behandlung des Privateigmthums zu Lande und zur See, an das Recht der Blockade und des Embargo, das Prismrecht und dm Seehandel der Neutralen.*) Nicht minder bedmtungsvoll für dm Handel ist der­ jenige Theil des Völkerrechts, welcher die besonders für dm und Verzollung von Zündhölzern, vom 13. Mai 1884; das RG. tetr, den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, vom 25. Juni 1887 (mit G. v. 22. März 1888, RGBl. 1888 S. 114). Die Maß- und Gewichts­ ordnung vom 17. August 1868 mit der Aichordnung vom 27. Dezember 1884, die AichgebührenTaxe vom 28. Dezember 1884 und den Bekanntmachungen vom 30. Dezember 1884, 27. Juli 1885, 4. Mai 1888 (RGBl. 1888 S. 175 ff.); das RG. tetr, die Verwendung gesundheitsschäd­ licher Farben u. s. w., vom 5. Juli 1887. RGBl. 1887 S. 277; das RG. tetr, den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter v.

12. Juli 1887, RGBl. 1887 S375 mit V. v. 26. Juli 1887, RGBl. 1887 S. 383; das RG. über den Feingehalt der Goldund Silberwaaren vom 16. Juli 1884; das RG. tetr, den Schutz des zur Anfertigung von Reichs­ kaffenscheinen verwendeten Pa­ piers gegen unbefugte Nach­ ahmung, vom 26. Mai 1885; die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 1. Juli 1883 mit den Abänderungen vom 1. Juni 1891 (RGBl. 1891 S. 261, 290). * GUGesch. S. 2, 3. 4 Vgl. Gareis, Institutionen des Völkerrechts, 1888, §§. 85, 89 u. ß.

Einleitung.

8

Schutz nationaler Handelsinteressen bestehenden völkerrecht­ lichen Magistraturen, nämlich die Konsuln, mit besonderen

Rechten ausgestattet und in gleichem Interesse mit wichtigen Pflichten belastet.*)

Dm Handel berührt ferner das Recht der völkerrecht-

lichm Verttäge, nammtlich der Handels-, Zoll-, Schiff­

fahrts-, Freizügigkeits- und Konsularverträge, der Post- und

Telegraphenverträge (z. B. der internationale Vertrag zum Schutze der unterseeischen Telegraphenkabel, vom 14. März 1884, RGBl. 1888 S. 151).**)

Diese Verträge sind hier

zu erwähnm nicht bloß wegen der die Staaten berechtigenden und verpflichtenden Positionen der internationalen Verein­

barungen , sondern auch wegen der staatsrechtlich bindenden

Normm, welche durch die gesetzmäßige Publikation dieser Verttäge emaniren4e) oder in besonderen Gesetzen beigefügt

sind (wie z. B. zum ebmerwähnten Kabelvertrage des RG.

v. 21. Nov. 1887, RGBl. 1888 S. 169).

Die in vorliegmdem Lehrbuche unternommene Darstellung beschäftigt sich vornehmlich, ja fast ausschließlich mit dem

Privat-Handelsrechte.

Auf Normm des öffentlichen

♦ Vgl. Deutsche Reichsver­ fassung Art. 56 und Art. 4 Ziff. 7; ferner das Gesetz, bett, die Organisation der Bundeskon­ sulate sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867; dann das Reichsgesetz über die Kon­ sulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879. Vgl. Gareis a. a. O. §. 43 ff. Ueber die durch dieses Gesetz dem Handelsgewohnheits­

rechte beigelegte Bedeutung s. unten §. 7, Sinnt. 3. ** Alph. Rivier, Lehrbuch d. Völkerrechts, Stuttg., Enke, 1889 §§. 29, 30 (internationale Wirthschaftspflege). 4* Ueber die staatsrechtliche Gültigkeit völker­ rechtlicher Verttäge und die Ver­ kündigung der darin liegenden Gesetzesnormen f. Safrans), Das Staatsrecht d. Deutschen Reiches, 2. Aufl. Bd. 1 (1888) S. 662 ff.

Das Handelsrecht.

9

§. 1.

Handelsrechts ist in dieser Darstellung nur insoweit einge­

gangen, als es zur Klarheit des Bildes der handelsprivatrecht­

lichen Berhältnisse, zur Abrundung und Vervollständigung dieser Darstellung erforderlich und zweckmäßig erscheint. Diese

Behandlungsweise

entspricht dem

bisherigm

akademischen

Gebrauche; das Handelsstaatsrecht pflegt in der Lehre vom Staatsverwaltungsrecht, das Handelsvölkerrecht in dm Lehrund Handbüchem des Völkerrechts behandelt roerben.

Von

letzteren ist hier vor Allem das von Fr. von Ho Itzen­

dorfs

herausgegebene Handbuch

des Völkerrechts zu er­

wähnen, dessen dritter Band, Hamburg 1887, in der Lehre von dm

Staatsverträgen

und den intemationalm

Ma­

gistraturen die wichtigsten Theile des modemm Handels­

völkerrechts

unter

bester

Quellennachweisung

ausführlich

darstellt.

Das Maß, in welchem sich die eigenartige Natur des Handels als Voraussetzung und Erforderniß besonderer

Rechtsregeln für dm Handel geltend macht, hängt ab einer­

seits von der Entwicklung des Handelsverkehrs (gegenüber

dem übrigen bürgerlichen Verkehre) und andererseits von dem Zustande des gesammten Privatrechts (namentlich gegmüber den Anforderungm, welche der Handel an das ihn regelnde Recht stellt); so war der Handelsverkehr der Römer, wenn

auch umfangreich, doch nicht besonders eigenartig entwickelt, römische Volk kein Handelsvolk,

aber das römische

Privatrecht zeitgemäß weitergebildet,5)

elastisch und uni­

das

versell, — daher machte sich kein Bedürfniß nach einem aus­

gedehnten Sonderrechte für den Handelsverkehr im Römer5 Vgl. unten §. 4 Sinnt. * S. 17.

Einleitung.

10 reiche geltend.")

Es sind jedoch nicht bloß äußere, in der

Geschichte des bürgerlichen Rechts zu Tage tretende Gründe,

welche zu dem Bedürfnisse nach einem besonderen Rechte für

den Handel und folgeweise zu dem Handelsrechte selbst führen, sondern auch innere, springende:

aus dem wirthschaftlichen Wesen ent­

während z. B. das Sachenrecht an die Scholle

geknüpft und durch die territorialen Verschiedenheiten variiert

ist, das Familienrecht, das Erbrecht und das Familiengüter­ recht von hunderterlei nationalen, ethischen und ethnischen

Motiven divergierend beeinflußt wird, wirkt im Handel ein derartig

kosmopolitischer Zug,

daß

das

Handelsrecht

die

Tendenz internationaler Gleichartigkeit mit der nach möglichst großer Sicherheit und zugleich Elastizität seiner Institute

verbindet und, über politische Marken sich wegsetzend, durch aller Herren Länder hin den gleichen Interessen der Handels­ beflissenen aller Erdtheile gleichmäßig zu dienen bestrebt ist;*)

so entsteht „allgemeines Handelsrecht"; so entstehen — durch Rezeption, theilweise auch durch Staatsverträge veranlaßt — übereinstimmende Normen in Bezug auf Handelsgesellschaften, Versicherungsrecht,

Eisenbahn-, Post-, Telegraphen-Verkehr,

Wechselrecht, Seerecht u. s. ro.).7)

Je mehr sich in einem

Volke der Handel entwickelt, und solgeweise die eigenartige

6 Vgl. Goldschmidt HR. ! mußte, s. GUGesch. §. 3 S. §. 3, Dahn in Bluntschli's | 10-12, §. 4 S. 37 ff. d. Privatrecht §. 127, 2. 1 Ueb. allgem. HR. s. Gold­ * Die inneren und geschicht­ schmidt HR. §§. 3, 33, 38. lichen Ursachen, weßhalb sich im GUGesch. S. 11. Endemann Gesammtkreise der Europäischen HR., 4. Aufl., 8. 4, Thöl HR. Kultur ein sehr umfassendes §• 7. Sonderrecht des Handels bilden

Das Handelsrecht. §. 1.

11

Natur des Handels zur Geltung kommt, desto näher liegt die Ausscheidung

einer größeren Anzahl von Verhältnissen

aus dem Gebiete des (gewöhnlichen, allgemeinen) bürger­ lichen Rechts und deren Regelung durch ein besonderes Recht, ein Spezialrecht des Handels.

Und andrerseits, je mehr

das bürgerliche Recht hinter den Erfordernissen der Zeit, welche sich zuerst und zumeist aus den Gebieten des inter­

national beeinflußten Handelsverkehrs geltend machen, zurück­ geblieben ist, desto dringender wird der Handelsverkehr das

Bedürfniß nach einem Spezialrecht empfinden; das Bedürfniß hiernach

wird

befriedigt

werden,

wenn

es

den Handel­

treibenden gelingt, Einfluß auf die Gesetzgebung zu gewinnen, oder ohne solche auf dem Wege des Gewohnheitsrechts (der

Usance) diejenigen Rechtssätze zu schaffen, welche dem Handel Noth thun. In der That ist historisch auf diesen Wegen in allen Ländern , in welchen Handel getrieben wird, ein mehr oder

weniger weit ausgedehntes, ein mehr oder weniger fein aus­ gebildetes Handelsrecht

— sei es als Gesetzesrecht, sei es

als Gewohnheitsrecht — entstanden; ja, es hat sich die Ent­

stehung eines Spezialrechts für den Handel häufig als Neu­ bildung des bürgerlichen Rechts überhaupt, als bahnbrechend^)

für die Fortentwicklung des gesammten nationalen Privat­ rechts vorteilhaft bewährt.

8 GUGesch. S. 11, 12, 39.

Einleitung.

12

8- 2. Zweige des Handelsrechts und der Handelswlssenschaft

überhaupt.

Unter „Handel" ist, wie S. 4 angebeutet und S. 49 ff.

näher erörtert wird, die den Umsatz von Waaren vermittelnde Thätigkeit zu verstehen; innerhalb dieser Thätigkeit fassen

sich je nach der Richtung, dem Umfange und dm Grenzm

des Umsatzes, sowie nach der Beschaffenheit der Vermittlungs­ handlungen verschiedene Zweige und Artm des Handels unterscheiden. weise die

Für das öffmtliche Handelsrecht ist vorzugs­

Unterscheidung

von

Einfuhr-,

Ausfuhr-

und

Zwischenhandel, alten diesen Arten gegenüber der Inlands­

oder Binnenhandel als Gegensatz gedacht, von Bedeutung; währmd die Unterscheidung zwischm Land- und Seehandel ebensowohl für das Privatrecht,

wie für das öffmtliche

Recht von Wichtigkeit ist. Ueber den Seehandel s. §. 116 ff.

Privatrechtlich ist (wie z. B. aus §. 59 u. a. erhellt) der Unterschied von Distanz- und Platzhandel von Bedmtung und ebmso auch — namentlich behufs der Abgrmzung des

Privat-Handelsrechts gegenüber dem übrigen Privatrecht — die Unterscheidung von gewerbemäßig betriebenem und von

nicht gewerblichem Handel (f. §§. 8—10).

Auch die Ein­

teilung des Handels in Groß- und Kleinhandel (Engros-

und Detail-Handel) entbehrt, wie sich z. B. aus der den Großhandel ausdrücklich freilaffendm V. über den Verkehr

mit Arzneimitteln (v. 27. Jan. 1890), auch aus §. 15 IV ergiebt, nicht der juristischm Bedeutung.

Das Handels-Privatrecht im weiterm Sinne hat nach der üblichen Darstellungsweise, welche sich theilweise an

Zweige des Handelsrechts.

§. 2.

13

die Rubriken von Gesetzen hierin anschließt, folgende Haupt­

theile:

1) das Handelsrecht im engeren Sinne; hier­ von handeln unten die §§. 8—80. Es normiert dasselbe privatrechtlich den sogen, „eigentlichen Handel", d. s. die

Waarenumsatzgeschäfte, nämlich Tausch-, Kauf-, Lieferungs­ geschäfte u. dgl., und

dm „uneigmtlichmHandel", d. s. Kommission, Spedition,

Mäklergeschäst, Land- und Seetransport, Assekuranz und dgl. dem eigmtlichm Handel dienende Hülfsuntemehmungm.

2) das Wechselrecht; hiervon handeln unten die §§. 81-115.

3) das Seerecht; hiervon handeln unten die §§. 116 bis 128.

Wechselrecht und Seerecht sind Zweige des Handelsrechts im weiteren Sinne, welche aus historischen Gründen eine besonders reiche Entwicklung und nammtlich eine sehr

feine juristische Durchbildung

ihrer Institute gefundm

habm. —

Alle hiermit angebeuteten Zweige und Arten des Handels im weiteren wie im engeren Sinne erfordern und erfahren

nicht bloß vom juristischm Standpunkte aus wissenschaftliche

Behandlung und Betrachtung; das wissmschaftlich behandelte Handelsrecht ist ein Theil der Handelswissenschaft*)

im »eiteren Sinne des Wortes; ist letztere das systematische Erkmnm des Handels überhaupt, so ergießt sich innerhalb derselben je nach dem gewähltm Ausgangs- und Stand­

punkte eine verschiedme Auffassung des Handels; eine solche ♦ GUGesch. §. 2 S. 4-9.

Einleitung.

14

liegt z. B. der Handelsgeschichte, der Handelsgeographie, der

Handelsstatistik, der Handelspolitik und der Handelswissen­ schaft im engerm („Handelstheorie") und im mgsten Sinne (Lehre von dm Thatbeständm, dem Getriebe des Handels)

zu Gmnde.

Die Kenntniß dieser Zweige der Handelswissen­

schaft ist für die Handelsjurispmdmz keineswegs gleichgültig, nammtlich die Handelswifsmschaft im engsten Sinne, das systematische Erkennm der ganzm Art und Weise des Be­

triebes des Handels, der Voraussetzungen und Absichtm der Handeltreibmdm, mithin die Erkmntniß von dm Thatbe­

ständm des Handels, ist Voraussetzung des Verständnisses des Handelsrechts und dämm Voraussetzung der vollständigen

und richtigm Anwmdung desselbm; so zeigt z. B. ein Blick in das Wechselrecht oder in das Recht der Bank- und Börsmgeschäfte, wie nothwmdig die Kmntniß der volkswirthschaftlichen Seite

des Handels für das Verständniß und die Durchfühmng des

Handelsrechts ist; es muß daher das Studium der Volkswirth­

schaft und der Volkswirthschaftspolitik als eines der vorzüglichstm Hülfsmittel der systematischen Erkmntniß des Handels­

rechts bezeichnet roerben, roenn auch die von dm verschiedmen

Standpunktm aus (z. B. dem juristischm, dem volkswirthschaftlichm u. a.) sich ergebmdm Gmndsätze des Handels stets als verschiedme auseinandergehaltm roerben müssen. *) §. 3.

Handelsrecht als allgemeines, -artikulares und gemeines Recht. Obgleich das Handelsrecht in Folge der über die Grenzen der

einzelnen

(Staaten

hinausreichenden

Ausdehnung

des

1 S. hierüber und die l schmidt UGesch. a. a. O. und einschlägige Literatur: Gold- | HR. §. 2, namentlich Sinnt. 10

Handelsrecht als allgemeines re. Recht.

§. 3.

15

Handelsbetriebs universeller Gleichartigkeit zustrebt, entwickelt es sich doch gerade wie auch die übrigm Theile des bürgerlichm Rechts verschiedenartig in bett einzelnen Rechtsgebieten; ja, nenn man die Verschiedenheiten der einzelnen Platzusancm, die Divergenz der lokalen Marktordnungen und der Handels­ gebräuche in bett einzelnm Waarenbranchen ins Auge faßt, so gelangt man zu dem Resultate, daß das Handelsrecht sich mindestens ebenso wie andere Rechtstheile, z. B. das eheliche Güterrecht, aus partikularem (Platz-, Lokal-, Territorial-) **) und aus gemeinem Rechte zusammensetzt. Wir nennen ge­ meines Recht jenes objektive Recht, welches für mehrere Rechtsgebiete (z. B. die Partikularstaaten eines zusammmgesetzten Staates, Bundesstaates oder Staatenbundes) aus einer einzigen, diesen Rechtsgebieten gemeinsamen Quelle strömt, und partikulares Recht jene Rechtsnormen, welche dem einzelnm Rechtsgebiete aus seiner eigenen, einzelnen Rechtsquelle (Partikulargesetzgebung oder partikulare Gewohnheitm) zufließt; entspringt aus dm besonderm Rechts­ quellen der einzelnen Rechtsgebiete (sei es durch Nach­ ahmung, sei es in Folge gemeinsamer Vorberathung) über­ einstimmendes (partikulares) Recht, so wird dies all­ gemeines Recht genannt. In etwa einem Drittheile von Deutschland ist das römische Recht — auch in Handels­ sachen noch — gemeines Recht und zwar von subsidiärer

u. 12, und in seiner Z. f. HR. Bd. X S. 170—172. Endemann HR. 4. Ausl., §. 14. — Hdbch. §. 3 Anm. 7. * Die größte Parzellierung tritt noch heutzutage in den Ge­

wohnheitsrechten und Gebräuchen des Handels, sogen. Usancen, deren jede Effekten- und Waarenbörse besondere besitzt und kodi­ fiziert, auf; vgl. unten §. 7 S. 31 ff.

Einleitung.

16

Geltung;

auch

das

aus der Gesetzgebung des Deutschen

Reiches (seit 1871) fließende deutsche Recht wird als ge­

meines Recht bezeichnet, ist jedoch nicht von bloß subsidiärer, fonbern von absoluter Geltung für alle diejenigen Angelegen­ heiten, welche nach Art. 4 der Neichsverfasiung ausschließlich der Gesetzgebung des Reiches unterliegen.

stimmende

Recht verschiedener

(selbständiger)

Das überein

(Staaten —

allgemeines Recht — reicht in Handelssachen, wie bereits in §. 1 angedeutet wurde, weiter als auf anderen Gebieten, weil hierin die Interessengemeinschaft weiter, reicht. Interessengemeinschaft

darf

auch

Diese

von der Rechtssprechung

nicht ignorirt werden; mit Recht bekennen sich die Gerichts­

höfe zu dem Satze, daß von der Handelsgesetzgebung jedes Staates vorausgesetzt werden muß, daß sie gemeinsam für

das gesammte handeltreibende Publikum gelten und nicht einseitig bloß die inländische Partei schützen und privilegieren

wolle; daher nahm z. B. das preußische Obertribunal mit

Recht an, daß auch die Handelsbücher ausländischer Kaufleute rücksichtlich ihrer Handelsgeschäfte Beweiskraft vor inländischen

Gerichten habend) §. 4. Geschichtliche Entwicklung des kontinentalen Handelsrechts überhaupt. So

wenig

der Handel eine eigenartige Beschäftigung

eines bestimmten einzelnen Volkes ist,

so wenig ist das

1 Entsch. d. preuh. Obertrib. I Anm. 2a u. die dort cit. Entherausg. v. Seligo u. A. Bd. XI | scheidungen des ROLG. Vgl. (N. F.: Bd. I) S. 375 ff. — auch die Tendenz der Art. 85 u. 86 Goldschmidt HR. 2.Aufl. §.33 , d.W.O. — RIX437, R XXII147.

Geschichtliche Entwicklung. §. 4.

17

Handelsrecht das Resultat der Rechtsentwicklung eines be­ stimmten Staates in dem charakteristischen Wesen eines solchen. Vielmehr wirkten zur Erstehung und Fortbildung des Handels­

rechts alle handeltreibendm Völker bestimmend auf einander ein, und auch der zeitliche Zusammenhang der Rechtssätze ist auf dem Gebiete des Handels leichter als auf ben meisten andern nachzuweisen.

verdankt Rom sein

Der Einwirkung fremder Kulturen') Jus gentium“

und jene Elastizität

seines Rechts, vermöge berat dieses befähigt war, den That­

beständen

und Bedürfnissen des Handels der Römer zu

dienen, eines Handels, der — als Unternehmung des Groß­

kapitals und zwar ursprünglich und vorzugsweise als über­ seeische Unternehmung betrieben — einige Jahrhunderte lang

höchst bedeutend war; die auf diesem Gebiete entstandmen Rechtsinstitute sind vielfach in das gemeine Verkehrsrecht übernommen worden und bilden zum Theil heute noch die

wichtigsten Elemente des Obligationenrechts im Handels1 So istalthellenischenUr- Entlehnungen finden fich z. B. Rechte sprungs das Rechtsinstitut des im westgothischen Seedarlehens (s. unten §. 123, (D a h n in GZ. Bd. 16 S. 404 ff., insbes. Anm. * und GUGesch. hierzu s. GUGesch. 111); in allen S. 78, 239, u. a. a. O.) und mitteleuropäischen Rechten des das der großen Haverei (s. unten Mittelalters find Lehnworte aus §. 124, insbes. bei Anm. 18; dem Arabischen s. GUGesch. GUGesch. S. 78 ff., 344, u. S.97ff.;dasaltgermanische, a. a. O.), sowie höchst wahrschein­ für das spätere Recht der Werth­ lich zum großen Theile auch das papiere, insbesondere wegen der Recht der Skripturobligationen, traditio cartae, hochwichtige Ur­ insbesondere des Bankverkehrs, kundenwesen (GUGesch. S.387 u. der Inhaber« und Orderpapiere in GZ. Bd.36. S. 124 ff., f, unter (Goldschmidt in der Z. f. Rechts­ §. 89 u. a. a. O.) hängt zusammen geschichte Bd. XXIII sR. F. VI] mit demspätrömischen(Heinr. S. 380 ff., GUGesch. S. 80 ff., Brunner, Deutsche Rechtsge­ tu a. a. O.). Andere — spätere — schichte IS. 392, 397 ff.). Gareis, Handelsrecht. 4. Ausl. 2

18

verkehr. *)

Einleitung.

Vom Ende des 11. I. an trat neben die theils

literarisch gepflegte,8) theils im Vulgarrecht*) praktisch er­ haltene Tradition des römischen Rechts ein neuer Faktor,

die Handelssitte des

Handelsstandes/)

letztere

wurde mächtig in den romanischen/) aber auch in deutschen und skandinavischen *) Emporien und trat dort wie hier in bett Stadtrechten wie in bett Korporationsstatuten der kauf­ männischen Schutzgilden und späteren Innungen zu Tage;

durch Süd- und Mitteleuropa zog mit den Waarenzügen das neuerstandene, immer mehr aus lokaler zu universeller

Geltung strebende Recht, sich, großenteils von der Lombardei aus, überall einbürgernd, wo Handel getrieben ward.

Unter

der Herrschaft der vom Kaufmannsstande beeinflußten Stadt­

rechteb) unfo her Statuten der kaufmännischen Collegia und

• GUGesch. S. 78, 79. Be­ sonders auf den Handel bezüg­ liche Rechtsnormen enthält das römische Recht namentlich im XIV. Buch der Digesten (lib. XIV tit 1 de exercitoria actione; tit. 2 de lege Rhodia de jactu; tit. 4 de tributoria actione; tit. 5 quod cum eo, qui in aliena potestate est, negotium gestum esse dicetur). — Ueber die Handels- und gewerberechtlichen Beziehungen bei gewissen adjectizischen Klagen s. Baron in GZ. Bd. 27. S. 119 ff. und GUGesch. S. 69 Anm. 61, S. 77 Anm. 87 u. a. a. O. • H. Brunner, a. a. O. S.389 ff. (Langobardische Rechts­ ulen). 4 Vulgarrecht s. H. Brun­

ner, D. a. a. O. S. 255, R. Schröder, Deutsche RechtSgeschichte S. 725. „Vulgarrecht und Usance- s. GUGesch. (Excurs) S. 90—94. 6 GUGesch. S. 125 ff. 6 „Die Ergebnisse der ro­ manischen Rechtsbildung im Mittelalter" GUGesch. von S. 237 bis zum Schluffe dieses Werkes. Vgl. unter §§. 23, 83, 123 u. a. und die dort angegebene Geschichtsliteratur. 7 Vgl. M. Pappenheim, GZ. Bd. 36 S. 85 ff. 8 Lästig, Entwicklungswege und Quellen des HR. 1878. (Genua u. Florenz.) — Ders. in GZ. Bd. 23 S. 138, Bd. 24 S. 387. — A. Lattes, diritto commerciale. Milano 1883. GUGesch. S. 112 ff., 153 ff.

Geschichtliche Entwicklung,

g. 4.

19

Nationes, unter lokalen und weiterher rezipirtm Gewohn­ heitsrechten, sowie unter der Gerichtsbarkeit eigener Standes­

gerichte ®) (consules u. s. w.) erblühte der Handel und der

Handelsstand in Italien, Spanien, Portugal und Süd-Frankreich ; sein Recht und seine Sitte mit sich führend, überschritt

er die Alpen, dm verlasimen römischm Heerstraßm folgmd, und

schuf neues Lebm an den uraltm Sitzen römischer

Kultur in Dmtschland, am Rhein und an der Donau; bald fuhrm deutsche Kaufleute mit den Produktm ihrer heimischm Industrie zu Schiffe und zu Lande gegen ©üben; die deutsche

Hansa und ihre Waaren trafen dort zusammen mit dm Italienern, und der Nordländer lernte den Geldhandel der

Lombarden") und das Gewohnheitsrecht derselbm kmnm

9 Die Kaufleute derselben Nationalität, welche an einem ausländischen Handelsplätze dau­ ernde Niederlassungen hatten oder wohl auch nur für kürzere Zeit sich daselbst handeltreibend aufhielten, bildeten, ähnlich wie die Studenten, besondere Lands­ mannschaften und Bursen; sie errichteten auch gemeinsame Waarenniederlaaen (Kaufhäuser, „©rden", fondachi). — Die Handelsgerichte (s. unten §. 6) nehmen ihren Ursprung in den Jnnungsgerichten der Kaufleute, so in Pisa, Florenz u. a., (hier­ über Goldschmidt in GUGesch. S. 170ff. und GSyst. §. 18 S. 83 ff.), auch in Deutschland: z.B.Köln i a. Rh., Danzig, Halberstadt, Quedlinburg (1. Cosack HR.! §. 3 Sinnt. 4 Lit.), später Königs-1

berg i.Pr. Dgl. Frommer, An­ fänge der Handelsgerichtsbarkeit in Königsberg in Pr. 1891. Schröder, Deutsche Rechtsge­ schichte S. 606 ff. 10 »Als Träger eines sich frühzeitiq nach antiker Art entwickelnven Bankwesens, weitverzweigten Geldverkehrs, als Vermittler umfaffender Staatsanleihen wie der auch hier indirekten Abgaben­ erhebung nehmen die ersten euro­ päischen Finanzmächte, „bicLombardi", eine mehr an die publicani, als an die doch beschei­ deneren TQctnt(tT eingetragen ist u. s. w. vorn 23. Januar 1880 (Harn*1 9lrt 6. Vgl. Gew. Ordn, bürget Gesetz-Sammlung 1880 §. 11. GSyst. tz. 25 S. 95—97. I. Abth. Nr. 3) in GZ. Bd. 2 Art. 9. (Schon nach einigen 27 S. 488. Nach §. 21 dieses : mittelalterlichen Statuten s. Gesetzes ist Mitglied Eines GUGesch. S. 245.) Ehrbaren Kaufmanns, wer als 2e R XV 24. solcher in das von der Handels-

Die Handelsfrau.

g. 16.

95

meinschaft mit einem Anderen (etwa ihrem Ehegatten), ob sie dasselbe in eigener Person oder durch einen Prokuristen

oder anbeten Handlungsbevollmächtigten betreibt.

Dagegen

ist die Frau keine Handelsfrau, wenn ihre Betheiligung an

einem Handelsgewerbe lediglich in einer Kapitalbetheiligung besteht, wie etwa im Falle, daß sie Aktionärin, oder Mitglied

einer Genoffmschaft ist u. dgl., ebensowenig, wenn die Frau bloß mit Arbeit, oder bloß mit Arbeit und Kapital, nicht aber, wie zum „Betreiben" der Geschäfte juristisch gehört,

mit ihrem Namen und unter primärer Haftung für das Ge­

schäft, an einem Handelsgewerbe betheiligt ist; deswegen ist

die Eheftau eines Kaufmanns, welche ihrem Ehemanne nur Beihilfe in seinem Handelsgewerbe leistet, keine Handels­

frau, b) selbst dann nicht, wenn diese „Beihilfe" eine sehr weitgehende, ja

bis zur Leitung des Geschäfts ausgedehnt

und mit Kapitalbetheiligung verbunden ist; wird aber das Etablisiement im Namen der Frau oder im Namm beider

Eheleute betrieben, so ist die Frau Handelsftau. Die

prinzipielle Gleichstellung beider Geschlechter im

Handelsrecht ist nicht vollständig durchgeführt; dieHandelsfraum sind z. B. vom Börsmbesuch, sowie auch vom per-

sönlichm Besuch der Gmeralversammlungm von Aktiengesell­ schaften u. s. w. in der Regel ausgeschloffm; auch wird der

Strafrichter bei Anwendung von §§. 209 (Ziff. 3 u. 4) u. 210 (Ziff. 2 u.

3) der Konkursordnung (strafbarer Bankerutt)

sich nicht dabei begnügen dürfen,

die formelle Kaufmanns-

eigmschaft der Handelsfrau, die dem Geschäfte ihrm Namm gab, festzustellen, sondern er wird zu ermitteln habm, ob

8 Art. Abs. 3.

96

Kap. II.

die Namengeberin

Die Personen im Handelsrecht.

oder eine andere Person

strafrechtlich

verantwortlich fei.4) Unter Vormundschaft stehende oder minderjährige Frauen­

zimmer sind in handelsrechtlicher Hinsicht nicht anders zu behandeln, wie unter diesen Voraussetzungen Personen männ­

lichen Geschlechts;

auch die fast ganz verschwundene Ge-

schlechtsvormundschaft setzt (unverheiratheten) Frauenzimmern

in handelsrechtlicher Beziehung regelmäßig keine Schranke.5) Dagegen kann eine Ehefrau, welche ein Handelsgewerbe

betreiben will, dies nur mit Genehmigung ihres Ehemannes thun/) sie kann ohne Einwilligung ihres Ehemannes nicht Handelsftau sein; diese Einwilligung kann ausdrücklich oder

stillschweigend gegeben sein; Letzteres ist gesetzlich auch dann

anzunehmen, wenn die Frau mit Wissen und ohne Wider­ spruch des Mannes Handel treibt; die Einwilligung kann

vertragsmäßig zu gewähren sein und ist in diesem Falle nicht beliebig zurückziehbar.

Der Mangel des eheherrlichen

Konsenses bewirkt für sich allein nach Handelsrecht nicht, daß die von der Frau in einem Handelsbetriebe abgeschlossenen

Geschäfte ungiltig feien.

Dagegen bewirkt ein solcher Mangel

allerdings den Wegfall der Eigenschaft des Geschäfts als

Handelsgeschäft, sofern hiervon die Kaufmanns-Qualität ge­

fordert würde/) ferner dm Wegfall der Gleichstellung der

handeltreibenden Ehefrau mit dm Kaufleuten in der erwähnten 4 Vgl. Keyßner HGB. S. ! 17 Nr. 7. — Es gilt nämlich j auch in Bezug auf den Begriff! „Handelsfrau" — analog — das > über den Begriff „Kaufmann" in Anm. 1 a zu §. 15 (oben S. R8) Bemerkte. j

° Vgl.Keyßnerinv.Holtzendorfj's Rs-Lex. unter „Handelssrau". GUGesch. S. 245. 6 Art. 7 R XXVII 4, 5. Ehegüterrechtliche Beschränkungen des Ehemannes R XXIV 39. 7 Goldschmidt HR. I S. 450 Anm. 4. R XXVII, 4, 5.

Die Handelsfrau.

§. 16.

97

Beziehung, ^) sowie den Wegfall der von dem bürgerlichm

Rechte abweichendm handelsrechtlichen Vermögens-Haftung?) Ob

der

eheherrliche Konsms

gerichtlich

supplirt

werden

kann, hängt von dem bürgerlichm Rechte des Wohnsitzes

der Ehegattm ab. Hat der Ehemann seine Einwilligung zum Handelsbetrieb seiner Ehefrau ertheilt und nicht (oder: unrechtmäßig) zurück­ genommen , so kann sich die Frau durch Handelsgeschäfte

gültig verpflichten, ohne daß es zu einzelnm Geschäften einer

besonderm

Bewilligung

des Ehemannes

bedarf;

alsdann

haftet sie für diese Handelsschuldm nicht bloß mit jenem Vermögen (Sondergut, Einhandgut u. dgl.), an welchem dem Manne weder Verwaltung

noch Nießbrauch zusteht,

sondem auch mit dem Vermögm, an welchem dem Manne Verwaltungsrecht oder Nießbrauch zukommt, ohne Rücksicht

auf diese oder die sonstigen, nach dem ehelichen Güterrecht dem Manne zustehmdm Vermögensrechte; ja es hastet sogar das gemeinschaftliche Vermögen der beidm Ehegattm für

die Handelsschuldm der Frau, bei allgemeiner Gütergemein­ schaft demnach das gesammte Vermögen der Ehegattm; das

persönliche Vermögm des Mannes (Sondergut desselbm) wird jedoch nur dann durch die Handelsgeschäfte der Frau belastet,

wenn dies durch das bürgerliche Recht besonders vorgeschriebm oder vom Ehemanne eine besondere Haftung übemommm ist.10 8 *)

Ein Absonderungsrecht der Gläubiger besteht in

Anbetracht des Handelsetabliffemmts nicht,") die Grundsätze des Äonkursrechts findm ohne Rücksicht auf das Handels­ gewerbe der Frau Anwendung.'?) 8 Art. 6. u. 9. — 9 Art. 8. - I 6. 74. — 11 Auch die §§. 24 '« Art. 8. — " Vgl. oben §. 13 | 25 u. 37 d. KonkOrdn. Gareis, Handelsrecht. 4. Aufl. 7

Kap. II. Die Personen im Handelsrecht.

98

§• 17. 3. MluderiShrlge als Handeltreibende.*) Personen, welche das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben (d. s. Minderjährige),*) können gewerbe mäßig Handelsgeschäfte betreiben, also Kaufleute sein, wenn sie

für großjährig erklärt sind oder wenn ihr Vormund in den Geschäftsbetrieb allgemein eingewilligt hat;

einer speziellen

Genehmigung einzelner Rechtsgeschäfte des Mündels seitens des Vormunds

bedarf es

in Betreff

der Frage,

ob der

Mündel Kaufmann sein kann, nicht; denn der „Betrieb" des

Handelsgewerbes setzt weder die Arbeitsbetheiligung, noch die Kapitalbetheiligung des Betreibenden voraus, vielmehr lediglich

das Namengeben seitens des Letzteren, und dieses ist, wenn der Betreibende ein Minderjähriger ist, nur mit Konsens des Vormunds zulässig; zudem hat der Vormund alsdann

bei der Bestellung der geschäftleitenden Person (Prokuristen

u. dgl.) mitzuwirken, wenn der Mündel durch die Rechts­ handlungen derselben verpflichtet werden soll.

Anders liegt die Sache, wenn der Mündel sich nicht bloß

durch Namengebung,

sondern auch durch

handelnde Mit

Wirkung am Geschäft juristisch betheiligen will; ob

und sich dadurch verpflichten kann,

er dies

entscheidet das bürger­

liche Recht; läßt es dieses zu, so ist spezieller Konsens des Vormunds, der dem Handelsgewerbebetrieb generell zustimmte,

zu den

einzelnen Rechtshandlungen

„Wiedereinsetzung

GSyst.

nicht nöthig und die

in den vorigen Stand wegen

24. L. 92—95. |

Minder-

1 MOL v. 17. §ebr. 1875 §. 1.

Von den Hilfspersonen im Handel überhaupt, ß. 18. jährigkeit" regelmäßig ausgeschlossen.^)

99

Auch im Uebrigen

ist das bürgerliche Recht maßgebend.8)

II. Die Hilfspersonen im Handel.*) §. 18. Von -en Hllfspersoneu im Handel überhaupt. Faßt man das Wort „Handel" im engeren Sinne auf, so daß

darunter nurderoben §. 2 (©. 13) sogenannte eigentliche Handel

verstanden wird, der Waarenhandel, so erscheinm als Hilfspersonm des Handels alle diejenigen, welche dm sogenannten

uneigentlichen Handel treiben, die Kommissionäre, Spediteure,

Frachtführer, Schiffer, Mäkler, Versicherer u. A.

Sie alle sind

dem Waarenhändler, welcher sich als eigmtlicher Kaufmann

mit Anschaffung und Veräußerung von Waaren beschäftigt,

in diesem Gewerbe behilflich. aus sönnen auch

(Von diesem Gesichtspunkte

„Agenten" *')

als Hilfspersonen des

Handels aufgefaßt werdm, und von demselbm Gesichtspunkte aus ist das Mäklerrecht in diesen Abschnitt gestellt worden.)

Wird aber das Wort Handel im weiteren Sinne ge­ nommen, so erscheinm als „Hilfspersonen im Handel" alle 2 Vgl. z. B. bayer. EinfG. z. A. D. HGB. Art. 7 und nach dem preuß. G. v. 5. Juli 1875 die Geschäftsfähigkeit Minder­ jähriger betr. 9. — Das preuß. Recht s. im Uebrigen bei Makower, HGB. Anm. 5b zu Art. 4 (S. 13—14). 3 Gewohnheitsrechtliche Er­ weiterung der Vertragsfähigkeit von Minderjährigen und Haus­ kindern lag in der Tendenz schon

des mittelalterlichen Handels, ist aber nicht einheitlich gestaltet und nicht allgemein durchgedrungen. GUGesch. S. 244, 245. * Vgl. Wendt im Hdbch. §§. 64-73. Ueber das Recht der kauf­ männischen, juristisch in sehr ver­ schiedene Arten einzutheilenden Agenten s. oben §§. 10 (Anm. 22 a), 15 Anm. 8 a., und unten 88-64 ff., auch GSyst.S. 116,117. 7*

100

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

Personen, welche demjenigen, der gcwerbemäßig Handels­

geschäfte betreibt, folglich mit seinem Namen an der Spitze eines Etablissements steht (Prinzipal, „Eigenthümer" der

Handelsniederlasiung — dieser kann selbstverständlich auch eine juristische Person oder Handelsgesellschaft sein), innerhalb

dieses Etablissements zur Erreichung der industriellen oder kommerziellen Zwecke desselben Hilfe, Dienste, leisten.

Die

mitunter

sehr

zahlreichen *b)

Bediensteten

einer

Handelsniederlasiung können von verschiedenen Standpunkten aus eingetheilt werden; so z. B. nach Maßgabe der Vergeltung

ihrer Verdienste in solche, welche Tantiemen erhalten (z. B.

der Commis Interesse,

der Provisionsreisende), mit oder

ohne fixen Gehalt, solche die auf fixen Gehalt, mit oder

ohne Kost und Wohnung, gestellt sind, solche, die nur Kost und Wohnung vom Prinzipal erhalten,

solche, die nach

Tarifen zu honorieren sind, ferner unbesoldete (Volontärs)

mit sehr verschiedenem Range der Beschäftigung, und endlich

solche, welche Lehrgeld zu entrichten haben. Die wichtigste Eintheilung der Hilfspersonen ist die in a) juristische Vertreter des Prinzipals, d. s. diejenigen Hilfspersonen,

welche

beauftragt und bevollmächtigt sind,

Rechtsgeschäfte im Namen des Prinzipals mit der Wirkung

abzuschließen, daß der Prinzipal daraus unmittelbar berechtigt bezw. verpflichtet wird: Handlungsbevollmächtigte; und b) solche Hilfspersonen,

welche dem

Eigenthümer der

Handelsniederlassung nicht durch juristische Stellvertretung, sondern durch handels-technische oder -mechanische (unrichtig

sogen,

„faktische") Dienste (z. B. Buchhaltung,

*b Schon in dem mittelalter-

Magazin-

lichen Handelsverkehre, GUGesch. S. 249.

s.

Don den Hilfspersonen im Handel überhaupt.

§. 18.

101

Verwaltung, Waarentransport innerhalb des Etablissements, Aufrechthaltung der Ordnung daselbst, Korrespondmz ohne

Firmenzeichnung) behilflich sind und Handlungsgeh ilfen (nämlich im engeren Sinne, in einem weiteren Sinne

gehörm auch alle im Geschäft angestellten Handlungsbevoll­ mächtigten zu den Handlungsgehilfen)***) heißen. Als Handlungsbevollmächtigte sind alle diejenigen An­

gestellten eines Etablissements zu bezeichnen, welche ihren

Willen im Namm des Prinzipals mit der Wirkung erklären könnm, daß derselbe nach außen als Wille des Prinzipals

gilt;

sie führm im kommerziellm Leben sehr verschiedene

Titel, aus benen in der Regel nicht zu mtnehmen ist, ob

sie

zur

juristischm

Vertretung

der

mechanischen Dimstm angestellt sind.

Firma oder

nur zu

So sind Direktor, Dis­

ponent, Kommis, Kassierer, Geschäftsreismder der Firma,

Cargadeur, ja selbst der Lehrling: Handlungsbevollmächtigte, nämlich wenn und soweit sie als ermächtigt gelten, Rechts­

geschäfte für dm Prinzipal abzuschließen, z. B. Verkäufe; dagegm sind der Buchhalter, der Korrespondmt, der betrieb-

leitmde Techniker (Jngmimr, Mechaniker,

Chemiker), der

Markthelfer, der Küfer, auch der Kommis und der Lehrling

keine Handlungsbevollmächtigten, sondem nur — vielleicht — Handlungsgehilfm, nämlich wmn und soweit sie nur zur

Vornahme

kommerziell-technischer

zur juristischm Vertretung

Dimstleistungen,

nicht

der Firma beauftragt und er­

mächtigt sind.

* In letzterem — also im innere (d. i. Dienstvertrags-) Stel« weiteren — Sinne gebraucht das lung dieser Personen nörmirend. HGB. in den Art"57—65 das Ueber die hier bestehende StreitWort „Handlungsgehilfe", in frage s. G & F. Bem. 6, 7, diesen Vorschriften jedoch nur die 90, 106 ff. zu Art. 41.

Kap. II.

102

Die Personen im Handelsrecht.

Die Unsicherheit, welche aus dem Mangel feststehender Namen und Bezeichnungen der einzelnen Arten von Ange­ stellten im Handel für das Publikum entspringt, wird durch

das

deutsche Handelsrecht

thunlichst

durch

folgende Be

stimmungen beseitigt:

1. durch die Schaffung des Rechtsbegriffs der Prokura als einer möglichst weitgehenden und nach außen zu unbeschränkten Handlungsvollmacht (s. §. 19);

2.

durch das (andere)

Erforderns

von Spezialvollmachten

für

in gesetzlich

be-

Handlungsbevollmächtigte

stimmten Fällen (s. §. 20); 3.

durch die Einreihung der „Handlungsreisenden" unter die „Handlungsbevollmächtigten" mit der näherer: An­

gabe, daß dieselben insbesondere für ermächtigt gelten, dm Kaufpreis aus den von ihnm abgeschloffenen Ver­ käufen einzuziehen oder dafür Zahlungsfristen zu be

willigen; *)

4.

durch die Rechtsvermuthung, daß, wer in einem Laden oder

in einem offenen Magazin oder Waarenlager

angestellt ist, für ermächtigt gilt, daselbst Verkäufe und Empfangnahmen vorzunehmen, welche in einem der­

artigen Ladm, Magazin oder Waarenlager gewöhnlich geschehen, ?) und 5.

durch die Rechtsvermuthung, daß der Ueberbringer einer Quittung für ermächtigt gilt, die Zahlung zu

empfangen, sofern nicht die dem Zahlenden bekannten Umstände der Annahme einer solchm Ermächtigung

1 Art. 49. Diese Bestimmung i wendbar. R VI 83. 0» Art. 52 Abs. 1. RXII 112. R. XXVI 105. 11 S. IV 294, V 207, X 142, XII 277, XX 122. - sämmt­ lich verglichen mit den oben in Annr. 7 zu §. 19 angeführten

Entscheidungen. — Bereiche rungsklage gegen dm Prinzipal? R X 260. — ,,M Stillschweigende Bestellung eines Handlungsbe­ vollmächtigten, der sich als solcher geriert, s. R I s.

Der Handlungsbevollmächtigte,

§. 20.

11g

er sich, ohne es zu sein, für einen Prokuristen oder Handlungs­ bevollmächtigten aus, so wird er aus dem vollmachtslos geschlossenm Geschäfte persönlich dem Dritten verpflichtet, es wäre denn, daß der Dritte den Mangel der Vollmacht kannte

und

sich

hat.

trotzdem mit dem Pseudostellvertreter eingelaflen

Hat der Prinzipal einem nach Art. 47 ermächtigtm

Handlungsbevollmächtigten Einschränkungen auferlegt, welche

engere

Grenzm

als

ziehm

die

Rahmm

dieses

Artikels,

m. a. W.: hat der Prinzipal dem zum Betriebe eines ganzen Handelsgewerbes Bevollmächtigten

Betriebes

gewöhnlich

nöthig

einzelne innerhalb dieses

werdende

Rechtshandlungen

untersagt, oder dem zu einer bestimmtm Art von Geschäften

Ermächtigten Handlungen verbotm, welche dem gewöhnlichen Laufe der Dinge nach zu jener Art von Geschäften gehören,

so

hastet der Prinzipal dem Dritten trotz der Vollmachts­

überschreitung feines Bevollmächtigtm, roenn der Dritte die

Einschränkung nicht kannte-

Ueberschreitet der Bevollmäch­

tigte jedoch die in Art. 47 und in dm diesem mtsprechendm Vollmachtm gezogmen Schrankm,

so

Prinzipal, dem Drittm.

aber, welcher mit dem

Letzterer

haftet er, nicht der

nicht oder nicht gmügmd bevollmächtigten Pseudostellvertteter konttahirte

und

nach

den

obm

mtwickeltm

Grundsätzen

unter Umständen Rechte gegen diesm erlangt, kann inhaltlich derselbm nach seiner Wahl mtweder Austechterhaltung (Er­

füllung) des vom Pseudostellvetteter mit ihm abgeschlosimm Verttags (mithin Gintreten

des Letzteren in dm Verttag

als Selbstkontrahent) oder Schadenersatz (Leistung des nega-

troen Vertragsinteresses nebst Kostenersatz u. s. w.) fordem.*)

' Art. 55.

Art. 298. R XVIII 158.

Gareis, Handelsrecht. 4. Aufl.

114

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

Zu 2. Das zwischen dem Prinzipal und dem Bevoll­

mächtigten

bestehende

Vertragsverhältniß

(oder

wie

man

mitunter sagt, die innere Seite der Bevollmächtigung) ist auf

einen

Arbeilsvertrag,

zurückzuführen.

Freidienst-

oder

Lohndienstvertrag

Inhaltlich desselben ist der Bevollmächtigte,

er sei Prokurist oder sonstiger Handlungsbevollmächtigter, —

ebenso wie auch ein nicht bevollmächtigter Handlungsgehilfe — an die Weisungen des Prinzipals im Geschäftsbetriebe gebunden, selbst wenn

solche Weisungen den Stellvertretungscharakter

des Bevollmächtigten nicht durchbrechen können und der Prin­

zipal dem Dritten gegenüber auch dann haften muß, wenn

der Vertreter seine Vollmacht überschritt (worüber die unter

Ziff. 1

eben erörterten Grundsätze entscheiden):

in jedem

Falle aber — mithin auch in dem zuletzt erwähnten — haftet der Bevollmächtigte dem Prinzipal für Ersatz des ganzen Schadens, welcher aus der Nichtbeachtung Vertrags mäßig zu beachtender Weisungen und Schranken dem Prin zipal erwuchs.

Die beiderseitigen Rechte und Pflichten regelt

der freie formlose Vertrag zwischen den Betheiligten;llb)

gesetzlich ist aber bestimmt, daß die Handlungsvollmacht von dem Bevollmächtigten ohne Einwilligung des Prinzipals nicht

auf einen Andern übertragen werden kann,12) sowie daß der

Tod des Prinzipals das Erlöschen der Vollmacht nicht zur Folge hat13), und daß die Prokura und jede andere Hand­

lungsvollmacht

zu

jeder

Zeit

vom

Prinzipal

widerrufen

werden kann, unbeschadet der Rechte aus dem bestehenden

llb Ueber den Commis inte- I 18 Art. 54 Abs. 2. Auflösung resse s. R VI 79. , der anstellenden Aktiengesell'8Art.53.Ueber stillschweigende schäft R XXIV 70. Bestellung vgl. oben Anm. 11a.

Der Handlungsbevollmächtigte.

§. 20.

115

Dienstverhältnisse.u) Widerruft der Prinzipal die Handlungs­ vollmacht, ohne die vertragsmäßige oder gewohnheitsmäßige

Kündigungsfrist abzuwarten, und ohne einen triftigen Grund zur Auflösung des Dienstverhältnisses geltend machen zu können oder zu wollen, so erlischt die Vertretungsbefugniß

des Bevollmächtigten zwar sofort, aber der Prinzipal hat demselbm das Salair bis zu dem Zeitpunkt zu bezahlen,

an welchem der Dienstvertrag nach vorgängiger Kündigung

zum Erlöschen gebracht werden könnte, oder die Abstands­

summe u. dgl. zu entrichten, wenn eine solche für dm Fall eines plötzlichm und nicht mit triftigem Grunde motivirten Widerrufs der Vollmacht vereinbart war, oder den Schaden

zu ersetzen, welcher dem vorzeitig und unmotivirt Entlassmen hieraus erwächst;

eine Klage auf Erfüllung steht keinem

Theile zu, auch der Prinzipal hat nur die Klage auf Schaden­

ersatz oder auf Konventionalstrafe, wmn der Bevollmächtigte sein Mandat vertragswidrig niederlegt.ls) Der Prokurist und der zum Betriebe eines ganzen Handelsgewerbes bestellte Handlungsbevollmächtigte (nach Art. 59 aber auch alle Handlungsgehilfm) sind noch einer

eigenartigen Einschränkung in ihrer Lebmsthätigkeit unter­

worfen ; diese Bevollmächtigten dürfen nämlich ohne die — auch stillschweigend zu ertheilende — Erlaubniß des Prinzipals weder

für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Handels­ geschäfte machm;16) die Einwilligung des Prinzipals ist jedoch schon dann anzunehmm, wmn ihm bei Ertheilung der General-

" Art. 54 Abs. 1. R XXII 35. 16 I 37, (V 349), XIII 221, XVII 220. 16 Art. 56. Vgl. oben §. 12.

Gegen Koalitionen und illoyale Konkurrenz der Gehilfen u. s. w. richten sich schon mittelalterliche Statutarrechte, GUGesch.S.250.

116

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

vollmacht bekannt war, daß der Bevollmächtigte für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte betreibe und er die Aufgebung dieses Betriebs nicht bedungen hat. Uebertritt der genannte Bevollmächtigte das Verbot, welches sowohl ein Verbot des gewerbemäßigen Betriebs des Handels als auch ein Verbot einzelner Handelsgeschäfte ist, so kann der Prin­ zipal von ihm Ersatz des hierdurch verursachten Schadens fordern, n) auch muß sich der Bevollmächtigte (nebm der Schadenersatzforderung oder auch ohne diese) gefallen lassen, daß die für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals geschlossen angesehen werden,17B) und zwar ohne daß für die Ausübung dieser Befugniß dem Prinzipal eine Frist — abgesehen von der Verjährungsfrist — gesetzt wäre. Der nicht selten vorkommende Vertrag zwischen einem Handlungsbevollmächtigten und dem Prinzipal, inhaltlich dessen Ersterer nach Beendigung des Dienstverhältnisses eine gewisse Frist hindurch (z. B. 5 Jahre) in einem bestimmten Bezirke (z. B. an dem Wohnort des Prinzipals, in derselben Provinz) ein Konkurrenzgeschäft weder gründen noch sich an einem solchen mit Kapital oder Arbeit betheiligen darf bei hoher Konven­ tionalstrafe, ist als der Gewerbefteiheit nicht widersprechend und überhaupt als zulässig zu erklären,17 18) vorausgesetzt, daß durch die Höhe der Strafe, die allzulange Dauer der Frist und die allzuweite Bezirksbestimmung nicht das Maß der guten Bitten überschritten wird.19) 17 I 37, VII 418, XVI 290. I 18 VII 423. R 1 22. AuS17a Gareis Verträge zu dehnende Auslegunq ist aber undunsten Dritter S. 19 ff. — 'zulässig. RXXVI165. —XVIII Anspruch auf Herausgabe der 102. Vgl. auch R II 119. Provision R VIII 48.

Die Handlungsgehilfen.

§. 21.

117

§. 21.

Die Handlungsgehilfen. Der Handelsstand bedient sich



abgesehen von den

Handlungsbevollmächtigten — der Hilfe von drei Artm von

Bediensteten:

1. der Handlungsgehilfen,

d. s. Personen, welche im

Handelsgeschäfte des Principals angestellt, bedienstet sind und darin kaufmännische, kommerziell-technische Dienste (ohne juristische Stellvertretung) leisten, Hand­

lungsdiener und Handlungslehrlinge; 2. der Gewerbegehilfm, d. s. Personen, welche im Ge­ schäfte des Prinzipals angestellt sind zur Vornahme gewerblicher, industriell-technischer Arbeiten für das Geschäft, die Arbeitm mögen der mechanischen oder

der chemischm Technik angehören, in Leitung oder in Ausübung solcher technischm Verrichtungen bestehm; diese Personen sind nicht Handlungsgehilfen, sondern

Gewerbegehilfm, selbst bann', wmn das Geschäft des Principals

ein Handelsgeschäft ist;

maßgebmd für

die Dimstverhältnisie ist nicht das Handelsrecht, sondem das Gewerberecht; oberstrichterlich ist dies z. B. aus­

gesprochen in Bezug auf den technischm Leiter (Brau­ meister) einer Bierfabrik (Brauerei),*) den technischm

Leiter einer chemischm Fabrik (wmn er nicht zugleich Kassa- oder Komptoirgeschäfte zu besorgm hat,1 2) dm Werkmeister in einer Tuchfabrik^) u. s. w.

1 IX 306. 2 XIV 114.

!

Hierher

' XI 387, vgl. damit X 299, XIV 23, 51, XIX 382, XXI201.

Kap. II.

118

Die Personen im Handelsrecht.

gehören aber auch in den Fabriken oder Manufakturen mit der Fabrikation direkt beschäftigte Arbeiter,

Ge-

werbsgesellcn,

Gewcrbslehrlinge, Fabrikarbeiter und

die Aufseher,

Borgeber u.

Fabriken.

dgl. Bedienstete in den

Sie sind nicht Handlungsgehilfen, sondern

Gewerbsgehilfen und dem Gewerberecht unterstellt/) 3. des Gesindes, d. s. Personen, welche bei dem Betriebe z. B.

des Handelsgewerbes Gesindedienste verrichten,

Hausknechte, Packer u. dgl.; in Bezug auf diese gelten die Gesindeordnungen und die übrigen das Gesinde

dienstverhältniß betreffenden Vorschriften,^) das Handels­ recht höchstens subsidiär, soweit Analogie zulässig ist. Von diesen drei Arten, welche sich, wie man sieht, durch

die Natur der zu leistenden Dienste unterscheiden, der ersten im Handelsrecht zu gedenken.

ist nur

Die Normen, welche

das HGB. hierüber aufstellt, sind nicht zahlreich.

Voraus-

zuschicken ist, daß ein Handlungsgehilfe, welcher von dem

Prinzipal zu Rechtsgeschäften im Handelsgewerbe beauftragt wird, als Handlungsbevollmächtigter zu betrachten ist und

dm für diesm geltenden Normm unterliegt;

ohne solchen

Auftrag ist der Handlungsgehülfe nicht ermächtigt, Nechtsgeschäfte im Namen und für Rechnung des Prinzipals vor­

zunehmen. Es

solchen

kommt

demnach

für

den

Handlungsgehilfen

als

lediglich das Dienstverhältniß und der dasselbe be-

gründmde Dienstvertrag in Betracht.

Dieser ist

formlos

abzuschließen und in Bezug auf die beiderseitigm Leistungen, insbesondere die Natur der Dimste und die Ansprüche der 4 XVII 307, XIV 51. And. Ans. Thöl, s. oben §. 18 n. E.

Anm.8-10S.69—70. — 65. — 6 Art. 58.

Art.

Die Handlungsgehilfen.

§. 21.

119

Handlungsgehilfen auf Gehalt und Unterhalt maßgebend; schweigt in einer dieser Beziehungen der Vertrag, so ent­ scheidet der Ortsgebrauch oder das Ermessen des Gerichtes,

welches nöthigenfalls Sachverständige gutachtlich über das muthmaßlich gewollte Vertragsverhältniß vernimmt?)

Der

Abschluß solcher Verträge ist für den Prinzipal Handelsge­ schäft;^) in ihnen kann durch Festsetzung von KonventionalOrdnungsstrafen eine Geschäftsordnung vereinbart sein. Durch den Vertrag kann die Zeitdauer des Dienstver­

hältnisses und eine beliebige, beide Theile bindende Kündigungs­

frist festgesetzt werden; ist dies nicht geschehen, so kann das Dienstverhältniß von jedem Theile mit Ablauf eines jeden

Kalendervierteljahres nach vorgängiger sechswöchentlicher Kündigung aufgehoben roerben.9) Auch für das Lehrlings­ verhältniß ist in erster Linie der Vertrag (Lehrvertrag), auch bezüglich der Dauer desselben maßgebend, in Ermangelung vertragsmäßiger Bestimmungen hierüber aber das Ortsrecht

(insbesondere Polizeirecht oder Ortsgebrauch) entscheidend?9) Vor Ablauf der vertragsmäßigen Dauer, sowie insbe­

sondere vor Ablauf der Kündigungsfrist kann das Dienstver­

hältniß durch einen aus wichtigen Gründen gestatteten Rück­ tritt seitens des Prinzipals wie seitens des Handlungsgehilfen

beendigt werden, d. h. der Prinzipal kann den Letzteren vor der bestimmten Zeit entlasten und der Letztere aus dem Dienstverhältniß ebenso

austreten,

wenn

triftige Gründe

hierzu vorhanden sind, deren Wichtigkeit vom Gesetze in

beiden Fällen dem richterlichen Ermeffen zur Beurtheilung

7 Art. 57. - R S. oben 10 S. 64 Anm. 27. - 9 Art. 61.

10 Art. 61 Abs. 2. Ueber den Lehrvertrag s. IX 279, II 134, (V 142), XIV 16.

Kap. II.

120

Die Personen im Handelsrecht.

überlassen ist;") zudem zählt das Gesetz einzelne Gründe

auf, aus welchen insbesondere die Beendigung des Dienst Verhältnisses gegen den Prinzipal11 12)* und bezw. den Gehilfen oder Lehrlings) richterlich ausgesprochen werden kann;

ob

dabei eine Forderung auf Schadenersatz gegen den wegen kontraktwidrigen Benehmens zu Entlassenden geltend gemacht roerben kann, hängt von dem bürgerlichen Rechte ob.14)*

Andererseits ist gesetzlich festgestellt, daß ein Handlungs­ gehilfe, welcher durch unverschuldetes Unglück an der Leistung

eines Dienstes zeitweise verhindert wird, dadurch seine An­ sprüche auf Gehalt und Unterhalt nicht verliert,

es müßte

denn sein, daß die Verhinderung über 6 Wochen dauert?')

Der Handlungsgehilfe ist seinem Prinzipal zur Treue

im Geschäfte verpflichtet;16) Verletzung dieser Treue, Vertrauensmißbrauch

ist sofort wirkender Aufhebungsgrund des

Vertrages; dies gilt auch von dem Falle, daß der Gehilfe

ohne Einwilligung des Prinzipals für eigene Rechnung oder

für Rechnung eines Dritten Handelsgeschäfte macht; n) zudem

hat der Prinzipal das Recht in ein derartiges Geschäft des Gehilfen wenn

ein

einzutreten und

Schadensersatz

zu fordern,

Handlungsbevollmächtigter in Verletzung

wie seiner

Dienstpflicht Geschäfte gemacht hättet)

11 Art. 62. Vgl. hierzu: II 284, IV 898 ff., VI 214, VIII 153, X 185, XIII 223, XVI 170, XVII 220, XVIII 29, XIX 113, XXI 252. r-Art. 63. Dgl. hierzu XIII109. 18 Art. 64. Vgl. XIX 113, XXI 394. — " XIV 21.

16 Art. 60. — Hinsichtlich der gesetzlichen Alters- u. Jnvaliditätsversicherung s. RG. v. 22. Juni 1889. RGBl. 1889 S. 97. 16 Art. 64 Biff. L 17 Art. 64 Ziff. 2, Art. s. 59 XIX 114. 18 Art. 59 Abs. 2, Art. 56.

Die Handelsmäkler.

§♦ 22.

121

8. 22.

Vie HaudrlsrnLLler (Sensale).*)

Personm, welche sich ein Geschäft daraus machen, den Abschluß von Rechtsgeschäften zu vermitteln, indem sie den ihnen mitgetheilten Wunsch und Willen des einen der (künftigen) Kontrahmten, einen bestimmten Vertrag abzu­ schließen, einer andern Person mitttheilen, welche ihrerseits geneigt ist, jenen Vertrag als Gegenkontychent abzuschließen, * Lit. s. bei GrünhutHdbch. Bd. III S. 132 Anm. 1 ff. Ge­ schichtliches über das Mäklerrecht s. Laband Z. f. deutsch. Recht Bd. XX S. 1 ff. (1860), ferner G oldschmidt in seiner Z. Bd. 28 S. 115 ff. Goldschmidt weist unter Anderem nach, daß der Name „Sensal" (von dem alt­ arabischen Worte simsar — Ver­ mittler — und dem persischen sipsar abstammend) in Zusam­ menhang steht mit dem orienta­ lisch-italienischen Verkehr im frü­ hen Mittelalter. Hierzu s. nun GUGesch. S. 22 ff., 250 ff. Für den Zusammenhang von Mäklerei und Dolmetscherthum (auch Kommission) bringt M. P a p p e n h e i m in GZ. Bd.XXIX S. 440 ff. interessante Belege aus dem nordischen mittelalter­ lichen Verkehr. Jene Art des Handels er­ zeugte auch, wie Goldschmidt a. a. O. und GÜGesch. S. 253 andeutet, die mit dem Zollwesen zusammenhängenden Kauf- und Lagerhauseinrichtungen, das

Recht eines Fondaco (d. i. Lager­ oder Kaufhaus, aus dem Ära­ bischen fonduc und dem Grie­ chischen ncivtfdxoc stammend). Vgl. ferner R. Ehren berg in GZ. Bd. 30 S. 403 ff.: Makler, HostelierS und Börse in Brügge vom 13. bis zum 16. Jahrhundert (dort ging das Gewerbe der Hosteliers, d. s. Besitzer von hostels, zur Fremdenbeherber­ gung und zur Waarenaufspeicherung, auch von Kellern, woher sie auch celliere heißen, und Magazinen, fondachi, theilweise Hand in Hand mit dem Gewerbe der Mäkler, mit deren Zunft die Innung der ersteren im Jahre 1303 verschmolzen wurde). — Ueber das mittelalterliche LagerhauSweftn s. GUGesch. S. 98 , 253, 254. Ueber den Fondaco deiTedeschi in Venedig und die Deutsch-Venezianischen Handelsbeziehungen." H. Si­ ms nSfeld, 2 Bde. Stutt­ gart 1887.

Kap. II.

122

Die Personen im Handelsrecht.

mithin Angebot und Nachfrage konkreter Personen mit em

ander in die geeignete thatsächliche Beziehung bringen, heißen Mäkler (Sensale, Courtiers, engl. Brokers).

Das Ge

schäft der Mäkler, bereits den Hellenen, Römern, Puniern

und Arabern bekannt,a) hat im Mittelalter große Bedeutung gewonnen; schon im

13. Jahrh, ist in den romanischen

Ländern das Mäklerrecht vollentwickelt und der Mäkler hier

nach

damals schon

ein

amtlich

(in der Regel

von

der

Kaufmannsinnung des Ortes nach Statutarrecht) bestellter Vermittler (daher auch mediator, messeta,

u.

ähnlich genannt) von Handelsgeschäften überhaupt oder von solchen eines besonderen Handelszweiges, regelmäßig mit dem

Privileg der Ausschließlichkeit seiner Geschäftsvermittelung

ausgerüstet.!»)

Nach

Mäklergewerbe frei,

heutigem

deutschen Rechte

ist

das

insoweit nicht die Landesgesetze, was

durch das Handelsgesetzbuch ausdrücklich vorbehalten ist, den auf Grund dieses Gesetzbuchs amtlich fungirmden „Handels­

mäklern"

das

ausschließliche Recht zur Vermittelung von

Handelsgeschäften beilegen?)

Die Bedeutung des Mäklergewerbes liegt darin, daß sowohl auf dm Börsen (Effekten

wie Produktmbörsen), als

auch auf großen Meffen (Märkten) Konzmtrierungspunkte

für Angebot und Nachfrage, z. B. für Verkaufs und Kaufs­

lustige,

nöthig sind

und

durch

die daselbst

fungirendm

Mäkler gebildet werden, daß ferner von diesen die Fixirung der Marktpreise, Kurse, Durchschnittswerthe ausgeht, daß,

auch abgesehen von jenen Angebots- und Nachfragehäufungen * GUGesch. S. 22 Note 18. S. 251 ff. — 1 Art. 84. Vgl. S. 250. — b Goldschmidt in s. ! Grün Hut im .vdbch. §. 308. Z. Bd. 28 8. 116 ff. u. GUGesch. ! (Bd. III S. 136, 137.)

an Börsen und auf Märkten, ein Bedürfniß nach Stellen besteht, an denen Jedermann, namentlich auch der Ortsunkundige die sich bietenden Gelegenheiten zu Vertragsabschlüssen erfahre, ein Bedürfniß, welches im Mittelalter weit stärker sich geltend machte als heutzutage, und nun durch die Mäkler (außerhalb der Börsen namentlich für dm Verkehr mit Wechseln, durch Wechselsmsale, sowie für das Seefrachtgeschäft durch Schiffsmäkler) befriedigt wird, und endlich, daß ein Bedürfniß nach leichter und zweckmäßiger Errichtung von Beweismitteln über einzelne Verträge sowohl als über Gesammtwerthbewegungen (Marktpreise) besteht und durch die Mäkler gedeckt wird. Dem Handel bienen im Deutschen Reiche zwei Arten von Mäklern: a) Privathandelsmäkler, „Privatmäkler" und b) amtlich bestellte Mäkler, im HGB. „Handels­ mäkler" genannt. Das HGB. normirt nur die Rechtsverhältniffe der Letzteren und läßt für die Ersteren das bisherige und parti­ kulare Recht mtscheidm; doch finden in Ermangelung anderer Bestimmungen auf die „Privatmäkler" diejenigen vom HGB. für „Handelsmäkler" aufgestellten Grundsätze Anwmdung, welche sich nicht auf die Mäkler als amtlich bestellte Vertrauenspersonm mit staatlicher Anstellung und Amtseid, sondem auf die Mäkler als „gewerbsmäßige Vermittler von Handelsgeschäften" beziehen, analoge Anwendung?) Zu diesm „Privatmäklern" gehören u. A. diejenigm Personm, 2 Goldschmidt, Gutachten . HGB. 1871. Bd. I S. 265—267. über d. Entw. d. HGB. S. 44, Für Oesterreich: G. v. 4. 45. F. v. Hahn, Komm, zum April 1875.

welche, ohne amtlich bestellt und beeidigt zu sein, die Ver­ mittelung von Frachtverträgen zwischen dem Absender und dem Frachtführer oder Schiffer bewirken (Frachtmakler, Güterbe­ stätter, Schiffsprokureure); diese Personen sind gesetzlich nicht als Spediteure zu erachtens) ihre geschäftliche Stellung vielmehr nach Mäklerrecht im zuletzt angedeuteten Sinne zu beurtheilen; die gewerbemäßig betriebenen Geschäfte der Privatmäkler sind Handelsgeschäfte/) „Handelsmäkler" im Sinne des HGB. sind „amtlich bestellte Vermittler für Handelsgeschäfte;"^) auch sie sind, wie alle anderen Mäkler nur thatsächliche Ueberbringer, Ver­ mittler des Parieiwillens, nicht Stellvertreter, sondern nur qualifizirte Boten, die jedoch nicht den Vertragswillen oder die Erklärung des Dertragswillens von Einem zum Andern tragen, sondern nur die Erklärung der Geneigtheit oder Be­ dürftigkeit, einen Vertrag abzuschließen, überbringen; die Handelsmäkler sind außerdem aber vermöge ihrer amtlichen Stellung qualifizirte Urkundspersonen. I. Die Anstellung der Handelsmäkler geschieht nach Maßgabe der Landesgesetze;5B) diese räumen in der Regel gewiffen kaufmännischen Korporationen, Handelskammern u. s. w. Dorschlagsrechte ein, das HGB. schreibt nur die Be eidigung vor, welche vor dem Amtsantritt zu erfolgen hatß) und in der Regel durch Handels- oder gewöhnliche Gerichte abgenommen wird; die Anstellung geschieht entweder im Allgemeinen für alle Arten von Mäklergeschäften oder für einzelne Arten derselben?) (z. B. Börsensensale, Getreide 3 Art. 389. Vgl. unten §. 65. 8‘ GSyst. S. 112 ff. - 6 Art. 4 Art. 272 Ziff. 4. S. oben 66 Abs. 2. - 7 Art. 68. (Vgl. S. 61-62. — 6 Art. 66 Abs. 1. GUGesch. S. 251 Anm. 58 a.)

Die Handelsmäkler.

§. 22.

125

Außer den näheren Bestimmungen über die An­

Mäkler).

stellungsverhältnisse der Mäkler ist dm Landesgesetzm auch überlassen,

über die Bestrafung der von ihnm im Bemfe

begangenen Pflichtverletzungen das Erforderliche zu bestimmen

und die handelsgesetzlichm Normm über Mäklerwesm über­

haupt dm lokalen Bedürfnissm mtsprechmd zu ergänzen.8) Demgemäß haben manche Landesgesetze als ©trafen Geld­

bußen und zeitweilige und gänzliche Dimstentsetzung ange­ droht, und zur Ergänzung theils das ältere Recht als in Kraft verbleibmd erklärt, theils einzelne Ordnungsvorschriften,

theils

Ausdehnung

der

Mäklerbefugniffe

auf Abhaltung

öffmtlicher Versteigerungm und auf Vermittlung aller Geld­

geschäfte verfügt?) II.

Das HGB. räumt dm Handelsmäklem folgende

Rechte ein: 1. die Vermittelung von Geschäften für Auftraggeber:lu)

nämlich von Käufen und Verkäufm über Waarm, Schiffe,

Schiffsparten,") Wechsel, inländische und ausländische Staats­ papiere, Aktim und andere Handelspapiere, dann von Ver-

trägm üb« Versicherungm,

Bodmerei, Beftachtung und

Miethe von Schiffm, auch von Verträgm üb« Land- und Wassertransporte und üb« and«e dm Handel betreffmde

Gegmstände; die Auftraggeber sönnen die von dm Handels»

mäklem vermitteltm Verträge für eigene Rechnung abschließm

wollen, ob« auch für fremde, mithin als Kommissionäre, Spediteure u. s. w. In d« Ausübung d« Befugniß, d«artige Geschäfte zu

» Art. 84. — » S. Fr. v. I Grünhut im Hdbch. §. 308. — Hahn, Komm. S. ,u Anm. 15 I 10 Art. 67 Abs. 1. — » Bal. u. 16 §. 310 (S. 145.) 262 ff. Art. 439 (unten §. 119 IV).

Kap. II.

126

Die Personen im Handelsrecht.

vermitteln, sind den Handelsmäklern durch das HGB. folgende

Schranken gesetzt: a) sie dürfen nur unter ortsanwesenden Auftraggebern bezw. Kontrahenten vermitteln; nur in einer ausdrück

lichen und persönlichen Erklärung der Parteien oder

der Bevollmächtigten

derselben dürfen sie die Ein

willigung der Parteien zu den Geschäften annehmen;*12)* 14 * * * b) zur Annahme einer Zahlung oder sonstigen Leistung

sind sie kraft der Uebertragung der Geschäftsvermittlung noch nicht befugt, sondern nur wenn sie hierzu besondere Vollmacht erhallen haben;18)

c) sie müssen die Mäklerverrichtungen persönlich betreiben

und dürfen sich zur Abschließung der Geschäfte eines Gehilfen nicht bedienen,") wodurch nicht ausgeschlosien

ist, daß sie zu rein mechanischen oder kaufmännisch­

technischen Hilfsarbeiten z. B. Schreibereien im Komptoir, Gehilfen benützen. 2. Anspruch auf die Mäklergebühr, (Sensarie, Kourtage).

Diese Gebühr ist fällig bei unbedingten Geschäften, wenn dieselben

abgeschlossen, perfekt geworden,

bei suspensiv be

dingten Geschäften, wenn das abgeschlossene Geschäft, sei es durch Erfüllung der Bedingung,

sei es durch Wegfall der

selben, unbedingt wurde, in jedem Falle vorausgesetzt, daß der

Mäkler seiner Verpflichtung zur Zustellung der Schlußnoten 18 Art. 69 giss. 6. 18 Art. 67 Abs. 2. Vgl. hier­ zu VI 370, XI 243. 14 Art. 69 giss. 4. Vielleicht rührt die von currere abzulei­ tende Bezeichnung courtier (und entsprechend Courtage, Art. 82) |

daher, daß sich der M. persön­ lich zu den ortsanwesenden Kun den zu begeben hat. Gold­ schmidt i.'s. g. Bd. 28 S. 121. Anm. 8. GUGesch. S. 251, Anm. 56.

Die Handelsmäkler.

§. 22.

127

(s. unten LH. Ziff. 7 c.) Genüge geleistet hat; diese handels­

gesetzliche Festsetzung der Fälligkeit kann jedoch durch Vertrag,

Börsenordnung oder sonstige örtliche Vorschrift, auch durch

Ortsgebrauch geändert sein. ls)

Die Maklergebühr kann nicht

gefordert werten, wenn der Mäkler auftragsmäßig thätig

wurde, ohne daß alsdann durch seine Vermittlung ein per­

fekter Vertrag zu Stande kam, selbst roenn letzterer Umstand durch den Widerruf des Auftraggebers herbeigeführt wurde;16) arglistiges Benehmen des Auftraggebers kann jedoch hierbei

diesen dem Mäkler civilrechtlich verantwortlich machen?"') Die Höhe der Mäklergebühr wird nicht nach dem Maße

der aufgewandten Bemühung, sondem in der Regel in Pro­

zenten des Werthes der Objekte des vermittelten Geschäfts berechnet, variirend meist zwischen 1;iop6t. — 2 pCt.; sie

wird durch lokale Verordnung, Börsenvorschrift u. dgl., in Ermangelung solcher durch Ortsgebrauch bestimmt??)

Die Frage, wer die Mäklergebühr zu bezahlm hat, wird

durch Parteivereinbarung, in Ermangelung solcher durch ört­ liche Verordnung, eventuell durch Ortsgebrauch beantwortet; fehlen auch solche Normen, so hat jede Partei die Hälfte der Gebühr zu entrichten?") 3.

Man

legt dm amtlich

ausgestelltm Attestm der

Handelsmäkler eine erhöhte Glaubwürdigkeit, publica fides,

bei?") III. Die Pflichten der Handelsmäkler sind nach dem

HGB. folgmde: ie Art. 82 Abs. 1. 11 *« Art. 82 Abs. 2. Vgl. fiter zu VI1104, XII98. —'«» Grün­ *» hut a. a. O. S. 142. Sinnt. 16. , 413.

Art. 82 Abs. 3. Art. 83. R. IV 224. Vgl. Art. 353 u. II195, IV Vgl. V 326 ff. (Kursberichte).

Kap. II.

128

Die Personen im Handelsrecht.

Allgemein: getreue Pflichterfüllung, wie eidlich gelobt;20)

der Handelsmäkler hastet für Ersatz eines jedm Schadens, der aus seinem Verschulden (omnis culpa) dem Auftrag­

geber oder einer anderen Partei zufließt.2') Im Besonderen: 1.

Die Handelsmäkler müssen die ihnen bei Ausübung

ihrer Befugnisse gesetzlich gesetzten Schranken beobachten, s.

oben II. Ziffer 1 S. 126 a—c; 2. sie dürfen für eigene Rechnung keine Handelsgeschäfte

machen, weder unmittelbar noch mittelbar, auch nicht als Kommissionäre, sie dürfm für die Erfüllung der Geschäfte, welche sie vermitteln, sich nicht verbindlich machen oder Bürg­

schaft leisten, alles Dies unbeschadet der Gültigkeit der Ge­ schäfte ;22) der Grund dieser Bestimmung ist, die Unparteilich­

keit und Unbefangenheit des Mäklers als Vermittlers zu garantirm; da die Ueberschreitung dieser Bestimmung an

sich keine civilrechtliche Wirkung hat, so steht Nichts im Wege,

daß ein Handelsmäkler, wo es unbeschadet seiner amtlichen

Stellung und seiner Unbefangenheit geschehen kann, einzelne

Handelsgeschäfte für sich macht und sich mittelbar z. B. als Aktionär oder stiller Gesellschafter auch an einem Handels­

gewerbe betheiligt;2a)

3. sie dürfen zu keinem Kaufmanne im Verhältniß eines Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten oder Handlungsge­

hilfen stehen;") doch kann denjenigen Handelsmäklern, welche

Schiffsmäkelei betteiben, gestattet werden, den Schiffern im 20 Art. 66. — 21 Art. 81. 22 Art. 69 Biff. 1. Bql. oben Val. IV 415. StrafGB. §. 266 ■ S. 68 — 28 Vgl. Fr. v. Hahn Biff. 3. (Untreue). Komm. I S. 231. — 24 Art. 69 Biss- 2.

Der Handelsmäkler.

§. 22.

129

Einziehm und Vorschießen der Frachten und Unkosten als Abrechner oder in anderer ortsüblicher Weise Hilfsdimste zu leisten;25) 4. sie dürfen sich nicht mit anderen Handelsmäklem zu

einem gemeinschastlichen Betriebe der Mäklergeschäfte oder

eines Theiles derselben vereinigen;

zur gemeinschaftlichen

Vermittlung einzelner Geschäfte sind sie befugt, jedoch nur unter Zustimmung der Auftraggeber;25) 5. sie sind zur Verschwiegenheit über die Aufträge, Verhandlungen und Abschlüsie verpflichtet, soweit nicht das

Gegmtheil durch die Parteim bewilligt oder durch die Natur des Geschäfts (welches z. B. eine öffentliche Ankündigung oder Aufforderung in sich schließt) gebotm ist; 6. sie sind verpflichtet, sofern die Parteim dies nicht erlaffen habm oder der Ortsgebrauch mit Rücksicht auf die

Gattung der Waare davon mtbindet, von jeder durch ihre Vermittlung nach Probe verkauftm Waare die Probe in

gesetzlich

bestimmter Weise und Dauer aufzubewahren,22)

nachdem sie dieselbe behufs der Wiedererkmnung gezeichnet habm; 7. sie sind zur ordnungsmäßigen Führung bezw. Aus­ stellung bestimmter Schriftm verpflichtet, nämlich: a) eines Handbuchs (Manuale);

b) eines Tagebuchs (Journal) und c) der Schlußnoten.

Zu a) Das Handbuch25) kann vom Mäkler in beliebiger

Weise geführt werdm, das HGB. mthält — im Gegensatz

25 Art. 70. - 2° Art.69Zisf.3. I unten §. 59, II Ziff. 2 — 2’ Art. 80. Art. 340. Dgl. | 28 Art. 71. Gareis, Handelsrecht.

4. Aufl.

9

130

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

zum preußischen Entwurf hierzu — keine Normen über dessen Einrichtung, eS soll lediglich dazu bienen, das Gedächtniß des Mäklers behufs der Eintragungen in das Tagebuch zu stärken und zu sichern.

Zu b. Nähere Vorschriften enthält das HEB. über das Tagebuch, welches jeder Handelsmäkler führen, und in welches er alle abgeschlossenen Geschäfte täglich einzutragen hat; dieses Buch muß nach dmselbm Grundsätzen wie die Handels­ bücher der Kaufleute überhaupt geführt sein, worüber das Gesetz eingehmde Detailbestimmungen aufstellt?*) Auf Ver­ langen muß der Mäkler dm Parteien beglaubigte Auszüge aus dem Tagebuche gebm, welche (abgesehm von solchm Punkten, in Bezug auf welche Schweigm auferlegt ist), Alles mthaltm müssm, was von dm Mäklem in Ansehung des die Parteim angehmdm Geschäfts eingetragen ist.80) Bei Tod oder Amtsniederlegung des Mäklers ist sein Tage­ buch bei der Behörde (meist dem Amtsgericht) niederzulegen.8 l) Die Perfektion und Giltigkeit der Geschäfte ist unabhängig von der Eintragung in das Tagebuch;88) letztere kann nur zum Beweise bienen, besondere Beweisregeln existirm nicht mehr,88) es gilt schlechthin daS Princip der freien Beweis­ würdigung.88) Dagegm mthält daS HGB. eine noch geltmde sehr zweckmäßige Bestimmung über Edition des Mäklertage­ buchs, welche über die Editionspflicht des Civilprozeßrechts hinausgeht: Im Laufe des Rechtsstreits kann der Richter, selbst ohne Antrag einer Partei, die Vorlegung des Tage89 81 83 Art.

Art.71,72,32. — 99Art.74. Art. 34-36, 37 Abs. 2, s. Gins®. Art. 75. — 89 Art. 76. z. CPO. §. 13 Ziff. 2. (S. oben Denn aufgehoben sind die I S. 35, 36.) — 84 * * CPO. 83 §. 259. 77, 78, 79 Abs. 2 nebst |

Der Handelsmäkler.

§. 22.

181

buchs verordnen, um dasselbe einzusehen und mit den Schluß-

noten, den Auszügm und anderen Beweismitteln zu ver­ gleichen?")

Zu c.

Die Schlußnoten sind kurzgefaßte Schriftstücke,

welche der Mäkler unmittelbar nach Abschluß des Geschäfts

zu »erfassen, zu unterzeichnen und sofort jeder Partei aus­ zuhändigen hat;"") die Schlußnote muß — abgesehen von dm zu verschweigmdm Episoden — Alles mthaltm, was

nach gesetzlicher Vorschrift"7) in das Tagebuch einzutragm

ist.

Bei Geschäften, welche nicht sofort erfüllt werden sollen,

(so z. B. namentlich bei dm an Börsm abgeschlossmen Zeit-

geschäftm, Differmz- und Prämiengeschäftm) hat der Mäkler

die Schlußnote dm Parteim zu ihrer Unterschrift zuzustellm und jeder Partei das von der andem unterschriebme Exemplar

zu übersmden.

Verweigert eine Partei die Annahme oder

Unterschrift der Schlußnote, so hat der Mäkler davon der

andem Partei ohne Verzug Anzeige zu machen?")

Für die

Perfektion oder Gültigkeit des vermitteltm Vertrages ist

jedoch auch die Ausstellung und Unterzeichnung oder Nicht­ unterzeichnung der Schlußnote gleichgültig;"") auch in Be­ treff der Schlußnoten gilt das civilprozeffuale Prinzip der

freien Beweiswürdigung."") — Die Schlußnoten bieten nach dem dmtschen Reichsgesetz, betr. die Reichs-Stempel-Abgabm vom 1. Juli 1881 und

29. Mai 188541) das Mittel» die Börsengeschäfte zu bestmem; das Reichs-Stempel-Abgabengesetz statuirt daher 85 Art. 79 Abs. 1 verglichen mit §. 133 b. CPO- Aufge­ hoben ist Abs. 2 des Art. 79 und der Art. 39. 36 Art. 73 Abs. 1. — 87 Art.

72, 73. - 88 Art. 73. - 88 Art. 76. — 40 CPO. 8- 259. S. vorige Seite zur Note 33. 47 RGBl. 1881 Nr. 17 S. 185 u. 1885 Nr. 21 S. 171. 9»

Kap. II.

132

Die Personen im Handelsrecht.

beii Schlußnotenzwang 42) für Kauf- und sonstige An­

schaffungsgeschäfte, welche Wechsel, ausländische Banknoten ober ausländisches Papiergeld, ferner Aktien, Staats- ober andere für dm Handelsverkehr bestimmte Werthpapiere oder

von börsenmäßig gehandeltm

Waarm (wie Ge­

treide u. dgl.) zum Gegenstände haben;

solche Schlußnotm

Mengm

sind reichsstempelpflichtig und nur auf vorschriftsmäßig ab-

gestempelten

Formularen

auszustellen.")

Doch

hat

die

Unterlassung der richtigen oder überhaupt der Stempelabgabe keineswegs die Ungültigkeit, sondern nur eine Geldstrafe, welche dem fünfzigfachen Betrag der hinterzogenen Abgabe

gleichkommt, mindestens aber 20 Mark beträgt,

für Rück­

fällige aber ober Mäkler unter Umständen eine höhere Strafe

zur Folge/4) HL

Die Handelsassoziationeu.

8. 23. Von den Handelsassoziationen überhaupt. I. Ueberall wo der Handel als Gewerbe betrieben wird, macht sich ein dringendes und ausgedehntes Bedürfniß nach Affoziationm geltend, welche ihm dienen. 42 RStempelges. v. 29. Mai 1885 §§. 10-17. 48 Der Steuersatz beträgt, wenn das Geschäft außerhalb des Börsenrechts, ein Zehntel vom Tausend, wenn daS Geschäft aber ein Borsengeschäft ist, zweiZehntel vom Tausend; er fällt weg, wenn das abgeschlossene Geschäft ein sogen. Kontantgeschäft (b. i. hier Tagskauf) über ausländische Banknoten, ausländischesPapiergeld, ausländische Geldsorten oder üngemünztes Gold od. Silber zum

Gegenstände hat oder der Werth des Gegenstandes nicht über 600 Mk. beträgt. Tarif Ziff. 4 u. §§. 6 ff. d. RG. v. 29. Mai 1885. Ueber die Begriffe Tags­ kauf und Kontantgeschäft siehe Gareis im Hdbch. §. 263 Anm. 3, 8- 264 Anm. 5 und 6, und in diesem Lehrb. unten §§. 60, 61 (auch in v. Holtzendorff R.-Lex. unter „Zeitkauf"). 44 S. RStempelG. v. 20. Mai 1885 §§. 18—20.

Von den Handelsafloziationen überhaupt.

§. 23.

133

A. Der arbeitskräftige, gebildete Kaufmann, dessen Ver­

mögen allein zu klein ist, um die Spekulation zu trügen, die sein Geist findet und seine Energie durchsetzen will, ver­ bündet sich mit einem ihm vertrauenden Kapitalisten, der,

ohne täglich selbstthätig sein zu müssen, Gewinn machen will; — der Ausgangspunkt für die rechtliche Gestaltung der auf diesen

wirthschaftlichen

Erwägungen

gegründeten

Gesellschaften ist für das mittelalterliche Rechts und auch

noch für einzelne neuere Rechtsgebilde (Participationen) die commenda (vom s. 10, Venedig, Genua, Pisa, Marseille, Levante, analog das norwegische hjAfelag des Mittelalters) ein societätsmäßig zuerst für den See-, dann für Land­

handel umgestaltetes depositum irreguläre, welches, schon im antiken Vulgarrechte wurzelnd, im Mittelalter eine Reihe von Societätsformationen (so in Venedig die collegantia,

in Genua u. a. die colonna, in Florenz u. a. die accomandita, societas

per viam accomanditae) hervorrief;

die heutige deutsche „stille Gesellschaft" (s.

unten § 28),

theilweise auch die Gelegenheitsgesellschaft (s. unten § 41) und die Kommanditgesellschaft (s. unten § 29) stehen, wenn­ gleich mit bedeutenden Modificationm, auf der Basis der

commenda. —

B.

Oder es vereinigen sich die Arbeitskräfte oder die

Kapitalien Mehrerer — oder diese mit jenen — zur gemein 1 Neber die Geschichte der Bd. I S. 329. Vgl. Gierke, GeHandelsgesellschaften s. Gold - noffenschaftsrecht Bd. IS. 981 ff., schmidt in zahlreichen seiner II 916 ff., III 423 ff., 818 ff. — Abhandlungen in GZ- und in Silberschmidt,diecommcn6a GUGesch., rnsbes. S. 245 ff. u. 1883. die dort angegebene übrige reiche le 3R. Pappenheim, Alt­ literatur. Lästig in GZ. 24 ! nordische Dandelsegsellschasten, S. 430 ff. und in Hdbch. 78 | in GZ. Bd. 36 S. 85 ff.

134

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

samen Unternehmung, und auch so entstehen, ben mannigfal­

tigen Bedürfnissen entsprechend, mannigfaltige Gesellschafts­ formen ; — der Ausgangspunkt für die rechtliche Gestaltung von Assoziationen mit wesentlich koordinirten Gliedern unter

normal gleichmäßiger Kapitals- und Arbeitsbetheiligung mit

zahlreichen Weiterbildungen und Unterarten ist die sich durch eine einheitliche Firma und die weitgehende Stellv er tretungsbefugniß der Mitglieder charakterisirende all­

gemein als compagnia (Wirtschaftsgemeinschaft) bezeichnete

Gewerbegesellschaft (von s. 11 an) in den romanischen und bald darnach auch in germanischen Ländern, schließlich zur

Ausbildung des heutigen Rechts der offenen Handelsgesell­ schaft (s. unten § 24) führend und, soweit das Handeln

für eine einheitliche

Gesellschaftsfirma

in Frage kommt,

auch für die Gestaltung der Kommanditgesellschaft (f. unten

§ 29) maßgebend;

Erwerbsgesellschaften

dieser Art bil­

dend wurde auch, wie die Existenz der großen Handels familien in den italienischen (namentlich lombardischen)2)

und deutschen Handelsstädten des Mittelalters erweist, das Familienband dazu benutzt,

die nöthigen Kapitalien und

Arbeitskräfte zusammenzufassen und zusammenzuhalten zur

Gründung und Mehrung der Handelsniederlassungen.

C. Das in der commenda wie angedeutet durchgeführte Prinzip einer beschränkten Haftung (Einlagenhaftung) wirkte

und wirkt als ein „allgemein treibendes Princip der Rechts­

entwicklung" auch in der Aktiengesellschaft (s. unten § 30), der 2 GUGesch. S. 284, 286 ff. Max Weber, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittel­ alter. * Nach südeuropäischen

Quellen. Stuttgart. 1889. Hier­ zu s. oben M. Pappenheim in GZ. Bd. 37 S. 255 ff. u. V. Ning im AfbR. Vd.4 S.394sf.

Bon den Handelsassoziationen überhaupt.

reinen Kapitalvereinigung,

welche

§. 23.

135

übrigens nicht in der

commenda, sondern in staatlich privilegirten öffmtlichm Anleihen (mit Abgabmüberlaffung, compera ,*) geschäftlich auf öffentliche Einnahmmquellm

fundirte Anleihen)

ihre

geschichtlichen Wurzeln hat.

n. werdm

Die zahlreichm Affoziationsformen zu gruppiren, verschiedene Ausgangspunkte

gewählt;^)

zunächst

denkt man an dm Gegmsatz, welcher gemeinrechtlich und nach den Partikularrechtm Deutschlands zwischm Societas und

Universitas personarum besteht; legt man mit Lab and die Entscheidung für die juristische Persönlichkeit eines Ver­

eins lediglich darauf, daß dieselbe in der Nichthaftung von

Mitgliedem für die Vereinsschuldm erkennbar wird, so ist von sämmtlichm durch Handelsgesetzbuch normirtm Handelsaffoziationm nur die Aktiengesellschaft eine juristische Person.

Es kommt jedoch bei einer Reihe von Affoziationm in Be­

tracht, daß das positive Recht ihnm die Fähigkeit beilegt,

unter ihrer Firma (ihrem Geschäftsnamen) Rechte zu erwerbm und Verbindlichkeitm einzugehm, Eigmthum und

andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, vor Gericht zu klagm und verklagt zu werdm.

Da nun rechtS-

philosophisch, sowie nach dm Grundsätzm des gemeinen * Ueber die compera, compra s. GUGesch. 6. 254, 291, in Genua, s. 14, moana, GUGesch. S. 292—298, s. auch unten §. 30. Auf ben Zusammenhang zwischen Staatsstnanzunternehmungen und Aktienwesen in seiner Entstehung macht auch aufmerksam GareiS in Behrend's Zeitschr. Bd. 3. V S. 627. 3 Bal. über die verschiedenm Klassifikationen: L a st i g i. Hdbch.

§§. 76, 77. (Hierüber Gierke m GZ. Bd. 27 S. 608 ff. und Goldschmidt in GUGesch. S. 255 , 260 , 264 u. GSyst. S. 118 ff.) Dgl. ferner Gierke, Die Genoffenschaftstheorie u. die deutsche Rechtssprechung 1887 insbes. S. 257 ff., 435. Ferner Behrend, Lehrb. §. 63 III; auch Gareis m Behrends Z. S. 584-653.

Rechts das Eigentliche einer Person im Rechtssinne gerade darin erkannt werden muß, daß sie ein Wesm ist, welches Rechte und Verbindlichkeiten haben kann, so ergießt sich, daß die Annahme einer juristischen Persönlichkeit überall da gerecht­ fertigt ist, wo durch das positive Recht die selbständige Be­ rechtigung und Verpflichtung anerkannt roirb.8e) Allein bei einer Anzahl von Handelsasioziationen reicht die vom Leben und objektiven Recht ausgehende oder anerkannte Aufstellung der eigenen Rechtssubjectivität nicht so weit, daß dadurch die primäre und solidarische Haftung aller Mitglieder oder wenigstens eines derselben Dritten gegenüber ausgeschlossen würde; auch ist unzweifelhaft bei einigen dieser Handelsaffoziationsarten mit der Mitgliedschaft oder wenigstens mit einer Gattung der Mitgliedschaft die persönliche Eigenschaft eines Kaufmanns verknüpft. Aus diesen beiden Gründen empfiehlt es sich, die wegm der vorangestellten rechtsphilo­ sophischen und gemeinrechtlichen Erwägung mit Nothwendig­ keit anzunehmende juristische Persönlichkeit bei einigen Handels assoziationen ausdrücklich als eine nur in gewissen Be ziehungen vorhandene, nämlich als eine, soweit die durch das Firmenrecht bewirkte Zusammenfassung reicht, anzu3e$ßl. Ernst Imm. Bekker, (System des heutigen Pandekten­ rechts I Bd. 1886. ©; 196 ff.) welcher S. 209, 210 beifalls­ würdig die Kriterien der ju­ ristischen Person feststellt, diese aber doch für die offene Handels­ geschichte leugnet, dagegen S. 217 schlagend gegen La band's (GZ. Bd. 30 S.' 482 ff.) allzuenge Beschränkung des Begriffs der jurist. Person polemisirt. Ueber

die ganze — Angesichts der ge­ nauen positivrechtlichen Regelung aller Detailfragen (z. B. der Be Handlung im Grundbuchrechte nach Preuß. G. v. 5. Mai 1872 §. 10) einerseits, wie Angesichts der zunehmenden Verschwommen­ heit der Theorie der juristischen Person andererseits praktisch wenig bedeutende Frage s. H. v. Sicherer, Genossenschaftsgesetz S. 116 ff. und G & F S. 210.

nehmende, mithin nur „relative" (oder rein formale) ju­ ristische Persönlichkeit zu bezeichnend) Bgl. unten §§. 24, 26, 29, 37, 39. Eine andere Einteilung der Handelsafsoziationen er­ möglicht sich durch die Betonung der Kreditbasis derselben; je nachdem nämlich einerseits äußersten Falls für die Schulden der Gesellschaft eine und mehrere physische Personen nach Gesellschaftsrecht persönlich, d. h. mit ihrem persönlichen (ganzen) Vermögen haften müssen, oder andererseits im Falle der Insolvenz der Gesellschaft ein Vermögenskomplex allein, ein realer Fond, nicht aber ein Mensch mit seinem Vermögen haftbar ist, unterscheidet man: Personalassoziationen und Realassoziationen; der Typus der Ersteren ist unter den im Handelsrecht in Betracht kommenden Handels­ gesellschaften (Buch II des HGB.): die offene Handels­ gesellschaft, der Typus der Realaffoziationen ist die Aktien­ gesellschaft; die eingetragene Genossenschaft lehnt sich an die offene Handelsgesellschaft systematisch an; Kombinationm stellen die Kommandit- und Aktienkommandit-Gesellschaft dar.

4 Die »relative juristische Per­ sönlichkeit", von welcher Felix D ah nin seinen handelsrechtlichen Vorträgen 1875 S. 76 ff. — unter Betonung einer von mir nicht für hierher zu ziehend erachteten Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Seite der Gesell­ schaft — spricht, muß ich auch an­ gesichts der überaus belehrenden Beiträge La band's zur Dogmatikder Handelsgesellschaften im

30. und 31 Bd. der GZ. und auch angesichts der Kritik Gold­ schmidts aus den oben und bei Gareis und Fuchsberger HGB. 1891. Seite 205—211 erörterten Gründen noch für die im II. Buche des HGB. normirten Gesell­ schaften nach wie vor festhalten. Für die jurististische Persönlich­ keit der offenen HandelSgesellschäft tritt nun auch Eccius ein in GZ. Bd. 32. S. 1 ff.

138

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

1. Vie offene Handelsgesellschaft.*) 8- 24. I. Wesen und Errichtung.

Das Bedürfniß nach Assoziation im Handel hat sich am eigenartigsten und wirksamsten geltend gemacht in der Schöpfung des aus der Haus- oder wenigstens Wirthschaftsgemeinschaft (s. oben §. 23 I. B. Seite 134) hervorgegangenen Instituts der eigentlichen „Handelsgesellschaft", „Handels­ kompagnie", „Kollektivgesellschaft", in unserer Gesetzgebung „offene Handelsgesellschaft" genannt (vgl. ftanzösischen Code de commerce Art. 20 nla socitite en nom collectif“). Es ist dieser geschichtsrechtlich mittels Ausbildung des Firmenrechts und des Stellvertretungsprinzips entstandene und auch in Deutschland vor dem HGB. im Wesentlichen gebräuch­ lichen Gesellschaftsform nach unserm Handelsgesetzbuche charakteristisch, *) daß 1. zwei oder mehrere Personen ein Handelsgewerbe2) betreiben, und zwar 2. unter einer gemeinschaftlichen Firma (Gesellschaftsfirma),3) und daß 3. bei diesem Betriebe die Betheiligung keines der Gesell­ schafter auf eine Vermögenseinlage (nach aussen) beschränkt ist, vielmehr jeder Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch und mit seinem ganzen Dermögm haftet, eine Bestimmung, welche durch entgegenstehende * Lit. s. Behrend, Lehrb. §. 63. Ebenda (Anm. 1) auch Geschichtliches über die compagnia palese u. dal. Lästig in Hdbch. Bd. I §§. 75, 78, 80 ff. und nun ganz besonders:

GUGesch. S. 271 ff. Vgl. oben S. 133 ff. B. 1 Art. 85. — 2 Val. XIII 285. — 8 Art. 85 u. 17 Abs. 1. Vgl. II 424. V :I88.

Die offene Handelsgesellschaft. H. 24.

189

Verabredung nicht mit Wirkung gegen Dritte ausgeschlossen werden kann.4) Zu 1. Den Gegenstand des Handelsgewerbes kann jedes der (obm §. 10 aufgezählten) Grundgeschäfte des Handels bilden. (Für die Rhederei gelten besondere Rechtssätze.)5) Vereinigungen von „Kaufleuten minderm Rechts" (s. obm 8- 15) zum Betriebe ihrer Handelsgewerbe gelten jedoch nicht als Handelsgesellschaften; es ist für diese (von Thöl) sogenannten Kleinhandel - Gesellschaftm das gewöhnliche bürgerliche Recht — nicht das Handelsgesetzbuch — maßgebmd. °) Zu 2. Die Firma muß mtweder die Namen aller Ge­ sellschafter mthaltm oder wmigstms den eines derselbm mit einem das Vorhandmsein einer Gesellschaft andeutmden Zusatze (z. B. & Cie. oder „und Komp.");') keine offene Handelsgesellschaft darf sich als Aktimgesellschaft bezeichnen.8) Zu 3. In der offenen Handelsgesellschaft giebt es dem­ nach nur persönlich haftmde Gesellschafter; °) jeder haftet so­ lidarisch, d. h. es kann gegm ihn jede Gesellschaftsschuld ganz eingellagt werdm (einfache Solidarobligationen), und er haftet für jede Gesellschaftsschuld persönlich, d. h. mit seinem ganzm Vermögm. Dies schließt nicht aus, das jeder Gesellschafter oder mehrere (oder auch etwa nur Einer davon) eine Geldeinlage, oder eine nicht in baarem Gelde, sondern in Waaren, Gebäudm u. s. w. bestehende Einlage, welche in das Eigenthum der Gesellschaft übergehen soll, macht oder vertragsmäßig einzuwerfm verpflichtet ist, und daß 8 Art. 112 —8 Art. 456-476. i ’ Art. 17 Abs. 1. - 8 Art. (S. unten §. 119.) — 8 Thöl, 17 Abs. 3. — 8 Vgl. II 424. HN. §§. 116-120. Vgl. II 424.

140

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

hierdurch ein Gesellschaftsvermögen entsteht,") welches aus einem Grundkapitale (Anlage- und Betriebskapital) und dem Zuwachs desselben aus nichtvertheiltem Gewinn, Zinsen, Nachzahlung u. s. w. besteht und in erster Linie zur Deckung und Tilgung der Gesellschaftsschulden bestimmt ist; im Falle der Zahlungsunfähigkeit der offenen Handelsgesellschaft findet über das Gesellschaftsvermögen derselben ein selbständiges Konkursverfahren statt10a) — all' Dieses jedoch ohne Ein­ fluß auf die persönliche und solidarische Haftung jedes Ge­ sellschafters. Die offene Handelsgesellschaft gelangt zur Existenz schon durch das thatsächlich der Vereinbarung entsprechende äußer liche Auftreten unter gemeinschaftlicher Firma.10b) Als ein solches Auftreten ist auch die der Vereinbarung entsprechmde Anmeldung zum Handelsregister anzusehen, noch nicht aber — wenigstens nicht nothwendig — die Errichtung des Gesell­ schaftsvertrags. Der Vertrag bedarf, zu seiner Gültigkeit weder der schriftlichen Abfassung noch anderer Förmlichteitm. n) Eine Urkunde über die Errichtung wird nur dann erforderlich, wmn die Gesellschafter die vorgeschriebenen Anmeldungm nicht persönlich an die Registerbehörde abgeben und daselbst (zu Protokoll) unterzeichnm wollen, sondern 10 Vgl. II 39-40, IX 16 ff., XII 261, XIV 5, XX 181, 262 ff. 10* §. 198 u. §. 193 Abs. 2 d. KonkLrdn. (V 206). 10b Da eine wenigstens stillchweigend abgeschlossene Gesellchaftsvereinbarung vorauszuetzen ist, genügt eine communio meldens für sich allein noch nicht, um die Existenz einer offenen

Handelsgesellschaft annehmen zu lassen; möglicherweise aber liegt in der stillschweigend vereinbarten dauernden Ausrechthaltung der communio incidens der er­ forderliche Gesellschaftsvertrag. Vgl. R X 101 und Laband in GZ. Bd. 30 S. 509. 11 Art. 85. Auch gegen Art. 14 d. bayr. Notar. G.s. I! XIII 3.

Die offene Handelsgesellschaft,

g. 24.

141

diese Anmeldungen in beglaubigter Form einreichen.12) Das Gesetz schreibt die Anmeldung der Errichtung der offenen Handelsgesellschaft vor zum Zweck der Eintragung in das

Handelsregister des Gerichts,

in dessen Bezirk die Gesell­

schaft ihren Sitz hat, und der Gerichte, in deren Bezirk die Gesellschaft Zweigniederlassungen besitzt.

Die Namen der

Gesellschafter, die Firma, der Sitz, der Geschästsbeginn und die Vertreter der Gesellschaft sowie jede sich hierin ergebende

Aenderung sind von den sämmtlichm Gesellschaftern (unter Zeichnung der Firma seitens der hierzu berechtigten Gesell­ schaftsvertreter)

nach

genauer gesetzlicher Vorschrift anzu­

melden, von der Registerbehörde einzutragen und durch öffmtliche Blätter vorschriftsmäßig zu veröffentlichen.18)

Durch diese Eintragung und Veröffentlichung soll das Publikum authentische Kunde von dem Bestehen und der Organisation der Handelsgesellschaft erhalten.") Aber die Unterlassung der Eintragung ändert nichts an

den Haftungsverhältniffen der Gesellschafter, welche ja über­ haupt persönlich und solidarisch zu haftm haben, die offene

Handelsgesellschaft kann demnach auch ohne Eintragung ent-

stehen und bestehm;

aber die Unterlassung der gesetzlich

vorgeschriebmm Anmeldung bewirkt

1. die Entstehung von Präsumtionm gegen die Anmel­ dungspflichtigen 15) und

2.

die Verhängung von Ordnungsstrafm, durch welche

das Handelsgericht16) dir Betheiligten zur Befolgung der

>2 Art. 88. — >’ Art. 86-88.1 '-> Art. 25 Abs. 2 u. 3. — " Fr. v. Hahn, Komm. I 19 des Wohnsitzes, s. IV 158 S. 277. | (XUI 363). Art. 26, 86.

142

Map. II. Die Personen int Handelsrecht.

im Interesse der Verkehrssicherheit gegebenen Anmeldepflicht von Amtswegen anzuhalten hat.16a).

25.

II. Innere Rechtsverhältnisse. Das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage. Es ist unter dem Gesellschaftsvertrage die möglicherweise nur form­ los abgeschlossene Vereinbarung der Mitglieder unter einander zu verstehen, inhaltlich welcher sie sich im Interesse des ge­ wollten Handelsgewerbebetriebes zur Vereinigung gewisser Leistungen verpflichten. Der Vereinigungswille kann in verschiedener Weise zum Ausdrucke gelangen, und ebenso verschieden können auch die Leistungen sein, zu welchen sich die Mitglieder verpflichten.le) Der Gesellschaftsvertrag kann

16‘ Art. 89. 1 Art. 90 (Beweis über Ber­ tragsinhalt s. z. B. I 74, II 93, 111*173). " La band (GZ. Bd. 30 S. 508 ff.) nimmt die Möglichkeit deö gänzlichen Fehlens eines Sozietäsverhältnifses unter den Ge­ sellschaftern an; dem widerspricht aber die Norm (z. B. Art. 90) und das Leben: es giebt keine Handelsgesellschaft ohne Gesellschaftsoerhältniß, ohne einen Gesellschaftsvertrag; allerdings können die von Lab and a. a. £. angeführten Verhältnisse — un­ verzinsliches Darlehn ohne Ge­ winn- und Verlustantheil, ver­ zinsliches Darlehenmit fester Ber-

gütung, Dienstmiethe, fortgesetzte Gütergemeinschaft, Erbenkommu­ nion— vorliegen, siesind aber für sich allein noch kein Gesellschaftsverhältniß, ihre Begründung ist an sich kein Gesellschaftsvertrag: allein wie z. B. nach Gold­ schmidt's wiederholt gebrauch­ ter Ausdrucksweise das depositum irreguläre „societätsmäßig modificirt" vorkommt und auch der Seedarlehen sozietätsmäßig modificirt (nämlich ein als commenda gestaltetes Seekreditge­ schäft: xQ€ü)xoivtov(a) vorkommt (GZ. Bd. 35 S. 80,81, GUGesch. S. 91, 255, 256 u. a.), so kann auch jedes der eben angeführten Verhältnisse „sozietätsmäßig mo-

Die offene Handelsgesellschaft, §. 25.

143

in souveräner Weise2) jedem Gesellschaftsmitgliede Rechte und Pflichten zutheilen, Vorwürfe einräumen und Lasten aufbürden — bis an die Grenze der Gültigkeit der Ver­ träge überhaupt und die Grenze der Sittlichkeit insbesondere. So tonnen namentlich über die Arbeitsbetheiligung der Mitglieder sowie über das Mittragm des Verlustes seitens der vorzugsweise mit Arbeit betheiligtm Gesellschafter durch­ aus wirksame Bestimmungm im Gesellschastsvertrage ver­ einbart sein. Es ist auch die Abmachung rechtlich zulässig, daß, wenn ein bestimmtes Mitglied in der Folge der nicht zu beseitigendm persönlichen Haftung einen Vermögmsnachtheil über eine bestimmte Höhe hinaus erleidm sollte, die übrigen Mitglieder ihm diesen ersetzen u. dgl.; ein „Löwen­ vertrag" in dem Sinne, daß ein wegm seiner hervorragenden Kenntnisse u. dgl. geschätztes Gesellschastsmitglied für dm Fall, daß die Gesellschaft mit Verlust arbeite, durch Uebereinkommm der übrigm Mitglieder vor finanziellm Nachtheilm geschützt sein soll, ist demnach durchaus zulässig; ein solches nach außm hin natürlich (wegm Art. 112 Abs. 2) unwirksames Uebereinkommm ist keineswegs stets nur als Schmkung aufzufaflm und haltbar, sondem kann auch dm Charafter einer Gegmleistung, z. B. dm geleisteten technischen

dificirt' fein, d. h. es sann in ein Vertrag-verhältniß verflochten (und von diesem al-dann beein­ flußt) fein, welches auf einem übereinstimmenden Gesellschafts­ willen der Betheiligtm beruht, und ein solches ist auch dann anzunehmm, wenn eine nur in konkludenten Handlungen zum Vorschein kommende, aber auf

die Vereinigung von Leistungen Mehrerer in gemeinschaftlichem Interesse abzielmdeVereinbarung vorliegt. • Die Art. 91-109 sind dis­ positiv , während die Art. von 110 an theils dispositive, theils zwingende Bestimmungen ent­ halten. Vgl. XXI 88.

144

Die Personen im Handelsrecht.

Kap. II.

(Dagegm steht — wenigstens

Diensten gegenüber, habm.



nach gemeinem Rechte

Gesellschafters

eines

von

der jedem

vertragsmäßige

Ausschluß



eigentliche

Gewinne

societas leonina — mit dem Wesen eines Gesellschafts­ vertrags im Widerspruch.)*)

In derselben Weise kann die

Haftung eines „offenen Gesellschafters" insofern auch dadurch beschränkt sein,

daß ihm von den andern garantirt wird,

daß er nicht über seine Einlage hinaus zu haften habe und demnach in der innern Rechtsstellung zu dm übrigen ein

Kommanditist sei;

auch das ist möglich, daß das Anlage-

und Betriebskapital unter dm „offenen Gesellschaftern" durch

nicht

Antheilscheine

weiterzubegebmde

(sogen.

Aktien

im

nichttechnischen Sinne) aufgebracht und der Antheil der Ge­

sellschafter am Gewinn und Verlust nach Maß der von dm

Einzelnen

übemommenm

Aktien

berechnet wird — alles

außen zu bestehenden Solidar-

unbeschadet der nach Personal-Verpflichtung

jedes

Gesellschafters.



und

Bedmkt

man ferner, daß die Geschäftsführung durch den Vertrag

Einem oder einigen der Mitglieder ausschließlich zugewiesm und

diese

hierbei

an

vertragsmäßig

gezogme

Grmzen

zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Art gebunden werdm können

(ohne daß dieser Bindung nach

außm zu volle Wirkung

zukommen kann), so lmchtet ein, wie verschieden die inneren

Rechtsverhältniffe in den „Handelsgesellschaften" geregelt sein

mögen.

Die Gesetzgebung hat keinen Grund, dem Verkehrsbedürf-

* Hierüber vgl. Behrend, ; Bd. I S. 160, 161 (Bürgschaft) Lehrb. §. 65 u. die dort insbes. ; und Laband in GZ. Bd. 30 Anm. 5 angef. 2it., ferner Pu- S. 510 Sinnt. chelt, Komm, zum DHGB,

Die offene Handelsgesellschaft. §. 25.

145

niß. welches verschieden ist, Hindemisie in den Weg zu legen und der Gesellschaftsbildung andere Regeln aufzuzwingen, als die, welche der Verkehr nach missen oder die Gültigkeit der Verträge überhaupt erfordern. Aber die Gesetzgebung hat dm Beruf, die verkehrstörmben Lücken der Verträge auszufüllen, und die Zweifel, welche die Vertragsschließung erzmgt, durch Rechtsvermuthungen oder feste Regeln zu beseitigen; und diesen Sinn haben die im HGB. mthaltmm („vermittelnden") Regeln8) über das Rechtsverhältniß der Gesellschafter untereinander. A. Die in diesem Sinne über die innern gesellschaftlichen Verpflichtungen der Mitglieder aufgestellten Regeln sind: 1. Jeder Gesellschafter ist bei Meidung des Schadens­ ersatzes verpflichtet, in dm Angelegmheiten der Gesellschaft den Fleiß und die Sorgfalt anzuwmdm, welche er in seinen eigenm Angelegmheitm anzuwendm pflegt;*) die durch eine Nachlässigkeit des Gesellschafters bmachtheiligten Gesellschafter müssen, um Schadensersatz beanspruchen zu sönnen, beweisen, daß der Nachlässige in seinen eigenen Angelegmheitm sorg­ fältiger ist; der Grad der Sorgfalt ist demnach kein so hoher, als wmn „die Sorgfalt eines ordentlichm Kaufmanns" dm Maßstab für die zu bewährmde Sorgfalt bilden würde; nach dem Gesetze haftet der Gesellschafter folglich nur für eine Art gröbere Fahrlässigkeit, — der Gesellschaftsvertrag kann selbstverständlich eine Verschärfung der Haftung, die Bewährung größerer Sorgfalt fordemd, festsetzen. Im Zweifel ist eine Auftcchnung der Vortheile, welche derselbe 3 Art. 90 Abs. 2 über Art. 91—109 R XXI 95. 4 Art. 94 Abs. 1. Derpflich(yareis, Handelsrecht. 4. Ausl.

tuiiß zur Rechnungöablage s. XIII 40, XIV 88, XVI 48, XIX 346 (XXII 280).

146

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

Gesellschafter in anderen Fällen durch seinen (wenn auch außergewöhnlichen) Fleiß dem Gesellschastsunternehmm ver­ schafft hat,

gegenüber der Schadensersatzforderung ausge­

schloffen. 6) 2. Jeder Gesellschafter ist bei Meidung von Verzugs­ zinsenzahlung und

bezw. Schadensersatz8) verpflichtet, die

ihm vertragsmäßig obliegenden Beiträge und Stiftungen an

die Gesellschaft zu entrichten; diese können sehr verschiedenen Inhalts sein: Geldzahlungen, Dienstleistungen dauernder und

vorübergehender Art (und zwar unentgeltliche),') Waarenliefemngm, Ueberlaffung von Fabrikräumen,

Magazinen,

andern Gebäudm, Ueberlaffung von literarischen, künstlerischen

oder industriellm Urheber- oder Verlagsrechten, von Erfindungspatmten, Krediteröffnungen u. s. w.

Bei einer Anzahl

derartiger Leistungen von Sachm zur Verwendung im Ge-

sellschaftsunternehmen kann

aber zweifelhaft sein,

ob die

beabsichtigte Verwendung zu Gesellschaftszwecken mit Eigen

thumserwerb für die Gesellschaft verbunden sei oder nur in einem Gebrauche der im Eigenthum des

„einbringenden"

Gesellschafters verbleibenden Sache bestehen soll; auch die in

Verträgen und Rechtsregeln vorkommenden Ausdrücke, wie:

„in die Gesellschaft einbringen",

„inferiren" oder „in die

Gesellschaft ctnroerfen",7*) beseitigen nicht den Zweifel, ob

darunter eine Eigenthumsübertragung8) oder eine bloße Ge-

6 Art. 94 Abs. 2. - »Art. 95. Bd.3l.S.24ff. Vgl.Pollitzer, — 7 Art. 93 Abs. 3. Auch Ge­ Oesterr. Ger -Ztg. 1883 Nr. 65 schäftsführung, sofern nicht An­ bis68. Gierke, Genossenschastsderes im Vertrage bestimmt ist, tl>eorie(1887)S.470,418 Anm.2, vgl. Art. 102 (Art. 30 Zisf. 4, 495 ff. 514. G i FS. 219, 319. Art. 87). 8 Ueber die Wirkung derselben ’• Ueber den Begriff des Ein- I bei der schließlichen Auseinander­ bringens s. Labänd in GZ. | setzung s. Art. 143 unten S. 184.

Die offene Handelsgesellschaft. §. 25.

147

brauchsüberlassung zu verstehm sei; das Gesetz stellt daher Rechtsvermuthungm als Auslegungsregeln auf, nämlich:

a) verbrauchbare

oder vertretbare Sachen (wie baares

Geld, Fruchtvorräthe u. dgl.), welche in die Gesellschaft ein­

gebracht werdm, werden — gemeinrechtlich die Tradition vorausgesetzt^) — Eigenthum der Gesellschaft;9) b) auch unverbrauchbare oder unvertretbare Gegenstände (darunter namentlich Gebäude und

andere Liegenschaften,

bedmtmde Maschinm u. dgl.) gehen durch die Einbringung in das Eigenthum der Gesellschaft über, jedoch nicht unbe­ dingt, sondern nur unter der Bedingung, daß der Einbringung eine Schätzung behufs Werthübergang (sogen,

aestimatio venditionis causa, nicht aber eine bloße aesti-

matio taxationis causa), eine Schätzung, die nicht bloß zum

Zweck der Gewinnvertheilung geschah, voranging: m. a. W.: aus einer nach aestimatio taxationis causa vgrgmommmm Ueberlassung kann hier die Absicht des Eigenthümers, sein

Eigenthum aufzugeben, nicht abgeleitet roetben;10) c) endlich wird eine Rechtsvermuthung auf die Thatsache der Aufnahme des Einbringungsobjekts in das von sämmt­ lichen Gesellschaftern (also auch dm einbringmdm)H) unter­

zeichnete Inventar der Gesellschaft gegründet: bewegliche oder unbewegliche H‘) Gegenstände werdm im Zweifel als Gesellschaftseigmthum

angesehm,

wenn sie vorher einem

Gesellschafter gehörtm und dann in das Inventar der Ge"* Behrend, Lehrb. §. 68 Anin. 16.—"Art.91Abs.lSatz I. - >» Art. 91 Abs. 1 Satz 2. Nach dein Gnindbuchrechte, z. B. Preuß. Ges. v. 5. Mai 1872, entscheidet jedoch über das Eigen­

thum an Grundstücken die Auf­ lassung. Behrend a. a. O. «nm. 17. - " Art. 91 Abs. 2. Vgl. Art. 28, 29. — Das Grundbuchrecht schließt Zweifel aus. Vgl. Anm. 10.

Kap. II.

148

Die Personen im Handelsrecht,

sellschaft mit Unterschrift sämmtlicher Gesellschafter eingetragm

routben.

Wird dem Beitragspflichtigen die Erfüllung dieser Ver

pflichtung unmöglich,

so ist er, wenn ihn ein Verschulden

trifft, den übrigen Gesellschaftern Schadensersatz zu leisten

verpflichtet, welcher sich, wenn durch den Untergang der ein zubringenden Sache die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich

gemacht

intereffe steigert.

wird,

bis

zum Ersatz des Vertrags-

Ist die einzubringende,

nichtvertretbare

Sache durch Zufall untergegangen oder dem Beitragspflich­ tigen sonstwie ohne Verschulden die Leistung seines Beitrags

unmöglich geworden, so entgehen ihm diejenigen Rechte in

der Gesellschaft, welche die wirkliche Einbringung (oder den Ersatz derselben) voraussetzen.

Zur Leistung von Nachschüffen Zweifel

Einhelligkeit

Handelsrecht12)

kein

ist ohne besondere (im

voraussetzende) Gesellschafter

Vereinbarung den

andern

nach Gesell

schaftern gegenüber verpflichtet; ja es kann auch die von den

übrigen Gesellschaftern geplante auf ihre Kosten vorzunehmende

Ausdehnung

des Geschäftes

durch den Widerspruch eines

Einzelnen verhindert werden, fofmt eine derartige Ausdehnung

Einhelligkeit13) voraussetzt. 3. Im Anschluß

an die Verpflichtung zur Leistung der

„diligentia quam suis“ (s. oben unter 1) und der Beitrags

pflicht (s. unten 2) ist auf die gesetzlich eintretende Verzinsungs­ pflicht aufmerksam zu machen, welche in allen Fällen —

ohne Mahnung — eintritt, in denen ein Gesellschafter eine

12 Art. 92 (vgl. preuß. 2N. I I $. 1189). XXII 202. 17 §. 190, öfters, bürgerl. GB. | 15K. — " Art. 102.

R XXV

Die offene Handelsgesellschaft. 8- 25.

149

der Gesellschaft schuldige Zahlung nicht rechtzeitig leistet,

oder eingenommene Gesellschaftsgelder nicht rechtzeitig zur

Gesellschaftskasse liefert oder unbefugt Gelder aus letzterer für sich entnimmt; die Verzinsung schließt den Ersatz des erweislich höheren direkten oder indirekten Schadens nicht aus. u)

4. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, sich des Betriebes und Abschlufles von (roenn auch nur vereinzelten) Handels­

geschäften in dem Handelszweige der Gesellschaft für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter sowie der Mitglied­ schaft als offener Gesellschafter einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft zu

enthalten; von dieser Verpflichtung,

welche mit dem Eintritt der Liquidation der Gesellschaft er­

lischt ,16) entbindet ihn die Erlaubniß der übrigen Gesell­

schafter. Diese ist in letzterem Falle schon dann anzunehmm, wenn bereits bei Eingehung der Gesellschaft den übrigen

Gesellschaftern bekannt war, daß der Gesellschafter an jener

Konkurrenz-Gesellschaft als offener Gesellschafter Theil nehme, und sie gleichwohl das Aufgeben dieser Theilnahme nicht

ausdrücklich bedungen hatten.16) Verletzt ein Gesellschafter die ihm demnach obliegende

Verpflichtung, sich der Konkurrmzgeschäfte und der Konkurrenz-

gesellschaften zu enthalten, so kann die dadurch verletzte Ge­ sellschaft nach ihrer Wahl verlangen,n)

a) daß die vom Gesellschafter für seine Rechnung abgeschlossenen Konkurrenzgeschäfte als für Rechnung der Gesell­

schaft geschloffen angesehen werdm, b) daß statt dessen Ersatz des

entstandenm Schadens

" Art. 95. - 16 XXI 145. R XXVI 165. — " Art. 97. — '« Art. 96. Vgl. Art. 56, 59. (Sgl. hierzu XVIII 228.) s. oben §. 12 3/68, 69, s. auch

150

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

(namentlich auch des entgangenen Gewinns)18) von dem Ge sellschafter an sie geleistet werde,

c) daß — in schweren Fällen — die Gesellschaft auf gelöst oder das ihr Interesse in angegebener Weise schwer verletzende Mitglied ausgeschlossen werbe.19) Die unter a und b genannten Wege kann die Gesell

schäft nur innerhalb dreier Monate einschlagen, von dem Zeit­

punkte an gerechnet, in welchem die Gesellschaft von dem Abschluß der Konkurrenzgeschäfte Kenntniß erhielt.

5. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, sich der Abtretung seines Gesellschaftsantheils oder der Aufnahme eines neuen Mitglieds in die Gesellschaft zu enthalten; die übereinstim-

ntenbe Einwilligung der übrigen Gesellschafter kann von dieser

Pflicht mtbindm; würde ein Gesellschafter'ohne solche Ein

willigung einen Dritten an seinem Antheil betheiligen oder feinen Antheil an einen Dritten (ganz oder theilweise, festeren falls ist der Dritte Unbetheiligter) abtreten, so würde für

letzteren hieraus keinerlei Recht gegen die Gesellschaft un mittelbar, wohl aber Rechte gegen dm Gesellschafter ent­ springen :20) doch kann die Heranziehung eines Dritten (als stillen Gesellschafters)

zur beschränkten Kapitalbetheiligung

vom geschäftsführendm Gesellschafter mindestens mit dem dem präsumtivm Willm der Betheiligtm mtsprechenden Erfolge

geschehm, daß die fremde Kapitaleinlage zu verzinsen und

zurückzuzahlen fei.21). 18 Art. 283. — 19 Art. 125 Zisf. 1 u. 3. Art. 127, 128. 20 Art. 98. Ueber die Ver­ pflichtung des ausnehmenden Ge­ sellschafters gegenüber den Unter­ betheiligten zurRechnungslegung,

nämlich Bilanzmittheiluna, s. XXIII 121, 122. Ueber Unter konsortialbetheiligung s. R176 ff. RXXV 88. Erbenbeitritt RII33. Schenkung von Todeswegen K XV11I 39. — 21 XIII 63-65.

Die offene Handelsgesellschaft, §. 25.

151

B. In Bezug auf die dm einzelnm Gesellschaftern zustehendm Befugnisse stellt das Gesetz — wiederum vor­ behaltlich freier Vertragsfestsetzung — folgende Regeln auf: 1. Jeder Gesellschafter kann — unter rechtzeitiger Rech­ nungsablage 22) — a) Ersatz der Auslagm, welche er in Gesellschaftsangelegmheitm machte, b) Abnahme der Ver Kindlichkeiten, welche er wegm Gesellschaftsangelegenheiten übernahm, c) Ersatz der Verluste, welche er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder die damit unzertrennlich verbundmm Gefahrm erlitt, und d) Zahlung von Zinsm für die der Gesellschaft von ihm vorgeschossmen Gelder (vom Tage des Vorschusses an) von der Gesellschaft fotbcm,22*) (rechtsvermuthlich nicht von dm einzelnm andem Gesellschaftern,22) dmn diese haftm nicht ihm solidarisch).") Dagegm kann er ohne besondere Vereinbarung keine Belohnung oder Vergütung für seine Bemühungm beim Betriebe der Gesellschastsgeschäfte, z. B. für die von ihm geführte Korrespondenz, für Buchführung, Gänge, Abschluß von Handelsgeschäften für die Gesellschaft, überhaupt fiir Vomahme der kaufmännischm Arbeiten für dieselbe von dieser in Anspruch nehmm.2ä) Wohl aber kann ein Gesellschafter, welcher der Gesellschaft nicht kaufmännische oder solche Arbeitm, die jeder Gebildete vomehmm kann und vorzunehmm gewohnt ist, geleistet hat, sondem solche Arbeitm, welche eine besondere Fertigkeit oder Kenntniß erfordem und deshalb auch gewöhnlich nur als Thätigkeit besonderer Berufe be­ trieben werdm» ein Honorar hierfür in Anspruch nehmen, --- Vgl. XVI 48, XXII 180,1 « XIII 145. — -'> Art. 93 183. - «• Art. 93 Abs. 1 u. 2. Abs. 3. Vgl. III 173, IV 380. - ” XIX 415, 416.

152

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

es müßte denn sein, daß dieser Gesellschafter eben um dieser Berufsthätigkeit willen in die Gesellschaft eintrat, deshalb eine höhere Gewinnquote bezieht, am Verlust geringer betheiligt sein soll oder dgl.2G) Im einen wie im andem Falle können die Vereinbarungen selbstverständlich die Honorar­ bedingungen beliebig festsetzen. 2. Jeder Gesellschafter hat Anspruch auf Gewinn­ antheile. *27)* 29 Am * Schluß eines jeden Geschäftsjahres wird nämlich auf Grund des Inventars23) und der Bilanz22) der Gewinn oder der Verlust dieses Jahres ermittelt und der Antheil eines jedm Gesellschafters daran berechnet; der Gewinn jedes Gesellschafters wird seinem Antheile am Gesell schaftsvermögen zugeschrieben, der Verlust an demselben ab­ geschrieben. ao) Die Art, wie der Gewinn (im weiterm Sinne) vertheilt werden soll, wird in den meisten offenen Handelsgesellschaften schon aus dem Grunde verschiedenartig festgesetzt sein, weil die Arbeitsbetheiligung (neben der Kapitalbetheiligung) sowie die Gebrauchswerthschätzung einzelner Apports eine starre Regelung der Gewinnvertheilung in der Regel ausschließen. Unser Gesetz stellt für dm Fall, daß der Vertrag die Ge­ winnvertheilung nicht regeln sollte, zwei Vorschriftm auf: a) die Einlage wird zunächst mit 4 pCt. verzinst;31) diese vier Prozent sind nicht Gewinn im engern und kaufmännischen Sinne, sondern Gesellschaftsschuld32) und werden den Gesellschaftem selbst dann gutgeschrieben, wenn die Gesellschaft mit 20 Vgl. F.v.HahnIS. 290 ff. — 87 Art. 107. — 88 Vgl. Art. 29—31 u. Art. 91 Abs. 2. — 29 Vgl. §. 56 VII; und über die Rechnungsstellung s. die in Anm. 4

S. 145 angeführten Urtheile. — 80 Art. 107 Absatz 2. „Verlust" s. R XXVII 95. - 31 Art. 106 Abs. 1 ii. 2. - 82 Art. 106 Abs. 3.

Die offene Handelsgesellschaft,

g. 25.

153

Verlust gearbeitet hat; an dieser Verzinsung partizipirt auch die Vermehrung, welche die Einlage im Laufe des Geschäfts­ betriebs erfahren hat, während andererseits der Verlustantheil in Abzug zu bringen und jeder während des Geschäftsjahres

vom Gesellschafter auf seinen Antheil entnommene Geldbetrag von diesem — ebenfalls mit 4 pCt. — zu verzinsen ist:

b) der Gewinn (im engerm Sinne), welchen die Bilanz am Ende eines Geschäftsjahres im Gewinn- und Verlustkonto

(selbstverständlich nach Abzug jener 4 pCt., welche wie gesagt

eine Gesellschaftsschuld bilden) aufweist, soll in Ermangelung

anderer Vertragsbestimmung — und ebenso der Verlust — unter die Gesellschafter nach Köpfm vertheilt werdm.88)

Die Erhebung jener Zinsm, sowie die des Gewinnantheils ist dem Gesellschafter gestattet, letzteres jedoch nur soweit es

ohne offenbaren Nachtheil der Gesellschaft geschehm kann;34) die Klage auf Auszahlung des fälligm rückständigm Gewinn­

antheiles ist nicht gegen die Mitgesellschafter, sondem gegen die Gesellschaft zu richten;88) dagegm ist es dem Gesellschafter ohne Einwilligung aller übrigen nicht gestattet, seine Einlage

oder seinm Antheil am Gesellschaftsvermögen zu vermindem.8e)

3. Jeder Gesellschafter ist berechtigt, sich fortwährmd über den Stand des Gesellschastsunternehmms zu unter­

richten und zwar durch persönliche Wahmehmung; deshalb kann er jederzeit in das Geschäftslokal kommm, jederzeit die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft einsehm und sich auf Grundlage derselbm eine Bilanz zu seiner Uebersicht anferttgen87) — Bestimmungen, durch welche keineswegs die

Verpflichtung der Geschäftsführer zur Rechnungsstellung87')

83 Art. 109. — " Art. 108 Abs. 2. — 33 XIX 416. -30 Art. 108 Abs. 1.

Art. 105 Abs. 1. — ”• Bgl. die Urtheile oben S. 145 Anm. 4.

— am Schluffe des Geschäftsjahres oder des Unternehmens, sowie bei jedem wichtigeren Abschnitt der geschäftlichen Thätig­ keit — ausgeschloffen wird. Die Befugniß zur Einsicht­ nahme der Bücher u. s. w. kann durch anderweite Vertragsbestimmung für den Fall nicht entzogen sein, daß eine Un redlichkeit in der Geschäftsführung nachgewiesen roirb.38'3u)

4. Jeder Gesellschafter ist zum Betriebe der Geschäfte der Gesellschaft berechtigt (wie verpflichtet), sofern der Ge sellschastsvertrag nicht ein Anderes bestimmt. *o) Mit diesem Satze ist — letzteren Vorbehalt immer vor­ ausgesetzt — Mehrfaches ausgedrückt: a) Jeder Gesellschafter gilt dritten (d. i. außerhalb der Gesellschaft stehmden) Personen gegenüber als berechtigt zur Vornahme von Rechtsgeschäften, zu Vertragsabschlüssen für die Gesellschaft (Berechtigung zur juristischen Stellvertretung). b) Jeder Gesellschafter gilt dm übrigen Gesellschaftern gegenüber als berechtigt und verpflichtet zur Vertretung der Gesellschaft in Rechtsgeschäftm. c) Jeder Gesellschafter gilt dm übrigen Gesellschaftern und dem Publikum gegmüber als berechtigt (ersteren gegen­ über auch als verpflichtet), die zum Geschäftsbetriebe erforder­ lichen „thatsächlichen" d. i. mechanisch-technischm Leistungm im Jnnem des Etabliffemmts, wie Korrespondenz, Behänd lung und Aufbewahrung der Waaren u. s. w. vorzunehmm. Die Drittm gegmüber präsumtiv bestehmde Stellver38 Art. 105 Abs. 2. - 39 Ueber die Defugniß des Unterbetheilig­ ten,Kenntnißvom Geschäftsgänge zu nehmen s. XXIII 121, 122. — 40 Art. 102. R XV 80, 131. R XXIV 127. — Dasselbe wird

auch in Bezug auf ausländische Handelsgesellschaften im Zweifel vermuthet. 1139. — Vgl. »Die Ge­ schäftsführung u. Vertretung der offenen Handelsgesellschaft." Don Anton v. Gorski. Wien 1888.

Die offene Handelsgesellschaft. §. 25.

155

tretungsbefugniß (s. unter -r) kann vollwirksam 4 *)negirt werben

nur mittels Eintragung in das Handelsregister;4^) von dieser

nach außen zu bestehenden Präsumtion und der inhaltlich derselben bestehendm Befugniß zur Vertretung, sowie von der

Wirkung derselbm ist in anderem Zusammenhänge (nämlich

unten §. 26) zu sprechen. Die beidm andem in obigem Prinzip enthaltenen Sätze,

nämlich die rechtsvermuthlich gleiche Berechtigung und Ver­ pflichtung — zur juristischen (b) und technischen (c) Geschäfts

führung — eines jeben Gesellschafters den andem Gesell-

schaftem gegenüber, werden im Gesetze nach dieser inneren Seite des Prinzips hin gleichmäßig behandelt; eine Ueberschreitung

jener Befugnisse oder eine Vemachlässigung dieser Verpflichtung (mit der Grmze der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten)

berechtigt die Gesellschaft zur Fordemng von Schadensersatz (s. §. 25 A 1 und 2 S. 145, 146), gleichviel ob die Pflicht­ verletzung und dadurch erzeugte Schädigung in dem Bereiche

der juristischen Vertretung oder der mechanisch - technischen

Dienstleistung vorfiel. Die Berechtigung zur Geschäftsfühmng bringt es mit fich, daß dem Gesellschafter die Klage aus Art. 93 Abs. 1 und 2 zusteht und daß die Gesellschaft feinen

Schadensersatz fordern sann, wenn die nach Art. 94 zu be­ währende Sorgfalt wirklich angewandt, aber trotzdem ein

Schadm aus der Geschäftsfühmng entsprungen ist.

In der Regel wird in jeder größeren oder aus mehr als zwei oder drei Personm bestehendm Handelsgesellschaft die

Geschäftsfühmng einem oder mehreren derselbm (unter Aus­ schluß der übrigen) vertragsmäßig übertragen sein.

41 Art. 25.

|

Ist dies

42 Art. 86 Ziff. 4, Art. 87.

Kap. II. Die Personen im Handelsrecht.

156

nicht der Fall, so gilt in Konsequenz der oben ausgesprochenen

Gleichberechtigung Aller das Prinzip der Stimmen­ ein Helligkeit dergestalt, daß jede Handlung unterbleiben

muß,

sobald einer der Gesellschafter gegen deren Vornahme

Widerspruch erhebt;43) dies gilt namentlich auch bei der Be-

stellung eines Prokuristen der Gesellschaft:

ein solcher kann

nämlich — abgesehen von dem Falle, daß Gefahr im Verzug

ist — nur durch Einwilligung aller Gesellschafter (voraus­ gesetzt, daß alle zur Geschäftsführung berechtigt sind) bestellt

werden, verliert aber die Prokura, sobald auch nur Einer der zur Bestellung mitbefugten Gesellschafter die Prokura wider­

ruft;44) auch wenn es sich um die Abgrenzung des Geschäfts umfangs, um die Vornahme von Geschäften handelt, welche

über den

gewöhnlichen

Gesellschaft hinausgehen,

Betrieb

des Handelsgewerbes der

gilt selbstverständlich das Prinzip

der Einhelligkeit: jede Ausdehnung, jede neue Handlung muß

unterbleiben,

sobald

ein

Gesellschafter widerspricht;

diese

Uebereinstimmung aller Gesellschafter ist, sofern es sich um Geschäfte handelt, die außerhalb des Umkreises des gewöhn­

lichen Betriebes der Gesellschastsunternehmung

liegen oder

gar dem Zwecke der Gesellschaft ftemd sind, selbst in dem Falle unerläßlich, daß die Geschäftsführung nicht allen zu­

steht ; benn die Vornahme solcher außergewöhnlicher Geschäfte

geht über den Umfang der Vollmacht zur Geschäftsführung

hinaus.45) Steht vertragsmäßig die Geschäftsführung nicht allen Gesellschaftern zu, so ist zu unterscheiden:

43 Art. 102 9ll>s. 2, Art. Mi I Abs. 3. |

44 Art. 101. 4 - Art. 103.

Die offene Handelsgesellschaft. §. 25.

157

1. Bevollmächtigung eines einzigen Gesellschafters zur gesammtm ordentlichen Geschäftsführung; 2. Bevollmächtigung mehrerer Gesellschafter zur kollektivm Geschäftsführung und 3. Bevollmächtigung mehrerer Gesellschafter zur selbstän­ digen Geschäftsführung durch jeden einzelnm derselben.

Gemeinsam für alle drei Fälle gilt: a) jede dieser Be­ vollmächtigungen gilt nur für Geschäfte des gewöhnlichen Betriebs des Handelsgewerbes der Gesellschaft; sobald es sich um außergewöhnliche Engagements u. dgl. handelt, so ist, selbst wenn Gefahr im Verzug ist,46) die Zustimmung aller Gesellschafter, auch der nicht geschäftsführenden, einzuholen oder die Handlung zu unterlaffen; handelt es sich aber um Geschäfte des gewöhnlichen Betriebs, so schließen die geschäft­ führenden jeden andern Gesellschafter dergestalt von der Mitwirkung aus, daß ein Widerspruch des letzteren gegen ein derartiges Geschäft vollkommen gleichgiltig ist;47) b) die Gesellschafter können die Bevollmächtigung (1—3) nicht will­ kürlich, sondern nur aus gesetzlich oder nach richterlichem Er­ messen ausreichenden Gründen widerrufen.46) Zu 1. Ist nur ein Gesellschafter zur gesummten ordent­ lichen Geschäftsführung bevollmächtigt, so schließt dieser alle übrigen hiervon ou8;48e) nur bei ungewöhnlichen Geschäften oder Ausdehnung auf ftemde Zwecke muß er die übrigen hören; zur Bestellung eines Prokuristen ist er, sofern ihm nicht der Vertrag Anderes vorschreibt, selbständig berechtigt.

40 XX 247. — 47 Art. 99. — 4S* Widerruf ist unter beson48 Art. 101, 125 Zisf. 2—5. deren Umstünden zulässig. Art. Hierzu M. Geiger in GZ. Bd. I 101. Richterliche Bestellung eines 39 S. 435 ff. ' Geschäftsführers R XXII 170.

Kap. II.

158

Die Personen im Handelsrecht.

Zu 2. Sind mehrere Gesellschafter zur kollektiven Ge­ schäftsführung berufen, so daß keiner ohne dm andern handeln

kann,

eine Beschränkung, welche

ausdrücklich

gesetzt

sein

4e) so darf keiner allein Geschäfte vomehmm, außer im Falle Gefahr im Verzüge ist; diese Ausnahme gilt auch

für dm Fall der Bestellung von Prokuristen; die Prokura ist widerrufm, wenn sie Einer der kollektiven Vertreter der Ge­ sellschaft widerrufen hat.

Zu 3. Sind mehrere Gesellschafter ohne die ausdrückliche Beschränkung, daß einer nicht ohne den andem handeln könne,

zur Geschäftsführung berufen,ä0) so darf jeder derselbm allein alle zur ordentlichm Geschäftsführung gehörigm Handlungen vornehmm; aber jeder der übrigen ebenso beauftragten Ge­

sellschafter hat ein Widerspruchsrecht; roenn einer der geschäft­

führenden Gesellschafter gegen die Vornahme einer von einem

andem derselbm beabsichtigtm, wmngleich in der ordmtlichen

Geschäftsfühmng liegmden Handlung Widerspmch erhebt, so muß diese Handlung unterbleiben. Positiv ist vorgeschrieben, daß zur Bestellung eines Prokuristm, abgesehen vom Falle,

wo Gefahr im Verzüge, die Einwilligung aller geschäfts-

führmdm Gesellschafter, zum Widermf der Prokura aber nur der Widermf eines einzelnen derselben erforderlich ist.51)

§. 26. III.

Rechtsverhältnisse

der

offenen Handelsgesellschaft nach

außen (zu Dritten).

Da das Wesen einer Persönlichkeit im juristischen Sinne in der Fähigkeit liegt, unter ihrem Namen Rechte zu er49 Art. 100 Abs. 1. 60 Art. 100 Abs. 2.

i 1

01 Art. 104.

Die offene Handelsgesellschaft,

g. 26.

159

werben u. s. w., und da diese Fähigkeit durch das Gesetz (Art. 111 des HGB.) der offenen Handelsgesellschaft bei­ gelegt wird, jedoch vermöge der persönlichm Stellung und Haftung der Gesellschafter nur bis zu einem gewissen Grade, so muß die offene Handelsgesellschaft als relative juristische Person anerkannt und aufgefaßt werden?) Als solche juristische Person tritt sie mit ihren: eigenen Namen *') in und außer Gericht selbständig auf, und als solche hat sie ihren eigenen Wohnsitz — nämlich an dem Orte, an welchem und von welchem aus die Geschäfte thatsächlich geleitet und ge­ führt werden, — und an diesem ihren eigenen, ordentlichen Gerichtsstand?) Das Vermögen der Gesellschaft ist „Ge­ sellschaftsvermögen", nicht Gesammteigenthum^) und nicht Sondervermögen der einzelnen Gesellschafter, denn das Ge1 Für die juristische Persönlichkert der offenen Handelsgesell­ schaft s. nun Eccius in GZ. Bd. 32 S. 1 ff.; vgl. auch v. Sicherer, Genoffenschaftsgesetz §. 4. Gegen die Annahme einer juristischen Persönlichkeit der offenen Handelsaesellschast u. A. nun besonders Laband in GZ. Bd. 30 S. 469 ff. u. Bd. 31 S. 1 ff.: ebenda s. auch die ge­ summte einschlägige Literatur. Für die Annahme einer re­ lativen juristischen Persönlich­ keit s. oben §. 23 II Seite 135 ff. und die ausführlichen Dar­ legungen und Litcraturnachweisungen bei G &FS. 205—213. " Ueber die Art der Firmen zeichnung s. (IX 328), XII 173, XIII 287, 288, (XXVIII 421), XX 262. Bergt, hierzu Ko-

walzig S. 116, 117. Ueber Prozeßführung s.Ecciusa.a.O. — Vgl. ferner Anton v. Gör S ki oben S. 154 Anm. 40. a Art. 111 EPO.8- 19. Eide der Gesellschaft f. E^O. §§. 425, 436,434. ueber außerordentliche Gerichtsstände f. XII 216. 8 Bestritten, and. Ans. sind insbes. Stobbe, Deutsches Priv.-R. ß. 82, B e h r e n d, Lehrb. §§. 62 III 68 HI n. a. a O. Thöl HR. §. 96, 4. Gierke, GenoffenschastStheorie S. 341 ff. 456, 506 ff. u. a. a. O. Sohm, Die deutsche Genoffenschast S. 28 ff., 38. Ueber Gesammthandverhältniffe s. A. HeuSler, In­ stitutionen des deutschen Privat­ rechts (in Bindings Hdbch.) Bd. I S. 225. ff GL F. S. 209, 210, auch R XXV£256 ff.

Kap. II.

160

Die Personen im Handelsrecht.

setz erkennt das von dem Schicksal des Vermögens der Ein­ zelnen verschiedene Schicksal des Gesellschastsvermögens wieder­ holt und ausdrücklich

an, z. B.

der Handelsgesellschaft/)

Diese

im Falle des Konkurses „relative Personifizirung"

tritt jedoch nur ein, wenn und soweit unter der Firma der

Gesellschaft — sei es ausdrücklich, sei es aus den Umständen

zu schließen

— gehandelt wird und die Firma wirkt; letzteres

reicht über den Umkreis des Handelsrechts hinaus; die Firma

kann auch durch Nichthandelsgeschäfte, z. B. einen Hauskauf, berechtigt und verpflichtet werden.

Jene einigende und selb­

ständig machende Wirkung des Firmenrechts tritt nach außen zu spätestens mit der Eintragung ein, und zwar ohne daß dies durch Vertrag geändert werden könnte; sie tritt aber

auch schon früher ein, nämlich wenn die Gesellschaft vorher schon ihre Geschäfte — und seien dies auch nur vorbereitende,

allerdings aber nach außen wirkende Geschäfte, z. B. Versendung von Cirkulären — begonnen hat?)

Damit ein Rechtsgeschäft die die Gesellschaft berechtigende

und verpflichtende Wirkung erzeugen kann, ist — außer dem Kontrahiren unter der Firma im angebeuteten Sinne — nöthig, daß es von einem zur Vertretung der Gesellschaft

Berechtigten abgeschlossen ist; zur Vertretung der Gesellschaft

sind aber berechtigt:

Konk.Ordn. §. 198. Nieß- i die dort citirten Urtheile — Hafbrauchsrecht einer Gesellschaft R | tung der Gesellschaft aus DeXVI 2. listen der Vertreter s. unten r’ VIII 392, IX 431, XII 173, Anm. 13 a, 161. XIII 287, XVIII 226 ff., XXII j ° Art. 110. Vgl. oben S. 140 ff. 61. Ueber Firmenzeichnung in Ueber Erösfnurrgshandlungen s. Wechselnund andern Formalakten I 132, 261, VII 431, XII 407 s. Kowalzig S. 126—128 u. bis 413, XIII 375, XV 426 ff.

Die offene Handelsgesellschaft.

§. 26.

161

1. die Prokuristen und sonstigen Handlungsbevollmächtigten der Gesellschaft, „bestellte Vertreter", nach Inhalt ihrer Vollmacht bezw. des Gesetzes 7), und 2. jeder Gesellschafter,8)9 *dem * die Vertretungsbefugniß nicht von vornherein") oder hinterher'") entgegen ist, „ge­ borene Vertreter"; dem außerhalb der Gesellschaft befindlichen Dritten steht, was die Wirkung dieser Entziehung an­ langt, das Präsumtionenrecht zur Seite, welches an die Registerpflichtigkeit der Bevollmächtigten sich knüpft.") Hier­ nach kann die Vertretungsbefugniß dem einzelnen Gesell­ schafter mit Wirkung für Dritte zwar entzogen,"') aber nicht mit dieser Wirkung sachlich beschränkt sein; *2) insbe­ sondere kann jeder zur Vertretung der Gesellschaft befugte Gesellschafter mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte Prokura für die Gesellschaft ertheilen oder aufheben.'2) Gesellschaftsschulden. Für die Verbindlichkeiten, welche der Gesellschaft aus dm Rechtshandlungm ihrer für sie handelndm Vertreter erwachsen, gleichviel ob die Ge­ schäfte Handelsgeschäfte sind oder nicht,'2') haftet thatsächlich zunächst das Gesellschaftsvermögm, daher ist die Zahlungs­ unfähigkeit der Gesellschaft unter gleichzeitiger Zahlungsfähig7 S. oben 88 19, 20. Vgl. R. II 30. — 8 Art. 114, 115. 117. Vgl. II 29. R XXIV 27. R XXIV 18, s. auch Anm. 13a. 9 Art. 86 Ziff. 4. i» Art. 87. — Es besteht aber keine Rechtsvermuthung dafür, daß die Vertretungshandlung während der Dauer der Vcr tretunqsbefugnib vorgenommen wurdet XIX 317 ff. " Art. 115 mit Art. 46. Gareis, Handelsrecht.

4. Aufl,

j

' 1 ' I

|

1,B — und zwar in verschienem Umfange, also auch theileis e entzogen sein RXXIV 28. 18 Art. 116 und V 295. 13 Art. 118. ,2e Schenkungen der Gesell­ schaft R XXVI 18. Delikte der Gesellschaft R III 57, 301, XV 121, 127. R XVII 93. R XVIII 120. — G & F S. 239, 241, 243 (Bem. 106, 111, 109 zu Art. 111 ff.). 11

162

Kap. II. Die Personen im Handelsrecht.

feit aller ihrer Mitglieder rechtlich möglich und ebenso auch die rechtliche Möglichkeit eines selbständigen Konkursverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gegeben; aber nicht bloß hinter, sondern auch schon neben der Haftung dieses Gesellschaftsvermögens für die Gesellschaft steht die persön­ liche und solidarische Haftung eines jeden Gesellschafters für eben dieselben Verbindlichkeiten.") Die Haftung des Einzelnen für jede Gesellschaftsschuld ist nach außen nicht etwa davon abhängig, daß der Gesellschaftsgläubiger zuerst den Versuch gemacht haben müsse, die Befriedigung seines Anspruches von der Gesellschaft zu erreichen, wie dies der preußische Entwurf zum HGB. vorgeschlagen hatte;") vielmehr steht es im Belieben eines jeden nichtbefriedigten Gläubigers der Gesellschaft, ob er zuerst einen einzelnen Gesellschafter, oder ob er die Gesellschaft als solche belangen will; das Gericht, bei welchem letzteres geschehen kann, ist jedoch keineswegs nothwendig dasselbe Gericht, bei welchem auch der Einzelne zu verklagen ist; vielmehr entscheiden die civilprozeßrechtlichen Normen lf>) über die Zuständigkeit des Gerichts gegen den Gesellschafter unabhängig von dem Umstand, daß die Ge­ sellschaft einen besonderen Gerichtsstand hat. Ist vom Ge­ sellschaftsgläubiger siegreich ein Prozeß gegen die Gesellschaft durchgeführt, so kann jener die Vollstreckung des Urtheils entweder gegen die Fonds der Gesellschaft, oder gegen das Vermögen eines einzelnen Gesellschafters erwirken, letzteres jedoch nur dann, wenn dieser Gesellschafter, gegen welchen die Zwangsvollstreckung stattfindm soll, in dem Urtheile oder in der demselben beigefügten Vollstreckungsklausel " Art. 112 Abs. 1 VII 385. : § . 12 hierzu S. l.3. — «® (5PO,r* Preus;. Entw. Art. 117, , Motive ff.

Die offene Handelsgesellschaft, §. 26.

163

namentlich bezeichnet ist;17) dies ist der Fall, wmn der Name des persönlich haftbar zu machenden Gesellschafters in der Firma der Gesellschaft steht; abgesehen von diesem Falle ist, um die sofortige Exekution in das Einzelvermögm der Gesellschafter zu sichern, darauf zu sehen, daß die Namm der einzelnen Gesellschafter in der Klage und mtsprechend im Urtheile angeführt sind. Hierdurch erledigt sich praktisch die bisher vielfach erörterte Streitfrage, ob die Berurtheilung der Gesellschaft vollstreckbar sei gegen das Privatvermögen eines einzelnm Gesellschafters;") der mit der Zwangsvoll­ streckung betraute Beamte kann dieselbe nur gegm diejmigm Personm durchführen, welche in dem Urtheil genannt sind. Der Regreßanspmch, welchm der einzelne Gesellschafter gegen die Gesellschaft hat, wmn er eine Schuld derselbm, sei es freiwillig, sei es durch Klage des Gesellschaftsgläubigers ge­ zwungen, gezahlt hat, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrage, nöthigenfalls nach Art. 93; n>) der nicht zur Geschäftsführung

n CPO. §. 671. (Die actio judicati im Sinne des bis­ herigen gemeinen Rechts ist dem deutschen Reichsrechte un­ bekannt.) — Die Stellung der offenen Handelsgesellschaft als Prozeßpartei erörtert ausführlich Eccius in GZ. Bd. 32 S. 1 ff. Wach, Hdbch. d. Civilprozeßrechts Bd. I S. 529. Nach der Ansicht von Eccius, welcher die offene Handelsgesellschaft für eine juristische Person hält, ist der einzelne Gesellschafter zwar eine andere Partei als die offene Handelsgesellschaft selbst, aber die Berurtheilung der offenen Handelsgesellschaft in einem gegen

sie gerichteten Prozefle kann gegen jeden Socius, welcher der Gesellschaft zur Zeit des Ur­ theils oder später angehört, durch Bezugnahme geltend gemacht werden (a. a. O. S. 14). Ab­ weichend Behrend, Lehrb. §.74 I S. 527. Vit. Anm. 12,13 ebenda, i 18 S. bierüber einerseits II 169, VI 416, XX 180, XXI 130, andererseits Thöl HR. Bd. I i S. 320, Fr. v. Hahn Komm. Bd. I S. 364. Kowalzig Komm. S. 119 ff. Eccius u. Behrend a. a. O. s vor. Anm. 19 Bgl. Kowalzig S. 124 insbes. zu XII 252.

164

Kap. II.

Die Personen im Handelsrecht.

berechtigte Gesellschafter kann sich zwar ebenfalls auf Art. 93 berufen, — ist dabei aber an die Schranken der Klage aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus einem be­

sonderen Auftrag gebundm.

Regreß des exequirten Gesell­

schafters gegm einzelne Mitglieder der Gesellschaft ist während

der Dauer der Gesellschaft unzulässig,19*) ebenso wie die Einrede der Vorausklage oder der Theilung?9) Die persönliche und solidarische Haftung kann mit Wirkung gegen Dritte durch Vertrag nicht ausgeschlosien roerben.20*)

Dieselbe Haftung trifft auch dm in eine Gesellschaft neu eintretendm Gesellschafter (gleichviel ob durch diesen Eintritt

die Firma geändert wird oder nicht) selbst in Bezug auf

jene Verbindlichkeiten, welche von der Gesellschaft bereits vor seinem Eintritte eingegangen wurden.21) Auch diese Haftung kann durch Vertrag mit Wirkung

gegen Dritte nicht beseitigt roerben.22) Wird ein Handelsunternehmen erst dadurch ein Gesell­

schaftsunternehmen, daß dem daffelbe bisher allein betreibmden Inhaber ein ebenfalls persönlich und solidarisch hastender

Gesellschafter beitritt, so findet die ebmerwähnte Bestimmung von der Haftung für die Dorschulden gegen den neuen Mit inhaber der schuldigm Firma keine Anwendung;2^) wohl aber kann deffm Haftung auf Grund von Schuldübernahmen

nach dm Regeln vom Erwerb eines Handelsetabliffemmts

als persönliche und solidarische Haftung begründet fein.24)

19m Wegen Art. 92. 1 22 Art. 113 Abs. 2 20 Art. 281. 23 III 182, 333, VIII 41. 20‘ Art. 112 Abs. 2. , 24 Vgl. oben §. 13 2. 75, 76; 21 Art. 113 Abs. 1. Val. XVII | ferner I 67—69, III 167, auch 365. R II 55. R VIII 64. VIII 41 u. II 143

Die offene Handelsgesellschaft. §, 26.

165

Kompensationen.241) Art und Umfang, worin der Gesellschaftsvertrag den einzelnen Gesellschafter (auch nach außen zu) und sogar desien Gläubiger währmd der Dauer der Gesellschaft bindet, läßt sich aus der Unterscheidung folgender Fälle deutlich ersehen: 1. Die Gesellschaft klagt unter ihrer Firma eine Gescllschaftsforderung gegen einen Dritten ein; der Dritte kann in diesem Falle selbstverständlich zwar mit einer Forderung, die er gegen sie hat, kompensiren, nicht aber mit einer Privatforderung, die er gegen einen einzelnen Gesellschafter hat, auf den entsprechenden Gesellschaftsantheil, der diesem Gesellschafter zusteht; denn dieser Gesellschaftsantheil ist — wie für den Gesellschafter, welcher selbstverständlich nicht in seinem Namen über ein Vermögensstück der Gesellschaft ver­ fügen kann, so auch für desien Gläubiger — unangreifbar, so lange die Gesellschaft besteht.2^) 2. Ein Dritter klagt gegen die Gesellschaft eine Gesell­ schaftsschuld ein; die Gesellschaft kann selbstverständlich zwar eine Gesellschaftsforderung, die ihr gegen den Kläger zusteht, zur Kompensation geltend machen, nicht aber eine Privat­ forderung, die einem einzelnen ihrer Gesellschafter gegen ben Dritten zusteht, es sei denn, daß eine Session zu Gunsten der Gesellschaft ftattfanb.251) 3. Ein Dritter klagt gegen einen einzelnen Gesellschafter eine Gesellschaftsschuld ein; hiergegen kann dieser Gesell24s Vgl. Behrend Lehrb. 1 §. 76 u. die dort angegeb. Lit., I auch R XI 116, R. XVI 1. ! G & F. S. 250, 251. 2r* Art. 121. i 2R* VI 419. R XI 116. — Jene (Session kann der für die
* Art. 282 (,. B. bei Emvfanftnahmen R XIII22), ferner Art. 180 Abs. 2,344,361,367,380. Art. 180 a, 180 b, 204, 213 a, 213 b, 241, 343. " Art. 397, 399.

Kap. IV. Die Handelsgeschäfte.

404

und „Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers").")

ders"

Die Beobachtung der Sorgfalt in dem hierdurch angedeuteten Maße hat der zu dieser in außergewöhnlichen Fällen übrigens

sich thatsächlich steigernden*17) Sorgfalt Verpflichtete im Streit­ fälle zu beweisen, was namentlich durch Vernehmung von

Sachverständigen ermöglicht wird.18)19 Doch ist dem Handels­ recht auch das durch die „Sorgfalt in eigenen Angelegen -

heiten"

gebotene Maß der Sorgfalt nicht unbekannt,

so

namentlich im Gesellschaftsrechte.") IV.

Schadensersatz und Vertragsstrafe.

Die

Verbindlichkeit zum Schadensersatz erstreckt sich rechtlich in allen so) Fällen des Handelsrechts auf Erstattung des wirk­

lichen Schadens (damnum emergens) und zugleich des ent­ gangenen Gewinnes (hierum cessans).21)

Die Konventionalstrafe kann das Doppelte des Inter­

esses der

Gegenpartei

an

der

Erfüllung

eines

Handels­

geschäfts übersteigen, die Parteien sind bei der Verabredung

einer Konventionalstrafe in Handelsgeschäften überhaupt nicht

an ein bestimmtes Maß gebunden,22) sondern können den Betrag derselben in beliebiger Höhe feststellen.23)

zu

bemerken,

daß

eine

in

Handelsgeschäften

Dabei ist

vereinbarte

Konventionalstrafe im Zweifel nicht Neugeld oder Wandelpön ist, so daß sich der Leistungspflichtige nicht durch die 15 Art. 464. - 16 Art. 478. 17 XV 174 ff. (Kriegszeit). 18 VI 215, VIII 35, (66). 19 Art. 94, 136. - 20 XIV 21. 21 Art. 283. Vgl. Art.357 Abs.3. u. hierzu Pfizer in 6)8 Bd. 35 e. 398. 22 Art. 284. Vgl. betr. die vertragsmäßigen Zinsen v. 14. Nov. 1867. S- 1-

23 Tie Entscheidungen XVIII 102 ff., XXI 263 (vgl. hiermit nun aber R 1 22, R II 119) erklären gewisse Pönalstipulatio­ nen für ungiltig nicht um der Höhe der Hauptsumme willen, sondern wegen des Gegenstands der primären Verpflichtung: s. oben §. 20 n. E. (3. 116).

Eigenthümlichkeiten d. Handelsgeschäfte überhaupt. §« 56.

Zahlung freien

Konventionalstrafe

der

kann.

Auch

ventionalstrafe

im Zweifel den

Betrag derselben dieser

von

der

Erfüllung

schließt die Verabredung Anspruch

auf

405 be­

einer Kon­ einen

den

übersteigenden Schadensersatz, es betreffe

positiven Verlust

oder

entgangenen

Gewinn, nicht

aus;24) hieraus wird gefolgert, daß die Konventionalstrafe,

wenn

nicht

Anderes

verabredet

ist,

regelmäßig

in

dm

Schadmsersatzbetrag, diesen mindernd, eingerechnet roerben

muß.25) V.

Arrlia.

Die Daraufgabe (auch Darangeld, Hand­

geld, Arrha genannt) ist in Handelssachen als zum Zweck der Bestätigung des Geschäfts (arrha confirmatoria), nicht

zur Erleichterung des Rücktritts gegeben im Zweifel anzu­ sehen ; sie gilt vielmehr nur dann als Reugeld (arrha poeni-

tentialis), wenn dieses vereinbart oder ortsgebräuchlich ist;

wird der durch die Daraufgabe bestärkte Vertrag mtsprechmd erfüllt, so ist dieselbe zurückzugebm oder in Anrechnung zu bringen, sofern nicht Anderes vereinbart oder ortsgebräuchlich ist26)

VI. Freiheit der Preisbestimmung im Vertrage. Diese bezieht sich auf die Preise in Waarenumsatzgeschästm

(hiervon wurde oben in §. 46 gehandelt), auf die Preise

der Arbeit (Löhne, hiervon unter §. 63) und auf die Preise

des Kredits, sowie der Risikoübernahme.

(Ueber die Preise

der letzterm im Dersicherungsgeschäft s. unten §. 71.)

Es liegt in der Natur der Handelsgeschäfte, welche unter steter Gefahr von Verlust, häufig von sehr hohem Verlust, spekulirend

abgeschloffen roerben, daß die verschiedenartigen

"Art. 284, 398, 399. XXVI 92.

R | 26 X 224. Keyßner HGB. | S. 275. - *6 Art. 285.

Kap. IV.

406

Die Handelsgeschäfte.

Schranken, mit welchen die bürgerlichen Rechte im Anschluß

an das römische, namentlich aber an das kanonische Recht, das Recht des Zinsenbezugs umgeben, wie nun großentheils vom modernen Verkehr überhaupt,

so schon vorher vom

Handelsrecht niedergerisien werden mußten.

Im Einzelnen

sind die für den Handel in Bezug auf Zinsen gellenden Vor

schriften folgende: 1.

Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, insbesondere der

Verzugszinsen, aus Geschäften, welche auf Seiten des Zins

berechtigten ober27) des Verpflichteten Handelsgeschäfte sind, ist auf 6 vom Hundert jährlich festgestellt: in allen Fällen, wo das Gesetz die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ausspricht, ohne Bestimmung der Höhe, sind darunter 6pro

zentige Zinsen zu verstehen.2^) 2.

An Stelle der im

römischen Rechte

aufgestellten

Regeln: „usurae non intelliguntur“ und „dies non intcr-

pellat pro homine“

gilt für den Verkehr von .Kaufleuten

unter einander die Regel, daß in beiderseitigen Handels­ geschäften auch ohne besondere Verabredung und ohne Mah

nung Zinsen von jeder Forderung vom Verfalltage an be rechnet werden;^) bei

einseitigen Handelsgeschäften kann

derjenige, auf dessen Seite das Geschäft ein Handelsgeschäft ist, von jeder fälligen Forderung wenigstens vom Tage der

stattgehabten Mahnung an, wenn nicht nach gewöhnlichem

bürgerlichen Rechte schon früher, Zinsen (und zwar 6 vom Hundert) berechnen, also z. B. jeder Kaufmann einem Richt

kaufmann, der mit ersterem ein für diesen den Charakter 27 XI 407. 28 Art. 288.

I Zinsen Vierprozentige

1

s. Art. 106. Höhere Zinsen nach Usance? s. XVI 215. 29 Art. 289.

Eigenthümlichkeiten d. Handelsgeschäfte überhaupt. §♦ 56.

eines Handelsgeschäfts

407

besitzendes Geschäft schloß und die

daraus fällige Forderung trotz Mahnung nicht sofort zahlt;

doch gilt die bloße Uebersendung der Rechnung für sich allein nicht als Mahnung.30) 3.

Das Verbot, Zinseszinsen zu nehmen (Anatozismus)

fällt im Kontokorrentverkehr (s. unten §. 73) roeg.31) 4.

Die Höhe der Vertragszinsen ist schon nach

dem

Handelsgesetzbuche bei Darlehen, welche ein Kaufmann em pfängt,

und bei

Schulden

eines Kaufmanns aus seinen

Handelsgeschäften gänzlich der Vereinbarung überlassen, im Uebrigen an ein Maximum von

6 pCt., sofern nicht die

Landesgesetze bereits höhere Zinsen gestatteten, gebunden;3^)

nachdem nunmehr durch das RG. vom 24. Nov. 1867 die Festsetzung der Höhe der Vertrags-Zinsen u. s. w. der freien

Vereinbarung überlassen ist (§. 1 dess.), sind die erwähnten handelsgesetzlichen Normen keineswegs weggefallen oder be­ deutungslos

geworden; denn insoweit es sich um die Ver­

zinsung von kaufmännischen Darlehen und kaufmännischen Handelsschulden, von denen Art. 292 Abs. 2 spricht, handelt, kommt die in §. 2 des RG. vom 14. Nov. 1867 enthaltene

Beschränkung — halbjährige Kündigung — nicht zur Gel­ tung ; dies

gilt auch in Bezug auf Schuldverschreibungen,

welche unter den gesetzlichen Voraussetzungen auf jedm In­ haber gestellt werden.33)

5.

Die Zinsen können

bei Handelsgeschäften in ihrem

Gesammtbetrag das Kapital übersteigm.34)

30 Art. 288. — 31 Art. 291. 14. Nov. 1867, betr. die ver32 Art. 292. . tragsmäßigen Zinsen. 33 Abs. 3 d. §. 2 d. RG. v. I Art. ‘293.

Kap. IV.

408 6.

Tie Handelsgeschäfte.

Die Zinsen dürfen nicht wuchert ich fein;

Art. 3 des Wuchergesetzes35) sind

nach

die Verträge ungiltig,

welche gegen die Vorschriften der in demselben Gesetz unge­ ordneten §§. 302 a und 302 b d Str.GB. verstoßen.3"

VII.

Beweis von Handelsgeschäften.

Handelsgeschäfte den Gegenstand

Bilden

eines Rechtsstreites

und

folgeweise einer Beweisführung, so findet der im modernen Civilprozeßrechte aufgestellte Grundsatz der freien Be­ weiswürdigung

selbstverständlich

auch

auf

Handels­

geschäfte Anwendung;37) welchen Einfluß die Durchführung

dieses Grundsatzes auf einzelne Nonnen des HGB. ausübt, wurde oben §. 7 Seite 35 und 36 erläutert.3")

neben der

Hier ist

Verweisung auf die angeführten Erörterungen

nur auf Folgendes aufmerksam zu machen:

1. Die Beweiskraft eines Schuldscheins oder einer Quit­

tung ist nach Handelsrecht3") und nun auch nach allgemeinem bürgerlichen Rechte4Ü) an den Ablauf einer Frist nicht ge­ bunden.

2.

In Kraft bleibt die Einrichtung der Handels­

register und

die

gesetzlich vorgeschriebene Wirkung der

Eintragung oder Nichteintragung bestimmter Thatsachen in

diese Register.

(Hiervon handelt oben §. 14 a S. 86 ff.)

3. Die Kaufleute haben — mit Ausnahme der Kaufleute minderen Rechts4') —, die Verpflichtung, Bücher zu führen, aus welchen ihre Handelsgeschäfte und die Lage ihres Ver

35 RG., betr. den Wucher. Vom 24. Mai 1880. 36 Art 3d.Wucherisches. Auivendunq im WN. s. H VIII 97. 37 (£$£). §. 259.

a* EinfG. v (S^C. 13. 39 Art. 295. 40 Ginfß. ,v (5PT. §. 17. 41 S. oben §. 15: (MUOJefd). 3. 247 Amn. 39.

Eigenthümlichkeiten d. Handelsgeschäfte überhaupt. §. 56.

mögens vollständig zu ersehen fmb.41e)

409

Die Nichterfüllung

dieser Verpflichtung hat, im Falle der Kaufmann seine

Zahlungen einstellt oder

in Konkurs verfällt, unter der

Voraussetzung, daß die Absicht, die Gläubiger zu benachtheiligen, dabei vorlag, eine strafrechtliche Folge: der Schuld­

ner, welcher unter diesen Voraussetzungm Unterlasten hat, die Handelsbücher zu führen, deren Führung ihm gesetzlich oblag, oder welcher unter denselben Voraussetzungm seine Handelsbücher vemichtete, verheimlichte oder wesentlich ver­ fälschte, ist wegen betrügerischen Bankerutts mit Zuchthaus,

in leichteren Fällen mit Gefängniß nicht unter 3 Monaten zu bestrafen; fehlt die Absicht, die Gläubiger zu benach-

theiligen, so trifft den insolvent gewordmm Schuldner, der seine Bücher nicht oder (wesmtlich) unordmtlich führt, oder

die Bilanzziehung unterließ, eine Vergehmsstrafe wegen ein­ fachen Bankerutts, welche in einer Gefängnißstrafe bis zu

2 Jahren besteht.") Das Deutsche Handelsrecht schreibt nicht ausdrücklich vor,

welche Bücher unter dm angedrohten schwerm Folgm von den Kaufleuten geführt werden müssen; es begnügt sich da­ mit, die Errichtung von Inventar und Bilanz, die Haltung

von

Kopirbüchem,

die

Aufbewahrung

4U Art. 28. Hierzu s. A. Braune, Die kaufmännische Buchführung und die Art. 28, 29, 239 a des Handelsgesetzbuchs, in GZ. Bd. 27 S. 158—169, und vgl. hierzu Goldschmidt in GZ. Bd. 7 S. 191 und K ey ßner ebenda Bd. 24 S. 317. GSyst. §§. 30—32 S. 101 —108. Ueber die Be­ deutungen und Arten von Be­ |

der

eingelaufmm

urkundungen, von Buchungen, Registrirungen, Inskriptionen überhaupt im Handelsverkehr s. GUGesch. S. 383 ff. und die dort angegebene Lit. u. GSyst. S. 101. Helkrederekonto R XXII 162. 42 KonkO. §§. 209, 210. (Auf­ gehoben sind §§. 281 — 283 d. StrGB. durch §. 3 Ziff. 3 d. EinfG. z. KonkO.)

410

Kap. IV.

Die Handelsgeschäfte.

Handelsbriese und der Handelsbücher (10 Jahre lang), dann die Ordnungsmäßigkeit der Bücher43 * *)* *und * die entgegen den

gewöhnlichen civilprozeßrechtlichen Vorschriften erweiterte Edi tionspflicht des Näheren43a) vorzuschreiben, sowie generell

anzuordnen, daß die Bücher die Lage des Geschäfts ersehen lassen müssen.

Eine erhöhte oder formale Beweiskraft kommt jedoch den

Handelsbüchern nach neuem Rechte nicht mehr zu.44)

Ylli. Stellvertretung in Handelsgeschäften. Der

Grundsatz

der

Zulässigkeit

freier

und

vollständiger

juristischer Stellvertretung ist im heutigen 44‘) Handelsrechte im

weitesten Umfange anerkannt.

Prokuristen und alle anderen

Handlungsbevollmächtigten vertreten innerhalb der ihnen über lasienen Sphäre4'^) ihren Vollmacht- und Auftraggeber voll­ ständig, so daß aus den im Namen des Prinzipals abgeschlossenen

Geschäften der Bevollmächtigte weder berechtigt noch verpflichtet

wird,

sondern Recht und Pflicht aus dem vom Vertreter

geschlossenen Vertrage unmittelbar auf den Prinzipal, den Auftrag-

und

Vollmachtgeber (ohne Cession und Schuld

Übernahme, also allein und unmittelbar) übergeht.")

Dieser

Uebergang findet ebenso auch dann statt, wenn eine Person,

43 Hierüber ausführlich die Art. 28-33, 37 Satz 1, 38, 40. Ueber das Erforderns der Lrdnungsmäßigkeit (Art. 32) s. IX 119, XVIII 231 ff. 43* Vgl. die Art. 37, 38, 40 des HGA. — Ueber Editions­ pflicht, inöbes. gemeinschaftlicher Urkunden und Handelsbücher, s. das Rechtsgutachten von Gold­ schmidt in GZ. 29 S. 341 ff.

44 Die andersordnenden Be stimmungen des HGB. sind auf gehoben nach §. 13 Zisf. 2 des EinfG. v EP^., gemäß §. 259 d. CPO., s. oben ^.7 S. 35 36. G S y st. S. 105, 106. 44a Auch schon im mittelalter lichen, s. GUGesch. S.273 ff., 310. 45 S. oben §§. 18-20. 46 Art. 52. Hierzu (^. Ruh­ st rat in GZ. Bd. 37 S. 43 ff.

Eigenthümlichkeiten d. Handelsgeschäfte überhaupt. §. 56.

411

die sich nicht in einem Dienstverhältniß zu jenem Auftraggeber

besindet, zum Abschluß von Handelsgeschäften bevollmächtigt wird und in Folge hiervon im Namen des Vollmachtgebers handelt?1)

Auch rücksichtlich der Wirkung der Ueberschreitung

der Vollmacht oder des Handelns ohne Vollmacht finden

dieselben Regeln Anwendung, es

sich als

mag der Bevollmächtigte

im Dienste des Prinzipals stehend oder außerhalb

eines solchen Verhältnisies befindlich geriren?")

Die nach­

folgende Genehmigung steht der Bevollmächtigung regelmäßig

gleich.

Die Stellvertretungsbefugniß wird durch den Tod

des Vollmachtgebers in der Regel49) nicht sofort aufgehoben.

Der Ueberbringer einer Quittung oder quittirten Rechnung (nicht

aber

der

einer

gekauften

Waare

oder unquittirten

Rechnung)50 * *)*gilt, * * * 48 wenn 49 nicht besondere dem Zahlenden bekannte Umstände eine solche Vermuthung ausschließen, für ermächtigt, die Zahlung für den Absender zu empfangen.01)

Die Idee

der Stellvertretung ist im heutigen Handelsrechte so weit

entwickelt, daß durch eine und dieselbe physische Person, welche Stellvertreter mehrerer anderen Personen oder Organ mehrerer Gesellschaften ist, ein Vertrag zwischen diesen meh­ reren — durch scheinbares Kontrahiren mit sich selbst — rechts­

wirksam für die beiden Vertretenen abgeschlossen werden kann?9)

" Art. 298 Abf. 1. Vgl. VII 303, 315, XVIII 295, XXII 25 ff., 373 ff. Die vom Bevollmächtigungsvertrag handelnden Erkenntnisse d. ROHG. s. Ko­ wal zig a. a. O. S. 355—364. 48 Art. 55 (s. oben §§. 19, 20) 298 Abf. 2. 49 Art. 297. — 60 Art. 51. 61 Art. 296.

R2 R VI 11. Vgl. unten §. 57 Anm. 27. Obiges ist sehr be­ stritten, namentlich vom Stand­ punkte des römischen Rechts aus, s. die Ansichten von Römer, v. Hahn, Muskat, v. Bechmann, Lepa, Rümelin, O. Bähr, Kohler, Eck, in GZ. Bd. 9, 29, 33, 39 u. a. n. O.

Kap. IV.

412

Die Handelsgeschäfte.

IX. Entgeltlichkeit.5^)

Alle Dienste, welche ein Kauf­

mann in Ausübung des Handelsgewerbes 64) einem Anderen, Kaufmann oder Nichtkaufmann, leistet, (die55 * *)* Geschäfte, * welche

jener für einen Anderen im Handelsgewerbe besorgt, sind als nur entgeltlich zu leisten, als nur entgeltlich geleistet anzu

sehen, auch wenn ein Lohn für die Mühewaltung des Kauf­ manns nicht vereinbart, ja nicht einmal überhaupt erwähnt

wurde: der Kaufmann kann für sie Provision, und wenn es sich um Aufbewahrung handelt (z. B. auch im Falle des

Art. 34 8) 56) Lagergeld nach ortsüblichem Satze fordern.

Der

Kaufmann kann von seinen Darlehen, Vorschüssen, Auslagen und anderen Verwendungen vom Tage ihrer Leistung oder Beschaffung an Zinsen in Ansatz bringen und der hiernach

Zinspflichtige kann sich dem fortgesetzten Anwachsen dieser gesetzlichen Zinsen nur durch Zahlung oder — bei Annahme­

verzug — gerichtliche Deponirung entziehen.5?)

Diese Ent­

geltlichkeit und Zinsberechtigung ist auch zu Gunstm der Kommissionäre (Art. 371)58) und Spediteure (Art. 381)59) anerkannt.

X.

Die Anfechtbarkeit der Handelsgeschäfte hat

nichts Eigenthümliches; bewirken Handelsgeschäfte eine Be

nachtheiligung von Gläubigern, so sind solche Geschäfte nach

Reichsrecht anfechtbar?9)

Keine privatrechtliche Ungiltigkeit

(sondern Straffälligkeit des Zuwiderhandelnden) wird durch M Art. 290. R XXII 170, R XXVI 19. r’< VII 363, X 243. ™ III 115, XVI 34. 66 IX 53. - 67 XVIII 137. S. unten §. 64. 59 S. unten §. 65.

60 RG. v. 21. 3uli 1879, betr. die Anfechtung der Rechtshand­ lungen eines Schuldners außer­ halb des Konkurses. R XXVII 21,151. GZ. Bd.33S.433ff.— Anfechtung im Konkurse s.KonkO. §§. 22 ff/

Die Abschließung der Handelsgeschäfte,

g. 57.

413

die Verletzung der im Reichsstempelgesetze gegebenen Finanz­ gebote und Ordnungsvorschriften bewirkt."' 61 62)

§. 57.

Die Abschließung der Handelsgeschäfte.

I. Bevor es zum Abschlüsse eines sich als Handelsgeschäft darstellenden Vertrags kommt, können ebenso wie bei Verträgen des gewöhnlichen bürgerlichen Verkehrs Vorverhand­ lung en*) verschiedener Art stattfinden; dieselben haben theils die Wirkung, den Willen des Erklärenden bereits zu binden, theils entbehren sie derselben noch; das bloße Hin- und Herverhandeln, welches der Hauptsache nach nur in Fragen und Antworten besteht, erzeugt zunächst lediglich Traktate oder Punktationen, d. s. Willenserklärungen, welche bindend werden, wenn der Schlußwille in Bezug auf den ganzen Vertrag bindend wird und sich auf dieselben bezieht. Bindend ist der sog. Vorvertrag,*') inhaltlich dessen sich die Parteien ver­ pflichten, einen Vertrag abzuschließen (paetumäoeontralienäo, z. B. Darlehensvorvertrag, Wechselvorvertrag); bindend ist ferner — für eine bestimmte Frist wenigstens — das Aner­ bieten, welches bei Versteigerungen (Subhastation — Versteigerung von unbeweglichen Sachen an den Meistbieten61 NG. v. 29. Mai 1885, betr. die Erhebung von Reichsstempelabgaben. S'. oben §. 22 S. 131, 132. So ist auch die ohne Stem­ peloerwendung erfolgende Sub­ skription oder Emission stempel­ pflichtiger Werthpapiere (Aktien, Interimsscheine u. s. w.) nicht ungiltig, aber strafbar. Ueber

i I 1 '

Anschasfungsgeschäfte R XX 10. XXI 32, 35, 40, auch R XXVII 49(Konvertirungsgeschäste), 73 ff. 62 Ueber simülirte Geschäfte s. RegelsbergerimHdbch §.241. * Regelsberger im Hdbch. §• 243. ‘ Thöl 246 u. d. dort eit. Literatur (Windscheid,

414

Kap. IV. Die Handelsgeschäfte.

den, Auktion — Versteigerung von beweglichen Sachen an den Meistbietenden, Submission — Versteigerung an den

Mindestfordernden)

seitens der Steigerer abgegeben wird,

nicht immer aber oder nicht unbedingt das vom Versteigerer

durch das Ausbieten abgegebene Anerbietm;2A bindend ist —

wenigstens eine bestimmte Frist hindurch — eine Offerte (Vertragsantrag), welche in der Absicht abgegeben wird, daß durch die Annahme derselben sofort ein Vertrag

entstehen

soll, auch dann, wenn die Offerte an eine persona incerta gerichtet ist (hierüber unten II).

Anerbieten Personen,

zum Verkauf,

Nicht bindend ist ein

welches

erkennbar für mehrere

insbesondere durch Mittheilung von Preislisten,

Lagerverzeichniffen, Proben oder Mustern geschieht, oder bei

welchem die Waare, der Preis oder die Menge nicht be­ stimmt bezeichnet

ist;8)

doch

kann

die Bestimmtheit

der

Waaren-, Preis- oder Mengebezeichnung, anstatt aus den

gebrauchten Ausdrücken direkt,

sich indirekt aus der Natur

der Sache ergeben und dadurch das Anerbieten zu einem

verbindlichen werden?)

Nicht bindend

ist die Ertheilung

eines Rathes oder einer Empfehlung (kaufmännische Em­

pfehlung); der Rathende oder Empfehlende haftet lediglich im Falle arglistiger Erklärung für den aus dem dolosen Ver

Hallen entstandenen Schaden, sofern nicht ein besonderes Ver

tragsverhältniß oder eine feste Garantieübernahme den Em pfehlenden verpflichtet:''') doch ist es unter Kaufleuten mit

Regelsberger, De gen kolb, ttzöppert), sowie .hdbch. Bd. II S. 417 ff. (Reg els berger.) - S. hierüber Thöl §. 245. 3 Art. 337. XI 1 ff. 4 I 56, 144, VII 155 lBicr

lieferunq), VIII 209, XI 119, XI 285, XIII 75, 94, XIV 292, XV .334. r- Thöl 236, IX 152, X 392, XI 410, XIII 172, XIX 196, XXII 121 , XXIII 153.

Die Abschätzung der Handelsgeschäfte,

g. 57.

415

Recht üblich und vorsichtig, sich bei Empfehlenden ausdrück­ lich („ohne Obligo",

„ohne

meine Vertretung" u. dgl.)

gegen eine Garantieübernahme zu verwahren, ein Verfahren, welches selbstverständlich nicht vor der Haftung aus doloser Empfehlung schützt.

Eine besondere Bestimmung in Bezug

auf die Ernstlichkeit und Bindung des Willens enthält das

österreichische Börsengesetz,r,B) indem es bei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeitm über Börsengeschäfte die Einwmdung, daß dem Ansprüche ein als Wette oder Spiel zu beurtheilendes

Differenzgeschäft zu Grunde liege, für unstatthaft erklärt?") II. Jeder Vertrag ist eine acceptirte Offerte, er ist ent­

standen durch die Annahme des Antrags, welchen der eine Kontrahent, der „Offerent", an den anderen (sog. „Oblaten") stellte und welchen letzterer nur annimmt, vorausgesetzt, daß

das Anerbieten, der Antrag, bindmd war.

Dieser „bindende

Antrag"

bildet einen jener wmigen Fälle, in betten nach

unserem

positiven Rechte

bereits

eine

einseitige (also

noch nicht acceptirte) Willenserklärung verpflichtende Wirkung

hat: sie verpflichtet nur dm einseitig Erklärenden, sein An­ erbieten so

lange aufrecht zu erhalten, bis der Oblat der

Offerte gegenüber eine annehmmde oder ablehnende Antwort gebm kann; die Dauer der Frist, währmd welcher eine Offerte bindet, Warlefrist, richtet sich folglich nach der größeren

oder

geringeren,

schwerer

oder

G S y st. S. 196. — Empfehlung von Werthpapieren in Kommissionsgeschäftsverbindung R XX VII 119. r,M Oesterreich. Börsengeseh u. 1. April 1875. §. 12. r,b Neber die Einrede des Spiels

leichter zu überwindmdm

oder der Wette bei Differenz­ geschäften s. Gareis, Die Klag­ barkeit der Differenzgeschäfte, 1882 S. 20 ff. Ueber Ernstlich, feit des Willens im Gegensatz zu scherzhaften Erklärungen s. R VIII 249.

Kap. IV. Die Handelsgeschäfte.

416

Entfernung des Offerenten vom Oblaten.

Erklärung auf einen,

Daher muß die

unter Gegenwärtigen —

also von

Angesicht zu Angesicht — oder mittels des Telephons —

wenn

auch

durch Stellvertreter

(nicht aber Boten)6) —

gestellten Antrag sogleich abgegeben werden (aber mög­ licherweise auch stillschweigend, nämlich durch schlüssige Hand­

lung), widrigenfalls der Antragende an seine Offerte nicht länger gebunden ist,fie) und sofern er nicht etwa selbst eine

längere Frist festgesetzt

[)(it;ßb)

bei einem unter Abwesen

ben7) (also brieflich, telegraphisch, durch mündlichen Boten -

auftrag u. dgl.) gestellten Anträge bleibt der Offerent bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er bei ordnungs­ mäßiger rechtzeitiger") Absendung der

Antwort den Ein­

gang der letzteren erwarten darf, wenn der Sachlage nach überhaupt

eine Antwort erwartet wird. ^)

Bei

der Be­

rechnung dieses Zeitpunktes darf der Antragsteller von der Voraussetzung ausgehen, daß sein Antrag rechtzeitig beim Oblaten angekommen sei.

Warteftist verlängert,

Durch die Offerte selbst kann die

aber auch — etwa durch das Ver­

langen einer besonders beschleunigten Antwort — abgekürzt werden.

Enthält die rechtzeitig und ordnungsmäßig abgesandte Antwort die Annahme des Antrags und trifft sie erst nach

6 VIII 39t; ff. Art. 318, III 116 ff., VI 244, XIV 298 ff. 6b VI 243, VIII 395. 7 Art. 319. Dieser Artikel bezieht sich nicht aus den Fall, daß der Besteller sofortige Effektuirung, eine Erklärung aber

nur dann erwartet, wenn der Bestellungsempfänger die Effek tuirung äblehnt. R II 44 und die dort angegeb. Vit. — Antrag durch Vermittlung R VIII 61. * XIII163 ff. Ueber Aceepta tionsfrist s. R XXVI 6. *' XIV 301: auch III 116 ff.

Die Abschließung der Handelsgeschäfte, §• 67.

417

gesetzlichen oder offerirten Wartefrist beim An­

Ablauf der

tragsteller ein, so ist diese Verspätung kein Hinderungsgrund für das Zustandekommen des Vertrags; der Vertrag gelangt

vielmehr

auch durch eine derartige verspätete Annahme zur

Existenz, es wäre denn, daß der Offerent in der Zwischen­

zeit oder ohne Verzug nach dem Eintreffen der (verspäteten) Annahmecrklärung dem Oblaten seinen Rücktritt angezeigt

hat.10) 11 Doch darf aus dieser Bestimmung nicht gefolgert

werden, daß der Offerent in allen Fällen, in denen ihm eine verspätete Annahmeerklärung zugeht, verpflichtet ist, die

von

ihm

inzwischen

beschlossene Zurücknahme der Offerte

ausdrücklich dem Oblaten zu erklären.")

Sowohl die „bindende Offerte" als auch die Annahme­

jedoch nur so lange als

erklärung sind widerruflich,

die zu widerrufende Erklärung sich noch unterwegs befindet:

die Offerte ist für nicht geschehen zu erachten, wenn der

Widerruf derselben dem anderen Theile (Oblaten) früher als die Offerte oder gleichzeitig mit der Offerte zugeht (z. B.

ein widerrufendes Telegramm des Offerenten den brieflichen

Antrag deffelben überholt^; desgleichen ist die Acceptation der

Offerte

fiir

nicht

geschehen

zu

erachten,

wenn

der

Widerruf der Annahme noch vor der Erklärung derselben

oder zu gleicher Zeit mit dieser bei dem Offerenten ein­

getroffen ist.12) Was die Frage nach dem Zeitpunkte des Zustande­

kommens eines Vertrages anlangt, so bestimmt zwar das

Gesetz:")

Ist ein unter Abwesenden verhandelter Vertrag

10 Art. 319 Ads. 3. 11 Keyßner S. 321 Hiss. 12. (Careis, Handelsrecht. 4 Auf!.

12 Art. 320. Art. 321.

Kap. IV. Die Handelsgeschäfte.

418

zu Stande gekommen, so gilt der Zeitpunkt, in welchem die

Erklärung der Annahme behufs der Absendung abgegeben (z. B. der Annahmebrief zur Post gebracht)14)15ist, als der

Zeitpunkt des

Abschluffes des Bertrags.

Aus dieser Be

stimmung darf jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß unser Gesetz der sog. „Deklarativns theorie"

huldige, denn

eben

oder Aeußerungs­

nach diesem Gesetze kann,

wie vorhin erörtert, die geäußerte Annahme bis zum Mo

ment des Empfangs der Annahmeerklärung widerrufen wer dm;

das HGB. steht folglich

auf dem Standpunkt der

„Empfangstheorie"; der Widerruf der Acceptation ist

ausgeschloffen,

wenn

er nicht vor oder mindestens zugleich

mit der Annahmeerklärung bei dem Offerenten eintraf; daß

der Offerent von der Annahmeerklärung Kmntniß nahm, den Acceptationsbrief z. B. las, ist zur Perfektion des Ver­

trags, wiewohl dies die sog.

„ Vernehmungstheorie"

verlangt, handelsrechtlich nicht erforderlich.lr>) Als Ort der Abschließung eines unter Abwesenden zu Stande gekommenen Vertrags von Botm

nicht den

Ort

wird

man

bei Verwendung

aufzufassen haben,

an welchem

die Boten der Kontrahenten die ihnen aufgetragenen letzten und bindenden Willenserklärungen austauschen, sondem im

Zweifel stets den Ort, von welchem aus die letzte bindende

Erklärung, die Annahmeerklärung, abgesendet roirb.1G)

14 XIII 165, 166. recht D b ö l HR. 88- 237, 239 15 Keyßner S. 319, 322. und die dort angel, ^it, auch lieber die gemeinrechtliche Streit Hauser in (HZ. Bd. 12 S. 121. frage s. Windscheid, Pand. Regelsderger im Hdbch. 248 Bd. II 'S. 455. Hobler 8.306, ferner Stobbe, Deutsches Prinatrecht g. 168 tinvbes. S. *6 im AfbN. Bd. 1 S. 283 sf. "'» VII 11, 12. bis 8? Bd. III), für Handels­

Die Abschließung der Handelsgeschäfte. §• 57.

419

Fügt der annehmende Oblat seiner Annahmeerklärung

neue Bedingungen oder Einschränkungen der Offerte bei, so gilt dies als Ablehnung des Antrags und zugleich als eine neue Offerte; n) diese Bestimmung bezieht sich zunächst nur

auf Verhandlungen unter Abwesenden, bei Verhandlungen unter Anwesenden liegt in den vom ursprünglichen Offe­

renten gegenüber der abändernden Erklärung des Oblaten

fortgeführten Unterhandlungm

ein Aufrechthalten der ur­

sprünglichm Offerte,17 18) doch ist in beidm Fällm nur eine durch

ändernde

Thatumstände

umzustoßmde Vermuthung

ausgesprochm. Das Schweigen auf einen Antrag zum Vertrags­

abschlüsse ist an und für sich weder Annahme noch Ablehnung

des Antrags;19) es kann der Oblat zu einer Erklärung (im Falle er ablehnm will) nicht gmöthigt werden durch ein vom Offerenten einseitig gestelltes Präjudiz, daß die Offerte

als acceptirt betrachtet werde, sofern Oblat nicht binnen bestimmter Frist

ausdrücklich

ablehne.

Demnach kommt,

wmn der Oblat auf den Antrag nicht antwortet, regelmäßig

und

vorerst ein Vertrag nicht zu Stande.

Es ist aber

möglich, daß die die Offerte begleitmdm Umstände dem Oblaten die Verpflichtung

auflegm,

im Falle der Ab­

lehnung zu antwortm, so daß also sein Schweigm als An­

nahme der Offerte ausgelegt wird. 17 Art. 322, VI 243 ff., XII 290-292 (hierzu Thöl §. 239 Anm. 7). (- XVI 157). 1H VIII 396. III 117. - Regelsberger im Hdbch. tz. 247 (Bd. II L. 448 ff.).

Das Gesetzt) erkmnt

20 Art. 323 Abs. 1 vgl. unten §. 63 Anm. 3a. Hierzu I 80, V 170, XII 1 ff., 102, XV 281. G & F S. 680. Mit Art. 323 Abs. 1 ist zu vergleichen Art. 347 Abs. 2 -4 und Art. 364 Abs. 2.

Kap. IV. Die Handelsgeschäfte.

420 eine

solche

Verpflichtung

ausdrücklich

nur

bei

Arbeits­

verträgen an (s. unten §§. 63 ff.), nicht aber bei Waarenumsatzgeschäften

(s.

unten §§. 59 ff.), und nur unter der

Voraussetzung, daß entweder eine Geschäftsverbindung besteht oder sich der Obtat vorher dem Offerenten zur Ausrichtung

von Aufträgen

der näher bestimmten Art erboten hat (der

Ablehnende muß jedoch provisorisch für die etwa überfanbteii

Waaren u. s.

w. des Offerenten sorgen).21)

Welche Be

deutung das Stillschweigen im Uebrigen im Handelsverkehr

hat, hängt von den Umständen, zum Theil auch von ge­

schäftlichen und lokalen Gewohnheiten ab; Tendenz

des

Handelsverkehrs

nicht

es läßt sich die

leugnen,

einen

dem

Art. 323 analogen Satz auch auf Waarenumsatzgeschäfte und andere Geschäfte anzuwenden; doch ist ein Gewohnheitsrecht dieses Inhalts

höchstens als in

der Bildung

begriffen zu

bezeichnen.22)

III.

Ueber die Form des Vertragsabschluffes s. oben

§. 56 I. a. E.23)

IV.

Die ausdrückliche Erwähnung des Tchuldgrundes

ist keine Voraussetzung der Giltigkeit von Handelsgeschäften.23*)

Ist eine bestimmte Form

für die Handelsgeschäfte gewählt,

welche üblicherweise der Bindung des Willens dient,

die Erwähnung des Schuldgrundes

für die Gültigkeit des Geschäftes.

21 Art. 323 Abs. 2 u. 3. Bal. Art. 348 Abs. 1. 22 Vgl. I 80, 149, 163, 11 91, 117, III 48, 425, IV 203 ff., 351, X 191, XIII 94, 439, XIV 13, 272, 430, XV 430, XVI 40, 232. Keyßner 3. 268-270. G a r e i s, Dispositionsstellung

so ist

zweifellos unwesentlich

Die ^ahl der einzelnen

1870. S. 174 — 179 und im ödbch. §. 262 (Bd. II 572-574). 23 3.402 f. 9lnm. 3a-7. Vgl. Hci)6ncr 3. 316—319, T bö l 210 244. 23r -handelsgewo b n beit o re ch t lich feit s. 12. OjllOh'fct). 3. 3o«; ff.

Die Abschließung der Handelsgeschäfte,

g. 57.

421

Fälle, in denen dies anerkannt wird, ist im Handelsverkehr

größer als im übrigen Verkehrsleben; das Handelsrecht hat insbesondere in den Werth papieren die Giltigkeit reiner

Summenversprechen (abstrakter Verträge) zu weitester An­ erkennung und Verwerthung

gebracht;

danken ihre Cirkulationsfähigkeit

Werthpapiere ver­

wesentlich gerade diesem

Umstande, doch giebt es auch Jnhaberpapiere, welche den

Schuldgrund angeben (f» unten §. 79), und die Angabe des Schuldgrundcs hebt die Wirksamkeit der Orderklausel nicht

auf.24)

ments)

Zur Giltigkeit einer Urkunde (oder des Indossa­

ist kraft

ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung2-''')

nicht erforderlich, daß sie die Angabe des Verpflichtungs­ grundes oder das Empfangsbekenntniß der Valuta enthalte;

dies gilt insbesondere auch von Anweisungen,

Verpflich­

tungsscheinen u. s. w., selbst dann, wenn sie nicht an Order

lauten.2^)

So ist

auch

der Anerkennungsvertrag

im Handelsrechte durchaus klagbar, z. B. Anerkennung eines

Buchsaldo's,2?) doch ist die novatorische Absicht einer solchm Anerkennung nicht zu vermuthen, daher das Zurückgreifen

auf die vorausgegangenen Obligationsverhältnisse oder Einzel­

posten im Zweifel nicht ausgeschlossen und nach ausdrück­

licher gesetzlicher Bestimmung insbesondere der Beweis eines Irrthums oder eines Betrugs durch die Anerkennung einer

"VIII431ff.,KeyßnerS.293. 25 Art. 301. 26 Konstante Praxis s. insbes. VH 207, VIII 431, XIX 277, XXIV 237. R XI 178. 27 Art. 294. Die Anerkennung eines Saldos unter zwei Han-

delsgesellschaften kann auch dann I als "klagbares Schuldbekenntnis^ i wirken, wenn die beiden Gesell> schäften durch eine und dieselbe Person vertreten werden. R VI | 12; vgl. oben §. 56 Anm. 52. j

Kap. IV.

422

Die Handelsgeschäfte.

Rechnung nicht aufgegeben. 27‘) des

materiellen Rechts

an

Wo übrigens aus Gründen

dem Erforderniß

der Angabe

des Schuldgrundes bei Vertragsabschlüssen noch festgehallen werden sollte,

da wird die Durchführung des neuen civil

prozessualen Prinzips der freien Beweiswürdigung3") mehr

und mehr zum Fallenlassen jenes Erfordernisses hindrängen. V. Verträge zu Gunsten Drittersind im Handels­

recht als gütig anerkannt in einer Reihe von Fällen;2^) so bei der Subskription von Aktien,3") bei der SHftebitirung,31) bei Lebensversicherungen,32) bei Uebernahme von Etablisse-

mmts sammt Aktiven und Passiven.33)

§. 58.

Dir Erfüllung der Handelsgeschäfte.*)

Für die Erfüllung der Handelsgeschäfte sind zunächst die Vertragsbestimmungen, alsdann die gemein- und landrecht­

lichen

Grundsätze

dieses

Inhalts

maßgebend;

nur einige

Normen enthält das Handelsrecht hierüber, größtentheils um Zweifel und Streitfragen der bisher geltenden Rechte zu be­

seitigen; diese Normen beziehen sich auf den Erfüllungsort,

die Erfüllungszeit und das Erfüllungsobjekt. I.

Erfüllungsort.

Wo erfüllt werden soll, bestimmt

in der Regel der Vertrag ‘) ausdrücklich oder stillschweigend,

27* I (145), 161, 259 ff., III 423 ff., VI 68 ff, VIII 118. r» CPD. §. 259. 29 111351,365, VIII383, XXI 273, XX111 163. Vgl. Gareis, Verträge zu Gunsten Dritter 88.69,71,72. Stob be, Deutsches Privatrecht, Bd. III 8- 172.

30 S. oben 8- 31 S. 228—229. 31 S. unten §. 74. 32 S. unten §. 72 a 1 a. E. 33 S. oben 8- 13 S. 75, 76. * Beweis der Erfüllung s. R XX 269, R XXV 114. 1 X 174, XI 66,314, XVI391 ff. R XXIII 412.

Die Erfüllung der Handelsgeschäfte.

§. 58-

423

der Sache nach, oder die Natur des Geschäfts;la) in Er mangelung einer solchen Bestimmung hat

1. der zur Lieferung von in genere2) bestimmten Waaren

(worunter auch Werthpapiere zu verstehen stnd) Verpflichtete an dem Ort zu erfüllen, an welchem er zur Zeit des Ver­ tragsabschlusses sein Etablissement3)

oder in Ermangelung

eines solchen seinen Wohnort hat;*)

2. der

zu

Geldzahlungen Verpflichtete

hat diese dem

Gläubiger da zu leisten, wo letzterer zur Zeit der Entstehung der Forderung

sein Etabliflement,

mangels dieses seinen

Wohnort hat;5) — cs wäre denn, daß die Geldzahlung auf ein indossables oder auf den Inhaber lautendes Werthpapier zu erfolgen habe, in welchem Falle die Zahlung (der Hol­

schuld)

auf

Grund

der

Präsentation des

Papiers

beim

Schuldner (oder Domiziliaten) erfolgt;6)

3.

der zur Uebergabe einer bestimmten Sache (species)

verpflichtete Schuldner hat, wenn sich diese Sache zur Zeit

des Vertragsabschlusies nicht am Etabliflement- oder Wohn­ orte des Schuldners,

sondern mit Wissen der Vertrags­

schließendm an einem anderm Orte befand, die Uebergabe

an diesem letzteren Orte zu 6eroirfen.7)

Der nach Maßgabe dieser Regeln bestimmte Erfüllungs­ ort mtscheidet

im Zweifel auch darüber,

welche Maaße,

Gewichte, Münzen, Zeit- und Entfernungsbestimmungen als die im Vertrage gewollten anzusehm sind.6)

35, 2 8 * 35.

R III 111, 117. R XII 36. R XVI 3, 4. S. oben S. 359 ff. Art. 325, s.Keyßner S. 326. Art. 324. R X 93. R XII R XIII 411.

6 X 176, XVI 52, CPO. § 22, u. s. oben S. 72 ff. 6 Vgl. WO. Art. 39, 91, 24. 7 Art. 324 letzter Satz. Vgl. oben S. 359. 8 Art. 336. Vgl. WO. Art.

Die Handelsgeschäfte.

Kap. IV.

424 II.

GrsüIlung53eit.

Wann

ein Handelsgeschäft

erfüllt werden soll, bestimmt zunächst ebenfalls in der Regel der Vertrag, ausdrücklich oder stillschweigend, die Natur der Sache, in manchen Fällen ein Handelsgebrauch;

ist durch

all' dies keine Erfüllungszeit gegeben, so kann die Erfüllung zu jeder Zeit gefordert und geleistet werden (quod sine dir

debetur,

praesenti die debetur).

Ist die Erfüllungszeit

zwar im Vertrage erwähnt, jedoch so unbestimmt, daß Zweifel entstehen, so entscheidet das Gesetz im Einzelnen besonders

(so bei den Ausdrücken „im Frühjahr", „im Herbst", „Mitte des Monats", „halber Monat", bei Fristbestimmungen nach

Tagen,

Wochen,

Monaten);9)

Börsenordnungen,

welche

andere Normen bestimmen, bleiben in «Kraft,10) nicht aber

entgegenstehende Usancen.

In Bezug auf den Einfluß von

Sonn-

zu

und

Feiertag

ist

unterscheiden

zwischen

Er­

füllungsterminen und Erfüllungsfristen: ersteren falls gilt,10a) wenn der Zeitpunkt der Erfiillung auf einen

Sonntag oder allgemeinen Feiertag fällt, worüber das Recht des Erfüllungsortes entscheidet, der nächstfolgende Werk tag

als Tag der Erfüllung; letzterenfalls muß, roenn der

letzte Tag des Zeitraums, innerhalb besten jedenfalls erfüllt werden muß, d.

i. der letzte Tag der Erfüllungsfrist auf

einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag

34, VI 92, 128, XV 242 ff. Ueber den Gerichtsstand des Er­ füllungsorts s. EPO. 8- 29, Gareis im Hdbch. 8- 269 Sinnt. 17 u. die dort angef. 916b. v. Key bner, ferner R II 120. R X 350, 2X2. R IX 227.

fällt, spätestens

6 Art. 327, 328. Vgl. Art. 30, 32, 92. 10 Art. 331, s. unten §. Gl 9(111)1. 2 a. 10e „Gilt", nicht: „ist*: der Parteiwille kann mit Erfolg ge­ rade den Sonntag als Erfüllungs­ tag wählen: anders s. Art.92.

Die Erfüllung der Handelsgeschäfte-

§. 58.

425

am nach st vorhergehenden Werktage erfüllt werden.") In jedem Kalle muß die Erfüllung während der gewöhn

lichen Geschäftszeit, d. i.

in der Regel während der orts

üblichen Komptoir- oder Kassastunden erfolgen.11 12)13

Ist die Lieferzeit oder Zahlungszeit prolongirl (d. i. verlängert) worden, so beginnt, sofern nichts Anderes verein­

bart ist, die neue Frist erst am ersten Tage nach Ablauf der alten Frist zu laufen.")

Fraglich kann sein,

ob der vertragsmäßig vereinbarte

oder sonst gesetzlich anzunehmende Verfalltag einer Leistung

zu Gunsten beider Kontrahenten oder nur zu Gunsten eines beiden

der

wirke;

das

Gesetz

entscheidet

diesen

Zweifel

nicht, sondem verweist hierzu auf die Natur des Geschäfts und die Absicht der Parteien und bestimmt nur,

daß sich

die Befugniß zum Abzug von Rabatt (Diskonto,

Jnter-

usurium) bei vorzeitig geleisteten Zahlungen in keinem Falle von selbst verstehe,") sondern daß ein

derartiger Abzug

wegen Früherzahlung nur dann gemacht werden dürfe, wenn Vertrag oder Handelsgebrauch hierzu berechtige.

III.

Erfüllungsobjekt.

muß,

bestimmt

Gesetz

stellt

zur

Was

selbstverständlich Beseitigung

der

von

geleistet

werden

Vertrag14a);

das

nur

drei

Zweifeln

Regeln fest :

1.

bei Waarenlieferungen ist im Zweifel „Handelsgut

mittlerer Art und Güte" zu liefern,")

2.

die Bezeichnung der Waare, Maaße u.

11 Art. 329, 330. 12 Art. 332. 13 Art. 333. - " Art. 334. Ueber die Klausel tel quel

s. w. sind

s. R XIX 30 u. oben e. 401 Anm. 2. 1ri Art. 335, s. oben §. 43, S. 360. R XIII 23.

Kap. IV.

426

Die Handelsgeschäfte.

im Zweifel im Sinne des am Erfüllungsorte herrschenden

Sprachgebrauches zu verstehen,"') und

3.

bei Geldzahlungen kann, wenn die im Vertrag be­

stimmte Münzsorte am Zahlungsorte nicht im Umlauf oder

nur eine Nechnungswährung ist, der Betrag nach dem Werthe

zur Verfallzeit in der Landesmünze gezahlt werden,16 17) sofern nicht durch den (Gebrauch des Wortes „effektiv" oder eines ähnlichen Zusatzes die Zahlung

in der im Vertrage be

nannten Münzsorte ausdrücklich bedungen ist1*)

IV.

Geräth der Erfüllungspflichtige

vor vollständiger

Erfüllung des Vertrags seinerseits und seitens des andern

Kontrahenten in Konkurs,

so

kann der Konkursverwalter

an Stelle des Gemeinschuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung von dem andern Theile verlangen.

Der Ver

walter muß auf Erfordern des andern Kontrahenten, auch

wenn die Erfüllungszeit noch nicht eingetreten ist, demselben ohne Verzug erklären, ob er die Erfüllung verlangen will;

unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht be stehen.19) 16 Art. 336 Abs. 1, s. oben §. 44 6.341, 342. GSyst. §.80. Die sich aus dem Orts unterschied wegen der Währungsverschieden­ heit ober dergl. ergebende Preis differenz bildet die Grundlage der sog.Arbitrageoperationen s. unten §. 61 Annu 5, §. 106 51 tim. 2. 17 Art. 336 Abs. 2. Vgl. XXIII 205 (Österreich. Eisenbahn-Prio ritäten - Koupons, zahlbar in „Thalern, Vereinsmünze oder Gulden süddeutscher Währung"). II VI 126 (hier ist die Verurtheilung österreichischer Äou-

ponemittenten zur Goldzählung eingehend motivirt), R XIV 154 Vgl. ferner Keyß ner u. A. in GZ. Bd. 27 S. 512 ff. Laden bürg GZ. Bd.33 3.246, Gold f chmidt ebenda S. 250. 18 Vgl.WO Art.37unten§.90. ly K'onkO. §. 15. S. hierzu v. Sarweu Komm. z. KonkO. (2. Aufl. 1H82). S. 69 ff.: von Völderndorff, Komm, zur KonkO. 3. 183 ff. Ueber die Erfüllung von Fixgeschäften im Konkurse s. unten g. 62 I.

Vom Handelskaufs überhaupt.

v.

§♦ 59.

427

Bon einzelnen Handelsgeschäften.^)

I.

Waarenumsatzgeschäfte. §. 59.

Vom Handelskaufs überhaupt.

I. von

Das Kaufgeschäft des Handels ist nicht prinzipiell

dem Kaufgeschäft

des

übrigen

bürgerlichen Verkehrs

verschieden und steht darum in den meisten Beziehungen unter

den Regeln des

bürgerlichen Rechts über den Kaufvertrag

überhaupt: *) Es ist dort wie hier der dm Umsatz von Waare

gegm Geld bezweckmde, wesentlich zweiseitige Vertrag und sein Abschluß erfolgt durch die Annahme einer bindendm Offerte; die Offerte kann vom Käufer oder vom Verkäufer ausgehen, sie muß aber eine bindmde gewesen sein, wmn durch die Erklärung der Annahme derselben sofort der Kauf

perfekt entstehen soll.

Eine besondere Form ist weder für

die Annahme noch für das Angebot vorgeschrieben.

Der

Konsens über Waare und Preis, das Wesentliche des Kauf­

vertrags, kann übrigens auch zu Stande kommm, ohne daß die Offerte ausschließlich auf Abschluß eines Kaufs gerichtet zu sein braucht und ohne daß der Preis ausdrücklich oder

ziffermäßig genau bestimmt ist; in ersterer Beziehung ist an die Möglichkeit der Umwandlung eines Kommissiongeschäfts * Uebersicht der Handelsge­ schäfte s. oben §. 10 S. 54. 1 Ueber den Kaufvertrag im allgemeinen s. v. Bechmann, Der Kauf nach gemeinem Rechte (Erlangen Bd. I 1876, Bd. II 1884), ferner Gareis, Hdbch.

Bd. II S. 541-738. Lit. GSyst. S. 41, 170 ff. GSyst. S.41 ff., 170ff. G &F S. 696 bis 772. — Mittelalterliche Kauf­ rechte f. GUGesch. S.314. - Kauf nachhanseatischenQuellen,Friedr. Conze (Bonn 1889).

Kap. IV.

428

Die Handelsgeschäfte.

in ein Kaufgeschäft, ?) in letzterer Beziehung an die Möglich­

keit

der

auf ben

ausdrücklichen

stillschweigenden Bezugnahme

oder

Marktpreis oder laufenden Preis zu

erinnern.2 3)

Allgemein gehaltene Anerbietungen zum Kauf sind nach ge­

setzlicher Bestimmung nicht als

bindende Offerten

zu be

trachten.4)* *

Wie der Kauf, so ist auch jedes andere Handelsgeschäft zu

beurtheilen, dessen

(Gegenstand

in der Lieferung einer

Ouantität vertretbarer Sachen gegen einen bestimmten Preis besteht;^) von

noch

tretbaren

darunter

gehören

die

Verträge über Lieferung

herzustellenden oder noch zu bearbeitenden ver

Sachen

(Lieferungsverträge,

über welche

das

preußische Landrecht besondere Bestimmungen enthält, I. 11. 981—987),7)

es

gehört

hierher der

Barattohandel

(das „Troquiren"), d. i. die allgemeine Vereinbarung, daß

der Kaufpreis in bestimmten

Waaren zu entrichten fei;8)

es gehören hierher die Verträge über terminliche Lieferungen

von Verzehrungsartikeln (z. B. auch die in Bayern zwischen

2 Ueber eventuelle Kaufs4 S. oben §. 57 Anm. 3 S. ober Verkaufsofferten in Ver­ 414 und Gareis im Hdbch. bindung mit Kommissionsan 262 (Ad. II S. 567). 5 Art.338. Hierzus.RXIIIII, trägen und über Unterschiede zwischen Maus und Kommission 13. R XXI205. GSyst. S.171ff. G II 287 ff., III 405, VI 31, f. Gareis im Hdbch. Bd. II S. 562: s. unten §. 64 I IX 13. Hieher stellt das Reichs­ Anm. 3a u. III Anm. 21. Sog. gericht (R XVII 269 ff.) — wohl „Indentgeschäfte" sind Maufoer mit Unrecht — auch die Ver­ träge R V 85. träge über Lieferung von Elek­ 3 Art. 327, hierüber s. oben tricität s. Anm. 4 zu 42. §. 46 S. 366, §. 57 Anm. 3 u. 4. (Kein Kauf.) S. 414. Vgl. Sohm in GZ. 7 XIII 419, XXI 33. Bd. 17 S. 49, 50. Gareis im R V 418 ff. Vgl. oben §. 10 Hdbch. Bd. II S. 564. R XII 9. Anm. 3a S. 55.

Dom Handelskäufe überhaupt.

429

§. 59.

Wirthen und Brauern üblichen Verträge über Bierabnahme),o)

möglicherweise auch Verträge über Lieferung von Maschinen,

sofern

nämlich

letztere

als vertretbare Sachen

aufzufassen

sind, was nicht immer der Fall ist.9 10)

II.

Kauf auf Probe, nach Probe, zur Probe.

Das Handelsgesetzbuch setzt,

die sonst über die Bedeutung

dieser Käufe schwebenden Zweifel beseitigend, fest:

1.

Der Kauf auf Probe (a Pessai) und ebenso ein

Kauf auf Besicht ist unter der in dem Willen des Käufers

stehenden Bedingung geschlossen, daß der Käufer die Waare besehen

oder

prüfen und genehmigen werde.

Diese Be­

dingung ist im Zweifel eine aufschiebende. 11)

Während

demnach der Verkäufer bei diesem (Geschäfte

sofort gebunden ist,

bindet den Käufer der Vertrag nur

unter der in seine Willkür gestellten Bedingung: wenn ich roiö,12) d. h.

also zunächst nicht;

der Käufer ist demnach

vor seiner Genehmigung an den Kauf nicht gebunden; dieser

einseitig verpflichtende Zustand muß ein Ende absehen lassen: der Verkäufer hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis

zum

Ablauf der verabredeten

oder ortsgebräuchlichen

Frist nicht genehmigt. In Ermangelung einer verabredeten oder ortsgebräuch­ lichen Frist kann der Verkäufer nach Ablauf einer den Um­ ständen angemessenen Zeit den Käufer zur Erklärung auf­

fordern ; er hört auf gebunden zu sein, wenn sich der Käufer auf die Aufforderung nicht sofort erklärt.

9 II 1, XIII 94, XIV 591. — I« 1 62. 10 II 289, 290, XI 93. 11 Art. 339, VII 39, 320. bVo\)Ü. S. 173-175.

12 XIV 204. Vgl. Eck in v. .